219 16 9MB
German Pages 38 [42] Year 1982
ISSN 0371-327X
SITZUNGSBERICHTE DER SACHSISCHEN
AKADEMIE
D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU L E I P Z I G Mathematisch-naturwissenschaftliche Band
BENNO
Klasse
114 • Heft
PART
HI
4
ER
DIE CYTOLOGISCHE SYMBIOSE AM BEISPIEL DER BIOGENESE VON ZELLORGANELLEN
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1981
Vorgetragen in der Sitzung am 11. Mai 1979 Manuskript eingereicht am 19. Juni 1979 Druckfertig erklärt am 5. Januar 1981
Erschienen im Akademie-Verlag, DDR-1080 Berlin, Leipziger Straße 3 — 4 © Akademie-Verlag Berlin 1981 Lizenznummer: 202 • 100/522/81 Gesamtherstellung: VEB Druckhaus „Maxim Gorki", 7400 Altenburg Bestellnummer: 762 853 2 (2027/114/4) • LSV 1335 Printed in GDR DDR 6 , - M
INHALT 1. Der Symbiosebegriff: Mutualismus und Parasitismus 2. Beispiele interzellulärer Symbiose: Ghloronium mirabile und der Flechtenthallus 3. Beispiele intrazellulärer Symbiose: Biosysteme zur Photosynthese und zur Stickstoff-Fixierung . . . 4. Der evolutionistische Aspekt in der Symbiose-Idee der Eukaryotenzelle . . . 5. Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten 6. Biogenese der Chloroplasten 7. Zum Mechanismus des Transports von Makromolekülen durch Membranen . . 8. Literaturverzeichnis
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1. Der Symbiosebegriff: Mutualismus und Parasitismus
Unter Symbiose verstehen wir nach dem bedeutenden deutschen Botaniker DE BABY (1879) ganz allgemein ein „Zusammenleben ungleichnamiger Organismen". Eine solche Assoziation kann antagonistischen, mithin parasitären Charakter aufweisen; ein Partner existiert auf Kosten des oder der anderen. Sie kann jedoch auch mutualistisch ausgeprägt sein; hier erweisen sich die Partner gegenseitig stoffwechselphysiologische oder andere Dienste. Im Grunde mag man Mutualismus als einen wechselseitigen Parasitismus bezeichnen, bei dem sich beide Partner ausnützen. Reiner Parasitismus und reiner Mutualismus sind sicherlich Grenzfälle, dazwischen gibt es eine kontinuierliche Reihe von Übergängen in der Natur der Symbioseerscheinungen, die sich alle durch ein dynamisches Gleichgewicht im Widerspiel von Wirkung und Gegenwirkung der Partner auszeichnen, so daß der Anschein von Stabilität und Einklang entsteht. Dieses Gleichgewicht ist oft im Verlaufe der Symbiose Wandlungen unterworfen, besonders wenn ein Partner geschwächt wird. Leicht geht dann die vorteilhafte Interessengemeinschaft in einseitige Ausbeutung über, die mit dem Tode des schwachen Partners endet. Andererseits mögen im Zuge der Evolution morphologische Modifikationen und physiologische Integration des Symbionten im Wirtsorganismus oder in der Wirtszelle in einem Grade stattgefunden haben, der den Eindringling nicht mehr als Fremdkörper erkennen läßt. Diese Möglichkeit wirft die Frage nach dem Ursprung der Zellstrukturen in den heute existierenden Organismen auf (vgl. u. a. METZNER 1973).
Voraussetzung für das Zustandekommen einer Symbiose scheint eine komplementäre, spezifische „Schuld" im Stoffwechsel des einen Partners zu sein, die durch Bereitstellung bestimmter Nähr- und Wirkstoffe durch den anderen Partner getilgt wird. Aber auch das morphologische Moment, ein räumliches Zueinanderpassen, darf nicht unberücksichtigt gelassen werden, obgleich nachträgliches strukturelles Verändern der Symbiosepartner die Regel zu sein scheint. Das biologische Wechselspiel gerät schließlich unter ein Kontrollsystem, das über den Genbestand und die Genausprägung von Wirt und Symbiont, zwischen den Partnern und in Verbindung mit den Signalen der Umwelt zum Integrationsfaktor wird, der die Symbiose über kürzere oder
BENNO PARTHIER
lange Zeit und über viele Generationen aufrecht erhält. Hier liegt noch ein weites, weitgehend unbeackertes Forschungsfeld für Biologen aller Schattierungen. Schematisch betrachtet (Abb. 1) kann man sich die Ausprägung einer Symbiose in folgenden Stufen vorstellen: Anlagerung der Symbionten an die Wirtszellen als Erkennungsprozeß zwischen den Partnern, Eindringen in extrazelluläre Bereiche des Wirts (Blatthöhlen, Interzellularräume, tierischer (7)
(2)
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• • •
•
(2)
(3) I*
Abb. 1. Schematische Darstellung der Stufen zur Ausprägung einer Symbiose an den Beispielen einer einzelligen kugelförmigen Alge in einem mehrzelligen Organismus (links) und das Eindringen einer Pilzhyphe in eine Wurzel (rechts). (Nach SMITH (1979), verändert)
Verdauungstrakt), Aufnahme in die Zellen. Symbioseausprägung ist demnach eine zunehmende und wahrscheinlich stufenlose morphologische, physiologische und in manchen Fällen auch genetische Durchdringung des ehemals extrazellulären Partners mit der Wirtszelle bzw. dem Wirtskörper. 2. Beispiele interzellulärer Symbiosen: Chloronium und der Flechtenhallus
mirabile
Ein Beispiel reversibler mutualistischer Symbiose, auch als Parabiose bezeichnet (SCHAEDE 1 9 6 2 ) , wurde 1 9 1 3 von JOHANNES B U D E R beschrieben, dem ehemaligen Mitglied unserer Akademie und jenem meiner akademischen
BENNO PARTHIER
lange Zeit und über viele Generationen aufrecht erhält. Hier liegt noch ein weites, weitgehend unbeackertes Forschungsfeld für Biologen aller Schattierungen. Schematisch betrachtet (Abb. 1) kann man sich die Ausprägung einer Symbiose in folgenden Stufen vorstellen: Anlagerung der Symbionten an die Wirtszellen als Erkennungsprozeß zwischen den Partnern, Eindringen in extrazelluläre Bereiche des Wirts (Blatthöhlen, Interzellularräume, tierischer (7)
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(3) I*
