Staatsrechtliche Gesetze des Reiches und Preußens sowie Gewerbeordnung und Gaststättengesetz [Reprint 2020 ed.] 9783111669229, 9783111284545


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German Pages 758 [816] Year 1931

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Staatsrechtliche Gesetze des Reiches und Preußens sowie Gewerbeordnung und Gaststättengesetz [Reprint 2020 ed.]
 9783111669229, 9783111284545

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3a] Lehrausgaben Deutscher Gesetze [3a herausgegeben von Professor Dr. O. Bühler, Münster i. W.

Staatsrechtliche Gesetze des Reiches und Preußens sowie

Gewerbeordnung und Gaststüttengesetz Textausgabe mit den nötigsten Verweisungen, paragraphenüberschristen und Sachregister

von

Dr. Ottmar Bühler o. o Professor der Rechte an der Universität Munster i. W.

Berlin und Leipzig 1931

Walter de Gruyter L Co. vormals G. I. Göschen'sche Berlagshandlung — I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung — Georg Reimer — Karl I. Trübner — Beit L Tomp.

Archiv-Nr. 23 03 31.

Vorwort. Die Auswahl und Redigierung der aufgenommenen Gesetze richtete sich bei diesem Bande nach denselben Grundsätzen wie bei den Berwaltungsgesetzen (1930). Nur für die dort über den Zweck der einzelnen Gesetze unterrichtenden einleitenden Be­ merkungen schien mir bei den staatsrechtlichen Gesetzen, deren Bedeutung sich aus ihrem Titel im allgemeinen ohne weiteres ergibt, kein so großes Bedürfnis vorhanden zu sein, ich habe von solchen im Interesse der Raumersparnis daher abgesehen. Trotz allen Strebens nach mäßigem Umfange auch dieses Bandes ist doch u. a. die alte Preußische Verfassung von 1850 mit ausgenommen worden, da von ihr zurzeit überhaupt keine Ausgabe mehr erhälüich ist und sie im staatsrechtlichen Unterricht doch so notwendig gebraucht wird. Daß auch die Gewerbeordnung (nebst dem Gaststättengesetz) diesem Bande hinzugefügt wurde, geschah auf Gmnd der Er­ fahrung, die mir von einer ganzen Reihe von Kollegen bestätigt wurde, daß dieses in unseren öffentlich-rechtlichen Vorlesungen und Übungen außerordenüich oft gebrauchte Gesetz, wenn es nur in einer besonderen Ausgabe erhälüich ist, gar zu oft eben nicht in der Hand des Hörers ist, wenn wir es dort voraussetzen. Die staats- und verwaltungsrechtlichen Gesetze werden auch in einem Gesamtbande abgegeben, in dem zugleich die wichügsten Nachträge zu den Berwaltungsgesetzen, namenüich das Polizei­ verwaltungsgesetz von 1931, mit eingebunden sind (während diese Nachträge dem Berwaltungsgesetzband allein nur lose beigegeben werden können). Hier ist dann also in einem Bande alles ge­ boten, was für die öffenüich-rechüichen Übungen benötigt wird und damit ein Wunsch erfüllt, den wohl manche mit mir ge­ teilt haben werden. Münster (Wests.), Oktober 1931. Dechaneistratze 19.

— in —

Ottmar Bühler.

3ur Beachtung: Ob eS sich um Reichs- »der Preisliche Gesetze handelt, ist je­ weils, wen» nötig dnrch Ansatz de» HeranSgeberS, kenntlich gemacht.

Paragraphenüderschriste» in etkigen Klammer» stammen vom Herausgeber, solch« t» runde» Klammer« e»8 dem amtlichen Text.

Inhaltsübersicht. A. Geordnet nach Sachgegenstänben (zugleich nach der Folge der Nummern). I. Verfassung em 1. Reichsverfassung. Bom 11. August 1919 . . . la. Reichsverfassung. Bom 16. April 1871 .... lb. Aufruf deS Rates der Bolksbeauftragten. Bom 12. November 1918 lc. (Reichs-)Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt. Bom 10. Februar 1919 16. ^Reichs-) UbergangSgesetz. Bom 4. März 1919 . 2. Preußische Verfassung. Bom 30. November 1920 2a. Preußische Berfassungsurkunde. Bom 31. Januar 1850 3. sReichS-Wepublikschutzgesetz. Bom 25. März 1930 4. ^ReichS-^ Verordnung über die Teutschen Flaggen. «om 11. April 1921/5. Mai 1926

II. Gesetzgebende Organe und Gesetzgebung. 1. Reichstag und Landtag: 5. ReichSwahlgesetz. Bom 6. März 1924 .... 5a. Preuß. Wahlgesetz sLandeswahlgesetz). Bom 28. Oktober 1924 6. Reichsstimmordnung. Bom 14. März 1924 (Aus­ zug) 7. (Reichs-Wesetz über die Befriedung der Ge­ bäude des Reichstags und der Landtage. Bom 8. Mai 1920 8. sReichs-)Gesetz über die Entschädigung der Mit­ glieder deS Reichstags. Bom 15. Dezember 1930 9. Geschäftsordnung für den Reichstag. Bom 12. De­ zember 1922/31. März 1931

Seite 1—47 47—73 73—74

74—76 77—78 78—96 97—117 117—122

122—125

126—139 126—139 139—147

147—148

148—150 150—174

3ur Beachtung: Ob eS sich um Reichs- »der Preisliche Gesetze handelt, ist je­ weils, wen» nötig dnrch Ansatz de» HeranSgeberS, kenntlich gemacht.

Paragraphenüderschriste» in etkigen Klammer» stammen vom Herausgeber, solch« t» runde» Klammer« e»8 dem amtlichen Text.

Inhaltsübersicht. A. Geordnet nach Sachgegenstänben (zugleich nach der Folge der Nummern). I. Verfassung em 1. Reichsverfassung. Bom 11. August 1919 . . . la. Reichsverfassung. Bom 16. April 1871 .... lb. Aufruf deS Rates der Bolksbeauftragten. Bom 12. November 1918 lc. (Reichs-)Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt. Bom 10. Februar 1919 16. ^Reichs-) UbergangSgesetz. Bom 4. März 1919 . 2. Preußische Verfassung. Bom 30. November 1920 2a. Preußische Berfassungsurkunde. Bom 31. Januar 1850 3. sReichS-Wepublikschutzgesetz. Bom 25. März 1930 4. ^ReichS-^ Verordnung über die Teutschen Flaggen. «om 11. April 1921/5. Mai 1926

II. Gesetzgebende Organe und Gesetzgebung. 1. Reichstag und Landtag: 5. ReichSwahlgesetz. Bom 6. März 1924 .... 5a. Preuß. Wahlgesetz sLandeswahlgesetz). Bom 28. Oktober 1924 6. Reichsstimmordnung. Bom 14. März 1924 (Aus­ zug) 7. (Reichs-Wesetz über die Befriedung der Ge­ bäude des Reichstags und der Landtage. Bom 8. Mai 1920 8. sReichs-)Gesetz über die Entschädigung der Mit­ glieder deS Reichstags. Bom 15. Dezember 1930 9. Geschäftsordnung für den Reichstag. Bom 12. De­ zember 1922/31. März 1931

Seite 1—47 47—73 73—74

74—76 77—78 78—96 97—117 117—122

122—125

126—139 126—139 139—147

147—148

148—150 150—174

JnhaltSüberftcht. Leite

2. Reichsrat und Staatsrat: 10. (Preuß.) Gesetz über die Bestellung von Mit­ gliedern des ReichSrats durch die Provinzial­ verwaltungen. Bom 3. Juni 1921 11. (Preuß.) Gesetz über die Wahlen zum Staatsrat. Bom 16. Dezember 1920 3. Reichswirtschaft-rat: 12. (Reichs-)Verordnung über den vorläufigen ReichsWirtschaft-rat (Auszug). Bom 4. Mai 1920 . • 4. Gesetzgebung: 13. (ReichS-)Gesetz über den Volksentscheid. Bom 27. Juni 1921 13a. (Preuß.) Gesetz über das Verfahren bei Volks­ begehren und Volksentscheiden. Bom 8. Januar 1926 14. (Reichs-)Gesetz zur Ausführung des Art. 18 der RB. Bom 8. Juli 1922 14a. (Preuß.) Gesetz über die Angliederung Waldecks. Bom 25. Juli 1928 14b. (ReichS-)Gesetz über die Bereinigung Waldecks mit Preußen. Bom 7. Dezember 1928 .... 15a. (ReichS-)Ermächtigungsgesetz. Bom 13. Lktober 1923 15b. (Reichs-)Trmächtigungsgesetz. Bom 8. Dezember 1923 16. (ReichS-)Gesetz über die Verkündung von RechtSverordmmgen. Bom 13. Oktober 1923 .... 16a. (Preuß.) Gesetz über die Verkündung von Rechts­ verordnungen. Bom 9. August 1924 17a. Nachweisung der Verordnungen auf Grund von Art. 48 in den Jahren 1919—1931..................... 17b. Inhaltsübersichten der Dezember-Notverordnung 1930 und der Juni-Notverordnung 1931 . . .

174—176

177—183

183—189

189—198

198-205 205—207

208—217

217—218 218

219

219— 220

220— 221 221 222—224

III. Reichspräsident und Reich-minister; Vollziehung.

18. (ReichS-)Gesetz über die Wahl deS ReichSpräsideute». Bom 6. März 1924 19. ReichSministergeseh. Bom 27. März 1930 . . 20. Geschäftsordnung der Reichsregierung. Bom 3. Mai 1924

225—226 227—235

235—244

IV. Verfassung-gerichtsbarkeit.

21. ReichS-Gesetz über den StaatSgerichtShof. 9. Juli 1921

Bom 245—251

AutzaltSüberstcht.

Seite

22.

Reichs-Gesetz -ur Ausführung des Art. 13 der RB. Bom 8. April 1920

251—252

V. Veamtenrecht.

Reichsbeamtengesetz. Bom 17. Mai 1907 . . . (Preuß.) Gesetz betr. die Die»stdergehe» der nicht­ richterliche« Beamte». Bom 21. Juli 1852 . . 25. Reichsbesoldungsgesetz. Bom 16. Dezember 1927 25a. Preuß. Besoldungsgesetz. Bom 17. Dezember 1927 23. 24.

253—295 296—317 317—332 333—334

VI. Wehrmacht. 26.

(Reichs-Wehrgesetz.

Bom 23. März 1921 (Aus­ 335—348

zug) VII. Finanzen.

(ReichS-WnanzanSgleichSgesetz. Bom 27. April 1926 (Auszug) 28. (Reich--) Besteuerung-gesetz. Bom 10. August 1925 28a. (ReichS-)Gesetz über die Pauschalierung der Berwaltung-kostenzuschüsse. Bom 17. Juli 1930 . . 29. Reich-hanShaltsorbnnng. Bom 31. Dezember 1922/14. April 1930

27.

29a. (Preuß.) Gesetz betr. den Staatshaushalt (SomptabilitütSgefetz). Bom 11. Mai 1898 29b. ReichShauShaltSgesetz für das Rechnungsjahr 1931 29c. Preuß. HauShaltSgesetz für das Rechnungsjahr

30.

1931 Reichsschuldenordnung. (Auszug)

349—354 354—359

360—363 363—402 403—417 417—423

423—427 Bom 13. Februar 1924

427—434

VIII Der Staatsbürger. Reichs- und StaatSangehörigkeitSgefetz. Bom 22. Juli 1913 32. (ReichS-WerfonenstandSgesetz. Bom 6. Februar 1875 (Auszug) 33. (RetchS-WreizüglgkeitSgesetz. Bom 1. November 1867 33a. (Preuß.) Gesetz über die Aufnahme neuanziehender Personen. Bom 31. Dezember 1842 (Auszug) 33b. (ReichS-Waßgesetz. Bom 12. Oktober 1867 . . 34. (ReichS-)L«Sliefern»gSgefetz. Vom 23. Dezember 1929 (Auszug)

31.

435—445

446—451

451—455

455— 456 456— 459

459—463

Inhaltsübersicht. Seite

35. [$reu6.J Gesetz über die Aufhebung der Standes­ vorrechte des Adels. Bom 23. Juni 1920 . . 35a. (Preuh.) Verordnung betr. die Änderung der Familiennamen. Bom 3. November 1919 . . 36. (Reichs-Wreßgesetz. Bom 7. Mai 1874 .... 37. lReichs-^Tmnultschitdengesetz. Bom 12. Mai 1920 38. (Reichs-Wrundschulgeseh. Bom 28. April 1920 .

IX. Reichs-verkehrsgesetze. 39. (Reichs-) Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs (Reichspostgesetz). Bom 28. Oktober 1871 39a. Reichspostsinanzgesetz. Vom 18. März 1924 40. (Reichs-) Gesetz betr. den Staatsvertrag über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich. Bom 30. April 1920 11. (Reichs-)Gesetz über die Deutsche Reichsbahngesell­ schaft (Reichsbahngeseh). Bom 13. März 1930 . 42. (Reichs-) Gesetz betr. den Staatsvertrag über den Übergang der Wasserstraßen auf das Reich. Bom 29. Juli 1921 43. (Reichs-)Lustverkehrsgesetz. Bom 1. August 1922 (Auszug) X. Staatskirchenrecht. 44. (Preuß.) Gesetz betr. den Vertrag mit den Evan­ gelischen Landeskirchen. Bom 26. Juni 1931 . 45. (Preuh.) Gesetz betr. den Vertrag mit dem Heiligen Stuhl. Bom 3. August 1929 .... XL Aus dem Gewerberecht. 46. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. Bom 21. Juni 1869 47. (ReichS-Waststättengesetz. Bom 28. April 1930 .

Sachregister

463—472 472—474 471—483 483—488 488—490

491 - 497 497—501

505

518

518

536

536

547

548 - 554

555- 560

560

567

568—713 714—730

731—748

Inhaltsübersicht.

Monat und Tag

Jahr

Überschrift des Gesetzes

i 1842

31. Dez.

1850

31. Jan.

1852

21. Juli

1867

12. 1. 21. 16. 28.

1869 1871

Ott. Nov. Juni April Ott.

1874 1875 1898

7. Mai 6. Febr. 11. Mai

1907 1913 1918 1919

17. Mai 22. Juli 12. Nov. 10. Febr. 4. März 11. Aug. 3. Nov.

1920

8. April 28. April 30. April

4. Mai

Seite der Sammlung

B. Geordnet nach der Äeitfolge.

lPreuß.Z Gesetz über die Aufnahme neu451 anziehender Personen....................................... Verfassung-urkunde für den preußischen 97 Staat..................................................................... l Preuße Gesetz betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten sPreuß. Diszipli296 «•tiefe*]............................................................. 456 lReicht-W.tzgefetz ............................................... 451 [8tei 205 fReichS^Luftverkehrgeseh | 548 Geschäftsordnung für den Reichstag .... 150 RetchShauShaltSordunng 360 fReichs-l Gesetz über die Verkündung von Rechts­ verordnungen 219 lReichs-lErmächtigung-gesetz 218 fReichs-jSrmächttgungSgesetz 219 ReichSschuld enordnung 427 Reich»* ahlgesetz 126 tReichs-^Gesetz über die Wahl des ReichsPräsidenten 225 Reichsstimmordnung 139 491 Retchtzpostfinanzgeseh........................................... Geschäftsordnung der Reichsregierung .... 235 lPreußJ Gesetz über die Verkündung von Rechts­ verordnungen 220 Preutz. Wahlgesetz (LaudeSwahlgesetz) 126 tReichS-Westeuermlg-Desetz 354 fPreuß.j Gesetz über daS Verfahren bei Volks­ begehren und Volksentscheiden

Jahr

1926 1927

1928

1929 1930

Monat und Tag

27. 16. 17. 25. 7.

April De-. De-. Juli De-.

3. Aug. 23. De-. 13. Mär-

25. MLr27. MLr28. AprU 17. Juli

15. De-.

1931

30. MLrz 29. Mai

26. Juni

Überschrift deS Gesetzes

Seite der Sammlung

Inhaltsübersicht.

| 349 fReichS-jKinau-anSgleichsgesetz.......................... fReichS-WefoldnngSgesetz................................... 1 317 fPreuß.j Besoldungsgesetz................................... 833 fPreutz.j Gesetz über die Angliederung Waldecks 208 fReichS-jSesetz über die Bereinigung Waldecks

mit Preußen........................................................ Gesetz betr. den Bertrag mit dem HeUigen Stuhl lReichS-Mn-liefernng-gesetz.............................. fReichS-Wesetz über die Deutsche Reich-bahn­ gesellschaft lReichSbahugeseh)...................... lReichS-Wepu-lUschntzgesetz.............................. ReichSminiftergefetz................................................ lReichS-st-aststättengesetz................................... fReichS-^Gesetz über die Pauschalierung der BerwaltungSkosten-uschüsfe fPanschalierungSgesetzt..................................................................... fReichS-^Gesetz über die Entschädigung der Mit­ glieder de- Reich-tag-................................... ReichShauShaltSgesetz für das Rechnungsjahr 1981..................................................................... fPreuße Gesetz über die Feststellung des Haus­ haltsplans für da- Rechnungsjahr 1931 . . tPreutz.) Gesetz betr. den Vertrag mit den Evangelischen Landeskirchen..........................

217 560 459 518 117 227 714

860

148 417

423 555

I. Verfassungen. 1. Die Verfassung des Deutschen Reichs. Dom 11. August 1-1- CJtdKBL 6. 1383)1). svorspruchl Das Deutsche Volk, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu er­ neuen und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden au dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, Hat sich diese Verfassung gegeben.

Erster Hauptteil.

Aufbau und Austzaben de« Reich«. Erster Abschnitt. Reich «ud Länder.

sTtaat-fsr» ». StaatAgewaltj

Akt. 1.

(1) Das Deutsche Reich ist eine Republik. (2) Die Staatsgewalt geht vom Volke aus. x) Die Reich-Verfassung hat förmliche Änderungen (die nachstehend im Text berücksichtigt sind) erfahren durch folgende Gesetze: G. v. 6. Lug. 1920 (RGBl. S. 1565,1566), betr. Art. 168 und 178; G. v. 27. Nov. 1920 (RGBl. S. 1987), betr. Art. 167; G. v. 24. März 1921 (RGBl. S. 440), betr. Art. 61; G. v. 27. Okt. 1922 (RGBl. I S. 801), bett. Art. 180; G.v. 15. Dez. 1923 (RGBl. I S. 1185), betr. Art. 35; G. v. 18. Mär- 1924 (RGBl. I S. 287), betr. die Art. 85-88; G. v. 22. Mai 1926 (RGBl. I S. 243), betr. Art. 40 a. — Materielle (stillschweigende) Ver­ fassungsänderungen find jedoch weit zahlreicher. Seit 1924 lautet bei solchen Gesetzen die BerkündungSformel: „Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, daS mit Zustimmung deS ReichSratS hiermit verkündet wird, nachdem festgestellt ist, daß die Erfordernisse verfassungsändernder Gesetzgebung erfüllt sind. — AuS der Fülle derartiger Gesetze (seit 1924 14 Gesetze) sind erwähnenswert: DaS Gesetz zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1922 (daS neue — unten unter Nr. 3 abgedructte — Republikschutzgesetz v. 25. Marz 1930 ist nicht versassungSändernd), die Ermächtigungsgesetze v. 3. Lug. 1920, 6. Febr. 1921, 13. Okt. u. 18. Dez. 1923, die ReichShauShaltSordnung (unten Nr. 29), daS Reichsministergesetz v. 27. März 1930 (unten Nr. 19).

Bühler, Staat-recht.

1

1]

1. Di» Sttfefiung b»8 Deutschen Reich- (1816).

lReich-gebiet,

Art. 2.

Das Reichsgebiet besteht aus den Gebieten der deutschen Länder. Andere Gebiete können durch Reichsgesetz in das Reich ausgenommen werd-en, wenn es ihre Bevölkerung kraft des Selbstbestimmungstechts begehrt.

lReichSfgrbeu!

Art. "8.

Die Reichsfarben find schwarz-rot-gold. Die Handelsflagge ^s^warz-weiß-rot mit den Reichsfarben in der oberen inneren

IVNkerrechq

Art. 4.

Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts gelten als bindende Bestandteile des deutschen Reichsrechts. sAnSübung der Staatsgewalt!

Art. 5.

Die Staatsgewalt wird in Reichsangeleaenheiten durch die Organe des Reicks auf Grund der Reichsverfassung. in Landesangelegenheiren durch die Organe der Länder auf Grund der Landesverfassungen ausgeübt. sAnSschlietzliche Gesetzgebung!

Art. 6**).

Das Reich hat die ausschließliche Gesetzgebung über: 1. die Beziehungen zum Ausland,' 2. das Kolonialwelen.' 3. die Staatsangehörigkeit, die Freizügigkeit, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung,' 4. die.Wehrverfaffung; 5. das Münzwefen,' 6. das Zollwesen sowie die Einheit des Zoll- und Handels­ gebiets und die Freizügigkeit des Warenverkehrs; 7. oas Post- und Telegraphenwesen einschließlich des Fern­ sprechwesens. lKVNknrrierenb« Gesetzgebung!

Art. 7.

Das Reich hat die Gesetzgebung über: 1. das bürgerliche Recht' 2. das Strafrecht,' x) BO. über die deutschen Flaggen v. 11. April 1921 (RGBl. S. 483), abgeändert durch BO. v. 5. Mai 1926 (RGBl. I S. 217) (unten unter Nr. 4 abgedruckt). *) Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Reichs finden sich auch im Art. 165 Abs. 6.

1. $ie Sttfaffmg be« $tutf*n «eich« (1919).

[1

3. das gerichtliche Verfahren einschließlich des Strafvollzugs kowie die Amtshilfe zwischen Behörden,' 4. das Paßwesen und dre Fremdenpolirei: 5. da» Armenwesen und die Wandererfursorge; 6. das Presse-, Vereins- und Versammlungswesen; 7. die Bevölkerungspolitik, die Mutterschasts-, Säuglings-, Kinder- und Jugendfürsorge; 8. das Gesundheitswesen, da» Veterinärwesen und den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge; 9. da» Arbeitsrecht, die Versicherung und den Schutz der Ar­ beiter und Angestellten sowie den Arbeitsnachweis; 10. die Einrichtung beruflicher Vertretungen für da» Reichs­ gebiet; 11. di« Fürsorge für die Kriegsteilnehmer und ihr« Hinter­ bliebenen; 12. da» «ergesellsAtung Guteiauunasrecht; von Naturschätzen und wirtschaft, 13. die

14.

15. 16. 17. 18. 19.

20.

lichen Unternehmungen sowie die Erzeugung, Herstellung, Verteilung und Preisgestaltung wirtschaftlicher Güter für die Gemeinwirtschast; den Handel, da» Itafr und Gewichtswesen, die Ausgabe von Papiergeld, da» Bankwesen sowie da» Börsenwesen; den Verkehr mit Nahrung»- und Genußmitteln sowie mit Gegenständen de» täglichen Bedarf»; da» Gewerbe und den Bergbau; da» Versicherungswesen; die Seeschiffahrt, di« Hochsee- und die Küstenfischerei; die Eisenbahnen, die Binnenschiffcchrt, den Verkehr mit Kraftfahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Lust, sowie den Bau von Landstraßen, soweit es sich um den allgemeinen Verkehr und die Landesverteidigung handelt; das Theater- und Lichtspielwesen.

lAeichrabgabengefetzgehuugs

Aki. 8.

Das Reich hat ferner die Gesetzgebung über die Abgaben und sonstigen Einnahmen, soweit fi« ganz oder teilweise für seine Zwecke in Ansoruch genommen werden. Nimmt da» Reich Ab­ gaben oder sonstige Einnahmen in Anspruch, die bisber den Län­ dern zustanden, so hat es auf die Erhaltung der Lebensfähigkeit der Länder Rückficht zu nehmens. *) Hierzu ist das Finanzausgleichsgesetz v. 27. April 1926 ergangen (unten Nr. 27).

1]

1.

Die Berfeffnne de» Deutschen Reich» (1919).

pvedarfS-esetz-eb»»-)

Art. 9.

Soweit ein Bedürfnis für den Erlaß einheitlicher Vor­ schriften vorhanden ist. Lat das Reich die Gesetzgebung über: 1. die Wohlfahrtspflege; 2. den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

iSruudsatzgesetzgebungs

Art. 10.

Das Reich kann im Wege der Gesetzgebung Grundsätze auf­ stellen für: 1. die Rechte und Pflichten der Religionsgesellschaften; 2. das Schulwesen einschließlich des Hochschulwesens und das wissenschaftliche Büchereiwesen, 3. das Recht der Beamten aller öffentlichen Körperschaften; 4. das Bodenrecht, die Bodenverteilung, das Anfiedlungs- und Heimftättenwesen, die Bindung des Grundbesitzes, das Wohnungswesen und die Bevölkerungsverteilung; 5. das Bestattungswesen.

lGruudsatzgesetzgebuug)

Art. 11.

Das Reich kann im Wege der Gesetzgebung Grundsätze über die Zuläffigkeit und Erheoungsart von Landesabgaben aufstellen'), soweit fie erforderlich find, um 1. Schädigung der Einnahmen oder der Handelsbeziehungen des Reichs, 2. Doppelbesteuerungen, 3. übermaßiae oder verkehrshindernde Belastung der Be­ nutzung öffentlicher Verkehrswege und Einrichtungen mit Gebühren, 4. steuerliche Benachteiligungen eingeführter Waren gegen­ über den eiaenen Erzeugnissen im Verkehre zwischen den einzelnen Landern und Lanoesteilen oder 5. Ausfuhrprämien auszuschließen oder wichtige Gesellschastsinteressen zu wahren. lvOrlöufi-e

Laube-gesetzGebuuLs

Art. 12.

(1) Solange und soweit das Reich von seinem Gesetzaebungsrechte keinen Gebrauch macht, behalten die Länder das Recht oer Gesetzgebung. Dies gilt nicht für die ausschließliche Gesetzgebung des Reichs. (2) Gegen Landesgesetze, die fich auf Gegenstände des Ar­ tikel 7 Ziffer 13 beziehen, steht der Reichsregierung, sofern da-

Siehe das Finanzausgleichsgesetz v. 27. April 1926 (unten Nr. 27).

1. Sie Btrfeffime hei Lentschea NeichA (Hl#).

durch das Wohl der Gesamtheit im Reiche berührt wird, ein Einspruchsrecht zu. sReichSrecht «n> Landesrecht) WtL 13. (1) Reichsrecht bricht Landrecht. (2) Bestehen Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten dar­ über, ob eine landesrechtltche Vorschrift mit dem Reichsrecht ver« etnbar ist, so kann die zuständige Reichs- oder Landeszentralbehöroe nach näherer Vorschrift eines Reichsgesetze»') die Ent­ scheidung eine» obersten Gerichtshof» des Reichs anrufen.

)UaSsghrant der Neich»#esetze)

Art. 14.

Die Reichsgesetze werden durch die Landesbehörden aus­ geführt, soweit nicht die Reichsgesetze etwas andere» bestimmen. sReichSaafficht)

«tt 15.

(1) Die Reichsregierung übt die Aufficht in den Angelegen­ heiten aus, in denen dem Reiche das Recht der Gesetzgebung zusteht. (2) Soweit die Reichsgesetze von den Landesbehörden auszuführen find, kann die Reichsregierung allgemeine Anweisungen erlassen. Sie ist ermächtigt, zur Überwachung der Ausführung der Reichsgesetze zu den Landeszentralbehörden und mit ihrer Zustimmung zu den unteren Behörden Beauftragte zu entsenden. (8) Die Landesregierungen find verpflichtet, auf Ersuchen der Reichsregieruna Mängel, die bei der Ausführung der Reichs« hervorgetreren find, zu beseitigen. Bei Meinungsvernheiten kann sowohl die Reichsregieruna al« die Landes­ regierung die Entscheidung des Staatsgerichtshof» anrufen, falls nicht durch Reichsgesetz ein anderes Gericht bestimmt ist.

(ReUfrfcemte ia »en 88abetn]

Akt. 16.

Die mit der unmittelbaren Reichsoerwaltung in den Ländern betrauten Beamten sollen in der Regel Landesangehörige sein. Die Beamten, Aimestellten und Arbeiter der Reiqsorrwaltung find auf ihren Wunsch in ihren Heimatgebieten zu ver­ wenden, soweit dies möglich ist und nicht Rücksichten auf ihre Ausbildung oder Erfordernifie des Dienstes entgegenstehen. Iverfasiaug der Linders

Aki. 17.

(1) Jedes Land muh eine fteistaatliche Verfassung haben. Die Volksvertretung muß in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer *) Dieses ist am 8. April 1920 ergangen (unten Rr. 22).

1]

1. Die Brrfaffeng M Deutschen Reich- (1919).

und geheimer Wahl von allen reichsdeutschen Männern «nd Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt Wer­ den. Die Landesregierung bedarf des Vertrauens der Vo»lksvertretuna. (2) Die Grundsätze für die Wahlen m Volksvertretung gelten auch für die Gemetndewahlen. Jedoch kann durch Landes-

sXeugliederuug der Landers

Ätt. 181).

(1) Die Gliederung des Reichs in Länder soll unter mög­

lichster Berücksichtigung des Willens der beteiligten Bevölkerung der wirtschaftlichen und kulturellen Höchstleistung des Volkes dienen. Die Änderung des Gebiets von Ländern und die Neu­ bildung von Ländern innerhalb des Reichs erfolgen durch verfassungsänderndes Reichsgesetz. (2) Stimmen die unmittelbar beteiligten Länder zu, so be­ darf es nur eines einfachen Retchsgesetzes. (3) Ein einfaches Reichsgesetz genügt ferner, wenn eines der beteiliaten Länder nicht zustimmt, die Gebietsänderuna oder Neubildung aber durch den Willen der Bevölkerung gefordert wird und ein überwiegendes Reichsinteresse sie erheischt. (4) Der Wille der Bevölkerung ist durch Abstimmung festzustellen. Die Reichsreaierung ordnet hie Abstimmung an, wenn ein Drittel der zum Reichstag wahlberechtigten Einwohner des abzutrennenden Gebiets es verlangt. (6) Zum Beschlich einer Gebietsänderung oder Neubildung find drei Fünftel der abgegebenen Stimmen, mindestens aber die Stimmenmehrheit der Wahlberechtigten erforderlich. Auch wenn es sich nur um Abtrennung eines Teiles eines preußischen Regierungsbezirkes, eines bayerischen Kreises oder in anderen Ländern eines entsvrechenden Verwaltungsbezirkes handelt, ist der Wille der Bevölkerung des ganzen in Betracht kommenden Bezirkes feftzuftellen. Wenn ein räumlicher Zusammenhang des abzutrennenden Gebiets mit dem Gesamtbezirke nicht besteht, kann auf Grund eines besonderen Reichegesetzes der Wille der Bevölkerung des abzutrennenden Gebiets als ausreichend er­ klärt werden. (6) Nach Feststellung der Zustimmung der Bevölkerung hat die Reichsregierung dem Reichstag ein entsprechendes Gesetz zur Beschlußfassung vorzulegen. *) Hierzu Gesetz zur Ausführung des Art. 18 der RB. v. 8. Juli 1922 (unten Nr. 14).

1. Die Verfassung Ne» Deutschen Reich» (1919).

[1

(7) Entsteht bei der Bereinigung oder Abtrennung Streit über die Vermögensauseinandersetzung, so entscheidet hierüber auf Antrag einer Partei der Staatsgerichtshof für da» Deutsche Reich.

sverfassm«grftreitigleit«»j

Akt. 19.

(1) Über Verfassungsstrettigkeiten innerhalb «ine» Lande«, in dem kein Gericht zu ihrer Erledigung besteht, sowie über Streitigkeiten nichtprivatrechtlicher Art zwischen verschiedenen Ländern oder Wischen dem Reich« und einem Lande entscheidet auf Antrag eines der streitenden Teile der Staatsgerichtshäf für das Dmttfche Reich, soweit nicht ein anderer Gerichtshof des Reichs zuständig ist. (2) Der Reichspräsident vollstreckt das llrtell des Staats­ gerichtshofs.

Zweiter Abschnitt. Der Reichstag.

IZusaM««s^>mgI

Art. 20.

Der Reichstag besteht au» den Abgeordneten de» deutschem Volke».

sSntschliehuugSfteihett der Abgeordnete»)

_ ± _

Akt. 21.

Di« Abgeordneten find Vertreter de» ganzen Volke». Sie find nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.

Wahl der Abgeordnete»!

Art. 22.

(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, un­ mittelbarer und geheimer Wahl von den über zwanziä Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Der Wahltag mutz ein Sonntag oder öffent­ licher Ruhetag sein. (2) Das Nähere bestimmt das Reichswahlgesetz').

ISohlperiod«!

Art. 23.

(1) Der Reichstag wird auf vier Zahre gewählt. Spätestens am sechzigsten Tage nach ihrem Ablauf muff die Neuwahl statt­ finden. (2) Der Reichstag tritt zum ersten Male spätesten» am dreihigften Tage nach der Wahl zusammen.

*) Dieses ist am 27. April 1920 ergangen; jetzt geltende Fassung v. 6. März 1924 (unten Nr. 5).

1. Die Sttfefluxg »«» Deutsche» Reich» (H19).

1]

[8»fe*»mUritt,

Schl«» des ReichStiße-I

Art. 24.

(1) Der Reichstag tritt in jedem Jahre am ersten Mittrtwoch des November am Eitze der Reichsregierung zusammen. Der Präsident des Reichstags mutz ihn früher berufen, wenn ess der Reichspräsident oder mindestens ein Drittel der Reichstags-smitglieder verlangt. (2) Der Reichstag bestimmt den Schluß der Tagung und d den Tag des Wiederzusammentritts.

ie«fi8f*«e]

Art. 25.

(1) Der Reichspräsident kann den Reichstag auflösen, jqedoch nur einmal aus dem gleichen Anlaß. (2) Die Neuwahl findet spätestens am sechzigsten Tage nach der Auflösung statt. l«ahl des PrLpdi»»S,

Geschäftsordnung!

Art. 26.

Der Reichstag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellllvertreter und seine Schriftführer. Er gibt sich seine Geschtzäftsortmung1)lZwischeuprastdi««! Art. 27. Zwischen zwei Tagungen oder Wahlperioden führen Pöräsident und Stellvertreter der letzten Tagung ihre Geschäfte fovrt. IRechte deS PrLstdenteuI

Art. 28.

Der Präsident übt das Hausrecht und die volizeigewaltt im Reichstagsaeväude aus. Ihm untersteht die Kausverwaltrung, er verfüK über die Einnahmen und Ausgaben des Hauses ' nach Maßgabe des Reichsbausbalts und vertritt das Reich in oallen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten seiner Verwaltung...

I6ffc««i»teitl

Art. 2».

Der Reichstag verhandelt öffentlich. Auf Antrag von fürnfzig Mitgliedern kann mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit > aus­ geschlossen werden. sVerhandlnngSderichtej Art. 80. Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen tm den öffentlichen Sitzungen des Reichstags, eines Landtags oder iihrer Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.

*) (Erlassen 1922; jetzt geltende Fassung v. 31. Mar- 1931 (Hinten Nr. 9).

1. ®te »trfeffexe bei Dklltschnl Mich» (!•!»).

[1

Ulkt. 81. (1) Bei dem Reichstag wird ein Wahlprüfungsgericht ge­ bildet. Ts entscheidet auch über die Frage, ob ein Abgeordneter die Mitgliedschaft verloren hat. (2) Das Wahlprüftmgsgertcht besteht au« Mitgliedern des Reichstags, die dieser für die Wahlperiode wählt, und au» Mit­ gliedern des Reichsverwaltungsgericht», die der Reichspräsident auf Vorschlag de» Präsidiums diese» Gerichts bestellt. (3) Das Wahlprüfungsgericht erkennt auf Grund Deutlicher mündlicher Verhandlung durch drei Mitglieder des Reichstags und zwei richterliche MUglteder. (4) Außerhalb der Verhandlungen vor dem Wahlprüfungsaerichte wird da» Verfahren von einem Reichsbeaustragten gemhrt, den der Reichspräsident ernennt. Im übrigen wird das Verfahren von dem Wahlprüfungsgerichte geregelt.

IveschluhfaffuntI

Art. 82.

(1) Zu einem Beschluss« de» Reichstag» ist einfache Stimmen­ mehrheit erforderlich, sofern die Verfassung kein andere» Stimmenverhältnis vorschreibt. Für die vom Reichstag vor­ zunehmenden Wahlen kann die Geschäftsordnung Ausnahmen zulasten. (2) Die Beschlußfähigkeit wird durch die Geschäftsordnung geregelt. lMuisterAiuderdertreter im N«tch»t«>I

Akt. 88.

(1) Der Reichstag und seine Ausschüsse können die Anwesen­ heit des Reichskanzlers und jedes Reichsminifter» verlangen. (2) Der Reichskanzler, die Reichsminister und die von ihnen bestellten Beauftragten haben zu den Sitzungen de» Reichstags und seiner Ausschüsse Zutritt. Die Länder find berechtigt, in diese Sitzungen Bevollmächtigte zu entsenden, die den Stand­ punkt ihrer Regierung zu dem Gegenstand« der Verhandlung darlegen. (3) Auf ihr verlangen müssen die Regierungsvertreter wäh­ rend der Beratung, die Vertreter der Reichsregierung auch außerhalb der Tagesordnung gehört werden. (4) Sie unterstehen der Ordnungsgewalt de» Borfitzenden.

lUntersuchunsSauSschKfiel

Akt. 84.

(1) Der Reichstag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Diese Ausschüsse erheben in öffentlicher Verhandlung

1]

1. DK Berfeflung bei Deutschen «eich» (1919).

die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich t er­ achten. Die Öffentlichkeit kann vom Untersuchungsausschuß irmit Zweidrittelmehrheit ausgeschlossen werden. Die Geschäftsovrdnung regelt das Verfahren des Ausschusses und bestimmt t die Zahl seiner Mitglieder. (2) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden find vervslichtitet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge • zu leisten; die Akten der Behörden find ihnen auf Verlangen voorzulegen. (3) Aus die Erhebungen der Ausschüsse und der von ihnnen ersuchten Behörden'finden di« Vorschriften der Strafproztzfwvrd« nung sinngemäß« Anwendung, doch bleibt das Brief-, Papst«, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis unberührt. sStänbige AnSfchLsies

Art. 35.

(1) Der Reichstag bestellt einen stündigen Ausschuß für auuswärtige Angelegenheiten, der auch außerhalb der Tagung ddes Reichstags und nach der Beendigung der Wahlperiode oder dder Auflösung de» Reichstags bis zum Zusammentritt« des neunen Reichstags tätig werden kann. Die Sitzungen dieses AusfchuUes sind nicht öffentlich, wenn nicht der Ausschuß mit Zweidritttelmehrbeit die Öffentlichkeit beschriebt. (2) Der Reichstag bestellt ferner zur Wahrung der Rechhte der Volksvertretung gegenüber der Reichsregierung für die Zteit auberhalb der Tagung und nach Beendigung einer Wahlperiodde oder der Auflösung des Reichstags bi» zum Zusammentritt does neuen Reichstag» einen ständigen Anschütz'). (3) Diese Ausschüsse haben di« Rechte von Untersuchunggsausschüssen. |3*nauritit der AbDeorduetens

Art. 36.

Kein Mitglied de» Reichstags oder eine» Landtag» dmrf 8« irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der -in lusilbung seine» Beruf» getanen Äußerungen gerichtlich over dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zmr Verantwortung gezogen werden. sUnverfolObarkeit

ber Adueordnetens

Wtt. 87.

(1) Kein Mitglied des Reichstags oder eines Landtag» kamn ohne Genehmigung des Hause», dem der Abgeordnete angehöat,

-) Art. 35 Absatz 2 in bet Fassung be» Besetze» v. 15. Dez. 1923 (RBBl. I S. 1185).

1. Sie »erfafum M Lentschen »eich, (1,1t).

[1

während der Sitzungsperiode wfgen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung «mögen oder »ertastet werten, es sei denn, »atz das Mitglied bei «usühnng der Tat oder spätestens im Lauf« des folgenden läge» festgenommen ist.

(2) Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die die Ausübung de» Abgeordnetenberuss beeinträchtigt. (3) Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied de» Reichstag» oder eine» Landtag» und jede Hast oder sonstige Beschränkung feiner persönlichen Freiheit wird aus Verlangen de» Hause», dem der Abgeordnete angehört, für die Dauer der Sitzungs­ periode aufgehoben.

l3eB|Mi»l* fSc beamtet«

Hbgeerbnett]

Akt. 39.

(1) Beamte und Angehörige der Wehrmacht bedürfen zur Ausübung ihres Amte» al» Mitglieder de» Reichstag» oder eines Landtags keine» Urlaubs. (2) Bewerben fie sich um einen Sitz in diesen Körperschaften, so ist ihnen der zur Borbereitung ihrer Wahl erforderliche Urlaub zu gewähren.

sFreisahrt, Aufwandsentschädigung)

Akt. 40.

Die Mitglieder de» Reichstags erhalten das Recht zur steten Fahrt auf allen deutschen Eisenbahnen sowie Entschiwigung nach Maßgabe eine» Reichsgesetzes').

') Siehe hierzu da, Besetz über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstag, v. 15. Dez. 1930 (unten Nr. 8).

1. Die Berfaffu», M Deutsche» Reich- (1919).

1]

lVOrANO-rechte deS Äei**itM«»«r#« Mm 6tH MeichOtagr. § 2.

Der StaatSgerichtShof ist zuständig zur Verhandlung und Entschei­ dung über Anklagen deS Reichstags gegen Reichspräsidenten, Reichs­ kanzler und Reichsminister wegen schuldhafter Verletzung der Reichsversassung oder eines Reichsgesetzes nach Artikel 59 der Reichsverfassung.

lZusammeusetzuugl

§ 3.

In den Fällen deS § 2 besteht der StaatSgerichtShof auS dem Prä­ sidenten des Reichsgerichts als Vorsitzenden und je einem Mitglied des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, des Bayerischen obersten LandeSgerichts und des Hanseatischen OberlandesgerichtS, einem deutschen Rechtsanwalt und zehn weiteren Beisitzern. Die Mitglieder der genannten drei Gerichte werden nebst den Stellvertretern vom Präsidium ihres Gerichts für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zu diesem Gerichte, der Rechtsanwalt für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur deutschen Anwalt­ schaft vom Vorstand der Anwaltskammer beim Reichsgerichte gewählt. Die weiteren zehn Beisitzer werden nebst den Stellvertretern je zur Hälfte vom Reichstag und vom Reichsrat gewählt.

fObahl tet »«ifitzirf

§ 4.

(1) Reichstag und Reichsrat wählen die weiteren zehn Beisitzer und ihre Stellvertreter nach dem Zusammentreten jedes neuen Reichstags. (2) Wählbar sind Deutsche, die das 80. Lebensjahr vollendet haben. Mitglieder der Reichsregierung, des Reichstags, des ReichSratS, deS Reichswirtschaftsrats, einer Landesregierung, eineS Landtags oder eines Staatsrats können nicht Beisitzer sein.

21]

21.1«rich»»esetz »»er »en 6t«rt»geri*IM (1821).

§ 5.

M»«ag.,chnst]

(1) Wenn der Reichstag die Erhebung der Anklage beschlossen hat, so übersendet sein Präsident dem Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs eine Anklageschrift. Sie muh hie Tat, wegen der die Anklage erhoben ist, die Bestimmung der Reichsverfassung oder des Reich-gesetze-, die ver­ letzt sein soll, und die Tatsachen bezeichnen, auf die sich die Anklage stützt. (2) Der Vorsitzende des Staatsgerichtshofs stellt dem Angeklagten Abschrift der Anklageschrift zu.

lv*rf«hrVahl der Beisitzers

§ 19.

Wird der Zusammentritt des Staatsgerichtshofs nach § 18 Ziffer 2 notwendig, so werden die vier weiteren Beisitzer uno die Stellvertreter für jedes Fachgebiet gesondert gewählt. Sie sollen für das betreffende Gebiet sachverständig sein. Wählbar sind nur Deutsche, die das 30. Lebensjahr vollendet haben.

lverfahrenj

§ 20.

(1) Der Antrag auf Entscheidung ist schriftlich beim Staats­ gerichtshof einzuretchen. Die Erklärungen der Beteiligten wer­ den schriftlich abgegeben und zur Kenntnis der Gegenpartei ge­ bracht. (2) Die Beteiligten find befugt, zu den Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen Vertreter zu entsenden. *) über die Zusammensetzung, solange das RBerwGer. noch nicht errichtet ist, vgl. § 31.

21.

ater bra St«-U«rricht,tz»s (1021).

[21

(3) Für die Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung. [Rechtshilfe!

§ 21.

Die Gerichte und Verwaltungsbehörden haben dem Ersuchen des Staatsgerichtshofs um Rechtshilfe zu entsprechen. Die 157 bis 162, 166 bis 167 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden Anwendung. sSntscheidungs § 22.

(1) Erachtet der Staatsgerichtshof die Streitfrage für hin­ reichend geklärt, so entscheidet er auf Grund nichtöffentlicher Be­ ratung durch schriftlichen Beschluß, der den Beteiligten zuzu­ stellen ist. (2) Er kann vor der Beschlußfassung eine mündliche Verhand­ lung anordnen. Auf Antrag einer Partei mutz er fie anordnen. (3) Die Entscheidungen des Staatsaerichtshofs find schriftlich niederzulegen und mit Gründen zu versehen. lekWftMrimaee]

§ 28.

Soweit diejes Gesetz keine Bestimmungen trifft, regelt der Präsident des Reichsverwaltungsgerichts das Verfahren und den Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung. Sie beoarf der Geneymigung des Reichsrats und ist im ReichsgefetzLlatt zu veröffentnchen. III. Gemeinsame Bestimmungen. lvsseniliche verhandln»-! § 24.

(1) Zn der Hauptverhandlung kann die Öffentlichkeit nur wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen werden. (2) Die Mitglieder des Staatsaerichtshofs lind, soweit fie nicht Berufsrichter sind, von dem Vorsitzenden oei ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher Sitzung zu vereidigen. Auf die Vereidigung finden die Vorschriften des Gerichtsverfassungs­ gesetzes über die Vereidigung der Schöffen entsprechende An­ wendung.

svesn-niffe de- Vorsitzende»!

§ 25.

Ausserhalb der Sitzungen nimmt der Vorsitzende die Befug­ nisse des vtaatsgerichtshofs wahr. lvorleguag von Akten!

§ 26.

Alle Behörden haben dem Staatsgerichtshof auf Verlangen Akten und Urkunden vorzulegen.

21]

21. MeichS'Mefetz Ster den vtaatSgerichtStzof (1821).

lveibehalt»»g der Z»sam»ensetz»ngl

§ 27.

Der Staatsgerichtsbof führt jedes einzelne Verfahren in der Zusammensetzuna zu Ende, in der er es begonnen Lat, ohne Rück­ sicht darauf, ob inzwischen ein richterliches Mitglied aus seinem Hauptamt geschieden oder die Wahlperiode eines gewählten Mit­ glieds abgelaufen ist. Die Vorschrift des K 4 Abf. 2 Satz 2 bleibt unberührt. sFor« enM Rechtskraft der Sntfcheiduugl

§ 28.

(1) Der Staatsgerichtshof entscheidet „Im Namen des Reichs". (2) Gegen die Entscheidung findet weder ein Rechtsmittel noch die Wiederaufnahme des Verfahrens statt.

IV. Koste« des verfahrens. fvebühre« der Beteiligten, § 29. (1) Das Verfahren vor dem Staat-gerichtshof und den von ihm er­ suchten und beauftragten Stellen ist gebührenfrei. (2) Die Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet. Doch kann der StaatSgerichtshos in den Fällen der §§ 2 und 15 dem für schuldig Erklärten die Auslagen ganz oder zum Teil auferlegen; er kann aussprechen, daß dem nicht für schuldig Erklärten seine Auslagen ganz oder teilweise ersetzt werden.

sAnsprLche der

§ 36. (1) DaS Amt der Mitglieder des Staatsgerichtshofs ist ein Ehren­ amt. Die nicht richterlichen Beamten des Reichsgerichts und des ReichsVerwaltungsgerichts haben zugleich die Geschäfte bei dem StaatSgerichtShof ohne besondere Entschädigung zu versehen.

(2) Bei Dienstverrichtungen außerhalb des Wohnsitzes haben Mitglieder und Beamten Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen.

die

V. Übergang», und Schl»ßbesti»»»«ge».

§81. Bis zur Errichtung eine» ReichSverwaltungSgerichtS tritt an die Stelle des ReichSverwaltungSgerichtS (§ 1) daS Reichsgericht, an die Stelle des Präsidenten des ReichSverwaltungSgerichtS der Präsident des Reichsgerichts und bei der Besetzung deS Staatsgerichtshofs: in den Fällen deS § 18 Ziffer 1 an die Stelle der drei Räte des ReichSverwaltungSgerichtS je ein Rat deS Preußischen Oberverwal-

22. IReichSj Gesetz L d. AuSfShnln, M Art. 18 Alts. 2 der «V. (1920). [22 rungsgerichts, deS Bayerischen BerwaltungsgerichtShofS und des Säch­ sischen Oberverwaltungsgerichts, in den Fällen des § 18 Ziffer 2 an die Stelle deS Rates deS ReichSverwaltungsgerichtS ein Rat deS Preußischen Oberverwaltungsgerichts.

§82. (1) Die Präsidenten deS Reichsgerichts und deS ReichSverwaltungSgerichts können in den Fällen deS § 18 durch einen SenatSpräsidenten ihres Gerichts vertreten werden. (2) Dieser Senatspräsident und die in den $§ 18 und 31 genannten Räte sowie ihre Stellvertreter werden für jedes Geschäftsjahr nach den Vorschriften bestimmt, die für die Bestimmung der Senat-Präsidenten und der Senatsmitglieder der Gerichte gelten, denen sie angehören.

§88. Im Falle deS § 3 tritt bei Verhinderung deS Präsidenten deS Reichsgerichts sein gesetzlicher Stellvertreter ein.

§84. Die bei der Errichtung deS ReichSverwaltungSgerichtS beim Staats­ gerichtshof anhängigen Sachen werden von ihm in seiner bisherigen Be­ setzung entschieden.

§35. Der nach Artikel 172 der ReichSversasiung gebildete Senat bleibt zu­ ständig für die zur Zeit deö Inkrafttretens dieses Gesetzes bei ihm an­ hängigen Sachen.

22. sReichS-)Seseh zur Ausführung des Artikel 13 Abs. 2 der Verfassung des Deusschen Reichs. Dom 8. April 1920 (RSDl. G. 510). IZuftäadigeS 8«richtj

§ 1.

Für die Entscheidungen auf Grund des Artikel 13 Abs. 2 der Verfassung des Deutschen Reichs ist das Reichsgericht zu­ ständig. Der zur Entscheidung berufene Senat wird im Ginzelfalle durch den Präsidenten des Gerichts bestimmt.

22] 22. INeich»] Gesetz ü. h «uSfitzrung des Wrt 18 «Hs. 2 der ÄS. (1820). [Setsalten]

§ 2.

(1) Der Antrag auf Entscheidung ist schriftlich bei dem Präsi­ denten des Reichsgerichts einzureichen. Bor der Entscheidung sind die beteiligten Reichs- und Landeszentralbehörden zu hören. Ihre Erklärungen find schriftlich abzugeben und zur Kenntnis der Gegenpartei zu bringen. (2) Das Reichsgericht kann eine mündliche Verhandlung an­ ordnen,- auf Antrag einer beteiligten Zentralbehörde muh dies geschehen. Der Termin ist den beteiligten Zentralbehörden mit­ zuteilen. Diese können zur Wahrung ihres Standpunkts Beauf­ tragte bestimmen, die mit ihren Ausführungen und Anträgen zu hören find.

sEntscheidnng]

§ 3.

(1) Die Entscheidung erfolgt durch Beschluß. Der Beschluß ist mit Gründen zu versehen und den beteiligten Zentralbehörden von Amts wegen zuzuftellen. (2) Die Reichsreaierung hat die Entscheidung ohne Begrün­ dung im Reichsaesetzblatt au veröffentlichen. (3) Die Entscheidung hat Gesetzeskraft.

lFinanzauSgleichSstreitigkeitens

§ 4.

Die Borschriften der 88 2, 3 dieses Gesetzes finden auf das Verfahren nach 8 6 Aof. 1 des Landessteuergesetzes') ent­ sprechende Anwendung. ') Jetzt § 6 Absatz 1 des Finanzausgleichsgesetzes v. 27. April 1926 (unten Nr 27).

28. Jteifttteaarttnt'M (1607).

[28

V. Beamtenrecht. 23. Reich-beamtengesetz. vom 18. Mai 1907 (RGBl. S. 245) mit den Änderungen durch da- ®. v. 30. April 1920 (RGBl. S. 805), das G. v. 23. März 1921 (RGBl. S. 329), da« G. v. 19. Juli 1921 (RGBl. S. 938), G. v. 21. Rod. 1921 (RGBl. S. 1365), G. v. 4. Juli, 21. Juli und 25. Ott. 1922 (RGBl. I S. 565, 585, 802), G. v. 16. Mai, 18. Juni und 17. Juli 1923 (RGBl. I S. 295, 385, 683), die Personalabbauverordnung v. 27. Ott. 1923 (RGBl. I S. 999), G v. 4. Dez. 1925 (RGBl. I S. 181), G. v. 16. Juli 1927 (RGBl. I S. 185) und da« ReichSministergesetz v. 27. März 1980 (RGBl. I S. 96).

IBtlriff „Sei*tt**t«ri

§1.

Reichsbeamter im Sinne diese» Gesetzes ist jeder Beamte, welcher entweder vom Reichspräsidenten') angestellt oder nach Borschrist der Reichsoersassung den Anordnungen des Reichs­ präsidenten') Folge zu leisten verpflichtet ist.

«f LedeXzettj

§ 2.

Soweit die Anstellung der Reichsbeamten nicht unter dem ausdrücklichen Vorbehalte des Widerruf» oder der Kündigung er­ folgt, gelten dieselben als auf Lebenszeit angestellt.

Ivereidi»«»,!

§ 8‘).

(1) Jeder Reichsbeamte ist auf die Reichsoersassung (Art. 176) und aus die gewissenhafte Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten. (2) Die Eidesleistung soll bei der Aushändigung der Bestal­ lung oder dem Dienstantritt, spätestens in unmittelbarem Anschluk an den Dienstantritt, stattsinden. Wird sie verweigert, so ist di« Ernennung de» Beamten in seinem Rechtsverhältnis zum Reich nichtig.

') An die Stelle de« Kaiser« ist gemäß Art. 179 RB in Verbin­ dung mit § 4 de« übergangSgesetze« vom 4. März 1919 der Reichs­ präsident getreten. Dementsprechend ist der Text im folgenden überall berichtigt. z) § 3 in der Fassung de« Art. I de« Gesetze« vom 21. Juli 1922.

28]

23. Aeich»bea«tengrfetz (1907).

(3) über den Ersatz der Eidesleistung durch eine andere feier­ liche Erklärung bei Angehörigen einer Religionsgemeinschaft, denen die Eidesleistung aus religiösen Gründen verboten ist, be­ stimmt der Reichsminister des Innern im einzelnen knalle. (AustellungSurkuudel

§ 41).

(1) Jeder Reichsbeamte erhält bei seiner Anstellung eine An­ stellungsurkunde. (2) Der Anspruch des Beamten auf Gewährung des mit dem Amte verbundenen Diensteinkommens beginnt in Ermangelung besonderer Festsetzungen mit dem Tage des Amtsantritts. 8 5.

^Gestrichen durch das Gesetz vom 30. April 1920.) l Übertragbarkeit be- Anspruch­ auf Dieusteiukommrni

§ 6.

Die Reichsbeamten können den auf die Zahlung von Dienst­ einkünften, Wartegeldern oder Pensionen ihnen zustehenden An­ spruch mit rechtlicher Wirkung nur insoweit zedieren, verpfänden oder sonst übertragen, als fie der Beschlagnahme unterliegen (8 19). sGuabeuvierteljahrl § 7.

(1) Hinterläßt ein Beamter, welcher mit der Wahrnehmung einer in den Besoldungs-Etats aufgeführten Stelle betraut ist, eine Witwe oder eheliche oder legitimierte Abkömmlinge, so ge­ bührt den Hinterbliebenen für das auf den Sterbemonat folgende Vierteljahr noch die volle Besoldung des Berstorbenen (Gnaden­ vierteljahr), unbeschadet jedoch weitergehender Ansprüche, welche ibm etwa vor Erlaß dieses Gesetzes und vor Eintritt in den Reichsdienst zugeftanoen worden find. Zur Besoldung im Sinne der vorstehenden Bestimmung gehören außer dem Gehalt auch die sonstigen, dem Verstorbenen aus Reichsfonds gewahrten Dienst­ einkünfte. Rur die zur Bestreitung von Dienftaufwandskosten bestimmten Einkünfte scheiden aus und von den zur Repräsen­ tation bestimmten werden zwanzig vom Hundert in Abzug gebracht. (2) Den Hinterbliebenen eines Beamten, welcher nicht mit der Wahrnehmung einer in den Besoldungs-Etats aufgeführten Stelle betraut gewesen ist, kann das Gnadenvierteljahr von der vorgesetzten Dienstbehörde bewilligt werden.

