Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam [1 ed.] 9783428583294, 9783428183296

Der in unserem Alltag mittlerweile allgegenwärtige Einsatz privater Videoaufzeichnungsgeräte spiegelt sich in jüngerer Z

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Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam [1 ed.]
 9783428583294, 9783428183296

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Schriften zum Prozessrecht Band 277

Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam Von Lukas Zeyher

Duncker & Humblot · Berlin

LUKAS ZEYHER

Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam

Schriften zum Prozessrecht Band 277

Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam Von Lukas Zeyher

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: CPI buchbücher.de Gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-18329-6 (Print) ISBN 978-3-428-58329-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 im Fachbereich Rechtswissenschaft der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen. Stand der berücksichtigten Literatur, der Rechtsprechung sowie der übrigen Sach- und Rechtslage ist der Februar 2021. Mein Dank gilt zuvorderst meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Gerson Trüg. Ihre stetige Unterstützung sowie die konstruktiven Anmerkungen und Hinweise haben wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Bedanken möchte ich mich schließlich auch für die zügige Erstellung des Erstgutachtens, womit Sie mir einen großen Gefallen getan haben. Ein besonderer Dank gebührt daneben Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Michael Pawlik, LL.M. (Cantab.), der nicht nur in Kürze das Zweitgutachten erstellt, sondern mir auch die Möglichkeit gegeben hat, mich im Rahmen der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Institut meinem eigenen Forschungsprojekt zu widmen. Vor allem auch aufgrund meiner sehr hilfsbereiten Arbeitskolleg*innen und unserer zum Ende des Jahres 2020 ausgeschiedenen Sekretärin werde ich die Zeit an Ihrem Institut stets in positiver Erinnerung behalten. Weiterhin bedanken möchte ich mich bei meinen wissenschaftlichen Wegbegleitern, die ebenfalls einem Dissertationsvorhaben nachgingen oder noch nachgehen. Die Mittags- und Nachmittagspausen mit Euch haben den Forschungsalltag wesentlich erleichtert. Namentlich erwähnen will ich dabei Marcus Becker, Nico Gallus, Raphael Hilser, Fabian Kehrer, Nebiyu Mahmud, Philip Pordzik, Sarah Riesterer, Philip Schneider sowie Raphael Wagner. Raphael Hilser danke ich in diesem Zusammenhang zudem dafür, dass er seine kostbare Zeit geopfert hat, um den Erstentwurf meiner Dissertation kritisch zu lesen und zu prüfen. Daneben danke ich meinen Freunden aus meiner Heimat, die mich bei gelegentlichen Besuchen auf andere Gedanken gebracht und so nicht unerheblich dazu beigetragen haben, das Promotionsprojekt erfolgreich zu beenden. In Bezug auf die Fertigstellung meiner Dissertation danke ich hier besonders meinem Freund Nico Funkler, der mir in lobenswerter Weise dabei geholfen hat, meine Arbeit ansprechend zu formatieren. Schließlich gilt mein allergrößter Dank meiner Familie für ihre uneingeschränkte Unterstützung bei der Verwirklichung meiner Ziele. Besonders hervorheben möchte ich hier meine Eltern, Eva-Kathrin und Jochen Zeyher, die mein Leben lang Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten hatten. Ebenso hervorhe-

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Vorwort

ben will ich meine Großeltern, Christl und Walter Kümmerlen, die mich jederzeit tatkräftig unterstützt haben. Zuletzt danke ich meinem Bruder Hannes Zeyher für seine kritischen und konstruktiven Ratschläge und vor allem seine Hilfsbereitschaft während der Dissertationszeit. Freiburg, im Februar 2021

Lukas Zeyher

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Phänomen der Dashcam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Relevanz auch im Strafprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Stadien der Beweiserhebung und Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Grundlagen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gründe für den Einsatz von Dashcams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Technische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . 36 A. Grundlagen der Beweisverbotslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 B. Sonderkonstellation: Private Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung durch Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung der privaten Beweiserhebung zum Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 E. Selbständiges Beweisverwertungsverbot durch Verwertung der Aufnahmen im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 § 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle anhand dieser Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 A. AG Nienburg, Urt. v. 20.01.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 B. OLG Stuttgart, Urt. v. 04.05.2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Phänomen der Dashcam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Relevanz auch im Strafprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Stadien der Beweiserhebung und Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Grundlagen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gründe für den Einsatz von Dashcams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ . . . . . . . . III. Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bloßes Gaffertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Technische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Installationspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anlassbezogene Aufzeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlassloser Dauerbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Speicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Smartphone als alternatives Aufnahmegerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Besitzerlangung an der Dashcam oder an der externen Speicherkarte . . II. Besitzerlangung an den Dashcam-Aufnahmen selbst . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besitzerlangung bei Speicherung der Aufnahmen in einer Cloud . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlagen der Beweisverbotslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sonderkonstellation: Private Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung durch Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Private Rechtsverstöße bei der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verstoß gegen Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Anwendungsvorrang der Datenschutzgrundverordnung vor nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich der DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Automatisierte Verarbeitung und Personenbezug, Art. 2 Abs. 1 DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung . . . . . . . . (2) Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten . . . . . (a) Begriff der personenbezogenen Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Information i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO . . . . . . . . (bb) Identifizierung i. S. v. Art. 4 Nr. 1 Var. 1 DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Identifizierbarkeit i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO . . (a) Absolute Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Relative Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Auslegung des Begriffs „Identifizierbarkeit“ (aa) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . (bb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . (gg) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . (dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . (ee) Schlussfolgerungen aus der Auslegung (b) Subsumtion: Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Personenbezug von Personenaufnahmen . . . . . . . (bb) Personenbezug von Sachabbildungen, insb. KfzKennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Orts- und Zeitangaben der Aufnahme . . . . . . . . . (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Fall der Haushaltsausnahme gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Einbeziehung des öffentlichen Raums als absolutes Ausschlusskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . (a) Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Bloßes Gaffertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dashcam-Aufnahmen als sensitive Daten i. S. v. Art. 9 DSGVO? aa) Potentiell berührte besondere Kategorien personenbezogener Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatbestandseinschränkung als Problemlösung? . . . . . . . . . . . . cc) Umfang und Ausgestaltung der Tatbestandseinschränkung . . (1) Zwei sprachliche „Blöcke“ – keine unterschiedliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Hinreichende Wahrscheinlichkeit“ oder „Auswertungsabsicht“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Folgen für Dashcam-Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Dashcam-Aufnahmen als „biometrische Daten“ i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO . . . aa) Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Berechtigtes Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Berechtigung des Interesses des Dashcam-Nutzers . . (aa) Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriff“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung . . . . . . . . . . . . (dd) Bloßes Gaffertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Festlegung und Eindeutigkeit des zugrunde liegenden Verarbeitungszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Festlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verwendung konventioneller Methoden . . . . . . . . . . . . (b) Unfalldatenspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (a) Entgegenstehende Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Abwägung im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Streubreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Situationsbedingte Aufnahmen . . . . . . . . . . . . (b) Dauer der Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Überwachungsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Auslösen und Speichern der Aufnahmen . . . (b) Speichermedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Einschränkung der Auslesbarkeit . . . . . . . . . . (dd) Heimlichkeit der Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Abwägungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Weitere Anforderungen für Dashcam-Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informationspflichten, Art. 13 und Art. 14 DSGVO . . . . . . . . . bb) Datenschutz-Folgeabschätzung, Art. 35 DSGVO . . . . . . . . . . . cc) Datenschutz durch Technikgestaltung, Art. 25 DSGVO . . . . . dd) Löschungspflicht, Art. 17 DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Weitere Verarbeitungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Speicherung der Videosequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Folgen rechtswidriger privater Beweiserhebung für die Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Uneingeschränkte Verwertbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unverwertbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „Perpetuierung“ der Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beweismittelhehlerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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(b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Staatliche Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Adressat der Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Umfang und Reichweite der Schutzpflicht . . . . . (5) Zurechnung rechtswidriger Beweiserhebung aus Ingerenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwägungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Staatliche Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Generalpräventive Schutzdefizite . . . . . . . . . . . . (bb) § 154c StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichsetzung mit staatlicher rechtswidriger Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rückschluss aus einer fehlenden gesetzlichen Regelung . (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Hypothese rechtswidriger Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . (1) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Grundsätzliche Verwertbarkeit – Ausnahme: menschenrechtswidrige Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgen für Dashcam-Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung der privaten Beweiserhebung zum Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zurechnungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 122 122 122 122 122 123 124 127 129 129 130 130 131 131 131 132 132 133 134 134 135 136 136 136 137 137 137 138 141 141 142 144 144 145 146 147

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Inhaltsverzeichnis 1. Materiell-strafrechtliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsrechtliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Strafprozessuale Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zurechnungsfallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Staatliche Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrückliche Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konkludente Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßgebliche hoheitliche Unterstützung privater Ermittlungen . . . . . . 3. Zurechnung trotz bloßen Gewährenlassens Privater . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für von „Hilfssheriffs“ gefertigten Dashcam-Aufnahmen . . . . . . 1. Gegenwärtige Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mögliches Zukunftsszenario: Zurechnung nach allgemeinem staatlichem Appell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Selbständiges Beweisverwertungsverbot durch Verwertung der Aufnahmen im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beweisverwertung als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Recht auf Vertraulichkeit im privaten Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Recht auf Selbstdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Recht auf informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlage zur Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwertungsermächtigungen in der StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verwertungsermächtigung in der Hauptverhandlung . . . . . . . . (1) § 261 StPO lediglich Rechtsgrundlage für die Beweiswürdigung in der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 244 Abs. 2 StPO als Rechtsgrundlage für die Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 244 Abs. 2 StPO als Befugnisnorm . . . . . . . . . . . . . . (b) Die hinreichende Bestimmtheit des § 244 Abs. 2 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwertungsermächtigung im Ermittlungsverfahren . . . . . . . . cc) Verwertungsermächtigung im Zwischenverfahren . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 149 151 152 152 152 153 156 157 159 159 159 162 164 165 166 167 168 169 170 170 171 172 173 173 174 174 175 177 177 180 180 180 180 181

Inhaltsverzeichnis

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c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

181 182 184 184 185

§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle anhand dieser Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. AG Nienburg, Urt. v. 20.01.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. OLG Stuttgart, Urt. v. 04.05.2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186 186 186 187 188 189 189 189 192

§ 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. a. F. AG allg. Anm. AÖR Art. AT BAG BayOblG BB Bd. BDSG BGB BGH BGHSt BGHZ BOKraft bspw. BT-Drs. BVerfG BVerfGE bzgl. bzw. ca. CR DAR ders. d.h. dies. DJT DÖV DRiZ DSGVO

andere Ansicht Absatz alte Fassung Amtsgericht allgemein Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Allgemeiner Teil Bundesarbeitsgericht Bayrisches Oberstes Landgericht Betriebs Berater Band Bundesdatenschutzgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr beispielsweise Bundestag – Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich beziehungsweise circa Computer und Recht Deutsches Autorecht derselbe das heißt dieselbe Deutscher Juristentag Die öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Datenschutz-Grundverordnung

Abkürzungsverzeichnis DSRITB DSRL DuD DVBl DVFahrlG EGMR Einl. EMRK ErwG et al. EU EuGH evtl. f. ff. Fn. FS Full-HD GA gem. gen. GG ggf. GRCH GRUR-Prax GS GVG h. M. HRRS HStR insb. i. S. d. i. S. v. ITRB i. Ü. i.V. m. JA JM JR JURA JurisPR-VerkR

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Deutsche Stiftung für Recht und Informatik Tagungsband Datenschutzrichtlinie Datenschutz und Datensicherheit Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einleitung Europäische Menschenrechtskonvention Erwägungsgrund et alteri Europäische Union Europäischer Gerichtshof eventuell folgende Seite fortfolgende Fußnote Festschrift Full High-Definition Goltdammer’s Archiv für Strafrecht gemäß genannt Grundgesetz gegebenenfalls Charta der Grundrechte der Europäischen Union Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht im Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Handbuch des Staatsrechts insbesondere im Sinne des in Sinne von IT-Rechtsberater im Übrigen in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juris – Die Monatszeitschrift Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juris Praxis Report Verkehrsrecht

18 JuS JZ K&R Kap. Kfz KUG LG lit. LT-Drs. m. a. W. max. MDR Min. MMR n. F. NJOZ NJW NJW-RR Nr. NStZ NVwZ NZV ÖJZ OLG OwiG RAW RDV RiStBV Rn. Rspr. S. sog. st. StGB StPO StV StVO StVZO u. a. Urt. V-Mann v.

Abkürzungsverzeichnis Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunikation & Recht Kapitel Kraftfahrzeug Kunsturhebergesetz Landgericht Buchstabe Landtag – Drucksache mit anderen Worten maximal Monatsschrift für Deutsches Recht Minute/n Multimedia und Recht neue Fassung Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Österreichische Juristen-Zeitung Oberlandesgericht Ordnungswidrigkeitengesetz Recht Automobil Wirtschaft Recht der Datenverarbeitung Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren Randnummer Rechtsprechung Seite sogenannt/e/r ständig/e Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidiger Straßenverkehrsordnung Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung unter anderem Urteil Vertrauensmann der Strafverfolgungsbehörden von/vom

Abkürzungsverzeichnis VersR vgl. VGT VVDStRL VwGO VwVfG wistra z. B. ZD ZIS ZRP ZStW zul.

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Versicherungsrecht vergleiche Deutscher Verkehrsgerichtstag Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Zeitschrift für Wirtschaft- und Steuerstrafrecht zum Beispiel Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zuletzt

§ 1 Einleitung Private Videoaufzeichnungen sind in Deutschland im Alltag mittlerweile omnipräsent. Beispielsweise an öffentlichen Plätzen, in Einkaufshäusern oder an der Türklingelanlage der eigenen Wohnung befinden sich Kameras, die das dortige Geschehen aufzeichnen. Neben diesen fest installierten Kameras sind es jedoch vor allem die mobilen Aufzeichnungsgeräte, die immer mehr gefragt sind. Deren technische Entwicklung hat die Anzahl der von Privaten im öffentlichen Raum eingesetzten Kameras rasant ansteigen lassen. Webcams, die meist fest in Laptops oder Tablets verbaut sind, ermöglichen in Verbindung mit Softwareanwendungen wie Skype oder sozialen Medien wie Facebook eine Videokonferenz an fast jedem Ort, insbesondere im öffentlichen Raum wie an Flughäfen oder Bahnhöfen. Smartphones bieten aufgrund mittlerweile meist verschiedener integrierter Kameras mehrere Aufnahmemöglichkeiten. Beispielsweise ist das „Selfie“ zu einer eigenen Fotokategorie geworden, die über Socialmediakanäle wie Facebook oder Instagram unmittelbare Verbreitung findet und oftmals nicht nur den Verwender der Kamera, sondern auch andere Personen zeigt. Auch im sportlichen Bereich sind Videoaufnahmen durch Mini-Kameras heutzutage omnipräsent. Zu nennen sind dabei sog. Go-Pros, die auf diversen Vorrichtungen wie Helmen montiert werden können und das Geschehen aufzeichnen oder auch die sog. GoogleGlass – eine Datenbrille, die einen mit dem Internet verbundenen Computer und eine Kamera in einem Brillengestell vereint und per Spracheingabe bedient wird.1 Durch die technische Fortentwicklung von Drohnen ist neuerdings selbst der Luftraum von (privatem) Videomaterial betroffen.2

A. Das Phänomen der Dashcam Diese Entwicklung spiegelt sich in jüngerer Zeit durch die Nutzung sogenannter Dashcams auch im Straßenverkehr wider. Der Begriff Dashcam setzt sich dabei aus den englischen Wörtern für Armaturenbrett (Dash) und Kamera (Cam) zusammen.3 Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Kamera auch auf 1

Solmecke/Kocatepe, ZD 2014, 22 (22). Matthes, Technisch sind Drohnen sehr weit, MOZ Beitrag v. 02.07.2019, abrufbar unter https://www.moz.de/nachrichten/wirtschaft/forscher-_technisch-sind-drohnensehr-weit_-49031890.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 3 Trösch, Dashcams aus technischer Sicht – Was Sie über die Mini-Kameras wissen sollten, Handelsblatt Beitrag v. 15.05.2018, abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/ technik/gadgets/bgh-urteil-dashcams-aus-technischer-sicht-was-sie-ueber-die-mini2

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§ 1 Einleitung

dem Armaturenbrett festgemacht werden muss. Vielmehr kann eine Kamera auch hinter der Windschutzscheibe, an der Heckscheibe oder an der Stoßstange angebracht werden, um das Geschehen rund um das Fahrzeug festzuhalten.4 Die Nutzung dieser Aufzeichnungsmöglichkeit war zwar ursprünglich zunächst in Russland gängige Praxis, erreicht nunmehr aber auch die deutschen Autofahrer. Wurden diese im Jahr 2013 regelmäßig noch als Spaßkameras bezeichnet, die „besonders schöne Ausfahrten festhalten sollen“ 5, ist das Meinungsbild mittlerweile ein ganz anderes. So zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitcom aus dem Jahre 2018, dass rund zwei Drittel der Deutschen der Ansicht sind, dass Dashcams zur Verkehrssicherheit beitragen, knapp die Hälfte befürwortet sogar eine gesetzliche Dashcam-Pflicht und 8 % der Befragten besitzen bereits eine Dashcam. Weitere 13 % wollen diese auf jeden Fall nutzen, 25 % könnten sich dies vorstellen. Gänzlich abgeneigt sind lediglich 9 % der Befragten.6 Auch der 54. deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar beschäftigte sich in jüngerer Zeit mit dem Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr und sprach sich für einen solchen aus.7 Darüber hinaus spielen Dashcams in der Versicherungsbranche eine immer größer werdende Rolle. So sieht der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) darin eine Möglichkeit, etwaigem Versicherungsbetrug vorzubeugen. Dashcam-Aufnahmen könnten zeigen, ob jemand beispielsweise vorsätzlich plötzlich abgebremst hat und es deswegen zum Unfall kam und daher ein Unfall ebenfalls vorsätzlich herbeigeführt wurde.8 Dementsprechend bietet die Bayerische Autoversicherung bei der Verwendung einer Dashcam bereits 15 Prozent Rabatt und auch die Allianz will ihre Tarife zunehmend individualisieren.9 Bei volkswirtschaftlichen Kosten durch Straßenverkehrsunfälle in kameras-wissen-sollten/22509722.html?ticket=ST-6856382-EnojdAOKiCDeLcP0uHTaap5 zul. abgerufen am 13.02.2021. 4 Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (547); Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (750). 5 Gorhau, Darum installieren viele Russen Kameras im Auto, Süddeutsche Zeitung Beitrag v. 15.02.2013, abrufbar unter https://www.sueddeutsche.de/auto/verkehrsrechtdarum-installieren-viele-russen-im-auto-kameras-1.1601320, zul. abgerufen am 13.02. 2021. 6 Bitkom, Beitrag v. 06.04.2018, Jeder Zweite für Dashcam-Pflicht, abrufbar unter https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Jeder-Zweite-fuer-Dashcam-Pflicht. html zul. abgerufen am 13.02.2021. 7 Vgl.: Deutscher Verkehrsgerichtstag, 54. VGT 2016 – Empfehlung Arbeitskreis VI, abrufbar unter https://www.deutscher-verkehrsgerichtstag.de/images/empfehlungen_pdf/ empfehlungen_54_vgt.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 8 Spiegel-Online Beitrag v. 16.05.18, Autoversicherer offen für Dashcam-Einsatz, abrufbar unter https://www.spiegel.de/auto/aktuell/dashcam-auto-versicherer-wollenaufnahmen-nutzen-a-1207984.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 9 Volz, Kfz-Versicherer mit Dashcam und Telematik gegen die Check24-Macht, Versicherungswirtschaft Heute Beitrag v. 29.11.2019, abrufbar unter https://versicherungs wirtschaft-heute.de/schlaglicht/2019-11-29/kfz-versicherer-mit-dashcam-und-telematikgegen-die-check-24-macht/, zul. abgerufen am 13.02.2021.

B. Relevanz auch im Strafprozess

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Deutschland in Höhe von 33,70 Milliarden Euro im Jahr 201810 ist das nur wenig überraschend. Dies alles zeigt, dass es bei dem Betrieb der Dashcam auch um die Verbesserung der Beweisposition im Zivilprozess und damit die Sicherung etwaiger Schadensersatzansprüche im Falle eines Verkehrsunfalls geht. Dementsprechend beschäftigt sich auch ein Großteil der Fachliteratur mit der Verwertbarkeit der Dashcam-Aufnahmen im Zivilprozess.11 Ebenso hat sich der BGH in seinem Urteil vom 15.05.2018 lediglich zur zivilprozessualen Verwertbarkeit von DashcamAufnahmen geäußert und diese grundsätzlich bejaht.12 Der spätestens dadurch ausgelöste rasante Anstieg der Verkaufszahlen wird nicht zuletzt durch die immense Auswahl an unterschiedlichsten Geräten verstärkt.13 Auch der durchaus erschwingliche Preis, der bei den meisten Geräten deutlich unter 100 Euro liegt, steht dieser Entwicklung gewiss nicht entgegen.

B. Relevanz auch im Strafprozess Dadurch, dass mittels Dashcam das Geschehen rund um das eigene Kraftfahrzeug aufgezeichnet wird, liegt es nahe, dass entsprechende Aufnahmen nicht nur für die Aufklärung des Unfallgeschehens und damit für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, sondern vielmehr auch im Strafprozess relevant sein können. Veranschaulicht werden soll dies anhand dreier einfacher Beispiele: (1) Der Kraftfahrzeugführer K fährt auf einer Bundesstraße mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰, kommt während der Fahrt mehrfach beinahe von der Straße ab und verfehlt einen neben der Straße stehenden Passanten nur knapp. Dieses Geschehen wird von der Dashcam des dahinterfahrenden Fahrzeugs festgehalten. Die Videoaufnahme zeigt damit, dass K nicht nur den Tatbestand des § 316 Abs. 1 StGB verwirklicht hat, indem er trotz absoluter Fahruntüchtigkeit14 10 Vgl.: Bundesanstalt für Straßenwesen, Volkswirtschaftliche Kosten von Straßenverkehrsunfällen in Deutschland, Stand: Mai 2020, abrufbar unter http://www.bast.de/ DE/Statistik/Unfaelle/volkswirtschaftliche_kosten.pdf?__blob=publicationFile&v=9, zul. abgerufen am 13.02.2021. 11 Ahrens, MDR 2015, 926 (926 ff.); ders., NJW 2018, 2837 (2837 ff.); Arnosti, Dashcam: Risiko oder Garant im (Rechts-)Verkehr; Bachmeier, DAR 2014, 15 (15 ff.); Froitzheim, NZV 2018, 109 (109 ff.); Giesen, NZV 2020, 70 (70 ff.); Greger, NZV 2015, 114 (114 ff.); Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (750 ff.); Nugel, ZFS 2016, 428 (428); Saenger/Möller, JA 2015, 12 (12 ff.). 12 BGHZ 218, 348 (348 ff.). 13 So liefert die Google-Suche nach „Dashcam kaufen“ ungefähr 681.000 Ergebnisse. 14 Ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ liegt für die Führer von Kfz eine absolute Fahruntüchtigkeit vor, was die Fahruntüchtigkeit für jeden Verkehrsteilnehmer unwiderleglich vermutet. Ein Gegenbeweis wird deshalb nicht zugelassen, vgl.: Heger,

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§ 1 Einleitung

vorsätzlich ein Fahrzeug führt, sondern darüber hinaus aufgrund der Beinahekollision15 mit dem Passanten auch fahrlässig eine Gefahr für dessen Leib oder Leben herbeiführt und daher nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 3 Nr. 1 StGB zu bestrafen ist. (2) Daneben können Dashcam-Aufnahmen einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung eines vor allem auf deutschen Autobahnen weit verbreiteten Phänomens leisten. Sog. Drängler fahren sehr dicht auf und setzen die Lichthupe ein, um so einen eigenen Überholvorgang zu erzwingen, indem das auf der linken Fahrspur vorausfahrende Fahrzeug auf die rechte Fahrspur ausweicht. Damit macht sich der Drängler zwar regelmäßig der Nötigung nach § 240 StGB strafbar,16 dem Genötigten fehlen dabei aber zumeist die Beweismittel. Oft können die Anzeigenerstatter den Fahrer nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit wiedererkennen17 oder es steht Aussage gegen Aussagen und die mögliche Straftat wird nicht weiter verfolgt.18 In dieser Beweisnot können dies aufzeichnende Dashcams möglicherweise Abhilfe schaffen. (3) Neben dem unmittelbaren Verkehrsgeschehen erscheint es schließlich aber auch denkbar, dass Dashcam-Aufnahmen für die Aufklärung von Straftaten am Straßenrand relevant werden können. So etwa, wenn sich ein dort stattfinder Streit zu einer tätlichen Auseinandersetzung entwickelt und deshalb eine etwaige (gefährliche) Körperverletzung festgehalten wird oder der auf dem Gehweg laufenden älteren Dame im Vorbeigehen die Handtasche entrissen wird. Aufgrund dieser fortschreitenden Relevanz von Dashcam-Aufnahmen auch im Strafverfahren, soll sich die vorliegende Arbeit nicht auf die zivilprozessualen Fragestellungen beziehen, sondern vielmehr die strafprozessuale Verwertbarkeit dieser Aufnahmen in den Blick nehmen. Bislang ergingen zu dieser Frage ledigin: Lackner/Kühl StGB, § 315c StGB Rn. 6a; Kudlich, in: BeckOK StGB, § 315c StGB Rn. 19. 15 Erforderlich ist ein sog. „Beinahe-Unfall“, bei dem es gerade noch einmal gut gegangen ist, vgl.: BGH NStZ 2013, 167 (167); BGH NJW 1995, 3131 (3132); Heger, in: Lackner/Kühl StGB, § 315c StGB Rn. 22; Pegel, in: MüKo StGB, Band V, § 315c StGB Rn. 98. 16 BGHSt 19, 263; Maatz, NZV 2006, 337 (340 ff.); Rebler, SVR 2017, 416 (420); Soiné/Ternig, NJOZ 2019, 913 (914 f.). 17 Vgl.: Demuth, Drängler und Schleicher: So reagieren Sie richtig bei Nötigung auf der Autobahn, FOCUS-Online Beitrag v. 28.10.2017, abrufbar unter https:// www.focus.de/auto/experten/demuth/fahrerfeststellung-ist-schweirig-draengler-auf-derautobahn-ab-wann-es-noetigung-ist-und-was-sie-dann-tun-sollten_id_6052020.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 18 Vgl.: Demuth, Drängler und Schleicher: So reagieren Sie richtig bei Nötigung auf der Autobahn, FOCUS-Online Beitrag v. 28.10.2017, abrufbar unter https:// www.focus.de/auto/experten/demuth/fahrerfeststellung-ist-schweirig-draengler-auf-derautobahn-ab-wann-es-noetigung-ist-und-was-sie-dann-tun-sollten_id_6052020.html, zul. abgerufen am 13.02.2021, der auf die Möglichkeit eines Schweigens des Beschuldigten hinweist.

C. Stadien der Beweiserhebung und Beweisverwertung

25

lich zwei gerichtliche Entscheidungen: eine des AG Nienburg aus dem Jahr 201519, welche unter anderem eine Bestrafung wegen Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB zum Gegenstand hatte und eine des OLG Stuttgart aus dem Jahr 201620 wegen eines Rotlichtverstoßes. In beiden Fällen gelangten die Gerichte zu einer Verwertbarkeit der jeweiligen Aufnahmen.21 Eine höchstrichterliche Entscheidung steht hingegen noch aus. Daher bietet es sich an, die strafprozessuale Verwertbarkeit von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam zu untersuchen.

C. Stadien der Beweiserhebung und Beweisverwertung Grundlegend zu unterscheiden sind dabei die beiden Verfahrensstadien der Beweiserhebung und der Beweisverwertung, weshalb diese bereits hier zu Beginn der Arbeit – insbesondere auch vor dem eigentlichen Gang der Untersuchung – erläutert werden sollen. Das Stadium der Beweiserhebung umfasst das Sammeln oder das sonstige Erlangen von Beweisen und Informationen bis zur Ermöglichung einer ungehinderten Kenntnisnahme durch die Strafverfolgungsbehörden.22 Die Kenntnisnahme selbst ist hingegen nach zutreffender Auffassung nicht mehr als Beweiserhebungsvorgang anzusehen, da selbst die Erkenntnis, dass es sich um eine völlig unbrauchbare Information handelt, eine Verwertung des Beweismittels darstellt.23 Das Stadium der Beweisverwertung beginnt deshalb mit der Kenntnisnahme der Strafverfolgungsbehörden, sei es im Ermittlungs-, im Zwischen- oder im Hauptverfahren. Es betrifft die Frage, ob eine Information oder ein Beweis durch die Strafverfolgungsbehörden verarbeitet werden darf und zur Grundlage einer Entscheidung herangezogen werden darf.24 Dies umfasst nicht nur die Entscheidung des Gerichts in der Hauptverhandlung, sondern auch die anderen Abschnitte des Strafverfahrens. So geht es im Ermittlungsverfahren um die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 1 StPO Anklage zu erheben hat oder das Verfahren einstellt und im Zwischenverfahren um die Entscheidung, ob das Gericht nach § 203 StPO einen Eröffnungsbeschluss erlässt oder nicht. Für die vorliegende Untersuchungskonstellation bedeutet dies folgendes: Die Aufnahme des Videomaterials mittels Dashcam, dessen anschließende Speicherung, dessen mögliche Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden und die 19 20 21 22 23 24

AG Nienburg ZD 2015, 341 (341 ff.) OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2280 ff.). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281); AG Nienburg ZD 2015, 341 (343). Gropp, StV 1989, 216 (217); Kölbel, NStZ 2008, 241 (242). Gropp, StV 1989, 216 (217). Gropp, StV 1989, 216 (217).

26

§ 1 Einleitung

staatliche Besitzerlangung an dem Videomaterial unterfallen dem Vorgang der Beweiserhebung;25 erst das anschließende Abspielen der Aufnahmen sowie die Würdigung des Videomaterials sind dem Beweisverwertungsvorgang zuzuordnen.

D. Gang der Untersuchung Im Laufe der Untersuchung stellen sich einige kontroverse Fragen, die teilweise nach wie vor ungeklärt sind. Um zu diesen Fragen hinzuführen, sollen im 2. Kapitel zunächst allgemeine Grundlagen der Untersuchung geklärt werden. Dazu werden die der DashcamNutzung zugrunde liegenden Intentionen, die technischen Grundlagen sowie die rechtlichen Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial erläutert. Diese Grundlagen sind für die rechtliche Bewertung von immenser Bedeutung. Im 3. Kapitel steht sodann die strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen im Fokus. So wird nach anfänglicher Einführung in die Grundlagen der Beweisverbotslehre das Hauptproblem, nämlich die strafprozessuale Beweisverwertung nach privater Beweiserhebung, ausführlich thematisiert. Im Grundsatz geht die h. M. dabei von einer Verwertung der solchermaßen erhobenen Beweismittel aus.26 Ob dies unter Berücksichtigung der heutigen – insbesondere technischen – Gegebenheiten noch angemessen erscheint, gilt es nach hier vertretener Auffassung unter drei Aspekten zu untersuchen: Zunächst ist der Vorgang der privaten Beweiserhebung in den Blick zu nehmen. Sofern sich dabei zur Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Dashcam in der Literatur überhaupt Ausführungen finden lassen, beschränken sich diese größtenteils noch auf die alte Rechtslage unter der alten Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes27 und nicht auf die seit dem 25.05.2018 und nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar anwendbare Datenschutzgrundverordnung,28 sodass diese Frage unter Berücksichtung der aktuellen Rechtslage neu beurteilt werden muss. Ist die Beweiserhebung mittels Dashcam danach rechtswidrig, 25

Kölbel, NStZ 2008, 241 (242); Trüg/Habetha, NStZ 2008, 481 (488). Vgl. statt vieler: BGHSt 27, 355 (357); BGHSt 36, 167 (172); Bader, in: KKStPO, vor § 48 StPO Rn. 52; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozeß, S. 97 ff.; Jäger, GA 2008, 473 (493 f.); Kleinknecht, NJW 1966, 1537 (1541 f.); Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65. 27 Vgl. etwa: Haustein, DSRITB 2016, 43 (43 ff.); Hofmann, DSRITB 2016, 61 (61 ff.); Klann, DAR 2016, 8 (8 ff.); Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 283 ff. 28 Die Datenschutzgrundverordnung genießt insoweit Anwendungsvorrang gegenüber sämtlichen nationalen Vorgaben, soweit keine Öffnungsklauseln abweichendes bzw. konkretisierendes Recht der Mitgliedstaaten gestatten, vgl.: Leeb/Liebhaber, JuS 2018, 534 (536). 26

D. Gang der Untersuchung

27

könnte dies bereits ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen. Anschließend ist danach zu fragen, ob den Strafverfolgungsbehörden die private Beweiserhebung möglicherweise zugerechnet werden kann, sodass es sich rechtlich um staatliche Beweiserhebung handelt, für die die allgemeinen Grundsätze29 gelten. Wann eine Zurechnung privater Beweiserhebung zum Staat anzunehmen ist, ist eine nach wie vor ungeklärte Frage30 und soll im Rahmen dieser Arbeit anhand von Fallgruppen aufgearbeitet werden. Dieses Ergebnis ist dann im Folgenden auf die Konstellation der Aufzeichnung von Dashcam-Aufnahmen zu übertragen. Schließlich ist der Akt der Beweisverwertung selbst, also das Abspielen der Aufnahmen sowie die Würdigung des Videomaterials, in den Blick zu nehmen. Auch hieraus könnte sich ein (selbständiges) Beweisverwertungsverbot ergeben, wenn dadurch eigenständig gegen verfassungsrechtliche Werte verstoßen wird.31 Die dadurch gewonnenen Grundsätze gilt es anschließend in einem 4. Kapitel auf die bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle, welche die strafprozessuale Verwertbarkeit von mittels privater Dashcam aufgezeichnetem Videomaterial zum Gegenstand hatten, zu übertragen und so die Entscheidungen in ihrer Begründung kritisch zu analysieren. Nach alledem findet sich in einem 5. Kapitel eine Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit.

29

Vgl. hierzu die Ausführungen unter: § 3. Vgl.: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 175 ff.; dies., GA 2008, 500 (503 f.); Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 101; Kaspar, GA 2013, 206 (213); Keller, Grünwald-FS, 267 (274 ff.); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 324. 31 Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 385; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 474; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 260. 30

§ 2 Grundlagen der Untersuchung Bevor auf die hinter Dashcams und deren Aufnahmen stehende rechtliche Thematik eingegangen werden kann, gilt es einige Grundlagen aufzuzeigen. Dies beinhaltet eine Erläuterung der Gründe für den Einsatz von Dashcams, deren technische Grundlagen sowie den Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an den Aufnahmen.

A. Gründe für den Einsatz von Dashcams Der Einsatz von Dashcams hat verschiedene Gründe, was erhebliche Unterschiede in der rechtlichen Bewertung zur Folge hat. Daher bietet es sich an, die dem Einsatz zugrunde liegenden Intentionen anhand von Fallgruppen darzustellen, auf die dann im Laufe der Untersuchung immer wieder zurückgegriffen werden kann.

I. Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter Häufig geht es den Dashcam-Nutzern um den Schutz eigener Rechtsgüter, indem sie Beweismaterial sicherstellen, um vor allem bei einem Unfall im fließenden Verkehr eine bessere Beweisposition zu haben oder bei parkenden Autos einen evtl. flüchtigen Unfallverursacher schneller identifizieren zu können.1 Gerade das Zustandekommen eines Verkehrsunfalls mit Zeugen- und Parteiaussagen ist häufig nur sehr schwer zu beweisen. Die Gründe hierfür liegen neben einer eigenen gestörten Wahrnehmung des unerwartet eintretenden Ereignisses und bewussten Falschaussagen vor allem darin, dass neutrale Augenzeugen – wenn sie denn überhaupt zur Verfügung stehen – sich nicht selten nur ungenau erinnern können.2 Eine gänzlich unterschiedliche Schilderung des Unfallhergangs durch mehrere Zeugen ist daher kein seltenes Phänomen.3 Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass einige Kfz-Führer eigene Videoaufnahmen fertigen, um aus dieser Beweisnot zu gelangen.

1 2 3

Witte, JM 2016, 477 (478). Ahrens, NJW 2018, 2837 (2837). Born, NZV 2016, 114 (117).

A. Gründe für den Einsatz von Dashcams

29

II. Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ Daneben zeigt ein Fall, der einem Beschluss des OLG Celle4 aus dem Jahr 2017 zugrunde lag, dass Dashcam-Aufnahmen zum Zwecke der Beweissicherung nicht nur zum Schutze eigener Rechtsgüter, sondern auch zur Anzeigeerstattung gefertigt werden. Diskutiert werden diese Fälle auch unter dem Stichwort „Hilfssheriff“.5 Im konkreten Fall hatte der Betroffene über 13 Jahre lang etwa 56.000 Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung dokumentiert und diese auch zur Anzeige gebracht. Als Beweismittel hat dieser – teilweise auch mittels Dashcam – Fotografien oder Videoaufzeichnungen von den von ihm wahrgenommenen mutmaßlichen Verkehrsverstößen gefertigt und sich ergänzend als Zeuge zur Verfügung gestellt.

III. Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung Darüber hinaus werden private Videoaufnahmen mittels Dashcam oft nicht (nur) gefertigt, um Beweismaterial zu gewinnen, sondern allein um sehenswerte Erinnerungen festzuhalten. Dass dadurch spektakuläre Momente auf Kamera festgehalten werden können, dürfte der Öffentlichkeit spätestens seit dem dramatischen Einschlag eines Meteoriten in der Nähe der Stadt Tscheljabinsk im Jahr 2013 bekannt sein.6 Ebenso können waghalsige Autorennen oder kuriose Verkehrsteilnehmer aufgezeichnet werden, um dieses Videomaterial möglicherweise später auf Internetportalen wie Youtube zu präsentieren.7

IV. Bloßes Gaffertum Schließlich findet sich auch das mittlerweile häufig diskutierte Problem des Gaffertums8 in den Gründen für den Dashcam-Einsatz wieder. So gibt es mittlerweile eigene Internetseiten, die sich ausschließlich den „Dashcam-Unfällen“ widmen.9 Und auch auf Youtube sind Dashcam-Unfälle gefragter denn je. Hier 4

OLG Celle NStZ 2018, 293. Vgl.: Jansen, StV 2019, 578 (580); Mienert/Gipp, ZD 2017, 514 (516). 6 Vgl.: Spoerr, Warum Russen Armaturenbrett-Kameras haben, WELT-Beitrag v. 15.02.2013, abrufbar unter https://www.welt.de/vermischtes/article113661810/WarumRussen-Armaturenbrett-Kameras-haben.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 7 Terhaag/Schwarz, K&R 2015, 556 (558). 8 Bereits 2016 hatte der Bundesrat einen Gesetzesentwurf beschlossen, um „Gaffer“ zu bestrafen, die tödich verunglückte Opfer durch Bildaufnahmen oder Videos bloßstellen, vgl.: Pistorius, ZRP 2016, 158 (158). 9 Mendle, Und die Dashcam hält immer drauf, WELT-Beitrag v. 03.06.2013, abrufbar unter https://www.welt.de/motor/article116760904/Und-die-Dashcam-haelt-immerdrauf.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 5

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§ 2 Grundlagen der Untersuchung

finden sich eigene Kanäle wie „Dashcam Crash“, wo es nach eigener Kanalbeschreibeung alleine darum geht, im Straßenverkehr aufgezeichnete Unfälle mittels Dashcam darzustellen.10

B. Technische Grundlagen Ein weiterer wichtiger Grundlagenaspekt stellt die der Dashcam zugrunde liegende Technik dar. Denn Dashcam ist nicht gleich Dashcam. Es gibt erhebliche Unterschiede hinsichtlich der technischen Merkmale, welche sich auch in der späteren rechtlichen Bewertung niederschlagen.

I. Installationspunkte Zunächst kommen eine Vielzahl möglicher Installationspunkte in Betracht. Wie oben gesagt, ist die Anbringung am Armaturenbrett entgegen ihres Namens „Dashcam“ keinesfalls zwingend. Vielmehr wird die Dashcam im Regelfall mithilfe eines Saugnapfs – wie bei Navigationsgeräten – an der Windschutzscheibe fixiert.11 Daneben nutzen teilweise auch Motorradfahrer diese Art von Kameras, indem sie diese in ihre Helme integrieren.12

II. Funktionsweise Hinsichtlich der Funktionsweise sind zwei grundlegende Aufnahmemodi zu unterscheiden. Zum einen besteht die Möglichkeit von anlassbezogenen Aufzeichnungen. Zum anderen kann über den gesamten Fahrzeitraum kontinuierlich aufgezeichnet werden (sog. anlassloser Dauerbetrieb). 1. Anlassbezogene Aufzeichnungen Bei anlassbezogenen Aufzeichnungen ist die Kamera während der Fahrt grundsätzlich deaktiviert und wird erst durch Einschalten aktiviert.13 Diese Aktivierung kann entweder durch Einschalten des Bedieners erfolgen, etwa wenn eine bevorstehende Gefahrensituation erkannt wird (sog. anlassbezogene manuelle Aufzeichnungen) oder automatisch, wenn entsprechend pyhsisch auf das Fahrzeug eingewirkt wird (sog. anlassbezogene automatische Aufzeichnungen).14 Beispielsweise kann durch automatische Aktivierung der Kamera nach Kollision 10 Der Youtube Channel „Dashcam Crash“ ist abrufbar unter https://www.youtube. com/user/Allroundwurm/about, zul. abgerufen am 13.02.2021. 11 Bachmeier, DAR 2014, 15 (16). 12 https://www.bussgeldkatalog.org/dashcam/, zul. abgerufen am 13.02.2021. 13 Witte, JM 2016, 477 (478). 14 Witte, JM 2016, 477 (478).

B. Technische Grundlagen

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mit einem anderen Fahrzeug der vermeintliche Schädiger leichter ausfindig gemacht werden oder der genaue Unfallort rekonstruiert werden.15 Angesichts des auf Unfallsituationen beschränkten Aufnahme- und Speichervorgangs wird in diesem Zusammenhang auch von sog. „Crash-Cams“ gesprochen.16 2. Anlassloser Dauerbetrieb Wird die Kamera dagegen anlasslos und dauerhaft betrieben, werden üblicherweise alle während des Fahrens aufgezeichneten Aufnahmen auch gespeichert, womit große Mengen an aufgezeichnetem Video- bzw. Filmmaterial anfallen.17 Dies stellt aufgrund des mittlerweile großen Speicherplatzes den Normalfall dar.18 Daneben ist es aber auch möglich, dass die Aufnahmen nach Ablauf eines gewissen Zeitintervalls automatisch überschrieben und damit gelöscht werden, sofern der Verwender dies nicht unterbindet, weil er das aufgezeichnete Material etwa verwenden will (sog. Schleifenfunktion).19 Dadurch gelingt es, eine unbegrenzte Speicherung grundsätzlich zu verhindern und dennoch die entscheidenden Momente vor und nach dem Unfallgeschehen aufzuzeichnen.20 Wie bei den anlassbezogenen Aufzeichnungen sind dabei technisch zwei Varianten möglich. Einerseits kann die Speicherung durch die Betätigung eines Unfallknopfs manuell ausgelöst werden, andererseits kann die Speicherung automatisch mittels Sensor ausgelöst werden, sobald ein vordefiniertes Ereignis (z. B. Kollision) eintritt.21

III. Speicherung Gespeichert werden die Dashcam-Aufnahmen im Regelfall entweder auf einem internen Speicher der Dashcam oder auf auf externen einsteckbaren sog. Flash-Speicher-Karten. Daneben bieten einige hochwertige Kameras bereits die NFC-Technik bzw. Wi-Fi und damit die Möglichkeit, Aufnahmen über das Smartphone unmittelbar in eine Cloud hochzuladen.22

IV. Smartphone als alternatives Aufnahmegerät Alternativ kann auch das eigene Smartphone selbst als Aufnahmegerät genutzt werden. Der Vorteil dabei ist, dass keine zusätzlichen Kosten anfallen und es 15 16 17 18 19 20 21 22

Witte, JM 2016, 477 (478). Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (547). Witte, JM 2016, 477 (478). Witte, JM 2016, 477 (478). Niehaus, NZV 2016, 551 (551). Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1624). Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (550). Bachmeier, DAR 2014, 15 (16).

32

§ 2 Grundlagen der Untersuchung

auch keiner Speicherung auf externen Speicherkarten bedarf, sondern die Aufnahmen regelmäßig unmittelbar in einer Cloud gespeichert werden.23

C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial Damit die privaten Dashcam-Aufnahmen überhaupt als Beweismittel im Strafverfahren verwertet werden können, bedarf es vorgelagert einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial. Dies entweder dadurch, dass sie das von dem privaten Dashcam-Nutzer freiwillig zur Verfügung gestellte Videomaterial entgegennehmen oder andernfalls von vornherein mittels staatlichen Hoheitsakts darauf zugreifen. Rechtlich hält die StPO hierfür in § 94 StPO Instrumente zur Sicherung von für das Verfahren notwendigen Beweismitteln bereit,24 unabhängig davon, ob sich diese im Eigentum oder Gewahrsam des Beschuldigten oder eines anderen befinden.25 Nach dessen Abs. 1 sind Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, mittels formlosen Realakts, d.h. ohne besondere Anordnungsbefugnis,26 in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. Werden solche Gegenstände dagegen nicht freiwillig herausgegeben und befinden sich diese in dem Gewahrsam einer Person, so erlaubt Abs. 2 den Strafverfolgungsbehörden deren Beschlagnahme.

I. Besitzerlangung an der Dashcam oder an der externen Speicherkarte Taugliche Gegenstände einer Sicherstellung27 sind zunächst nur bewegliche oder unbewegliche körperliche Gegenstände aller Art. Damit sind auch externe Datenträger grundsätzlich sicherstellungsfähig,28 wobei hier ebenfalls die auf ihnen gespeicherten Daten dem Zugriff der Strafverfolgungsorgane offen stehen.29 Dies folgt schon allein daraus, dass es bei klassischen Beweismitteln wie Urkun23

Bachmeier, DAR 2014, 15 (16). Gercke, in: HK-StPO, § 94 StPO Rn. 1 f.; Hauschild, in: MüKo StPO, Band I, § 94 StPO Rn. 1; Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 1. 25 Hauschild, in: MüKo StPO, Band I, § 94 StPO Rn. 1. 26 Hauschild, in: MüKo StPO, Band I, § 94 StPO Rn. 43; Wohlers/Greco, in: SKStPO, Band II, § 94 StPO Rn. 7. 27 Der Begriff „Sicherstellung“ dient im Folgenden als Oberbegriff für die Beschlagnahme und die sonstige Herstellung staatlicher Gewalt über das Beweismittel. 28 Greven, in: KK-StPO, § 94 StPO Rn. 4; Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 94 StPO Rn. 16a; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 34 Rn. 4; Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 24. 29 BVerfGE 113, 29 (50); Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 94 StPO Rn. 16a; Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 24; a. A.: Matzky, Zugriff auf EDV im Strafprozeß, S. 208 ff.; Papier/Dengler, BB 1996, 2541 (2546). 24

C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung

33

den oder Tonaufzeichnungen ebenso wenig auf den Gegenstand als solchen, sondern vielmehr auf den in ihm verkörperten Informationswert ankommt.30 Werden die Dashcam-Aufnahmen also auf der Dashcam selbst oder auf externen Speicherkarten festgehalten, genügt deren Sicherstellung, um auf die darauf befindlichen Aufnahmen zugreifen zu können.

II. Besitzerlangung an den Dashcam-Aufnahmen selbst Schwieriger wird es, wenn es um die Sicherstellungsfähigkeit elektronischer Daten als solcher geht. Denn Daten sind keine körperlichen Gegenstände und können für sich genommen kein taugliches Objekt einer Maßnahme nach § 94 StPO sein.31 Allenfalls ist darüber nachzudenken, dass eine Sicherstellung in einer etwaigen Kopie der Daten von ihrem ursprünglichen Datenträger zu sehen ist. Problematisch dabei ist aber, dass mit dem Kopieren der Daten keine körperliche Inbesitznahme der Daten verbunden ist, sondern dieser Vorgang vielmehr die Schaffung eines neuen Datenträgers darstellt, auf dem die kopierten Daten festgehalten werden. Daher erscheint es zunächst naheliegend, die Sicherstellungsfähigkeit der Daten zu verneinen.32 Eine solche Auslegung führt aber dazu, dass immer die entsprechenden Speichergeräte sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden müssten, auf denen sich die gesuchten Daten befinden. Für von einer solchen Maßnahme betroffene Unternehmen etwa würde dies erhebliche Einschränkungen in ihrer Arbeitsfähigkeit bedeuten.33Allein aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist deshalb die rein elektronische Kopie der Daten auf einen neuen Datenspeicher als gegenüber der körperlichen Sicherstellung bzw. Beschlagnahme weniger einschneidende zulässige Minusmaßnahme anzusehen.34 Schließlich spricht aus systematischer Sicht auch § 110 Abs. 3 StPO für eine solche Auslegung, da dieser ausdrücklich einen Zugriff auf Datenbestände unter Inanspruchnahme eines Computernetzwerks und die Sicherstellung dieser Daten vorsieht.35 Grundsätzlich können daher auch elektronische Daten Maßnahmen nach § 94 StPO unterliegen.36 Für die vorliegende Untersuchungskonstellation bedeutet dies, dass auch 30 Schlegel, HRRS 2008, 23 (24); Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 24. 31 Gercke, in: HK-StPO, § 94 StPO Rn. 18; Klesczewski, ZStW 123 (2011), 737 (747). 32 So wohl: Klesczewski, ZStW 123 (2011), 737 (747); Palm/Roy, NJW 1996, 1891 (1795); Störing, Strafprozessuale Zugriffsmöglichkeiten auf E-Mail-Kommunikation, S. 68 ff. 33 Schlegel, HRRS 2008, 23 (24). 34 Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 34 Rn. 4; Schlegel, HRRS 2008, 23 (24); Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 26. 35 Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 26. 36 Im Ergebnis ebenso: BVerfGE 113, 29 (50 ff.); LG Bonn wistra 2005, 76 7 (6 f.); Eschelbach, S/S/W StPO, § 94 Rn. 15; Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 94 StPO Rn. 16a; Korge, Die Beschlagnahme elektronisch gespeicherter Daten bei privaten Trä-

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§ 2 Grundlagen der Untersuchung

die Dashcam-Aufnahmen als solche durch eine Kopie derselben auf einen externen Datenträger der Strafverfolgungsbehörden sichergestellt werden können.

III. Besitzerlangung bei Speicherung der Aufnahmen in einer Cloud Fraglich ist aber, ob dies auch dann gilt, wenn die Aufnahmen nicht auf einem Datenträger, sondern lediglich in einer Cloud gespeichert sind. Bei der Speicherung dieser Daten in einer Cloud bedient sich der private Nutzer gemieteter37 Datenspeicher im Internet, auf welche er jederzeit und von überall Zugriff hat.38 Anstatt seine Daten in Form von Dokumenten, Musik oder Bild- und Videodateien lokal bei sich zu festzuhalten, nutzt er die Speicherkapazitäten der Cloud.39 Dadurch „gehören“ ihm auch weiter die Daten, sie befinden sich lediglich beim Cloud-Anbieter.40 Deshalb ist es richtig und konsequent, diese Daten ebenfalls über § 94 StPO sicherstellen zu können, solange der Zugriff über den Datenträger des Cloud-Nutzers realisiert wird.41 Denn insofern unterscheiden sie sich nur unwesentlich von lokal gespeicherten Daten.42 Auch der Zugriff direkt gegen den Cloud-Anbieter ist nach § 94 StPO grundsätzlich möglich,43 tatsächlich aber mit erheblichen Problemen verbunden, die an dieser Stelle nur kurz dargestellt werden sollen. Das Speichermedium des CloudAnbieters befindet sich nämlich häufig in einem ausländischen Staat.44 Das völkerrechtliche Souveränititsprinzip45 beschränkt Maßnahmen aber auf das nationale Hoheitsgebiet, sodass die nationalen Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich nicht an die auf ausländischen Servern gespeicherten Datensätze herankommen.46 gern von Berufsgeheimnissen, S. 61 ff.; Meininghaus, Der Zugriff auf E-Mails im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, S. 203 f.; Menges, in: LR-StPO, Band III/1, § 94a StPO Rn. 28; Mohrenschläger, wistra 1991, 321 (329); Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 34 Rn. 4; Schlegel, HRRS 2008, 23 (24); Weber/Meckbach, NStZ 2006, 492 (493); Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 StPO Rn. 26; Zimmermann, JA 2014, 321 (322). 37 Wicker, MMR 2012, 783 (785 ff.). 38 Dalby, CR 2013, 361 (367); Tezel, ZD-Aktuell 2016, 05026. 39 Wicker, MMR 2013, 765 (766). 40 Wicker, MMR 2013, 765 (766). 41 Schelzke, HRRS 2013, 86 (89); Süptitz/Utz/Eymann, DuD 2013, 307 (309); Wicker, MMR 2013, 765 (769). 42 Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 Rn. 26. 43 Wohlers/Greco, in: SK-StPO, Band II, § 94 Rn. 26. 44 So etwa bei Amazon, welches die Daten zumindest auch auf ausländischen Servern speichert, vgl.: Blechschmitt, MMR 2018, 361 (363). 45 Vgl. zum völkerrechtlichen Souveränitsprinzip: Streinz, in: Sachs GG, Art. 25 GG Rn. 51 ff. 46 Gercke, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, StGB vor § 3 Rn. 2; Süptitz/Utz/Eymann, DuD 2013, 307 (311).

C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung

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Transnationale Ermittlungen sind insoweit nur eingeschränkt möglich. Ohne vorherhige Konsultation des Staates, in welchem sich die Cloud-Daten befinden, bedürfen Ermittlungstätigkeiten ausländischer Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich einer völkerrechtlichen Rechtfertigung, insbesondere durch völkerrechtliche Verträge.47 Eine völkervertragliche Rechtfertigung für transnationale strafprozessuale Ermittlungen finden sich in der Convention on Cybercrime (CCK). Art. 32 CCK erlaubt den Behörden einer Vertragspartei in bestimmten Situationen einen direkten, einseitigen Zugriff, der hier allerdings nicht weiterhilft: Zum einen sind die gesuchten Daten keine öffentlich zugänglichen gespeicherten Computerdaten i. S. v. Art. 32a CCK. Zum anderen ist – unabhängig von der gegen Art. 32b CCK vorgebrachten Kritik48 – auch dieser Tatbestand nicht einschlägig, da es an einer rechtmäßigen und freiwilligen Zustimmung des ausländischen Cloud-Dienstanbieters zur Datenübermittlung an inländische Strafverfolgungsbehörden fehlt. Immerhin dient die Online-Datensicherung gerade dem Schutz der Nutzer vor ungewollter Kenntnisnahme der Daten durch Dritte, also auch staatlichen Stellen.49 Scheidet damit einseitiges Vorgehen der nationalen Strafverfolgungsbehörden aus, bedarf es deshalb einer Kooperation der Behörde des Landes, in dem sich der Server befindet. Dies gelingt in erster Linie dadurch, dass der betroffene Staat mittels eines förmlichen Rechtshilfeersuchens um Unterstützung gebeten wird. Aufgrund der Komplexität des Verfahrens ist dieser Vorgang jedoch sehr zeitintensiv, womit die erhebliche Gefahr eines Beweismittelverlusts einhergeht.50 Als Reaktion hierauf regelt Art. 29 CCK die Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens, wodurch der ersuchte Staat gem. Art. 29 Abs. 3 CCK verpflichtet wird, alle nach seinem nationalen Recht möglichen Maßnahmen zur umgehenden Datensicherung zu treffen.51 Im Anschluss hieran sind die Daten mindestens 60 Tage aufzubewahren, um so Zeit für ein formelles Rechtshilfeersuchen einzuräumen, Art. 29 Abs. 7 CCK.

IV. Ergebnis Insgesamt unterliegen Dashcam-Aufnahmen damit den Zugriffsmöglichkeiten des § 94 StPO, gleich ob der Datenträger oder die Aufnahme als solche sichergestellt werden. Ob dessen Absatz 1 oder 2 Anwendung findet, hängt – wie oben ausgeführt – davon ab, ob der Datenträger bzw. die Aufnahme freiwillig herausgegeben wird oder nicht. Da Beschlagnahmeverbote nach § 97 StPO in der vorliegenden Konstellaton fernliegen, ist die Maßnahme unter Wahrung der Verfahrensvorschrift des § 98 StPO zulässig. 47 48 49 50 51

Süptitz/Utz/Eymann, DuD 2013, 307 (311). Vgl. etwa: Gercke, CR 2010, 345 (348). Soiné, NStZ 2018, 497 (500). Gercke, CR 2010, 345 (347). Süptitz/Utz/Eymann, DuD 2013, 307 (311); Soiné, NStZ 2018, 497 (500).

§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen A. Grundlagen der Beweisverbotslehre Der Zweck des Strafverfahrens liegt in der Erforschung der Wahrheit.1 Daher legt der Untersuchungsgrundsatz aus § 244 Abs. 2 StPO dem Gericht die Amtspflicht auf, die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Diese umfassende Sachaufklärungspflicht korrespondiert mit dem Grundsatz der umfassenden Beweiswürdigung aus § 261 StPO, nach dem alle in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise in die Beweiswürdigung einzubeziehen sind.2 Allerdings kennt die StPO auch keine Wahrheitsforschung „um jeden Preis“.3 Vielmehr ist der Strafprozess selbst in die sittliche und rechtliche Rangordnung des Staates eingebettet, wodurch das Interesse an der Sachverhaltsaufklärung in besonderen Situationen zurücktreten muss.4 Zu beachten sind insofern insbesondere der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Wahrung der rechtsstaatlichen Integrität des Verfahrens sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.5 Bei Überschreiten dieser verfassungsrechtlichen Grenzen werden der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der umfassenden Beweiswürdigung zum Schutze höherwertiger Rechtsgüter und Interessen mittels Beweisverboten durchbrochen und bestimmte Beweisergebnisse von der Berücksichtigung im Urteil ausgeschlossen.6 Über die Terminologie dieses bereits von Beling (1903) geprägten Begriffs des „Beweisverbots“ herrscht dabei weitestgehend Einigkeit. Er stellt zunächst den Oberbegriff eines beweisrechtlich unzulässigen Vorgehens dar.7 Innerhalb dessen hat sich die formelle Differenzierung zwischen Beweiserhebungsverboten, also Begrenzungen schon bei der Sachverhaltsermittlung selbst, und Beweisverwertungsverboten, d.h. Verboten, die es untersagen, bestimmte Sachverhalte zum 1

Fischer, in: KK-StPO, vor § 1 StPO Rn. 3. Ott, in: KK-StPO, § 261 StPO Rn. 6, 16. 3 BGH NJW 1960, 1580 (1582); BGH NJW 1983, 1570 (1571). 4 Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 19. 5 Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 330. 6 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 454, 456. 7 Gössel, GA 1991, 483 (484); a. A. etwa: Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 11 ff., der den Begriff „Beweis“ als zu eng erachtet und diesen durch den „abstrakteren“ Begriff der „Information“ ersetzen will. 2

A. Grundlagen der Beweisverbotslehre

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Gegenstand der Urteilsfindung zu machen, durchgesetzt.8 Daneben gilt weiterhin die bereits von Rogall eingeführte Unterscheidung von unselbständigen und selbständigen Beweisverwertungsverboten.9 Letztere sind von einem vorangehenden Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften unabhängig und können daher auch greifen, wenn der Vorgang der Beweiserhebung als solcher rechtmäßig war. Sie ergeben sich in erster Linie unmittelbar aus der Verfassung selbst, folgen aber teilweise auch aus dem Gesetz (z. B. aus §§ 393 Abs. 2 AO, 97 Abs. 1 S. 3 InsO, 477 Abs. 2 S. 2 StPO).10 Mit den unselbständigen Beweisverwertungsverboten werden hingegen Situationen erfasst, in denen bei der Beweiserhebung prozessuale Fehler begangen worden sind.11 Auch hier können solche wiederum gesetzlich normiert sein (z. B. § 136a Abs. 3 S. 2 StPO). Regelmäßig handelt es sich insoweit jedoch um sog. ungeschriebene, also gesetzlich nicht normierte Beweisverwertungsverbote, deren Bestimmung stark umstritten ist. Weitestgehend einig ist man sich nur insoweit, dass nicht jeder Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift zwingend und unmittelbar ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat.12 Argumentiert dafür wird, dass ansonsten jeder noch so kleine Verfahrensverstoß Relevanz entfalten könne und dadurch die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege unverhältnismäßig in Mitleidenschaft gezogen würde.13 Dies zeige auch der Vergleich zum Verwaltungsverfahren, wo formelle Fehler regelmäßig nach § 45 VwVfG geheilt werden können, was im Strafverfahren eben nicht sinnvoll möglich sei und infolgedessen eine ausnahmslose Unverwertbarkeit der Beweismittel die Strafverfolgung deutlich mehr träfe, als die grundsätzliche Beachtlichkeit von formellen Fehlern in dem (im Grundsatz nach jederzeit nachholbaren) Verwaltungsverfahren.14 Wann jedoch letztendlich eine rechtswidrige staatliche Beweiserhebung zu einem Beweisverwertungsverbot führt, ist Gegenstand einer kontroversen Diskussion, deren ausführliche und vollumfängliche Darstellung hier nicht annähernd nachgezeichnet werden kann und muss.15 Im Wesentlichen gibt es aber drei bekannte Konzepte. Die sog. Rechtskreistheorie fragt aus Sicht der Revision danach, ob die Verbotsverletzung den Rechtskreis des Revisionsführers wesentlich berührt. Nur dann sei ein Beweisverwertungsverbot anzu-

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Gössel, GA 1991, 483 (484). Rogall, ZStW 91 (1979), 1 (3). 10 Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 10. 11 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458. 12 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 362; Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 387; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 23; a. A.: Kühne, in: AK-StPO, Band I, vor § 48 StPO Rn. 52a. 13 Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 455. 14 Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 455. 15 Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 270 spricht gar davon, dass in diesem Punkt „trotz der nicht unerheblichen Bemühungen eine einheitliche Lösung oder ein weitgehend konsentierter Lösungsansatz bisher nicht in Sicht ist“. 9

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

nehmen.16 Daneben bestimmen Vertreter der Schutzzwecktheorie das etwaige Beweisverwertungsverbot nach dem Zweck der verletzten Rechtsnorm. Liegt dieser gerade darin, ein verbotswidrig erlangtes Beweismittel von der Beweisverwertung auszuschließen, folgt daraus ein Beweisverwertungsverbot.17 Die herrschende Meinung entscheidet hingegen einzelfallabhängig. Über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Beweisverwertungsverbots soll danach durch eine umfassende Abwägung der betroffenen Interessen entschieden werden.18

B. Sonderkonstellation: Private Beweiserhebung In der vorliegenden Untersuchungskonstellation tritt als Besonderheit erschwerend hinzu, dass es primär der Dashcam-Nutzer ist, auf den die Beweiserhebung zurückzuführen ist und damit grundsätzlich keine staatliche, sondern eine private Beweiserhebung vorliegt. Der private Dashcam-Nutzer fertigt die Aufnahmen, speichert diese und leitet sie möglicherweise auch an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden weiter. Zwar erfasst der Vorgang der Beweiserhebung nach der obigen Begriffsbestimmung19 auch die staatliche Entgegennahme der Dashcam-Aufnahme bzw. den staatlichen Zugriff darauf, woraus grundsätzlich ein unselbständiges Beweisverwertungsverbot resultieren könnte, wenn dabei gegen eine Beweiserhebungsvorschriften verstoßen wird. Da dieser Teil der Beweiserhebung – wie gesehen – aber regelmäßig auf § 94 StPO gestützt werden kann und von einer Wahrung der Verfahrensvorschrift des § 98 StPO auszugehen ist, spielt dieser Aspekt hier keine Rolle. Es soll sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit allein auf das Problem der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, die aus privater Beweiserhebung selbst resultieren, beschränkt werden. Die insofern vertretene herrschende Auffassung geht von einer grundsätzlichen Verwertbarkeit der privat erhobenen Beweismittel aus.20 Ob dies aber unter Berücksichtigung der tatsächlichen heutigen Gegebenheiten, insbesondere der technischen Möglichkeiten Privater, Beweismaterial zu erlangen, auch heute noch angemessen erscheint, gilt es – wie in der Einleitung bereits aufgezeigt – nach hier vertretener Auffassung unter drei Aspekten zu untersuchen: Zunächst stellt sich die Frage, ob aus der privaten (rechtswidrigen) Beweiserhebung selbst unmittel16

BGHSt 11, 213 (215); Bauer, NJW 1994, 2530 (2531). Beulke, JURA 2008, 653 (656); ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458; Grünwald, JZ 1966, 489 ff.; Kudlich, MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 464; Paulus, in: KMR StPO, § 244 StPO Rn. 516. 18 BGHSt 44, 243 (248f.); Eschelbach, in: S/S/W StPO, § 136 StPO Rn. 85; Greven, in: KK-StPO, vor § 94 StPO Rn. 10; Neuber, NStZ 2019, 113 ff.; Schmitt, in: MeyerGoßner/Schmitt, Einl. Rn 55a. 19 Vgl. oben unter: § 1 C. 20 Vgl. statt vieler: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478; Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23, Rn. 34; Krey/Heinrich, Deutsches Strafverfahrensrecht, Rn. 1607; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, Rn. 65. 17

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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bar ein Beweisverwertungsverbot folgt (C.). Anschließend ist zu prüfen, ob das private Handeln den staatlichen Strafverfolgungsbehörden möglicherweise zugerechnet werden kann, sodass es sich faktisch um den klassischen Fall staatlicher Beweiserhebung handelt und die Grundsätze Anwendung finden, die auch dann gelten, wenn die Strafverfolgungsorgane selbst Beweise erheben (D.). Schließlich kann sich ein Beweisverwertungsverbot auch aus dem Akt der Beweisverwertung als solchem ergeben, weil er gegen die Verfassung verstößt und dadurch ein sog. selbständiges Beweisverwertungsverbot greift (E.).21 Die Art und Weise der Beweiserhebung spielt bei letzterem nämlich – wie gesehen – keine Rolle.

