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German Pages 947 [949] Year 2009
Soziologische Jurisprudenz Festschrift für Gunther Teubner zum 65. Geburtstag
III
Soziologische Jurisprudenz Festschrift für GUNTHER TEUBNER zum 65. Geburtstag
herausgegeben von
Gralf-Peter Calliess · Andreas Fischer-Lescano · Dan Wielsch · Peer Zumbansen
De Gruyter Recht · Berlin
IV
Ü Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-89949-501-0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.d-nb.de > abrufbar.
© Copyright 2009 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung/Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Gunther Teubner zum 30. April 2009 Andreas Abegg Christa Allert Tilman Allert Marc Amstutz Dirk Baecker Mario Barcellona Dietrich Claus Becker Anna Beckers Paul Schiff Berman Michael Blecher Armin von Bogdandy Lasha Bregvadze Gert Brüggemeier Hauke Brunkhorst Sonja Buckel Gralf-Peter Calliess Jean Clam Hugh Collins Sergio Dellavalle Alberto Febbrajo Andreas Fischer-Lescano Oliver Gerstenberg Carlos Gómez-Jara Díez Christoph Beat Graber Malte-Christian Gruber Cordula Heldt Isabell Hensel Martin Herberg Christine Hohmann-Dennhardt Christian Joerges Vaios Karavas
Fatima Kastner Rainer Maria Kiesow Poul F. Kjaer Peter Korth Martti Koskenniemi Karl-Heinz Ladeur Benjamin Lahusen Andreas Maurer Rodrigo O. B. Mendes Christoph Menke Antonio Negri Marcelo Neves Richard Nobles John Paterson Oren Perez Riccardo Prandini Moritz Renner Jean-Philippe Robé Ralf Rogowski Florian Rödl Annamaria Rufino Inger-Johanne Sand David Schiff Anton Schütz Achilles Skordas Fabian Steinhauer Alain Supiot Thomas Vesting Dan Wielsch Helmut Willke Peer Zumbansen
I
Inhalt Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV
I. Paradoxien der Gerechtigkeit Michael Blecher Reclaiming the Common or On Beginning and End of the (Legal) System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Sonja Buckel Körper und Psyche in der Matrix des Rechts . . . . . . . . . . .
19
Jean Clam Emergenz und Emergenzsinn – Ein Denkgang in die Knotung von Kontingenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
Andreas Fischer-Lescano Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule . . . . . . . . . . . .
49
Benjamin Lahusen und Moritz Renner Gespenster zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
Christoph Menke Recht und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Antonio Negri Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze . . . .
97
Oren Perez Law as a Strange Loop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113
Riccardo Prandini P « … Re-vealing (vs Un-veiling) Justice. Riflessioni sull’enigma della giustizia trans-immanente . . . . . .
131
Annamaria Rufino Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age . . . . .
149
VIII
Inhalt
Anton Schütz Sisyphos und das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163
Achilles Skordas Is there Justice in International Law? . . . . . . . . . . . . . . .
179
II. Jurisprudenz und Gesellschaft Andreas Abegg Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights – The Contracting State as a Challenge for Private Law . . . . . . .
201
Dietrich Claus Becker Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk – Neues zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen . . . . .
215
Gert Brüggemeier „Du sollst dir kein Bildnis machen …“ – Der I . Zivilsenat des BGH und die Paradoxien des Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . .
231
Hugh Collins Networks and Comparative Sociological Jurisprudence . . . . . .
249
Carlos Gómez-Jara Díez The Emergence of the Corporate Actor as a Requirement for Corporate Criminal Liability . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
Christoph Beat Graber Wanjina and Wunggurr: The Propertisation of Aboriginal Rock Art under Australian Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
275
Malte-Christian Gruber Lebenswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
299
Cordula Heldt Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes – Willensbildung und AGB -Kontrolle in Vertragsnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315
Rainer Maria Kiesow Wo kein Wille, da kein Recht?
333
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt
IX
Peter Korth Quasi-vertragliche Expertendritthaftung und „soziologische Jurisprudenz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
343
Richard Nobles and David Schiff Jurisprudence as Self-Description: Natural law and Positivism within the English Legal System . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359
Alain Supiot The Territorial Inscription of Laws
. . . . . . . . . . . . . . . .
375
Dan Wielsch Iustitia mediatrix: Zur Methode einer soziologischen Jurisprudenz
395
III. Konstitutionalisierung und Steuerung Christa Allert und Tilman Allert Das Arkanum der Institution. Die Musikhochschule als Ort der Professionalitätsschulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
417
Mario Barcellona L’interventismo europeo e la sovranità del mercato . . . . . . . .
435
Hauke Brunkhorst Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge – Zum Verhältnis von Evolution und Revolution im Recht . . . . .
447
Gralf-Peter Calliess Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? . . . . . . . . .
465
Alberto Febbrajo The University Institution as an Autopoietic System . . . . . . .
481
Oliver Gerstenberg The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights: Economic Constitutionalism or Deliberative Constitutionalism? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
493
Isabell Hensel Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität: Überwältigte Einheit oder organisierte Vielfalt? . . . . . . . . . .
509
Poul F. Kjaer The Under-Complexity of Democracy . . . . . . . . . . . . . .
531
X
Inhalt
Karl-Heinz Ladeur Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht – „Verfassungsprivatrecht“ als Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . .
543
John Paterson Reflexive Law: Challenges and Choices . . . . . . . . . . . . . .
559
Ralf Rogowski Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
573
Fabian Steinhauer Uneinige Probleme mit reflexivem Recht . . . . . . . . . . . . .
587
Thomas Vesting Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und seine systemtheoretische Rekonstruktion . . . . . . . . . . .
609
Peer Zumbansen Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere
627
IV. Transnationalisierung des Rechts Marc Amstutz und Vaios Karavas Weltrecht: Ein Derridasches Monster . . . . . . . . . . . . . . .
645
Dirk Baecker The Power to Rule the World . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
673
Paul Schiff Berman Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World . . .
687
Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle Die Lex mercatoria der Systemtheorie. Verortung, Rekonstruktion und Kritik aus öffentlichrechtlicher Perspektive . . . . . . . . . .
695
Lasha Bregvadze Legal Transfers in the World Society: Local Law and Social Change from the Autopoietic Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . .
717
Martin Herberg Innenansichten des Weltrechts. Methodologische Überlegungen zur aktuellen Rechtspluralismusdebatte . . . . . . . . . . . . . .
739
Inhalt
XI
Christine Hohmann-Dennhardt Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? Globale Rechtswelten und der demokratische Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
753
Christian Joerges und Florian Rödl Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II – Die kollisionsrechtliche Form einer legitimen Verfassung der post-nationalen Konstellation . . . . . . . . . . . . . . . . .
765
Fatima Kastner Versöhnung im Atlas? Globale Normen und Vergangenheitsbewältigung im Königreich Marokko . . . . . . . . . . . . . . .
779
Martti Koskenniemi Legal Fragmentation (s) – An Essay on Fluidity and Form . . . . .
795
Andreas Maurer und Anna Beckers Lex Maritima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
811
Rodrigo Octávio Broglia Mendes A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? . .
827
Marcelo Neves Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen in der Weltgesellschaft . . . . . . . . . . . . .
841
Jean-Philippe Robé Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts – Property Rights and the Globalization of the Power System . . .
857
Inger-Johanne Sand Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
871
Helmut Willke Das Recht der Weltgesellschaft – Schwarze Ritter, weiße Elefanten und Gunther Teubner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
887
Autorinnen- und Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner . . . . . .
901 905
XII
Inhalt
Vorwort der Herausgeber Gunther Teubner ist ein gestandener Festschriftenautor. Seit 1987 hat er sich an einem guten Dutzend Festschriften beteiligt. Seine Premiere in diesem Genre hatte er in „Theorie als Passion“, der Festschrift für Niklas Luhmann, mit einem Stück zur „Episodenverknüpfung“. Schon hier bringt er die Leitperspektive seiner Arbeiten zum Ausdruck: Seine soziologische Jurisprudenz zielt auf die Frage, ob das Recht die gesellschaftlichen Anforderungen nur ad hoc, von Fall zu Fall berücksichtigt oder ob es in der Lage ist, für die Funktionsanforderungen der Weltgesellschaft systematisch rechtseigene Kriterien zu entwickeln.1 Anders als Luhmann zielt Teubner nicht auf eine soziologische Fremdbeschreibung des Rechts, sondern auf eine soziologisch informierte Jurisprudenz, auf Recht als Gesellschaftstheoriedesign, wie er in der Festschrift für Rudolf Wiethölter, die er gemeinsam mit Christian Joerges herausgegeben hat, formuliert.2 Mit zielsicherem Gespür vermag Teubner Denkbewegungen im Recht und seinen Nachbarwissenschaften wie etwa der Soziologie, Anthropologie, Ökonomie und Philosophie zu erkennen und den Rechtsdiskurs mit seiner gesellschaftlichen Alterität zu konfrontieren. Nun gibt Gunther Teubner selbst Anlass zur wissenschaftlichen Episodenverknüpfung. Die Festschrift „Soziologische Jurisprudenz“ stellt sich sowohl im Inhalt als auch in der Form in die Tradition seiner Arbeiten. Die vorliegenden Beiträge lassen sich auf seine Leitperspektive ein, indem sie die Grenzbeziehungen von Recht und Gesellschaft mit je eigenständigen Akzentuierungen reflektieren. Die Wahl des Formats Festschrift erfolgt in gewissem Maße antizyklisch. Die Festschriftenkritik grassiert so inflationär wie die Festschriftenproduktion. Dabei fällt auf, dass die Anti-FestschriftenLiga längst zum Re-entry in die Festschriften-Liga angesetzt und sich als eingeschlossenes Ausgeschlossenes innerhalb der Welt der Festschriften etabliert hat. 3 Festschriftenproduktion ist unter Rechtfertigungsdruck geraten. Im Wissenschaftszusammenhang, so meint die Kritik, sei die Festschrift Ausdruck der Ordinarienuniversität, Abladehalde für Texte, die sonst unvermittelbar sind, ein letzter Abzweig vor dem elektronischen Papierkorb. Post-68 müsse eine neue Form der „Ehrung“, der bescheidenen 1 Teubner Episodenverknüpfung. Zur Steigerung von Selbstreferenz im Recht, in: Baecker u.a. (Hrg.), Theorie als Passion. Niklas Luhmann zum 60. Geburtstag, Frankfurt 1987, 423ff. (443). 2 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joerges/Teubner (Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, Baden-Baden 2003, 25 ff. (45). 3 Lepenies Der Killervirus oder Ein Mittel gegen Festschriften, in: Kiesow u. a. (Hrg.), Summa. Dieter Simon zum 70. Geburtstag, Frankfurt 2005, 361 ff.
XIV
Vorwort der Herausgeber
Unbescheidenheit gefunden werden. Auch im Wirtschaftssystem gibt es selten Euphorie: Es stellt eher die Ausnahme dar, dass die Verlage von einer Festschriftenidee so begeistert sind wie Herausgeber im Werden. Doch auch wenn es prohibitive Verkaufs- und Druckkosten für Kosten/ Nutzen-Kalkulierer so unattraktiv wie möglich machen, Festschriften herzustellen, mit ihnen Handel zu treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, abzugeben, zu veräußern, sonst in den Verkehr zu bringen, zu erwerben (vgl. § 3 I BtMG), haben diese Interventionen bislang jede Steuerungswirkung verfehlt. Die Institution Festschrift wankt nicht und verbreitet ihre betörende Wirkung bis heute. Warum? Wozu unterbrechen allein im vorgelegten Band mehr als 60 Autorinnen und Autoren ihr Lebenswerk, um dem Lebenswerk Gunther Teubners Referenz zu erweisen? Warum verzocken Jungakademiker mehrfache Monatsgehälter für Druckkostenzuschüsse? Im Rahmen einer äquivalenzfunktionalistischen Analyse müsste man wohl fragen: Welche Probleme der Weltgesellschaft lösen eigentlich Festschriften? Warum kann sich dieses unwahrscheinliche Publikationsgenre bis heute so großer Beliebtheit, so vieler Schreiberinnen und Herausgeber erfreuen? Uns scheint: Der Teufel des Festschriftenwesens der Ordinarienuniversität muss mit dem Beelzebub der Festschrift postmoderner Wissenschaft ausgetrieben werden. Dann kann es nicht darum gehen, den Ordinarius als Magnifizenzexzellenzspektabilität zu ehren, sondern nur um die bescheidene Geste, mit der lose Netzwerke der Wissenschaft Zeugnis ihrer epistemischen Wahlverwandtschaft ablegen, in einen interdependenten Denkprozess eintreten und einen Hypertext der Wissenschaftsfreundschaft generieren. Die postmoderne Festschrift verabschiedet den Ordinarius. Sie dechiffriert ihn gerade als große Illusion, Konstruktion, als durch Lichtbild und Signatur aufgestellten Pappkameraden. Die polykontexturale Gesellschaft, so kann man in Anspielung an eine Formulierung Gunther Teubners sagen, erlaubt es nicht, eine Festschrift vom Menschen her zu denken. Gunther Teubner ist ein Personenkonstrukt, eine Collage von Diskursen. Er ist homo iuridicus, homo oeconomicus, homo politicus, homo oecologicus, homo sociologicus, homo religosus, homo psychologicus etc. Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes konstruieren und ehren alle ihren eigenen Gunther Teubner. Aber wer kennt schon Gunther Teubner?4 Bremen, Köln & Toronto zum 30. April 2009 Gralf-Peter Calliess, Andreas Fischer-Lescano, Dan Wielsch & Peer Zumbansen 4 Vgl. Luhmann, Wer kennt Wil Martens? Eine Anmerkung zum Problem der Emergenz sozialer Systeme, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 44 (1992), 139 ff.
Danksagung Wir danken allen Beteiligten für Ihre Mitarbeit an diesem Festschriftenprojekt: den Autorinnen und Autoren, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dem Verlag, hier insbesondere Frau Christina Brückner und Herrn Michael Schremmer. Besonderen Dank verdienen Clarissa Weilbächer für ihre Unterstützung in der Startphase des Projekts und Petra Schreiber, die die Koordination des Festschriftennetzwerkes übernommen und in allen Fragen stets souverän den Überblick behalten hat.
XVI
Vorwort der Herausgeber
I. Paradoxien der Gerechtigkeit
2
Reclaiming the Common or On Beginning and End of the (Legal) System Michael Blecher
The value of a thought is measured by its distance from the continuity of the known. Theodor W. Adorno Minima Moralia
To start with, I share Rudolf Wiethölter’s remarks regarding the ‘Festschrift’ tradition 1: ‘Mission (im)possible’, or ‘you cannot but do it’: ‘you cannot’, if you wish to save the celebrated person and yourself from ‘history and system’ of the tumbling “pillars of wisdom” 2 ; ‘but do it!’, if you wish to express the difference the person in question has made (to you). I also share the insight, from Niccolò Machiavelli to Rudolf Wiethölter and others, that theories possess a performative capacity: 3 struggling for the construction of appropriate social theories means struggling for an appropriate social practise; building appropriate political, economic or legal theories means struggling for an appropriate political, economic or legal practise. This struggle is “poietic non-systemic” 4, means it does not respond to functional differentiation albeit its results ‘must contingently fit’: the structures put in place must be expected to cope with the problem in question during their projected life-cycle. Last not least, I share Antonio Negri’s view 5 that it is quite likely that the transition to a world beyond or after modernity has come to an end. Neither 1 As expressed by R. Wiethölter Utinam, in: R. Kiesow, R. Ogorek, S. Simitis, Festschrift für Dieter Simon (Frankfurt, Klostermann, 2005), p. 641 et seq. 2 See the amusing and frightening description of the (German) academic system and its traditions in Alexander McCall Smith The 2 1/2 Pillars of Wisdom – The Von Igelfeld Trilogy (London, Abacus, 2004). 3 See on Macchiavelli’s importance for this ‘New Age’ beyond modernity, F.d. Lucchese Tumulti e Indignatio, Conflitto, Diritto e Moltitudine in Macchiavelli e Spinoza (Milan, Edizioni Ghibli, 2004), p. 141. 4 See R. Wiethölter Justifications of a Law of Society, in: O. Perez/G. Teubner (eds.) On Paradoxes and Inconsistencies in Law (Oxford, Hart, 2006), p. 65 et seq. 5 See A. Negri Philosophy of Law against Sovereignty: New Excesses, Old Fragmentations, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (ed.), Governance,
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Michael Blecher
post-modernism or hyper-modernism nor (inter-subjective) neo-Kantian concepts are able to grasp the contemporary which is: a radically fragmented societal order in continuous search of its new ‘common’ beyond the classical distinctions of private and public spheres; governmentality as its psycho-social management form; and the (new) forms of excess/ resistance against it. Gunther Teubner basically shares these views, too. In fact, the most productive challenge to classical emancipatory concepts of law and social justice today comes from advanced systems theory which he represents. In this respect I would like to refer to three of G. Teubner’s recent articles which, in my view, express the core of his theoretical and practical approach. This ‘trinity’ confronts the perverse social and individual effects of what he calls “the anonymous communicative matrix” created by functional social systems and their combination in autonomous (‘private’) regulatory regimes; 6 he suggests that these effects can be coped with by “societal constitutionalism”; 7 and he eventually discovers the ‘access to change’ in (functionally differentiated) systems’ inherent (self-)subversive trend to challenge their own limited constructions and procedures in order to better adapt to the requirements of other social and individual autonomies and gain positive repercussions for their own self-reproduction. 8 G. Teubner re-formulates Niklas Luhmann’s theory of functionally differentiated systems as a concept of network constellations among autonomous global economic, political, legal, scientific, religious, etc. regimes the conflicting rationalities of which cannot be regulated neither by politics nor by law under aspects of an integrative ‘unity’. Law appears to be just one device for collision management among others, i.e. besides collision mechanisms provided by economy, politics, science, religion, etc. themselves. Law is at best seen as “gentle civilizer of social systems” in charge of limiting as much as possible the self-destructive tendencies of the various social rationalities through legal formalizations. “In particular, fundamental rights are not just judicially protected rights of individuals against state power as Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008, p. 8 et seq.; to be visited online under . 6 See The Anonymous Matrix. Human Rights Violations by ‘Private’ Trans-national Actors, in: Modern Law Review 69 (2006), p. 327 et seq. 7 Cf. Societal Constitutionalism: Alternatives to State-centred Constitutional Theory? (Storrs Lectures 2003/04, Yale Law School), in: C. Joerges, I.-J. Sand and G. Teubner (eds.), Constitutionalism and Transnational Governance (London, Hart, 2004), pp. 3 to 28. Also see A. Fischer-Lescano, G. Teubner Regime Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law, Michigan Journal of International Law 25, 2004, p. 999 et seq. 8 See G. Teubner Self-subversive Justice: Contingency or Transcendence Formula of Law?, forthcoming in: Modern Law Review 2008. The text refers to the German version published in Zeitschrift für Rechtssoziologie, Volume 29–1 (2008), p. 9 et seq.
Reclaiming the Common
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lawyers usually see them, but are much broader social counter-institutions that, after long-term conflicts, emerge inside expansive social sub-systems and serve to restrict this expansion from within.” 9 As regards safeguarding individuals, “the justice of human rights can (…) at best be formulated negatively. It is aimed at removing unjust situations, not creating just ones. It is only the counter-principle to communicative violations of body and soul, a protest against inhumanities of communication, without it ever being possible to say positively what the conditions of “humanly just” communication might be.” 10 So, on the one hand, humans and their social movements, which try to ‘canalize’ suffering and pain into the systems of communication through the expression of indignation, unrest and protest, are recognized here as independent social key communicators/ actors as against the destructive externalizations of the “anonymous communicative matrix.” On the other hand, however, this recognition of a basic ‘freedom’ recalls the Marxian concept of “original appropriation”: While on the one hand workers had lost their feudal bounds, they also had lost their ‘means of production’ on the other. Likewise, today’s systems theory attributes to humans (or ‘incorporated minds’) ‘as such’ an existence beyond social constraints. However, those humans also seem to be basically ‘freed’ from the bourgeois subjects’ claim and promise to create and constantly improve their own social becoming. Anonymous institutions have developed their own communicative dynamics and reproductive life cycles and include humans as ‘persons’ or ‘semantic artefacts’ “sucking mental and physical energies from them for their own self-preservation.” 11 So, obviously, these regimes or institutions are conditioned by human capacities but they are also able to (trans-)form them to their needs and do this to the glory or detriment of the humans involved. For the time being, I set aside if it is acceptable or not to conceive humans as being ‘outside society’. I will return to this point below. G. Teubner is in any case right when he detects “secret contacts between officially hostile theories” 12 that regard the asymmetric alienating matrix relation, i.e. contacts between systems theory and Michel Foucault’s analyses of disciplinary bio-power and the new forms of ‘governmentality’, Judith Butler’s research in the social conditioning of the subject including gender differences, Giorgio Agamben’s critique of social exclusion, Michael Hardt’s and Antonio 9 G. Teubner Justice under Global Capitalism?, in: M. Blecher, G. Bronzini, J. Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008, p. 4; to be visited online under . 10 G. Teubner op. cit. in footnote 6, p. 346. 11 Ibid. p. 339. 12 Ibid. p. 333.