*) In der Fassung deS Gesetzes vom 30. April 1920.

28. «eichtteamteasefetz (1907).

[28

(3) Das Gnadenvierteljahr wird im voraus in einer Summe gezahlt. An wen die Zahlung zu leisten ist, bestimmt die vor­ gesetzte Dienstbehörde. (4) Das Gnadenvierteljahr ist der Pfändung nicht unter­ worfen. 8 8.

Die Gewährung des Gnadenvierteljahrs kann in Ermange­ lung der im S 7 bezeichneten Hinterbliebenen mit Genehmigung der obersten ReiHsbebörde auch dann stattfinden, wenn der Ver­ storbene Verwandte der auftteigenden Linie, Geschwister, Ge­ schwisterkinder oder Pflegekinder, deren Ernährer er ganz oder überwiegend gewesen ist, in Bedürftigkeit hinterläßt, oder wenn und soweit der Nachlaß nicht.ausreicht, um die Kosten der letzten Krankheit und der Beerdigung zu decken. Die oberste Reichs­ behörde kann die Befugnis zur Genehmigung auf andere Behör­ den übertragen. lDieuftwoh»»«- etitti verstOrbeue» Beamte»)

§ 9.

(1) In dem Genusse der von dem verstorbenen Beamten be­ wohnten Dienstwohnung ist die Hinterbliebene Familie nach Ab­ lauf des Sterbemonats noch drei fernere Monate zu belassen. (2) Hinterläßt der Beamte keine Familie, so ist denjenigen, aus welche sein Nachlaß übergeht^ eine vom Todestag an zu rech­ nende dreißigtägige Frist zur Räumung der Dienstwohnung zu gewähren. (8) In jedem Falle müssen Arbeits- und Sesstonszimmer sowie sonstige für den amtlichen Gebrauch bestimmte Lokalitäten sofort geräumt werden. sPflichterr der Reich-beamte« aDgemeieJ

§ 10.

Jeder Reichsbeamte hat die Verpflichtung, das ihm über­ tragene Amt der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen. sPflichte» gege«über der Rep«blikj § 10 a1). (1) Der Reichsbeamte ist verpflichtet, in seiner amtlichen Tätigkeit für die verfassungsmäßige republikanische Staatsgewalt einzutreten.

*) Eingefügt durch G. v. 21. Juli 1922.

28]

28. Xrich-teamten-esetz (1907).

(2) Er hat alles zu unterlassen, was mit seiner Stellung als Beamter der Republik nicht zu vereinen ist. Insbesondere ist ihm untersagt: 1. sein Amt oder die ihm kraft seiner amtlichen Stellung zugänglichen Einrichtungen für Bestrebungen zur Ände­ rung der verfassungsmäßigen republikanischen Staatsform au mißbrauchen; 2. bei Ausübuna der Amtstätigkeit oder unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung über die verfassungsmäßige republikanische Staatsform, die Reichsflagge oder über die verfassungsmäßigen Regierungen des Reichs oder eines Landes zur Bekundung der Mißachtung Äußerun­ gen zu tun, die geeignet sind, sie in der öffentlichen Meinung herabzusetzen; 3. bei Ausübung der Amtstätigkeit öder unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung auf die ihm unterstellten oder zugewiesenen Beamten, Angestellten und Arbeiter, Zög­ linge oder Schüler im Sinne mißachtender Herabsetzung der verfassungsmäßigen republikanischen Staatsform öder der verfasiungsmäßigen Regierungen des Reichs oder eines Landes einzuwirken,4. Handlungen nach Nr. 1 bis 3 bei dienstlich unterstellten Personen, sofern sie im Dienste begangen werden, zu dulden. (3) Dem Reichsbeamten ist weiterhin untersagt, in der Öffentlichkeit gehässig oder aufreizend die Bestrebungen zu för­ dern, die aus Wiederherstellung der Monarchie oder gegen den Bestand der Republik gerichtet sind, oder solche Bestrebungen durch Verleumdung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung der Republik oder von Mitgliedern der im Amte befindlichen Regie­ rung des Reichs oder eines Landes zu unterstützen.

§ 10b1). Weitergehende Verpflichtungen, die stch für den Reiche­ beamten innerhalb oder außerhalb seines Amtes über die Bestim­ mungen des § 10 a hinaus aus den besonderen Aufgaben des ihm übertragenen Amtes oder den Umständen des Falles nach den allgemeinen Vorschriften über die Pflichten der Reichs­ beamten ergeben, bleiben unberührt.

§ 11. Über die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach er9 Eingefügt durch G. v. 21. Juli 1922.

28. NrichAbeamtengkskh (1607).

[28

forderlich oder von seinem Vorgesetzten vorgeschrieben ist, hat der Beamte Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienstverhältnis aufgelöst ist. (Genehmigung zur ZeugniSabgabel § 12. (1) Bevor ein Reichsbeamter als Sachverständiger ein außer­ gerichtliches Gutachten abgibt, hat derselbe dazu die Genehmi­ gung seiner vorgesetzten Behörde einzuholen. (2) Ebenso haben Reichsbeamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste find, ihr Zeugnis in betreff derjenigen Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit sich bezieht, insoweit zu verweigern, als sie nicht dieser Verpflichtung in dem einzelnen Falle durch die ihnen vorgesetzte oder zuletzt vorgesetzt gewesene Dienstbehörde entounden find.

(verantwortlichkett -er ReichSbeamtenj § 13. Jeder Reichsbeamte ist für die Gesetzmäßigkeit seiner amt­ lichen Handlungen verantwortlich.

(Urlaub und Krankheit! § 14. (1) Die Vorschriften über den Urlaub der Reichsbeamten und deren Stellvertretung werden vom Reichspräsidenten er­ lassen. (2) In Krankheitsfällen, sowie in solchen Abwesenheitsfällen, zu denen die Beamten eines Urlaubs nicht bedürfen (RV. Art. 39)1),2 findet ein Abzug vom Gehalte nicht statt. Die Stellvertretunpskosten fallen der Reichskasie zur Last. (3) Em Beamter, welcher sich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub von seinem Amte entfernt hält oder den erteilten Urlaub überschreitet, ist, wenn ihm nicht besondere Gntschuldigungsaründe zur Seite stehen, für die Zeit der unerlaubten Ent­ fernung seines Diensteinkommens verlustig. (Annahme von frtmben Titeln)

§ 15.

(1) Die vom Reichspräsidenten angestellten Beamten dürfen

Titel, Ehrenzeichen, Geschenke, Gehaltsbezüge oder Remune­ rationen von anderen Regenten oder Regierungen nur mit Ge­ nehmigung des Reichspräsidenten annehmen-). (2) Zur Annahme von Geschenken oder Belohnungen in bezug 1) An die Stelle des Art. 21 der RV. von 1871 ist der Art. 39 der RV. von 1919 getreten. 2) Siehe hierzu auch Art. 109 der RV. ® ü ()ler, Ltaatsrecht.

17 — 25)7

23]

23. Reich-beamtengesetz (1907).

auf sein Amt bedarf jeder Reichsbeamte der Genehmigung der obersten Reichsbehörde. sRebeubeschaftiguugj

§ 16.

(1) Kein Reichsbeamter darf ohne vorgängige Genehmigung der obersten Reichsbehörde ein Nebenamt oder eine Nebenbefckäftigung, mit welcher eine fortlaufende Remuneration ver­ bunden ist, übernehmen oder ein Gewerbe betreiben. Dieselbe Genehmigung ist zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den Vorstand, Derwaltungs- oder Auffichtsrat einer jeden auf Erwero gerichteten Gesellschaft erforderlich. Sie darf jedoch nicht erteilt werden, sofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit einer Remuneration verbunden ist. (2) Die erteilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich. (3) Auf Wahlkonsuln und einstweilen in den Ruhestand ver­ setzte Beamte finden diese Bestimmungen keine Anwendung. sTitel der ReichSbeamtens

§ 17.

Titel, Rang und Uniform der Reichsbeamten werden durch Verordnung des Reichspräsidenten bestimmt. sReisekosteu)

§ 18.

Die Höhe der den Reicksbeamten bei dienstlicher Beschäfti­ gung außerhalb ihres Wohnorts zustebenden Tagegelder und Fuhrkosten, imgleichen der Betrag der bei Versetzungen derselben zu vergütenden Umzugskosten wird durch eine im Einvernehmen mit dem Reichsrak*) zu erlasiende Verordnung des Reichs­ präsidenten geregelt.

(Hilfsweise Geltung des Laudesrechts.)

§1*. (1) Auf die Rechtsverhältnisse der aktiven und der aus dem Dienste geschiedenen Reichsbeamten, über welche nicht durch Reichsgesetz Bestimmung getroffen ist, finden diejenigen gesetz­ lichen Dorschristen Anwendung, welche an ihren Wohnorten für die aktiven beziehungsweise für die aus dem Dienste geschiedenen Staatsbeamten gelten. Für diejenigen Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb der Bundesstaaten sich befindet, kommen hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse vor deutschen Behörden die *) An die Stelle des Bundesrats ist gemäß Art. 179 RB. in Ver bindung mit § 3 des Übergangsgesetzes vom 4. März 1919 (oben Nr. bl) der Reichsrat getreten. Dementsprechend ist der Text im folgenden über all berichtigt.

[28

21. Neichtteamteu-esetz (1907).

gesetzlichen Bestimmungen ihres Heimatsstaats (§ 21) und in Er­ mangelung eines solchen die Vorschriften des preußischen Rechtes zur Anwendung. (2) Diejenigen Begünstigungen, welche nach der Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten den Hinterbliebenen der Staats­ beamten hinsichtlich der Besteuerung der aus Staatsfonds oder aus öffentlichen Versorgungskasien denselben gewährten Pen?Ionen, Unterstützungen oder sonstigen Zuwendungen zustehen, inden auch zugunsten der Hinterbliebenen von Reichsbeamten hinsichtlich der denselben aus Reichs- oder Staatsfonds oder aus öffentlichen Versorgungskasien zufliehenden gleichartigen Be­ züge Anwendung.

§20. Jmgleichen stehen bezüglich 1. der Mitwirkung bei der Siegelung des Rachlasies eines Reichsbeamten, 2. des Vorzugsrechts im Konkurse oder außerhalb desselben wegen der einem Reichsbeamten zur Last fallenden De­ fekte aus einer von demselben geführten Kasten- oder sonstigen Vermögensverwaltung dem Reiche beziehungsweise besten Behörden im Verhältnisie zu den Reichsbeamten dieselben Rechte zu, welche die am dienst­ lichen Wohnsitze des Reichsbeamten geltende Gesetzgebung des einzelnen Bundesstaats dem Staate beziehungsweise besten Be­ hörden den Staatsbeamten gegenüber gewährt.

§21. (1) Reichsbeamte, deren dienstlicher Wohnsitz sich im Aus­ lande befindet, behalten den ordentlichen oersönlichen Gerichts­ stand, welchen sie in ihrem Heimatsstaate hatten. In Ermange­ lung eines solchen Gerichtsstandes ist ihr ordentlicher persön­ licher Gerichtsstand in der Hauptstadt des Heimatsstaats und in Ermangelung eines Heimatsstaats vor dem Amtsgerichte BerlinMitte beziehungsweise dem Landgericht I zu Berlin begründet. Ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird das zuständige Gericht im Wege der Justizverwaltung durch all­ gemeine Anordnung bestimmt. (2) Auf Wahlkonsuln finden diese Bestimmungen keine An­ wendung.

§22. Befindet sich der dienstliche Wohnsitz des Beamten (§ 21) in einem Lande, in welchem Reichs-Konsulargerichtsbarkeit be­ steht, so wird durch die vorstehende Bestimmung nicht ausge-

17*

23]

23. ReichSbeamtengesetz (1907).

schloffen, daß der Beamte zugleich der Reichs-Konsulargerichtsbarkeit nach Maßgabe des Gesetzes vom 7. April 1900 (RGBl. 6. 213) unterliegt. in ein andere» Amt)

§ 23 1).

(1) Zeder Reichsbeamte muh sich die Versetzung in ein an­ deres Amt von nicht geringerem Range und planmäßigem Dientteinkommen unter Vergütung der vorschriftsmäßigen Umzuaskoften gefallen laffen, wenn es das dienstliche Bedürfnis erfordert. (2) Als eine Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzu­ sehen, wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird oder die Ortszulage oder endlich die Beziehung der für Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten fortfällt.

(Einstweilige Bersetzung in den Ruhestand.)

sSntbehrlich gewordene Beamte! § 24. Jeder Reichsbeamte kann unter Bewilligung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden, wenn das von ihm verwaltete Amt infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aufhört.

lpolittsche Beamte!

§ 25').

Außer dem im § 24 bezeichneten Falle können durch Ver­ fügung oes Reichspräsidenten die nachbenannten Beamten jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden: die Staatssekretäre, die Unter­ staatssekretäre'), Direktoren und Abteilungschefs in den dem Reichskanzler unmittelbar unterstellten obersten Reichsbehörden, in der Reichskanzlei und in den Ministerien, die vortragenden Räte und etatsmäßigen Hilfsarbeiter in der Reichskanzlei und im Auswärtigen Amte, die Militär- und Marine-Intendanten, die Reffortdirektoren für Schiffbau und die Reffortdirektoren für Maschinenbau in der Reichs-Marine, die Vorsteher der diploma­ tischen Missionen und der Konsulate sowie die Legationssekretäre.

*) Ads. 1 in der Fassung deS Art. 21 des G. v. 4. Aug. 1925. ’) § 85 in der Faffung deS Reichsministergesetzes v. 27. März 1930 (oben Nr. 19). ’) Die früheren Unterstaatssekretäre heißen heute Staatssekretäre.

21. Neich»bea«tea,esetz (1907). IBetrag deS WartegeldeSs

[28

§ 26*)•

(1) Das Wartegeld beträgt 80 vom Hundert des bei der Be­ rechnung des Ruhegehalts zugrunde zu legenden Dienfteinkommens. Hat der Beamte zur Zeit seiner einstweiligen Ver­ setzung in den Ruhestand eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von 25 Jahren noch nicht zurückgelegt, so wird das Wartegeld für jedes volle oder angefangene Jahr, das dem Beamten an der Dienstzeit von 25 Jahren fehlt, um je 2 vom Hundert des ruhe­ gehaltsfähigen Dienfteinkommens geringer bemessen. Das Warte­ geld betragt jedoch wenigstens 50 vom Hundert dieses Dienst­ einkommens. (2) Das Wartegeld beträgt in keinem Falle mehr als 80 vom Hundert des bei der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde au legenden Dienfteinkommens eines Beamten aus der letzten Dienstaltersftufe der Besoldungsgruppe XIII. Hat der Beamte indessen zur Zeit seiner einstweiligen Versetzung in den Ruhe­ stand bereits ein höheres Ruhegehalt erdient, so erhält er ein Wartegeld in Höhe des zu diesem Zeitpunkt erdienten Ruhe­ gehalts.

lZahlnng bet VartegeldeSj

§ 27 ’).

Die Zahlung des Wartegeldes erfolgt im voraus in der­ selben Weise, in welcher bis dahin die Zahlung des Gehalts Kattgefunden hat. Die Gehaltszahlung hort auf und die Zah­ lung des Wartegeldes beginnt mit dem Ablaufe des Viertel­ jahrs, welches auf den Monat folgt, in welchem dem Beamten die Entscheidung über seine einstweilige Versetzung in den Ruhe­ stand betanntgemacht worden ist. Som Zeitpunkte der einst­ weiligen Versetzung in den Ruhestand bis zum Beginne der Zahlung des Wartegeldes stehen dem Beamten die zur Be­ streitung von Dienftaufwandskosten gewährten Einkünfte nicht zu und von den zur Bestreitung von Repräsentationskoften ge­ währten kommen zwanzig vom Hundert in Abzug. l Übernahme eines andere« AmteSs

§ 28.

Die einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten find bei Verlust des Wartegeldes zur Annahme eines ihnen über­ tragenen Reichsamts, welches ihrer Berufsbildung entspricht, unter denselben Voraussetzungen verpflichtet, unter denen nach J) § 26 in der Fassung des Art. 11I der Personalabbauverordnung v. 27. Okt. 1923 und des Art. 2 d. G. v. 4. Aug. 1925. 2) § 27 in der Fassung des Art. 2 8 1 d. G. v. 4. Aug. 1925.

23]

23. Reich-beamten-esetz (1907).

8 23 ein Neichsbeamter die Versetzung in ein anderes Amt sich gefallen lassen mutz.

sAufhSre« des vezu-S des WartegeldeS)

§ 29.

Das Recht auf den Bezug des Wartegeldes hört auf: 1. wenn der Beamte im Reichsdienste mit einem dem früher von ihm bezogenen Diensteinkommen mindestens gleichen Diensteinkommen wieder angestellt wird, 2. wenn der Beamte das deutsche Zndigenat verliert, 3. wenn der Beamte ohne Genehmigung des Reichskanzlers',seinen Wohnsitz außerhalb der Bundesstaaten nimmt, 4. wenn der Beamte des Dienstes entlassen wird. sRuhe« deS Rechts auf Bezug von Wartegeldf

§ 30 *).

Das Recht auf den Bezug des Wartegeldes ruht, wenn und solange der einstweilig in den Ruhestand versetzte Beamte in­ folge einer Wiederanstellung oder Beschäftigung im Sinne des § 57 Nr. 2 ein Diensteinkommen bezieht, insoweit als der Be­ trag dieses neuen Diensteinkommens unter Hinzurechnung des Wartegeldes den Betrag des von dem Beamten vor der einst­ weiligen Versetzung in den Ruhestand bezogenen Dienstein­ kommens übersteigt. Riir die Berechnung des Diensteinkommens und des Wartegeldes gilt §57 Nr. 2, für den Zeitpunkt der Einziehung, Kürzung und Wiedergewährung des Wartegeldes § 60 entsprechend. (Suaveuvierteljahr bei «artestaubsbeamtenj

§ 81.

Nach dem Tode eines einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten erfolgt die Gewährung des Gnadenvierteljahrs vom Wartegeld an Die Hinterbliebenen nach den in den §§ 7 und 8 enthaltenen Grundsätzen. (Entlassung der ans Probe, Kündigung oder aus Widerruf angestellten Beamten.)

§32.

Die Entlassung der auf Probe, aus Kündigung oder sonst auf Widerruf angestellten Beamten erfolgt durch diejenige Be­ hörde, welche die Anstellung verfügt hat. Jetzt des Vorgesetzten Reichsministers (vgl. § 5 des Ubergangsgesetzes v. 4. März 1919 (RGBl. S. 285) in Verbindung mit Art. 179 RV. 2) § 30 in der Fassung des Art. 2 d. G. v. 18. Juni 1923.

23. «eichtteamtengefetz (1907).

[28

(Wiederanftellung Lusgeschie-euer Beamten.) §33.

Zur Wiederanstellung von Beamten, welche aus dem Reichs­ dienste freiwillig oder unfreiwillig ausgeschieden find, bedarf es der Genehmigung der obersten Reichsbehörde. (Pensionierung der Beamten, Anspruch ans Pension.) [voranssetzung für die Entsteh««deS Penston-ausprnchS) § 84.

Jeder Beamte, welcher sein Dienfteinkommen aus der Reichs­ kasse bezieht, erhält aus der letzteren eine lebenslängliche Pen­ sion, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren infolge eines körperlichen Gebrechens oder weKen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amts­ pflichten dauernd unfähig ist und deshalb in den Ruhestand ver­ setzt wird. [65 Jahre alte Veamtes

§ 34a.

Bei denjenigen aus dem Dienste scheidenden Beamten, welche das fünfundsechzrgfte Lebensjahr vollendet haben, ist eingetretene Dienstunfähigkeit nicht Vorbedingung des Anspruchs auf Pension. §85.

[Gestrichen durch § 27 I Z. 2 des Reichsministergesetzes v. 27. März 1930.] [Pensionierung bei vorzeitiger DienftunfShigkeits

§ 36.

Ist die Dienstunfähigkeit 34) die Folge einer Krankheit, Verwundung oder sonstigen Beschädigung, welche der Beamte bei Ausübung des Dienstes oder aus Veranlassung desselben ohne eigene Verschuldung sich zugezogen hat, so tritt die Pensions­ berechtigung auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein. [Pensionierung von widerruflich angestellten Beamtens

§ 37.

Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündi­ gung angestellten Beamten haben einen Anspruch auf Pension nach Maßgabe dieses Gesetzes nur dann, wenn sie eine in den Besoldungsetats aufgeführte Stelle bekleiden,' es kann ihnen jedoch, wenn sie eine solche Stelle nicht bekleiden, bei ihrer Ver­ setzung in den Ruhestand eine Pension bis auf Höhe der durch dieses Gesetz bestimmten Sätze bewilligt werden.

23]

LS. Rrichtteamtengesetz (1907).

(Reichsbeamte im Rebenamt) § 38. (1) Reichsbeamte, deren Zeit und Kräfte durch die ihnen übertragenen Geschäfte nur nebenbei in Anspruch genommen, oder welche ausdrücklich nur auf eine bestimmte Zeit oder für ein seiner Natur nach vorübergehendes Geschäft angenommen werden, erwerben keinen Anspruch auf eine Pension nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. (2) Darüber, ob eine Dienststellung eine solche ist, datz sie die Zeit und die Kräfte eines Beamten nur nebenbei in Anspruch nimmt, entscheidet bei der Dienstübertragung die dem Beamten vorgesetzte Dienstbehörde. (AuSuahmSweise Gewährung von Pension) § 39.

Wird nutzer dem im § 36 bezeichneten Falle ein Beamter vor Vollendung des zehnten Dienftjahrs dienstunfähig und des­ halb in den Ruhestand verseht, so kann demselben bei vor­ handener Bedürftigkeit durch Beschluh des Reichsrats eine Pension entweder auf bestimmte Zeit oder lebenslänglich be­ willigt werden. sAnspruch auf Umzu-Skoften) § 40. Hat der in den Ruhestand oder in den einstweiligen Ruhefiand versetzte Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz im Auslande, o sind demselben die Kosten des Umzugs nach dem innerhalb des Reichs von ihm gewählten Wohnorte zu gewähren.

(Betrag der Penston.)

Ml1). (1) Die Pension beträgt bei vollendeter zehnjähriger oder kürzerer Dienstzeit *7ioo und steigt nach vollendetem zehnten Dienftjahre mit jedem weiter zurückaelegten Dienstjahre bis zum vollendeten sünfundzwanzigsten Dienstjahre um ’/und von da ab um Vioo des in den §§ 42 bis 44 bestimmten Dienst­ einkommens. (2) über den Betrag von 8o/ioo dieses Einkommens hinaus findet eine Steigerung nicht statt. (3) In dem im § 39 erwähnten Falle beträgt die Pension höchstens S5/io9 des vorbezeichneten Diensteinkommens.

sverechuuug der Peuftouj § 42. (1) Der Berechnung der Penston wird das von dem Bemmten zuletzt bezogene gesamte Dienfteinkommen nach Matzgalbe der folgenden näheren Bestimmungen zugrunde gelegt: *) In der Fassung des Art. 2III d. G. v. 18. Juni 1923.

28. «eichttematenßesetz (1907).

[28

1. Der Wohnungsgeldzuschuß kommt nach den hierfür gelten­ den gesetzlichen Bestimmungen zur Anrechnung- ist im Reichshaushaltsetat für eine freie Dienstwohnung ein Wert ausdrücklich als -anrechnungsfähig bezeichnet, so kommt dieser zur Anrechnung. 2. Funktions-, Stellen-, Teuerung-- und andere Zulagen kommen, sofern im Haushaltsetat nicht etwas anderes bestimmt ist, dann zur Anrechnung, wenn fie unter den Besoldunastiteln ausgebracht find. 3. Weitere feststehende Bezüge, namentlich Feuerungs- und Erleuchtungsmaterial, Naturalbezüge an Getreide, Win­ terfutter und dergleichen, sowie der Ertrag von Dienst­ grundstücken, kommen nur insoweit zur Anrechnung, als ihr Wert im Reichshaushaltsetat unter den Besoldungs­ titeln auf die Geldbesoldung in Rechnung gestellt oder zu einem bestimmten Geldbetrag als anrechnungsfähig be­ zeichnet ist. 4. Bezüge, die ihrer Natur nach steigend und fallend find, werden nur, sofern fie als penstonsfähig gewährt oder im Reichshaushaltsetat bezeichnet find, zur Anrechnung ge­ bracht, und zwar nach den im Reichshaushaltsetat unter den Besoldungstiteln oder sonst bei Verleihung des Rechtes auf fie deshalb getroffenen Festsetzungen oder in Ermangelung solcher Festsetzungen nach ihrem durch­ schnittlichen Betrage während der drei letzten Recknunqstahre vor dem Rechnungsjahr, in welchem die Penfion festgesetzt wird. 5. Die zur Bestreitung von Dienftaufwands- und Repräsen­ tationskosten bestimmten Einkünfte sowie die Ortszulage der Auslandsbeamten kommen nicht zur Anrechnung. 6. Bloß zufällige Diensteinkünfte, wie widerrufliche Gewinn­ anteile, Auftraasgebühren, außerordentliche Remunera­ tionen und dergleichen kommen nicbt zur Anrechnung. (2) Die Pension für die einstweilen in den Ruhestand ver­ setzten Beamten wird von dem zur Zeit ihrer Verletzung in den Ruhestand bezogenen gesamten Dienfteinkommen berechnet.

5 48. Ein Beamter, welcher früher ein mit einem höheren Dienft­ einkommen verbundenes Amt bekleidet und dieses Einkommen wenigstens ein Jahr bezogen hat, erhält, sofern der Eintritt oder die Versetzung in ein Amt von geringerem Dienstein­ kommen nicht lediglich auf seinen im eigenen Interesse gestellten Antrag erfolgt oder aber als Strafe auf Grund des 8 75 gegen ihn verhängt ist, bei seiner Versetzung in den Ruhestand eine

23]

23. Reich-bemnten-esetz (1907).

nach Mahgabe des früheren höheren Diensteintommens unter Berücksichtigung der gesamten Dienstzeit berechnete Pension, jedoch soll die gesamte Pension das letzte pensionsberechtigte Diensteinkommen nicht übersteigen. INebenbezüge]

§ 44.

Das mit Nebenämtern oder Nebengeschästen verbundene Einkommen begründet nur dann einen Anspruch auf Pension, wenn eine etatsrnätzige Stelle als Nebenamt bleibend ver­ liehen ist. (Berechnung der Dienstzeit.) §45.

(1) Die Dienstzeit wird vom Tage der ersten eidlichen Ver­ pflichtung für den Reichsdienst an gerechnet. (2) Kann jedoch ein Beamter nachweisen, dah seine Ver­ eidigung erst nach seinem Eintritt in den Reichsdienst statt­ gefunden hat, so wird die Dienstzeit von dem letzteren Zeitpunkt an gerechnet. (3) Unberücksichtigt bleibt diejenige Zeit, in welcher der Beamte ohne bleibende Verleihung einer etatsmätzigen Stelle nur in der im § 38 angegebenen Weise beschäftigt gewesen ist. Die Zeit unentgeltlicher Beschäftigung wird nur insoweit berück­ sichtigt, als die Beschäftigung zur Erreichung eines mit einem Drensteinkommen aus der Reichskasse verbundenen Amtes be­ stimmt war. §4«.

(1) Bei Berechnung der Dienstzeit kommt auch die Zeit in Anrechnung, während welcher ein Beamter 1. unter Bezug von Wartegeld im einstweiligen Ruhestand, oder 2. im Dienste eines Bundesstaats oder der Regierung eines u einem Bundesstaate gehörenden Gebiets sich befunden löt, oder 3. als anstellungsberechtigte ehemalige Militärperson nur vorläufig oder auf Probe im Zivildienste des Reichs, eines Bundesstaats, oder der Regierung eines zu einem Bundes­ staate gehörenden Gebiets beschäftigt worden ist, oder 4. eine praktische Beschäftigung außerhalb des Dienstes des Reichs oder eines Bundesstaats ausübte, insofern und insoweit diese Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem Reichs- oder unmittelbaren Staatsamte behufs der technischen Ausbildung in den Prüfungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist.

J

28. »kich»»e««t»n,,setz te»,efttz (1907).

|Drb«*ngSfttefc*]

[23

§ 74').

(1) Ordnungsstrafen sind: 1. Warnung, 2. Verweis. 3. Geldstrafe, Lei besoldeten Beamten bis zur Hälfte des Betrags des dem Beamten zur Zeit der Bestrafung Anstehenden monatlichen Diensteinkommens, Lei unbesoldeten Be­ amten bis zu einem Achtel des monatlichen Dienfteinkommens, das einem aus der ersten Gehaltsstufe der Besoldungsgruppe X besoldeten Beamten zupeht. Unter Dienfteinkommen im Sinne dieser Vorschrift find bei planmäßigen Beamten das Grundgehalt nebst dem all­ gemeinen Teuerungszufchlage hierzu, bei außerplan­ mäßigen Beamten die Diäten nebst dem allgemeinen Teuerungszufchlage hierzu zu verstehen. (2) Geldstrafe kann mit Verweis verbunden werden.

lSntferrmug aus de« Amtel

§ 75*).

(1) Die Entfernung aus dem Amte kann bestehen: 1. In Strafversetzung. Dieselbe erfolgt durch Versetzung in ein anderes Amt von gleichem Range, jedoch mit Verminderung des Diensteinkommens um höchstens ein Fünftel. Statt der Verminderung des Dienst­ einkommens kann eine Geldstrafe verhängt werden, welche das Doppelte des monatlichen Diensteinkommens (§ 74 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2) nicht übersteigt. Die Strafversetzung wird durch die oberste Reichsbehörde in Ausführung gebracht. 2. Zn Dienstentlassung. Dieselbe hat den Verlust des Titels und Penfionsanspruchs von Rechts wegen zur Folge. Hat vor Beendigung des Diszipli­ narverfahrens das Amtsverhältnis bereits aufgehört, so wird, falls nicht der Angefchuldigte unter Übernahme der Kosten frei­ willig auf Titel und Penfionsanspruch verzichtet, auf deren Ver­ lust an Stelle der Dienstentlasiung erkannt. Ist gegen einen Reichsbeamten zu dem Zeitpunkt, in dem er auf Grund der Vorschriften des 8 60 a in den Ruhestand tritt, ein förmliches Disziplinarverfahren anhängig, so kann dieses

Ziff. 3 in der Faffung d. G. v. 16. Mai 1923. 2) Ziff. 1 in der Faffung d. G. v. 16. Mai 1923. Ziff. 2 in der Fassung des Art. 1 VIII der Personalabbauverovdnung v. 27. Oft. 1923

28]

23. «eichlteamtrn-efetz (1907).

mit dem Ziele der Aberkennung des Ruhegehalts und der Amts­ bezeichnung fortgeführt werden. Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch auf Pension haben, und lassen besondere Umstände eine mildere Beurteilung zu, so ist die Disziplinarbehörde er­ mächtigt, in ihrer Entscherduna zugleich festzusetzen, baß dem Angeschuloigten ein Teil des gesetzlichen Penfionsbetrags auf Le­ benszeit oder auf gewisse Jahre zu belassen sei.

(Strafmaß!

§ 761).

(1) Welche der in den §§ 73 bis 75 bestimmten Strafen an­ zuwenden sei, ist nach der größeren oder geringeren Erheblich­ keit des Dienstvergehens mit besonderer Rücksicht auf die gesamte Führung des Angeschuldigten zu ermessen. (2) Liegt ein Vergehen gegen § 10 a Abs. 2 und 3 im Rück­ fall vor, so ist auf Dienstentlassuna zu erkennen. (Strafverfahren und Disziplinarverfahren.)

§77.

(1) Im Lause einer gerichtlichen Untersuchung darf gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der näm­ lichen Tatsachen nicht einaeleitet werden. (2) Wenn im Laufe eines Disziplinarverfahrens wegen der nämlicken Tatsachen eine gerichtliche Untersuchung gegen den Angoschuldigten eröffnet wird, so muß das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden.

§78.

(1) Wenn von den gewöhnlichen Strafgerichten auf Frei­ sprechung erkannt ist. so findet wegen derjenigen Tatsachen, welche in der gerichtlichen Untersuchung zur Erörterung gekom­ men find, ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt, als dieselben an sich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestände der strafbaren Handlung, welche den Gegenstand der Untersuchung bildete, ein Dienstvergehen enthalten. (2) Ist in einer gerichtlichen Untersuchung eine Verurteilung ergangen, welche den Verlust des Amtes nicht zur Folge ge­ habt hat, so bleibt derjenigen Behörde, welch« über die Einlei­ tung des Disziplinarverfahrens zu verfügen hat (§ 84 Abs. 1), die Entscheidung darüber vorbehalten, ob außerdem ein Diszi­ plinarverfahren einzuleiten oder fortzusetzen sei. *) Abs. 2 d«S § 76 eingefügt durch Art. ID der G. v. 21. Juli 1922.

28. GeichObe»»te»,esetz (1907).

[6*«b«e0tt|o# bei $ieeftlwt|. 16. Mai 1923.

28]

28. AelchSdeomtenßesttz (1907).

(Rechtsmittel gtftt« Orduuu-Sstrafens

e oo § 88.

Gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen findet nur Be­ schwerde im Jnstanzenzuge statt. lErttserurmg aus de» Amtes

§ 84.

(1) Der Entfernung aus dem Amte muh ein förmliches Disziplinarverfahren vorhergehen. Die Einleitung desselben wird von der obersten Reichsbehörde verfügt. (2) Das Disziplinarverfahren besteht in einer schriftlichen Voruntersuchung und einer mündlichen Verhandlung. sUuterfuchuugSkommiffar nil Staatsanwalts

§ 85.

(1) Die oberste Reichsbehörde ernennt den untersuchungs­ führenden Beamten und diejenigen Beamten, welche im Laufe des Disziplinarverfahrens die Verrichtungen der Staatsanwalt­ schaft wahrzunehmen haben. (2) Zst Gefahr im Verzüge, so kann die Verfügung der Ein­ leitung des Disziplinarverfahrens und die Ernennung des unter­ suchungsführenden Beamten vorläufig von einer der im § 81 unter Nr. 2 bezeichneten Behörden oder einem der dort bezeich­ neten Beamten ausgehen. Es ist alsdann die Genehmigung der obersten Reichsbehörde einzuholen und, sofern diese versagt wird, das verfahren einzustellen. (Disziplinarbehörden.) 8 8*1).

Die entscheidenden Disziplinarbehörden, welche je nach Be­ dürfnis zusammentreten, find 1. in erster Instanz die Disziplinarkammern, 2. in zweiter Instanz der Disziplinarhof. §87.

(1) An folgenden Orten: Potsdam, Frankfurt a. O., Königsberg, sDanzig,s Stettin, Köslin, IBromberg, Posen,) Magdeburg, Erfurt, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Münster, (Arnsberg,]*) Düsseldorf, Köln, *) Die Disziplinarbehörden heißen jetzt gemäß Bekanntmachung vom 23. Juni 1919 (RGBl. S. 582) „ReichSdisziplinarkammern" und „ReichSdisziplinarhof". 2) Die Disziplinarkammer in Arnsberg ist nach Dortmund verlegt worden. (Siehe BO. v. 27. Sept. 1922 (RGBl. I S. 759].)

28. Meich-druvtnr-esetz (1907).

L23

Trier, Darmstadt, Frankfurt a. M., Cassel, Hannover, Schleswig, Leipzig, Karlsruhe, Schwerin, Lübeck und Bremen wird je eine Disziplinarkammer errichtet. (2) Durch Anordnung des Reichspräkdenten können im Ein­ vernehmen mit dem Reichsrat einzelne Drsziplinarkammern auch an anderen Orten errichtet oder nach anderen Orten verlegt werdens. (3) Der Disziplinarhof tritt am Sitze des Reichsgerichts zu­ sammen. §88. (1) Die Bezirke der Disziplinarkammern werden vom Reichs­ präsidenten im Einvernehmen mit dem Reichsrat abgegrenzt. (2) Zuständig im einzelnen Falle ist die Disziplinarkammer, in deren Bezirke der AngesHuldigte zur Zeit der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz bat, und wenn dieser Wohnsitz im Auslande sich befindet, die Disziplinarkammer in Potsdam. (8) Streitigkeiten über die Zuständigkeit verschiedener Disziplinarkammern werden vom Disziplinarhof entschieden.

IZ«la»«e»fet»»gder DisriplivarkLMmervs

§ 89').

(1) Jede Disziplinarkammer besteht aus sieben Mitgliedern. (2) Der Präsident und wenigstens zwei andere Mitglieder

müssen in richterlicher Stellung im Reiche oder in einem Lande sein. Für den Präsidenten und jedes Mitglied find Stellver­ treter zu ernennen. Die übrigen Mitglieder werden aus dem Beamtenftand entnommen. (8) Die Disziplinarkammern entscheiden in einer Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Dorfitzenden. Der Vor­ sitzende und wenigstens ein Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. (4) Auf das Verfahren sind die Gerichtsferien der ordent­ lichen Gerichte ohne Einfluß. lvefav-enheitvo« Dis-iplivarrichtervj

§ 90.

Wenn auf den Antrag des Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Angefchuldigten der Disziplinarhof das Vorhandensein von Gründen anerkennt, welche die Unbefangenheit der zustän­ digen Disziplinarkammer zweifelhaft machen, so tritt eine andere *) § 87 Absatz 2 in der Fassung des G. v. 21. Juli 1922. 2) § 89 in der Fassung d. G. v. 21. Juli 1922 Art. I F.

28. Xei^neamttngeleM (1907).

28]

durch den Disziplinarhof ernannte Disziplinarkammer an deren Stelle. jZus«a»e»setz«,ß M § M1). Disripliaarh-ss] (1) Der Diszivlinarhof besteht aus elf Mitgliedern. (2) Der Präfioent und zwei Mitglieder müssen zu den Mit­ gliedern des ReiLsgerichts gehören. Zwei weitere Mitglieder müssen Bevollmächtigte zum Reichsrat sein. Die übrigen Mit­ glieder werden aus dem Beamtenstand entnommen, Für jedes Mitglied sind vier Stellvertreter zu ernennen. (3) Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch sieben Mitglieder. Der Vorsitzende und wenigstens ein Mitglied müssen zu den richter­ lichen Mitgliedern gehören. sGeschLstSordmmg der Diszipliaarbehörde«!

§ 92.

Die Geschäftsordnung bei den Disziplinarbehörden, insbe­ sondere die Befugnisse des Präsidenten und die Reihenfolge, in welcher die richterlichen Mitglieder an den einzelnen Sitzungen teilzunehmen haben, wird durch ein Regulativ geordnet, welches der Disziplinarhof zu entwerfen und oem Rerchsrate zur Be­ stätigung einzureichen hat. der DifzipNaarrichter]

§ 932).

(1) Die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Diszi­ plinarhofs werden für die Dauer von drei Jahren vom Reichs­ präsidenten ernannt, die richterlichen Mitglieder und die des Reichsrats nach Anhörung des Reichsrats. (2) Die Amtsdauer der g^enwärtigen Mitglieder der Disziplinarkammern und des Difziplinarhofs findet mit dem 31. August 1922 ihr Ende.

(verfahren in der vornntersnchnng.) jSadung des Angeschnldiglen]

§ 94.

(1) In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und der Be­ amte der Staatsanwaltschaft zugezogen. Dieselben werden, wenn sie erscheinen, mit ihren Erklärungen und Anträgen ge­ hört. Die Zeugen werden, nach Befinden eidlich, vernommen *) § 91 neugefaht durch Art. I d. G. v. 21. Juli 1922. 2) 93 in der Fassung des Art. I d. G. v. 21. Juli 1922.

28. Wei^teeMheetltl (1807).

[28

und die sonstigen Beweise erhoben. Den Vernehmungen der Zeugen darf weder der Beamte der Staatsanwaltschaft noch der Angeschuldigte beiwohnen. (2) Die Verhaftung, vorläufige Festnahme oder Vorführung des Angeschuldigten ist unzulässig.

NntliMtkbltb«l

§ 108.

(1) Bei der Entscheidung hat die Disjsiplinarkammer, ohne an positive Beweisregeln gebunden zu fern, nach ihrer freien, aus dem Inbegriffe der Berhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten. (2) Ist die Anschuldigung nicht begründet, so spricht die Disztolinarkammer den Ängeschuldigten stet, vorläufige Frei­ sprechung (Entbindung von der Instanz) ist nicht statthaft. Ge­ gen den freDesprochenen Angeschuldigten darf wegen der näm­ lichen den Gegenstand der Anschuldigung bildenden Handlung ein Disziplinarverfahren nicht wieder etngelettet werden. (3) Ist die Anschuldigung begründet, so kann die Ent­ scheidung auch auf eine blotze Ordnungsstrafe lauten. (4) Die Entscheidung, welche mit Gründen versehen sein mutz, wird in der Sitzung, in welcher die mündliche Derhandlung beendtat worden ist, und spätesten» innerhalb der darauf folgen­ den vierzehn Tage verkündet. Eine Ausfertigung der Ent­ scheidung wird dem Ängeschuldigten erteilt. IPr»t»i»llier»»i der §109. «»»bliche» verhmrbl»»»! Über die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll auf?enommen, welches die Namen der Anwesenden und die wesentichen Momente der Verhandlung enthalten muß. Das Protokoll wird von dem Vorfitzenden und dem Protokollführer unter­ zeichnet.

23. «eichtteamtengefetz (1007).

sRecht-mittel gegen die Entscheidung -er DisripNnarkmn«eru)

[28

§ 110.

(1) Gegen die Entscheidung der Disziolinarkammer steht die Berufung an den Disziplinarhof sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft als dem Angefchuldigten offen. (2) Neue Tatsachen, welche die Grundlage einer anderen Beschuldigung bilden, dürfen in der Berufungsinstanz nicht vor­ gebracht werben. l«nmel-nng -er vernfnngs

§ 111.

(1) Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schriftlich bei der Dihiplinarkammer, welche die anzugreifende Entscheidung erlassen hat. Bon feiten des Angeschuldigten kann sie auch durch einen Bevollmächtigten geschehen. (2) Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchentliche. Sie beginnt Wr den Beamten der Staatsanwaltschaft mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Entscheidung verkündet, für den AngZchuldiyten mit dem Abläufe des Tages, an welchem ihm die Ausfertigung der Entscheidung zugestellt worden ist. sRechtferttgnng -er vernfnngs

§ 112.

Zur schriftlichen Rechtfertigung der Berufung steht dem­ jenigen, der dieselbe rechtzeitig angemeldet hat, eine vierzehn­ tägige Frist, vom Abläufe der Lnmeldungsfrist gerechnet, offen. IMitteilnng an -en Gegners

§ 113.

(1) Die Anmeldung der Berufung und die etwa einge­ gangene Berufungsschrift wird dem Gegner in Abschrift zu­ gestellt, und falls dies der Beamte der Staatsanwaltschaft ist, in Urschrift vorgelegt. (2) Innerhalb vierzehn Tagen nach erfolgter Zustellung oder Vorlegung kann der Gegner eine Beantwortungsschrift ein­ reichen. jAngeschul-igte i« Anslan-s § 114.

Befindet sich der Angeschuldigte im Auslande, so hat die Disziplinarkammer die Fristen zur Anmeldung und Rechtferti­ gung seiner Berufung und zur Beantwortung der Berufung des Beamten der Staatsanwaltschaft mit Rücksicht auf die Ent­ fernung des dienstlichen Wohnsitzes des Angefchuldigten von Amts wegen zu erweitern und die betreffende Verfügung gleich­ zeitig mit dem Urteil beziehungsweise mit der Anmeldung der Berufung des Beamten der Staatsanwaltschaft dem Angeschul­ digten zuzustellen.

28. «rich-hemeteegesrtz (1907).

28]

§115. Die Fristen zur Rechtfertigung und Beantwortung der Be­ rufung (§§ 112 bis 114) können auf Antrag von der Disziplinarkammer verlängert werden.

^Verfahren der de« Disripliearhof)

§ 116.

(1) Nack Ablauf der in den §§ 113 bis 115 bestimmten Fristen werben die Akten an den Disziplinarhof eingesandt. (2) Der Disziplinarhof kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er bestimmt sodann eine Sitzung zur mündlichen Verhandlung, zu welcher der Angoschuldigte vorzuladen und der Beamte der Staatsanwaltschaft zuzuziehen ist. (3) In der mündlichen Verhandlung gibt zunächst ein von dem Vorsitzenden des Disziplinarhofs aus der Zahl seiner Mit­ glieder ernannter Berichterstatter eine Darstellung der bis dabin stattgefundenen, auf die in der Anschuldigunasschrift ent­ haltenen Anschuldigungspunkte bezüglichen Verhandlungen. (4) Im übrigen wird nach Maßgabe der in den 8 101 Abs. 2, § 102, § 103, § 104 Abs. 2 und 3, § 105, § 106, § 107 Abs. 1, § 108 und 8 109 enthaltenen Bestimmungen verfahren.

§117. Ein anderes Rechtsmittel als die Berufung, insbesondere auch das Rechtsmittel des Einsvruchs (Opposition oder Resti­ tution) findet im Disziplinarverfahren nicht statt.

sBe-uabiguug)

§ 118.

Der Reichspräsident hat das Recht, die von den Disziplinar­ behörden verhängten Strafen zu erlassen oder zu mildern.

l«ea«te he Ruhestand,

§ 119.

(1) Die Vorschriften der 88 84 bis 118 gelten auch in An­ sehung der einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten. (2) Der letzte dienstliche Wohnsitz derselben ist für die Zu­ ständigkeit im Disziplinarverfahren entscheidend. (Besondere Vestimmueaen in betreff der Beamten der Militärverwaltung.)

(Die GZ 120—122 sind aufgehoben durch das Wehrgesetz vom 23. Mär; 1921 (RGBl. S. 329)1

28. fteÜHIeurtragel'l (l»07). [RilitSr»«a»t«I

[28

§ 128.

Gegen Militärbeamte kommen in betreff der Verfügung von Disziplinarstrafen, die nicht in der Entfernung aus dem Amte bestehen, die auf jene Beamten bezüglichen besonderen Bestimmungen zur Anwendung. Dasselbe gilt von der Amtssuspenston aller Beamten der Militärverwaltung im Falle des Krieges.

(Koste, de» Disziplinarverfahrens.)

8124. (1) Für das Disziplinarverfahren werden weder Gebühren noch Stempel, sondern nur bar« Auslagen in Ansatz gebracht. (2) Insoweit im förmlichen Disziplinarverfahren (§ 84) der AngeschuldAte verurteilt wird, ist er schuldig, die baren Aus­ lagen des Verfahrens ganz oder teilweise zu erstatten, über die Erstattungspflicht entscheidet das Disziplinarerkenntnis. (Vorläufige Dieustrnthebuug.)

IBsrliufit« Dieufteatheduag traft QkfcKij

§ 125.

Die vorläufige Dienstenthebung eines Reichsbeamten (Sus­ pension vom Amte) tritt kraft des Gesetzes ein: 1. wenn im gerichtlichen Strafverfahren feine Verhaftung beschlossen oder gegen ihn ein noch nicht rechtskräftig Sewordenes Urteil erlassen ist, welches den Verlust des lmtes kraft des Gesetzes nach sich zieht; 2. wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechts­ kräftige Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstent­ lassung lautet. > Dauer der vorläufige« Dienstenthebung!

§ 126.

(1) Im Falle des § 125 Nr. 1 dauert die Suspension bis zum Ablaufe des zehnten Tages nach Wiederaufhebung des Verhaftungsbeschlusses oder nach eingetretener Rechtskraft des­ jenigen Urteils höherer Instanz, durch welches der angefchuldigte Beamte zu einer anderen Strafe als der bezeichneten verurteilt wird. (2) Lautet das rechtskräftige Urteil auf Freiheitsstrafe, so dauert die Suspension, bis das Urteil vollstreckt ist. Wird die Vollstreckung des Urteils ohne Schuld des verurteilten auf­ gehalten oder unterbrochen, so tritt für die Zeit des Aufenthalts oder der Unterbrechung eine Gehaltskürzung (8 128) nicht ein.

28]

23. «eichSbe-Mtengefetz (1907).

Dasselbe gilt für die im ersten Absätze dieses Paragraphen er­ wähnte Zeit von zehn Tagen, wenn nicht vor Ablauf derselben die Suspension vom Amte im Wege des Disziplinarverfahrens beschlosien wird. (3) Im Falle des § 125 Nr. 2 dauert die Suspension bis zur Rechtskraft der in der Disziplinarsache ergehenden Entscheidung. sBorlausige Dienstenthebung auf AnOrbnungs

§ 127.

Die oberste Reichsbehörde kann die Suspension, sobald gegen den Beamten ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet oder die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens (§ 84) verfügt wird, odet auch demnächst im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung verfügen. sWirkuag brr vorläufige« Dieusteuthebuugs

§ 128.

(1) Während der Suspension des Beamten wird vom Ab­ laufe des Monats ab, in welchem dieselbe verfügt ist, die Hälfte seines Dienfteinkommens innebehalten. (2) In Fällen der Not des Beamten ist die oberste Reichs­ behörde ermächtigt, die Jnnebehaltung des Dienfteinkommens auf den vierten Teil desselben zu beschränken. (3) Auf die für Dienstunkosten besonders angesetzten Beträge ist bei Berechnung des innezuhaltenden Teiles vom Diensteinkommen keine RüeMcht zu nehmen. (4) Der innebeoaltene Teil des Diensteinkommens ist zu den Kosten, welche durch die Stellvertretung des Angeschuldigten verursacht werden, der etwaige RH zu den Untersuchungskosten (§ 124) zu verwenden. Einen weiteren Beitrag zu den Stell­ vertretungskosten zu leisten, ist der Beamte nicht verpflichtet.

312». (1) Der zu den Kosten (8 128) nicht verwendete Teil des Einkommens wird dem Beamten auch in dem Falle nachgezahlt, wo das Verfahren die Entfernung aus dem Amte zur Folge gehabt hat. (2) Dem Beamten ist auf Verlangen ein Nachweis über die Verwendung zu erteilen. Erinnerungen gegen die Verwendung können im Rechtswege nicht geltend gemacht werden.

§180. (1) Wird der Beamte freigesprochen, so mutz ihm der inne­ behaltene Teil des Dienfteinkommens vollständig nachgezahlt werden.

[28

28. NeichSbeamtengesktz (1907).

(2) Wird er nur mit einer Ordnungsstrafe belegt, so ist ihm der innebehaltene Teil insoweit nachzuzahlen, als derselbe nicht zur Deckung der ihn treffenden Untersuchungskoften und der Ordnungsstrafe erforderlich ist. Ein Abzug wegen der Stell­ vertretungsrosten findet nicht statt. svorlSufige Unters»-»«- der Ausübung der Amt-verrichtun-enI § 131. (1) Wenn Gefahr im Verzug ist, kann einem Beamten auch von solchen Vorgesetzten, die seine Suspension zu verfugen nicht ermächtigt find, die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagt werden- es ist aber darüber sofort an die oberste Reichsbehörde zu berichten. (2) Diese Untersagung hat eine Kürzung des Dienstein­ kommens nicht zur Folge. IWartest»»dAbea»teI

§ 132.

(1) Dem unter Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten wird ein Viertel des Wartegeldes innebehalten, wenn im Disziplinar­ verfahren eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet. (2) Wegen der Nachzahlung des innebehaltenen Teiles vom Wartegelde kommen die Grundsätze der §§ 129 und 130 zur An­ wendung. (Formvorschriste«) § 133. (1) Alle nach den Bestimmungen der §§ 61 bis 132 erfolgen­ den Aufforderungen, Mitteilungen, Zustellungen und Vor­ ladungen sind güttig und bewirken den Lauf der Fristen, wenn .sie unter Beobachtung der für gerichtliche Insinuation in Straf­ sachen vorgeschriebenen Formen demjenigen, an den sie ergehen, zugestellt sind. Die vereideten Verwaltungsbeamten haben dabei den Glauben der Gerichtsboten. (2) Hat der Angeschuldigte seinen dienstlichen Wohnsitz ver­ lassen, ohne dah seine vorgesetzte Behörde Kenntnis von seinem Aufenthalte hat, so erfolgt die Insinuation in der letzten Woh­ nung des Angeschuldigten an dem dienstlichen Wohnorte des­ selben.

(Besondere Bestimmungen über die Defekte der Beamten.) (Feststell«»- der Defektes § 134. Die Feststellung der Defekte an öffentlichem oder Privat­ vermögen, welche bei Reichskassen oder anderen ReichsverwalBühle:, Staatsrecht.

19

28]

28. NeichSbeamten,esetz'(lS«7f.

Lungen entdeckt werden, ist zunächst von derjenigen Behörde zu bewirken, zu deren Geschäftskreise die unmittelbare Aufsicht über die Kaste oder andere Verwaltung gehört. ^Haftung von ReichSbeamteus

§ 135.

Von dieser Behörde ist zugleich festzustellen, ob ein Reichs­ beamter und eintretenden Falles welcher Beamte nach den Vorschriften des § 141 für den Defekt zu haften hat, und bei einem Defekt an Materialien, auf wie hoch die zu erstattende Summe in Gelde zu berechnen ist.

§136. Ebenso (§§ 134 und 135) hat die unmittelbar vorgesetzte Behörde die Defekte an solchem öffentlichen oder Privatvermögen festzustellen, welches, ohne zu einer Reichskasse oder anderen Reichsverwaltung gebracht zu sein, vermöge besonderer amtlicher Anordnung in den Gewahrsam eines Reichsbeamten ge­ kommen ist.

^Inhalt des DefektenbefchlufieSs § 137. Uber den Betrag des Defekts, die Person des zum Ersätze verpflichteten Beamten und den Grund seiner Verpflichtung ist von der in den §§ 134 und 135 bezeichneten Behörde ein moti­ vierter Beschluh ad-ufass en.

[Äfeffune mehrerer §138. Nach Befinden der Umstände kann die Behörde auch mehrere Beschlüsie abfassen, wenn ein Teil des Defekts sofort klar ist, der andere Teil aber noch weitere Ermittlungen notwendig macht, imgleichen, wenn unter mehreren Personen die Verpflich­ tung der einen feststeht, die der anderen noch zweifelhaft ist.

lvollftreckbarkeit v. veschlüfles

§ 139.

(1) Hat die Behörde die Eigenschaft einer höheren Reichs­ behörde, so ist der Beschluh nach Mahgabe der 88 143 und 144 vollstreckbar. (2) In allen anderen Fällen unterliegt der Beschluh der Prüfung der vorgesetzten höheren Reichsbehörde und wird erst nach deren Genehmigung vollstreckbar. (3) Von dem Beschluh ist der obersten Reichsbehörde unver­ züglich Kenntnis zu geben. (4) Der obersten Reichsbehörde bleibt in allen Fällen unbe­ nommen, einzuschreiten und den Beschluh selbst abzufasien oder zu berichtigen.

LS. XeichSdeamtenzesetz (1907).

IVollstreck»«-r-»»d Sicherheit-maßregelus

s28

§ 140.

(1) Zn dem abzufassenden Beschluß ist zugleich zu bestimmen, welche Vollftreckungs- oder Sicherheitsmaßregeln behufs des Ersatzes des Defekts ju ergreifen find. (2) Für diese Maßregeln find die Gesetze des Bundesstaats, in welchem dieselben erfolgen, entscheidend. >U»mtttel-«e verpflicht»»z»r» Ersatz)

§ 141.

(1) Der abzufassende Beschluß kann auf die unmittelbare Verpflichtung zum Ersätze des Defekts gerichtet werden: 1. gegen jeden Beamten, welcher der Unterschlagung als Täter oder Teilnehmer nach der Überzeugung der Reichsbehörde überführt ist2. a) gegen diejenigen Beamten, welchen die Kaste usw. zur Verwaltung übergeben war, und zwar auf Höhe des ganzen Defekts, b) gegen jeden anderen Beamten, der an der Einnahme oder Ausgabe, der Erhebung, der Ablieferung oder dem Transporte von Kassengeldern oder anderen Gegen­ ständen vermöge seiner dienstlichen Stellung teilzu­ nehmen hatte, zedoch nur auf Höhe des in seinen Ge­ wahrsam gekommenen Betrags, sofern der Defekt nach der Überzeugung der Reichsbehörde durch grobes Versehen entstanden ist. (2) Eben dies gilt gegen die im 8 136 genannten Beamten in den daselbst bezeichneten Fällen. lAmt-kautiorr im Defekteuverfahreas

§ 142.

Sind Beamte, gegen welche die zwangsweise Einziehung des Defekts beschlossen wird, in der Verwaltung ihres Amtes, wofür fie eine Amtskaution gestellt haben, belasten worden, so haben dieselben wegen ErsaKes des Defekts anderweite Sicherheit zu leisten. Erfolgt die SiHerstellung nicht, so findet die Zwangs­ vollstreckung zunächst nicht in die Kaution, sondern in das übrige Vermögen statt.

lvehSrdeir ,»r vOÜziehunM VeschlufieSj

§ 143.