Abb. 1. Schematische Darstellung der Stufen zur Ausprägung einer Symbiose an den Beispielen einer einzelligen kugelförmigen Alge in einem mehrzelligen Organismus (links) und das Eindringen einer Pilzhyphe in eine Wurzel (rechts). (Nach SMITH (1979), verändert)
Verdauungstrakt), Aufnahme in die Zellen. Symbioseausprägung ist demnach eine zunehmende und wahrscheinlich stufenlose morphologische, physiologische und in manchen Fällen auch genetische Durchdringung des ehemals extrazellulären Partners mit der Wirtszelle bzw. dem Wirtskörper. 2. Beispiele interzellulärer Symbiosen: Chloronium und der Flechtenhallus
mirabile
Ein Beispiel reversibler mutualistischer Symbiose, auch als Parabiose bezeichnet (SCHAEDE 1 9 6 2 ) , wurde 1 9 1 3 von JOHANNES B U D E R beschrieben, dem ehemaligen Mitglied unserer Akademie und jenem meiner akademischen
Beispiele interzellulärer Symbiose
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Lehrer, dem ich erste „botanische Gehversuche" verdanke. GMoronium mirabile, ein mikroskopisch kleines, aber mehrzelliges Wesen, besteht aus einem zentralen, farblosen, polar begeißelten Bakterium von spindelförmiger Gestalt, das von einem Mantel aus etwa 1 ¡xm kleinen grünen Bakterienzellen umgeben ist, die offenbar an der gallertigen Hülle des Zentralstäbchens haften. BTTDER bezeichnete den Komplex aus den beiden heterogenen Komponenten als Konsortium aus „Assimilatoren" und „Lokomotoren" und wollte damit den besonderen Typus dieser Symbiose andeuten, deren grüne Partner mittels Chlorophyll zur Photosynthese und damit zur Sauerstoffversorgung der heterotrophen Zentralzelle befähigt wären, diese andererseits den Zellverband zum oder vom Licht bewegen könnte. (Die naheliegende Folge einer Reiztransmission vom Licht über Chlorophyll zur photosynthetischen Ausscheidung von Sauerstoff und dessen Diffusion zur Zentralzelle, worauf diese mit Geißelbewegung bzw. -stillstand reagiert, ist m.W. jedoch nie nachgewiesen worden.) Der Begriff des Konsortiums war vor allem deshalb gewählt worden, weil die Partner trotz synchroner Zellvermehrung durchaus in der Lage sind, unabhängig voneinander zu existieren, wenn eine Desaggregation durch mechanischen oder physiologischen Eingriff stattgefunden hat. An Hand der Flechten, deren Symbiosepartnerschaft aus Algen und Pilzen zu neuen morphologischen und physiologischen Ausdrucksformen führt, soll demonstriert werden, welche Wechselbeziehungen sich auszubilden vermögen in einem gemeinsamen „Organismus" aus sehr verschiedenen Arten. Flechten gelten als ein Paradebeispiel extrazellulärer Symbiose. Da die zu autotropher Lebensweise befähigten Algen der Pilzgemeinschaft nicht bedürfen, übernehmen die saprophytisch lebenden Pilze wohl die aktive Rolle, um eine für sie günstige Gemeinschaft herbeizuführen, in der sie sich zwischen Gelegenheitsparasiten und Vollschmarotzern einordnen lassen; denn im Gegensatz zu den Flechtenalgen sind die meisten Flechtenpilze in isoliertem Zustand nicht lebensfähig. In einem blattartigen Thallus existieren Algenzellen und Pilzfäden nebeneinander. Die Algen werden von den Pilzen umsponnen (Abb. 2), aber nur selten penetrieren die normalen Pilzhyphen die Algenzellen. Dagegen werden besondere Saughyphen (Haustorien) in die Algenzellen gesandt oder mittels knopfartig verdickter Hyphenenden (Appressorien) an der Algenoberfläche festgesaugt (Abb. 2). Die viel häufiger vorkommenden Haustorien enden in der Zellmembran oder können bis ins Zellinnere vorstoßen. Gelegentlich gelingt es der Alge, die Eindringlinge durch Membranumhüllung abzukapseln, aber in der Regel werden auf dem Diffusions- oder Saugwege Syntheseprodukte der Alge, insbesondere Kohlenhydrate aus der Photosynthese, vom Pilz übernommen. Bei Xanthoria parietina, unserer häufigsten an Felsen wachsenden Flechte genügt es, wenn 20% der Algenoberfläche von Pilzhyphen bedeckt sind, um den Pilz optimal zu ernähren (SMITH 1979). Andererseits soll der Pilz zur Wasser- und
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BENNO PARTHIEK
Mineralversorgung der Alge beitragen, obgleich ein Mineraltransport vom Pilz zur Alge umstritten ist. Übrigens vermag die Alge den Assimilationskohlenstoff sehr schnell und effektiv selbst zu nutzen, wenn sie vom Symbiosepartner getrennt wird (Abb. 3). Diese Umsteuerung ist bezüglich der neu synthetisierten Mono- und Polysaccharide nicht nur quantitativer, sondern auch qualitativer Natur. A:
Flechte
B.JsolierteAlge
Abb. 3. Einfluß der Symbiosepartner in der Flechte Peltigera aphtosa auf die Kohlenhydratverteilung durch die photosynthetisch aktive Alge (Coccomyxa). A, Abgabe der Kohlenhydrate an den Pilz in der Flechtengemeinschaft; B , Verwertung der Kohlenhydrate nach Isolierung der Alge vom Pilz. K H , Kohlenhydrate. Nach SMITH ( 1 9 7 9 ) ,
verändert.
Es ist möglich, Flechten aus bestimmten Algen und Pilzen experimentell zu erzeugen. Selten wird eine freiwillige Trennung der Flechtenthalli in ihre Algen- und Pilzbestandteile beobachtet, z. B. wenn der Nährboden reich ist und gutes Pilzwachstum erlaubt. Flechten kommen besonders dort vor, wo der Flechtenpilz für ihn ungünstige Lebensbedingungen wie Trockenheit antrifft. Sie mögen daher symbiontische „Notgemeinschaften" (SCHAEDE 1962) darstellen. Gegen solche Auffassungen sprechen neuere Befunde, wonach das Flechtenwachstum auch bei optimaler Ernährung nur wenig gesteigert wird. Das langsame Gedeihen der Flechten in nährstoffarmen Biotopen wäre somit nicht als eine Folge der Umwelteinwirkung, sondern als zellphysiologische Eigenarten der Symbiosepartner aufzufassen.