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Michael Blecher
Negri’s conditioning of the ‘Multitude’ through the ‘Empire’, Jean-Francois Lyotard’s theory of closed discourses, Gilles Deleuze’s and Felix Guattari’s description of ‘molar’ machine-like structures, Jacques Derrida’s deconstruction of social justice and Jürgen Habermas’ concept of systems threatening communicative life-worlds.13 These descriptions can be understood as advanced research into a psycho-social phenomenon which, in the tradition of Karl Marx and the Frankfurt School 14, has been called ‘real subjugation’ of humans to anonymous capitalist structures, with the particular traits of ‘alienation’ (‘Entfremdung’) and ‘objectivation’ (‘Verdinglichung’) 15. But while this tradition had huge problems to define an ‘authentic’ individual and social practise beyond its ‘negative dialectics’ 16, those more recent theories basically recognize the possibility for the bios or the potentia/ the potential of human beings to provoke institutional change. There are certainly great differences among these theories with respect to the realizable dimension of that potential and the role which law is supposed to play in this process. However, we may also find that, by becoming ‘social movements’, interactions among singular human beings (‘multitudes’) can re-establish themselves as constituting force of social history, against all odds. The question is, then, if it is still possible today to develop a positive concept of justice and law which is able to provoke also radical institutional changes beyond the merely reactive aspects of ‘mediation’ between incompatible rationalities or the ‘limitation of damage’. I have tried to show that the realization of such a positive concept of justice is not only possible but continuously enacted.17 If we take systems theory’s valuable insights 13 See M. Foucault Discipline & Punish: The Birth of the Prison (London, Penguin Books, 1991); Security, Territory and Population, Lectures at the College de France 1977–78 (New York, Picador, 2007), The Birth of Biopolitics, Lectures at the College de France 1978–79 (New York, Picador, 2008); J. Butler Giving an Account of Oneself (New York, Fordham University Press, 2005); G. Agamben Homo Sacer: Sovereign Power and Bare Life (Stanford University Press, 1998); M. Hardt, A. Negri Multitude (New York, Penguin Press, 2004); J-F. Lyotard The Differend: Phrases in Dispute (Manchester University Press, 1988); G. Deleuze, F. Guattari Anti-Oedipus, Capitalism and Schizophrenia (London 1983); J. Derrida Force of Law: The Mystical Foundation of Authority, Cardozo Law Review 11 (1990) 919 et seq.; J. Habermas Theory of Communicative Action, 2 volumes (Boston, Beacon Press, 1985). 14 See M. Horkheimer, T. Adorno Dialectic of Enlightenment (Stanford University Press, 2007). 15 See A. Honneth Verdinglichung (Frankfurt, Suhrkamp, 2005). 16 Albeit the possibility of ‘making a difference’ has always been part of the negation of existing structures; see D. Innerarity La Società Invisible (Roma, Meltemi Editore, 2007), p. 194 et seq., and J. Holloway Che fine a fatto la lotta di classe (Roma, Manifestolibri, 2007), p. 11 et seq., both with reference to the ‘against and beyond’ embodied in Adorno’s ‘negative dialectics’. 17 M. Blecher Law in Movement, in: J. Dine, A. Fagan (eds.), Human Rights and Capitalism (Cheltenham, Edward Elgar Publishing, 2006); Advanced German version: ‘Recht in Bewegung’ in ARSP Vol. 92, 2006, p. 449 et seq.
Reclaiming the Common
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into the ‘logic of three or more values’ (linked to the research of Gotthard Günther) and into the paradox-driven construction of distinctions or differences (linked to the research of George Spencer Brown, Paul Watzlawick, Heinz von Förster, and others) 18 seriously, we come to the recognition of (paradoxical) ‘symmetry conditions’ for any individual and social construction which bear, both, logical and normative effects for these constructions. Consequently, we may find ourselves catapulted into a strange epistemological loop from systems theory to the realm of a social (action) theory which recognizes systemic functional differentiation as one contingent form to realize ‘the common’ and scrutinizes the different social theories with respect to the role they can play for confined temporary standard setting procedures and a new form of governmentality or governance. For a long time, it has been risky to talk or write about the ‘paradox foundation’ of individuals and social spheres. Usually, paradoxes, which are an intrinsic phenomenon wherever distinctions are made, were kept invisible and the classical attitude towards them was traditionally: rejection! They were covered by Wittgenstein’s warning that we should only talk about things we can talk about. However, in the meantime, the sphere of what is communicable has continuously expanded, borders have continuously been redefined: We have recently decided(!) that our solar system has 12 planets instead of 9 and discuss the productive or destructive forces of black holes … It is last not least due to G. Teubner’s interpretation of Luhmann’s system theory that the tabu which surrounded paradoxes has been notably dissipated.19 The insights paradoxes permit make research into them worth trying. I cannot go into the details of a research here which I started many years ago 20 and which has been stimulated from the beginning by debating with G. Teubner on the profound paradoxes of systems theory. However, to reach the intellectual vibration necessary to consider and comment on the concept of ‘subversive justice’ which G. Teubner now proposes to be the de-
18 G. Günther Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations, in: G. Günther (ed.), Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik I (Hamburg, Meiner, 1976), p. 249–283; idem Life as Poly-Contexturality, p. 283–306; G. S. Brown The Laws of Form (Lübeck, Bohmeier, 1997); P. Watzlawick et al Pragmatics of Human Communication: A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes (New York, Norton Books, 1967); H. v. Förster Understanding Systems, Conversations on Epistemology and Ethics (New York, Springer, 2007). 19 See, among other publications, G. Teubner Dealing with Paradoxes of Law: Luhmann, Derrida, Wiethölter, in: O. Perez, G. Teubner (eds.), On Paradoxes and Inconsistencies in Law (Oxford, Hart, 2006), p. 49 et seq. 20 See Michael Blecher Zu einer Ethik der Selbstreferenz oder Theorie als Compassion. Möglichkeiten einer Kritischen Theorie der Selbstreferenz von Gesellschaft und Recht (Berlin, Duncker & Humblot, 1991).
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veloped law’s transforming force, 21 I will briefly use one of the numerous pictures which are useful (and treacherous 22) to detect the de-constructing, plus-value creating and reconstructing effect of paradoxes. Imagine the paradox function of borderlines: They include what they exclude, because they force the included and the excluded to be connected or, as systems theorists say, ‘coupled’; hence ‘structural coupling’ programmes, which establish under which aspect the ‘relation’ between systems and their environments is to be treated. Just think about the treatment of illegal immigrants: Our system ‘abandons’ and ‘marginalizes’ them legally and politically in order to capture their vital capacities economically as cheap illegal labour. But the logic of borderlines means much more: Right on the borderline, both sides of the division also disappear and create a kind of ‘no-man’s land’ which reserves the possibility of other values to guide the separation or can lead to a new distinction and even the dissolution of the old borderline. That is precisely what ‘falling in love’ means, when two or more individuals ‘forget’ about their divisions and mutually open to the other’s world before starting a structured ‘relation’ which, in the best case, is always able to re-construct that original driving energy. Here could also be the access to the divine before being administered by religious distinctions of immanence and transcendence – and I will return to this aspect below; or maybe an access to fourth, fifth or even more dimensions that science will sooner or later discover. Here we are also when, all of a sudden, we get a surprising insight into distinctions we have not understood for long – those blissful moments where the subjects of our thoughts receive a crystal-clear re-adjustment – and we know the difficulty to re-construct such ‘events’ in the form of new distinctions and structures. This shows that observation alongside distinctions is not the only form of access to world and meaning. The hiatus, gap, or paradox unity of observing distinctions opens thoughts and communication towards ‘understanding’ (Begreifen) – the reflected subjects and ‘each other’ – as part of their operations. The hiatus is not only an inherent part of juridical observations, descriptions and decisions which are always insufficiently backed by argumentation 23, but inherent to any operation/ observation which moves alongside (binary) distinctions. All the distinctions introduced by systems theory to describe systems’ operational closure are themselves subjected to the hiatus. There is always ‘an area in between’ involved which the system cannot grasp by (binary) (self-)observations. In other words, the common hiatus provides a paradox coupling or an undeOp. cit. in footnote 8. Verba docent, exempla trahunt: that’s old practical wisdom. However, as regards paradoxes and their effects, there is hardly any other subject as capable of sharply misleading authors/ readers through seemingly helpful metaphors. 23 G. Teubner op. cit. in footnote 8, p. 24. 21
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termined linkage or synchronization with other autonomous spheres and the (human) beings ‘surrounding’ them. In this sense, there is not just the interplay between systemic openness and closure, even if the simultaneous ‘in and out’ of systems and their environments gives way to reconstructions of this relation inside the systems. The evolution of a set of distinctions produced by (functional) discourses, institutions or systems may certainly gain an almost natural DNA -like autonomy and respective complexity throughout decades and centuries; and, in fact, in spite of its criticism of classical ontology 24, systems theory has often treated these evolutionary states, including its own categories, as if they had an ontological status. Then, two questions remain: How can the paradox shortcut to an undetermined ‘unity’, which remains the system’s blind spot, be reconstructed without losing minds and words to a new type of metaphysics, and why should we subject ourselves to this exercise? A first hint may come from the fact that we are also ‘negatively’ sitting in that no-man’s land between borders or on the borderline because distinctions may violently collapse if the invisibilitization of our paradox ‘origins’ leads to disregard of the common interconnectedness between all those systems and their ‘environments’. The classical example here is the destruction of natural environment which has repercussions on the individual and social world we have created. So the understanding of the borderline does not only lead to an understanding of the ‘logical’ mechanisms of interdependent distinctions and the chances and threats related to their dissipation, but also to the ethical-normative understanding that all the development requirements for organic, mental and social spheres ‘should’ continuously be provided in order to prevent those negative effects. Here is the link to the ‘origin’ of law in its meaning of ‘justice’. If we take this ‘origin’ seriously, collective organization can only be ‘just’ as far as it provides the realization of the entire construction potential for all participants of the social sphere. It is the law’s particular task to allow this unconditioned justice to emerge as much as possible in the concrete distinctions and constructions which define the parameters of social order. However, the complete emergence of this ‘justice’ (all possibilities for all participants) is out of reach because any concrete social entity can only be realized through ‘asymmetric’ selective creations from that space of unlimited possibilities. On the other hand, any restriction or exclusion produced by a social entity can only be ‘just’ as far as it tries to realize the maximum of possibilities available in this very moment for the maximum of single and collective entities involved. This positive(!) ethical claim of law to realize itself in relation to the potentia (Spinoza) of ever exceeding possibilities and therefore to provide 24 See N. Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Volume 2 (Frankfurt, Suhrkamp, 1997), p. 895 et seq.
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for ‘world justice’ stands (and continues to stand) at its very ‘origin’: ius sive potentia. 25 The logical and normative effects of what I call ‘paradox ontology’ are not confined to the law but extend their validity to all specialized and nonspecialized social spheres and to individuals. As regards the logical side, the basically unlimited possibilities and the need for selection are translated into terms of ‘uncertainty’ and ‘contingency’ meaning that structuring and decision-making can take a different direction while pure path-dependency can bear unexpected consequences. Uncertainty is therefore being coped with by risk management. With respect to their specific rationality, economic, political, scientific, legal, etc. immunizing risk management criteria are developed creating themselves new problems of compatibilization. This is what N. Luhmann would call justice in the form of “socially adequate complexity.” 26 However, there is more. Recognition of the transversal normative requirement to realize the maximum of and potentially all possibilities expects social and individual spheres to be continuously critical towards their own distinctions and definitions and to allow for self-transformation and self-improvement: No concrete decision can ever lose its inadequacy and injustice with respect to the ever exceeding possibilities. Immunization through risk management may become ‘the highest risk of all’. It therefore needs to be accompanied by ‘immunization against immunization’. This means that all kinds of ‘matrix administration’ of social (legal, economic, political, scientific, etc.) functions are confronted with the transversal requirement and responsibility to enlarge and replace them by (legal, economic, political, scientific, etc.) alternatives. On the one hand, those core functions produce social (matrix) structures while, on the other hand, their distinctions are continuously liquefied and treated differently in order to come to terms with their potentia which, in terms of general societal organization, takes the form of the undetermined common. The common marks, then, logically speaking, the transformative hiatus or transformative event of any existing societal organization. Normatively speaking, it is the critical and productive plus-value with respect to all the distinctions deployed for societal organization. It represents the ‘generalized other’ to any existing social order and stands for the very requirement to realize all or at least the maximum of possibilities available in this very historical moment for all or at least the maximum of single and collective entities involved. The visions, hopes and promises connected to the emancipatory 25 See R. Ciccarelli Potenza e beatitudine – il diritto nel pensiero di Baruch Spinoza (Roma, Carocci, 2003), p. 19 et seq. 26 N. Luhmann Law as a Social System (Oxford Socio-Legal Studies, 2004); p. 225 of the German version: Das Recht der Gesellschaft (Frankfurt, Suhrkamp, 1993).
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potential of politics, economy, law, science, and their post-modern network combinations can now be reconstructed as specific realizations of this common sense or the transversal logical and normative aspect of the common, that is: x
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The political realization of the democratic life in common, or the common good, which requires the permanent transformation of existing forms of (‘unequal’) political membership, participation, representation and selforganization; The economic realization of material common wealth, which requires the permanent correction of the access to ‘scarce’ goods and the re-definition of accumulation/ appropriation/ property in reference to existing productive relations; The legal realization of justice, which requires the permanent adaptation of standards, decision-making bodies and procedures to guarantee the development of autonomous social and individual spheres and their reciprocity; The scientific realization of truth, which requires the permanent (re-)construction of (applicable) knowledge; The realization of human liberty, which requires the permanent self-development and -transformation of individual distinctions/ differences in relation to the ‘common’ and against social alignment.
The continuous pressure for better distinctions and parameters which aim at the transversal realization and coordination of social development possibilities or the common does not simply derive from the rationality of social subsystems. From their point of view, the undetermined mass of virtual development potentials which have evolved in relation to the actual social differentiation rather appear as ‘the irrational’. It is hard to accept that the undetermined space, the no-man’s land (or also the ‘non-place’, the ‘u-topia’) should be part of structures, functions and performances and even play a positive role for their development dynamics. Here we find a decisive difference to the ‘classical’ systemic approaches, and this is where we meet G. Teubner’s recent “sociological” interpretation of justice 27. G. Teubner enlarges Luhmann’s understanding of the (legal) paradox 28 and develops a concept of “ecological justice” which is based on J. Derrida’s deconstruction philosophy and E. Levinas’ philosophy of Alterity. Justice stands for the legal system’s specific internal reconstruction of external requirements for legal norm-setting and decision making in order to gain ever increasing ecological appropriateness for both. However, as justice can neither come from any outside authority nor from the positivist recursivity of legal operations, 27 28
Op. cit. in footnote 8. Ibid. p. 25.
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the legal system subverts or transcends its own structures; it opens to the undetermined space ‘between’ the systems in order to gain alternative criteria the selection of which is, however, again subjected to the constraints of the legal system: the constraints of producing the norm, making a decision and of backing the decision by argumentation (justification). In other words, also those newly selected and, therefore, limited criteria bear the stain of injustice and are the cause for the same process to be re-launched: in a continuous oscillation between positive legal decisions and their subversion through ever exceeding justice requirements. 29 The hiatus between norm and decision reveals the access to that undetermined, unlimited space between the (legal) system and its environment. G. Teubner applies, with Derrida/ Levinas, a non-religious distinction between immanence and transcendence and interprets the mentioned access as law’s self-transcending process, a necessary challenge to law’s rationality; likewise, all functional systems or institutions are supposed to be subjected to the same challenge, an ‘experience’ which is supposed to allow law and the other systems to open to the other, to each other, to other parameters which increase the justice of legal, political, economic, etc operations. The ‘philosophical transcendence’ is considered necessary to come to terms with the unlimited claims for justice raised by ‘the other(s)’ and to transform injustice into justice. G. Teubner quotes St. John in this respect: “For justice’s sake I shall go to the Father and thou shall not see me further on.” For G. Teubner that means that access to transcendence and the overcoming of injustice is in the first place provoked by the incarnated suffering from injustice; justice therefore becomes law’s own permanent transformation process. Self-transcendence of law and legal reframing, these are the two ‘logics’ of justice in G. Teubner’s view. 30 I would like to discuss two aspects of G. Teubner’s unique elaboration of the justice phenomenon: 1. The distinction between immanence and transcendence: I think the introduction of this distinction is not necessary and may even be misleading if we wish to come to a concept of self-transforming law without new ‘mystical’ or ‘spiritual’ ‘civil-religious’ invisibilities. I prefer to consider the justice process described by G. Teubner as a purely immanent phenomenon. The access to the paradox ‘unity’ or to the paradox coupling of contingent distinctions and, therefore, the access to ‘other worlds’ or to the world of the other(s), the presence of third (etc.) values, unfolds as relation between virtual and actualized possibilities of construction and is part of the world of ‘meaning’ (‘Sinn’). There is no closure of the world and of mean29 30
Ibid. p. 22. Ibid. p. 23 et seq.
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ing – in spite of Luhmann’s doctrine. 31 We can dare to position ourselves in the u-topia of the above-mentioned individual and social development potentials and their positive normative plus-value (the maximum of development for the maximum of beings). By doing so, we can come to the necessity of transformation for the distinct worlds without applying the negative Christian requirement of sacrifice which is included in G. Teubner’s view. 32 In this respect, I would like to recur to an alternative ‘lay’ concept which tried to overcome the negative connotations linked to the transformation process of existing structures and made its author one of the true heretics of religious and political philosophy. I refer to Baruch Spinoza’s concept of ‘god’ (or ‘divine substance’) which refers to the potentia as – for observers: paradox – ‘unity’ of development possibilities and concrete realizations. This god and its potentials are purely immanent and active throughout every form of existence, there is no transcendence involved, there is only its eternal ‘here and now’ or the simultaneous presence of evolving individual and social constructions. Spinoza refuses any trinity-myth including any ‘return to the father’ which appears to be the invention of a (corruptly) structured world bound to save itself (its institutions) through a kind of exorcism against too radical change; because the via crucis symbolizes that autonomously thriving on change by realizing Christ’s ethical and juridical perfection is only possible through ‘sacrifice’. This view rather creates a deterrent against the (invisible!) total justice, which potentially means total change, and constitutes a (religious) system and its (clerical) organization in order to channel those ‘revolutionary’, ‘chaotic’, ‘terroristic’, etc. forces by symbolizing and replacing the sacrifice through continuously self-renewing and reframing (systemic) rites and rituals. 33 Such sad passions and such paternalism were unbearable for Spinoza: 34 For him, Jesus’ exceptionality was not determined by a presumed incarnation of the transcendent divine into mortal human form. Jesus “is effectively god’s son because he succeeds in understanding intellectually, from mind to 31 See N. Luhmann Social Systems (Stanford University Press), p. 106 of the German version: Soziale Systeme (Frankfurt, Suhrkamp, 1984). 32 His view recalls E. Levinas’ concept of pre-ontological persecution as the origin of freedom and responsibility; cf. on this J. Butler op. cit. in footnote 13; p. 115 et seq. of the German version: Kritik der Ethischen Gewalt (Frankfurt, Suhrkamp, 2007). 33 Which may well include the subjection of selected persons or social groups to sacrificial mechanisms. See the ‘classical’ research of R. Girard on Violence and the Sacred (Baltimore, John Hopkins University Press, 1977) and A. Brighenti Dogville or the Dirty Birth of Law, in: Thesis Eleven, Number 87, November 2006, p. 96 et seq. (p. 107 et seq.). Also see J. Butler op. cit. in footnote 13, p. 149 et seq. of the German version, on Foucault’s view of the ambiguity of ‘confession’ as confirmation of conventions and simultaneous constitution of the self. 34 Cf. for the following, R. Ciccarelli op. cit. in footnote 25, p. 207 et seq. Translations were produced by myself, M.B.