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung durch Privatpersonen Zuvorderst ist also danach zu fragen, ob sich aus dem Verhalten des privaten Dashcam-Nutzers unmittelbar ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot ableiten lässt, privat erhobene Beweismittel also in bestimmten Konstellationen strafprozessual unverwertbar sind. Problematisch dabei ist jedoch, dass die Vorgaben der Strafprozessordnung sich lediglich an die Strafverfolgungsbehörden und nicht an Privatpersonen richten22 und selbst bei staatlichem Vorgehen nur eine rechtswidrige Beweiserhebung zu einem aus einem Verstoß gegen einfachgesetzliche Rechtsvorschriften folgenden sog. unselbständigen Beweisverwertungsverbot führen kann. Für die private Beweiserhebung bedeutet das, dass ein aus ihr folgendes Beweisverwertungsverbot jedenfalls dann fernliegt, wenn diese rechtmäßig war. Relevant ist deshalb allein die umgekehrte Konstellation, nämlich die rechtswidrige Beweiserhebung durch Private. Ob das private Unrecht bei der Beweismittelerhebung auf die Verwertungsebene durchschlägt, ist Gegenstand einer kontroversen Diskussion, bei der die Auffassungen von der uneingeschränkten Verwertbarkeit23 bis hin zur ausnahmslosen Unverwertbarkeit24 reichen. Nicht überraschend ist es daher, dass Bockemühl insofern bereits 1996 darauf hinwies, dass die von Roxin getroffene Aussage, die Dogmatik der Be21 Vgl. etwa: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478 ff.; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 321 ff. 22 Statt vieler: BGHSt 44, 129 (134); Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 107; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 197; Diemer, in: KK-StPO, § 136a Rn. 3; Kubiciel, GA 2013, 226 (228); Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 11; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65. 23 So etwa: Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Achtung der Intimsphäre, S. 141; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozeß, S. 97 ff.; Kohlhaas, DRiZ 1966, 286 (289); Kramer, JURA 1988, 520 (522); Petry, Beweisverbote im Strafprozess, S. 83. 24 So etwa: Hassemer/Matussek, Das Opfer als Verfolger, S. 79; Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 101 f.; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116 ff.

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

weisverwertungsverbote im Strafprozess sei „noch im Aufbruch befindlich“,25 besonders für das Problem der Verwertbarkeit von rechtswidrig durch Private erlangten Beweisen gelte.26 Im Folgenden gilt es deshalb zunächst herauszufinden, inwiefern eine Privatperson durch die Beweiserhebung gegen Rechtsvorschriften verstößt.

I. Private Rechtsverstöße bei der Beweiserhebung Auf Ebene der Beweiserhebung kommen mehrere private Rechtsverstöße in Betracht. Neben den in erster Linie genau zu untersuchenden Verstößen gegen das Datenschutzrecht, spielen möglicherweise auch Verstöße gegen das Kunsturhebergesetz eine Rolle. 1. Verstoß gegen Datenschutzrecht Zentrale Frage auf Ebene der Beweiserhebung ist, inwieweit durch die Aufnahme des Videomaterials mittels Dashcam gegen datenschutzrechtliche Normen verstoßen wird. Genießt die Datenschutzgrundverordnung vor dem Bundesdatenschutzgesetz insoweit Anwendungsvorrang (Art. 288 Abs. 2 AEUV), ist hierbei zunächst zu untersuchen, inwieweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist, ehe begutachtet werden kann, nach welcher Vorschrift sich die Zulässigkeit von Aufnahmen mittels Dashcam bemisst. Erst anschließend gilt es darzustellen, wann gegen diese Norm im Einzelfall verstoßen wird. Schließlich sind auch die weiteren Verarbeitungsvorgänge im Rahmen der Beweiserhebung, namentlich die Speicherung der Videosequenzen sowie die Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden, in den Blick zu nehmen. a) Anwendungsvorrang der Datenschutzgrundverordnung vor nationalem Recht Die Europäische Union hat am 15.12.2015 die Datenschutzgrundverordnung vorgestellt, welche nach einer zweijährigen Übergangsfrist seit dem 25.05.2018 in allen Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist, Art. 99 Abs. 2 DSGVO.27 Als Verordnung entfaltet sie nach Art. 288 Abs. 2 AEUV in Deutschland und in allen Mitgliedstaaten unmitelbare Wirkung und es bedarf insoweit keiner Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber.28 Zwar hat der deutsche Gesetzgeber am 05.07.2017 eine Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes verkündet.29 Auf25

Roxin, Strafverfahrensrecht, 24. Auflage 1995, § 24 Rn. 13. Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 15. 27 Wolff/Brink, in: BeckOK DatenschutzR, Einl. zur DSGVO Rn. 16. 28 Ruffert, in: Calliess/Ruffert EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 20; Schroeder, in: Streinz EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 56. 29 BGBl I 2017 Nr. 44 S. 2097 ff. 26

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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grund des Anwendungsvorrangs der Datenschutzgrundverordnung vor sämtlichen nationalen Vorgaben, kann dieses jedoch nur dort Anwendung finden, wo die Verordnung sog. Öffnungsklauseln enthält, die abweichendes bzw. konkretisierendes Recht der Mitgliedstaaten gestatten.30 Wenn nun der nationale Gesetzgeber in § 4 BDSG n. F. die Zulässigkeit einer Videoüberwachung regelt, muss sich die Norm folglich auf Öffnungsklauseln der DSGVO stützen können, damit sie Geltung erlangt. Eine solche Öffnungsklausel findet sich zwar in Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 lit. b DSGVO, die es dem nationalen Gesetzgeber insbesondere ermöglicht, spezifische Bestimmungen in Bezug auf die Datenverarbeitung zur Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse oder in Ausübung öffentlicher Gewalt (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO) zu treffen. § 4 BDSG n. F. ist davon jedoch nur teilweise erfasst.31 Geht es um den Erlaubnistatbestand des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG n. F., der eine Videoüberwachung zur Aufgabenerfüllung lediglich öffentlicher Stellen ermöglicht, ist dieser von Art. 6 Abs. 2 bzw. Art. 6 Abs. 3 S. 1 lit. b DSGVO gedeckt.32 Geht es dagegen um § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG n. F., der darüber hinaus auch eine Videoüberwachung nichtöffentlicher Stellen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erlaubt, muss dies jedoch anders beurteilt werden.33 Zwar ist einzugestehen, dass auch die Videoüberwachung durch nichtöffentliche Stellen im öffentlichen Raum zum Zwecke der Verfolgung von Straftaten oder der Verhütung von Straftaten erfolgen kann und damit mit der Wahrnehmung berechtigter Interessen gegebenenfalls zugleich öffentliche Interessen i. S. d. Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO verfolgt werden.34 Normadressaten des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO sind jedoch nur diejenigen, denen die Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch Gesetz übertragen worden ist.35 Eine solche Übertragung von im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben wie der öffentlichen Sicherheit wird aber durch § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG n. F. gerade nicht begründet.36 Die Bestimmung in § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG n. F. für nichtöffentliche Stellen ist demnach nicht von der Öffnungsklausel des Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 lit. b DSGVO erfasst und infolgedessen unionsrechtswidrig.37 Sie muss unangewendet bleiben, 30

Leeb/Liebhaber, JuS 2018, 534 (536). Kühling, NJW 2017, 1985 (1987). 32 Kühling, NJW 2017, 1985 (1987). 33 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, § 4 BDSG Rn. 5, 6; Kühling, NJW 2017, 1985 (1987). 34 So: Schwartmann/Jacquemain, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 6 Anhang § 4 BDSG Rn. 5. 35 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 41. 36 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 23. 37 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, § 4 BDSG Rn. 5; Jandt, ZRP 2018, 16 (17); Kühling, NJW 2017, 1985 (1987); Lachenmann, ZD 2017, 407 (410); Schindler/ 31

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

sodass die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung durch private Stellen allein nach Maßgabe der DSGVO zu ermitteln ist.38 b) Anwendungsbereich der DSGVO Stellt Art. 3 Abs. 1 DSGVO hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereichs auf die – für juristische Personen bedeutsame – Begrifflichkeit der „Niederlassung“ ab, entspricht dies bei natürlichen Personen dem gewöhnlichen Aufenthaltsort. Hierunter wird der Ort verstanden, an dem die natürliche Person ihren für eine gewisse Dauer angelegten Lebensmittelpunkt hat.39 Für DashcamNutzer, die sich gewöhnlich innerhalb der Union aufhalten, ist der räumliche Anwendungsbereich der DSGVO damit nach Art. 3 Abs. 1 DSGVO eröffnet. Da die DSGVO darüber hinaus nicht zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen differenziert, sondern ihre Anforderungen allgemein an die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen adressiert,40 bereitet der persönliche Anwendungsbereich ebenso wenig Probleme. Denn nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO sind dies natürliche oder juristischer Personen, Behörden, Einrichtungen oder andere Stellen, womit auch der private Betreiber einer Dashcam als natürliche Person erfasst wird. Fraglich ist jedoch, ob auch der sachliche Anwendungsbereich eröffnet ist. Dies setzt nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO voraus, dass es sich um eine ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten oder um eine nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, handelt. Zudem darf die Haushaltsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO nicht einschlägig sein. aa) Automatisierte Verarbeitung und Personenbezug, Art. 2 Abs. 1 DSGVO Zunächst muss es sich bei der Aufnahme mittels Dashcam um eine ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten oder alternativ um eine nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, handeln.

Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057; Starnecker, in: Gola/Heckmann, BDSG, § 4 BDSG Rn. 11; a. A.: Schwartmann/Jacquemain, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 6 Anhang § 4 BDSG Rn. 2 ff. 38 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, § 4 BDSG Rn. 5, 6; Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057; Wilhelm, in: BeckOK DatenschutzR, § 4 BDSG Rn. 19. 39 Golland, DuD 2018, 351 (355). 40 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 26.

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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(1) Ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung Der Begriff der Verarbeitung ist in Art. 4 Nr. 2 DSGVO definiert. Erfasst von der Definition ist „jede“ Form des Umgangs mit personenbezogenen Daten von der Erhebung bis zur Vernichtung. Im Unterschied zum BDSG a. F., in dem noch zwischen „Erheben“, Verarbeiten“ und „Nutzen“ unterschieden worden war, führt die DSGVO sämtlichen Umgang mit personenbezogenen Daten unter dem einheitlichen Begriff der „Verarbeitung“ wieder zusammen. Eine Abgrenzung der einzelnen Begrifflichkeiten ist daher nun nicht mehr erforderlich. Vielmehr ist jede noch so unkritische und geringfügige Verarbeitung personenbezogener Daten per se vom Anwendungsbereich erfasst.41 In Bezug auf Videoaufnahmen ist dabei nicht einmal erforderlich, dass eine Aufzeichnungsmöglichkeit besteht. Selbst dann ist bei der Aufnahme von einer Verarbeitung in Form des Erhebens auszugehen.42 Eine Datenverarbeitung liegt daher durch die Aufnahme mittels Dashcam vor. Wann eine Verarbeitung ganz oder teilweise automatisiert ist, wird in der Verordnung dagegen nicht definiert. Mit Blick auf momentan nicht absehbare zukünftige technologische Entwicklungen ist dies jedoch als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers anzusehen.43 Dies unterstreicht auch ErwG 15 der DSGVO, indem er ein Schutzsystem einfordert, das technologieneutral ist und nicht von den verwendeten Techniken abhängt.44 Infolgedessen ist die Norm daher sehr weit auszulegen und schließt letztlich jede Form von Datenverarbeitungsanlagen mit ein.45 Erfasst werden Computer jeder Größenordnung, Smartphones und vor allem Überwachungsanlagen wie z. B. Kameradrohnen, Webcams oder auch Dashcams.46 Erforderlich ist aber, dass die Videobilder von dem eingesetzten System auch verfügbar gehalten werden können, d.h. eine (zumindest kurzfristige) Speicherung der Bilddaten möglich sein muss.47 Dies ist bei der Dashcam, unabhängig von der diesem Einsatz zugrunde liegenden Intention, der Fall. Es besteht die Möglichkeit der Speicherung, weshalb es sich dabei um eine Datenverarbeitungsanlage handelt. Eine automatisierte Verarbeitung liegt mithin vor. Auf die Alternative der „nicht automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, die einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“, kommt es daher nicht an.

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Plath, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 5. Schild, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 4 DSGVO Rn. 37. 43 Kühling/Raab, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 15. 44 Plath, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 7. 45 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 5. 46 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 5. 47 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 46. 42

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

(2) Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten Zu klären ist nun, ob und inwieweit es sich bei Dashcam-Aufzeichnungen um personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt. (a) Begriff der personenbezogenen Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO Dazu muss der Begriff der personenbezogenen Daten zunächst abstrakt untersucht werden, ehe festgestellt werden kann, ob Dashcam-Aufnahmen diesem unterfallen. Personenbezogene Daten sind in Art. 4 Nr. 1 DSGVO legal definiert. Danach sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Für die Anwendung der DSGVO auf die Verarbeitung personenbezogener Daten ist es dabei ohne Belang, welche Fallvariante Anwendung findet.48 (aa) Information i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO Die Regelung umfasst alle Informationen, die sich auf eine natürliche Person beziehen. Insoweit ist der Begriff grundsätzlich weit auszulegen und umfasst sowohl Informationen über persönliche Verhältnisse wie Tonaufzeichnungen von einer Person, Bilder, Standortdaten oder Fingerabdrücke, als auch über sachliche Verhältnisse, die einen direkten Bezug zum Betroffenen ermöglichen (z. B. Angaben zu einem Kfz, dessen Halter, Eigentümer oder Fahrer der Betroffene ist).49 Dementsprechend unterfallen Dashcam-Aufnahmen, von denen insbesondere Personen und Fahrzeuge erfasst werden, regelmäßig dem Begriff der Information i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO. (bb) Identifizierung i. S. v. Art. 4 Nr. 1 Var. 1 DSGVO Wann eine Person i. S. v. Art. 4 Nr. 1 Var. 1 DSGVO identifiziert ist, wird in der DSGVO nicht näher erläutert. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass eine Person dann als identifiziert gilt, wenn deren Identität ohne Schwierigkeiten aus der Information selbst ermittelt werden kann.50 Dies ist der Fall, wenn die Information derart einzigartig ist, dass sie eindeutig und objektiv einer Person zugeordnet ist.51 Dafür entscheidend sind der Kontext und die objektiven Umstände, in denen die Information verarbeitet wird.52 Beispielsweise genügt ein Datensatz, 48 Karg, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 1 DSGVO Rn. 46. 49 Weichert, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 4 DSGVO Rn. 27 f. 50 Schwartmann/Mühlenbeck, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/ BDSG, Art. 4 DSGVO Rn. 32. 51 EuGH Urt. v. 17.10.2013, C-291/12, ECLI:EU:2013:670 Rn. 27 – Schwarz. 52 Karg, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 DSGVO Rn. 54.

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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der den bloßen Namen einer Person enthält, grundsätzlich nicht zur Identifizierung, es sei denn, es wird aus dem Kontext klar, wer gemeint ist. Vielmehr bedarf es daneben grundsätzlich sonstiger identifizierender Informationen wie Geburtsdatum, Geburtsort oder gar der Fotografie des Gesichts.53 (cc) Identifizierbarkeit i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO Dagegen äußert sich die die DSGVO zu der Frage, wann eine Person i. S. d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO identifizierbar ist, in Art. 4 Nr. 1 ausdrücklich. Als identifizierbar gilt danach eine natürliche Person, wenn sie anhand direkter oder indirekter Merkmale identifiziert werden kann. Entscheidend ist also, dass eine vorhandene Information für eine Identifizierung nicht ausreicht, sondern diese erst durch eine Anzahl weiterer Verarbeitungsschritte oder durch Zusatzwissen zwischen der Information und der Person ermöglicht wird.54 Inwieweit dabei das Wissen und die Mittel Dritter zu berücksichtigen sind, wird seit Längerem unterschiedlich beurteilt. Da der Wortlaut des Art. 4 Nr. 1 DSGVO im Vergleich zur bisherigen Rechtslage unter der Datenschutzrichtlinie und dem BDSG a. F. zu keiner grundlegenden Veränderung geführt hat55 lassen sich die insoweit zur alten Rechtslage vertretenen Auffassungen im Wesentlichen auf die DSGVO übertragen.56 (a) Absolute Theorie Nach der sog. absoluten bzw. objektiven Theorie sind nicht die individuellen Fähigkeiten der datenverarbeitenden Stelle, sondern vielmehr die allgemein zur Verfügung stehenden Mittel zur Herstellung des Personenbezugs entscheidend. Ausreichend ist danach, dass irgendein beliebiger Dritter die Möglichkeit und Kenntnisse hat, den Personenbezug herzustellen.57 Dabei genügt die theoretische Möglichkeit, dass mithilfe Dritter ein Personenbezug hergestellt werden kann.58 53

Schild, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 4 DSGVO Rn. 16. Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 4 DSGVO Rn. 11. 55 So wurde die Formulierung „bestimmt und bestimmbare natürliche Personen“ aus Art. 2 lit. a DSRL bzw. aus § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BDSG a. F. durch „identifiziert und identifizierbare natürliche Person“ ersetzt. Ebenso sollten nach ErwG 26 zu Art. 2 lit. a DSRL zur „Bestimmbarkeit alle Mittel berücksichtigt werden, die vernünftigerweise entweder von einem Verantwortlichen für die Verarbeitung oder von einem Dritten eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person zu bestimmen“. ErwG 26 S. 3 zur DSGVO spricht nunmehr davon, dass „zur Identifizierbarkeit alle Mittel berücksichtigt werden, die von dem Verantwortlichen oder einer anderen Person nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden“. 56 Klar/Kühling, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO Rn. 20; Schwartmann/Mühlenbeck, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/ BDSG, Art. 4 DSGVO Rn. 4. 57 Vgl. etwa: LG Berlin MMR 2007, 799 (800); Pahlen-Brandt, DuD 2008, 34 (38). 58 Eckhardt, CR 2015, 114 (115); Werkmeister/Brandt, CR 2016, 233 (234). 54

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

Die Personenbezogenheit von Daten ist daher für alle denkbaren verantwortlichen Stellen, unabhängig von deren jeweiligen Fähigkeiten und deren jeweiligem Wissen, gleich zu beurteilen.59 (b) Relative Theorie Nach der sog. relativen Theorie kommt es für die Frage des Personenbezugs dagegen ausschließlich auf die Kenntnisse und Möglichkeiten der datenverarbeitenden Stelle an.60 Kenntnisse und Fähigkeiten Dritter bleiben vollkommen außer Betracht.61 Infolgedessen kann die Personenbezogenheit von Daten nach dieser Sichtweise für verschiedene verantwortliche Stellen unterschiedlich zu beurteilen sein.62 (g) Auslegung des Begriffs „Identifizierbarkeit“ Der Begriff der Identifizierbarkeit ist ein Merkmal von zentraler Bedeutung. Unter anderem sein Vorliegen führt zu einer Eröffnung des sachlichen Abwendungsbereichs der Verordnung, Art. 2 Abs. 1 DSGVO. Daher soll im Folgenden die Frage, ob von einem relativen oder absoluten Verständnis auszugehen ist, anhand einer Auslegung in grammatischer, historischer, systematischer und teleologischer Hinsicht beantwortet werden. (aa) Grammatische Auslegung Bei der grammatischen Auslegung ist der Wortlaut der Norm maßgeblich. Dieser ist unmittelbar Ausdruck des gesetzgeberischen Willens und bindet den Rechtsanwender.63 In Art. 4 Nr. 1 DSGVO wird der Begriff der Identifizierbarkeit zwar mithilfe von Regelbeispielen konkretisiert. Eine Person gilt danach als identifizierbar, wenn sie direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind. Schlussfolgerungen darauf, welcher Ansicht der Gesetzgeber bei dem Erlass der DSGVO folgte, lassen sich daraus jedoch nicht entnehmen.64 Vielmehr bleiben die entscheidenden Fragen ungeklärt. So bleibt offen, 59

Herbst, NVwZ 2016, 902 (904). Kirchberg-Lennartz/Weber, DuD 2010, 479 (480); Kühling/Klar, NJW 2013, 3611 (3615); Krüger/Maucher, MMR 2011, 433 (436). 61 Meyerdierks, MMR 2009, 8 (9). 62 Herbst, NVwZ 2016, 902 (903). 63 Metz, JA 2018, 47 (48); Muthorst, JA 2013, 721 (725). 64 Buchner, DuD 2016, 155 (156). 60

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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ob es bei der Identifizierbarkeit überhaupt auf die Möglichkeiten und das Wissen Dritter ankommen kann und wenn ja, wessen Wissen für die Möglichkeit der Identifizierung berücksichtigt werden muss.65 Ohnehin kommt der grammatischen Auslegung aufgrund der nationalsprachlichen Wortlaute bei der Auslegung von Unionsrecht nur beschränkte Aussagekraft zu.66 Damit führt diese Auslegungsmethode zu keinem eindeutigen Ergebnis. (bb) Historische Auslegung Blickt man auf die Entstehungsgeschichte des Bundesdatenschutzgesetzes, so stellt man fest, dass bereits im „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundes-Datenschutzgesetz – BDSG)“ der Begriff der „personenbezogenen Daten“ wörtlich aufgeführt wird.67 Entscheidende Erkenntnisse für die eine oder andere Ansicht lassen sich aus der dazu gehörigen Begründung jedoch nicht gewinnen.68 Anders sei dies nach Pahlen-Brandt bei der dem BDSG a. F. zugrunde liegenden DSRL.69 Bei deren Fassung wurde nämlich diskutiert, bereits dann von anonymisierten Daten auszugehen, wenn ein Bezug zur Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Arbeitskraft, Kosten und Zeit herstellbar ist.70 Dadurch, dass diese Definition nicht geregelt worden ist, sieht Pahlen-Brandt ein Argument für die relative Ansicht.71 Eindeutig ist dieser Schluss jedoch nicht. Schließlich war dennoch bereits zu Zeiten des BDSG a. F. und der DSRL umstritten, ob von einem relativen oder absoluten Verständnis auszugehen war.72 Auch die Historik der DSGVO selbst führt nicht weiter. Diese hat sich im Vergleich zur DSRL nämlich nur unwesentlich verändert.73 Wenn nun im Rahmen der Regelbeispiele i. R. d. Identifizierbarkeit zwar zusätzlich der Name, die Online-Kennung und die genetische Identität aufgezählt werden, führt dies lediglich zu einer Ergänzung des Gesetzestextes. Eine Veränderung der Bedeutung kann hierin aber nicht gesehen werden.74 Die historische Auslegung liefert daher ebenfalls keine eindeutige Antwort.

65

Hofmann/Johannes, ZD 2017, 221 (222). Hofmann/Johannes, ZD 2017, 221 (221); Schroeder, JuS 2004, 180 (184 f.); Wegener, in: Calliess/Ruffert EUV/AEUV, Art. 19 AEUV Rn. 13. 67 BT-Drs. 7/1027, 21.09.1973, S. 23. 68 So auch: Brink/Eckhardt, ZD 2015, 205 (208). 69 Pahlen-Brandt, DuD 2008, 34 (38/39). 70 Vgl.: Pahlen-Brandt, DuD 2008, 34 (38 f.). 71 Pahlen-Brandt, DuD 2008, 34 (38 f.). 72 Vgl. statt vieler: Moos/Rothkegel, MMR 2016, 845 (846). 73 Vgl. oben in diesem Kapitel unter: Fn. 56. 74 Schreiber, Plath, DSGVO/BDSG, Art. 4 Rn. 7. 66

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(gg) Systematische Auslegung Hilfreicher erscheint ein Blick auf die Systematik der DSGVO. Die Datenschutzbestimmungen kommen nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO nur zur Anwendung, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich durch Art. 2 Abs. 2 DSGVO dahingehend eingeschränkt, dass die Verordnung auf bestimmte Verarbeitungen personenbezogener Daten keine Anwendung findet. Ginge man nun mit dem absoluten Ansatz davon aus, dass es für den Personenbezug ausreiche, dass irgendein beliebiger Dritter einen solchen herstellen kann, gäbe es kaum noch ein nicht-personenbezogenes Datum,75 denn irgendwer wird stets in der Lage sein, die Person zu identifizieren. Damit wäre aber der Anwendungsbereich des Datenschutzrechts fast immer eröffnet, sodass das Abgrenzungskriterium der Identifizierbarkeit mangels Abgrenzungswirkung letztlich kein solches mehr darstellen würde.76 Diese uferlose und nicht praktikable Ausdehnung des Datenschutzes entspricht mithin nicht dem Willen des Gesetzgebers.77 Schließlich lässt sich aus der Existenz des ErwG 26 S. 5 DSGVO, ein weiteres Argument für die relative Sichtweise gewinnen. Dieser nimmt anonymisierte Daten explizit aus dem Anwendungsbereich der Verordnung heraus. Wollte die Verordnung nämlich absolut, d.h. auf die Möglichkeiten und Mittel jedwedem beliebigen Dritten abstellen, bestünde die Möglichkeit zur Anonymisierung faktisch nicht mehr.78 Dies zeigt, dass aus systematischer Sicht ein relativer Ansatz vorzugswürdig ist. (dd) Teleologische Auslegung Schwieriger zu beurteilen ist die Lage unter Berücksichtigung teleologischer Erwägungen. Betrachtet man das Telos des Datenschutzrechts im Allgemeinen, ergibt sich kein eindeutiges Bild. Nach Art. 1 Abs. 2 DSGVO schützt die Verordnung die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen sowie insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 Abs. 1 GRCH). Dieser besondere Schutz personenbezogener Daten beruht darauf, dass Art. 8 Abs. 1 GRCH den Gesetzgeber zu einem effektiven Schutz dieser Daten verpflichtet, zu deren Erfüllung die DSGVO dient.79 Dieser Verpflichtung kann wohl am effektivsten Rechnung getragen werden, wenn man den Personenbezug anhand der absoluten Theorie bestimmt. Gleichwohl sieht die DSGVO in ErwG 4 S. 2 ausdrücklich vor, dass das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten kein uneinge75 76 77 78 79

Singular von Daten. Brink/Eckhardt, ZD 2015, 205 (207). Raith, Das vernetzte Automobil, S. 87 f. Eckhardt, CR 2015, 114 (115); Nink/Pohle, MMR 2015, 563 (565). Schantz, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 1 DSGVO Rn. 5.

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schränktes Recht ist. Vielmehr muss es im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgewogen werden. Hofmann/Johannes legen der allgemeinen Zielrichtung der Verordnung daher ein relatives Verständnis zugrunde.80 Auch ein Blick auf das Telos des Art. 4 Nr. 1 DSGVO als solche mag zunächst nicht weiter zu helfen. So scheint eine absolute Betrachtung zu dem widersprüchlich anmutenden Ergebnis zu führen, dass personenbezogene Daten vorlägen, obwohl für die datenverarbeitende Stelle meist gar nicht ersichtlich ist, ob jemand existiert, der die Schlüsseldaten besitzt, mit denen sich die Person identifizieren lässt und somit auch nicht, ob sie die Daten erheben dürfen oder nicht.81 Ein rein relatives Verständnis führt dagegen zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit über das Vorliegen personenbezogener Daten und damit der Anwendbarkeit der DSGVO. Denn letztlich hinge es von dem Wissen und den technischen und finanziellen Möglichkeiten der datenverarbeitenden Stelle ab, ob das Datenschutzrecht Anwendung findet.82 Dies betrifft vor allem den Betroffenen, für den eine Kontrolle nur schwer möglich ist, weil der Wissenstand und die Fähigkeiten der verantwortlichen Stelle nicht offen zu Tage treten.83 Allerdings sind bei der Ermittlung von Sinn und Zweck der Bestimmung die ihr zugrunde liegenden Erwägungsgründe zu berücksichtigen.84 Nach ErwG 26 S. 3 DSGVO sind bei der Feststellung, ob eine Person identifizierbar ist, ausdrücklich „alle Mittel“ zu berücksichtigen, die von „einer anderen Person“ genutzt werden können, „um die Person direkt oder indirekt zu identifizieren“. Hier mag zwar zunächst ein absolutes Verständnis anklingen.85 Jedoch verlangt ErwG 26 S. 3 DSGVO einschränkend, dass der Verantwortliche diese Mittel „nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich“ einsetzen muss, um Personenbezug herzustellen. Entscheidend für diese Prognose sind sowohl das individuelle Interesse, das der Verantwortliche oder die andere Person an einer Identifizierung haben, als auch die jeweiligen Identifizierungsmöglichkeiten. Aufgrund dieser individuellen Unterschiede variiert die Wahrscheinlichkeit je nach Bezugsperson und spricht somit grundsätzlich für ein relatives Verständnis.86 (ee) Schlussfolgerungen aus der Auslegung Die Systematik und das Telos der Bestimmung sprechen somit grundsätzlich für die relative Theorie. Dennoch überzeugt auch die relative Theorie zumindest 80 81 82 83 84 85 86

Hofmann/Johannes, ZD 2017, 221 (223). Nink/Pohle, MMR 2015, 563 (565). Bär, MMR 2015, 134 (135). Spiecker gen. Döhmann, CR 2010, 311 (313). Hofmann/Johannes, ZD 2017, 221 (223). Klar/Kühling, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO Rn. 26. Hofmann/Johannes, ZD 2017, 221 (224).

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in ihrer Reinform nicht uneingeschränkt. Insbesondere mit Blick auf die mit ihr verbundenen Rechtsunsicherheit erscheint es daher sachgerecht, mit dem EuGH87 dahingehend zu differenzieren, dass es lediglich für die Identifizierbarkeit auf eine relative Sichtweise der datenverarbeitenden Stelle ankommt. Für die Frage hingegen, welches Zusatzwissen und welche Mittel zu berücksichtigen sind, müssen objektive Kriterien ausschlaggebend sein.88 Dementsprechend ist ein Personenbezug nur dann anzunehmen, wenn einem Wissenstransfer und einer Hinzuziehung von Mitteln Dritter keine Hindernisse entgegenstehen, die dazu führen, dass eine Identifizierung praktisch undurchführbar ist, z. B. weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskräften erfordern würde, sodass das Risiko einer Identifizierung de facto vernachlässigbar erscheint.89 Mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO, nach dem die Erhebung personenbezogener Daten nur für legitime Zwecke erfolgen darf, muss darüber hinaus ein rechtskonformes Verhalten der Beteiligten zugrunde gelegt werden, d.h. das Zusatzwissen bzw. die Mittel Dritter dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn eine Zusammenführung der Daten rechtmäßig wäre.90 Denn wenn schon die Zwecke der Erhebung personenbezogener Daten nur rechtmäßig sein dürfen, dann müssen auch alle Mittel, die für die Herstellung des Personenbezugs herangezogen werden, rechtmäßig sein.91 Mithilfe dieser Differenzierung kann ein überzeugender Mittelweg zwischen beiden Extrempositionen gegangen werden. Einerseits ginge es zu weit, Daten bereits dann als personenbezogen einzuordnen, sobald irgendein beliebiger Dritter einen Personenbezug herstellen kann, andererseits muss aber auch das mögliche Zusatzwissen in angemessenem Umfang berücksichtigt werden, ohne dass die Rechtssicherheit darunter leidet.92 (b) Subsumtion: Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten Anhand dieser entwickelten Grundsätze ist nun zu ermitteln, inwieweit bei Dashcam-Aufnahmen ein Personenbezug gegeben ist. Dabei bietet es sich an, zwischen Personenaufnahmen, Sachabbildungen sowie Orts- und Zeitangaben

87 EuGH Urt. v. 10.10.2016, C-582/14, ECLI:EZ:C:2016/779 – Breyer; hier entschied der EuGH über die Frage, ob dynamische IP-Adressen aus Sicht eines Webseitenbetreibers personenbezogene Daten sind. Er bejahte dies mit dem Hinweis auf rechtliche Möglichkeiten des Webseitenbetreibers, beim Internetzugangsanbieter die Identität des Betroffenen zu erfragen. 88 Vgl.: Bretthauer, Intelligente Videoüberwachung, S. 113. 89 EuGH Urt. v. 10.10.2016, C-582/14, ECLI:EZ:C:2016/779 Rn. 46 – Breyer. 90 EuGH Urt. v. 10.10.2016, C-582/14, ECLI:EZ:C:2016/779 Rn. 55 ff. – Breyer. 91 Raith, Das vernetzte Automobil, S. 92. 92 So auch: Bretthauer, Intelligente Videoüberwachung, S. 113; Raith, Das vernetzte Automobil, S. 94.

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der Aufnahme zu differenzieren. All diese Informationen können für die spätere Beweisverwertung relevant sein. (aa) Personenbezug von Personenaufnahmen Das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person stellt ein personenbezogenes Datum i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO dar, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht.93 Dies wird man bejahen müssen, wenn auf dem gewonnen Videomaterial Personen klar erkennbar sind.94 Diese Information ist nämlich derart einzigartig, dass sie eindeutig und objektiv einer Person zugeordnet ist, sodass bereits von einer Identifizierung auszugehen ist.95 Selbst wenn man dagegen mit teilweise vertretener Ansicht davon ausgeht, dass Personen dadurch regelmäßig lediglich identifizierbar seien,96 da die auf dem Videomaterial aufgenommenen Personen regelmäßig keine Namensschilder trügen,97 ist von einem Personenbezug auszugehen.98 Denn durch die globale Verfügbarkeit von biometrischer Gesichtserkennung im Internet, wie etwa der Plattform Facebook, ist das Identifizierungsrisiko stark gestiegen.99 Aufgrund der regelrechten Flut digitaler Fotografien im Internet ist es so möglich, gezielt Aufnahmen von Zielpersonen herauszufiltern.100 Daneben spielt die fortschreitende qualitative Verbesserung der biometrischen Gesichtserkennung eine entscheidende Rolle für diesen Anstieg.101 Dies zeigt nicht zuletzt das erfolgreiche Pilotprojekt am Bahnhof Berlin Südkreuz, wo verschiedene Gesichtserkennungssysteme getestet wurden. Dort lag die Trefferquote bei 80 %, die Falschtrefferquote bei lediglich 0,1 %.102 Das Risiko einer Identifizierung ist daher nicht „zu vernachlässigen“ i. S. d. oben genannten Kriterien. 93 EuGH Urt. v. 11.12.2014, C-212/13, ECLI:EU:C:2014:2428 Rn. 22 – Rynesˇ zur alten Rechtslage unter Art. 2 lit. a der RL 95/46. 94 Klar/Kühling, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO Rn. 37; Strauß, NZV 2018, 554 (555). 95 Ebenso: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 287. 96 Bretthauer, Intelligente Videoüberwachung, S. 114; Klar, Datenschutzrecht und die Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 149 f. 97 So: Bretthauer, Intelligente Videoüberwachung, S. 114. 98 So auch: VG Ansbach ZD 2014, 590 (591); Eßer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 4 DSGVO Rn. 29; Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 1 DSGVO Rn. 71; a. A.: Klar, Datenschutzrecht und die Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 149 f. 99 Weichert, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 4 DSGVO Rn. 34. 100 Spiecker gen. Döhmann/Bretthauer, Dokumentation zum Datenschutz, G 2.4.11, Biometrische Gesichtserkennung durch Internetdienste – Nur mit Wahrung des Selbstbestimmungsrechts Betroffener! 101 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 DSGVO Rn. 71. 102 Vgl.: Tinnefeld, MMR 2018, 777 (778).

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

Schwieriger wird die Beurteilung, wenn Personen nicht klar erkennbar sind.103 Dies ist beispielweise anzunehmen, wenn Gesichter oder andere Merkmale, wie besondere körperliche Erkennbarkeiten, auf der Aufnahme nicht klar erfasst sind.104 Eine Identifizierbarkeit kommt hier insbesondere aufgrund des sonstigen Körperbilds, etwa der Körperhaltung, der Kleidung oder sonst mitgeführten Gegenständen in Betracht.105 Zudem kann, was auf der Aufnahme nur als einzelner Farbpixel erkennbar ist, gegebenenfalls durch Vergrößerung der Aufnahmen106 oder durch Zuhilfenahme anderer Erkenntnisquellen, wie etwa Aufnahmen anderer Kameras, eindeutig als Bekleidungsstück einer bestimmten Person identifiziert werden.107 Entscheidend ist auch hier, inwieweit nach den oben genannten Maßstäben eine Identifizierbarkeit für den Verantwortlichen rechtlich möglich und praktisch durchführbar ist. Nicht zuletzt aufgrund der technischen Entwicklung im Internet ist es ohne erheblichen Mehraufwand möglich, dass die Aufnahme nicht nur beim Verantwortlichen verbleibt, sondern im Internet (z. B. in sozialen Medien) öffentlich zugänglich gemacht oder in einer mit Dritten verbundenen Cloud gespeichert wird, sodass die Aufnahmen mit Informationen Dritter verknüpft werden können.108 Insbesondere im Zeitalter der Digitalisierung, wo viele immer und überall online vernetzt sind, ist das Risiko einer Identifizierung auch anhand nur kleinster Anhaltspunkte nicht zu vernachlässigen, sondern praktisch durchführbar. Auch diese Aufnahmen stellen daher personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO dar. Ausgeschlossen ist eine Identifizierbarkeit dagegen, wenn Personen gar nicht erkennbar sind, weil sie beispielsweise in größeren Menschenmengen stehen oder aufgrund zu geringer Auflösung, schlechter Lichtverhältnisse oder anderer Hindernisse unkenntlich sind.109 Dies gilt selbst dann, wenn der Verwender der Kamera weiß, dass sich eine bestimmte Person an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort befindet.110 Personenbezug ist hier daher abzulehnen. (bb) Personenbezug von Sachabbildungen, insb. Kfz-Kennzeichen Aufgrund ihrer Identifizierbarkeit können aber auch Sachen, die Informationen über natürliche Personen offenbaren, einen Personenbezug aufweisen.111 103 Vgl. zu dieser Differenzierung auch: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 286 f. 104 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 287. 105 OVG Lüneburg ZD 2014, 636 (638); Bergfink, DuD 2015, 145 (147). 106 Schwenke, Private Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum, S. 105. 107 Fuchs, ZD 2015, 212 (213). 108 Fuchs, ZD 2015, 212 (213). 109 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 288. 110 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 288. 111 Bier/Spiecker gen. Döhmann, CR 2012, 610 (612).

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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In Bezug auf Kfz-Kennzeichen wird dem Datenverarbeitenden eine Identifizierung zumindest alleine nicht gelingen. Vielmehr sind die Kenntnisse und Mittel Dritter in Form einer Anfrage an die Zulassungsbehörde oder das Kraftfahrt-Bundesamt erforderlich, um den Fahrzeughalter anhand seines Kennzeichens zu ermitteln.112 Diese Anfrage ist zwar nur nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 StVG zulässig, wonach darzulegen ist, dass die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt werden. Diese einfache Registerauskunft i. S. v. § 39 Abs. 1 StVG muss aber – im Gegensatz zur erweiterten Registerauskunft i. S. v. § 39 Abs. 2 StVG – keinesfalls das mildeste Mittel zur Datenerlangung sein.113 Außerdem kann Auskunft auf Grundlage des § 8a Abs. 1 S. 1 PflVG verlangt werden, soweit dies zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr erforderlich ist.114 Die rechtlichen Hürden für eine erfolgreiche Halteranfrage sind also sehr niedrig. Gemessen am oben genannten Maßstab ist die Identifizierung damit rechtlich möglich und auch praktisch durchführbar. Es handelt sich mithin um personenbezogene Daten.115 Hinsichtlich anderer Sachen ist eine Identifizierbarkeit jedenfalls dann anzunehmen, wenn sie mit weiteren Elementen ausgestattet sind, die einen Personenbezug zulassen.116 Im Hinblick auf die oben aufgestellten Kriterien ist dies dann anzunehmen, wenn mithilfe dieser zusätzlichen Elemente eine Identifizierbarkeit praktisch durchführbar ist. Beispielsweise ist dies der Fall bei einem Koffer, an dem der Kofferanhänger lesbar ist oder bei lesbaren Ankündigungen für Veranstaltungen unter Nennung der Beteiligten und des Veranstalters.117 (cc) Orts- und Zeitangaben der Aufnahme Neben Personen und Sachabbildungen können Dashcams weitere Daten, wie z. B. den Standort der Aufnahme oder deren Zeitpunkt, speichern.118 Um personenbezogene Daten handelt es sich dabei dann, wenn sich aus der Videoaufnahme ergibt, dass sich eine Person zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aufgehalten hat, sofern sie einer zumindest identifizierbaren Person zuge112 113 114 115 116

Bäumerich, JuS 2016, 803 (804). Buschbaum/Rosak, ZD 2015, 354 (355). OVG NRW ZD 2018, 596 (598). So auch: OVG NRW ZD 2018, 596 (598); Nugel, ZD 2019, 341. Dreier/Spiecker gen. Döhmann, Die systematische Aufnahme des Straßenbildes,

S. 73. 117

Dreier/Spiecker gen. Döhmann, Die systematische Aufnahme des Straßenbildes,

S. 73. 118

VG Göttingen NJW 2017 1336 (1337).

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

ordnet werden kann.119 Gleiches gilt in Bezug auf Standort und Zeitpunkt von bloßen Sachaufnahmen, die ebenfalls Informationen über eine natürliche Person offenbaren können.120 Fehlen jedoch sonstige Anhaltspunkte über die Identität einer Person, sodass die Person nicht bereits zumindest identifizierbar ist, kann eine Person allein mithilfe der Orts- und Zeitangaben allenfalls dann identifizierbar sein, wenn sie in ihrem gewöhnlichen Umfeld, etwa in räumlicher Nähe zu ihrer Wohnung oder ihrem Arbeitsplatz, aufgenommen wird.121 Ist dies nicht der Fall, tragen bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte über die Identität der Person, die Orts- und Zeitangaben selten zur Identifizierung der Person bei.122 Personenbezug dieser Daten ist in diesen Fällen abzulehnen. (c) Ergebnis Damit handelt es sich bei Aufnahmen, auf denen Personen klar und nicht klar erkennbar sind, sowie bei Sachabbildungen, die Elemente enthalten, anhand derer eine Identifizierung praktisch möglich ist, um personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Orts- und Zeitangaben einer Aufnahme stellen regelmäßig nur dann personenbezogene Daten dar, sofern sie einer zumindest identifizierbaren Person zugeordnet werden können. bb) Kein Fall der Haushaltsausnahme gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO Auch wenn die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 DSGVO vorliegen, findet die DSGVO auf eine Verarbeitung personenbezogener Daten gleichwohl keine Anwendung, wenn einer der Ausnahmetatbestände des Art. 2 Abs. 2 DSGVO greift. In Betracht kommt hier ein Eingreifen des sog. Haushaltsprivilegs nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO. Dazu müssten die personenbezogenen Daten durch natürliche Personen und zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten verarbeitet werden. Diese Norm ist dabei nicht alleine aufgrund ihres Ausnahmecharakters grundsätzlich restriktiv auszulegen.123 Auch birgt sie ein enormes Risiko in sich, indem sie, soweit die Datenverarbeitung ausschließlich auf den persönlichen und familiären Bereich beschränkt ist, vorab eine generelle Abwägungsentscheidung dahingehend trifft, dass die grundrechtlichen und freiheitlichen Risiken des Betroffenen als so gering eingeschätzt werden, dass sie ihr zugunsten der Grundrechtsausübung des Datenverarbeitenden zugemutet werden können.124 Die Verordnung ist dementsprechend bereits anwendbar, wenn die 119

VG Göttingen NJW 2017, 1336 (1337); Weichert, DuD 2007, 17 (18). VG Schwerin ZD 2015, 448 (449). 121 Klar, Datenschutzrecht und die Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 152. 122 Klar, Datenschutzrecht und die Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 152. 123 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 21. 124 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 2 DSGVO Rn. 23. 120

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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Datenverarbeitung den privaten „persönlichen“ oder „familiären“ Bereich auch nur teilweise überschreitet.125 Eine konkrete Definition der Begriffe „persönlich“ und „familiär“ nimmt die DSGVO nicht vor. Auch ErwG 18 DSGVO enthält nur ansatzweise Hinweise über den Umfang der Regelung. Dieser formuliert als Abgrenzungskriterium das Fehlen jeglichen Bezugs zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit und nennt als Beispiele persönlicher oder familiärer Tätigkeiten „das Führen eines Schriftverkehrs oder von Anschriftenverzeichnissen oder die Nutzung sozialer Netze und Online-Tätigkeiten im Rahmen solcher Tätigkeiten“. Dieses Abgrenzungskriterium ist jedoch aufgrund der zunehmenden Verschmelzung zwischen privaten und geschäftlichen Lebensbereichen nicht zwingend weiterführend. Dies zeigt das Beispiel der sozialen Medien, wo die private und geschäftliche Kommunikation regelmäßig vermischt werden.126 Zudem führt ein alleiniges Abstellen darauf zu einer Beschränkung des Anwendungsbereichs und damit zu einer Absenkung des Schutzniveaus, die der Unionsgesetzgeber wohl kaum bezweckt haben dürfte.127 Daher ist die erforderliche Abgrenzung zwischen privaten („persönlichen und familiären“) und nicht-(nur)-privaten Tätigkeiten grundsätzlich anhand der Verkehrsanschauung vorzunehmen,128 es sei denn, dadurch, dass die Dashcam-Aufnahmen auch den öffentlichen Raum miterfassen, ergibt sich etwas anderes. (1) Die Einbeziehung des öffentlichen Raums als absolutes Ausschlusskriterium Konkret könnte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11.12.2014129 dazu führen, dass eine Einschlägigkeit der Ausnahmeregelung vorliegend bereits deshalb ausscheidet, weil durch die Dashcam-Aufnahmen zwangsläufig der öffentliche (Verkehrs-)Raum erfasst wird, ohne dass es noch auf eine Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung ankäme. In dieser Entscheidung wurde über die Frage geurteilt, ob die Ausnahmeregelung beim Betrieb einer an einem Privathaus angebrachten Überwachungskamera einschlägig ist, wenn dieser zum Zweck des Schutzes des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens der Bewohner erfolgt, dabei jedoch auch der öffentliche Raum miterfasst wird.130 Dies wurde mit knapper Begründung verneint, da Ausnahmen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten auf das absolut Notwendige zu beschränken seien.131 Eine sol125 126 127 128 129 130 131

Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 18. Schwenke, Private Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum, S. 205. Strauß, NZV 2018, 554 (558). Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 18. EuGH Urt. v. 11.12.2014, C-212/13, ECLI:EU:C:2014:2428 – Rynesˇ. EuGH Urt. v. 11.12.2014, C-212/13, ECLI:EU:C:2014:2428 Rn. 19 – Rynesˇ. EuGH Urt. v. 11.12.2014, C-212/13, ECLI:EU:C:2014:2428 Rn. 28 – Rynesˇ.

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che Auslegung verlange zum einen der in Art. 7 GRCH garantierte Schutz des Privatlebens, zum anderen der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO, der nicht ausreichen lässt, dass die datenverarbeitenden Tätigkeiten persönlicher oder familiärer Art sind, sondern eine „ausschließlich(e)“ solche Tätigkeit voraussetzt.132 Zu beachten ist jedoch, dass sich diese Entscheidung schon formal lediglich auf den Betrieb fest installierter stationärer Kameras bezieht. Ob diese Grundsätze auch auf den Betrieb mobiler Kameras wie Dashcams übertragen werden können, erscheint fraglich. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, dass eine Vergleichbarkeit bereits deshalb vorläge, da auch diese mobilen Kameras eingesetzt werden, um mithilfe einer technischen Speichereinrichtung den öffentlichen Raum aufzuzeichnen.133 Auch hier würden Personen erfasst, die außerhalb der privaten und familiären Sphäre des Kamerabenutzers stehen.134 Angeführt wird zudem, dass die von ihr ausgehende Überwachungswirkung der einer Überwachungskamera ähnlich sei. So fühlten sich Menschen auch von mobilen Kameras beeinträchtigt und verzichteten infolgedessen auf bestimmte Aussagen oder Verhaltensweisen, wenn sie dadurch negative Konsequenzen erwarten.135 Es überwiege dann regelmäßig das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beobachteter Dritter.136 Insgesamt sei die aufgeführte Rechtsprechung daher auf andere mobile Kameras wie Dashcams zu übertragen.137 Insoweit ist zwar einzugestehen, dass durch die Aufnahme mittels Dashcam regelmäßig umfassend und permament Vorgänge und Personen im Straßenverkehr aufgezeichnet werden und dementsprechend auch ein Verhaltensdruck auf die Betroffenen aufgebaut wird. Gleichzeitig werden mittels Dashcam jedoch – im Unterschied zu der Videoüberwachung, über die der EuGH urteilte – aufgrund der Mobilität gerade nicht stets dieselben, sondern verschiedene Bereiche des öffentlichen Raums aufgezeichnet, was bereits gegen eine Übertragung der EuGH-Grundsätze auf mobile Kamerasysteme spricht.138 Aus ergebnisorientierter Sicht hätte eine solche Übertragung gar die Konsequenz, dass die mittlerweile massenhaft von Privaten eingesetzten Mobilkameras in der Öffentlichkeit stets dem Datenschutzrecht unterfielen – und das, gleich welche der oben aufgeführ-

132 EuGH Urt. v. 11.12.2014, C-212/13, ECLI:EU:C:2014:2428 Rn. 30 – Rynesˇ; damals noch in Bezug auf Art. 3 Abs. 2 Spiegelstrich 2 DSRL 95/46, der aber ebenfalls das Wort „ausschließlich“ enthielt. 133 Reibach, DuD 2015, 157 (160). 134 Reibach, DuD 2015, 157 (160). 135 Schwenke, NJW 2018, 823 (827). 136 Lachemann/Schwiering, NZV 2014, 291 (292). 137 So neben den bisher angeführten Autoren: Klar, NJW 2015, 464 (465). 138 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 297.

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ten Intention139 der Dashcam-Nutzung zugrunde liegt. Diese Aufzeichnungen durchweg den stengen Regelungen der DSGVO und den damit einhergehenden Betreiberpflichten zu unterwerfen, nur weil der öffentliche Raum miterfasst wird, erscheint deshalb kaum sachgerecht und mit der Lebenswirklichkeit nur schwer vereinbar.140 Die Rechtsprechung des EuGH kann demgemäß nicht auf mobile Kameras wie Dashcams übertragen werden und die Miterfassung des öffentlichen Raums ist in der Konsequenz kein absolutes Ausschlusskriterium für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung.141 Um der Vielzahl der hinter mobilen Kameras wie Dashcams stehenden Intentionen gerecht zu werden, ist die Frage, ob eine persönliche bzw. familiäre Tätigkeit vorliegt, vielmehr anhand der Verkehrsanschauung vorzunehmen. (2) Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung Die Abgrenzung zur Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der DSGVO anhand der Verkehrsanschauung ist letztlich eine Frage des Einzelfalls,142 weshalb es sich anbietet, zwischen den oben gebildeten Fallgruppen143 zu differenzieren. (a) Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter Die im Rahmen dieser Arbeit maßgeblichen Videoaufnahmen dienen in erster Linie der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter. Ob dies von der Haushaltsausnahme gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO erfasst ist, ist umstritten. Nach einer Ansicht wird dies mit der Begründung angenommen, dass es sich bei den Aufnahmen um rein privates Videomaterial handele, die mit Urlaubsfilmen vergleichbar seien. Zum Zeitpunkt der Aufnahme verfolge der Aufnehmende nämlich noch keinen bestimmten Zweck.144 Zudem sei die Wahrschein139

Vgl. oben unter: § 2 A. Lutz, Automatisiertes Fahren, Dashcams und die Speicherung beweisrelevanter Daten, S. 101. 141 Lutz, Automatisiertes Fahren, Dashcams und die Speicherung beweisrelevanter Daten, S. 101; Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 297 ff.; so ist wohl auch die Aussage des Generalanwalts Jääskinnen, 10.07.2014 – C-212/13 – Rynesˇ. = BeckRS 2014, 81189, Rn. 30 im Rahmen seiner Schlussanträge zu verstehen: „Die im Zusammenhang mit Aufzeichnungen durch Mobiltelefone, Camcorder oder Digitalkameras stehenden Rechtsfragen sind (. . .) anderer Art und sollen hier nicht behandelt werden.“ 142 Gola, in: Gola DSGVO, Art. 2 DSGVO Rn. 21; von Lewinski, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 2 DSGVO Rn. 25. 143 Vgl. oben unter: § 2 A. 144 AG München NJW-RR 2014, 413 (414); ähnlich auch: Fuchs, ZD 2015, 212 (215 f.), der zwischen Aufnahmevorgang, Verarbeitung und Nutzung sowie der Beweisverwertung unterscheidet. Während ersterer noch von der Ausnahmeregelung erfasst 140

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lichkeit, dass tatsächlich eine Nutzung der Aufnahmen als Beweismittel erfolgt, verhältnismäßig gering, da auf den allermeisten Fahrten keine Unfälle passierten.145 Klann geht dabei sogar soweit, dass er selbst bei Verwendung der Aufnahmen vor Gericht den persönlichen Bereich als nicht verlassen ansieht, da dort der Kreis, die sich die Aufzeichnungen ansähen, sehr gering sei.146 Wird man Klanns Ansicht bei der Weitergabe an den nach § 203 StGB bzw. § 43a Abs. 2 BRAO zur Verschwiegenheit verpflichteten Rechtsanwalt noch diskutieren können, ist der private Bereich jedoch eindeutig verlassen, wenn die Aufzeichnungen vor Gericht gebracht werden. Angesichts der dortigen Saalöffentlichkeit werden die Aufnahmen so auch unbestimmbaren Dritten zugänglich gemacht.147 Hält Starnecker dem entgegen, dass die Saalöffentlichkeit in der Regel nur einen überschaubaren Personenkreis darstelle und ein Ausschluss der Öffentlichkeit im Übrigen unter den Voraussetzungen des § 171b GVG möglich sei,148 überzeugt dies nicht. Selbst wenn der Personenkreis in der öffentlichen Verhandlung nur überschaubar ist, erlangen unbestimmbare Dritte Kenntnis. Eine rein private Datenverarbeitung liegt damit jedenfalls nicht vor. Zudem wiegt der Öffentlichkeitsgrundsatz aus § 169 S. 1 GVG als Teil des Rechtsstaatsprinzips schwer.149 Von ihm ist nur in Ausnahmefällen abzuweichen. Klann verkennt zudem, dass es vorliegend auf den Zweck der Aufnahmen ankommt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit, auf die er Bezug nimmt, spielt dabei keine Rolle und ändert nichts an dieser grundsätzlichen Zweckbestimmung.150 Auch schlägt der von der anderen Ansicht angesprochene Vergleich mit Urlaubsfilmen alleine deshalb fehl, weil die Aufnahmen hier nicht aufgenomment werden, um, wie bei Urlaubsfilmen eine schöne Erinnerung an sie zu haben, sondern sie später bei den Behörden abzuliefern.151 Bereits zum Zeitpunkt der Aufzeichnung liegt diesen also eine ganz andere Intention zugrunde. Darüber hinaus werden bei privaten Urlaubsfilmen eher gelegentlich Aufnahmen getätigt. Mit der Intensität einer gezielt auf Dritte ausgerichteten Kamera ist dies nicht vergleichbar.152 Der Zweck der Verarbeitung ist damit kein rein persönlicher und familiärer. sei, da es einem Autofahrer in erster Linie darauf ankomme, sein eigenes Fahrverhalten aufzuzeichnen, um die „Unabwendbarkeit“ i. S. d. §§ 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 StVG zu dokumentieren und damit den Entlastungsbeweis zu führen, sieht er bei der Verarbeitung und Nutzung sowie der Beweisverwertung die „persönliche Sphäre“ als verlassen an. 145 Klann, DAR 2013, 188 (188). 146 Klann, DAR 2013, 188 (188). 147 Atzert/Frank, RDV 2014, 136 (137). 148 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 296. 149 Allgayer, in: BeckOK GVG, § 169 GVG Rn. 1. 150 Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1625). 151 VG Göttingen ZD 2017, 43 (44); VG Ansbach ZD 2014, 590 (592). 152 Schwenke, Private Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum, S. 206.

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(b) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ Gleiches gilt schließlich, wenn die Dashcam-Aufnahmen gefertigt werden, um diese zur Anzeigeerstattung zu nutzen. Der sog. „Hilfssheriff“ handelt gerade deshalb, um das gefertigte Videomaterial später bei den entsprechenden Behörden zur Anzeige zu bringen. Mit einer ausschließlich persönlichen oder familiären Verarbeitung hat dies nichts gemein. (c) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung Eine differenzierte Betrachtung erfordert es, wenn es um das Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik geht, also Beweismaterial gefertigt wird, um etwa sehenswerte Erinnerungen festzuhalten. Da Datenverarbeitungen im Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten wie Hobbys, Urlaub oder Unterhaltung typischerweise zum persönlichen bzw. familiären Bereich gehören,153 unterfallen Dashcam-Aufnahmen insofern grundsätzlich der Haushaltsausnahme. Anderes gilt hingegen, wenn diese Aufnahmen auf Internetportalen wie Youtube hochgeladen werden. Die persönliche und familiäre Tätigkeit ist nämlich öffentlichkeitsfeindlich, weshalb jegliches Online-Stellen von personenbezogenen Daten von der Ausnahme grundsätzlich nicht erfasst ist, auch wenn die datenverarbeitende Person mit den davon betroffenen Personen verwandt oder befreundet ist.154 Deshalb scheidet die Haushaltsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO insoweit aus. (d) Bloßes Gaffertum Auch hinsichtlich des Zwecks des Gaffertums handelt es sich um eine Freizeitaktivität und damit um eine persönliche bzw. familiäre Tätigkeit, sofern die Aufzeichnungen lediglich im eigenen Umfeld verbleiben und nicht einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht werden. Für das zur Verfügungstellen der Aufzeichnungen auf eigenen Internetseiten oder auf Intenetportalen wie Youtube ist der Anwendungsbereich der DSGVO – parallel zum Zweck der Ästhetik – damit aber eröffnet. (3) Zwischenergebnis Die Frage, ob eine private Datenverarbeitung von der Haushaltsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO erfasst ist, ist anhand einer Gesamtabwägung zu beurteilen und damit eine Frage des Einzelfalls. Verfolgt der Dashcam-Nutzer bei 153 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 18; von Lewinski, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 2 DSGVO Rn. 28. 154 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 40; Pabst, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 2 DSGVO Rn. 40.

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der Aufnahme den Zweck der Beweissicherung, greift die Ausnahmeregelung nicht, gleich ob die Beweise zum Schutze eigener Rechtsgüter oder zur Anzeigeerstattung genutzt werden.155 Gleiches gilt, wenn zwar der Zweck der Ästhetik oder des Gaffertums im Vordergrund steht und die Aufzeichnungen im öffentlich zugänglichen Internet hochgeladen werden. Lediglich dann, wenn solche Aufzeichnungen allein im eigenen persönlichen Umfeld verbleiben, greift die Haushaltsausnahmeregelung nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO. cc) Ergebnis Dienen die Videoaufnahmen dem Zwecke der Beweissicherung oder sollen sie später auf Internetportalen hochgeladen werden, ist der Anwendungsbereich der DSGVO für Aufnahmen von Personen und auch regelmäßig von Sachen eröffnet. Bei Orts- und Zeitangaben der Aufnahmen ist dies hingegen grundsätzlich nur der Fall, wenn sie sich auf zumindest identifizierbare Personen beziehen. c) Dashcam-Aufnahmen als sensitive Daten i. S. v. Art. 9 DSGVO? Die DSGVO enthält keine Regelungen zu privaten Videoaufnahmen. Entsprechendes gilt für den spezifischen Fall der Dashcam-Aufnahmen. Daher ist zur Bestimmung der Rechtmäßigkeit grundsätzlich auf die allgemeinen Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 DSGVO zurückzugreifen. Sind Dashcam-Aufnahmen hingegen als besondere Kategorien personenbezogener Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO einzuordnen, hätte dies ein grundsätzliches Verarbeitungsverbot dieser Daten zur Folge und eine Datenverarbeitung wäre nur nach Maßgabe der restriktiv auszulegenden Ausnahmetatbestände des Art. 9 Abs. 2 DSGVO möglich.156 Die DSGVO unterwirft solche Daten, die auch als „sensibel“ oder „sensitiv“ bezeichnet werden,157 einem speziellen Regelungssystem. Sie entfalten als leges speciales eine Sperrwirkung gegenüber den allgemeinen Verarbeitungsvoraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO.158 Denn nur eine Einordnung als abschlie155 So auch: VG Ansbach ZD 2014, 590 (592); Atzert/Frank, RDV 2014, 136 (137); Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1625); Lang, JurPC Web-Dok. 195/2009, Abs. 49; Schwenke, Private Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum, S. 207; Strauß, NZV 2018, 554 (558); Wagner/Bretthauer/Birnstill/Krempel, DuD 2017, 159 (161); Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 25./26.2.2014 zur „Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen“; abrufbar unter https://www.datenschutzkonferenzonline.de/media/dk/20140226_dk_dashcams.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 156 Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 9 DSGVO Rn. 32. 157 Kampert, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 9 DSGVO Rn. 1. 158 Kampert, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 9 DSGVO Rn. 1; Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 9 DSGVO Rn. 10/11; Weichert, DuD 2017, 538 (540/541); a. A.: Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 1.

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ßende Spezialregelung wird dem Schutzzweck des Art. 9 DSGVO gerecht, indem eine Absenkung des Schutzniveaus sensitiver Daten verhindert wird.159 Für dieses Verständnis spricht auch ErwG 51 S. 4 DSGVO, der die Verarbeitung sensibler Daten nur unter dem abschließenden Katalog des Art. 9 Abs. 2 DSGVO für zulässig erklärt.160 Infolgedessen würde eine Einordnung als sensible personenbezogene Daten und eine damit einhergehende Anwendung des Art. 9 DSGVO die Anzahl rechtmäßiger Videoaufnahmen per se erheblich reduzieren. Insbesondere fehlt es in Art. 9 Abs. 2 DSGVO an einer vergleichbar weiten allgemeinen Interessenabwägungsklausel, wie sie in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO normiert ist.161 Darüber hinaus verlangt Art. 9 Abs. 2 DSGVO in vielen Ausnahmevorschriften zum grundsätzlichen Verarbeitungsverbot, dass neben der Erlaubnisnorm „angemessene und spezifische“ bzw. „geeignete Garantien für die Grundrechte und Interessen der betroffenen Person“ vorgesehen werden müssen.162 aa) Potentiell berührte besondere Kategorien personenbezogener Daten Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass durch private Videoaufzeichnungen generell beinahe alle sensitiven Datenkategorien des Art. 9 Abs. 1 DSGVO potentiell erfasst sein können. Mit Blick darauf, dass Dashcams mittlerweile regelmäßig mit besonders breitem Sichtfeld ausgestattet sind und eine hochwertige Auflösung der Aufnahmen in Full-HD bieten163, ist dieser potentielle Informationsgehalt auch bei deren Aufnahmen sehr hoch. Dies zeigt bereits das in Art. 9 Abs. 1 DSGVO zuvorderst genannte Begriffspaar der „rassischen und ethnischen Herkunft“, deren Zweck es ist, bei der Verarbeitung sensitiver Daten Diskriminierungen entsprechend Art. 21 Abs. 1 GRCH bzw. Art. 3 Abs. 3 GG zu verhindern.164 So stellt die „rassische Herkunft“ auf tatsächlich oder vermeintlich vererbbare Eigenschaften165 und daher auf Merkmale körperlicher oder charakterlicher Art, wie etwa der Hautfarbe166 oder der 159

Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 9 DSGVO Rn. 11. Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 9 DSGVO Rn. 11. 161 Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (465). 162 Weichert, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 132. 163 So wird mit einem Sichtfeld von 180 Grad zur Aufnahme von Umgebung und Straßenverkehr geworben, abrufbar unter: https://buy.garmin.com/de-DE/DE/p/587334; zul. abgerufen am 13.02.2021. 164 Jaspers/Schwartmann/Mühlenbeck, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 40; vgl. auch ErwG 51 S. 2 Hs. 2 DSGVO, der insoweit klarstellt, dass die Verwendung diese Begriffe nicht bedeutet, dass die EU Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, gutheißt. 165 Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 16. 166 Greve, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 7. 160

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Gesichts- und Augenform ab,167 während der Schwerpunkt bei dem Begriff „ethnische Herkunft“ eher auf dem kulturellen Aspekt liegt und damit Sprache, Geschichte, Tradition und ein Zusammengehörigkeitsgefühl umfasst.168 Selbst bei letzterem können Informationen aber durch das Tragen traditioneller Gewänder wie dem Boubou oder Kaftan aus Videoaufnahmen hervorgehen.169 Selbiges gilt hinsichtlich des Begriffs „politische Meinung“, der alle Äußerungen und Aktivitäten erfasst, die Rückschlüsse auf eine politische Ausrichtung oder Einstellung zulassen. Auch dann kann diese Ausrichtung etwa durch ein Engagement bei einer Versammlung oder Demonstration nach außen – insbesondere auf Videomaterial – erkennbar sein.170 Werden religiöse Zeichen oder Bekleidungsstücke (z. B. Halsketten mit Kreuzen, Kopftücher oder Burkas) getragen oder Gebetsräume und andere religiöse Veranstaltungen besucht, können subjektiv verbindliche Gedankensysteme, die ein Mindestmaß an Ernsthaftigkeit, Kohärenz und Bedeutung aufweisen171 und damit „religiöse und weltanschauliche Überzeugungen“ erfasst werden.172 Da bei der „Gewerkschaftszugehörigkeit“ die politische Ausrichtung der Gewerkschaft irrelevant und alleine entscheidend ist, dass eine gewerkschaftliche Betätigung vorliegt, ohne dass es auf eine formelle Mitgliedschaft ankommt, da allein die Zugehörigkeit entscheidet,173 ist auch bei jeder Mitwirkung und Teilnahme an Veranstaltungen der Gewerkschaft eine Erfassung sensitiver Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO möglich.174 Ebenso können Gesundheitsdaten ohne weiteres auf Video festgehalten werden. Nach der Begriffsbestimmung des Art. 4 Nr. 15 DSGVO sind dies solche Daten, „die sich auf die körperliche und geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen“. Der Begriff ist daher weit auszulegen und erfasst alle Hinweise auf den Gesundheitszustand sowie auf differenzierungsfähige körperliche und seelische Merkmale wie z. B. Gewicht, Größe, (vermeintliche) Schönheitsfehler, (sichtbare) Krankheiten oder auch Aufenthalte in gesundheitsrelevanten Einrichtungen wie allgemeinen Krankenhäusern.175 Deshalb kann auch das Tragen einer Brille oder das Konsumieren von Drogen Rückschlüsse auf eine Sehschwäche oder krankhaftes Suchtverhalten

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Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 16. Weichert, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 26. 169 Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (465). 170 Weichert, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 27. 171 Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 9 DSGVO Rn. 21 f. 172 Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (465). 173 Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 9 DSGVO Rn. 24. 174 Greve, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 10. 175 Weichert, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 39. 168

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zulassen.176 Werden Sexshops besucht, wird der Prostitution nachgegangen oder aufgezeichnet, welches Geschlecht Personen als Sexualpartner bevorzugen (z. B. durch Küsse in der Öffentlichkeit), können dies aufzeichnende Videos Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung vermitteln.177 Schlussendlich werden in der Begriffsbestimmung der „biometrischen Daten“ in Art. 4 Nr. 14 DSGVO „Gesichtsbilder“ sogar als explizite Beispiele für mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten aufgeführt werden.178 Dies zeigt das generelle Problem von Video- bzw. Dashcam-Aufnahmen in Bezug auf die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten: Auf Grund dieses potentiell massiven Informationsgehalts dieser Aufnahmen kommen letztlich fast alle der in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten Datenkategorien in Betracht.179 bb) Tatbestandseinschränkung als Problemlösung? Mit Blick auf dieses enorme Informationspotential erscheint es zunächst naheliegend, dass der Gesetzgeber in Schleswig-Holstein die in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten besonderen Kategorien von Daten in § 14 Abs. 1 LDSG SH-E (Regelung zur Videoüberwachung öffentlicher Räume) ausdrücklich mitaufgenommen hat und dies damit begründete, dass eine Videoüberwachung ohne die Verarbeitung von sensitiven Daten wie Rasse und Gesundheit „denklogisch nicht möglich“ sei.180 Auch in der Literatur wird teilweise davon ausgegangen, dass das Verarbeitungsverbot bereits dann gelte, wenn bereits die abstrakte Möglichkeit besteht, aus den potentiell sensitiven Daten Angaben zu den in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten Merkmalen herausgefiltert werden können.181 Aus systematischer Sicht wird hierfür angeführt, dass die zahlreichen Ausnahmen von einem Verarbeitungsverbot in Art. 9 Abs. 2 DSGVO nur dann Sinn ergäben, wenn man den Schutzbereich sensitiver Daten weit versteht.182 Frenzel sieht in diesem Verständnis die einzige Möglichkeit, einem etwaigen Missbrauch vorzubeugen. Die Einschränkungen bei der alltäglichen Datenverarbeitungssituation ohne Missbrauchsabsicht seien insofern in Kauf zu nehmen.183 Bei einem derart weiten Verständnis wäre allerdings die Zulässigkeit nahezu aller Video- bzw. Dashcam-Aufnahmen an Art. 9 Abs. 1 DSGVO zu messen. 176

Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057. Kampert, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 9 DSGVO Rn. 11. 178 Vgl. auch: Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466). 179 So auch: Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466). 180 Schleswig-Holsteinische LT-Drs. 19/429, 10.01.2018, S. 144. 181 Reuter, ZD 2018, 564 (566); Schneider, ZD 2017, 303 (305). 182 Petri, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 9 DSGVO Rn. 12. 183 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 10 in Bezug auf die „rassische Herkunft“. 177

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Dies ist mit Blick auf die Mannigfaltigkeit von Verhaltensweisen nicht überzeugend. So muss die Hautfarbe nicht zwangsläufig Angaben über die rassische Herkunft enthalten. Eine dunkle Hautfarbe kann vielmehr dem Besuch eines Sonnenstudios geschuldet und eine helle Hautfarbe Folge von Albinismus sein.184 Hinzu kommt, dass die Belichtung und die Qualität der Aufnahmen eine derartige Aussage erschweren können.185 Ebenso muss die Teilnahme an einer Wahlveranstaltung nicht unbedingt Rückschlüsse auf eine politische Ausrichtung oder Einstellung zulassen. Möglich ist es vielmehr auch, dass dieser Besuch lediglich erst zur Willensbildung beitragen soll.186 Parallel dazu ist es denkbar, dass der Besuch einer Gewerkschaftsveranstaltung auch reinem Interesse an dieser geschuldet ist, ohne dass eine Zugehörigkeit zu dieser gegeben sein muss.187 Das Tragen religiöser Bekleidungsstücke, wie etwa einer Halskette mit einem Kreuz, kann mehr Ausdruck eines modischen Kleidungsstils, als der religiösen Überzeugung sein.188 Aufenthalte in gesundheitsrelevanten Einrichtungen wie allgemeinen Krankenhäusern können dem Besuch befreundeter Patienten gelten189 und eine Brille als reines Modeaccessoire getragen werden. Schließlich ist auch nicht jeder Besucher eines Homosexuellen-Treffs tatsächlich homosexuell.190 Damit ist festzuhalten, dass es, um die grundsätzliche Anwendung des Art. 9 Abs. 1 DSGVO zu verhindern, einer – wie auch immer gearteten – Einschränkung des Tatbestands bedarf. cc) Umfang und Ausgestaltung der Tatbestandseinschränkung Umfang und Ausgestaltung der Tatbestandseinschränkung hängen zunächst davon ab, ob mit der sprachlichen Ausgestaltung des Art. 9 Abs. 1 DSGVO in zwei „Blöcke“ eine divergierende rechtliche Behandlungsweise einhergeht. Erst anschließend kann diskutiert werden, wie eine Einschränkung konkret vorzunehmen ist und was dies für Dashcam-Aufnahmen bedeutet. (1) Zwei sprachliche „Blöcke“ – keine unterschiedliche Beurteilung Dem Wortlaut nach unterscheidet Art. 9 Abs. 1 DSGVO zwischen zwei Unterkategorien. So ist zunächst die Rede von Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politischen Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen. Sprachlich getrennt werden genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifi184 185 186 187 188 189 190

Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466). Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466). Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 32. Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 37. Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 35. Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466). Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466).