Beispiele intrazellulärer Symbiose
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3. Beispiele intrazellulärer Symbiose: Biosysteme zur Photosynthese und zur Stickstoff-Fixierung Die aus dem Pflanzenreich vorgestellten Beispiele assoziativen, inter- oder extrazellulären Zusammenlebens finden in intrazellulären Symbiosen Fortsetzung bzw. Vertiefung. Der eine Partner, in der Regel ein einzelliger oder der doch wesentlich kleinere, wird in die Zelle(n) des Wirts aufgenommen und daraufhin in einem Maße verändert, daß er außerhalb dieser neuen Umgebung nur noch schlecht zu existieren vermag oder zu einer besonderen Stoffwechselleistung fähig ist. Eindeutig intrazelluläre Symbiosen sind lange bekannte Erscheinungen wie die durch Chlorella-Algen grün gefärbte Hydra oder das Pantoffeltierchen (Paramaecium bursaria). Blaualgen existieren in einer Reihe sonst bleicher Zellen wie Cyanophora paradoza (TRENCH et al. 1978), wo sie als Cyanellen bezeichnet werden, ebenfalls in Glaucocystis nostochinearum (SCHNEPF and B R O W N 1971), sowie in einer Reihe anderer sog. Endocyanosen (PASCHER 1929, SCHENK 1977) oder in Zellen höherer Pflanzen wie Gunnera (Abb. 4; vgl. NEUMANN et al. 1970). E s gibt Mitteilungen, wonach intakte Chloroplasten symbiontisch in bestimmten Mollusken des Meeres existieren (TRENCH 1975). Sie stammen aus Algen, deren Plasma von den Mollusken verdaut wird, aber die übriggebliebenen Chloroplasten erhalten über einige Monate ihre Struktur und photosynthetische Funktion in Zellen des Verdauungstrakts. In vielen Fällen sind die Algen oder quasi-Organellen durch Einschluß in eine von der Wirtszelle gebildeten Membran oder in eine Vakuole vom Rest der Zelle abgetrennt (Abb. 4), wodurch wahrscheinlich Schutz vor zerstörerischen Wirtsenzymen erreicht wird. Diese Symbionten sind durch ihre Ausstattung mit Pigmenten, Membranen und Enzymen zur Photosynthese und C0 2 -Fixierung in der Lage, den Wirtszellen wichtige Nährstoffe in Form von Assimilaten zur Verfügung zu stellen. Eine andere Gruppe wirtschaftlich wichtiger Symbiosen ist jene zwischen stickstoffbindenden Bakterien oder Blaualgen in den Zellen und Organen höherer Pflanzen. Am intensiv untersuchten Beispiel der Knöllchenbakterien in Leguminosenwurzeln (Abb. 5) möchte ich die enge intrazelluläre Arbeitsteilung zwischen Mikrobe und Pflanzenwirt aufzeigen (vgl. PARTHIER 1978C, B E R I N G E R et al. 1979). Frei im Boden lebende Rhizobium-Arten sind zur N 2 -Assimilation nicht in der Lage. Erst nach einem komplizierten Mechanismus gegenseitiger Erkennung (s. S. 23) und der nicht weniger dramatischen Aufnahme und Translokation der Bakterien durch Wurzelhärchen in die Wurzelrindenzellen beginnt eine noch wenig aufgeklärte Serie von Wechselwirkungen, die in der Aus-
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BENNO PARTHIER
bildung der N2-fixierenden Symbiose gipfelt. Während die Wurzelzellen auf bakterielle Reize hin zur Knöllchenbildung angeregt proliferieren, beginnen die Bakterien sich morphologisch zu verändern, zu wachsen und sich in Bakteroide zu differenzieren, die von Membranen der Wirtszelle eingekapselt werden. Parallel zu dieser morphologischen Umstimmung variieren die Bakterien ihren Stoffwechsel. Die Synthese eines Enzymkomplexes (Nitrogenase) CO,
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Abb. 6. Übersicht über die biochemischen Wechselbeziehungen zwischen Wirt und .Rfo'zo&räm-Bakteroid bei der Stickstoff fixierenden Symbiose. Einzelheiten im Text. (Aus E V A N S und B A R B E R ( 1 9 7 7 ) )
wird induziert, mit dessen Hilfe der Stickstoff der Luft gebunden und in Ammoniak überführt wird. Die Nitrogenase-Produktion ist eine Leistung des Bakteriums, aber Aminosäurebildung aus NH 3 , Proteinsynthese, sowie die gesamte Kohlenhydratversorgung im Symbiosesystem übernimmt die Wirtszelle (Abb. 6). Die Partnerschaftsbeziehungen in der Leguminosen-i?/azo&mm-Symbiose wechseln im Verlaufe der Pflanzenentwicklung. Anfangs erhalten die Bakterien ihren Nahrungsbedarf vom Pflanzenkeimling, dem daraus unter normalen Bedingungen kein Nachteil erwächst. Diese Phase eines toleranten Parasitis-
Evolutionistischer Aspekt
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mus wird mit einsetzender N 2 -Fixierung abgelöst und geht in die Phase eines „Allelo-Parasitismus" über, in dem die Wirtszelle vom reichlicher fließenden Stickstoffangebot profitiert. Später schlägt die Beziehung um in einen intoleranten Parasitismus seitens des Wirts, wobei die Bakteroide der Knöllchen teilweise abgebaut und verdaut werden. Ein weiteres interessantes Detail dieses Symbiosebeispiels liefert die Tatsache, daß der Globin-Anteil eines rot gefärbten Leghämoglobins, welches wie eine Sauerstoff abschirmende Proteinhülle den extrem 0 2 -empfindlichen Nitrogenase-Komplex schützt, von den Wurzelzellen synthetisiert wird. Der diese Synthese regulierende Häm-Bestandteil des roten Chromoproteins wird jedoch in den Bakterien gebildet (CUTTING and SCHULMAN 1 9 7 1 , VERMA and B A L 1 9 7 6 ) . Leghämoglobin ist gemeinsames Produkt der symbiontischen Wechselbeziehungen und ein besonders eindrucksvolles Beispiel für eine effektiv regulierte Kooperation auf genetischer und subzellulärer Ebene.