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mind, the true nature of the divine substance which means to be able to count on the same essence. (…) After doing away with the trinity dogma, Spinoza succeeds in effectively interpreting Christ’s message: all human beings, like himself, can count on the essence owned by god because everything is in god and god is in everything. This immanence excludes that the Son is subordinated to the auctoritas of the Father, but also that Jesus would be composed by human and divine nature. The three persons contained by the trinity are reduced to one only, Jesus is the only person of flesh and blood to know god and to behave perfectly in ethical and juridical terms. (…) He owns an infinite series of appropriate ideas which allow him steadily to determine his entire conduct in accordance with his law/ right and his potential to exist. Having perfectly understood his existence, managing, due to his mature knowledge, to transform his passions into active sentiments, he reaches a state in which everything he recognizes is eternity itself.” In other words, Jesus is the human being who symbolizes the maximum possible subjective potentia and corresponding right(!). The path he was leading “can be entered by all free human beings who can free themselves from the determination of external causes, and conquer an autonomy of action and thought and clear and distinct ideas to achieve appropriate action. (…) The person who Jesus succeeded to be in lifetime was an irreducible individual, unique, free and potent. His message does not promise eternal life after death, but guarantees eternity of individuality during lifetime. Eternity is the very action by which the individual obtains the highest understanding of himself.” Here we could pass on to F. Nietzsche, take away the divine, declare that ‘god is dead’ and recur exclusively to the immanent human potentia to establish oneself as an ethically and juridically perfect super-wo/ man … Basically, two concepts for individual and social construction come to the fore here and enter into a kind of productive friction: The potentials (excess) of the multitude of singular beings and their normative claim to create an appropriate, radically democratic and ‘just’ common encounter the requirements of (networks of) social systems and institutions to renew themselves ecologically albeit in their own light and limited by their own constraints (fragmentation). The first concept is linked to the works of Michael Hardt and Antonio Negri 35, while the second position is linked to the works of G. Teubner. 36 The latter does not deduce any positive criteria from that transcendental experience which remains exterior, beyond meaning. 37 What is gained though is the recognition of a transcendent procedural ‘corrective See op. cit. in footnote 13. See op.cit. in footnote 8, p. 29: “Law’s quest for justice becomes law’s pure addiction, simultaneously destructive and inventive.” The translation is mine, M.B. 37 Ibid. p. 28. 35 36
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modus’ bound to enhance ‘the alterity’ of societal constitutions. HardtNegri instead believe in the potentia (and the right!) to transform and recreate the common as a constant constitutive act beyond any transformation conceded by discourses, institutions or systems. They carry the burden of proof for their continuous constitutive acts to create a (better) social practice “beyond fragmentary margines” 38 and to cope with the paradoxes of the “ontology of the present” 39 the distinctions of which will inevitably reproduce contingency or built-in obsolescence. G. Teubner carries the burden of proof for existing differentiations to be sufficiently capable of subverting themselves in spite of their constraints in order to create and adapt societal constitutions and not just end up with new fragmentation – or with the anarchy of power expressed by N. Luhmann’s cynical remark that self-destruction of mankind may well be evolution’s final outcome. 40 The friction which arises between the two positions is in the end: political; certainly not political in the sense of the organized political system, but political in the sense of the challenge to constitute new or different parameters for a life in common which re-define the role of special (fragmented) discourses and do not stop at systemic constraints of any kind. The evaluation of such constraints is part of the struggle, nothing can be taken for granted, also the impossibilities are limited (R. Wiethölter), and here we encounter the second aspect which G. Teubner’s adoption of Derrida’s concept reveals for his own concept of self-subversive justice: 2. The return of (human) interaction, minds and bodies: It is interesting to note that Derrida’s examples of the ‘forces’ which exceed institutional coverage, i.e. ‘the gift’ for institutional economy, ‘friendship’ for institutional politics, ‘justice’ for institutional law; ‘forgiveness’ for institutional religion, etc., seem to recur to interactive or relational capacities of the multitude, and, horribile dictu, even more: The ‘forces’ in question also seem perfect examples of social reciprocity – back on stage as the big correction and transformation mechanism for systemic failures! Interactions between individuals ‘giving account of oneself’ 41 as the system’s Other! 42 Habermas’ description of life-world as opposed to systems seems to come to A. Negri op. cit. in footnote 5, p. 11. Ibid. p. 5. 40 Cf. now on such evolutionary trends A. Weismann The World without us (London, Virgin Books, 2008). 41 See J. Butler op. cit. in footnote 13. 42 That these actors also include non-humans or post-humans is strongly sustained by the research of R. Braidotti Metamorphoses, Towards a Material Theory of Becoming (Cambridge, Polity Press, 2002). See, on the rights of such non-humans as a matter of legal personification, G. Teubner Rights of Non-Humans? Electronic Agents and Animals as New Actors in Politics and Law, in: Journal of Law & Society 33, 2006, p. 497–521. 38 39
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the fore. And indeed back on stage together with interactions are all those theories which refer to interaction of minds and bodies as the decisive realm of social and institutional change or a more appropriate development of reciprocity or the common; because the same common is that missing value not considered by Derrida which exceeds the existing functionally differentiated societal organization as a whole or, with G. Teubner’s words, provides self-subversion of the entire societal organization: the maximum possible reciprocal development which embraces all the sectoral subversive specialties. That means that ‘self-transcendence’ of functional systems goes well beyond what their internal steering-mechanisms would like to concede. When running into their own paradoxes, law, politics, economy, etc., are confronted with the general constitutional and corrective requirement of the common in the first place: Do their constructions provide the maximum reciprocal development for the maximum of singularities in this very moment? The general constituent requirement of the common may well take the form of specific requirements – justice, etc. – with respect to specific social functions and performances. However, the rejection of the existing functional differentiation as such and the constituent task for justice and the other specific expressions of the common to consider the deployment of other standards, procedures and decision-making bodies and to abandon the old ones is always part of the quest for the common. There has been a strange underestimation indeed on the behalf of system’s theory of the affirmative and relational character of life and interaction similar to the negative and destructive characterization of life by the liberalist episteme. 43 This may be due to the fact that life as such remains the principal source of risk for functional development, above all the risk of notwanting-to-be-governed which cannot be governed by a science of governing. 44 Likewise, self-subversion of the socially constructed ‘person’ does not just lead to transcendental ‘spiritual salvation’ 45; it opens to the potential of mind and body for constitutive self-construction that the established structures must risk to count on. The bleak picture of humans crying in pain and of their often unlikely access to communication reveals itself as unsustainable – and eventually supports the wrong development (and ‘human rights’) programs built on the moral deflection of ‘our own’ (North-Western) involvement in the same human misery and the detriment of obsolescent institutions the installation of which we largely support because our in43 See on this R. Ciccarelli Reframing Political Freedom – an Analysis of Governmentality, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008, p. 17 et seq.; to be visited online under . 44 See U. Bröckling Das unternehmerische Selbst, Soziologie einer Subjektivierungsform (Frankfurt, Suhrkamp, 2007), p. 287. 45 See G. Teubner op. cit. in footnote 8, p. 27.
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stitutions can better bend them to our own needs. 46 However, the ‘connecting moment’ of contemporary consciousness and communication that G. Teubner describes 47 is always there. The matrix’ veil is always pierced, everywhere, as a rule and not an exception. Therefore, all theories which go for poietic-non-systemic reciprocal social (re-)construction reappear as valid candidates to challenge the systems’ citadel and hack into its access codes. To be true, no transcendental (intersubjective) a priori would be accepted here. There is nothing which could be excluded from conflict and cooperation with respect to the definition of different common contextual standards, procedures and decision-making bodies. What ‘requires recognition’ is negotiated, accepted and subjected to change. No fiction of social contract could deprive the singularities of their ‘natural right’ to apply and develop their own potential in a continuous constituent act. There is certainly a comprehension of interdependence which makes cooperation and mutual recognition look more reasonable. However, obedience towards the civil rules of the multitude and the forms of statehood it might develop is only acceptable if it is “the fruit of a personal decision, taken in full autonomy (…) towards a command of power the very purpose of which is the promotion of that same autonomy.” 48 As there is obviously a whole lot of hiatuses and paradoxes involved here, we can take for granted that conflict, resistance and system changes shall be part of the picture; but certainly no more Hobbesian transfer of rights: “the multitude is, both, civil society and political state, its existence marks the convergence of the directed and the directing, of government and the governed.” 49 The substantial acceptance of any governmental power can only derive from the conviction that it guarantees the maximum possible freedom of development, not from any formal pactum unionis. The internalization/ privatization of the subject and the (welfare) state by civil society has therefore inevitably been accompanied by a transversal repoliticisation. 50 This transversal political conflict erupts in the autonomous realms of self-constituted governmentality/ governance in spite of but also thanks to their attempts to introduce new forms of social exclusion which 46 See J. Dine The Capture of Corruption, Complexity and Corporate Culture, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008; to be visited online under ; N. Karagiannis Avoiding Responsibility. The Politics and Discourse of European Development Policy (London and Ann Arbor, Pluto Press, 2004); M. Blecher Probleme der Entwicklungs-Zusammenarbeit (im Recht) und ihre Reform, in: Kritische Justiz 2007, p. 166 et seq. 47 G. Teubner op. cit. in footnote 6. 48 See R. Ciccarelli op. cit. in footnote 25, p. 215. 49 Ibid. p. 221, footnote 69, quoting A. Negri’s interpretation of Spinoza’s abandonment of the social contract idea. 50 See G. Teubner op. cit. in footnote 9, p. 3.
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bring about “a kind of pluralist fascism produced by society and not by the state which, compared to its historical form, is not a political regime but a social and civil system”. 51 The creative paradox of our contemporary constitutio libertatis to be “populated with actors who have an absolute need to calculate the future for the very reason that they are not able to do it” 52 cannot be stopped for long by any artificial standstill. And this is where contemporary law comes back in: It must guarantee a conflict or collision ‘culture’ which allows the creative political conflict to take place and preserve the openness of this process; ius sive seditio against any uni- or multilateral ‘pacifications’ or ‘synthesis’. This is justice in continuous realization or ‘becoming’, justice which is permanently subverting any organized (self-)subversive justice.
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B. De Sousa Santos Diritto ed Emancipazione Sociale, (Roma, Città Aperta, 2008). R. Ciccarelli op. cit. in footnote 43, p. 23.
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„Die Platzierung der Menschen in der Umwelt hat nicht das […] abwertende Moment, das oft unterstellt wird, sondern die Umweltposition ist vielleicht sogar die angenehmere, wenn man sich unsere normale kritische Einstellung gegenüber der Gesellschaft vor Augen hält.“ 1
Parallelen, Überlappungen, „heimliche Kontakte“ 2 – die kritische Systemtheorie des Rechts 3 und die neomaterialistische Rechtstheorie verbindet mehr, als dies üblicherweise vermutet wird. Das ist aufgrund ihrer jeweiligen Basis-Theorien wiederum wenig verwunderlich. Nicht nur gerierte sich Luhmann gerne ironisch als der „eigentliche“ Nachfolger von Marx, sondern vor allem teilen beide Ansätze den Fokus auf den systemischen Charakter kapitalistischer Gesellschaften. Nicht selten werden sie dafür in einem Atemzug kritisiert. So entwickelt etwa Habermas folgende Genealogie: Marx habe in der Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft nur noch Strukturen erkannt, „in denen sich der Prozess der Selbstverwertung des Kapitals über die Köpfe der sich selbst entfremdeten Individuen hinwegsetzt“, so dass die bürgerliche Gesellschaft sich in ein anonym herrschendes System verwandle, „das sich gegenüber den Intentionen der bewusstlos vergesellschafteten Individuen verselbständigt, nur noch seiner eigenen Logik gehorcht und die Gesellschaft im ganzen den ökonomisch entschlüsselten Imperativen seiner Selbststabilisierung unterwirft.“ 4 Die für Habermas maßgebliche Sozialintegration über Werte, Normen und Verständigungsprozesse, etwa auch über das Recht, werde durch diese Analyse diskreditiert. 5 Die ins „Affirmative gewendete System1 Luhmann Einführung in die Systemtheorie (hg. v. Dirk Baecker). Heidelberg 2002, 256 f. 2 Teubner spricht von den „heimlichen Kontakten zu offiziellen Feindtheorien“, The Anonymous Matrix: Human Rights Violations by ‘Private’ Transnational Actors, in: The Modern Law Review, 69 (2006), 3, 327–346 (333), die Übersetzung folgt dem deutschen Manuskript. 3 So die Kennzeichnung des Werks von Teubner in dem Beitrag von Fischer-Lescano, in diesem Band. 4 Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats. 4. Aufl., Frankfurt am Main 1994, 64. 5 Ebd., 66.
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theorie“ Luhmanns überbiete schlicht noch den „Realismus des Marxschen Modells“ durch die Dezentrierung der Gesellschaft in viele auseinanderstrebende Systeme der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft, sodass endgültig alle Spuren des normativen Selbstverständnisses des Rechtssystems ausgelöscht würden. Das Modell einer nichtintentionalen Vergesellschaftung, wie es in beiden Ansätzen vorzuherrschen scheint, beraube auch die Kommunikation des Rechtssystems ihres Sinnes, da die juristische Argumentation einzig instrumentelles Mittel zu seiner eigenen Schließung sei. 6 Die sich hinter dem Rücken herstellende Vergesellschaftung, das Übergewicht der Verhältnisse über die Menschen, wird tatsächlich in beiden Theorien als das spezifisch Gesellschaftliche ausgewiesen. Dass die Gesellschaft eine von Menschen gemachte sei, dass sie menschlich sei, verfehle den Begriff gerade, hatte schon Adorno festgehalten. 7 Und auch Habermas selbst geht diesen Schritt, indem er zwei Systemen einen großen Stellenwert in seinem Ansatz einräumt: dem ökonomischen und dem politischen. In ihnen wird kommunikatives Handeln stillgestellt und systemisch integriert. 8 Doch der totalen Verdinglichungsperspektive entkommt er dadurch, dass er das kommunikative Handeln in die „Lebenswelt“ hinüberrettet. Anstatt wie Luhmann das Recht ständig und kaum beirrbar auf seinen eigenen Paradoxien aufsitzen zu lassen, konzipiert er es als Vermittlungsmechanismus zwischen Systemen und Lebenswelt: Es bringe die Botschaften aus der Alltagssprache in eine Form, die für die Spezialcodes der Systeme verständlich bleibe. 9 Teubner, der frühzeitig auf den Kampf der Giganten („Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie?“ 10) mit einem Vermittlungsangebot zwischen Diskurs- und Systemtheorie reagiert hatte,11 zeigt sich darin als Grenzgänger, der er bis heute ist. Das normative Ungleichgewicht der Systemtheorie versucht er stets erneut durch den re-entry anderer Sozialtheorien, etwa von Habermas, Derrida, Agamben oder Wiethölter auszuwuchten, um derart die Bielefelder reine Lehre subtil zu dekonstruieren und die Paradoxien aus ihrer Invisibilisierung herauszuholen. Gemeinsamkeiten zwischen kritischer Systemtheorie und neomaterialistischer Rechtstheorie bestehen also in dem gemeinsamen Erbe der Prämisse Ebd., 66 ff., Herv. i.O. Adorno Gesellschaft, in: Soziologische Schriften I , GS , Bd. 8, 1.–2. Aufl. Frankfurt am Main 1995/1965, 9–19, 9. Vgl. zu den Parallelen auch Fischer-Lescano in diesem Band. 8 Habermas Theorie des kommunikativen Handelns. Bd. II . Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft. Frankfurt am Main 1995/1981, 179. 9 Habermas Fn. (4), 108. 10 Habermas/Luhmann Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Frankfurt am Main 1971. 11 Teubner Reflexives Recht. Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspektive. 1982, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 68, 13–59. 6 7
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einer nichtintentionalen Vergesellschaftung. Dies zeigt sich rechtstheoretisch in der Analyse des modernen Rechts als „System“ bzw. als „soziale Form“ 12. Das selbstreferentielle Netzwerk der Rechtsoperationen wird jeweils als verselbständigtes, relational autonomes und verdinglichtes gesellschaftliches Verhältnis gefasst, welches seiner eigenen Logik folgt, seine eigene hyperzyklische Kommunikation produziert 13 und sich von Attrappen der Rechtlichkeit durch genau diese eigene Materialität unterscheidet. Nicht nur die Form des Rechts wird in beiden Ansätzen ähnlich konzipiert, sondern auch die diskursive Dynamik seines Inhalts. Die stabile Reproduktion des Rechtssystems ist darauf angewiesen, dass die Rechtsoperationen ad infinitum aneinander anschließen. Doch, Teubner zufolge, gibt es etwas im Rechtssystem, das „die ungestörte Selbstreproduktion […], die routinisierte Rekursivität der Rechtsoperationen, unterbricht, blockiert, sabotiert, unterminiert“ 14: nämlich der Gerechtigkeitsdiskurs als Teil juristischer Selbstbeobachtung. Gerechtigkeit setze „überall im Rechtssystem eine irritierende soziale Dynamik in Gang, die die Kontingenz des Rechts allen drastisch vor Augen führt: Gerechtes Recht könnte/müsste anders sein!“ 15 Die Kette der Selbstreproduktion der rechtlichen Operationen (etwa des Urteils, welches auf den Kommentar verweist, der sich auf das Gesetz bezieht) weist grundlegend in jedem einzelnen Übergang einen Bruch auf, denn „Strukturen können […] nicht die darauffolgenden Operationen erzeugen, sondern können nur einen verdichteten Möglichkeitsraum schaffen, in dem dann eine neue Operation ‚geschieht‘.“ 16 Dies ist ein Moment fundamentaler Ungewissheit und genau hier, um den Hiatus zu überspringen, beginnt „die juristische Argumentation ihr rastloses Werk.“ 17 Das, was Teubner in systemtheoretische Kategorien fasst und was zugleich „den begrifflichen Rahmen der Systemtheorie sprengt“ 18, lässt sich hegemonietheoretisch reformulieren: 19 „Gerechtigkeit“ meint die jeweils hegemoniale Vorstellung dessen, was rechtens ist: die geteilte Vorstellung von der richtig eingerichteten Welt, die im Rechtssystem als seine es stets begleitende Selbstbeobachtung von den juridischen Intellektuellen in ihren 12 Vgl. dazu ausführlich Buckel Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts. Weilerswist 2007, 226 ff. 13 Teubner Recht als autopoietisches System. Frankfurt am Main 1989, 49. 14 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts, 2008, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 29, Nr. 1, 9–36, 22. Herv. i.O. 15 Ebd., 16. 16 Ebd., 24. 17 Ebd. 18 So treffend Brunkhorst, in diesem Band. 19 Vgl. zur Verschränkung der Hegemonietheorie mit der Systemtheorie Buckel/FischerLescano Hegemonie im globalen Recht – Zur Aktualität der Gramscianischen Rechtstheorie, in: Dies. (Hg.). Hegemonie gepanzert mit Zwang. Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis, Baden-Baden 2007, 85–104.
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routinierten Praxen auf das Klein-Klein der Alltagsjurisprudenz heruntergebrochen wird. Teubner betont weit mehr als Luhmann, dass das Aneinanderanknüpfen der Rechtsoperationen in jedem Moment prekär ist, dass die Paradoxie des Rechtssystems stets virulent ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass es einer hegemonialen Argumentation gelingen muss, den Anschluss herzustellen und die Paradoxie dadurch unsichtbar zu machen. 20 Das Rechtssystem/die Rechtsform kann nur hegemonial geschlossen werden oder im Sinne Habermas’: nur durch eine ganz spezifische Form der verständigungsorientierten „diskursiven Praxis“. 21 Das moderne Recht ist zusammengefasst ein selbstbezügliches Verfahrensarrangement, welches eine hegemoniale Ordnung des normativen Erwartens hervorbringt – eine hegemoniale Maschine. Doch was geschieht mit diesen Normen in dem Außen des Rechts? Wie stehen die Effekte des Rechtssystems in Verbindung mit denjenigen, die vom Rechtssystem nicht beobachtet werden? Wie werden Körper und Bewusstseine betroffen von diesen Normen? Das soll im Folgenden das Thema dieses Beitrages sein. Er fokussiert eine Fragestellung, die zumeist im Schatten beider Ansätze verbleibt, weil sie, die aus dem Inneren der Rechtsform als deren Selbstreflexion sprechen, ihr Nichtidentisches nicht unvermittelt fokussieren. Es ist gerade Teubner, der in jüngster Zeit dafür eine Aufmerksamkeit unter der Thematik der „Menschenrechte“ entwickelt hat. Ich werde daher mit seinen Überlegungen beginnen, indem ich nachzeichne, wie er das Verhältnis von psychischem und physischem System in ihrem Wechselverhältnis zu den sozialen Systemen konzipiert. Dabei werden wir auf ein spezifisches Problem stoßen, nämlich auf die unüberbrückbare Kluft zwischen den Subjekten und der Gesellschaft, die bestenfalls eine „Irritation“ zulässt. Diese Vorstellung ist mit einer materialistischen Perspektive, wonach die „Menschen ihre Geschichte selbst machen“ – wenn auch nicht „aus freien Stücken unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und überlieferten Umständen“ 22, nicht zu vereinbaren. (1.) Um eine Verschiebung dieser Konzeption zu ermöglichen, werde ich zwei sehr unterschiedliche Theorien um Rat befragen, die jedoch beide von der Zentralität gesellschaftlicher Praxis ausgehen: Zunächst die Konzeption der an Foucault anschließenden queer-feministischen Theoretikerin Judith Butler und ihre Überlegungen zur Materialität der Körper, die in ihrem dekonstruktiven Zugang einige 20 Ebd. mit einer ausführlichen theoretischen Herleitung. Vgl. auch zur historischen Rekonstruktion: Buckel Von der Selbstorganisation zur Gerechtigkeitsexpertokratie. Zum Wandel der Prozeduralisierung des Allgemeinen, in: Eberl (Hg.). Demokratischer Gesetzespositivismus. Zur Rechtsstaats- und Demokratietheorie von Ingeborg Maus, Stuttgart 2009, i.E. 21 Teubner Fn. (14), 19. 22 Marx 1852/2007: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Mit einem Kommentar von Hauke Brunkhorst, Frankfurt am Main 1852/2007, 9.
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Parallelen zur Systemtheorie aufweisen. (2.) Zum anderen werde ich die materialistische Psychoanalyse Alfred Lorenzers in den Blick nehmen, die ein ausgefeiltes Modell des Wechselverhältnisses anzubieten hat, welches sowohl der „inneren Natur“ des Subjekts als auch deren Vermitteltheit mit Gesellschaft gerecht zu werden sucht. (3.) Abschließend sollen die so gewonnenen Ergebnisse zusammengetragen und die Frage der Verdinglichung gesellschaftlicher Praxis erneut gestellt werden.(4.)