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zierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person aufgelistet, ohne dass auf ein Hervorgehen abgestellt wird. Daraus wird teilweise gefolgert, dass es sich um zwei verschiedene Kategorien handle, die rechtlich unterschiedlich zu beurteilen seien. Bei der ersten Kategorie folge aus der Formulierung „hervorgehen“, dass die Verarbeitung der „Quelldaten“ nur insoweit vom Verarbeitungsverbot des Art. 9 Abs. 1 DSGVO erfasst sei, als sich aus ihnen die sensitiven Daten mittelbar ergeben können, während die zweite Kategorie unmittelbar die Verarbeitung der gelisteten Daten betreffe.191 Dies hätte zur Folge, dass Daten der zweiten Kategorie pauschal dem Schutz des Verbotsprinzips unterfallen und daher immer Art. 9 DSGVO einschlägig wäre, ohne dass eine Beschränkung des Tatbestands noch in Betracht käme. Nur bei Daten der ersten Kategorie wäre hingegen eine Prüfung im Einzelfall dahingehend möglich, ob aus dem relevanten Datum eine relevante sensitive Eigenschaft „hervorgeht“.192 Aus dieser sprachlichen Differenzierung einen rechtlichen Unterschied abzuleiten, überzeugt jedoch nicht. Bereits die Legaldefinitionen der Begriffe „genetische Daten“, „biometrische Daten“ und „Gesundheitsdaten“ in Art. 4 Nr. 13–15 DSGVO, die allesamt der (vermeintlich) zweiten Kategorie zuzuordnen sind, relativieren durch ihren Kontextbezug die Unterscheidung zwischen beiden sprachlichen Blöcken. Dies gilt insbesondere für Art. 4 Nr. 15 DSGVO, wo Gesundheitsdaten unter anderem als Daten definiert werden, aus denen Informationen über den Gesundheitszustand „hervorgehen“ und damit eine Kongruenz zu der ersten Kategorie hergestellt wird.193 Vor allem aber ist die sprachliche Formulierung unter Berücksichtigung mehrerer Aspekte nicht überzubewerten. Denn den Rechtsquellen auf Ebene der EU ermangelt es grundsätzlich an Einheitlichkeit. Während im endgültigen Kommissionsentwurf vom 25.01.2012 in der deutschsprachigen Version zu Art. 9 DSGVO194 von „Daten über die Gesundheit oder das Sexualleben“ bzw. in Art. 8 DSRL von „Daten über Gesundheit oder Sexualleben“, die Rede ist, spricht ErwG 75 DSGVO von „das Sexualleben . . . betreffende(n) Daten“. Auf Grundlage der oben genannten Ansicht müsste man konsequenterweise davon ausgehen, dass „Daten über die Gesundheit“ i. S. d. Kommissionsentwurfs bzw. der DSRL, oder das „Sexualleben . . . betreffende Daten“ i. S. d. ErwG 75 DSGVO eine andere Bedeutung beizumessen sind, als „Gesundheitsdaten“ sowie „Daten zum Sexualleben“ i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO.195 Dies erscheint nicht unbedingt naheliegend. Darüber hinaus zeigt ein Blick auf die 191 Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 13; Schneider, ZD 2017, 303 (304). 192 Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 13. 193 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 20. 194 Kom(2012) 11 endgültig, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ LexUriServ.do?uri=COM:2012:0011:FIN:DE:PDF, zul. abgerufen am 13.02.2021. 195 In diese Richtung auch Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (466/467).

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englische Sprachfassung, in der die Formulierung „revealing“ verwendet wird, dass es dem Verordnungsgeber nicht zwingend darum gegangen sein muss, zwischen sog. „Ausgangsdaten“ und den daraus folgenden sensiblen Daten zu unterscheiden.196 Hinzu kommt, dass aufgrund der Mehrsprachigkeit der EU bei der Auslegung des Wortlauts generell Vorsicht geboten ist. Schließlich ist anzuführen, dass Art. 9 Abs. 1 DSGVO – im Vergleich zum Kommissionsentwurf – nachträglich um die Kategorie der „sexuellen Orientierung“ erweitert worden ist. Eine Auseinandersetzung dahingehend, ob diese Kategorie der ersten oder zweiten Kategorie zuzuordnen ist, ist zumindest nicht ersichtlich. Auch das spricht dafür, dass der Unionsgesetzgeber der Zuordnung zu einer Kategorie keine weitergehende Bedeutung beimessen wollte.197 Damit ist davon auszugehen, dass mit der sprachlichen Differenzierung keine inhaltliche bzw. rechtliche Differenzierung einhergeht.198 Eine Beschränkung des Tatbestandes ist damit für beide Kategorien möglich und einheitlich zu beurteilen. Dies überzeugt auch vor dem Hintergrund, dass auch im Kern sensitiv bewertete Daten (der zweiten Kategorie) im Einzelfall „belanglos“ sein können.199 (2) „Hinreichende Wahrscheinlichkeit“ oder „Auswertungsabsicht“? Wie eine Einschränkung konkret auszugestalten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Eine verobjektivierende Sichtweise stellt für die Anwendbarkeit von Art. 9 DSGVO allein darauf ab, ob sich mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ besonders schutzwürdige (sensitive) Informationen ableiten lassen.200 Ein objektiver Maßstab sei bereits deshalb geboten, um das Datenschutzniveau gerade im Informationszeitalter nicht aufzuweichen und die Persönlichkeit der Personen bzgl. der sie betreffenden sensitiven Daten ausreichend zu schützen.201 Dieses hohe Schutzniveau der betroffenen Personen entspreche dem Zielanliegen der DSGVO, was sich insbesondere aus den ErwG 6, 10, 13 ableiten ließe.202 Auch biete eine verobjektivierende Auffassung den Vorteil, dass die Gefahr von Abgrenzungsproblemen verringert würde.203 Allerdings verliert eine solche Betrach196

Plath, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 9 DSGVO Rn. 4. Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (467). 198 So auch: Petri, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 2 DSGVO Rn. 15/16; Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (467); zur alten Rechtslage unter der DSRL: Dammann/Simitis, EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 8 Rn. 7. 199 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 20. 200 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DGVO Rn. 22; Schiff, in: Ehmann/Selmayr DSGVO Kommentar, Art. 9 DSGVO Rn. 14; auch: Bergauer, in: Knyrim Datenschutzgrundverordnung, S. 60 f. – allerdings jeweils nur bzgl. des ersten sprachlichen Blocks. 201 Bergauer, in: Knyrim Datenschutzgrundverordnung, S. 60. 202 Bergauer, in: Knyrim Datenschutzgrundverordnung, S. 60. 203 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 22. 197

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tungsweise das Telos der Norm aus den Augen, indem der Anwendungsbereich nicht hinreichend begrenzt wird. Nach ErwG 51 S. 1 DSGVO wird der besondere Schutz der sensitiven Daten damit begründet, dass im Zusammenhang mit ihrer Verarbeitung „erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten auftreten können“. Stellt man nur darauf ab, ob sich mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ besonders schutzwürdige Informationen ableiten lassen, würden vielfach Fälle erfasst, in denen keine solchen erheblichen Risiken betroffener Personen gegeben sind.204 Überzeugender ist es daher, auf das subjektive Kriterium der Auswertungsabsicht abzustellen. Diese liegt vor, wenn es die Absicht der verantwortlichen Stelle ist, die Videoaufnahmen gerade mit Blick auf Angaben i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO auszuwerten.205 Dieser Ansicht ist erkennbar auch das Landeszentrum für Datenschutz (ULD) gefolgt, indem es Art. 9 Abs. 1 DSGVO erst dann als einschlägig erachtet, wenn die Verarbeitung der dort genannten Daten „zielgerichtet erfolgt“, bspw. indem „die Aufnahmen gezielt nach Personen einer bestimmten Herkunft gefiltert werden“.206 Zwar wird man der Gegenansicht zugestehen müssen, dass das Merkmal der Auswertungsabsicht dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 DSGVO nicht zu entnehmen ist.207 Allerdings kann allein anhand dieses Kriteriums dem Sinn und Zweck der Norm entsprochen werden. Denn „erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten“ (ErwG 51 S. 1 DSGVO) können nur dann auftreten, wenn Aufnahmen mit Auswertungsabsicht gezielt nach den Merkmalen des Art. 9 Abs. 1 DSGVO gefiltert werden. Dem weiteren Kritikpunkt, dass ein solch subjektiver Ansatz nicht messbar sei und daher mit einem gewissen Maß an Rechtsunsicherheit einhergehe, was mit Blick auf den Grundgedanken des effektiven Rechtsschutzes nicht unproblematisch sei,208 kann entgegnet werden, dass ähnliche Probleme auch mit dem objektiven Ansatz einhergehen. Hier steckt die Schwierigkeit in der Bestimmung der Wahrscheinlichkeit einer Herausfilterung von sensitiven Daten. Diese erfordert nämlich immer auch eine Berücksichtigung des Kontextes, insbesondere des Wissens der ein Datum interpretierenden Stelle sowie der verwendeten Datenverarbeitungstechniken und Netze, die Einfluss auf die Speicherungsdauer und Verknüpfungsmöglichkeit haben.209 Zudem zeigt ein Umkehrschluss aus ErwG 51 S. 3 DSGVO, nach dem die Verarbeitung von Lichtbildern nicht grundsätzlich als Verarbeitung besonde204

Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057. Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (467). 206 Stellungnahme des ULD zur Anpassung des Schleswig-Holsteinischen Landesrechts an die Datenschutz-Grundverordnung und an die JI-Richtlinie v. 24.01.2018, S. 5, abrufbar unter https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/ldsg/20180124_ULDStellungnahme_Artikelgesetz-Umsetzung-DSGVO.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 207 Reuter, ZD 2018, 564 (566). 208 Petri, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 9 DSGVO Rn. 12. 209 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 22. 205

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rer Kategorien personenbezogener Daten anzusehen ist, da Lichtbilder nur dann als biometrische Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO einzuordnen sind, wenn sie mit speziellen technischen Verfahren gewonnen werden, dass es auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht, Videoaufnahmen nicht von vornherein zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO zu zählen.210 Dieser Hinweis wäre nämlich überflüssig, wenn der Gesetzgeber davon ausginge, dass Lichtbilder – und damit auch Videoaufnahmen als eine Aneinanderreihung von Lichtbildern – regelmäßig bereits aus anderen Gründen, etwa wegen der aufgezeichneten Hautfarbe oder Brille, Art. 9 Abs. 1 DSGVO zuzuordnen wären.211 Schließlich kann vor dem Hintergrund neuer Verarbeitungstechniken und Analysemöglichkeiten allein anhand dieses Kriteriums der Gefahr vorgebeugt werden, dass der Anwendungsbereich des Art. 9 DSGVO übermäßig ausgedehnt wird.212 Überzeugend ist es daher, für die Anwendbarkeit von Art. 9 DSGVO zu fordern, dass hinsichtlich solcher potentiell sensitiven Informationen auch eine Auswertungsabsicht besteht.213 Die ist beispielweise gegeben, wenn eine Person videotechnisch observiert wird, um Angaben zu ihrer religiösen Überzeugung zusammenzutragen, die sich z. B. aus dem Aufsuchen der Gebetsräume einer spezifischen Glaubensrichtung ergeben.214 (3) Folgen für Dashcam-Aufnahmen Übertragen auf den Einsatz von Dashcams ergibt sich, dass bei der Aufzeichnung der Daten keine Auswertungsabsicht hinsichtlich potentiell sensitiven Informationen besteht, gleich welcher der oben aufgeführten Intentionen215 dabei verfolgt wird. Geht es um den Zweck der Beweissicherung, steht alleine die objektive Erfassung des Unfallhergangs bzw. des Verstoßes gegen die Rechtsordnung in Rede. Ebenso geht es bei dem Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder des Gafftertums darum, sehenswerte Aufzeichnungen zu fertigen. Dies gelingt im Falle der Dashcam vor allem durch waghalsige Autorennen oder spektakuläre Unfälle und nicht durch die Auswertung sensitiver Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO.

210 Ähnlich: Arning, in: Moos/Schefzig/Arning, Die neue Datenschutzgrundverordnung, S. 102; Reuter, ZD 2018, 564 (565); Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057; wohl auch: Voigt, K&R 2016, 456 (461). 211 Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (468). 212 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 9 DSGVO Rn. 22. 213 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 9 DSGVO Rn. 13; „jedenfalls“ bzgl. des ersten sprachlichen Blocks. 214 Schneider/Schindler, ZD 2018, 463 (467). 215 Vgl. oben unter: § 2 A.

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dd) Dashcam-Aufnahmen als „biometrische Daten“ i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO Unabhängig dieses Einschränkungskriteriums der Auswertungsabsicht könnten Dashcam-Aufnahmen, sofern sie Gesichter erfassen, dennoch der besonderen Kategorie personenbezogener Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO unterfallen, wenn sie „biometrische Daten“ i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO darstellten. Da die biometrischen Daten von den anderen hier relevanten Datenkategorien abweichen, weil sie auf ein Verfahren zur eindeutigen Identifizierung bezogen sind, kommt eine etwaige Tatbestandseinschränkung hier nicht in Betracht.216 Im Allgemeinen leitet sich der Begriff „Biometrie“ aus dem Griechischen (Bios = Leben, Metrein = Messen) ab217 und beschreibt weitläufig die automatisierte Erkennung von Personen anhand ihrer körperlichen Merkmale.218 Um biometrische Verfahren für die Identifizierung oder Authentisierung von Personen einsetzen zu können, werden zusätzliche Peripherie-Geräte benötigt, die körperliche Merkmale in biometrische Daten übersetzen und die betroffenen Menschen später durch Abgleich ihrer körperlichen Merkmale mit den erstellten biometrischen Daten eindeutig authentifizieren zu können.219 Daran anknüpfend werden biometrische Daten in Art. 4 Nr. 14 DSGVO legaldefiniert als „mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen“. Da „Gesichtsbilder“ nachfolgend beispielhaft aufgeführt werden, erscheint es naheliegend, Gesichter aufzeichnende Dashcam-Aufnahmen als biometrische Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO einzuordnen. Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber selbst in ErwG 51 S. 3 DSGVO zum Ausdruck bringt, dass grundsätzlich nicht jede Verarbeitung von Lichtbildern unter den Begriff des biometrischen Datums fällt, sondern nur dann von einer Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten auszugehen ist, wenn sie mit speziellen technischen Mitteln verarbeitet werden, die die eindeutige Identifizierung oder Authentifizierung einer natürlichen Person ermöglichen. Wird diese Möglichkeit der eindeutigen Identifizierung oder Authentifizierung teilweise pauschal bei Aufnahmen von Smartphones, Dash- und Bodycams und Videokameras bejaht,220 greift dies zu kurz. So mag es zwar technisch zutreffend sein, dass jegliche mit handelsüblichen Videokameras angefertigten Vi216 Vgl.: Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (467, 468); Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057. 217 Weichert, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 4 Nr. 14 DSGVO Rn. 1. 218 Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 4 DSGVO Rn. 99. 219 Petri, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 14 DSGVO Rn. 1. 220 So: Schwartmann/Mühlenbeck, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 4 DSGVO, Rn. 246.

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deoaufzeichnungen grundsätzlich für biometrische Analysen verwendet werden können.221 Mit Blick auf die Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 14 DSGVO, die darauf abstellt, dass biometrische Daten durch den Einsatz spezieller technischer Verfahren „gewonnen“ werden, ergibt sich jedoch, dass bloßes Videomaterial als solches regelmäßig lediglich biometrie-tauglich ist.222 Um biometrische Daten handelt es sich hingegen erst, wenn diese mittels spezieller biometrischer Verfahren gewonnen werden.223 Veranschaulicht man dies am praxisrelevanten Beispiel der biometrischen Gesichtserkennung, bedeutet dies, dass auf den Aufnahmen Gesichter gefunden und softwarebasiert spezifische, für die Erkennung benötigte, Gesichtsmerkmale (z. B. durch die Vermessung gesichtsprägender Abstände) extrahiert und dadurch biometrische Daten „gewonnen“ werden.224 Hinzu kommt, dass für die Biometrietauglichkeit bereits weitere Umstände wie Auflösung und Gesichtsausdruck maßgeblich sind.225 Daher stellen nicht die Dashcam-Aufnahmen selbst, sondern lediglich die aus diesen herausgefilterten Merkmale biometrische Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO dar.226 Damit unterfallen selbst Dashcam-Aufnahmen, die Gesichter erfassen, nicht Art. 9 Abs. 1 DSGVO. ee) Ergebnis Private Dashcam-Aufnahmen sind damit insgesamt nicht als besondere Kategorien personenbezogener Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO einzuordnen. Vielmehr ist zur Bestimmung der Rechtmäßigkeit auf die allgemeinen Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 DSGVO zurückzugreifen. d) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO nur rechtmäßig, wenn sie auf mindestens eine der dort aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen gestützt werden kann. Diese Zulässigkeitstatbestände sind abschließend und stehen gleichwertig nebeneinander.227 aa) Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO Eine Zulässigkeitsvoraussetzung ist die Einwilligung des Betroffenen zu der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO. Art. 7 DSGVO bestimmt dabei, 221

So auch: Scheider/Schindler, ZD 2018, 463 (468). Ernst, in: Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 4 DSGVO Rn. 103 hinsichtlich „Gesichtsbildern“. 223 Schindler/Wentland, ZD-Aktuell 2018, 06057. 224 Jandt, ZRP 2018, 16 (17); Hornung/Schindler, ZD 2017, 203 (204) in Bezug auf die „biometrische Gesichtserkennung“. 225 Jandt, ZRP 2018, 16 (17). 226 Vgl.: Jandt, ZRP 2018, 16 (17). 227 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 9, 10. 222

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unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung eine rechtswirksame Grundlage für eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt. Der Begriff der Einwilligung selbst wird in Art. 4 Nr. 11 DSGVO definiert. Danach ist die Einwilligung eine freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder sonstigen Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Aus Art. 7 Abs. 1 DSGVO, der darauf abstellt, dass die Datenverarbeitung auf einer Datenverarbeitung beruht, ergibt sich zudem, dass die Einwilligung antizipiert, d.h. bereits vor der Datenverarbeitung, abgegeben werden muss.228 In Bezug auf private Dashcam-Aufnahmen wird es an einer solchen Einwilligung regelmäßig unter mehreren Gesichtspunkten fehlen. Zwar wird es der betroffenen Person möglich sein, die Einwilligung freiwillig, d.h. ohne jeden Druck oder Zwang abzugeben.229 ErwG 42 DSGVO verlangt insoweit lediglich eine echte Wahlfreiheit darüber, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzunehmen, ohne Nachteile zu erleiden. Dennoch bereitet bereits das Merkmal „in informierter Weise“ erhebliche Probleme. Dieses setzt nämlich voraus, dass die betroffene Person alle entscheidungsrelevanten Informationen kennen muss, da nur dann Risiken und Vorteile abgeschätzt und sachgerecht über die Einwilligung entschieden werden kann.230 Dies umfasst nach ErwG 42 DSGVO mindestens die Kenntnis der Identität der Verarbeitungsverantwortlichen und der beabsichtigten Verarbeitungszwecke. Zudem erfordert Art. 7 Abs. 3 S. 3 DSGVO eine Information über die Widerruflichkeit der Einwilligung. In Bezug auf Dashcams wird der Betroffene aufgrund der Aufnahme aus der Innenseite des Fahrzeugs und mangels ausdrücklichen Hinweises regelmäßig nicht einmal Kenntnis davon haben, dass er gerade Gegenstand einer Videoaufnahme geworden ist. Erst recht muss dies für die beabsichtigten Verarbeitungszwecke und die Informationen über die Widerruflichkeit gelten. Hinzu tritt, dass eine wirksame „informierte“ Einwilligung auf einer aktiven Willensbetätigung beruht, die ein Erklärungsbewusstsein bzw. eine Einwilligungsfähigkeit voraussetzt.231 Dies ist insbesondere bei behinderten, betreuten, gebrechlichen oder auch minderjährigen Menschen problematisch.232 Unabhängig von der Frage, welche Kriterien für die Bestimmung der Einwilligungsfähigkeit heranzuziehen sind, ist jedenfalls davon auszu-

228 Ingold, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 7 DSGVO Rn. 17. 229 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 7 DSGVO Rn. 21. 230 Ingold, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 7 DSGVO Rn. 17. 231 Tinnefeld/Conrad, ZD 2018, 391 (393). 232 Tinnefeld/Conrad, ZD 2018, 391 (393).

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gehen, dass auch Menschen erfasst werden, bei denen es an dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein fehlt.233 Auch das Merkmal der Unmissverständlichkeit spricht für das regelmäßige Fehlen einer Einwilligung. Zwar folgt daraus nicht, dass die Einwilligung formgebunden ist. Vielmehr kann grundsätzlich jede schriftliche, elektronische, mündliche oder auch konkludente Willensbekundung eine datenschutzrechtliche Einwilligung zum Ausdruck bringen, sofern die betroffene Person darüber eindeutig bzw. „unmissverständlich“ signalisiert, dass sie mit der Datenverarbeitung einverstanden ist.234 Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass auch eine konkludente Einwilligung in öffentlichen Räumen mangels Praktibalität ausscheiden muss. Denn bezogen auf die Videoüberwachung führt nach zutreffender Ansicht selbst ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Videoüberwachung“ nicht zu einer konkludenten Einwilligung des Betroffenen.235 Überträgt man dies bspw. auf den Straßenverkehr, so kommt hinzu, dass ein Hinweisschild mit der Aufschrift „ich überwache den Straßenverkehr durch Videoaufnahmen“ wohl eher realitätsfern ist.236 Schließlich spricht das Erfordernis einer antizipierten Einwilligung entscheidend gegen eine Einwilligung. An einer solchen wird es nämlich regelmäßig fehlen. Schließlich werden bei privaten Videoaufnahmen Daten bereits zu dem Zeitpunkt in Form des „Erhebens“ (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) verarbeitet, in dem die Aufnahmen von der Kamera erfasst werden.237 Zu diesem Zeitpunkt wird der Betroffene regelmäßig nicht hinreichend informiert sein, sodass eine Einwilligung ausscheidet. Insgesamt erscheint es daher kaum vorstellbar, dass private Videoaufnahmen von Dashcams im öffentlichen Raum auf Grundlage einer Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO rechtmäßig sind. bb) Berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO Die Datenverarbeitung ist aber nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zulässig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten fordern, überwiegen. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Erforderlich sind daher drei 233 In Bezug auf sog. „Smartglasses“: Schwenke, Private Nutzung von Smartglasses im öffentlichen Raum, S. 237. 234 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 7 DSGVO Rn. 41/42. 235 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 7 DSGVO Rn. 48. 236 Bachmeier, DAR 2014, 15 (19). 237 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 4 Nr. 2 DSGVO Rn. 15/16.

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kumulative Voraussetzungen: Es muss ein berechtigtes Interesse vorliegen, die Verarbeitung muss zur Wahrung der berechtigten Interessen erforderlich sein und die Interessen oder Grundfreiheiten oder Grundrechte der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten fordern, dürfen diese Interessen nicht überwiegen.238 Da auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO immer dann zurückgegriffen werden kann, wenn sich eine Verarbeitung nicht aus den anderen gesetzlichen Erlaubnistatbeständen oder aus einer wirksamen Einwilligung ableiten lässt und ihm daher der Charakter einer Art Auffangtatbestand zukommt, ist an das Vorliegen berechtigter Interessen, die die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtfertigen, ein strenger Maßstab anzulegen.239 (1) Berechtigtes Interesse Dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nach muss in der Aufnahme mittels Dashcam zunächst allein ein berechtigtes Interesse liegen. Daneben folgt aus dem Grundsatz der Zweckbindung nach Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO jedoch, dass der dem berechtigten Interesse zugrunde liegende Verarbeitungszweck auch festgelegt und eindeutig sein muss.240 Daher ist zunächst das berechtigte Interesse als solches zu ermitteln, ehe den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO Rechnung getragen werden kann. (a) Berechtigung des Interesses des Dashcam-Nutzers Unter einem berechtigten Interesse ist jegliches, nicht von der Rechtsordnung missbilligtes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art zu verstehen.241 Der Begriff des berechtigten Interesses ist damit weit auszulegen und dessen Vorliegen nur ausnahmsweise abzulehnen.242 Dies stellt für die Betroffenen aber keinen Nachteil dar: Deren Rechte werden durch die nachfolgende Interessenabwägung gewahrt, sodass für die gleichen berechtigten Interessen in unterschiedlichen Verarbeitungsvorgängen verschiedene Ergebnisse erzielt werden können.243 Ob die Berechtigung des Interesses gleichwohl für jede der oben gebildeten Fallgruppen244 zu bejahen ist, bedarf der gesonderten Überprüfung. 238

Heberlein, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 25. Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 6 DSGVO Rn. 96. 240 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 80. 241 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 49; Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 146. 242 Albers/Veit, BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 49; Frenzel, Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 28; Schwartmann/Klein, Schwartmann/Jaspers/Thüsing/ Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 146. 243 Schwartmann/Klein, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/ BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 146. 239

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(aa) Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter In dem bei der Aufnahme von Videomaterial häufig verfolgten Zweck des Schutzes eigener Rechtsgüter durch Sicherstellung von Beweismaterial bei Unfällen oder Straftaten gegen die Person des Fahrzeugführers, konkretisiert sich das schützwürdige, rechtliche Interesse von Privatpersonen, sich selbst oder das Eigentum vor der Schädigung durch andere zu schützen bzw. sich auf der anderen Seite auch gegen unberechtigte Forderungen zur Wehr zu setzen.245 Ebenso ist bei Straftaten, aufgrund derer Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB verfolgt werden, ein berechtigtes Interesse anzuerkennen.246 Neben diesen rechtlichen Interessen besteht darüber hinaus auch ein wirtschaftliches berechtigtes Interesse der Kfz-Führer, drohende wirtschaftliche Schäden aus einem Unfall zu kompensieren.247 Insgesamt stellt dieser Zweck damit ein berechtigtes Interesse dar. (bb) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriff“ Deutlich problematischer ist die Berechtigung des Interesses jedoch, wenn es nicht um die Beweissicherung zu eigenen Zwecken geht, sondern Videomaterial gesammelt wird, um mit Blick auf den Schutz kollektiver Interessen bzw. Rechtsgüter Dritter Anzeige zu erstatten. Zwar ist auch ein berechtigtes Interesse Dritter von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erfasst.248 Ein solches fehlt aber in dieser Konstellation, da bloße Allgemeininteressen demgegenüber nicht ausreichend sind.249 Der sog. „Hilfssheriff“ schwingt sich vielmehr zum Sachwalter öffentlicher Interessen auf, für die private Dritte nicht zuständig sind, da die öffentliche Aufgabe der Gewährleistung eines gesetzeskonformen Verhaltens ausschließlich den Straßenverkehrsbehörden und der Polizei obliegt.250 Hier fehlt es also an der Berechtigung des Interesses. (cc) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung Geht es um den Zweck der Ästhetik, handelt es sich nicht um ein bloßes Allgemeininteresse, das als solches nicht die Berechtigung des Interesses begründen 244

Vgl. oben unter: § 2 A. LG München I ZD 2017, 36 (37); OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3602); Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1626); Nugel, jurisPR-VerkR 1/2015 Anm. 4; Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 31. 246 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 31. 247 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 31; Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 309 f. 248 Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 49; Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 146; Schantz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 1 DSGVO Rn. 99. 249 Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 146. 250 VG Göttingen ZD 2017, 43 (45). 245

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kann, sondern vielmehr um ein ideelles Interesse des Dashcam-Nutzers. Möchte dieser die Aufnahmen darüber hinaus auf Internetportalen wie Youtube veröffentlichen, liegt dem im Hinblick auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Videos zudem ein wirtschaftliches Interesse zugrunde. In beiden Fällen besteht mit Blick auf die weite Auslegung des Begriffs ein berechtigtes Interesse i. S. v. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. (dd) Bloßes Gaffertum Grundsätzlich handelt es sich auch bei dem Zweck des bloßen Gaffertums um einen ideellen Zweck, was für ein berechtigtes Interesse i. S. v. Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO spricht. Die weite Auslegung des Begriffs wird jedoch dadurch eingegrenzt, dass es von der Rechtsordnung der Europäischen Union oder des jeweiligen Mitgliedstaats gebilligt werden muss.251 Mit Blick auf § 201a StGB, durch den Schaulustige erfasst werden, die bei Unfällen oder Unglücksfällen Fotos oder Videos machen und verbreiten, kann eine solche Billigung durch die Rechtsordnung nicht angenommen werden. Vor allem sollen zukünftig nicht nur lebendige, sondern auch Verstorbene vor solchen Aufnahmen geschützt werden.252 Die Berechtigung dieses Interesses ist mithin abzulehnen. (b) Festlegung und Eindeutigkeit des zugrunde liegenden Verarbeitungszwecks Zu prüfen ist daher nun, inwiefern die den berechtigten Interessen, namentlich die der Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter sowie der Ästhetik, zugrunde liegenden Verarbeitungszwecke auch festgelegt und eindeutig sind, Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO. (aa) Festlegung Da die Zweckbindung entscheidend ist, um festzustellen, ob die Datenverarbeitung zulässig ist und welche Anforderungen an sie zu stellen sind, muss der Verantwortliche festlegen, für welchen Zweck oder welche Zwecke die Daten verarbeitet werden. Diese Zweckfestlegung hat spätestens zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten, also vor der Bildaufnahme,253 zu erfolgen.254 Das folgt aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO, der von 251 Heberlein, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 25; Plath, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 54; Schwartmann/Klein, in: Schwartmann/Jaspers/ Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 145. 252 Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 03.07.2020, becklink 2016798. 253 Vgl. oben unter: § 3 C. I. 1. b) aa) (1). 254 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 5 DSGVO Rn. 74; Weichert, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 5 DSGVO Rn. 35.

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„festgelegten, eindeutigen und legitimen Zwecken“ spricht,255 sowie aus dessen Ziel, die Nachprüfung der Erforderlichkeit der jeweiligen Beobachtungsmaßnahme zu erleichtern.256 Daher dürfte es für die Zweckfestlegung zwar nicht ausreichend sein, dass der Zweck erst im behördlichen oder gerichtlichen Verfahren etwa dadurch festgelegt wird, dass der Dashcam-Nutzer darlegt, dass die Kamera lediglich verwendet wurde, um mögliche Beweismittel vorlegen zu können257 oder erinnerungswerte Aufnahmen zu fertigen. Allerdings sind an die bloße Zweckfestlegung auch keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. So bedarf es weder einer ausdrücklichen Festlegung des Zwecks,258 noch einer Einhaltung eines Formerfordernisses. Vielmehr kann der Zweck in jeder Form festgelegt werden, die einen ausreichend sicheren Schluss auf den Zweck der Verarbeitung zulässt.259 Daher ergibt sich der Zweck regelmäßig bereits aus den Umständen der Kameraanwendung, sofern der Verwendungszweck eindeutig ist.260 Im Hinblick auf eine einfachere nachträgliche Kontrolle der Maßnahme sollte die Zweckbestimmung allerdings dennoch schriftlich fixiert werden.261 (bb) Eindeutigkeit Eindeutig ist der Verwendungszweck, wenn er von anderen möglichen Zwecken klar zu unterscheiden ist.262 Ob den berechtigten Interessen der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter und und dem der Ästhetik ein solch eindeutiger Verarbeitungszweck zugrunde liegt, ist jeweils getrennt zu untersuchen. (a) Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter Geht es um das Interesse an der Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter, ist zunächst festzuhalten, dass bloße Blankettformeln wie „zur Gefahren-

255 So bereits zur alten Rechtslage nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F.: Allendorf, SVR 2015, 171 (173). 256 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 81. 257 So aber: VG Ansbach, ZD 2014, 590 (593) zur alten Rechtslage nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F., der im Wortlaut allerdings vergleichbar ist mit Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO. 258 Ahrens, NJW 2018, 2837 (2839). 259 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 5 DSGVO Rn. 75. 260 Ahrens, NJW 2018, 2837 (2839). 261 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 81. 262 Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 76.

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abwehr“ oder allgemein „zur Verfolgung von Straftaten“ der Zweckbestimmung des Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO nicht gerecht werden.263 Nicht überzeugend ist es deshalb, wenn Teile der Rechtsprechung264 und der Literatur265 ohne nähere Begründung davon ausgehen, dass die Sicherung von Beweismitteln für mögliche Unfälle hinreichend konkret sei.266 Vielmehr dürfte es sich bei der Beschaffung von Beweismitteln grundsätzlich ebenfalls um eine bloß abstrakte Zweckbestimmung handeln und nicht um einen festgelegten eindeutigen Zweck für den Betrieb einer Dashcam.267 Dies gilt mit Blick auf die verschiedenen Aufnahmemodi der Dashcams jedenfalls dann, wenn die Kamera nicht nur im Fall eines Unfalls, sondern dauerhaft ohne konkreten Anlass aufzeichnet (sog. anlassloser Dauerbetrieb).268 Denn wie gesehen, verfolgen Dashcam-Nutzer nicht ausschließlich den Zweck der Beweissicherung, sodass allein durch die dauerhafte Aufzeichnung des Straßenverkehrs nicht eindeutig ist, welcher Zweck nun genau verfolgt wird. Anderes muss jedoch gelten, wenn lediglich aufgezeichnet wird, sofern ein entsprechender Anlass vorliegt, wie dies etwa bei einem Unfallereignis der Fall ist. Bei solchen rein situationsbedingten Aufnahmen bestehen nämlich keine Zweifel an dem Verwendungszweck der Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter.269 (b) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung Werden Dashcam-Aufnahmen aus Gründen der Ästhetik gefertigt, fehlt es demgegenüber gänzlich an einer eindeutigen Zweckbestimmung. Parallel zur Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter handelt es sich mit Blick auf die verschiedenen Intentionen der Dashcam-Nutzer bei einer Aufnahme im anlasslosen Dauerbetrieb auch hier wieder um eine bloß abstrakte Zweckbestimmung. Dies gilt demgegenüber selbst für den rein anlassbezogenen Aufnahmemodus. So ist die Möglichkeit einer automatischen Aktivierung der Kamera mangels physi263 Reimer, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 5 DSGVO Rn. 21. 264 LG München I ZD 2017, 36 (37); LG Frankenthal NJOZ 2016, 1195 (1200); AG Nürnberg DAR 2015, 472 (473); AG München ZD 2014, 530 (531). 265 Haustein, DSRITB 2016, 43 (51/52); Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (751) stellen gar nur auf die Berechtigung des Interesses ab. 266 LG München I ZD 2017, 36 (37); LG Frankenthal NJOZ 2016, 1195 (1200); AG Nürnberg DAR 2015, 472 (473); AG München ZD 2014, 530 (531); wohl auch: LG Heilbronn NJW-RR 2015, 1019 (1021). 267 Zu § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F.: Niehaus, NZV 2016, 551 (551); Mienert/Gipp, ZD 2017, 514 (516). 268 A. A.: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 311. 269 OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3602).

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scher Einwirkung auf das Fahrzeug hier erst gar nicht möglich, sodass nur die Möglichkeit eines manuellen anlassbezogenen Einschaltens der Dashcam verbleibt. Wann bei dem Zweck der Ästhetik ein solcher Anlass gegeben ist, ist jedoch – im Gegensatz zur obigen Gefahren bzw. Unfallsituation – nicht nach objektiven Kriterien bestimmbar, sondern vielmehr verschiedensten subjektiven Auslegungsmöglichkeiten zugänglich und für sich genommen daher nicht konkret genug, um eine eindeutige Zweckfestlegung zu begründen. (c) Zwischenergebnis Die mit der Nutzung der Dashcam verbundenen Interessen an der Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter sowie der Ästhetik stellen berechtigte Interessen i. S. d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO dar. Eindeutig festgelegt i. S. v. Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO ist der diesen Interessen zugrunde liegende Verarbeitungszweck allerdings nur im ersteren Fall. Er ist dann ausreichend bestimmt, wenn die Dashcam lediglich situationsbedingt aufzeichnet, nicht aber, wenn im anlasslosen Dauerbetrieb aufgenommen wird.270 (2) Erforderlichkeit Die Datenverarbeitung muss zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen auch erforderlich sein. Dies setzt voraus, dass dieser Zweck nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.271 Die Erforderlichkeit kann hier jedoch nicht im Sinne einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung dahingehend verstanden werden, dass eine Verarbeitung nur dann erforderlich ist, wenn keine gleich geeignete und mildere, d.h. in die Grundrechte des Einzelnen weniger eingreifende Maßnahme zur Verfügung steht. Denn die Verhältnismäßigkeit ist der Maßstab für staatliche Maßnahmen gegenüber dem Bürger, nicht jedoch für das Handeln zwischen Privaten. Erst recht wäre ein solcher für Privatrechtsbeziehungen deutlich überhöht.272 Daher ist die Erforderlichkeit nur dann abzulehnen, wenn der Zweck auch ohne Verarbeitung der Daten erreicht werden kann.273 Die Frage, ob alternative, datenschutzrechtlich weniger 270 Mit dieser Differenzierung auch: LG Magdeburg ZD 2018, 276 (276); OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3602); Jansen, StV 2019, 578 (580); wohl auch: OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281); Wirsching, NZV 2016, 13 (16). 271 Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 15; Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 29 nimmt dabei auch auf ErwG 39 S. 9 DSGVO Bezug. 272 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 29, 14. 273 Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 29; Reimer, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 6 DSGVO Rn. 58; Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (751); wohl auch: Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 50; a. A.: Kramer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 6 DSGVO Rn. 77; Schwartmann, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DSGVO/BDSG,

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belastende Wege der Datenverarbeitung bestehen, ist erst bei der nachfolgenden Interessenabwägung zu berücksichtigen. (a) Verwendung konventioneller Methoden Zunächst könnte der Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter auch durch die Verwendung konventioneller Methoden erreicht werden. Hierzu zählen etwa Sachverständigengutachten, Zeugenaussagen, polizeiliche Ermittlungen oder selbst angefertigte Bildaufnahmen des Unfallorts.274 Eine Datenverarbeitung findet hier zwar regelmäßig nicht statt. Fraglich bleibt aber, ob ein Verweis hierauf auch zumutbar ist. In Bezug auf polizeiliche Ermittlungen kann dies mangels Effizienz keinesfalls gelten. Die Bereitschaft der Polizei, Unfälle aufzunehmen, hat in den letzten Jahren nämlich immer mehr abgenommen.275 Eine Spurensicherung noch vor Ort wird nur noch nach Unfällen mit Personenschäden oder zumindest schweren Sachschäden durchgeführt. Bei kleineren oder mittelschweren Verkehrsunfällen ohne Körperschäden fehlen deshalb wichtige Informationen zur Rekonstruktion des Unfallhergangs, wie etwa Lage und Länge der Fahrspuren, die Fahrzeugendstellungen oder die Endlage von Splittern.276 Ähnliches gilt auch bei Zeugenaussagen. Auch wenn Aussagen zu Unfallabläufen mit dem ehrlichen Bemühen um Objektivität abgegeben werden, ist bei deren Auswertung Vorsicht geboten. Zum einen ist die Beobachtungsfähigkeit von Zeugen angesichts der Flüchtigkeit des Geschehens oftmals nur sehr gering.277 Zum anderen werden Beobachtungslücken häufig dadurch geschlossen, dass im Nachhinein bestimmte Abläufe durch Schlussfolgerungen rekonstruiert werden. Dabei ist dem Zeugen grundsätzlich kein Vorwurf zu machen, da ihm dies meist selbst kaum bewusst sein wird, da tatsächliche Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen häufig zu einem Gesamtbild verschwimmen, sodass der Beobachter davon überzeugt ist, das geschilderte Geschehen tatsächlich so erlebt zu haben.278 Hinzu kommt, dass Zeugen nicht immer vorhanden sein werden.279 Art. 6 DSGVO Rn. 151, die die Erforderlichkeit dann verneinen, wenn die Verarbeitung auch auf einem datensparsameren Weg unter Berücksichtigung der Interessen des Verantwortlichen durchgeführt werden kann. 274 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 313. 275 Klann, DAR 2014, 451 (454); Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 314; Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 1. 276 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 1. 277 Greger, NZV 2015, 114 (116). 278 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 74. 279 Greger, NZV 2015, 114 (116).

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Bildaufnahmen nach dem Unfallgeschehen können zwar eine gute Ausgangsbasis für eine Unfallrekonstruktion bilden. Allerdings sind auch diese mit einigen Unsicherheiten verbunden. So ist es zwar grundsätzlich möglich, anhand ortsfester Punkte auf den Fotos, wie z. B. Gullideckeln, Randsteinen oder Bäumen, Informationen wie Fahrzeugendstellung und Spurenlagen nachträglich zu rekonstruieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass keine grundlegenden baulichen Veränderungen erfolgen und überhaupt genügend ortsfeste Punkte fotografiert wurden.280 Zudem werden solche Fotografien nur in den wenigsten Fällen tatsächlich vorhanden sein. Autofahrer sind sich häufig über die Bedeutung dieser Spuren nicht im Klaren, sondern vielmehr der Meinung, dass dies Aufgabe der Polizei sei und von ihr auch zufriedenstellend erfüllt wird.281 Daran anknüpfend ist die Erstellung unfallanalytischer Gutachten maßgeblich von der Dokumentation am Unfallort abhängig. Da diese des Öfteren keine hinreichenden Anknüpfungspunkte liefern, müssen sie hinsichtlich ihrer Aussagekraft ohnehin kritisch hinterfragt werden.282 Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der technischen Neuerungen wie ABS, ESP oder Fahrerassistenzsysteme in den Kfz, die ein vollständigen Spurenbild am Unfallort erschweren.283 Insgesamt bilden die konventionellen Methoden daher – im Vergleich zu Dashcam-Aufnahmen – aufgrund der damit verbundenen Unsicherheiten keine zumutbare Alternative zur Sicherung von Beweismitteln.284 Dies überzeugt auch angesichts dessen, dass Verstöße gegen Verhaltenspflichten der StVO durch Nutzung von Mobiltelefonen oder der Ablenkung durch Navigations- sowie Multimediageräten, zumindest mit den herkömmlich zur Verfügung stehenden Mitteln, im Nachhinein schwer nachweisbar sind.285 (b) Unfalldatenspeicher Dem Zweck der Beweissicherung könnte aber durch die Verwendung sog. Unfalldatenspeicher (kurz: USD) ausreichend Rechnung getragen werden. Hier erfolgt für eine kurze Zeitspanne von 30 Sek. vor und weiteren 15 Sek. nach dem Unfallereignis eine elektronische Aufzeichnung von für die Unfallrekonstruktion 280 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 8. 281 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 8. 282 Bachmeier, DAR 2014, 15 (17). 283 Hammer, RAW 2014, 35 (36). 284 So auch: Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (752); wohl a. A.: Bihari Vass, DAR 2010, 504 (505); Schwartmann/Ohr, RDV 2015, 59 (67), die die Feststellung des Unfallverlaufs durch die Polizei unter Rückgriff auf sämtliche zulässigerweise zur Verfügung stehenden Beweismittel zwar nur als milderes Mittel ansehen, damit aber wohl auch die Zumutbarkeit bejahen würden. 285 Hagemeister/Kettler, NZV 2002, 481 (486).

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maßgeblichen Daten wie dem Zeitpunkt der ersten Bremsbetätigung, der Wegstrecke für die Fahrzeugräder oder einer möglichen Betätigung der Blinkanlage. Diese Daten werden in einer etwa handflächengroßen Blackbox abgespeichert.286 Kommt es nicht zur Kollision, werden die für ein Zeitfenster von 45 Sek. aufgezeichneten Daten bei weiteren Fahrbewegungen des Fahrzeugs wieder überschrieben.287 Dabei werden etwa 50 Werte pro Sekunde bei Fahrantrieb und 500 Werte pro Sekunde in der Kollisionsphase aufgenommen, womit hinreichend genaue Daten für eine exakte Auswertung der Fahrbewegungen zur Verfügung stehen.288 Ein Verweis auf den USD im Rahmen der Erforderlichkeit ist jedoch unter zwei Gesichtspunkten problematisch und letztendlich auch abzulehnen. Zum einen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass es sich bei diesen Daten um personenbezogene Daten handelt, womit bei der Verwendung des USD eine Datenverarbeitung stattfände. So gehen Kinast/Kühl durchaus nachvollziehbar davon aus, dass durch die Aufzeichnung von Daten wie etwa Beschleunigungs- und Bremsverhalten, den Fahrzeiten und -strecken oder der Durchschnittsgeschwindigkeit ein individuelles Fahrerprofil erstellt wird, das einer zumindest identifizierbaren Person zugeordnet werden kann.289 Zum anderen ist jedenfalls die Zumutbarkeit zu verneinen, da die Zweckerreichung hier deutlich unsicherer ist. Der USD beschränkt sich lediglich auf die Aufzeichnung der Fahrzeugdaten des eigenen Fahrzeugs. Etwaige Unfallgegner bleiben dadurch außen vor, sodass Vorgänge wie Fahrerflucht oder Nötigung im Straßenverkehr nicht erfasst werden.290 Diese Unsicherheiten verblieben selbst bei einem (hypothetischen) Einbau in sämtlichen Fahrzeugen. Denn auch dann gäbe es Konstellationen, in denen das Verhalten des den Unfalldatenspeicher verwendenden Autos nicht zwingend rekonstruierbar wird. Man denke nur an eine Missachtung des Mindestabstands wegen eines zu knappen Überholmanövers des vorausfahrenden Fahrzeugs, das nicht eindeutig aus dem Datenbestand des Unfalldatenspeichers ermittelbar wäre.291 Hinzu kommt, dass ein solcher Einbau in sämtliche Fahrzeuge weder der Fall, noch zu erwarten ist. Dies zeigt, dass bereits beim Verkehrsgerichtstag im Jahre 1973 gefordert wurde, den Unfalldatenspeicher oder zumindest andere Möglichkeiten der Auswertung von Fahrzeugdaten als Beweismittel einzuführen292 und 286

Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 71. 287 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 72. 288 Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 71. 289 Kinast/Kühnl, NJW 2014, 3057 (3058). 290 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 39. 291 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 315. 292 Deutscher Verkehrsgerichtstag, 11. VGT 1973, Entschließungen, Arbeitskreis I, S. 1, abrufbar unter https://www.deutscher-verkehrsgerichtstag.de/images/empfehlungen_ pdf/empfehlungen_11_vgt.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021.

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diese Forderung bis zum Jahr 2016 in 13 weiteren Jahresveranstaltungen wiederholt wurde, ohne dass sich der Gesetzgeber dazu veranlasst fühlte, tätig zu werden.293 (c) Ergebnis Die Erforderlichkeit von Dashcam-Aufnahmen aus Gründen der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter ist damit zu bejahen. Etwaige Einschränkungen wie etwa eine Verringerung der Bildqualität oder eine Beschränkung der Aufnahmedauer sind erst auf der nachfolgenden Abwägungsebene vorzunehmen. (3) Kein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen Schließlich dürfen die entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen nicht überwiegen. Diese sind dem berechtigten Interesse bzw. dem eindeutig festgelegten Verarbeitungszweck des Verantwortlichen gegenüberzustellen.294 Da die DSGVO vorliegend auf ein tatsächliches Überwiegen der Betroffenenrechte abstellt, ist die Verarbeitung – im Gegensatz zur alten Rechtslage unter § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F. – bereits bei Gleichgewichtigkeit der Interessen zulässig.295 Dabei sind zunächst die entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen herauszukristallisieren, ehe untersucht werden kann, ob und wann diese bei der Nutzung von Dashcams überwiegen. (a) Entgegenstehende Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten Bei den entgegenstehenden Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der Betroffenen sind zunächst alle deren Interessen einzustellen, ohne dass es dabei auf eine etwaige Berechtigung des Interesses ankommt.296 So üben beispielsweise ständig drohende Videoaufnahmen erheblichen Druck auf Einzelne aus, was zu Verhaltensänderungen in der Öffentlichkeit führen kann.297 Darüber hinaus streitet für die Betroffenen vor allem das europäische Primärrecht, also insbesondere die europäischen Grundfreiheiten und die Grundrechte der 293

Vgl.: Schlanstein, NZV 2016, 201 (202). Heberlein, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 28. 295 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 91. 296 Vgl.: Artikel-29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG (WP 217), S. 38, abrufbar unter: https://datenschutz.hessen.de/sites/ datenschutz.hessen.de/files/wp217_de.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 297 Schwenke, NJW 2018, 823 (827). 294

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GRCH.298 Das Augenmerk liegt dabei insbesondere auf der Achtung des Privatund Familienlebens aus Art. 7 GRCH, sowie dem Schutz der personenbezogenen Daten aus Art. 8 GRCH, deren entsprechende Norm sich in dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG findet.299 Dabei unterfallen personenbezogene Daten nicht nur Art. 8 GRCH, sondern auch Art. 7 GRCH, die nebeneinander angewendet werden300 und jede Art von personenbezogenen Daten schützen,301 sodass die oben festgestellten Ergebnisse bzgl. der Frage, wann es sich um personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt, übertragen werden können. Daher ist der Schutzbereich regelmäßig bei Aufnahmen eröffnet, auf denen Personen klar und nicht klar erkennbar sind, sowie bei Aufnahmenen von Sachabbildungen, die Elemente enthalten, anhand derer eine Identifizierung praktisch möglich ist, wie dies vor allem bei Kfz-Kennzeichen der Fall ist.302 Jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten stellt einen Eingriff in dieses Recht dar.303 Da bei der Aufnahme durch Dashcams Daten erhoben und damit verarbeitet werden,304 ist hierin bereits ein Eingriff in Art. 7 und Art. 8 GRCH zu sehen.305 Die nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 und Art. 52 Abs. 1 S. 1 GRCH zur Rechtfertigung dieses Eingriffs erforderliche gesetzliche Grundlage306 stellt Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO dar.307 (b) Abwägung im Einzelfall Ob diese entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen überwiegen, kann nicht abstrakt beurteilt werden, sondern ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall zu ermitteln.308 Maßgebend ist hier die Eingriffsintensität, also insbesondere die Art und Weise der Beeinträchtigung.309 Präzisierend treten die Erwägungsgründe zur Interessenabwägung der DSGVO hinzu. Nach ErwG 47 S. 3 DSGVO ist zu berücksichtigen, ob eine Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen 298

Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 30. Gersdorf, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 8 EU-GRCharta Rn. 4. 300 Gersdorf, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 7 EU-GRCharta Rn. 24. 301 Augsberg, in: Europäisches Unionsrecht I, Art. 8 GRC Rn. 6. 302 Vgl. oben unter: § 3 C. I. 1. b) aa) (2) (b). 303 Jarass, in: Jarass Charta der Grundrechte, Art. 8 GRC Rn. 8. 304 Vgl. oben unter: § 3 C. I. 1. b) aa) (1). 305 So zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG: LG Rottweil BeckRS 2017, 119419, Rn. 60; Niehaus, NZV 2016, 551 (553). 306 Jarass, in: Jarass Charta der Grundrechte, Art. 8 GRC Rn. 12. 307 Heberlein, in: Ehmann/Selmayr DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 1. 308 Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 67. 309 von Lewinski/Pohl, ZD 2018, 17 (18/19). 299

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kann, dass möglicherweise eine Datenverarbeitung zu diesem Zweck erfolgt. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen, da eine Einzelfallprüfung gegenüber jedem Betroffenen nicht möglich wäre.310 Ferner fließen die Datenschutzgrundsätze des Art. 5 DSGVO in die Abwägung mit ein.311 Dazu werden in einem ersten Schritt die mit Dashcam-Aufzeichnungen grundsätzlich verbundenen eingriffsintensivierenden Umstände, also Streubreite, Überwachungsdruck, etwaige Missbrauchsmöglichkeiten und die Heimlichkeit der Aufnahme, aufgezeigt.312 Da die konkrete Ausgestaltung der Dashcam selbst maßgeblichen Einfluss auf den Verarbeitungsvorgang der Datenerhebung (also die Aufnahme) hat, gilt es anschließend auszuloten, ob und gegbenfalls, wie diese eingriffsintensivierenden Umstände durch Ausgestaltungen der Dashcam verringert werden müssen, damit die die entgegenstehenden Interessen und Grundrechte oder Grundfreiheiten nicht überwiegen. (aa) Streubreite Zuvorderst zu berücksichtigen ist die enorme Streubreite, die mit DashcamAufnahmen einhergeht. Öffentliche Straßen werden großflächig aufgezeichnet, wodurch innerhalb kurzer Zeit viele unbeteiligte Fahrzeugführer und Personen erfasst werden, die sich vollkommen rechtstreu verhalten und daher keinen Bezug zu einem etwaigen Unfallereignis aufweisen.313 Dadurch werden willkürlich Verhaltensweisen aufgenommen, die mit der bezweckten Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter in keinerlei Zusammenhang stehen und daher in einem Gerichtsprozess, der darauf abzielt, einen Unfallhergang zu rekonstruieren, irrelevant sind.314 Hinzu kommt, dass durch weitwinklige Aufnahmen auch Bereiche des nichtöffentlichen Raums erfasst werden können, wie dies etwa bei an der Straße gelegenen Erdgeschosswohnungen der Fall ist.315 Ferner ist die hohe Mobilität der Kameras nicht zu vergessen, wodurch willkürlich jedes Bewegen des Einzelnen in der Öffentlichkeit dokumentiert wird.316 Diese Streubreite kann und muss daher durch zwei Modifikationen verringert werden. Zum einen darf nur situationsbedingt aufgezeichnet werden, zum anderen ist die Aufnahmedauer als solche zu beschränken. 310

Kramer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 6 DSGVO Rn. 84. Frenzel, in: Paal/Pauly DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 31. 312 Diese Abwägungstopoi, die teilweise bereits zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt worden sind, können hier übertragen werden, vgl.: Reimer, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 6 DSGVO Rn. 61. 313 LG Magdeburg ZD 2018, 276 (277). 314 Strauß, NZV 2018, 554 (556). 315 Niehaus, NZV 551 (554). 316 Lachenmann/Schwiering, NZV 2014, 291 (294). 311

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(a) Situationsbedingte Aufnahmen Eine rein situationsbedingte Aufzeichnung greift deutlich weniger intensiv in die Rechte der Betroffenen ein, als es bei einer anlasslosen Daueraufzeichnung der Fall ist. Denn während bei letzterer unzählige Beteiligte in ihren Grundrechten in der Hoffnung verletzt werden, irgendwann gegebenenfalls einen Unfall mit eigener Beteiligung aufklären zu können, wird vorliegend lediglich der unmittelbare Unfallhergang aufgezeichnet.317 Hinzu kommt, dass der Unfallgegner nur für kürzere Zeit aufgenommen wird und diese Aufnahme durch den Unfall mit eigener Beteiligung auch einen konkreten Anlass hat. Gegebenenfalls abgebildete Dritte sind lediglich als Beiwerk der Aufnahme zu qualifizieren, da es nun ein Hauptmotiv gibt.318 Lehnt man die anlasslose Daueraufzeichnungen daher nicht bereits aufgrund der fehlenden Eindeutigkeit der Zweckbestimmung ab, muss eine solche spätestens aus Verhältnismäßigkeitsgründen ausscheiden.319 Demgegenüber werden rein situationsbedingte Aufnahmen aufgrund der verringerten Eingriffsintensität grundsätzlich überwiegend als zulässig erachtet.320 Technisch kommen hierfür zwei Aufnahmemodi in Betracht. Zum einen durch rein anlassbezogene Aufzeichnungen, indem die Kamera während der Fahrt grundsätzlich deaktiviert ist und erst durch manuelles oder automatisches Einschalten aktiviert wird. Zum anderen oder durch anlasslose Aufzeichnungen mit Schleifenfunktion, wobei zwar dauerhaft aufgezeichnet wird, die Aufzeichnungen nach Ablauf eines gewissen Zeitintervalls (Schleife) aber automatisch überschrieben und damit gelöscht werden, sofern dies nicht unterbunden wird, weil das aufgezeichnete Material gespeichert und verwendet werden soll.321 Problematisch an der rein anlassbezogenen Aufnahme ist jedoch, dass es erst zu einer Aufzeichnung kommt, nachdem die Kollision bereits erfolgt ist. Damit können zwar zur Aufklärung des Unfallgeschehens wichtige Tatsachen wie die Unfallendstellung oder das Verhalten nach der Kollision aufgezeichnet werden.322 Die sich hierdurch ergebenden Möglichkeiten zur Rekonstruktion des Unfallhergangs unterscheiden sich aber nur unwesentlich von Bildern der Unfallstelle.323 Aufgrund dieser damit verbundenen Zweckgefährdung ist daher zu fordern, dass grundsätzlich kontinuierlich überwacht wird, diese aber mit dem sog. Schleifenmodus ver317

Froitzheim, NZV 2018, 109 (113). Froitzheim, NZV 2018, 109 (113). 319 Anlasslose Daueraufzeichnungen werden daher allgemein als datenschutzrechtswidrig eingestuft, vgl.: LG Magdeburg ZD 2018, 276 (277); Bachmeier, DAR 2014, 15 (18); Lohse, VersR 2016, 953 (961); Strauß, NZV 2018, 554 (556); Witte, JM 2016, 477 (481). 320 Strauß, NZV 2018, 554 (558); Wirsching, NZV 2016, 13 (16); Witte, JM 2016, 477 (480/481); a. A.: Ernst, CR 2015, 620 (623), der stets von einer Abwägung zugunsten der Betroffenen ausgeht. 321 Vgl. oben unter: § 2 B. II. 2. 322 Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1624). 323 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 43. 318

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sehen wird.324 Dadurch gelingt es, eine unbegrenzte Speicherung grundsätzlich zu verhindern und dennoch die entscheidenden Momente vor und nach dem Unfallgeschehen aufzuzeichnen.325 (b) Dauer der Aufnahme Darüber hinaus hat die Dauer der Aufnahme maßgeblichen Einfluss auf die Eingriffsintensität. Diese sinkt, je kürzer die Aufnahmen sind.326 Bei einer Beschränkung der Aufnahmedauer gelingt es, die Streubreite der Aufnahmen erheblich zu reduzieren. Zwar wird die Mobilität der Kameras nicht aufgehoben, allerdings ist deren Einsatzort auf den Unfallort und das unmittelbare räumliche Umfeld begrenzt. Fraglich ist jedoch, wie lange die Schleifendauer auszugestalten ist, um ein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen zu vermeiden. Aus der Rechtsprechung gehen genaue Daten, für welche Dauer Videomaterial aufgezeichnet werden darf, ehe es überschrieben wird, nicht hervor. Dies ist allerdings oft dem Umstand geschuldet, dass die der Entscheidung zugrunde liegenden Dashcams anlasslos und dauerhaft aufzeichnen, ohne dass eine Löschung oder Überschreibung der Daten stattfindet. So handelte es sich bei der erst jüngst ergangenen Entscheidung des BGH zur zivilprozessualen Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen um eine Dashcam, die anlasslos über einen Zeitraum von vier Stunden aufzeichnete.327 Da eine solch anlasslose Aufnahme nach nahezu einhelliger Auffassung rechtswidrig ist, konnte hier aus datenschutzrechtlicher Perspektive nicht nur offen bleiben, wie eine den Datenschutzvorgaben entsprechende Dashcam im Einzelfall auszugestalten ist, sondern vielmehr auch, über welchen konkreten Zeitraum aufgezeichnet werden darf.328 Ähnlich urteilte das OLG Stuttgart über Aufnahmen einer Dashcam, zu deren Betriebsform sich keine Feststellungen treffen ließen.329 Hier wurde folglich gar keine Aussage über die Dauer der Aufnahme getroffen, sondern die Interessenabwägung vielmehr offen gelassen.330 Aussagekräftiger im Hinblick auf die datenschutzrechtlich zulässige Dauer der Aufnahme sind daher Entscheidungen, denen Dashcams zugrunde liegen, die lediglich anlassbezogen aufzeichnen. Während das LG Memmingen noch ein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen und Rechte der Betroffenen für einen Fall annahm, in dem eine Aufzeichnung von einigen Minuten vorlag,331 324 325 326 327 328 329 330 331

So auch: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 326. Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1624). Haustein, DSRITB 2016, 43 (53). BGH NJW 2018, 2883 (2883 ff.). BGH NJW 2018, 2883 (2886). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2280 ff.). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). LG Memmingen DAR 2016, 143 ff.