4. Der evolutionistische Aspekt in der Symbiose-Idee der Eukaryotenzelle Das Beispiel der Knöllchenbakterien hat gezeigt, daß eine intrazelluläre Kooperation nicht nur in der Nährstoffproduktion, sondern auch in der Übernahme der Synthesen von Symbiontenbestandteilen durch die Wirtszelle während der pflanzlichen Ontogenese neu erworben werden kann, ja muß. Es erhebt sich daher die Frage, ob Bestandteile von Tier- und Pflanzenzellen möglicherweise auf symbiontische Vorläufer zurückzuführen sind, aus denen sie während einer Milliarden von Jahren dauernden Evolution bzw. Coevolution hervorgegangen und zu untrennbaren funktionellen Strukturen der Eukaryotenzellen geworden sind. Dies trifft besonders auf jene Kompartimente zu, die eine doppelte Hüllmembran, eigene genetische Substanz (DNA) und einen eigenen Apparat zur Genausprägung (Transkription, Translation) besitzen, also Mitochondrien und Chloroplasten. Es gibt mindestens zwei vieldiskutierte Hypothesen zur phylogenetischen Entstehung dieser Zellorganellen (vgl. z. B. P A R T H I E R 1 9 7 5 und 1 9 7 9 , TAYLOR 1 9 7 6 , B Ö R N E R and HAGEMANN 1 9 7 6 , SCHWEMMLER 1 9 7 9 ) , die wir hier nicht weiter verfolgen wollen, obgleich eine davon, die Endosymbionten-Hypothese, sehr eng mit unserer Thematik verbunden ist. Sie geht in vereinfachter Darstellung davon aus (MARGULIS 1 9 7 0 ) , daß Mitochondrien aus präkambrischen aeroben Bakterien und Chloroplasten aus Ur-Blaualgen entstanden seien, die vor Jahrmillionen von urtümlichen Proto-Eukaryotenzellen aufgenommen und nachfolgend zu essentiellen Zellbestandteilen integriert worden wären; denn die eukaryotische Zelle ist auf die Energieversorgung durch die Mitochondrien (Atmung) und Chloroplasten (Photosynthese) angewiesen. Tatsäch-
Evolutionistischer Aspekt
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mus wird mit einsetzender N 2 -Fixierung abgelöst und geht in die Phase eines „Allelo-Parasitismus" über, in dem die Wirtszelle vom reichlicher fließenden Stickstoffangebot profitiert. Später schlägt die Beziehung um in einen intoleranten Parasitismus seitens des Wirts, wobei die Bakteroide der Knöllchen teilweise abgebaut und verdaut werden. Ein weiteres interessantes Detail dieses Symbiosebeispiels liefert die Tatsache, daß der Globin-Anteil eines rot gefärbten Leghämoglobins, welches wie eine Sauerstoff abschirmende Proteinhülle den extrem 0 2 -empfindlichen Nitrogenase-Komplex schützt, von den Wurzelzellen synthetisiert wird. Der diese Synthese regulierende Häm-Bestandteil des roten Chromoproteins wird jedoch in den Bakterien gebildet (CUTTING and SCHULMAN 1 9 7 1 , VERMA and B A L 1 9 7 6 ) . Leghämoglobin ist gemeinsames Produkt der symbiontischen Wechselbeziehungen und ein besonders eindrucksvolles Beispiel für eine effektiv regulierte Kooperation auf genetischer und subzellulärer Ebene.
4. Der evolutionistische Aspekt in der Symbiose-Idee der Eukaryotenzelle Das Beispiel der Knöllchenbakterien hat gezeigt, daß eine intrazelluläre Kooperation nicht nur in der Nährstoffproduktion, sondern auch in der Übernahme der Synthesen von Symbiontenbestandteilen durch die Wirtszelle während der pflanzlichen Ontogenese neu erworben werden kann, ja muß. Es erhebt sich daher die Frage, ob Bestandteile von Tier- und Pflanzenzellen möglicherweise auf symbiontische Vorläufer zurückzuführen sind, aus denen sie während einer Milliarden von Jahren dauernden Evolution bzw. Coevolution hervorgegangen und zu untrennbaren funktionellen Strukturen der Eukaryotenzellen geworden sind. Dies trifft besonders auf jene Kompartimente zu, die eine doppelte Hüllmembran, eigene genetische Substanz (DNA) und einen eigenen Apparat zur Genausprägung (Transkription, Translation) besitzen, also Mitochondrien und Chloroplasten. Es gibt mindestens zwei vieldiskutierte Hypothesen zur phylogenetischen Entstehung dieser Zellorganellen (vgl. z. B. P A R T H I E R 1 9 7 5 und 1 9 7 9 , TAYLOR 1 9 7 6 , B Ö R N E R and HAGEMANN 1 9 7 6 , SCHWEMMLER 1 9 7 9 ) , die wir hier nicht weiter verfolgen wollen, obgleich eine davon, die Endosymbionten-Hypothese, sehr eng mit unserer Thematik verbunden ist. Sie geht in vereinfachter Darstellung davon aus (MARGULIS 1 9 7 0 ) , daß Mitochondrien aus präkambrischen aeroben Bakterien und Chloroplasten aus Ur-Blaualgen entstanden seien, die vor Jahrmillionen von urtümlichen Proto-Eukaryotenzellen aufgenommen und nachfolgend zu essentiellen Zellbestandteilen integriert worden wären; denn die eukaryotische Zelle ist auf die Energieversorgung durch die Mitochondrien (Atmung) und Chloroplasten (Photosynthese) angewiesen. Tatsäch-
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B E N N O P ABTHIER
Tabelle 1 Vergleich einiger biochemischer u n d molekularbiologischer Kenngrößen zwischen Prokaryoten, Mitochondrien, Chloroplasten und dem nucleo-cytosolischen K o m p a r t i m e n t der Eukaryoten. Nach P A B T H I E E (1975, 1979) und S I T T E (1978). Kenngröße
Prokaryoten
Mitochondrien Chloroplasten Nucleo-Cytosol
10" 15
10" 15
10-
+ + —
+ +
+ +
(+)
( +)
— (+ )
— —
— —
+
Rifam. '
Rifam. (+ )
Rifam. (+ )
ix-amanitin
— (+ )
— -
-
+
70
70
70
80
23/16/5
v
23/16/5
25-28/18/5.8
50-60 F-met t R N A F IF 1 - 3 EF 1 —3
? 70-80 •50 F-met t R N A F F-met t R N A f m e t - t R N A f IF 1 - 3 IF 1 - 3 e l F 6—7 EF 1 —3 E F 1—3 eEFl-3
Chloramph.