I. Gunther Teubner: verbannte Körper und Seelen Die Grundannahme, von der ausgehend Teubner das Verhältnis von Subjekt und Gesellschaft konzipiert, ist die skizzierte „Verselbständigung von Kommunikationsnetzwerken“, denn diese bedeute die „radikale Exklusion der Menschen aus der Gesellschaft.“ 23 Gesellschaft gerinnt zur „anonymen Matrix“, die aus vielfältigen fragmentierten, hochspezialisierten Teilsystemen besteht, aus multiplen „Grenzzonen der verselbständigten Kommunikationsmatrices zu den Menschen“. 24 Zwischen dem Gesellschaftssystem und seiner natürlichen und humanen Umwelt klaffe ein unüberwindbarer Abgrund, weswegen Menschen für immer aus der Gesellschaft verbannt seien. Bewusstseine und Körper, psychische und biologische Systeme, sind demnach „pulsierende Einheiten in der Umwelt der Kommunikation“, die als bloß interne Konstruktionen in den Systemen, als „Personen“, modelliert werden. Diesen Artefakten der Kommunikation werden im Rechtssystem Handlungen zugerechnet. 25 Weil Menschen der Gesellschaft in unüberwindbarer Trennung gegenüberstehen, seien beide füreinander nicht kommunikativ erreichbar. Bewusstsein und Körper seien jeweils eigenständige, sich selbst erhaltende (psychische oder organische) Prozesse, die Kommunikation zwar hervorgebracht haben, sie aber nicht beherrschen können. „Kommunikation verselbständigt sich gegenüber den Menschen, schafft gegenüber dem individuellen Bewusstsein ihre eigene Sinnwelt.“ 26 Die dunkle Kehrseite dieser Un-Menschlichkeit ist existenzbedrohend; extreme Beispiele seien etwa Sweatshops als Konsequenz anonymer Marktkräfte. 27 Dieses „umweltbedrohende Potential“ entstehe, weil Gesellschaft und Menschen durch ihre wechselseitige Schließung einander unzugänglich seien. Kommunikative Prozesse könnten zwar nicht in Seele und Leib eindringen, aber sie derart irritieren, dass ihre Selbsterhaltung bedroht ist. 28 Sie 23 24 25 26 27 28
Teubner Fn. (2), 333. Ebd., 339. Ebd., 337. Ebd., 334 f. Ebd., 335. Ebd., 336.
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kontaktierten die psycho-physischen Einheiten über die Maske der „Person“, die den „Grenzposten“ darstelle, über den eine Zurechnung möglich wird (etwa als Rechtssubjekt). „In enggeführten Perturbationszyklen irritiert Kommunikation das Bewusstein mit seinen selektiven ‚Anfragen‘ […]. In dieser Rekursivität findet die ‚Ausbeutung‘ der Menschen durch die Sozialsysteme (nicht durch die Menschen!) statt. Das Sozialsystem […] ‚saugt‘ ihnen für die Selbsterhaltung seiner Umweltdifferenz psychische und körperliche Energien ab.“ 29 Vor diesem Hintergrund schlägt Teubner ein Konzept ökologischer Gerechtigkeit vor, welches Responsivität der Matrices, das heißt gerechte Grenzverhältnisse zwischen Sozialsystemen und ihren Umwelten, institutionalisieren soll. 30 Dabei würden die expansiven Tendenzen so eingeschränkt, dass die Systeme die „Eigenrechte“ ihrer sozialen und humanen Umwelten ausreichend respektierten. Dies sei die eigentliche Aufgabe der Menschenrechte, die danach nicht länger Abwehrrechte gegen den Staat, sondern gegen die sozialen Systeme sind. Die „latenten Rechte“ würden geltend gemacht, wenn „körperliche Schmerzen und psychisches Leiden nicht in ihrer Sprachlosigkeit ungehört bleiben“, sondern wenn sie die Kommunikationen, als „Schrei“, irritierten: „Die Gegenwehr der geschundenen Körper und Seelen kann erst wirksam werden, wenn sie sich in der Kommunikation selbst äußert.“ Die Umweltproteste transformierten sich systemintern in kommunikative Konflikte, die wiederum soziale Normen herausbildeten, die letztlich der Kommunikation gegenüber der Umwelt, etwa als Verbot, Grenzen setzten. 31 Hierin sieht Teubner die einzige, wenn auch nur „zweitbeste“ Lösung dieser Grundkonstellation. Denn, wenn die Menschen nicht Teil der Gesellschaft sind, diese bestenfalls über unzulängliche Sensoren verfügt, kann sie ihnen auch nicht gerecht werden: „Angesichts unmenschlicher gesellschaftlicher Praktiken ist die Gerechtigkeit der Menschenrechte ein brennendes Problem – aber ein Problem ohne jede Aussicht auf Lösung. Das sollte in aller Härte ausgesprochen werden.“ 32 Teubners Argumentationsstrategie übernimmt Luhmanns radikale Abschottung der Systeme und sucht zugleich in deren Innerem nach einem Geheimgang, der sie doch verbinden könnte. Die „Grenzposten“ der systeminternen Konstrukte sind nicht das Gleiche wie ihr außersystemisches Anderes, aber in ihrer Spiegelung doch nicht ganz von diesem abgetrennt. Körper und Psyche sind nicht Teil der Gesellschaft, können von dieser je29 30 31 32
Ebd., 339. Ebd., 334. Ebd., 335 f. Ebd., 345.
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doch in ihrer Kommunikation simuliert und – darüber, und das ist ein heikler Punkt – kontaktiert, irritiert und verletzt werden. Metaphorische Begrifflichkeiten wie das „Absaugen der Energie“ oder der „Grenzposten“ (deren Funktion ja eigentlich in der Sicherung der Grenzen besteht) verweisen darauf, dass das schwierige Wechselverhältnis letztlich dunkel bleibt. Es ist zu vermuten, dass dies einer Ontologisierung der Grenze geschuldet ist, die zwei starre Entitäten produziert, die nur sehr aufwändig noch als miteinander vermittelt gedacht werden können: Sozialsysteme, die einen subjektähnlichen Status 33 erhalten („aussaugen“) einerseits und außergesellschaftliche Körper und Psychen andererseits. Die Matrices funktionieren selbsttätig, die Kapitalverwertungslogik des „ökonomischen Systems“ etwa scheint sich im Beispiel der Sweatshops von ganz alleine durchzusetzen, ohne Interessen, ohne Kämpfe, ohne historisch und räumlich divergente Strategien. 34 Auf der anderen Seite finden wir die „Menschen“, verstanden als organische Leib-Seele-Ensembles. Die immanente Emanzipationsstrategie ist überzeugend, die Suche nach dem Geheimgang verheißungsvoll, doch wird er durch die herabfallenden Gesteinsbrocken der starren Abschottung zugeschüttet, sodass letztlich sich doch wieder die systemtheoretische Entmutigungsstrategie hinterrücks durchsetzt: Wir hätten uns in dieser Gesellschaft mit „zweitbesten Lösungen“ einzurichten, da es nach dem Sündenfall der Systememergenz keine bessere geben könne.
II. Judith Butler: „bodies that matter“ Die US -amerikanische Sprachwissenschaftlerin und Philosophin Judith Butler beschäftigt sich nicht mit dem Körper als solchem, sondern mit dem vergeschlechtlichten Körper. Ihre Beiträge sind Teil eines feministischen Diskurses, der von Simone de Beauvoir bis zu Luce Irigaray reicht und die Frage fokussiert, wie Menschen zu Männern und Frauen gemacht werden. 35 Gegen den malestream hatten die feministischen Autorinnen festgehalten, dass die Geschlechter mit ihren scheinbar „angeborenen“ Eigenschaften keine natürlichen Entitäten sind, sondern sozial erworbene. Interessant für die vorliegende Fragestellung macht Butlers Einsatz ihre These, dass die Unterscheidung zwischen einem „natürlichen“, anatomischen Geschlecht (sex) und einem sozialen Geschlecht (gender), das Ersterem quasi anhängt, selbst noch einer essentialistischen Vorstellung des Geschlechts aufsitzt. Auch das Ausführlich: Buckel Fn.(12), 39 f. Vgl. dazu Wick/Wötzel Unrechtssystem Sweatshop, in: Kritische Justiz, Sonderband hg. v. Buckel/Fischer-Lescano/Hanschmann, 3/2008, 338–344. 35 Nebenbei bemerkt ist dies eine frappierende Leerstelle der Systemtheorie, die sich erst in jüngster Zeit dieser Thematik angenommen hat, allerdings unter der Prämisse eines Nebenwiderspruchs. Vgl. dazu Buckel Fn. (12), 40–44. 33 34
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„biologische“ Geschlecht sei eine kulturell generierte Geschlechterkategorie, die durch verschiedene wissenschaftliche Diskurse im Dienste gesellschaftlicher Interessen produziert werde. Es sei insofern sinnlos, gender als kulturelle Interpretation von sex zu bestimmen. „Die Geschlechtsidentität umfasst auch jene diskursiven/kulturellen Mittel, durch die eine ‚geschlechtliche Natur‘ oder ein ‚natürliches Geschlecht‘ als ‚vordiskursiv‘, d. h. als der Kultur vorgelagert oder als politisch neutrale Oberfläche, auf der sich die Kultur einschreibt, hergestellt und etabliert wird.“ 36 Diese These steht ganz offensichtlich in der Tradition Foucaults, der darauf insistierte, dass die gesellschaftlichen Institutionen die Subjekte, die sie nur zu regulieren vorgeben, erst hervorbringen – Macht ist „produktiv“. Für diese Position wurde Butler vor allem innerhalb der deutschen Frauen- und Geschlechterforschung vehement kritisiert. So warf ihr etwa die Körperhistorikerin Barbara Duden vor, die „Dame ohne Unterleib“ zu produzieren. 37 Als Antwort darauf hat Butler ihre These näher spezifiziert, was im Folgenden dargestellt werden soll. Zunächst wendet sie sich gegen das Missverständnis, ihre antiessentialistische Intervention geschähe von einem „diskursiven Monismus“ aus, der behauptete, dass alles diskursiv konstruiert, alles Sprache sei. 38 Es gehe vielmehr darum, zu zeigen, dass Natur eine Geschichte hat und das Konzept des „biologischen Geschlechts“ selbst ein bewegtes Terrain ist, auf dem Auseinandersetzungen darüber stattfinden, was in biologischer Hinsicht das entscheidende Kriterium für die Unterscheidung zwischen beiden Geschlechtern sein soll. Wenn auf das „biologische Geschlecht“ Bezug genommen wird als etwas, was dem sozialen Geschlecht vorgängig ist, wird es selbst zu einer Konstruktion, „die in der Sprache als das offeriert wird, was der Sprache und der Konstruktion vorhergeht.“ Dieses Vorgängige wird damit zur Wirkung des Postulats. 39 Es komme also darauf an, das „biologische Geschlecht“ nicht mehr länger als ein körperlich Gegebenes auszulegen, sondern „als eine kulturelle Norm, die die Materialisierung von Körpern regiert.“ 40 Die Fixiertheit des Körpers, was seine Konturen und Bewegungen ausmacht, sei etwas ganz und gar Ma-
Butler Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1991, 24. Vgl. dazu Hark Dissidente Partizipation. Eine Diskursgeschichte des Feminismus. Frankfurt am Main 2005, 304 ff. (insbes. 310). Interessanterweise wurde der Systemtheorie von Renate Mayntz exakt der gleiche Vorwurf gemacht, obwohl sich doch die beiden Konzeptionen an zentralen Punkten gerade unterscheiden. Dies zeigt sich in Luhmanns Antwort auf Mayntz: „In Wirklichkeit ist es noch schlimmer, denn die Dame hat auch keinen Oberleib. […] und der ganze Leib ist überhaupt nicht Teil des sozialen Systems,“ Luhmann Fn. (1), 255. 38 Butler Körper von Gewicht. Frankfurt am Main 1997, 31. (treffender: „bodies that matter“ in der Originalausgabe) 39 Ebd., 26. 40 Ebd., 22 f. 36 37
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terielles, aber diese Materialität wird als die produktivste Wirkung von Macht überhaupt neu gedacht. 41 „Was ich […] vorschlagen möchte, ist eine Rückkehr zum Begriff der Materie, jedoch nicht als Ort oder Oberfläche vorgestellt, sondern als ein Prozeß der Materialisierung, der im Laufe der Zeit stabil wird, so dass sich die Wirkung von Begrenzung, Festigkeit und Oberfläche herstellt, den wir Materie nennen.“ 42 Das Materielle ist also immer etwas zu Materie Gewordenes. Im Verlauf einer unentwegten wiederholenden Praxis wird das biologische Geschlecht hervorgebracht: „Als die sedimentierte Wirkung einer andauernd wiederholenden oder rituellen Praxis erlangt das biologische Geschlecht seinen Effekt des Naturalisierten;“ 43 Die Wiederholungen sind demnach performativ, und als solche verschleiern sie durch die Logik der Inszenierung einer angeblich vorgängigen Substanz ihre produktive Wirkung. 44 Der Wiederholungsprozess wird reguliert durch die Normen der „heterosexuellen Matrix“. Butler bezieht sich auf Derrida, indem sie davon ausgeht, dass jede performative Wiederholung eine Norm zitiert, die niemals in der genau gleichen Weise wiederholt werden kann, sondern nur als Iteration. 45 Jede Wiederholung sei immer schon eine Variation, ohne dass es je ein „Original“ gegeben hätte. Normen operierten innerhalb von sozialen Praxen als deren impliziter Standard der Normalisierung. Sie regulierten demnach die soziale Intelligibilität einer Handlung, das heißt, deren Verstehbarkeit und Kohärenz innerhalb eines hegemonialen Diskurses: „The norm governs intelligibility, allows for certain kinds of practices and action to become recognizable as such, imposing a grid of legibility on the social and defining the parameters of what will and will not appear within the domain of the social.“ 46 Sie umfassen sowohl rechtliche Normen, also Normativität, als auch die disziplinäre Ausrichtung an der Norm, Normalisierung. Dabei inszeniert die heterosexuelle Matrix eine kohärente Binarität der Geschlechter, auf Kosten derjenigen Geschlechter, die nicht in diese Binarität passen. Normen sind gesellschaftlich hergestellte und variable Bezugssysteme, die in ihrer notwendigen Zeitlichkeit offen sind für Ersetzungen und Subversion von innen. 47 Sie bilden nicht den Hintergrund sozialer Praxis, sondern existieren nur, solange sie in sozialen Praktiken ausgeübt werden. 48 41 42 43 44 45 46 47 48
Ebd., 22. Ebd., 32. Ebd. Butler Fn. (36), 60. Butler Fn. (38), 36. Butler Undoing Gender. New York u. a. 2004, 42. Ebd., 46 f. Ebd., 48.
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Und gerade weil dieses Ausüben immer eine zitierende Wiederholung ist, eröffnet sich ein Korridor möglicher Verschiebungen. Luhmann erhoffte sich durch die Platzierung der Menschen in der Umwelt der Systeme die Möglichkeit eines radikalen Individualismus, der Körper und Psychen nicht der Gesellschaft aussetzte; 49 denn andernfalls käme es zu einer „Vermischung völlig heterogener Autopoiesen.“ 50 Teubner hingegen konzentriert sich auf die Risiken dieses Vorganges. Butler wiederum im Unterschied kennt kein Außerhalb der Normen: Sie qualifizieren, was im Bereich kultureller Intelligibilität als überhaupt lebensfähig gilt. Die Matrix der Normen produziert zwar zugleich einen Bereich „verworfener Wesen“, einer „nicht lebbaren“ und „unbewohnbaren Zone des sozialen Lebens“. Aber diese Zonen sind nicht das ganz Andere des Sozialen, sondern sein konstitutives Außen, welches den Bereich des Lebbaren eingrenzt. 51 Sie platziert die Körper und Psychen daher im Inneren des Sozialen. Durch ihre Körper seien die Einzelnen einander ausgesetzt: „The very bodies for which we struggle are not quite ever only our own.“ 52 Unsere physische und psychische Verletzbarkeit bedeute, dass wir als Körper außerhalb unserer selbst seien. Gewalt ist immer eine Ausbeutung dieser primären Verwiesenheit. Das Leben werde so grundlegend prekär, denn unser Überleben könne von denjenigen bestimmt werden, die wir nicht kennen und über die wir keine endgültige Kontrolle haben. 53 Gibt es nach Butler kein Außerhalb der Machtbeziehungen, so verfolgt auch sie eine immanente Strategie des Widerständigen. Denn für eine eindeutige Geschlechtsidentität sind permanente performative Wiederholungen ebenso notwendig wie die immer wiederkehrende Abwehr dessen, was nicht sein darf. Die ständigen Wiederholungen gelingen nie vollständig: sie lassen etwas weg oder fügen etwas Überschüssiges hinzu. Dabei tun sich feine Risse auf als konstitutive Instabilitäten in den Konstruktionen – dasjenige, was der Norm entgeht oder über sie hinausschießt. „Diese Instabilität ist die dekonstituierende Möglichkeit des Wiederholungsprozesses selbst […].“ 54 Normen gelingt es nie, die Subjekte vollständig zu determiLuhmann Fn. (1), 257. Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft 1998, Frankfurt am Main, 620, Fn. 42. 51 Butler Fn. (38), 23. Luhmann fasst dies unter die Kategorien Inklusion/Exklusion. Inklusion könne es nur geben, wenn es auch die „Ausgeschlossenen“ gibt. Allerdings folgt diese Unterscheidung konsequent der System-/Umweltunterscheidung und schlägt damit einen anderen Weg ein als Butler. Denn die systemtheoretische These lautet, dass im Inklusionsbereich Menschen als Personen zählen, im Exklusionsbereich nur als Körper. Exklusion heißt demnach, dass bestimmte Subjekte keine Simulationen, keine Grenzposten im System mehr haben und so auf ihre Körperlichkeit reduziert werden. (Luhmann Fn. (50), 621, 632). 52 Butler Fn. (46), 21. 53 Ebd., 22. 54 Ebd., 32 f. 49 50
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nieren, vielmehr sind ihre Effekte: Körper, Psyche, Sexualität höchst instabile Angelegenheiten, Prozesse des Sich-Annäherns an eine Norm, die jederzeit scheitern können. 55 Subjekte bleiben nur durch Wiederholungen Subjekte, und diese Abhängigkeit ihrer Kohärenz von der Wiederholung macht präzise auch ihre Inkohärenz aus: „Diese […] Iterabilität wird so zum Nicht-Ort der Subversion, zur Möglichkeit einer Neuverkörperung der Subjektivationsnorm […].“ 56 Rekapitulieren wir an dieser Stelle: (Sexuierte) Körper und Psychen als außergesellschaftliche Entitäten (Umwelten) kann es mit Butler nicht geben. In den Systemen (Matricen, Diskursen) selbst wird diese Differenz erst hergestellt. Systeme existieren nur im Vollzug: Operationen schließen durch eine regulierte Wiederholung aneinander an und verfestigen sich durch routiniertes Wiederholen. Praxis nimmt einen anderen Aggregatszustand an. Systeme und ihr Anderes in deren Umwelt sind Effekte einer performativen Praxis, die dasjenige erst hervorbringt, was sie lediglich zu bezeichnen vorgibt: Verdinglichungen einerseits und Naturalisierungen andererseits. Beide sind Effekte einer Myriade von Operationen. Das Problem der starren Kluft, des verschütteten Geheimgangs, zeigt sich somit als produziert durch die Ausblendung der Genealogie der Systeme: Sich permanent wiederholende Operationen, reguliert durch Programme, entlastet durch Medien, verselbständigen sich zu Systemen, die sich in Form von sozialen und biologisch-psychischen Systemen dualistisch gegenüberstehen. Und genau als solche Effekte mit scheinbarem Subjektcharakter verdunkeln sie performativ ihr Gewordensein. Die Frage, wie sich die Systeme gegenseitig „irritieren“, setzt also bereits zu spät an, obwohl Teubner wie dargestellt durchaus die Instabilität der Wiederholungspraxis thematisiert. In einer Adornoschen Paraphrase könnte man sagen, die Systeme und ihre Umwelten sind wahr und bloßer Schein zugleich: wahr, weil sich gesellschaftliche Praxis tatsächlich derart verselbständigt hat, Schein jedoch, weil sie ihr Gewordensein aus eben jener Praxis sowie ihre konstitutive Abhängigkeit von ihr invisibilisieren.
III. Alfred Lorenzer: Körperwünsche Sowohl bei Teubner als auch bei Butler werden die subjektiven Prozesse von den gesellschaftlichen Institutionen aus betrachtet. Es bietet sich also an, diese Perspektive um eine solche zu ergänzen, die umgekehrt vom Subjekt ausgeht. Wenn zudem die Subjekte zu naturalisierten Entitäten geronnen sind, bietet sich ein psychoanalytischer Ansatz an, weil die Erkenntnis 55 56
Villa Judith Butler. Frankfurt/Main u. a. 2003, 69 f. Butler Psyche der Macht. Frankfurt am Main 2001, 95.