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entschied das AG Kassel die Interessenabwägung bereits zugunsten des Dashcam-Nutzers in einer Konstellation, in der die Dashcam anlassbezogen nur über einen Zeitraum von knapp zwei Minuten aufzeichnet.332 Daher überrascht es nicht, wenn das OLG Nürnberg und das LG Traunstein bei Sachverhalten, in denen die Dashcams lediglich über Zeitintervalle von 30 Sekunden aufzeichneten, ebenfalls kein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen und Rechte der Betroffenen annahmen.333 Klar ist aber, dass auch diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind. Denn in den gerichtlichen Entscheidungen ist die Dauer der Zeitintervalle zwar ein entscheidendes, nicht aber alleiniges Abwägungskriterium. Vielmehr spielten bei den Interessenabwägungen in den einzelnen Entscheidungen auch weitere Umstände eine Rolle. Dennoch könnten sie als grober Richtwert angesehen werden, bis zu welcher Dauer des Zeitintervalls die Interessenabwägung noch zugunsten der Dashcam-Nutzer entschieden werden kann. Dies bestätigt ein Blick in die zu dieser Frage bestehende Literatur, in der weite Teile ähnliche Zahlen nennen. So wird vielfach nur eine Schleife mit der Dauer von 30–60 Sekunden als zulässig angesehen.334 Auch Hofmann sieht dies ähnlich, wenn er davon ausgeht, dass die aufgezeichneten Intervalle nicht länger als zwei Minuten dauern dürften.335 Die Schleifendauer nur so kurz auszugestalten, überzeugt auch. Denn in den meisten Fällen wird es zur Rekonstruktion des Unfallhergangs ausreichen, lediglich die unmittelbaren Sekunden vor und nach dem Unfallereignis aufzuzeichnen. Zu weit dürfte es zwar gehen, bereits die Erforderlichkeit von Aufnahmen abzulehnen, bei denen die Schleifendauer die Zeitspanne von 60 Sekunden rund um das Unfallereignis überschreitet.336 Allerdings wird dadurch deutlich, dass wenige Fälle verbleiben, bei denen die maßgeblichen Erkenntnisse des Unfallhergangs lediglich durch Aufnahmen von mehreren Minuten gewonnen werden können. Vor dem Hintergrund, dass die Dauer des Intervalls die Intensität des Eingriffs maßgeblich beeinflusst, können diese Einzelfälle allerdings nicht dazu führen, dass die Schleifendauer zeitlich insgesamt verlängert werden sollte. Schlussendlich kann damit lediglich eine Aufzeichnung von maximal 2 Minuten rund um das Unfallereignis dazu führen, dass die entgegenstehenden Interes332

AG Kassel BeckRS 2017, 119155, Rn. 17. OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3602); LG Traunstein ZD 2017, 239 (240). 334 Ernst, CR 2015, 620 (623) spricht von maximal 60 Sek.; Wessels, Jur-PC WebDok. 186/2015, Abs. 44 nennt ein Zeitintervall von 30–45 Sek.; so ebenfalls in Bezug auf Unfalldatenspeicher: Weber, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Kap. 21, A Rn. 71; Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (552) gehen von 30–60 Sek. aus. 335 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (67). 336 So gehen Ernst, CR 2015, 620 (623) und Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 44 sogar davon aus, dass eine Aufzeichnung, die die Dauer von 60 Sek. überschreitet, nicht erforderlich ist. 333

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sen und Rechte der Betroffenen nicht überwiegen. Abzulehnen sind daher Ansätze, die Schleifendauern von einigen Minuten annehmen.337 (bb) Überwachungsdruck Eine größere Rolle spielt auch der permanente Überwachungsdruck, dem die Betroffenen ausgesetzt sind. Bei weiterer Verbreitung von Dashcams befänden sich vielfach Personen im „Kreuz- und Dauerfeuer“ von unzähligen Dashcams.338 Aufgrund dieser permanenten Ungewissheit einer Person darüber, ob ihr Verhalten gerade gefilmt und aufgezeichnet wird, wird sie sich möglicherweise anders verhalten und sich dadurch etwa vom Gebrauch ihrer Freiheitsrechte abhalten lassen, sodass bereits der einfache Weg durch die Stadt zur permanenten Pose werden kann.339 Diesem Überwachungsdruck steht auch nicht entgegen, dass die Aufnahme mittels Dashcam regelmäßig heimlich erfolgt. Denn eine flächendeckende Nutzung von Dashcams würde schnell allgemein bekannt werden. Ein Überwachungsdruck wäre dann sogar ohne visuell wahrnehmbare Kameras gegeben.340 Daher kann die Heimlichkeit der Aufnahme für einen Überwachungsdruck keine Rolle spielen. Auch ist es nicht überzeugend, wenn Klann den Überwachungsdruck von vornherein mit dem Argument verneint, dass die von der Kamera erfassten Verkehrsteilnehmer sich nur zufällig im Aufnahmebereich der Kamera befinden.341 Denn die Aufnahme anderer Verkehrsteilnehmer erfolgt gerade nicht zufällig, sondern bewusst zur späteren (potentiellen) Auswertung.342 Dieser Überwachungsdruck kann vor allem durch technische Modifikationen wie einer Verringerung der Bildqualität, einer Einschränkung des Sichtfelds oder einer Ablehnung einer Zoomfunktion verringert werden. Denn das Gefühl eines Überwachungsdrucks wird vor allem dadurch ausgelöst, dass Gestik und Mimik dauerhaft dokumentiert werden und daher versucht wird, sich möglichst unauffällig zu verhalten.343 Mit Blick auf den Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO ist es deshalb problematisch, dass viele Dashcammodelle mit hochauflösenden Kameras und besonders breitem Sichtfeld ausgestattet sind.344 Vielfach wird nämlich auch eine schwächere Bildqualität und ein 337 Haustein, DSRITB 2016, 43 (53) etwa sieht Aufzeichnungen mit der Länge von 5–10 Min. als möglich an. 338 Bachmeier, DAR 2014, 15 (18). 339 Froitzheim, NZV 2018, 109 (112). 340 Froitzheim, NZV 2018, 109 (113). 341 Mit diesem Argument lehnt Klann, DAR 2013, 188 (190) den Überwachungsdruck ab. 342 Bachmeier, DAR 2014, 15 (18). 343 Ahrens, MDR 2015, 926 (926). 344 Vgl. oben unter: § 3 C. I. 1. c) aa).

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schmaleres Sichtfeld zur Rekonstruktion des Unfallhergangs ausreichend sein. Daher ist hier ein angemessener Ausgleich zwischen der für die Beweisführung gerade noch erforderlichen Bildumfangs und dem Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO zu finden. Unverhältnismäßig dürfte es insoweit sein, wenn Dashcams mit Zoomfunktionen ausgestattet sind. Berücksichtigt man nämlich, dass mit der Dashcam in der vorliegenden Ausgestaltung ohnehin nur das Geschehen in unmittelbarem Unfallzusammenhang aufgezeichnet wird, ist eine Zoomfunktion zur Beweisführung regelmäßig nicht nötig. Vielmehr wird den Interessen des Dashcam-Nutzers auch ohne eine solche ausreichend Rechnung getragen.345 Hinsichtlich der Kameraauflösung kann dies nicht gelten. Vielmehr ist eine gewisse Aufnahmequalität zu gewährleisten, um den Zweck der Dashcam nicht komplett zu unterlaufen. Hier bietet es sich an, mit Hofmann folgende Differenzierung vorzunehmen. Nur innerhalb eines sog. Klarsichtbereichs in einer Entfernung von acht Metern werden scharfe Bilder aufgenommen. Das weiter entfernt liegende Verkehrsgeschehen wird hingegen mit einer bewusst niedrigen Bildqualität aufgezeichnet, sodass Gesichter von Personen, also insbesondere auch deren Mimik und Gestik, und Kfz-Kennzeichen nicht mehr erkennbar sind.346 Damit ist zwar eine Minderung des Beweiswerts verbunden, denkt man bspw. an die Konstellation, dass der Unfallgegner durch einen Blick auf das Smartphone abgelenkt war, welcher außerhalb des sog. Klarsichtbereichs stattgefunden hat. Dennoch lassen sich auch mit niedriger Bildqualität die zur Unfallrekonstruktion entscheidenden Umstände wie Bewegungsabläufe von anderen Fahrzeugen, Personen oder Gegenständen nachverfolgen und nachvollziehen.347 Diese Minderung des Beweiswerts ist daher mit Blick auf den oben beschriebenen Überwachungsdruck und die Aufzeichnung unbeteiligter Personen in Kauf zu nehmen. Wenn darüber hinaus aber überlegt wird, auch innerhalb des Klarsichtbereichs Einschränkungen dahingehend vorzunehmen, dass eine hohe Auflösung lediglich im unteren Bildbereich gewährleistet wird, während die Bildaufnahmen im oberen Bereich verpixelt werden, sodass Gesichter von Personen auch hier nicht mehr erkennbar sind,348 geht das zu weit. Zwar wird die Eingriffsintensität dadurch weiter verringert, indem lediglich die aus datenschutzrechtlicher Sicht weniger kritischen Kfz-Kennzeichen erfasst sind. Dadurch würde aber der eigentliche Zweck der Dashcam in unverhältnismäßigem Maße konterkariert. Zum einen kann auch die Fahrzeugführereigenschaft für die Fahrzeugführerhaftung nach § 17 StVG maßgeblich sein. Zum anderen wird die durch die Verringerung der 345 Zu diesem Aspekt auch: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 342. 346 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (66 f.). 347 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (66 f.). 348 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (68).

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Bildqualität ohnehin schon eingeschränkte Nachvollziehbarkeit derart gemindert, dass insbesondere Unfallgeschehen mit längerem Vorlauf kaum noch nachvollzogen werden können.349 Einen Blickwinkel von 180 Grad zuzulassen, stehen aber keine Bedenken entgegen. Denn insbesondere bei Verstößen gegen die Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 StVO (rechts vor links) wird es gerade entscheidend sein, einen derartigen Blickwinkel in der Kamera integriert zu haben. Mit dieser Ausgestaltung kann ein Überwachungsdruck allenfalls dann noch angenommen werden, wenn sich eine Person im sog. Klarsichtbereich befindet. Aufgrund dieser stark verringerten Eingriffsintensität ist hierin ein angemessener Ausgleich zwischen des für die Beweisführung gerade noch erforderlichen Bildumfangs und dem Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO zu sehen. (cc) Missbrauchsgefahr Abwägungserheblich ist zudem eine durchaus gegebene Missbrauchsgefahr bei dem Auslösen und Speichern der Aufnahme, bei der Auswahl der Speichermedien, durch eine etwaige Weiterverbreitung der Aufnahmen350 oder durch Manipulation der Videos mithilfe moderner Technik.351 Daher ist zu untersuchen, wie diese Missbrauchsrisiken in einem angemessenen Verhältnis zu reduzieren sind. (a) Auslösen und Speichern der Aufnahmen Wie gesehen werden die Aufnahmen bei der hier zu fordernden Aufzeichnung mit Schleifenfunktion nach Ablauf eines gewissen Zeitintervalls (Schleife) automatisch überschrieben und damit gelöscht, wenn dies nicht unterbunden wird. Dieses Unterbinden des Überschreibens kann – ähnlich den anlassbezogenen Aufzeichnungen – manuell durch Betätigung eines Unfallknopfs oder automatisch mittels Sensors, der auf ein vordefiniertes Ereignis (z. B. Kollision oder starke Bremsung) programmiert ist, ausgelöst werden.352 Erstere Möglichkeit birgt ein unkontrollierbares Missbrauchspotential in sich, da die Betätigung des Unfallknopfes und die damit einhergehende dauerhafte Speicherung der Aufnahmen allein in den Händen des Dashcam-Nutzers läge.353 Wenn eine in Rechtsprechung354 und Literatur355 teilweise vertretene Auffassung 349 350 351 352 353 354 355

Ähnlich: Haustein, DSRITB 2016, 43 (54). Lohse, VersR 2016, 953 (961). Born, NZV 2015, 118 (122); Brenner, DAR 2014, 619 (626). Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (550). So etwa: Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1624). AG Nienburg ZD 2015, 341 (342). Lohse, VersR 2016, 953 (961).

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in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Betätigung des Unfallknopfes nur dann herbeigeführt werden kann, wenn der Dashcam-Betreiber einen „konkreten Anlass“ dafür sieht, etwa weil sich aus vorangegangenem Fehlverhalten eines Verkehrsteilnehmers eine Unfallgefahr ableiten lässt,356 vermag sie diesem Missbrauchsrisiko nicht überzeugend entgegentreten. Denn die Auslösung der Speicherung wäre dann immer noch von der subjektiven Einschätzung des Dashcam-Nutzers abhängig, was sich kaum anhand objektiver Kriterien nachprüfen ließe.357 Unabhängig davon überzeugt die manuelle Auslösung aber auch unter anderen Gesichtspunkten nicht. Zum einen treten Ereignisse, an denen ein Interesse an der Beweissicherung besteht, oft plötzlich und in unvorhersehbarer Weise ein, wodurch eine Betätigung des Unfallknopfes daher häufig nicht rechtzeitig möglich wäre. Damit würde der Zweck der Beweissicherung weitestgehend unterlaufen.358 Zum anderen wird der Dashcam-Nutzer durch die Betätigung des Unfallknopfs in zusätzlich riskanter Weise vom Verkehrsgeschehen abgelenkt.359 Zwar ist auch die automatische Auslösung der Speicherung mit Nachteilen verbunden. So versagt diese Speichervariante in Bagatellfällen, in denen es mangels Schwere nicht zu einem Auslösen des Sensors kommt, und in Fällen, in denen es zu keiner Kollision oder einer starken Bremsung kommt und dadurch Verhaltensweisen wie Nötigungen im Straßenverkehr (z. B. durch dichtes Auffahren)360 nicht aufgezeichnet werden.361 Allerdings wiegen diese Nachteile nicht allzu schwer. Denn die Berechtigung des Interesses des Dashcam-Nutzers liegt alleine in der Sicherung von Beweismaterial zum Schutze eigener Rechtsgüter und nicht in der Verfolgung von Straftatbeständen. Die Dashcam soll auch keinen Schutz vor jeglichen Unrechtshandlungen im Straßenverkehr bieten, sondern lediglich ein Hilfsmittel im Fall eines tatsächlich eingetretenen Unfalls darstellen.362 Hinzu kommt, dass Bagatellschäden regelmäßig ohnehin nicht zum Gegenstand von Gerichtsverfahren gemacht werden und das Beweisinteresse daher keine allzu große Rolle spielt.363 Diese Nachteile sind daher für eine rechtssichere und objektive Auslösung der Speicherung hinzunehmen.

356

Lohse, VersR 2016, 953 (961). Hofmann, DSRITB 2016, 61 (68). 358 Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (550). 359 Rössel, ITRB 2015, 162 (163). 360 Eine solche Konstellation lag der Entscheidung des AG Nienburg zugrunde, vgl.: AG Nieburg ZD 2015, 341 (341 ff.). 361 So: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 328; ähnlich: Haustein, DSRITB 2016, 43 (54). 362 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (69). 363 Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (752). 357

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(b) Speichermedien364 Gespeichert werden die Dashcam-Aufnahmen im Regelfall auf externen sog. Flash-Speicher-Karten. Daneben besteht die kostengünstige und technisch unproblematische Möglichkeit, das eigene Smartphone als Aufnahmegerät zu nutzen, wo es keines externen Speichers bedarf. Vielmehr können die Aufnahmen über die üblichen Programme oder etwaige Apps unmittelbar in eine Cloud hochgeladen werden. Eine Speicherung in der Cloud bieten schließlich auch mit der NFCTechnik und Wi-Fi ausgestattete Kameras an, wodurch die Aufnahmen ebenfalls in eine solche Cloud hochgeladen werden können.365 Alle Speichermethoden haben grundsätzlich gemeinsam, dass durch sie auf die Aufnahmen über verschiedene Endgeräte zugegriffen werden kann und sie daher auch weiterbreitet werden können, wodurch das Missbrauchsrisiko immens ansteigt. Dieses Missbrauchsrisiko ist aber bei der Verwendung externer Speichermöglichkeiten über Clouds am höchsten, da diese nicht vom Dashcam-Nutzer, sondern von Dritten betrieben wird.366 Zwar wird in diesem Zusammenhang aus technischer Sicht davon ausgegangen, dass es sich bei dem sog. Cloud-Computing um einen Fall der Auftragsverarbeitung handelt, mit der Folge, dass der Cloud-Computing-Dienstleistungsabnehmer Verantwortlicher i. S. v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO bleibt und der Auftragsverarbeitende (Cloud-Anbieter) kraft Art. 4 Nr. 10 DSGVO als „Nicht-Dritter“ zu verstehen ist.367 Eine solche Auftragsverarbeitung richtet sich jedoch nach den strengen Anforderungen des Art. 28 DSGVO. Zentrales Zulässigkeitselement ist danach, dass die Verarbeitung allein im Auftrag des Verantwortlichen erfolgt und dieser weiterhin „Herr der Verarbeitung“ ist. Dies wird vor allem durch die Weisungsgebundenheit des Auftragnehmers zum Ausdruck gebracht.368 Diese Weisungsgebundenheit ist beim CloudComputing jedoch bereits deshalb zumindest fragwürdig, da die Cloud-Anbieter als Auftragnehmer keine Kontrollen und Nachweise im gesetzlich erforderlichen Umfang zulassen, sondern lediglich durch AGB vorgeben, welche Maßnahmen zugelassen sind.369 Vor allem aber wird es häufig faktisch gar nicht möglich sein, die erforderlichen Kontrollen durchzuführen und diesbezügliche Nachweise zu erheben, da sich die Verarbeitung nicht auf einen bestimmten Ort begrenzen

364 Zwar ist die Speicherung der Aufnahmen ein eigenständiger Datenverarbeitungsvorgang, der gesondert auf seine Zulässigkeit zu überprüfen ist. Bei dem hier in Rede stehenden Verarbeitungsvorgang des Aufzeichnens der Aufnahmen spielt die konkrete Ausgestaltung der Dashcam jedoch eine entscheidende Rolle. Daher muss die Speicherungsmöglichkeit bereits hier angesprochen werden. 365 Vgl. oben unter: § 2 B. III. 366 So auch: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 345. 367 Thomale, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 28 DSGVO Rn. 24. 368 Spoerr, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 28 DSGVO Rn. 18. 369 Koós/Englisch, ZD 2014, 276 (279).

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lassen wird, sondern global erfolgt.370 Zudem stellen Anbieter von Cloud-Computing ihre Plattform typischerweise nicht als bloße Hülle zur Verfügung, sondern nehmen eigenmotivierte Verarbeitungen der ihnen überlassenen und der durch die Nutzung ihrer Systeme erlangten Daten vor.371 Für den Verwender der Cloud ist es darüber hinaus nicht nachvollziehbar, wo und auf welchen Systemen Anwendungen und Daten gespeichert sind, ausgeführt oder verarbeitet werden. Dieses Problem verstärkt sich, wenn Cloud-Anbieter ihre Dienstleistungen bei anderen Anbietern einkaufen. Dies geschieht meist nicht transparent für den Cloud-Anwender.372 Selbst wenn man jedoch von einer Auftragsverarbeitung i. S. v. Art. 28 DSGVO ausgeht, birgt die Speicherung auf einer Cloud erhebliche Missbrauchsrisiken. Zu nennen sind hier die vorsätzliche Nutzung von Sicherheitslücken durch Angriffe Dritter auf dem Übertragungswegen via Internet oder auf der Cloud selbst, das versehentliche oder vorsätzliche Handeln von Mitarbeitern oder Unteranbietern des Cloud-Computing-Providers, etwa durch unberechtigtes Kopieren oder Klonen von Systemen oder etwaige Angriffe durch Schadsoftware auf die Dienste der Cloud.373 Daher ist die Speicherung auf externen Flash-Speicher-Karten als am eingriffsgeringsten zu qualifizieren. Dabei sollten Speicherkarten mit entsprechend kleiner Kapazität verwendet werden,374 die lediglich Speicherplatz für Videomaterial über einen Zeitraum von zwei Minuten hat. Um abzusichern, dass dies tatsächlich eingehalten wird, sollte auf der Dashcam eine Software installiert sein, die erkennt, wenn die eingesetzte Speicherkarte eine höhere Speicherkapazität aufweist und diese dann wieder auswirft.375 Alternativ erscheint es auch denkbar, der Dashcam eine spezielle Software aufzuspielen, die das Überspielen der Aufnahmen nach Ablauf der Schleifendauer durch Aufzeichnung der Neuaufnahmen auslöst.376 Je-

370

Koós/Englisch, ZD 2014, 276 (279). Kühling/Klar, DuD 2013, 791 (793 f.). 372 Orientierungshilfe – Cloud-Computing der Arbeitskreise Technik und Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Arbeitsgruppe Internationaler Datenverkehr des Düsseldorfer Kreises, Version 2.0, Stand 09.10.2014, S. 27; abrufbar unter https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/ oh/20141009_oh_cloud_computing.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 373 Vgl. zu weiteren Risiken: Orientierungshilfe – Cloud-Computing der Arbeitskreise Technik und Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Arbeitsgruppe Internationaler Datenverkehr des Düsseldorfer Kreises, Version 2.0, Stand 09.10.2014, S. 25 f.; abrufbar unter https://www.datenschutz konferenz-online.de/media/oh/20141009_oh_cloud_computing.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021. 374 So grundsätzlich: Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1624); Klann, DAR 2014, 451 (456). 375 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (67). 376 Bachmeier, DAR 2014, 15 (16). 371

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denfalls ist sicherzustellen, dass tatsächlich nur Schleifen mit einer Dauer von zwei Minuten aufgezeichnet werden. (g) Einschränkung der Auslesbarkeit Um die Eingriffsintensität weiter zu verringern und vor allem die Gefahr einer Manipulation zu reduzieren, ist zudem darüber nachzudenken, eine Einschränkung der Auslesbarkeit der Daten vorzunehmen. Dies könnte dadurch geschehen, dass die Daten auf der Dashcam verschlüsselt werden und eine Entschlüsselung lediglich durch eine dritte Stelle vorgenommen werden kann.377 Technisch könnte dabei auf die Technik sog. intelligenter Kamerasysteme zurückgegriffen werden. Diese sind in der Lage, sensible Informationen vorzuverarbeiten und personenbezogene Daten bereits bei der Aufnahme zu erkennen und zu schützen. Anschließend werden sensible Bereiche dann mithilfe einer speziellen Software aus dem Bildbereich herausgenommen, indem statt der Personen etwa ein schwarzer Balken zu sehen ist oder Personen verpixelt werden. Schließlich werden die Originalaufnahmen so verschlüsselt, dass sie nur von einer dritten Stelle eingesehen werden können.378 Problematisch an diesem Ansatz ist jedoch, dass bereits grundsätzlich zweifelhaft ist, ob eine geeignete Stelle für eine etwaige Entschlüsselung zur Verfügung stünde. Geht man davon aus, dass öffentliche Stelle wie die Polizei bzw. die Justiz eine Entschlüsselung vornehmen sollen,379 überzeugt dies bereits deshalb nicht, da die Bereitschaft der Polizei, Unfälle aufzunehmen, in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, sodass bei kleineren oder mittelschweren Verkehrsunfällen ohne Köperschäden auch eine Entschlüsselungsbereitschaft kaum anzunehmen ist. Dies gilt insbesondere deshalb, da es oft bereits an den erforderlichen Ressourcen fehlen wird, bei jedem noch so geringem Sachschaden eine Entschlüsselung vorzunehmen.380 Mit Blick auf die immense Überlastung der deutschen Gerichte381 dürfte Ähnliches auch in Bezug auf die Justiz zutreffen. Auch eine Entschlüsselung durch private Stellen ist nicht unbedingt überzeugend. Naheliegend erscheint es insofern zwar auf die einer Schadensabwicklung nahestehenden Kfz-Versicherer oder unmittelbar auf den Gerätehersteller abzustellen.382 Allerdings ist durchaus fraglich, ob bei diesen von einer Unvoreingenommenheit

377

Haustein, DSRITB 2016, 43 (54 f.); Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (550). Vgl. zum Ganzen: Winkler, DuD 2011, 797 (800 f.); ähnlich auch: Roßnagel/Desoi/Hornung, ZD 2012, 459 (460 f.). 379 Graupe/Preiffenbring, ZD-Aktuell 2014, 04280. 380 Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 334. 381 Vgl.: Koerth, Die Justiz sieht alt aus, Spiegel-Online Beitrag v. 03.05.2019, abrufbar unter https://www.spiegel.de/karriere/arbeitsueberlastung-im-gericht-warum-diejustiz-alt-aussieht-a-1265194.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 382 So: Haustein, DSRITB 2016, 43 (54). 378

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und Vertrauenswürdigkeit ausgegangen werden kann. Immerhin sind es die KfzVersicherer, die am Ende regelmäßig die durch das Unfallereignis verursachten Schäden zu tragen haben. Ein ähnliches wirtschaftliches Interesse kann auch den Geräteherstellern unterstellt werden, denn die Verkaufszahlen der Dashcams hängen maßgeblich von den Beweissicherungserfolgen der Kameras ab. Daher kann eine Entschlüsselung allenfalls von privaten unabhängigen Stellen vorgenommen werden. Starnecker schlägt insoweit vor, deren Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit dadurch zu gewährleisten, dass durch den Düsseldorfer Kreis einheitliche Standards aufgestellt werden, deren Einhaltung durch eine Zertifizierung von unabhängigen Landesdatenschutzbeauftragen überprüft wird.383 Selbst wenn man jedoch eine Entschlüsselung durch unabhängige private Stellen zuließe, muss eine Übertragung dieser Technik auf Dashcams unter anderen Gesichtspunkten ausscheiden.384 Denn es ist zu berücksichtigen, dass eine solche Entschlüsselung nicht unerhebliche Kosten mit sich bringt – und das insbesondere dann, wenn man mit Starnecker eine Zertifizierung der privaten Entschlüsselungsstellen verlangt, da hier vor allem wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen dürften.385 Damit geht für den Dashcam-Nutzer ein gewisser Entscheidungsdruck einher. Er muss abwägen, ob die Kosten für eine Entschlüsselung niedriger sind, als die Höhe eines möglichen Schadensersatzanspruchs. Nur dann nämlich macht eine Entschlüsselung überhaupt Sinn. Dadurch würde der Zweck der Dashcam bei Unfallereignissen mit Schäden, die geringer sind, als die Kosten für eine Entschlüsselung, weitestgehend unterlaufen. Vor allem aber kann der Dashcam-Nutzer die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den Unfallgegner und damit auch die Frage der Sinnhaftigkeit einer Entschlüsselung nur dann realistisch einschätzen, wenn er sich die aufgezeichneten Videosequenzen nach dem Unfall ansehen kann. Dies wäre bei verschlüsselten Aufnahmen überhaupt nicht möglich.386 Hinzu kommt, dass selbst bei unverschlüsselten Videoaufzeichnungen ein Missbrauch durch Manipulation technisch nur durch Spezialisten durchführbar wäre, die auch ausgefeilte Prüfmethoden voraussehen. Deutschlandweit kommen dafür allenfalls ein paar hundert in Betracht, die aber ihrerseits wiederum gut zu bezahlen wären.387 Ohnehin wird man aber (selbst bei einer Verschlüsselung) nie garantieren können, dass die Videoaufzeichnungen tatsächlich nur zweckgebunden verwendet werden.388 Daher ist eine Verschlüsselung der Daten als zu weit-

383

Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 334. Kritisch insofern auch: Hofmann, DSRITB 2016, 61 (73); a. A.: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 343. 385 Den Kostenfaktor nennt Hofmann, DSRITB 2016, 61 (69). 386 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (69). 387 Wiek, DAR 2015, 727 (730). 388 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 66. 384

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

gehend abzulehnen. Eine Einschränkung der Auslesbarkeit ist daher aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht zu fordern. (dd) Heimlichkeit der Aufnahme Schließlich muss der eingriffserschwerende Aspekt der Heimlichkeit in der Interessenabwägung maßgeblich berücksichtigt werden. Für den Betroffenen ist es aus seinem Fahrzeug heraus kaum zu beurteilen, ob er aus anderen Fahrzeugen mittels einer Dashcam gefilmt und sein Verhalten aufgezeichnet wird.389 Selbiges gilt für etwaige aufgezeichnete Passanten, die im Zweifel von dem Aufnahmegerät noch weiter entfernt sind, als ein Verkehrsteilnehmer. Diese Heimlichkeit erhöht in besonderer Weise das Gewicht des Grundrechtseingriffs, da die betroffenen Personen keine Möglichkeit haben, ihr Verhalten darauf einzustellen und gegebenenfalls ihre Datenschutzrechte, wie etwa das Auskunftsrecht, wahrzunehmen.390 Ebenso besteht für sie bereits mangels Kenntnis kaum eine Möglichkeit, sich einer solchen Aufzeichnung zu entziehen.391 Daher wäre aus Abwägungsgründen grundsätzlich daran zu denken, die Überwachung durch Dashcams offen zu gestalten, um dem Transparenzprinzip aus Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO Rechnung zu tragen.392 Bereits aus praktischer Hinsicht stehen diesem Gedanken jedoch tiefgreifende Aspekte entgegen.393 Wird insoweit teilweise vorgeschlagen, einen mit einer Feinstaubplakette vergleichbaren Aufkleber auf der Windschutzscheibe zu befestigen,394 überzeugt dies bereits deshalb nicht, da ein solcher schon bei einem stehenden Kfz zu klein und auch nicht von allen Seiten des Fahrzeugs einsichtig wäre, um eine Erkennbarkeit zu gewährleisten.395 Auch Ernsts Vorschlag, eine Kamera als deutlich sichtbaren Aufbau auf dem Dach zu befestigen,396 mag zwar das Argument der fehlenden Erkennbarkeit weitestgehend widerlegen. Allerdings gehen damit straßenverkehrszulassungsrechtliche Probleme einher. Denn eine gesetzliche Erlaubnis für eine Anbringung eines Hinweisschildes auf dem Dach folgt für Taxis zwar aus § 26 Abs. 1 Nr. 2 BOKraft und für Fahrschulen aus § 5 Abs. 4 DVFahrlG. Eine entsprechende Regelung für etwaige Dashcam-Schilder

389

Niehaus, NZV 2016, 551 (554). So zur Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen: Byers/ Pracka, BB 2013, 760 (761). 391 Froitzheim, NZV 2018, 109 (112). 392 So etwa: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 339 ff. 393 Atzert/Franck, RDV 2014, 136 (138), die eine Kenntlichmachung der Überwachung nicht für in sinnvoller Weise erreichbar halten; Terhaag/Schwarz, K&R 2015, 556 (558). 394 Balzer/Nugel, NJW 2014, 622 (627). 395 Ernst, CR 2015, 620 (623). 396 Ernst, CR 2015, 620 (623). 390

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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ist allerdings nicht existent.397 Entscheidend ist aber, dass selbst bei Erkennbarkeit des Hinweisschildes ein solches schlichtweg wirkungslos wäre. Entdeckt ein sich auf der Autobahn befindlicher Autofahrer in seinem Rückspiegel ein deutlich erkennbares Warnschild, würde er selbst bei einem sofortigen Ausweichen auf den Seitenstreifen – ungeachtet eines möglichen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 StVO – von dem Aufnahmebereich der Dashcam erfasst.398 Nicht zuletzt ist anzumerken, dass sich der Betroffene durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer oder der Polizei- und den Ordnungsbehörden aussetzt.399 Mit Blick auf ErwG 47 DSGVO ist daher davon ausgehen, dass eine Aufnahme und Aufzeichnung durch Dritte absehbar und auch vernünftigerweise zu erwarten ist. Schließlich ist als eingriffsverringernder Aspekt anzuführen, dass mittels Dashcam das Gesamtgeschehen im Straßenverkehr lediglich flüchtig aufgezeichnet wird und Personen zum einen regelmäßig nur beiläufig erfasst werden und zum anderen teilweise nicht einmal identifizierbar sind.400 Demgegenüber kommt solchen Aufnahmen im anlassbezogenen Einzelfall eine enorme Bedeutung zu. Insbesondere bei denen sich in der Praxis häufig ereignenden Auffahrunfällen befindet sich der Betroffene aufgrund des Anscheinsbeweises in einer Beweisnot. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung spricht bei Auffahrunfällen nämlich der erste Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 1 StVO).401 Gegen diese, bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechende Umstände – wie etwa ein vor dem Auffahren vorgenommener Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs –402, wird der Betroffene regelmäßig nicht nachweisen können, solange er nicht über Dashcam-Aufnahmen verfügt, die insofern ein objektives und effektives Beweismittel darstellen.403 Daher lässt sich trotz Heimlichkeit zumindest ein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen und Grundrechten oder Grundfreiheiten ablehnen.404

397

Vgl.: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 339 f. Lachenmann, ZD-Aktuell 2017, 04270. 399 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282). 400 Ahrens, MDR 2015, 926 (926); ähnlich: Haustein, DSRITB 2016, 61 (70). 401 BGH SVR 2017, 215 (215); BGH NJW 2012, 608 (608); BGH NJW-RR 2007, 680 (680); BGH NJW-RR 1989, 670 (671). 402 BGH NJW 2012, 608 (609). 403 Hofmann, DSRITB 2016, 61 (72). 404 Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 61 geht in Bezug auf die alte Rechtslage unter § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F. gar davon aus, dass die Interessen der Dashcam-Nutzer insoweit überwiegen; wohl auch: Hofmann, DSRITB 2016, 61 (72). 398

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

(c) Abwägungsergebnis Das Aufzeichnen mittels Dashcam kann damit grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig sein, wenn es den Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter verfolgt. Allerdings sind die eingriffsverringernden Maßnahmen und Ausgestaltungsmöglichkeiten zu treffen, damit die entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen nicht überwiegen. Namentlich sind das: Eine dauerhafte Aufzeichnung lediglich im Schleifenmodus, eine Begrenzung der Schleifendauer auf max. zwei Minuten, eine technische Ausgestaltung der Dashcam ohne Zoomfunktion und einer niedrigen Bildqualität außerhalb des Klarsichtbereichs, mit lediglich automatischer Auslösung der Speicherung sowie mit einer externen kleinen Speicherkarte mit Kopierschutz bzw. einer aufgespielten speziellen Software, die das Überspielen der Aufnahmen nach Ablauf der Schleifendauer durch Aufzeichnung der Neuaufnahmen auslöst.405 e) Weitere Anforderungen für Dashcam-Nutzer Darüber hinaus stellt die DSGVO weitere Anforderungen an die DashcamNutzer, deren Nichteinhaltung aber zumindest nicht immer zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung führt und damit für die im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchende Frage eines Beweisverwertungsverbots dahinstehen kann.406 aa) Informationspflichten, Art. 13 und Art. 14 DSGVO Um eine transparente Datenverarbeitung (Art. 5 lit. a DSGVO) zu gewährleisten, verpflichten Art. 13 und 14 DSGVO den Verantwortlichen, die betroffenen Personen aktiv über die Verarbeitungsdetails zu informieren. Erst durch diese Informationen wird es den Betroffenen überhaupt ermöglicht, die Datenverarbeitung nachzuprüfen und gegebenenfalls ihre Rechte wahrzunehmen. Die Abgrenzung der beiden Normen richtet sich grundsätzlich danach, ob die Daten bei der 405 Ähnlich zur alten Rechtslage unter § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F.: Bäumerich, JuS 2016, 803 (804 ff.); Froitzheim, NZV 2018, 109 (111 ff.); Haustein, DSRITB 2016, 43 (53 ff.); Hofmann, DSRITB 2016, 61 (72); Klann, DAR 2014, 451 (456); ders., DAR 2014, 667 (667); Knyrim/Trieb, ZD 2014, 547 (552); Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 350; Wessels, Jur-PC Web-Dok. 186/2015, Abs. 70 ff.; Wirsching, NZV 2016, 13 (16); wohl auch: BGH NJW 2883 (2886); Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1627); ähnlich zur neuen Rechtslage unter Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO: Jansen, StV 2019, 578 (581); Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (751 ff.); Strauß, NZV 2018, 554 (558); a. A. zur alten Rechtslage unter § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F.: Bihari Vass, DAR 2010, 504 (507); Ernst, CR 2015, 620 (623); Lachenmann/Schwiering, NZV 2014, 291 (294); Mienert/Gipp, ZD 2017, 514 (516); Niehaus, NZV 2016, 551 (551). 406 Denn wenn schon die rechtswidrige Beweiserhebung durch Private grundsätzlich nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt, muss dies erst recht für die rechtmäßige Beweiserhebung gelten.

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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betroffenen Person (Art. 13 DSGVO) oder ob sie nicht bei der betroffenen Person erhoben werden (Art. 14 DSGVO). Ob im Kontext der Videoüberwachung eine Datenerhebung „bei“ der betroffenen Person erfolgt und sich die Zulässigkeit daher nach Art. 13 DSGVO richtet, wird unterschiedlich beurteilt. Wenn dies ein Teil der Literatur teilweise pauschal bejaht,407 ist dies zumindest im Falle heimlicher Videoüberwachung nicht überzeugend. Für den Betroffenen bleibt die Datenverarbeitung dann nämlich regelmäßig nicht nur im Dunkeln, sondern vielmehr fehlt es bereits an einem entsprechenden Anfangsverdacht dahingehend, dass überhaupt eine Datenverarbeitung stattfindet.408 Dieser Fall hat mehr Ähnlichkeit mit der Konstellation, dass die Datenerhebung bei Dritten, also nicht bei der betroffenen Person, erfolgt. Richtigerweise richtet sich deshalb nur die offene Videoüberwachung nach Art. 13 DSGVO, während bei der verdeckten Videoüberwachung Art. 14 DSGVO einschlägig ist.409 Relevanz entfaltet die Unterscheidung nach der einschlägigen Rechtsgrundlage insbesondere deshalb, weil Art. 13 DSGVO im Unterschied zu Art. 14 Abs. 3 DSGVO die Information des Betroffenen bereits im Zeitpunkt der Datenerhebung vorschreibt. Daneben ist der Katalog von Ausnahmetatbeständen, die die Informationspflicht entfallen lassen, bei Art. 14 DSGVO ausführlicher.410 Wie gesehen erfolgen die Dashcam-Aufzeichnungen regelmäßig ohne Kenntnis der betroffenen Personen, sodass der Pflichtenkatalog des Art. 14 DSGVO einschlägig sein dürfte. Daher hat der Dashcam-Nutzer nach Art. 14 Abs. 1 DSGVO grundlegende Informationen wie seinen Namen und die Kontaktdaten (lit. a) oder Zweck und Rechtsgrundlage der Verarbeitung (lit. c), sowie nach Art. 14 Abs. 2 DSGVO zusätzliche Informationen wie etwa die Speicherdauer der Daten (lit. a) oder Informationen über Betroffenenrechte (lit. b) anzugeben, ohne dass sich aus der Aufspaltung in zwei unterschiedliche Aufsätze Unterschiede in der Sache ergäben.411 407

Bäcker, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 13 DSGVO Rn. 14 f. Däubler, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 14 DSGVO Rn. 2. 409 Ebenso: Franck, in: Gola DSGVO, Art. 14 DSGVO Rn. 2; Hennemann, in: Paal/ Pauly DSGVO BDSG, Art. 13 DSGVO Rn. 11a; Schmidt-Wudy, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 14 DSGVO Rn. 31.2; wohl auch: Däubler, in: Däubler/Wedde/Weichert/ Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 14 DSGVO Rn. 2. 410 Eßer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 14 DSGVO Rn. 3. 411 Bäcker, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 14 DSGVO Rn. 14, Art. 13 DSGVO Rn. 20; Frank, in: Gola DSGVO, Art. 12 DSGVO Rn. 6; wohl auch: Eßer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 13 DSGVO Rn. 26; a. A.: Kamlah, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 13 DSGVO Rn. 16; Schantz, NJW 2016, 1841 (1845), wonach die Informationen des Abs. 2 nur mitgeteilt werden müssen, wenn sie für eine transparente Datenverarbeitung erforderlich sind, wobei auch direkt eingeräumt wird, dass dies häufig der Fall sein wird. 408

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Zwar sieht das nationale Recht in § 4 Abs. 4 S. 1 BDSG n. F., der über die Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 lit. d DSGVO Anwendung findet, eine wesentliche Einschränkung dieser Informationspflicht vor, indem die Informationspflicht erst mit der Zuordnung der erhobenen Daten zu einer bestimmten Person ausgelöst wird und daher die bloße Möglichkeit, die Identität der im Rahmen einer Videoüberwachung erfassten Person festzustellen, noch nicht ausreicht.412 Allerdings ist dennoch gegenwärtig kaum davon auszugehen, dass DashcamNutzer diese umfangreichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO nachkommen. Deshalb drängt sich die Frage nach den Konsequenzen eines Verstoßes auf. Zu dieser Frage äußert sich die DSGVO nicht ausdrücklich. So führt ErwG 39 S. 1 DSGVO an, dass jede Verarbeitung rechtmäßig und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben erfolgen sollte und sieht die Transparenzpflicht sodann als Ausfluss dieses Grundsatzes an. Gleichzeitig wird in Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO aber zwischen Rechtmäßigkeit, Treu und Glauben und Transparenz differenziert.413 Letztendlich ist es jedoch die Systematik der Verordnung, aus der sich entscheidende Erkenntnisse gegen eine konstitutive Wirkung der Informationspflichten gewinnen lassen. Art. 83 Abs. 5 lit. b DSGVO sieht eine Sanktionierung für den Fall vor, dass gegen die Informationspflichten aus Art. 13 oder Art. 14 DSGVO verstoßen wird. Wären die Informationspflichten nun zulässigkeitsbegründend, wäre die gesonderte Sanktionierbarkeit überflüssig, da dann ein etwaiges Fehlen über die Unzulässigkeit der Datenverarbeitung selbst sanktioniert werden könnte.414 Darüber hinaus ist auffällig, dass die Art. 13 und 14 DSGVO in den Betroffenenrechten der Art. 17, 18 DSGVO, die unter anderem im Falle unrechtmäßiger Datenverarbeitung zum Zuge kommen, keine Erwähnung finden.415 Daher führt ein Verstoß gegen die Informationspflichten nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung.416 Für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung spielt es deshalb keine Rolle, dass die Dashcam-Nutzer den Informationspflichten des Art. 14 DSGVO regelmäßig nicht nachkommen. 412 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 128 f. 413 Tavanti, RDV 2016, 295 (301). 414 Frank, RDV 2016, 111 (116). 415 Tavanti, RDV 2016, 295 (301). 416 Ebenso: Eßer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 14 DSGVO Rn. 8; Frank, RDV 2016, 111 (116); Kamlah, in: Plath DSGVO/BDSG, Art. 14 DSGVO Rn. 17; Schmidt-Wudy, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 14 DSGVO Rn. 19; Tavanti, RDV 2016, 295 (301); für den speziellen Fall von Dashcam-Aufnahmen: Bäcker, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 14 DSGVO Rn. 43 und Däubler, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 14 DSGVO Rn. 34, nach denen ein Verstoß gegen die Informationspflicht nur dann zur Rechtswidrigkeit führt, wenn die Datenverarbeitung vom Willen der betroffenen Personen (Einwilligung, Annahme eines Vertragsangebots) abhängt; a. A.: Dix, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 14 DSGVO Rn. 32.

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bb) Datenschutz-Folgeabschätzung, Art. 35 DSGVO Durch Art. 35 DSGVO wird die datenverarbeitende Stelle darüber hinaus verpflichtet, bei besonders riskanten Formen der Verarbeitung personenbezogener Daten eine Datenschutz-Folgeabschätzung vorzunehmen. Dadurch soll bei voraussichtlich hohem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen das datenschutzrechtliche Risiko für die betroffenen Personen erkannt und bewertet werden, um vorbeugende Maßnahmen ergreifen zu können.417 Eine Definition, wann von einem hohen Risiko auszugehen ist, enthält die DSGVO nicht.418 Allerdings finden sich dazu in Art. 35 Abs. 3 DSGVO drei Regelbeispiele, bei deren Vorliegen ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen anzunehmen ist, d.h. eine Folgenabschätzung zwingend erforderlich ist.419 Diese Regelbeispiele sind als leges speciales zu behandeln, sodass es bei Einschlägigkeit einer der Fallgruppen keiner weiteren Darlegung eines hohen Risikos mehr bedarf.420 Im Falle der Dashcam-Aufnahmen kommt dabei Art. 35 Abs. 3 lit. c DSGVO in Betracht, der die systematische umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche regelt. Während eine systematische Überwachung bei einer geplanten Aufzeichnung des öffentlichen Straßenverkehrs wohl noch zu bejahen ist, da eine solche Systematik nur dann nicht vorliegt, wenn öffentliche Bereiche nur zufällig oder nicht geplant überwacht werden,421 sieht das bei dem Tatbestandsmerkmal „umfangreich“ anders aus. Darunter ist eine beinahe lückenlose Überwachung zu verstehen.422 Aufgrund dessen ist dies zumindest bei einer Dashcam mit den oben geforderten Modifikationen, also insbesondere einem Klarsichtbereich von nur 8 m und einem kontinuierlichen Überschreiben innerhalb eines Zeitraums von 2 Minuten, abzulehnen. Mangels Einschlägigkeit des Regelbeispiels nach Art. 35 Abs. 3 lit. c DSGVO wäre die Frage, ob Aufnahmen mittels Dashcam ein voraussichtlich hohes Risiko darstellen und damit eine Datenschutz-Folgeabschätzung erforderlich ist, zwar grundsätzlich anhand von Art. 35 Abs. 1 DSGVO zu ermitteln, wonach sich ein hohes Risiko aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände, als auch dem Zwecke der Verarbeitung ergeben kann, was eine wertende Betrachtung im Ein417 Schwendemann, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 35 DSGVO Rn. 1. 418 Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 35 DSGVO Rn. 19. 419 Schwendemann, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 35 DSGVO Rn. 11. 420 Karg, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 35 DSGVO Rn. 36. 421 Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 35 DSGVO Rn. 53. 422 Schwendemann, in: Sydow Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 35 DSGVO Rn. 15.

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zelfall erfordern würde.423 Letztendlich kann eine dahingehende Entscheidung vorliegend jedoch dahingestellt bleiben. Denn die Durchführung einer Datenschutz-Folgeabschätzung nach Art. 35 DSGVO ist keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer konkreten Verarbeitung,424 womit ein etwaiger Verstoß hiergegen auch hier nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung führen kann. cc) Datenschutz durch Technikgestaltung, Art. 25 DSGVO Selbiges gilt schließlich auch in Bezug auf Art. 25 DSGVO, der den Grundsatz „Datenschutz durch Technikgestaltung (Abs. 1) und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen“ (Abs. 2) enthält.425 So hat der Verantwortliche nach Art. 25 Abs. 1 DSGVO bereits zum Zeitpunkt der Festlegung der Mittel für Verarbeitung und zum Zeitpunkt der Verarbeitung selbst „angemessene technische und organisatorische Maßnahmen“ zu treffen, um den Anforderungen dieser Verordnung zu genügen und die Rechte der betroffenen Personen zu schützen. Auch wenn dadurch nur der Verantwortliche verpflichtet wird, d.h. die Norm grundsätzlich keine Bindungswirkung für die Hersteller der Produkte und Dienstleistungen entfaltet, ergibt sich für letztere gleichwohl eine wirtschaftliche Notwendigkeit zur Einhaltung der Grundsätze des Art. 25 DSGVO, da eine solch datenschutzfreundliche Ausgestaltung der Produkte und Dienstleistungen für den Verantwortlichen bei der Auswahl entscheidend sein dürfte. Dass dies auch im Interesse des Verordnungsgebers lag, zeigt ErwG 78 S. 4 DSGVO. Dieser führt insoweit an, dass die Regelung als „Ermutigung“ der Hersteller der Produkte und Dienstleistungen anzusehen ist, diese in der Weise auszugestalten, dass der Verantwortliche sie in datenschutzfreundlicher Weise nutzen kann.426 Daher könnte man zwar erwägen, die oben angeführten technischen Modifikationen schon vorab bei der Entwicklung der Dashcam vorzusehen, ohne dass der Verwender davon abweichen kann. Letztendlich kann das im Rahmen dieser Arbeit jedoch dahingestellt bleiben, da Art. 25 DSGVO als bloße Verfahrensvorschrift ebenfalls keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Verarbeitungsvorgangs darstellt und ein Fehlen von Prozessen, die die Belange des Daten-

423

Nolte/Werkmeister, in: Gola DSGVO, Art. 35 DSGVO Rn. 13. Nolte/Werkmeister, in: Gola DSGVO, Art. 35 DSGVO Rn. 74. 425 Art. 25 Abs. 2 DSGVO kann hier ohnehin keine Rolle spielen, da sich dieser in erster Linie auf internetbasierte Dienste wie etwa soziale Netzwerke bezieht, bei denen durch standardmäßige Konfiguration von Privatsphäre-Einstellungen sicherzustellen ist, dass Nutzer ihre Daten nur in dem Umfang zugänglich machen, der vorab festgelegt wurde; vgl. dazu: Nolte/Werkmeister, in: Gola DSGVO, Art. 25 DSGVO Rn. 27. 426 Brügemann, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 25 DSGVO Rn. 6. 424

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schutzes frühestmöglich sichern, nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung führen kann.427 dd) Löschungspflicht, Art. 17 DSGVO Schließlich besteht ein Recht der betroffenen Personen auf Löschung und eine damit korrespondierende Pflicht der Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten in den in Art. 17 Abs. 1 DSGVO genannten Fällen.428 Im Falle der Dashcam-Aufnahmen dürfte hier vor allem Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO eine Rolle spielen. Danach sind personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern diese für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. In Bezug auf die Videoüberwachung sind dabei alle Aufzeichnungen nicht mehr notwendig, die nicht zur Aufklärung eines relevanten Ereignisses beitragen können, weil sie etwa keinen aufklärungsbedürftigen Vorfall erfassen oder zur Beweissicherung nicht mehr benötigt werden.429 Unverzüglich ist die Löschung, wenn sie ohne unangemessene Verzögerung erfolgt.430 Da durch die Schleifenfunktion Aufnahmen in festen periodischen Zeitabständen automatisch überschrieben und somit gelöscht werden, sofern kein aufklärungsbedürftiger Vorfall in Form eines Unfallereignisses eintritt, dürfte der Löschungsverpflichtung aus Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO dadurch hinreichend Rechnung getragen werden.431 Geht es dagegen um die nachhaltig gespeicherten Videosequenzen kann der Löschungsverpflichtung nur dann entsprochen werden, wenn das Videomaterial unmittelbar gelöscht wird, sofern es für die Beweisführung nicht mehr benötigt wird oder eine solche erst gar nicht geplant ist. ee) Ergebnis Die DSGVO stellt an die Dashcam-Nutzer damit zwar weitere Anforderungen, deren Einhaltung zumindest im Falle der Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO nicht zu erwarten ist. Dies führt jedoch, wie auch ein Verstoß gegen Art. 35 und Art. 25 DSGVO, nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung und ist für die Frage eines etwaigen (unselbständigen) Beweisverwertungsverbots damit unerheblich.432 Die Löschungsverpflichtung nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO wird hingegen durch die Schleifenfunktion erfüllt. 427

Nolte/Werkmeister, in: Gola DSGVO, Art. 25 DSGVO Rn. 3. Däubler, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer DSGVO und BDSG-neu, Art. 17 DSGVO Rn. 2. 429 Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 132. 430 Wybitul, BB 2016, 1077 (1080). 431 Zur Löschungsverpflichtung nach § 6b Abs. 5 BDSG a. F.: Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1627); den Schleifenmodus als wirksamstes automatisiertes Löschungsverfahren nennend: Scholz, in: Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Anhang 1 zu Art. 6 DSGVO Rn. 135. 432 Ebenso: Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750 (753). 428

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f) Weitere Verarbeitungsvorgänge Wurde bislang allein der Verarbeitungsvorgang der Datenerhebung durch die Aufnahme untersucht, ist der Untersuchung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit damit noch nicht genüge getan. Vielmehr ist für jeden Schritt der Verarbeitung und Nutzung von Videomaterial eine gesonderte Bewertung der Zulässigkeit geboten.433 Bei der Dashcam sind neben dem Erheben der Daten durch die Aufnahme insbesondere die Speicherung und die spätere Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden relevant.434 Dabei spielt der Grundsatz der Zweckbindung aus Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO eine entscheidende Rolle. Danach müssen personenbezogene Daten für genau festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden (Grundsatz der Zweckbindung). Dadurch ist eine Zweckänderung nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als sie mit dem Erhebungszweck nicht zu vereinbaren ist.435 Diese Vereinbarkeitsprüfung hat nach den Kriterien des Art. 6 Abs. 4 Hs. 2 DSGVO zu erfolgen. Wenn dieser voraussetzt, dass die personenbezogenen Daten zu einem anderen Zweck als demjenigen, zu dem sie erhoben wurden, verarbeitet werden, ergibt sich daraus im Umkehrschluss, dass zweckwahrende Datenverarbeitungen in jedem Falle zulässig sind.436 Eine solche Vereinbarkeitsprüfung hat jedoch nur dann zu erfolgen, wenn nicht bereits die Legitimationsgrundlage des Art. 6 Abs. 4 Hs. 1 DSGVO einschlägig ist. Danach kann eine Zweckänderung durch Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis zulässig sein, ohne dass es einer Vereinbarkeit mit dem ursprünglichen Zweck bedarf.437 Daher sind die Verarbeitungsvorgänge vorliegend in drei Schritten zu untersuchen: Es ist zunächst danach zu fragen, ob der Zweck bei der Weiterverarbeitung überhaupt verändert wurde.438 Nur wenn dies der Fall ist, ist ein Blick auf die Legitimationsgrundlage des Art. 6 Abs. 4 Hs. 1 DSGVO zu werfen. Erst wenn die Zweckänderung auch hierdurch nicht zulässig ist, hat eine Vereinbarkeitsprüfung anhand der Kriterien des Art. 6 Abs. 4 Hs. 2 DSGVO zu erfolgen.

433 Albrecht, in: Simitis Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 DSGVO Einführung Rn. 1; zu § 4 BDSG n. F.: Gola, in: Gola DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 177. 434 Diese Verarbeitungsvorgänge ebenfalls unterscheidend: Starnecker, Videoüberwachung zur Risikovorsorge, S. 352. 435 Roßnagel, in: Simitis Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 4 DSGVO Rn. 9. 436 So auch: Ziegenhorn/von Heckel, NVwZ 2016, 1585 (1589); wohl auch: Kramer, in: Auernhammer DSGVO BDSG Kommentar, Art. 5 DSGVO Rn. 12. 437 Roßnagel, in: Simitis Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 4 DSGVO Rn. 17. 438 Dies jedoch nur, soweit es um die Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter geht. Denn nur dieser Zweck ist überhaupt bei dem Verarbeitungsvorgang des Erhebens zulässig und einer Zweckwahrung zugänglich.

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aa) Speicherung der Videosequenzen Geht es damit um den Datenverarbeitungsvorgang der Speicherung der Videosequenzen, ist dieser als zulässig anzusehen. Dadurch, dass nur durch eine Speicherung der Videosequenzen überhaupt die Möglichkeit zur Beweisführung besteht, wird dieser ebenfalls der Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter zugrunde liegen, sodass eine zweckwahrende Verarbeitung vorliegt, die insoweit zulässig ist. bb) Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden Schwieriger zu beurteilen ist die Frage der Zulässigkeit einer etwaigen Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden. Liegt der Zweck hier regelmäßig in einer effektiven Strafverfolgung,439 wird der ursprünglich einzig zulässige Zweck der Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter für die Einführung in den Zivilprozess nicht gewahrt. Daher ist hier danach zu fragen, ob es sich vorliegend um einen Fall des Art. 6 Abs. 4 Hs. 1 DSGVO handelt. Insbesondere könnte die Zweckänderung aufgrund einer Rechtsvorschrift der Mitgliedstaaten, die eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme der in Art. 23 Abs. 1 DSGVO genannten Ziele darstellt, zulässig sein. Wenn eines dieser Ziele nach Art. 23 Abs. 1 lit. d DSGVO u. a. die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten ist, spielt insoweit die nationale Regelung zur Videoüberwachung in § 4 BDSG n. F. eine entscheidende Rolle. Denn nach dessen Abs. 3 S. 3 dürfen Daten für einen anderen Zweck nur weiterverarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.440 Dies kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn es sich bei Art. 6 Abs. 4 DSGVO um eine umfassende Öffnungsklausel handelt, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Befreiungen von der Zweckbindung in allen Regelungsbereichen zuzulassen. Verneint man dagegen eine solche umfassende Öffnungsklausel und liest man Art. 6 Abs. 4 DSGVO demnach lediglich in Zusammenhang mit den Öffnungsklauseln der Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 DSGVO, wäre eine Befreiung nur in den Fällen der Art. 6 Abs. 1 lit. c und e möglich. Die Regelung einer Zweckänderung durch nichtöffentliche Stellen wäre daher von vornherein ausgeschlossen, sodass § 4 Abs. 3 S. 3 DSGVO wegen des Vorrangs der DSGVO auch hier keine Anwendung fände.

439

So auch: AG Nienburg ZD 2015, 341 (343). § 4 Abs. 3 S. 2 BDSG n. F. ist insofern lex specialis zu den weiteren Grundlagen für Zweckänderungen in §§ 23, 24 BDSG, vgl.: Wilhelm, in: BeckOK DatenschutzR, § 4 BDSG Rn. 42. 440

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Wird für Letzteres angeführt, dass dadurch die Harmonisierung des Datenschutzrechts als zentrales Ziel der DSGVO verfehlt würde,441 vermag dies nur wenig zu überzeugen. Zum einen ist dieses Ziel in den ErwG 3 und 9 DSGVO lediglich als eines von mehreren genannt, zum anderen kann dieses Ziel auch nur in dem Umfang verfolgt werden, wie es den Regelungen der DSGVO entspricht. Lässt Art. 6 Abs. 4 DSGVO insoweit nationale Regelungen zu, hat sich der Normgehalt dieses Artikels nicht anhand dieses zentralen Ziels zu orientieren. Vielmehr hängt die Bedingtheit dieses Ziels von der Regelung des Art. 6 Abs. 4 DSGVO ab.442 Hinzu kommt, dass die von der Gegenansicht vorgenommen Einschränkungen der Zweckbefreiung auf die Fälle des Art. 6 Abs. 1 lit. c und e sich weder in Wortlaut noch Systematik der DSGVO wiederfinden. So enthält Art. 6 Abs. 4 DSGVO lediglich einen Verweis „auf eine Rechtsvorschrift der Mitgliedstaaten, die in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der in Art. 23 Abs. 1 genannten Ziele darstellt“. Vergleicht man Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 DSGVO, die auf Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO Bezug nehmen, mit Art. 6 Abs. 4 DSGVO, bei dem es gerade an einer entsprechenden Bezugnahme fehlt, spricht auch aus systematischer Sicht einiges für das Vorliegen einer Öffnungsklausel in Art. 6 Abs. 4 DSGVO.443 Entsprechendes gilt mit Blick auf das weit gefasste Ziel des Schutzes der betroffenen Personen oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen in Art. 23 Abs. 1 lit. i DSGVO, das weit über die Ziele in Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO hinausgeht.444 Insgesamt sprechen damit die besseren Gründe dafür, Art. 6 Abs. 4 DSGVO als umfassende Öffnungsklausel anzusehen.445 Da die nationale Regelung zur Zweckänderung in § 4 Abs. 3 S. 3 BDSG n. F. durch das Erforderlichkeitskriterium den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 DSGVO auch im Übrigen entspricht, kann sie sich auf Art. 6 Abs. 4 i.V. m. Art. 23 Abs. 1 lit. d DSGVO stützen.446 Dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 3 S. 3 BDSG n. F. nach ist die zweckändernde Übermittlung damit dann gestattet, wenn es um die Verfolgung

441 So: Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 200; Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 77. 442 Roßnagel, in: Simitis Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 4 DSGVO Rn. 18. 443 Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 43. 444 Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 43. 445 So auch: Culik/Döpke, ZD 2017, 226 (229); Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 38 ff.; Roßnagel, in: Simitis/ Hornung/Spiecker Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 4 DSGVO Rn. 18; Ziegenhorn/von Heckel, NVwZ 2016, 1585 (1590); a. A.: Albers/Veit, in: BeckOK DatenschutzR, Art. 6 DSGVO Rn. 77; Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, Art. 6 DSGVO Rn. 200; Schulz, in: Gola DSGVO, Art. 6 DSGVO Rn. 216. 446 Starnecker, in: Gola/Heckmann, BDSG, § 4 BDSG Rn. 61.

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von Straftaten geht. Datenschutzwidrig ist die Übermittlung demgegenüber, wenn lediglich bloße Ordnungswidrigkeiten in Rede stehen.447 cc) Zwischenergebnis Die weiteren Verarbeitungsvorgänge sind grundsätzlich nicht mit Rechtsverstößen verbunden. Geht es um die Speicherung der aufgezeichneten Videosequenzen, handelt es sich um eine zulässige zweckwahrende Weiterverarbeitung. Geht es um die Übermittlung des gespeicherten Videomaterials an die Strafverfolgungsbehörden, ist diese nach dem auf Art. 6 Abs. 4 i.V. m. Art. 23 Abs. 1 lit. d DSGVO gestützten § 4 Abs. 3 S. 3 BDSG n. F. dann zulässig, soweit es sich um aufgezeichnete Straftaten handelt, nicht aber um bloße Ordnungswidrigkeiten. g) Ergebnis Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in der vorliegenden Untersuchungskonstellation – hinsichtlich einem Gutteil der möglichen einzelnen Konstellationen – in einigen Punkten gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen wird. Geht es um den Datenverarbeitungsvorgang des Erhebens (Aufnahme als solche), unterfällt dieser bei einem Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder des bloßen Gaffertums zwar grundsätzlich nicht den Regelungen der DSGVO, sodass ein Verstoß gegen die DSGVO insoweit ausscheidet. Bei den anderen, der Aufzeichnung zugrunde liegenden Intentionen wird dagegen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Konkret fehlt es beim Handeln des sog. „Hilfssheriffs“ an einem berechtigten Interesse i. S. d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Der der Interessenabwägung einzig zugängliche Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter ist schließlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Dashcam selbst die oben aufgeführten Ausgestaltungen einhält. Anderenfalls liegt auch insoweit eine datenschutzwidrige Datenverarbeitung vor. Der anschließende Datenverarbeitungsvorgang des Speicherns des Beweismaterials ist dagegen mangels Zweckänderung insgesamt zulässig. Der Datenverarbeitungsvorgang der Übermittlung der Aufnahmen an die Strafverfolgungsbehörden ist schließlich hingegen nur dann zulässig, wenn es um die Verfolgung von Straftaten geht, nicht aber um bloße Ordnungswidrigkeiten. 2. Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) Weiter steht ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) in Rede. Dieses verbietet grundsätzlich das Verbreiten und zur Schau stellen von Bildnissen, indem es diese Handlungsweisen nur unter den engen Voraussetzungen vor allem der §§ 22, 23 KUG zulässt. 447 So zur insoweit vergleichbaren Vorgängerregelung in § 6b Abs. 3 S. 2 BDSG a. F.: Cornelius, NJW 2016, 2282 (2283).

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Mit Blick auf den Anwendungsvorrang der DSGVO (Art. 288 Abs. 2 DSGVO) ist jedoch zuvorderst problematisch, dass es sich bei dem KUG um ein nationales Gesetz handelt. Anwendbar ist dieses daher nur, sofern eine Öffnungsklausel abweichendes bzw. konkretisierendes Recht der Mitgliedstaaten gestattet. Eine solche Öffnungsklausel wird zwar überwiegend in Art. 85 Abs. 2 DSGVO gesehen.448 Wenn es danach den Mitgliedstaaten möglich ist, für die Datenverarbeitung zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken von der DSGVO abweichende Regelungen zu treffen, hilft dies in der vorliegenden Untersuchungskonstellation aber nicht weiter. Ob darüberhinausgehende Zwecke ebenfalls Vorrang genießen, indem Art. 85 Abs. 1 DSGVO als umfassende Öffnungsklausel eingeordnet wird und dadurch eine vollumfängliche Geltung des KUG ermöglicht würde, ist umstritten.449 Dafür wird der Wortlaut des Art. 85 Abs. 1 DSGVO angeführt. Dieser lege die Einordnung als Öffnungsklausel deshalb nahe, da er keine abschließende Aufzählung der Verarbeitungszwecke enthält und daher deutlich über den Regelungsgehalt des Art. 85 Abs. 2 DSGVO hinausgehe.450 Allerdings obläge dem nationalen Gesetzgeber bei einer Einordnung als Öffnungsklausel eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, wodurch die Gefahr gegeben wäre, dass das „fein auszisellierte Regelungssystem“ der Art. 6 Abs. 1–Abs. 3 DSGVO ausgehebelt wird.451 Hinzu tritt aus systematischer Sicht, dass Art. 85 Abs. 3 DSGVO den Mitgliedstaaten nur für Art. 85 Abs. 2 DSGVO eine Meldepflicht auferlegt, nicht aber für den inhaltlich weitergehenden Art. 85 Abs. 1 DSGVO. Dies wäre bei einer Einordnung des Abs. 1 als Öffnungsklausel nicht erklärbar.452 Daher sprechen die besseren Gründe dafür, Art. 85 Abs. 1 DSGVO nicht als Öffnungsklausel anzusehen. Stattdessen ist darin ein Anpassungsantrag an die Mitgliedstaaten zu sehen, die Vorschriften, die der Wahrung der Meinungs- und Informationsfreiheit dienen, nach den Vorgaben der DSGVO auszurichten.

448 Vgl. etwa: Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Vermerk: Rechtliche Bewertung von Fotografien einer unüberschaubaren Anzahl von Menschen nach der DSGVO außerhalb des Journalismus, S. 4 f., abrufbar unter https://datenschutz-hamburg.de/assets/pdf/Vermerk_Fotografie_DSGVO.pdf, zul. abgerufen am 13.02.2021; Pauly, Paal/Pauly DSGVO BDSG, Art. 85 DSGVO Rn. 2; Stender-Vorwachs, BeckOK DatenschutzR, Art. 85 DSGVO Rn. 21. 449 Für eine umfassende Öffnungsklausel: Krüger/Wiencke, MMR 2019, 76 (78); Läuber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057 (1062); wohl auch: Hansen/Brechtel, GRUR-Prax 2018, 369 (370); dagegen: Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 288. 450 Läuber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057 (1061). 451 Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 287. 452 Kühling/Martini et al., Die Datenschutzgrundverordnung und das nationale Recht, S. 287.

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Liegt den Dashcam-Aufnahmen der Zweck der Beweissicherung zugrunde, kann eine Entscheidung hierüber gar dahinstehen.453 Denn nach §§ 22, 23 KUG ist das Verbreiten und das öffentliche zur Schau stellen von Bildnissen nur erlaubt, sofern der Abgebildete nach § 22 S. 1 KUG eingewilligt hat oder ein Ausnahmetatbestand des § 23 KUG einschlägig ist. Der hier einzig in Betracht kommende Erlaubnistatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG, der die angesprochenen Handlungsformen bei Bildern454 erlaubt, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen, scheidet nämlich aus mehreren Gründen aus. So ist bereits zweifelhaft, ob die von der Dashcam erfassten Personen nur als Beiwerk i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG anzusehen sind.455 Vor allem aber mangelt es jedenfalls an einer von den §§ 22, 23 KUG vorausgesetzten Handlungsform. Erfasst wird insoweit nämlich nur das Verbreiten und das öffentliche zur Schau stellen von Bildnissen, nicht aber die Herstellung solcher,456 weshalb Aufnahme – und Speichervorgang hier keine Rolle spielen können. Versteht man unter Verbreiten die Weitergabe des Originals oder von Vervielfältigungsstücken, die das Risiko einer nicht mehr zu kontrollierenden Kenntnisnahme mit sich bringt,457 dürfte vor allem die Unkontrolliertheit bei einer Weitergabe an die Strafverfolgungsbehörden nicht gegeben sein. Erst recht aber wird es dabei an einem öffentlichen zur Schau stellen, also der Verbreitung in öffentlicher Form,458 fehlen. Denn selbst bei einer späteren Verwendung der Aufnahmen als Beweismittel in einer öffentlichen Verhandlung ist der Personenkreis von vornherein begrenzt.459 Hinzu kommt, dass die gefertigten Aufnahmen von vornherein gar nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind und daher bereits keine Veröffentlichungsgefahr besteht.460

453 Werden die Dashcam-Aufnahmen dagegen auf etwaigen Internetportalen wie Youtube hochgeladen, wird § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG einschlägig sein, da insoweit zumindest ein öffentliches Zurschaustellen vorliegt. 454 Spricht § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG von „Bildern“ statt „Bildnissen“, handelt es sich dabei lediglich um eine terminologische Ungenauigkeit, ohne dass dem eine weitergehende Bedeutung zukommt, vgl.: Fricke, in: Wandtke/Bullinger UrhR, § 23 KUG Rn. 2. 455 Dies verneinend: AG München ZD 2014, 530 (531); bejahend: OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3602). 456 Fricke, in: Wandtke/Bullinger UrhR, § 22 KUG Rn. 9. 457 Fricke, in: Wandtke/Bullinger UrhR, § 22 KUG Rn. 8. 458 Specht, in: Dreier/Schulze UrhG, § 22 KUG Rn. 10a. 459 LG Frankenthal NJOZ 2016, 1195 (1197); Froitzheim, NZV 2018, 109 (115); Jansen, StV 2019, 578 (581); a. A.: AG München ZD 2014, 530 (531), das insoweit auf die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung nach § 169 S. 1 GVG abstellt. 460 EGMR NJW 2015, 1079 (1080), der Art. 8 EMRK nicht als verletzt ansieht, wenn Videoaufnahmen lediglich zu Beweiszwecken und der späteren Beweisführung in einem Gerichtsverfahren gefertigt werden.

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

Im Ergebnis ist es deshalb überzeugend, eine Verletzung des KUG aus zumindest einem der aufgezeigten Gründe abzulehnen.461 3. Ergebnis Allein die DSGVO führt also in der vorliegenden Untersuchungskonstellation dazu, dass Private bei der Beweiserhebung rechtswidrig agieren. Das KUG spielt hier hingegen aus den aufgezeigten Gründen keine Rolle.