Chloramph.
Microtubuli (Actin, Tubulin)
—
—
-
Membranen: Cardiolipin Sterollipide
+ —
+ —
+ —
D N A : Menge (g/Zelle bzw. Organelle) zirkuläre Konformation membrangebunden „Intron"-Sequenzen Repetitive Sequenzen (n > 10) Histone R N A : Transkriptionshemmung 3'Poly(A)-mRNA 5'm 7 G-mRNA („cap") mRNP-Partikel Ribosomen: Größenklasse (S-Wert) Ribosomen-RNA (S-Werte) RibosomenProteine (Zahl) Initiator-tRNA Initiationsfaktoren Elongationsfaktoren Proteinsynthesehemmung
Zellwand: Murein
+
0
Chloramph.
10-
+
+
Cycloheximid
+
0
v, variabel; 0, nicht zutreffend; in K l a m m e r n : unsicher oder selten a u f t r e t e n d ; Rifam. = Rifamycin; F-met t R N A P = Formyl-Methionin gebunden an eine spezifische InitiatorTransfer-RNA (tRNAj?).
Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten
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lieh bestehen zwischen Mitochondrien, Chloroplasten und prokaryotischen Bakterien bzw. Blaualgen große Ähnlichkeiten besonders in der genetischbiosynthetischen Ausstattung. Sie sind den entsprechenden Bestandteilen des nucleo-cytoplasmatischen Kompartiments völlig unähnlich (Tab. 1). Dieses Phänomen war Ausgangspunkt zu einer intensiven Bearbeitung der Frage, welche Bestandteile der Mitochondrien und Chloroplasten von den Organellen selbst produziert und welche vom umgebenden Cytoplasma gebildet und danach importiert sein müßten, um die Organellen funktionsfähig zu machen oder funktionsfähig zu erhalten.
5. Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten Ganz allgemein impliziert intrazelluläre Symbiose Substanztransport zwischen Zellräumen untereinander, sowohl bezüglich der niedermolekularen Metabolite aus energieliefernden Prozessen oder anderen Stoffwechselvorgängen als auch bezüglich makromolekularer Genprodukte zum Aufbau der Zellorganellen, also Nucleinsäuren, Proteine, Lipide. Zur Illustration des Transports von Stoffwechselprodukten zwischen membranumschlossenen Kompartimenten mag der photorespiratorische Glykolatweg dienen, der sich zwischen Chloroplasten und Peroxisomen abspielt und über das Cytoplasma auch die Mitochondrien einbeziehen kann. Im elektronenmikroskopischen Bild kann man Chloroplasten und Peroxisomen mit enger Berührung ihrer Begrenzungsmembranen finden (Abb. 7). Biochemisch-analytische Befunde einiger Laboratorien haben zu dem in Abbildung 8 aufgezeichneten Schema des Stoffaustausches geführt: Im Licht produziert das Schlüsselenzym des C0 2 -Reduktionszyklus im Chloroplasten, die Ribulose-bisphosphat-Carboxylase/Oxygenase, neben Zuckerphosphaten auch Glykolatphosphat, das nach Dephosphorylierung in Peroxisomen exportiert, dort zu Glyoxylat oxidiert und dieses wiederum zu Glycin transaminiert wird. Glycin verläßt das Peroxisom, kann in Mitochondrien zu Serin umgewandelt werden und über Hydroxypyravat in Glycerat übergehen, welches schließlich in die Chloroplasten transportiert und in phosphorylierter Form wieder in den Calvin-Zyklus einbezogen wird. Ähnliche Stoffaustausche zwischen anderen Kompartimenten und besonders zwischen Cytosol und Organellen ließen sich f ü r viele andere Substanzen aufzeigen. Wir wollen uns jedoch dem biogenetischen Aspekt intrazellulärer Wechselwirkungen zwischen den Kompartimenten zuwenden und speziell die gegenseitigen Beziehungen zwischen Zellkern, Cytosol und Organellen bei der Biogenese von Chloroplasten betrachten, dem charakteristischsten Bestandteil aller grünen Pflanzenzellen. Die Biogenese der Mitochondrien folgt grund-
Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten
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lieh bestehen zwischen Mitochondrien, Chloroplasten und prokaryotischen Bakterien bzw. Blaualgen große Ähnlichkeiten besonders in der genetischbiosynthetischen Ausstattung. Sie sind den entsprechenden Bestandteilen des nucleo-cytoplasmatischen Kompartiments völlig unähnlich (Tab. 1). Dieses Phänomen war Ausgangspunkt zu einer intensiven Bearbeitung der Frage, welche Bestandteile der Mitochondrien und Chloroplasten von den Organellen selbst produziert und welche vom umgebenden Cytoplasma gebildet und danach importiert sein müßten, um die Organellen funktionsfähig zu machen oder funktionsfähig zu erhalten.
5. Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten Ganz allgemein impliziert intrazelluläre Symbiose Substanztransport zwischen Zellräumen untereinander, sowohl bezüglich der niedermolekularen Metabolite aus energieliefernden Prozessen oder anderen Stoffwechselvorgängen als auch bezüglich makromolekularer Genprodukte zum Aufbau der Zellorganellen, also Nucleinsäuren, Proteine, Lipide. Zur Illustration des Transports von Stoffwechselprodukten zwischen membranumschlossenen Kompartimenten mag der photorespiratorische Glykolatweg dienen, der sich zwischen Chloroplasten und Peroxisomen abspielt und über das Cytoplasma auch die Mitochondrien einbeziehen kann. Im elektronenmikroskopischen Bild kann man Chloroplasten und Peroxisomen mit enger Berührung ihrer Begrenzungsmembranen finden (Abb. 7). Biochemisch-analytische Befunde einiger Laboratorien haben zu dem in Abbildung 8 aufgezeichneten Schema des Stoffaustausches geführt: Im Licht produziert das Schlüsselenzym des C0 2 -Reduktionszyklus im Chloroplasten, die Ribulose-bisphosphat-Carboxylase/Oxygenase, neben Zuckerphosphaten auch Glykolatphosphat, das nach Dephosphorylierung in Peroxisomen exportiert, dort zu Glyoxylat oxidiert und dieses wiederum zu Glycin transaminiert wird. Glycin verläßt das Peroxisom, kann in Mitochondrien zu Serin umgewandelt werden und über Hydroxypyravat in Glycerat übergehen, welches schließlich in die Chloroplasten transportiert und in phosphorylierter Form wieder in den Calvin-Zyklus einbezogen wird. Ähnliche Stoffaustausche zwischen anderen Kompartimenten und besonders zwischen Cytosol und Organellen ließen sich f ü r viele andere Substanzen aufzeigen. Wir wollen uns jedoch dem biogenetischen Aspekt intrazellulärer Wechselwirkungen zwischen den Kompartimenten zuwenden und speziell die gegenseitigen Beziehungen zwischen Zellkern, Cytosol und Organellen bei der Biogenese von Chloroplasten betrachten, dem charakteristischsten Bestandteil aller grünen Pflanzenzellen. Die Biogenese der Mitochondrien folgt grund-
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BENNO PARTHIER
sätzlich ähnlichen Gesetzen; gewisse quantitative Unterschiede ergeben sich aus der stärker reduzierten Semiautonomie dieses Organellentyps. Chloroplasten und Mitochondrien haben mit allen Organellen gemeinsam, daß sie nicht de novo entstehen können; sie entwickeln sich aus bereits vorhandenen Vorläufern oder gehen aus der Teilung funktionsfähiger Organellen hervor.
6lutamat: 2-Oxoglutarat
Peroxisom
Mitochondrion
Abb. 8. Beziehungen des intrazellulären Stofftransports zwischen Chloroplast, Peroxisom, Cytosol und Mitochondrion im photorespiratorischen Glykolatweg („Lichtatmung"). E i n z e l h e i t e n i m T e x t . ( A u s M O H R U. S C H O P F E R ( 1 9 7 8 ) )
Dagegen werden die mit einfachen Membranen umschlossenen Kompartimente der Zelle wie Mikrobodies (Peroxisomen, Glyoxysomen, Oleosomen), Lysosomen, Golgi-Apparat und andere Gebilde durch Abschnürung, Einstülpung, Knospung, Transport und Fusion von Membranteilen regeneriert (Abb. 9). Sie können teilweise ineinander übergehen (MATILE 1975, SCHOPFER et al. 1976) und stellen rein cytosolische, DNA-freie Kompartimente dar, deren spezifische Funktionsträger im Inneren de novo außerhalb gebildet
Stoffliche Wechselbeziehungen zwischen Zellkompartimenten
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werden müssen. Eine detaillierte Untersuchung der Biogenese von Peroxisomen hat ergeben (GOLDMAN und BLOBEL 1 9 7 8 ) , daß neue Membranproteine an membrangebundenen Polyribosomen, die enzymatische Ausstattung jedoch an freien Polyribosomen entstehen in einer konzertierten Abfolge, die neben der Regulation bei Informationsabgabe und Genexpression auch physikochemische Vorgänge der „Molekülerkennung", also Wechselwirkungen zwischen alten und neuen Makromolekülen einschließt.
Abb. 9. Schematische Darstellung von Membrantransformationen und -fusionen in einer (tierischen) Zelle. E, Endosom; gER, glattes Endoplasmatisches Reticulum; rER, rauhes Endoplasmatisches Reticulum; KH, Kernhülle; K P K , Kernporenkomplex; P, Peroxisom; PL, primäres Lysosom; PM, Plasmamembran; SL, sekundäres Lysosom. (Nach W U N D E R L I C H (1978) wenig verändert)
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BENNO PAETHIER
6. Biogenese der Chloroplasten Die Ergebnisse der letzten Jahre, darunter unsere eigenen, haben gezeigt, daß die Ribonucleinsäuren der Chloroplasten als primäre Genprodukte an der Organellen-DNA gebildet werden, während die Synthesen plastidenspezifischer Proteine und anderer sekundärer Genprodukte sowohl innerhalb wie außerhalb der Chloroplasten ablaufen ( B Ö R N E R und H A G E M A N N 1 9 7 6 , E L L I S 1 9 7 7 , P A E T H I E R et al. 1 9 7 5 , P A R T H I E R 1 9 7 6 , 1 9 7 8 A , b). Infolgedessen wird genetische Information für einige Synthesen in der Plastiden-DNA codiert vorliegen, und die Translation dieser Information (aus der Nucleotidsequenz einer mRNA in die Aminosäuresequenz eines Proteins) findet an Chloroplasten-Polyribosomen statt. Analog entsteht aus im Zellkern gespeicherter Information mRNA, deren Information an Cytosol-Ribosomen abgelesen und in Proteine übersetzt wird, die ihre Funktion im Chloroplasten ausüben. Nur diese Kombination erfordert intrazellulären Transport von Genprodukten des Zellkerns in die Organellen und ist für die Symbiose-Idee besonders