(1) Die Verwaltungsbehörde ersucht die zuständigen Ge­ richte, Dollftreckunasbeamten oder Hypothekenbehörden um Vollziehung des Beschlusses. (2) Diese find, ohne auf eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses einzugehen, verpflichtet, wenn sonst kein Anstand 1 19*

23]

28. ReichSbeamten-esetz (1607).

obwaltet, schleunig, ohne vorgängiges Zahlungsmandat, die Zwangsvollstreckung auszuführen, die Beschlagnahme der zur Deckung des Defekts erforderlichen Vermögensstücke zu verfügen und die in Antrag gebrachten Eintragungen im Hypothekenbuche zu veranlassen.

sRechtSmittel gegen einen DefektenbeschlnbI § 144. (1) Gegen den Beschluß, wodurch ein Beamter zur Erstattung eines Defekts für verpflichtet erklärt wird (§§ 137 und 140), steht demselben sowohl hinsichtlich des Betrags, als hinsichtlich der Ersatzverbindlichkeit auher der Beschwerde im Jnftanzenzuge der Rechtsweg zu. (2) Die Frist zur Beschreitung des Rechtswegs beträgt ein Jahr, ist eine Äusschluhfrist und beginnt mit dem Tage der dem Beamten geschehenen Bekanntmachung des vollstreckbaren Beschlusses, oder wenn der Beamte an seinem Wohnorte nicht zu treffen ist, mit dem Tage des abgefahten Beschlusses. (3) In dem auf die Klage des Beamten entstandenen Rechts­ streite hat das Gericht über die Wahrheit der tatsächlichen Be­ hauptungen der Parteien nach seiner freien aus dem Inbegriffe der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu entscheiden. (4) Ob einer Partei über die Wahrheit oder Unwahrheit einer tatsächlichen Behauptung noch ein Eid aufzuerlegen, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. (5) In der wegen des Defekts etwa eingeleiteten Unter­ suchung bleiben dem Beamten, insofern es auf die Bestrafung anrommt. seine Einreden gegen den abgefahten Beschluß auch nach Ablauf des Jahres, wenngleich sie im Zivilprozesfe nicht mehr geltend gemacht werden können, Vorbehalten.

lAntraG anf SinfteLnn- der Zwan-SdOllstreckUAgl

§ 145.

Das Gericht hat auf Antrag des Beamten darüber Beschluß zu fassen, ob die Zwangsvollstreckung fortzusetzen oder einstweilen einzustellen sei. Die einstweilige Einstellung erfolgt, wenn der Beamte glaubhaft macht, daß die Fortsetzung der Zwangsvoll­ streckung für ihn einen schwer ersetzlichen Nachteil zur Folge haben würde. Das Gericht ist jedoch verpflichtet, falls es die Einstellung der Zwangsvollstreckung verordnet, an Stelle der­ selben aus Antrag der verklagten Reichsbehörde die erforder­ lichen Sicherheitsmahregeln beyufs des Ersatzes des Defekts her­ beizuführen.

23. «eichbbramteugesetz (1907). sBeschlaguahme b. vermögeuber bett, Beamte»)

[28

§ 146.

(1) Wenn eine nahe und dringende Gefahr vorhanden ist, daß ein Beamter, gegen welchen die Zwangsvollstreckung zulässig ist (§ 141), sich auf flüchtigen Fuß setzen oder sein Vermögen der Verwendung zum Ersätze des Defekts entziehen werde, so kann die unmittelbar vorgesetzte Behörde, auch wenn sie nicht die Eigenschaft einer höheren Reichsbehörde hat, oder der unmittel­ bar vorgesetzte Beamte das abzugsfähige Gehalt (8 19 Nr. 1) und nötigenfalls das übrige bewegliche Vermögen des im Eingänge bezeichneten Beamten vorlausig in Beschlag nehmen. (2) Der vorgesetzten höheren Reichsbehörde ist ungesäumt Anzeige davon zu machen und deren Genehmigung einzuholen. ^Aufhebung b. Beschlagnahme)

§ 147.

(1) Ist von den vorgesetzten Behörden oder Beamten gemäß 8 146 eine Beschlagnahme erfolgt, so hat das Gericht, in dessen Bezirke die Beschlagnahme stattgefunden hat, auf Antrag des von derselben betroffenen Beamten anzuordnen, daß binnen einer zu bestimmenden Frist der in den 88 137 und 140 vor­ gesehene Beschluß beizubringen sei. (2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf weiteren Antrag des Beamten die Beschlagnahme sofort auf­ zuheben,' andernfalls kommen die Bestimmungen des 8 144 zur Anwendung. sKoste» b. Desekteaverfahreu-I

§ 148.

Für das Defektenverfahren im Verwaltungswege werden Gebühren und Stempel nicht berechnet. (Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche.)

§149.

Über vermügensrechtliche Ansprüche der Reichsbeamten aus ihrem Dienstverhältnis, insbesondere über Ansprüche auf Be­ soldung, Wartegeld oder Pension, sowie über die den Hinter­ bliebenen der Reichsbeamten gesetzlich gewährten Rechtsan­ sprüche auf Bewilligungen findet mit folgenden Maßgaben der Rechtsweg statt. svorau-setzuug für bie Klage)

§ 150.

(1) Die Entscheidung der obersten Reichsbehörde muß der Klage vorhergehen und letztere sodann bei Verlust des Klage­ rechts innerhalb sechs Monaten, nachdem dem Beteiligten die Entscheidung jener Behörde bekanntgemacht worden, ange­ bracht werden.

23]

28. ReichSdemntengesetz (1007).

(2) Zn den Fällen, in welchen gemäß § 54 die höhere Reichs­ behörde Entscheidung getroffen hat, tritt der Verlust des Klage­ rechts auch dann ein, wenn nicht von dem Beteiligten gegen diese Entscheidung binnen gleicher Frist die Beschwerde an die oberste Reichsbehöroe erhoben ist. sBertretrmg des ReichSsiskusj § 151. (1) Der Reichsfiskus wird durch die höhere Reichsbehörde, unter welcher der Reichsbeamte steht oder gestanden hat, oder falls er direkt unter der obersten Reichsbehörde steht oder ge­ standen hat, durch die oberste Reichsbehörde vertreten. ® Die Klage ist bei demjenigen Gericht anzubringen, in dessen Bezirke die betreffende Behörde ihren Sih hat. lZnstaudi-keit deS Reichsgerichts,

§ 152.

Zn bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Ent­ scheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungs­ gesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiosen. sDefektensache«! § 153.

Auf die im § 144 erwähnten Rechtsftreitigkeiten finden die Bestimmungen der §§ 151 und 152 mit der Maßgabe An­ wendung, daß oer Reichsfiskus durch die höhere Reichsbehörde vertreten wird, welche den Defektbeschluß aogefaßt oder für voll­ streckbar erklärt hat (§ 139 Abs. 2). Zst die Abfassung durch die oberste Reichsbehörde geschehen, so übernimmt diese die Ver­ tretung des Reichsfiskus. lRechtsstreitigkeite« infolge von Dienftpflichtverletzungenj § 154.

(1) Zn Rechtsftreitigkeiten über Dermögensansprüche gegen Reichsbeamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen ist so­ wohl dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Beamte zur Zeit der Verletzung seiner Amtspflicht seinen Wohnsitz hatte, als dasjenige, in dessen Bezirke derselbe zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat. (2) Die Vorschrift des 8 152 findet entsprechende Anwendung. svi«d«»g der ordentliche« ««richt«!

§ 155.

Die Entscheidungen der Disziplinar- und Verwaltunasbehörden darüber, ob und von welchem Zeitpunkt ab ein Reichs-

23. Neich»be«lten-esetz (1907).

[28

beamtet aus seinem Amte zu entfernen, einstweilig oder defi­ nitiv in den Ruhestand zu versetzen oder vorläufig seines Dienstes zu entheben sei, und über die Verhängung von Ord­ nungsstrafen lind für die Beurteilung der vor dem Gerichte geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche maßgebend.

(Schlutzbestimmungem)

sReichStagSbeamtej

§ 156.

(1) Die Reichstagsbeamten haben die Rechte und Pflichten der Reichsbeamten. (2) Die Anstellung der Reichstagsbeamten erfolgt durch den Reichstagspräsidenten, welcher die vorgesetzte Behörde derselben bildet.

§167. Auf Personen des Soldatenstandes findet dieses Gesetz nur in den §§ 134 bis 148 Anwendung').

§158. (1) Die Bestimmungen diese« Gesetzes über die Versetzung in ein anderes Amt. über die einstweilige und über die zwangs­ weise Versetzung in den Ruhestand, über Disziplinarbestrafung und über vorläufige Dienstenthebung finden auf die Mitglieder des Reichsgerichts, auf die Mitglieder de» Bundesamts für das Heimatwefen, auf die Mitglieder des Rechnungshofs des Deutschen Reichs und auf richterliche MtlitSrjustizbeamte keine Anwendung. (2) Außerdem haben für die Mitglieder des Reichsgerichts die Vorschriften dieses Gesetzes über die Pensionierung und über den Verlust der Pension keine Geltung. (3) Die Vorschriften des § 60a werden hierdurch nicht be­ rührt').

§159. Die Ausführung dieses Gesetzes regelt eine vom Reichs­ präsidenten zu erlassende Verordnung, durch welche namentlich diejenigen Behörden näher zu bezeichnen find, welche unter den in diesem Gesetz erwähnten Reichsbehörden verstanden sein sollen. 1) Siehe hierzu das Wehrgesetz v. 23. März 1921 (unten Nr. 26). 2) Abs. 3 des § 158 eingefügt durch Art. 1 IX der Personalabbau­ verordnung v. 27. Okt. 1923.

24. Prm|. $ifii|lht«retftN (1852).

24]

24. [preuft.] Gesetz, betreffend die Dienswergehen der nichtrichlerlichen Beamten, die Ver­ setzung derselben aus eine andere Stelle ober in den Ruhestand [Diszipllnargesetz]. Dom 21. Lull 1852 (GS. S. 465) unter Berücksichtigung der Änderungen durch die Gesetze v. 9. April 1879 (GS. S. 345), v. 25. März 1917 (GS. S. 49), 13. Mai 1918 (GS. S. 53), 4. August 1922 (GS. S. 208) und durch die Verordnung v. 18. Febr. 1919 (GS. S. 29).

[Auweuduu-Sbereich des «*(«>«»!

§ 1.

Das gegenwärtige Gesetz findet unter den darin ausdrücklich gemachten Beschränkungen auf alle in unmittelbarem oder mittel­ barem Staatsdienste stehenden Beamten Anwendung, die nicht unter die Bestimmungen des die Richter betreffenden Gesetzes vom 7. Mai 1851 fallen.

Er st er Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Dienstnergehen und deren Bestrafung.

[Dieustvergehen]

§ 21).

(1) Ein Beamter, welcher 1. die Pflichten verletzt, die ihm sein Amt auserlegt, oder 2. sich durch ein Verhalten in oder auher dem Amte der Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, unwürdig zeigt, unterliegt den Vorschriften dieses Gesetzes. (2) Die ihm durch sein Amt auferlegten Pflichten im Sinne des Absatz 1 Nr. 1 verletzt insbesondere auch ein Beamter, der Bestrebungen, die auf Wiederherstellung der Monarchie oder gegen den Bestand der Republik gerichtet sind, im Amte, durch Mißbrauch seiner amtlichen Stellung oder gehässig oder auf­ reizend in der Öffentlichkeit fördert oder solche Bestrebungen durch Verleumdung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung der Republik, des Reichspräsidenten oder von Mitgliedern der im 9 § 2 in bet Fassung b. G. v. 4. Aug. 1922.

— 29b

24. Preu». Dis-ipttmusefetz (1852).

[24

Amte befindlichen oder einer früheren republikanisch-parlamen­ tarischen Regierung des Reichs oder eines Landes unterstützt. IDienstvergehe» und strafbare

HaadlaagenI

§ 3.

Ist eine der unter § 2 fallenden Handlungen (Dienstver­ gehen) zugleich in den gemeinen Strafgesetzen vorgesehen, so können die durch dieselben angedrohten Strafen nur auf Grund des gewöhnlichen Strafverfahrens von denjenigen Gerichten ausgHprochen werden, welche für die gewöhnlichen Strafsachen zuständig find. IDiszipttaarverfa-re» u*b Strafverfahreuj

§ 4.

(1) Im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung darf gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der näm­ lichen Tatsachen nicht eingeleitet werden. (2) Wenn im Laufe eines Disziplinarverfahrens wegen der nämlichen Tatsachen eine gerichtliche Untersuchung gegen den Angeschuldigten eröffnet wird, so mutz das Disziplinarverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Freispruch durch die Strafgerichte)

§ 5.

(1) Wenn von den gewöhnlichen Strafgerichten auf Frei­ sprechung erkannt ist, so findet wegen derjenigen Tatsachen, welche in der gerichtlichen Untersuchung zur Erörterung ge­ kommen find, ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt, als dieselben an fich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetz­ lichen Tatbestände der Übertretung, des Vergehens oder des Verbrechens, welche den Gegenstand der Untersuchung bildeten, ein Dienstvergehen enthalten. (2) Ist in einer gerichtlichen Untersuchung eine Verurteilung ergangen, welche den Verlust des Amtes nicht zur Folge gehabt hat, so bleibt derjenigen Behörde, welche über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verfügen hat, die Entscheidung darüber vorbehalten, ob außerdem ein Disziplinarverfahren ein­ zuleiten oder sortzusetzen sei. IZivllrechtliche Hastun-j

§ 6.

Spricht das Gesetz bei Dienstvergehen, eines Disziplinarverfahrens werden, die Wiedererstattung oder zum Schadenersätze, zivilrechtliche Verpflichtung aus, so gehört

welche Gegenstand Verpflichtung zur oder eine sonstige die Klage der Be-

24]

24. Pr»»ß. a>t||i>lin«it|e* (1852).

teiligten vor das Zivilgericht, jedoch vorbehaltlich der Bestim­ mung des § 100.

(Berlaft des Amts kraft ®efe|«8)

§ 71).

Ist von dem gewöhnlichen Strafrichter auf Zuchthausstrafe oder auf eine sonstige Freiheitsstrafe von längerer als ein­ jähriger Dauer, auf eine schwerere Strafe, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, auf zeitige Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, auf Verlust der bekleideten öffentlichen Ämter oder auf Zuläsfigkeit von Polizeiaufstcht erkannt, so zieht das Straferkenntnis den Verlust des Amtes von selbst nach sich, ohne dah darauf besonders erkannt wird. sUnerlaubte Entfernung vom Amts

§ 8.

Ein Beamter, welcher fich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub von seinem Amte entfernt hält, oder den erteilten Urlaub überschreitet, ist, wenn ihm nicht besondere EntschuldiSunasgründe jut Seite stehen, für die Zeit der unerlaubten mtfernung fernes Diensteinkommens verlustig. lLSngere unerlaubte Entfernung!

§ 9.

(1) Dauert die unerlaubte Entfernung länger als acht Wochen, so hat der Beamte die Dienstentlassung verwirkt. (2) Ist der Beamte dienstlich aufgefordert worden, sein Amt anzutreten oder zu demselben zurückzukehren, so tritt die Strafe der Dienstentlassung schon nach fruchtlosem Ablauf von vier Wochen seit der ergangenen Aufforderung ein.

lEntziehnngbeS Dienstelnkommen-I

§ 10.

Die Entziehung des Diensteinkommens (§ 8) wird von der­ jenigen Behörde verfügt, ibelche den Urlaub zu erteilen hat. Im Falle des Widerspruchs findet das förmliche Disziplinar­ verfahren statt. IDieusteutlaffnu-j

§ 11.

Die Dienstentlassung kann nur im Wege des förmlichen Disziplinarverfahrens ausgesprochen werden. Sie wird nicht verhängt, wenn fich ergibt, daß der Beamte ohne seine Schuld von seinem Amte fern gewesen ist. x) Die Änderung des § 7 ist bei Einführung deS Reichsstrafgesetz­ buches erfolgt.

24. Prnch. Dis-ipkuargesetz (1852).

lDisrchliuarverfahre» Wege« «netla«Mcr Cetftteiegl

s24

§ 12.

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen uner­ laubter Entfernung vom Amte und die Dienstentlassung vor Ablauf der Fristen (§ 9) ist nicht ausgeschlossen, wenn fie durch besonders erschwerende Umstände als gerechtfertigt erscheint.

!Z»stell««g da« Schriftstücke«)

§ 13.

Die in dem §9 erwähnte Aufforderung, sowie alle anderen Aufforderungen, Mitteilungen, Zustellungen und Vorladungen, welche nach den Bestimmunaen dieses Gesetzes erfolgen, find gültig und bewirten den Lauf der Fristen, wenn fie demjenigen, an den fie ergehen, unter Beobachtung der für gerichtliche Jnfinuationen vorgeschriebenen Formen in Person zugestellt oder wenn fie in seiner letzten Wohnung an dem Orte infinuiert werden, wo er seinen letzten Wohnsitz im Jnlande hatte. Die vereideten Lerwaltungsbeamten haben dabei den Glauben der Gerichtsboten. lDisziplinarstrafe«)

§ 14.

Die Disziplinarstrafen bestehen in Ordnungsstrafen, Entfernung aus dem Amte. I Ordnungsstrafe«)

§ 1&1).

Ordnungsstrafen find: 1. Warnung, 2. Verweis, 3. Geldbuße.

lEntfernnng ans de» Amte)

§ 16.

Die Entfernung aus dem Amte kann bestehen: 1. in Verse tzung in ein anderes Amt von gleichem Range, jedoch mit Verminderung des Dienfteinrommens und Verlust des Anspruchs auf Umzugskoften, oder mit einem von Heiden Nachteilen. Diese Strafe findet nur auf Beamte im unmittelbaren Staatsdienste Anwendung; 2. in Dienstentlassung. Diese Strafe zieht den Verlust des Titels und Penfionsanspruches von selbst nach sich; es wird darauf nicht

J) Ziffer 4 des § 15, die gegen untere Beamte Arre st strafe juliefi, ist durch das G. v. 25. März 1917 aufgehoben.

24. Preich Dis-ipttmtr-esth (1862).

24]

besonders erkannt, es sei denn, bah vor Beendigung des Disziplinarverfahrens aus irgendeinem von dessen Ergeb­ nis unabhängigen Grunde das Amtsverhältnis bereits aufgehört hat und daher auf Dienstentlassung nicht mehr zu erkennen ist. Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch auf Pension haben, und lasten besondere Umstände eine mildere Beurteilung zu, so ist die Diszipli­ narbehörde ermächtigt, in ihrer Entscheidung zugleich fest­ zusetzen, datz dem Angeschuldigten ein Teil des gesetzlichen oder reglementsmätzigen Penfionsbetrages auf Lebenszeit oder auf gewisse Jahre als Unterstützung zu verab­ reichen sei.

§ 171).

[ettafwafc]

(1) Welche der in den §§ 14 bis 16 bestimmten Strafen an­ zuwenden sei, ist nach der gröberen oder geringeren Erheblichkeit des Dienstvergehens mit Rücksicht auf die sonstige Führung des Angeschuldigten zu ermessen, unbeschadet der besonderen Bestim­ mungen der 88 8 und 9. (2) Wenn ein Beamter sich eines Dienstvergehens im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes im Rückfalle schuldig macht, ist auf Entfernung aus dem Amte zu erkennen.

Zweiter Abschnitt. Bon dem Disriplinarverfahren.

|T>iWHieatb«fna**lffe] Jeder Dienstvorgesetzte seine Untergebenen befugt.

lver-Lng««- von Geldbuße«!

§ 18. ist zu Warnungen

und

Berweisen

gegen

§ 19.

(1) In Beziehung auf die Berhängung von Geldbußen ist die Befug nis der Dienstvorgesetzten begrenzt, tote folgt: (2) Die Borsteher derjenigen Behörden, welche unter den Provin -ialbehörden stehen, einschließlich die Landräte, können gegen die ihnen selbst untergebenen Beamten, sowie gegen die Beamten der ihnen untere geordneten Behörden Geldbuhen bis zu sdrei Talern) neun 3RatPl verfügen. (3) Andere Vorgesetzte der unteren Beamten dürfen solche Geld­ bußen nur insofern verfügen, als ihnen die Befugnis zur Verhängung

!) tz 17 in der Fassung des G. v. 4. Aug. 1922. *) Bgl. die BO. über Bermögensstrafen und -buhen vom 6. Febr. 1924 (RGBl. I S. 44).

24. Preuß. Dis-ipliaar-esetz (1852).

[24

von Geldbuhen durch besondere Gesetze oder auf Grund solcher Gesetze erlassene Instruktionen beigelegt ist. (4) [Den Ober-Postdirektoren, dem Telegraphendirektor, sowie den von der Staatsregierung eingesetzten Behörden der Eisenbahnverwaltung steht die Befugnis zu, gegen alle ihnen untergebenen Beamten Geld­ bußen bis zu zehn Talern zu verhängen.] (5) Die Provinzialbehörden sind ermächtigt, die ihnen untergeord­ neten Beamten mit Geldbuße bis zu [dreißig Talern) neunzig Mark') zu belegen, besoldete Beamte jedoch nicht über den Betrag deS ein­ monatlichen Diensteinkommens hinaus. (6) Gleiche Befugnis haben die Vorsteher der Provinzialbehörden in Ansehung der bei letzteren angestellten unteren Beamten. (7) Die Minister haben die Befugnis, allen ihnen unmittelbar oder mittelbar untergebenen Beamten Geldbußen bis zum Betrage deS monatlichen Diensteinkommens, unbesoldeten Beamten aber biS zur Summe von [dreißig Talern) neunzig Mark') auszuerlegen. (8) Welche Beamten im Sinne dieses Paragraphen zu den unteren zu rechnen sind, wird durch das Staatsministerium bestimmt.

§20«). § 21. Gegen die Verfügung von Ordnungsstrafen findet nur die Be­ schwerde im vorgeschriebenen Jnstanzenzuge binnen einer Ausschluß­ frist von je drei Monaten statt3).

[FörmlicheDisziplinarverfahren)

§ 22.

Der Entfernung aus dem Amte muh ein förmliches Diszi­ plinarverfahren vorhergehen. Dasselbe besteht in der von einem Kommissar zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhandlung nach den fol­ genden näheren Bestimmungen. [Sinleitaag Mei Disziplinarverfahrens)

§ 23.

Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wird verfügt und der Untersuchungs-Kommissar ernannt: ') S. Anm. 2 auf S. 300. 2) Durch Beseitigung der Arreststrafe bedeutungslos geworden. s) § 21 in der Fassung des Kriegsgesetzes zur Vereinfachung der Verwaltung vom 13. Mai 1918.

24]

24. Preutz. Dis-ipltnarßesetz (1852).

1. wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehört (§ 24 Nr. 1), von dem Minister, welcher dem Angeschuldigren vorgesetzt ist. Ist jedoch Gefahr im Verzüge, so kann diese Verfügung und Ernennung vorläufig von dem Vorsteher der Provinzialdehörde des Ressorts ausgehen. Es ist alsdann die Genehmigung des Ministers einzuholen und, sofern dieselbe versagt wird, das Ver­ fahren einzustellen; 2. in allen anderen Fällen von dem Vorsteher der Behörde, welche die entscheidende Disziplinarbehörde bildet (§ 24 Nr. 2), oder von dem vorgesetzten Minister. svergeheu gegen die Republik] § 23 a1).

Im Falle eines Dienstvergehens im Sinne deS § 2 Absatz 2 des Gesetzes leitet der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister daS Diszi­ plinarverfahren ein und ernennt den Untersuchungskommissar. Die Zu­ ständigkeit des Ministers erstreckt sich für diese Fälle auch auf die Diszi­ plinarvergehen der mittelbaren Staatsbeamten. sDisziplinarbehördeu]

§ 24.

(1) Die entscheidenden Disziplinarbehörden erster Instanz sind:

1. der Disziplinarhof zu Berlin (§ 29) in Ansehung derjenigen amten, zu deren Anstellung nach den Bestimmungen, welche Zeit der verfügten Einleitung der Untersuchung gellen, eine dem Könige oder von den Ministern ausgehende Ernennung, stätigung oder Genehmigung erforderlich ist;

Be­ zur von Be­

2. die Provinzialbehörden, alS: die Regierungen, die Provinzial-Schulkollegien, sdie Provinzial-Steuerdirektionen]**), die Oberbergämter, die Generalkommissionen, sdie Militärintendanturen]*), daS Polizeipräsidium zu Berlin, sdie Eiscnbahnkommissariate]*), in Ansehung aller Beamten, die bei ihnen angestellt oder ihnen untergeordnet und nicht vorstehend unter 1 begriffen sind.

(2) Soweit die Regierung als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz in Betracht kommt, besteht daS Disziplinargericht auS sieben Mitgliedern, nämlich dem Präsidenten als Vorsitzenden, dem *) § 23a ist eingefügt durch das Gesetz vom 4. Aug. 1922. *) Jetzt bedeutungslos.

24. fteuft. Difzipttuargesetz (1852).

[24

Oberregierungsrat oder sonstigen Leiter des Geschäftsbereichs, zu dem der Angeschuldigte gehört, und fünf weiteren Mitgliedern, die der Re­ gierungspräsident für die verschiedenen Beamtenklassen besonders aus der Zahl der Regierungsmitglieder bestimmt1). (3) Den Provinzialbehörden werden in dieser Beziehung gleich­ gestellt die unter den Ministern stehenden Zentralverwaltungsbehörden in Dienstzweigen, für welche keine Provinzialbehörden bestehen, sowie die Generallandschafts- und HauptritterschaftSdirektionen.

§25. Für diejenigen Kategorien von § 24 bezeichneten begriffen sind, ist die Regierung, in deren Bezirk sie oder im Auslande fungierenden die

fAuSdehuung d. ZustSudigkeitj

Beamten, welche nicht unter den im die entscheidende Disziplinarbehörde fungieren, und für die in Berlin Regierung in Potsdam.

§ 26.

Die Zuständigkeit der Provinzialbehörden kann von dem StaatSministerium auf einzelne Kategorien solcher Beamten ausgedehnt werden, welche von den Ministern ernannt oder bestätigt werden, aber nicht zu den etatSmäßigen Mitgliedern einer Provinzialbehörde gehören.

lAblehuuug tiuet

§ 27.

Für den Fall, daß bei der zuständigen Disziplinarbehörde die beschlutzfähige Anzahl von Mitgliedern nicht vorhanden ist, oder wenn auf den Antrag des Beamten der Staatsanwaltschaft oder deS Angeschuldigten der Disziplinarhof daS Vorhandensein von Gründen aner­ kennt, auS welchen die Unbefangenheit der zuständigen Disziplinar­ behörde bezweifelt werden kann, tritt eine andere durch daS Staatsministerium substituierte Disziplinarbehörde an deren Stelle.

lKompeteuzstreitigkeite» der Disziplinarbehörde»)

§ 28.

Streitigkeiten über die Kompetenz der Disziplinarbehörden als solcher werden von dem StaatSministerium, nach Vernehmung deS Gut­ achtens des DisziplinarhofeS, entschieden.

IZusamMeusetzuu- bei

DiWieetlefll

§ 29.

(1) Der Disziplinarhof besteht auS einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern des Kammergerichts gehören müssen»). *) Absatz 2 ist eingefügt durch daS Kriegsgesetz zur Vereinfachung der Verwaltung vom 13. Mai 1918. ») Neben den ordentlichen Mitgliedern ist die Ernennung von stell­ vertretenden Mitgliedern zulässig (Gesetz v. 15. Juli 1924 fGS. S. 578]).

24]

24. Preu». Difzipliuargefetz (1852).

(2) Die Mitglieder des Disziplinarhofes werden von dem Könige aus drei Jahre ernannt. (3) Ein Mitglied, welches im Laufe dieser Periode ernannt wird, bleibt nur bis zum Ende derselben in Tätigkeit. (4) Die ausscheidenden Mitglieder können wieder ernannt werden.

§ 301). Der Disziplinarhof entscheidet in der Besetzung von 7 Mitgliedern, von denen 2 Richter des Kammergerichts sind.

sProviu-iaweh-rdruI

§ 31.

Bei den Provinzialbehörden werden die Disziplinarsachen in be sonderen Plenarsitzungen erledigt, an welchen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen müssen. In diesen Plenarsitzungen steht, bei den Regierungen, den Mitgliedern derselben nur dasjenige Stimmrecht zu, welches ihnen durch die allgemeinen Vorschriften für Verhandlung im Plenum beigelegt ist. Bei den übrigen Provinzial behörden nehmen an den zur Erledigung der Disziplinarsachen be­ stimmten Plenarsitzungen nur die etatsmähigen Mitglieder und die­ jenigen teil, welche eine etatsmähige Stelle versehen . . .2). Alle in dieser Weise zur Teilnahme Berufenen haben ein volles Stimmrecht, auch wenn die Behörde sonst keine kollegialische Einrichtung hat.

(Vorverfahren!

§ 32.

(1) In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mit­ teilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört; eS werden die Zeugen eidlich vernommen und die zur Aufklärung der Sache dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. (2) Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden durch einen Beamten wahrgenommen, welchen die Behörde ernennt, von der die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird. (3) Bei der Vernehmung des Angeschuldigten und dem Verhöre der Zeugen ist ein vereideter Protokollführer zuzuziehen.

lSinhaltnag des verfahre«»!

§ 33.

(1) Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit Rücksicht aus den Ausfall der Voruntersuchung, da- fernere Ver­ fahren einzustellen und geeigneten Falles nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. (2) Ist eine sonstige Behörde, welche die Einleitung der Unter­ suchung verfügt hat, der Ansicht, da» das fernere Verfahren einzustellen

§ 30 in der Fassung des G. v. 4. Aug. 1922. *) Satz 4, der die Eisenbahn betraf, ist bedeutungslos geworden.

[24

24. Preuß. Disziplmargefetz (1852).

sei, so muß sie darüber an den Minister zu dessen Beschlußnahme be­ richten. (3) In beiden Fällen erhält der Angeschuldigte Ausfertigung des darauf bezüglichen, mit Gründen zu unterstützenden Beschlusses.

lAnschuldi-nug-schrists

§ 34.

Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer Don dem Beamten der Staatsanwaltschaft anzusertigenden Anschuldigungsschrift der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu einer, von dem Vorsitzenden der Disziplinar­ behörde zu bestimmenden Sitzung, zur mündlichen Verhandlung vor­ geladen.

sMündliche verha«bl«»g]

§ 85.

(1) Bei der mündlichen Verhandlung, welche in nicht öffentlicher Sitzung stattfindet, gibt zuerst ein von dem Vorsitzenden der Behörde aus der Zahl ihrer Mitglieder ernannter Referent eine Darstellung der Sache, wie sie auS den bisherigen Verhandlungen hervorgehl. (2) Der Angeschuldigte wird vernommen. (3) Es wird darauf der Beamte der Staatsanwaltschaft mit seinem Bor- und Anträge, und der Angeschuldigte in seiner Verteidigung gehört. (4) Dem Angeschuldigten steht das letzte Wort zu.

] Zeugenvernehmung]

§ 36.

Wenn die Behörde aus den Antrag des Angeschuldigten oder deS Beamten der Staatsanwaltschaft, oder auch von Amts wegen die Ver­ nehmung eines oder mehrerer Zeugen, sei es durch einen Kommissar, oder mündlich vor der Behörde selbst, oder die Herbeischasfung anderer Mittel zur Aufklärung der Sache für angemessen erachtet, so erläßt sie die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der Sache auf einen anderen Tag, welcher dem Angeschuldigten bekannt zu machen ist.

]Beista«d des Augeschulbigteu]

§ 37.

Der Angeschuldigte, welcher erscheint, kann sich des Beistandes eines lAdvokaten ober] Rechtsanwaltes als Verteidigers bedienen. Der nicht erscheinende Angeschuldigte kann sich durch einen sAdvokaten ober] Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Disziplinarbehörde steht es jedoch jederzeit zu, das persönliche Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung zu verordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zugelassen werden.

sBewei-würbignng]

§ 38.

(1) Bei der Entscheidung hat die Disziplinarbehörde, ohne an posi­ tive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem ganzen

Bühler, Staatsrecht.

20

24]

24. Prevß. Dif-iplmar-esetz (1852).

Inbegriffe der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten. (2) Die Entscheidung kann auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten. (3) Die Entscheidung, welche mit Gründen versehen sein muß, wird in der Sitzung, in welcher die mündliche Verhandlung beendigt worden ist, oder in einer der nächsten Sitzungen verkündigt und eine Ausferti gung derselben dem Angeschuldigten auf sein Verlangen erteilt.

§ 39. über die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll ausgenommen, welche- die Namen der Anwesenden und die wesentlichen Momente der Verhandlungen enthalten muß. DaS Protokoll wird von dem Vor­ sitzenden und dem Protokollführer unterzeichnet.

§ 40.

I«i»spr»chl

Tas Rechtsmittel findet nicht statt.

des

[BwefiiM)

Einspruches

(Restitution

oder Opposition)

§ 41.

Gegen die Entscheidung steht die Berufung an das Staatsministerium sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft als dem Angeschul­ digten offen1).

[«omeWnng bet veruf»u-j

§ 42.

(1) Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schriftlich bei der Behörde, welche die anzugreisende Entscheidung er° lassen hat. Bon feiten des Angeschuldigten kann sie auch durch einen Bevollmächtigten geschehen. (2) Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchentliche, welche mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Entscheidung verkündigt worden ist, und für den Angeschuldigten, welcher hierbei nicht zugegen war, mit dem Abläufe deS Tage- beginnt, an welchem ihm die Entschei­ dung zugestellt worden ist.

fRechtsertiguug bet Vet»f»»g]

§ 43.

(1) Zur schriftlichen Rechtfertigung der Berufung steht demjenigen, der dieselbe rechtzeitig angemeldet hat, eine fernere vierzehntägige Frist offen. x) Auf Grund der BO. vom 18. Febr. 1919 (GS. S. 29) geht die Berufung bis auf weiteres in allen Fällen, in denen der Disziplinar­ hof nicht in erster Instanz entschieden hat, an den Disziplinarhof statt an das Staatsministerium.

24. »re«». Diszipttnargesetz (1852).

[24

(2) Diese Frist kann auf den Antrag deS Appellanten angemessen verlängert werden. (3) Neue Tatsachen, welche die Grundlagen einer andern Beschul­ digung bilden, dürfen in zweiter Instanz nicht vorgebracht werden. [SuftcUnMg bet 8eraf«*e»f*tift] § 44. (1) Die Anmeldung der Berufung und die etwa eingegangene LppellationSschrift wird dem Appellaten in Abschrift zugestellt, oder dem Beamten der Staatsanwaltschaft, falls er Appellat ist, in Urschrift vor­ gelegt. (2) Innerhalb vierzehn Tagen nach erfolgter Zustellung oder Vor­ legung kann der Appellat eine Gegenschrift einreichen. (3) Diese Frist kann auf den Antrag deS Appellaten angemeffen ver­ längert werden.

[öcitetg* der Akte«) § 46. (1) Nach Ablauf der in dem § 44 bestimmten Frist werden die Akten an das Staatsministerium eingesandt. (2) DaS StaatSminifterium beschließt in Sachen, in welchen der Disziplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den Bortrag zweier von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, von denen einer dem Justizministerium angehören muß1). (3) Der Disziplinarhof kann die zur Aufklärung der Sache etwa er­ forderlichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündliche Ver­ handlung anordnen, zu welcher der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwaltschaft zuzuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Minister deS Ressorts bezeichnet. Staat-»r«sfter1,«S) § 46. Lautet die Entscheidung oder daS Gutachten deS Disziplinarhofes aus Freisprechung deS Angeschuldigten, oder nur auf Warnung oder Verweis, so kann das Staatsministerium, wenn eS den Angeschuldigten strafbar findet, nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disziplinarstrafe verhängen, oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Warlegeld verfügen.

sveftatigtmg der Dirusteutlassungs § 47. Eine jede Entscheidung der Disziplinarbehörde, gegen die kein Rechtsmittel mehr stattfindet und durch welche die Dienstentlassung § 45 Absatz 2 in der Fassung der Verordnung v. 18. Febr. 1919. Der bisherige Absatz 3 ist fortgefallen. Die Berufung geht jetzt in den Sachen, in denen der Disziplinarhof nicht in erster Instanz entschieden hat, an den Disziplinarhos anstatt an daS Staatsministerium.

24]

24. Preu». Dis»i»Nnar,e(«tz (1852).

ausgesprochen ist, bedarf der Bestätigung des sKöntgsj Staatsministe­ riums, wenn der Beamte vom [Äönige] Staatsministerium ernannt oder bestätigt worden ist.

Dritter Abschnitt. Vorläufige Dienstenthebung. sSuspensiou kraft vesetze-I

§ 48.

Die Suspension eines Beamten vom Amte tritt kraft des Gesetzes ein: 1. wenn in dem gerichtlichen Strafverfahren feine Verhaf­ tung beschlossen, oder gegen ihn ein noch nicht rechtskräftig gewordenes Urteil erlassen ist, welches auf den Verlust des Amtes lautet, oder diesen kraft des Gesetzes nach sich zieht2. wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechts­ kräftige Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet. l Dauer der SuSpeustous

§ 49.

(1) In dem im vorhergehenden Paragraphen unter Nr. 1 vor­ gesehenen Falle dauert die Suspension bis zum Ablauf des zehnten Tages nach Wiederaufhebung des Verhaftungsbeschlusses oder nach ein­ getretener Rechtskraft desjenigen Urteils höherer Instanz, durch welches der angeschuldigte Beamte zu einer anderen Strafe als der bezeichneten verurteilt wird.

(2) Lautet das rechtskräftige Urteil auf Freiheitsstrafe, so dauert die Suspension, bis das Urteil vollstreckt ist. Wird die Bollstreckung deS Urteils, ohne Schuld des Verurleilten, aufgehallen oder unterbrochen, so tritt für die Zeit deS Aufenthaltes oder der Unterbrechung eine Gehaltsverkürzung (§ 51) nicht ein. Dasselbe gilt für die im ersten Absätze diese- Paragraphen erwähnte Zeit von zehn Tagen, wenn nicht vor Ablauf derselben die Suspension vom Amte im Wege deS Disziplinar­ verfahrens beschlossen wird. (3) In dem § 48 unter Nr. 2 erwähnten Falle dauert die Sus­ pension bis zur Rechtskraft der in der Disziplinarsache ergehenden Ent­ scheidung.

sVerhäugung der SutpeuftOns

§ 50.

Die zur Einleitung der Disziplinaruntersuchung ermächtigte Be­ hörde kann die Suspension, sobald gegen den Beamten ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet, oder die Einleitung einer Disziplinarunter­ suchung verfügt wird, oder auch demnächst im ganzen Laufe deS Ver­ fahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung verfügen.

24. Preu». Difzipttimr-efetz (1852).

lDierrsteirrkmuure« eines suspendierte» Beamte«!

[24

§ 51.

(1) Der suspendierte Beamte behält während der Suspension die Hälfte seines Diensteinkommens. (2) Aus die für Dienstunkosten besonders angesetzten Beträge ist bei Berechnung der Hälfte des Diensteinkommens keine Rücksicht zu nehmen.

(3) Der innebehaltene Teil des Diensteinkommens ist zu den Kosten, welche durch die Stellvertretung des Angeschuldigten verursacht werden, der etwaige Rest zu den Untersuchungskoften zu verwenden. Einen weiteren Beitrag zu den Stellvertretungskosten zu leisten, ist der Beamte nicht verpflichtet.

sverweuduuG des einbehalteue« Gehalts!

§ 52.

(1) Der zu den Kosten (§ 51) nicht verwendete Teil des Einkommens wird dem Beamten nicht nachgezahlt, wenn das Verfahren die Ent­ fernung aus dem Amte zur Folge gehabt hat. (2) Erinnerungen über die Verwendung des Einkommen- stehen dem Beamten nicht zu; Wohl aber ist ihm auf Verlangen eine Nachweisung über diese Verwendung zu erteilen.

lFreispruch des Beamte«!

§ 58.

(1) Wird der Beamte freigesprochen, so mutz ihm der innebehaltene Teil des Diensteinkommens vollständig nachgezahlt werden. (2) Wird er nur mit einer Ordnungsstrafe belegt, so ist ihm der innebehaltene Teil, ohne Abzug der Stellvertretungskosten, nachzu-ahlen, soweit derselbe nicht zur Deckung der Untersuchungskosten und der Ord­ nungsstrafe erforderlich ist.

fUntersa-ung der L»süd»»g der Dieustverrichttm-e«!

§ 54.

Wenn Gefahr im Verzüge ist, kann einem Beamten auch von solchen Vorgesetzten, die seine Suspension zu verfügen nicht ermächtigt sind, die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagt werden; es ist aber darüber sofort an die höhere Behörde zu berichten.

Vierter Abschnitt. Nähere und besondere Bestimmnngen in betreff der Veanrten der Jnfti-yerwaltnng. lJustizdeamte)

§ 55.

Hinsichtlich der Beamten der Justizverwaltung, welche kein Richter­ amt bekleiden, gelten die nachfolgenden näheren Bestimmungen.

24]

24. Preuß. Difziplinargefetz (1852).

lDiszipliäatrecht bei 3*ftiaminifteri]

§ 56.

Der Justizminister kann gegen alle Beamte Ordnungsstrafen jeder Art (§§ 15, 19) verhängen, vorbehaltlich der in den §§ 66 (bis 68) ent­ haltenen Einschränkungen.

sDiszipliaarbefagnisie bet SeneralstaatiaawAtel

§ 57.

(1) Der Staatsanwalt bei einem Oberlandesgerichte

(Generalftaatsanwaltj ist befugt, gegen alle im Bezirke des Ober­ landesgerichts angestellten Beamten der Staatsanwaltschaft Warnungen und Berweise, gegen die Beamten der Staatsan­ waltschaft bei den Amtsgerichten und den Schöffengerichten (Oberamtsanwalt, Amtsanwältej und gegen [bie Beamten der gerichtlichen Polizeij die zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft bestellten Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes, die ihr Amt nicht als Ehrenamt versehen, Warnungen, Verweise und Geldbuße bis zu szehn Talernj dreißig Reichsmark) zu verhängen. (2) Die Artikel 280, 281, 282 der Rheinischen Strafprozeß­ ordnung find aufgehoben. sDiszipliaarbefagutsie der Oberstaatsanwälte!

§ 58.

Der Oberstaatsanwalt bei einem Landgericht ist befugt, allen Beamten der Staatsanwaltschaft und den im Bezirke dieses Gerichtes zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft bestellten Be­ amten des Polizei- und Sicherheitsdienstes, die ihr Amt nicht als Ehrenamt versehen, Warnungen zu erteilen. fOrbaaagiftraftechtl

§ 59.

Die Vorgesetzten, welche außer dem Zuftizminifter befugt sind, von Amts wegen oder auf den Antrag der Staatsanwalt­ schaft gegen Büro- und Unterbeamte der Gerichte Ordnungs­ strafen zu verhängen, sind: 1 '). 2. Der Präsident des Oberlandesgerichts in Ansehung der Beamten innerhalb des Oberlandesgerichtsbezirks, mit der nämlichen Beschränkung in betreff der Geldbußen. 3. Der Präsident eines Landgerichts in Ansehung der Be­ amten innerhalb des Bezirks dieses Gerichts. Die Geldi) Siehe hierzu die DO. über Bermögensstrafen und Bußen v. 6. Febr. 1924 (NABl. I S. 44). ’) Ziff. 1, bett, da« frühere Obertribunal, ist gegenstandslos ge­ worden.

24. Prruh. DiszipNnargesetz (1852).

[24

büße darf die Summe von dreißig*) Reichsmark nicht übersteigen. 4 '). 5. Der Amtsrichter in Ansehung der bei dem sGerichtes Amts­ gerichte angestellten Beamten mit der nämlichen Beschrän­ kung in betreff der Geldbuße. 6. Der Präsident des Obertandeskulturgerichts in Ansehung der bei dieser Behörde angeftellten Beamten. Die Geld­ buße darf die Summe von neunzig Reichsmark) nicht übersteigen.

7 88 *o, 61. (Sind durch Gesetz vom 9. April 1879 (GS. S. 345) gestrichen.)

lveschwerde gegen Ordnungsstrafe«)

8 62.

Die Beschwerde gegen Ordnungsstrafen geht: 1. in den Fällen de- § 59 Nr. [1 und) 2 an den Juftizminister; 2. in den Fällen des § 59 Nr. 3, [4 und 5] an den Präsidenten des Oberlandesgerichts, und von dessen Verfügung an den Juftiz­ minister; 3. büii den Verfügungen eine- Beamten der Staatsanwaltschaft an den höheren Beamten derselben, und von dessen Verfügung an den Justizminister; in den Fällen deS § 59 9h. 5 an den Präsi­ denten des Landgericht-, von dessen Verfügung an den Präsiden­ ten des OberlandeSgerichtS und von dessen Verfügung an den Justizminister; 4. in den Fällen des § 59 Nr. 6 an den Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten;

[tttttfermnig ans de« A«tes

8 63.

Die Bestimmungen über die Entfernungen auS dem Amte (§ 23 Nr. 1, §§ 24 ff.) finden auf die Beamten der Staatsanwaltschaft An­ wendung. In Ansehung der AmtSanwälte und der zu HilfSbeamten der Staatsanwaltschaft bestellten Beamten deS Polizei- und Sicherheits­ dienstes ist deren sonstige amtliche Eigenschaft für die Zuständigkeit der Disziplinarbehörde maßgebend.

svüro- und Unterbeamte)

8 64.

Hinsichtlich der Büro- und Unierbeamten bei den Gerichten (§ 59) treten folgende Modifikationen ein: *) Siehe Anm. 1 zu 8 57. ’) Die Ziff. 4 und 7, betr. die KreiSgerichtSdeputationen und daS Generalauditoriat, sind gegenstandslos geworden.

24]

24. Preuß. Dif-i-lmargefetz (1852). 1. Die Verfügung wegen Einleitung des Disziplinarverfahrens stehl, auch bei den von dem Iustizminister ernannten Beamten, dem Oberlandesgerichte, und die Ernennung des Untersuchungskom­ missars dem Präsidenten des Gerichts zu, unbeschadet der Befugnis des Iustizministers zu dieser Verfügung und Ernennung; 2. die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz ist das Ober­ landesgericht, und zwar in demjenigen Senat, in dem der Präsi­ dent den Vorsitz führt, in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Präsidenten; 3. der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgerichte kann die Einleitung des Disziplinarverfahrens beantragen. Es werden demselben vor dem Abschlüsse der Voruntersuchung die Akten zur Stellung seines Antrages vorgelegt; 4. wenn der Beamte bei dem Oberlandeskulturgericht angestellt ist, so werden die den Oberlandcsgerichten und deren Präsidenten unter Nr. 1 und 2 beigclegten Befugnisse von dieser Behörde und deren Präsidenten wahrgenommen, unbeschadet der Befugnis des Ministers für die Landwirtschaft, Domänen und Forsten, die Einleitung der Untersuchung zu verfügen und den Kommissar zu ernennen.

§65. sJst durch das Gesetz vom 9. April 1879 aufgehoben.]

sNotare] § 66. Auf die sAdvokaten, Rechtsanwälte unb]1) Notarien?) finden nur die Bestimmungen der §.§ 2 bis 7 fund der §§ 48 bis 50] dieses Gesetzes Anwendung. Im übrigen gelten die nachfolgenden Vorschriften § 67 bis] 77. Die

67—76 sind aufgehoben oder gegenstandslos geworden.

sL»t-unfahigkeit eineXeteti] § 77. (1) Wenn ein Notar durch Blindheit, Taubheit oder ein sonstiges körperliches Gebrechen, oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, so hat der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht ihn oder seinen nötigenfalls zu bestellenden Kurator schriftlich unter Angabe der Gründe zur Niederlegung des Amtes aufzufordern. (2) Tritt innerhalb sechs Wochen nach dieser Aufforderung die frei­ willige Niederlegung des Amtes nicht ein, so beschließt der TisziplinarM Heute reichsrechtlich durch die Rechtsanwallsordnung geregelt. 2) Hierzu siehe die Art. 93 und 94 des preuß. Gesetzes über die frei­ willige Gerichtsbarkeit v. 21. Sept. 1899 (GS. S. 249).

24. Preutz. DiszipUuargesetz (1852).

[24

senat des Oberlandesgerichts, nachdem daS im § 61 des die Richter be­ treffenden Gesetzes vom 7. Mai 1851 vorgeschriebene und geeignetenfalls das im § 62 daselbst zugelassene Verfahren stattgefunden hat, nach An­ hörung der Staatsanwaltschaft endgültig darüber, ob der Fall der Niederlegung des Amtes vorliege. (3) Beschließt das Gericht, daß dieser Fall vorhanden sei, so kann der Justizminister die Stelle für erledigt erklären.

Der fünfte und sechste Abschnitt (tzH 78—82) sind fortgesallen.

Siebenter Abschnitt. Besondere Bestimmungen in betreff der Entlassung von Beamten, «eiche auf Widerruf angefteüt sind, der Beferendarien us«. lviderrnflich ««gepellte Beamte) § 88. (1) Beamte, welche auf Probe, auf Kündigung, oder sonst auf Widerruf angestellt sind, können ohne ein förmliches Disziplinarverfahren von der Behörde, welche ihre Anstellung verfügt hat, entlasten werden. (2) Dem auf Grund der Kündigung entlassenen Beamten ist in allen Fällen bis zum Abläufe der Kündigung sein volle- Diensteinkommen zu gewähren.

lRefereudare)

§ 84.

Reserendarien, welche durch eine tadelhafte Führung zu der lassung im Dienste sich unwürdig zeigen, oder in ihrer Ausbildung gehörig fortschreiten, können von dem vorgesetzten Minister, nach hörung der Borsteher der Provinzialdienstbehörde ohne weiteres fahren aus dem Dienste entlasten werden.

lSuPermrmerares

Be­ nicht An­ Ver­

§ 85.

In Ansehung der Entlastung der Supernumerarien und der sonst zur Erlernung des Dienstes bei den Behörden beschäftigten Personen kommen die darauf bezüglichen besonderen Bestimmungen zur An­ wendung.

lUntttbeamtc]

§ 86.

In bezug auf Kanzleidiener, Boten, Kastellane und andere in gleicher Kategorie stehende oder bloß zu mechanischen Dienstleistungen bestimmte Diener, welche bei den obersten Verwaltungsbehörden oder in solchen Berwaltungszweigen angestellt sind, in welchen keine Provinzial­ dienstbehörden bestehen, entscheidet endgültig der Minister, nach An­ hörung des Angeschuldigten und aus den Vortrag zweier Referenten, zu denen stets ein Justitiar, oder, wenn ein solcher bei der Verwal­ tungsbehörde nicht angestellt ist, ein Rat des Justizministeriums ge­ hören muß.

24]

24. Preuß. Dis-iplinor-esetz (1852).

Achter Abschnitt. Verfügungen im Interesse des Dienstes, welche nicht Gegenstand eines Disziplinarverfahrens find. sBerfetznng in ein anderes Amt n. in den einstw. Rnhestand] § 87. Die nachbenannten Verfügungen, welche im Jntereffe deS Dienstes getroffen werden können, sind nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens, vorbehaltlich des im § 46 vorgesehenen Falles: 1. Versetzung in ein anderes Amt von nicht geringerem Range und etatmäßigem Diensteinkommen, mit Vergütung der reglementsmäßigen Umzugskosten. Als eine Verkürzung im Einkommen ist eS nicht anzusehen, wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird, oder die Beziehung der für die Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten selbst fortfällt. 2. Einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Gewährung von Wartegeld snach Maßgabe der Vorschriften der Verordnungen vom 14. Juni und 24. Oktober 1848]1). Außer dem daselbst vorgesehenen Falle können durch sKönigliches Verfügung des Staatsministeriums jederzeit die nachbenann­ ten Beamten mit Gewährung des vorschriftsmäßigen Warlegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden: Staatssekretäre, Ministerialdirektoren und Ministerialdirigenten, Oberpräsidenten und Vizepräsidenten beim Oberpräsidium, Regierungspräsidenten und Vizepräsidenten, der Polizeipräsident und Polizeivizepräsident in Berlin, Beamte der Staatsanwaltschaft bei den Gerichten, Vorsteher staatlicher Polizeibehörden, Landräte, die Gesandten und andere diplomatische Agenten. Wartegeldempfänger sollen bei Wiederbesetzung erledigter Stellen, für welche sie sich eignen, vorzugsweise berücksichtigt werden. 3. Gänzliche Versetzung in den Ruhestand mit Gewährung der vor­ schriftsmäßigen Pension, nach Maßgabe der §§ 88 ff. dieses Gesetzes.

sAwtSansLhigkeit eines Stowten]

§ 88.

Ein Beamter, welcher durch Blindheit, Taubheit oder ein sonstiges körperliches Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder

1) Siehe hierzu die BO. v. 26. Febr. 1919 (GS. S. 33) über die einstweilige Versetzung der unmittelbaren Staatsbeamten in den Ruhe­ stand.

24. Preich. Difziplmargesetz (1852).

[24

geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, soll in den Ruhestand versetzt werden.

[SRitttUttiig Besoldun«S,esetz (1927).

gehaltsatz bereits zu derselben Zeit, zu der er in der verlassenen Be­ soldungsgruppe aufgestiegen wäre. (2) Die ruhegehaltsfähigen und unwiderruflichen Stellenzulagen, die der Beamte in der verlassenen Besoldungsgruppe bezogen hat oder in der neuen Besoldungsgruppe beziehen wird, gellen hierbei als Be­ standteile des Grundgehalts. (3) Bei Verleihung einer Stellenzulage ohne Wechsel der Besol­ dungsgruppe wird das Bcsoldungsdienstalter nicht geändert. (4) Beim Übertritt aus der Besoldungsgruppe A 2 d in die Be­ soldungsgruppe A 2 c während der ersten 18 Besoldungsdienstjahre, aus der Besoldungsgruppe A 3 in die Besoldungsgruppe A 2 c oder A 2 d während der ersten 10 Besoldungsdienstjahre, aus der Besoldungsgruppe A 4 e in die Besoldungsgruppe A 4 a, aus der Besoldungsgruppe A 4 d in die Besoldungsgruppe A 4c während der ersten 14 Besoldungsdienst­ jahre wird das Besoldungsdienstalter nicht geändert. Beim Übertritt aus der Besoldungsgruppe A 4 a in die Besoldungsgruppe A 4b oder umgekehrt gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, daß an die Stelle des nächst­ höheren Grundgehaltsahes der gleiche Grundgehaltsatz tritt, soweit ein solcher in der neuen Besoldungsgruppe vorhanden ist. (5) Beim Übertritt aus der Besoldungsgruppe A 8 in die Besol­ dungsgruppe A 7 oder A 6, aus der Besoldungsgruppe A 10 in die Besoldungsgruppe A 8 a sowie aus der Besoldungsgruppe A 11 in die Besoldungsgruppe A 10 wird das Besoldungsdienstalter höchstens um vier Jahre verkürzt. Beim Übertritt aus der Besoldungsgruppe A 2c in die Besoldungsgruppe A 2b sowie aus der Besoldungsgruppe A 4 c in die Besoldungsgruppe A 4b wird das Besoldungsdienstalter höchstens um acht Jahre verkürzt. (6) Beim Übertritt in eine Besoldungsgruppe mit höherem oder gleichem Endgrundgehalte, der der Beamte bereits früher angehört hat, erhält er daS frühere Besoldungsdienstalter dieser Besoldungsgruppe wieder. Hierbei gilt Abs. 2. Ergibt sich dabei ein Minderbetrag an Grundgehalt einschließlich der ruhegehaltsfähigen und unwiderruflichen Stellenzulagen, so wird dieser Minderbetrag als persönliche ruhegehalts­ fähige Zulage insoweit und so lange gewährt, bis er durch Aufsteigen in den Dienstaltersstufen ausgeglichen ist. (7) Beim Übertritt aus einer Besoldungsgruppe in eine andere mit niedrigerem Endgrundgehalte setzt die oberste Reichsbehörde im Einver­ nehmen mit dem Reichsminister der Finanzen daS Besoldungsdienftalter fest. (8) Abs. 1 bis 7 gellen nicht bei der Übernahme von Soldaten der Wehrmacht in den Zivildienst.

BesoldnnASdienstalterSs

§ 8.

(1) Der Beamte ist von der Festsetzung seines Besoldungs­

dienstalters schriftlich zu benachrichtigen.

[25

25. i«eich»IVesolduugS,esetz (1927).

(2) Die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden über die Festsetzung des Besoldungsdienstalters find für die Beurteilung der vor dem Gerichte geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche maßgebend.