II. Folgen rechtswidriger privater Beweiserhebung für die Beweisverwertung Liegen damit in den festgestellten Konstellationen Rechtsverstöße auf Ebene der Beweiserhebung vor, ist danach zu fragen, inwieweit diese Verstöße ein Beweisverwertungsverbot zur Folge haben. Angelangt ist man daher bei dem in Rechtsprechung und Literatur vielfach diskutierten Problem,462 inwieweit rechtswidriges Vorgehen Privater im Rahmen der Beweiserhebung auf strafprozessualer Ebene zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Eine überzeugende Lösung dieses Problems soll anhand von Rechtsprechung und Literatur gewonnen werden. Das hier bestehende Meinungsbild gilt es daher zunächst darzustellen und zu analysieren, ehe die dann gefundenen Ergebnisse auf die private Beweiserhebung von Dashcam-Aufnahmen übertragen werden können. 1. Meinungsbild a) Rechtsprechung Mit der grundlegenden Frage, wie mit rechtswidrig erhobenen Beweismitteln Privater zu verfahren ist, wurde die Rechtsprechung in vielerlei Hinsicht konfrontiert. Bereits 1952 hatte das OLG Oldenburg über die Verwertbarkeit einer mit strafbaren Mitteln erzwungenen, belastenden Äußerung entschieden.463 Die auftretenden Zeugen hatten den erst sechs Jahre alten Sohn des Angeklagten in einem Stall gegen dessen Willen festgehalten und unter Vorhaltung eines Riemens Informationen abgenötigt, die die Schuld des Angeklagten beweisen konnten. Hier sah das OLG Oldenburg keinen Grund, das erzwungene Geständnis nicht zu verwerten. Argumentiert wurde damit, dass § 136a StPO auf Privatpersonen keine

461 So im Ergebnis auch: Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622 (1625); Jansen, StV 2019, 578 (581). 462 Vgl. dazu die im Folgenden angeführte Darstellung von Rechtsprechung und Literatur. 463 OLG Oldenburg NJW 1953, 1237 (1237 f.).

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Anwendung fände und deshalb einer Verwertung nichts im Wege stünde. Jedoch betonte das Gericht, dass in solchen Fällen der Beweiswert besonders vorsichtig, zurückhaltend und verantwortungsbewusst zu prüfen und zu würdigen sei.464 Neben diesem frühen Fall beschäftigten die Gerichte weniger von Privatpersonen erzwungene Aussagen, sondern vielmehr rechtswidrig von Privaten erlangte Beweismittel in Form von Tonbandaufnahmen,465 Tagebuchaufzeichnungen,466 Steuerdaten-CDs467 sowie Videoaufnahmen468. Auch insoweit ist den Gerichten im Grundsatz eine verwertungsfreundliche Linie zu entnehmen. Zwar verneinte der BGH in seiner ersten Tonbandentscheidung469 noch eine Verwertbarkeit in einem Fall, in dem ohne Zustimmung des Angeklagten eine seiner ihn belastenden Gespräche mit einer privaten Person von dieser heimlich auf Tonband aufgezeichnet wurde, weil dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Wort verletzt werde.470 Gleichzeitig stellte er aber klar, dass eine solchermaßen aufgezeichnete Tonaufnahme nicht per se unzulässig und damit unverwertbar sei. Vielmehr seien auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht über Art. 2 Abs. 1 GG in den Rechten anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und dem Sittengesetz Grenzen gesetzt. Werden diese rechtswidrig überschritten, müsse eine heimliche Tonbandaufnahme und ihre Verwertung zur Verteidigung des angegriffenen Gutes und der Wiederherstellung der verletzten Rechts- und Sittenordnung gleichwohl geduldet werden.471 Einen ähnlichen Weg bestritt daran anschließend auch das OLG Düsseldorf 1966.472 Dieses hatte ebenfalls darüber zu befinden, ob ein mit dem Beschuldigten heimlich geführtes Gespräch im Ermittlungsverfahren verwertet werden darf. Dazu stellte das OLG zunächst wiederum fest, dass die Aufzeichnung eines Gesprächs mittels Tonbands ohne Zustimmung des Gesprächspartners, das durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht verletze und deshalb auch hier von einer Unverwertbarkeit der Tonbandaufnahme auszugehen sei.473 Zu einer geänderten Perspektive in der Frage der Verwertbarkeit von Beweismitteln, die Private auf rechtswidrige Weise erlangt haben, führte schließlich die

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OLG Oldenburg NJW 1953, 1237 (1237). Vgl. etwa: BVerfGE 34, 238 (238 ff.); BGHSt 14, 358 (358 ff.); BGH, Urt. v. 02.12.1975 – 1 StR 681/75 (unveröffentlicht); BayOblG NStZ 1990, 101 (101). 466 BGHSt 19, 325 (325 ff.); BGHSt 34, 397 (397 ff.). 467 BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 09.11.2010 – 2 BvR 2101/09 –; LG Bochum, HRRS 2009, Nr. 1111 und Nr. 1112. 468 Aus der jüngsten Rechtsprechung etwa: OLG Hamburg NStZ 2017, 726 (726 ff.). 469 BGH NJW 1960, 1580 (1580 ff.). 470 BGH NJW 1960, 1580 (1581). 471 BGH NJW 1960, 1580 (1581). 472 OLG Düsseldorf NJW 1966, 214 (214). 473 OLG Düsseldorf NJW 1966, 214 (214). 465

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.01.1973.474 Dieses knüpfte die Verwertbarkeitsfrage einer heimlich aufgenommenen Tonbandaufnahme erstmals nicht mehr an die privaten Beweisbeschaffung, sondern allein an den Akt der staatlichen Beweisverwertung. Entwickelt wurde damit die heute allgemein anerkannte Fallgruppe der sog. selbständigen Beweisverwertungsverbote,475 bei denen das Vorliegen eines Verwertungsverbots unabhängig von dem Erhebungsakt zu beurteilen ist. Ob bei diesem durch den staatlichen Verwertungsakt herbeigeführten Eingriff das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt wird, sei anhand der Intensität des Eingriffs zu beurteilen. Wird der der Einwirkung öffentlicher Gewalt von vornherein entzogene unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung berührt, so müsse eine Verwertung kategorisch ausscheiden. Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit könnten einen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen. Uneingeschränkt verwertbar seien demgegenüber solche Tonbandaufnahmen, die von vornherein aus dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts herausfallen, weil sie ihren privaten Charakter in der Öffentlichkeit eingebüßt haben.476 Im dazwischenliegenden Bereich müsse schließlich eine Abwägung dergestalt zugelassen werden, dass eine Verwertung dann zulässig ist, wenn überwiegende Interessen der Allgemeinheit unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine solche geböten.477 Die Intensität, mit der das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Verwertung beeinträchtigt wird, muss auf dieser Ebene gegen das öffentliche Interesse an einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege abgewogen werden.478 Dem folgend stellten auch der BGH479 und später das BayOblG480 darauf ab, dass es auf die Rechtswidrigkeit des Beweismittels nicht ankomme, sondern dessen Verwertbarkeit selbständig zu prüfen sei. Dabei gelte der Grundrechtsschutz nicht nur für den Beschuldigten selbst, sondern für jedermann, wenn dessen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt wird.481 Soweit nicht deren

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BVerfGE 34, 238 (238 ff.). Vgl. statt aller: BGHSt 19, 325 (329 ff.); Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 101 ff.; Finger, JA 2006, 529 (537); Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 319; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 231; Götting, Beweiverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelte Ermittlungstätigkeit, S. 80; Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 81; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 474; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 16; Volk/Engländer, Grundkurs StPO, Rn. 37. 476 BVerfGE 34, 238 (245). 477 BVerfGE 34, 238 (246). 478 BVerfGE 34, 238 (248 f.). 479 BGH, Urt. v. 02.12.1975 – 1 StR 681/75 (unveröffentlicht). 480 BayOblG NStZ 1990, 101 (101). 481 BayOblG NStZ 1990, 101 (101). 475

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unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, sei die Verwertung deshalb wiederum dann zulässig, wenn sie durch überwiegende Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt werden kann.482 Der Kritikpunkt einer solchen Abwägungslösung liegt auf der Hand. Es ist selbstredend, dass eine am Einzelfall orientierte Abwägung stets zulasten der Rechtssicherheit und -klarheit geht. Diese Bedenken gegen die Abwägungslösung sind allerdings allenfalls im Bereich unselbständiger Beweisverwertungsverbote, also als Folge eines Verstoßes gegen Beweiserhebungsvorschriften, angezeigt.483 In der vorliegenden Konstellation selbständiger Beweisverwertungsverbote greift diese Kritik zu kurz.484 Hier geht es nämlich um die Rechtfertigung des mit der Beweisverwertung verbundenen (selbständigen) Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Da es im Verfassungsrecht i. R. d. Abwägung kein „Alles-oder-Nichts“, sondern nur ein „Mehr-oder-Weniger“ gibt,485 und – anders als bei den unselbständigen Beweisverwertungsverboten – eine Wertung durch den Gesetzgeber gerade fehlt,486 ist eine Abwägung und damit auch eine gewisse Unsicherheit in diesem Bereich unumgänglich.487 Klar ist jedoch auch, dass die Figur der selbständigen Beweisverwertungsverbote allein die Rechtswidrigkeit des privaten Verhaltens bei der Beweiserhebung nicht angemessen berücksichtigen kann. Denn der Anwendungsbereich eines solchen selbständigen Beweisverwertungsverbots ist nicht auf Beweise beschränkt, die auf rechtswidrige Art und Weise erlangt wurden. Vielmehr ist hier allein fraglich, ob der staatliche Verwertungsakt als Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen – unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung – gegen die

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BGH, Urt. v. 02.12.1975 – 1 StR 681/75, Rn. 10 (unveröffentlicht); BayOblG NStZ 1990, 101 (101). 483 Die Abwägungslehre in diesem Zusammenhang kritisierend: Amelung, NJW 1991, 2533 (2533); Beulke, ZStW 103 (1991), 657 (663 f.); ders., in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 274; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458; Dallmeyer, Beweisführung im Strengbeweisverfahren, S. 157 ff.; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 367; Grasnick, NStZ 2010, 158 (159); Müssig, GA 1999, 119 (139); Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116 f. 484 Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 780 nimmt gleichwohl auf diese Kritikpunkte Bezug. 485 Klatt/Meister, JuS 2014, 193 (194); vgl. auch: Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke GG, Einl. Rn. 316: „Die kollidierenden Grundrechtspositionen sind (. . .) in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Gesucht wird also der schonendste Ausgleich mit dem Ziel beidseitiger Optimierung.“ 486 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458. 487 Beulke, ZStW 103 (1991), 657 (663 f.); ders., in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 274; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 458. Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 370; Ostendorf, Strafprozessrecht, Rn. 380; Sternberg-Lieben, JZ 1995, 844 (848); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 260.

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Verfassung verstößt.488 Aus dogmatischer Sicht dürfte der rechtswidrigen Beweiserhebung – sei es von privater oder staatlicher Seite – daher überhaupt keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil er die Schwere des Grundrechtseingriffs nicht beeinflusst.489 Auslöser des Verwertungsverbots bleibt allein die klassische grundrechtliche Abwehrfunktion und nicht der private Eingriff.490 Zutreffend weist Dencker insoweit darauf hin, dass ein Verwertungsverbot daher auch angenommen werden könne, wenn „intime Aufzeichnungen von einem Windstoß vom Schreibtisch des Angeklagten vor die Füße des ermittelnden Staatsanwalts geweht worden wären“.491 Nicht zu überzeugen vermag es deshalb, wenn die Gerichte in ihren Entscheidungen – trotz Abstellen auf den Akt der Beweisverwertung – bereits vorab das private Unrecht bei der Beweiserhebung gesondert prüfen492 oder im Rahmen der Abwägung das private Unrecht als relevanten Abwägungsfaktor ansehen.493 Das LG Bochum stellt in seinem Beschluss vom 22.04.2008 zur Verwertbarkeit einer Steuerdaten-CD im Rahmen der Abwägung gar fest, dass sich das private Unrecht in Form einer Straftat nicht primär gegen den Beschuldigten, sondern die LGT494 richte.495 Evident der Systematik selbständiger Beweisverwertungsverbote widerspricht es schließlich, wenn der BGH innerhalb der Abwägung prüft, ob die Widerrechtlichkeit des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht unter bestimmten Voraussetzungen – wie etwa Notwehr nach § 32 StGB – entfällt.496 Vorausgesetzt wird damit, dass diese Norm eine öffentlich-rechtliche Eingriffsgrundlage darstellt, auf die sich die staatlichen Organe bei der Verwertung stützen können,497 was auf erhebliche Bedenken stößt. Denn die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe mögen zwar das private Unrecht bei der Beweiserhebung legitimieren. Mangels Deckungsgleichheit zwischen materiell-rechtlichen Regeln und dem grundrechtlich geschützten Bereich des Einzelnen gegenüber Eingriffen des Staates ist damit über den durch die Verwertung erfolgenden gesonderten Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen aber noch nichts ge488 Beulke, in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 264; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 457; Finger, JA 2006, 529 (530); Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 474; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 260. 489 Kaspar, GA 2013, 206 (221). 490 Kaspar, GA 2013, 206 (221). 491 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 104. 492 So z. B.: BGHSt 36, 167 (173); BayOblG NStZ 1990, 101 (101). 493 So offensichtlich: BayOblG NJW 1994, 1671 (1671): „Die ungeprüfte Annahme rechtswidriger Herstellung des Beweismittels kann bei der vom Amtsgericht vorgenommenen Abwägung bestimmend mitgewirkt haben.“ 494 LGT steht für Lichtenstein Global Trust, ein international tätiges Finanzdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Vaduz im Fürstentum Lichtenstein. 495 LG Bochum, HRRS 2009, Nr. 1111, Rn. 47. 496 BGHSt 19, 325 (332). 497 Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 71.

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sagt.498 Dieser kann, trotz gerechtfertigter Beweierhebung, selbständig gegen die Grundrechte der Betroffenen verstoßen.499 Nach alledem kann die Rechtsprechung zwar eine überzeugende dogmatische Konstruktion dafür liefern, dass auch die Beweisverwertung als solche einen selbständigen Grundrechtsverstoß und damit ein Beweisverwertungsverbot begründen kann. Das private Unrecht bei der Beweiserhebung kann jedoch weder im Rahmen der selbständigen Beweisverwertungsverbote noch im Wege einer von vornherein vorgenommen Abwägung dogmatisch sauber Berücksichtigung finden. Sie kann das Problem, das in den strafprozessualen Folgen rechtswidriger privater Beweiserhebung liegt, daher nicht überzeugend lösen. b) Literatur Ein überzeugender Lösungsansatz könnte allerdings anhand der in der Literatur vertretenen Auffassungen gewonnen werden. Das hierzu bestehende Meinungsbild ist breit gefächert. Auszumachen sind im Wesentlichen fünf Tendenzen, die – mit zum Teil erheblichen Abweichungen in der dogmatischen Begründung – von der grundsätzlichen Verwertbarkeit bis hin zur generellen Unverwertbarkeit rechtswidrig privat erhobener Beweismittel reichen. Die Verwertbarkeit der rechtswidrig erhobenen Dashcam-Aufnahmen hängt danach also maßgeblich davon ab, welcher Auffassung hier der Vorzug eingeräumt werden soll. Folgt man der bislang hierzu vertretenen herrschenden Auffassung, die ein Verwertungsverbot nur in Ausnahmefällen annimmt, in denen die Beweiserhebung in extrem menschenrechtswidriger oder menschenwürdewidriger Weise erfolgte,500 dürfte ein Beweisverwertungsverbot durch die private Aufzeichnung von Videomaterial wohl schwer zu begründen sein. Ob diese Auffassung jedoch – aufgrund der mittlerweile tatsächlichen technischen Gegebenheiten – auch heute noch überzeugen kann, bedarf einer kritischen Prüfung. Dazu sollen im Folgenden die in der Literatur bislang vertretenen Auffassungen ausführlich dargestellt und kritisch analysiert werden.

498 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 107 f.; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 192; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 82 f.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 785; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 71 f. 499 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 192; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 83; Schmitt, JuS 1967, 19 (24); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 785. 500 Vgl. statt aller: Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 107; Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 64; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478; Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 126; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 197; Diemer, in: KK-StPO, § 136a StPO Rn. 3; Haller/Conzen, Das Strafverfahren, Rn. 615; Hellmann, Strafprozessrecht, Rn. 530; Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 222.

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aa) Uneingeschränkte Verwertbarkeit (1) Darstellung Teilweise wird vorgebracht, dass ein Verwertungsverbot auf Grundlage privaten Verhaltens von Privatpersonen uneingeschränkt ausscheiden müsse.501 Maßgeblich für die Beurteilung eines Verwertungsverbots könne nicht das Verhalten der Privatperson sein. Dies folge aus dem fehlenden staatlichen Unrecht, welches für ein Verwertungsverbot gegeben sein müsse.502 Weder § 136a StPO noch Art. 1 Abs. 1 GG entfalteten unmittelbare Bindungswirkung, weswegen auch nicht besonders eklatantes privates Unrecht bei der Beweiserhebung Berücksichtigung finden könne.503 Da zwischen staatlichem Unrecht und dem Ausnutzen eines Beweismittels, das von privater Hand auf rechtswidrige Art und Weise beschafft wurde, wertungsmäßig ein klarer Schnitt liege, sei auch insofern keine Ausnahme zu machen.504 Stattdessen könne allein der Verwertungsakt als solcher geeignet sein, die Verwertbarkeit im Wege eines sog. selbständigen Verwertungsverbots auszuschließen.505 Zur Ahndung des privaten Rechtsverstoßes genügten nach dieser Ansicht die im materiellen Recht vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten zulasten des privaten Akteurs.506 (2) Stellungnahme Die Endgültigkeit und Inflexibilität dieses Lösungsansatzes vermögen hier jedoch nicht zu überzeugen. Durch Privatpersonen können vielfach erhebliche Ein501 Kohlhaas, DAR 1971, 62 (67); ders., DRiZ 1966, 286 (289); Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 141; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 97 ff.; Fezer, Strafprozessrecht, Fall 16, S. 215; ders., JuS 1979, 35 (36 f.); Grünwald, JZ 1966, 489 (496 f.); Löffelmann, Die normativen Grenzen der Wahrheitsforschung im Strafverfahren, S. 221 ff.; Kramer, JURA 1988, 520 (522); Petry, Beweisverbote im Strafprozess, S. 83; Peters, in: Gutachten für den 46. DJT 1966, Band I, Teil 3A, 91 (161 f.); Sarstedt, in: Verhandlungen des 46. DJT 1966, Band II, Teil F, S. 65 These 6; Werner, NJW 1988, 993 (1000); ähnlich auch Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 117 ff., der im Rahmen der Abwägung bei der Prüfung eines selbständigen Beweisverwertungsverbots den privaten Rechtsverstoß berücksichtigen will; für weitgehende Verwertbarkeit (Ausnahme nur bei unzureichendem Beweiswert): Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 222 ff. 502 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 98; Petry, Beweisverbote im Strafprozess, S. 83; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 130. 503 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 98; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 130. 504 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 98. 505 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 97 ff., 106 ff.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 124 ff., 130 ff.; Werner, NJW 1988, 993 (1000). 506 Kramer, JURA 1988, 520 (522); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 118.

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griffe in straf- und grundrechtlich geschützte Rechtspositionen drohen. Insbesondere vor dem Hintergrund moderner und technischer Ermittlungsmöglichkeiten erscheint es mit Blick auf den notwendigen Schutz des Beschuldigten nicht sachgerecht, diese gleichwohl ohne Einschränkung in den Strafprozess einführen zu können.507 Gerade bei besonders eklatanten privaten Rechtsverstößen müssen den Verwertungsmöglichkeiten Grenzen gesetzt werden. Andernfalls wäre der verfassungsrechtlich verankerte absolute Schutz der Menschenwürde ad absurdum geführt.508 Denn erfolgt die private Beweiserhebung – etwa bei einem durch Folter erzwungenes Geständnis – unter Beeinträchtigung der Menschenwürde, ist diese mit Beendigung der privaten Handlung abgeschlossen. Die anschließende Verwertung – etwa durch Vernehmung des privaten Zeugen – kann kaum selbst als Beeinträchtigung der Menschenwürde erfasst werden, sodass kein selbständiges Beweisverwertungsverbot griffe und nicht einmal in dieser Extremkonstellation ein Verwertungsverbot Berücksichtigung finden kann.509 In dieser Absolutheit ein Verwertungsverbot abzulehnen, geht deshalb zu weit. bb) Unverwertbarkeit Am anderen Ende des Meinungsspektrums finden sich Auffassungen, die einen klaren Ansatz verfolgen, indem sie der rechtswidrigen Beweiserhebung durch Privatpersonen stets ein Verwertungsverbot folgen lassen.510 Zuzugestehen ist dieser Extremposition im Allgemeinen, dass sie durch die Folge eines zwingenden Beweisverwertungsverbots eine klare Rechtsfolge anordnet und damit für Rechtssicherheit sorgt. Die insofern vertretenen dogmatischen Begründungsansätze gehen jedoch auseinander und sind kritisch zu hinterfragen. (1) „Perpetuierung“ der Rechtswidrigkeit (a) Darstellung Mitunter wird die Ansicht vertreten, dass sich die Staatsorgane die Art und Weise der Entstehung von Beweisergebnissen zurechnen lassen müssten, wenn sie diese übernehmen, da sich beides nicht trennen ließe. Vielmehr werde der Makel der Rechtswidrigkeit „perpetuiert“.511 Joerden unterstützt dies und sieht 507

Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 217. Matula, Private Ermittlungen, S. 166. 509 Kaspar, GA 2013, 206 (213). 510 Grünwald, Das Beweisrecht der Strafprozessordnung, S. 164; Jahn, JuS 2000, 441 (444 f.); Joerden, JuS 1993, 927 (928 f.); Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 220 ff.; Hassemer/Matussek, Das Opfer als Verfolger, S. 79; Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozeß, S. 101 f.; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116 ff.; in Bezug auf von Privaten nach § 136a StPO angewandte verbotene Vernehmungsmethoden: Gundlach, in: AK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 13 sowie Gössel, Strafverfahrensrecht, S. 192 f. 511 Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 101 f. 508

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private rechtswidrig erlangte Informationsquellen als „vergiftet“ an. Daher könnten sie von vornherein nicht zur richterlichen Überzeugungsbildung herangezogen werden.512 (b) Stellungnahme Nicht überzeugend ist es, wenn dieser Ansatz bereits mit dem Argument kritisiert wird, dass dem Staat das rechtswidrige Verhalten Privater nicht zugerechnet werden könne, weil er den Rechtsverstoß, der ihm den Beweis beschert hat, nicht zu vertreten habe.513 Zutreffend weist Koriath insofern darauf hin, dass dieser Einwand von einem reinen Verursachungsprinzip ausgehe. Nach diesem kann den Staatsorganen der rechtswidrige Akt nicht zugerechnet werden, weil sie ihn nicht selbst verursacht haben. Die Rechtsordnung – und insbesondere auch das Strafrecht – kenne jedoch viele weitere Zurechnungsmuster, nach denen die Ergebnisse oder Folgen von Handlungen nicht oder zumindest nicht unmittelbar dem Handelnden bzw. dem Verursacher, sondern daneben auch weiteren Personen ganz oder teilweise zugerechnet würden. Koriath führt insoweit richtigerweise aus: „Ein erpresstes Geständnis verliert seine Eigenschaft nicht dadurch, dass Erpresser und Beweisverwerter nicht dieselbe Person sind“.514 Dennoch stößt dieser Ansatz auf erhebliche Bedenken. So ist zwar grundsätzlich richtig, dass selbst das Strafprozessrecht Zurechnungsmuster aufweist, nach denen das Handeln Privater Personen dem Staat zugerechnet werden kann.515 Dies jedoch nur in Ausnahmefällen dann, wenn eine Umgehung strafprozessualer Beweiserhebungsvorschriften durch die Strafverfolgungsbehörden droht. Eine solche Umgehung setzt wiederum bereits begrifflich die Kenntnis der Behörde ex ante und nicht nur ein Profitieren ex post voraus.516 Die zurechnungsbegründende staatliche Gefahrschaffung muss deshalb vor oder zumindest während der Tätigkeit des Privaten erfolgen; eine – wie auch immer geartete – nachträgliche Zurechnung ist mithin abzulehnen.517 Dies gilt nicht zuletzt auch im Sinne des Legalitätsprinzips (§§ 152 Abs. 2, 160 StPO): Danach sind die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich zur Entgegennahme und Nutzbarmachung allen relevanten Beweismaterials verpflichtet, solange keine explizite Pflicht besteht, ein Beweismittel zurückzuweisen.518 Schließlich lässt sich auch aus der Qualität des bloßen Zunutzemachens der Beweismittel ein Argument gegen die Konzeption 512

Joerden, JuS 1993, 927 (928). Arzt, Peters-FS, 223 (233); Kühne, in: AK-StPO, Band I, § 48 StPO Rn. 54. 514 Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 101 f. 515 Vgl. ausführlich dazu unter: § 3 D. 516 Kaspar, GA 2013, 206 (213). 517 Kaspar, GA 2013, 206 (213); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 633 ff., 802; ähnlich: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 177 ff. 518 Mahlstedt, Befragung, S. 159; Rogall, JZ 2008, 818 (828). 513

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einer nachträglich Zurechnung gewinnen. Denn zwischen einem solchen Zunutzemachen und eigenem staatlichen Unrecht bei der Beweiserhebung besteht ein wertungsmäßig klarer Unterschied, der bei einer solchen Unrechtsübertragung verkannt würde.519 Daher ist es jedenfalls nicht überzeugend, wenn Koriath der rechtswidrigen Beweiserhebung zwingend ein Beweisverwertungsverbot folgen lässt. (2) Beweismittelhehlerei (a) Darstellung Daneben nehmen einige Autoren520 Bezug auf die sog. „Theorie der Hehlerei von Beweismitteln“.521 Dieser bis heute in der Literatur verfolgte Ansatz522 zieht eine Parallele zu dem materiellen Straftatbestand der Hehlerei. Wenn danach gem. § 259 Abs. 1 StGB strafbar ist, wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder dabei hilft, sie abzusetzen, zeige dies, dass der Strafgrund des Hehlers gerade darin liegt, dass durch die Hehlereihandlung eine rechtswidrige Situation aufrechterhalten wird oder m. a. W. sich die Rechtswidrigkeit des hehlerischen Verhaltens materiell aus der Rechtswidrigkeit des Beschaffungsakts ableitet. Übertragen auf das Strafprozessrecht ergebe sich daraus, dass auch jede Verwertung eines rechtswidrig erlangten Beweismittels deshalb untersagt sei, weil sich dadurch eine rechtswidrige Besitzlage perpetuiere,523 bzw. damit weitere (diesmal staatliche) Rechtsverletzungen einher gingen, auf die die Justiz die Verurteilung eines Rechtsbrechers nicht stützen dürfe.524 Mende gewichtet die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Beweismittellage gar schlimmer als die eigentliche Vortat.525 519 Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 97 f.; darauf bezugnehmend: Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 131. 520 Gundlach, in: AK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 13; Joerden, JURA 1990, 633 (642 f.); ders., JuS 1993, 927 (928); Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 205; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116 f. 521 Die Theorie beruht auf einem Beitrag Schmidt-Leichners zur Problemdiskussion rund um die Verwertbarkeit rechtswidriger privater Beweisgewinnung auf dem 46. Deutschen Juristentag in Essen, in dem er den Begriff des „Hehlers von Beweismitteln“ erstmals verwendete, vgl.: Schmidt-Leichner, in: Verhandlungen des 46. DJT, Band II, Teil F, S. 139. 522 Vgl. nur: Niehaus, NZV 2016, 551 ff.; ebenfalls den Gedanken der Beweismittelhehlerei aufgreifend: Schroeder/Verrel, Strafprozessrecht, Rn. 132. 523 Joerden, JURA 1990, 633 (642 f.); ders., JuS 1993, 927 (928). 524 Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116; ähnlich: Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 205. 525 Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 205 mit Verweis auf die Kommentierung von Stree/Hecker (damals nur Stree), in: Schönke/Schröder StGB, § 259 StGB Rn. 3, die auf den erhöhten Gefährlichkeitsaspekt des Hehlers gegenüber dem Dieb hinweisen. Wörtlich heißt es hier: „Der Hehler ist der Zuhälter der Diebe.“

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Gundlach bestärkt diesen Begründungsansatz, indem er hinzufügt, dass sich daran selbst dann nichts ändere, wenn der Ermittlungsvorteil einem positiven Zweck, nämlich einem möglicherweise richtigen Urteil dient. Denn auch der Hehler nach § 259 StGB sei ebensowenig gerechtfertigt, wenn er das hehlerisch Erlangte bspw. einem guten Zweck widme.526 (b) Stellungnahme Unabhängig von der grundsätzlichen Kritik gegen die Modelle nachträglicher Zurechnung, die deshalb im Grundsatz bereits nicht überzeugen können, ist vorliegend einzugestehen, dass gewisse Aspekte des Bildes vom Staat als Hehler von rechtswidrig erlangten Beweismitteln durchaus passend erscheinen und eine Übertragung des materiellen Rechts ins Prozessrecht in einzelnen Punkten scheinbar naheliegt. So ist es bei § 259 StGB vor allem die Bereitschaft des Hehlers zur Abnahme bzw. zum Absatz der Deliktsbeute, die als Motivation zur Begehung von Vermögensdelikten wie Diebstählen gilt.527 Übertragen auf das Strafprozessrecht schafft die Aussicht auf Verwertung im (Straf-)Prozess den Antrieb, bei der Beweismittelsammlung gegen materielles Recht zu verstoßen. Diesen Antrieb könnte man zumindest erheblich reduzieren, wenn von vornherein Klarheit über die Unverwertbarkeit rechtswidrig erhobener Beweismittel herrscht.528 Eine wesentliche Schwachstelle dieser Auffassung ist jedoch die materiellrechtliche Struktur der Hehlerei, die letztlich nicht ins Prozessrecht übertragen werden kann. Denn deren Wesensgehalt liegt nach der nahezu einhellig vertretenen Perpetuierungstheorie in der Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage.529 Dadurch wird es dem Vortatopfer gleichzeitig regelmäßig erschwert, die bereits durch die Vortat eingebüßten Vermögensobjekte zurückzuerlangen, da die Rekonstruktion des Verbleibs der Vortatbeute sowie der Nachweis des Anspruchs auf Rückgewähr immer mehr Aufwand erfordern.530 An einer solchen Situation fehlt es aber bei der Übernahme des Beweismittels durch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Denn hier gilt es gerade nicht zu verhindern, dass der Verbleib der Beute nicht rekonstruierbar ist. Vielmehr werden Beweismittel in der Hauptverhandlung nach dem Grundsatz

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Gundlach, in: AK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 13. Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder StGB, § 259 StGB Rn. 3. 528 Auf diesen Aspekt weist Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 92 hin. 529 Statt vieler: Maier, in: MüKo StGB, Band IV, § 259 StGB Rn. 2 mit Verweis auf BT-Drs. 7/550, 11.05.1973, S. 252; Ruhmannseder, in: BeckOK StGB, § 259 StGB Rn. 3. 530 Hoyer, in: SK-StGB, Band V, § 259 StGB Rn. 1. 527

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der Öffentlichkeit nach § 169 Abs. 1 S. 1 GVG offen präsentiert und so klar kundgetan, wo sich die rechtswidrig erhobenen Beweismittel befinden.531 Ferner betrachtet ist es auch ein grundsätzlicher Vergleich des Strafverfahrensrechts mit dem materiellen Recht, der gegen derartige „Unrechtsübertragungen“ 532 spricht. Denn dogmatische, unüberwindbare Hürde wird insofern die zwischen beiden bestehende unterschiedliche Schutzrichtung sein. Während ersteres der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens vom Beginn des Ermittlungsverfahrens bis hin zum Urteil dient und darüber entscheidet, ob ein Beweismittel verfahrensrechtlich verwertet werden darf und damit die Frage der Durchsetzbarkeit des Strafanspruchs gegen einen Dritten betrifft, begründet das materielle Recht bei Fehlverhalten Privater Ansprüche gegen diese.533 Hinzu kommt, dass die rechtliche Behandlung von einer letztlich rein zufälligen zeitlichen Komponente abhängt: So wird entscheidend sein, wer die in Rede stehenden Beweismittel zuerst ermittelt. Ist dies der Staat, hat er es in der Hand, durch rechtmäßiges Vorgehen die Beweise einer Verwertung im Prozess zugänglich zu machen. Ist dies hingegen ein Privater, ist das Beweismittelkontingent von vornherein auf die rechtmäßig erhobenen Beweismittel beschränkt. Vor allem aber ist dann ein weiterer Umstand zu berücksichtigen. Durch die Maßgeblichkeit der Rechtswidrigkeit der Vortat für das Vorliegen eines Beweisverbots hat es die Privatperson durch eine eigenmächtige rechtswidrige Beweiserhebung mehr oder weniger selbst in der Hand, dass dem Staat eine Verwertung dieses Beweismittels versagt wird.534 Damit vermag die Theorie der staatlichen Beweismittelhehlerei nicht überzeugen, auch wenn Jägers weitergehende Kritik, dass der Staat nicht als Nutznießer der Verletzung des Individualrechtsguts anzusehen sei, weil er sich nicht die Verletzung dieses Individualrechtsguts, sondern allenfalls das bei der Verletzung des Individualrechtsguts erlangte Beweismittel zunutze mache,535 wohl als zu formalistisch angesehen werden muss. Denn bei lebensnaher Betrachtung setzt ein solchermaßen erhobenes Beweismittel eben eine Verletzung des Individualrechtsguts voraus und geht damit untrennbar damit einher. Dies muss vor allem dann gelten, wenn der Staat von Gesetzes wegen gar keine Zugriffsmöglichkeit auf das Beweismittel gehabt hätte. Dann nämlich geht der streng formalistische Stand531 So auch: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 91. 532 Den Begriff der „Unrechtsübertragung“ verwendend im Zusammenhang mit der Beweismittelhehlerei: Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 131. 533 Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 223 f., der bei dem materiellen Recht allerdings von dem materiellen Strafrecht spricht. 534 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 195 f. 535 Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 225.

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punkt einer bloßen Beweismittelnutzung an der normativen Fragestellung vorbei. Daher muss die Nutzung eines solchen Beweismittels als eine Nutzung der Individualrechtsverletzung angesehen werden.536 (3) Einheitstheorie (a) Darstellung Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle schließlich auch die Ansicht von Sax erwähnt. Dieser nimmt Bezug auf die sog. Einheitstheorie, nach der eine prozessuale Beweisverwertung immer dann zulässig ist, wenn die Beweiserhebung als solche zulässig war.537 Der umgekehrte Fall der Rechtswidrigkeit der Beweiserhebung dürfte daher wohl zu einer Unverwertbarkeit des Beweismittels führen. Insoweit ist oft von einem „Fortwirken“ oder „Hineinwirken“ der strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe in das Stadium der gerichtlichen Beweisverwertung die Rede.538 (b) Stellungnahme Dieser Ansatz geht jedoch bereits deshalb fehl, weil materiellem Recht und Prozessrecht komplett unterschiedliche Schutzrichtungen zugrunde liegen.539 Wölfl veranschaulicht das Fehlgehen dieser Auffassung anhand eines einfachen Beispiels:540 Fertigen die Strafverfolgungsbehörden unter Verstoß gegen die §§ 100a ff. StPO heimliche Gesprächsaufzeichnungen, machen sie sich gem. § 201 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB strafbar, da eine Rechtfertigung über die §§ 100a ff. StPO ausscheidet. Ein deshalb in Betracht kommendes Beweisverwertungsverbot wird aber nicht aufgrund der materiell-rechtlichen Strafbarkeit des handelnden Amtsträgers diskutiert, sondern allein wegen des Verstoßes gegen strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften. Ersteres wäre jedoch nach der sog. Einheitstheorie zwingend zu fordern gewesen. (4) Staatliche Schutzpflicht (a) Darstellung Nach teilweise vertretener Auffassung wird ein Verwertungsverbot nach rechtswidrigen Ermittlungshandlungen von Privatpersonen auch aus der grund536 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 198 f. mit Verweis auf: Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 113. 537 Sax, JZ 1965, 1 (6); ähnlich auch: Kleinknecht, NJW 1966, 1537 (1543). 538 Kleinknecht, NJW 1966, 1537 (1543); Schmitt, JuS 1967, 19 (24); Tenckhoff, JR 1981, 255 (258). 539 Vgl. oben unter: § 3 C. II. 1. b) bb) (2) (b). 540 Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 198 f.

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rechtlichen staatlichen Schutzpflicht hergeleitet.541 Gem. Art. 1 Abs. 3 GG sind die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht für alle Staatsgewalten verbindlich, also ziel- und richtungsweisend auf jeder Ebene staatlicher Betätigung. Daher gebe Art. 2 Abs. 1 GG dem Bürger gegen den Staat nicht nur den Anspruch auf Freiheit von ungesetzlichem Zwang durch die Staatsgewalt. Vielmehr habe diese auch im Verhältnis der Bürger untereinander die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu sichern und zu fördern. Im Gesetzgebungsverfahren etwa werde die Legislative diesem Verfassungsgebot durch die Schaffung verfassungsmäßiger Normen gerecht. Im Strafverfahren verbliebe deshalb nur der Ausschluss des von Privatpersonen rechtswidrig erhobenem Beweismaterials.542 Ähnlich argumentieren auch Hassemer/Matussek mit einer auf Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) und Grundrechten gestützten staatlichen Verpflichtung, den einzelnen gegen Angriffe seiner Rechte durch andere zu schützen. Wenn sich der Staat nun die Verletzung von Individualrechtsgütern zunutze macht, um dadurch seinen Strafanspruch durchzusetzen, handle er dieser Verpflichtung zuwider.543 (b) Stellungnahme Ungeachtet der dogmatischen Begründung staatlicher Schutzpflichten,544 ist den Befürwortern eines Beweisverwertungsverbots aus staatlicher Schutzpflicht zunächst im Ausgangspunkt dahingehend zuzustimmen, dass der Staat den Ein541 Feckler, Die Verwendbarkeit von Tonbandaufnahmen als Beweismittel im Strafprozess, S. 61 ff.; Hassemer/Matussek, Das Opfer als Verfolger, S. 77; Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 206 ff.; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 109 f. 542 Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 109 f.; ähnlich: Feckler, Die Verwendbarkeit von Tonbandaufnahmen als Beweismittel im Strafprozess, S. 62, der ein Beweisverwertungsverbot als „einzig wirksamen Schutz“ dieser Verfassungsgrundsätze ansieht. 543 Hassemer/Matussek, Das Opfer als Verfolger, S. 75 ff. 544 Die dogmatische Begründung der staatlichen Schutzpflicht ist noch stark umstritten, vgl.: Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 34 ff.; Herdegen, in: Maunz/ Dürig GG, Band I, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 21 ff.; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191, Rn. 165 ff.; Jarass, AÖR 110 (1985), 363 (378 ff.); Klein, NJW 1989, 1633 (1635 f.); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band I, Art. 1 GG Rn. 193 ff. So leitet das BVerfG die staatlichen Schutzpflichten nicht (auch) aus dem Rechtsstaatsgebot nach Art. 20 Abs. 3 GG her, sondern stützt sich allein auf die Grundrechte. Danach sei jede Verfassungsnorm so auszulegen, dass sich die juristische Wirkungskraft der betreffenden Norm am stärksten entfalte (BVerfGE 6, 55 (72)) und die Grundrechte sich daher nicht nur auf ihre klassische Funktion als Abwehrrecht beschränkten, sondern ihnen vielmehr die Bedeutung einer wertentscheidenden Grundsatznorm zukämen, die auch im Verhältnis zu Dritten wirkten, vgl.: BVerfGE 6, 55 (72); BVerfGE 39, 1 (20); BVerfGE 49, 24 (42). Eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen dogmatischen Begründungsansätzen kann vorliegend jedoch unterbleiben, da die staatlichen Schutzpflichten jedenfalls im Ergebnis breite Zustimmung erfahren (vgl.: Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 35; Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 113; Guckelberger, JuS 2003, 1151 (1155); Isensee, in: HStR IX (2011), § 191, Rn. 177 f.; Jarass, AöR 110 (1985), 363 (378 ff.); Klein, DVBl 1994, 489 (490); Stern, DÖV 2010, 241 (241 ff.).

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zelnen grundsätzlich gegen Angriffe auf seine Rechte545 durch andere zu schützen hat. Denn die Funktionsweise eines Grundrechts beschränkt sich nicht alleine auf die klassische Abwehr von Maßnahmen der öffentlichen Gewalt, sondern erfasst darüber hinausgehend auch den Schutz vor Gefahren, die von Privaten drohen.546 Diese sog. staatliche Schutzpflicht erweitert deshalb den Pflichtenkreis der staatlichen Organe, indem ihnen nunmehr über die eigenhändige Schonung der grundrechtlichen Substanz hinaus auferlegt wird, diese auch vor Beeinträchtigungen von außen zu bewahren.547 Bildlich gesprochen wird damit aus der klassischen unmittelbaren Beziehung zwischen zwei Akteuren (Bürger und Staat) ein Dreiecksverhältnis zwischen mindestens zwei Bürgern mit ihren entgegenstehenden Interessen und dem Staat, dem die Funktion des Schutzherren zukommt.548 Der Gedanke, aus diesen allgemeinen staatlichen Schutzpflichten die zwingende Folge eines Beweisverwertungsverbots abzuleiten, erscheint aber unter mehreren Aspekten fraglich. (aa) Adressat der Schutzpflicht Zunächst drängt sich die rein formale Frage auf, ob die Gerichte überhaupt die richtigen Adressaten der Schutzpflichten sind. Zwar ist richtig, dass nach Art. 1 Abs. 3 GG Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an die Grundrechte gebunden sind. Ergeben sich die staatlichen Schutzpflichten nun in erster Linie aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte, wird infolge545 Die Schutzpflicht hat dabei die gleiche Reichweite wie das Abwehrrecht und bezieht sich daher auf Grundrechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das Eigentum, die Sicherheit persönlicher Daten oder auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, vgl.: Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 222. 546 Das steht zu einer gewissen Parallele zur Lehre von der sog. mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, bei der ebenfalls Grundrechte in Privatrechtsbeziehungen hineinwirken. Doch geht es bei den Schutzpflichten nicht darum, der Gerichtsbarkeit durch eine grundrechtsorientierte Auslegung des Gesetzesrechts die Aufgabe zukommen zulassen, der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte zu effektiver Wirksamkeit zu verhelfen. Vielmehr wird der Staat selbst – und dabei insbesondere die gesamte Staatsorganisation – positiv zu Schutzmaßnahmen verpflichtet, vgl.: Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 277; Jarass, AÖR 110 (1985), 363 (379); Rauschning, VVDStRL 38 (1980), 168 (182 ff.); Ruffert, JuS 2020, 1 (2); vgl. grundsätzlich zur Lehre der mittelbaren Drittwirkung: Guckelberger, JuS 2003, 1151 (1151 ff.); Herdegen, in: Maunz/Dürig, Band I, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 70 ff.; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke GG, vor Art. 1 GG Rn. 21 f.; Ruffert, JZ 2009, 389 (389); Stern, in: Stern/ Becker GR-Kommentar, Einl. Rn. 61 ff. 547 BVerfGE 39, 1 (42); BVerfGE 46, 160 (164); BVerfGE 49, 89 (141 f.); BVerfGE 53, 30 (57); BVerfGE 77, 170 (214); BVerfGE 88, 203 (251); Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 410; Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 34; Guckelberger, JuS 2003, 1151 (1155); Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 1; Jarass, AÖR 110 (1985), 363 (380 ff.); ders., in: Jarass/Pieroth GG, vor Art. 1 GG Rn. 8; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 133 ff.; Stern, StaatsR III/1, S. 931 ff. 548 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 5 f.; ders., Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 34 ff.

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dessen die gesamte Staatsorganisation in allen Gliederungen und Funktionen und damit auch die rechtsprechende Gewalt in die Pflicht genommen.549 Dennoch statuiert Art. 1 Abs. 3 GG lediglich die unmittelbare Bindung aller Staatsgewalten an die Grundrechte. Über den Funktionsradius bzw. deren Befugnisse ist damit nichts gesagt.550 Folglich richtet sich auch die sich aus den Grundrechten ergebende staatliche Schutzpflicht lediglich an die gesamte Staatsorganisation und vermittelt keine (neuen) Zuständigkeiten. Stattdessen bleibt die Kompetenzzuweisung innerhalb des Staatsgebildes durch die Schutzverpflichtung unberührt, sodass die drei Staatsgewalten bei deren Erfüllung an die durch die Verfassung eingeräumten Befugnisse und die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze gebunden sind.551 Mit Blick auf die also nicht aufgehobenen formellen Voraussetzungen rechtsstaatlichen Handelns wird damit klar, dass in erster Linie der parlamentarische Gesetzgeber in der Pflicht steht.552 Denn bei der Wahrnehmung der Schutzverpflichtung durch staatliche Organe werden nicht nur Rechte eines Grundrechtsträgers vor Beeinträchtigungen bewahrt, sondern gleichzeitig auch Grundrechte mindestens eines anderen Bürgers tangiert. Dazu bedarf es nach dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts553 aber einer normativen (Eingriffs-)Ermächtigung,554 wofür die Verfassung als solche, insbesondere aufgrund ihrer Abstraktheit, nicht genügt. Vielmehr hat die Legislative die Eingriffsermächtigung in Form eines förmlichen Gesetzes auszugestalten, wodurch die Schutzverpflichtung erst ihre erforderliche Bestimmtheit und auch ihre Rechtsgeltung erlangt, sodass sie in gewisser Weise als „gesetzesmediatisiert“ bezeichnet werden kann.555 549

Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 277; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (559). Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (559). 551 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 277 f.; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (559), die zutreffend feststellen, dass die Schutzpflicht nicht „ein alle konkreten Kompetenzzuordnungen überspielender Auslegungsgrundsatz“ ist. 552 Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 70 f.; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 221; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 266 ff.; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 180; Klein, NJW 1989, 1633 (1638); Klein, DVBl 1994, 489 (491); Jarass, AöR 110 (1985), 363 (380 f.); Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 266 ff.; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (559). 553 Vgl. allgemein zum Gesetzesvorbehalt: Grzeszick, in: Maunz/Dürig GG, Art. 20 GG VI Rn. 97 ff.; Huster/Rux, in: BeckOK GG, Art. 20 GG Rn. 172 ff.; Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 113; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band II, Art. 20 GG Rn. 273 ff.; Voßkuhle, JuS 2007, 118 ff. 554 Enders, AöR 115 (1990), 610 (630 ff.); Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande, S. 237 ff.; Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 42 ff.; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191, Rn. 279 ff.; Jarass, in: AöR 110 (1985), 363 (378 f.); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 126; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (559); wohl auch: Hermes, NJW 1990, 1764 (1767). 555 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 283 f.; ders., Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 43 f. 550

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Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber zwar in erster Linie, nicht aber alleinig der Schutzpflicht nachzukommen hat. Vielmehr enthält diese neben dem Gesetzgebungs- auch einen Vollzugsauftrag, da der gebotene Schutz nicht bereits durch die abstrakte Existenz rechtsstaatlich ausgewogener Gesetze, sondern erst durch dessen wirksame Handhabung gewährleistet wird.556 Dies bedeutet für die Rechtsprechung zwar, dass sie die Wahrung der Schutzpflichten durch die anderen Staatsorgane zu kontrollieren hat.557 Diese Kontrollfunktion kann die Strafgerichte allerdings nicht dazu befähigen, eigene Rechtsfolgen – etwa in Form eines Beweisverwertungsverbots – anzuordnen, wenn die Legislative ihrer dahingehenden Schutzverpflichtung nicht nachkommt.558 Stattdessen beschränken sich ihre Handlungsmöglichkeiten darauf, die Frage nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorzulegen.559 Denn selbst dieses ist grundsätzlich nicht in der Lage, „Interimslösungen“ anzuordnen,560 sondern muss sich regelmäßig damit begnügen, die Verletzung der Schutzpflicht festzustellen und dem Gesetzgeber die Verpflichtung aufzuerlegen, die (Schutz-)Lücke zu schließen oder die unzulängliche Regelung nachzubessern.561 Hinzu kommt, dass die verfassungsrechtliche Nachprüfbarkeit einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung ohnehin lediglich eine Eingeschränkte ist. Auch das BVerfG prüft lediglich, ob eine evidente Schutzpflichtverletzung seitens des Gesetzgebers besteht.562 Dass den einfachen (Straf-)Gerichten eine weitergehende Kompetenz zukommen soll, erscheint fernliegend. Dies alles zeigt, dass jedenfalls gewichtige Gründe dagegensprechen, die Strafgerichte als die zuständige Stelle zur Vollziehung der Schutzpflichten und damit auch zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes anzusehen.563 Letztlich kann dies i. R. d. Untersuchung allerdings dahinstehen, wenn nicht einmal die primär zuständige Legislative zur Schaffung eines Verwertungsverbots aus staat556

Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 307. Krieger, in: Konkordanzkommentar, Kap. 6 Rn. 61 f.; Stern, Staatsrecht Band III/ I, S. 951. 558 So aber: Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 193; wohl auch: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 229 f. 559 Isensee, in: HStR IV (2011), § 191 Rn. 288; Preu, JZ 1991, 265 (270); Sendler, NVwZ 1990, 231 (235). 560 Eine gerichtsverantwortete Übergangsregelung ist vor dem Hintergrund problematisch, dass das Gericht so zumindest dem äußeren Anschein nach als Partialgesetzgeber agiert, vgl.: Frenz, ZG 1993, 248 (252 ff.); Geiger/von Lampe, JURA 1994, 20 (29); Löwer, in: HStR III (2005), § 70 Rn. 124; Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, § 19 Rn. 12. Das Gericht wird daher nur in Grenzfällen, in denen irreversibler Schaden droht, eine „Interimslösung“ anordnen, vgl.: Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 288. 561 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 288. 562 BVerfGE 56, 54 (81). 563 Deshalb die Zuständigkeit der Gerichte bereits ablehnend: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 79 f.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Beweisverbote, S. 126. 557

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lichen Schutzpflichten verpflichtet ist. Dann nämlich können auch die Gerichte nicht zur Vollziehung derselben verpflichtet sein.564 (bb) Umfang und Reichweite der Schutzpflicht Ob der von der Schutzpflicht in erster Linie adressierte Gesetzgeber zur Normierung eines Verwertungsverbots verpflichtet ist, hängt davon ab, ob Umfang und Reichweite der Schutzpflicht als so weitgehend aufgefasst werden können, dass sie in die Beweissituation in Form von Verwertungsverboten hineinwirken. Wenn insoweit angeführt wird, dass sich der Inhalt der staatlichen Schutzpflicht am effektiven Schutz des jeweiligen Grundrechtsguts zu orientieren hat, ist dem zwar beizupflichten.565 Über Umfang und Reichweite der Schutzpflicht ist damit allerdings nichts gesagt. Klar ist nur, dass ein solch effektiver Schutz jedenfalls nicht so weit gehen kann, dass der Staat schrankenlos verpflichtet wird und deshalb einen absoluten Schutz gegen jegliche (drohende) Beeinträchtigung gewähren kann.566 Ansonsten müssten zahlreiche Betätigungen Dritter verboten werden, was in einem unausweichlichen Konflikt zu deren ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Betätigungsmöglichkeiten stünde.567 Vor allem aber liegt auf der Hand, dass auch das Verfassungsrecht nichts fordern kann, was dem Staat bereits rein tatsächlich bzw. faktisch unmöglich ist.568 Zutreffend stellt Isensee dazu fest, dass selbst ein totalitärer Staat nicht in der Lage wäre, eine perfekte Sicherheit zu garantieren.569 Auszumachen ist demnach keine genaue, von vornherein festgelegte, Reichweite – vielmehr erfordert die Wahrnehmung grundrechtlicher Schutzpflichten einen verhältnismäßigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen.570 564 Eine solch offene Formulierung ebenfalls wählt auch: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 230, die zuvor allerdings bereits klärt, ob ein Beweisverwertungsverbot aus staatlicher Schutzpflicht überzeugt. 565 Vgl.: BVerfGE 39, 1 (44); BVerfGE 46, 160 (164); Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 3; Klein, NJW 1989, 1633 (1637). 566 Allg. Meinung, vgl. etwa: Bleckmann, Staatsrecht II, § 11 Rn. 218; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 240; Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 41; Rauschning, Staatsaufgabe Umweltschutz, VVDStRL 38 (1980), 168 (190); Schwerdfeger, NVwZ 1982, 5 (10). 567 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 221; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 247; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 177 ff.; Stern, Staatsrecht Band III/I, S. 940. 568 BVerfGE 66, 39 (62 f.); Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 220 f.; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 244; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 166; Murswiek, Staatliche Verantwortung, S. 111; wohl angedeutet bei: Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 37, der die Schutzpflicht im Zuge der Gefahrenabwehr thematisiert. 569 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 166. 570 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 423; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 221; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191, Rn. 166; Klein, NJW 1989,

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Dabei wird der öffentlichen Gewalt ein weiter, nur durch das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit begrenzter, Gestaltungsspielraum zugestanden, um der Erfüllung der Verpflichtung zum Schutze der Grundrechte nachzukommen.571 Zwar kann sich dieser Gestaltungsspielraum auch auf die Wahl eines bestimmten Mittels beschränken; das jedoch lediglich dann, wenn ein effektiver Schutz des Rechtsguts nicht anders zu erreichen ist.572 Dies wiederum kann jedoch überhaupt nur dann der Fall sein, wenn nicht bereits hinreichende gesetzliche Grundlagen vorhanden sind, welche die Gefahr von Privatermittlungen und dadurch die Verletzung grundrechtlich geschützter Güter verhindern.573 Privatermittlungen sind aber neben zivilrechtlichem, auch ordnungswidrigkeitlichem und selbst strafrechtlichem Schutz unterstellt.574 Gerade letzteres ist deshalb bemerkenswert, weil das Strafrecht lediglich als „ultima ratio“ eingesetzt wird, wenn ein bestimmtes Verhalten in besonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich ist.575 Dass der Gesetzgeber Beweiserhebungen auf diesem Gebiet dennoch (teilweise) strafrechtlich als auch zivilrechtlich sanktioniert, zeigt, dass er die sich aus seiner Schutzverpflichtung ergebenden Forderungen bereits akzeptabel erfüllt.576

1633 (1638); Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 240 ff., 246 ff. 571 BVerfGE 39, 1 (22); BVerfGE 79, 174 (202); BVerfGE 88, 203 (262); Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 420 ff.; Bleckmann, Staatsrecht II, § 11 Rn. 218; Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 61; Doehring, Das Staatsrecht der BRD, S. 279; Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 113 f.; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 221; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 350; Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 293; Klein, NJW 1989, 1633 (1638); Papier, NJW 2017, 3025 (3026); Ruffert, JuS 2020, 1 (2 f.); Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, S. 78 ff. 572 BVerfGE 46, 160 (164 f.); Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 422; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 221 f., die von einer „Ermessensreduzierung auf Null“ spricht; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 265; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 350; Papier, NJW 2017, 3025 (3026). 573 In diesem Sinne auch: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 227; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 126 f.; Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 194. 574 Vgl. etwa: § 201 StGB für die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes und in der vorliegenden Untersuchungskonstellation § 42 BDSG, der von der Öffnungsklausel des Art. 84 DSGVO Gebrauch macht und bei dem es sich um eine Norm des Nebenstrafrechts handelt, vgl.: Brodowski/Nowak, BeckOK DatenschutzR, § 42 BDSG Rn. 5. 575 Wölfl, JA 2001, 504 (506). 576 Im Ergebnis ebenso: Brunhöber, GA 2010, 571 (586); Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 227 f.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 126 f.; Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 195; wohl auch: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 80.

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Lediglich dann, wenn bestimmte Formen rechtswidriger Beweisermittlungen zu Massenphänomen werden,577 kann über ein darüberhinausgehendes Tätigwerden des Gestetzgebers nachgedacht werden. Der Gesetzgeber entledigt sich seiner Verantwortung für die grundrechtlichen Schutzgüter nämlich nicht allein und für alle Zeit dadurch, dass er ein zur Zeit seines Inkrafttretens verfassungsmäßiges Schutzgesetz erlässt. Vielmehr trifft ihn eine kontinuierliche Pflicht, die Entwicklung zu beobachten, die geltenen Schutznormen nach Effektivität und Angemessenheit zu überprüfen und sie dann gegebenfalls durch Änderung oder Ergänzung der bestehenden Vorschriften nachzubessern.578 Ob dieses Tätigwerden allerdings dann zwingend in der Normierung eines Beweisverwertungsverbots liegen muss, mag angesichts des grundsätzlichen Entscheidungsspielraums der Legislative zu bezweifeln sein. Denn es stünden durchaus andere Maßnahmen, wie etwa die Normierung einer strengeren Strafzumessung, einer stärkeren Berücksichtigung der Geschädigteninteressen im Strafverfahren oder einer Verschärfung zivilrechtlicher Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung, um (noch) effektiveren Rechtsgüterschutz zu gewährleisten.579 Ein Hineinwirken der staatlichen Schutzverpflichtung in die Ebene der Beweisverwertung und eine damit einhergehende Verpflichtung des Gesetzgebers, Beweisverwertungsverbote zu normieren, ist daher ausgeschlossen. Folglich kann auch die gerichtliche Anerkennung eines Beweisverwertungsverbots nicht auf die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte gestützt werden, sondern nur aus der Abwehrkomponente des jeweils einschlägigen Grundrechts resultieren. (5) Zurechnung rechtswidriger Beweiserhebung aus Ingerenz (a) Darstellung Mende kommt schließlich auf den Gedanken, ein zwingendes Beweisverwertungsverbot nach rechtswidriger privater Beweiserhebung deshalb anzunehmen, weil dem Staat diese Handlung nach den Grundsätzen der Ingerenz zuzurechnen sei.580 Dies gelte vor allem aufgrund des legislativen Unterlassens des Gesetzgebers, Verwertungsverbote für privates Handeln zu normieren. Dadurch habe der Staat eine gesteigerte Gefahrenlage geschaffen, die sich nun in privaten Rechtsverstößen bei der Beweiserhebung realisiere und zudem seine aus der Schutzdimension der Grundrechte folgende staatliche Schutzpflicht, die ihn zu dahingehenden Regelungen verpflichtete, verletzt.581 577 Auf diesen Aspekt weist Kubiciel, GA 2013, 226 (229 f.) in Bezug auf den Diebstahl von Daten durch den Einsaz von Software hin. 578 Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 287. 579 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 228 f. 580 Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 206 ff. 581 Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 206 f., mit Bezug auf Gössel, Strafverfahrensrecht, S. 192 f., der bereits 1977 die Gefahr sah, dass die Tätigkeit der Strafver-

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(b) Stellungnahme Neben der oben aufgezeigten Kritik an den Modellen nachträglicher Zurechnung ist es bereits dieser zuletzt angeführte Aspekt, der dazu führt, dass dieser Ansatz nicht überzeugen kann. Denn wie eben ausgeführt, ist eine entsprechende konkrete Handlungspflicht des Gesetzgebers zur Schaffung eines Verwertungsverbots aus staatlicher Schutzpflicht grundsätzlich zu verneinen. Vor allem aber sind es grundsätzliche grundrechtsdogmatische Bedenken, die gegen eine Zurechnung rechtswidriger privater Beweiserhebung aufgrund pflichtwidrigen legislativen Unterlassens sprechen. In Erinnerung zu rufen sind insoweit die unterschiedlichen Funktionsweisen, die den einzelnen Grundrechten zugrunde liegen. Allein in ihrer Funktion als Abwehrrecht entfalten sie zwar Schutz vor staatlichen Maßnahmen, begründen dafür aber keine Handlungspflichten der staatlichen Organe. In konträrer, schutzverpflichtender Funktion wirken sie für den Staat hingegen handlungsverpflichtend dahingehend, Grundrechtsträger vor Beeinträchtigungen Dritter zu bewahren.582 Diese Unterscheidung würde durch eine pauschale Zurechnung des privaten Rechtsverstoßes – ungeachtet der konkreten Distanz der privaten Handlung zum Staat – aber letztlich hinfällig.583 Dann nämlich wäre privates rechtswidriges Vorgehen bei der Beweiserhebung, das der Staat womöglich schutzverpflichtend zu unterbinden hat, von vornherein ausgeschlossen. Stattdessen bliebe es allein bei staatlichem (zugerechnetem) Handeln in Form eines Grundrechtseingriffs, womit die Schutzdimension der Grundrechte praktisch aufgehoben wird.584 Dies ist vor dem Hintergrund einer der Verfassung zugrunde liegenden Unterscheidung beider Grundrechtsfunktionen eindeutig abzulehnen.585 (6) Ergebnis Insgesamt vermögen die Ansätze, die der rechtswidrigen privaten Beweiserhebung auf strafprozessualer Ebene stets ein Beweisverwertungsverbot folgen lasfolgungsbehörden durch unkontrollierte private Ermittlungen ersetzt wird und dadurch rechtsstaatliche Standards umgangen würden. 582 Vgl. oben unter: § 3 C. II. 1. b) bb) (4) (b). 583 Vgl.: Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 95, der bei einer zu weitgehenden Zurechnung staatlich mitzuverantwortenden privaten Handlungen von einem „Verwischen“ der Konturen des staatlichen Grundrechtseingriffs spricht; Stern, Staatsrecht III/1, S. 947 f.; Weber-Dürler, VVDStRL 57 (1998), 57 (81). 584 Dieser Kritikpunkt greift bei dem eben unter (4) aufgezeigten Ansatz gerade nicht. Dieser leitet ein Verwertungsverbot nämlich unmittelbar aus der staatlichen Schutzpflichtverletzung ab und ist damit von vorhergehendem privaten Unrecht unabhängig. Das hier in Rede stehende Verwertungsverbot mittels Zurechnung privater Handlungen zum Staat beruht hingegen auf dem privaten Unrecht bei der Beweisbeschaffung, für das der Staat mit einem Verwertungsverbot deshalb einstehen soll, weil er dessen gesetzliche Normierung entgegen seiner Schutzpflichtverletzung verpasst hat. Auf diesen Unterschied weist Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 184 ebenfalls hin. 585 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 185 f.

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sen wollen, bereits aufgrund ihrer dogmatischen Begründung nicht zu überzeugen. Auch aus ergebnisorientierter Sichtweise ist dies zutreffend: Ein solch zwingender Automatisms hätte nämlich zur Konsequenz, dass Private dem Staat durch rechtswidrige Ermittlungstätigkeit Beweismittel entziehen könnten und so eine Durchsetzung des staatlichen Strafverfolungsanspruchs vereiteln oder zumindest erschweren könnten.586 cc) Abwägungslösung Andere Ansätze vermeiden eine klare Rechtsfolge, indem sie die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die private auf rechtswidrige Weise erhoben haben, grundsätzlich von einer Abwägung der widerstreitenen Interessen abhängig machen.587 Im Einzelnen unterscheiden sich die hierzu vertretenen Auffassungen allerdings vor allem in ihren dogmatischen Begründungen und sind deshalb jeweils gesondert zu begutachten. (1) Staatliche Schutzpflicht (a) Darstellung Vergleichbar mit dem Ansatz von Hassemer/Matussek folgt nach Rogall aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG) ebenfalls eine staatliche (Grundrechts-)Schutzverpflichtung gegenüber Angriffen Dritter.588 Dieser Schutzverpflichtung komme der Staat zwar in erster Linie durch die Schaffung materiell-rechtlicher Normen nach. Wenn deren Verstoß durch Private prozessual allerdings sanktionslos bleibt, würde dieser Schutzpflicht nicht genüge getan. Dies gelte vor dem Hintergrund eines regelmäßig bestehenden Beweisnotstandes umso mehr, da dadurch die Bereitschaft der betroffenen Privaten zur Normbefolgung erheblich reduziert sei.589 Die Berücksichtigung auf prozessualer Ebene durch die grundsätzliche Anerkennung von Beweisverwertungsverboten sei daher geradezu Grundvoraussetzung, um der rechtsstaatlichen Schutzverpflichtung gerecht werden zu können. Gleichwohl müsse auf der anderen Seite auch die staatliche Pflicht zur Gewährleistung einer effektiven Strafrechtspflege und die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs berücksichtigt werden. Diese Kolli586 Götting, Beweisverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelter Ermittlungstätigkeit, S. 301. 587 Neben den im folgenden explizit aufgeführten Autoren z. B.: Ambos, Beweisverwertungverbote, S. 106 ff.; Bienert, Private Ermittlungen, S. 145 ff., die das Erfordernis einer Einzelfallabwägung aus einer entsprechenden Anwendung des § 24 StGB ableitet; Krey, Zur Problematik privater Ermittlungen, S. 100; Matula, Private Ermittlungen, S. 199 ff.; Moraht, Private Straftatermittlungen, S. 249; Rödiger, Strafverfolgung, S. 254 f. 588 Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 13; ders., ZStW 91 (1979), 1 (41). 589 Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a StPO, Rn. 13.