interessant. Sie wird noch verstärkt, aber auch komplizierter durch die Tatsache, daß die meisten funktionsfähigen Chloroplastenproteine aus Untereinheiten aufgebaut sind, von denen ein Teil im Chloroplasten, der andere im Cytoplasma synthetisiert wird. Zur genetischen Kontrolle der Synthesen kommt eine postgenetische Kontrolle („Funktionalisierung") ihrer Produkte, wenn die Polypeptidketten zu aktiven Proteinen modifiziert und koordiniert werden. Paradebeispiel ist die Biosynthese des bereits erwähnten Schlüsselenzyms des Calvin-Zyklus, Ribulose-bisphosphat-Carboxylase, deren Grundzüge von E L L I S und Mitarbeitern aufgeklärt wurden ( E L L I S 1 9 7 7 , H I G H F I E L D und E L L I S 1 9 7 8 , BARRACLOUGH und E L L I S 1 9 7 9 ) . Einer Erzeugung der großen Untereinheit an Chloroplasten-Polyribosomen steht die Synthese der kleinen Untereinheit im Cytosol gegenüber, wobei von den drei in Abb. 10 angedeuteten Möglichkeiten nur jene (2.) Variante verwirklicht zu sein scheint, bei der die kleine Untereinheit als höhermolekulare Vorstufe an den freien Polyribosomen entsteht. In dieser Form soll das Polypeptid durch die Doppelhülle der Chloroplasten transportiert und dabei proteolytisch zur endgültigen Größe reduziert werden ( H I G H F I E L D and E L L I S 1 9 7 8 ) . Es scheint klar, daß dieser Modus der Installation von extraplastidär gebildeten Chloroplastenproteinen allgemeinere Bedeutung besitzt, z. B. auch für die Bausteine der Photosynthesemembranen (Thylakoide) gilt. Einige Arbeitsgruppen ( H O O B E R und S T E G E M A N N 1 9 7 6 , M A C H O L D und A U R I C H 1 9 7 2 , O H A D 1 9 7 5 ) und wir selbst ( L I E B E R S und P A R T H I E R 1 9 7 4 ) haben mittels radioaktiv markierter Aminosäuren ünd Verwendung spezifischer ProteinsyntheseInhibitoren nachweisen können, daß die ca. 15 Banden von Thylakoid-
Tafel I
A b b . 2. Symbiose zwischen Pilzen u n d Algen in verschiedenen Flechten. H a u s t o r i e n sind in A u n d C zu e r k e n n e n , Appressorien in D. (Aus SACHS (1887))
Abb. 4. I n t r a z e l l u l ä r lokalisierte Blaualge (Xosloc punct¡forme) im R h i z o m von Gunnera chilensis. N o = Nostoc-Zelle; S = Schleimhülle der B l a u a l g e ; C = C y t o p l a s m a der Wirtszelle; T = T o n o p l a s t e n - M e m b r a n ; PI = P l a s m a l e m m a ; V = V a k u o l e ; Z = Zellwand. E l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h e A u f n a h m e , E n d v e r g r ö ß e r u n g 13600fach. F i x i e r t in Glutara l d e h y d - 0 s 0 4 . (Original von D r . D. NEUMAXN freundlicherweise zur V e r f ü g u n g gestellt)
Tafel I I
Abb. 5. Knöllchenbildung an den Wurzeln der Lupine, hervorgerufen durch Rhizobium lupini. (Original Verfasser)
Tafel I I I
A b b . 7. Assoziation von Chloroplast und Peroxisom in einem T a b a k b l a t t . C R , R i b o s o m e n ; Cy. K r i s t a l l ;
F,
Stroma-Tlivlakoide;
lakoide; M. Mitochondrion; M B , Mikrobody. (1977))
G,
Grana-Thy-
(Ans GUNNING 'II. STEER
Biogenese der Chloroplasten
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proteinen, die man nach Gelelektrophorese getrennt erhält, etwa je zur Hälfte im Chloroplasten (Chloramphenicol-sensitiv) und im Cytosol (Cycloheximidsensitiv) synthetisiert werden. Die Proteinverteilung in einer neu synthetisierten Photosynthesemembran wird durch beide daran beteiligte genetische Systeme, Piastom und Genom, bestimmt. Biosynthese und Wachstum der \
nDNA
\ C O € O O S / m RNA
oxylase im Chloroplasten aus ihren beiden Untereinheiten. Die große Untereinheit (schraffiert) ist in der Plastiden-DNA (pDNA) codiert, die transkribierte mRNA wird an Chloroplasten-Ribosomen in das Polypeptid der großen Untereinheit übersetzt. Die kleine Untereinheit (schwarze Dreiecke) ist im Zellkern (nDNA) codiert und wird an Polysomen im Cytosol synthetisiert und anschließend durch die Chloroplastenhülle in die Organelle transportiert. Drei Möglichkeiten sind aufgezeichnet. E R = Endoplasmatisches Reticulum. (Aus P A R T H I E K (1978b))
Thylakoidmembranen beruhen auf einer scheinbar regellosen Einlagerung der Präkursoren in die bereits existierende Membran und lassen sich nicht durch Anfügen von Baustein-Blöcken erklären (Abb. 11). Neben den Protein-Protein- bzw. Protein-Lipid-Wechselwirkungen, die bei der Biogenese funktionstüchtiger Enzyme und Membranen zur Photosynthese eine Rolle spielen, erhalten Protein-Nucleinsäure-Verbindungen eine besondere Bedeutung für alle Vorgänge, die für Reproduktion und Genausprägung der Chloroplasten Voraussetzung sind. Die Existenz solcher Ribonucleoproteid2
Parthier
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BENNO PARTHIER
Komplexe gewinnt an Reiz dadurch, daß die Nucleinsäureanteile im Chloroplasten, die Proteinanteile jedoch im Cytoplasma synthetisiert werden. Das gilt z. B. für Transkriptionskomplex und Translationsapparat (Ribosomen). Ein ähnliches Problem stellte sich uns, als wir vor einigen Jahren den Einleitungsschritt der Proteinbiosynthese, die Aktivierung von Aminosäuren und deren Übertragung auf Transfer-RNA (tRNA), in ergrünenden Etiglena-Zellen näher zu untersuchen begannen. Der Reaktionsablauf (Abb. 12) ist durch sequentielle Interaktionen zwischen dem Enzym (Aminoacyl-tRNA-Syntheexistierende Membran