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der Psychoanalyse gerade auf dem Umstand aufruht, dass die Subjekte sich selbst unmittelbar intransparent sind. Ein solcher Ansatz muss schließlich ein kritischer sein, der das Wechselverhältnis mit gesellschaftlichen Zusammenhängen maßgeblich in die Theorie einstellt, Psychoanalyse gleichermaßen als Sozialwissenschaft begreift. 57 Die materialistische Sozialisationstheorie des Frankfurter Psychoanalytikers Alfred Lorenzer 58 bietet sich dafür idealtypisch an. Der in der Tradition der Kritischen Theorie argumentierende Lorenzer war der Auffassung, dass es nicht genüge, eine Analyse lediglich der objektiven gesellschaftlichen Strukturen vorzunehmen. Auch die Struktur der Subjektivität sei aufzuklären, 59 eine „kritische Theorie des Subjekts“ 60 zu entwickeln: „Der sich in Arbeit sozialisierende Mensch fällt nicht als Fertigprodukt ‚Arbeitskraft‘ vom Himmel auf den Arbeitsplatz, sondern kommt dorthin aus einer Lebensgeschichte […].“ 61 In Abgrenzung zu seinen freudo-marxistischen Vorgängern gleichermaßen wie zu einem naiven (Selbst-)Verständnis von Psychoanalyse, die glaubt, individuelle wie kollektive (gesellschaftliche) Prozesse mittels desselben Instrumentariums deuten zu können, betont Lorenzer die notwendige methodische Beschränktheit der psychoanalytischen Analyse. Diese müsse sich Rechenschaft darüber ablegen, dass sie „ganz und gar innerhalb des Individuums“ verbleibt. Die Ebene gesellschaftlicher Objektivität müsse durch andere Untersuchungsperspektiven aufgenommen werden. 62 Insofern ermöglichen uns Lorenzers Analysen die Vervollständigung der bisherigen Ergebnisse. Hinzu kommt, dass „Materialität“ bei Butler eher abstrakt bleibt. Die Erklärung, wie genau Körper sich als wiederholende Praxis herstellen, insbesondere mit Blick auf das Nicht-Identische gesellschaftlicher Verhältnisse, steht noch aus. Bevor sich das Verhältnis von Körper/Psyche und Gesellschaft in Lorenzers Theorie darstellen lässt, bedarf zunächst eine seiner Grundannahmen – die Triebbestimmtheit menschlichen Handelns – der Erläuterung. Denn er 57 Lorenzer Zur Begründung einer materialistischen Sozialisationstheorie. Frankfurt am Main 1972, 13. 58 Lorenzer war der erste und lange Zeit einzige Psychoanalytiker in Deutschland, der eine Soziologieprofessur innehatte, Belgrad/Görlich/König/Schmid Noer Alfred Lorenzer und die Idee einer psychoanalytischen Sozialforschung. Eine Einleitung, in: Dies. (Hg.). Zur Idee einer psychoanalytischen Sozialforschung. Dimensionen szenischen Verstehens. Alfred Lorenzer zum 65. Geburtstag, Frankfurt am Main 1987, 9–24, 12. 59 Lorenzer Das Konzil der Buchhalter. Die Zerstörung der Sinnlichkeit. Eine Religionskritik. Frankfurt am Main 1992/1981, 289. 60 Belgrad et al. Fn. (58), 19. 61 Lorenzer/Görlich Die Sozialität der Natur und die Natürlichkeit des Sozialen. Zur Interpretation der psychoanalytischen Erfahrung jenseits von Biologismus und Soziologismus, in: Dies./Schmidt (Hg.). Der Stachel Freud. Beiträge und Dokumente zur Kulturismus-Kritik, Frankfurt am Main 1980, 297–349, 347. 62 Ebd., 300 f.
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ging maßgeblich davon aus, dass menschliches Verhalten „in der psychophysischen Tiefe der Persönlichkeit“ verankert sei. 63 Er bestand also auf dem „so leicht biologistisch missverständlichen psychoanalytischen Triebkonzept“ 64 Freuds, das er vehement gegen jeden Kulturalismus verteidigte. So sei Freud zwar mit dem Trieb-Begriff dem „bürgerlichen Schein“ verfallen, indem er ihn als vorgegebene Natur und nicht als Resultat gesellschaftlicher Auseinandersetzungen begriffen habe. 65 Zugleich jedoch sei seine konsequente Abwehr jeden Kompromisses bewundernswert: „Der Kern unseres Wesens bildet das Es.“ Die organischen Triebe werden als „formgebende Matrix [sic!] des Verhaltens unterstrichen“. Aus dem Freudschen Biologismus sei das Insistieren auf Naturabhängigkeit zu retten, die Einsicht in das Nicht-Geistige, Nicht-Bewusste, Nicht-Sprachliche des Triebes. 66 „Zu kritisieren allerdings ist, dass diese Natur unabhängig von aktueller gesellschaftlicher Praxis gedacht wird.“ 67 Wie wird nun nach Lorenzer „die ‚innere Natur‘ so in menschliche Praxis eingefädelt, dass die kindliche Entwicklung in vollem Umfang zugleich als Naturgeschichte wie auch als soziale Bildungsgeschichte“ 68 gelesen werden kann? Die „innere Natur“ ist das Nichtidentische gegenüber gesellschaftlicher Praxis, das jedoch genau wie bei Butler, niemals außerhalb dieser existiert. In diesem Sinne ist sie „nichts Greifbares“. Sie stehe nicht jenseits von Geschichte oder außerhalb von Praxis: „Trieb stellt vor, was schon realisierte 63 Lorenzer Die Sprache, der Sinn, das Unbewußte: psychoanalytisches Grundverständnis und Neurowissenschaften. Stuttgart 2002, 132. 64 Ebd. 65 Lorenzer Fn. (61), 330. 66 Ebd., 333; Peter Fuchs weist darauf hin, dass die „Bielefelder Schule“ der Systemtheorie sich nicht einig darüber sei, worauf sie eigentlich referiere, wenn sie die relevante Umwelt sozialer Systeme in den Blick nimmt. Sie habe sich nicht endgültig entschieden, ob sie diese Umwelt mit dem Terminus des psychischen Systems belegen soll oder mit dem des Bewusstseins. Luhmann habe im Laufe seiner Arbeit mehr und mehr das Bewusstein als genuines Pendant sozialer Systeme aufgefasst,„ein Umstand, der auch mit seiner tiefen Verankerung in der klassischen Bewusstseinsphilosophie zu tun hat.“ (Fuchs Der Eigen-Sinn des Bewußtseins: die Person, die Psyche, die Signatur. Bielefeld 2003, 48). Der Ausdruck „psychisches System“ sei eher rhetorisch als systematisch verwendet. Sobald es um mehr als um eine Beschreibung dieser Umwelt geht, werde „die Terminologie umgelagert auf Bewusststein […]. Und da das Bewusstsein bewusst ist, kann man alles was nicht bewußt beobachtet wird […], erst einmal dahingestellt sein lassen.“ (ebd., 331.) Dies ist nicht verwunderlich, da vor allem gefragt wird, wie sich Bewusstsein kommunikativ geltend macht,(ebd., 10.) statt auf die zentrale Freudsche Erkenntnis der unbewussten Triebstruktur abzustellen, die in der Kommunikation nicht manifest sondern nur latent präsent ist. Denn die „grundlegende Theorienscheidung“ besteht darin, die Begriffe Sinn und Kommunikation ins Zentrum der Theorie zu rücken. (Demirovic´ Komplexität und Emanzipation, in: Ders. (Hg.). Komplexität und Emanzipation. Kritische Gesellschaftstheorie und die Herausforderung der Systemtheorie Niklas Luhmanns, Münster 2001, 13–52 (33)). 67 Ebd., 331. 68 Lorenzer Fn. (59), 11.
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innere Natur ist.“ 69 „Wir müssen uns endlich trennen von der Vorstellung, es gebe im Entwicklungsprozess des Menschen eine rein biologische Stufe […]. Der menschliche Fötus ist immer schon sozial exponiert. […] Das Kind wird nicht im Zustand gesellschaftlicher Unschuld geboren.“ 70 Der Körper sei kein inhaltsneutraler Apparat, in den man beliebige soziale Inhalte einfüllen könnte. Vielmehr stünden der Aufbau der Verhaltensstruktur und der Aufbau der Körperstruktur in einem Wechselverhältnis. So wie man am Muskelsystem sehen könne, wie das, was abgelaufen ist, sich profilierend als Körperbild niedergeschlagen hat, habe die Neurophysiologie gezeigt, dass auch das Nervensystem von dem Funktionsspiel der Wahrnehmung bis in die Details hinein aufgebaut werde. Die Gestalt der unterschiedlichen szenischen Eindrücke werde aufgezeichnet, die durchlaufenden Empfindungen auf ihre Qualität hin abgetastet, so dass sich die Erlebnisszene körperlich niederschlage. Die Körperform gehe aus dem Spiel der Körperfunktion hervor, dadurch dass Spuren des Abgelaufenen im Körper zurückbleiben. An multiplen Relaisstationen werde „die Erlebnisszene in den Körper – und ich wiederhole nochmals: als Körper – eingezeichnet“. 71 Daran änderten auch die genetischen Erkenntnisse nichts, im Gegenteil: Der Körper sei das Resultat einer Auseinandersetzung zwischen erbgenetischen Anlagen und sozialen Prozessen. „Das Erbgut ist nur ein Set von gattungsgeschichtlich gewordenen Natur-Möglichkeiten, die durch die menschliche Praxis der Mutter-Kind-Einheit in einer sozial bestimmten Form verwirklicht werden.“ 72 Insgesamt müsse daher die Vorstellung von der körperlichen Dinghaftigkeit aufgelöst werden. Wie bei Butler, lediglich unter expliziter Einblendung der biologischen Prozesse, wird auch bei Lorenzer der Körper zu Materie Gewordenem: „Die Morphologie, das, was an dinghaft-körperlicher Gestalt entsteht, fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Resultat des in Funktionsformeln geronnenen Zusammenspiels auf physiologischer Ebene, in das die soziale Sinnstruktur immer schon eingegangen ist. So wird der Körper dinghaft gebildet. […] Im Menschen schlägt sich das Soziale körperlich nieder.“ 73 Blickt man vor diesem Hintergrund noch einmal auf den „Trieb“, so zeigt er sich nun als Gefüge von „Interaktionsformen“: Bereits in der intrauterinen Phase komme es zu einem Wechselspiel zwischen zwei Organismen, zu vielen feinen, unmerklichen und unablässigen Interaktionen. Jede einzelne Bewegung des Wechselspiels hinterlasse dabei ihre Spuren, indem sie jeweils 69 70 71 72 73
Lorenzer Fn. (61), 332. Ebd., 344. Lorenzer Fn. (63), 123 f. Ebd., 131, Herv. i.O. Lorenzer Fn. (61), 341.
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die Ausgangslage für die nächste Situation festlege. Dieses Zusammenspiel schlägt sich in sensomotorischen, organismischen Formeln nieder. „Die Interaktion schlägt sich nieder in einer Interaktionsform.“ 74 Hinzu treten zentralnervöse Formationen, in denen die situationsbestimmten Abläufe registriert werden, sortiert nach ihrer Lust- oder Unlust-Qualität, was die Grundlage der Affekte bilde. Nach der Geburt werde das sinnliche, physiologische Zusammenspiel durch das gestische noch weiter aufgefächert. Die Mutter 75 existiert nicht außerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge und vermittelt so dem Kind gesellschaftstypische Verhaltensmodelle. Interaktionsformen sind Niederschläge real erlebter Szenen und Erwartensformeln des zukünftigen Interagierens: Die Wiederholung einer Szene festigt die Interaktionsform. Der Ausfall der Wiederholung erzeuge Unlust, Angst, Aggression usw. „Der Bedarf, der in einer realen Situation seine Stillung gefunden hat, wird in der Interaktionsform zum Anspruch, die Befriedigung in einer spezifisch einsozialisierten Weise zu erhalten.“ 76 Auch hier spielen also die Wiederholungen eine entscheidende Rolle: Der Organismus folgt den eingeübten Spuren einer Erfahrung, die jede gleichartige Wiederholung verfestigt. 77 Die Interaktionsformen seien auf dieser Ebene noch vorsprachlich, rein sinnlich-organismisch und unbewusst. 78 Bewusstsein im Sinne reflektierten Handelns wird erst möglich durch die Einführung des Kindes in die Sprache. Zu der Interaktionsform tritt dann die Sprachfigur hinzu, die sich mit der Situation verbindet („symbolische Interaktionsform“). 79 Die Bindung an die Sprache bedeute zugleich die Nötigung, die eigenen sensomotorischen Reaktionen einem kollektiv vereinbarten Normensystem zu unterwerfen. 80 Schließlich treten weitere Personen sowie auch die gegenständliche Welt und schließlich in der sekundären Sozialisation gesellschaftliche Institutionen in das Wechselspiel ein. „Triebe“ sind also verwurzelt in bewusstlosen Körperbedürfnissen. 81 Die Tätigkeit auch noch der höchstentwickelten Seelenapparate unterliegt nach der Erkenntnis Freuds dem Lustprinzip. Lust ziele auf die Erfüllung von Wünschen. Sie ist mehr als die Beseitigung von Unlust: „Es ist nicht nur der Mangel aufzuheben, sondern es sind Wünsche zu befriedigen.“ 82 Das Un-
Lorenzer Fn. (59), 85. Das scheinbare Geschlechterstereotyp ist zeitbedingt, aber theorieimmanent gesehen kontingent. „Mutter“ steht schlicht für die erste(n) nahe(n) erwachsene(n) Bezugsperson(en). 76 Ebd., 88. 77 Lorenzer Fn. (57), 89. 78 Lorenzer Fn.(59), 89. 79 Ebd., 90. 80 Ebd., 92. 81 Lorenzer Fn. (57), 41. 82 Lorenzer Fn. (63), 143. 74
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bewusste bestehe deswegen nicht aus wirkungslosen Erinnerungsspuren, sondern der Triebwunsch verweise auf seine Herkunft aus sozialen Lernprozessen und verlange kategorisch die Erfüllung der Lebensbedürfnisse „in derjenigen Form, die wunschgerecht ist. […] Die Erinnerungsspur soll immer wieder realisiert werden.“ 83 Die Wiederholungen werden von den Körperwünschen angeleitet, welche die psychophysischen Grundmuster als Resultate gesellschaftlicher Formbildung des Körpers sind. Den roten Faden der Lebensgeschichte bilden nach psychoanalytischer Auffassung die Triebkonflikte. 84 Die gesellschaftlichen Normen, die subjektiv angeeignet wurden, bilden hier den Widerpart zum Reich der körperlichen Wünsche und unbewussten Sinnstrukturen. 85 Durch diesen Widerspruch kann Widerstand entstehen. Während die Sprache die Bastion herrschaftskonformer sozialer Normen sei (auch wenn sie Verwerfungen und Widersprüche enthalte), liege die „feste Basis des Widerstandes“ im Unbewussten, „in den Interaktionsformen, die sich gegen den sozialen Konsens vom Unbewussten her regen“. 86 Aufgrund der „Matrix sinnlicher Praxis unterhalb der Sprache“, die eine Fülle von Wünschen, Phantasien, Unformuliertem enthalte, welche sich gegen gesellschaftliche Zumutung zur Wehr setzen könnten, 87 gebe es einen „geschichtlichen Vorsprung der Lebensentwürfe“ 88. Die sinnlich unmittelbaren Interaktionsformen vermögen dem normierenden Einfluss des Bewusstseins zu entgehen und Widerstand zu leisten. Soll dieser Widerstand nicht stumm bleiben 89, müsse es zu einer Organisierung von denjenigen ‚Praxisfiguren‘ kommen, „die einige, viele – kaum aber alle – miteinander teilen in der Konstitution einer Praxisgemeinschaft.“ 90 Obwohl Lorenzer die eigene Logik psychischer und körperlicher Prozesse im Unterschied zu gesellschaftlicher Sinnproduktion eindrücklich hervorhebt, so ist doch mit seinem Ansatz eine kategorische Trennung dieser „Systeme“ nicht denkbar. Sie sind vielmehr ineinander „eingefädelt“. Wie Butler konzipiert er die Verdinglichung sozialer Verhältnisse als routinierten Wiederholungsprozess, erweitert aber die Perspektive um die Erkenntnis der Wirkmächtigkeit körperlich gespeicherter Lebenserfahrungen, die das Begehren der Wiederholung anleiten. Die Herausbildung von WieEbd., 144. Ebd., 133. 85 Lorenzer Intimität und soziales Leid. Archäologie der Psychoanalyse. Frankfurt am Main 1984, 196. Die Parallele zur zentralen Bedeutung der „Norm“ bei Butler stammt natürlich aus deren Bezug auf die Psychoanalyse Lacans. 86 Lorenzer Fn. (63), 157. 87 Lorenzer Fn. (61), 333. 88 Lorenzer Fn. (63), 155. 89 Lorenzer Fn. (85), 198. 90 Lorenzer Fn. (63), 160. 83 84
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derholbarkeitsstrukturen durch die Reproduktion sozialer Normen in Praxis kann dadurch um die Dimension unbewusster, auf Körperwünschen aufruhender Praxis erweitert werden. Die Prämisse einer nicht-intentionalen Vergesellschaftung kann so bis in die Kapillaren der Subjektivität durchkonzipiert werden. Mit der Kategorie der „Interaktionsform“ bietet Lorenzer eine überzeugende Vermittlungskategorie zwischen Subjekt und Gesellschaft an. 91
IV. Praxis Butler und Lorenzer ermöglichen es, in der Theorie die fixen Entitäten in soziale Praxen aufzulösen, so wie schon Marx’ Analyse das Geld aus seiner Dinghaftigkeit „befreite“, indem er es als ein spezifisches soziales Verhältnis auswies. Als „Fetischisierung“ bezeichnete er den Umstand, dass in der kapitalistischen Produktionsweise den Produzent_innen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eigenen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte, „als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückgespiegelt“ werden. 92 Die Arbeitenden werden zu Agent_innen ihrer eigenen Produkte, die sie tagtäglich herstellen. Butler und Lorenzer weiten diese Analyse auf die „Naturalisierung“ der Subjekte aus. Kritische Rechtstheorie muss also nicht nur von der Materialität gesellschaftlicher Verhältnisse ausgehen, sondern zuallererst von Praxis, die sich als Materialität niederschlägt. Rekapitulieren wir noch einmal die konkreten Schritte, die sich in folgender Skizze darstellen lassen:
91 Vgl. dazu auch: J. König Beziehungsweisen jenseits der Zweisamkeits(ver)ordnung oder: Zur Produktion der Grenze: Wer mehr liebt, hat UnRecht, in: Kritische Justiz, Fn. (34), 271–78 (273). 92 Marx MEW 23, 86 f.
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In routinierter Wiederholung, die durch hegemoniale Normen reguliert wird, welche nur in Praxis existieren, schlägt sich Praxis als Materialisierung nieder. Die hegemoniale Maschine des Rechts ist darin Teil des normproduzierenden Netzwerkes. Die Wiederholungen können nicht in identischer Weise wiederholt werden, sondern sind immer Imitationen und damit zugleich Verschiebungen, in denen sich die Möglichkeit der Subversion auftut. Verdinglichung und Naturalisierung sind Effekte der Materialisierung, die ihr Gewordensein verdunkeln. Konflikte zwischen den gesellschaftlichen Normierungen und den verkörperten Wünschen sind der Motor möglicher Veränderung und möglichen Widerstands, denn sogar noch die verselbständigte, fetischisierte Praxis ruht auf einer prekären, verletzbaren, verkörperten Lebenserfahrung auf. Dies sagt noch nichts aus über emanzipative „Gegenwehr der geschundenen Körper“, denn diese Möglichkeit ist nicht beschränkt auf emanzipative Praxis. Dazu ist ein gegenhegemoniales Projekt notwendig, welches diese in ein emanzipatorisches, demokratisches Vergesellschaftungskonzept einbindet, es diskursiv in die hegemoniale normative Ordnung einspeist und so wiederum in Praxis Eingang finden lässt. Hier beginnt der Geheimgang, den zu beschreiten es sich lohnt, und der den Weg zu neuen Körpern, Geschlechtern und Rechten freigibt. 93
93 Für wertvolle Kritiken danke ich Andreas Fischer-Lescano, Julia König, Thore Prien, Margit Rodrian-Pfennig; Gunther Teubner für viele spannende Diskussionen und Einsichten in den letzten Jahren.