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sionslage lasse sich einfachgesetzlich auch an § 154c StPO festmachen, da dieser nur auf der Basis der Verwertbarkeit von Beweismitteln über die offenbar gewordene Straftat verständlich werde.590 Deshalb sei es – im Unterschied zum oben ausgeführten Ansatz – keineswegs zwingend, dass sämtliche private Rechtsverstöße bei der Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen. Vielmehr könne diese Gemengelage sachgerecht und angemessen dadurch aufgelöst werden, dass durch eine folgenorientierte Abwägung der widerstreitenden Interessen ermittelt wird, ob das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes geboten ist.591 (b) Stellungnahme Unabhängig von der soeben vorgebrachten Kritik an einer staatlichen Schutzverpflichtung zur Einführung eines Beweisverwertungsverbots,592 ist auch die darüberhinausgehende Argumentation kritisch zu sehen. (aa) Generalpräventive Schutzdefizite Wird insoweit geltend gemacht, dass rechtswidriges privates Handeln aufgrund eines regelmäßig bestehenden Beweisnotstandes auf die Gewinnung verwertbarer Beweisergebnisse gerichtet sei und eine ausreichend generalpräventive Wirkung daher nur durch die Nichtverwertung dieser Beweismittel erzielt werden könne, ist dabei bereits die Geeignetheit fraglich. So darf zumindest angezweifelt werden, ob der private Ermittler in fomaler Hinsicht durch die Nichtverwertung des Beweismittels überhaupt beschwert ist. Hinzu treten rechtssystematische Bedenken. Denn generalpräventive Schutzaspekte sind insbesondere bei der Anwendung des materiellen Strafrechts auf Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen.593 Eine Übertragung in das Prozessrecht in Form eines Ausschlusses von Beweismitteln als „Sanktion“ für rechtswidrige Beweiserhebung ist der deutschen Prozessordnung hingegen fremd und wird zu Recht bestritten.594 Vielmehr wird der Rechtsgüterschutz primär und in ausreichendem Maße durch das materielle Recht in Form von Strafandrohungen sowie sonstiger Sanktionen – etwa

590

Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 14. Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 13 f. 592 Vgl. oben unter: § 3 C. II. 1. b) bb) (4) (b). 593 Vgl. allgemein zur Generalprävention: Joecks, in: MüKo StGB, Band I, Einl. Rn. 69 ff.; Kinzig, in: Schönke/Schröder StGB, vor §§ 38 ff. StGB Rn. 3 ff.; Schäfer/ Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 839 ff.; Villmow, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB, vor § 38 StGB Rn. 76 ff. 594 Vgl.: Bienert, Private Ermittlungen, S. 66; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 53 f.; Gauthier, ZStW 103 (1991), 796 (815); Götting, Beweisverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelter Ermittlungstätigkeit, S. 42 ff.; Werner, NJW 1988, 993 (1000). 591

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Schadensersatzzahlungen – gewährleistet.595 Die Nichtschaffung eines Beweisverwertungsverbots aufgrund „prozessualer Generalprävention“ 596 ist daher nur konsequent und richtig. Vor allem aber würden diese vermeintlichen generalpräventiven Schutzdefizite durch die Schaffung von Beweisverwertungsverboten allenfalls von einer Seite gelöst. Denn gegenüber dieses „Defizits“ steht das generalpräventive Gebot zur möglichst umfassenden Beweisverwertung im Strafprozess.597 Mit der Schaffung von Beweisverboten könnte diesem Gebot nicht mehr in gleicher Weise Rechnung getragen werden, wodurch die generalpräventiv wirkende Strafandrohung allein dadurch geschwächt würde, dass infolge der Nichtverwertung von Beweismitteln jedenfalls mehr Beschuldigte aus Mangel an Beweisen freigesprochen würden als zuvor.598 Schutzdefizite, sofern man solche in der der StPO überhaupt angelegt sieht, würden damit jedenfalls nicht verringert.599 (bb) § 154c StPO Ebenfalls ins Feld geführt wird von den Vertretern dieses Ansatzes § 154c StPO, der einfachgesetzlicher Ausdruck des Konflikts zwischen Individualrechten der Betroffenen und effektiver Strafrechtspflege sei. Beizupflichten ist dieser Überlegung insoweit, als dass die Staatsanwaltschaft durch § 154c StPO Ermessen darüber eingeräumt bekommt, ob sie das Verfahren gegen das Nötigungs- oder Erpressungsopfer einstellt, wenn nicht wegen der Schwere seiner Tat eine Sühne unerlässlich ist.600 Durch die der Staatsanwaltschaft damit obliegenden Entscheidung zwischen Einstellung und Nichteinstellung des Verfahrens steht sie ebenfalls in einer Konfliktlage. Dennoch ist die Ausgangslage bei § 154c StPO auf der einen und die Frage der Verwertbarkeit nach rechtswidriger privater Beweiserhebung auf der anderen 595

Werner, NJW 1988, 993 (1000). Diesen Begriff nennt Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 225. 597 So hat das Gericht sich nach § 261 StPO mit allen für die Urteilsfindung wesentlichen Gesichtspunkten, die geeignet sind Beweisergebnis in die ein oder andere Richtung zu beeinflussen, auseinanderzusetzen, vgl. Miebach, in: MüKo StPO, Band II, § 261 StPO Rn. 108; Ott, in: KK-StPO, § 261 StPO Rn. 56. 598 Vgl. zum Freispruch aus Mangel an Beweisen etwa: Thielmann, ZRP 2010, (89) 89 ff.; zum Grundsatz „in dubio pro reo“: Huber, JuS 2015, 596 ff. 599 So überzeugend: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 226. 600 Wann wegen der Schwere Tat eine Sühne „unerlässlich“ ist, ist umstritten. Nach § 102 Abs. 1 RIStBV soll das dann der Fall sein, wenn die Nötigung oder Erpressung strafwürdiger ist, als die Tat des Opfers. Da sich eine solche Einschränkung dem Wortlaut nicht entnehmen lässt, wird stattdessen herrschend auf Strafzwecke des materiellen Rechts – wie etwa generalpräventive Gründe – abgestellt, vgl.: Mavany, in: LR-StPO, Band V/1, § 154c StPO Rn. 6; Diemer, in: KK-StPO, § 154c StPO Rn. 5; Teßmer, in: MüKo StPO, Band II, § 154c StPO Rn. 13. 596

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Seite eine andere. So setzt § 154c StPO zwar keine Straftat des Opfers voraus, sondern begnügt sich mit einer Tat, die von einer Person begangen wurde, welche dem Opfer so nahesteht, dass die Drohung die nötigende (Zwangs-)Wirkung entfaltet.601 Letztlich erfordern aber sowohl § 154c Abs. 1, als auch Abs. 2 StPO eine bereits tatsächlich begangene Straftat, aufgrund derer sich das Nötigungsoder Erpressungsopfer gezwungen sieht, die abverlangte Handlung vorzunehmen. Demgegenüber ist in der vorliegenden Untersuchungskonstellation rechtswidriges privates Vorgehen Grundvoraussetzung dafür, um überhaupt erst an das Beweismittel zu gelangen. Dubois bringt diesen entscheidenden Unterschied zutreffend auf den Punkt:602 Bei § 154c StPO wird mit einem Beweismittel eine Straftat begangen, bei der hier zu untersuchenden Konstellation wird für ein Beweismittel eine Straftat begangen. Folglich mag § 154c StPO die Staatsanwaltschaft zwar ebenfalls vor eine Entscheidung zwischen Individualrechten der Betroffenen und effektiver Strafrechtspflege stellen. Aufgrund divergierender Ausgangssituationen lässt sich daraus allerdings kein (überzeugendes) Argument für diesen Abwägungsansatz gewinnen. Insgesamt ist daher auch der Ansatz Rogalls abzulehnen und zur Begründung eines Beweisverwertungsverbots nach rechtswidriger privater Beweiserhebung nicht geeignet. (2) Gleichsetzung mit staatlicher rechtswidriger Beweiserhebung (a) Darstellung Radtke hingegen argumentiert damit, dass es bei den Beweisverboten stets um die Zulässigkeit der Berücksichtigung des Beweismittels in der Beweiswürdigung des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft in der Entscheidung über die Anklageerhebung nach § 170 StPO und damit um staatliches Handeln gehe.603 Deshalb sei die Frage der Verwertbarkeit bei privater rechtswidriger Beweismittelerhebung nach denselben Maßstäben zu beurteilen wie bei der durch staatliche Organe selbst erhobenen Beweisen und daher eine Abwägung zwischen dem durch den Staat auch gegen Beeinträchtigungen durch Dritte zu schützenden Interesse des Beschuldigten und dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse vorzunehmen. Verfassungsrechtlich lasse sich dieses Ergebnis durch die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Garantie auf einen fairen Prozess untermauern.604 601 Allg. Meinung, vgl.: Mavany, in: LR-StPO, Band V/1, § 154c StPO Rn. 3; Diemer, in: KK-StPO, § 154c StPO Rn. 2; Teßmer, in: MüKo StPO, Band II, § 154c StPO Rn. 7. 602 Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 82. 603 Radtke, in: Radtke/Hohmann StPO, Einl. Rn. 84. 604 Radtke, in: Radtke/Hohmann StPO, Einl. Rn. 84; ähnlich: Bader, in: KK-StPO, vor § 48 StPO Rn. 52.

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(b) Stellungnahme Positiv hervorzuheben ist Radtkes Ansatz insoweit, als er seinen Blickwinkel nicht allein auf die rechtswidrige Beweiserhebung Privater beschränkt, sondern darüber hinaus auch den Staat miteinbezieht. Genau dieser ist es nämlich, der durch die Entgegennahme des Materials durch die Organe der Strafverfolgung erst dafür sorgt, dass dieses zum Beweismaterial wird.605 Auch dieser Vorgang ist – wie gesehen606 – Teil der Beweiserhebung, aus dem sich richtigerweise ein unselbständiges Beweisverwertungsverbot ergeben kann, sofern dabei gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Gleichwohl ist der vorgelagerte Teil der Beweiserhebung privater Natur, der nicht außer Acht gelassen werden kann und für den nicht die gleichen Grundsätze gelten können wie bei vollständiger staatlicher Beweiserhebung. Denn zum einen ist der Staat aufgrund des Legalitätsprinzips nach § 152 Abs. 2 StPO zur Erforschung der Wahrheit sowie zur Verfolgung von Straftaten verpflichtet.607 Dass dies letztlich eine Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 GG darstellt,608 die Gleichbehandlung der Betroffenen aus Art. 3 GG sichert,609 sowie darüber hinaus nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern über §§ 163 StPO, 152 GVG auch die Polizeikräfte sowie die Finanzbehörden bei Steuerstraftaten (§§ 386, 399 Abs. 1 AO) verpflichtet,610 zeugt von der Gewichtigkeit dieses Prinzips. Demgegenüber „ermitteln“ Privatpersonen aus eigener freiverantwortlicher Initiative. Eine Verpflichtung – erst recht nicht aus der Verfassung – liegt diesem Handeln nicht zugrunde. Zum anderen sind die Beweisermittlungsmöglichkeiten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden im Vergleich zu Privaten von vornherein eingeschränkt. Die Rede ist insofern von sog. Beweiserhebungsverboten, die etwa die Aufklärung bestimmter Sachverhalte untersagen (z. B. § 100d Abs. 1 StPO), die Verwendung bestimmter Beweismittel verhindern (z. B. §§ 52–55 StPO) oder bestimmte Arten der Beweiserhebung ausschließen (z. B. § 136a Abs. 1, 2 StPO).611 Dagegen richten sich die Vorschriften der StPO

605

Kölbel, NStZ 2008, 241(242); Trüg/Habetha, NStZ 2008, 481 (488). Vgl. oben unter: § 1 C. 607 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 17; Diemer, in: KK-StPO, § 152 StPO Rn. 4. 608 Diemer, in: KK-StPO, § 152 StPO Rn. 3; Nestler, JA 2012, 88 (89); Schnabl, in: S/S/W StPO, § 152 StPO Rn. 3. 609 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 17; Gercke, in: HK-StPO, § 152 StPO Rn. 3; Schnabl, in: S/S/W StPO, § 152 StPO Rn. 3; Schulenburg, JuS 2004, 765 (766). 610 Schnabl, in: S/S/W StPO, § 152 StPO Rn. 3. 611 Beulke, in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 261; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 455; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 336 ff.; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 440 ff. 606

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und damit die Beweiserhebungsverbote nicht an Private,612 sodass diese ein zumindest deutlich breiteres Spektrum an Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung haben. Dies führt dazu, dass dem Ansatz von Radtke zwar im Grundsatz beizupflichten ist. Aufgrund der deutlichen Unterschiede zwischen privater und staatlicher Beweiserhebung weiß er in seiner Konsequenz allerdings nicht zu überzeugen. (3) Rückschluss aus einer fehlenden gesetzlichen Regelung (a) Darstellung Haffke hingegen begründet seine Ansicht mit einem Rückschluss aus der fehlenden gesetzlichen Regelung im Bereich rechtswidriger privater Beweiserhebung.613 Daraus folgert er, dass zur Ermittlung eines etwaigen Beweisverwertungsverbots nur ein Rückgriff auf eine Güter- und Interessenabwägung verbliebe. Bei dieser Abwägung sei aber vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber durch die (Vorab-)Festlegung von Beweisverboten in bestimmten Konstellationen das Aufklärungsinteresse von vornherein geringer bewertet als das Interesse an dem Schutz bestimmter Sozialwerte, eine gewisse Prävalenz zugunsten ersterem anzunehmen. Dies gelte vor allem auch deshalb, weil die Ausnutzung des durch eine Privatperson rechtswidrig erhobenen Beweismittels sittlich weniger fragwürdig sei als die aktive Missachtung der die Strafverfolgungsorgane bindenden Verfahrensvorschriften.614 (b) Stellungnahme Gegen diesen Ansatz spricht bereits die Erkenntnis, dass nicht jede fehlende gesetzliche Regelung Rückschlüssen zugänglich ist. Dies gilt mit Blick auf das verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht umso mehr. Danach müssen sowohl die Strafbarkeit des Verhaltens („nullum crimen sine lege“) als auch die dafür angedrohten strafrechtlichen Sanktionen („nulla poena sine lege“) vorab festgelegt sein.615 Auch wenn insbesondere auf Grund des Wortlauts des Art. 103 Abs. 2 GG eine vollständige Übertragung dieser Grundsätze auf das Strafprozessrecht richtigerweise abzulehnen ist,616 bedeutet dies keinesfalls, dass das Gericht im Strafverfahrensrecht von der 612 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478; Haller/Conzen, Das Strafverfahren, Rn. 615; Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 34; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65. 613 Haffke, GA 1973, 65 (83). 614 Haffke, GA 1973, 65 (83). 615 Hecker, in: Schönke/Schröder StGB, § 1 StGB Rn. 1. 616 Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 96 ff.; ders., in: Kudlich/Montiel/ Schuhr, Gesetzlichkeit und Strafrecht, 2012, S. 233 (240 ff.); ders., Strafprozeß und all-

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Gesetzesbindung freigestellt wäre. Vielmehr ist auch die Rechtsanwendung im Strafprozessrecht als typisches Eingriffsrecht dem allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes unterworfen.617 Daraus lässt sich zumindest die grundsätzliche Erkenntnis gewinnen, dass mit etwaigen Rückschlüssen aus fehlenden gesetzlichen Regelungen auch im Bereich des Strafprozessrechts vorsichtig umzugehen ist. Daher ist es jedenfalls nicht überzeugend, allein aufgrund der fehlenden gesetzlichen Regelung von rechtswidriger Beweiserhebung Privater in der StPO darauf zu schließen, dass die Verwertbarkeit solchermaßen erlangter Beweise von einer Güterund Interessenabwägung abhängig sein soll. Naheliegender wäre es wohl, die Nichtregelung mit der h. M. dahingehend zu verstehen, dass in dieser Konstellation grundsätzlich kein Verwertungsverbot greifen soll. (4) Ergebnis Damit können auch die abwägungsorientierten Ansätze insgesamt nicht überzeugen. In Einklang steht dies mit der bereits bei der Rechtsprechung geäußerten grundsätzlichen Kritik an einer einzelfallorientierten Abwägung. dd) Hypothese rechtswidriger Beweiserhebung (1) Darstellung Große Aufmerksamkeit bezüglich des Umgangs mit auf rechtswidrige Weise erhobenen Beweismitteln durch Private erfuhr der Ansatz von Godenzi aus dem Jahr 2008.618 Sie befürwortet eine Lösung, die im Anschluss an die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts auf die „Hypothese rechtswidriger staatlicher Beweiserhebung“ abstellt.619 Ausgehend von der Hypothese rechtmäßiger Beweiserhebung, deren Grundgedanke darin liege, eine Verwertung an sich unzulässig erhobener Beweismittel gemeines Missbrauchsgebot, S. 134 ff.; im Ergebnis auch: Calvell-Adorno, NJW 1965, 273 (274); Krey, JA 1983, 233 (235); a. A. im Sinne einer verfassungsspezifisch weiten Auslegung des Begriffs „Strafbarkeit“ wohl: Arndt, NJW 1961, 14 (15); Lüderssen, JZ 1979, 449 (450). 617 Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 98; ders., in: Kudlich/Montiel/Schuhr, Gesetzlichkeit und Strafrecht, 2012, S. 242. 618 Eine Auseinandersetzung mit diesem Ansatz findet sich etwa in: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 98; Kaspar, GA 2013, 206 (224); Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 221; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136a StPO Rn. 3b; Zerbes, ZStW 125 (2013), 551 (564) spricht gar von einem „überzeugenden strukturellen Ansatz“. 619 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, 239 ff.; dies., GA 2008, 500 (512 ff.); wohl auch: Götting, Beweisverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelter Ermittlungstätigkeit, S. 291 ff.; Kelnhofer, Hypothetische Ermittlungsverläufe im System der Beweisverbote, S. 239 ff.; Kottek, Die Kooperation von Unternehmen, S. 170 ff.; sehr ähnlich: Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 831 ff., welche sich in Details aber von Godenzi unterscheidet (vgl.: Rn. 860 ff.).

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dennoch zuzulassen, wenn sie von den Strafverfolgungsbehörden rechtmäßig hätten beschafft werden können, sollen hypothetische Erwägungen nun gerade umgekehrt die Unzulässigkeit des staatlichen Verwertungsakts begründen, indem ein Beweisverwertungsverbot dann greift, wenn das betroffene Beweismittel von den Strafverfolgungsbehörden nur rechtswidrig hätte beschafft werden können.620 Methodisch zieht Godenzi insoweit eine Parallele zur strafprozessualen Problemlage bei staatlichen Zufallsfunden, deren Verwertbarkeit ebenfalls ganz maßgeblich von der Einbeziehung hypothetischer Erwägungen bestimmt wird. Dass hypothetische Erwägungen bei staatlichen Zufallsfunden aber vor allem darauf beruhen, dass die staatlichen Eingriffs- und Verwertungskompetenzen für ein durch eine staatliche Eingriffshandlung zufällig erlangtes Beweismittel nicht weiterreichen können, als für ein durch eine staatliche Eingriffshandlung zielgerichtet erhobenes Beweismittel,621 ein solcher Widerspruch zwischen zufälligen und zielgerichteten staatlichen Beweiserlangungen in der vorliegenden Untersuchungskonstellation demgegenüber gar nicht droht, erkennt auch Godenzi. Sie wählt zur Legitimation ihrer negativen Beweishypothese daher einen anderen Begründungsansatz und argumentiert mit den grundlegenden unterschiedlichen Rechtsfolgen von rechtswidriger privater und rechtswidriger staatlicher Beweiserhebung. Während letztere stets das Risiko der Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften mit der möglichen Folge von (unselbständigen) Beweisverwertungsverboten in sich birgt, führt eine rechtswidrige Beweismittelerhebung Privater regelmäßig nur über die Grundrechte – in Form von selbständigen Beweisverwertungsverboten – zu Verwertungshindernissen. Die rein zufällige zeitliche Abfolge privater und staatlicher Beweiserhebung und damit insbesondere die Frage, ob die Privatperson den staatlichen Organen bei der Beweiserhebung zeitlich zuvorkam oder nicht, entschieden daher über die rechtliche Behandlung des Beweismittels.622 Um dieser Zufälligkeit entgegenzutreten, zieht sie die Bildung von Beweishypothesen heran und fordert ein Beweisverwertungsverbot nach rechtswidriger privater Beweiserhebung immer dann, wenn die Strafverfolgungsbehörden im (hypothetischen) Falle eigenen Handelns mangels Rechtsgrundlage nur rechtswidrig hätten agieren können.623 (2) Stellungnahme Zwar kann seit Einführung des § 477 Abs. 2 S. 2 StPO,624 wonach die Verwendung von nach Maßnahmen der StPO erlangten Daten in anderen Strafver620

Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 257. Rogall, JZ 1996, 944 (949); Schröder, Beweisverwertungsverbote und die Hypothese rechtmäßiger Beweiserlangung im Strafprozess, S. 153. 622 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 282 ff. 623 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 289. 624 Mittlerweile § 479 Abs. 2 S. 1 i.V. m. § 161 Abs. 3 StPO, vgl.: Wittig, in: BeckOK StPO, § 479 StPO Rn. 2, 5. 621

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fahren zur Aufklärung solcher Straftaten zulässig ist, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme im konkreten Fall ebenfalls hätte angeordnet werden können, eine Hypothesenbildung im Grundsatz wohl nicht mehr als „Fremdkörper im System des Strafprozessrechts“ 625 bezeichnet werden.626 Ebenso wenig kann der Einwand überzeugen, Beweishypothesen seien stets fehleranfällig, weil eine verlässliche nachträgliche Feststellung des hypothetischen Verlaufs kaum oder gar nicht möglich sei.627 Immerhin sind hypothetische Erwägungen im materiellen Strafrecht in mehrfacher Hinsicht anerkannt: im Bereich des Fahrlässigkeitsdelikts sowie beim Unterlassungsdelikt. Während bei ersterem dem Täter der Erfolg nur zugerechnet werden kann, wenn der Erfolgseintritt bei pflichtgemäßem Alternativverhalten vermeidbar gewesen wäre,628 wird bei zweiterem im Sinne einer hypothetischen Kausalität danach gefragt, ob durch die Vornahme der gebotenen Handlung der tatbestandliche Erfolg mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre.629 Gleichwohl bleiben Unsicherheiten bezüglich der Rechtsfigur der Beweishypothesen im Kontext der Beweisverwertungsverbote bestehen. Bereits im Hinblick auf die gängige Figur des hypothetischen Ersatzeingriffs ist innerhalb des strafprozessualen Schrifttums streitig, ob hinsichtlich der hypothetischen hoheitlichen Beweiserhebung auf das konkrete Beweismittel,630 auf das Beweisergebnis631 oder gleich auf die abstrakt-generelle Möglichkeit zur Überführung des Täters632 abzustellen ist. Mit Blick auf die Gefahr einer Austauschbarkeit des Beweismittels und der damit verbundenen Beraubung des eigentlichen Zwecks der Beweishypothese, der in dem Ausschluss außerhalb des gesetzlich gewährten Beweiskontingents liegenden Beweismitteln liegt,633 stellt zwar richtigerweise das konkrete Beweismittel den maßgeblichen Bezugspunkt für die Hypothesenbildung dar. Die mit einer Hypothesenbildung verbundenen Schwierigkeiten zeigt diese Uneinigkeit aber dennoch. Vor allem aber ist es der Ausgangspunkt von Godenzi, der in der konkreten Konstellation nicht überzeugen kann. So legt sie zwar ausführlich dar, welche

625 So zuvor: Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 118 f. 626 Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 841. 627 Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 222. 628 Rengier, Strafrecht AT, § 52 Rn. 26. 629 Rengier, Strafrecht AT, § 49 Rn. 13. 630 Beulke, ZStW 103 (1991), 657 (676); Reeb, Internal investigations, S. 144 f.; Rödiger, Strafverfolgung, S. 313; Schröder, Beweisverwertungsverbote und die Hypothese rechtmäßiger Beweiserlangung im Strafprozeß, S. 75/113; Wohlers, NStZ 1990, 245 (246). 631 Rogall, SK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 121; ders., NStZ 1988, 385 (392). 632 BGHSt 32, 68 (71). 633 Reeb, Internal investigations, S. 144 f.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 848.

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Anforderungen an die Beweishypothese zu stellen seien634 und warum mit Blick auf die zufällige zeitliche Abfolge von staatlicher und privater Beweiserhebung eine Hypothesenbildung hier angezeigt sei. Die diesen Überlegungen zugrunde liegende Frage, warum die Regelungen über diese Figur aber überhaupt auch für Privatpersonen Geltung erlangen sollten, wird dagegen durch die Unterstellung, der abschließend normierte Regelungsgehalt der Beweiserhebungsvorschriften der StPO gelte auch dann als Grenze, wenn die Beweise gar nicht selbst von den Behörden beschafft wurden nicht nur nicht beantwortet.635 Vielmehr widerspricht sich Godenzi mit der Grundannahme dieses Ansatzes selbst, wenn sie zuvor noch – im Übrigen zutreffend – herausarbeitet, dass die Beweiserhebungsnormen abstrakt-generelle Bedingungen vorgeben, die die Beweismittelerhebung und damit Grundrechtseingriffe der staatlichen Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, während eine private „Verfahrenshandlung“ eine solche Grundrechtsrelevanz nicht besitze und die Schranken dieser Normen daher auch keine Anwendung fänden.636 Schließlich ist die Behauptung, dass im Bereich staatlicher Beweiserhebung ein äußerster gesetzlicher Rahmen vorgegeben sei, der bei der Beweiserhebung nicht überschritten werden dürfe,637 vor dem Hintergrund, dass weder die fehlerhafte Beweiserhebung zwingend zur Unverwertbarkeit dieses Beweismittels führt, noch umgekehrt die Unzulässigkeit der Beweiserhebung unbedingte Voraussetzung für die Annahme eines Verwertungsverbots ist638 kritisch zu sehen639 und dieser Ansatz daher im Ergebnis abzulehnen.640

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Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 293 ff. So zutreffend: Kaspar, GA 2013, 206 (224) mit Verweis auf Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 306 (Den Strafverfolgungsbehörden sei es „verwehrt, bei der Verwertung den äußersten gesetzlichen Rahmen zu überschreiten, der ihnen bei der Wahrheitsforschung vorgegeben ist“), der insoweit von einer „petitio principii“ spricht; Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 222. 636 Vgl.: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 286; so auch: Kaspar, GA 2013, 206 (224). 637 Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 306. 638 Man denke nur an unmittelbar aus der Verfassung abzuleitende selbständige Beweisverwertungsverbote. 639 So wohl auch: Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 109; Kaspar, GA 2013, 206 (224). 640 Im Ergebnis ebenso: Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 109; Bung/Huber, Beulke-FS, 655 (666 f.); Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 100; Kaspar, GA 2013, 206 (224); Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 222; Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a StPO Rn. 17. 635

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ee) Grundsätzliche Verwertbarkeit – Ausnahme: menschenrechtswidrige Beweiserhebung (1) Darstellung Nach der herrschenden Auffassung in der Literatur sind sämtliche von Privaten erhobene Beweismittel – unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Ehebungsakts – im Prozess grundsätzlich verwertbar, sodass die Strafverfolgungsbehörden nicht daran gehindert sind, dieses Beweismaterial zu übernehmen und in den Strafprozess einzuführen.641 Nahezu einhelliger Begründungsansatz ist insoweit, dass sich die StPO aufgaben- und befugniszuweisend lediglich an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden richtet und Privatpersonen daher keine Normadressaten sind.642 Das Gericht treffe insoweit zwar die Verpflichtung, Beweismittel, die durch Eingriffe in Rechte Dritter von Privaten erhoben wurden, mit besonderer Zurückhaltung zu würdigen und vor allem den Beweiswert solcher Ergebnisse kritisch zu hinterfragen.643 Dass ein solchermaßen erhobenes Beweismittel ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat, stellt aber dennoch eine begründungspflichtige Ausnahme dar. Eine solche Ausnahme soll dann gelten, wenn die Beweise in extrem menschenrechtswidriger Weise644 oder unter (krasser) Verletzung der Menschenwürde645 zustande gekommen sind. 641 Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 107; Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 64; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 478; Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 126; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 197; Diemer, in: KK-StPO, § 136a StPO Rn. 3; Haller/Conzen, Das Strafverfahren, Rn. 615; Hellmann, Strafprozessrecht, Rn. 530; Jäger, Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, S. 222; Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 34; Kühne, in: AK-StPO, Band I, vor § 48 StPO Rn. 54; Krey/Heinrich, Deutsches Strafverfahrensrecht, Rn. 1607; Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 224; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 92; Otto, GA 1970, 289 (305); ders., Kleinknecht-FS, 319 (338f.); Pauckstadt-Maihold, in: KMR-StPO, § 136a StPO Rn. 5; Ranft, Spendel-FS, 719 (736); Rogall, JZ 2008, 818 (828 f.); Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136a StPO Rn. 3. 642 Vgl. etwa: Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 107; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 197; Diemer, in: KK-StPO, § 136a Rn. 3; Kubiciel, GA 2013, 226 (228); Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65. 643 OLG Oldenburg NJW 1953, 1237; Diemer, in: KK-StPO, § 136a StPO Rn. 3; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 397; Nüse, JR 1966, 281 (285); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 133. 644 Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 35; Rogall, JZ 2008, 818 (828 f.); Roxin/Schünemann, § 24 Rn. 65. 645 Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 64; Beulke, in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 319; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 479; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 197; Diemer, in: KK-StPO, § 136a StPO Rn. 3; Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 21; Finger, JA 2006, 529 (536); Jahn, Stöckel-FS, 259 (281); Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 35; Kleinknecht, NJW 1966, 1537 (1541 f.); Nüse, JR 1966, 281 (285); Otto, Kleinknecht-FS,

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

(2) Stellungnahme Es mag auf den ersten Blick logisch und plausibel erscheinen, wenn ein grundsätzliches Verwertungsverbot deshalb abgelehnt wird, weil Privatpersonen nicht Adressaten der StPO sind und daher gerade gar nicht gegen Beweiserhebungsnormen der StPO verstoßen können. Bei näherer Betrachtung ist dies jedoch ungeachtet dessen, dass eine Unterscheidung zwischen „extremen“ und „nicht extremen“ Menschrechtsverstößen nur schwerlich durchzuführen ist,646 nur wenig überzeugend. So ist es vor dem Hintergrund, dass das Strafverfahrensrecht vor allem die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs und damit weniger private Interessen verfolgt,647 zunächst nahezu selbstverständlich, dass sich die StPO nicht explizit an Privatpersonen richtet. Vor allem aber ist ein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften der StPO gar nicht zwingende Voraussetzung für ein Beweisverwertungsverbot.648 Dies zeigt bereits die Existenz selbständiger Beweisverwertungsverbote, bei denen eine Beweismittelverwertung gerade unabhängig von einem vorhergehenden Rechtsverstoß i. R. d. Beweiserhebung ausgeschlossen ist.649 Aus der Tatsache, dass bei der privaten Beweismittelerhebung nicht gegen Verfahrensvorschriften der StPO verstoßen wurde, folgt damit lediglich, dass bei von Privaten erhobenen Beweismitteln kein Beweisverwertungsverbot greifen kann, das seinen Grund in einem Verstoß gegen Verfahrensrecht hat. Auf die eigentlich in Rede stehende Frage, ob rechtswidrige private Beweismittelerhebung ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat, ergibt sich indes keine Antwort.650 Gleichwohl ist richtig, dass die Annahme eines Verwertungsverbots eine begründungspflichtige Ausnahme darstellt651 und daher im Grundsatz von einer Verwertbarkeit auch rechtswidrig erhobener Beweismittel durch Private auszugehen ist. Als solche Ausnahmen konnten die bisher aufgezeigten Ansätze nicht überzeugen. Ähnliches gilt aber auch in Bezug auf die teilweise vertretenen Begründungsansätze der herrschenden Meinung, warum menschenrechts- bzw.

319 (322 ff.); Salvenmoser/Schreier, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 15. Teil Rn. 69; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136a StPO Rn. 3. 646 Rüping, Das Strafverfahren, Rn. 496 lehnt auch wegen dieses „vagen“ Abgrenzungskriteriums die h. M. ab. Darauf im Anschluss bezugnehmend: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 70; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 132; i. Ü. ebenso: Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 174. 647 Vgl.: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 3. 648 Gleß, in: LR-StPO, Band IV/1, § 136a StPO Rn. 12. 649 Vgl. oben unter: § 3 A. 650 Vgl.: Dubois, Zur Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit von Beweismitteln, S. 68; Grünwald, Das Beweisrecht der Strafprozeßordnung, S. 163. 651 BGHSt 56, 127 (135); BVerfGE 130, 1 (28).

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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menschenwürdewidrig erhobene Beweismittel ausnahmsweise unverwertbar sein sollen. Wird argumentiert, dass solchermaßen erhobene Beweismittel deshalb unverwertbar seien, weil durch deren Verwertung das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Rechtspflegeorgane nachhaltig Schaden nehmen könnten,652 erschließt sich nicht, warum das Ansehen nur in den Fällen extremer Menschenrechtswidrigkeit oder bei Menschenwürdeverstößen gegeben sein soll, nicht aber bei einfacher Menschenrechtswidrigkeit oder sonstiger Rechtswidrigkeit bei der Beweiserhebung.653 Ebenso wenig vermag es zu überzeugen, die Verwertung eines auf menschenrechtswidrige Weise erhobenen Beweismittels deshalb grundsätzlich abzulehnen, weil die Verwertung einen erneuten oder sogar noch schwereren Grundrechtseingriff darstelle.654 Denkt man etwa an eine durch private Folter erlangte Aussage, so können die Rechte des Betroffenen durch die Verwertung allein – mangels nochmaliger Folterung – grundsätzlich nicht betroffen sein. Nur dann, wenn die durch die Folter erlangten Angaben seine Persönlichkeitssphäre betreffen, kommt ein (erneuter) Grundrechtseingriff in Betracht.655 Dies zeigt, dass die Verwertung eines von privater Seite menschenwürdewidrig erhobenem Beweismittel noch lange nicht selbst die Menschenwürde des ursprünglich Betroffenen beeinträchtigt.656 Ein unter Verstoß gegen die Menschenwürde erhobenes Beweismittel als Ausnahme von dem Verwertbarkeitsgrundsatz anzusehen, erweist sich jedoch mit Blick auf die Verfassung als richtig. Das Grundgesetz stellt die Menschenwürdegarantie – als obersten Wert in seiner Werteordnung657 – unter besonderen Schutz. So garantiert die Unantastbarkeitsformel des Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG die Achtung der Menschenwürde umfassend, d.h. nicht nur gegenüber der in Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG explizit genannten Staatsgewalt, sondern auch gegenüber Dritten und bindet daher im Wege einer unmittelbaren Drittwirkung auch die Bürger untereinander.658 Neben dem Wortlaut („unantastbar“)659 folgt dies vor allem aus 652 So: Kleinknecht, NJW 1966, 1537 (1543); Otto, Kleinknecht-FS, 319 (327); ähnlich: Kubiciel, GA 2013, 226 (228). 653 Ähnlich: Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 191. 654 So: Wolter, Meyer-GS, 493 (511). 655 Bienert, Private Ermittlungen, S. 44. 656 Bienert, Private Ermittlungen, S. 44; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 798; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 130. 657 BVerfGE 6, 32 (40 f.); BVerfGE 12, 45 (51); BVerfGE 109, 279 (311). 658 Beulke, JURA 2008, 653 (661 f.); Bockemühl, in: Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 125; Herdegen, in: Maunz/Dürig GG, Art. 1 Abs. 1 GG Rn. 74; Hillgruber, in: BeckOK GG, Art. 1 GG Rn. 8; Kunig, in: v. Münch/Kunig GG, Band I Art. 1 GG Rn. 27; Sendler, Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel, S. 67; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band I, Art. 1 GG Rn. 33; Wertenbruch, Grundgesetz und Menschenwürde, S. 180; wohl auch: Stern, Scupin-FS, 627 (635 f.); a. A.: Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 355; Höfling, in: Sachs GG, Art. 1 GG Rn. 49; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 120 ff.; ähnlich: Stern,

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der Systematik des Art. 1 Abs. 1 GG. Andernfalls wäre nämlich nicht erklärbar, warum Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG explizit von „aller staatlichen Gewalt“ spricht und Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG demgegenüber nicht zwischen staatlicher Gewalt und anderen Adressaten unterscheidet.660 Kunig stellt insoweit zutreffend fest, dass der Verfassungsgeber Art. 1 Abs. 1 S. 1 und 2 GG ansonsten durch eine Aussage wie „Alle staatliche Gewalt achtet und schützt die Menschenwürde“ einheitlich zusammengefasst hätte.661 Daher ist die Menschenwürde auch zwischen Privaten unantastbar und muss Beachtung finden. Jegliches unter Verstoß gegen die Menschenwürde erhobenes Beweismittel ist deshalb unverwertbar. Ein Abstellen auf das Kriterium der „extremen Menschenrechtswidrigkeit“ ist demgegenüber nicht erforderlich. So gelingt es, die Probleme zu vermeiden, die sich bei einer ausnahmslosen Verwertbarkeit nach rechtswidriger privater Beweiserhebung auftun und gleichzeitig jedoch eine dogmatisch sauber begründete – auf einen kleinen Anwendungsbereich beschränkte – Ausnahme zuzulassen, in der ein Verwertungsverbot greift. c) Zwischenergebnis Es bleibt damit dabei, dass die herrschende Auffassung, sofern man sie lediglich auf die Ausnahme des menschenwürdewidrigen Vorgehens begrenzt, auch unter Berücksichtigung heutiger Gegebenheiten überzeugend ist. Nur dadurch gelingt es, dogmatisch sauber zu begründen, warum privates Vorgehen bei der Beweismittelerhebung ausnahmsweise auch auf Ebene der strafprozessualen Verwertung relevant ist und so die (dogmatischen) Begründungsprobleme zu vermeiden, die sich vor allem bei den Extrempositionen ergeben. Um den heutigen tatsächlichen technischen Möglichkeiten Privater, Beweismittel zu gewinnen, auf strafprozessualer Ebene genüge zu tun, ist daher in erster Linie auf die Möglichkeit einer Zurechnung der privaten Beweiserhebung zum Staat zurückzugreifen.662 2. Folgen für Dashcam-Aufnahmen Steht damit fest, dass nach hier vertretener Auffassung lediglich unter Verletzung der Menschenwürde entstandene Beweismittel ein Verwertungsverbot zur Folge haben, bedarf es zur Feststellung, dass die Rechtsverstöße des privaten

StaatsR IV/1, S. 66, der zwar ebenfalls eine Bindung Privater an Art. 1 Abs. 1 GG annimmt, diese jedoch mit der Schutzpflichtfunktion begründet. 659 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band I, Art. 1 GG Rn. 33; Stern, Scupin-FS, 627 (636). 660 Kunig, in: v. Münch/Kunig GG, Band I, Art. 1 GG Rn. 27. 661 Kunig, in: v. Münch/Kunig GG, Band I, Art. 1 GG Rn. 27. 662 Vgl. dazu unten unter: § 3 D.

C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung

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Dashcam-Nutzers bei der Beweiserhebung keine strafprozessualen Konsequenzen haben, keines großen Begründungsaufwandes. Das BVerfG greift zur Feststellung einer Menschenwürdeverletzung auf die sog. Objektformel zurück. Danach liegt eine Verletzung der Menschenwürde vor, wenn „der Mensch einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt und daher Ausdruck der Verachtung des dem Menschen kraft seines Personenseins zukommenden Wertes ist“.663 Unabhängig davon, ob man mit Beulke bereits bei der Anbahnung eines Liebesverhältnisses zur Ausnutzung der Informationsgewinnung gegen den Verliebten664 oder mit der überwiegenden Auffassung erst bei der Anwendung von Folter oder vergleichbaren Handlungen zur Gewinnung von Informationen oder Beweismitteln eine Verletzung der Menschenwürde annimmt,665 ist eine Verletzung der Menschenwürde durch den Vorgang der Beweiserhebung mittels Dashcam nicht anzunehmen. Denn weder handelt es sich bei den aufgezeichneten Personen regelmäßig um bekannte – jedenfalls nicht um geliebte – Personen, noch werden diese durch die Aufnahmen gefoltert oder gequält. 3. Ergebnis Ein Beweisverwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung Privater greift nach hier vertretener Auffassung nur, wenn die Beweismittel unter Verstoß gegen die Menschenwürde erhoben wurden. Da ein solches Verhalten bei Aufnahmen mittels Dashcam nicht vorliegt, kann an das Verhalten der Privatperson kein Beweisverwertungsverbot geknüpft werden. Über die schlussendliche (Un-) Verwertbarkeit derartiger Aufnahmen ist damit jedoch noch nicht alles gesagt. Vielmehr kann ein Verwertungsverbot auch daraus resultieren, dass den Strafverfolgungsbehörden das private Vorgehen bei der Beweisermittlung zugerechnet werden kann (D.) oder der Akt der Verwertung als solcher selbständig gegen die Verfassung verstößt (E.).

663 BVerfGE 30, 1 (25 f.); BVerfGE 109, 279 (312 f.); BVerfG NJW 2009, 3089 (3090). 664 Beulke, JURA 2008, 653 (662). 665 So etwa: Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 64; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 479; Brodag, Strafverfahrensrecht, Rn. 93; Nüse, JR 1966, 281 (285); Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 136a StPO Rn. 3.

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung der privaten Beweiserhebung zum Staat Ein weiterer, den Verwertungsgrundsatz der herrschenden Meinung einschränkender Aspekt ist nach hier vertretener Auffassung eine mögliche Zurechnung der privaten Beweiserhebung zu den staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Eine solche Zurechnung kommt in der vorliegenden Untersuchungskonstellation in den Fällen sogenannter „Hilfssheriffs“, die Videomaterial sammeln, es später bei den Strafverfolgungsbehörden abliefern und zur Anzeigeerstattung nutzen, in Betracht.666 Kann eine Zurechnung bejaht werden, ist in dem privaten Handeln bei der Beweiserhebung ein solches der staatlichen Strafverfolgungsbehörden zu sehen und zur Ermittlung eines Beweisverwertungsverbots kommen die Grundsätze zur Anwendung, die auch dann gelten, wenn die Strafverfolgungsorgane unmittelbar selbst Beweise erheben.667 Sie müssen ihre Ermittlungen an den gesetzlichen Voraussetzungen – insbesondere denen der StPO – messen lassen. Bei fehlerhafter Beweiserhebung, etwa weil gegen Beweiserhebungsvorschriften der StPO verstoßen wurde, sind deshalb sog. unselbständige Beweisverwertungsverbote zu prüfen.668 Dies gilt vor allem für die anlasslose Aufzeichnung des Straßenverkehrs, für die es gegenwärtig keine Rechtsgrundlage gibt.669 Ist eine Zurechnung hingegen abzulehnen, verbleibt es bei der soeben aufgezeigten Frage, ob und inwieweit das private (rechtswidrige) Vorgehen bei der Beweiserhebung auf die strafprozessuale Verwertungsebene durchschlägt. Zutreffenderweise ist die Rechtswidrigkeit des privaten Handelns für die strafprozessuale Verwertbarkeit grundsätzlich irrelevant und kann nur in Ausnahmefällen Berücksichtigung finden.670 Die Bedeutsamkeit der Frage, ob eine Zurechnung bejaht werden kann oder nicht, zeigt sich auch aus verfassungsrechtlicher Sicht: Während die Staatsgewalt auch im Strafverfahren gem. Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist und sich dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtungen auch nicht durch 666 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282); AG Nienburg ZD 2015, 341 (343) halten ein Beweisverwertungsverbot für Dashcam-Aufzeichnungen in der Konstellation der „Hilfssheriffs“ für möglich, lassen eine Entscheidung hierüber aber offen. Eine mögliche Zurechnung in dieser Konstellation sprechend zumindest auch Jansen, StV 2019, 578 (583 f.) sowie Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 325 an. 667 Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 106; Beulke, JURA 2008, 653 (661 f.); Godenzi, GA 2008, 500 (503 f.); Keller, Grünwald-FS, 267 (274 f.); Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 179; Rogall, ZStW 91 (1979), 1 (41); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 323. 668 Deren Ermittlungsweise ist wiederum stark umstritten. Der BGH entscheidet auf Grundlage der Abwägungslehre einzelfallabhängig, vgl. oben unter: § 3 A. 669 Niehaus, NZV 2016, 551 (553) mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG NZV 2009, 618 ff.). 670 Sog. selbständige Beweisverwertungsverbote bleiben hiervon selbstverständlich unberührt.

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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eine „Flucht ins Privatrecht“ 671 entledigen kann, ist die (unmittelbare) Grundrechtsbindung Privater zumindest im Grundsatz abzulehnen. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine Zurechnung zu bejahen ist, sind derzeit jedoch noch nicht ausreichend geklärt.672 Klar ist nur, dass einer privaten Ermittlungsmaßnahme bereits eine grundsätzlich andere Bedeutung zukommt, wenn die ermittelnde Person etwa auf Veranlassung der Strafverfolgungsbehörden tätig wird, als wenn sie aus eigener Initiative agiert, sodass es nicht sachgerecht erscheint, beide Fälle rechtlich gleich zu behandeln. Eckhardt veranschaulicht dies anhand folgenden Beispiels:673 In einer Situation, in der sich zwei Personen über Straftaten des einen unterhalten und der andere diese Informationen nicht vertraulich behandelt, sondern sie an die Strafverfolgungsorgane weitergibt, realisiert sich lediglich das allgemeine Lebensrisko, das jeder Form zwischenmenschlicher Kommunikation immanent ist. Ist der Gesprächspartner, der die geteilten Informationen über begangene Straftaten an die Strafverfolgungsorgane weitergibt, hingegen von den Strafverfolgungsorganen damit beauftragt, die andere Person gezielt auf die begangene Stratat anzusprechen und so eine Selbstbelastung zu provozieren, ist die Situation eine grundlegend andere. Das Risiko einer irrtumsbedingten Selbstbelastung wird in einem solchen Fall aufgrund des gezielten Nachfragens des Gesprächspartners signifkant erhöht. Ob eine Zurechnung in der Konstellation, in der ein „Hilfssheriff“ DashcamAufnahmen fertigt, tatsächlich zu bejahen ist, gilt es im Folgenden zu untersuchen. Dazu soll zunächst die hier anzuwendende Zurechnungsdogmatik bestimmt werden, ehe allgemeine Zurechnungskriterien entwickelt werden können, die in einem letzten Schritt auf die Konstellation der von „Hilfsheriffs“ gefertigten Dashcam-Aufnahmen zu übertragen sind.

I. Zurechnungsdogmatik 1. Materiell-strafrechtliche Zurechnung Aufgrund der im materiellen Strafrecht bereits ausgefeilten Zurechnungsdogmatik, erscheint es zumindest auf den ersten Blick nachvollziehbar, sich für die Frage der Zurechnung privater Beweiserhebungen an materiell-strafrechtlichen

671 Dieser Grundsatz gilt auch im Strafverfahren, vgl.: Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 19; Eidam, Die strafprozessuale Selbstbelastungsfreiheit, S. 87; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 175; Reeb, Internal investigations, S. 9; Weiler, Grundlagen und Grenzen, S. 168. 672 Vgl.: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 175 ff.; dies., GA 2008, 500 (503 f.); Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 101; Kaspar, GA 2013, 206 (213); Keller, Grünwald-FS, 267 (274 ff.); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 324. 673 Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 88 f.

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

Kriterien zu bedienen.674 Anwendungsbeispiele für die Rechtsfigur der Zurechnung finden sich im materiellen Strafrecht vor allem bei der Lehre der objektiven Zurechnung sowie im Rahmen der mittelbaren- bzw. Mittäterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 bzw. § 25 Abs. 2 StGB. So wird bei der Lehre der objektiven Zurechnung danach gefragt, inwiefern der sozialschädliche Erfolg einer Handlung dem Täter unter Berücksichtigung des menschlichen Leistungsvermögens als „sein Werk“ zugerechnet werden darf.675 Ein tatbestandlicher Erfolg ist danach zurechenbar, wenn eine Gefahr qualifizierter Art durch eine menschliche Handlung geschaffen wurde, die sich in dem fraglichen Erfolg realisiert hat.676 Im Rahmen der mittelbaren Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB erfolgt eine Zurechnung des mittelbaren Täters aufgrund seines überlegenen Wissens oder Willens gegenüber seines menschlichen Tatwerkzeugs;677 im Rahmen der Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des arbeitsteiligen Zusammenwirkens der Mittäter.678 Nun liegt es schon terminologisch sehr nahe, die Kriterien der strafrechtlichen Lehre der objektiven Zurechnung auch auf die Zurechnung privater Ermittlungshandlungen zum Staat heranzuziehen.679 Immerhin könnte man erwägen, dass auch im hier interessierenden Kontext die Frage geklärt werden soll, wann Art und Grad der behördlichen Einflussnahme auf eine private Ermittlungsmaßnahme so erheblich sind, dass die Ermittlung sich faktisch als deren „Werk“ darstellt. Jedoch ist es die unterschiedliche Ausgestaltung von materiellem Strafrecht einerseits und Prozessrecht andererseits, die einer Übertragung hier im Wege steht. Denn überträgt man die Konzeption der objektiven Zurechnung auf die strafprozessualen Beweiserhebungsvorschriften, müsste man den „tatbestandlichen Erfolg“ in der rechtmäßigen Beweiserhebung sehen. Dies gilt deshalb, weil bei Erfüllung der Voraussetzungen einer strafprozessualen Beweiserhebungsvorschrift (z. B. § 136 StPO) der Erfolg regelmäßig in der rechtmäßigen Erhebung von Beweismaterial und weniger in einer Sanktion liegt – wie dies im

674 So etwa: Bernsmann, StV 1997, 116 (116 f.); Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 19; Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 68 f.; Reeb, Internal investigations, S. 8 ff. 675 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 257. 676 Vgl.: Kühl, Strafrecht AT, Rn. 43; ders., in: Lackner/Kühl StGB, vor § 13 Rn. 14; Rengier, Strafrecht AT, § 13 Rn. 46; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 261. 677 Vgl.: Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, § 40 Rn. 2; Kühl, in: Lackner/ Kühl StGB, § 25 StGB Rn. 9; Rengier, Strafrecht AT, § 44 Rn. 3; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 812. 678 Vgl.: Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, § 40 Rn. 2; Kühl, Lackner/Kühl StGB, § 25 StGB Rn. 9; Rengier, Strafrecht AT, § 44 Rn. 3; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 812. 679 Die Möglichkeit zumindest in Betracht ziehend: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 172 ff.; Wolter, ZIS 2012, 238 (241 f.).

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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materiellen Recht etwa der Fall ist. Eine rechtswidrige Beweiserhebung käme als (tatbestandlicher) Erfolg jedenfalls nicht in Betracht.680 Ebenso wenig vermag es zu überzeugen, eine Zurechnung privaten Verhaltens zum Staat davon abhängig zu machen, ob die Strafverfolgungsbehörden nach den allgemeinen Tatherrschaftskriterien als „Täter“ der betreffenden Ermittlungen eingeordnet werden können.681 Zum einen hinkt ein solcher Vergleich bereits deshalb, weil der Staat seine „Tatherrschaft“ im Ermittlungsverfahren von Verfassungs wegen zu garantieren hat, sodass ihn ein Außerachtlassen der Tatherrschaft verfassungsrechtlich nicht zum Vorteil gereichen kann.682 Zum anderen können die Strafverfolgungsbehörden in praxi mangels Tatherrschaft materiellrechtlich lediglich als Teilnehmer qualifiziert werden, was danach zur Folge hätte, dass eine Zurechnung nahezu immer ausschiede. Mit Blick auf die grundrechtlich geschützte Position des von der Ermittlungsmaßnahme betroffenen Bürgers hätte dies fatale Konsequenzen: Materiell-rechtlich kommt eine solch enge Auslegung der Tatherrschaft der Grundrechtspositon des privaten (Mit-)Täters entgegen; prozessual hingegen würden die Grundrechte des von der Ermittlungsmaßnahme betroffenen Bürgers mangels staatlichen Eingriffs und damit mangels Bindung an strafprozessuale Beweiserhebungsnormen gerade beschnitten.683 Eine Heranziehung von materiell-strafrechtlichen Zurechnungskriterien ist daher in der vorliegenden Untersuchungskonstellation abzulehnen.684 2. Verwaltungsrechtliche Zurechnung Im Verwaltungsrecht ist anerkannt, dass sich der Staat nicht durch die Beauftragung Privater seiner Bindung an die Grundrechte und die einfachen Gesetze entziehen kann.685 In ähnlicher Weise ist Bezugspunkt einer Zurechnung privater Ermittlungen im Strafverfahren regelmäßig der Gedanke, dass die staatlichen Strafverfolgungsbehörden nicht die gesetzlichen Beweiserhebungsvorschriften umgehen können sollen, indem Private die Ermittlungen übernehmen.686 Daher erscheint es zumindest nicht fernliegend, sich auch im Strafprozessrecht eines 680

Ähnlich wohl: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 112. So aber: Bernsmann, StV 1997, 116 f.; Bockemühl, Private Ermittlungen im Strafprozess, S. 19, 29 f.; Lindner, Täuschungen, S. 123; Reeb, Internal investigations, S. 8 ff., der allerdings auf S. 14 selbst eingesteht, dass die Voraussetzungen nicht eins zu eins übertragen werden können; Schmitz, Verdeckte Ermittler, S. 144. 682 Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 489. 683 Ähnlich: Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 489. 684 Im Ergebnis ebenso: Kaspar, GA 2013, 206 (214); Mahlstedt, Befragung, S. 90 ff. 685 Becker, NVwZ 2019, 1385 (1391); Burgi, in: HStR IV (2006), § 75 Rn. 29; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rn. 905 ff. 686 Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 480a; Brunhöber, GA 2010, 571 (576); Joerden, JuS 1993, 927 (928); Kindhäuser/Schumann, § 23 Rn. 36; Volk/Engländer, Grundkurs StPO, § 28 Rn. 36. 681

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verwaltungsrechtlichen Zurechnungsbegriffes zu bedienen. Einige Autoren687 erkennen in dieser Konstellation vor allem eine Parallele zu der Rechtsfigur des Verwaltungshelfers. Hier handeln Private im Auftrag und nach Weisung einer Behörde, um eine fortbestehende Staatsaufgabe zu erfüllen.688 Vor allem aufgrund des funktionalen Bezogenseins ihres Tätigwerdens ist anerkannt, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Amtsträger i. S. d. Art. 34 S. 1 GG i.V. m. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB sein können und der Staat daher für deren Handeln haftet.689 Denn während § 839 BGB einen handelnden Beamten voraussetzt, geht Art. 34 GG mit seiner Formulierung („jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes“) weiter und prägt aufgrund seines Verfassungsrangs die Auslegung des einfachen Rechts. Es genügt deshalb, dass ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinne tätig wird, worunter jedermann, der hoheitlich tätig wird, zu subsumieren ist.690 Die Frage, welche Voraussetzungen dafür im Einzelnen vorliegen müssen, gilt jedoch nach wie vor als ungeklärt.691 Nach der früheren Rechtsprechung konnte das Tätigwerden eines Verwaltungshelfers nur dann zugerechnet werden, wenn die öffentliche Hand es so sehr beeinflusste und quasi „steuerte“, dass der Private als ihr Werkzeug erschien.692 Da die Behörde eine Zurechnung danach vergleichsweise leicht umgehen kann, indem er die Steuerung des Beauftragten unterlässt693 und der geschädigte Bürger das Innenverhältnis zwischen Hoheitsträger und Beauftragten nicht durchschauen kann,694 stieß diese Rechtsprechung in der Literatur zu Recht auf erhebliche Kritik. Folgerichtig ist es, dass der BGH seine Rechtsprechung in der folgenden Zeit dergestalt modifizierte, dass es für die Bestimmung der Werkzeugeigenschaft des Privaten nicht nur auf den Grad der Einbindung des Privaten in den behördlichen Pflichtenkreis, sondern auch auf den Charakter der jeweils wahrgenommenen Aufgabe sowie die Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe ankomme. Je mehr die Verbindung der übertragenen Tätigkeit mit der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe zu- und je mehr der Entscheidungsspielraum des handelnden Privaten 687 Bosch, JURA 1998, 236 (239); Dencker, StV 1994, 667 (671); Keller, Rechtliche Grenzen, S. 155 (in Bezug auf die V-Mann-Tätigkeit); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 500. 688 Burgi, in: HStR IV (2006), § 75 Rn. 7; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 5 Rn. 194; Ehlers/Schneider, Schoch/Schneider/Bier VwGO, § 40 Rn. 289; Herdegen, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 115. 689 Bender, Staatshaftungsrecht, Rn. 427 f.; Papier/Shirvani, MüKo BGB, § 839 Rn. 135; A. Staudinger, in: HK-BGB, § 839 Rn. 6; Stelkens, JZ 2004, 656 ff. 690 Hartmann/Tieben, JA 2014, 401 (401); Voßkuhle/Kaiser, JuS 2015, 1076 (1076). 691 Ossenbühl, JuS 1973, 421 (421 ff.). 692 BGH WM 1973, 390 (391); BGH NJW 1980, 1679 (1679). 693 Notthoff, NVwZ 1994, 771 (772); Schimikowski, VersR 1984, 315 (317); Windthorst, JuS 1995, 791 (794); Würtenberger, JZ 1993, 1003 (1004). 694 Notthoff, NVwZ 1994, 771 (772); Ossenbühl, JuS 1973, 421 (423); ähnlich auch: Kühlhorn, Haftung, S. 116.

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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abnehme, desto näher liege es, den Privaten haftungsrechtlich als Werkzeug und damit als Amtsträger i. S. d. Art. 34 S. 1 GG i.V. m. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB einzuordnen.695 Teilen in der Literatur geht jedoch auch die modifzierte Werkzeugtheorie nicht weit genug. Im Interesse des Geschädigten dürfe es nicht auf einen Entscheidungsspielraum des Privaten und damit auf das Innenverhältnis zwischen Staat und Verwaltungshelfer ankommen, sondern allein auf das Außenverhältnis. Ist die Aufabe, bei der die Behörde sich helfen lässt, eine öffentlich-rechtliche, ist der Helfer Amtsträger i. S. d. Art. 34 S. 1 GG i.V. m. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB und der Staat für anfallende Schäden selbst verantwortlich.696 Diese Uneinigkeit zeigt, dass eine Anwendung verwaltungsrechtlicher Zurechnungsbegriffe nur bedingt weiterzuhelfen vermag. Letztendlich wird die nach wie vor ungeklärte Problematik der Zurechnung privater Ermittlungshandlungen nämlich damit nicht gelöst, sondern schlicht auf die verwaltungsrechtliche Ebene verlagert. Das Problem – nämlich die Entwicklung von Zurechnungskriterien – bliebe nach wie vor bestehen.697 Matula weist zudem zutreffend darauf hin, dass es auch an einer Vergleichbarkeit der Konstellationen fehlt.698 Während der Verwaltungshelfer legale Aufgaben der Behörde wahrnimmt, geht es in der vorliegenden Untersuchungskonstellation gerade um die Frage, ob die Privaten Ermittlungsmethoden einsetzen, die den staatlichen Strafverfolungsbehörden untersagt und daher rechtswidrig wären. Nur dann erscheint es nämlich angebracht, von einer Umgehung der strafprozessualen Erhebungsnormen zu sprechen. Insgesamt bietet sich eine Anwendung verwaltungsrechtlicher Zurechnungskriterien daher nicht an, um allgemeine Zurechnungskriterien in den Fällen privater Ermittlungen zu entwickeln.699 3. Strafprozessuale Zurechnung Vielmehr bedarf es einer Art strafprozessualer Zurechnungslehre, deren konkrete Ausgestaltung allerdings bislang kaum näher entfaltet wurde.700 Zumeist 695

BGHZ 121, 161 (165 f.). Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9 Rn. 21; Hartmann/Tieben, JA 2014, 401 (403); Meysen, JuS 1998, 404 (407); Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 26 f.; Papier, in: Maunz/Dürig GG, Band IV, Art. 34 GG Rn. 113; Windthorst, JuS 1995, 791 (794); Würtenberger, DAR 1983, 155 (160 f.). 697 Matula, Private Ermittlungen, S. 142 f., 174. 698 Matula, Private Ermittlungen, S. 174. 699 Im Ergebnis ebenso: Matula, Private Ermittlungen, S. 143, 174; a. A. wohl: Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 500: „Gerade die Problematik einer Übertragung unzulässigen staatlichen Vorgehens auf Private im Sinne einer „Flucht ins Privatrecht“ ist dem öffentlichen Recht bekannt. Eine entsprechende Anwendung der hierzu entwickelten Grundsätze scheitert daher keinesfalls (. . .) an der fehlenden Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen.“ 700 Siehe allerdings die weitergehenden Ausführungen von: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 110 ff., Kaspar, GA 2013, 206 (214 ff.) sowie von Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 587 ff. 696

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wird nur auf den Aspekt einer drohenden Umgehung prozessualer Normen durch private Ermittlungen hingewiesen.701 Dies ist zwar im Ergebnis überzeugend, bedarf aber – um diesen auf die Konstellation der „Hilfssheriffs“ übertragen zu können – der Konkretisierung.702 Anhand von Rechtsprechung703 und Literatur sollen deshalb im Folgenden Fallgruppen entwickelt werden, bei denen eine Zurechnung anzunehmen ist, um so den Begriff der Umgehung näher durchleuchten zu können.

II. Zurechnungsfallgruppen 1. Staatliche Beauftragung a) Ausdrückliche Beauftragung Gleich ob man terminologisch von einem sog. „Ansetzen“ 704 bzw. „Anstiften“ 705 der Zielperson spricht oder diese als „Werkzeug“ 706 der Ermittlungsbehörden ansieht, herrscht weitestgehend Einigkeit darüber, dass die ausdrückliche Beauftragung mit einer konkreten Ermittlungshandlung durch die Ermittlungsbehörden zurechnungsbegründend wirkt.707 Dabei kann es – entgegen des gängigen Verständnisses einer Beauftragung – nicht darauf ankommen, von wem der Anstoß zur Zusammenarbeit ausgegangen ist.708 Dies gilt bereits zwingend im 701 So etwa: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 480a; Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 23 Rn. 36; Volk/Engländer, Grundkurs StPO, § 28 Rn. 36. 702 Vgl.: Kasiske, StV 2014, 423 (426 f.), der den Begriff der Umgehung als zu ungenau kritisiert. 703 Eine ausführliche Darstellung und Analyse der Rechtsprechung findet sich bereits bei: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 26 ff., 103 ff.; Matula, Private Ermittlungen, S. 105 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 501 ff. Daher sollen die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle in dieser Arbeit nicht in aller Ausführlichkeit dargestellt, sondern allein zur Entwicklung der Kritierien gebraucht werden. 704 BGHSt 44, 129 (135); Volk/Engländer, Grundkurs StPO, § 28 Rn. 36. 705 Kubiciel, GA 2013, 226 (228). 706 Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 129; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 176; Mende, Grenzen privater Ermittlungen, S. 69; Schilling, Illegale Beweise, S. 61. 707 Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 106; Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 64; Beulke, JURA 2008, 653 (662); ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 480a; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 401; Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 28 ff.; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 175; Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 101; Kaspar, GA 2013, 206 (216); Müssig, GA 1999, 119 (138); Matula, Private Ermittlungen, S. 185; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 587; Wewerka, Internal Investigations, S. 246; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 325. 708 Kasiske, StV 2014, 423 (425); Mahlstedt, Befragung, S. 158; Roxin, NStZ 1999, 147 (150); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 588; wohl auch: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 119 ff., der von einer Beteiligung „vergleichbar einer mittäterschaftlichen Tatbegehung i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB“ spricht; a. A.: BGH NStZ 2011, 596 (598).

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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Sinne eines effektiven Schutzes des Beschuldigten, für den allein entscheidend ist, ob ihm gegenüber ein Privater oder ein staatliches Organ gehandelt hat.709 Eine solche Beauftragung sah der BGH vielfach in den Untersuchungshaftfällen gegeben, auch wenn vor allem die Zwangslage der Untersuchungshaft hervorgehoben wurde.710 So etwa in einem Fall, in dem ein Gefangener einen anderen Mitgefangen auf Veranlassung der Polizei ausgehorcht hatte.711 Der BGH verneinte die Verwertbarkeit der Aussage des Mitgefangenen analog § 136a StPO, da eine entsprechende Anwendung eingreife, wenn die Strafverfolgungsbehörden mit verbotenen Mitteln auf den Beschuldigten einwirken, damit er gegenüber einer Privatperson, die dann als Zeuge vernommen soll, bestimmte Angaben zu einer – im Zeitpunkt der Äußerung bereits abgeschlossenen – Tat macht.712 Auch der EGMR sah in mehreren Entscheidungen eine Beauftragung der staatlichen Ermittlungsbehörden als gegeben an. So etwa in der Entscheidung A./Großbritannien713 aus dem Jahr 2002, der ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem einem Beschuldigten, der eine Beteiligung an der Tat leugnete, ein seit längerer Zeit für die Polizei tätiger Spitzel auf die Zelle verlegt worden war. Diesem wurde aufgegeben, aus dem Beschuldigten „herauszuholen, was möglich ist“.714 Trotz anfänglichen Schweigens des Beschuldigten, brachten ihn ein konfrontatives Verhör durch die Polizei unter Vorbringung neuer Beweismittel sowie ein beharrlich nachfragender Spitzel letztlich dazu, gegenüber letzterem Angaben zu machen. Der EGMR bejahte aufgrund dieser Gesichtspunkte eine Zurechnung und begründet dies damit, dass die Eingeständnisse nicht spontan und freiwillig, sondern vielmehr „auf Veranlassung der Polizei“ erfolgt sind.715 b) Konkludente Beauftragung Hinsichtlich der Art und Weise der Erteilung eines solches Auftrages genügt eine konkludente Beauftragung zum Tätigwerden Privater.716 So reicht es aus, wenn aus den Umständen des Gesprächs zwischen Strafverfolgungsbehörde und privatem Ermittler ersichtlich wird, dass damit ein Auftrag zum Tätigwerden ver709 Krüger, NJW 1982, 855 (856), der insoweit auf die Grundrechtsbindung der staatlichen Behörden verweist; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 588. 710 Diesen Gesichtspunkt der Rechtsprechung kritisierend: Kaspar, GA 2013, 206 (215); Roxin, NStZ 1999, 147 (150). 711 BGHSt 34, 362 (362 ff.). 712 BGHSt 34, 362 (363). 713 EGMR StV 2003, 257 (257 ff.). 714 Im englischen Original: „push him for what you can“. 715 EGMR StV 2003, 257 (260). 716 Beulke, JURA 2008, 653 (662); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 588; Roxin/ Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 65; Wohlers, SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 325.

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bunden ist. Frank illustriert dies anhand folgenden Beispiels:717 Dem ungeduldig auf die Verurteilung des Täters wartenden Vater des Tötungsopfers erläutert der Polizist P, dass man nur über unzureichendes Beweismaterial verfüge, sodass der für eine akustische Wohnraumüberwachung nach § 100c Abs. 1 StPO notwendige Verdacht nicht vorläge. Nun weist P den Vater darauf hin, dass die Polizei den Täter nur durch den Einsatz technischer Mittel überführen könnte, mangels gesetzlicher Voraussetzungen aber keine solchen einsetzen darf. Daraufhin wird der Vater – wie von P vorhergesehen – selbst tätig und schneidet im Rahmen seiner Abhörbemühungen ein Geständnis des Täters mit. In einer solchen Konstellation eine Zurechnung abzulehnen, ist unter dem Gesichtspunkt, einer gezielten Umgehung der strafprozessualen Beweiserhebungsnormen vorzubeugen, nicht interessengerecht. Zwar ist mit Jahn davon auszugehen, dass eine Zurechnung mehr als eine bloße Verursachung bedeutet.718 Rechnen die staatlichen Strafverfolgungsbehörden jedoch gleichzeitig damit, dass ihre Einflussnahme den konkreten Ermittlungsentschluss der Privatperson hervorruft, rückt der Umgehungsgedanke wieder in den Vordergrund. Da ein solches subjektives Element den Strafverfolgungsbehörden in der Praxis aber nur schwer nachweisbar sein wird, ist im Sinne einer objektiven Fragestellung entscheidend darauf abzustellen, ob die Ermittlungsbehörden damit rechnen mussten, dass sie mit ihrer Einflussnahme den konkreten Ermittlungsentschluss hervorrufen.719 Hierfür ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen – in Franks Beispiel also etwa darauf, dass es sich bei der Privatperson um den ungeduldig wartenden Vater des getöteten Opfers handelt. Mit dem Hervorrufen eines Ermittlungsentschlusses müssen die handelnden Strafverfolgungsbehörden ferner auch rechnen, wenn sie dem Privaten für die Ermittlungen einen Anreiz setzen, indem sie ihm etwa Geldleistungen oder andere Vorteile in Aussicht stellen.720 Letzteres beispielweise durch das Anbieten von Vergünstigungen für Angehörige oder Freunde.721 Nicht zu überzeugen vermag es deshalb, wenn der BGH in einem Fall, in dem die Ehefrau des Angeklagten sich gegenüber der Polizei dazu bereit erklärte, durch eine heimliche Gesprächsaufzeichnung an der Überführung des Mittäters mitzuwirken, um für ihren Mann 717 Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 34; ein ähnliches Beispiel nennt auch Kühne, AK-StPO, Band I, vor § 48 Rn. 55: Für eine Zurechnung genügt es nach ihm schon, „wenn ein Polizeibeamter einen kräftigen Anverwandten des Tatopfers bei dem gefaßten Beschuldigten mit der Bemerkung allein in der Zelle läßt, dass die Polizei aus verstockten Tätern das Geständnis leider nicht herausprügeln dürfe“. 718 Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 101. 719 Ebenso: Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 608; wohl auch: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 176; ähnlich: Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 34, der von einem „gezielten“ Herbeiführen einer Situation spricht. 720 Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 124; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 609; Wolter, ZIS 2012, 238 (242) spricht von Vergünstigungen wie etwa einer Strafmilderung. 721 Jäger, JA 2011, 712 (714).