2. Wohnungsgeldzuschuß.

8 »planmäßigen Beamten erhalten, wenn sie ihren dienstlichen Wohnsitz im Deutschen Reiche haben, einen Wohnungsgeldzuschuß nach der als Anlage 41) beigefügten Auf­ stellung. (1) Die

(2) Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, den Hunderisatz des auSzuzahlenden WohnungSgeldzuschusseS zu erhöhen. (3) Ledige Unteroffiziere und Mannschaften, denen kasernenmaßige Unterkunft gewährt wird, erhalten keinen WohnungSgeldzuschuß. Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeibeamten beim Reichswasserschutze. Die Bordunterkunst derjenigen ledigen Unteroffiziere und Mannschaften, die zur planmäßigen Besatzung in Dienst gestellter Krieg-fahrzeuge gehören, steht im Sinne vorstehender Bestimmung der kasernenmätzigen Unter­ kunft gleich. (4) Verheiratete weibliche Beamte erhalten den WohnungSgeld;uschuß zur Hälfte. Sie erhallen keinen Wohnungsgeldzuschuß, wenn der Ehemann Beamter oder Angestellter de- Reichs, eine- Landes, einer Gemeinde oder einer sonstigen Körperschaft deS öffentlichen Rechtes ist.

§ 10.

lLedige Beamt«!

(1) Ledige Beamte bis zum vollendeten fünfundvierzigsten Lebens­ jahre erhalten an Stelle des Wohnungsgeldzuschusses, der sich nach § 9 ergeben würde, den der nächstniedrigeren TarifÜaffe. An Stelle des

Wohnungsgeldzuschusses VII treten hierbei die um 40 vom Hundert ge­ kürzten Sätze. (2) Die einschränkende Bestimmung im Abs. 1 gilt nicht für Geistliche. § 11.

iDieustwohnungj Bei Einräumung einer mit einem Betrage, den die örtlichen Beamtenvertretung MietwertS sestsetzt, auf seine

Dienstwohnung wird diese dem Beamten zuständige Behörde unter Mitwirkung der und unter Berücksichtigung des örtlichen Dienstbezüge angerechnet.

lOrtSklasftuverreichai-s

§ 12.

U) Für die Einteilung der Orte oder von Ortsteilen in Ortsklassen ist das Ortsklasienverzeichnis, wie es durch die Der*) Hier nicht mit abgedruckt.

Bühler, Staat-recht.

21

25]

25. I«tichS IVessldunsS,esrtz (1927).

ordnung über die Achtzehnte Ergänzung des Besoldungsgesetzes vom 23. Oktober 1924 (Reichsbesoldungsblatt 6. 289) feftgeftellt worden ist, mit den inzwischen ergangenen Berichtigungen, Änderungen und Ergänzungen maßgebend. (2) Die Einreihung von Orten oder Ortsteilen in das Ortsklasienverzeichnis im Falle von Reuaufftellungen des Ver­ zeichnisses erfolgt durch den Reichsminifter der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats nach Maßgabe von Grundsätzen, die vom Reichsrat und einem Ausschuß des Reichstags festgelegt werden. (8) DaS Ortsklasienverzeichnis ist alsbald neu aufzustellen. Der Zeitpunkt für spätere Neuaufstellungen wird durch den ReichSrat und den Reichstag bestimmt. In der Zeit zwischen Neuaufstellungen kann der Reichsminister der Finanzen mit Zustimmung deS ReichSrats ein­ zelne Orte oder Ortsteile bei hervortretendem Bedürfnis nach Maßgabe der zuletzt aufgestellten Grundsätze in eine andere Ortsllasse einreihen. Zur Einreihung in niedrigere Ortsklassen ist in jedem Falle die Zu­ stimmung deS ReichSrats und eines Ausschusses deS Reichstags er­ forderlich. (4) Welcher Ortsklasse ein Ort außerhalb deS Deutschen Reichs zuzuweisen ist, bestimmt der Reichsminister der Finanzen. (5) Der Reich-minister der Finanzen kann Anlagen (Kasernen, Bahnanlagen usw.) und Ortsteile geringen Umfanges (Abbauten usw.), die mit der Gemeinde, in deren Bezirk sie liegen, nicht im Zusammen­ hänge stehen, von der Ortsklasie dieser Gemeinde auSnehmen und einer anderen Ortsklasse zuteilen, wenn ihr Verbleiben in der Ortsklafle ihrer Gemeinde eine erhebliche Härte bedeutet. (6) Die nach Abs. 2 bis 5 getroffenen Anordnungen sind dem Reichstag mitzuteilen.

lDienstlicher Wohnsitz]

§ 18.

(1) Der Wohnungsgelbzuschuß wirb nach der Ortsklasse des dienstlichen Wohnsitzes gewährt. (2) Bei Versetzungen sowie bei Dienstleistungen, die eine Verlegung des dienstlichen Wohnsitzes zur Folge haben, wird der Wohnungsgelbzuschuß vom Ersten des auf oie Änderung des dienstlichen Wohnsitzes folgenden Monats nach der Ortsklasie des Dersetzunasorts oder Dienftleistungsorts gezahlt. Ändert sich der dienstliche Wohnsitz am ersten Werktag eines Monats, so tritt der Wechsel in der Ortsklasie schon mit diesem Monat ein. (3) Hat die Verlegung des dienstlichen Wohnsitzes an einen Ort, der zu einer niedrigeren Ortsklasie gehört, eine Verminde­ rung des Wohnungsgeldzuschusies zur Folge, so wird hierdurch ein Entschädigungsanspruch nicht begründet.

25. lNeichS.jBesolduusSgrsrtz (1927).

[26

3. Kinderzuschläge.

§14. Die Beamten erhalten für jedes eheliche Kind Lis zum vollendeten einundzwanzigften Lebensjahr einen Kinderzuschlag von monatlich zwanzig Reichsmark). (1)

(2) Den ehelichen Kindern stehen gleich 1. für ehelich erklärte Kinder; 2. an Kindes Statt angenommene Kinder; 3. Stiefkinder, die in den Hausstand de- Beamten ausgenommen sind; 4. uneheliche Kinder, wenn die Vaterschaft deS Beamten feftgestellt ist und er daS Kind in seinen Hausstand ausgenommen hat oder auf andere Weise nachweislich für seinen vollen Unterhalt auf­ kommt, oder wenn der volle Unterhalt von dem weiblichen Be­ amten al- Mutier gewährt werden muh. (3) Für Kinder vom vollendeten sechzehnten biS zum vollendeten einundzwanzigsten Lebensjahre wird der Kinderzuschlag jedoch nur ge­ währt, wenn sie 1. sich in der SchulauSbildung oder in der Ausbildung für einen künftig gegen Entgelt auszuübenden Lebensberuf befinden und wenn sie 2. nicht ein eigenes Einkommen von mindesten- monatlich dreißig Reichsmark haben. (4) Für Kinder, die wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen dauernd erwerbsunfähig sind und die nicht ein eigene- Einkommen von mindestens monatlich dreißig Reichsmark haben, wird der Kinder­ zuschlag ohne Rücksicht auf das Lebensalter weitergewährt. (5) Die oberste Reichsbehörde kaan im Rahmen der Vorschriften der Abs. 1, 3 und 4 Kinderzuschläge auch für Pflegekinder und Enkel ge­ währen, wenn der Beamte diese in seinem Haushalt ausgenommen hat und für ihren Unterhalt und ihre Erziehung keine Vergütung erhält. (6) Für ein und dasselbe Kind kann der Kinderzuschlag nur ein­ mal gewährt werden. (7) Die Kinderzuschläge fallen fort mit dem Ablauf deS Monats, der auf den Monat folgt, in dem das für den Wegfall maßgebende Ereignis sich zugetragen hat. (8) Verheiratete weibliche Beamte erhalten Kinderzuschläge für gemeinsame Kinder nur, wenn der Ehemann bei Berücksichtigung seiner

x) Gemäß § 4 des Kap. präsidenten v. 5. Juni 1931 1931) beträgt der monatliche das zweite 20 das dritte weitere Kind je 30 W.

I im 2. Teil der Verordnung deS Reichs­ (RGBl. I S. 279) (Juni-Notverordnung Kinderzuschlag für das 1. Kind 10 Ä-l, und vierte je 25 W, das fünfte und jedes

25]

25. lReichS IBes-lbungS-esetz (1927).

sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des standes mäßigen Unterhalts der Familie diese zu unterhalten. Entsprechendes gilt für die geschiedenen weiblichen Beamten.

4. Zulagen.

§15. die in diesem Gesetze nicht vorgesehen sind, dürfen nur gewährt werden, soweit der Reichshaushaltsplan dies bestimmt oder besondere Mittel dazu zur Verfügung stellt. Zn gleicher Weife können in Ausnahmefällen Vergütungen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen gewährt werden. (1) Zulagen,

(2) übt ein Beamter auf Veranlagung seiner vorgesetzten Dienst behörde eine Tätigkeit im Vorstand, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat einer Gesellschaft aus, an welcher das Reich beteiligt ist, so ist er ver­ pflichtet, alle Bezüge, die er von der Gesellschaft — gleichviel in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung — erhält, seiner vorgesetzten Dienstbehörde anzuzeigen und an die Reichskasse abzuliefern. Die Höhe der Bezüge, die dem Beamten als Ersatz für tatsächliche Aufwendungen belassen werden können, bestimmt die vorgesetzte Dienstbehörde nach Grundsätzen, die vom Reichsminister der Finanzen zu erlagen sind. In Ausnahmesällen kann dem Beamten nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen eine besondere Vergütung belasten oder bewilligt werden. In den Fällen dieses Absatzes findet § 16 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Reichsbeamtengesetzes in der Fastung der Bekannt­ machung vom 18. Mai 1907 (ReichSgesetzbl. S. 245) keine Anwendung.

II. Aatzerplanmichige Beamte. § K1). (1) Die außerplanmäßigen Beamten erhalten bei voller Beschäftigung im Reichsdienst Diäten nach Maßgabe der als Anlage 52) beiliegenden Ausstellung sowie den Wohnungsgeldzuschuß, den sie in der ersten DienstalterSstufe der Besoldungsgruppe beziehen würden, in der sie beim regelmäßigen Verlauf ihrer Dienstlaufbahn zuerst planmäßig angestelll werden. (2) § 1 Abs. 1 Satz 2, § 3, §§ 9 bis 15 gellen entsprechend. (3) Die außerplanmäßige Dienstzeit soll fünf Jahre, bei Ver sorgungSanwärtern vier Jahre, bei den vor dem 1. Januar 1925 ein­ gestellten weiblichen Beamten der Deutschen ReichSpost acht Jahre nicht übersteigen. t) § 16 Absatz 4 ist durch Art. N d. G. v. 8. März 1930 (RGBl. II S. 31) gestrichen worden. 2) Hier nicht mit abgedruckt.

25. lReichS'IBes-ldun,Gesetz (1927). lDiäteudieustalters

[25

§ 17.

(1) Das Diätendienstalter beginnt mit dem Tage des Eintritts als außerplanmäßiger Beamter, soweit nicht in diesem Gesetz oder in den Ausführungsbestimmungen dazu etwas anderes bestimmt oder zugelassen ist. (2) Zivilanwärter erhalten vom Beginne des sechsten, Versorgungs­ anwärter vom Beginne des fünften, die vor dem 1. Januar 1925 ein­ gestellten weiblichen Beamten der Deutschen Reichspost vom Beginne des neunten Diätendienstjahrs an Diäten in Höhe der Grundgehälter der ersten Tienstaltersstufe der planmäßigen Beamten ihrer EingangSgruppe. Die zur Zeit des Inkrafttretens diese- Gesetzes im Dienste be­ findlichen außerplanmäßigen Beamten rücken wie die planmäßigen Be­ amten weiter im Grundgehalt aus. (3) Bei Beamten, die bestimmungsgemäß einen Vorbereitungsdienst zu vollenden haben, beginnt das Diätendienstaller unmittelbar nach Ablauf der für den Vorbereitungsdienst vorgeschriebenen Zeit, soweit nicht in besonderen Fällen in den Ausführung-bestimmungen etwas anderes bestimmt oder zugelassen ist. Die Zeit des Vorbereitungs­ dienstes verlängert sich um so viel, als der Beamte die etwa vorge­ schriebene Prüfung durch eigenes Verschulden verspätet abgelegt hat. Die Verwaltung kann die Zeit des Vorbereitungsdienstes auch auS anderen Gründen verlängern. (4) Die Zeit einer vollen Beschäftigung gegen Entlohnung im privatrechtlichen Vertragsverhältnis wird auf daS Diätendienstaller an­ gerechnet, sofern der Beamte mit Aussicht auf dauernde Verwendung ständig und hauptsächlich mit den Dienstverrichtungen eine- Beamten betraut gewesen ist und die Beschäftigung in unmittelbarem Anschluß daran bei der gleichen Dienstlaufbahn zur Übernahme in das Beamten­ verhältnis geführt hat. Bon der hiernach anzurechnenden Zeit ist ein von der obersten Reichsbehörde zu bestimmender Teil als BorbereitungS;eit abzuziehen. (5) Die vor dem vollendeten zwanzigsten Lebensjahre zurückgclegte Dienstzeit gilt stets als Borbereitungszeit.

III. Allgemeine Vorschriften. jBekleidung mehrerer Stellens § 18. (1) Beamte, die gleichzeitig mehr als eine Stelle im Reichsdienft bekleiden, erhalten nur die Dienstbezüge der Stelle, die auf den höchsten Satz Anspruch gibt. (2) Beamte, die im Reichsdienft nur ein Nebenamt be­ kleiden, erhalten keinen Wohnungsgeldzuschutz und keine Kinder­ zuschläge. (3) Bezieht ein Beamter ein Grundgehalt aus Reichsmitteln und zugleich aus Mitteln eines Landes, einer Gemeinde oder

25]

25. IXeich- IVessldimsSsesetz (1927).

einer sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechtes, so erhält er vom Wohnungsgeldzuschuh und von den Kinderzuschlägen aus Reichsmitteln nur den Teilbetrag, der dem aus Reichsmitteln bezahlten Grundgehalt entspricht. Die Höhe des Wohnungs­ geldzuschusses richtet sich nach dem höchsten Grundgehalte.

sNrbeubezügel

§ 19.

Mit einem Amte verbundene Nebenbezüge, namentlich Feuerungs- und Beleuchtungsmittel, Dienstbekleidung, Jagd­ nutzung, Nutzung von Dienstgrundstücken und dergleichen, werden den Beamten mit einem angemessenen Betrag auf die Dienftbezüae angerechnet. Die Höhe dieses Betrags setzt die oberste Reichsbehörde im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen fest.

fDienstkleidungs

§ 20.

(1) Unteroffiziere und Mannschaften erhalten neben der Besoldung Dienstdekleidung, in der Marine Dienstbekleidung oder Kleidergeld.

(2) Offiziere und Deckoffiziere bis zur Besoldungsgruppe C 4 auf wärts erhalten neben der Besoldung eine Entschädigung für besondere Abnutzung der Dienstbekleidung nach näherer Bestimmung des Reichs­ haushaltsplans. Das gleiche gilt für Beamte der Wehrmacht, die wie Offiziere zum dauernden Tragen der Dienstbekleidung verpflichtet sind. (3) Die Soldaten der Wehrmacht von der Besoldungsgruppe C 4 bis zur Besoldungsgruppe C 21 haben Anspruch auf freie ärztliche Be­ handlung sowie nach Maßgabe des Reichshaushaltsplans Anspruch auf freie Krankenhauspflege und auf Gebrauch von Heil- und Kurmitteln. Außerdem haben sie Anspruch auf freie ärztliche Behandlung ihrer Ehe­ frau und der nach § 14 zu berücksichtigenden Kinder durch den Truppen­ oder Garnisonarzt.

(4) Für die in Natur gewährte Verpflegung werden den Angehö­ rigen der Wehrmacht Beträge in einer durch den Reichshaushaltsplan festzusetzenden Höhe einbehalten. (5) Entschädigungen an eingeschiffte Angehörige der Marine und an daS Maschinenpersonal der in Dienst gestellten Kriegsfahrzeuge werden durch den Reichshaushaltsplan geregelt. (6) Die nach § 20 Abs. 1 bis 3 den Angehörigen der Wehrmacht gewährten Naturalbezüge und Entschädigungen fallen unter § 8 Nr. 6 deS Einkommensteuergesetzes vom 10. August 1925 (Reichsgcsetzbl. I S. 189), nicht dagegen Dienstwohnungen, kasernenmäßige Unterkunft und Teile der Dienstbezüge, die für Verpflegung einbehalten werden. (7) Abs. 1, 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 gelten entsprechend für die Polizeibeamten beim Reichswasserschutze.

25. lNeichSIVeselbungSgefetz (1927).

ü)i«af»(iaac]

[25

§ 21.

(1) Die Dienstbezüge werden monatlich im voraus ge­ zahlt. Der Reichsminister der Finanzen kann mit Zustimmung des Reichsrats und deS Ausschusses deS Reichstags für den Reichshaushalt bestimmen, daß die Dienstbezüge der planmäßigen Beamten und der Offiziere der Wehrmacht bei Überweisung auf ein Konto vierteljährlich im voraus gezahlt werden dürfen. (2) Abs. 1 gilt entsprechend für Ruhegehälter und Wartegelder. (3) Für welche Zeitabschnitte die Dienstbezüge der Mannschaften und Unteroffiziere der Wehrmacht gezahlt werden, bestimmt der Reichs­ wehrminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen. Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeibeamten beim Reichswasserschutze. (4) Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, Vorschriften über die Abrundung der auSzuzahlenden Beträge zu erlassen.

IV. Übergang-vorschriften.

§22. Die Überleitung der am 30. September 1927 im Amte gewesenen Beamten ergibt sich auS der als Anlage 61) beigefügten Übersicht.

§28. (1) DaS Besoldungsdienstalter der am 30. September 1927 im Amte befindlichen planmäßigen Beamten auS dem Stande der Bersor« gungSanwärter (§ 5 Abs. 3 bis 7) wird in der Weise verbeffert, daß neben der bereit- angerechneten Dienstzeit noch die im Heere, in der Marine oder in der Schutzpolizei oder im Dienste deS ReichSwasserschutzeS vom Beginne deS vierzehnten bis zum Ende des neunzehnten DienstjahrS -urückgelegte Zeit zur Hälfte angerechnet wird. (2) Bei der Festsetzung des BesoldungSdienstalterS der am 30. Sep­ tember 1927 noch nicht planmäßig angestellten, aber im Dienste befind­ lichen oder vorgemerkten BersorgungSanwärter wird neben der nach § 5 Abs. 3 bis 7 anzurechnenden Dienstzeit noch die im Heere, in der Marine oder in der Schutzpolizei oder im Dienste des ReichSwaflerschutzes vom Beginne des sechzehnten bis zum Ende deS neunzehnten Dienst­ jahrS zurückgelegte Zeit zur Hälfte angerechnet.

jUmbilduug vo» RetchSbehSrbeas

§24.

(1) Beamte, die infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aus Anlaß der Umgestaltung des Staatswesens aus dienstlichen Rücksichten in Stellen von geringerem Diensteinkommen verwen*) Hier nicht abgedruckt.

25]

25. l«eichS IVessldun,»-efttz (1927).

bet werben, erhalten währenb der Dauer bieser Verwendung die Dienstbezüge, die sie in ihrer früheren Stelle nach ben Vor­ schriften dieses Gesetzes bezogen hätten. (2) Abs. 1 gilt nicht für die Soldaten der Wehrmacht. V. Vartegelder, Ruhegehälter und Hinterbliebenenbezüge.

sReufestsetzuu-j

§ 25.

Die Bezüge der beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im einstweiligen Ruhestände befindlichen Beamten werden mit Wirkung vom 1. Oktober 1927 nach den geltenden Vorschriften neu festgesetzt.

jSrhShuug]

§ 26.

(1) Die Bezüge der beim Inkrafttreten dieses Gesetzes int dauernden Ruhestande befindlichen Beamten und der Ruhegehalt oder Ubergangsgebührnisse beziehenden Soldaten sowie die Bezüge der Hinterbliebenen der bis dahin int Dienste oder int einstweiligen oder dauernden Ruhe stände verstorbenen Beamten und Soldaten werden mit Wirkung vom 1. Oktober 1927 ab in der Weise erhöht, daß dem für die Berechnung des ruhegehaltsfähigen Diensteinkommens bisher maßgebend gewesenen Grundgehalte bei einem Grundgehalte bis einschließlich 1 800 Reichsmark .... 25 vom Hundert, von mehr als 1 800 Reichsmark bis einschließ­ lich 3 500 Reichsmark............................................ 22 ,, von mehr als 3 500 Reichsmark bis einschließ­ lich 6 000 Reichsmark.............................................19 „ von mehr als 6 000 Reichsmark bis einschließ­ lich 12 000 Reichsmark.............................................16 hinzutreten. Der sich hierbei als neues Grundgehalt ergebende Betrag ist auf volle Reichsmark auszurunden. Er darf nicht höher sein als 13 200 Reichsmark. (2) Soweit sich bei der Unterstellung des niedrigeren Grenzbetrags (1 800, 3 500, 6 000 Reichsmark) als bisheriges Grundgehalt ein höherer Betrag ergibt, ist dieser als neues Grundgehalt der Berechnung des ruhegehaltsfähigen Diensteinkommens zugrunde zu legen.

sAltversorguugAherechtißtel

§ 27.

(1) Bei den infolge der einschränkenden Vorschriften der Ziffer 24 der Ausführungsbestimmungen zum Pensionsergänzungsgesetz in bei Eingangsgruppe verbliebenen AltversorgungSberechtigten werden die im § 26 angegebenen Hundertsätze um 8 (auf 33, 30, 27, 24 vom Hundert) erhöht. (2) Eine gleiche Erhöhung der int § 26 angegebenen Hundertsätze erhalten, sofern nicht bereits Abs. 1 Anwendung findet, diejenigen Alt­ versorgungsberechtigten, die int Falle der Ausdehnung der in Ziffer 25

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25. I«eich-IBef-ldunss,efetz (1927).

[25

der vorerwähnten Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Fußnoten auf sie in eine höhere Besoldungsgruppe einzureihen gewesen wären. Ebenso werden die Beamten der Besoldungsklasse Nr. 21 des Reichs­ besoldungsgesetzes vom 15. Juli 1909 behandelt. (3) Für eine Erhöhung nach Abs. 1 oder 2 kommen nur diejenigen dort bezeichneten Altversorgungsberechtigten in Frage, deren gesetzliches Ruhegehalt für September 1927 zusammen mit dem Frauenzuschlage nicht den Betrag des Ruhegehalts erreicht hat, zu dem ihnen auf Grund des § 1 des Pensionsergänzungsgesetzes vom 1. April 1920 ab ein Zuschuß gewährt worden ist oder hätte gewährt werden müssen.

(1) Zu dem nach §§ 26, 27 erhöhten Grundgehalte wird der W o h nungsgeldzuschuß (§§ 9, 86 Satz 1) nach der bisherigen Tarif­ klasse hinzugerechnet. (2) Der Jahresbetrag der erhöhten Ruhegehälter, Witwen- und Waisengelder ist so aufzurunden, daß bei der Teilung durch drei sich volle Markbeträge ergeben.

§2*. Bei der Regelung nach § 26 finden bei den mit Ruhegehalt nach dem Wehrmachtversorgungsgesetz abgefundenen Soldaten die Vor­ schriften des § 36 dieses Gesetze- in der Fassung vom 19. September 1925 Anwendung.

§30. Neben den nach §§ 26 ff. erhöhten Bezügen wird der Frauenz u s ch l a g nach den bis zum 30. September 1927 geltenden Vor­ schriften gewährt.

§31. Neben dem Wartegelde, Ruhegehalt und Witwengelde werden all­ gemein Kinderzuschläge nach den für die Beamten im Dienste geltenden Vorschriften gewährt. Nach denselben Vorschriften erhalten ledige waisengeldberechtigte Waisen die Kinderzuschläge bis zum voll­ endeten einundzwanzigsten Lebensjahre, wenn Witwengeld nicht zu zahlen ist.

§32. Das nach §§ 25 ff. neu ermittelte Grundgehalt ist bei Anwendung der R u h e n s v o r s ch r i s t e n auf die dort bezeichneten Bezüge auch der Berechnung des früheren Diensteinkommens zugrunde zu legen.

§33. In Einzelfällen, in denen sich aus den Vorschriften des 8 26 b e sondere Härten ergeben, kann die oberste Reichsbehörde im Ein-

25]

25. lNrichS.I»e1»ldrm-S-esetz (1927).

vernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen einen Ausgleich ge­ währen.

VI. Schlvtzvorschristen. lAmt-bezeichmmgenj

§ 34.

Änderungen der in diesem Gesetze vorge­ sehenen Amtsbezeichnungen erfolgen durch den Reichspräsidenten.

tBersetzungl

§ 35.

Die Versetzung in ein Amt, das mit einem niedrigeren End­ grundgehalt ausgettattet ist als das bisher bekleidete Amt, gilt gleichwohl als Versetzung in ein Amt von nicht geringerem plan­ mäßigen Diensteinkommen im Sinne des § 23 des Reichs­ beamtengesetzes, wenn das Endgrundgehalt der bisherigen Be­ soldungsgruppe zuzüglich der dem Beamten verliehenen ruhe­ gehaltsfähigen und unwiderruflichen Stellenzulagen nicht höher ist als das Endgrundgehalt der neuen Besoldungsgruppe zuzüg­ lich der dem Beamten in der neuen Besoldungsgruppe verliehe­ nen ruhegehaltsfähigen und unwiderruflichen Stellenzulagen. lBerechnuug de- Ruhegehalt»)

§ 86.

Das der Berechnu^a des Ruhegehalts zugrunde zu legende Dientteinkommen der Reichsbeamten besteht aus dem Grundgebalte, das der Beamte zuletzt bezogen hat, dem Wohnungsgeldzuschusie für die Ortsklasse B, und zwar auch dann, wenn der Beamte einen Wohnunasgeldzuschuß nicht oder nur teilweise be­ zogen hat, und den Anlagen, die in diesem Gesetz oder im Reichshaushaltsplan als ruhegehaltsfähig bezeichnet sind. § 10 gilt entsprechend. svisher höhere Dieustbezüge)

§ 87.

(1) Waren die bisherigen Dienstbezüge eines Beamten nach dem Stande vom 30. September 1927 höher als die ihm auf Grund diese« Gesetzes zustehenden Dienstbezüge, so ist ihm der UnterschiedSbetrag, so weit eS sich um ruhegehaltsfähige Bezüge handelt, als ruhegehaltsfähiger Zuschuß, im übrigen als nicht ruhegehaltsfähiger Zuschuß über den Reichshaushaltsplan bis zu dem Zeitpunkt weiter zu gewähren, in dem er durch die Erhöhung der neuen Bezüge ausgeglichen wird. Hierbei bleiben außer Anrechnung 1. neu zu gewährende Kinderzuschläge, 2. Erhöhungen deS WohnungSgeldzuschusses insoweit, als sie ledig­ lich infolge der Hinaufsetzung eines Ortes in eine höhere Orts-

25. lReichS.,Be1,ldim-Sgesetz (1927).

[25

klasse oder der Bersetzung an einen Ort einer höheren Ortsklasse eintreten. (2) Abs. 1 gilt nicht hinsichtlich der örtlichen Sonderzuschläge.

l Besondere Beamtengruppe«)

§ 38.

(1) Die Reichsregierung ist ermächtigt, mit Zustimmung des

Reichsrats und des Ausschusses des Reichstags für den Reichs­ haushalt, Beamte, die in den diesem Gesetze beigefügten Besoldungeordnungen nicht aufgeführt find, einer der vorhandenen Besoldungsgruppen zuzuteilen. (2) Abs. 1 gilt sinngemäß für Wartegeldempfänger, Ruhegehaltsempfänaer und Hinterbliebene. (3) Der Reichsminifter der Finanzen ist ermächtigt, an Stelle der in anderen Gesetzen für die Bemessung von Bezügen angeführten Gruppen des Besoldungsgesetzes vom 30. April 1920 lReichsgesetzbl. 6. 805) die entsprechenden neuen Besol­ dungsgruppen zu bestimmen. [Änbttewgt* der Dieustbezüges

§ 89.

der durch dieses Gesetz a e reaelten Dienftbezüge, Wartegelder, Ruhe­ gehälter, Hinterbliebenenbezüge und Ver­ sorgungsgebührnisse, ebenso Änderungen der Einreihung der Beamten in die Gruppen der Besoldungsordnungen können durch Ge­ setz erfolgen. (2) Werden Beamte durch eine solche Änderung hinfichtlich ihrer Dienstbezüae oder hinfichtlich ihrer Einreihung in die Gruppen der Besoldungsordnung mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zurückzu­ erstatten. (3) Abs. 2 gilt finngemäß für Versorgungsberechtigte. (1) Änderungen

lWegfall von veamteuftelle«!

§ 40.

Für die Dauer von zunächst fünf Jahren, beginnend mit dem 1. April 1928, fällt von j e drei freien oder frei werdenden planmäßigen Beamtenstellen der Besoldunasordnung A aufsteigende Gehälter, Anlage l1) zu diesem Gesetz, eine Stelle weg. Dies gilt nicht, wenn eine Wahrnehmung der Geschäfte durch eine Hilfskraft nach gesetzlicher Vorschrift unzuläsfig ist. Im übrigen find Ausnahmen nur mit Zustimmung des Reichsminifters der Finanzen statthaft, über die zugelafHier nicht abgedruckt.

25]

25. l«tichS.IBtsolduugS,esetz (1927).

jenen Ausnahmen find dem Ausschuß für den Reichshaushalt vierteljährlich Übersichten vorzulegen. lErhöhmr-der Bezüge der Landes- nfw. Beamten!

§ 41.

Soweit Länder, Gemeinden (Gemeindeverbände) und Or­ gane des öffentlichen Rechtes (Handelskammern, Handwerks­ kammern, Landwirtschaftskammern, Krankenkassenverwaltungen, Berufsgenoffenschaften usw.) die Besoldung in einem den Vor­ schriften dieses Gesetzes entsprechenden Ausmaß erhöhen, finden die allgemeinen Grundsätze des § 40 nach näherer Bestimmung des Landesrechts entsprechende Anwendung. lLaudeS- and Gemeindedeamte]

§ 42.

Soweit Länder, Gemeinden (Gemeindeverbände) und Organe des öffentlichen Rechtes die Besoldung in einem den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Ausmaß erhöhen, sind sie verpflichtet, bei der Überleitung der vorhandenen Stellen in die neue Besoldungsordnung für jeden einzelnen Fall zu prüfen, ob die in den entsprechenden Gruppen der alten Besoldungs­ ordnung befindlichen Beamten nach ihrer Anzahl und nach ihren Aufgaben sämtlich oder nur zum Teil in die neue Besoldungs­ gruppe zu überführen find. Die Länderregierungen treffen Vor­ schriften über die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschrift durch die Gemeinden (Eemeindeverbände) und die Organe des öffentlichen Rechtes. § 43.

Die Vorschriften des § 40 finden auf die Reichspostverwal­ tung entsprechende Anwendung. sJukrafttrete«!

§ 44.

(1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 1927 in Kraft. (2) Mit dem gleichen Zeitpunkt tritt das Besoldungsgesetz vom 30. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 805) außer Kraft. sAu-führu»g-destim«»»genI

§ 45.

Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erläßt der Reichsminister der Finanzen mit Zustimmung des Reichsrats. Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, mit Zustim­ mung des Reichsrats und des Ausschusses des Reichstags für den Reichshaushalt Bestimmungen für solche Fälle zu treffen, in denen die besondere Lage der Verhältnisse eine abweichende Regelung geboten erscheinen läßt.

25a. Preußische» Besoldung^esetz (1927).

[25 a

25 a. Aus dem lpreuh.s Gesetz über die Dienst­ bezüge der unmittelbaren Staatsbeamten (preußisches Besoldungsgesetz). Vom 17. Dezember 1927 (GS. S. 223) übgeändert durch die Verordnung vom 12. September 1931 (GS. S. 179). Aufbau

I. II. III. IV.

des

Gesetzes:

Planmäßige Beamte............................................................... §§ 1—14 Nichtplanmäßige Beamte.....................................................§§ 15—18 Wartegeld, Ruhegehaltund Hinterbliebenenbezüge . §§ 19—29 UbergangSvorfchristen.......................................................... §§ 30—33

lAuss V. Schlstvvrschriste« (§§ 34—44).

[änbetniigen bet Dienst»«,ü«e)

§ 8».

(1) Änderungen der durch dieses Gesetz geregel­ ten Dienstbezüge, Wartegelder, Ruhegehälter, Ubergangsgebührnisse und Hinterbliebenenbe­ züge, ebenso Änderungen der Einreihung der Beamten in die Gruppen der B e s o l d u n g s o r d n u n g können durch Gesetz erfolgen. (2) Werden Beamte oder Bersorgungsberechtigte durch eine solche Änderung hinsichtlich der im Abs. 1 genannten Bezüge oder hinsichtlich ihrer Einreihung in die Gruppen der Besoldungsordnung mit rückwir­ kender Kraft schlechter gestellt, so sind die UnterschiedSbeträge nicht zurückzuerstatten. (3) In allen übrigen Fällen sind zuviel erhobene Dienstbezüge, Wartegelder, Ruhegehälter, UbergangSgebührnisse und Hinterbliebenen­ bezüge, auch soweit eine Bereicherung nicht mehr vorliegt, zurückzu­ zahlen.

§40. Der Finanzminister ist ermächtigt, int Einvernehmen mit dem Fachminister an Stelle der in anderen Gesetzen für die Bemessung von Bezügen angeführten Besoldungsgruppen des Beamten-DiensteinkommenSgesetzes vom 17. Dezember 1920 in der Fassung der Bekannt­ machung vom 13. Mai 1924 (Gesetzsamml. S. 487) die entsprechenden neuen Besoldungsgruppen zu bestimmen.

sSuber««ge» bnrch ben StaatShatr-halts

§ 41.

Änderungen der Besoldungsordnung können insoweit durch den Staatshaushalt erfolgen, als sie durch Änderungen in der Organisation

25 a]

25a. Preußisches BesoldungS-esetz (1927).

der Staatsverwaltung, insbesondere auch durch die Einrichtung neuer in der Besoldungsordnung nicht aufgesührter Beamtenklasten, erforder­ lich werden.

IS»Sf>hr»»I»d»rschrift«I

§ 42.

(1) Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes be­ auftragt. Die Ausführungsbestimmungen sind dem Landtage vorzulegen. (2) Der Finanzminister ist ermächtigt, in Ausnahmefällen eine von den vorstehenden Gesetzesbestimmungen abweichende Regelung zuzulassen, sofern die besondere Lage der Verhältnisse es geboten erscheinen läßt.

§43. Auswirkungen auf die Beamten und ständig Angestellten der Gemeinden und Gemeindeverbaade.

(1) Gemeinden und Gemeindeverbände im Sinne des Kommunaldeamtengesetzes vom 30. Juli 1899 (Gesetzsamml. S. 141) sind ver­ pflichtet, unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die Dienst­ bezüge ihrer hauptamtlich angestellten Beamten, das Wartegeld und Ruhegehalt dieser Beamten und die Versorgung ihrer Hinterbliebenen so zu regeln, daß diese Bezüge den Grundsätzen dieses Gesetzes entsprechen. Gesetzliche Änderungen dieser Bezüge bei den unmittelbaren Staats­ beamten, die gemäß § 39 erfolgen, sind entsprechend vorzunehmen; im übrigen findet § 39 Abs. 3 entsprechende Anwendung. (2) Diese Bestimmungen finden mit Ausnahme des Ruhegehalts und des Witwen- und Waisengeldes aus die nach Gemeindebeschluß (Beschluß des Gemeindeverbandes) den Beamten gleichzuachtenden ständig Angestellten und Anwärter Anwendung. (3) Für die Versorgung-anwärter erfolgt die Berechnung des BesoldungSdienstalterS nach den für die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden Vorschriften. DaS gleiche gilt für die Beamten, ständig An­ gestellten und Anwärter hinsichtlich der Anrechnung der Kriegsdienstzeit auf daS Anwärter- und Besoldungsdienstalter und die ruhegehaltsfähige Dienstzeit. (4) Die Aufsichtsbehörden können in Fällen erheblicher Verletzung der im Abs. 1 und Abs. 2 enthaltenen Bestimmungen verlangen, daß eine entsprechende Regelung erfolgt. In Fällen deS Widerspruchs ent­ scheidet die Beschlußbehörde, und zwar für Beamte der Landgemeinden und Amtsbezirke (Ämter, Landbürgermeistereien) der Kreisausschuß, im übrigen der Bezirksausschuß. (5) Die Minister deS Innern und der Finanzen erlösten die zur Ausführung dieser Bestimmungen erforderlichen Anordnungen.

26. sReichSsWehrgejetz (1-21).

[26

VI. Wehrmacht. 26. (ReichS-)Wehrgesetz. Dom 23. März 1921 (RGBl. ©. 329) mit den Änderungen durch das Gesetz vom 18. Juni 1921 (RGBl. S. 787)') ’).

I. Gliederung und Besehlsverhaltnifle.

§ 1. (1) Die Wehrmacht der Deutschen Republik ist die Reichs­

wehr. Sie wird gebildet aus dem Reichsheer und der Reichs­ marine, die aus^freiwilligen Soldaten und nicht im Waffen­ dienste tätigen Militärbeamten gebildet und ergänzt werden. 3u den Soldaten gebären die Offiziere aller Gattungen, die Deckoffijiere, Unteroffiziere und Mannschaften. (2) Alle Angehörigen der Wehrmacht müssen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. (3) Die allgemeine Wehrpflicht ist im Reiche und in den Ländern abgeschafft.

lGröße des Reichsheeresl

§ 2.

Die Zahl der Soldaten und Militärbeamten des Reichsheers beträgt höchstens 100 000. Zn diese 3abl sind eingeschlossen 4 000 Offiziere und im Ofsizierrana stehende Militärbeamte als Höchstzahl'). Hierzu treten 300 Eanitats- und 200 Veterinäroffizrere. *) DaS Gesetz über die Bildung einer vorläufigen Reichswehr v. 6. März 1919 (RGBl. S. 295) und das Gesetz über Bildung einer vor­ läufigen Reichsmarine v. 16. April 1919 (RGBl. S. 431) sind mit Ab­ lauf des Tages, an dem das Wehrgesetz verkündet wurde, außer Kraft getreten. (Siehe daS G. v. 31. März 1920 — RGBl. S. 850 —). ’) Siehe als Ergänzung zum Wehrgesetz die BO. über die Ergän­ zung des Heeres v. 9. Dez. 1927 (RGBl. II S. 1169). *) § 2 geändert durch Art. I des Gesetzes zur Änderung des Wehr­ gesetzes v. 18. Juni 1921.

26]

26. l«eich».Wrhr,esetz (1921).

[öiwteiluite bei ReichAheereS]

§ 3.

(1) Im Reichsheer werden aufgestellt: 21 Infanterieregimente! zu je 3 Bataillonen und je 1 Minenwerferkomvagnie, 21 Ausbildungsbataillone, 18 Reiterregimenter zu je 4 Eskadronen, 7 selbständige Eskadronen, 18 Ausbildungseskadronen, 7 Artillerieregimenter zu je 3 Abteilungen, 3 selbständige Artillerieabteilungen, 7 Ausbildungsbatterien, 7 Pionierbataillone, 7 Nachrichtenabteilungen, 7 Kraftfahrabteilungen, 7 Fahrabteilungen, 7 Sanitätsabteilungen. (2) Hieraus werden 2 Eruppenkommandos, 7 Divifionen und 3 Reiterdivisionen gebildet. IBefehlignngj § 4. (1) Die kleinste Truppeneinheit (Kompagnie usw.) des Reichs­ heers wird in der Regel durch einen Hauvtmann oder Ritt­ meister mit Hilfe der erforderlichen Anzahl von Leutnanten (Oberleutnanten) und Unteroffizieren befehligt. An der Regel steht an der Spitze eines Bataillons (einer Abteilung) ein Stabsoffizier (Oberstleutnant, Major), an der Svitze eines Re­ giments ein älterer Stabsoffizier (Oberst, Oberstleutnant). Die Infanterie sowie die Artillerie der Divisionen werden je einem Führer (General oder Oberst) unterstellt. Aede Division und jede Gruppe wird von einem General befehligt, dem ein Stab beigegeben ist. Jede Division wird in der Regel in einem Wehr­ kreis untergebracht. (2) In Festungen, arotzen offenen Orten und auf Truppen­ übungsplätzen können Kommandanturen errichtet werden. lGr-tze der Stei*6**ri*e)

§ 6.

Die Zahl der Soldaten und Militärbeamten der Reichs­ marine beträgt höchstens 15 000. In diese Zahl sind eingeschlosien 1 500 Offiziere und Deckoffiziere. |öinleil*eg bet Äei*M«i*e]

§ 6.

(1) Die Reichsmarine besteht aus den Marineteilen zur See und am Lande. (2) Die Flotte wird gebildet aus: 6 Linienschiffen,

s2d

26. INeichS-ISetzr-esetz (1921). 6 kleinen Kreuzern, 12 Zerstörern und 12 Torpedobooten. sZugeh-rigkeit -ur Wehrmacht)

§ 7.

Außerdem gehören zur Wehrmacht in Grenzen der in den &§ 2 und 5 festgesetzten Stärken die Soldaten und die Militär­ beamten der Behörden, der Schulen und der sonstigen Ein­ richtungen des Reichsheers und der Reichsmarine.

lvefehlsführuusl

§ 8.

(1) Die Befehlsführung liegt ausschließlich in der Hand der

gesetzmäßigen Borgesetzten. (2) Der Reichspräsident ist oberster Befehlshaber der ge­ samten Wehrmacht. Unter ihm übt der Reichswehrminifter Befehlsgewalt üoer die gesamte Wehrmacht aus1). An der Spitze des ReichHeers steht ein General als Lhef der Heereslertuna, an der Spitze der Reichsmarine ein Admiral als Thef der Marineleitung. sBertrauea-leatej § 9. Für alle Kommandobehörden und Truppeneinheiten find Vertrauensleute zu wählen. lOttrei» »ad SUcinelammtr] § 10. (1) Als beratende und begutachtende Körperschaften find beim Reichswehrministerium eme Heeres- und eine Marmekammer zu bilden, deren Mitglieder aus geheimer Wahl her­ vorgehen. (2) Die Heeres- und die Marinekammer find dem Reichs­ wehrminister unmittelbar unterstellt. (3) Die Verfassung und die Zuständigkeit der Heeres- und der Marinekammer wird durch ein Reichsgesetz geregelt werden').

sBererdnaag-recht)

§ 11.

Das militärische Verordnungsrecht wird vom Reichsprästdenten ausgeübt'). !) Hierzu siehe die BO. v. 20. Aug. 1919 (RGBl. S. 1475). 2) Das noch nicht ergangen ist. s) Als Ausfluh des militärischen Verordnungsrechts ist die Diszi­ plinarstrafordnung für das Reichsheer v. 18. Mai 1926 (RGBl. II S. 265), geändert durch BO. v. 3. März 1928 (RGBl. II S. 47), für die Reichsmarine v. 22. Mai 1926 (RGBl. II S. 309), geändert durch BO. v. 12. März 1928 (RGBl. II S. 55) ergangen.

Büh ler, Slaatsrecht.

22

26]

26. INeichS Metzrzesetz (1921).

II. LandsmannschAst. iLandeSkommandantenj

§ 12.

(1) Zn den Ländern werden aus ihr Verlangen Landes­ kommandanten bestellt. Die Befehlsverhältnisse werden hier­ durch nicht berührt. Die Landeskömmandanten haben innerhalb ihres Dienstbereichs die Landesinteressen und insbesondere die landsmannschaftliche Eigenart und die wirtschaftlichen Bedürf­ nisse der Länder au berücksichtigen. Sie werden durch den Reichs­ präsidenten auf Vorschlag der Landesregierungen ernannt und erfüllen ihre Ausgaben neben ihren sonstigen Dienstobliegen­ heiten. (2) Der Landeskommandant in Bayern ist zugleich Befehls­ haber des bayerischen Verbandes. Ausnahmen sind im Einver­ nehmen mit der Bayerischen Landesregierung zulässig. (3) Falls eine Landesregierung auf einen Landeskomman­ danten verzichtet, werden die diesem zugedachten Aufgaben im unmittelbaren Benehmen zwischen Landes- und Reichsregierung erledigt. (4) Wenn den Dienststellen der Landeskommandanten Ver­ waltungsbeamte zugeteilt werden, steht den Landesregierungen das Vorschlagsrecht für den dienstältesten dieser Verwaltungs­ beamten )U. (5) Die Vertretung der landsmannschaftlichen Interessen der Länder beim Reiche und die den Ländern vorbehaltene Mit­ wirkung bei der Vorbereitung von Gesetzen und wichtigen Vor­ schriften regeln die Landesregierungen.

lAusgabe« der La»deSIo««audauteuI

§ 13.

(1) Die Landeskommandanten haben folgende besondere Aufgaben: 1. die Landesregierung von allen wesentlichen Vorgängen ihres Geschäftsbereichs, soweit sie sich auf die Durchführung des Abschnitts II dieses Gesetzes beziehen, zu benach­ richtigen; 2. die landsmannschaftlichen Interessen bei der Besetzung der Führer- und Beamtenstellen sowie bei der Ergänzung des Reichsheers im Einvernehmen mit der Landesregierung bei den vorgesetzten Dienststellen zu vertreten. Zu diesem Zwecke find ihnen rechtzeitig die erforderlichen Mitteilun­ gen zu machen; 3. die landsmannschaftlichen Abzeichen mit Zustimmung des Reichswehrministeriums und der Landesregierung zu regeln.

26. lNeichS'IWehrgesetz (1621).

[26

(2) Zu Anordnungen, die dem Reiche Kosten verursachen, sind ste nicht befugt. (Bildung vou geschloffenen Verbände»!

§ 14.

(1) Zn den Ländern sind geschloffene Verbände oder, wo dies nicht möglich ist, kleinere Truppeneinheiten des Reichs­ heers zu bilden, bei denen in der Regel Führer und Beamte dem Lande entstamme^ die Mannschaften, soweit es der Zustrom an Freiwilligen ermöglicht. Der bayerische Anteil bildet hierbei einen in sich geschloffenen Verband des Reichsheers unter ein­ heitlicher Führung. Ausnahmen, insbesondere soweit sie mit Rücksicht auf einheitliche Befehlsfrihrung, Gliederung oder Aus­ bildung nötig werden, regelt der Reichspräsident im Einver­ nehmen mit oer Bayerischen Landesregierung. (2) Die Truppen erhalten grundsätzlich in dem Lande ihren dauernden Standort, zu dessen Landsmannschaft sie gehören. Ausnahmen regelt der Reichspräsident im Einvernehmen mit den Landesregierungen. Die Standorte der Truppen innerhalb der Länder sollen im Einvernehmen mit den Landesregierungen bestimmt werden. (3) In der Bezeichnung der Truppen ist neben der Bezeich­ nung als Reichstruppe gleichzeitig die landsmannschaftliche Zu­ gehörigkeit zum Ausdruck zu bringen. Das gleiche gilt für Stabe und Behörden, deren Befehlsbereich sich nur auf iyr Herkunfts­ land erstreckt, sofern es von der Landesregierung beantragt wird. Die Bildung und Benennung der Verbände regelt der Reichspräsident im Benehmen mit den Landesregierungen. (4) Anstalten und Betriebe der Wehrmacht ^ind soweit als möglich auf die Länder zu verteilen. In das Reichswehrmini­ sterium und zu allen der Wehrmacht gemeinsam dienenden Einrichtungen werden Angehörige der Wehrmacht aus allen Teilen des Reichs herangezogen. (Entsendung von Truppenteilen)

§ 15.

Der Reichswehrminister hat, unbeschadet des Oberbefehls des Reichspräsidenten, das Recht, die vorübergehende Entsen­ dung von Truppenteilen au besonderen Zwecken aus einem Lande des Reichs nach einem anderen anzuordnen. Die Landesregierung ist in der Regel vorher zu hören. (Berücksichtigung der Laude-interessen)

§ 16.

(1) 1. Bei Neuanlagen, wesentlichen Veränderungen oder Auflaffung von ständigen Befestigungen, Aufgabe von Standorten 22*

26]

26. I«eichS.I»ehr,esetz (1621).

ober Truppenübungsplätzen sind die wirtschaftlichen Interessen des Landes zu wahren, wwert sie nicht dem Reichsinteresse ent­ gegenstehen. In jedem Falle sind die Landesregierungen recht­ zeitig zu hören. (2) 2. Zur Regelung des militärischen Beschaffungs- und Lieferungswesens nach dem Grundsatz des wirtschaftlichen Aus­ gleichs unter den Ländern wird eine Ausgleichsstelle gebildet, in der die Landesregierungen vertreten find. (3) Falls für das gesamte Beschaffungs- und Lieserungswesen ein Reichsamt gebildet wird, so wird diesem eine Ausgleichs­ stelle für die militärischen Bedürfnisse angegliedert, die aus Ver­ tretern der Länder besteht. (4) 3. Zur dauernden Verbindung mit den Landeskomman­ danten können die Landesregierungen eine Landesdienststelle bestimmen, die der Landeskommandant zur Beurteilung aller Fragen Heraufziehen bat, welche die landsmannschaftliche Eigenart und die wirtschaftlichen Interessen des Landes berühren.

sHilfeleistuag der Wehrmacht]

§ 17.

(1) Zm Falle öffentlicher Notstände oder einer Bedrohung

der öffentlichen Ordnung hat die Wehrmacht auf Anfordern der Landesregierungen und der von diesen bestimmten Behörden Hilfe, zu leisten. Das Ersuchen soll nur ergehen, wenn die eigenen Kräfte nicht ausreicyen. Es ist an das Wehrkreis­ kommando oder Marinestationskommando, im Falle dringender Gefahr an den nächsten militärischen Befehlshaber zu richten. Glaubt das Wehrkreiskommando tMarinettationskommando) oder der um Hilfe ersuchte militärische Befehlshaber aus wich­ tigen militärischen Gründen dem Ersuchen nicht stattaeben zu können, so hat das Wehrkreiskommando oder Marinestationskommando sofort die Entscheidung des Reichswehrministeriums herbeizuführen. (2) Selbständiges militärisches Einschreiten ist nur zulässig, wenn die Behörden durch höhere Gewalt außerstande gesetzt sein sollten, das militärische Einschreiten herbeizuführen, oder wenn es fich nur um Zurückweisung von Angriffen oder Widersetzlich­ keiten gegen Teile der Wehrmacht handelt.

I1L Pflichten und Rechte der Angehörigen der Wehrmacht. sZngehdrigkeit zur Wehrmacht! § 181). Die Zugehörigkeit zur Wehrmacht dauert für 1. die Soldaten vom Tage des Diensteintritts bis zum Ablauf des Entlassungstags. Der Tag deS Diensteintritts ist der Tag, an

*) § 18 in der Fassung d. G. v. 18. Juni 1921.

26. sReich»I»ehrgesetz (1921).

[26

dem der Freiwillige bei seinem Truppenteil oder Ausbildungs­ truppenteil eintrifft (Gestellungstag). An diesem Tage ist ihm der Berpslichtungsschein, der die Zugehörigkeit zur Wehrmacht begründet, auszuhändigen, 2. die Militärbeamten vom Tage ihrer Ernennung bis zum Ablauf des TageS der Entlassung auS dem Amte.

sZwölfjLhrige Dienstzeit]

§ 19.

(1) Wer in die Wehrmacht als Soldat eintreten will, verpflichtet sich auf zwölf Jahre zum ununterbrochenen Dienste im Reichsheer oder in der Reichsmarine. (2) Die Ansprüche aus Gebührnisse richten sich nach den hierüber bestehenden und noch ergehenden Gesetzen und besonderen Vorschriften,

[ötttlaffeeg]

§ 20.

(1) Nach Ablauf der zwölfjährigen Dienstverpflichtung sollen die Unteroffiziere und Mannschaften in der Regel entlasten werden. (2) Die Absicht der Entlastung ist ihnen wenigstens drei Monate vor dem Entlaffungstage bekanntzugeben. Geschieht dies nicht, so gilt der Vertrag auf ein weiteres Jahr verlängert, sofern der Verpflichtete nicht seine Entlastung verlangt. (3) Stehen die dienstlichen Berhältniste einer sofortigen Entlastung nach Ablauf des zwölften Jahres entgegen, so können die Verpflichteten noch über diesen Zeitpunkt durch daS Reichswehrministerium im Dienste zurückbehalten werden.

svorzettige Lösung des Bettragt»]

§ 21.

(1) Während der zwölfjährigen Dienstzeit können die Unteroffiziere und Mannschaften in besonders begründeten Fällen die vorzeitige Lösung des Vertrags auf dem Dienstweg nachsuchen. (2) Das Reich hat das Recht, den Vertrag zu lösen 1. durch Kündigung unter Einhaltung einer Frist von drei Mo­ naten, wenn der Verpflichtete a) die zur Ausübung seines Berufs erforderlichen körperlichen oder geistigen Eigenschaften nrcht mehr besitzt und nach militär­ ärztlichem Gutachten eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb Jahresfrist nicht zu erwarten ist, b) nach dem Urteil seiner Vorgesetzten die für seine dienstliche Verwendung nötige Befähigung nicht mehr besitzt. In diesem Falle ist vor Ausspruch der Kündigung die Genehmigung deS Divisions- (MarinestationS-) Kommandos einzuholen; 2. durch fristlose Kündigung, a) wenn sich herausstellt, datz der Verpflichtete zu den Personen gehört, die nach den Gesetzen und Ausführungsbestimmungen nicht in die Wehrmacht eingestellt werden dürfen.

26]

26. INtichS'Mehrgesetz (1921).

b) wenn der Verpflichtete durch rechtskräftiges Urteil mit De gradation oder mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten oder wegen Vergehens gegen Militärstrafgesetzbuch § 138 bestraft wird, c) wenn gegen den Verpflichteten ein gerichtlicher Beschluß er gangen ist, durch den er für fahnenflüchtig erklärt wird. Die Kündigung gilt in diesem Falle mit der Veröffentlichung des Beschlusses über Fahnenfluchtserklärung im Reichsanzeiger als bewirkt, d) wenn der Verpflichtete entmündigt oder unter vorläufige Bormundschaft gestellt wird. (3) Kündigungen nach Nummer 1 und 2 sind während der ganzen Vertragsdauer jederzeit 'zulässig. Die Bestimmungen der Nummer 2 finden auf Unteroffiziere und Mannschaften, die nach Ablauf der zwölf jährigen Dienstverpflichtung weiterdienen, keine Anwendung.

§ 22. (1) Gegen Kündigungen nach § 21 steht den Betroffenen innerhalb einer Frist von einem Monat der Einspruch an den Reichswehrminister zu. Die Frist gilt als gewahrt, wenn der Einspruch rechtzeitig bei einer vorgesetzten Dienststelle eingeht. Wird der Einspruch für begründet er­ achtet, so gilt die Kündigung als nicht erfolgt. (2) Die Entlassung darf in allen Fällen erfolgen, wenn die Kündi­ gung durch Ablauf der Einspruchsfrist oder durch Zurücknahme oder Zurückweisung des Einspruchs unanfechtbar geworden ist. Die Entlassung gilt jedoch als erfolgt: a) in den Fällen des § 21 Nummer 2 c mit dem Tage der Kündigung, b) wenn das Dienstverhältnis durch ein auf Entfernung aus dem Reichsheer oder aus der Reichsmarine oder auf Dienstentlassung lautendes Strafurteil oder durch Erkenntnis der Wehrberufs­ kammer vorzeitig gelöst wird, mit dem Tage der Rechtskraft der Entscheidung.

§ 23. Den Unteroffizieren und Mannschaften soll während ihrer Dienstzeit eine vorbereitende Ausbildung für den Übergang in bürgerliche Berufe nach besonders aufzustellenden Grundsätzen gewährt werden. l«»fst1egA»öGlichreit] § 24.

Zeder Angehörige der Wehrmacht kann nach Maßgabe seiner Fähigkeiten und Leistungen zu den höchsten Stellen gelangen. sOffizierberuf]

§ 25.

(1) Der Offizierberuf soll Lebensberuf sein. Der Anwärter hat vor seiner Beförderung zum Offizier eine schriftliche Ver-

26. lrreichS'IWkhrgksetz (1921).

[26

pflidjtung zu einer ununterbrochenen Dienstzeit als Offizier von zunächst 25 Jahren einzugehen. Wenn der Anwärter bis zum Tage der Beförderung zum Offizier eine über 4 Jahre hinaus­ gehende Dienstzeit zurückgelegt hat, wird diese Dienstzeit auf die neue Verpflichtung anaerechnet. Während der Dauer dieser Ver­ pflichtung ist ein Ausscheiden aus dem Dienste nur möglich, so­ weit der Abschied auf Grund des § 26 erteilt wird. (2) Nach Ablauf der Verpflichtungszeit kann der Offizier seinen Abschied beantragen, der zu gewähren ist, soweit nicht die dienstlichen Verhältnisse ~ ’*! einer sofortigen Entlastung entgegenstehen. (Entlass»»- der Offizier«!

§26.