Emergenz und Emergenzsinn Ein Denkgang in die Knotung von Kontingenz Jean Clam
Einführung Wir wollen im Folgenden, ausgehend von Evolutionstheorien, den Sinn von Emergenz und die Bedingungen des Gebrauchs der Begriffe Evolution und Emergenz in der heutigen Wissenschaft erkunden. Wir fangen damit an, Evolutionstheorien in einen Bezug zu Emergenz, d. h. zu einem Grundbegriff dieser Theorien selbst zu setzen und fragen nach der Emergenz von Evolutionstheorien selbst. Wir wählen damit einen nicht geläufigen Winkel der Thematisierung von Evolutionstheorien als solchen aus. Was motiviert die Wahl einer solchen Thematisierungsweise? Geht es um das re-entry eines Grundbegriffs der Theorie in diese selbst? Um die Anwendung der Theorie auf sich selbst im Rahmen eines reflexiven, paradoxierenden Manövers? Natürlich ahnt man die Reflexivitätsspiele, die sich aus einem solchen Experiment mit der Applizierbarkeit der Theorie auf sich selbst ergeben würden. Solche Spiele sind immer irgendwie stimulierend, weil sie den geraden Denkstrahl auf sich selbst zurück biegen und eine Perplexität hervorbringen, der man in der Anwendung der Begriffe und Schematismen in erster, gerader Intention nicht begegnet. Erst auf höherer, reflexiver Stufe der Intellektion stellt sich eine solche Perplexität ein und nötigt zu den Fragestellungen, die zu einer Beobachtung und Theoretisierung des Vollzugs von Theorie zwingen. Paradoxerweise haben Reflexivitätsproblematiken an sich letztlich eine überraschende Fähigkeit, Fragestellungen zu vereinfachen und Komplexitätsreduktionen geschehen zu lassen, die man gerade nicht als Ergebnis einer beachtlichen Erschwerung der Beobachtung durch ihre Rekursion in sich selbst erwarten würde. Solche Vereinfachungen sind jedoch faktisch sehr gängig und hängen damit zusammen, dass Reflexivität letztlich keineswegs eine unmittelbare Erschwerung des Denkens darstellt. Es gibt elementare Formen der Reflexivität, die sie zu einer schlichten Reiteration des Selben, zu einer syntaktischen, nicht instruktiven Redundanz machen, die von Stufe zu Stufe der Iteration nichts Neues hinzufügt, kein Supplement sich einstellen lässt, außer dem Schein der Meisterung eines nicht ausdenkbaren
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Kreisens einer intellektiven Intention in sich selbst. Das Denken wähnt sich in der Spannung eines undenkbaren Gedankens, während es nichts anderes tut, als sich von der leeren Mechanik der Iteration beeindrucken zu lassen, die es in Griffen der Kontraktion ihrer immer weiter regredierenden provisorischen Resultate virtuos zu meistern meint. Um solche Kreishaftigkeiten geht es bei unserem Ansatz nicht. Es geht um eine andere Form der Reflexivität und der Knotung. Wir wollen nämlich nach dem Sinn von Emergenz fragen, der sich auf einem Weg der Forschung ergibt, der die Funktionsmodi von Heuresis (d.i. von aufgehender Intellektion) selbst thematisiert. Hier gilt es die Kontingenz der heuretisch-intellektiven Prozesse selbst einzusehen. Es gilt auch die Denkspiele, welche die Heraufkunft der Kontingenz ins Zentrum der Genesis von Wissen und Sinn allgemein hervorbringt, zu erkennen und ihr Wirken in der Weltselbstbeschreibung, die die unsere ist, skizzenhaft nachzubilden. Die Skizze belehrt uns dann über den einfangenden Effekt solcher Denkbahnungen. Die fundamentale Kontingenz des Zustandekommens von Wissen und Sinn bringt das Denken, dies ist die These, auf Bahnen, die es auf absolut-relative Weisen seines Vollzugs festlegen und ihm in der Durchschauung dieser seiner absoluten Relativität eine gebrochene Struktur verleihen, die zwischen diesen ihren beiden entgegengesetzten Polen von Relativität und Absolutheit endlos in sich oszilliert.
Evolution als Denkschematismus Evolutionstheorie ist ein Denkschematismus, der eine klare Tendenz zu definitiver Durchsetzung hat. Dies heißt: geht man daran, eine Phänomenreihe mit evolutionistischen Schemata zu erschließen, dann scheint es unmöglich, hinter die Explikationspotenz dieser Schemata zurückzufallen. Sie haben eine Art intrinsische Unwiderstehlichkeit. Ihre Explikationsweise scheint nicht überboten werden zu können, während alle anderen eine größere Eingängigkeit gewinnen, wenn sie Elemente von jener in sich aufnehmen. Umgekehrt führen alle Versuche, der evolutionistischen Explikationsweise alternative Gattungen von Hypothesen an die Seite zu stellen, zu verworrenen, komplizierten, immer minder erhellenden Rekonstruktionen der Tatsachen. Der Schematismus der Evolution scheint somit die Tatsachen selbst für sich zu haben. Diese verhalten sich in der Tat so, als ob sie sich vollkommen spontan und alternativlos so ordnen, wie dieser Schematismus es suggeriert. Keine Anstrengung des Denkens scheint ihn auflösen zu können. Evolution als Ordnungs- und Erklärungsstil von Tatsachenreihen kann folgerichtig den Status eines psychologischen Denkzwangs beanspruchen. Sie ist eine denkökonomisch zwingende Tendenz des Verstehens.
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Der zwingende Charakter des Evolutionsschematismus offenbart sich mit seiner Emergenz selbst. Diese geschieht ausbruchartig und kennt kaum Verzögerungen in der Verbreitung und der Assimilation des Bestehenden an sich. Der emergente Schematismus brachte mit sich die Crux und die Herausforderung, anders zu denken, als er es möglich machte. Es lag so gesehen eine Gewalt in ihm. Sobald er gefunden, sobald die Potenz seiner Heuresis ermessen wurde, hat er sich auf alle Gebiete der Wissenschaft unmittelbar durchgesetzt. Man konnte sich ihm sowohl in den Natur- als auch den Geschichtswissenschaften nicht mehr versperren. Er nötigte schlicht zur Einwilligung. Dabei darf man ihn nicht mit den bekannten und weit verbreiteten vormodernen, quasi-evolutionistischen Schemata verwechseln. Jene des Mythos sowie der antiken Wissenschaft z. B. geben den Phasen und Perioden des allgemeinen Ablaufs der Dinge meistens eine deklinistische Richtung. Sie sehen in ihren Abstufungen einen Niedergang vom ersteren-höheren zum letzteren-niederen. Die Entwicklung führt zu einem immer größeren Verderbnis der ursprünglichen, wahren und richtigen Ordnung. Das Ende des Evolutionszyklus findet in einer Implosion oder Explosion des Gesamtzusammenhangs der Dinge statt, die sich oft als Heilung und Neugebärung dieses darstellt. In der einen Fassung beendet eine ekpurôsis (Endbrand) das die Reihenfolge seiner Weltalter durchgelaufene Weltjahr. Das großzyklische Geschehen kennt dann eine Neuerstehung der Welt und ihre Rückkehr zur ursprünglichen Fülle ihres goldenen Zeitalters. Von diesem aus geht die Entwicklung wieder zum Niedergang fort, um immer wieder kreishaft an ihren Anfang zurückzukehren. Die modernen evolutionistischen Schemata verkehren diese zyklisch deklinistische Vorstellungsweise. Sie konstruieren lineare, einbahnige, aufsteigende Entwicklungen, mit entscheidenden Bifurkationen, welche die Gesamtentwicklung um Stadien artikulieren. Die Heuresis von Evolution am Ende des 18. Jh. und im Laufe des 19. Jh. lässt sich als die Emergenz eines Rasters denken, das die ungeheueren Erkenntnismassen, die während der großen wissenschaftlichen Jahrhunderte der Moderne akkumuliert werden, ordnen lehrt. Ein solcher Raster (grid, grille) nimmt die Form einer Großhypothese, die alles Einzelwissen lesbar macht. Die Häufung erkenntnisermittelter Tatsachen läßt Züge hervorkommen, die sich dem Beobachter als sinnhaft geordnete Merkmale eines erkennbaren Gesamtobjekts aufdrängen. Aus der Häufung von Spuren und Indizien emergiert eine Gestalt von Natur- und Kosmosgeschichte, die sie als Ablauf verständlich macht. Wenn sich einmal ein solches Gesicht gebildet hat, wird es äußerst schwer es nicht mehr zu sehen – zumal alle hinzukommenden Einzelerkenntnisse die „Zügung“ sozusagen dieses Gesichts bestärken und nur noch einprägsamer werden lassen. In der Wissenschaft, welche die Evolution erfunden und der Heuresis von Evolution zur allgemeinen Etablierung und Verbreitung verholfen hat,
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scheint eine solche „Zügung“ schlichtweg aus dem Material und der allmählichen, graduellen Selbstordnung der Funde (Fossilien, geologische Strata, geographische Verteilungen) zu entstehen. Sie bildet sich, wie ein verwehtes Gesicht oder eine verwehte Inschrift an den Tag kommt, wenn man die um die Züge angesammelten Allotria wegputzt. Ein Bewusstsein der Überlegenheit erwuchs der modernen Wissenschaft gegenüber ihrer Vorgängerin aus der Explikationspotenz einer solchen Heuresis. Sie konnte sich auf eine Ordnung des Sinnes und der Weltauslegung berufen, die von allem Vorgängertum weitestgehend unabhängig war. Die Moderne war somit selbständig und ihrer Modernität gänzlich sicher als wissenschafttreibende Moderne. Deswegen hat sich die Übertragung des Evolutionsschematismus auf die Geschichte am Fortschrittsgedanken kristallisiert. Weltbeobachtung und Weltauslegung richteten sich nach dem Gedanken einer nicht-zyklischen, wahrhaft Neues hervorbringenkönnenden Entwicklung. Die Zeitalter der Geschichte waren Zeitalter des Geistes, der ideellen Bereitung der Welt in jeglicher Beobachtung ihrer – der materialistische Evolutionismus ist eine spätere Abwandlung des idealistischen. Man erhält dann Stadien-Theorien der menschlichen Evolution, wie sie in der positivistischen Schule der entstehenden Wissenschaft des Sozialen als Wissenschaft sozialer positiver Tatsachen aufkommen. Analog zu dem, was wir oben gesehen haben, scheinen es auch hier die baren Tatsachen zu sein, die den Schematismus aufdrängen und ihn unwiderstehlich machen. Moderne Wissenschaft kann strukturell der Mannigfaltigkeit historischer und naturwissenschaftlicher Tatsachen keine andere Fassung geben als die einer fortschreitenden Entwicklung, bei der die Letztphase, der ultime, neueste, jüngste Beobachtungsstandpunkt als der überschauend alles Vorhergehende von sich aus organisierende Standpunkt erscheint. Die Wissenschaft behält in der Moderne die ausdifferenzierte Kompetenz der Entscheidung über das Weltwahre. Dafür muss sie die Kompetenz der Entscheidung über das Wahre in Bezug auf das Wahre haben. Nichts kann sie in dieser ihrer Zuständigkeit überbieten oder diese ihre Zuständigkeit teilen oder relativieren. Wissenschaft stellt damit den Ort dar, aus dem alle Beobachtungen auf ihre Wahrheit hin geprüft werden, auch Beobachtungen anderer, in sich geschlossener, strikt autonomer Systeme.
Ordnung der Gründe und Ordnung der Dinge Das Grundschema evolutionistischer Theorien unterstellt die Existenz einer Spannung zwischen einem Selbst und einem Nicht-Selbst (SystemUmwelt), die das Selbst zu adäquaten Antworten auf die Herausforderungen des Nicht-Selbsts nötigt. Es geht bei dieser Spannung um den Bestand des Selbsts / Systems, um sein Bestehen vor den Ansprüchen seiner Umwelt.
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Evolutionstheorien neigen dazu, einen Parallelismus zwischen der Ordnung der Gründe und der der Dinge anzusetzen. Dies heißt, dass der Systembestand durch Steigerung der Systemkomplexität gewährleistet wird; eine solche Steigerung läuft aber parallel zu einer Erhöhung der intellektiven Intensität des theoretischen Einsatzes zum Verständnis des Systems. Man muss, um die Komplexitätssteigerung des Systems zu verstehen, auf der Seite der Beobachtung und der Theoretisierung immer komplexere Konzepte entwickeln. Die Komplexität des intellektiven Entwurfs wird parallel zur Komplexität des Objekts gesteigert.1 Das Interesse des Schemas der parallelen Komplexitätssteigerung innerhalb der Evolutionstheorie liegt darin, dass die Theorie als Ordnung der Gründe sich selbst eine hohe Komplexität zuschreibt, eben jene, die zur Beschreibung der hoch komplexen Formen der Wahrung des Systembestands in wechselhaften, selegierenden, gegen alle Wahrscheinlichkeit stabilisierenden und Neues zu Emergenz bringenden Umwelten nötig sind. Die Theorie indiziert hohe Komplexität bei hoch entwickelten Systembestandsmodi und schreibt sich eine entsprechende Auflösungskapazität ihrer Beobachtung zu. Um diesen Anspruch der Evolutionstheorie prüfen zu können, müssen wir auf Erfahrungen der Philosophiegeschichte zurückgreifen. Die Philosophie kennt nämlich eine Vielfalt möglicher Gründeordnungen, die in ihrer Unterscheidung von den Dingeordnungen ihren Sinn konstituieren. Es gibt selbstverständlich z. B. induktive und deduktive Ordnungen der Gründe, die den Weg zur Erschließung der Ordnung der Dinge ausmachen. Man muss über den Umweg von mehr oder minder komplexen – an einem überlieferten autoritativen Wissenskorpus geübten – Urteils- und Schlussverfahren den Zusammenhang der Gründe und Dinge rekonstruieren – wie in der hellenistischen und scholastischen Philosophie. Es gibt meditativ-destruktive und rekonstruktive Wege (Descartes), die über methodische oder hyperbolische Ablehnung jeglicher Setzung alle möglichen Denkstrecken zunichte machen und erst im Vorstoß auf einen unerschütterlichen Grund ein nicht phantomalisiertes Denken wieder möglich machen. Es gibt Darstellungswege des Gedankens, die ihn more geometrico entfalten (Spinoza) und die Weltwahrheit in ihm entstehen lassen als das, was sich aus wenigen Axiomen und Prinzipien theorematisch ableiten lässt. Es gibt Wege der Entfaltung des Gedankens und der in ihm angezeigten Welt, die so etwas wie die Gebärung des Begriffs und der Wirklichkeit aus diesem selbst darstellen: 1 In der klassischen Metaphysik treibt die Steigerung der „Komplexität“ hingegen in die Richtung der Einfachheit und Attributlosigkeit, der „Erstheit“ des Verstehensentwurfs und seiner Gegenstände. Die protê philosophia bezieht sich auf die allerersten Objekte, d. h. die allereinfachsten, welche auch die würdigsten Gegenstände des Denkens sind. Das „erste“ Denken ist das des schlichtesten und allem zugrunde liegenden Objekts, nämlich des Seienden (to on) als ens commune, das in jeglicher Anzeige von Seiendem immer schon mit angezeigt wird und in jedem Sinnentwurf von Sein vorverstanden und mit entworfen wird.
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Die Arbeit des Begriffs (Hegel) ist die des noein an sich selbst, die mit der Bewegung der Entfaltung des Seins zusammenfällt. All dies gründet in der aristotelischen Unterscheidung zweier Ordnungen, einer Ordnung des Verstehens (pros êmin) und einer Ordnung der Sachen (physei). Die pros êmin Ordnung ist die der Aneignung der eidê durch den Intellekt und bezeichnet den Gang der Noesis schlechthin. Ihr proteron (erster Terminus) und hysteron (letzter Terminus) mögen sich nicht mit der Anordnung der Sachen selbst decken, d. h. das Einfachere mag an sich nicht immer dem Komplexeren vorangehen, doch muss das Intellegieren einen Weg der Durchdringung der Sachen wählen, die ihre Ordnung verkehrt. In diesem Rahmen erscheint das Evolutionsschema als ein vergeschichtlichendes Schema, das einen Parallelismus der Ordnung der Gründe mit der der Dinge postuliert. Es eröffnet in der Dimension der Zeit Tiefendimensionen, die unbeschränkt verfügbar sind und über die es beide Ordnungen zu Kongruenz bringt. Zeit kann in unbeschränkten Maßen geschöpft werden und man braucht oft nur Zeit (und ihren Wechsel) zwischen zwei Formen zu setzen, um ihre Abkunft voneinander suggerieren oder plausibiliseren zu können. Die Ressource, welche das evolutionistische Arrangement und Rearrangment der Dinge nicht entbehren kann, ist Zeit und Zeitfülle. Wenn man über unendlich viel Zeit verfügt und man mit Werdensschemata der Dinge arbeitet, wird eine Unzahl von Ordnungen der Dinge und der Gründe möglich. In der Welt wird eine unendliche Anzahl von Welten rein nach Gründen (möglichen Werdens) möglich. Die Welt wird zur Matrix möglicher, nach reinen Werdensgründen ablaufender Sachzusammenhänge. Sie gleicht dem Leibnizschen Buch der Bücher, einer Gebärmutter aller möglichen Welterzählungen. Sie stellt die Sinnhaftigkeit einer Welterzählung überhaupt dar. Was die Fülle des Möglichen in die Engen der Verwirklichung und der Faktizität treibt, sind nach dem Schematismus der Evolution Umweltauflagen und -zwänge, welche im Grunde nicht anderes als eine Verknappung der postulierten Zeitbrunnen darstellen. Umweltauflagen vernichten Mögliches verschwenderisch und schließen ganze Weltenbifurkationen aus. Die Wahlmöglichkeiten der Bewegung der Evolution werden dadurch eingeengt. Nun, je enger der Pass zum Sein wird, umso größer wird die Komplexität des Seienden. Evolution wird als Differenzierung gedacht und geht mit der Schaffung entwickelterer Organisationsformen einher. Gleicht man dieses Konzept der Evolutionstheorie an die neuere Systemtheorie an, so scheint jene mit einem antiquierten Systembegriff zu arbeiten. Das System unterliegt nämlich nicht den Zwängen der Umwelt noch wird es in seinen Entfaltungsmöglichkeiten von dieser beschränkt. Das System ist nichts von der Umwelt Abhängiges noch Unabhängiges. Es ist die Operation der Systemunterscheidung am Zusammenhang System-Umwelt in einem Akt, der beide in Differenz zueinander entstehen lässt. Damit re-
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flektiert der Zustand eines Systems immer das äußerste an der System-Umwelt Spannung. Es gibt somit keine objektive Stufe von Umweltdruck auf das System, die unabhängig von diesem noch fluktuieren würde und es entweder entlasten oder unter besonderen Stress setzen würde. Es gibt immer nur die innere Komplexität des Systems, welche mit der Komplexität der Umwelt eins ist. Und eine solche Komplexität ist immer Reflex eines intrinsischen Drucks und einer Knappheit, sie ist immer gespannte Komplexität, weil um sie keine Operationsressource von sich aus verfügbar noch von sich aus vermehrbar ist. Dies heißt für die Emergenz von Evolutionstheorie, dass diese Theorie von einem Modell der Extensivität der Umwelt und des objektivistischen Inseins des Systems in ihr ausgeht. Ein solches Modell hat keinen Platz in der späteren Theorie, welche das Systems von all dem entleert, was nicht (es selbst in) Operation ist. Das System ist nichts mehr als das Operieren oder der Vollzug der stiftenden, konservierenden und fortschreibenden Unterscheidung von System und Umwelt. Evolutionstheorie figuriert eine Ordnung der Dinge, welche eine Steigerung der Komplexität durchmacht, die zu einer Steigerung der Ordnung der Intelligibilität parallel läuft. Sie kann sich selbst in ihrer eigenen Emergenz nicht verorten. Von einem Parallelismus der Ordnungen führt kein Weg zu einer Selbstkonstitution von Welt in einer Beobachtung von Welt, die nicht idealistisch als deren Konstitution in einem konstituierenden Subjekt gedacht ist, sondern emergentistisch als Zusammenfall von emergierender Beobachtungsweise und sich ereignender Struktur von Welterscheinung.