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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die Vergünstigung der Kronzeugenregelung aus § 31 BtMG zu erwirken, eine Zurechnung abgelehnt hat.722 Gerade hier mussten die Ermittlungsbehörden nach dem eben Gesagten davon ausgehen, dass sie mit ihrer Einflussnahme den konkreten Ermittlungsentschluss hervorgerufen haben. Denn es ist wohl kaum zu erwarten, dass die Ehefrau sich für die Durchführung der heimlichen Gesprächsaufzeichnungen bereit erklärt hätte, wenn für den Ehemann nicht eine erhebliche Strafmilderung oder gar Strafaufhebung zu erwarten gewesen wäre.723 Ebenso genügt es für eine Zurechnung im hiesigen Kontext, dass privates Beweismaterial von den Strafverfolgungsbehörden innerhalb eines Verfahrens mehrfach724 entgegengenomen wird.725 Nur so gelingt es, diejenige Ermittlungstätigkeit, die noch vom Staat veranlasst ist, von derjenigen zu unterscheiden, die schon als rein privat anzusehen ist. Eine Zurechnung des Verhaltens einer Privatperson kann den Ermittlungsbehörden nämlich nur so lange zugerechnet werden, wie sich diese noch in den Grenzen des ihm erteilten Auftrags hält.726 Sähe man hingegen eine konkludente Beauftragung bereits dann als gegeben an, wenn die staatlichen Strafverfolgungsbehörden die Beweismittel eines Informanten unabhängig von der Verfahrenszugehörigkeit mehrfach entgegennehmen,727 wäre ab der zweiten staatlichen Beweismittelentgegennahme derselben Privatperson durchweg eine konkludente Beauftragung anzunehmen, was als zu weitgehend angesehen werden muss: Diejenigen Betroffenen, die lediglich von der ersten oder zweiten Ermittlungsmaßnahme eines Privaten berührt sind, würden gegenüber denjenigen, die ab der dritten Ermittlungsmaßnahme derselben Privatperson betroffen sind, benachteiligt; und das, obwohl es sich um grundlegend andere Lebenssachverhalten handeln kann. Denn bei ersteren bliebe es bei einer privaten Beweiserhebung, sodass deren Ergebnisse – selbst bei etwaiger Rechtswidrigkeit – grundsätzlich verwertbar wären. Schließlich ist mit Stoffer davon auszugehen, dass auch eine konkludente Verlängerung einer ursprünglich nur ein mal beauftragen Ermittlungstätigkeit möglich ist, wenn daraufhin weitere private Ermittlungsergebnisse entgegengenom722

BGH NStZ 2011, 596 (597 f.). Jäger, JA 2011, 712 (714). 724 Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 589 (Fn. 11) schlägt hierfür durchaus überzeugend eine Wiederholung, also mindestens zwei vorangeganene Informationsvorgaben vor. 725 Ähnlich: Beulke, JURA 2008, 653 (662); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 325; ähnlich auch: Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 589, die zwar nicht auf das Kriterium eines Verfahrens abstellt, aber zusätzlich fordert, dass der Private im Ausgleich hierfür eine Entlohnung enthält. 726 Götting, Beweisverwertungsverbote in Fällen gesetzlich nicht geregelter Ermittlungstätigkeit, S. 173 Fn. 340; Rogall, in: SK-StPO, Band II, § 136a Rn. 7; Walther, in: AnwK-StPO, § 136a Rn. 5. 727 In diese Richtung aber wohl Beulke, JURA 2008, 653 (662), in: Wohlers, SKStPO, Band I, Einl. Rn. 325. 723

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men werden.728 Ansonsten könnte man diese Zurechnungsfigur durch einen nur einmaligen ausdrücklichen Auftrag zu Beginn zu leicht umgehen. 2. Maßgebliche hoheitliche Unterstützung privater Ermittlungen Eine die Geltung der Vorgaben der StPO begründende Zurechnung zum Staat kann daneben auch dadurch begründet werden, dass die Strafverfolgungsorgane Private im Rahmen von deren, auf die Erlangung von Beweismitteln gerichteten Tätigkeit in maßgeblicher Weise Unterstützung gewähren.729 Diese Unterstützung kann etwa in Anregungen, Anweisungen oder auch in der Ausstattung mit technischen Hilfsmitteln (z. B. Abhörgerät) liegen.730 Es genügt, dass das private Vorgehen durch die staatliche Unterstützung gefördert wird, sodass das private Vorgehen die kriminalistische Durchschlagskraft einer staatlichen Ermittlungsmaßnahme erhält bzw. das private Ermittlungsverhalten zumindest professionalisiert.731 Exemplarisch hierfür steht auch die überwiegende Rechtsprechung des EGMR. Entscheidendes Zurechnungskriterium ist danach, dass die Strafverfolgungsbehörden einen „wesentlichen bzw. maßgeblichen Beitrag“ zu den privaten Ermittlungshandlungen geleistet haben.732 Einen solch wesentlichen Beitrag sah der EGMR etwa in einem Fall als gegeben an, der einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 zugrunde lag.733 Hier hatten Polizei und Staatsanwaltschaft einem vermeintlichen Opfer von sexueller Belästigung geraten, ein Gerät an ihr Telefon anzuschließen, um die folgenden Gespräche mit dem vermeintlichen Täter aufzuzeichnen. Polizeibedienstete verbanden im Folgenden ein Tonbandgerät mit dem Telefon, rieten ihr, dass sie die Gespräche mit dem vermeintlichen Täter auf dessen sexuelle Avancen lenken solle, erklärten ihr die Bedienung und sammelten schließlich die Tonbänder nach den entsprechenden Gesprächen ein. Da die Strafverfolgungsbehörden hier einen „wesentlichen Beitrag zur Ausführung des Vorhabens“ leisteten, bejahte der Gerichtshof eine Zurechnung der Abhörmaßnahme zum Staat.734 Parallel dazu steht auch die deutlich frühere Entscheidung 728

Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 588. Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 124; Godenzi, GA 2008, 500 (503); Kaspar, GA 2013, 206 (218); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 612; Wohlers, in: SKStPO, Band I, Einl. Rn. 326; ders., JZ 2011, 249 (253). 730 Wolter, ZIS 2012, 238 (242); a. A. wohl: Reeb, Internal investigations, S. 13: „Bereiten staatliche Akteure die Ermittlungsmaßnahme des Privaten nur vor, (. . .) kann hieraus keine staatliche Ermittlungsherrschaft erwachsen.“ 731 Gleß, in: LR-StPO, Band IV/1, § 136a StPO Rn. 10; Kaspar, GA 2013, 206 (216); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 612. 732 Ebenso: Demko, HRRS 2004, 382 (387); Gaede, StV 2004, 46 (47); Kaspar, GA 2013, 206 (218); Küster, Der rechtliche Rahmen für unternehmensinterne Ermittlungen, S. 231. 733 EGMR StV 2004, 1 (1 ff.). 734 EGMR StV 2004, 1 (2). 729

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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A./Frankreich aus dem Jahr 1993:735 Hier hatte ein Polizeibeamter einen Zeugen dazu veranlasst, im Büro des Polizisten ein Telefongespräch mit der Verdächtigen zu führen, welches aufgezeichnet wurde. Der EGMR entschied, dass sowohl das Handeln des Zeugen als auch das des Polizisten nicht auseinandergehalten werden könnten. Jedenfalls habe der Polizeibeamte „einen entscheidenden Beitrag für die Ausführung der Operation“ geleistet, weswegen das Verhalten den staatlichen Behörden zugerechnet werden müsse.736 3. Zurechnung trotz bloßen Gewährenlassens Privater Ob jedoch das bloße staatliche Gewährenlassen Privater ebenfalls zurechnungsbegründend wirkt, ist alles andere als geklärt.737 Im Grundsatz dürfte zwar mit Gaede davon auszugehen sein, dass in dem staatlichen Gewährenlassen Privater allein noch keine diesbezügliche Risikosetzung liegt.738 Gleichwohl gibt es auch in Fällen bloßer staatlicher Untätigkeit Konstellationen, in denen eine Zurechnung des privaten Verhaltens angezeigt ist. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung erfordert dies aber nicht die Verletzung einer Unterbindungspflicht.739 So hat der Staat aufgrund seiner Schutzpflicht zwar grundsätzlich den einzelnen gegen Angriffe auf seine Rechte durch andere zu schützen, sodass auch die Exekutive in bestimmten Konstellationen eine Unterbindungspflicht bezüglich des privaten Ermittlungshandelns trifft740 und sie diese durch bloßes Gewährenlassen Privater auch verletzt. Diese hohen Hürden741 sind jedoch zum einen aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten Privater, selbst detaillierte Ermittlungen vorzunehmen und vor allem unter dem eine Zurechnung überhaupt erst begründenden Aspekt der drohenden Umgehung 735

EGMR ÖJZ 1994, 392 (392 ff.). EGMR ÖJZ 1994, 392 (393). 737 Nur sehr selten finden sich in der Literatur überhaupt Ausführungen zu diesem Problem, vgl. aber etwa: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 126 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 617 ff. 738 Gaede, StV 2004, 46 (52). 739 So etwa: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 126 f.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 625 ff. 740 Die staatliche Schutzpflicht enthält neben dem Gesetzgebungs- auch einen Vollzugsauftrag, da der gebotene Schutz nicht bereits durch die abstrakte Existenz rechtsstaatlich ausgewogener Gesetze, sondern erst durch dessen wirksame Handhabung gewährleistet wird. Für die Exekutive bedeutet dies, dass sie den ihr regelmäßig eröffneten Ermessensspielraum schutzpflichtkonform auzuüben hat. Zum Einschreiten ist sie danach (nur) dann verpflichtet, wenn ihr diesbezügliches Ermessen auf null reduziert ist, weil deren Untätigkeit für das Opfer einer Gefahr aufgrund der Bedrohung bedeutsamer Rechtsgüter, wie Leben und körperliche Unversehrtheit, grundrechtlich unzumutbar ist. Unterhalb der Schwelle einer Ermessensreduzierung auf null ist eine entsprechende Handlungspflicht der Exekutive dagegen abzulehnen, vgl. dazu: Isensee, in: HStR IX (2011), § 191 Rn. 283 f., 307 f. 741 Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 127 nimmt hier konsequenterweise eine Pflicht zum Einschreiten erst bei einer Ermessensreduzierung auf null an. 736

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

strafprozessualer Normen durch private Ermittlungen nicht angezeigt. Es kann zwar sein, dass mit der Verletzung einer Unterbindungspflicht eine Umgehung strafprozessualer Normen einhergeht; zwingend ist dies jedoch nicht. Das bedeutet auf der anderen Seite aber wiederum nicht, dass es für eine Zurechnung bereits genügt, dass die Ermittlungsbehörden trotz bestehenden Anfangsverdachts einer Straftat weiter untätig bleiben.742 Sie verletzen dadurch zwar ihre aus dem Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) und der Offizialmaxime (§ 152 Abs. 1 StPO)743 folgenden Pflichten – eine Umgehung strafprozessualer Beweiserhebungsnormen begründet dies allein aber nicht. Eine solche setzt zunächst vielmehr voraus, dass die privaten Ermittler das Beweismittel auf eine Art und Weise erheben, die den Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf die StPO selbst verwehrt wäre.744 Dies etwa, weil die konkrete Ermittlungshandlung den Strafverfolgungsbehörden bereits gesetzlich ausdrücklich verboten wäre (z. B. § 136a Abs. 1 StPO) oder sich die Ermittlungsmaßnahme gar nicht erst auf eine Ermächtigungsnorm stützen ließe.745 Der Vorwurf einer Umgehung strafprozessualer Erhebungsnormen ist weiter aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Strafverfolgungsbehörden in subjektiver Hinsicht bereits zum Zeitpunkt der konkreten privaten Ermittlungshandlung positive Kenntnis von ihr besitzen und schließlich auch aufgrund der Absicht untätig bleiben, sich die solchermaßen erlangten Beweismittel später zunutze zu machen.746 Anhand dieses Maßstabes gelangt man auch in dem in diesem Zusammenhang in der Literatur häufig erwähnten747 sog. „Wahrsagerinnenfall“ 748 des BGH aus 742 So aber wohl: Jahn, StV 2009, 41 (45): „Die gesetzgeberische Intention der Vorschrift (§ 136a StPO) muss dann zur Geltung kommen, wenn sich der Staat in Gestalt der deutschen Strafverfolgungsbehörden aus seiner Verantwortung für die Ermittlungen vollständig oder jedenfalls angesichts der Offizialmaxime amtspflichtwidrig verabschiedet und sie (. . .) Privatpersonen überlässt.“; Kottek, Die Kooperation von Unternehmen, S. 143 ff. 743 Vgl. zum Legalitätsprinzip und der Offizialmaxime etwa: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 16 ff.; Kindhäuser/Schumann, Strafprozessrecht, § 4 Rn. 12 ff., 18 ff.; Krey/Heinrich, Deutsches Strafverfahrensrecht, Rn. 566 ff., 602 ff. 744 Ähnlich wie bei der Figur des hypothetischen Ersatzeingriffs ist auch hier der konkret durch die Privatperson erlangte Beweisgegenstand Bezugspunkt der Hypothesenbildung, da nur dann von einer Umgehung der strafprozessualen Beweiserhebungsnormen die Rede sein kann. 745 Zwar existiert in der StPO eine sog. Ermittlungsgeneralklausel (§§ 163, 161 StPO). Diese greift jedoch nur dann, wenn die Ermittlungshandlung mit keinem oder nur einem minder intensiven Grundrechtseingriff verbunden ist, vgl.: Kölbel, in: MüKo StPO, Band II, § 161 Rn. 7; Sackreuther, in: BeckOK StPO, § 161 Rn. 4. 746 Ähnlich insgesamt: Dann/Schmidt, NJW 2009, 1851 (1855): „Auch wenn der Staat weiß, dass Mitarbeiter unter Missachtung ihrer Rechte befragt werden und dies ,duldet‘, weil er die Absicht hat, sich später die Gedächtnisprotokolle zu verschaffen, ist ein Beweisverwertungsverbot diskutabel.“ 747 Vgl.: Eckhardt, Private Ermittlungsbeiträge, S. 126 ff.; Kaspar, GA 2013, 206 (215 f.); Mahlstedt, Befragung, S. 158 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 625. 748 BGHSt 44, 129 (129 ff.).

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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dem Jahr 1998 zu einer Zurechnung. In diesem hatte sich eine in Untersuchungshaft befindliche Gefangene gegenüber einer Mitgefangenen, die sich als „Wahrsagerin“ ausgab, zu ihren Taten geäußert, da diese ihr versicherte, bei kompletter Offenheit über die begangene Tat durch übersinnliche Fähigkeiten Einfluss auf die Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft nehmen und diese zu einem milderen Urteil beeinflussen zu können. Darüber hinaus verabreichte sie ihr Haschisch sowie Marihuana und drohte ihr mit einer Bestrafung durch okkulte Mächte, wenn sie sich ihr gegenüber nicht rückhaltlos offenbare. Über das auf diese Weise erzielte Geständnis informierte sie umgehend die Strafverfolgungsbehörden. Diesen wäre diese Vorgehensweise nach § 136a Abs. 1 S. 1, 3 StPO gesetzlich verboten gewesen. Auch ist davon auszugehen, dass sie aufgrund der langjährigen Praxis der angeblichen Wahrsagerin deren Vorgehensweise kannten. Ebenso handelten sie in der Absicht, sich das Geständnis später zunutze zu machen. Das Verhalten der Informantin ist dem Staat in diesem Fall mithin zuzurechnen.749 4. Zwischenergebnis Für eine Zurechnung privater Ermittlungshandlungen im Strafverfahren bedarf es einer eigenen strafprozessualen Zurechnungslehre. Der Staat muss sich das private Vorgehen danach immer dann zurechnen lassen, wenn er eine Privatperson ausdrücklich oder konkludent beauftragt oder wenn er den Privaten im Rahmen von deren auf die Erlangung von Beweismitteln gerichteten Tätigkeit in maßgeblicher Weise Unterstützung gewährt. Eine Zurechnung trotz bloßem Gewährenlassen Privater ist dagegen nur in Ausnahmefällen möglich. Dies namentlich dann, wenn die Ermittlungen im hypothetischen Fall einer staatlichen Vornahme nicht von einer Beweiserhebungsnorm gedeckt wären, die Strafverfolgungsbehörden von den konkreten privaten Ermittlungen positiv Kenntnis besitzen und sie schließlich auch in der Absicht untätig bleiben, sich die privat erhobenen Beweise später zunutze zu machen. Anhand dieser Zurechnungslehre gelingt es, das mit den heutigen weitreichenden Ermittlungsmöglichkeiten Privater verbundene Problem auf strafprozessualer Ebene angemessen zu lösen. Über die Frage, ob sich diese auch auf die von „Hilfssheriffs“ gefertigte Dashcam-Aufnahmen niederschlägt, ist damit jedoch noch nichts gesagt.

III. Folgen für von „Hilfssheriffs“ gefertigten Dashcam-Aufnahmen 1. Gegenwärtige Situation Überträgt man diese Vorgaben auf die von „Hilfssheriffs“ gefertigten Dashcam-Aufnahmen, scheidet in der gegenwärtigen Situation eine strafprozessuale 749 Ähnlich argumentierte auch der BGH, der wohl eine entsprechende Anwendung des § 136a StPO befürwortete, vgl.: BGHSt 44, 129 (134 ff.).

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Zurechnung des Ermittlungsverhaltens aus. So entspricht es zunächst nicht den aktuellen Gegebenheiten, dass Private von den Strafverfolgungsbehörden aus Gründen der Strafverfolgung mit der Fertigung von Dashcam-Aufnahmen ausdrücklich beauftragt werden. Ebenso wenig werden die „Hilfssheriffs“ – etwa durch das zur Verfügung stellen einer Dashcam – in ihrer Tätigkeit maßgeblich unterstützt. Auch eine Zurechnung aufgrund bloßen staatlichen Gewährenlassens Privater scheidet nach hier vertretener Auffassung in der vorliegenden Konstellation aus. Die erste Zurechnungsvoraussetzung, also die hypothetische Unzulässigkeit der privaten Ermittlungen im Falle staatlichen Handelns, ist insoweit zwar noch zu bejahen. So erfordert der zur Fertigung von Bildaufnahmen oder Videoaufzeichnungen ermächtigende § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO750 einen qualifizierenden Anfangsverdacht einer Straftat i. S. v. § 152 Abs. 2 StPO,751 woran es in der vorliegenden Untersuchungskonstellation fehlt. Denn für einen solchen Anfangsverdacht genügen weder reine Spekulationen, noch Mutmaßungen und nicht einmal auf tatsächliche Aspekte gestützte kriminalistische Erfahrungswerte.752 Der „Hilfssheriff“ betreibt die Dashcam aber regelmäßig ohne konkreten Verdacht und unterliegt allein der spekulativen Intention, im Falle einer Straftat etwaiges Beweismaterial zur Verfügung zu haben.753 Da die StPO mit dem § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO eine spezielle, zur Fertigung von Bild- und Videoaufzeichnungen ermächtigende Beweiserhebungsnorm enthält, ist gleichzeitig der Rückgriff auf die Ermittlungsgeneralklausel der §§ 161, 163 StPO versperrt754 und die Aufzeichnung mittels Dashcam – im hypothetischen Falle staatlichen Handelns – unzulässig. Letztlich fehlt es jedoch an der zweiten, subjektiven Voraussetzung, also der positiven Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden von dem konkreten Handeln des „Hilfssheriffs“. Dieser agiert nämlich gerade aus eigener Initiative heraus und nutzt die Dashcam, ohne die Strafverfolgungsbehörden vorab darüber zu involvieren. Letztere erfahren regelmäßig erst dann von dem Vorgehen des „Hilfssheriffs“, wenn dieser seine Aufzeichnung bereits gefertigt hat und sie an die Strafverfolgungsbehörden weiterleitet. Eine Zurechnung trotz bloßen Gewährenlassens scheidet hier damit insgesamt aus.

750 OLG Rostock BeckRS 2010, 08027; Bruns, in: KK-StPO, § 100h StPO Rn. 4; Hegmann, in: BeckOK StPO, § 100h StPO Rn. 1. 751 Bruns, in: KK-StPO, § 100h StPO Rn. 4; Günther, in: MüKo StPO, Band I, § 100h StPO Rn. 17; Hegmann, in: BeckOK StPO, § 100h StPO Rn. 1. 752 Günther, MüKo StPO, Band I, § 100h StPO Rn. 17. 753 Allenfalls könnte man darüber nachdenken, dass der „Hilfssheriff“ die Dashcam nur dann (manuell) einschaltet, wenn ein bestimmter Anlass (z. B. das Anbahnen einer Straftat) besteht. Letztlich erfolgt die Entscheidung darüber, ob die Dashcam eingeschaltet wird, dann aber immer noch spekulativ. Dies genügt nach dem eben Gesagten für einen Anfangsverdacht gerade nicht. 754 Weißlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 161 StPO Rn. 7.

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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Möglich erscheint gegenwärtig letztlich allein eine Zurechnung aufgrund der Fallgruppe der konkludenten Beauftragung. Wie eben aufgezeigt, ist eine solche anzunehmen, wenn die Ermittlungsbehörden entweder damit rechnen mussten, dass sie mit ihrer Einflussnahme den konkreten Ermittlungsentschluss der Privatperson hervorrufen oder wenn das private Beweismaterial von den Strafverfolgungsbehörden mehrfach entgegengenommen wird. Ersteres ist insbesondere dann der Fall, wenn der Staat einen solch lukrativen Anreiz für die privaten Ermittlungen setzt, dass er mit dahingehenden privaten Ermittlungen rechnen muss. Um die Schwelle zu bestimmen, wann die Anreizwirkung so hoch ist, dass die staatlichen Behörden mit einem Tätigwerden Privater rechnen mussten, bietet sich ein Vergleich zu den Fällen des staatlichen Ankaufs sog. Steuerdaten-CDs an. Selbst hier nahm die Rechtsprechung keine Anreizwirkung an, obwohl der Staat eine Gegenleistung in Form einer signifikanten Geldzahlung erbrachte.755 Gleich, ob man diese Rechtsprechung im Ergebnis für überzeugend erachtet,756 dürfte in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen die „Gegenleistung“ des Privaten allenfalls in der bloßen Verwertung im Prozess liegt,757 jedenfalls keine Anreizwirkung gegeben sein. Eine Zurechnung scheidet insoweit aus. Anderes könnte gelten, wenn die Strafverfolgungsbehörden das private Videomaterial der „Hilfssheriffs“ mehrfach entgegennehmen und so ab dem zweiten Mal den konkludenten Auftrag erteilen, in dem durch die bisherige Praxis vorgegebenen Rahmen weitere Ermittlungen vorzunehmen. Nach hier vertretener Auffassung ist hierfür allerdings erforderlich, dass es sich um zwei Ermittlungsaufträge innerhalb eines Verfahrens handelt, was in der vorliegenden Untersuchungskonstellation daher nicht relevant sein dürfte. Selbst in dem Eingangs erwähnten Extremfall, der der Entscheidung des OLG Celle aus dem Jahr 2018758 zugrunde lag, in welchem eine Person über mehrere Jahre massenhaft Videoaufzeichnungen von Verkehrsteilnehmern fertigte und von diesen mutmaßlich begangene Verkehrsverstöße bei der zuständigen Bußgeldbehörde anzeigte, fehlt es daher an einer konkludenten Beauftragung. Denn hier versorgte eine Person die Bußgeldbehörde zwar vielfach mit Beweismaterial, dies jedoch in unterschied-

755

VerfGH Reinl.-Pf. NJW 2014, 1434 (1439). Kritisch zu einer Verwertung solchermaßen erlangten Datenmaterials etwa: Beulke, JURA 2008, 653 (664); ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 481; Kaufmann, JA 2010, 597 (599); Ostendorf, ZIS 2010, 301 (307 f.); Schünemann, NStZ 2008, 305 (309 f.); Trüg, StV 2011, 111 (116 ff.). 757 In der Verwertung als solcher kann keine wirkliche Gegenleistung gesehen werden. Sie ist vielmehr Ausdruck des Untersuchungsgrundsatzes, wonach der Richter auch ohne Antrag und ggf. auch ohne den Willen der Prozessbeteiligten alle ent- und belastenden Beweismöglichkeiten ausschöpfen muss, vgl.: Trüg/Habetha, MüKo StPO, Band II, § 244 StPO Rn. 47 f. 758 OLG Celle NStZ 2018, 293 (293 ff.). 756

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lichen Verfahren, was für eine Zurechnung nach hier vertretener Auffassung nicht genügt. 2. Mögliches Zukunftsszenario: Zurechnung nach allgemeinem staatlichem Appell Es entspricht den gegenwärtigen tatsächlichen Gegebenheiten, dass eine Zurechnung des Ermittlungsverhaltens eines „Hilfssheriffs“ abzulehnen ist. Mit Blick auf die seit Jahren bestehende Überbelastung der Justiz759 könnte sich dies jedoch in Zukunft ändern. So erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Strafverfolgungsbehörden zukünftig an die Bevölkerung allgemein zur Mithilfe bei der Strafverfolgung appellieren, weshalb auch dieser Aspekt hier Berücksichtigung finden soll. Bezogen auf eine Strafverfolgung mittels Dashcam-Aufnahmen könnte man das oben aufgeführte Beispiel 3760 etwa so fortführen, dass die Polizeibehörde761 in Freiburg über die Zeitung und das Internet um private Mithilfe bei der Strafverfolgung von sog. Dränglern auf der Bundesautobahn 5 dergestalt bittet, dass Privatpersonen Dränglerszenarios mittels Dashcam festhalten und das Beweismaterial anschließend an die Polizei übermitteln. Kommt nun der Privatmann A aufgrund dieses Aufrufs dieser Bitte erfolgreich nach und liefert die gefertigten Videoaufnahmen bei der Polizeibehörde in Freiburg ab, stellt sich mithin die Frage, ob in einer solchen Konstellation nicht doch eine Zurechnung anzunehmen ist, weil darin ein zurechnungsbegründender staatlicher Auftrag liegt. Dafür ist entscheidend, ob ein solch allgemeiner staatlicher Appell hinreichend konkret ist, um darin einen zurechnungsbegründenden staatlichen Auftrag zu sehen. Auf den ersten Blick spricht hierfür eine Parallele zu der Konstellation des V-Mann-Einsatzes. Wie konkret ein staatlicher Auftrag im Einzelnen ausgestaltet sein muss, um zurechnungsbegründend sein zu können, wird in diesem Bereich nämlich vielfach diskutiert762 und diesbezüglich teilweise zwar auch vertreten, dass nur detailliert ausgestaltete Ermittlungsaufträge überhaupt zurechenbares privates Ermittlungshandeln veranlassen können763 oder eine Zurechnung nur 759 Vgl. etwa: Koerth, Die Justiz sieht alt aus, Spiegel Beitrag v. 03.05.2019, abrufbar unter https://www.spiegel.de/karriere/arbeitsueberlastung-im-gericht-warum-diejustiz-alt-aussieht-a-1265194.html, zul. abgerufen am 13.02.2021; Schattauer, Mehr als 800 Verfahren geplatzt: Hilferufe eines überlasteten Richters wurden ignoriert, FOCUSOnline Beitrag v. 21.01.2020, abrufbar unter https://www.focus.de/politik/gerichte-indeutschland/justiz-kollaps-mit-ansage-mehr-als-800-verfahren-geplatzt-hilferufe-einesueberlasteten-richters-wurden-ignoriert_id_11575541.html, zul. abgerufen am 13.02.2021. 760 Vgl. oben unter: § 1 B. 761 In ihrer Funktion als Strafverfolgungsorgan. 762 Vgl. etwa: Bienert, Private Ermittlungen, S. 133 ff.; Bosch, Aspekte, S. 217 ff.; Kaspar, GA 2013, 206 (218 f.); Kottek, Die Kooperation von Unternehmen, S. 161; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 591 ff.; Wolfslast, Staatlicher Strafanspruch und Verwirkung, S. 217 ff. 763 So in Bezug auf abgesprochene Tonbandaufnahmen: Frank, Tonbandaufnahmen Privater, S. 33: „Öffentliche Aufgaben werden aber nur insoweit auf Private übertragen, als der Gegenstand der Absprache reicht.“

D. Verwertungsverbot aufgrund einer Zurechnung zum Staat

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dann in Betracht komme, wenn die Vertrauensperson mit der Anwendung konkreter strafrechtswidriger Mittel beauftragt wird.764 Richtigerweise bedarf es für die staatliche Beauftragung eines V-Manns allerdings keiner konkreten Handlungsanweisungen. Es genügt vielmehr die pauschale Beauftragung der Vertrauensperson im Hinblick auf die Erzielung von Beweisen, ohne dass es eines Vorsatzes der Ermittlungsbehörden hinsichtlich der einzelnen Ermittlungshandlungen bedarf.765 Andernfalls hätte dies die wohl kaum wünschenswerte Folge, dass die staatlichen Strafverfolgungsbehörden die ihnen auferlegten Bindungen umso leicheter umgehen können, je weitreichender und abstrakter sie den eingesetzten Vertrauenspersonen selbständige Entscheidungsbefugnisse einräumen.766 Missbrauchsmöglichkeiten wären unter Umgehungsgesichtspunkten insoweit Tür und Tor geöffnet.767 Ob die privaten Ermittlungen des V-Manns den Strafverfolgungsbehörden dann auch tatsächlich zugerechnet werden können, ist eine andere Frage, die gesondert zu beurteilen ist.768 Anhand diesen weiten Verständnisses wäre hier auch ein allgemeiner staatlicher Appell und damit ebenfalls die hierfür beispielhaft angeführte staatliche Aufforderung zur privaten Mithilfe über die Zeitung und das Internet, Drängler mittels privater Dashcam-Aufnahmen zu überführen, konkret genug, um als zurechnungsbegründender Auftrag angesehen zu werden. Allerdings unterscheiden sich die Konstellation des V-Mann Einsatzes und die des allgemeinen staatlichen Appells in entscheidenden Punkten, weshalb eine Parallele hier nicht nur nicht gezogen werden kann, sondern eine Zurechnung als solche insgesamt als zu weitgehend abgelehnt werden muss. Denn während bei einem V-Mann-Einsatz die beauftragte Privatperson von vornherein feststeht, ist bei einem allgemeinen staatlichen Aufruf bereits der Adressatenkreis der Privatpersonen, der von der „Beauftragung“ überhaupt Kenntnis erlangt, ein unbestimmter. Vor allem aber ist selbst durch die Kenntnisnahme alleine noch nicht gewährleistet, dass sich eine Privatperson zur Mithilfe bereit erklärt. Vielmehr 764

Bienert, Private Ermittlungen, S. 133 f. Kaspar, GA 2013, 206 (219); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 597; dies unterstellt auch von Danwitz, Staatliche Straftatbeteiligung, S. 70, wenn er ausführt, dass die Vertrauensperson öfters mit unspezifischen Aufträgen betraut wird, an einer bestimmten Örtlichkeit oder in einem bestimmten Milieu Informationen zu erheben. 766 Dies verkennt Eckhardt, Private Ermittlungsbeträge, S. 118 f., der eine Zurechnung dann verneint, wenn dem V-Mann bei seinen Ermittlungen weitgehend freie Hand gelassen wird. Dann nämlich sei das konkrete Vorgehen den Ermittlungsbehörden mangels hinreichender Einflussmöglichkeit nicht zurechenbar. 767 Bosch, Aspekte, S. 217; Haas, V-Leute, S. 31 f., 35; Körner, StV 1983, 2 (2); Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 595. 768 Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 599 ff. stellt insoweit richtigerweise fest, dass der Staat sich all diejenigen Ermittlungshandlungen des beauftragten V-Manns zurechnen lassen muss, zu denen sich dieser in Folge des staatlichen Auftrags objektiv veranlasst sehen durfte. Nur bei einer völlig atypischen, außerhalb des objektiv vorhersehbaren Handlung des V-Manns ist eine Zurechnung abzulehnen. 765

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

bleibt für die Strafverfolgungsbehörden bis zur Übergabe des Beweismaterials unklar, ob Privatpersonen dem staatlichen Aufruf nachkommen oder nicht.769 Ein allgemeiner staatlicher Appell enthält deshalb zu viele unbestimmte Komponenten, als dass er eine Zurechnung aufgrund staatlicher Beauftragung begründen könnte. Dies bestätigt auch ein Blick auf die in diesem Zusammenhang oben angeführte Rechtsprechungsbeispiele. Ein zurechnungsbegründender Auftrag wurde dort immer nur dann angenommen, wenn die beauftragte Zielperson bereits vorab konkret bekannt war.770 Solange die Strafverfolgungsbehörden also nicht vorab einen konkreten „Hilfssheriff“ mit der Fertigung von Dränglerszenarios festhaltenden Dashcam-Aufnahmen beauftragen, kann eine gezielte Umgehung und damit eine Zurechnung der Ermittlungen zum Staat nicht angenommen werden.771

IV. Ergebnis Insgesamt scheidet eine Zurechnung in der vorliegenden Untersuchungskonstellation daher selbst beim Handeln sog. „Hilfssheriffs“ regelmäßig aus. Dies gilt sowohl unter Berücksichtigung der aktuellen Gegebenheiten als auch mit Blick auf zukünftige Fallgestaltungen. Lediglich dann, wenn die Strafverfolgungsbehörden eine konkrete Privatperson zur Fertigung von Dashcam-Aufnahmen motivieren, kann eine Zurechnung angenommen werden. Es verbleibt hier damit lediglich die Möglichkeit, dass der Akt der Beweisverwertung selbst über die Figur der selbständigen Beweisverwertungsverbote einer strafprozessualen Verwertung der Aufnahmen entgegensteht. Dies ist im Folgenden zu untersuchen.

769 Gerade dieser Umstand ist es auch, der eine Zurechnung bei allgemeinem staatlichen Appell nach der Fallgruppe des „bloßen staatlichen Gewährenlassens Privater“ verhindert. Denn auch danach ist es nach hier vertretener Auffassung erforderlich, dass die Strafverfolgungsbehörden zum Zeitpunkt der konkreten privaten Ermittlungshandlung positive Kenntnis davon besitzen, woran es bei einem allgemeinen staatlichen Appell letztlich fehlt. 770 Genau genommen waren in diesem Fällen nicht nur die beauftragte Person, sondern vielmehr auch die von der Maßnahme betroffene Person bereits vorab konkret bestimmt. So nimmt der BGH in den Untersuchungshaftfällen, in denen ein beauftragter Gefangener einen anderen konkret festgelegten Mitgefangen aushorcht, eine Zurechnung an. 771 Dann wiederum liegt die Parallele zum V-Mann-Einsatz sehr nahe. Eine Aufforderung zur Fertigung von Dashcam-Aufnahmen, um Drängler auf der Bundesautobahn 5 zu überführen, ist nach dem oben Gesagten ausreichend konkret, um eine Zurechnung zu begründen.

E. Selbständiges Beweisverwertungsverbot

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E. Selbständiges Beweisverwertungsverbot durch Verwertung der Aufnahmen im Strafverfahren Dass neben Verwertungsverboten, die sich aus der Verletzung einer Erhebungsvorschrift ergeben, auch Verwertungsverbote bestehen, die nicht an das Vorliegen eines vorausgehenden Verfahrensverstoßes gekoppelt sind, ist anerkannt.772 Angelangt ist man insoweit bei dem dritten und letzten Aspekt einer Einschränkung des Verwertbarkeitsgrundsatzes nach privater Beweiserhebung. Diese sog. selbständigen Beweisverwertungsverbote können sowohl einfachgesetzlich statuiert sein, als auch verfassungsrechtlich begründet werden.773 Durch einfachgesetzliche selbständige Verwertungsverbote schließt der Gesetzgeber bestimmte Erkenntnisse von der Verwertung von vornherein aus – und das unabhängig davon, ob sie prozessordnungswidrig oder prozessordnungsgemäß gewonnen wurden.774 Solche Regelungen finden sich in der StPO (z. B. §§ 81a Abs. 3, 81c Abs. 3 S. 5, 108 Abs. 2), teilweise aber auch in anderen Gesetzen (z. B. § 393 Abs. 2 AO, § 51 Abs. 1 BZRG, § 97 Abs. 1 S. 3 InsO).775 Deren Anwendung wirft aufgrund der gesetzlich normierten Unverwertbarkeitsrechtsfolge keine weiteren Probleme auf, spielt im Kontext privater Beweiserhebung allerdings keine Rolle, da es hier überhaupt an gesetzlichen Regelungen fehlt. Deutlich schwieriger – hier auch besonders relevant – ist die zweite Variante, die verfassungsrechtlich begründeten selbständigen Verwertungsverbote. Diese sind dann anzunehmen, wenn die Verwertung der in Frage stehenden Beweismittel mit der Verfassung nicht zu vereinbaren ist, weil die Verwertung grundrechtlich geschützte Interessen in einer Art und Weise tangiert, dass der Akt der Verwertung selbst verfassungswidrig ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Akt der Verwertung ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche darstellt und dieser Eingriff verfassungsrechtlich – durch das Interesse an der Strafverfolgung – nicht gerechtfertigt werden kann.776 Auch insofern ist es zutreffend, wenn das Strafverfahrensrecht als „angewandtes Verfassungsrecht“ bezeichnet

772 BVerfGE 34, 238 (245); BGHSt 19, 325 (329 ff.); Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 101 ff.; Finger, JA 2006, 529 (537); Fischer, in: KK-StPO, Einl, Rn. 319; Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 231; Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 81; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 474; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 16; Volk/Engländer, Grundkurs StPO, § 28 Rn. 36. 773 Hengstenberg, Die Frühwirkung der Verwertungsverbote, S. 8 f.; Jäger, GA 2008, 473 (483); Schuster, Verwertbarkeit der im Ausland gewonnener Beweise im deutschen Strafprozess, S. 51 f. 774 Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 259. 775 Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 36; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 473; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 259. 776 Kaspar, GA 2013, 206 (221); Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 260.

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

wird.777 Im Vordergrund steht dabei das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.778 In Anlehnung an oben Gesagtes779 ist der Anwendungsbereich solcher selbständiger Beweisverwertungsverbote dabei nicht auf Beweismittel beschränkt, welche auf rechtswidrige Art und Weise durch Privatpersonen erhoben wurden. Da Auslöser des Verwertungsverbots allein die klassische Abwehrfunktion der Grundrechte bleibt,780 spielt die Art und Weise der Beweiserhebung bei den selbständigen Beweisverwertungserboten aus dogmatischer Sicht keine Rolle. Vielmehr erfassen sie sowohl rechtmäßige Beweiserhebungen durch Privatpersonen als auch Beweiserhebungen durch staatliche Behörden. Die Rechtswidrigkeit bei der Beweiserhebungg kann deshalb auch nicht als abwägungsrelevanter Faktor im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt werden.781

I. Beweisverwertung als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Produkt richterlicher Rechtsfortbildung782 und findet seine Grundlage nach der Rechtsprechung des BVerfG in Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.783 Diese Verbindung bedeutet dabei nicht, dass hier zwei Grundrechte kumulativ zur Anwendung kommen. Vielmehr stützt sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht als subjektives Recht allein auf Art. 2 Abs. 1 GG. Lediglich bei der Bestimmung von Inhalt und Gewährleistungsumfang dieses Grundrechts ist die Menschenwürdegarantie als eine Art Auslegungsrichtlinie heranzuziehen.784 Aufgrund des stetigen Wandels der Gefährdungslage für die Persönlichkeit, ist eine abschließende Bestimmung des Schutzbereichs aber nicht möglich. Viel777 BVerfGE 32, 373 (383); BGHSt 19, 325 (330); Küpper, JZ 1990, 416 (417); Sax, in: Bettermann/Nipperdey/Bachof, Die Grundrechte, Bd. III/2, S. 909 (966); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 16. 778 Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 70; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Finger, JA 2006, 529 (537); Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 319; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 16. 779 Vgl. oben unter: § 3 C. II. 1. a). 780 Kaspar, GA 2013, 206 (221). 781 So aber: Godenzi, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess, S. 231; Gropp, StV 1989, 216 (220 f.); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 133. 782 Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 69. 783 St. Rspr. des BVerfG, vgl.: BVerfGE 35, 202 (220); BVerfGE 82, 236 (269); BVerfGE 130, 1 (35). 784 Lang, in: BeckOK GG, Art. 2 GG Rn. 33; Kube, in: HStR VII (2009), § 148, Rn. 32; Murswiek/Rixen, Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 63; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck GG, Band I, Art. 2 GG Rn. 89.

E. Selbständiges Beweisverwertungsverbot

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mehr ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht gerade dadurch gekennzeichnet, dass es entwicklungsoffen auf neuartige Bedrohungen flexibel und angemessen reagieren kann.785 Gleichwohl hat das BVerfG folgende für die Beweisverwertung von Videoaufnahmen relevante Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts bereits herausgearbeitet, in die durch den Verwertungsakt selbständig eingegriffen werden könnte. 1. Recht auf Vertraulichkeit im privaten Raum Im Ausgangspunkt soll dem Einzelnen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein abgeschirmter Bereich persönlicher Entfaltung zur Verfügung stehen, in dem er unbeobachtet sich selbst überlassen ist und so die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein.786 Es soll eine „engere persönliche Lebenssphäre“ und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen gewährleistet werden, die durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfasst sind.787 Räumlich und thematisch umfasst diese engere persönliche Lebenssphäre im Kern vor allem die häusliche Sphäre, ist hierauf aber nicht beschränkt, da die freie Persönlichkeitsentfaltung ansonsten erheblich gemindert wäre. Nach dem BVerfG soll vielmehr entscheidend sein, „ob der Einzelne eine Situation vorfindet oder schafft, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein“.788 Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet, können dem Rückzugsbedürfnis nicht entsprechen und bedürfen daher auch keines grundrechtlichen Schutzes.789 Er hebt das Schutzbedürfnis für Verhaltensweisen, die an sich die Öffentlichkeit nichts angehen, selbst auf.790 Daraus folgt zugleich, dass dieser Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei der Verwertungsfrage hinsichtlich Dashcam-Aufnahmen keine Rolle spielen kann. Denn die davon aufgezeichneten Personen begeben sich regelmäßig freiwillig in den öffentlichen Raum und müssen daher davon ausgehen, den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein. Ihr Schutzbedürfnis ist insoweit mithin aufgehoben.

785 BVerfGE 54, 148 (153); Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 69; Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 37. 786 BVerfGE 101, 361 (382 f.); Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 71; Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 37; Murswiek/Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 69. 787 BVerfGE 54, 148 (153). 788 BVerfGE 101, 361 (384). 789 BVerfGE 101, 361 (384). 790 BVerfGE 101, 361 (384).

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2. Recht auf Selbstdarstellung Neben dem Recht auf Vertraulichkeit im privaten Raum gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Selbstdarstellung des Einzelnen in der Öffentlichkeit. Dieses schützt den Einzelnen vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen seiner Person in der Öffentlichkeit, weil er grundsätzlich selbst darüber befinden dürfen soll, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will.791 Zwar folgt daraus kein Anspruch des Einzelnen, von anderen so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte.792 Gleichwohl gewährleistet dieses Recht Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Gestattung von Anfertigung und Verwendung von Fotografien und ähnlichen bildlichen Aufnahmen seiner Person durch andere.793 Konkretisiert wurde dieses Recht in diesem Zusammenhang vor allem durch das Recht am eigenen Wort und das – hier besonders relevante – Recht am eigenen Bild.794 Im Gegensatz zur oben aufgeführten Vertraulichkeit im privaten Raum ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dadurch nicht mehr thematisch und räumlich bestimmt, sondern bezieht sich speziell auf Abbildungen.795 Ob diese den Einzelnen in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen zeigen, spielt dabei grundsätzlich keine Rolle.796 Dies folgt aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren.797 Gerade diese abstrakte Möglichkeit verkennt Wölfl, wenn er davon ausgeht, dass derjenige, der bewusst die Öffentlichkeit für seine Handlungen in Anspruch nimmt, keinen grundrechtlichen Schutz beanspruchen kann, weil er mit einer Fixierung seines Verhaltens rechnen müsse.798 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass durch einen Wechsel des Kontextes, 791 BVerfGE 35, 202 (220); BVerfGE 114, 339 (346); Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 447; Kube in: HStR VII (2009), § 148, Rn. 43; Martini, JA 2009, 839 (841); Murswiek/Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 71. 792 BVerfGE 99, 185 (194); Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 73; Horn, in: Stern/Becker GR-Kommentar, Art. 2 GG Rn. 49. 793 BVerfGE 101, 361 (381); Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 193; Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 73; Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 43. 794 BVerfGE 35, 202 (220); BVerfGE 120, 180 (198); Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 193; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn 448; Kube, in: HStR VII (2009), § 148, Rn. 44; Martini, JA 2009, 839 (841); Murswiek/Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 71. 795 Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 44. 796 BVerfGE 101, 361 (381); Graßhof, in: Graßhof Nachschlagewerk, Art. 2 Abs. 1 GG Nr. 270; Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 44. 797 BVerfGE 101, 361 (381); Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 44. 798 Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 63.

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in dem eine Abbildung reproduziert wird, der Sinngehalt der Aussagen – unter Umständen auch intentional – geändert werden kann.799 Damit muss der Betroffene allein durch ein Auftreten im öffentlichen Raum jedenfalls nicht rechnen. Werden von den Strafverfolgungsbehörden nun Lichtbilder oder Videoaufnahmen von Personen zur Aufklärung von Straftaten im Wege des Augenscheinbeweises verwertet, liegt darin ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild und damit in das Recht auf Selbstdarstellung.800 Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Beschuldigte als Fahrzeugführer oder Passant auf dem Bild erfasst und erkennbar ist.801 3. Recht auf informationelle Selbstbestimmung Besonders relevant ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht schließlich in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses vom BVerfG bereits 1983 in seinem Volkszählungsurteil entwickelte Recht gewährt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.802 Mit Blick auf die besonderen technischen Möglichkeiten soll es kein belangloses Datum mehr geben, weil auch ein an für sich bedeutungslose Information durch digitale Verarbeitung und Verknüpfung einen neuen Stellenwert bekommen kann und dadurch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Betroffenen zulassen kann.803 Der Schutzbereich dieses Rechts definiert sich über die personenbezogenen Daten, womit sich an den Feststellungen zu Art. 4 Nr. 1 DSGVO orientiert werden kann.804 Bei Aufnahmen, auf denen Personen klar und nicht klar erkennbar sind sowie bei Sachabbildungen, die Elemente enthalten, anhand derer eine Identifizierung praktisch möglich ist – insbesondere also Kfz-Kennzeichen – ist der Schutzbereich damit eröffnet.805 Werden solche Aufnahmen anschließend durch Abspielen der Aufnahmen sowie die Würdigung des Videomaterials im gerichtlichen Verfahren verwertet, ist darin ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Be-

799

BVerfGE 101, 361 (381). Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 193; Niehaus, NZV 2016, 551 (552). 801 OLG Nürnberg NJW 2017, 3597 (3599); Niehaus, NZV 2016, 551 (553). 802 BVerfGE 65, 1 (43); BVerfGE 118, 168 (184). 803 Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 79; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 449; Kube, in: HStR VII (2009), § 148, Rn. 66 f.; Murswiek/Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 73. 804 Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 81; Di Fabio, in: Maunz/ Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 175, jeweils zu § 3 BDSG, der diesbezüglich jedoch dem Art. 4 Nr. 1 DSGVO entspricht, vgl.: Wolff, in: BeckOK DatenschutzR, § 3 BDSG Rn. 12. 805 Vgl. oben unter: § 3 C. I. 1. b) aa) (2) (b). 800

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schuldigten zu sehen.806 Die Rechtsprechung des BVerfG, wonach im Fall einer unverzüglichen Löschung der Daten ein Grundrechtseingriff zu verneinen sein soll,807 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Denn einer Verwertung im Strafprozess sind gerade nur solche Aufnahmen zugänglich, die gespeichert werden. Daraus folgt, dass selbst wenn die Dashcam im anlassbezogenen Dauerbetrieb genutzt wird und hier Daten kontinuierlich überschreibt, dies nichts an der Eingriffsqualität der Beweisverwertung im (Straf-)Prozess ändert.808

II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs Steht damit fest, dass durch die gerichtliche Beweisverwertung in verschiedene Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen wird, ist danach zu fragen, ob dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. 1. Rechtsgrundlage zur Beweisverwertung Nach dem Vorbehalt des Gesetzes bedarf es dafür grundsätzlich einer parlamentsgesetzlichen Grundlage.809 Ist deshalb ein bestimmter Eingriff zur Wahrheitsforschung gesetzlich nicht zugelassen, so ist jede Maßnahme, weil sie ohne Ermächtigungsgrundlage erfolgt, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes rechtswidrig.810 Dieser Grundsatz wird zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich aber aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG.811 Einer solchen Rechtsgrundlage bedarf es dabei für jeden Akt der Beweisverwertung, gleich ob der mit der Beweiserhebung regelmäßig verbundene staatlich Grundrechtseingrff auf eine strafprozessuale Ermächtigungsnorm gestützt werden kann oder auch nur private Ermittlungen vorlagen, für deren Handeln mangels Grundrechtsbindung bereits keine (strafprozessuale) Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist. Selbst in ersterem Fall ist von der strafprozessualen Ermächtigungsgrundlage lediglich der durch die jeweilige 806 BVerfGE 130, 1 (35); BGH NJW 2018, 2883 (2889): „Dieser Eingriff wird durch die Nutzung als Beweismittel fortgesetzt“; Cornelius, NJW 2016, 2282 (2283); Günther/Selzer, ZJS 2016, 756 (770); Jansen, StV 2019, 578 (582); Niehaus, NZV 2016, 551 (552). 807 BVerfGE 120, 378 (399). 808 Ähnlich zum Zivilprozess: BGH NJW 2018, 2283 (2289). 809 Grzeszick, in: Maunz/Dürig GG, Band III, Art. 20 GG VI Rn. 75; Jarass, in: Jarass/Pieroth GG, Art. 20 GG Rn. 69; Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 113; Wehr, JuS 1997, 419 (420 f.). 810 Dautert, Beweisverbote und ihre Drittwirkung, S. 68, Gropp, StV 1989, 216 (219); Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 79; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 63; ders., JURA 1994, 393 (397); Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 107. 811 BVerfGE 49, 89 (126); BVerfGE 40, 237 (248); Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 114; für Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3 GG: Huster/Rux, in: BeckOK GG, Art. 20 GG Rn. 173.

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Zwangsmaßnahme ausgelöste Grundrechtseingriff gedeckt, nicht aber die nachfolgende Beweisverwertung. Vielmehr stellt jede anschließende Beweisverwertung einen neuen eigenen Grundrechtseingriff dar.812 Umso bemerkenswerter ist es, dass in zahlreichen älteren Gerichtsentscheidungen des BVerfG als auch des BGH zur Verwertbarkeit von Tagebüchern,813 Tonbändern814 und Videofilmen815 das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage keinerlei Erwähnung findet816 und das BVerfG erst im Jahr 2010 im Falle der Verwertung eines Schreibens des beschuldigten Verteidigers an seinen Mandanten den in einer Verwertung liegenden (erneuten) Grundrechtseingriff sowie das dafür bestehende Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage herausgearbeitet hat.817 a) Gesetzesvorbehalt Hinsichtlich der Ausgestaltung der Rechtsgrundlage weisen die meisten Grundrechte Konkretisierungen in Form von Gesetzesvorbehalten auf.818 Diese haben nichts mit dem oben erwähnten Vorbehalt des Gesetzes gemein,819 sondern verleihen dem Gesetzgeber die Befugnis, im Schutzbereich des jeweiligen Grundrechts Regelungen zu treffen.820 Man unterscheidet insoweit einfache und qualifizierte Gesetzesvorbehalte. Grundrechte mit einfachem Gesetzesvorbehalt erlauben Einschränkungen ohne nähere Anforderungen an das zu beschränkende Gesetz, während Grundrechte mit qualifiziertem Gesetzesvorbehalt den Eingriff nur unter bestimmten Voraussetzungen zu näher bezeichneten Zwecken oder mit bestimmten Mitteln zulassen.821 Ob und wenn ja, welcher Fall eines Gesetzesvorbehalts sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergibt, folgt sich nicht ohne weiteres aus der Verfassung. 812

BGHSt 56, 127 (134). BVerfGE 80, 367 (367 ff.); BGHSt 19, 325 (325 ff.). 814 BVerfGE 34, 238 (238 ff.); BGHSt 14, 358 (358 ff.). 815 BGH NStZ 1992, 44 (44 ff.). 816 Vgl.: Dautert, Beweisverbote und ihre Drittwirkung, S. 68; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 79; Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 81. 817 BVerfG NJW 2010, 2937 (2937 ff.); wo es konkret um einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ging. Aufgrund dieser unklaren Rechtslage soll im Rahmen dieser Arbeit grundsätzlich zu der Frage Stellung genommen werden, ob und wenn ja, welche Normen der StPO als solche Ermächtigungsgrundlagen in Betracht kommen. 818 v. Münch/Kunig, in: v. Münch/Kunig GG, Band I, vor Art. 1–19 GG Rn. 37. 819 Ossenbühl, in: HStR V (2007), § 101 Rn. 17; Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 113; ders., in: Stern StaatsR III/2, S. 370 ff. 820 Grzeszick, in: Manz/Dürig GG, Art. 20 GG VI Rn. 92; Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennek GG, vor Art. 1 GG Rn. 50; Ossenbühl, in: HStR V (2007), § 101 Rn. 36; Sachs, in: Sachs GG, vor Art. 1 GG Rn. 101; Stern, in: Stern/ Becker GR-Kommentar, Einl. Rn. 138. 821 Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn 304 ff.; Manssen, Staatsrecht II, Rn. 174; Sachs, in: Sachs GG, vor Art. 1 GG Rn. 115 ff. 813

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Denn dogmatischer Anknüpfungspunkt dieses Grundrechts ist sowohl Art. 2 Abs. 1 GG als auch die Menschenwürdegarantie nach Art. 1 Abs. 1 GG. Letztere enthält nicht nur keinen Gesetzesvorbehalt, sondern darf mit Blick auf den Begriff „unantastbar“ nicht eingeschränkt werden.822 Gleichwohl geht das BVerfG davon aus, dass für das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG Anwendung findet823 und es daher im Grundsatz einem einfachen Gesetzesvorbehalt unterliegt.824 Hierbei kommt allein der Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung eine Bedeutung zu,825 worunter die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen, zu verstehen ist.826 Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bedürfen daher grundsätzlich nur einer einfachgesetzlichen Grundlage. Allerdings sind die Anforderungen an die Bestimmtheit – im Vergleich zur ebenfalls in Art. 2 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Handlungsfreiheit827 – erhöht.828 Dies gilt insbesondere im Bereich der informationellen Selbstbestimmung, wo das BVerfG seit dem Volkszählungsurteil die hinreichende Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage deutlich hervorhebt.829 b) Verwertungsermächtigungen in der StPO Im Folgenden ist daher zu klären, ob die StPO solche hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlagen bereithält. Vor dem Hintergrund, dass nicht nur im Hauptverfahren, sondern auch in dem diesen vorgeschalteten Ermittlungs- und Zwischenverfahren Beweise herangezogen und ausgewertet werden, um weitere Verfahrensschritte – wie etwa die Anklageerhebung oder Verfahrenseinstellung830 einzuleiten, kann die Frage nach der einschlägigen gesetzlichen Ermäch-

822 Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 83; Herdegen, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 1 Abs. 1 GG Rn. 73; Hufen, JuS 2010, 1 (9); Manssen, Staatsrecht II, Rn. 175. 823 BVerfGE 65, 1 (44); BVerfGE 78, 77 (85); BVerfGE 120, 180 (201). 824 Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 459; Sachs, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 115. 825 Nur der verfassungsmäßigen Ordnung kommt insoweit eine praktische Bedeutung zu, da die Schranken der Rechte anderer sowie des Sittengesetzes positiviert und damit bereits Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung sind, vgl.: Lang, in: BeckOK GG, Art. 2 GG Rn. 52, 24; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn 459. 826 St. Rspr. des BVerfG, vgl. etwa: BVerfGE 6, 32 (38); BVerfGE 90, 145 (171 f.); BVerfGE 128, 193 (206); Lang, in: BeckOK GG, Art. 2 GG Rn. 52, 24; Murswiek/ Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 101. 827 Vgl. statt vieler: Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 11; Lang, in: BeckOK GG, Art. 2 GG Rn. 1; Murswiek/Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG Rn. 42. 828 Dreier, in: Dreier GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 91; Jarass, NJW 1989, 857 (860 f.); Kube, in: HStR VII (2009), § 148 Rn. 84. 829 BVerfGE 65, 1 (46); BVerfGE 118, 168 (187 f.). 830 Gössel, in: LR-StPO, Band I, Einl. L Rn. 5; Neuhaus, NJW 1990, 1221 (1221).

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tigungsnorm nicht für alle Verfahrensstadien einheitlich, sondern nur differenziert beantwortet werden.831 aa) Verwertungsermächtigung in der Hauptverhandlung Geht es um die Verwertungsermächtigung in der Hauptverhandlung liegt ein besonderes Augenmerk auf § 261 StPO.832 Dieser statuiert den Grundsatz, dass das Gericht nach seiner freien Überzeugung über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet. Aus diesem Recht zur freien Beweiswürdigung folgt zunächst einmal unstreitig die Pflicht des Gerichts, alle in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu würdigen und dem Urteil zugrunde zu legen.833 (1) § 261 StPO lediglich Rechtsgrundlage für die Beweiswürdigung in der Hauptverhandlung Gleichwohl bietet § 261 StPO keine generelle Verwertungsermächtigung,834 sondern liefert lediglich die rechtliche Legitimation für die Würdigung bereits in die Hauptverhandlung eingeführter Informationen.835 Um eingeführte Beweise würdigen und verwerten zu können, bedarf es aber denklogisch zunächst einer Beweiserhebung bzw. einer Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung. Richtigerweise liegen der „Verwertung“ in der Hauptverhandlung daher zwei Verfahrensstadien zugrunde. Zum einen das Stadium der richterlichen Beweiswürdigung und zum anderen das diesem vorgelagerte Stadium der Beweiserhebung oder Beweisaufnahme, ohne das das Gericht deren Ergebnisse überhaupt nicht nach freier, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpfter Überzeugung würdigen könnte.836 Für letzteres Stadium lässt sich in § 261 StPO allerdings keine Ermächtigung entnehmen.837 Gleichwohl bedarf es gerade hier einer Eingriffsermächtigung, da bereits die Beweiserhebung bzw. die Beweisaufnahme – und nicht erst die nach831

Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 80. BGHSt 56, 127 (134). 833 BGHSt 29, 109 (110); Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 261 StPO Rn. 6. 834 So aber: Rogall, JZ 2008, 818 (825). 835 BGHSt 56, 127 (134); darüber hinaus hat das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit des § 261 StPO unlängst bestätigt. So entspreche § 261 StPO vor allem aufgrund der Beschränkung auf die angeklagte prozessuale Tat dem Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit. Auch sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz selbst bei rechtswidrig erhobenen Beweisen gewahrt, weil sich Art, Gewicht und Auswirkungen der Rechtsverstöße bei der Erhebung von Informationen als sehr unterschiedlich darstellten und deshalb auch einer einzelfallbezogenen Betrachtung unterlägen, vgl.: BVerfGE 130, 1 (35 f.). 836 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 74; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 73; Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 113. 837 Ebenso: Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 75 f.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 74. 832

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folgende Beweiswürdigung – mit weitreichenden Grundrechtseingriffen verbunden ist. Denkt man etwa an eine heimlich aufgenommene Tonbandaufnahme, die durch das Abspielen in der Hauptverhandlung838 zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht wird, zeigt dies, dass bereits hier Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vorliegen, die sich im Hinblick auf den in § 169 Abs. 1 S. 1 GVG verankerten Öffentlichkeitsgrundsatz in der Hauptverhandlung839 mitunter sogar als einschneidender erweisen könnten, als der Vorgang der Beweiswürdigung selbst.840 (2) § 244 Abs. 2 StPO als Rechtsgrundlage für die Beweisaufnahme Da § 261 StPO damit also keine Rechtsgrundlage für die Einführung der Beweise in die Hauptverhandlung darstellt, kann diese nur noch durch den in § 244 Abs. 2 StPO verankerten Aufklärungsgrundsatz legitimiert werden. Danach hat das Gericht zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies wird zu Recht häufig so verstanden, dass das Gericht nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt sein soll, alle relevanten und zulässigen Beweise zu erheben.841 Deshalb ist mit einer in der Literatur vielfach vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass § 244 Abs. 2 StPO die Gerichte zur Einführung des Beweises in die Hauptverhandlung sowie den damit verbundenen Grundrechtseingriffen ermächtigt.842 (a) § 244 Abs. 2 StPO als Befugnisnorm Nicht überzeugen kann es demgegenüber, wenn § 244 Abs. 2 StPO lediglich als Aufgabenzuweisungs- bzw. Zuständigkeitsnorm angesehen wird, die mit Blick auf den Gesetzesvorbehalt etwaige Eingriffsbefugnisse nicht gewähre.843 838 Die Beweisaufnahme erfolgt hier mittels richterlichem Augenscheins nach § 86 StPO, vgl.: BGHSt 36, 167 (173); Hadamitzky, in: KK-StPO, § 86 StPO Rn. 6; Kramer, NJW 1990, 1760 (1760). 839 Vgl. zum Öffentlichkeitsgrundsatz nach § 169 Abs. 1 S. 1 GVG: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 27; Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 54 ff.; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 193 ff. 840 Dieses Beispiel nennt Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 73 f. 841 Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 80; Evers, JZ 1965, 661 (665); Fezer, JuS 1977, 234 (235); Frister, in: SK-StPO, Band IV, § 244 StPO Rn. 12 spricht wohl gar von einer Verpflichtung („zu erheben hat“); Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 83 f.; Müssig, GA 1999, 119 (124). 842 Jahn, ZStW 118 (2006), 427 (444); ders., Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 68 ff.; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 83 ff.; Müssig, GA 1999 119 (124); Störmer, JURA 1994, 393 (398); Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 116. 843 So aber: Dallmeyer, in: Der Beweisantrag im Strafprozess, Rn. 71; Gössel, Bockelmann-FS, 801 (812); Rogall, in: Zur Theorie und Systematik des Strafprozeßrechts, 113

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Zu vergegenwärtigen ist dazu zunächst der grundlegende Unterschied zwischen Aufgabenzuweisungs- und Befugnisnorm. Während erstere lediglich den Inhalt der Aufgabe beschreibt und damit nur eine rechtliche Entscheidungskompetenz in der Sache begründet, bestimmt letztere darüberhinausgehend, ob und welche Eingriffe in die Rechte des Bürgers die staatlichen Organe zur Erfüllung dieser Aufgabe vornehmen dürfen.844 Ist nun in § 244 Abs. 2 StPO die Rede von dem Gericht, das zur Erforschung der Wahrheit tätig werden muss, geht damit zunächst einmal eine rechtliche Entscheidungskompetenz des Gerichts und damit eine Aufgabenzuweisung einher. Zutreffend stellte aber bereits Störmer fest, dass sich die Vorschrift nicht auf diese Funktion beschränkt.845 Vielmehr geht die Norm darüber hinaus, indem sie angibt, wie und unter welchen Voraussetzungen das Gericht als staatliches Organ der Rechtspflege zur Erfüllung dieser Aufgabe (Wahrheitserforschung), vorzugehen hat. So benennt § 244 Abs. 2 StPO bereits die konkrete Art der Aufgabenerfüllung, nämlich die „Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung“ als Mittel zur Erforschung der Wahrheit.846 Auch zum „Ob“ der Beweisaufnahme finden sich Regelungen: Zum einen in § 244 Abs. 2 StPO, der die Beweisaufnahme zumindest formal auf Beweismittel beschränkt, die „für die Entscheidung von Bedeutung sind“. Zum anderen durch § 245 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, Abs. 2 S. 2 StPO, der die Beweisaufnahme von vornherein dann ausschließt, wenn sie „unzulässig“ ist.847 (b) Die hinreichende Bestimmtheit des § 244 Abs. 2 StPO Zu klären bleibt nun noch, ob der Aufklärungsgrundsatz auch dem Bestimmtheitsgebot gerecht wird. Dieser aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG folgende Grundsatz verlangt, dass gesetzliche Tatbestände so präzise formuliert werden müssen, dass der Normadressat sein Handeln danach ausrichten kann, weil die Folgen für ihn voraussehbar und berechenbar sind.848 Besonders erhöht sind diese Anforderungen im Bereich des den Bürger belastenden, insbesondere in Grundrechte eingreifenden Staatshandelns. Hier obliegt dem Gesetz(146); ders., JZ 2008, 8181 (825); Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 13. 844 Holzner, in: BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 2 PAG Rn. 1 f.; Knemeyer, DÖV 1978, 11 (11 ff.); Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, Kapitel 1, Rn. 189 f.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 77; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 12 f. 845 Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 77 846 Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 77 f. 847 Dafür gilt derselbe Prüfungsmaßstab wie bei § 244 Abs. 3 S. 1 StPO, vgl.: Arnoldi, NStZ 2018, 305 (308); Krehl, in: KK-StPO, § 245 StPO Rn. 15; Trüg/Habetha, in: MüKo StPO, Band II, § 245 StPO Rn. 26. 848 BVerfGE 31, 255 (264); BVerfGE 113, 348 (375); Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 374; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG, Band II Art. 20 GG (Rechtsstaat) Rn. 129.