(1) Der Offizier kann auS dem Dienstverhältnis unbeschadet der Tauer der Dienstverpflichtung entlasten werden, a) wenn er die zur Ausübung seines Berufs erforderlichen körper­ lichen oder geistigen Kräfte nicht mehr besitzt und nach militär­ ärztlichem Gutachten eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb Jahresfrist nicht zu erwarten ist, b) wenn er nach dem Urteil seiner Vorgesetzten die für seine dienst­ liche Verwendung nötige Befähigung nicht mehr besitzt, c) wenn in seinen bürgerlichen Verhältnisten eine wesentliche Ände­ rung eingetreten ist. (2) Die Entlastung zu a und b erfolgt auf Antrag oder von Dienstes wegen, die Entlastung zu c nur auf Antrag des Offiziers. (3) Sofern der Offizier in den Fällen a und b nicht selbst die Ent­ lastung beantragt, so teilt ihm der Chef der Heeresleitung oder der Chef der Marineleitung wenigstens drei Monate vor dem in Aussicht ge­ nommenen Zeitpunkt der Entlastung mit, daß seine Verabschiedung be­ antragt werden wird. Die Gründe sind ihm hierbei zu eröffnen. (4) Gegen diesen Bescheid kann der Offizier innerhalb einer Frist von einem Monat Einspruch beim Reichswehrminister erheben, auf besten Gutachten der Reichspräsident endgültig entscheidet.

sStrasurteil!

§ 27.

(1) Des Ausspruchs der Entlastung bedarf es nicht, wenn das Dienst­ verhältnis durch ein auf Entfernung aus dem Reichsheer oder aus der Reichsmarine oder auf Dienstentlastung lautendes Strafurteil oder durch Erkenntnis der Wehrberufskammer vorzeitig aufgelöst wird. (2) Der Tag der Rechtskraft der Entscheidung gilt in diesen Fällen als Entlastungstag.

sBersor-»»- auS-eschi ebener Soldat«»!

§ 28.

Die Versorgung der ausgeschiedenen Soldaten und ihrer Hinter-

26]

26. l«eichS IWehrgesetz (1821).

bliebenen richtet sich in allen Fällen nach den Vorschriften des Wehrmachrversorgungsgesetzes**).

fErsatzsowaten]

§ 29.

(1) Im Reichsheer können jährlich vor Ablauf der Dienstverpflich­ tung höchstens 5 vom Hundert der Höchststärke der Offiziere und der im Ossizierrang stehenden Militärbeamten sowie höchstens 5 vom Hundert der Höchststärke der Unteroffiziere und Mannschaften entlassen werden. (2) In der Reichsmarine können jährlich als Ersatz für die vor Ab lauf der Dienstverpflichtung ausscheidenden Offiziere und Deckoffiziere höchstens 5 vom Hundert der Höchststärke der Offiziere und Deckoffiziere sowie als Ersah für die gleicherweise ausscheidenden Unteroffiziere und Mannschaften höchstens 5 vom Hundert der Höchststärke der Unter­ offiziere und Mannschaften eingestellt werden.

(Iragcn von Uniform]

§ 30.

Der Reichspräsident kann ausscheidenden Angehörigen der Wehr macht die Berechtigung zum Tragen einer Uniform mit einem für Ver­ abschiedete vorgeschriebenen Abzeichen widerruflich gewähren?).

l Genehmigung der Vorgesetzten]

§ 31.

(1) Tie Angehörigen der Wehrmacht bedürfen der Genehmigung ihrer Vorgesetzten a) zum Betrieb eines Gewerbes für sich und innerhalb der Dienst­ gebäude auch für die Hausstandsmitglieder sowie zur Übernahme einer mit einer Vergütung verbundenen Nebenbeschäftigung. Für die Militärbeamten bleiben im übrigen die Bestimmungen des § 16 deS Reichsbeamtengesetzes unberührt, b) zur Verheiratung. Diese Genehmigung wird in der Regel nicht vor Vollendung deS 27. Lebensjahrs erteilt. (2) Gegen die Verweigerung der Genehmigung nach Buchstabe a und b ist die Beschwerde zulässig.

IRechtsweg]

§ 32.

(1) Für vermögensrechtlicbe Ansprüche aus dem Dienstver­ hältnisse steht der ordentliche Rechtsweg offen. (2) Der Klage gegen das Reich muh die Entscheidung des Reichswehrministers vorangehen. Die Klage must bei Verlust des Klagerechts innerhalb einer Frist von sechs Monaten an-

1) Dieses ist am 4. Aug. 1921 (RGBl. S. 993) ergangen, und am 19. Sept. 1925 (RGBl. I S. 349) neu bekanntgemacht. *) Siehe hierzu die Verordnung des Reichspräsidenten v. 27. Febr. 1929 (RGBl. II S. 159).

26. lReichs-Mehrgesetz (1921).

[26

gebracht werden, nachdem die Entscheidung des Reichswehr­ ministers dem Beteiligten bekanntgemacht worden ist. (3) Hat eine dem Reichswehrminister Nachgeordnete Dienststelle Entscheidung getroffen, so tritt der Verlust des Klagerechts auch dann ein, wenn nicht der Beteiligte gegen diese Entscheidung binnen gleicher Frist die Beschwerde an den Reichswehrminister erhoben hat. (4) Der Reichsfiskus wird durch die für den Standort zuständige Intendantur, nach Beendigung des Dienstverhältnisses durch die für den letzten Standort zuständige Intendantur des Beteiligten vertreten. Steht oder stand der Kläger unmittelbar unter dem Reichswehrminister, dem Chef der Heeresleitung oder dem Chef der Marineleitung, so wird der Reichsfiskus durch den Reichswehrminister vertreten. (5) Zuständig sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes. Die Verhandlung und Entscheidung in letzter Instanz wird im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichts­ verfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. (6) Die Entscheidungen der militärischen Dienststellen darüber, ob Dienstunbrauchbarkeit oder mangelnde Befähigung im Sinne des § 21 Nr. la und b und des § 26a und b vorliegt, ob die Voraussetzungen zur vorläufigen Dienstenthebung vorliegen sowie darüber, ob und wie lange ein Soldat nach Ablauf der Dienstverpflichtung im Dienste zurück­ zubehalten ist, sind für die Gerichte bindend.

^Übernahme von Ämtern)

§ 33.

Die Angehörigen der Wehrmacht können die Übernahme des Amtes eines Vormundes (Gegenvormundes, Pflegers, Beistandes) oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Reichs-, Landes- oder Gemeindedienst ab­ lehnen. Zur Übernahme ist die Genehmigung des Vorgesetzten erforder­ lich, die nur aus zwingenden dienstlichen Gründen versagt werden darf. Gegen die Verweigerung der Genehmigung ist die Beschwerde zulässig.

IVerschwiegenheit)

§ 34.

Die Angehörigen der Wehrmacht haben über Dienstangelegenheiten, deren Geheimhaltung erforderlich oder von den Vorgesetzten angeordnet ist, Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienstverhältnis aufgelöst ist.

^Ausbildung der Soldaten)

§ 35.

Die Ausbildung der Soldaten erstreckt sich auf ihre staatsbürger­ lichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen im Kriege und Frieden.

sVerbot der politischen Betätigung)

§ 36.

(1) Die Soldaten dürfen sich politisch nicht betätigen. Inner­

halb des Dienstbereichs ist eine solche Betätigung auch den Mili­ tärbeamten untersagt.

26]

26. I«eichS]Vehrgesetz (1621).

(2) Den Soldaten ist die Zugehörigkeit zu politischen Ver­ einen und die Teilnahme an politischen Versammlungen ver­ boten. (3) Für die Soldaten ruht das Recht zum Wählen oder zur Teilnahme an Abstimmungen im Reiche, in den Ländern oder in den Gemeindens. Die Vorschriften des Friedensvertrags vom 28. Juni 1919 über die Berechtigung zur Teilnahme an den darin vorgesehenen Abstimmungen bleiben unberührt. (4) Die Angehörigen der Wehrmacht haben das Recht, nach freier Wahl Zeitungen zu halten. Der Reichswehrminister kann bestimmte Zeitungen verbieten, sofern ihr Inhalt die militärische Zucht und Ordnung oder die Aufrechterhaltung der Verfassung gefährdet. lZugehörigkeit zu eisern sichtpolitisches Bereis] § 37. (1) Nichtpolitischen Vereinen dürfen die Soldaten angehören, sofern nicht die Zugehörigkeit zu einem solchen Verein aus Gründen oer militärischen Zucht und Ordnung verboten wird. Solche Verbote dürfen nur vom Wehrkreiskommando (Marine­ stationskommando) erlassen werden. Das Verbot ist schriftlich zu begründen und mit der Begründung dem Vorstand des Ver­ eins zuzustellen. (2) Gegen das Verbot ist Beschwerde an den Reichswehr­ minister zulAllg. (3) Der Reichswehrminister kann bestimmen, daß Verbote nur unmittelbar durch ihn erlassen werden können. (4) Die Soldaten eines Standorts, eines Truppenteils oder der Besatzung eines Schiffes oder Schiffsverbandes dürfen sich unter­ einander versammeln und vereinigen. Zeit und Ort der Ver­ sammlung und die Gründung einer Vereinigung lind dem zu­ ständigen Vorgesetzten rechtzeitig zu melden. Dieser kann die Versammlung oder Vereinigung verbieten, sofern sie mit dem Dienstbetrieb oder der militärischen Zucht und Ordnung unver­ einbar find. Gegen Verbote der Vorgesetzten ist die Beschwerde im Dienstweg zuläsfig. sMUitärteftameste] § 38.

1. Letztwillige Verfügungen in erleichterter Form (Militärtestamente) können errichtet werden *) Vgl. auch § 2 des Reichswahlgesetzes (oben Nr. 5), das RG. über die Wahl des Reichspräsidenten v. 6. März 1924 (oben Nr. 18), § 7 des Reichsgesetzes über den Volksentscheid v. 27. Juni 1921 (oben Nr. 13), daS Gesetz zur Ausführung deS Art. 18 der RBerf. v. 8. Juli 1922 (oben Nr. 14).

26. INeichSsWehr-esetz (1921).

[26

a) in Kriegszeiten, b) in Friedenszeiten in solchen Bezirken, in denen Maßnahmen gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung unter Heranziehung der Wehrmacht getroffen sind. 2'. Militärtestamente können in diesen Fällen errichtet werden a) von den Angehörigen der Wehrmacht und den nach dem Militärstrafgesetzbuche den Militärgesetzen unterworfenen Personen, solange auf sie die Fälle der Nr. la und b zutrefsen. Die Befugnis beginnt mit dem Zeitpunkt des Verlassens des Standorts, in Kriegszeiten auch mit dem Beginn eines An­ griffs auf den Standort oder einer Belagerung des Standorts. Tritt der Zustand nach Nr. lb im Standort ein, so beginnt die Befugnis mit dem Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen, b) von den Kriegsgefangenen und Geiseln, solange sie sich in der Gewalt des Feindes befinden, c) von den Personen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder sonstigen Fahrzeug- der Reichsmarine gehören, sowie für andere an Bord genommene und daselbst befindliche Personen, solange sich das Fahrzeug außerhalb eines inländi­ schen Hafens befindet. 3. Militärtestamente sind gültig errichtet, a) wenn sie vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unter­ schrieben sind, b) wenn sie vom Erblasser und zwei Zeugen oder einem oberen Beamten der Wehrmacht oder einem Offizier eigenhändig unterschrieben sind, c) wenn über die mündliche Erklärung des Erblassers von einem oberen Beamten der Wehrmacht oder einem Offizier unter Zuziehung zweier Zeugen oder noch eines oberen Beamten der Wehrmacht oder Offiziers eine schriftliche Verhandlung ausgenommen, dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und von den oberen Beamten der Wehrmacht oder dem Offizier und den Zeugen — oder dem weiteren oberen Beamten der Wehrmacht oder Offizier — unterschrieben ist. d) Gemäß Nr. 3 c aufgenommene Verhandlungen haben bezüglich ihres Inhalts und der Zeit der Ausnahme die Beweiskraft öffentlicher Urkunden. e) Bei den gemäß Nummer 3a oder b errichteten Militärtesta­ menten spricht die Vermutung für die Richtigkeit der ange­ gebenen Zeit der Errichtung. f) Wird ein Militärtestament in Zeilen der Nr. la und b oder zwei Wochen nach deren Aufhören einer Militärbehörde über­ geben oder wird es in einem Feldnachlasse gefunden, so spricht die Vermutung für die Errichtung während des die erleichterte Form zulassenden Zustandes.

26]

26. l«eich» I»etzrsesetz (1921). g) Militärtestamente verlieren die Gültigkeit mit dem Ablauf eines Jahres von dem Tage ab, mit dem für den Erblasser die Fälle der Nr. la und b aufhören oder an dem er als Kriegsgefangener oder Geisel aus der Gewalt des Feindes entlassen wird, bei den in Nr. 2c genannten Personen mit dem Ablauf eines Jahres von dem Tage ab, an dem das Fahr­ zeug in einen inländischen Hasen zurückkehrt oder der Erblasser aufhört, zu dem Fahrzeug zu gehören. Der Ablauf der Frist wird durch die Unfähigkeit des Erblassers zur Errichtung einer anderen letztwilligen Verfügung und ferner dadurch gehemmt, dah nach Aufhören des die erleichterte Form zulassenden Zu standes dieser für den Erblasser wieder beginnt.

sSteuerfreiheils

§ 39.

(1) Die Naturalbezüge der Angehörigen der Wehrmacht und die an Stelle der Naturalbezüge gewahrten Entschädigungen bleiben nach Maßgabe des § 12 Nummer 8 des Einkommensteuergesetzes vom 29. Mürz 1920 (Reichs-Gesehbl. S. 359) und des 5 19 Ab). 7 des Besoldungsgesetzes vom 30. April 1920 (Reichs-Gesetzbl. S. 805) steuerfrei. (2) Das Diensteinkommen von mobil verwendeten Angehöri­ gen der Wehrmacht kann für die Dauer dieser Verwendung zu direkten Steuern nicht herangezogen werden, sofern die Dauer dieser Verwendung mindestens einen Monat beträgt.

svelchraug-pflichts

§ 40.

(1) Im Falle der Kündigung aus § 21 oder § 26, der Entschei­ dung des Reichswehrministers aus § 32 Abs. 2 und der Entschei­ dung einer Nachgeordneten Dienststelle aus § 32 Abs. 3 ist der Betroffene über das Recht des Einspruchs beziehungsweise über das Klagerecht beziehungsweise über das Beschwerderecht zu be­ lehren. (2) Dem Klageberechtigten ist bei Zustellung der Entscheidung des Reichswehrminifters (§ 32 Abs. 2) mitzuteilen, wer den Reichsfiskus im Falle der Klageerhebung vertritt.

IV. Übergangs- nab Schlndbeftimmnnge«,

41-48.

sSie enthalten Vorschriften über die Übernahme von Angehörigen des früheren Heeres, der früheren Marine, der früheren Schutztruppen, der vorläufigen Reichswehr und der vorläufigen Reichsmarine in die Reichswehr, ferner eine Ermächtigung des Reichspräsidenten zum Erlast von Ausführungsvorschriften, sowie Bestimmungen über das Auherkraft treten einer Reihe von bedeutungslos gewordenen Reichsgesetzen.)

27. |Wtiie».|»hwm««eeirioft,efetz (1871).

stimmten Blätter zu veröffentlichen ist, werden die weiteren bei Be Nutzung der Postanstalt zu beobachtenden Vorschriften getroffen. (2) Diese Vorschriften gelten als Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender, beziehungsweise Reisenden. Das Reglement hat zu enthalten: 1. die Bedingungen für die Annahme aller behufs der Beförderung durch die Post eingelieferten Gegenstände; 2. das Maximalgewicht der Briefe und Pakete; 3. die Bedingungen der Rückforderung von feiten des Absenders und die Vorschriften über die Behandlung unbestellbarer Sendungen; 4. die Bestimmungen wegen schließlicher Verfügung über die unandringlichen Sendungen; 5. die Bezeichnung der für Beförderung durch die Post unzulässigen Gegenstände; 6. die Gebühren für (Postanweisungen,)**) Vorschußsendungen und sonstige Geldübermittlungen durch die Post, (für Sendungen von Drucksachen, Warenproben und Mustern, Korrespondenzkarten,sh­ rekommandierte Sendungen, für Zustellung von Sendungen mit Behändigungsscheinen, für Laufschreiben wegen Postsendungen und Überweisung der Zeitungen; 7. Anordnungen über die Art der Bestellung der durch die Post be­ förderten Gegenstände und die hierfür zu erhebenden Gebühren, insbesondere die Gebühren für Bestellung der Expreßsendungen, der Stadtbriefe und Pakete, der Wertsendungen, ferner die Vor­ schriften über Estasettenbeförderung; 8. die Bedingungen für die Beförderung der Reisenden mit den ordentlichen Posten oder mit Extrapost, die Bestimmung des Per­ sonengeldes und der Gebühr für Beförderung von Paffagiergut; 9. die näheren Anordnungen über Kontierung oder Kreditierung von Porto, sowie die dafür zu entrichtenden Gebühren; 10. Anordnungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung, der Sicherheit und des Anstandes auf den Posten, in den Postlokalen und Paffagierstuben. [(3) Die unter Ziffer 2, 4, und 6 bezeichneten Anordnungen unter­ liegen der Beschlußfaffung des Bundesrates»).) [(4) Für den inneren Postverkehr der Königreiche Bayern und Reichspostfinanzgesetzes v. 18. März 1924 (unten Nr. 39 a) der Reichs­ postminister mit Zustimmung des Berwaltungsrats getreten. ») Siehe die P o st o r d n u n g v. 30. Jan. 1929 (RGBl. I S. 33). *) Die in Klammern gesetzten Worte sind durch § 8 des Gesetzes über Postgebühren v. 29. April 1920 gestrichen worden. ») Absatz 3 ist durch das Reichspostfinanzgesetz v. 18. März 1924 (unten Nr. 39a) bedeutungslos geworden.

sä-L

3-». dteichsp»ftstnaLjsesetz (1S24).

Württemberg werden die reglementären Anordnungen von den zustän­ digen Behörden dieser Staaten ctlaffcn1).]

sAuffhebnng früherer vorfchrifteaj

§ 51.

Alle bisherigen allgemeinen und besonderen Bestimmungen über Gegenstände, worüber das gegenwärtige Gesetz verfügt, soweit jene Be­ stimmungen nicht auf den mit dem AuSlande abgeschlossenen Staats­ verträgen oder Konventionen beruhen, werden hierdurch aufgehoben,

sInkrafttretens

§ 52.

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1872 in Kraft.

39 a. Reichspostfinanzgesetz. Dom 18. März 1924 (RSDl. I S. 287) mit den Abänderungen durch die Gesetze v. 15. Juli 1926 (RGBl. I S. 410), 28. Juli 1930 (RGBl. I S. 420) und v. 7. Jan. 1931 (RGBl. I S. 3).

svetrieb: Deutsche Reichsposts

§ 1.

(1) Der Reichs-Post- und Telegraphenbetrieb ist als ein selbständiges Unternehmen unter der Bezeichnung: „Deutsche Reichspost" vom Reichspostminister unter Mitwirkung eines Verwaltungsrats nach Maßgabe dieses Gesetzes zu ver­ walten. (2) Das Vermögen des Reichs, das dem Reichs-Post- und Telegraphenbetriebe gewidmet und in ihm erworben ist, und alle öffentlichen wie privaten Rechte und Verbindlichkeiten der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung sind als Sonder vermögen der Deutschen Reichspoft von dem übrigen Ver­ mögen des Reichs, seinen Rechten und Verbindlichkeiten getrennt zu halten. (3) Für die Verpflichtungen der Deutschen Reichspost haftet nur das Sondervermögen,- es haftet nicht für die sonstigen Verbindlichkeiten des Reichs. Die Bestimmungen internationaler Verträge bleiben unberührt. x) Absatz 4 ist infolge Wegfalls der besonderen Rechte Bayerns und Württembergs auf dem Gebiete des Postwesens durch die Weimarer Verfassung heute ohne jede Bedeutung.

Bühler, Staatsrecht.

32

39 a]

30 a. NeichSpostfinanzgesetz (1924).

sReichSpostmiuifter]

§ 2.

(1) Der Reichspostminister erläßt nach Maßgabe der nach § 6 dieses Gesetzes getroffenen Entscheidungen des Verwaltungs­ rats die Verordnungen über die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Verkehrseinrichtungen'). Er bleibt dem Reichstag dafür verantwortlich, daß die Deutsche Reichspoft den Gesetzen gemäß und entsprechend den Anforderungen des Ver­ kehrs und der deutschen Wirtschaft verwaltet wird. Das Gehalt des Reichspostministers wird im Reichshaushaltsplane veran­ schlagt und unterliegt der verfassungsmäßigen Beschlußfassung durch Reichsrat und Reichstag. (2) Dem Reichstag und Reichsrat ist ein Geschäftsbericht über das abgelaufene Rechnungsjahr mit einer Gewinn- und Verlustrechnung und einer Bilanz vorzulegen, aus denen sich die Finanzlage der Deutschen Reichspost ergibt. sZusammensetzung des BerwaltuagsratSj

§ 3a).

(1) Der Verwaltungsrat besteht aus höchstens 41 Mit­ gliedern, die vom Reichspräsidenten ernannt werden. Je 10 Mit­ glieder werden vom Reichstags) und Reichsrat, 1 Mitglied vom Reichsminister der Finanzen vorgeschlagen. Weitere 7 Mit­ glieder werden im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichsrat aus dem Personal der Deutschen Reichspost vom Reichspostminister vorgeschlagen. Bis zu 12 Mit­ glieder sollen aus Kreisen entnommen werden, denen aus dem Gebiete der Wirtschaft und des Verkehrs besondere Kenntnisse und Erfahrungen zur Seite stehen; sie werden vom Reichspost­ minister im Einvernehmen mit dem Reichsminifter der Finanzen nach Zustimmung des Reichsrats vorgeschlagen. Bei der Aus­ wahl der Vertreter der Wirtschaft ist die Größe und wirtschaft­ liche Bedeutung der einzelnen Länder zu berücksichtigen. In derselben Weise wird für jedes Mitglied ein Stellvertreter vor­ geschlagen und ernannt. Der Verwaltungsrat bestellt nach Maß­ gabe der Geschäftsordnung (§ 5) einen Arbeitsausschuß. (2) Zum Mitglied des Verwaltungsrats kann ernannt wer­ den, wer zum Reichstag wählbar ist. Die Mitgliedschaft erlischt, !) Siehe hierzu die Postordnung v. 30. Jan. 1929 (RGBl. I S. 33). 2) § 3 in der Fassung des Art. I des G. v. 15. Juli 1926 und des G. v. 28. Juli 1930, wobei jedoch zu bemerken ist, dah die Zahl der vom Reichstag v o r z u s ch l a g e n d e n Mitglieder durch das letztgenannte Gesetz auf 11 erhöht ist.

39 a. NeichSpoftfinanz-esetz (1924).

[39 a

wenn das Mitglied die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verliert oder wenn über sein Vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet wird. (3) Die vom Reichstag vorgeschlagenen Mitglieder scheiden nach Ablauf der Wahlperiode oder bei Auflösung des Reichs­ tags aus. Alle übrigen Mitglieder scheiden nach drei Jahren aus. Wiederernennung ist zulässig. (4) Verliert ein vom Reichstag oder Reichsrat benanntes Mitglied die Mitgliedschaft in seiner Körperschaft und damit seine Zugehörigkeit zum Verwaltungsrate, so ist von der Körper­ schaft unverzüglich ein neues Mitalied zu benennen. Bei Ab­ lauf der Wahlperiode oder Auflösung des Reichstags bleiben die aus ihm ernannten Mitglieder im Verwaltunasrate, bis die von dem neuen Reichstag vorzuschlagenden Mitglieder ernannt sind. Das gleiche gilt sinngemäß bei den vom Reichspostminister und vom Reichsnnnister der Finanzen vorgeschlagenen Beamten beim Ausscheiden aus ihrer Dienststellung. (5) Die Mitglieder des Berwaltungsrats können jederzeit auf die Mitgliedschaft verzichten. lPflichteu der Mitglieder des verwaltuugSratSj

§ 4.

Die Mitglieder des Verwaltungsrats haben ihre Obliegen­ heiten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu erfüllen. lBorfitz und GeschaftSerdnungj

§ 5.

(1) Den Vorsitz im Verwaltungsrate führt der Reichspost­ minister, im Falle seiner Behinderung sein Vertreter. (2) Die Regierungen der Länder haben das Recht, zu den Sitzungen des Berwaltungsrats Vertreter zu entsenden. Stimm­ recht steht diesen Vertretern nicht zu. Sie haben jedoch das Recht, zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung Stellung zu nehmen dazu Anträge und Anfragen zu stellen und eine Be­ schlußfassung hierüber herbeizuführen. (3) Der Vorsitzende des Verwaltungsrats hat die Regie­ rungen der Länder rechtzeitig unter Übersendung der Tages­ ordnung von jeder Sitzung zu verständigen. (4) Die Geschäftsordnung für den Verwaltungsrat und die Entschädigung für die Geschäftsführung seiner Mitglieder wer­ den durch die Reichsregierung nach Anhörung des Verwaltungs­ rats festgestellt.

39 a]

39 a. NeichSprstfinanzsesetz (1924).

sGe-euftaude der Befchlutzfaffung des verwaltuvgsratS) ( § 6.

(1) Der Verwaltungsrat beschließt über die Feststellung des Voranschlags und die Entlastung der Verwaltung, die Ausnahme von Krediten, die Übernahme von Bürg­ schaften und ihre Bedingungen, die Höhe der Schuldentilgung, die Grundsätze sür die Benutzung der Verkehrseinrich­ tungen, die Gebührenbemessung im Post-, Telegraphen- und Fern­ sprechverkehre, die Grundsätze für die Gestaltung der Lohntarife der Arbeiter und Angestellten, die allgemeinen Grundsätze für Anlage und Verwendung des Poftscheckguthabens sowie für die Anlage der Rück­ lage (§ 8), die Übernahme neuer und die Aufgabe bestehender Ge­ schäftszweige. (2) Der Verwaltungsrat ist nicht befugt, eine Erhöhung der Ausgaben über den Vorschlag des Reichspostministers hinaus gegen dessen Widerspruch vorzunehmen. (3) Die Reichsregierung entscheidet auf Antrag des Reichspostminifters, wenn die Ausführung eines Beschlusses des Ver­ waltungsrats im Interesse des Reichs nicht verantwortet werden kann. Die Entscheidung der Reichsregierung ist dem Verwal­ tungsrate mitzuteilen. Sie ist aufzuheben, wenn Reichsrat und Reichstag dies binnen drei Monaten durch übereinstimmende Beschlüsse fordern. Diese Frist läuft nicht während der Zeit, in der der Reichstag nicht versammelt ist, und beginnt, wenn sie noch nicht abgelaufen ist, bei einem neu einberufenen Reichstag von neuem. (4) Der Venvaltungsrat hat den Reichspostminifter in der Führung der Geschäfte au unterstützen und die Beachtung der durch Gesetz und Ausführungsbestimmung aufgestellten Grund­ sätze zu überwachen. Zu diesem Zwecke ist er in allen wichtigen Fragen der Verwaltung gutachtlich au hören. Ihm ist auf Ver­ langen jederzeit über oie finanzielle Lage Auskunft zu geben und monatlich eine Nachweisung über Einnahmen und Ausgaben vorzulegen. sDeckuug der Au-gadeu]

§ 7.

(1) Die Ausgaben der Deutschen Reichspost sowie die Ver­ zinsung und Tilgung der Schulden sind durch die Einnahmen zu

39 a. «eichöpsstfinanDgesetz (1924).

[89 a

decken. Zuschüsse aus der allgemeinen Reichstasse werden nicht geleistet. Kredite sollen nur ausgenommen werden zur Ver­ stärkung der Betriebsanlagen- auch must ihre Verzinsung und Tilgung aus Mitteln der Betriebseinnahmen dauernd gewähr­ leistet erscheinen. (2) Die Grundsätze für die Rechnungsführung der Deutschen Reichspost werden durch die Reichsregieruna nach Anhörung des Verwaltungsrats bestimmt. Bei ihrer Aufstellung find die Vor­ schriften dieses Gesetzes und der Reichshaushaltsordnung zur Richtschnur zu nehmen; die Rechnungsführung ist so einzu­ richten, daß eine ordnungsmäßige Gewinn- und Verluftrechnung jährlich aufgestellt werden kann. sRücklages

§ 81).

(1) Zur Deckuna von Fehlbeträgen ist eine Rücklage von 100 Millionen Reichsmark zu bilden, die bar oder in Werten gesichert anzuletzen ist. Der Rücklage fliehen die eigenen Zinsen und die Überschüsse — unbeschadet der Bestimmunaen der folgen­ den Absätze dieses Paragraphen — so lange zu, bis der Höchst­ betrag erreicht oder bei Minderung durch Fehlbeträge wieder erreicht ist. sAblieserungen an das Reichs

(2) Die Deutsche Reichspost bat je nach der Höhe ihrer jähr­ lichen Betriebseinnahmen Ablieferungen an das Reich zu leisten. Bei Feststellung der Betriebseinnahmen find vorweg abzuziehen die im Auslandsverkehr an Verkehrsunternehmungen gezahlten Vergütungen und die im Jnlandsverkehr an Rundfunkgesellschasten und Eisenbahnen weitergegebenen Gebührenanteile. Von den hiernach verbleibenden Betriebseinnahmen find abzu­ liefern bei weniger als 2,2 Milliarden Reichsmark 6 vom Hundert, bei 2,2 bis ausschließlich 2,4 Milliarden Reichsmark 6% vom Hundert, bei 2,4 Milliarden Reichsmark und mehr 6% vom Hundert. (3) Entsprechende Vorauszahlungen auf diese Ablieferung sind von den jeweiligen Monatseinnahmen, die auf Grund des vorläufigen Ergebnifies berechnet werden, bis zum 12. des fol­ genden Monats zu leisten. i4) Rach Feststellung der Jahresrechnung (Nachweisung der Einnahmen und Ausgaben des Rechnungsjahrs) ist ein Aus­ gleich mit den im Rechnungsjahre geleisteten Vorauszahlungen vorzunehmen. Übersteigen diese die nach Abs. 2 abzufüyrenden ’) § 8 in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 7. Januar 1931.

39 a. NeichSpostfinauz-esetz (1924).

39 a]

Beträge, so ist der Mehrbetrag an die Deutsche Reichspost zu­ rückzuzahlen; ein etwaiger Fehlbetrag ist spätestens bis zum 1. August an das Reich abzuliefern. (5) Ein nach Herbeiführung des Ausgleichs verbleibender ILbersckuh ist zur Auffüllung der Rücklage zu verwenden. Dar­ über hinaus ist der Überschuh zur Verminderung des Anleihe­ bedarfs oder m Schuldentilgung zu verwenden. Bei der Er­ mittlung des Überschusses ist der nach Abs. 2 an das Reich abzu­ liefernde Betrag als Ausgabe zu buchen. (Aufnahme von Ätebitcn]

§ 91).

Die Aufnahme von Krediten, die Bestellung von Sicherheiten und die Übernahme von Bürgschaften und Gewährleistungen be­ dürfen der vorherigen Verständigung des Reichspostministers und des Reichsministers der Finanzen. Die Schulden der Deut­ schen Reickspost werden, soweit nicht eine andere gesetzliche Rege­ lung erfolgt ist, nach den für die Verwaltung der allgemeinen Reichsschuld jeweils geltenden Grundsätzen durch die Reichs­ schuldenverwaltung verwaltet. Befugnisse, die danach dem Reichsminister der Finanzen zustehen, werden von dem Reichs­ minister der Finanzen und dem Reichspostminister gemeinsam ausgeübt. Die Ausstellung der Schuldurkunden erfolgt durch den Reichspostminister und die Reichsschuldenverwaltung gemein­ schaftlich. (Schulde« am 1. April 1924]

§ 10.

Die von der Deutschen Reichspost zu übernehmende Schuld wird für den 1. April 1924 vom Reichspoftminister und dem Reichsminister der Finanzen gemeinsam festgesetzt. Sie vermehrt sich um alle nach diesem Zeitpunkt für Zwecke des Reichs-Postund Telegraphenbetriebs aufgenommenen Schulden. (JahreSrech«»«-]

§ 11.

Der Reichsvoftminister legt dem Rechnungshöfe des Deut­ schen Reichs die Jahresrechnung nebst Gewinn- und Verlust­ rechnung zur Prüfung nach Mahgabe der im § 15 aufrechterhal­ tenen gesetzlichen Bestimmungen vor. Der Rechnungshof über­ mittelt die geprüfte Rechnung dem Verwaltungsrate, der über die Entlastung Entscheidung trifft. (2) lloer die Rechnungsprüfung hat die Deutsche Reichspost (1)

x) Gem. Artikel II Absatz 1 des Gesetzes vom 8. März 1930 (RGBl. II S. 31) finden die §§ 45a, 45c der Reichshaushaltsordnung (oben Nr. 29) auf die Reichspost keine Anwendung.

89 a. RnchS-ostfinanzgefetz (1924).

[39 a

mit dem Rechnungshof eine besondere Vereinbarung zu treffen, die dem Bedürfnis einer sachgemäßen Prüfung entsprechen muß. (3) Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet die Reichs­ regierung. lReichSpoftbeamtq

§ 121).

(1) Die Beamten der Deutschen Reichspost find Reichsbeamte mit ihren Rechten und Pflichten im Sinne des Artikel 129 der Reichsoerfassung. (2) Soweit die Dienstbezüge der Beamten der Deutschen Reichsyoft nicht durch Reichsgesetze geregelt sind, dürfen sie im Vergleiche zu den Dienstbezügen gleichzubewertender Reichsbe­ amten nur dann günstiger geregelt werden, wenn diese günstigere Regelung zur Aufrechterhaltung eines geordneten und leistungs­ fähigen Betriebs oder Verkehrs notwendig ist. Das gleiche gilt, wenn die günstigere Regelung eine gedeihliche Fortentwicklung des Post- und Telegraphenwesens zu fördern geeignet ist und der sich aus der günstigeren Regelung ergebenoe Vorteil die in anderer Hinsicht entstehenden oder zu erwartenden Nachteile überwiegt. (3) Neue Vorschriften über Dienstbezüge der Beamten der Deutschen Reichspoft find, soweit fie nicht Reichsgesetze find oder eine reichsgesetzliche Regelung wiedergeben, dem Reichsminifter der Finanzen mitzuteilen. Der Reichsminifter der Finanzen kann, soweit die Vorschriften nach seiner Auffassung eine gün­ stigere Regelung vorsehen, als nachAbs. 2 zulässig in, spätestens binnen zwei Wochen nach der Mitteilung beim Reichspost­ minister Einspruch erheben. (4) Zm übrigen gelten die Vorschriften der §§ 2 Abs. 1, 6 bis 8, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2, 12 und 13 des Gesetzes zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenoesolduna lBesoldungssperrgesetz vom 21. Dezember 1920, Reichsgesetzbl. S. 2117) sinngemäß.

lBaherrr und Württembergs

§ 13.

(1) Die Staatsverträge mit Bayern und Württemberg nach Matz­ gabe des Gesetzes vom 27. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 643) bleiben un­ berührt. Die Reichsregierung wird jedoch ermächtigt, die in dem § 2 dieser Staatsverträge vorbehaltene nähere Vereinbarung über die Til­ gung der Vergütungen von 620 und 250 Millionen Mark zu treffen. Die Vereinbarung bedarf der Zustimmung des ReichsratS und Reichs­ tags. x) Hierzu siehe die Vorschriften im § 36 Abs. 1, 2, 4 der ReichsHaushaltsordnung (oben Nr. 29).

39 a. RrichSpostfmanjgesrtz (1924).

89 a]

(2) Maßnahmen auf dem Gebiete des Reichs-Post- und Telegraphen­ wesens zugunsten einzelner Länder über die in jetzt geltenden Ver­ trägen gewährten Rechte hinaus, die von dem Grundsatz gleichmäßiger Behandlung aller Länder des Reichs abweichen, bedürfen der Zustim mung des Reichsrats und des Reichstags in der im Artikel 76 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Reichsverfassung vorgeschriebenen Form. sE«teign«ngSrechts

§ 14.

Tie Enteignung von Grundeigentum, das zu Bauten der Reichs post oder zur Beibehaltung bereits für Zwecke der Rcichspost ver­ wendeter Räume erforderlich ist, ist gegen volle Entschädigung zulässig. Sie erfolgt nach Maßgabe der Landesgesetze.

sJnkrafttretens

§ 15.

(1) Ter Berwaltungsrat ist unverzüglich zu bilden und nimmt seine beratende Tätigkeit sogleich auf. Er hat den Haushalt für das Rech­ nungsjahr 1924 festzustellen. Im übrigen tritt das Gesetz, unbeschadet der im § 13 erteilten, mit der Verkündung des Gesetzes in Kraft tretenden Ermächtigung, am 1. April 1924 in Kraft. (2) Gleichzeitig treten Abs. 3 und 4 des Artikel 88 der Reichsver­ fassung außer Kraft. Die Bestimmungen der Artikel 85 bis 87 der Reichsverfassung gelten von dem gleichen Zeitpunkt ab mit der Maß­ gabe, daß an die Stelle des Reichsrats und Reichstags der Berwaltungs­ rat tritt, und daß es zur Aufnahme von Krediten und zur Übernahme von Sicherheitsleistungen eines Reichsgesetzes nicht bedarf. Außerdem treten die Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung außer Kraft, so­ weit sie eine weitere Beteiligung des Reichsfinanzministers, als in diesem Gesetze vorgesehen ist, enthalten. (3) Mit dem gleichen Zeitpunkt entfällt die in den nachfolgenden Gesetzen vorgesehene Beteiligung des Reichstags, Reichsrats oder ihrer Ausschüsse, nämlich in § 50 Abs. 1 und 4 des Postgesetzes*) vom 28. Oktober 1871 (Reichsgesetzbl. S. 347), § 3 Abs. 1 des Gesetzes über Post-, Postscheck- und Telegraphen­ gebühren vom 17. August 1923 (Reichsgesetzbl. I 2 . 797), § 10 Abs. 1 des Postscheckgefetzes in der Fassung der Bekannt­ machung vom 22. März 1921 (Reichsgesetzbl. S. 247), Artikel 10 des Eisenbahnpostgesetzes vom 20. Dezember 1875 (Reichs­ gesetzbl. S. 318), §§ 4, 13 Abs. 1 des Fernsprech-Gedührengesetzes vom 17. August 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 802), § 2 des Gesetzes, betreffend Telegraphen- und Fernsprechgebühren, vom 6. Mai 1920 (Reichsgesetzbl. S. 894). l) (Oben Nr. 39.)

40. sReichS ISesrtz, betr. den üder-an- der LtantSdahnm (1920).

[40

40. pteid)6-](Sefet$, betreffend den Staats­ vertrag über den Übergang der StaatSelsenbahnen auf das Reich. Dom 30. April 1920 (RSDl. G. 773). Der nachfolgende Staatsvertrag über den Übergang der Staatseijenbahnen auf das Reich wird genehmigt und tritt — unbeschadet seiner Eigenschaft als Vertrag — mit Wirkung vom 1. April 1920 mit der Maßgabe als Gesetz in Kraft, daß die Bestimmungen des § 2 Abs. 3 und 4, der §§ 8, 10, 12 bis 24 und 37 für die nicht am Vertrage beteiligten Länder des Reichs sinngemäß gelten.

©taatobertrag. Die Reichsregierung und die Regierungen von Preußen, Bayern. Sachsen. Württemberg, Baden, Hessen, MecklenburgSchwerin und Oldenburg schließen unter Vorbehalt der Zu­ stimmung der gesetzgebenden Versammlungen den nachstehenden Vertrag: Vertragsgegenstand. Rechtsnachfsige

§ 1.

(1) Die Staatseisenbahnen der vertragschließenden Länder (im folgenden „Länder" genannt) gehen am 1. April 1920 in das Eigentum des Reichs über. (2) Das Reich übernimmt das Eisenbahnunternehmen jedes Landes als Ganzes mit allem Zubeyor und allen damit ver­ bundenen Rechten und Pflichten. Der Eintritt des Reichs in die laufenden Verträge hat Rechtswirkung auch gegenüber den bisherigen Vertragsgegnern der Länder. (3) Mit den Eisenbahnen gehen auch ihre Nebenbetriebe, so­ weit sie nicht schon als Zubehör anzusehen sind, insbesondere die Fähren, die Bodenseedampfschifsahrt, die Häfen und die Kraftwagenbetriebe auf das Reich über. Den Regierungen der Länder bleibt vorbehalten, einzelne solcher Nebenbetriebe von dem Übergang auf das Reich auszuschlietzen. Grundeigentum

§ 2.

(1) Alle Grundstücke der Länder, die Eisenbahnzwecken ge­ widmet oder für solche bestimmt sind, gehen in das Eigentum des Reichs über, gleichviel ob und unter welcher Bezeichnung das Land als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Das gleiche gilt von Grundstücken, die Eisenbahnzwecken gewidmet waren

40]

40. (NeichSjvesetz, betr. bttt Übergang der GtaatSbahnen (1020).

und von Eisenbahnbehörden verwaltet werden. Ferner gehen alle der Eisenbahnverwaltung eines Landes zustehenden Rechte an Grundstücken auf das Reich über, auch solche, die durch Rechts­ geschäft nicht übertragbar find. Grundstücke, die für die Eisen­ bahnverwaltung eingetragen, aber als für Eisenbahnzwecke dauernd entbehrlich anderen Staatsverwaltungen überwiesen find, können auf Verlangen eines der Vertragschließenden vom Übergang auf das Reich ausgeschlofien werden. (2) Das Reich kann die Übertragung des Eigentums an Grundstücken, die von der Eisenbahnverwaltung und anderen Staatsverwaltungen gemeinschaftlich benutzt werden und nicht schon nach Abs. 1 auf das Reich übergehen, gegen Entschädigung beanspruchen, wenn sie vorwiegend Eisenbahnzwecken gewidmet find. Überwiegt die Benutzung durch die Eisenbahnverwaltung nicht, so kann das Reich dre Weiteroenutzung gegen eine ange­ messene jährliche Vergütung, im übrigen unter den bisherigen Bedingungen beanspruchen. (3) Das Eigentum und die Rechte an Grundstücken gehen aus das Reich über, ohne daß es dabei der Beobachtung der für die Übertragung des Eigentums oder des Rechtes vorgeschriebenen Form bedarf. Die Reichseisenbahnbehörden und die mit der Ab­ wicklung der bisherigen Verwaltung in den Ländern beauftragten Stellen werden in gemeinsam ausgestellten öffentlichen Urkunden den Grundbuchämtern die Grundstücke und die Rechte an Grund­ stücken bezeichnen. Auf Grund dieser Urkunden ist das Grund­ buch zu berichtigen. (4) Steuern, Gebühren, Kosten und Auslagen dürfen aus Anlah des Eigentumswechfels weder durch das Reich noch durch die Länder oder andere Steuerberechtigte in den Ländern er­ hoben werden. «bfinbMMg

§ 3.

(1) Als Abfindung für die Übertragung des gesamten Eisen­ bahnunternehmens gewahrt das Reich den Ländern nach Wahl jedes Landes entweder a) den Betrag des Anlagekapitals nach dem Stande vom 31. März 1920 oder b) den Betrag des Anlagekapitals nach dem Stande vom 31. März 1920, erhöht um die Hälfte des Betrags, um den der nach den Ergebnifien der Rechnungsjahre 1909 bis 1913 ermittelte Ertragswert dieses Anlagekapital übersteigt sowie c) in beiden Fällen Ersatz der Fehlbeträge, die bei den Eisenbahnverwaltungen der Länder in der Zeit vom Be­ ginne des Rechnungsjahrs 1914 bis zum 31. März 1920

40. fNeich-ISefetz, tetr, den Übergang der StaitSdatznen (1920).

[40

entstanden find, abzüglich der in diesen Fehlbeträgen ent­ haltenen Ausgaben, die auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschrift den Ländern vom Reiche erstattet werden. (2) Das Anlagekapital und der Ertragswert find nach den in der Beilage dargelegten Grundsätzen zu berechnen. (3) Als Fehlbeträge gelten die Beträge, um die im ein­ zelnen Rechnungsjahre die Betriebsausgaben und der Anteil der Eisenbabnverwaltung an den Aufwendungen für Verzinsung, Tilgung und Verwaltung der Staatsschulden die Betriebsein­ nahmen überstiegen haben. Ausgaben, die dem Anlagekapital zugerechnet werden, find aus den Betriebsausgaben auszu­ scheiden. Zahlung

Abfindung

Stundung der

§ 4.

(1) In Anrechnung auf die Abfindung übernimmt das Reich die schwebenden Schulden der Länder zum Nennwert nach dem Stande vom 31. März 1920 mit Wirkung vom 1. April 1920. Nähere Vereinbarungen bleiben Vorbehalten. Die für die Zeit nach dem 31. März 1920 ge­ zahlten Zinsen werden vom Reiche erstattet. (2) Auf Verlangen eines Landes wird das Reich in Anrechnung auf die Abfindung durch Reichsgesetz die fundierten Schulden dieses Landes in der Weise übernehmen, dah nach Wahl des Landes entweder das Reich alleiniger Schuldner wird oder neben dem als Hauptschuldner haftenden Reiche das Land als selbstschuldnerischer Bürge hastet. In beiden Fällen wird das Reich die Tilgung nach den bisherigen Bestim­ mungen der Länder vornehmen. Die Schulden des Lande- werden, a) wenn die Abfindung nach § 3 Abs. la festgesetzt worden ist, zu dem mit 221/9, h) wenn die Abfindung nach § 3 Abs. lb festgesetzt worden ist, zu dem mit 25 vervielfältigten Betrage der Jahreszinsen nach dem Stande vom 31. März 1920 angerechnet. (3) Der durch die Übernahme schwebender oder fundierter Schulden nicht gedeckte Rest der Abfindung wird gestundet und vom Reiche den Ländern, deren Abfindung nach § 3 Abs. la festgesetzt worden ist, mit 4% vom Hundert, den Ländern, deren Abfindung nach § 3 Abs. lb fest­ gesetzt worden ist, mit 4 vom Hundert verzinst. Die Zinsen sind biauf anderweite Vereinbarung am Schlüsse jedes Kalendervierteljahrs zu zahlen. Uber die Tilgung bleibt nähere Vereinbarung Vorbehalten. (4) Ein Land, das von dem ihm nach Abs. 2 zustehenden Rechte der Übertragung fundierter Schulden auf das Reich nicht Gebrauch macht, kann verlangen, dah für seine am 31. März 1920 bestehenden Schulden vom Reiche durch Reichsgesetz die selbstschuldnerische Bürgschaft über­ nommen wird.

40]

40. (NeichS)Gesetz, tetr, den Übergang der StaatSbatznea (1020).

(5) In den Fällen des Abs. 2 wird bis auf weitere Vereinbarung die Verwaltung der auf das Reich übergehenden Schulden der Länder von diesen auf Kosten des Reichs geführt. Schuldbuchforderungen werden nach näherer Vereinbarung in solche gegen das Reich umgewandelt. (6) Uber den nicht durch Übernahme von Schulden gedeckten Rest der Abfindung erteilt das Reich den Ländern Schuldscheine. Sicher««-

§ 5.

(1) Das Reich verpflichtet sich, die Zinsen und Tilgungsbeträge für die übernommenen fundierten Schulden und für den nicht durch Übernahme von Schulden der Länder gedeckten Teil der Abfindung an erster Stelle aus den Rohüberschüssen der Reichseisenbahnverwaltung (Überschüsse der ordentlichen Einnahmen über die fortdauernden Aus­ gaben) zu bezahlen. Als ordentliche Einnahmen und fortdauernde Aus­ gaben sind die im Kapitel 3 und 87 des Haushalts der Reichseisenbahnen für das Rechnungsjahr 1918 enthaltenen Einnahme- und Ausgabeposten anzusehen. Hierdurch wird an der Haftung des Reichs in dem Falle nichts geändert, daß ein Rohuberschuß nicht erzielt wird oder daß der Rohüberschuß zur Deckung der Zinsen und Tilgungsbeträge nicht aus­ reicht. (2) Das Vermögen und die Einkünfte der Reichseisenbahnvcrwaltung haften nicht für die vor dem 1. April 1920 entstandenen Schulden des Reichs. (3) Auf Verlangen eines Landes wird das Reich zur Sicherung des gestundeten Teiles der Abfindung den Ländern ein Pfandrecht an den zum Eisenbahnunternehmen des Reichs gehörenden Grundstücken und sonstigen Bermögensgegenständen einräumcn. Feststellung der Abfindung

§ 6.

(1) Die für die endgültige Abfindung maßgebenden Beträge wer­ den gemeinsam festgestellt werden, wenn die Rechnungsergebnisse für die Zeit dis zum 31. März 1920 vorliegen. Vorläufig werden sic durch ge­ meinsame Schätzung ermittelt. (2) Die Länder haben alsbald nach Abschluß dieses Vertrags zu erklären, ob sie die Abfindung nach 3 Abs. 1 a oder b wählen und ob sie gemäß § 4 Abs. 2 die Übernahme der fundierten Schulden durch das Reich verlangen. Die Wahl der Abfindung nach § 3 Abs. 1 a oder b kann innerhalb einer vom Reichsverkehrsminister zu bestimmenden Frist von mindestens einem Monat nach endgültiger Feststellung der für die Abfindung maßgebenden Beträge geändert werden. (3) Bis zur endgültigen Feststellung der Abfindung verzinst das Reich den Ländern den Betrag, um den die um 10 vom Hundert ver­ minderte geschätzte Abfindung die Summe der vom Reiche übernommenen Schulden übersteigt. Nach endgültiger Feststellung der Abfindung werden die zu viel oder zu wenig gezahlten Zinsen ausgeglichen.

40. MeichS >«eIetz, tetr, de« Übergang der StaatSbahne« (1020).

Befreiung von ReichSsteueru

[40

§ 7.

(1) Tie nach diesem Vertrag an die Länder zu zahlenden Zinsen und Tilgungsbeträge sind frei von Steuern und Abgaben des Reichs. (2) Das Reich wird aus der Übernahme der Eisenbahnen keinen Anlaß zur Kürzung der den Ländern gewährleisteten Anteile an den Steuereinnahmen entnehmen. VerSutzeruug, Verpfandung

§ 8.

Zu einer Veräußerung oder Verpfändung der durch diesen Vertrag erworbenen Eisenbahnen bedarf das Reich der Zustimmung der Landes­ regierungen. Einnahme« und Ausgaben

§ 9.

Vom 1. April 1920 an fließen alle Einnahmen dem Reiche zu und werden alle Ausgaben vom Reiche bestritten. Geltung der Laudesgefetze

§ 10.

(1) Die Gesetze und Verordnungen der Länder über das Eisenbahnwesen bleiben unbeschadet der Bestimmungen der Reichsverfassung bis zu einer anderweitigen reichsgqetzlichen Regelung insoweit in Kraft, als die Voraussetzungen für ihre Anwendung nach dem Übergänge der Eisenbahnen auf das Reich noch gegeben find. (2) Die Länder werden gesetzliche oder sonstige Bestimmun­ gen, die Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs betreffen, nur im Benehmen mit der Reichsregierung erlassen. Eintritt in StaatSvertrSge

§ 11.

Das Reich tritt in die Staatsverträge der Länder ein, so­ weit sie Rechte und Pflichten für die Eisenbahnverwaltung be­ gründen. Rechtsstellung der ReichSeisenbahnbehörden

§ 12.

Den Reichseisenbahnbehörden stehen alle Befugnisse öffent­ lich-rechtlicher Art zu, die bisher den Eisenbahnbehörden der Länder zugestanden haben. Aufsicht Sber Vrivateiseubahue«

§ 13.

Die dem Reiche zustehende Aufsicht über die Privateisen­ bahnen (Artikel 95 der Reichsverfassung) wird gemäß den Ge­ setzen (vgl. § 10), Genehmigungsurkunden und Staatsverträgen der Länder ausgeübt.

40]

40. lNeichS'lSesetz, letr. den Ölergang der Staat-bahnen (1020).

Bahne» M allgemeine« Verkehr-. Entscheidung über diese Eigenschaft § 14. (1) Der Reichsoerkehrsminister kann erklären, daß eine prrvate Nebeneisenbahn, deren Verkehrsbedeutung so gering ist, daß sie nicht als Teil des allgemeinen deutschen Eisenbahnnetzes gelten kann, keine Eisenbahn des allgemeinen Verkehrs ist. (2) Haben Bahnen, die nicht als Bahnen des allgemeinen Verkehrs gebaut sind, nach der Entscheidung des Reichsverkehrsministers eine solche Berkehrsbedeutung gewonnen, daß sie als Bahnen des allgemeine], Verkehrs anzusehen sind, so verpflichten sich die Länder, ein ihnen zustehendes Erwerbsrecht dem Reiche zu übertragen. (3) Bor der Entscheidung sind in beiden Fällen die Landesdehörden zu hören.

Besteuerung der Reich-eiseubahue«

§ 15.

Die Länder werden von den Reichseisenbahnen Staatssteuern nicht erheben.

Eiuheitliche Verwaltung. Verwaltung-grundsatz der gleichmäßige« Behandlung

§ 16.

(1) Das Reich wird die Reichseisenbahnen als einheitliche Der kehrsanstalt verwalten. (2) Die Reichseisenbahnverwaltung wird das ganze Reichseisen­ bahnnetz nach gleichen Gesichtspunkten behandeln, insbesondere die In­ teressen deS Eisenbahnpersonals und die Verkehrs- und volkswirt­ schaftlichen Jntereffen aller Länder unter Abwägung der verschiedenen Verhältnisse gleichmäßig berücksichtigen und bei widerstreitenden Inter essen auf einen gerechten Ausgleich bedacht sein.

vegouueue Baute«

§ 17.

(1) Das Reich ist verpflichtet, die von den Ländern begonnenen Bauten fortzusühren, soweit das Bedürfnis in unveränderter Weise sortbesteht und nicht Rücksichten auf die wirtschaftliche Lage der Reichs­ eisenbahnen entgegenstehen. Entstehen hierüber Meinungsverschieden­ heiten zwischen den Vertragschließenden, so entscheidet auf Antrag der StaatSgerichtShof. (2) Die beim Übergänge der Bahnen auf das Reich durch den Haus­ halt oder durch Gesetze der Länder bewilligten Mittel gelten als vom Reiche bewilligt.

Neue Baute«

§ 18.

Da- Reich wird den Bau neuer, dem allgemeinen Verkehre dienender Bahnen, den Bau zweiter und weiterer Gleise sowie den Um-

40. sNeichSlGesetz, -etr. de« ü-er-an- der LtaatSbahnea (1020).

[46

unb Ausbau der bestehenden Anlagen nach Maßgabe der Verkehrs- und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Länder und der verfügbaren Mittel aus­ führen.

Baupläne § 19. Die Pläne für größere Eisenbahnbauten sind rechtzeitig den Re­ gierungen der Länder zur Stellungnahme zu übermitteln.

Unterstütz««- des Baues von Kleinbahnen

§ 20.

DaS Reich wird den Bau von Eisenbahnen, die nicht dem allge­ meinen Verkehre dienen (Kleinbahnen und Bahnen, die den Kleinbahnen gleichzuachten sind), dem Umfang entsprechend unterstützen, in dem bis­ her die Kleinbahnen in Preußen unterstützt worden sind. Die Unter­ stützung ist davon abhängig, daß die Länder für das Unternehmen min­ destens den gleichen Staatsbeitrag zur Verfügung stellen wie das Reich, ^ür Straßenbahnen und straßenbahnähnliche Unternehmungen gilt diese Bestimmung nicht. Personen-n-sahrplane.

viert« »taff«

§ 21.

(1) Die Entwürfe des Personenzugsahrplans sind regelmäßig alsbald nach Fertigstellung den beteiligten Ländern zur Mitteilung etwaiger Wünsche zu übersenden. (2) Die unterste Klasse der Personenzüge muß -um mindesten ent­ sprechend der bisherigen Übung in den einzelnen Ländern mit Sitz­ plätzen ausgestattet sein. Neue Wagen dieser Klaffe sollen, soweit nicht für Reisende mit Traglasten Vorsorge zu treffen ist, vollständig mit Sitzplätzen ausgerüstet werden.

Tarife

§ 22.

Die Reichseisenbahnverwaltung wird die Tarife unter Wahrung der Einheit und mit tunlichster Schonung bestehender Berhältniffe fort­ bilden und den Berkehrsbedürfniffen der Länder, namentlich aus dem Gebiete der Rohstoffversorgung nach Möglichkeit Rechnung tragen. Berge-nn- von Lieferungen

§ 23.

Das Reich wird bei der Vergebung von Lieferungen und Arbeiten für die Reichseisenbahnen die Unternehmer im gesamten Reichsgebiete nach gleichen Grundsätzen berücksichtigen und dafür Sorge tragen, daß Industrie, Handwerk und Handel in der gleichen Weise, wie es bisher die Verwaltungen der Länder getan haben, herangezogen und in ihrer Entwicklung gefördert werden. Reugestaltnndes Eisenbahnwesens

§ 24.