Evolutionstheorien als Sage von Welt und Sinn Was ist einsichtiger, erhellender, gelassener dann als Evolutionstheorien? Was gibt eine angenehmere Erfahrung des Verstehens als jene Theorien, welche die Welt an einem narrativen Werdensleitfaden ausfalten, entlang dem alles Begegnende in der Welt sich sinnvoll einreiht und ein intensives Gefühl des Verstehens nährt? Intellektion mittels evolutionistischer Schemata ist anschauungsgesättigte, unwiderstehliche Intellektion. Evolutionstheorien sind strukturell erzählende Theorien, weil sie Explikationstheorien von heterogenen Objektformen aus ihrer Genese aus einander sind. Eine solche Genese wird vorgestellt als vermittelt durch Zeit und Transformationsgesetze, welche die Einfachheit und Robustheit von Universalgesetzen haben. Evolutionstheorien sind genetische Abkunftstheorien. Sie können sich letztlich nur auf den Weltlauf als solchen beziehen und stellen insofern allgemeine Sagen von Welt oder Weltbereichen dar. Der Weltlauf wird entrollt von einer immer in den nötigen Maßen verfügbaren Zeitressource her als Weltzeit. Die Weltzeit
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dehnt sich an allen Stellen, wo dies zur Aufnahme von Werdenssequenzen benötigt ist. Sie wird als Strecke und Ressource gebraucht, ohne je verbraucht zu werden. Selbstverständlich muss hier zwischen generalisierenden, dogmatischen Evolutionstheorien, die den Anspruch einer Erklärung des Weltgeschehens im Ganzen führen, und limitierten, undogmatischen, teilweise systemisch orientierten Theorien der Evolution unterschieden werden. Letztere sind von jeglichem Anspruch auf Welterklärung weit entfernt. Sie versuchen Bereiche des (selbst-)organisierten Seienden mit Konzepten der Bestandserhaltung von selbstinteressierten Objekten (Systemen) über Selektion und Variation zu verstehen. Meine These ist, dass selbst solche Theorien wegen ihrer evolutionistischen Anlage einen ontizistischen Grundzug behalten. Sie zeigen Welt als Weltgeschehen an und ordnen dieses nach einem Schema der Sukzessivität, das die intellektive Begründung und die ontologische Bestimmung von proteron zu hysteron ablaufen lässt. Damit „sagen“ sie Welt als Werden, als sich entrollenden Prozess. Wir verstehen Sage als Struktur der Anzeige von Welt: Sagend sind solche Anzeigen, die sich primär dieser Momente der Sukzessivität und der Gesamtheit sowie einer Gesetzmäßigkeit des Auseinanderhervorgehens als Verstehensmomente bedienen. Erst stringente post-ontologische Theorien bringen nicht-sagende Anzeigen hervor: Sie lassen keinen Anblick einer Sukzession der Entrollung von Welt entstehen, der alle ihre Zustände erklärlich macht aus einem Prozess der Abkunft des einen (späteren) vom anderen (früheren). Gerade dies entbehrt die nicht-sagende Anzeige. Sie kennt keinen Strang des Nacheinanders und keine Richtung der Entfaltung von Weltzuständen. Die Welt wird hier in einem ganz anderen Stil der Intellektion verständlich gemacht. Dieser lässt aus Brüchen, Diskontinuitäten, Inkongruenzen verstehen und nicht aus Entfaltungen, Kontinuitäten, Kongruenzen. Post-ontologische Theorien und ihre nicht-sagende Anzeigeweise werden selbst erst möglich durch die Hineinnahme ihrer Emergenz in sie selbst. Der sagende Typus der Anzeige hört da auf, wo die Anzeige ihre eigene Emergenz in sich selbst wieder einführt. Eine Theorie wie die Luhmann’sche ist somit, von ihrer Anlage her, jeglichem Evolutionismus – im von uns skizzierten Sinne – abgewandt. Die evolutionstheoretischen Stücke, die sie entleiht und in sich integriert, müssten auf eine bessere „Reintegration der Emergenz“ hin abgebaut werden. Man könnte dann, bei einer Revision dieser Stücke und einem Willen, sie nicht gänzlich zu verwerfen, sich evolutionistische Konzepte denken, die nichts Evolutionistisches mehr an sich haben. Dies will bedeuten: In erster und letzter Intention sind solche Theorien – aber insbesondere die alten, vor der modernen Synthesis entworfenen Theorien – der Evolution Narrationen, die zu verstehen geben, wie alles in der Welt Begegnende aus dem Zusammenspiel von Milieudruck und Chal-
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lenge-Responsivität zustande gekommen ist. Sie bietet einen Standpunkt der Beobachtung, aus dem die Welt sich entrollt und erzählt, wie sie geworden ist. Evolution ist an sich in erster und letzter Intention ein ontischer Prozess. Sie ist etwas, was draußen in der Welt und mit der Welt geschieht. Die Beschreibung eines solchen Prozesses in den Theorien der Evolution setzt diesen als ontischen an, und muss ihn als solchen setzen. Nähme man der Evolution diese ihre Ontizität weg, bliebe von ihr nicht viel übrig. In unserer Diskussion des Evolutionsbegriffs als eines emergenten, selbst in die Verwandlung von Beobachtungsweisen hineinzunehmenden Begriffs geht es gerade um den Abbau einer jeglichen Ontizität, die ihm noch anhaften könnte. Die Entwerfung auf die Welt, durch die Theorie, von ontisch aufgefassten Sachverhalten muss zurückgenommen werden. Wenn die Theorie ihre eigene Emergenz reflektiert, kommt sie zu sich als Konstruktionsweise von Gegenständen und verunmöglicht die Erzeugung von narrativen Verständlichkeiten. Dies heißt nicht, dass jede und alle Evolutionstheorien objektivistisch oder realistisch wären. Der Scheid zwischen Theorietypen läuft nicht entlang einer Differenzierung von idealistischen und realistischen Ansätzen. Ontizistisch bleibt eine Evolutionstheorie weiterhin, selbst wenn sie alle objektivistische Setzung von Gegenständlichkeit in der Welt zurücknimmt; selbst wenn sie die von ihr erfassten Weltsachverhalte im Modus des als-ob wahrnimmt und theoretisch entwirft; selbst wenn sie konsequent ihre eigene Anlage daraufhin revidiert, dass ihre Entwürfe nichts als Erscheinungen draußen antreffen, die vom wahrnehmenden, mit gewissen Kategorien und Denkschemata operierenden Subjekt konstituiert sind; selbst wenn die Wirklichkeit der Welt in ihr nur als Leerintention eines unmöglichen Vorgriffs auf Ontisches begegnet. Die Ontizität von Evolution als Sage von Welt hat also mit dem Hang nach einer natürlichen „Thetik“ der Welt durch ein naives, keine Zurücknahme dieser leistendes Bewusstsein wenig zu tun. Hingegen liegt sie in der Strukturierung der Beobachtung nach einem proteron-hysteron-Schema begründet. Evolution kann erst ihren strukturellen ontizistischen Zug ablegen, sie kann erst ontizistische Verständnisse regelrecht abwehren und ihr Aufkommen von vornherein verhindern, wenn sie sich an Kontingenz so sehr bereichert, dass ihr jede lineare Entfaltung von Erklärungszusammenhängen unmöglich wird. Es muss ihr jedes Erzählen einer Sage von Welt impraktikabel werden, weil sie nicht mehr in der Lage ist, Werdens- und Abkunftsstränge zu isolieren und als solche zu potenter Explikation zu berufen. Das kann erst erfolgen, wenn in den Abkunftszusammenhängen das proteron mit gar keiner Priorität mehr ausgezeichnet wird. Die Linearität der Verursachung oder der Motivierung von Selektionen muss so stark vervielfältigt werden, dass es unmöglich wird, sie noch als irgendwie gerichtete,
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ja als Linearität überhaupt zu konstruieren. Sie muss in Äquifunktionalitäten, Feedback-Kreisläufen, katastrophalen, stochastischen und dissipativen Strukturierungen-gleich-Entstrukturierungen ertränkt werden. Nur unter dieser Bedingung kann der ontizistisch-narrative Zug von Evolutionstheorie abgebaut werden. Erst wenn Evolutionstheorien nichts mehr erzählen, keine Sage von Welt mehr liefern können, erst dann können sie als de-ontizisiert gelten.
Die Beschreibung der Welt als Weltselbstbeschreibung und die Wiedereinführung des Emergenzsinnes in die Emergenz Die Wiedereinführung der Emergenz in das Emergente ist der Weg der De-Ontizisierung schlechthin. Sie eröffnet die Problematik einer Beschreibung der Welt als Weltselbstbeschreibung, als Weltselbstkonstitution, die zum Zeitpunkt ihrer Emergenz alternativlos ist. Weltselbstbeschreibungen haben an sich, dass sie letzterfolgende, aktuelle, gegenwärtige sind. Sie geschehen immer a recentiori, aus dem jeweils ultimen Beobachtungspunkt. Sie werden als alternativlos erfahren in dem Sinne, dass sie einen sich selbst notwendigerweise totalisierenden Beobachtungspunkt darstellen, der sich nicht zu einem anderen Raum der Entfaltung anderer Beobachtungsweisen überschreiten lässt. Eine Weise der Beobachtung von Welt damit ist immer eine emergente. Sie ist nie vorgegeben noch irgendwo vorhanden vor ihrer Kristallisation in einem Weltverhältnis der Affektion und Kognition. Sie ist nicht einmal denkbar vor ihrer Emergenz, weil sie, auch wenn als Möglichkeit ausgedacht, nicht denselben Sinn haben kann vor ihrer Ausflockung zur kontingent-absoluten, blinden-Fleck-besiegelten, in ihrer Faktizität nicht verminderbaren Weltgegebenheit wie danach. Eine potenzielle Beobachtungsweise ist nie dieselbe wie diese selbe Beobachtungsweise in aktualisierter Form. Die Aktualisierung einer Beobachtungsweise, das heißt: ihre Emergenz, hat gerade ihren Sinn im Ausschluss des Möglichseins aus ihr und in ihrer Verwandlung zu einer absoluten Faktizität des alternativlosen Letztzustandes der Welt. Die nachträgliche Figurierung ihrer als einer noch vor ihrer Emergenz möglichen kann sie nicht erfassen in ihrem Emergenzsinne, der gerade die totale Verwandlung ihres Möglichkeitssinnes durch die Aktualisierungsstrukturen ihres Welteintritts als Vereinnahmung in das Gehäuse eines ausgeflockten Sinnerzeugungsparadigmas darstellt. Eine ereignete Beobachtungsweise hat somit keinen Inhalt, der ihre Idee oder Struktur wäre vor ihrer Aktualisierung. Ihre absolut faktische Emergenz lässt alle anderen Beobachtungsweisen undenkbar werden und zerstört damit den Potenzialitätsgrund, aus dem ihre Emergenz ontizistisch figuriert wird. Sie lässt sich nur unter Behaltung einer gänzlich ungeeigneten, ihren
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Emergenzsinn verdrängenden Vorstellung in eine Reihe mit anderen möglichen, alternativen Beobachtungsweisen stellen. Dies heißt letztlich, dass ereignete, emergente Beobachtungsweisen keine Selbstdistanzierung leisten können. Sie können keine Distanz zu sich gewinnen. Sie können ihre eigene Kontingenz nur in Leerheit denken: Alle anderen möglichen Beobachtungsweisen sind zwar als solche prinzipiell denkbar, werden aber nur aus der Verankertheit in der faktisch-kontingenten, absolut emergenten figuriert. Eine Figuration des irrelativ Anderen zur blinden-Fleck-geblendeten, einzig operierenden Unterscheidung kann nur aus dem absolut-relativen Ort, der absolut relativen Verortetheit dieser erahnt werden. Evolutionstheorie verbleibt in sagender Anzeige und ontizistischer Setzung jedes Mal, wo sie dies vergisst, d. h. jedes Mal, wo sie ihren angeborenen Tendenzen folgt. Vergessen wird, dass es verkehrt ist, eine Abfolge von Emergenzen anzusetzen, als ob diese nebeneinander in einem Raum der Möglichkeit stehen könnten und im Nacheinander sich jeweils ablösen würden. Damit würde Evolution zu einer Beobachtungsschematik verkommen, welche die Emergenz ihrer eigenen Heuresis in sich nicht wieder einführen kann. Sobald Evolution ohne Emergenz gedacht wird, verfallen wir den Schematismen einer Stadienpluralität, die keine absolute Kontingenz des Emergenten kennt, sondern nur eine relative, über die Pluralisierung der Stadien und die Ursächlichkeiten ihrer Entstehung sich erzählende. Ernstmachen mit der absoluten Kontingenz ereigneter Beobachtungsweisen heißt: Ernstmachen mit dem Gedanken, dass es nie eine Mehrheit von Beobachtungsweisen geben kann, sondern immer nur eine absolut verankernde und vereinnahmende, die alle anderen nur aus sich selbst heraussetzt und figuriert. Die Auflösungskapazität heutiger Wissenschaft, d. h. die Bedingungen der Möglichkeit der Intellektion als Rahmen der Konstruktion, Rekonstruktion und Konstruktion der Konstruktion und Rekonstruktion von Wirklichkeit fordert die Wiedereinführung des Aktualitätssinnes einer Beobachtungsweise in diese selbst. Diesen Aktualitätssinn haben wir Emergenz genannt und haben ihm dadurch einen ausgesprochenen Gegenwartsbezug verliehen. Dabei geht es bei Emergenz um den Präsenzsinn einer Beobachtungsweise überhaupt. Dieser kann von Frische, Neuheit, Innovationspotenz, Breite und Vielfalt der möglichen, zu brechenden Bahnen oder aber von einem Unbehagen am Mangel von all dem geprägt werden, wobei dann, im letzteren Fall, die Lebendigkeit beim Unbehagen selbst liegt. Vom Emergenzmoment her wird die Beobachtungsweise in ihrem Sinn und ihrem Impetus spezifisch belebt. Der Emergenzsinn ist immer der eines Erstvollzugs in seiner Neuheit und Erschließungskraft. Selbst da, wo der Emergenzsinn so etwas wie eine Vergilbung am Emergenten aufkommen lässt und sie apperzeptiv mit dem Emergenten zu gewahren gibt, ist diese Apperzeption selbst das Lebendige am Emergenzsinn entsprechend
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seinem Erstvollzugscharakter. Bei gehöriger Wiedereinführung der Emergenz wird dieser (Vergilbungs-)Sinn in das Denkschema eingeführt. Sein Gebrauch patiniert sich sozusagen und offenbart die Ermüdung seiner Bewegung durch schlichte Wiederholung seines Aktes am Medium seiner Sinnhaftigkeit. Wenn die Wiedereinführung gelingt, dann offenbart sich an der Operation der betreffenden Beobachtung nicht eine bloße Vergilbung ihrer Züge, sondern unmittelbar eine Vergilbung der Vergilbung. Der Gedanke einer Wiedereinführung der Emergenz lässt sich an diesem (kontraintuitiven) Beispiel der Vergilbung recht gut explizieren. Die Emergenz ist, wie wir gesehen haben, der Sinn, mit dem eine Beobachtungsweise als alternativlose, absolut-relative, unaufhebbar kontingente operiert. Um sie beschnitten, würde diese geradewegs funktionieren und eine wesentliche Dimension ihrer Bedeutung verlieren. Die These ist hier, dass die Immanentisierung der Emergenz ein neues, höheres Sinnereignis hervorbringt, in dem sich die absolute Relativität des Sich-Ereignens von Sinn offenbart. Die Betrachtung von Evolutionstheorie und die Frage nach der Wiedereinführung des Sinnes ihrer Emergenz in sie unterscheiden sich kaum von der Betrachtung eines vergilbten Fotos und der Wiedereinführung seines Emergenzsinnes in es. Es gilt nämlich zu sehen, dass die Patina der Vergilbung nichts zum Abbild des Abgebildeten Hinzukommendes ist, genauso wenig wie das Abbild zum Abgebildeten hinzukommt. Abbildung und Vergilbung sind genau von derselben Art Unterscheidung wie das volle Sein und Nicht-Sein des Abgebildeten selbst. Dennoch bringt die Vergilbung eine besondere Problematik zu Werk: Die Vergilbung in ihrer Emergenz ist Vergilbung der Vergilbung und nicht Vergilbung des Bildes. Sie ist kontingent absolute Beobachtungsweise insofern, als sie die Vergangenheit dieser absoluten Gegenwart ist, von der man sich nicht entankern kann. Sie ist die Figuration dieser Vergangenheit als Vergangenheit einer Gegenwart, die an der Vergilbung lebt und zu ihrer absoluten Kontingenz über die Wahrnehmung der Vergilbung der Vergilbung kommt.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule Andreas Fischer- Lescano
„Systemkritik im Sinne Adornos ist aber nur möglich, wenn man einen Begriff von sozialen Systemen hat.“ 1
Es gehört zu den gängigen Annahmen, dass es so etwas wie eine „Kritische Systemtheorie“ nicht gibt. Systemtheorie sei nicht kritisch-emanzipativ, sondern als rein deskriptive Beobachtungsform die „Hochform eines technokratischen Bewusstseins“, eine „Apologie des Bestehenden um seiner Bestanderhaltung willen“. So hat Jürgen Habermas in der Debatte2 mit Niklas Luhmann formuliert3 und diese Charakterisierung hat die kritische Theorie in normativer Hinsicht lange Zeit gegenüber der Systemtheorie hermetisch-autopoietisch verschlossen. Sie kann aber, das ist die These, die ich im Folgenden vertreten möchte, keinen universellen Wahrheitsanspruch geltend machen. Es gibt im Gegenteil eine „Kritische Systemtheorie“ 4, die anschließt an die Arbeiten der Erstgeneration Kritischer Theorie und die den Zusammenhang von Systemzwang und Subjektivität offen legt, den Adorno als transsubjektive Verdinglichung und damit korrespondierende Entmündigung beschrieb.5 Die Systemtheorie der Weltgesellschaft, wie sie insbesondere Gunther Teubner in unmittelbarer Nachbarschaft zum Institut für Sozialforschung im 3. Stock des Juridicums in der Senckenberganlage 31 in Frankfurt am Main 1 Hauke Brunkhorst, von dem dieses Zitat stammt (ders. Ästhetik als Gesellschaftskritik. Vier Fragen zu Adorno, in: Widerspruch 41 (2003), 12 ff. (17)), hat präzise die Parallelen der Gesellschaftskonzeptionen von Systemtheorie und Adorno benannt; er verkörpert die Möglichkeit eines Re-entry Kritischer Systemtheorie in die Kritische Theorie. 2 Anlass des Aufeinandertreffens war, dass Luhmann 1968/1969 die Vertretung des Lehrstuhls von Adorno in Frankfurt übernommen hatte. 3 Habermas Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie?, in: ders./Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, 2. Aufl, 1974, 142 ff.; zu den Konvergenzen und mit einem Plädoyer für eine weitere Zusammenführung Kjaer Systems in Context. On the Outcome of the Habermas/Luhmann Debate, ancilla iuris 2006, 66 ff. 4 Die Kreationsrechte für „Kritische Systemtheorie“ als Begriff liegen bei Rudolf Wiethölter, der Kritische Theorie „unter Systembedingungen“ verficht und den Begriff in einem Seminar, das er mit Gunther Teubner und mir im Sommersemester 2007 zum „konstitutionellen Pluralismus in der Weltgesellschaft“ veranstaltet hat, einführte. 5 Siehe die Rekonstruktion bei Honneth Pathologien der Vernunft. Geschichte und Gegenwart der Kritischen Theorie, 2008, 44 ff.; siehe auch Zuidervaart Social Philosophy after Adorno, 2007, 8 ff.
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geprägt hat, ist eine kritische Theorie sozialer Systeme. Sie geht über eine bloß deskriptive Beschreibung der Strukturprobleme hinaus und unterzieht die Gesellschaftsstrukturen einer Kritik, die für postmaterialistische Theorien aktuellen Zuschnitts in vielfältiger Form produktiv anschlussfähig ist. 6 Kritische Systemtheorie widmet sich den gesellschaftlichen Strukturantinomien. Sie übt sich als immanente Kritik in jener nonkonformistischen Haltung, in jenem „bösen Blick“, der Kritische Theorie auszeichnet 7 und mit dem gesellschaftliche Prozesse identifiziert und gestärkt werden sollen, die das Potential haben, die verdinglichten Ordnungen zu überwinden. Ich will im Folgenden die Verbindungen zwischen der Kritischen Systemtheorie und der Kritischen Theorie skizzieren. Neben der Skepsis gegenüber Universalvernunft und Universalmoral teilen die beiden Ansätze vor allem: 1. Das Denken in gesellschaftssystemischen, institutionellen Zusammenhängen, die in ihrer Komplexität über einfache Reziprozitätsverhältnisse hinausgehen. 2. Die Annahme, dass Gesellschaft auf fundamentalen Paradoxien, Antagonismen, Antinomien aufgebaut ist. 3. Die Strategie, Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel zu verstehen. 4. Die Form immanenter (und nicht moralbasierter externer) Kritik als einer Haltung der Transzendierung. 5. Das Ziel der gesellschaftlichen (und nicht nur politischen) Emanzipation in einem „Verein freier Menschen“ (Marx). Diese Gemeinsamkeiten, die ich jeweils ausführen möchte, sind insbesondere Ergebnis einer Weiterentwicklung der Systemtheorie mit spiritus loci francofurtensis. Während Niklas Luhmann es sich in der klimatisierten VIP-Lounge der 27. Beobachterebene im „Grand Hotel Abgrund“ mit einem Glas Champagner bequem machte und die emanzipatorischen Kämpfe geschundener Individuen vernachlässigte, stellt kritische Systemtheorie dies vom Kopf auf die Füße. Während Luhmann den Anschluss von Kommunikation an Kommuni6 Siehe nur Jessop Zur Relevanz von Luhmanns Systemtheorie und von Laclau und Mouffes Diskursanalyse für die Weiterentwicklung der materialistischen Staatstheorie, in: Hirsch u. a. (Hrg.), Der Staat der Bürgerlichen Gesellschaft. Zum Staatsverständnis von Karl Marx, 2008, 157 ff.; Buckel Subjektivierung und Kohäsion, 2007, 230 ff.; Negri Philosophy of Law against Sovereignty, European Journal of Legal Studies 2008; Möller Global Assemblages im neuen Konstitutionalismus, ancilla iuris 2008, 44 ff., www.anci.ch; Brunkhorst Die Legitimationskrise der Weltgesellschaft, in: Albert/Stichweh (Hrg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit, 2008, 63 ff.; siehe schon Blecher Zu einer Ethik der Selbstreferenz oder: Theorie als Compassion, 1991 und Willke Stand und Kritik der neueren Grundrechtstheorie. Schritte zu einer normativen Systemtheorie, 1975. 7 Zum „bösen Blick“ und dem Kritikverständnis der Tradition Demirovic´ Der nonkonformistische Intellektuelle. Die Entwicklung der kritischen Theorie zur Frankfurter Schule, 1999, 430; ferner Honneth Fn. 5, 57 ff.