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geber die Pflicht, die Voraussetzungen der Belastung bzw. die Eingriffsvoraussetzungen relativ genau zu regeln und abzugrenzen.849 Vergleicht man nun die allgemeinen formalen Vorschriften über die Beweiserhebung nach den §§ 244 ff. StPO mit denen, die die Beweisgewinnung durch die Ermittlungsbehörden regeln (z. B. § 81a StPO für die Entnahme von Blutproben oder anderen körperlichen Eingriffen oder § 100a StPO für die Telekommunikationsüberwachung), erscheint es zunächst durchaus nachvollziehbar, mit Gropp die Bestimmtheit dieser Beweiserhebungsvorschriften zu bezweifeln.850 Während die Gerichte bei ersterer durch § 244 Abs. 2 StPO „generalklauselartig“ 851 zu Beweiserhebungen berechtigt werden, sind die Regelungen zur Beweisgewinnung im Ermittlungsverfahren durch eine Vielzahl von Einzelermächtigungen gekennzeichnet. Bei genauerer Betrachtung weiß dieser Gedanke allerdings aus doppelter Hinsicht nicht zu überzeugen. Zum einen ist es dem Gesetzgeber aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht per se untersagt, generalklauselartige Regelungen zu treffen.852 Vielmehr sind diese gerade deshalb erforderlich, weil sich die Vielfalt der behördlichen Aufgaben nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen lässt.853 Zum anderen sind die Bestimmtheitsanforderungen der Ermächtigungsnormen im Ermittlungsverfahren nicht auf die richterliche Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung übertragbar, da sich der erforderliche Grad der Bestimmtheit nicht allgemein festlegen lässt, sondern von der jeweiligen Eigenart des Regelungsgegenstandes abhängt.854 Konkret führt das BVerfG hierzu aus, dass die Rechtsvorschriften nur so genau „zu fassen [sind], wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist“.855 Bezogen auf die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ist es dem Gesetzgeber – anders als bei der Beweiserhebung im Ermittlungsverfahren, bei der er genau festlegen kann, unter welchen Voraussetzung eine in Grundrechte eingreifende Zwangsmaßnahme zulässig ist – nicht möglich, jede Grundrechtsbeeinträchtigung vorherzusehen und umfassend zu regeln.856 So ist nicht nur die Aufnahme privater Beweismittel – wie etwa Tagebuchaufzeichnungen oder Film849

Grzeszick, in: Maunz/Dürig GG, Band III, Art. 20 GG VII Rn. 65. So: Gropp, StV 1989, 216 (219). 851 Diesen Begriff der Generalklausel verwendet Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 79. 852 Selbst die polizeiliche Generalklausel werden insoweit als bestimmt genug angesehen, vgl.: BVerfGE 54, 143 (144 f.). 853 BVerfGE 8, 274 (326); BVerfGE 49, 168 (181). 854 Schulze-Fielitz, in: Dreier GG, Band II, Art. 20 (Rechtsstaat) GG Rn. 129. 855 BVerfGE 49, 168 (181); BVerfGE 102, 254 (337); BVerfGE 134, 141 (184). 856 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 78; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 79. 850

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bzw. Tonbandaufnahmen – mit weitrechenden Grundrechtsbeeinträchtigungen verbunden. Bereits zur Ermittlung von für die Strafzumessung nach § 46 StGB unumgänglichen Umständen werden regelmäßig Feststellungen zu Werdegang, Vorleben oder Persönlichkeit des Angeklagten gemacht und damit besonders private Informationen erforscht.857 Vor allem aber hängt der Umfang der Beweisaufnahme und damit auch die Anzahl der Grundrechtsbeeinträchtigungen von einer gerichtlichen Prognose über den zu erwartenden Beweiswert der in Betracht kommenden Beweismittel, des zu erwartenden Beweisergebnisses und des möglichen Einflusses auf die Entscheidung ab und ist daher größtenteils eine Frage des Einzelfalls.858 Allein deshalb stieße der Gesetzgeber bei der Festlegung der Zulässigkeitsgrenzen in einzelne Normen an tatsächliche Grenzen. Daher genügt § 244 Abs. 2 StPO als „Erhebungsgeneralklausel“ den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen.859 (3) Ergebnis Im Ergebnis steht somit fest, dass § 261 StPO zur Verwertung der Beweismittel im strafgerichtlichen Urteil ermächtigt. § 244 Abs. 2 StPO stellt dem Gericht daneben eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, um die Beweismittel in die Hauptverhandlung aufzunehmen. bb) Verwertungsermächtigung im Ermittlungsverfahren Wie oben angemerkt, stellt sich die Frage der Verwertbarkeit von Beweismitteln nicht nur im Hauptverfahren, sondern bereits in dem diesen vorgelagerten Ermittlungsverfahren.860 Schon hier werden Beweismittel durch die Ermittlungsbehörden ausgewertet, indem sie etwa den Einsatz (weiterer) Zwangsmittel anordnen861 oder über die Anklageerhebung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden.862 Eine spezielle Vorschrift zur Verwertung von Beweismitteln im Ermittlungsverfahren enthält die StPO aber nicht. Insbesondere kommen § 261 bzw. § 244 857

Miebach/Maier, in: MüKo StGB, Band II, § 46 StGB Rn. 240. Trüg/Habetha, in: MüKo StPO, Band II, § 244 StPO Rn. 55. 859 Ebenso: Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 78; Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 68 ff.; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 85; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 81 f. 860 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 79; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 86 f.; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 87. 861 Mavany, in: LR-StPO, Band V/1, § 152 StPO Rn. 46; Dencker, StV 1994, 667 (670). 862 Gössel, in: LR-StPO, Band I, Einl. Abschn. L Rn. 5; Neuhaus, NJW 1990, 1221 (1221). 858

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Abs. 2 StPO bereits dem Wortlaut nach nicht in Betracht – sie adressieren nämlich nur „das Gericht“ und nicht die Ermittlungsbehörden. Daher verbleibt nur der Rückgriff auf die allgemeinen Normen des Legalitätsprinzips, deren positivrechtliche Normierung sich vor allem aus den §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO ergibt.863 Danach sind Staatsanwaltschaft und – über den zusätzlichen „Umweg“ des § 163 Abs. 1 StPO – auch die Polizei864 zur Verfolgung von Straftaten bzw. zur Erforschung des wahren Sachverhalts verpflichtet und, soweit es um die Staatsanwaltschaft geht, bei hinreichendem Tatverdacht zur Erhebung der Anklage angewiesen, § 170 Abs. 1 StPO.865 Über die Frage, ob daraus auch eine Befugnis zur Verwertung der erhobenen Beweise folgt, ist damit aber nichts gesagt. Weitgehend einig ist man sich zwar insoweit, dass es sich bei § 160 Abs. 1 StPO um eine reine Aufgabenzuweisungsnorm handelt, aus der keine Eingriffsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden hergeleitet werden können.866 Das in § 160 Abs. 1 StPO normierte Ziel der Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, wird allerdings für die Staatsanwaltschaft in § 161 Abs. 1 StPO und für die strafverfolgend agierende Polizei in § 163 Abs. 1 StPO konkretisiert.867 Dass es sich hierbei nicht nur um bloße Aufgabenzuweisungsnormen, sondern vielmehr um Ermächtigungsgrundlagen zu grundrechtsrelevanten Eingriffsmaßnahmen handelt, dürfte seit der Einführung des Strafverfahrensänderungsgesetzes 1999868 als anerkannt gelten.869 So wurde die alte Fassung des § 161 Abs. 1 S. 1 StPO, wonach die Staatsanwaltschaft Ermittlungen jeder Art vornehmen konnte,870 dahingehend modifiziert, dass die Staatsanwaltschaft hierzu auch „befugt“ ist.871 Parallel dazu schuf der Gesetzgeber mit § 163 Abs. 1 S. 2 StPO eine weitere Ermächtigungsgeneralklausel, die den Regelungsgehalt des § 161 Abs. 1 S. 1 StPO n. F. auf die Tätigkeit der Polizei im Rahmen des ers863 Kühne, in: LR-StPO, Band I, Einl. Abschn. I Rn. 22; Schmidt-Jortzig, NJW 1989, 129 (131); Schulenburg, JuS 2004, 765 (765); Weßlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, vor § 151 StPO Rn. 5. 864 Bottke, JuS 1990, 81 (83). 865 Kühne, in: LR-StPO, Band I, Einl. Abschnitt I Rn. 22; Schulenburg, JuS 2004, 765 (765); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 88. 866 Erb, in: LR-StPO, Band V/2, § 160 StPO Rn. 3; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 13; Wohlers/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 160 StPO Rn. 3. 867 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 79. 868 BGBl I 2000/38, S. 1253 (1255). 869 Zu § 161 Abs. 1 StPO: Erb, in: LR-StPO, Band V/2, § 160 StPO Rn. 3; Perschke, Ermittlungsmethoden, S. 122 f.; Weßlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 161 StPO Rn. 3; zu § 163 Abs. 1 StPO: Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 104; Erb, in: LRStPO, Band V/2, § 163 StPO Rn. 8; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 163 StPO Rn. 1; Wohlers/Albrecht, in: SK-StPO, Band III, § 163 StPO Rn. 2; Zöller, in: HK-StPO, § 163 StPO Rn. 1. 870 Im Originalwortlaut „kann“. 871 Weßlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 161 StPO Rn. 3.

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ten Zugriffs übertrug.872 Überholt ist damit die Auffassung Wölfls aus dem Jahr 1997,873 die lediglich die Staatsanwaltschaft als zu Eingriffen ermächtigt ansah.874 Vor dem Hintergrund, dass die StPO mittlerweile eine Reihe von neuen und speziellen Eingriffsbefugnissen enthält (z. B. §§ 81e ff.; 100c ff.; 131 ff.) und ein Rückgriff auf die Ermittlungsgeneralklauseln der §§ 161, 163 StPO nur dann in Betracht kommt, wenn eine Ermittlungsmaßnahme nicht in einer Einzelermächtigung geregelt ist,875 erscheint fraglich, ob die Ermittlungsgeneralklauseln den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Um eine Umgehung dieser speziellen Eingriffsbefugnisse zu vermeiden, steht zunächst unstreitig fest, dass alle Maßnahmen, die tiefer in Grundrechte eingreifen, nicht von den Ermächtigungsgeneralklauseln gedeckt werden können.876 Da der Akt der Verwertung allerdings durchaus tiefer in Grundrechte eingreifen kann, stellt sich auch hier wiederum die Frage, ob die §§ 161, 163 StPO dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht werden. Mit Blick auf die begrenzte Regelungsfähigkeit dürfen jedoch auch hier – ebenso wie im Stadium des Hauptverfahrens – keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.877 Im Vergleich zum Vorgang der Beweiserhebung, bei dem die Beweise erst beschafft werden müssen und sich daher das Problem stellt, ob und wenn ja, welche Methoden angewandt werden können, um an die erforderlichen Beweismittel zu gelangen, ist die Verwertungssituation eine grundlegend andere. Hier hält das handelnde Strafverfolgungsorgan das Beweismittel quasi bereits „in den Händen“ und es ist lediglich fraglich, ob es dieses Beweismaterial auch verwerten darf.878 Eine detaillierte Regelung von Ermächtigungsnormen – wie dies bei der Beweiserhebung möglich ist879 – ist für die Beweisverwertung dagegen aufgrund der Vielzahl der Konstellation weder realisierbar noch erforderlich. Vielmehr genügen die §§ 161, 163 StPO als solche den Anforderungen, die der Bestimmtheitsgrundsatz an sie stellt.880

872 BT-Drs. 14/1484, 16.08.1999, S. 17, 23 f.; Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 104; Erb, in: LR-StPO, Band V/2, § 163 StPO Rn. 8; Wohlers/Albrecht, in: SKStPO, Band III, § 163 StPO Rn. 2. 873 Wölfl, Die Verwertbarkeit heimlicher Ton- und Bildaufnahmen im Strafverfahren, S. 226. 874 So bereits: Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 80. 875 Kölbel, in: MüKo StPO, Band II, § 161 StPO Rn. 7; Weßlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 161 StPO Rn. 9. 876 Weßlau/Deiters, in: SK-StPO, Band III, § 161 StPO Rn. 12. 877 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 80; Laber, Die Verwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen im Strafverfahren, S. 87; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 93. 878 Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 93. 879 Vgl.: Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 92. 880 Ebenso: Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 81.

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cc) Verwertungsermächtigung im Zwischenverfahren Hat die Staatsanwaltschaft die öffentliche Anklage erhoben (§ 170 Abs. 1 StPO), entscheidet das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht als eine von der Anklagebehörde unabhängige Instanz in einem nichtöffentlichen Zwischenverfahren (§§ 199–211 StPO) darüber, ob tatsächlich hinreichende Verdachtsgründe vorliegen, die eine öffentliche Hauptverhandlung rechtfertigen.881 Ist dies der Fall, beschließt das Gericht nach § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens. Für diese Entscheidung muss es aber wiederum zunächst das vorhandene und für diese Entscheidung relevante Beweismaterial auswerten.882 Hierfür stellt schließlich § 203 StPO die hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage dar.883 c) Ergebnis Damit steht fest, dass die Strafprozessordnung für die einzelnen Verfahrensstadien Verwertungsermächtigungen normiert. Konkret sind das § 244 Abs. 2 und § 261 StPO für die Hauptverhandlung, §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1, 163 Abs. 1 StPO für das Ermittlungsverfahren und § 203 StPO für das Zwischenverfahren. 2. Verhältnismäßigkeit Zwar sind den Verwertungsermächtigungen auf Rechtsfolgenseite keine besonderen Voraussetzungen zu entnehmen. Gleichwohl ist der durch die Verwertungsermächtigung an sich zulässige Grundrechtseingriff hier durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.884 Wie bei jedem Grundrechtseingriff muss die Verwertung daher einen legitimen Zweck verfolgen, zur Erreichung dieses Zwecks geeignet sowie erforderlich und schließlich auch angemessen sein.885 a) Legitimer Zweck Blickt man auf die Rechtsprechung des BVerfG, wird zur Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen im Rahmen des Strafverfahrensrecht vielfach auf die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege abgestellt.886 Dass dies für den in der Verwertung liegenden Grundrechtseingriff einen legitimen Zweck darstellt, 881

Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 352. Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 106. 883 Ebenso: Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 81; Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 69; Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 106. 884 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 81; Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 71. 885 Dautert, Beweisverwertungsverbote und ihre Drittwirkung, S. 82; Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 71. 886 BVerfGE 34, 238 (248 f.); BVerfG NJW 2002, 51 (52); BVerfG NJW 2018, 2385 (2386). 882

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erweist sich mit Blick auf das zentrale Ziel des Strafverfahrens als zutreffend. Dieses ist nämlich gemeinhin darauf gerichtet, eine materiellrechtlich richtige, prozessförmig zustande gekommene und Rechtsfrieden schaffende Entscheidung über die Strafbarkeit des Beschuldigten herbeizuführen.887 Einer solch richtigen, d.h. auf Grundlage des tatsächlichen Geschehens bemessenene Strafe kann ein Straftäter aber nur dann zugeführt werden, wenn die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege gewährleistet ist.888 Auch wird ein Rechtsfrieden – in Form des Ausschlusses von Eigenmacht und Selbstjustiz – nur dann geschaffen, wenn die hoheitliche Rechtsdurchsetzung erkenn- und erlebbar garantiert ist.889 Die Legitimität dieses Zwecks unterstreicht schließlich deren verfassungsrechtliche Verankerung im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG.890 b) Geeignetheit Abgesehen von offensichtlich fehlsamen Verwertungsakten, die etwa allein der Bloßstellung eines Verfahrensbeteiligten dienen, wird die Beweisverwertung regelmäßig auch geeignet sein, diesen Zweck zu fördern.891 c) Erforderlichkeit Die Erforderlichkeit beinhaltet nun das Gebot, dass der Staat aus den zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeigneten Mitteln das mildeste wählt.892 Angewendet auf die Beweisverwertung bedeutet das, dass der in ihr liegende Grundrechtseingriff nur dann erforderlich ist, wenn die Sachverhaltsermittlung nicht durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, das das betroffene Grundrecht weniger intensiv einschränkt.893 Ob neben der Dashcam-Aufnahme noch ein weiteres, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten weniger eingreifendes Beweismittel zur Verfügung steht, das den gleichen 887 BVerfGE 113, 29 (54); BVerfG NJW 2018, 2385 (2386); Beulke/Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 3 ff.; Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 3; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 11. 888 BVerfGE 34, 238 (248 f.); BVerfG NJW 2018, 2385 (2386); Beulke, in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 9; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 3; Schwarz, JURA 2007, 334 (334). 889 Landau, NStZ 2011, 537 (544). 890 BVerfGE 33, 367 (383); BVerfGE 122, 248 (272 f.); BVerfG NJW 2011, 2417 (2419); Beulke, in: S/S/W StPO, Einl. Rn. 7; Dautert, Beweisverbote und ihre Drittwirkung, S. 82; Landau, NStZ 2011, 537 (544); Störmer, Dogmatische Grundlagen der Verwertungsverbote, S. 64; ders., JURA 1994, 393 (395). 891 Jahn, Gutachten C zum 67. DJT 2008, Band I, C 71. 892 BVerfGE 120, 274 (321); BVerfGE 135, 90 (118); Grzeszick, in: Maunz/Dürig GG, Art. 20 GG VII Rn. 113; Huster/Rux, in: BeckOK GG, Art. 20 GG Rn. 196; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn 336; Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 152; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG, Band II, Art. 20 GG (Rechtsstaat) Rn. 183. 893 Dautert, Beweisverbote und ihre Drittwirkung, S. 84.

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Beweiswert liefert, ist eine Frage des Einzelfalls, wird aber aufgrund der Objektivität eine Videoaufnahme nur sehr selten anzunehmen sein. d) Angemessenheit Die vierte und letzte Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung bildet schließlich die Angemessenheitsprüfung. Diese erfordert, dass das belastende staatliche Handeln in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts steht.894 Dieses auch als Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne895 oder des Übermaßverbots896 bezeichnete Prinzip zielt auf einen angemessenen Ausgleich zwischen der Schwere der Grundrechtsbelastungen und der Bedeutung des von der staatlichen Maßnahme verfolgten Zwecks,897 also zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und einer effektiven Strafrechtspflege. Dieser Ausgleich gelingt mithilfe der vom BVerfG entwickelten sog. Sphärentherie. Dadurch kann die Intensität der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten bestimmt und gleichzeitig Aufschluss darüber gewonnen werden, wann eine Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs anzunehmen bzw. abzulehnen ist.898 Die höchste Schutzintensität genießt danach wegen der besonderen Nähe zur Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) die Intimsphäre (erste Sphäre).899 Sie ist unantastbar und der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen. Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in diesen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen.900 Im Strafprozessrecht sind derartige Erkenntnisse daher zwingend unverwertbar.901 894 BVerfGE 67, 157 (173); BVerfGE 117, 163 (182); Sachs, in: Sachs GG, Art. 20 GG Rn. 154. 895 So etwa: BVerfGE 67, 157 (173); Grzeszick, in: Maunz/Dürig GG, Art. 20 GG VII Rn. 117; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn 340. 896 So etwa: BVerfGE 113, 29 (54); BVerfGE 117, 163 (197); BVerfGE 134, 242 (298). 897 Huster/Rux, in: BeckOK GG, Art. 20 GG Rn. 197; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG, Band II, Art. 20 GG (Rechtsstaat) Rn. 184. 898 BGHSt 36, 167 (173); Brunhöber, GA 2010, 571 (587); Beulke, in: Satzer/Schluckebier/Widmaier StPO, Einl. Rn. 303; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 387 ff.; Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 319 ff.; Kudlich, in: MüKO StPO, Band I, Einl. Rn. 473; krit.: Ambos, Beweisverwertungsverbote, S. 70 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung, Rn. 778 ff. 899 BVerfGE 27, 1 (6); BVerfGE 89, 69 (82 f.); BVerfGE 109, 279 (313). 900 BVerfGE 34, 238 (245); BVerfGE 109, 279 (313). 901 BVerfGE 34, 238 (245); BVerfGE 80, 367 (373); Beulke, in: Satzer/Schluckebier/ Widmaier StPO, Einl. Rn. 303; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 388; Ellbogen, NStZ 2001, 460 (462); Kolz, NJW 2005, 3248 (3248); Kühne, Strafprozessrecht, Rn. 907.1; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn. 56.

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Die Privatsphäre (zweite Sphäre) umfasst den engeren persönlichen Lebensbereich und damit „einen Raum, in dem der Einzelne unbeobachtet sich selbst überlassen ist oder mit Personen seines besonderen Vertrauens ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen und ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen verkehren kann“.902 Eingriffe sind in dieser Sphäre nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig.903 Daraus folgt im Strafverfahren, dass die Verwertung solcher Beweismittel nur dann zulässig ist, wenn das Interesse an einer effektiven Strafrechtspflege das Individualinteresse am Persönlichkeitsschutz überwiegt.904 Auf Ebene der Sozialsphäre (dritte Sphäre) ist schließlich die persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt sowie seinem öffentlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Wirken gemeint. Sie betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Wegen des Bezugs nach außen sind Eingriffe hier bereits unter weniger strengen Voraussetzungen möglich.905 Die Effektivität der Strafrechtspflege – als im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG verankerter Wert – überwiegt hier stets den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten, sodass etwaige Beweismittel im Strafverfahren hier uneingeschränkt verwertbar sind.906 Maßgeblich ist deshalb, welcher Sphäre die Dashcam-Aufnahmen zuzuordnen sind. Geht es um das Recht auf Selbstdarstellung, kann lediglich die dritte, also die Sozialsphäre betroffen sein. Denn die Dashcam-Aufnahmen zeigen den Beschuldigten regelmäßig lediglich im öffentlichen (Verkehrs-)Raum und damit in einem Bereich auf, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht.907 Gleiches gilt auch in Bezug auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Zwar geht es hier nicht um die Darstellung des Einzelnen in der Öffentlichkeit, sondern um personenbezogene Daten, deren Persönlichkeitsrelevanz nicht anhand räumlicher Zuordnungskriterien bestimmt werden kann. Gleichwohl gilt auch hier, dass an eine Rechtfertigung umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je tiefer die in den Daten gespeicherten Informationen Auskunft über den privaten Bereich geben und je intensi902

BVerfGE 90, 255 (260). BVerfGE 27, 344 (351); BVerfGE 32, 373 (379). 904 Beulke, in: Satzer/Schluckebier/Widmaier StPO, Einl. Rn. 303; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 389; Ellbogen, NStZ 2001, 460 (464); Fischer, in: KK-StPO, Einl. Rn. 320; Kudlich, in: MüKo StPO, Band I, Einl. Rn. 474; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 57; Wohlers, in: SKStPO, Band I, Einl. Rn. 266. 905 BVerfG NJW 2006, 3406 (3408). 906 Beulke, in: Satzer/Schluckebier/Widmaier StPO, Einl. Rn. 303; ders./Swoboda, Strafprozessrecht, Rn. 470; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 388; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24, Rn. 58; Wohlers, in: SK-StPO, Band I, Einl. Rn. 266. 907 BVerfG NJW 2011, 2783 (2785). 903

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§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen

ver die Daten benutzt werden sollen.908 Auch hierfür kann der Sphärengedanke fruchtbar gemacht werden. Die Sozialsphäre betreffen danach weniger private Informationen wie einfache Identitätsmerkmale (z. B. Name oder Geburtstag), äußere körperliche Merkmale sowie sonstige Einzeldaten, weder wirtschaftlicher noch politischer Art. Die Privatsphäre betreffen Daten über Krankheiten, Körperfunktionen und genetische Merkmale, wirtschaftliche Verhältnisse, Lebensgewohnheiten oder die Arbeisweise (z. B. in Personalakten). Die Intimsphäre ist schließlich erfasst, wenn es sich um Daten aus dem Mentalbereich über politische oder weltanschauliche Einstellung und Gesinnung handelt.909 Da auf den Dashcam-Aufnahmen – wenn überhaupt – regelmäßig lediglich äußere körperliche Merkmale wie etwa der Körpergröße erkenntlich sind, ist auch insoweit lediglich die Sozialsphäre betroffen. Die Dashcam-Aufnahmen zeigen den Beschuldigten daher in die Persönlichkeit kaum betreffenden Lebenssituationen, in denen er sich von vornherin dem Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Mithin ist hier nur die Sozialsphäre betroffen, sodass die Effektivität der Strafrechtspflege als legitimer Zweck das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten stets überwiegt. Die Beweisverwertung von Dashcam-Aufnahmen ist damit verhältnismäßig im engeren Sinne. 3. Zwischenergebnis Die Effektivität der Strafrechtspflege stellt aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Verankerung im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG einen legitimen Zweck von solchem Gewicht dar, dass er den mit der Verwertung von Dashcam-Aufnahmen verbundenen geringen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich rechtfertigen kann.

III. Ergebnis Durch den Akt der Beweisverwertung wird in bestimmten Konstellationen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in seinen Ausprägungen als Recht auf Selbstdarstellung und als Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Da dieser Eingriff in seiner Intensität lediglich die Sozialsphäre betrifft, kann dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Für die Beweisverwertung bedeutet dies, dass die Dashcam-Aufnahmen uneingeschränkt verwertbar sind und ein selbständiges Beweisverwertungsverbot ebenfalls ausscheidet. 908 Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 181; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band I, Art. 2 GG Rn. 116. 909 So wohl: Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG, Band I, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 181 Fn. 3; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, Band I, Art. 2 GG Rn. 118, ohne dass diese von Sozial-, Privat- oder Intimsphäre sprechen.

F. Ergebnis

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F. Ergebnis Bei der privaten Beweiserhebung von Dashcam-Aufnahmen kann Beweismaterial aufgezeichnet werden, welches im Strafprozess relevant werden kann. Bei diesem Vorgang, also Aufnahme des Videomaterials, Speicherung der Sequenzen und anschließender Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden kann in vielerlei Hinsicht gegen Vorschriften der DSGVO verstoßen werden. Liegt in den oben aufgezeigten Fällen ein solcher Verstoß vor, stellt sich zunächst die Frage, inwieweit daraus ein Beweisverwertungsverbot resultiert. Nach hier vertretener Auffassung ist dies – auch unter Berücksichtigung der heutigen tatsächlichen Gegebenheiten – nur dann der Fall, wenn die Privaten bei der Beweiserhebung menschenwürdewidrig agieren, da Art. 1 Abs. 1 GG unmittelbare Drittwirkung entfaltet. Ein solcher Verstoß gegen die Menschenwürde scheidet in der vorliegenden Untersuchungskonstellation jedoch aus, sodass aus einem datenschutzrechtswidrigem Vorgehen kein unmittelbares Beweisverwertungsverbot resultiert. Unabhängig von einem etwaigen privaten Verstoß gegen Rechtsvorschriften bei der Beweiserhebung scheidet ein Beweisverwertungsverbot auch nicht deshalb aus, weil den Strafverfolgungsbehörden das Verhalten der privaten Dashcam-Nutzern zugerechnet werden kann, sodass es sich nicht um eine staatliche Beweiserhebung handelt. Denn selbst beim Handeln sogenannter „Hilfssheriffs“ scheidet eine solche Zurechnung aus, da dieser weder ausdrücklich bzw. konkludent beauftragt, noch in maßgeblicher Weise unterstützt wird. Auch eine Zurechnung trotz bloßem Gewährenlassen scheidet vorliegend aus. Schließlich vermag auch der Akt der Verwertung der Dashcam-Aufnahmen im Strafprozess selbst kein selbständiges Beweisverwertungsverbot begründen. Zwar wird dadurch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen. Aufgrund der damit verbundenen geringen Eingriffsinstensität kann dieser jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Dashcam-Aufnahmen sind nach hier vertretener Auffassung damit uneingeschränkt verwertbar.

§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle anhand dieser Grundsätze Anhand dieser Grundsätze soll nun folgend eine Analyse der bisher ergangenen beiden strafprozessualen Entscheidungen vorgenommen werden, welche die Verwertbarkeit von mittels privater Dashcam aufgezeichnetem Videomaterial zum Gegenstand hatten. Konkret sind das eine Entscheidung des AG Nienburg aus dem Jahr 2015 und eine des OLG Stuttgart aus dem Jahr 2016. Dazu gilt es jeweils zunächst den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und die von den Gerichten dargelegten Entscheidungsgründe darzulegen, ehe dazu Stellung genommen werden kann.

A. AG Nienburg, Urt. v. 20.01.20151 I. Sachverhalt Im Sachverhalt, welcher der Entscheidung des AG Nienburg aus dem Jahr 2015 zugrunde lag, fuhr der Zeuge H gegen 20.00 Uhr auf einer vierspurigen Bundesstraße mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h. Nun überholte ihn der A mit leicht erhöhter Geschwindigkeit um danach bei freier Bahn und ohne Anzeige der Fahrtrichtung von der linken auf die rechte Spur zurückzuwechseln. Dort verlangsamte er seine Geschwindigkeit, so dass sich der Abstand der beiden Fahrzeuge um weniger als eine Fahrzeuglänge verringerte. Um einen Auffahrunfall zu verhindern, welchselte H auf den linken Fahrstreifen und überholte das Fahrzeug des A. Während des folgenden Überholvorgangs driftete das Fahrzeug des A über die Mittelmarkierung, sodass sich seine linken Räder auf der linken Fahrspur befanden und der H seinerseits weiter nach links zur Leitplanke ausweichen musste. Obwohl der Seitenabstand hier lediglich noch ungefähr 5 cm betrug, kam es zu keinem Verkehrsunfall. Kurz vor dem geschilderten Fahrverlauf fiel dem Zeugen H das hinter ihm befindliche Fahrzeug des Angeklagten A durch sehr dichtes Auffahren auf. Dies nahm er als Anlass, seine neben dem Innenspiegel angebrachte Dashcam zu aktivieren, um für den etwaigen Fall eines Zusammenstoßes Beweismaterial zu sichern. Die Kamera filmte sodann den Straßenbereich vor der Kühlerhaube des Fahrzeugs des H und speicherte die Aufnahmen digital auf einer SD-Speicherkarte. Die Bildfolge hat dabei eine Gesamtlänge von fünfeinhalb Minuten. 1

AG Nienburg ZD 2015, 341 (341 ff.); SVR 2015, 348 (348 ff.).

A. AG Nienburg, Urt. v. 20.01.2015

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II. Entscheidung Das Gericht geht von der strafprozessualen Verwertbarkeit der Aufzeichnung aus. Es prüft insoweit zunächst die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Anfertigung der Aufnahmen, allerdings noch unter Bezugnahme der alten Rechtslage unter dem BDSG a. F. Die spezialgesetzliche Ermächtigung hierfür ergebe sich für H aus § 4 Abs. 1 BDSG a. F. i.V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG a. F.2 Dadurch, dass die kurze, anlassbezogene Aufzeichnung nur die Fahrzeuge, aber nicht die Insassen der Fahrzeuge abbildet und nur Vorgänge erfasst, die sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignen, überwiege im Rahmen der hier gebotenen Interessenabwägung das Interesse des H an der Anfertigung der Aufzeichnung zum Zwecke der Beweissicherung das Interesse des A an der Unverletzlichkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Der Eingriff in das Recht des A sei denkbar gering, während das Interesse des H an einem effektiven Rechtsschutz besonders hoch sei. Der anlassbezogene Einsatz der Dashcam sei deshalb vorliegend für den von H verfolgten Zweck der Beweissicherung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.3 Die nach alldem zulässig angefertigte Kameraaufzeichnung dürfe im Strafverfahren nun auch verwertet werden. Die Aufnahme bilde lediglich Vorgänge aus dem Straßenverkehr ab, womit der absolute Kernbereich der persönlichen Lebensführung des A nicht betroffen sei. Im Rahmen der auch hier gebotenen Interessenabwägung überwiege bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des A das allgemeine Interesse an der Effektivität der Strafverfolgung. Die Verwertung der Aufzeichnung sei auch erforderlich, da aufgrund der Unergiebigkeit der Zeugenaussagen keine anderen Beweismittel zur Verfügung stünden. Ebenso sei sie auch verhältnismäßig. Zum einen sei nicht der Angeklagte selbst, sondern nur sein Fahrzeug abgebildet. Zum anderen habe zum Zeitpunkt der Verwertung der dringende Verdacht bestanden, dass der A im Falle eines Schuldspruchs zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurteilt und ihm wegen fehlender Eignung die Fahrerlaubnis entzogen wird.4 Dieser Wertung stünde schließlich auch nicht entgegen, dass der von H verfolgte Zweck der Aufzeichnung – Beschaffung eines Beweismittels für den Fall der gesetzlichen Haftung – nicht mit dem Gericht verfolgten Zweck der Verwertung – Erkenntnisquelle im Strafverfahren – übereinstimmt. Das Geheimschutzinteresse des A würde nur dann überwiegen, sofern sich der A gegen eine dem Grunde nach unzulässige Überwachung durch Dritte zur Wehr setzen würde. Dies könne allenfalls dann der Fall sein, wenn Personen aus eigener Machtvollkommenheit ziegerichtet Dashcam-Aufzeichnungen für staatliche Strafverfahren 2 3 4

AG Nienburg ZD 2015, 341 (342). AG Nienburg ZD 2015, 341 (342 f.). AG Nienburg ZD 2015, 341 (343).

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§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle

fertigen und sich so zu selbsternannten „Hilfssheriffs“ aufschwingen, was hier jedoch nicht der Fall sei.5 Die Inaugenscheinnahme der Videoaufnahme ermöglicht es dem Gericht nun, das strafrechtlich relevante Geschehen zu erfassen. Der A habe sich hier gem. §§ 240 Abs. 1 und 2, 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. b und Abs. 3 Nr. 1, 52 StGB in Tatheinheit mit fahrlässiger Gefährung des Straßenverkehrs schuldig gemacht.6

III. Stellungnahme Der Entscheidung der AG Nienburg ist im Ergebnis voll und in den Entscheidungsgründen größtenteils beizupflichten. So ist es richtig, dass das Gericht zu Beginn die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Dashcam-Nutzung in den Blick nimmt. Wäre hier ein privates rechtswidriges Vorgehen festgestellt worden, hätte danach die Frage erörtert werden müssen, inwieweit daraus unmittelbar ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies stellt die erste Fallgruppe dar, durch die sich aus der privaten Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot ergeben kann. Da sich die Ausführungen hierzu noch auf die alte Rechtslage und dem BDSG a. F. beziehen, sollen diese nicht weiter bewertet werden.7 Vielmehr ist mit dem AG von der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Dashcam-Nutzung auszugehen. Ein Beweisverwertungsverbot, welches unmittelbar aus der rechtswidrigen privaten Beweiserhebung resultiert, scheidet deshalb zutreffenderweise aus. Damit verbleibt zunächst Raum für ein unmittelbar aus der Verfassung folgendes selbständiges Beweisverwertungsverbot. Im Unterschied zur eben aufgezeigten Fallgruppe, setzt dieses kein rechtswidriges (privates) Vorgehen bei der Beweiserhebung voraus. Es ist deshalb zutreffend, dass das Gericht – auch wenn es nicht wörtlich von einem selbständigen Beweisverwertungsverbot spricht – hierzu zunächst feststellt, dass der absolute Kernbereich der Lebensführung des A nicht betroffen ist und deshalb eine Abwägung grundsätzlich möglich ist. Aufgrund der mit der Verwertung als solcher verbundenen geringen Eingriffsintensität überwiegt hier das allgemeine Interesse an der Effektivität der Strafverfolgung, sodass auch ein selbständiges Beweisverwertungsverbot ausscheidet. Schließlich spricht das AG die Konstellation des „Hilfssheriffs“ an, auch wenn diese zutreffenderweise als nicht einschlägig erachtet wird. Allerdings kann der Kontext, in welchem dies angesprochen wird, nicht überzeugen. Es geht nicht 5

AG Nienburg ZD 2015, 341 (343). AG Nienburg SVR 2015, 348 (350). 7 Nach der in der Arbeit vertretenen Auffassung zu der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Dashcam-Nutzung nach der DSGVO wäre die vorliegend verwendete Dashcam vor allem aufgrund der langen Aufnahmedauer von 5 Minuten und dem manuellen Einschalten der Dashcam datenschutzrechtswidrig ausgestaltet gewesen. 6

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darum, dass bei Agieren eines „Hilfssheriffs“ das Geheimschutzinteresse des Angeklagten überwiegen kann. Vielmehr hätte in dieser Konstellation über eine Zurechnung des privaten Handelns zu den staatlichen Behörden diskutiert werden sollen, was die Beweiserhebung rechtlich in einen neuen Rahmen rücken würde. Statt einer privaten Beweiserhebung handelte es sich dann formal um eine staatliche Beweiserhebung, welche sich nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere denen der StPO, richtete. Mit einem Überwiegen des Geheimschutzinteresses des Angeklagten hat dies jedenfalls zunächst nichts zu tun. Da eine solche Konstellation aber ohnehin nicht als einschlägig erachtet wird, ändert dies im Ergebnis nichts an der zutreffenden Erkenntnis des AG Nienburg, dass die Dashcam-Aufnahme im konkreten Fall als im Strafprozess verwertbar angesehen werden muss.

B. OLG Stuttgart, Urt. v. 04.05.20168 I. Sachverhalt Im Sachverhalt, welcher der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 04.05.2016 zugrunde lag, fuhr der Betroffene mit seinem Pkw innerorts bei ruhiger Verkehrslage über eine Kreuzung, obwohl die sich dort befindende Wechsellichtzeichenanlage bereits seit mindestens sechs Sekunden für die Fahrtrichtung des Betroffenen Rot zeigte. Bei ihm möglicher und jederzeit zumutbarer Aufmerksamkeit hätte er die Lichtzeichenanlage uneingeschränkt wahrnehmen und rechtzeitig anhalten können. Dieses Verhalten wurde von einer Dashcam festgehalten, welche bereits seit Fahrtbeginn anlasslos während der gesamten Fahrt aufzeichnete. Das AG Reutlingen,9 welches in der ersten Instanz zuständig war, verhängte gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Missachtens des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage, wobei die Rotphase länger als eine Sekunde andauerte, eine Geldbuße von 200 Euro und verbot ihm für die Dauer von einem Monat, im öffentlichen Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen, wobei ihm die Schonfrist nach § 25 Abs. 2 lit. a StVG eingeräumt wurde. Hiergegen wandte sich der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde. Er erhob Sachrüge und griff mit einer Verfahrensrüge insbesondere die Verwertung der mittels Dashcam gefertigten Videoaufnahme an.

II. Entscheidung Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das OLG Stuttgart ging vielmehr ebenfalls von der Verwertbarkeit der aufgezeichneten Videoaufnahmen mittels Dashcam aus. Hierzu äußerte es sich 8 9

OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2280 ff.); OLG Stuttgart CR 2016, 516 (516 ff.). AG Reutlingen, Urt. v. 27.05.2015 – 7 OWi 28 Js 7406/15.

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§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle

zunächst zu der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Dashcam-Aufnahme als solcher. Maßgebliche Vorschrift sei insoweit § 6b BDSG a. F., insbesondere dessen Abs. 1 Nr. 3. Entgegen teilweise vertretener Auffassung10 sei die Vorschrift nämlich nicht auf optisch-elektronische Einrichtungen begrenzt, welche fest angebracht sind, sondern auch auf mobile Kamerasysteme anwendbar.11 Ob die Anfertigung der Dashcam-Aufnahme nach dieser Vorschrift allerdings zulässig ist, könne der Senat nicht abschließend beurteilen. So bliebe im konkreten Fall offen, welche Zwecke der Dashcam-Nutzung im konkreten Fall zugrunde lagen, sodass nicht beurteilt werden könne, ob ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F. anzuerkennen wäre.12 Ebenso fehle es an Feststellungen zur genauen Betriebsform, in der die Kamera genutzt wurde.13 Gleichwohl könne nach Auffassung des Gerichts eine Entscheidung hierüber im konkreten Fall dahinstehen, da selbst aus einem Verstoß gegen § 6b BDSG a. F. kein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot folge. So sei in § 6b BDSG a. F., insbesondere dessen Absatz 3 Satz 2, kein gesetzliches Beweisverwertungsverbot angeordnet, obwohl dies auch im Bußgeldverfahren über § 46 OWiG grundsätzlich möglich gewesen wäre.14 Deshalb sei nach Auffassung des Gerichts auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen. Konkret bedeute dies, dass die Frage, ob ein (hier möglicherweise) auf rechtswidrige Weise erhobenes Beweismittel zu Lasten des Betroffenen verwertet werden darf, im Einzelfall insbesondere nach Art des Verbots und Gewicht des Verfahrensverstoßes sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden sei.15 Unter Verweis auf BVerfG NJW 2011, 2783 (2783 ff.) stellte das Gericht fest, dass von Verfassungs wegen kein Rechtssatz des Inhalts bestehe, dass im Falle einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Betroffenen überwiege bei wertender Betrachtung nun das allgemeine Interesse an der Effektivität der Verfolgung von erheblichem Fehlverhalten im Straßenverkehr.16 Auf der einen Seite sei zunächst zu berücksichtigen, dass es lediglich um die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit und keiner Straftat gehe. Zudem sei die Video10 So etwa: AG Nienburg ZD 2015, 341 (342), das stattdessen § 4 Abs. 1 BDSG a. F. i.V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG a. F. als maßgebliche Vorschriften ansah, um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Dashcam-Aufnahmen zu bestimmen. 11 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2280). 12 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). 13 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). 14 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). 15 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). 16 OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281 f.).

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aufzeichnung durch den Zeugen geeignet gewesen, in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einer unbestimmten, letztlich vom Zufall abhängigen Vielzahl weiterer Verkehrsteilnehmer einzugreifen. Erschwerend komme hinzu, dass sie vom Betroffenen und allen anderen zufällig aufgezeichneten Verkehrsteilnehmern nach aller Lebenserfahung nicht wahrgenommen wurde, sondern verdeckt geschah.17 Auf der anderen Seite handle es sich durch das besondere Gewicht des Verstoßes (Rotlichtverstoß sehr deutlich über eine Sekunde) nicht um eine Ordnungswidrigkeit im Verwarnungs- bzw. Bagatellbereich, sondern um eine solche, die nicht nur mit deutlich erhöhter Geldbuße, sondern im Regelfall wegen des groben Fehlverhaltens auch mit einem Fahrverbot sanktioniert ist. Diese vom Rotlichtverstoß ausgehende erhebliche Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und dem damit einhergehenden besonderen Gewicht des öffentlichen Interesses an einer effektiven Strafverfolgung zeige sich im Zusammenhang mit dem aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ableitbaren Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben auch verfassungsrechtlich.18 Hinzu komme aus Sicht des Gerichts, dass die Videoaufzeichnung weder durch den Staat veranlasst noch noch ein Privater gezielt mit der Fertigung beauftragt worden sei, um Beweise zu erlangen, deren sich der Staat selbst nicht hätte bedienen dürfen. Allenfalls bei sogenannten „Hilfssheriffs“, die Beweismaterial für staatliche Behörden sichern und diese dies dulden bzw. sogar aktiv fördern könne eine solche Veranlassung vorliegen.19 Im Übrigen bestehe kein Rechtssatz dahingehend, dass es im Straf- und Bußgeldverfahren stets untersagt sei, von Privaten erhobene Beweismittel zu verwerten, auch wenn diese unter Verstoß gegen Gesetze gewonnen wurden. Unter Heranziehung von BVerfG NJW 2011, 2417 stellt das Gericht fest, dass dies selbst für Beweismittel gelte, die von Privaten in strafbewehrter Weise erlangt wurden. Zudem hätte der Rotlichtverstoß auch durch eine rechtmäßige, anlassbezogene Messung und Aufzeichnung festgestellt werden können. Dies entweder durch eine Polizeistreife mit geeignetem Aufnahmegerät, die durch das grobe Fehlverhalten des Betroffenen bereits an der ersten Lichtzeichenanlage, das nicht Gegenstand der Verurteilung wurde, aufmerksam geworden wäre oder durch eine geeignete stationäre Überwachungsanlage.20 Schließlich sei die Intensität des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Videoaufzeichnung des fließenden Verkehrs vorliegend sehr gering gewesen. Insbesondere beträfen die aufgezeichneten Daten nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung des Betroffenen oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre. Durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenver17 18 19 20

OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2281 f.). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282).

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§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle

kehr setze sich der Betroffene vielmehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer wie auch der Kontrolle seines Verhaltes durch die Polizei- und Ordnungsbehörden aus. Zudem bilde die Aufzeichnung größenteils nur das Fahrzeug des Betroffenen ab und ihn selbst allenfalls in Grundzügen von hinten. Dieser Eingriff sei durch das Abspielen des Videos in der Hauptverhandlung auch nicht wesentlich vertieft worden, da auch dabei nur das Verhalten des Betroffenen im öffentlichen Straßenraum zu sehen war.21 Nach alledem sei die Dashcam-Aufnahme des Zeugen insgesamt verwertbar.22

III. Stellungnahme Der Entscheidung ist zwar im Ergebnis, jedoch nicht in der Begründung zuzustimmen. So ist grundsätzlich richtig, zunächst die mit dem Betrieb der Dashcam einhergehende datenschutzrechtliche Verstöße zu prüfen. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung stellt dies den ersten zu prüfenden Aspekt dar, woraus sich im Zusammenhang mit privater Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot ergeben kann. Nicht zu überzeugen vermag es hier jedoch, dass das Gericht es letztendlich offenlässt, ob im konkreten Fall ein Verstoß gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F. vorliegt. Der Zeuge zeichnet hier von Fahrtbeginn an und anlasslos die gesamte Fahrstrecke auf. Er war deshalb weder Geschädigter im Zivilprozess noch Verletzter im Strafverfahren. Es ist damit ausgeschlossen, dass ein berechtigtes Interesse, dem ein konkret festgelegter Zweck zugrunde liegt, verfolgt wird, sodass auch nach alter Rechtslage unter dem § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a. F. ein datenschutzrechtlicher Verstoß vorliegt.23 Hinzu tritt, dass das Gericht sich nicht dazu äußert, dass in der Übergabe der Daten an die Bußgeldbehörde ein weiterer Verstoß gegen das BDSG a. F. liegt. Wenn sich nämlich nach Auffassung des Gerichts bereits die eigentliche Zweckbestimmung für den Aufzeichnungsvorgang nicht feststellen lässt, scheidet § 6b Abs. 3 S. 1 BDSG a. F. als Erlaubnisvorschrift aus. Ebenso wenig legitimiert § 6b Abs. 3 S. 2 BDSG a. F. diesen Vorgang, da es sich vorliegend lediglich um eine Ordnungswidrigkeit handelt.24 Wird die Frage eines aus dieser rechtswidrigen Beweiserhebung folgenden strafprozessualen Beweisverwertungsverbots von dem OLG anhand einer Interessenabwägung ermittelt, stellt dies zwar eine Lösung dar, die – wie oben ausgeführt25 – auch in der Literatur Zustimmung findet. Unabhängig von der hiergegen bereits vorgebrachen Kritik, ist der konkret vorgenommene Abwägungs-

21 22 23 24 25

OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282). OLG Stuttgart NJW 2016, 2280 (2282). Cornelius, NJW 2016, 2282 (2282); Wölky, StV 2017, 20 (20). Cornelius, NJW 2016, 2282 (2282). Vgl. oben unter: § 3 II. 1. b) cc).

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vorgang vorliegend nur wenig überzeugend. So ist es noch plausibel, dass das OLG bei der Abwägung zunächst feststellt, dass es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat handelt. Ebenso ist es schlüssig, dass die Grundrechtsintensität der Aufnahmen auf der anderen Seite aufgrund ihres Sozialbezugs im öffentlichen Raum als eher gering angesehen wird. Warum diese Ordnungswidrigkeit jedoch nun als besonders schwerwiegend eingeordnet wird, erscheint nicht nachvollziehbar. Es ist selbstredend, dass bei einem Rotlichtverstoß erhebliche Gefahren für Leib oder Leben anderer entstehen können. Auch dienen nahezu alle Verkehrsvorschriften dem Schutz von Leib oder Leben – sei es das Fahren mit zu geringem Abstand nach § 4 StVO i.V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO oder ein Verstoß gegen die Mindestprofiltiefe von Reifen gem. § 36 StVZO i.V. m. § 72 Abs. 2 StVZO. Gleichwohl differenziert der Gesetzgeber bewusst nach Art und Grad der Gefahr für Leib oder Leben und sanktioniert Straftaten wie Mord, Totschlag oder Körperverletzung deutlich stärker als bloße Ordnungswidrigkeiten.26 Ebenso wenig kann als Argument für eine Verwertbarkeit im Rahmen der Abwägung angeführt werden, dass auch rechtswidrig erhobene Beweismittel Privater grundsätzlich verwertbar sind. Da sich die Vorschriften der StPO per se nicht an Private richten, sondern nur an die staatlichen Behörden, ist dem zwar grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings dient die hier vorgenommene Abwägung gerade dazu, zu bestimmen, inwiefern trotz rechtswidriger Beweiserhebung durch Private ein Beweisverwertungsverbot greift, also eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorliegt. Diesen Grundsatz als Argument für eine Verwertbarkeit dazulegen, erweist sich deshalb als Zirkelschluss. Im Rahmen der Abwägung gänzlich fehl gehen nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung schließlich die Ausführungen zu einer möglichen Zurechnung der privaten Beweiserhebung zu den staatlichen Strafverfolgungsbehörden sowie eines möglichen Grundrechtseingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch das Abspielen des Videos in der Hauptverhandlung. Es ist zwar richtig, dass diese Punkte im Zusammenhang mit der privaten Beweiserhebung angesprochen werden. Allerdings handelt es sich dabei um zwei gesonderte Fallgruppen, die ihrerseits eigenständig ein Beweisverwertungsverbot herbeiführen können und daher nicht als abwägungsrelevante Faktoren zur Bestimmung eines strafprozessualen Beweisverwertungsverbots nach rechtswidriger privater Beweiserhebung dienen. Kann eine Zurechnung der privaten Beweiserhebung zu den staatlichen Strafverfolgungsbehörden nämlich angenommen werden, erhält die Beweiserhebung einen ganz neuen rechtlichen Rahmen. Formal betrachtet handelt es sich dann nicht mehr um eine private, sondern eine staatliche Beweiserhebung, deren Zulässigkeit sich nach den gesetzlichen Vorschriften vor allem der StPO richtet. Kann die Beweiserhebung danach nicht legitimiert werden, stellt sich dann die 26

Wölky, StV 2017, 17 (21).

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§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle

Frage, ob und wann dies ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat. Nach dem BGH ist dies wiederum anhand einer Einzelfallabwägung zu ermitteln. Mit der Frage, ob und inwiefern aus der rechtwidrigen privaten Beweiserhebung unmittelbar ein Beweisverwertungsverbot resultiert, hat dies nichts (mehr) zu tun. Gleiches gilt, sofern der Akt der staatlichen Verwertung in der Hauptverhandlung in den Blick genommen wird. Das OLG ordnet das Gewicht des hierdurch bestehenden Eingriffs zwar zutreffend lediglich in die Sozialsphäre und nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung ein. Hierbei handelt es sich jedoch gerade wiederum um einen staatlichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG des Betroffenen, dessen Rechtmäßigkeit bzw. Rechtfertigung unabhängig von dem Vorgang der privaten Beweiserhebung beurteilen zu ist. Im Rahmen der hier vorgenommenen Abwägung nach rechtswidriger Beweiserhebung hat er daher nichts zu suchen. Dies verkennt das OLG Stuttgart vorliegend. Insgesamt wirkt die Entscheidung daher nur wenig strukturiert und vermag die hier angelegte Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit privaten Dashcam-Aufnahmen nicht überzeugend lösen. Es ist zwar vertretbar, die strafprozessualen Folgen privater rechtswidriger Beweiserhebung anhand einer Interessenabwägung zu ermitteln. Die hier vorgenommene Abwägung ist jedoch nicht überzeugend und vermischt verschiedene Aspekte des Problems der Verwertbarkeit privaten Beweismaterials, wenn innerhalb des Abwägungsvorgangs der Verwertungsakt sowie eine mögliche Zurechnung in den Blick genommen werden. Die Entscheidung muss sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, dass das Gericht versucht, ein von vornherein festgelegtes Ergebnis mit einer nur wenig rechtssicheren Abwägung zu begründen,27 auch wenn die Verwertbarkeit der Aufnahmen der in der hiesigen Arbeit vertretenen Aufassung entspricht.

27 Wölky, StV 2017, 20 (21 f.); a. A.: Löffelmann, JR 2016, 661 (661 ff.), der der Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern „uneingeschränkt“ zustimmt.

§ 5 Fazit Die fortschreitende Relevanz privaten Videomaterials spiegelt sich in jüngerer Zeit auch im Straßenverkehr wider. Konkret geht es hier um sogenannte Dashcams, die im eigenen Pkw montiert werden und das Geschehen rund um das Fahrzeug aufzeichnen. Die mit der Benutzung der Dashcam verbundenen Intentionen sind dabei grundverschieden: Primär geht es um die Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung, entweder zum Schutz eigener Rechtsgüter oder um Strafverfolgung in Bezug auf die Verletzung von Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Daneben spielt das Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder des bloßen Gaffertums eine Rolle. Aus technischer Sicht bestehen zwei unterschiedliche Aufnahmemodi: Einerseits kann die Kamera während der Fahrt grundsätzlich deaktiviert bleiben und erst durch manuelles oder automatisches Einschalten aktiviert werden (sog. anlassbezogene Aufzeichnungen). Andererseits kann die Kamera das Geschehen während der Fahrt kontinuierlich aufnehmen und speichern (sog. anlasslose Daueraufzeichnungen). Hier ist es jedoch möglich, die Aufnahmen nach Ablauf eines gewissen Zeitintervalls automatisch überschreiben und damit löschen zu lassen, sofern der Nutzer dies nicht unterbindet (sog. Schleifenfunktion). Diese Aufnahmen werden dabei nicht nur im Zivilprozess relevant, sondern können auch im Strafprozess Bedeutung erlangen, sodass deren strafprozessuale Verwertbarkeit in Rede steht. Verwiesen sei insofern auf die in der Einleitung dargestellten Beispiele.1 Im Strafprozess verwertbar sind alle Beweismittel, die keinem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Dies folgt aus dem Untersuchungsgrundsatz gem. § 244 Abs. 2 StPO sowie dem Grundsatz der umfassenden Beweiswürdigung nach § 261 StPO. Nach der allgemeinen Beweisverbotslehre kann sich ein solches Beweisverwertungsverbot insbesondere aus einem Verstoß gegen eine Beweiserhebungsnorm oder aus der Verfassung selbst ergeben. Da Private selbst nicht an die Vorschriften der StPO gebunden sind und sie dementsprechend auch nicht gegen eine Beweiserhebungsnorm verstoßen könen, führen diese Grundsätze hier aber nur bedingt weiter. Angelangt ist man insoweit beim Problemkreis der Folgen privater Beweiserhebung für den Strafprozess. Einschränkungen von dem Verwertbarkeitsgrundsatz solchermaßen erhobener Beweismittel ergeben sich nach hier vertretenen Auffassung unter folgenden drei Aspekten, die ihrerseits in der vorliegenden Untersuchungskonstellation allerdings kein Beweisverwertungsverbot herbeiführen. 1

Vgl. oben unter: § 1 B.

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§ 5 Fazit

1.

Zunächst aus der Rechtswidrigkeit der privaten Beweiserhebung selbst. Rechtswidrig ist dieser Vorgang in der vorliegenden Untersuchungskonstellation in erster Linie dann, wenn der Dashcam-Nutzer als sog. „Hilfssheriff“ agiert oder er zwar aus Gründen der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter handelt, die Kamera aber nicht die oben aufgeführten Modifikationen enthält, also vor allem anlasslos und dauerhaft aufzeichnet. Dann nämlich verstößt er gegen die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung, die über Art. 288 Abs. 2 AEUV als Verordnung unmittelbar Anwendung findet. Ob dieser Verstoß ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat, ist Gegenstand einer kontroversen Diskussion, bei der die Auffassungen von der uneingeschränkten Verwertbarkeit2 bis hin zur ausnahmlosen Unverwertbarkeit3 reichen. Nach hier vertretener Auffassung hat die private rechtswidrige Beweiserhebung jedoch nur dann ein Beweisverwertungsverbot zur Folge, wenn sie mit einer Verletzung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG einhergeht. Da dies in der vorliegenden Untersuchungskonstellation nicht der Fall ist, hat die Rechtswidrigkeit bei der Beweismittelerhebung mittels Dashcam keine strafprozessualen Konsequenzen i. S. e. Beweisverwertungsverbots.

2.

Zweiter einschränkender Aspekt, aus dem sich im Zusammenhang mit privater Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot ergeben kann, ist eine Zurechnung des privaten Verhaltens zu den staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Kann eine solche Zurechnung bejaht werden, ist in dem privaten Handeln bei der Beweiserhebung ein solches der staatlichen Strafverfolgungsbehörden zu sehen und zur Ermittlung eines Beweisverwertungsverbots kommen die Grundsätze zur Anwendung, die auch dann gelten, wenn die Strafverfolgungsorgane unmittelbar selbst Beweise erheben. Sie müssen ihre Ermittlungen an den gesetzlichen Voraussetzungen – insbesondere die der StPO – messen lassen. Bei fehlerhafter Beweiserhebung, etwa weil gegen Beweiserhebungsvorschriften der StPO verstoßen wurde, liegen deshalb sog. unselbständige Beweisverwertungsverbote nahe, deren Ermittlungsweise umstritten ist.4 Eine Zurechnung des privaten Verhaltens zum Staat ergibt sich nach hier vertretener Aufassung dogmatisch aus einer strafprozessualen Zurechnungslehre, innerhalb derer verschiedene Zurechnungsfallgruppen erläutert werden. Konkret ist danach eine Zurechnung anzunehmen, wenn die staatlichen Behörden Private mit konkreten Ermittlungen ausdrücklich bzw.

2 So etwa: Kohlhaas, DRiZ 1966, 286 (289); Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, S. 141; Dencker, Verwertungsverbote im Strafprozess, S. 97 ff.; Kramer, JURA 1988, 520 (522); Petry, Beweisverbote im Strafprozess, S. 83. 3 So etwa: Hassemer/Matussek, Das Opfer als Verfolger, S. 79; Koriath, Über Beweisverbote im Strafprozess, S. 101 f.; Sydow, Kritik der Lehre von den „Beweisverboten“, S. 116 ff. 4 Vgl. oben unter: § 3 A.

§ 5 Fazit

197

konkludent beauftragen oder sie ihnen bei den Ermittlungen in maßgeblicher Weise Unterstützung gewähren. Auch das bloße Gewährenlassen Privater kann in diesem Kontext nach hier vertretener Auffassug eine Zurechnung begründen, sofern die Privaten das Beweismittel auf eine Art und Weise beschaffen, die den Strafverfolgungsbehörden selbst im Hinblick auf die StPO verwehrt wäre, letztere bereits zum Zeitpunkt der privaten Ermittlungshandlung positive Kenntnis von ihr besitzen und sie schließlich auch in der Absicht untätig bleiben, sich die solchermaßen erlangten Beweismittel später zunutze zu machen. Nach hier vertretener Auffassung ist eine solch strenge strafprozessuale Zurechnungslehre die in erster Linie zu verfolgende dogmatisch saubere Möglichkeit, den heutigen technischen privaten Ermittlungsmöglichkeiten auch auf strafprozessualer Ebene zu entsprechen. Für die vorliegende Untersuchungskonstellation bleibt dies jedoch unbeachtlich. Eine Zurechnung ist danach sowohl gegenwärtig als auch zukünftig im Falle eines staatlichen Appells nicht anzunehmen, sodass auch insoweit ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot ausscheidet. 3.

Schließlich kann sich auch aus dem Akt der Beweisverwertung als solchem ein Beweisverwertungsverbot ergeben, was in der vorliegenden Untersuchungskonstellation nach in der hiesigen Arbeit vertretenen Auffassung allerdings ebenfalls nicht der Fall ist. Voraussetzung für ein verfassungsrechtlich begründetes selbstständiges Beweisverwertungsverbot ist nämlich, dass der Akt der Verwertung ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche darstellt und dieser Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann, woran es vorliegend fehlt. Zwar wird durch die Verwertung des Dashcam-Aufnahmen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in seinen Ausprägungen als Recht auf Selbstdarstellung und Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Die nach dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts für die Rechtfertigung diese Eingriffs zunächst erforderliche gesetzlichen Grundlagen stellt die Strafprozessordnung aber für den jeweiligen Verfahrensabschnitt zur Verfügung.5 Ebenso sind die Eingriffe auch verhältnismäßig: Die Verwertung der Dashcam-Aufnahmen dient der Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege und damit einem legitimen Zweck, sie ist hierfür auch geeignet und erforderlich und schließlich mit Blick auf die Sphärentheorie des BVerfG auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da die Eingriffe lediglich der Sozialsphäre zuzuordnen sind und deshalb von geringem, durch die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege durchweg rechtfertigungsfähigem Gewicht sind.

5 Für die Verwertung der Dashcam-Aufnahmen ermächtigen in der Hauptverhandlung die §§ 244 Abs. 2, 261 StPO, im Ermittlungsverfahren die §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1, 163 Abs. 1 StPO und im Zwischenverfahren der § 203 StPO.

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§ 5 Fazit

Ingesamt liegt ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot für private Dashcam-Aufnahmen nach hier vertretener Auffassung damit fern. Für die eingangs aufgezeigten Beispiele bedeutet das also, dass die Dashcam-Aufnahmen durchweg als verwertbares Beweismittel dienen, um den Beschuldigten zu überführen. So kann der Kraftfahrzeugführer, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ auf einer Bundesstraße fährt, dabei mehrfach beinahe von der Straße abkommt und einen neben der Straße stehenden Passanten nur knapp verfehlt, aufgrund einer dies festhaltenden Dasham-Aufnahme ebenso verurteilt werden, wie die Person, die am Straßenrand eine Körperverletzung oder einen Diebstahl begeht. Zudem bietet es sich aus strafprozessualer Sicht an, Dashcams auf Autobahnen zu nutzen, um sog. Drängler strafrechtlich effektiv verfolgen zu können. Auch insoweit sind die Aufnahmen verwertbar.

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Sachwortverzeichnis Abwägungslehre 38, 113, 146 Allgemeines Persönlichkeitsrecht – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 56, 84, 169, 183, 184, 187, 191, 193, 197 – Recht auf Selbstdarstellung 167, 168, 183, 184 – Recht auf Vertraulichkeit im privaten Raum 167 Auslegung – Grammatische Auslegung 46 – Historische Auslegung 47 – Systematische Auslegung 33, 48 – Teleologische Auslegung 48 Berechtigtes Interesse – Berechtigung des Interesses des Dashcam-Nutzers 73, 91 Beschlagnahme 32, 33 Beschuldigter 32, 111, 112, 114, 117, 133, 134, 152, 153, 171, 181, 182, 183, 184, 198 Beweiserhebung – Private Beweiserhebung 26, 27, 38, 39, 110, 115, 117, 129, 130, 133, 134, 136, 137, 138, 140, 142, 144, 145, 147, 155, 165, 185, 188, 189, 192, 193, 194, 195, 196 – Staatliche Beweiserhebung 27, 37, 38, 39, 135, 136, 137, 138, 140, 166, 185, 189, 193 Beweiserhebungsverbot 36, 136 Beweismittelhehlerei 119, 121 Beweisverbotslehre 36, 195 Beweisverwertungsverbot – nach privater Beweiserhebung 38, 110, 117, 129, 130, 134, 138, 142, 145, 165, 192, 193, 194

– selbständiges Beweisverwertungsverbot 27, 39, 164, 165, 185, 188 – unselbständiges Beweisverwertungsverbot 38, 135 Biometrische Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO 63, 64, 65, 66, 69, 70 Dashcam – Dashcam-Aufnahmen 22, 23, 24, 27, 29, 31, 32, 33, 34, 35, 44, 50, 55, 59, 60, 63, 64, 68, 69, 70, 71, 77, 82, 92, 97, 101, 103, 109, 110, 115, 144, 147, 159, 160, 162, 163, 164, 167, 183, 184, 185, 197, 198 – Dashcam-Nutzer 24, 32, 38, 39, 59, 73, 75, 76, 77, 87, 89, 90, 91, 92, 95, 98, 99, 100, 103, 145, 196 Datenschutz durch Technikgestaltung 102 Datenschutz-Folgeabschätzung 101 Datenverarbeitung 41, 43, 47, 54, 55, 58, 59, 60, 71, 72, 78, 79, 84, 98, 99, 100, 102, 103, 107 Einheitstheorie 122 Einwilligung in die Datenverarbeitung 70, 71 Erforderlichkeit der Datenverarbeitung – Unfalldatenspeicher 80, 81 – Verwendung konventioneller Methoden 79 Ermittlungsverfahren 25, 111, 121, 149, 176, 177, 180, 197 Funktionsweise der Dashcam – Anlassbezogene Aufzeichnungen 30, 31, 85, 187, 195 – Anlassloser Dauerbetrieb 30, 31, 77

Sachwortverzeichnis Gesetzesvorbehalt 125, 171, 172, 174, 197 Geständnis 110, 117, 118, 154, 159 Gründe für den Einsatz der Dashcam – Beweissicherung zur Anzeigeerstattung, sog. „Hilfssheriffs“ 29, 59, 74 – Bloßes Gaffertum 29, 59, 75 – Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung 29, 59, 74, 77 – Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter 28, 57, 104, 195 Hauptverfahren 172, 177, 179 Haushaltsausnahme 42, 54, 57, 59 Heimlichkeit der Aufnahme 84, 88, 96 Hypothese rechtswidriger Beweiserhebung 137 Informationspflichten 98, 100 Ingerenz – Zurechnung rechtswidriger Beweiserhebung 129 Kernbereich privater Lebensgestaltung 112, 113, 182, 194 Löschungspflicht 103 Menschenwürde 36, 117, 131, 143, 144, 145, 182, 185, 196 Missbrauchsgefahr 90 „Perpetuierung“ der Rechtswidrigkeit 117 Personenbezogene Daten 42, 43, 44, 47, 48, 49, 50, 53, 54, 59, 60, 61, 63, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 83, 101, 103, 104, 169, 183 Personenbezug – von Orts- und Zeitangaben 53 – von Personenaufnahmen 51 – von Sachabbildungen 52

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Recht auf Schutz personenbezogener Daten 48 Rechtskreistheorie 37 Rechtsstaatsprinzip 58, 131, 135, 175, 181, 183, 184 Schutzzwecktheorie 38 Sensitive Daten i. S. v. Art. 9 Abs. DSGVO 60, 61, 62, 63, 65, 66, 67, 68 Sphärentheorie 182, 197 Staatliche Besitzerlangung – an den Dashcam-Aufnahmen selbst 33 – an der Dashcam oder an der externen Speicherkarte 32 – bei Speicherung der Aufnahmen in einer Cloud 34 Staatliche Schutzpflicht 122, 123, 124, 125, 127, 129, 130, 131, 157 Stadium der Beweiserhebung 25, 173 Stadium der Beweisverwertung 25, 122 Steuerdaten-CD 111, 114, 161 Streubreite der Aufnahmen 84, 86 Tagebuchaufzeichnung 111, 176 Täterschaft – Mittäterschaft 147, 148 – Mittelbare Täterschaft 147, 148 Tonbandaufnahme 111, 112, 173, 176 Tonbandentscheidung 111 Überwachungsdruck 88, 89, 90 Untersuchungsgrundsatz 36, 161 Untersuchungshaftfälle 153, 164 Verhältnismäßigkeit 33, 128, 180, 182 Vernehmung 117 Verwaltungshelfer 149, 150, 151 Verwertungsermächtigung – im Ermittlungsverfahren 177 – im Zwischenverfahren 179 – in der Hauptverhandlung 172

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Sachwortverzeichnis

V-Mann 162, 163, 164 Volkszählungsurteil 169, 172 Wahrsagerinnenfall 158 Zeuge 28, 29, 79, 110, 117, 153, 156, 157, 186, 191, 192 Zurechnung privater Beweiserhebung zum Staat – Ausdrückliche staatliche Beauftragung 152 – Konkludente staatliche Beauftragung 153, 155, 160, 161

– Maßgebliche hoheitliche Unterstützung privater Ermittlungen 156 – Materiell-strafrechtliche Zurechnung 147 – Strafprozessuale Zurechnung 151 – Verwaltungsrechtliche Zurechnung 149 – Zurechnung nach allgemeinen staatlichen Appell 162 – Zurechnung trotz bloßen Gewährenlassens Privater 157, 160 – Zurechnungsdogmatik 147 Zwangsmaßnahme 170, 176 Zwischenverfahren 25, 172, 179, 180, 197