Das Reich wird sich bei der Neugestaltung des Eisenbahnwesens von dem Gesichtspunkt leiten lassen, daß die Verwaltung nur insoweit zen-

4#]

40. INeichS-IGrsetz, betr. den Übergang der LtaatSbahnen (1020).

tralifiert werden soll, als cs zur Erfüllung der Aufgaben der Reichs­ eisenbahnen als einer einheitlichen Berkehrsanstall unbedingt geboten ist. Übernahme deS Personals in den Reichsdienst

§ 25.

(1) Das Reich übernimmt zum 1. April 1920 alle plan­ mäßigen und nichtplanmäßiaen (diätarrfchen) Eisenbahnbeamten sowie alle Angestellten und Arbeiter der Länder in seinen Dienst. Das gleiche gilt für die ausschließlich oder überwiegend in Eisenbahnangelegenheiten tätigen Beamten der Landes­ ministerien. (2) Die Beamten im Sinne der Beamtengesetze der Länder werden mit der Übernahme der Staatseisenbahnen Reichsbeamte im Sinne des Artikel 129 der Reichsverfassung und des Reichs­ beamtengesetzes vom 18. Mai 1907. Beamte.

Rücktrittsrecht

§ 26.

(1) Die Beamten sind berechtigt, binnen 3 Monaten nach der Übernahme der Eisenbahnen durch das Reich schriftlich oder zu Protokoll gegenüber der vorgesetzten Dienststelle ihren Rücktritt in den Landesdienst zu erklären. Der Rücktritt wird mit dem Tage der Erklärung wirksam. (2) Die Länder verpflichten sich, auch diese Beamten gegen Erstattung ihres Diensteinkommens durch das Reich so lange auf ihren Dienstposten zu belassen bis sie nach der Entscheidung der Reichseisenbahnverwaltung aokömmlick sind. Soll ein Beamter länger als 6 Monate gegen seinen Willen auf seinem Dienst­ posten belassen werden, so entscheidet auf seinen Antrag ein Schiedsgericht über seine Abkömmlichkeit. Das Schiedsgericht besteht aus einem von der Reichseisenbahnverwaltung ernannten Mitglied, einem Angehörigen einer Organisation, die der Be­ amte bezeichnet, und aus einem von diesen zu wählenden Ob­ mann. Einigen sich die Schiedsrichter nickt über den Obmann, so wird dieser von dem Präsidenten des für den Dienstort des Beamten zuständigen Landgerichts ernannt. (3) Sollte die neue Reichsbesoldungsordnung nach dem 1. April 1920 verkündet werden, so beginnt die Rücktrittsfrist mit dem Tage der Verkündung

Reftnbwicklnng

von LandeSgeschasten

§ 27.

(1) Auf Antrag der Länder find in den Reichsdienst übernommene Beamte, die für Zwecke der Restabwicklung in den Ländern benötigt werden, für die Dauer dieser Geschäfte im Dienste der Länder zu be-

40. sNeichS-Mesetz, betr. de« Übergang der Staat-Lahne« (1020).

[40

lassen. In diesem Falle verlängert sich die im § 26 Abs. 1 vorgesehene Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts um die Dauer dieser Be­ schäftigung. (2) Die Besoldungen dieser Beamten trägt das Reich. Übernahme der Ruhegehälter durch da- Reich

§ 28.

(1) Das Reich übernimmt vom 1. April 1920 an alle auf gesetzlicher Borschrift oder Berwaltungsanordnung beruhenden Bezüge (einschließlich Sachleistungen) der in den einstweiligen oder dauernden Ruhestand versetzten Beamten sowie der Hinterbliebenen von Beamten und wird nach den in den Ländern bisher üblichen Grundsätzen Unterstützungen gewähren. (2) Sollte das Reich die Bezüge seiner vor dem 1. April 1920 in den Ruhestand getretenen Beamten oder der Hinterbliebenen der vor diesem Zeitpunkt verstorbenen Beamten aufbessern, so wird es die Mittel bereitstellen, die erforderlich sind, damit den in den Ländern am 31. März 1920 vorhanden gewesenen Berechtigten bei gleichen Voraus­ setzungen in demselben Ausmaß persönliche Zulagen gewährt werden können.

Bestimm»»Oe» über die nicht in de« ReichSdieust über­ tretende» Beamte«

§ 29.

(1) Die Länder verpflichten sich, Beamte, die nicht in den Reichs­ dienst übertreten wollen, tunlichst in ein anderes Amt des LandeSdienstes zu versetzen. Soweit dies nicht möglich ist oder von Beamten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, nicht gewünscht wird, sind sie baldigst in den einstweiligen oder dauernden Ruhestand zu versetzen. Bis zum Zeitpunkt deS Eintritts in ein anderes Amt deS LandeSdienstes oder in den Ruhestand trägt daS Reich das Diensteinkommen. Wegen der Tragung der Bezüge nach Versetzung in den Ruhestand gilt der § 28. (2) Machen auf Kündigung angestellte Beamte, die nicht in den Reichsdienst übertreten wollen, von ihrem Kündigungsrechte Gebrauch, so trägt das Reich ihr Diensteinkommen bis zum Ablauf der Kün­ digungsfrist.

Gewährleist««- der Rechte der Beamte«

§ 30.

(1) Das Reich tritt gegenüber den in seinen Dienst über­ nommenen Beamten in die Verpflichtungen ein, die den Ländern auf Grund der am 31. März 1920 geltenden Landesgesetze ob­ liegen würden, wenn die Beamten im Landesdienste verblieben wären. Bühler, Staatsrecht. 33

40]

40. INeich-lVesetz, tetr, btn über,an- ter Staat-tahrreil (1020).

(2) Die Voraussetzungen für die Versagung von Dienstalterszulaaen richten fich nach Reichsrecht. (3) Verwaltunasanordnungen, die zugunsten der Beamten eines Landes getroffen find, können bis zur Durchführung eines Reichsgesetzes über Beamtenvertretungen nur im Benehmen mit der Beamtenvertretung beim Reichsverkehrsminifterium ge­ ändert oder beseitigt werden. Ihre gesetzliche Regelung wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

Dienfteinkomme«

§ 31.

(1) An regelmäßigem Diensteinkommen gewährleistet das Reich jedem Beamten den Betrag, den er bezogen haben würde, wenn er in seiner Stelle im Landesdienste verblieben und in diesem nach Maßgabe der am 31. März 1920 geltenden Besoldungsgrundsätze in seinem Dienst­ einkommen aufgerückt wäre. Hierbei werden jedoch nach dem 31. De­ zember 1919 erlasiene allgemeine Besoldungsgesetze nicht berücksichtigt. Was als regelmäßiges Diensteinkommen anzusehen ist, richtet sich nach den in den Ländern am 31. März 1920 geltenden Grundsätzen. Er­ reicht das Diensteinkommen im Reichsdienst die Landessätze nicht, so ist der Unterschied als persönliche Zulage zu gewähren. Diese Zulage ist insoweit für ruhegehaltsfähig zu erklären, als zur Erreichung des nach Landesgrundsätzen ruhegehaltsfähigen Betrags erforderlich ist. (2} Das Recht des Reichs, unter den reichsgesetzlichen Voraus­ setzungen Dienstalterszulagen zu versagen, wird hierdurch nicht berührt. Insoweit und solange das Reich von diesem Rechte Gebrauch macht, werden weitere nach Landesgrundsätzen erreichbar gewesene Bezüge nicht berücksichtigt.

««ItgtHltet

8 82.

DaS Reich gewährleistet den Empfängern von Wartegeld, Ruhe­ gehalt sowie Witwen- und Waisengeld mindestens das Gesamteinkom­ men, daS nach den am 31. März 1920 geltenden Bestimmungen und Besoldungssätzen der Länder zu gewähren wäre, wenn der Beamte am Tage der Bersetzung in den Ruhestand oder des Todes noch im Landes­ dienste gestanden hätte. Hierbei werden jedoch nach dem 31. Dezember 1919 in den Ländern erlasiene allgemeine Besoldungsgesetze oder Ände­ rungen der Bestimmungen über die Ruhegehalts- und Hinterbliebenen­ bezüge nicht berücksichtigt.

BeförderuuOsau-fichte«

§ 33.

(1) DaS Reich gewährleistet den Beamtenanwärtern und den Be­ amten die in ihren Ländern erworbenen Anstellungs- und Beför­ derungsaussichten soweit, als es sich um die bei regelmäßiger Gestal­ tung der bisherigen Laufbahn nach dem bisherigen organisatorischen

40. INeichS ISesetz, tetr, den Übergang der StaatSdahnen (1920).

[40

Aufbau des Beamtenkörpers erreichbaren Eingangs- und Beförderungs­ stellen handelt. (2) Als regelmäßig erreichbare Besörderungsstellen sind nur solche anzusehen, die mindestens die Hälfte der Beamten der Borstelle er­ reicht hat. (3) Der Nachweis der Befähigung für die Beförderungsstellen ist, solange und soweit nicht Reichsvorschriften erlösten werden, nach den bisher in den Ländern gellenden Grundsätzen zu führen. (4) Damit die Wartezeiten bis zur Anstellung und Beförderung gegenüber dem Zustand in den Ländern zur Zeit des Überganges auf das Reich keine Verschlechterung erfahren, sollen durch den jeweils nächsten Reichshaushalt genügend planmäßige Stellen zur Verfügung gestellt werden, um die bis zu Beginn des Haushaltsjahr- nach den Anstellung-- und BeförderungSverhältniffen, wie sie in den Ländern nach Ausführung des HauShaltS am 1. April 1920 liegen, zur Anstellung oder Beförderung herangerückten Anwärter anstellen oder befördern zu können. Soweit sich dies nicht ermöglichen lasten sollte, erhält der Be­ dienstete vom Beginne des bezeichneten Haushaltsjahrs an zur Er­ reichung des Gesamteinkommens im Falle seiner Anstellung oder Be­ förderung eine persönliche Zulage. Die Zulage ist bei Beamten soweit für ruhegehaltsfähig zu erklären, als zur Erreichung des bei ihrer Be­ förderung ruhegehaltsfähigen Einkommensbetrags erforderlich ist. Der Beginn des BesoldungSdienstalterS wird bei der späteren Stelleuverleihung so festgesetzt, wie wenn der Beamte zum bezeichneten Zeitpunkt angestellt oder befördert worden wäre. (5) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Reiche und Be­ amten oder Beamtenanwärtern über die Frage, ob und zu welchem Zeit­ punkt sie beim Verbleiben im Landesdienst angestellt oder befördert worden wären, darf das Reich die Entscheidung nur im Einvernehmen mit der Regierung des Landes treffen, in besten Eisenbahndienst der Anwärter oder Beamte vor der Übernahme gestanden hat. Kommt zwischen dem Reiche und dem Anwärter oder Beamten eine Einigung nicht zustande, so wird die Entscheidung durch ein Schiedsgericht ge­ troffen. Dieses besteht auS zwei von der Reichseisenbahnverwaltung er­ nannten Mitgliedern, einem von der Regierung des Landes bestimmten Mitglied, einem Angehörigen der von dem Beamten oder Anwärter be­ zeichneten Organisation und einem von diesen zu wählenden Obmann. Einigen sich die Schiedsrichter nicht über den Obmann, so wird dieser von dem Präsidenten des für den Dienstort des Anwärters oder Be­ amten zuständigen Landgerichts ernannt.

Wiederauftellung von Beamte« im Ruhestände

§ 34.

Soweit Beamte im Ruhestande nach Gesetz oder BerwaltungSordnung einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Wiederanftellung 33*

40] haben,

40. [Wrt*e.|6r|tN, Otto, btn Übergang brr Staatsbahnrn (1920). tritt

bo8

Reich

in

die

den

Ländern

obliegenden

Verpflich

tungen ein.

Förmliche- Disziplinar­ verfahren

§ 35.

Ein in den Ländern am 31. März 1920 anhängiges förmliches Disziplinarverfahren ist nach den Landesgesetzen zu erledigen. Ausgleich der Wartezeiten

§ 36.

(1) Das Reich wird bei der Regelung des Anstellung--, Beförderungs- und Besoldungsdienstalters der Landesbeamten die infolge der verschiedenen Vorbildungs-, Ausbildungs-, Anstellungs- und Beför derungsverhältnisse in den einzelnen Ländern bestehenden Ungleich heilen in billiger Weise ausgleichen. (2) Sollten durch die Einrichtung von Anstellungsbezirken in der Folge sich neue Ungleichheiten der angeführten Art ergeben, so wird das Reich sie nach Möglichkeit ausgleichen. Landsmannschaftlicher Charakter

§ 37.

Soll ein Beamter gegen seinen Willen außerhalb seines Landes verwendet werden, so entscheidet auf feinen Antrag darüber, ob die Voraussetzungen des Artikel 16 Satz 2 der Reichsverfassung vorliegen, ein Schiedsgericht. Dieses besteht aus einem von der Reichseisenbahn Verwaltung ernannten Mitglied, einem Angehörigen einer Organisa tion, die der Beamte bezeichnet, und aus einem von diesen zu wählen den Obmann. Einigen sich die Schiedsrichter nicht über den Obmann, so wird dieser von dem Präsidenten des für den Dienstort des Beamten zuständigen Landgerichts ernannt. Angestellte e«b Arbeiter. Dienst- «ab Tarifverträge

§ 38.

(1) Das Reich tritt gegenüber den in seinen Dienst übernommenen Angestellten und Arbeitern in die am 31. März 1920 gültigen Dienst und Tarifverträge der Länder ein. Das Reich hat jedoch jederzeit das Recht, die Tarifverträge der Länder zum Zwecke der Einführung eines einheitlichen Tarifvertrags für die Reichseisenbahnverwaltung auf den Schluß eine- Kalendermonats mit einer Frist von 4 Wochen zu kündigen. (2) Soweit die Dienstverhältnisse der Arbeiter nicht in Tarifver­ trägen geregelt sind, bleiben die Bestimmungen der Länder so lange in Kraft, als sie nicht durch einen einheitlichen Tarifvertrag zwischen dem Reiche und den berufenen Vertretungen der Arbeitnehmer aller Länder oder durch eine sonstige einheitliche Regelung außer Kraft gesetzt werden.

40. lNeichS'ISesetz, bete, den Übergaug der Staat-bahnen (1020). Ablehnung de- LbertrittS

[40

§ 89.

Angestellte und Arbeiter, die durch Erklärung vor dem 1. April 1920 ihre Übernahme in den Reichsdienst ablehnen, bleiben im Dienste der Länder. Soweit die Länder diesen Angestellten und Arbeitern keine an­ gemessene Beschäftigung übertragen können, verpflichten sie sich, den Dienstvertrag zum ersten zulässigen Zeitpunkt zu kündigen. In diesem Falle übernimmt das Reich bis zum Ausscheiden des Angestellten oder Arbeiters die den Ländern ihm gegenüber obliegenden Verbindlichkeiten für die Zeit, in der von dem Angestellten oder Arbeiter dem Lande keine Dienste geleistet werden.

WohlfahrtSeinrichtunge« § 40. (1) DaS Reich übernimmt die WohlfahrtSeinrichtungen der Länder linb führt sie auf Grund der Gesetze, Satzungen und Bestimmungen unter Wahrung der Rechte der Beamten, Angestellten und Arbeiter weiter. Es tritt als Rechtsnachfolger bei den Betriebskrankenkasien und Arbeiterpensionskasien an die Stelle der Länder. (2) DaS Reich übernimmt die Verpflichtungen der Länder au- der Bewilligung von Teuerungsbezügen an invalide Arbeiter, die auS dem Eisenbahndienst ausgeschieden sind, und an Hinterbliebene von Ar­ beitern. Sollte das Reich die Bezüge seiner vor dem 1. April 1920 ausgeschiedenen invaliden Arbeiter oder der Hinterbliebenen von Ar­ beitern, die vor diesem Zeitpunkt verstorben sind, aufbeffern, so wird es die Mittel bereitstellen, die erforderlich sind, damit den in den Ländern am 31. März 1920 vorhanden gewesenen Berechtigten bei gleichen Voraussetzungen in demselben Ausmaß Zulagen gewährt wer­ den können. (3) DaS Reich wird an invalide Angestellte und Arbeiter sowie an Hinterbliebene von Angestellten und Arbeitern nach den in den Län­ dern bisher üblichen Grundsätzen Unterstützungen gewähren. verwaltuu-Sanordimn-eu zugunsten der Angestellten und Arbeiter § 41. Verwaltungsanordnungen zugunsten der Angestellten und Arbeiter eines Landes können bis zur Durchführung deS Reichsgesetzes über Be­ triebsräte nur im Benehmen mit der zuständigen Personalvertretung beim Reichsverkehrsministerium geändert oder beseitigt werden. Ihre gesetzliche Regelung wird dadurch nicht ausgeschlosien. Auwartschafte» aus eine veamteula»fbah» § 42. Das Reich gewährleistet den Angestellten und Arbeitern der Län­ der die erworbenen Anwartschaften auf eine Beamtenlaufbahn nach Maßgabe des § 33.

41]

41. ReichSbLhn-esrtz (1924/1930).

Auslegung des Vertrags

§ 43.

Die beteiligten Regierungen können zur Auslegung und Ergün zung dieses Vertrags Fragen, die sich bei seiner Ausführung ergeben feilten, durch weitere Vereinbarungen regeln. Soweit eine Einigung nicht erfolgt, entscheidet der Staatsgerichtshof.

41. (Reichs-) Gesetz über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Reichsbahngesetz). (2.) Fassung vom 13. März 1930 (RGBl. II S. 369). (1. Fassung erging unterm 30. August 1924 (RGBl. II S. 272).)

(Errichtung der Gesellschaft)

§ 1.

(1) Das Deutsche Reich errichtet durch dieses Gesetz zum Belriebe der Reichseisenbahnen eine Gesellschaft. (2) Die Gesellschaft verwaltet die Reichseisenbahnen für das Reich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der anliegenden^) Eesellschastssatzung. (Geschäftsführung)

§ 2.

Die Gesellschaft hat ihren Betrieb unter Wahrung der In­ teressen der deutschen Volkswirtschaft nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. (Aktien)

§ 3.

(1) Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 15 Milliarden Reichsmark; es ist eingeteilt in 2 Milliarden Reichsmark Vor­ zugsaktien (Gruppe A) und 13 Milliarden Reichsmark Stammaktien, vorbehaltlich der Bestimmungen im § 20 der Gesellschaftssatzuna über die Vorzugsaktien. (2) Die Gesellschaft ist berechtigt, zur Beschaffung von Geld­ mitteln für die Verbesserung, Ergänzung und Erweiterung der Reichseisen-ahnanlagen und der Betriebsmittel oder für son­ stige außerordentliche Aufwendungen das Grundkapital durch Ausgabe weiterer Vorzugsaktien (Gruppe B) zu erhöhen, deren Gesamtbetrag für einen Zeitraum von je zehn Jahren, gerechnet von der ersten Ausgabe solcher Vorzugsaktien an, 2 Milliarden Reichsmark nicht übersteigen darf. Die Erhöhung des Grund­ kapitals bedarf der Zustimmung der Reichsregierung. *) Hier nicht mitabgebrueft.

41. NeßchSbahn-esetz (1924/1980).

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(3) Die Lorzuasaktien lauten auf den Inhaber. Die Stamm­ aktien werden auf den Namen des Deutschen Reichs oder auf Verlangen der Reichsregierung auf den Namen eines deutschen Landes ausgestellt. Zur Verfügung über diese Stammaktien ist die Zustimmung des Reichsrats und des Reichstags mit der im Artikel 76 Abf. 1 Satz 2 und 3 der Reichsverfassung vorgesehenen Zweidrittelmehrheit erforderlich.

(Reparattou-Peuer)

§ 4.

(1) Die Gesellschaft hat als Beitrag der Deutschen Reichsbahn zu den vom Reich auszubringenden JahreSzahlungen für Reparations­ zwecke eine Reichssteuer im Betrage von jährlich 660 Millionen Reichs­ mark zu entrichten (Reparationssteuer). Die ReparationSsteuer wird in gleichen monatlichen Teilbeträgen von 56 Millionen Reichsmark nach Ablauf jede- MonatS am Ersten des folgenden Monats und, wenn der Erste auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, am nächstfolgenden Werk» tag fällig; sie ist unmittelbar aus daS Konto der Bank für Inter­ nationalen Zahlungsausgleich bei der Reichsbank zu zahlen; die Zah­ lungen beginnen am 1. Oktober 1929 und enden vorbehaltlich der Be­ stimmungen im § 5 am 1. April 1966. Sie müssen an den Fälligkeits­ tagen bis 9 Uhr morgens bewirkt werden (2) Die Reparationssteuer ist aus den Betriebseinnahmen der Ge­ sellschaft, im Notfall unter Heranziehung aller Rücklagen zu leisten. Sie steht im Range hinter den Personalausgaben, aber im gleichen Range wie die sächlichen Ausgaben der Gesellschaft und hat den Borrang vor jeder anderen gegenwärtig oder in Zukunft der Gesellschaft auferlegten Steuer und vor jeder sonstigen Belastung der Gesellschaft ohne Unter­ schied, ob die Belastung hypothekarisch gesichert ist oder nicht. (3) Die Gesellschaft wird bei der Bank für Internationalen Zah­ lungsausgleich eine Bescheinigung über ihre Verpflichtungen gemäß Abs. 1 und 2 hinterlegen. Die auf Grund von § 4 des Gesetzes vom 30. August 1924 ausgestellten und dem Treuhänder übergebenen Reparationsschuldverschreibungen werden für kraftlos erklärt; sie sind im Beisein eines Vertreters der Gesellschaft zu vernichten. (4) Die Zahlung der Reparationssteuer durch die Gesellschaft wird von der Reichsregierung gewährleistet. Sobald die Bank für Inter­ nationalen Zahlungsausgleich der Reichsregierung anzeigt, daß eine fällige Zahlung ganz oder zum Teil nicht bewirkt ist, wird die Reichs­ regierung die Gesellschaft ermächtigen, zur Zahlung der rückständigen ReparationSsteuer den für das Reich erhobenen Betrag der Beför­ derungssteuer zu verwenden, sofern eine solche Steuer besteht. Reicht dieser Betrag nicht aus, so wird das Reich den fehlenden Betrag inner­ halb eines Monats nach der Anzeige der Bank entweder der Gesellschaft zur Verfügung stellen oder unmittelbar auf daS Konto der Bank für

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41. ReichSbahn-esetz (1924/1930).

Internationalen Zahlungsausgleich bei der Reichsbank einzahlen. Die Besörderungssteuer ist im übrigen von jeder Sonderbelastung für Re­ parationszwecke frei. (5) Beträge, die gemäß Abs. 4 zur Deckung eines Fehlbetrages der Reparationssteuer von der Reichsregierung gezahlt oder von der Ge­ sellschaft der Beförderungssteuer entnommen sind, werden dem Reich gemäß den Bestimmungen im § 19 Abs. 3 Ziffer 3 der Gesellschafts­ satzung zurückerstattet. (6) Die Gesellschaft ist berechtigt, mit Zustimmung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich die Reparationssteuer unter den mit der Bank vereinbarten Bedingungen ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzulösen. Die Reichsregierung kann verlangen, daß die Gesellschaft von diesem Ablösungsrecht Gebrauch macht, wenn das Reich ihr die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt. Mit der Ka­ pitalzahlung erlischt in entsprechender Höhe die Verpflichtung der Ge­ sellschaft nach Abs. 1 und 2. Das im Plan der Sachverständigen vom 7. Juni 1929 vorgesehene Recht der Reichsregierung zur Ablösung der Reparationsjahresleistungen bleibt unberührt.

(vetrrebSrecht. Übernahme der Rechte *nb Pflichte«)

§ 5.

(1) Das Reich überträgt der Gesellschaft unter den Bedin­

gungen, die sich aus diesem Gesetz und der Gesellschaftssatzung ergeben, das ausschließliche Recht zum Betriebe der Reichseisen­ bahnen. Das Betriebsrecht endet am 31. Dezember 1964, vor­ ausgesetzt, daß alsdann alle fälligen Beträge der Reparations­ steuer einschließlich des am 2. Januar 1965 fällig werdenden Be­ trags gezahlt und sämtliche Vorzugsaktien eingezogen sind. Die Verpflichtung der Gesellschaft zur Zahlung der Reparations­ steuer für das Jahr 1965 und bis zum 31. März 1966 geht dann unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen des ß 4 auf das Unternehmen über, das gemäß Artikel 92 der Reichsverfaffung die Reichseisenbahnen zu verwalten haben wird. (2) Sollte die Verpflichtung der Gesellschaft, die Repa­ rationssteuer unmittelbar auf das Konto der Bank für Inter­ nationalen Zahlungsausgleich bei der Reichsbank abzuführen, vor dem 31. Dezember 1964 fortfallen, so kürzt sich das Betriebs­ recht entsprechend ab und endet zu diesem früheren Zeitpunkt, vorausgesetzt, daß alsdann sämtliche Vorzugsaktien eingezogen find. Wenn dagegen am 31. Dezember 1964 die bis dahin fällig gewordenen Betrage der Reparationssteuer nicht völlig gezahlt oder die Vorzugsaktien nicht sämtlich eingezogen find, ver­ längert sich das Betriebsrecht unter den gleichen Bedingungen bis zu dem Zeitpunkt der Zahlung dieser Beträge und der Be­ endigung der Einziehung der Vorzugsaktien.

41. NeichSba-n-esetz (1924/1880).

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(3) Das Betriebsrecht umfaßt die Reichseisenbahnen mit allem Zubehör einschließlich der deutschen Bodensee-Dampfschiff­ fahrt und der sonstigen Nebenbetriebe nach dem Stande am Tage des Überganges des Betriebsrechts auf die Gesellschaft. (4) Mit dem Betriebsrecht gehen unbeschadet der Vorschrif­ ten dieses Gesetzes, insbesondere des § 43, und unbeschadet der Vorschriften der Gesellschaftssatzung auf die Gesellschaft alle mit den Reichseisenbahnen und alle mit dem Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" verbundenen Rechte und Pflichten Lwer, einschließ­ lich solcher aus Betriebsverträaen. Dieser Übergang der Rechte und Pflichten hat Rechtswirffamkeit auch gegenüber den bis­ herigen Vertragsgegnern des Unternehmens. (5) Ebenso gehen die Rechte und Verpflichtungen aus den Beteiligungen des Unternehmens „Deutsche Reichsbahn" an an­ deren Unternehmungen auf die Gesellschaft über, soweit fie am Tage des Überganges des Betriebsrechts dem Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" gehören. (6) Gleichzeitig geben die Betriebsvorräte und Kassenbestände sowie oie Bankguthaben des Unternehmens Deutsche Reichsbahn" unentgeltlich in das Eigentum der Gesellschaft über. Die Betriebsvorräte müssen in einer für Fortführung des ordnungsmäßigen Betriebs ausreichenden Menge vorhanden sein. (7) Alle bei der Deutschen Reichsbahn vorhandenen Bücher, Urkunden, Pläne und sonstigen Schriftstücke find der Gesellschaft zu überlassen. Entsprechend find nach Ablauf des Betriebs­ rechts alle Bücher, Urkunden, Pläne und sonstigen Schriftstücke dem Reiche herauszugeben.

(Reichreisenbahnvermögen)

§ 6.

(1) Die Reickseisenbahnen einschließlich der Beteiligungen der Reichseisenbahnverwaltung und des Unternehmens „Deutsche Reichsbahn" an anderen Unternehmungen bleiben Eigentum des Reichs (Reickseisenbahnvermögen). Grundstücke und alle Zube­ hörstücke einschließlich der Fahrzeuge fallen, wenn die Gesell­ schaft fie für Zwecke der Reichseisenbahnen erwirbt, mit dem Erwerbe durch die Gesellschaft kraft Gesetzes in das Eigentum des Reichs. (2) Die Gesellschaft darf über Gegenstände, die zum Reichs­ eisenbahnvermögen gehören, verfügen, soweit sie dies mit einer ordnungsmäßigen Betriebsführung für vereinbar hält. Dabei ist die Gesellschaft unbeschadet der Bestimmungen des § 8 ver­ pflichtet, vor einer Verfügung über Gegenstände, deren Wert 250 000 Reichsmark übersteigt, die Einwilligung der Reichsre-

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41. Neich-»atz«-efetz (1924/1980).

gierung einzuholen. Der Erlös LUS Veräußerungen ist jur Ver­ besserung, Ergänzung oder Erweiterung der Reichseisenbahnanlagen oder der Betriebsmittel zu verwenden, soweit nicht eine andere Verwendung mit der Reichsregierung vereinbart wird. (Beschränkte Haftung des ReichSeifeubahuvermSgenS für Reich-schulde«)

§ 7.

Das Reichsellenbahnvermögen haftet für Verpflichtungen des Reicks nur insoweit, als sie aus oer bisherigen Verwaltung der Reicyseisenbahnen herrühren. Zu dielen Verpflichtungen ge­ hören auch die Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich (Reichsgefetzbl. 1920 S. 774), die von der Gesellschaft nach § 43 übernommen werden. (Kreditaufnahme)

§ 8.

(1) Die Gesellschaft hat das Recht, selbständig Kredite aus­ zunehmen, deren Lasten vor dem 1. Januar 1965 endigen, und dafür das Reichseisenbahnvermögen hypothekarisch zu belasten. (2) Kredite, deren Lasten fich über den 1. Januar 1965 hin­ aus erstrecken, darf die Gesellschaft nur nach vorheriger Verstän­ digung mit der Reichsregierung aufnehmen. (3) In beiden Fällen (Abs. 1 und 2) trägt das Reich die Lasten, die auf die Zeit nach Ablauf des Betriebsrechts ent­ fallen. (4) Die Gesellschaft ist verpflichtet, fich bei der Ausgabe von Anleihen mit der Reichsregierung über die Anleihebedingungen ins Einvernehmen zu setzen. (5) Zur hypothekarischen Sicherung von Krediten (Abs. 1 und 2) kann die Gesellschaft an den zum Reichseisenbahnver­ mögen aehörigen Grundstücken nebst allem Zubehör einschließlich der Fahrzeuge eine einheitliche Hypothek (Reichsbahnhypothek) bestellen. (vetriebführuus)

§ 9.

(1) Die Gesellschaft ist verpflichtet, den Betrieb der Reichs­ eisenbahnen sicher zu führen und die Reichseisenbahnanlagen nebst den Betriebsmitteln und dem sonstigen Zubehör auf chre Kosten nach den Bedürfnissen des Verkehrs sowie nach dem je­ weiligen Stande der Technik gut zu unterhalten, zu erneuern und weiterzuentwickeln. (2) Innerhalb dieser Richtlinien und der sonstigen gesetz­ lichen Vorschriften sowie in den durch die Aufsicht des Reichs (vgl. 88 31 ff.) bestimmten Grenzen ist die Gesellschaft berechtigt, den Betrieb unter eigener Verantwortung zu führen.

41. Reichsbahn,efetz (1924/1930).

(Ausschließlichkeit des Betriebsrechts)

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§ 10.

(1) Die Gesellschaft hat das ausschließliche Recht zum Be­ trieb aller Eisenbahnen, die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes*) von dem Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" be­ trieben werden, gleichviel oo sie dem allgemeinen Verkehre dienen oder nicht, sowie aller Eisenbahnen des allgemeinen Ver­ kehrs, die später Eigentum des Reichs werden. (2) Die Gesellschaft hat ferner das ausschließliche Recht, neue Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs^ soweit sie in Zu­ kunst zugelassen werden, auf ihre Kosten zu bauen und zu be­ treiben. An den von ihr betriebenen Eisenbahnen kann sie auf ihre Kosten die nötigen Änderungen und Ergänzungen vor­ nehmen. (3) Die Reichsregierung kann der Gesellschaft jedemeit den Bau und Betrieb neuer Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs auferlegen, auch wenn die Gesellschaft glaubt, daß der Bau und Betrieb dieser neuen Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs nicht ertragreich sei oder daß sie den anderen Strecken der wejellschaft unbilligen Wettbewerb bereiten. In diesen Fällen gehen Bau und Betrieb sofern die Geselffchaft es beantragt, aus Rechnung des Reichs. Außerdem hat die Gesellschaft gegen das Reich einen Anspruch auf Ersatz der Ausfälle, die die neuen Bahnen dem Betriebe der übrigen Strecken des Netzes verur­ sachen. Wenn jedoch die neuen Bahnen für den Betrieb der übrigen Strecken einen Vorteil bringen, so ist dieser Vorteil auf den dem Reiche etwa zur Last fallenden Zuschuß für den Betrieb der neuen Bahnen anzurechnen.

(4) Wenn die Gesellschaft an dem Bau oder Betrieb einer neuen Bahn des allgemeinen Verkehrs nicht interessiert ist, so kann das Recht zum Bau oder Betrieb einem Dritten verliehen werden. Der Bau neuer Strecken zur Erweiterung bestehender privater Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs und die Um­ wandlung von nicht dem allgemeinen Verkehre dienenden Eisen­ bahnen in solche des allgemeinen Verkehrs kann nur zugelassen werden, wenn dadurch den Strecken der Gesellschaft kein un­ billiger Wettbewerb bereitet wird. Das Reich wird der Gesell­ schaft das Vorhaben solcher Bauten oder Umwandlungen recht­ zeitig mitteilen. *) In seiner 1. Fassung, d. h. am 31. August 1924.

41]

41. ReichSbahugesetz (1024/1680).

(Entscheidung über die Bedeutung der Bahne»)

§ 11.

Ob eine Eisenbahn als solche des allgemeinen Verkehrs zu gelten hat, entscheidet der für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständige Reichsminister nach Anhörung der beteiligten Landesregierung und der Gesellschaft endgültig. (Veiterübertraguug des Betriebsrechts)

§ 12.

Die Gesellschaft kann in besonderen Fällen, in denen es ihr für ihren Betrieb vorteilhaft erscheint, mit Zustimmung der Reichsregierung das Betriebsrecht an einzelnen Teilen ihres Netzes auf Drille über­ tragen, vorausgesetzt, daß dadurch nicht ihre Fähigkeit zur Zahlung der Reparationssteuer und deren Sicherheit beeinträchtigt wird. (Leistungen für andere Verwaltungen)

§ 13.

Leistungen der Gesellschaft für die Reichspost- und die Reichstele graphenverwaltung und für sonstige Verwaltungen des Reichs, der Länder oder der Gemeinden (Gemeindeverbände) sowie Leistungen dieser Verwaltungen für die Gesellschaft sind gegenseitig nach den im geschäft­ lichen Verkehr üblichen Sätzen angemessen abzugelten. Die bestehenden Vergünstigungen für Militärtransporte bleiben aufrechterhalten, so­ lange und soweit sie nicht durch neue Vereinbarungen zwischen der Reichsregierung und der Gesellschaft abgeändert werden. (Steuerbefreiung)

§ 14.

Die Gesellschaft ist von jeder neuen direkten Steuer auf ihre Rein- oder Roheinnahmen, auf ihr bewegliches oder unbeweg­ liches Eigentum oder auf ihr Personal und von jeder sonstigen neuen direkten Steuer des Reichs, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) und 'sonstiger öffentlicher Körperschaften befreit. Als neue Steuer ailt jede Steuer, der das Unter­ nehmen „Deutsche Reichsbahn^ am 12. Februar 1924 nicht unter­ worfen war. (verwaltuugskasteuruschüfse an Geureiudeu)

§ 15.

Zur Abgeltung der Forderungen von Gemeinden, in denen verhältnismäßig zahlreiche Reichsbabnbedienllete wohnen, auf Entrichtung von Verwaltungskostenzuschüsfen hat die Gesellschaft jährlich den mit der Reichsregierung vereinbarten festen Betrag von fünf Millionen Reichsmark an die Reichsregierunß zu zahlen, die die Grundsätze der Verteilung aus die beteiligten Gemeinden festsetzt. Wenn die Verhältnisse fich in Zukunft

41. Reichsbahngesetz (1624/1980).

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ändern, wird der von der Gesellschaft zu zahlende Betrag durch ein neues Abkommen zwischen der Reichsregierung und der Ge­ sellschaft bestimmt. (Geltung der Gesetze) § 16. (1) Die Gesellschaft unterliegt der allgemeinen Gesetzgebung, soweit hier nicht durch die Vorschriften dieses Gesetzes oder der Gesellschafts­ satzung eine besondere Rechtsstellung eingeräumt ist. Die Gesetze und Verordnungen, die sich lediglich auf Privatbahnen, insbesondere auch auf deren Zulassung, Betriebführung oder Beaufsichtigung beziehen, sind auf die Gesellschaft nicht anzuwenden. (2) Die Gesellschaft unterliegt den Bestimmungen über Handels­ gesellschaften nur insoweit, als sie durch dieses Gesetz oder die Gesell­ schaftssatzung für anwendbar erklärt werden. (3) Die §§ 178, 179 Abs. 1, 181, 210 Abs. 1, 211, 213, 214 Abs. 1, 217 Abs. 1 und 3, 225, 228 bis 230, 231 Abs. 1, 232 Abs. 1, 235 bis 237, 239, 245, 248, 249 Abs. 1, 2 und 4, 312 und 314 Abs. 1 Ziffer 1 und Abs. 2 und 3 des Handelsgesetzbuchs gelten für die Gesellschaft sinn­ gemäß mit der Maßgabe, daß an Stelle der Generalversammlung und des Aufsichtsrats der BerwaltungSrat tritt. (4) Die Gesellschaft kann für sich und ihre Bediensteten die Sonder­ stellung in Anspruch nehmen, die für die Verwaltungen oder Betriebe des Reichs und deren Bedienstete aus dem Gebiete deö Bersicherungs-, Wirtschafts-, Arbeils-, Fürsorge- und Wohnungsrechts jeweils besteht. Die Inanspruchnahme der Sonderstellung wird durch Erklärung gegen­ über der Reichsregierung wirksam. Soweit es zur Herbeiführung der Sonderstellung nach den in Betracht kommenden Gesetzen einer beson­ deren Verordnung bedarf, wird diese von dem für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständigen Reichsminister erlassen. Die aus diesen Rechts­ gebieten der Obersten Reichsbehörde zugewiesenen Zuständigkeiten wer­ den, soweit nicht die Gesetze etwas anderes bestimmen, vom General­ direktor wahrgenommen. (5) Die Vorschriften der Gewerbeordnung sind auf den Betrieb der Deutschen Reichsbahn nicht anzuwenden. (6) Die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über die Eintragung in das Handelsregister und deren rechtliche Folgen sind aus die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft nicht anzuwenden.

(Befugnisse der Reichsbahnstellen)

§ 17.

Die Stellen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft find keine Behörden oder amtliche Stellen des Reichs. Sie haben jedoch die öffentlich-rechtlichen Befugnisse und die damit verbundenen Pflichten in gleichem Umfang wie bis zur Errichtung der Ge­ sellschaft die stellen des Unternehmens „Deutsche Reichsbahn".

41]

41. NrichSbL-n-eset (1824/1930).

Die Gesellschaft ist berechtigt, ein Dienstsiegel mit dem Reichs­ adler zu füyren.

(Organe) § 18. Organe der Gesellschaft sind: der Verwaltungsrat und der Vorstand. Ihre Zuständigkeit regelt die Gesellschaftssatzung.

(Rechts- und Dienstverhältnisse der Bediensteten) § 19. (1) Die Gesellschaft hat unter Beachtung der nachstehenden Bestim­ mungen eine Personalordnung zu erlassen. In ihr sind die Rechts-, Dienst- und Besoldungsverhältnisse der Reichsbahnbeamten in Anlehnung an die für Reichsbeamte geltenden Vorschriften zu regeln. Glaubt die Gesellschaft, daß die besonderen Verhältnisse der Reichsbahn eine von den jeweils für Reichsbeamte geltenden Vorschriften abweichende Rege­ lung erfordern, so hat sie dies der Reichsregierung mitzuteilen und ihre Absichten mit dieser zu erörtern. Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet das Reichsbahngericht (§ 44). Bis zur Entscheidung des Reichsbahngerichts verbleibt es bei der bestehenden Regelung. (2) Die Personalordnung kann über die Rechts- und Dienstverhält­ nisse der Angestellten und Arbeiter Bestimmung treffen, soweit sie nicht nach allgemeinen Grundsätzen Gegenstand der Vereinbarung (Tarifver­ trag, Betriebsvereinbarung, Einzelarbeitsvertrag) sind. (3) Tie auf dem Gebiete des Arbeits-, Fürsorge- und Versicherung^ rechts allgemein geltenden Gesetze und Verordnungen finden, soweit nicht die Vorschriften dieses Gesetzes oder der Gcsellschaftssatzung etwas an­ deres bestimmen, auch auf die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gesellschaft Anwendung. Insbesondere gelten die gesetzlichen Borschristen über die Arbeitszeit der Angestellten und Arbeiter auch für die Ange­ stellten und Arbeiter der Gesellschast. Die Gesellschaft kann jedoch in den Dienstzweigen, in denen die besonderen Verhältnisse des Eisenbahn­ dienstes oder das Zusammenarbeiten von Beamten, Angestellten und Arbeitern eine übereinstimmende Regelung der Arbeit-zeit ersordern, diese Übereinstimmung durch Übertragung der für die Beamten gelten­ den Dienstvorschriften über die Arbeit-zeit auf die Angestellten und Arbeiter herbeiführen. Die Dienstzweige, in denen hiernach die Über­ tragung allgemein zulässig ist, sind in der einen Bestandteil dieses Ge­ setzes bildenden Anlage II1) unter A aufgeführt; unter B sind dagegen diejenigen Dienstzweige aufgeführt, in denen die Übertragung nicht zu­ lässig ist. Soweit es sich um Dienstzweige handelt, die weder unter A noch unter B ausgeführt sind, soll bei einer Regelung der Arbeitszeit durch Gesamtvereinbarung, insbesondere durch Tarifvertrag, der im Satz 3 für die Möglichkeit von Übertragungen der Arbeitszeit der Be*) Hier nicht milabgedruckt.

41. «eichsrahngesetz (lt24/1980).

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amten aus die Angestellten und Arbeiter ausgestellte Grundsatz berück­ sichtigt werden. (4) Durch ein besonderes Reichsgesetz (Reichsbahn-Personalgesetz), das gleichzeitig mit diesem Gesetz in Kraft treten soll, sind die bisherigen gesetzlichen Vorschriften über die Rechts- und Dienstverhältnisse der Be­ diensteten mit den Bestimmungen dieses Gesetzes in Übereinstimmung zu bringen. (5) Bis zum Inkrafttreten der Personalordnung bleiben für die Bediensteten die für daS Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" geltenden Bestimmungen und Dienstvorschriften maßgebend, soweit nicht die Be­ stimmungen dieses Gesetzes entgegenstehen.

(Wahrung erworbener Rechte)

§ 20.

(1) Die im Dienste deS Unternehmens „Deutsche Reichsbahn" stehenden Reichsbeamten werden mit Ausnahme der Beamten für den Dienst der Aufsichtsbehörde mit dem Übergänge deS Betriebsrechts auf die Gesellschaft Reichsbahnbeamte. Ihnen werden an Diensteinkommen, Wartegeld, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung die Ansprüche gewährleistet, die sie als Reichsbeamte hatten; dies gilt auch für die ^ortgewährung des gesamten Diensteinkommens bei Krankheit und Er­

holungsurlaub. (2) Beamte, denen ein Rücktrittsrecht zum Unternehmen „Deutsche Reichsbahn" zusteht, können dieses Recht der Gesellschaft gegenüber ausüben. (3) Die Gesellschaft übernimmt die im Dienste deS Unternehmens „Teutsche Reichsbahn" stehenden Angestellten und Arbeiter mit den beiderseitigen Rechten und Verpflichtungen.

(Landsmannschaftlicher Charakter)

§ 21.

Die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gesellschaft sollen in der Regel in ihrem Dienstbezirke Landesangehörige sein. Sie find auf ihren Wunsch in ihren Heimatgebieten zu verwenden, soweit dies mög­ lich ist und nicht Rücksichten auf ihre Ausbildung oder Erfordernisse des Dienstes entgegenstehen.

(Personalordrmng)

§ 22.

Die von der Gesellschaft zu erlassende Personalordnung soll unter Beachtung der Bestimmungen dieses Gesetzes insbesondere regeln: a) die Vorschriften über die Einstellung und die Laufbahn der Reichsbahnbeamten, b) die Dienstbezeichnungen der Reichsbahnbeamten, c) das Diensteinkommen, das Wartegeld und alle übrigen Dienst­ bezüge der Reichsbahnbeamten sowie das Ruhegehalt und die Hin­ terbliebenenversorgung,

41]

41. Reichsbahn,esetz (1924/1080).

d) die Arbeitszeit (Dienst- und Ruhezeiten) der Reichsbahnüeanrten, e) die Einstellungs- und Anstellungsbedingungen der Versorgungs­ anwärter.

(Pflichte« der Reichsbahnbeamten)

§ 23.

(1) Der Reichsbahnbeamte ist verpflichtet, das öffentliche Interesse und das Interesse der Gesellschaft zu wahren. (2) Ein Reichsbahnbeamter, der die ihm obliegenden Pflichten ver­ letzt, wird unter sinngemäßer Anwendung des jeweiligen Tienststrafrechts der Reichsbeamten zur Rechenschaft gezogen. Als oberste Reichsbehörde gilt der Generaldirektor, der seine Befugnisse auf andere Stellen der Gesellschaft übertragen kann. (3) Der Generaldirektor ist der höchste Vorgesetzte aller Reichsbahn­ bediensteten.

(Versetz««- in de« einstweilige« Ruhestand)

§ 24.

Die Gesellschaft kann Reichsbahnbeamte unter Bewilligung von Wartegeld einstweilen in den Ruhestand versetzen. Die Grundsätze über die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand und die den Beamten zu gewährenden Rechtsmittel gegen diese Maßnahme sind in der Personal­ ordnung zu regeln. Die am 1. Oktober 1929 geltenden Bestimmungen der Personalordnung über die Versetzung in den einstweiligen Ruhe stand, die Rechtsmittel und die Beteiligung von Beamtenvertretern an den Entscheidungen über die Rechtsmittel können nicht ohne Zustim mung der Reichsregierung geändert werden.

(versorgungSanwürter)

§ 25.

Bei künftig notwendiger Einstellung von Reichsbahnbeamten und -angestellten hat die Gesellschaft für fünfzehn vom Hundert der freien Plätze BersorgungSanwärter des Heeres, der Marine und der Polizei den Borrang einzuräumen.

(Festsetzung der Dienstbezüge)

§ 26.

(1) Die Gesellschaft hat die Dienstbezüge der Reichsbahnbeamten mit Ausnahme der leitenden Beamten gemäß den Bestimmungen im § 19 zu regeln. (2) Durch diese Vorschrift wird daS Recht der Gesellschaft nicht berührt, nach allgemeinen Grundsätzen für die Tätigkeit auf besonders verantwortlichen Dienstposten oder unter besonders schwierigen Dienstverhältniffen sowie für außergewöhnliche Leistungen Vergütungen zu gewähren, solange diese nicht vier vom Hundert deS gesamten Auf­ wandes für die Dienstbezüge der Beamten überschreiten. Die Grund­ sätze sind nach Benehmen mit dem Hauptbeamtenrat oder mit der Be-

41. Neichsbahugesetz (1-L4/1--0).

[41

amrenvertretung, die auf Grund späterer Gesetzgebung an seine Stelle tritt, auszustellen und bekanntzugeben. (3) Die Gesellschaft bestimmt die Dienstbezüge der leitenden Be­ amten selbständig. Der Kreis dieser Beamten wird vom Verwaltungs­ rat festgesetzt. Soll ihre Zahl einhalb vom Tausend der Zahl aller ständigen Bediensteten überschreiten, so ist hierzu die Zustimmung der Reichsregierung erforderlich.

(Einheit bei Unternehmens)

§ 27.

Bei organisatorischen Maßnahmen der Gesellschaft muß der Cha­ rakter des Unternehmens als einer einheitlichen Berkehrsanstall, ins­ besondere auf dem Gebiete der Tarife und Finanzen, gewahrt werden.

(®etW»ftaa»)

§ 28.

Der allgemeine Gerichtsstand der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft wird durch den Sitz der Stelle bestimmt, die nach der Geschäftsordnung berufen ist, die Gesellschaft in dem Rechtsstreit zu vertreten.

(Rechuuu-ssthruug)

§ 29.

Die Rechnung der Gesellschaft ist nach kaufmännischen Grund­ sätzen so zu führen, daß die Finanzlage des Unternehmens jederzeit mit Sicherheit festgestellt werden kann.

(Bilanz, Gewi»«- und Berluftrechunng)

§ 30.

(1) Die Bilanz und die Gewinn- und Berlustrechnung der Gesellschaft sollen innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablaus eines jeden Geschäftsjahrs veröffentlicht werden. (2) Die Reichsregierung hat das Recht, jederzeit die Bilanz und Gewinn- und Berlustrechnung der Gesellschaft nachprüsen zu lasten, in alle Buchungen für die Bilanz und die Gewinn- und Berlustrechnung Einsicht zu nehmen, die sich bei der Hauptverwaltung befinden, und sich alle erforderlichen Auskünfte erteilen zu lasten. Jedoch dürfen hier­ durch der Gesellschaft keine überflüssigen Kosten entstehen. (3) Die Reichshaushaltsordnung findet auf die Gesellschaft keine Anwendung.

(Aussicht-recht der Reichsregierung)

§ 31.

Der Reichsregierung bleibt gegenüber der Gesellschaft vor­ behalten: 1. die Aufsicht darüber, daß die Reichseisenbahnen gemäß den Gesetzen und entsprechend den Anforderungen des Ver­ kehrs und der deutschen Volkswirtschaft verwaltet werden, und zwar unter Beachtung der besonderen Rechte und Bühler, Staat-recht. 34

41. «eich-dehu-efetz (1924/1630).

41]

2.

3.

4.

5. 6. 7. 8.

Pflichten, die sich für die Geschäftsführung der Gesellschaft aus den Bestimmungen dieses Gesetzes und der Gesellschaftssatzung ergeben; die Aussicht darüber, daß die Reichseisenbahnen samt allen Anlagen und Betriebsmitteln in betriebssicherem Zustand erhalten werden, und dah der Betrieb zufriedenstellend geführt wird; die Genehmigung a) zur dauernden Einstellung des Betriebs einer Reichs­ bahnstrecke oder eines wichtigen Bahnhofs. Will die Gesellschaft eine größere Werkstätte schlic­ hen, so braucht sie diese Absicht lediglich sechs Monate vorher der Reichsregierung mitzuteilen; b) zu allgemeinen grundlegenden Neuerungen oder Ände­ rungen technischer Anlagen, insbesondere die Genehmi­ gung zur Ausdehnung oder Einschränkung der elek­ trischen Zugförderung und zu Systemänderungen im Sicherungswesen. Die konstruktive Durchbildung ist ausschließlich Sache der Gesellschaft; die Genehmigung zur Gründung oder zum Erwerb von anderen Unternehmungen oder zur Beteiligung an an­ deren Unternehmungen; die Mitwirkung bei Ausstellung der Tarife nach Maßgabe des 8 33; die Mitwirkung bei Aufstellung der regelmäßigen Fahr­ pläne des Personenverkehrs nach Maßgabe des § 35; die Genehmigung zur Abschaffung einer bestehenden Personenwagenklasse; die Überwachung der Vorkehrungen zur Sicherung eines Notbetriebs.

(Auskunftsrecht der ReichSregiernng)

§ 32.

(1) Die Reichsregierung kann von der Gesellschaft jede Aus­ kunft finanzieller Art sowie jede weitere zur Ausübung ihres Aufsichtsrechts erforderliche Auskunft verlangen. Dabei dürfen jedoch der Gesellschaft keine überflüssigen Kosten verursacht werden. (2) Der für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständige Reichsminister ist berechtigt, im gesamten Netze der Gesellschaft alle Anlagen und Dienststellen zu besichtigen und durch seine Be­ amten besichtigen zu lasten. Er kann für sich und seine mit der Bearbeitung von Angelegenheiten der Reichseisenbahnen be­ trauten Beamten freie Fayrt auf den Strecken der Gesellschaft in Anspruch nehmen.

41. NeichSbahngefetz (1924/1930).

[41

(3) Die Reichsregierung hat nach Maßgabe des § 14 der Gesellschaftssatzung das. Recht, einen Vertreter zu den Sitzungen des Derwaltungsrats zu entsenden. (4) Die Gesellschaft hat dem für die Aufficht über die Eisen­ bahnen zuständigen Reichsminifter alle wichtigen Verfügungen allgemeiner Art mitzuteilen. (5) Über Angelegenheiten der Gesellschaft, die ihrer Natur nach vertraulich find, find die mit der Wahrnehmung der Auf­ sicht betrauten Beamten zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

(Tarife)

§ 88.

(1) Die Gesellschaft hat vom Tage ihrer Errichtung an die zu diesem Zeitpuntt geltenden Tarife anzuwenden. Zn der Folge­ zeit können diese Tarife nach den folgenden Bestimmungen ge­ ändert werden. Die in Staatsvertragen enthaltenen Bestim­ mungen über Tarife find von der Gesellschaft einzuhalten. (2) Änderungen der Ausführungsbeftimmungen zur Eifenbahn-Derkehrsoronung, Änderungen der Normaltarife einschließ­ lich der allgemeinen Tarifvorschristen, der Gütereinteilung und der Nebengebühren sowie Einführung, Änderung und Auf­ hebung von internationalen Tarifen und von Ausnahmetarifen sowie aller sonstigen Tarifvergünstigungen bedürfen der Ge­ nehmigung der Reichsregierung. (3) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn der Gesellschaft nicht innerhalb von 20 Tagen auf ihren Antrag von dem für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständigen Reichsminifter Ant­ wort zugeht. Zn allen Fallen wird die Reichsregierung der Ge­ sellschaft auf dre von dieser vorgelegten Tarifvorschläge die ab­ schließende Entscheidung in möglichst kurzer Frist erteilen. Ergeht innerhalb von sechs Monaten keine abschließende Entscheidung oder wird die Genehmigung ganz oder zum Teil versagt, so kann die Gesellschaft das Reichsbahngericht (§ 44) anrufen. Zn diesem Falle bleiben die bisherigen Tarife bis zur Entscheidung des Reichsbahngerichts in Kraft. (4) Die Reichsregierung kann auf die vorherige Genehmi­ gung von Tarrfmaßncchmen verzichten, die von geringerem öffent­ lichen Znteresie sind. Auch in diesem Falle find die Tarifände­ rungen unverzüglich der Reichsregierung anzuzeigen. (5) Die Reichsregierung kann ferner Änderungen der Tarife verlangen, die sie für notwendig erachtet. Bei Meinungsver­ schiedenheiten zwischen der Reichsregierung und der Gesellschaft entscheidet das Reichsbahngericht (§ 44).

41]

41. «eichSbah»sesetz (1824/1880).

(Rücksichtnahme auf die ReparatioaSstener »ud auf de« Zinsen- und TilguugSdieust) § 34. Die Aufsicht über den Betrieb und die Tarife der Gesellschaft auf Grund dieses Gesetzes ist von der Reichsregierung so auszuüben, daß die Zahlungen für die Reparationssteuer, sür den Zinsen» und Til­ gungsdienst der Schuldverschreibungen und für die Vorzugsdividende sowie die Aufbringung der Mittel für die Einziehung der Vorzugsaktien gewährleistet bleiben.

lFahrplL«)

§ 35.

(1) Die Gesellschaft hat der Reichsregierung die Entwürfe der JahreS- und Halbjahresfahrpläne des Personenverkehrs mitzuteilen. Die Entwürfe der Fahrpläne internationaler Züge sind vor deren inter­ nationaler Beratung mitzuteilen. (2) Die Gesellschaft soll die ihr gemachten Änderungsvorschläge der Reichsregierung möglichst berücksichtigen. (Verhandlungen mit anSlSndische» Regiernngen) § 36. Die Gesellschaft darf Verhandlungen mit ausländischen Regierungen nur mit vorheriger Zustimmung der Reichsregierung einleiten. Die endgültige Genehmigung zu Vereinbarungen mit ausländischen Re­ gierungen bleibt der Reichsregierung Vorbehalten.

(Baute«) § 37. (1) Der Bau neuer Eisenbahnstrecken, der Erwerb bestehender Eisen­ bahnstrecken und die Umwandlung einer von der Gesellschaft betriebenen Nebenbahn in eine Hauptbahn und umgekehrt sind nur mit Zustimmung der Reichsregierung zulässig. (2) Berührt der Bau neuer oder die Veränderung bestehender ReichSeisenbahnanlagen den Geschäftsbereich der Landespolizei, so hat die Gesellschaft vor der Feststellung der Baupläne die Landesbehörden unzuhören. Berührt der Bau oder die Veränderung den Geschäftsbereich von Reichsbehörden, auf die Aufgaben der Landespolizei übergegangen sind, so sind auch diese Reichsbehörden anzuhören. Ergibt die Anhörung, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gesellschaft und den be­ teiligten. Landes- oder Reichsbehörden bestehen, so sind die Pläne von der Reichsregierung endgültig festzustellen. Die Pläne für neue Reichs­ bahnstrecken sind stets von der Reichsregierung endgültig festzustellen. In beiden Fällen hat die Gesellschaft die Pläne und, falls die beteiligten Behörden sich gutachtlich geäußert haben, auch deren Gutachten dem für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständigen Reichsminister vor­ zulegen. Die Planfeststellung umfaßt die endgültige Entscheidung über alle von der Plangestaltung berührten Interessen.