Abb. 11. Biogenese der Lipid-Protein-Membran der Thylakoide im Chloroplasten d u r c h zwei verschiedene Möglichkeiten des Baustein-Einbaues. S c h r a f f i e r t : neue (markierte) Bausteine. Große Symbole = Proteine, kleine Symbole = Lipide. L i n k s : E i n b a u n a c h Zufallsverteilung; r e c h t s : E i n b a u n a c h Blockprinzip. ( A u s PARTHIER ( 1 9 7 8 a ) )
tase (Aa-RS) und drei Substraten (Aminosäure, ATP, tRNA) gekennzeichnet, wobei die genauen molekularen Wechselwirkungen insbesondere zwischen dem Protein und der tRNA noch unklar sind. Sie zeichnen jedoch für die außerordentlich hohe tRNA-Substratspezifität des Einzelenzyms verantwortlich und sorgen dafür, daß der „Übersetzungsfehler" während der Proteinbiosynthese kleiner als 1 0 ~ 4 ist ( L O F T F I E L D und V A N D E R J A G D 1 9 7 2 ) . In der Zelle liegen die hochmolekularen Reaktionspartner zu mehr als 90% als tRNAEnzym-Komplex vor ( H O L L E E 1 9 7 8 ) . Ich möchte hier auf Einzelheiten unserer Arbeiten verzichten, da die Ergebnisse in einer Reihe von Publikationen niedergelegt sind (u. a. P A B T H I E R 1973, 1976, 1978a, b; P A R T H I E R und K R A U S P E 1973, 1974, 1975; P A R T H I E R und
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NEUMANN 1 9 7 7 ; PARTHIER e t a l . 1972, 1975, 1 9 7 8 ; KRAUSPE u n d PARTHIER 1 9 7 3 , 1 9 7 4 , 1 9 7 5 , 1 9 7 6 ; NEUMANN und PARTHIER 1 9 7 3 ; NOVER 1977). Erwähnenswert für unser Thema erscheint daraus folgendes: Chloroplasten (wie Mitochondrien) besitzen ihren eigenen, vielleicht nicht ganz vollständigen Satz an Enzymen, um alle 20 proteinogenen Aminosäuren zu aktivieren und auf die 20 entsprechenden tRNA-Species zu transferieren. Die chloroplastenspezifischen Enzyme unterscheiden sich von ihren cytoplasmatischen Analoga nicht in ihren katalytischen Parametern, wohl aber in vielen physiko-chemi-
(1) Aax +ATP+Enzymx
Mg"
[Aax ~AMP~EX J+PP;
+
(2)[Aax ~AMP~Ex ] tRNAx —*~Aax -tRNA+Ex +AMP Aax + ATP+tRNAx ——Aax ~tRNA
+AMP+PPi
Abb. 12. Sequentielle Reaktionen der Aktivierung von Aminosäuren und deren Übertragung auf spezifische Transfer-RNA durch Aminoacyl-tRNA Synthetasen. Aa, Aminosäure; Aa-tRNA, Aminoacyl-Transfer R N A ; AMP, Adenosinmonophosphat ATP, Adenosintriphosphat; E, Enzym (Aminoacyl-tRNA-Synthetase); P P i ( Pyro-; phosphat. Index x steht für eine bestimmte Aminosäure.
sehen Eigenschaften (Tab. 2), wodurch Untersuchungen zur Biosynthese und deren Regulation sehr erleichtert werden. Dagegen sind Chloroplasten- und Mitochondrien-Synthetasen für manche Aminosäuren sehr ähnlich, wenn nicht identisch. Die genetische Information für die Chloroplasten-Synthetasen liegt im Zellkern vor; ihre Übersetzung im Polypeptid findet an Polyribosomen des Cytosols statt, aber an der durch Licht induzierbaren Regulation der Enzymsynthese sind Vorgänge in Organellen u n d Cytoplasma beteiligt. Damit wird eine enge Wechselbeziehung auf biogenetischer Ebene zwischen den Zellkompartimenten offensichtlich, die auf der funktionellen Ebene 2*
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Tabelle 2 Vergleich einiger Eigenschaften der in Organellen und Cytosol lokalisierten LeucyltRNA-Synthetasen von Euglena gracilis. Eigenschaften
OrganellenEnzym ( E i )
CytosolEnzym (E2)
Enzymkinetische : K m -Wert K m -Wert Optimale Optimale
für Leucin (IO"5 M) für ATP (IO"4 M) ATP-Konz. (mM) Mg++-Konz. (mM)
2.5 8.0 2.5 7.5
2.5 8.0 2.5 7.5
Physiko-chemische und molekulare: tRNA-Spezifität ATP—PP r Austausch stimuliert durch tRNA Hitzestabilität in °C (T^ 2 , 15 min) Stabilitätsabfall durch Purin tiucleotide Irreversible Hemmung der Reaktion durch alkylierende und phosphorylierende A TP-Analoga Hemmung der Reaktion durch K+, NH 4 + Elution von Hydroxylapatit (M P 0 4 3 - ) Antigenreaktion gegen El-Antikörper Code-Ort (Mutanten) Synthese-Ort (Inhibitoren) Licht-stimulierte Induktion der de novo-Synthese
prokaryotisch
eukaryotisch
52
44
+
0.05
+
Nucleus Cytosol
+
+
0.18
+
Nucleus Cytosol
zwischen Enzym und tRNA ihre Fortsetzung findet, denn die in Cytosol erzeugten Enzyme müssen zu den im Chloroplasten synthetisierten und dort lokalisierten tRNA-Species gelangen, um aktivierte Aminosäuren für die chloroplasteneigene Proteinbiosynthese bereitzustellen. Es liegt nahe, einen Enzymtransport durch die Doppelhüllmembranen der Organellen anzunehmen, obgleich wir über den Mechanismus noch keine genauen Vorstellungen besitzen (vgl. S. 24). Die Situation wird noch komplizierter durch Ausnahmen; denn einige Synthetasen (z. B . für die Threonin- oder Alanin-Aktivierung) sind nicht in Chloroplasten nachweisbar, sondern die Beladung der chloroplastenspezifischen Thr- oder Ala-tRNAs geschieht durch eindeutig im Cytosol lokalisierte aminosäurespezifische Enzyme, die in diesen Fällen jedoch die tRNAs der Chloroplasten sowie des Cytosols beladen können. So ist denkbar, daß auch tRNA durch die Chloroplastenhülle transportiert werden kann (vgl. M C C R E A und H E K S H B E R G E R 1 9 7 8 ) . Möglichkeiten solcher „Shuttle"-
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Biogenese der Chloroplasten
Mechanismen im Transport der beiden Makromoleküle sind in Abbildung 13 skizziert. Nach dem bisher Beschriebenen, und die zusammenfassende Illustration über die zellulären Biosyntheseorte einzelner Chloroplastenbestandteile (Abb. 14) bezeugt es, kann man die enge biogenetische und regulatorische Verzahnung zweier Systeme, eines prokaryotischen und eines eukaryotischen, EnveL Organen-spec. Synthetase
-nDNA
é
pDNA
I I
\ Cytosot-spec. / Synthetase
a 1/ -