41. «eich-bahngesetz (1924/1680).

[41

(3) Die Baupläne werden von der Gesellschaft selbständig festgestellt, soweit nicht ihre Feststellung nach Abs. 2 der Reichsregierung Vor­ behalten ist. (4) In allen Fällen gilt die Feststellung der Baupläne, soweit Ent­ eignung erforderlich wird, als eine vorläufige. (5) Die Gesellschaft hat dafür einzustehen, daß ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördliche Ab­ nahmen finden nicht statt.

(Enteignung)

§ 38.

Die Gesellschaft hat zur Erfüllung ihrer Aufgaben das Enteignungsrecht. (2) Die Zulässigkeit der Enteignung im Einzelfalle wird auf Antrag der Gesellschaft durch den Reichspräsidenten endgültig festgestellt. Die endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme fremder Grundstücke zur Ausführung von Vorarbeiten trifft der für die Aussicht über die Eisenbahnen zu­ ständige Reichsminister nack Anhörung der zuständigen Landes­ polizeibehörde. Die endgültiae Entscheidung über die Art der Durchführung und den Umfang der Enteignung trifft, so­ weit sie nicht in einem Verwaltungsstreitverfahren ergeht, der für die Aufsicht über die Eisenbahnen zuständige Reichsminister nach Anhörung der Landespolizeibehörde. Im übrigen gelten die Enteignungsgesetze der Länder. (3) Die zwangsweise Entziehung oder Beschränkung des Eigentums an Teilen des Reichseisenbahnvermögens und an Grundstücken der Gesellschaft ist nur nach vorheriger Genehmi­ gung der Reichsregierung zulässig. (1)

(Eisenbahn- nnb Wegerecht)

§ 89.

Wenn an einer Kreuzung der Reichsbahn mit einem öffent­ lichen Verkehrsweg infolge Vermehrung des Verkehrs oder son­ stiger Veränderung der Verhältnisse die Anlagen der Reichsbahn oder des Verkehrswegs oder beider geändert werden müssen, so sind die Kosten von der Gesellschaft zu tragen, wenn die Ver­ änderung allein durch den Reichsbahnverkehr veranlaßt war, vom Wegebaupflichtigen, wenn sie allein durch den Wegeverkehr veranlaßt war. in jedem Falle unter Heranziehung des anderen Teils zu den Kosten in dem Umfang, in dem er von der Verän­ derung finanzielle Vorteile hat. Die Kosten sind zwischen bei­ den angemessen zu verteilen, wenn die Veränderung sowohl durch den Reichsbahn- als auch durch den Wegeverkehr veran­ laßt war. Bei Streit über die Verteilung der Kosten wird die endgültige Entscheidung, soweit sie nicht in einem Verwaltungs-

41]

41. «eichStahugesetz (1924/1930).

streitverfahren ergeht, von dem für die Aufsicht über die Eisen­ bahnen zuständigen Reichsminister getroffen. (Übertragung von Geschäften der BerkehrSverwaltung)

§ 40.

Die Reichsregierung kann im Einvernehmen mit der Ge­ sellschaft einzelnen Stellen oder Beamten der Gesellschaft, na­ mentlich den Reichsbahndirektionen, Geschäfte der Reichsauf­ sicht über nicht von der Gesellschaft betriebene Eisenbahnen (Ar­ tikel 95 der Reichsverfassung) und andere Geschäfte der Derkehrsvenoaltung übertragen. Die Geschäfte sind nach den Weisungen der Reichsregierung auf deren Rechnung zu führen. Reichsbahn­ angestellte, die mit 'solchen Geschäften betraut werden, sind für diese Amtsgeschäfte besonders in Pflicht zu nehmen. (Ablauf de- Betriebsrechts)

§ 41.

(1) Mit dem Ablauf des Betriebsrechts hat die Gesellschaft der Reichsregierung unentgeltlich die Reichseisenbahnen samt allem Zube­ hör und den zur ordnungsmäßigen Betriebsführung nötigen Betriebsvor­ räten sowie mit allen Nebenbetrieben, und zwar vorbehaltlich etwaiger gemäß § 8 zwischen der Gesellschaft und der Reichsregierung getroffenen Vereinbarungen lastenfrei in ordnungsmäßigem Zustand zu übergeben und alle Beteiligungen an anderen Unternehmungen auf das Reich zu übertragen. Mit der Übergabe gehen alle aus der laufenden Betriebs­ führung sich ergebenden Rechte und Verbindlichkeiten auf das Reich über.

(2) Nach Ablauf des Betriebsrechts tritt das Reich in alle von der Gesellschaft abgeschlossenen laufenden Verträge an deren Stelle ein.

(8iqei>etie*)

§ 42.

Nach Ablauf des Betriebsrechts hat die Gesellschaft unverzüglich ihre Liquidation durchzuführen. Das Vermögen der Gesellschaft, das nach Berichtigung aller Schulden verbleibt, soweit sie nicht vom Reiche über­ nommen werden, fällt dem Reiche zu.

(etMtttetttM)

§ 43.

(1) Die Gesellschaft übernimmt die Rechte und Pflichten des Reichs, die sich aus den Bestimmungen des Staatsvertrags über den Übergang der Staatseifenbahnen auf das Reich, des Schlich» Protokolls dazu sowie des Reichsgesetzes vom 30. April 1920 (Reichsgesetzbi. 6.773) ergeben, jedoch mit Ausnahme der Be­ stimmungen der §§ 3 bis 7, 17, 20, 25, 33, 37 und 43 des Staatsvertraas und des Schluhprotokolls zu 8 22 Ziffer 2 und 3, zu § 24 Ziffer 2 und 3 letzter Satz, zu § 36 Ziffer 2 und zu § 37.

41. «eichSbahngesetz (1924/1930).

[41

(2) Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des A^s. 1 und der danach für die Gesellschaft geltenden Bestimmun­ gen sind, wenn die Gesellschaft an dem Streite beteiligt ist, ausschließlich vor dem Reichsbahngericht (§ 44) auszutragen. Die Länder führen den Streit nur durch Vermittlung des Reichs,

lReich-bahngericht) § 44. (1) Streitfälle zwischen der Reichsregierung und der Gesell­ schaft über die Auslegung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Gesellschaftssatzung oder über Maßnahmen auf Grund des Gesetzes oder der Satzung, insbesondere in Angelegenheiten der Tarife, sind einem besonderen Gericht (Reichsbahngericht) zur Entscheidung zu unterbreiten. (2) Das Reichsbahngericht wird beim Reichsverwaltungs­ gericht gebildet, sobald dieses errichtet ist. Es besteht aus dem Vorsitzenden und den Beisitzern eines vom Drästoenten des Reichsverwaltunasgerichts ein für allemal bezeichneten Beschlußenats des Reichsverwaltungsgerichts. Bei Streitfällen über lngelegenheiten der Tarife treten zwei weitere Beisitzer hinzu, von denen der eine auf Vorschlag der Reichsregierung, der an­ dere auf Vorschlag der Gesellschaft von Fall zu Fall vom Präsi­ denten des Äeichsverwaltungsgerichts ernannt wird. Bis zur Errichtung des Reichsverwaltungsgerichts hat das Reichsbahn­ gericht seinen Sitz beim Reichsgericht und setzt sich aus drei ständigen und zwei weiteren von Fall zu Fall zu bestellenden Mitgliedern zusammen. Die ständigen Mitglieder und zugleich zwei Ersatzmänner werden vom Präsidenten des Staatsgerichts­ hofs für das Deutsche Reich ernannt und sollen Richter mit be­ sonderer Erfahrung auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts sein. Ein ständiges Mitglied wird von dem Präsidenten des Staatsgericytshofs zum Vorsitzenden, ein weiteres ständiges Mitglied zum stellvertretenden Vorsitzenden ernannt. Von den beiden von Fall zu Fall zu bestellenden Mitgliedern wird das eine auf Vor­ schlag der Reichsregierung, das andere auf Vorschlag der Gesell­ schaft vom Präsidenten des Staatsgerichtshofs ernannt. Für das Reichsbahngericht gelten die Vorschriften der §§ 19 Satz 2 und 3, 20 bis 22, 24 bis 26, 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und § 30 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (Reichsgefetzbl. 1921 S. 905) sinngemäß. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren werden durch eine Geschäftsordnung geregelt, die vom Präsidenten des Reichsoerwaltungsgerichts, bis zu dessen Er­ richtung vom Präsidenten des Staatsgerichtshofs für das Deut­ sche Reich, erlasien und im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wird.

S

42]

42. (NeichSISesetz, betr. den Übergang der Wasserstraßen (1921).

Sie soll Vorsorge treffen, daß das Reichsbahngericht seine Ent­ scheidungen mit möglichster Beschleunigung erlagt.

42. (Reichs-)Gesetz über den Staatsvertrag, betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich. Dom 29. Juli 1921 (RGBl. S. 961). Siehe auch als Ergänzung hierzu die Nachträge*) vom 18. Febr. 1922 (RGBl. S. 222) und vom 22. Dez. 1928 (RGBl. 1929 II S. 1).

Der nachfolgende Staatsvertrag über den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich wird genehmigt und tritt — unbeschadet seiner Eigenschaft als Vertrag — mit Wirkung vom 1. April 1921 als Gesetz in Kraft. Die Behörden der Länder sind verpflichtet, dem Rechnungs­ höfe des Deutschen Reichs zum Zwecke der Prüfung der Rech­ nungen über die Verwaltung ihrer auf das Reich überge­ gangenen Wasserstraßen jede Auskunft zu erteilen und alle Unterlagen vorzulegen, sowie für die Erledigung der Erinne­ rungen des Rechnungshofs Sorge zu tragen. Die Art und Durch­ führung der Rechnungsprüfung bleibt der Vereinbarung zwischen dem Reiche und den Ländern vorbehalten. Die Reichsregierung wird ermächtigt, wegen Ausführung schwebender Wasserstraßenpläne mit den beteiligten Landes­ regierungen Verträge vorbehaltlich der Bereitstellung der erfor­ derlichen Geldmittel durch den Reichshaushaltsplan abzu­ schließen. Sie wird gleichzeitig ermächtigt, für Schuldverschrei­ bungen von gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen, welche zur Ausführung der Wasserstraßenpläne unter Beteiligung des Reichs gebildet werden, Bürgschaft zu übernehmen.

Staatsvertrag, betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf bas Reich. Die Reichsregierunaund die Regierungen der Länder Preu­ ßen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Hamburg, Mecklenburg-Schwerin, Braunschweig, Oldenburg, Anhalt, Bre­ men, Lippe, Lübeck und Mecklenourg-Strelitz schließen unter Vor1) Hier nicht abgedruckt.

42. MeichS ISefetz, 6rtr. den üder-nn- der Wasserstraßen (1-21).

[42

behalt der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften den nachstehenden Vertrag:

I. Gegenftaud des Vertrags. lZeitpnott und Gegenstand de- übergangSj § 1.

(1) Am 1. April 1921 gehen auf das Reich über a) die in dem anliegenden, einen Bestandteil des Vertrags bildenden Verzeichnis — Anlage A1) — aufaeführten Binnenwasserstraßen sowie die Seewasserftraßen der Länder,' b) die zur Erhaltung des Fahrwassers dienenden Anlagen der Länder an den Seetüsten und auf den Meeresinseln, c) die Seezeichen der Länder und das Lotsenwesen, mit Ausnabme des Hafenlotsenwesens. Der Übergang erfolgt mit allen Bestandteilen und allem für die Verwaltung erforderlichen Zubehör, insbesondere an Grund­ stücken, Dienstgebäuden, Bauhöfen, Wersten, Schiffen, Baagern und sonstigen Baugeräten, ferner mit den an den künstlichen Wasserstranen vorhandenen staatlichen Brücken und Fähren, die durch die Herstellung der Wasserstraße notwendig geworden Ünd. Schutz- und Sicherheitshäfen find in den Übergang auf das Reich einbegriffen. Brücken und Fähren an den natürlichen Wasser­ straßen sowie Jagdberechtigungen und das Fährregal find von dem Übergang auf das Reich ausgeschlossen. (2) Das Reich übernimmt gemäß Artikel 97 der Reichsver­ fassung die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände mit allen Rech­ ten und Pflichten in sein, Eigentum und seine Verwaltung. Soweit auf das Reick übergehende Gegenstände im Eigentums Dritter stehen, find oiese für die Entziehung des Eigentums nach den landesrechtlichen Enteignungsvorschriften vom Reich zu entschädigen. (3) über die nach den Vereinbarungen unter Abs. 1 und 2 auf das Reich als Bestandteile und Zubehör der Wafierstraßen übergehenden Gegenstände wird jedes Land Verzeichnisse aus­ stellen, welche der Anerkennung des Reichs bedürfen. sBeschränkungen des Eigentums!

8 2.

Das dem Reiche zustehende Eigentum unterliegt folgenden Einschränkungen: a) An den Haffen, Seen und seeartigen Erweiterungen von Wafierstraßen verbleiben den Ländern alle Nutzungen, so-

*) Hier nicht mitabgedruckt.

42]

42. l«e1ch».M1etz, betr. den Über-mi, ber »afierßrahe« (1921). weit deren Ausübung nicht der Erfüllung der dem Reiche an den Wasserstraßen obliegenden Aufgaben und der Fürsorae für einen guten Uferschutz widerstreitet. Ohne diese Einschränkungen verbleibt den Ländern das Recht der Rohr-, Schilf- und Weidennutzung an den bezeichne­ ten Gewässern. Zu den Nutzungen im Sinne dieser Vor­ schrift gehört auch das Recht der Landgewinnung und der Wasserentnahme. b) Die staatlichen Fischereien an den natürlichen Wasserstrahen verbleiben den Ländern; das gleiche gilt auch für die kanalisierten Strecken natürlicher Wasierstrahen. An den künstlichen Wasierstrahen gehen sie auf das Reich über, e) Soweit die aus Grund dieses Vertrags auf das Reich übergehenden Gegenstände im Eigentum Dritter steben, behalten diese die ihnen zustehenden Nutzungen. Das Reich ist berechtigt, die Nutzungen gegen Entschädigung in Anspruch zu nehmen. Umfang und Verfahren der Ent­ schädigung richten sich nach den landesrechtlichen Ent­ eignungsvorschriften.

s Wasserkräfte!

§ 3.

(1) Die Wasserkräfte, die aus den an das Reich über­ gehenden Wasierstrahen zu gewinnen sind, fallen ihm zu. Je­ doch verbleiben die von den Ländern bereits erbauten oder im Bau begriffenen Kraftwerke im Eigentum der Länder. Das Reich verzichtet auf eine Vergütung für die Überlastung der in diesen Werken ausgenutzten Wasserkräfte im Rahmen des bis­ herigen Wasterverbrauchs. (2) Erworbene Rechte Dritter an Wasterträften bleiben un­ berührt; die Wasterzinfe und sonstigen Abgaben fliehen dem Reiche zu. Fällt ein Kraftwerk nach Ablauf der behördlichen Erlaubnis an das Land, so hat es hierbei sein Bewenden. Das Land verfügt sodann über die Anlage und die daraus zu ge­ winnenden Einnahmen mit der Mahgabe, dah die für die weitere Überlastung der Wasterkräfte zu zahlende Vergütung zwischen Reich und Land neu vereinbart wird. lSrundei-eut««!

§ 4.

(1) Grundstücke der Länder, die bisher ausfchliehlich für die Verwaltung der auf das Reich übergehenden Wasierstrahen oder anderer auf Grund dieses Vertrags auf das Reich übergehenden Berkehrseinrichtungen benutzt worden find, gehen in das Eiaentum des Reichs über, soweit sie für Wasierstrahenzwecke erforder­ lich sind, gleichviel, ob und unter welcher Bezeichnung die

42. INeichSsSefetz, tetr, de« Übergang ter »afierstncheu (1921).

[42

Lander als Eigentümer im Grundbuch eingetragen find. Das gleiche gilt von allen der Wafierftrahenverwaltung eines Landes zuttehenden Rechten an Grundstücken, auch wenn fie durch Rechts­ geschäft nicht übertragbar find. (2) Das Eigentum und die Rechte an den Grundstücken gehen kraft Gesetzes auf das Reich über. Die Berichtigung der Grund­ bücher erfolgt auf Grund eines gemeinschaftlichen Ersuchens der zuständigen Stellen des Reichs und der Länder. Die zuständigen Stellen werden durch das Reichsverkehrsministerium und durch die von den Ländern bezeichneten, mit der Anwicklung der bis­ herigen Wasserstrabenverwaltungen beauftragten Stellen be­ stimmt. (3) Steuern, Gebühren, Kosten und Auslagen dürfen aus Anlaß des Eigentumswechsels weder vom Reiche, noch von den Ländern, noch von anderen Steuerberechtigten in den Ländern erhoben werden. (4) Grundstücke der Länder, die bisher nicht ausschlietzlich für die Verwaltung der auf das Reich übergehenden Wasser­ straben oder anderer auf Grund dieses Vertrags auf das Reich übergebenden Verkehrseinrichtungen benutzt worden find, ist das Reich berechtigt, in der bisherigen Art und in dem bisherigen Umfang bis zum 31. März 1931 gegen eine angemessene jährliche Entschädigung weiterzubenutzen. Vom 1. April 1930 an find die Länder berechtigt, dem Rerche die Benutzung mit einer ein­ jährigen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist nur für den Schlug eines Kalendervierteljahrs zuläsfig. Zn gleicher Weise kann das Reich auch schon vor dem 1. April 1930 Sie Benutzung ganz oder teilweise aufkündigen. ^Bestehende Vertrages

§ 5.

Das Reich tritt in die öffentlich-rechtlichen und in die vrioatrechtlichen Verträge der Lander eiiL soweit fie Rechte und Pflichten für die Verwaltung der auf Grund dieses Vertrags übergehenden Wasserstraßen begründen. Der Eintritt des Reichs hat Rechtswirkung auch gegenüber den bisherigen Vertrags­ gegnern der Länder.

II. Finanzielle Auseinandersetzung. sBerechnung und Art der Abfindung^

§ 6.

(1) Als Abfindung für die Übertragung der nach den Bestimmungen dieses Vertrags aus das Reich übergehenden Gegenstände gewährt das Gleich den Ländern einen Betrag, der nach folgenden Grundsätzen be­ rechnet wird:

42]

42. l«nchS I«esetz, betr. ben Übergene der »eflerftreften (1921). a) Das Reich zahlt 30 vom Hundert des Anlagekapitals, das die Ge­ samtheit der deutschen Länder für die auf Grund dieses Vertrages auf das Reich übergehenden Gegenstände bis 31. März 1921 seit 100 Jahren ausgewendet hat, wobei die unter Ziffer 17, 30, 61, 65, 83 und 128 des Verzeichnisses (Anlage A) aufgeführten Wasser­ straßen außer Betracht zu bleiben haben. b) Don dieser Summe erhalten die Hansestädte vorweg denjenigen Teil des Anlagekapitals, der durch Anleihen aufgebracht und noch nicht getilgt ist. c) Der Rest wird nach dem hiernach verbleibenden Anlagekapital, also mit Einrechnung getilgter Anleihebeträge, auf die Länder ver­ hältnismäßig verteilt.

(2) Das Anlagekapital 1. April 1921.

wird

berechnet

nach

dem

Stande

vom

(3) Die Abfindung erfolgt, soweit nicht eine Schuldübernahme stattfindet, durch Zahlung einer vierprozentigen Rente vom 1. April 1921 ab. Die Zahlung von Tilgungsraten bleibt der Vereinbarung zwischen dem Reiche und den Ländern vorbehalten.

[(Feststellung bet Abfindung!

§ 7.

Die für die endgültige Abfindung maßgebenden Beträge werden gemeinsam festgestellt werden, wenn die Rechnungsergebnisse für die Zeit bis zum 1. April 1921 vorliegen. Vorläufig werden sie durch gemeinsame Schätzung ermittelt. [Befreiung von Reichsfteuerus

§ 8.

(1) Die nach § 6 an die Länder zu zahlende Abfindung ist frei von Steuern und Abgaben des Reichs.

(2) Das Reich wird aus der Übernahme der Wasserstraßen keinen Anlaß zur Kürzung der den Ländern gewährleisteten Anteile an den Steuereinnahmen entnehmen. [Siuuahmeu und Au-gabeus

§ 9.

Vom 1. April 1921 an fließen alle Einnahmen dem Reiche zu und werden alle Ausgaben vom Reich bestritten. Soweit jedoch in sinn­ gemäßer Anwendung der bisherigen Haushaltsgrundsätze des Landes Einnahmen und Ausgaben noch für die Zeit vor dem 1. April 1921 zu verrechnen sind, hat es hierbei sein Bewenden.

[Befreiung von Staatssteuerns

§ 10.

Die Länder nicht erheben.

den

werden

von

Reichswasserstraßen

Staatssteuern

42. INeichS-IGesetz, tetr, den Üterga«- der Wasserstraße« (1-21).

[42

IIL Berwaltrmg der Reichswasserstraßen. lverreichlich»«- der verwalt««-) § 11. Die Verwaltungszuständigkeiten der Landeszentralbehörden hinsichtlich des Baues, der Unterhaltung, des Betriebs und der Verwaltung der auf Grund dieses Vertrags übergehenden Wasserstraßen einschließlich der Strom- und Schiffahrtspolizei und hinsichtlich der sonstigen auf den Verkehr bezüglichen Be­ fugnisse sowie hinsichtlich der Seezeichen und des Lotsenwesens gehen mit dem 1. April 1921 auf das Reich über. Im übrigen erfolgt die einstweilige Verwaltung der Reichs­ wasserstraßen durch die mittleren und unteren Behörden der Länder aufKoften des Reichs und unter Leitung des Reichsverkehrsministe­ rium 61). Die Ausübung der Tarifhoheit im Sinne des Artikels 97 Abs. 5 der Reichsverfaffung steht vom 1. April 1921 an dem Reiche zu. lA«süb«rr- der verwalt»«-!

§ 12.

Bei der Ausübung der Verwaltung nach § 11 gelten fol­ gende Bestimmungen: a) Der Begriff der Strompolizei ist im Sinne des Landes­ rechts zu verstehen. b) Zuständigkeiten der Landesbehörden einschließlich der Landeszentralstellen, die nach Landesrecht dazu dienen, die verschiedenen Interessen an einer Wasserstraße aus­ zugleichen, verbleiben bei diesen Behörden. Soweit eine Landes^entralbehörde nach Landesrecht die besonderen Interessen der Wasserstraßen wahrzunehmen hat, gehen deren Befugnisse aut Wahrnehmung dieser besonderen Interessen der Reichswasserstraßen auf das Reichsverkehrs­ ministerium über. Die Zuständigkeiten des Reichsverkehrsministeriums werden, soweit die Voraussetzungen des Artikels 97 Abs. 3 der Reichsverfassung gegeben sind, nur mit Zustim­ mung der Länder ausgeübt. e) Die Befugnisse der Landeszentralbehörden, die diese in Anwendung der Gewerbeordnung im Wasserpolizeiver­ fahren, insbesondere hinsichtlich der Anlage von Wasser­ kraftwerken, nach Landesrecht ausüben, verbleiben bei diesen Behörden.

*) Vgl. auch Art. 14, 15 und 30.

42]

42. sNeichSsUesetz, betr. den Übergang der Wasierftra^en (1821). d) Die Verfügung über die bei den Landesbehörden für die Reichswasserstraßen tätigen Beamten verbleibt den Lan­ desbehörden. Es wird aber die Ernennung, die Versetzung und die Versetzung in den einstweiligen oder dauernden Ruhestand der für das Reich ausschließlich oder über­ wiegend tätigen Beamten, soweit diese der Besoldungs­ gruppe A X oder einer höheren Gruppe angehören, nur mit Zustimmung des Reichsverkehrsministeriums verfügt werden. Für die Besetzung der Landesbehörden gelten die Be­ stimmungen des Artikels 16 der Reichsverfassung und die hierzu ergehenden Vereinbarungen. Der Personalhaushalt der mittleren und unteren Landesbebörden bedarf, soweit diese mit Reichsaufgaben befaßt fino, der Zustimmung der Reichsregierung. Er ist für die Besetzung dieser Behörden und die Bezahlung ihrer Beamten maßgebend. e) Falls der Staatsgerichtshof aus Antrag des Reichs ent­ scheiden sollte, daß das Reich nach dem 1. April 1921 zur selbständigen Neuordnung der Reichswasserstraßenverwaltung auch obne Einverständnis der beteiligten Länder be­ rechtigt ist, so wird das Reich eine Änderung der verein­ barten Regelung der Wasserstraßenverwaltung nur nach vorausgehender Kündigung verfügen. Die Kündigung i[t nur mit einer Frist von 3 Monaten und nur zum Schlüsse eines Kalendervierteljahrs, frühestens zum 30. September 1921, zulässig. Sie kann auch gegenüber einzelnen Ländern und für einzelne Stromgebiete erfolgen.

sVerücksichti-uug der Sünder)

§ 13.

Unbeschadet der einheitlichen Verwaltung der Reichswasserstraßen wird das Reich die Eigenart der einzelnen Flußgebiete unter Beobachtung des Artikels 97 Abs. 3 der Reichsverfassung berücksichtigen uno auf eine möglichste Dezentralisierung der Verwaltung bedacht sein. Es wird insbesondere auf die Ver­ kehrs- und volkswirtschaftlichen und politischen Interessen des Landes unter Abwägung der verschiedenen Verhältnisse bedacht sein und bei widerstreitenden Interessen zwischen Reich und Land oder Zwischen mehreren Ländern einen gerechten Ausgleich her­ beiführen. sAnftrngSverwaltnng für die Sünder)

§ 14.

Auf Antrag der Landesregierung wird das Reich den Reichswasserstraßenbehörden oder einzelnen Beamten gegen an-

42. lXeichS.Mesetz, detr. den Ütergang der »afierftraßeu (1921).

[42

gemesiene Entschädigung Geschäfte der Landesverwaltung auf dem Gebiete des Landeswasserstraßenwesens übertragen. Für die Erledigung dieser Geschäfte sind die Anweisungen der obersten Landesbehörde maßgebend.

[ScitctgtUeng de- Landesrecht-) § 15. Die Gesetze und Verordnungen der Länder bleiben unbe­ schadet der Bestimmungen der Reichsverfassung bis zu einer anderweiten reichsgesetzuchen Regelung in Kraft.

[Untcttttnntüuig der Wasserstraße«)

§ 16.

Das Reich wird die Untertunnelung der Wasserstraßen so­ wie die Führung von Leitungen für die öffentliche Versorgung mit Gas, Wasser und Elektrizität sowie für die Abwässerbeseiti­ gung durch die auf Grund dieses Vertrags in sein Eiaentum übergehenden Grundstücke sowie über oder durch die Wasser­ straßen gestatten, soweit es die Interessen der Wasserftraßenverwaltuna zulassen. Andere Gebühren als Anerkennungsgebühren sollen hierfür nicht erhoben werden.

sSchifsahrtSabgaben)

§ 17.

Das Reich wird die Gebühren und Abgaben für die Be­ nutzung der Wasserstraßen mit tunlichster Schonung bestehender Verhältnisse fortbilden und den Verkehrsbedürfnissen der Län­ der — namentlich auf dem Gebiete der Rohstoffversorgung — nach Möglichkeit Rechnung tragen und bei der Festsetzung von Schrffahrtabgaben auf Seewasserstraßen dafür sorgen, daß kein deutscher Seehafen vor einem anderen bevorzugt wird und daß die Häfen im Wettbewerb des Weltverkehrs bestehen können.

sBegonueue Baute»)

§ 18.

(1) Das Reich ist verpflichtet, die von den Ländern befionnenen Bauten an den übergehenden Wasserstraßen fortzuühren, soweit das Bedürfnis in unveränderter Weise fortbesteht und nicht Rückstchten auf die wirtschaftliche Lage des Reichs entgegenftehen. (2) Als begonnene Bauten im Sinne dieser Bestimmung gelten die in der Zusammenstellung — Anlage B — enthaltenen Bauausführungen. sReue Bauten) § 19.

Das Reich wird den Bau neuer, dem allgemeinen Verkehr dienenden Wasserstraßen sowie den Um- und Ausbau der be-

42]

42. (Reichs jvesetz, betr. den Übergang ber Wasserstraßen (1921).

stehenden Anlagen nach Maßgabe der Verkehrs- und wirtschaft­ lichen Bedürfnisse der Länder und der verfügbaren Mittel aus­ führen. [Vergebung von Lieferungen]

§ 20.

Das Reich wird bei der Vergebung von Lieferungen und Arbeiten für die Reichswasserftraßen die Unternehmer im ge­ samten Reichsgebiet nach gleichen Grundsätzen berücksichtigen und, soweit es hiermit vereinbar ist, dafür öorge tragen, daß Industrie, Handwerk und Handel in der gleichen Weise, wie es bisher die Verwaltungen der Länder getan haben, heran­ gezogen und in ihrer Entwicklung gefördert werden.

[Beamte]

IV. Personal des Reichsverkehrsministerirrms. § 21.

Für die aus Anlaß dieses Vertrags in das Reichsverkehrsministerium übertretenden Beamten der Länder gelten die Bestimmungen der §§ 22 bis 27.

[Übertritt bzw. Rücktritt]

§ 22.

(1) Die Beamten werden mit ihrem Übertritt in den Reichsdienst Reichsbeamte. (2) Die Beamten sind berechtigt, während der Dauer dieses Ber­ trags, längstens jedoch bis zum 30. September 1921, schriftlich oder zu Protokoll ihren Rücktritt in den Landesdienst zu erklären. (3) Ter Rücktritt wird mit dem Tage der Erklärung wirksam. (4) Die Länder verpflichten sich, diese Beamten gegen Erstattung ihres Diensteinkommens durch das Reich so lange auf ihren Dienstposten zu belasten, bis sie nach der Entscheidung der Reichswasterstraßenverwaltung abkömmlich sind. Soll ein Beamter länger als 6 Monate gegen seinen Willen auf seinem Dienstposten belassen werden, so entscheidet auf seinen Antrag ein Schiedsgericht über seine Abkömmlichkeit. Das Schiedsgericht besteht aus einem vom ReichSverkehrsministerium er­ nannten Mitglied, einem Angehörigen der Organisation, die der Be­ amte bezeichnet, und auS einem von diesen zu wählenden Obmann. Einigen sich die Schiedsrichter nicht über den Obmann, so wird dieser von dem Präsidenten des für den Dienstort des Beamten zuständigen Landgerichts ernannt.

IDir-ft»«,»,«!

§ 28.

(1) Die Dienstbezüge der Beamten richten sich nach den Reichssätzen. (2) An regelmäßigem Diensteinkommen gewährleistet daS Reich jedem Beamten den Betrag, den er bezogen haben würde, wenn er in seiner Stelle im Landesdienste verblieben und in diesem nach Maßgabe

42. lNeichS'Ivesetz, brtr. den Übergang der Wasserstraßen (1-21).

[42

der am 31. März 1921 geltenden Besoldungsgrundsatze in seinen Dienst­ bezügen aufgerückt Ware. Besoldungsanderungen, die nach dem 30. Juni 1920 vorgenommen worden sind und über die am 1. April 1921 gültige Reichsbesoldungsordnung hinausgehen, bleiben hierbei jedoch unberück­ sichtigt; das gleiche gilt von Höherstufungen einzelner Beamten und Be­ amtenklassen. Erreichen die Dienstbezüge im Reichsdienst die nach Vor­ stehendem zu berücksichtigenden Landessätze nicht, so ist der Unterschied als persönliche Zulage zu gewähren. Diese Zulage ist insoweit fü* ruhegehaltsfähig zu erklären, als zur Erreichung des nach Landesgrund sätzen ruhegehaltsfähigen Betrags erforderlich ist.

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§ 24.

Das Reich gewährleistet den in den Reichsdienst übertretenden Be­ amten als Wartegeld, Ruhegehalt, sowie Witwen- und Waisengeld min­ destens die Gesamtbezüge, welche nach den am 31. März 1921 gellenden Bestimmungen und Besoldungsfätzen der Länder zu gewähren wären, wenn der Beamte am Tage der Versetzung in den Ruhestand oder des Todes noch im Landesdienste gestanden hätte. Hierbei werden jedoch die nach dem 30. Juni 1920 von den Ländern erlassenen allgemeinen Besoldungsgrundsätze oder Änderungen der Bestimmungen über die Ruhegehalts- und Hinterbliebenenbezüge nicht berücksichtigt, soweit sie über die am 1. April 1921 gültigen, vom Reich erlasienen entsprechenden Bestimmungen hinausgehen.

IForts«tz»»g>

§ 25.

(1) Die Vorschriften der §§ 23, 24 gelten vorbehaltlich der Aus­ wirkungen des Gesetzes zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung vom 21. Dezember 1920 (Reichsgesetzbl. S. 2117).

(2) Mit Rücksicht darauf, daß die Bayerische Regierung die Gültig­ keit des vorbezeichneten Gesetzes bestreitet und sich die Herbeiführung einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs hierüber Vorbehalten hat, gelten die Bestimmungen des § 23 Abs. 2 Satz 2, § 24 Satz 2, § 25 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn das Gesetz für rechtsungültig erklärt wird.

sAnstellnngSu. BeförderungSausfichtenj

§ 26.

(1) Tas Reich gewährleistet den Beamten und den Beamtenan­ wärtern die in den Ländern erworbenen Anstellungs- und Beförderungs­ aussichten so weit, als es sich um die bei regelmäßiger Gestaltung der bisherigen Laufbahn nach dem bisherigen organisatorischen Aufbau des Beamtenkörpers erreichbaren Eingangs- und Besörderungsstellen handelt. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 2 findet sinngemäße Anwendung. (2) Als regelmäßig erreichbare Besörderungsstellen sind nur solche

Bühler, Staat-recht.

35

42]

42. sNeichS IGefetz, tetr, den Übergang der Wasserstraßen (1021).

anzusehcn, die mindestens die Hälfte der Beamten der Borstellc crreicht hat. (3) Ter Nachweis der Befähigung für die Heförderungsstellen ist, solange und soweit nicht Reichsvorschriften erlassen werden, nach den bisher im Lande geltenden Grundsätzen zu führen. (4) Damit die Wartezeit bis zur Anstellung und Beförderung gegenüber dem Zustand in den Ländern zur Zeit des Überganges auf das Reich keine Verschlechterung erfährt, sollen durch den jeweils nächsten Reichshaushalt genügend planmäßige Stellen zur Verfügung gestellt werden, um die bis zu Beginn des Haushaltsjahrs nach den Anstellungs und Beförderungsverhältnissen, wie sie in den Ländern nach Ausführung des Haushalts von 1920 unter Berücksichtigung der Vorschriften im Abs. 1 liegen, zur Anstellung oder Beförderung herangerückten An Wärter anstellen oder befördern zu können. Soweit sich dies nicht er­ möglichen lassen sollte, erhält der Bedienstete vom Beginne des bezeich­ neten Haushaltsjahrs an zur Erreichung des Gesamteinkommens im Falle seiner Anstellung oder Beförderung eine persönliche Zulage. Tie Zulage ist bei Beamten so weit für ruhegehaltsfähig zu erklären, als zur Erreichung des bei ihrer Beförderung ruhegehaltsfähigen Ein­ kommensbetrags erforderlich ist. Der Beginn des Besoldungsdienst altcrs wird bei späterer Stellenbesetzung so festgelegt, wie wenn der Beamte zum bezeichneten Zeitpunkt angestellt oder befördert worden wäre. (5) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Reich und Beamten oder Beamtenanwärtern darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt sie beim Verbleiben im Landesdienst angestcllt oder befördert worden wären, darf das Reich die Entscheidung nur im Einvernehmen mit der Landes­ regierung treffen. Kommt zwischen dem Reich und dem Beamten oder Anwärter eine Einigung nicht zustande, so entscheidet ein Schiedsgericht. Dieses besteht aus zwei vom Reichsverkehrsministerium ernannten Mit­ gliedern, einem von der Landesregierung bestimmten Mitglied, einem Angehörigen der von dem Beamten oder Anwärter bezeichneten Organi­ sation und einem von diesen zu wählenden Obmann. Einigen sich die Schiedsrichter nicht über den Obmann, so wird dieser von dem Präsi­ denten des für den Dienstort des Beamten oder Anwärters zuständigen Landgerichts ernannt.

sAuhaugigeDisziplinarverfahrens

§ 27.

Ein in den Ländern am 31. März 1921 anhängiges förmliches Disziplinarverfahren ist nach den Landesgesetzen zu erledigen. sDieuft. und Tarifvertrages

§ 28.

Das Reich tritt gegenüber den auf Grund dieses Vertrags in den Dienst des Reichsverkehrsministeriums übernommenen Angestellten und

42. (Reichs sSesetz, belr. den Übergang der Wasserstraßen (1921). Arbeitern in die am 31. März 1921 träge ein.

sAmwartschaft auf eine Beamtenlaufbahn)

[42

gültigen Dienst- und Tarifver­

§ 29.

Das Reich gewährleistet den in den Reichsdienst übertretenden Angestellten und Arbeitern der Länder die erworbenen Anwartschaften auf eine Beamtenlaufbahn nach Maßgabe des § 26.

V. Schluß u«d Übergangsbestimmungen. [öttbgültige Regelung erst später]

§ 30.

(1) Die Vertragschließenden sind darüber einig, daß dieser Vertrag den Übergang der Wasserstraßen nur vorläufig und nicht vollständig regelt und der endgültigen Regelung nicht vorgreift. Die notwendigen Ergänzungen und Änderungen werden im Wege weiterer Verein­ barungen getroffen werden. Soweit eine Einigung nicht erzielt wird, entscheidet der Staatsgerichtshof. (2) Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung der Vertragsbestim­ mungen ergeben, werden, soweit nicht in diesem Vertrag etwas anderes bestimmt ist, durch ein Schiedsgericht von 5 Mitgliedern entschieden. Für jeden Streitfall ernennt der Reichsrat den Vorsitzenden und be­ stimmen das Reich und das beteiligte Land je 2 Beisitzer. sAktenübergabe]

§ 31.

(1) Tas Reich wird die auf das Reichsverkebrsministerium über­ gehenden Akten der Landeszentralbehörden diesen zwecks Führung der einstweiligen Verwaltung für das Reich (vgl. § 11) sowie zur Herbei­ führung des Abschlusies des endgültigen Vertrags und zwecks Vertretung der Landesinteressen vor dem Staatsgerichtshof oder dem Schiedsgericht zur Verfügung stellen. (2) Welche Akten der Landeszentralbehörden auf das Reich über­ gehen, ist zwischen dem Reichsverkehrsministerium und den Landeszen­ tralbehörden zu vereinbaren.

§32.

Sofern nicht alle Länder, deren Wasserstraßen nach Artikel 97 der Reichsverfassung auf das Reich übergehen, diesem Ver­ trage beitreten, verpflichtet sich das Reich, keine abweichenden Vereinbarungen ohne Anhörung der vertragschließenden Länder zu treffen. Diese können im Falle des Zustandekommens ab­ weichender Vereinbarungen mit einzelnen Ländern für sich die gleichen Zugeständnisse beanspruchen, soweit diese über den In­ halt des gegenwärtigen Vertrags hinausgehen und nachweislich für sie günstiger sind.

43.1«nch» lLust»ert,hrS,»s«tz (1622).

43. tReichS-f Luftverkehrsgesetz. Dom 1. August 1922 (RGBl. I S. 681)1) mit der Änderung durch Art. I der Verordnung vom 5. Februar 1924 (RGBl. I S. 43).

sAuszug.j Gi ft er Abschnitt.

Luftverkehr.

A. Luftfahrzeuge und Lustfahrer. lFreiheit des Lustverkehrsj

§ 1.

(1) Die Benutzung des Luftraums weit sie nicht durch dieses Gesetz und lassenen Anordnungen beschränkt ist. (2) Luftfahrzeuge im Sinne dieses zeuge, Ballone, Drachen und ähnliche raum bestimmte Geräte. sLustfahrzeugrollef

durch Luftfahrzeuge ist frei, so­ die zu seiner Ausführung er Gesetzes sind Luftschiffe, Flug­ für eine Bewegung im Luft­

§ 2.

(1) Luftfahrzeuge dürfen in Deutschland nur verkehren, wenn sie in das Verzeichnis der deutschen Luftfahrzeuge (Luftsahrzeugrolle) ein­ getragen sind. (2) Die Eintragung erfolgt nur, wenn das Luftfahrzeug zugelassen (5 3) ist und im ausschließlichen Eigentume von Reichsangehörigen steht. Ihnen werden gleichgeachtet offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämtlich Reichsangehörige sind; andere Handelsgesellschaften, einge­ tragene Genossenschaften und juristische Personen, wenn sie im Inland ihren Sitz haben, Kommanditgesellschaften auf Aktien jedoch nur dann, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämtlich Reichsangehörige sind. (3) Eingetragene Luftfahrzeuge haben ein deutsches Hoheitszeichen zu führen. Form und Art der Führung bestimmt die Reichsregierung. (4) Die Eintragung ist zu löschen, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht mehr vorliegen.

sgulaff««- der Luftfahrzeuge;

§ 8.

(1) Luftfahrzeuge dürfen nur in Betrieb genommen werden, wenn sie zugelassen sind. (2) Die Zulassung erfolgt nur, wenn das Luftfahrzeug den An­ forderungen der Verkehrssicherheit genügt.

J) Die Druckfehlerberichtigungen S. 722 und 758.

finden

sich

im

RGBl. I

1922

43. INeichS'ILuftverkehrS-esetz (1922).

[43

(3) Die Zulassung gilt für das ganze Reichsgebiet; sie wird durch einen Zulassungsschein nachgewiesen. Sie ist zurückzuziehen, wenn ein Luftfahrzeug den Anforderungen der Verkehrssicherheit nicht mehr genügt; der Zulassungsschein ist in diesem Falle einzuziehen.

sLuftfahrerscheius

§ 4.

(1) Wer bestimmungsgemäß ein Luftfahrzeug führt oder bedient (Luftfahrer), bedarf der Erlaubnis. Der Nachweis der Erlaubnis ist durch eine Bescheinigung (Luftfahrerschein) zu erbringen. (2) Bei Ubungs- und Prüfungsfahrten in Begleitung von Lehrern gelten die Lehrer als diejenigen, die das Luftfahrzeug führen oder bedienen. (3) Der Luftsahrerschein ist zu erteilen, wenn der Bewerber seine Befähigung nachgewiesen, das 21. und, wenn eS sich um Führer von Luftschiffen handelt, das 25. Lebensjahr vollendet hat und ferner keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber zur Führung oder Bedienung eines Luftfahrzeugs ungeeignet erscheinen lassen. (4) Mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kann auch Be­ werbern, die daS 19. Lebensjahr vollendet haben, die Erlaubnis erteilt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. (5) Die Erlaubnis gilt für das ganze Reichsgebiet. Sie ist zu entziehen, wenn sich Tatsachen dafür ergeben, daß der Inhaber zur Führung oder Bedienung eine- Luftfahrzeugs ungeeignet ist; der Luft­ fahrerschein ist in diesem Falle einzuziehen. lAuSnahmeuj

§ 5.

§ 2 Abs. 1, $ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 gelten nicht innerhalb eines Flughafens, wenn nur zum Betriebe des Luftfahrzeugs bestimmte Per­ sonen beteiligt sind. Weitere Ausnahmen von den Vorschriften des § 2 Abs. 1, des § 3 Abs. 1 und des § 4 Abs. 1 kann die Reichsregierung zulassen. sGenehmiguug für Lehrbetriebs § 6. (1) Wer gewerbsmäßig Personen zu Luftsahrern ausbilden will, bedarf der Genehmigung. (2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Bewerber seine Befähigung durch eine Prüfung nachgewicsen hat und keine Tatsachen dafür vorliegen, daß er für den Lehrbetrieb sonst ungeeignet ist. (3) Die Genehmigung ist zurückzuziehen, wenn sich Tatsachen da­ für ergeben, daß der Lehrbetrieb unzuverlässig ist.

B. Flughafen. sGenehmiguugj

§ 7.

(1) Flughäfen dürfen nur mit gemeinsamer Genehmigung der Reichsregierung und der Landeszentralbehörde oder der von diesen zu bestimmenden Behörden beibehalten oder angelegt werden.

43]

43. IReichS ILuftverkehrSgesetz (1922).

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn Tatsachen dafür vor­ liegen, daß der Flughafen oder der in Aussicht genommene Platz un­ geeignet ist, oder dafür, daß der Betrieb unzuverlässig geführt werden wird; ergeben sich später solche Tatsachen, so ist die Genehmigung zu­ rückzuziehen. (3) Die vorstehenden Vorschriften gelten nicht für Reichs- und Staatsbetriebe, die im öffentlichen Interesse liegen.

sFlughafenzone)

§ 8.

Als Flughafen gilt auch die festgesetzte Flughafenzonc.

fPolizeiflugwachenf

§ 9.

Die zur Einrichtung von Polizeiflugwachen in Flughäfen erforder­ lichen Räumlichkeiten hat der Unternehmer unentgeltlich bereitzustellen und zu unterhalten.

fRachbarrechtes

§ 10.

Die Vorschriften des § 26 der Gewerbeordnung gellen für Flug­ häfen entsprechend. Ties gilt auch dann, wenn der Flughafen nicht gewerblichen, sondern öffentlichen Zwecken dient.

C. Luftfahrtunteruehmeu und -Veranstaltungen.

fLustfahrtuuternehmeu]

§ 11.

(1) Unternehmen, die gewerbsmäßig Personen oder Sachen durch Luftfahrzeuge befördern (Luftfahrtunternehmen), und öffentliche Ver­ anstaltungen im Dienste des Wettbewerbes oder der Schaulust, woran Luftschiffe, Flugzeuge oder Ballone beteiligt sind (Luftfahrtveranstaltungen), bedürfen der Genehmigung. (2) Die Genehmigung wird erteilt: 1. bei Luftfahrtunternehmen und Lustfahrtveranstaltungen, deren Luftfahrtbereich sich auf ein Land beschränkt, von der Zentral­ behörde des Landes oder der von dieser zu bestimmenden Be­ hörde nach Anhörung der Reichsregierung; 2. bei Luftfahrtunternehmen oder Luftfahrtveranstaltungen, deren Luftfahrtbereich mehrere Länder oder das Ausland berührt, von der Reichsregierung nach Anhörung der Zentralbehörden der be­ rührten Länder; 3. bei Ballonveranstaltungen von der Zentralbehörde des Landes, von dem aus die Fahrt veranstaltet wird. (3) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn kein Bedürfnis be­ steht oder Tatsachen dafür vorliegen, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet werden kann; ergeben sich später solche Tatsachen, so ist die Genehmigung zurückzuziehen. Die Genehmigung kann versagt

48. IRtichSsLuftverkehrSgefetz (1922).

[48

werden, wenn der Unternehmer Luftfahrzeuge verwenden will, die nicht als sein Eigentum in die Luftfahrzeugrolle eingetragen sind. (4) Die vorstehenden Vorschriften gelten nicht für Reichs- und Staatsbetriebe, die im öffentlichen Interesse liegen. (5) Luftfahrtunternehmen mit einem flugplanmäßigen öffentlichen Betriebe müssen auf Verlangen der Postverwaltung mit jeder flugplan­ mäßigen Luftfahrt Postsendungen gegen angemessene Vergütung be­ fördern. Der Umfang der Verpflichtung bemißt sich nach den Bedürf­ nissen des Luftsahrtunternehmens und der Postverwaltung. Er ist im Streitfall vom Reichsverkehrsminister und Reichspostminister festzu­ setzen; das gleiche gilt für die Höhe der Vergütung.

D. Verkehr-vorschriften. jLanduug von Luftfahrzengens

§ 12.

(1) Luftfahrzeuge dürfen, außer in Notfällen, nur in Flughäfen und außerhalb geschloffener Ortschaften nur auf nichteingefriedigten Grundstücken oder auf Wafferflächen landen. Für einzelne Gebiete, Grundstücke oder Wafferflächen kann ein Landung-Verbot erlassen werden. (2) Die Besatzung ist verpflichtet, über die Persönlichkeit des Hal­ ters und Führers des Luftfahrzeugs dem Berechtigten Auskunft zu geben. Nach Feststellung der Persönlichkeiten darf der Berechtigte die Weiterfahrt oder die Abbeförderung des Luftfahrzeugs nicht verhindern. § 13.

sLuftsperrgedietes

Bestimmte Gebiete können vorübergehend oder dauernd für den Luftverkehr ganz oder unter einer bestimmten Flughöhe gesperrt werden (Luftsperrgebiete). sBer-oteue VefSrderuug-güters

§ 14.

Luftfahrzeuge dürfen im Lustverkehre Waffen, Schießbedarf, Sprengstoffe, giftige Gase, Brieftauben, Lichtbildgerät und Gerät zur drahtlosen Nachrichtenübermittlung nur mit behördlicher Erlaubnis mit­ führen.

E. Enteignung.

sZwecke und Verfahrens

§ 15.

(1) Bei öffentlichem Bedürfnis können Eigentum und sonstige Rechte an Grundstücken für Zwecke der Luftfahrt durch Enteignung gegen angemessene Entschädigung entzogen oder beschränkt werden, wenn keine Einigung zwischen dem Unternehmer und dem Berechtigten zu­ stande kommt. Die Beschränkung kann auch in der Kennzeichnung von Orten für die Luftfahrt bestehen. (2) Bis zur Erlassung eines Reichsgesetzes bestimmt sich das Ver­ fahren nach den Landesgesetzen.

48]

48. l«eich,.]LustverkehrSgesetz (1922).

[übetnalmt a«f bai Reichl

§ 16.

(1) Das Reich kann Luftsahrtunternehmen oder das Eigentum oder das Recht der Ausnutzung von Anlagen, die der Beförderung von Per­ sonen oder Gütern mit Luftfahrzeugen dienen, gegen angemessene Ent­ schädigung übernehmen. Das Nähere regelt ein Reichsgesetz.') (2) Nach dem 1. April 1922 getroffene Vereinbarungen oder abge­ schlossene Rechtsgeschäfte, durch die das Ubernahmerecht des Reichs auf­ gehoben, beschränkt oder beeinträchtigt wird, sind dem Reiche gegenüber unwirksam.

F. Gemeinsame Bestimmungen.

sAuSsührungsvorschrifteus

§ 172).

Die Reichsregierung erläßt mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags: 1. Vorschriften zur Ausführung der §§ 2 bis 15 und des § 29, 2. Vorschriften für das Überfliegen der Reichsgrenzen oder Zoll­ grenzen, 3. die sonstigen zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicher­ heit erforderlichen Vorschriften über Verkehr und Betrieb von Luftfahrzeugen, 4. Vorschriften über die Bildung eines zur Mitwirkung in Ange legenheiten des LuftfahrwesenS berufenen Beirats. Die Landesregierungen können sich durch Vermittlung der Reichsregierung des Beirats bedienen.

§ 18. (1) Die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden auf Grund des § 2 und der §§ 4 bis 7, 9 und 11 Abs. 1 bis 3 können, unbeschadet der Befugniffe der Behörde zur vorläufigen Durchführung der Maßnahme, im Wege deS Verwaltungsstreitverfahrens oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach den §§ 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden. (2) Gegen die Entscheidung nach § 11 Abs. 5 Satz 3 kann innerhalb zweier Wochen seit Zustellung das Reichswirtschaftsgericht angerufen werden.

ZweiterAbschnitt. Haftpflicht. sDie 19—30 regeln die Haftung des Luftfahrzeughalters, ins­ besondere auch die Höhe des Schadenersatzes!

*) Bisher noch nicht ergangen. ’) § 17 in der Fassung des Art. I der Verordnung vom 5. Februar 1924.

48. l«eichS.,Luftverrehr»,esetz (1922).

[48

Dritter Abschnitt*). Strasvorschristen und Schlu^destlmmung.

§31. Wer den zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in diesem Gesetz oder sonst erlassenen Vorschriften über Verkehr und Betrileb von Luftfahrzeugen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder mit Haft bestraft, soweit nicht nach anderen Strafgesetzen eine höhere Strafe verwirkt ist.

§82. (1) Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. ein Luftfahrzeug führt, das eintragungspflichtig (§ 2), aber nicht oder nicht mehr eingetragen ist; 2. als Halter ein eintragungspslichtigcs (§ 2), aber nicht oder nicht mehr eingetragenes Luftfahrzeug durch Dritte gebrauchen läht; 3. ein Luftfahrzeug führt oder bedient, ohne die Erlaubnis (§ 4) zu haben, oder nachdem sie zurückgezogen ist; 4. als Halter ein Luftfahrzeug durch eine erlaubnispflichtige Person (§ 4) führen oder bedienen läßt, die nicht im Besitze des LuftfahrerscheinS ist oder der die Erlaubnis entzogen ist; 5. ohne Genehmigung oder entgegen den Bedingungen gewerbSmähig Personen zu Lustsahrern ausbildet (§ 6), Flughäfen (§ 7) anlegt oder unterhält, Luftfahrtunternehmen (§ 11) betreibt oder Luftfahrtveranstaltungen (§ 11) unternimmt; 6. sich der Verpflichtung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 entzieht. (2) Wer in den Fällen der Nr. 1 bis 5 fahrlässig handelt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundert­ tausend Mark oder Haft bestraft.

§38. (1) Wer Menschenleben dadurch gefährdet, dah er vorsätzlich ein Luftfahrzeug beschädigt, zerstört oder sonst unbrauchbar oder unzuver­ lässig macht oder vorsätzlich die Fahrt eines Luftfahrzeugs durch falsche Zeichen oder sonst stört, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

*) Die Strafvorschriften sind in Verbindung mit der Verordnung über Bermögensstrasen und -buhen vom 6. Februar 1924 (RGBl. I S. 44) anzuwenden.

43]

43. INeich- ILustverkehrSgesetz (1922).

(3) Ist infolge der Handlung eine schwere Körperverletzung (§ 224 des Reichsstrafgesetzbuchs) oder der Tod eines Menschen eingetreten, so ist die Strafe Zuchthaus, bei mildernden Umständen Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (4) Ist eine dieser Handlungen fahrlässig begangen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten und Geldstrafe bis zu ein­ hunderttausend Mark oder eine dieser Strafen, und wenn infolge der Handlung der Tod eines Menschen eingetreten ist, Gefängnis nicht unter einem Monat. sJnkrafttreterr]

§ 34.

Es treten in Kraft die Vorschriften des zweiten Abschnitts dieses Gesetzes mit dem 1. September 1922, die übrigen Vorschriften mit dem 1. Oktober 1923, jedoch kann die Reichsregierung diese schon zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft setzen; mit diesem Zeitpunkt treten alle auf Grund der Verordnung, betreffend die vorläufige Regelung der Luft­ fahrt, vom 26. November 1918 (Reichsgesetzbl. S. 1337) er­ lassenen Vorschriften außer Kraft.

44. Preutz. Vertrag mit den Evangelischen Landeskirchen (1-31).

[44

X. Staatskirchenrecht. 44. Mreuh.1 Gesetz zu dem Vertrage mit den Evangelischen Landeskirchen. Dom 26. Juni 1931 (GS. S. 107). Art. 1. (1) Dem in Berlin am 11. Mai 1931 unterzeichneten Ver­ traue des Freistaats Preußen mit den Evangelischen Landes­ kirchen sowie dem dazugehörenden Schlußprotokolle vom gleichen Tage wird zugeftimmt. (2) Der Vertrag und das Schlußprotokoll werden nachstehend veröffentlicht.

Art. 2. Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Der Tag, an dem der Vertrag und das Schluß­ protokoll gemäß Artikel 13 des Vertrags in Kraft treten, ist in der Preußischen Gesetzsammlung bekanntzumachen?)

Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen. Das Preußische Staatsministerium und die verfassungs­ mäßigen Vertreter der Evangelischen Landeskirchen in Preußen haben beschlossen, die Rechtslage der Kirchen mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisie in einem förmlichen Vertrag neu und dauernd zu ordnen wie folgt: sSchutz des Staats)

Art. 1.

Der Freiheit, den evangelischen Glauben zu bekennen und auszuüben, wird der Preußische Staat den gesetzlichen Schutz gewähren. 9 Rach der Bekanntmachung vom 29. Juni 1931 (GS. S. 123) sind der Vertrag und das Schlußprotokoll am 29. Juni 1931 ratifiziert worden und in Kraft getreten.

44]

44. Preutz. Vertrag mit den Evangelischen Landeskirchen (1931).

svesetze über BermögenSverwaltnngj

Art. 2.

(1) Kirchliche Gesetze und Notverordnungen über die ver­ mögensrechtliche Vertretung der Kirchen, ihrer öffentlich-recht­ lichen Verbände, Anstalten und Stiftungen sowie über die Ord­ nung ihrer Vermögensverwaltung werden dem Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vorgelegt werden. (2) Der Minister kann gegen solche Gesetze (Notverordnun­ gen) Einspruch erheben, sofern sie eine geordnete Geschäfts­ führung nicht gewährleisten. Der Einspruch ist bis zum Ablauf eines Monats seit der Vorlegung zulässig. über den Einspruch entscheidet auf Klage der Kirche das im Verwaltungsstreitver­ fahren in oberster Instanz zuständige Gericht.

l Satzungen über Bermögensverwaltungl

Art. 3.

Artikel 2 findet aus die Satzungen der öffentlich-rechtlichen kirchlichen Verbände, Anstalten und Stiftungen mit der Mah?abe entsprechende Anwendung, dah an die Stelle des Ministers ür Wissenschaft, Kunst und Volksbildung eine von diesem zu bestimmende Behörde tritt. sErrichtuug von Ämtern, Kirchengemeinden nsw.s

Akt. 4.

Unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 2 und 3 können kirchliche Ämter frei errichtet und umgewandelt werden, falls Aufwendungen aus Staatsmitteln nicht beansprucht werden. Die staatliche Mitwirkung bei der Bildung und Veränderung von Kirchengemeinden und anderen öffentlich-rechtlichen kirchlichen Verbänden erfolgt nach Richtlinien, die mit den Kirchen ver­ einbart werden. sDotation: 4,95 Millionen RM.s

Art. 5.

(1) Die Dotation der Kirchen für kirchenreaimentliche Zwecke wird künftig jährlich vier Millionen neunhunoertfünfzigtausend Reichsmark betragen. Sie wird auf die Kirchen gemätz be­ sonderer Vereinbarung verteilt werden. sKirchliche Gebäude,

(2) Die den kirchenregimentlichen Zwecken dienenden Ge­ bäude und Dienstwohnungen sowie deren Einrichtungsgegen­ stände bleiben den Kirchen überlassen. Die bestehenden Eigen­ tums- und Nutzungsrechte werden auf Verlangen durch Eintra­ gung in das Grundbuch gestchert werden. Fälle gemeinfchaft-

44. Preutz. Vertrag mit brn Evangelischen Landeskirchen (1981).

[44

licher Benutzung werden durch besondere Vereinbarung geregelt werden. Die bauliche Unterhaltung wird nach den für Staats­ gebäude jeweils geltenden allgemernen Grundsätzen erfolgen. (3) Für eine Ablösung der Staatsleiftungen gemäß Artikel 138 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reichs bleibt die bis­ herige Rechtslage der Dotation maßgebend. IGewahrleiftnug des kirchliche« SigentumSs

Wtt. 6.

(1) Den Kirchen, ihren öffentlich-rechtlichen Verbänden, An­ stalten und Stiftungen werden das Eigentum und andere Rechte an ihrem Vermögen nach Maßgabe der Verfassung des Deut­ schen Reichs gewährleistet. (2) Soweit staatliche Gebäude oder Grundstücke Zwecken der evangelischen Kirche gewidmet sind, bleiben sie diesen, unbe­ schadet etwa bestehender Verträge, nach wie vor überlassen. «Politische Klausel bei S»1erbesetz»«gl

Art. 7.

Zum Vorsitzenden einer Behörde der Kircbenleitung oder einer höheren kirchlichen Verwaltungsbehörde sowie zum In­ haber eines kirchlichen Amtes, mit dem der Vorsitz oder die An­ wartschaft auf den Vorsitz einer solchen Behörde verbunden ist, wird niemand ernannt werden, von dem nicht die zuständige kirchliche Stelle durch Anfrage bei der Preußischen Staats­ regierung festgestellt hat, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. sBorbediugmrgerr für Ab­ stellung höherer Geistliches

Art. 8.

(1) Angesichts der in diesem Vertrag zugeficherten Dotation wird ein Geistlicher als Vorsitzender oder Mitglied einer Be­ hörde der Kirchenleitung oder einer höheren kirchlichen Ver­ waltungsbehörde, ferner als Leiter oder Lehrer an einer der praktischen Vorbildung der Geistlichen gewidmeten Anstalt nur angestellt werden, wenn er ai die deutsche Reichsangehörigkeit hat, b) ein zum Studium an einer deutschen Universität berech­ tigendes Reifezeugnis besitzt, c) ein mindestens dreijähriges theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule zurückgelegt hat. (2) Wird in einem solchen Amt ein Richtgeiftlicher angestellt, so findet die Vorschrift des Abs. 1 zu a Anwendung. (3) Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den in Abs. 1 und 2 genannten Erfordernissen abgesehen werden;

44]

44. Preuh. Vertrag mit den Evangelischen Landeskirchen (1931).

insbesondere kann das Studium an anderen deutschsprachigen Hochschulen als den in Abs. 1 zu c genannten anerkannt werden. (4) Mindestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Anstel­ lung in einem der in Abs. 1 und 2 bezeichneten Ämter wird die zuständige kirchliche Behörde dem Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung von dieser Absicht und, mit besonderer Rücksicht auf die vorgenannten Anstellungserfordernisie, von den Personalien des in Aussicht genommenen Amtsträgers Kenntnis geben. Bei einer Versetzung auf ein anderes Amt gleicher Art genügt eine alsbaldige nachträgliche Anzeige. IDeSgl. für Pfarrer)

Art. 9.

(1) Für die Anstellung als Pfarrer gelten die in Artikel 8 Abs. 1 3u a, b und c, für die Anstellung als Hilfsgeistlicher im pfarramtlichen Dienst mindestens die dort zu a und b genannten Erfordernisse. Artikel 8 Abs. 3 findet Anwendung. (2) Alsbald nach der Ernennung eines Pfarrers wird der Staatsbehörde von seinen Personalien, mit besonderer Rücksicht auf Abs. 1 dieses Artikels, Kenntnis gegeben werden. (Fiskalische Patronat-stellen)

Art. 10.

Die Pfarrstellen fiskalischen Patronats im Gebiet der Evangelischen Kirche der altpreuhischen Union werden bis zu einer neuen Vereinbarung, insbesondere für den Fall des Erlasies des in Artikel 83 der Verfassung des Freistaats Preußen vorgesehenen Gesetzes, nach Benehmen zwischen Staats- und Kirchenbehörde besetzt, soweit nicht die Besetzung einem anderen zusteht. Das Nähere regelt eine besonders zu vereinbarende Anweisung. (Erhaltung der evangelisch­ theologischen Fakultäten)

F Akt.

11.

(1) Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleiben die evangelisch-theologischen Fakultäten an den Universi­ täten in Berlin, Bonn, Breslau, Göttingen, Greifswald, Halle, Kiel, Königsberg, Marburg und Münster bestehen. (2) Vor der Anstellung eines ordentlichen oder außerordentlichen Profesiors an einer evangelisch-theologischen Fakultät wird der kirchlichen Behörde Gelegenheit zu gutachtlicher Äußerung gegeben werden. (3) Die Ernennung der evangelischen Universitätsprediger geschieht durch die Staatsbehörde im Einvernehmen mit der Kirchenbehörde.

44. Pnuß. Vertrag mit den Svaugelischen Landeskirchen (1031). sLösuug von MeiuuugSverschiedeuheiteus

[44

Art. 12.

Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunst zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaft­ liche Weise beseitigen. sRatifi-ierungs

Art. 13.

(1) Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikations­ urkunden sollen möglichst bald in Berlin ausgetauscht werdens. Er tritt mit dem Tag ihres Austausches in Kraft. (2) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages treten die seinen Bestimmungen entgegenstehenden Gesetze und Verordnungen außer Kraft. Zu Urkund dessen ist dieser Vertrag in doppelter Urschrift unterzeichnet worden.

Berlin, den 11. Mai 1931.

Das Preußische Staat-Ministerium. gez. Dr. Otto Braun, Preußischer Ministerpräsident, gez. Dr. Hermann Höpker Aschoff, Preußischer Finanzminister, gez. Adolf Grimme, Preußischer Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. (Siegel.)

Der Kirchensenat der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. gez. 1). Friedrich Winckler, gez. D. Dr. Hermann Kapler, gez. D. Georg Burghart. (Siegel.)

(Siegel.) Der Landesbischof, der Borfitzende des Landeskirchenausschufies und der Präsident des Landeskirchenamts der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, gez. D. August Marahrens. gez. D. Georg Schaaf. gez. Max Schramm.

Die Kirchenregierung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins. gez. D. Adolf Mordhorst , Bischof, gez. D. Dr. Traugott Freiherr von Heintze.

(Siegel.)

J) Geschehen am 29. Juni 1931, vgl. Bekanntmachung von diesem Tag (GS. S. 123).

46]

45. Prruß. Vertrag mit dem Heiligen Stuhl (1929).

Die Kircheuregierung der Evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel. gez. D. Heinrich Möller, Landesoberpfarrer, gez. Dr. Karl Bähr, Präsident des Landeskirchenamtes. (Siegel.) Die Landeskirchenregierung der Evangelischen Landeskirche in Nassau. gez. D. August Kortheuer, Evangelischer Landesbischof, gez. Dr. Hans Theinert, Präsident des Evangelischen Landeskirchenamtes. (Ziegel.) Der Landeskirchenrat der Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main gez. D. Richard Schulin, Präsident des Evangelischen Landeskirchenrates, gez. D. Johannes Kübel, Kirchenrat. (Siegel.) Der Landeskirchenvorstand der Evangelisch-reformierten Landeskirche der Provinz Hannomer. gez. Otto Koopmann, Präsident des Landeskirchenrates. (Ziegel.) Der Landeskirchenrat der Evangelischen Landeskirche von Waldeck und Pyrmont. gez. Hermann D i h l e, Präsident des Landeskirchenrates. (Ziegel.)

45. lfireutz.) Gesetz zu dem Vertrage mit dem Heiligen Stuhle. Dom 3. August 1929 (SS. (5.151). Art. 1. (1) Dem in Berlin am 14. Juni 1929 unterzeichneten Ver­ trage des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle sowie dem dazugehörigen Schlußprotokolle vom gleichen Tage wird zugestimmt. (2) Der Vertrag und das Schlußprotokoll werden nachstehend veröffentlicht.

Art. 2. Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Der Tag, an dem der Vertrag und das Echlußprotokoll gemäß Artikel 14 des Vertrags in Kraft treten, ist in der Preußischen Gesetzsammlung bekanntzumachen'). 9 Nach der Bekanntmachung v. 13. Aug. 1929 (GS. S. 173) sind der Vertrag und das Schluhprotokoll am 13. Aug. 1929 in Kraft getreten.

45. Preuß. Bertriß mit bem Heiligen Stuhl (1629).

[46

Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle. Seine Heiligkeit Papst Pius XL und das Preußische Staats­ ministerium, die in dem Wunsche einig find, die Rechtslage der katholischen Kirche in Dreußen den veränderten Verhältnissen anzupassen, haben beschlossen, fie in einem förmlichen Vertrag neu und dauernd zu ordnen. Zu diesem Zwecke haben Seine Heiligkeit zu Ihrem BeSein? Exzellenz den Herrn Apostolischen Nuntius in Berlin und Erzbischof von Sardes Dr. Eugen Pacelli und das Preußische Staatsministerium zu seinen Bevollmäch­ tigten den Herrn Preußischen Ministerprästdenten Dr. Otto Braun, den Herrn Preußischen Staatsminister und Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Professor D. Dr. Carl Heinrich Becker und den Herrn Preußischen Staats- und Finanzminister Dr. Her­ mann Höpker Aschoff ernannt, die nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten folgende Bestimmungen vereinbart haben. ISchutz

bei Staats,

Art. 1.

Der Freiheit des Bekenntnisses und der Ausübung der katholischen Religion wird der Preußische Staat den gesetzlichen Schutz gewähren. sDiSzesauorganisatio«,

Art. 2.

(1) Die gegenwärtige Diözesanoraanisation und -zirkumskription der katholischen Kirche Preußens bleibt bestehen, so­ weit sich nicht aus dem Folgenden Änderungen ergeben. (2) Zn Aachen wird wieder ein Bischöflicher Stuhl er­ richtet und das Kollegial- in ein Kathedralkapitel umgewandelt. Das Bistum Aachen wird den Regierungsbezirk Aachen sowie die Kreise Grevenbroich, Gladbach, M.Gladbach, Rbeydt, Kre­ feld (Stabt und Land) und Kempen umfassen und der Kölner Kirchenprovinz angehören. (3) Dem Bistum Osnabrück werden die bisher von seinem Bischof verwalteten Misfionsgebiete einverleibt. Es wird in Zukunft Suffraganbistum des Metropoliten von Köln sein. (4) Dem Bischöflichen Stuhle zu Paderborn wird der Metropolitancharakter verliehen; das dortige Kathedralkapitel Vühler, Staat-recht. 36

45]

45. Preuß. Lertra- mit dem HeUi-en Stuhl (1926).

wird Metropolitankapitel. Zur Paderborner Kirchenprovinz werden autzer dem Erzbistum Paderborn die Bistümer Hildes­ heim und Fulda aehören. An die Diözese Fulda tritt die Pader­ borner die Bezirke ihres Kommissariats Heiligenstadt und ihres Dekanats Erfurt ab. (5) Das Bistum Fulda überläßt den Kreis Grafschaft Schaumburg dem Bistum Hildesheim und den bisher ihm zu­ gehörigen Teil der Stadt Frankfurt dem Bistum Limburg. Wie Fulda so wird auch dieses aus seinem bisherigen Metro­ politanverband gelöst, aber der Kölner Kirchenprovinz ange­ gliedert. (6) Der Bischöfliche Stubl von Breslau wird zum Sitze eines Metropoliten, das Breslauer Kathedral- zum Metro­ politankapitel erhoben. Der bisher dem Bischof von Breslau mitunterstehende Delegaturbezirk Berlin wird selbständiges Bistum, dessen Bischof und Kathedralkapitel bei St. Hedwig in Berlin ihren Sitz nehmen. In Schneidemühl wird für die derzeit von einem Apostolischen Administrator verwalteten west­ lichen Restgebiete des Erzbistums (Gnefen-) Posen und des Bis­ tums Kulm eine Praelatura nullius errichtet. Das zur Zeit vom Bischof von Er ml and als Apostolischen Administrator mitverwaltete, früher zur Diözese Kulm gehörige Gebiet von Pomesanien wird mit dem Bistum Ermland vereinigt. Die Bistümer Ermland und Berlin und die Prälatur Schneidemühl werden zusammen mit dem Erzbistum Breslau die Breslauer Kirchenprovinz bilden. sZusammensetzuug der Kapitel)

(7) Das Kathedralkapitel in Aachen wird aus dem Propste, echs residierenden und vier nicht residierenden Kapitularen und echs Vikaren, das Kathedralkapitel in Berlin aus dem Propste, riinf residierenden und einem nicht residierenden Kapitular und vier Vikaren, das Kathedralkapitel in Frauenburg in Zukunft aus dem Propste, dem Dechanten, sechs residierenden und vier nichtrestdierenden Kapitularen und vier Vikaren bestehen. Im Metropolitankapitel von Breslau wird die bisher dem Propste von St. Hedwig in Berlin vorbehaltene Stelle aufgehoben. In Hildesheim und in Fulda wird die Zahl der residierenden Dom­ kapitulare künftig fünf betragen. (8) Eines der nichtresidierenden Mitglieder der Metropolitankapitel von Köln und Breslau und des Kathedraltapitels von Münster soll der in dem betreffenden Erzbistum oder Bis­ tum bestehenden theologischen Fakultät entnommen werden.

45. Prruß. Vertrag mit dem Heiligen Stuhl (1928).

[45

(9) Eine in Zukunft etwa erforderlich erscheinende N e u errichtung eines Bistums oder einer Kirchenprovinz oder sonstige Änderung der Diözefanzirkumskription bleibt er­ gänzender späterer Vereinbarung vorbehalten. Dieser Form be­ darf es nicht bei Grenzverlegungen, die lediglich im Interesse der örtlichen Seelsorge geschehen. ] Weihbischöfe]

(10) Zur Unterstützung des Diözesanbischofs wird in Zutunst den Erzbischöflichen Stühlen von Köln, Breslau und Paderborn und den Bischöflichen Stühlen von Trier, Münster und Aachen ein Weihbischof zugeteilt sein, der vom Heiligen Stuhl auf An­ suchen des Diözesanbischofs ernannt wird. Nach Stetatf können in derselben Weise für die genannten und andere Bistümer weitere Weihbischöfe bestellt werden. Zum Sitz eines Weih­ bischofs wird ein anderer Ort als der Sitz des Diözesanbischofs erst nach Benehmen mit der Preußischen Staatsregierung be­ stimmt werden. lErrichtuug Vs« Ämtern und Kirchengemeinden]

Art. 8.

Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 2 können kirch­ liche Ämter frei errichtet und umgewandelt werden, falls Auf­ wendungen aus Staatsmitteln nicht beansprucht werden. Die staatliche Mitwirkung bei der Bildung und Veränderung von Kirchengemeinden erfolgt nach Richtlinien, die mit den Diöze­ sanbischöfen vereinbart werden. lDotation: 2,8 Mill. ML]

Art. 4.

(1) Die Dotation der Diözesen und Diözesananstalten wird

künftig jährlich zwei Millionen achthunderttausend Reichsmark betragen. Im einzelnen wird sie gemäß besonderer Verein­ barung verteilt werden. ^Kirchliche Gebäude]

(2) Die Dienstwohnungen und die Diözesanzwecken dienen­ den Gebäude bleiben der Kirche überlassen. Die bestehenden Eigentums- und Nutzungsrechte werden auf Verlangen durch Eintragung in das Grundbuch gesichert werden. (3) Für eine Ablösung der Staatsleistungen gemäß Artikel 138 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reichs bleibt die bis­ herige Rechtslage der Diözesandotation maßgebend. IGrwahr des kirchlichen Eigentums]

Art. 5.

(1) Das Eigentum und andere Rechte der öffentlich-recht­ lichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen der katholischen 36*

45]

45. Prrutz. Vertrag mit de« HeUigen Stuhl (1029).

Kirche an ihrem Vermögen werden nach Maßgabe der Ver­ fassung des Deutschen Reichs gewährleistet. (2) Soweit staatliche Gebäude oder Grundstücke Zwecken der Kirche gewidmet sind, bleiben sie diesen, unbeschadet etwa be­ stehender Verträge, nach wie vor überlassen. IBisch»frwahq

Art. 6.

(1) Nach Erledigung eines Erzbischöflichen oder Bischöflichen Stuhles reichen sowohl das betreffende Metropolitan- oder Kathedralkapitel als auch die Diözesanerzbischöfe und -bischöfe Preußens dem Heiligen vtuhle Listen von kanonisch geeigneten Kandidaten ein. Unter Würdigung dieser Listen benennt der Heilige Stuhl dem Kapitel drei Personen, aus denen es in freier, geheimer Abstimmung den Erzbischof oder Bischof zu wählen hat. Der Heilige Stuhl wird zum Erzbischof oder Bischof niemand bestellen, von dem nicht das Kapitel nach der Wahl durch Anfrage bei der Preußischen Staatsregierung fest­ gestellt hat, daß Bedenken politischer Art gegen ihn' nicht bestehen. (2) Bei der Aufstellung der Kandidatenliste und bei der Wahl wirken die nichtresidierenden Domkapitulare mit.

Art. 7. Zum Praelatus nullius und zum Koadjutor eines Diözesanbischofs mit dem Rechte der Nachfolge wird der Heilige Stuhl niemand ernennen, ohne vorher durch Anfrage bei der Preußischen Staatsregierung festgestellt zu haben, daß Bedenken politischer Art gegen den Kandidaten nicht bestehen.

sSapitelbesetzungenj Art. 8. (1) Die Dignitäten der Metropolitan- und der Kathedralkapitel verleiht der Heilige Stuhl, und zwar beim Vochandensein zweier Dianitäten, die erste (Dompropstei) auf Ansuchen oes Kapitels, die zweite (Domdekanat) auf Ansuchen des Diöze­ sanbischofs, beim Vorhandensein nur einer Dignität (Dom­ propstei oder Domdekanat) diese abwechselnd auf Ansuchen des Kapitels und des Diözesanbischofs. (2) Die Kanonikate der Kapitel besetzt der Diözesanbischos abwechselnd nach Anhörung und mit Zustimmung des Kapitels. Die Abwechslung findet bei residentialen und nichtrefidentialen Kanonikaten gesondert statt. (3) Die Domvikarien besetzt der Diözesanbischof nach An­ hörung des Kapitels.

45. Prerttz. Sertrag mit dem Heiligen Stuhl (1929). (Vorbedingungen für höhere, Geistliche,

[45

Art. 9.

(1) Angesichts der in diesem Vertrag zugeficherten Dotation

der Diözesen und Diözesananstalten wird ein Geistlicher zum Ordinarius eines Erzbistums oder Bistums oder der Praelatura nullius, zum Weihbischof, zum Mitglied eines Domkapitels, zum Domvikar, zum Mitglied einer Diözesanhehörde oder zum Leiter oder Lehrer an einer Diözesanbildungsanstalt nur bestellt wer­ den, wenn er a) die deutsche Reichsangehörigkeit hat, b) ein zum Studium an einer deutschen Universität berech­ tigendes Reifezeugnis besitzt, c) ein mindestens dreijähriges philosophisch-theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule oder an einem der gemätz Artikel 12 hierfür bestimmten bischöf­ lichen Seminare oder an einer päpstlichen Hochschule in Rom zurückgelegt hat. (2) Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den in Abs. 1 au a, b und c genannten Erfordernissen abgesehen werden- insbesondere kann das Studium an anderen deutsch­ sprachigen Hochschulen als den zu c genannten anerkannt werden. (3) Mindestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Be­ stellung eines Geistlichen zum Mitalied eines Domkapitels oder zum Leiter oder Lehrer an einem Diözesanseminar wird die zu­ ständige kirchliche Stelle der Staatsbehörde von dieser Absicht und, mit besonderer Rücksicht auf Abs. 1 dieses Artikels und gegebenenfalls auf Abs. 2 des Artikels 12, von den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis aeben. Eine entsprechende Anzeige wird alsbald nach der Bestellung eines Bistums(Prälatur-) Verwesers, eines Weihbischofs und eines General­ vikars gemacht werden. iDeSgl. für Pfarrers

Art. 10.

(1) Die Diözesanbischöfe (der Praelatus nullius) werden an

die Geistlichen, denen ein Pfarramt dauernd übertragen werden soll, die in Artikel 9 Abs. 1 zu a bis c und an die sonstigen in der Pfarrseelsorge anzustellenden Geistlichen mindestens die dort zu a und b genannten Anforderungen stellen. Für beide Fälle gilt Artikel 9 Abs. 2. (2) Im Falle der dauernden Übertragung eines Pfarramts wird der Diözesanbifchof (Praelatus nullius) alsbald nach der Ernennung der Staatsbehörde von den Personalien des Geist­ lichen, mit besonderer Rücksicht auf Abs. 1 dieses Artikels, Kenntnis geben.

45]

45. Preutz. »ertrag mit dem Heiligen Stuhl (1929).

sStaatSpatronatsftellen)

Art. 11.

Bis zu einer neuen Vereinbarung, insbesondere für den Fall des Erlasses des in Artikel 83 der Verfassung des Frei­ staats Preußen vorgesehenen Gesetzes, wird die Präsentation auf Grund eines sogenannten Staatspatronats durch die Staats­ behörde erst nach Benehmen mit dem Diözesanbischof oder Praelatus nullius gemäß besonders zu vereinbarender Anweisung geschehen. lKath.-theol. Fakultäten)

Art. 12.

(1) Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleiben die katholisch-theologischen Fakultäten an den Universi­ täten in Breslau, Bonn und Münster und an der Akademie in Braunsberg bestehen. Ihr Verhältnis zur kirchlichen Behörde regelt sich entsprechend den für die katholisch-theologischen Fakul­ täten in Bonn und Breslau geltenden Statuten. (Priesterseminare)

(2) Der Erzbischof von Paderborn und die Bischöfe von Trier, Fulda, Limburg, Hildesheim und Osnabrück sind berech­ tigt, in ihren Bistümern ein Seminar zur wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen zu besitzen. Der Unterricht an diesen Seminaren wird eoenso wie den kirchlichen Vorschriften dem deutschen theologischen Hochschulunterricht entsprechen. Die ge­ nannten Diözesanbischöfe werden dem Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung von den Statuten und dem Lehrplan der Seminare Kenntnis geben. Zu Lehrern an den Seminaren werden nur solche Geistliche berufen werden, die für die Lehrtätigkeit in dem zu vertretenden Fach eine den An­ forderungen der deutschen wissenschaftlichen Hochschulen ent­ sprechende Eignung haben. ^Beilegung von Meinungsverschiedenheiten)

Art. 13.

Die Hohen Vertragschließenden werden eine etwa in Zu­ kunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freund­ schaftliche Werse beseitigen. sRatisizierung)

Art. 14.

(1) Dieser Vertrag, dessen deutscher und italienischer Text gleiche Kraft haben, soll ratifiziert und die Ratifikations­ urkunden sollen möglichst bald in Berlin ausgetauscht werden. Er tritt mit dem Tag ihres Austausches in Kraft.

— LM —

45. Preutz. »ertrag mit dem Heiligen Stuhl (1829).

[45

(2) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages treten die seinen Bestimmungen entgegenftehenden Gesetze und Verordnungen außer Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Ver­ trag unterzeichnet. Geschehen in doppelter Urschrift. Berlin, den 14. Juni 1929. gez. Eugenio Pacelli,

Arcivescovo di Sardi, Nunzio Apostolico, gez. Dr. Otto Braun, Preußischer Ministerpräsident, gez. D. Dr. Carl Becker, Preußischer Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, gez. Dr. -ermann -Spker Aschoff, Preußischer Finanzminifter.

4 Betrieb von Dampfkefielns

[Jn»»»g-S«ter — Ehrenämter! § 94 a. (1) Die Mitglieder der Jnnungsvorstände, Prüfungsausschüsse und Gesellenausschüsse sowie der Organe zur Entscheidung der im § 81 a Ziffer 4 bezeichneten Streitigkeiten verwalten ihr Amt als Ehrenamt unentgeltlich, doch kann ihnen nach näherer Bestimmung deS Statuts Ersatz barer Auslagen und eine Entschädigung für Zeitversäumnis ge­ wahrt werden. (2) Die Annahme der Wahl kann nur aus Gründen verweigert werden, auS denen die Wahl zum Beisitzer eines Gewerbegerichts (§ 18 deS GewerbegerichtSgesetzeS») abgelehnt werden kann. Ablehnungs­ gründe des Gewählten sind nur zu berücksichtigen, wenn sie binnen zwei Wochen, nachdem der Gewählte von seiner Wahl in Kenntnis gesetzt ist,

*) Siehe Anm. 1 zu § 93a. >) Jetzt 8 24 deS ArbeitSgerichtSgesetzeS v. 23. Dez. 1926 (RGBl. I S. 507).

4t. tzewerteOrdmmg für Mal Deutsche Reich (186t).

[4*

schriftlich geltend gemacht werden. Uber den AblehnungSantrag ent­ scheidet die Aufsichtsbehörde endgültig. Diese Bestimmungen finden auf die Mitglieder der Jnnungsschiedsgerichte entsprechende Anwendung.

sRachtragliche- Ausscheiden von Inhabern von IunungSamterus §

94b.

Mitglieder der Jnnungsvorstände, der Ausschüsse der Innungen, der Gesellenausschüsse sowie der Organe zur Entscheidung der im § 81a Ziffer 4 fund § 81b Ziffer 4] bezeichneten Streitigkeiten, hinsicht­ lich deren Umstände eintreten oder bekannt werden, welche die Wähl­ barkeit ausschliehen, haben aus dem Amte auFzuscheiden. Im Falle der Weigerung erfolgt die Enthebung des Beteiligten vom Amte durch die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Beteiligten und der Körperschaft, welcher er angehört. Gegen die Verfügung der Aufsichtsbehörde ist binnen vier Wochen die Beschwerde zulässig. Die Entscheidung über die Beschwerde ist endgültig.

sBeauftragte der Ju«un-I

§ 94c.

(1) Die Innungen sind befugt, durch Beauftragte die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften in den zur Innung ge­ hörigen Betrieben zu überwachen und von der Einrichtung der Be­ triebsräume und der für die Unterkunft der Lehrlinge bestimmten Räume Kenntnis zu nehmen. (2) Die Verpflichteten haben den als solchen legitimierten Beauf­ tragten der beteiligten Innungen auf Erfordern während der Betriebs­ zeit den Zutritt zu den Werkstätten und UnterkunstSräumen sowie zu den sonst in Betracht kommenden Räumlichkeiten zu gestatten und ihnen Auskunft über alle Gegenstände zu geben, welche für die Erfüllung ihres Auftrags von Bedeutung sind; sie können hierzu auf Antrag der Beauftragten von der Ortspolizeibehörde angehalten werden. (3) Namen und Wohnsitz der Beauftragten sind von der Innung der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. (4) Die Beauftragten sind verpflichtet, den im § 139b bezeichneten Beamten auf Erfordern über ihre Uberwachungstätigkeit und deren Er­ gebnisse Mitteilung zu machen. (5) Befürchtet der Betriebsunternehmer von der Besichtigung des Betriebs durch den Beauftragten der Innung eine Schädigung seiner GeschäftSinteresien, so kann er die Besichtigung durch einen anderen Sachverständigen beanspruchen. In diesem Falle hat er dem Vorstände der Innung, sobald er den Namen des Beauftragten erfährt, eine ent­ sprechende Mitteilung zu machen und einige geeignete Personen zu be­ zeichnen, welche aus seine Kosten die erforderlichen Besichtigungen vor­ zunehmen und dem Vorstände die erforderliche Auskunft über die Vor­ gefundenen Berhältnisie zu geben bereit sind. In Ermangelung einer

vühler. Staatsrecht.

40

46]

46. SewerbtOrduuus für das Teutsche Reich (1869).

Verständigung zwischen dem Betriebsunternehmer und dem entscheidet auf Ansuchen des letzteren die Aufsichtsbehörde.

Vorstand

(6) Auf Räume, welche Bestandteile landwirtschaftlicher oder fabrikmäßiger Betriebe sind, finden die vorstehenden Bestimmungen keine An­ wendung.

sGeselleuausschußf

§ 95.

(1) Die bei den Jnnungsmitgliedern beschäftigten Gesellen (Ge­ hilfen) nehmen an der Erfüllung der Aufgaben der Innung und an ihrer Verwaltung teil, soweit dies durch Gesetz oder Statut bestimmt ist. Sie wählen zu diesem Zwecke den Gesellenausschuß. (2) Der Gesellenausschuß ist bei der Regelung des Lehrlings­ wesens und bei der Gesellenprüfung sowie bei der Begründung und Verwaltung aller Einrichtungen zu beteiligen, für welche die Gesellen (Gehilfen) Beiträge entrichten oder eine besondere Mühewaltung über* nehmen, oder welche zu ihrer Unterstützung bestimmt sind.

(3) Die nähere Regelung dieser Beteiligung hat durch das Statut mit der Maßgabe zu erfolgen, daß 1. bei der Beratung und Beschlußfassung des Jnnungsvorstandes mindestens ein Mitglied des Gesellenausschusses mit vollem Stimmrechte zuzulassen ist;

2. bei der Beratung und Beschlußfassung der Jnnungsversammlung seine sämtlichen Mitglieder mit vollem Stimmrechte zuzulassen sind; 3. bei der Verwaltung von Einrichtungen, für welche die Gesellen (Gehilfen) Aufwendungen zu machen haben, abgesehen von der Person des Vorsitzenden, Gesellen, welche vom Gesellenausschusse gewählt werden, in gleicher Zahl zu beteiligen sind wie die Jnnungsmitglieder. (4) Zur Ausführung von Beschlüssen der Jnnungsversammlung in den im Abs. 2 bezeichneten Angelegenheiten bedarf es der Zustimmung des Gesellenausschusses. Wird die Zustimmung versagt, so kann die Aufsichtsbehörde sie ergänzen. Die Teilnahme des Gesellenausschusses an den Angelegenheiten der Jnnungskrankenkassen richtet sich nach der Reichsversicherungsordnung^).

IMchlrrcht »er etftUtn]

§ 95 a.

(1) Zur Teilnahme an der Wahl des Gesellenausschusses sind die bei einem Jnnungsmitgliede beschäftigten volljährigen Gesellen (Ge­ hilfen) berechtigt, welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. *) § 95 Abs. 4 in der Fassung des Art. 103 des Einführungs­ gesetzes zur Reichsversicherungsordnung v. 19. Juli 1911 (RGBl. S. 839).

46. emtrfcterNuutg für Ne» Deutsche «eich (1869).

[46

(2) Wählbar ist jeder wahlberechtigte Geselle, welcher nach §§ 31, 32 des Gerichtsverfassungsgesetzes zum Amte eines Schöffen fähig ist1). (3) Die Wahl zum Gesellenausschusse leitet ein Mitglied deS Jnnungsvorstandes, wenn ein solches nicht vorhanden ist, ein Vertreter der Aufsichtsbehörde.

sErsatzmaauerj

§ 95 b.

Für die Mitglieder deS Gesellenausschusses sind Ersatzmänner zu wählen, welche für dieselben in Behinderungsfällen oder im Falle des Ausscheidens für den Rest der Wahlperiode in der Reihenfolge der Wahl einzutreten haben. Wird dessenungeachtet der Gesellenausschuß nicht vollzählig, so hat er sich für den Rest der Wahlzeit durch Zuwahl zu ergänzen.

1$«m« k*

§ 95 c1).

Mitglieder des Gesellenausschusses behalten, auch wenn sie nicht mehr bei Innung-mitgliedern beschäftigt sind, solange sie im Bezirke der Innung verbleiben, die Mitgliedschaft noch bis zum Ende der Wahl­ periode, jedoch höchstens für ein Jahr.

fAufficht über Nie Juuuuge«)

§ H.

(1) Die Innungen unterliegen der Aufsicht der unteren Verwal­ tungsbehörde, in deren Bezirke sie ihren Sitz haben. (2) Die Aufsichtsbehörde überwacht insbesondere die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Borschristen und kann sie durch Androhung, Festsetzung und Vollstreckung von Ordnungsstrafen gegen die Inhaber der Jnnungsämter, gegen die Innung-mitglieder und gegen deren Ge­ sellen, soweit diese an den Geschäften der Innung teilnehmen, er­ zwingen. Die Geldstrafen fließen in die JnnungSkasse.

(3) Die Aufsichtsbehörde ist befugt, der Innung, wenn sie eS unter­ läßt, ihr zustehende Ansprüche geltend zu machen, einen Vertreter zur gerichtlichen Verfolgung der Angelegenheit zu bestellen. (4) Sie entscheidet Streitigkeiten über die Aufnahme und Aus­ schließung der Mitglieder, über die Wahlen zu den Innung-ämtern sowie unbeschadet der Recht* Dritter über die Rechte und Pflichten der Inhaber dieser Ämter. (5) Sie hat das Recht, einen Vertreter zu den Prüfungen zu ent­ senden. Sie beruft und leitet die Innung-versammlung, wenn der Innungsvorstand dieselbe zu berufen sich weigert.

!) § 95 a Abs. 2 in der Fassung des G. v. 11. Febr. 1929 (RGBl. I S. 21). 2) § 95 c und § 96 Abs. 6 in der Fassung des G. v. 11. Febr. 1929 (RGBl. I S. 21).

49]

40. GewerLe-rdmm- für Mal Deutsche «eich (1860).

(6) über die Auflösung der Innung kann von der Jnnungsversammlung nur im Beisein eines Vertreters der Aufsichtsbehörde be­ schlossen toerben1). (7) Gegen die Anordnungen und Entscheidungen der AuflichtSbehörde ist binnen vier Wochen die Beschwerde zulässig. Die Entscheidung über die Beschwerde ist endgültig. sSchließnug einer Juuuugs § 97. (1) Die Schließung einer Innung kann erfolgen: 1. wenn sich ergibt, daß nach § 84 die Genehmigung hätte versagt werden müssen und die erforderliche Änderung des Statuts innerhalb einer zu setzenden Frist nicht be­ wirkt wird; 2. wenn die Innung wiederholter Aufforderung der Aufsicktsbehörde ungeachtet die Erfüllung der ihr Durch § 81a gesetzten Aufgaben vernachlässigt; 3. wenn die Innung sich gesetzwidriger Handlungen oder Unterlassungen schuldig macht, durch welche das Gemein­ wohl gefährdet wird, oder wenn sie andere als die gesetz­ lich zulässigen Zwecke verfolat; 4. wenn die Zahl ihrer Mitglieder so weit zurückgeht, daß die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben dauernd gefähr­ det erscheint. (2) Die Schließung wird durch die höhere Verwaltungs­ behörde ausgesprochen. (3) Gegen die die Schließung ausfprechende Verfügung findet der Rekurs statt; wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21, soweit nicht landesdas Verfahren in streitigen Verwaltungssachen Platz

(4) Die Tröffnuna des Konkursverfahrens über das Ver­ mögen einer Innung hat die Schließung kraft Gesetzes zur Folge.

(1) Bei der Auflösung einer Innung witd die Abwicklung der Geschäfte, sofern die JnnungSversammlung nicht anderweitig beschließt, durch den Vorstand unter Aufsicht der AuflichtSbehörde vollzogen. Ge­ nügt der Vorstand seiner Verpflichtung nicht, oder tritt die Schließung der Innung ein, so erfolgt die Abwicklung der Geschäfte durch die Auf­ sichtsbehörde oder Beauftragte derselben. (2) Von dem Zeitpunkte der Auflösung oder Schließung ab bleiben die JnnungSmitglieder noch für diejenigen Zahlungen verhaftet, zu welchen sie für den Fall eigenen Ausscheidens auS den JnnungSverhältniffen verpflichtet sind. x) Siehe Anmerkung 2 auf Seite 627.

46. •etotrletrhumt für M Dentsche Reich (1866).

[46

(3) Sind mit der Innung andere Unterstützungskaffen als Innung-krankenkaffen verbunden gewesen, so kann ihnen die höhere Verwaltungs­ behörde nach der Auflösung oder Schließung der Innung Korporations­ rechte verleihen; in diesem Falle verbleiben den Kaffen ihre Bestände*).

sBerteiluug bei Oermügeai]

§ 98 L.

(1) DaS bei der Auflösung oder Schließung vorhandene Vermögen ist zunächst zur Verichtigung der vorhandenen Schulden und zur Er­ füllung der sonstigen Verpflichtungen der Innung zu verwenden. (2) Eine Verteilung de- hiernach verbleibenden Reinvermögen­ unter die Mitglieder kann die Innung nur soweit beschließen, al- das­ selbe au- Veiträgen dieser Mitglieder entstanden ist. Keinem Anspruchs­ berechtigten darf mehr als der Gesamtbetrag der von ihm geleisteten Beiträge auSgezahlt werden. (3) Der Rest de- Vermögen- wird, sofern in dem Statut oder in den Landesgesetzen nicht ein andere- ausdrücklich bestimmt ist, der Ge­ meinde, in welcher die Innung ihren Sitz hatte, zur Benutzung für gewerbliche Zwecke überwiesen. (4) Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und der Innung, welche bei der Ausführung der vorstehenden Vestimmungen entstehen, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

svebührenfreiheit bet Statnten «|toj

§ 99.

Die Statuten und Nebenstatuten der Innungen, die Bescheinigung über die Legitimation der Vorstände sowie die Ausfertigung der Voll­ machten der Beauftragten sind kosten- und stempelfrei.

b) Zwangsinnungen.

sVilbnug einer Zwaug-innnugs

§ 109.

(1) Zur Wahrung der gemeinsamen gewerblichen Zintereffen

der Handwerke gleicher oder verwandter Art ist durch die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag Beteiligter (§ 100 f Abs. 1) anzuordnen, daß innerhalb eines bestimmten Bezirkes sämtliche in der Handwerksrolle (§ 104 o)1) eingetragenen Gewerbe­ treibende, welche das gleiche Handwerk oder verwandte Hand­ werke ausüben, einer neu zu errichtenden Innung (Zwangs­ innung) als Mitglieder anzugehören haben, wenn *) § 98 Abs. 3 in der Fassung des Art. 103 deS Einführungs­ gesetze- zur Reichsversicherungsordnung v. 19. Juli 1911 (RGBl. S. 839). ’) Siehe hierzu die Übergangsbestimmung im § 2 Abs. 3 des Art. IX deS Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung v. 11. Febr. 1929. (Art. IX ist als Anmerkung zu 8 104 p abgedruckt.)

46]

46. «ewerbeerdmwß für M Deutsche «eich (1869).

1. die Mehrheit der beteiligten Gewerbetreibenden der Ein­ führung des Beitrittszwanges zustimmt, 2. der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mit­ glied durch die Entfernung seines Wohnorts vom Sitze der Innung behindert wird, am Genossenschaftsleben teil­ zunehmen und die Znnungseinrichtungen zu benutzen, und 3. die Zahl der im Bezirke vorhandenen beteiligten Hand­ werker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung aus­ reicht). (2) Der Antrag kann auch darauf gerichtet werden, die im Abs. 1 bezeichnete Anordnung nur für diejenigen daselbst be­ zeichneten Gewerbetreibenden zu erlassen, welche der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten. (3) Der Antrag kann von einer für das betreffende Hand­ werk bestehenden Innung oder von Handwerkern gestellt werden, welche zu einer neuen Innung zusammentreten wollen. (4) Ohne Herbeiführung einer Abstimmung (§ 100 a) kann der Antrag abgelehnt werden, wenn die Antragsteller einen verhältnismäßig nur kleinen Bruchteil der beteiligten Hand­ werker bilden, oder ein gleicher Antrag bei einer innerhalb der letzten drei Jahre stattgesundenen Abstimmung von der Mehrheit der Beteiligten abgelehnt worden ift{ oder durch andere Einrichtungen als diejenige einer Innung für die Wahr­ nehmung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der be­ teiligten Handwerke ausreichende Fürsorge getroffen ist. der beteiligte» Gewerbetreibende«]

§ 100 a.

Um festzuftellen, ob die Mehrheit zustimmt (ß 100 Abs. 1 Ziffer 1), hat die höhere Verwaltungsbehörde die beteiligten Gewerbetreibenden durch besondere Mitteilung zu einer Äuße­ rung für oder gegen die Einführung des Beitrittszwanges auf* zufordern. Es entscheidet die Mehrheit der Abstimmenden. Die Form der besonderen Mitteilung unterliegt dem Ermessen der höheren Verwaltungsbehörde*). lA»ord»»»g der höhere» verwaltmig-behörde]

§ 100 b.

(1) Die Verfügung, durch welche die im § 100 Abs. 1 bezeich­ nete Anordnung getroffen wird, muß den Zeitpunkt des Ein­ tritts ihrer Wirksamkeit bezeichnen und den Namen und den Sitz der Innung, die Abgrenzung ihres Bezirkes und die Le-

1) § 100 Ads. 1 und § 100 a in der Fassung des G. v. 11. Febr. 1929 (RGBl. I S. 21).

46. Srwerteordnung für da» Deutsche Kelch (486-).

[46

Zeichnung derjenigen Gewerbe enthalten, für welche sie errichtet wird. (2) Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verfügung durch das zu ihren amtlichen Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen. (3) Gegen den Erlaß der Anordnung oder deren Versagung steht den beteiligten Gewerbetreibenden binnen vier Wochen die Beschwerde an die Landeszentralbehörde au, welche endgültig entscheidet. Die Frist läuft im Falle des Erlasses der Anordnung vom Tage der Veröffentlichung, im Falle der Versagung vom Tage der Eröffnung des Bescheids ab. (4) Nach Erlab der Anordnung find die für die gleichen Eewerbszweige bestehenden Innungen, deren Sitz fich im Bezirke der Zwangsinnung befindet, zu schuehen. (5) Innungen, welche außer diesen noch andere Gewerbs­ zweige umfassen, bleiben bestehen. Diejenigen Mitglieder, welche der Zwangsinnung anzugehören haben, scheiden aus der bisherigen Innung aus, es sei denn, daß fie einen entgegenstehen­ den Mllen ausdrücklich erklärens.

^Allgemeine Vorschriften!

§ 100c.

Auf Innungen, für welche die im § 100 bezeichnete Anord­ nung getroffen ist, finden dre Vorschriften der §§ 81a bis 99 mit den aus den §§ 100d bis 100u fich ergebenden Änderungen Anwendung. lvenehmigung des Statut»!

§ 100d.

(1) Gegen die Versagung der Genehmigung des Innungs­ statuts und. seiner Abänderungen ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig; diese ent­ scheidet endgültig. (2) Wird die Genehmigung des Statuts wiederholt versagt, so hat die höhere Verwaltungsbehörde dasselbe mit rechtsver­ bindlicher Kraft au erlassen. (3) Ergibt fich, daß dem Statut oder seinen Abänderungen die Genehmigung hätte versagt werden müssen, so hat die höhere Verwaltungsbehörde die erforderliche Abänderung anzuordnen; der die Abänderung anordnende Bescheid kann auf dem int Abs. 1 bezeichneten Wege angefochten werden. Unterläßt die Innung, die endgültig angeordnete Abänderung zu beschließen, so hat bte Aufsichtsbehörde die Beschlußfassung anzuordnen und, falls dieser i) § 100 b Abs. 5 in der Fassung des G. v. 11. Febr. 1929 (RGBl. 1 S. 21).

«•]

46. Vewerdeordnung für das Teutsche Reich (1869).

Anordnung keine Folge gegeben wird, die erforderliche Abände­ rung des Statuts von Amts wegen mit rechtsverbindlicher Wirkung zu vollziehen. (Bekanntgabe des Statuts)

§ 100 e.

Das Statut ist in geeigneter Weise zur Kenntnis der Be­ teiligten zu bringen. Mitglieder einer Zwangsinnnngj

§ 100 f.

(1) Als Mitglieder gehören der Innung alle in der Handwerksrolle (8 104 o) eingetragenen Personen an, die das Ge­ werbe betreiben, für welches die Innung errichtet ist. Ist die im 8 100 Abs. 1 bezeichnete Anordnung nur für solche Gewerbe­ treibenden getroffen worden, welche der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten, so sind diejenigen Personen ausgenommen, welche der Regel nach weder Gesellen noch Lehrlinge haltens. (2) Inwieweit Handwerker, welche in landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt beschäftigt find und der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten, der Innung an­ zugehören haben, wird mit Genehmigung der höheren Verwal­ tungsbehörde durch das Statut bestimmt. Vor der Genehmigung ist oen bezeichneten Personen Gelegenheit zur Auherung zu gebens. (3) Gewerbetreibende, welche mehrere Gewerbe betreiben, gehören derjenigen Innung als Mitglieder an, welche für das hauptsächlich von ihnen betriebene Gewerbe errichtet ist. (4) Die Mitgliedschaft beginnt für diejenigen, welche zur Zeit der Errichtung der Innung das Gewerbe betreiben, mit diesem Zeitpunkte, für diejenigen, welche den Betrieb des Ge­ werbes später beginnen, mit dem Zeitpunkte der Eröffnung des Betriebs. lSreiwillige Mitglieder!

§ 100 g.

(1) ^Berechtigt, der für ihr Gewerbe errichteten Innung für ihre Person beizutreten, find: 1. die im 8 87 Abf. 1 Ziffer 2 und 3 bezeichneten Personen sowie die in landwirtschaftlichen oder gewerblichen Be­ trieben gegen Entgelt beschäftigten Handwerker, welche *) § 100 f Abs. 1, 2 und $ 11. Febr. 1929 (RGBl. I S. 21). int $ 2 Abs. 3 deS Art. IX des nung v. 11. Febr. 1929 (Art. gedruckt).

100 g Abs. 1 in der Fassung des O. v. Siehe auch die Übergangsbestimmungen Gesetzes zur Änderung der Gewerbeord­ IX ist als Anmerkung zu § 104 p ab­

46. Sewerdesrdmm, für Mal Deutsche Reich (1866).

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der Regel nach weder Gesellen noch Lehrlinge halten, und Hausgewerbetreibende; 2. mit Zustimmung der Innungsversammlung diejenigen, welche das Gewerbe fabrikmäßig betreiben,' 3. in dem Falle des § 100f Abs. 1 Ziffer 2 diejenigen Ge­ werbetreibenden, welche der Regel nach weder Gesellen noch Lehrlinge halten. (2) Dre nähere Regelung der Rechte dieser Personen erfolgt durch das Statut. (3) Diesen Personen ist der Austritt aus der Innung am Schluffe jedes Rechnungsjahrs gestattet. Eine vorherige Anzeige kann frühestens sechs Monate vor dem Austritte verlangt werden. sTtreitigkeitet über die 8N«W*itkit j»r 3*eung] § 100h.

Streitigkeiten darüber, ob jemand der Innung al» Mitglied angehört, sowie darüber, ob jemand der Innung beizutreten berechtigt ist, entscheidet di« Aufsichtsbehörde. Die Entscheidung kann binnen Wei Wochen durch Beschwerde bet der höheren Verwaltungsbehörde angefochten werden; diese entscheidet end­ gültig. [tieften b«t 3nnung«n|

§1001.

Die durch Errichtung der Innung erwachsenden Kosten sind auf Antrag der Beteiligten von der Landeszentralbehörde vorzuschieben.

lvermögen-auSeinaudersetznug mit etter freien Jnnnt-s § 100 k. (1) Wird infolge der Errichtung einer Zwangsinnung eine Innung geschloffen (§ 100b Abs. 4), so geht da- vermögen dieser Innung, vor­ behaltlich der Bestimmungen der §§ 100/ bis 100 n, mit Rechten und Pflichten auf die Zwangsinnung mit der Mahgabe über, dab die letztere die daran zu machenden Forderungen nur soweit zu vertreten hat, als das Vermögen reicht. (2) Scheidet infolge der Errichtung einer ZwangSinnuug aus einer bestehenden Innung ein Teil der Mitglieder auS (§ 100b Abs. 5), so ist der Zwangsinnung ein entsprechender Teil deS Vermögens zu über­ weifen. Dabei ist das Verhältnis der Zahl der auSfcheidenden zu der Zahl der in der Innung verbleibenden Mitglieder zu berücksichtigen. Kommt hierüber eine Einigung unter den Innungen nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde, welcher die bestehende Innung untersteht. Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten binnen vier Wochen die Beschwerde an die Landeszentralbehörde zu. Diese entscheidet endgültig.

44]

46. Gewerbeardmtng für da- Deutsche «eich (186»).

lUuterftützuu-AIuffeu]

§ 10011).

Sind mit einer Innung, die infolge der Errichtung einer Zwamgsinnung geschloffen wird, andere Unterstützungskranken kaffen als Jnnmngskrankenkaffen verbunden gewesen, so sind die 98, 98 a anzuwemden. Sofern nicht statutarische Bestimmungen oder landesgesetzliche Vor­ schriften eutgegenstehen, kann die Zwangsinnung mit Zustimmung der Vertretung der Unterstützungskaffe diese Kaffe mit allen Rechten und Verbindlichkeiten übernehmen. In letzterem Falle bleiben die vorhan­ denen Mitglieder dieser Kaffe berechtigt, ihr anzugehören, auch wenm sie der Zwangsinnung nicht angehören.

Mitgliedschaft bei eiuer Uuterstützuugskaffe]

§ 100 m1).

Scheiden infolge der Errichtung einer Zwangsinnung aus einer bestehenden Innung, mit der eine andere UnterstützungSkaffe als eine Jnnungskrankenkaffe verbunden ist, Mitglieder aus (§ 100b Abs. 5), so können sie dieser Kaffe auch ferner angehören.

|Äs. 2 erlassenen statutarischen Bestimmungen oder den auf Grund des § 41b oder des § 1391 Abs. 1 getroffenen Anordnun­ gen zuwiderhandelt. (2) Wer den 88 105 b bis 105 g oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Festtagen Beschäftigung gibt oder den auf Grund des tz 105 b Abs. 2 erlassenen statutarischen Bestimmungen zu­ widerhandelt, nachdem er bereits zweimal wegen einer Zuwider­ handlung gegen die bezeichneten Vorschriften rechtskräftig ver­ urteilt worden ist, wird, falls die Straftat vorsätzlich begangen wurde, mit Geldstrafe von fünfzig bis eintausend Mark oder mit Haft bestraft. § 146 Abs. 2 Satz L gilt entsprechend.

*) Abs. 4 ist bedeutungslos geworden, weil gelegentlich der Neu­ ordnung der Zuständigkeit der Strafgerichte durch d. G. v. 11. März 1921 lRGBl. 229) der § 75 GVG. weggefallen ist. -) § 146 a Abs. 2 ist durch d. G. v. 27. Dez. 1911 (RGBl. 1912 S. 139) eingefügt worden. Bühler, Ctaatirecht. 45

46]

4V. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich (1869).

sAonzesfi-uAbestimmnugeuj

§ 1471).

(1) Mit Geldstrafe bis au dreihundert Mark und im Un­

vermögensfalle mit Haft wiro bestraft: 1. wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung (Konzession Approbation, Bestallung) erforderlich ist, ohne die vorschriftsmätzige Genehmigung unternimmt oder fort­ setzt, oder von den in der Genehmigung festgesetzten Be­ dingungen abweicht,' 2. wer eine gewerbliche Anlage, zu der mit Rücksicht auf die Lage oder Beschaffenheit der Betriebsstätte oder des Lokals eine besondere Genehmigung erforderlich ist (§§ 16 und 24), ohne diese Genehmigung errichtet, oder die wesentlichen Bedingungen, unter welchen die Genehmigung erteilt worden, nicht innehält, oder ohne neue Genehmi­ gung eine wesentliche Veränderung der Betriebsstätte oder eine Verlegung des Lokals oder eine wesentliche Ver­ änderung in dem Betriebe der Anlage vornimmt,' 3. wer, ohne hierzu approbiert au sein, sich als Arzt (Wund­ arzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Tierarzt) be­ zeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson,' 4. wer den auf Grund der §§ 120 d, 137 a Abs. 3, § 139g end­ gültig erlassenen Verfügungen oder, abgesehen von den Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2, § 150 a, den auf Grund der §§ 120e, 120f, 139, 139a, 139h erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 5. wer eine gewerbliche Anlage betreibt oder eine offene Ver­ kaufsstelle hält, für welche eine Arbeitsordnung (§§ 134a, 139k) nicht besteht, oder wer der endgültigen Anordnung der Behörde wegen Ersetzung oder Abänderung der Ar­ beitsordnung nicht nachkommt. (2) Enthält die Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze, so soll nicht außerdem noch auf eine Steuerstrafe erkannt werden, es ist aber darauf bei Zumesiung der Strafe Rücksicht zu nehmen. (3) Zn dem Falle zu 2 kann die Polizeibehörde die Weg­ schaffung der Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zustandes derselben anoronen. (4) In dem Falle zu 4 kann die Polizeibehörde bis zur Her*) § 147 in der Fassung d. G. v. 28. Dez. 1908 (RGBl. S. 667) und 27. Dez. 1911 (RGBl. 1912 S. 139).

46. 6r»rrbeetbining fftr baS Deutsche Reich (1869).

[4#

stellung des der Verfügung oder der Vorschrift entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebs, soweit derselbe durch die Verfügung oder die Vorschrift getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizu­ führen geeignet sein würde. (Sonstige Bestimmungen]

§ 148.

(1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark und im Unver­ mögenssalle mit Hast bis zu vier Wochen wird bestraft: 1. iver außer den im § 147 vorgesehenen Fällen ein stehendes Ge­ werbe beginnt, ohne dasselbe vorschriftsmäßig anzuzeigen; 2. wer die im § 14 erforderte An- oder Abmeldung einer über­ nommenen Feuerversicherungsagentur unterläßt; 3. wer die im § 14 erforderten Anzeigen über das Betriebsloka! unterläßt; 4. wer der nach § 35 gegen ihn ergangenen Untersagung eines Gewerbebetriebs zuwiderhandelt, oder die im § 35 vorgeschriebene Anzeige unterläßt; 4 a. wer außer den Fällen des § 360 Nr. 12, § 367 Nr. 16 des Straf­ gesetzbuchs den auf Grund des § 38 erlassenen Vorschriften zu­ widerhandelt; 5. wer dem § 33b oder außer den im § 149 Ziffer 1 vorgesehenen Fällen den §§ 42 a bis 44 a zuwiderhandelt, oder seine Legitimationskarte (§ 44a) oder seinen Wandergewerbeschein (§ 55) einem anderen zur Benutzung überläßt; 6. wer zum Zwecke der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheins oder der im § 62 vorgesehenen Erlaubnis in bezug aus seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht; 7. wer ein Gewerbe im Umherzichen ohne den gesetzlich erfordcr lichen Wandergewerbeschein, imgleichen wer eines der im § 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach § 59a ergangenen Untersagung zuwider betreibt; 7a. wer dem § 56 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 bis 5, 7 biS 11, Abs. 3, den 56a oder 66b zuwiderhandelt; 7b. wer den Vorschriften der §§ 56c, 60a,* 60b Abs. 2, 3 oder des

§ 60c Abs. 2, 3 zuwiderhandett; 7c. wer einer ihm in Gemäßheit des § 60 Abs. 1, § 60b Abs. 1 oder des § 60 d Abs. 3 in dem Wandergewerbeschein auferlegten Be­ schränkung zuwiderhandelt; 7d. wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen Kinder unter vier­ zehn Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt, oder zu dem nach § 42b Abs. 5 verbotenen Gewerbebetriebe Kinder unter vier­ zehn Jahren anleitet oder ausschickt;

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