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kation voraussetzte, legt Kritische Systemtheorie die Kontingenzen und die poltische Umstrittenheit der Anschlusszusammenhänge offen, indem sie die Theorie dekonstruktiv gegen den Strich liest. Während Luhmann die Systemtheorie abschottete gegen normative Forderungen einer Umweltadäquanz, ist Kritische Systemtheorie sensibel für gesellschaftliche Auseinandersetzungen um gerechte Ordnungsmuster. Das erlaubt eine normative Wendung der Systemtheorie, deren theoretische Komplexität Luhmann zwar goutierte, deren normativer Überschuss aber nur den kalten Bielefelder Beobachterblick zu spüren bekam: Luhmann sah das Konzept Kritischer Systemtheorie „belastet durch die Absicht, damit eine Synthese von Theorien der ‚kritisch-emanzipativen‘ Richtung mit Vorstellungen über ‚responsive Dogmatik‘ und mit soziologischen Analysen des ‚Rechtssystems‘ herbeizuführen.“8 Dieser anti-normativen Kritik zum Trotz führt die kritische Systemtheorie das unbemenschte Flugobjekt Niklas Luhmanns nach seinem Blindflug über die Wolken und die Vulkane des Marxismus 9 wieder zurück zur Erde. Wie in Hegels Dialektik begreift sie Widersprüche als das Movens der gesellschaftlichen Entwicklung und analogisiert dieses Denken in linkshegelianischer Absicht „mit Realwidersprüchen in der Marxschen Theorietradition. Die Parallele ist das Auf-die-Füße-Stellen: Paradoxien leben nicht in der idealen Welt des Geistes, sondern es existieren Realparadoxien in der Gesellschaft, die die Entwicklung vorantreiben.“ 10 Und genau hier zeigt sich das Potential einer Theorie, die die Funktionsbedingungen der ausdifferenzierten Weltgesellschaft zu beschreiben und Paradoxien offenzulegen vermag und somit Werkzeug systemtranszendierender Kritik darstellen kann. Darum insistiert Kritische Systemtheorie wie schon Marx,11 dass „Realparadoxien in der Gesellschaft die Verhältnisse zum Tanzen bringen.“12
8 Luhmann Einige Probleme mit ‚reflexivem Recht‘, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 6 (1985), 1 ff. (2). 9 Luhmann Soziale Systeme, 1984, 13: „Der Flug muss über den Wolken stattfinden, und es ist mit einer ziemlich geschlossenen Wolkendecke zu rechnen. Gelegentlich sind Durchblicke nach unten möglich – […] ein Blick auf ein größeres Stück Landschaft mit den erloschenen Vulkanen des Marxismus.“ 10 Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.), Integratives Verstehen: Zur Rechtsphilosophie Ralf Dreiers, 2005, 199 ff. (210); siehe auch Blecher Recht in Bewegung: Paradoxontologie, Recht und Soziale Bewegungen, ARSP 2006, 449 ff. 11 „[…] man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“ (Marx Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie: Einleitung, MEW 1, 381). 12 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joerges/Teubner (Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 25 ff. (31); siehe zeitlos Wiethölter Be-
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1. Transsubjektivität „Die höchst formal klingende Definition präjudizierte, daß die Gesellschaft eine von Menschen, daß sie menschlich sei, unmittelbar eins mit ihren Subjekten; als bestünde nicht das spezifisch Gesellschaftliche im Übergewicht von Verhältnissen über die Menschen, deren entmächtigte Produkte diese nachgerade sind.“ 13
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule teilt insbesondere mit der Gründergeneration der Kritischen Theorie die Grundannahme der Nichtidentität von Menschen und Gesellschaft. Gesellschaftliche Verhältnisse werden weder monologisch subjektiv (wie in Kants Imperativ) noch intersubjektiv, sondern transsubjektiv begründet. Kant und ihm nachfolgend die zweite Generation der Kritischen Theorie suchten noch, den administrativen Institutionenkomplex durch demokratisch legitimierbares Recht gesellschaftlich rückzubinden.14 Das kommt Adornos Idee des Entronnenseins aus der „verwalteten Welt“ entgegen und hierin begegnen sich radikaldemokratischer Kantianismus in der Form von Ingeborg Maus und Gesellschaftstheorie in der Tradition Adornos. Aus Adornos Perspektive bleibt dies aber reformistisch. Denn Bemühungen der Humanisierung von Institutionen, „wie wohlgemeint sie auch sein mögen, vermöchten die gegenwärtige Gestalt des gesellschaftlichen Widerspruchs zu mildern und zuzuschmücken, aber nicht aufzuheben.“ 15 Die Konzentration auf einen politischen Institutionenbegriff, so wäre der Vorwurf, insinuiert, dass Entfremdung ein Problem des Politiksystems wäre und dass es möglich sei, das Irrationale zu rationalisieren. Diese Strategie ist damit aber gerade der Ausdruck der Fetischisierung von Kollektivität und Organisation, die es zu durchbrechen gilt.16 Gegen diese Fetischisierung setzt Kritische (System-)Theorie Frankfurter Schule eine akribische Analyse der Gesellschaft als System und sucht nach Strategien der Entdinglichung. Gemeinsamer Ausgangspunkt sind Prozesse gesellschaftlicher Ausdifferenzierung. Unter den Autoren der soziologischen Klassikertexte sind hier Emile Durkheim und Talcott Parsons zu nennen. Ersterer – so goutiert Adorno bei aller Kritik – war dem Hauptstrom des Positivismus dadurch überlegen, dass er die Phänomene gesellschaftlicher Institutionalisierung und Verdinglichung nachhaltig hergriffs- oder Interessenjurisprudenz, in: Lüderitz/Schröder (Hrg.), Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Gerhard Kegel, 1977, 213 ff. 13 Adorno Gesellschaft, AGS 8, 9 ff. (9). 14 Prägnant Maus Zur Theorie der Institutionalisierung bei Kant, in: Göhler u. a. (Hrg.), Politische Institutionen im gesellschaftlichen Umbruch, 1990, 358 ff. 15 Adorno Individuum und Organisation, AGS 8, 440 ff. (453). 16 Adorno ebd., 455.
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vorhob.17 Dass ihm Psychologie und Soziologie als eines geraten, kritisert Adorno dann an dem systemtheoretischen Versuch von Talcott Parsons, eine Einheitswissenschaft vom Menschen zu stiften. Denn das gesellschaftlich gesetzte Moment der Divergenz von Individuum und Gesellschaft, und der den beiden gewidmeten Disziplinen, entgleite ihr. Das pedantisch organisierte Totalschema verkenne, dass Individuum und Gesellschaft, obwohl kein radikal Verschiedenes, geschichtlich auseinander getreten seien.18 Dies ist nun auch genau die Stelle, an der sich die moderne Systemtheorie im Sinne Luhmanns von Parsons Systemtheorie unterscheidet und wo die Systemtheorie, wie bereits Adorno, eine radikale Differenz von Bewusstseinssystemen und autopoietischen sozialen Systemen einzieht. Wie schon Adorno beschreibt Luhmann Gesellschaft als sich selbst reproduzierendes System, als soziale Realität, die den praktischen Intentionen der Akteure zunächst einmal unverfügbar ist. Kritische Systemtheorie, die die Verselbständigung von Kommunikationsnetzwerken als radikale Exklusion der Menschen aus der Gesellschaft analysiert, verweist auf diese Parallele: „Die Systemtheorie nimmt hier aus der sozialtheoretischen Tradition Theoreme gesellschaftlicher Entfremdung in zeitgemäßer Fassung wieder auf. An diesem Ort bestehen heimliche Kontakte zu offiziellen Feindtheorien, zu Foucaults Analysen der Disziplinarmacht, Agambens Kritik der gesellschaftlichen Exklusion, Lyotards Theorie der geschlossenen Diskurse und Derridas Denken über Gerechtigkeit“.19 Ein solches Theoriedesign evoziert humanistische Kritik. Wer Gesellschaft anders denn als Zusammenschluss von Individualmenschen konzipiere, denke das A-Humane, agiere kontraintuitiv und interessiere sich nicht für menschliche Schicksale. Adorno und Luhmann haben auf diese Kritik im Grunde in gleicher Form geantwortet. Während sich Luhmann irritiert zeigt, dass Humanisten in der Regel das Wort Mensch im Singular führen und damit schon andeuten, dass sie es mit den Einzelexemplaren nicht so genau nehmen, 20 begründet Adorno die Nichtidentität unter Berufung auf den Marx’schen Materialismus, nach dem eine Analyse „des“ Menschen un-
17 Adorno Einleitung zu Emile Durkheim, „Soziologie und Philosophie“, AGS 8, 245 ff. (250). 18 Adorno Einleitung zum Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, AGS 8, 280 ff. (297); zu Adornos Kritik an Parsons ferner Adorno Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie, AGS 8, 42 ff. und ders. Einleitung in die Soziologie (1968), 2003, 18. 19 Teubner Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“ transnationale Akteure, Der Staat 2006, 161 ff. (168) unter Verweis auf Menke Spiegelungen der Gleichheit: Politische Philosophie nach Adorno und Derrida, 2004. 20 Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 35 ff.
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möglich sei, „das wäre eine Oberflächlichkeit gegenüber dem geschichtlichen Wesen.“ 21 Es ist konsequent, dass sich Luhmann bei der Einführung der Selbstreferenz dazu bekennt, die Marx’sche Auffassung der Gesellschaft als eines „sich abstrahierenden, kategorisierenden, thematisierenden Sozialsystems“ bewahren zu wollen. 22 Wie Marx, der im Kapital den wirtschaftlichen Wert als „eine prozessierende, sich selbst bewegende Substanz, für welche Ware und Geld bloße Formen“ darstellen, 23 begreift, setzt Systemtheorie den Begriff der Selbstreferenz sozialer Systeme zentral. 24 Anders aber als Marx und die Kritische Theorie geht die Kritische Systemtheorie von einer Vielzahl selbstreferentieller sozialer Prozesse aus. Während also Adorno im Anschluss an Marx den Systembegriff monistisch versteht und innerhalb des einen einzigen Gesellschaftssystems untersucht, wie Individuen bis in die intimsten Regelungen hinein genötigt werden, „dem Gesellschaftsmechanismus als Rollenträger sich einzuordnen und ohne Reservat nach ihm sich zu modeln“, 25 stellen systemtheoretische Analysen auf eine Vielzahl systemischer Binnendifferenzierungen des Weltgesellschaftssystems ab. Nicht nur ist der Mensch Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, 26 auch ist die Gesellschaft Ensemble gesellschaftlicher Teilsysteme. Das macht es dann letztlich unmöglich, Gesellschaft vom Menschen her zu denken: „Angesichts von Polykontexturalität, also angesichts der Emergenz von hochfragmentierten, intermediären Sozialstrukturen und des Auseinanderdriftens von Interaktionssystemen, formalen Organisationen und Gesellschaftssystem kann man die Gesellschaft nicht mehr von der Interaktion her begreifen.“ 27 In der Beobachtung weltgesellschaftlicher Ausdifferenzierung, globaler Funktionssysteme, Organisationen und Regimes trifft sich die Kritische Systemtheorie mit neoinstitutionalistischen Theorien der „global culture“ der Stanford School, postmodernen Konzepten des globalen Rechtspluralismus, polit-regulatorischer Assemblages, der internationalen politischen
21 Adorno Über Marx und die Grundbegriffe der soziologischen Theorie. Seminarmitschriften, in: Backhaus (Hrg.), Dialektik der Wertform: Untersuchungen zur Marxschen Ökonomiekritik, 1997, 501 ff. (504). 22 Luhmann Selbst-Thematisierungen des Gesellschaftssystems, in: ders., Soziologische Aufklärung 2, 5. Aufl., 2005, 89 ff. (101) 23 Marx Das Kapital, MEW 23, 169. 24 Instruktiv zu diesen Parallelen Breuer Adorno/Luhmann. Konvergenzen und Divergenzen von Kritischer Theorie und Systemtheorie, Leviathan 1987, 91 ff. (103). 25 Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (361). 26 Marx Thesen über Feuerbach, 6. These, MEW 3, 5. 27 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 9 ff. (11)
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Ökonomie und Theorien der globalen Zivilgesellschaft. 28 Die Gefährdungen für individuelle und gesellschaftliche Autonomieräume resultieren danach aus dem Totalisierungsdrang weltgesellschaftlicher Organisationen und Institutionen, aus „transnationalen Matrices“, aus globalem Wirtschaftssystem, Politiksystem, Religionssystem, Wissenschaftssystem, Gesundheitssystem etc. Alle diese gesellschaftlichen Götzen kennen keine Götter neben sich, 29 alle verfolgen ein rücksichtsloses Programm der Eigenrationalitätsmaximierung. Die polykontexturale Gesellschaft gestattet es dann nicht, den Menschen (im Singular) zu identifizieren, sondern die Vielzahl von Homo-Formeln indiziert die vielfältigen Grenzbeziehungen zwischen Systemen und Individualmenschen: homo sapiens, homo faber, homo oecologicus, homo militans, homo oeconomicus, homo politicus, homo sociologicus, homo religosus, homo psychologicus etc. 30 Ausbeutungs- und Subalternitätszusammenhänge in den Grenzbeziehungen der Menschen zur Gesellschaft emergieren im Kontext spezifischer Funktionssysteme. Die Individuen, so formuliert Nancy Fraser, sind „so etwas wie Schnittpunkte, an denen sich die mannigfaltigen und zueinander quer liegenden Achsen der Benachteiligung kreuzen.“ 31 Das kann im schlimmsten Fall zu Situationen führen, in denen nicht einmal das eigene Leben etwas ist, was man verlieren könnte. 32 Dass solche Prekarisierungen, sofern sie aus den Strukturen des Wirtschaftssystems resultieren, besonders existentielle Folgelagen evozieren, ist evident. Analysen marxistischer Provenienz setzen hier an. Unter Akzentuierung der zentralen Funktion des Wirtschaftssystems für die gesellschaftlichen Reproduktionsbedingungen konzipiert „materialistische Systemtheorie“ 33 eine Primatstellung des Wirtschaftssystems. „Kapitalismus“ charakterisiert dann nicht nur die Funktionsweise des Wirtschaftssystems, sondern eine (historische) Systemformation, eine ganz bestimmte Interdependenzlage der Systeme Politik, 28 “Global culture”: Meyer u.a. World Society and the Nation-State, American Journal of Sociology 103 (1997), 144 ff.; globaler Rechtspluralismus: Boaventura de Sousa Santos Toward a New Legal Common Sense: Law, Globalization and Emancipation, 2. Aufl., 2002, 163 ff.; Hanschmann Theorie transnationaler Rechtsprozesse, Buckel u. a. (Hrg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, 375 ff.; zu den Assemblages: Sassen Territory, Authority, Rights, 2006, 224; zur IPÖ : Möller Fn. 6, 44 ff.; zur globalen Zivilgesellschaft: Brunkhorst Solidarität, 2000, 274 ff. 29 Siehe Max Webers Konzept des Polytheismus: ders. Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 3. Aufl., 1968, 605; hierzu Teubner Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer Universalitätsansprüche, ARSP Beiheft 65 (1996), 199 ff. 30 Fuchs Der Eigen-Sinn des Bewußtseins, 2003, 16, 47. 31 Fraser Soziale Gerechtigkeit im Zeitalter der Identitätspolitik, in: Fraser/Honneth, Umverteilung oder Anerkennung? 2003, 13 ff. (80). 32 Luhmann Inklusion und Exklusion, in: ders., Die Soziologie und der Mensch. Soziologische Aufklärung 6, 1995, 237 ff. 33 So der Begriff bei Brunkhorst Kommentar zu Karl Marx. Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, 2007, 228.
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Wirtschaft und Recht im weltgesellschaftlichen Institutionenensemble. Der privatautonomen (Recht), gewaltmonopolistisch durchgesetzten (Politik) Eigentumsordnung (Wirtschaft) der kapitalistischen Gesellschaftsformation ist inhärent, dass das Wirtschaftssystem ein „ökologisches“ Primat über seine gesellschaftliche Umwelt innehat. 34 „Kapitalismus“ meint dann nicht ein Determinationsschema im Basis/Überbau-Verhältnis, sondern ein ganz bestimmtes Systemarrangement in der ausdifferenzierten Weltgesellschaft. Kritische Systemtheorie beschreibt diese weltgesellschaftlichen Formationen nicht nur, sondern setzt mittels einer gesellschaftlichen Mäeutik auf die „Entbindung gesellschaftlicher Normativitätspotentiale“ 35 zur Sozialisierung der Institutionen und bezieht sich auf eine ganze Reihe von Vertretern normativer Soziologie, die die Möglichkeitsbedingungen der Gesellschaftsgerechtigkeit gesellschaftlicher Organisationen, Institutionen und Netzwerke ausgelotet haben. 36 Kritischer Systemtheorie Frankfurter Schule geht es dabei um die Sicherung gesellschaftlicher Freiheitsräume „als wechselseitige Abhängigkeit von Teilautonomien, die nicht etwa nur die Autonomie von funktionalen Systemen, sondern auch die von Individuen, Kollektiven, Institutionen, Organisationen betrifft. Sie ist ein durch und durch normatives Konzept“. 37
2. Umgang mit Paradoxien „Wer die Erfahrung des Vorrangs der Strukturen über die Sachverhalte sich nicht verbauen läßt, wird nicht, wie meist seine Kontrahenten, Widersprüche vorweg als solche der Methode, als Denkfehler abwerten und sie durch die Einstimmigkeit der wissenschaftlichen Systematik zu beseitigen trachten. Statt dessen wird er sie in die Struktur zurückverfolgen, die antagonistisch war, seit es Gesellschaft im nachdrücklichen Sinn gibt, und die es blieb“. 38
Wie die Kritische Theorie erster Generation sieht die Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule das gesellschaftliche Movens in Realwidersprü34 Jessop Fn. 6, 157 ff.; siehe auch Schimank Funktionale Differenzierung und gesellschaftsweiter Primat von Teilsystemen – offene Fragen bei Parsons und Luhmann, Soziale Systeme 11 (2005), 395 ff.; Ansätze bei Luhmann Identitätsgebrauch in selbstsubstitutiven Ordnungen, besonders Gesellschaften, in: ders., Soziologische Aufklärung 3, 1981, 198 ff. (217). 35 Teubner Fn. 12, 44. 36 Fuller The Morality of Law, 1969; Selznick, Law, Society and Industrial Justice, 1969; Ewald L’État providence, 1986; Friedland/Alford Bringing Society Back in: Symbols, Practices, and Institutional Contradictions, in: Powell u. a. (Hrg.), The New Institutionalism in Organizational Analysis, 1991, 232 ff. 37 Teubner Fn. 12, 43. 38 Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (357).
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chen. Paradoxien sind nicht hintergehbar, sie können von hegemonialen Diskursen nur invisibilisiert werden. 39 Dazu muss man aber „ihre Latenzen latent halten, ihre Aporien verdrängen, auf ihre Dekonstruktion verzichten, dem Scharfsinn Grenzen setzen, Kritik unterlassen, Verblendungszusammenhänge einrichten, die Student_innen belügen.“ 40 Statt unkritischer Reproduktion gesellschaftlicher Widersprüche durch deren Invisibilisierung und Leugnung zielt die Offenlegung von Paradoxien auf Demystifizierung und immanente Kritik. In der Hegelschen Tradition bedeutet Dialektik qua Verfahren, um des einmal an der Sache erfahrenen Widerspruchs willen und gegen ihn in Widersprüchen zu denken. Als „Widerspruch in der Realität“, so formuliert Adorno, „ist sie Widerspruch gegen diese.“ 41 Exakt diesen Widerspruch, der auch für Adorno nicht in der Synthese aufgehoben werden kann, 42 hat Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule im Auge, wenn sie den Umgang mit Paradoxien in allen Sozialsystemen (nicht nur der institutionalisierten Politik) als genuin „politisch“ begreift: 43 „Das „Politische“ erscheint dann auch außerhalb des politischen Systems als Entscheidung im Kontext von Unentscheidbarkeit: als Auflösung von Sinnbrüchen in antagonistischen Arrangements“. 44 Das öffnet insbesondere den Blick dafür, „dass Machtprozesse trotz des staatlichen Gewaltmonopols auch außerhalb der Politik stattfinden“. 45 Gerade das systemtheoretische Insistieren auf der Paradoxie als der großen Leerstelle der Begründung gesellschaftlicher Institutionen, auf dem mystischen Fundament, provoziert Kritik. 46 Diese Angriffe sind die Wiederkehr eines Vorwurfs, den Jürgen Habermas formuliert hat: „Wer an einem Ort, den die Philosophie einst mit ihren Letztbegründungen besetzt hielt, in 39 „Alle Verdinglichung ist ein Vergessen“, schreiben Horkheimer/Adorno Dialektik der Aufklärung, AGS 3, 263; zur Invisibilisierung Luhmann Fn. 20, 221. 40 Teubner Fn. 12, 42. 41 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 148. 42 Adorno Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/66, Nachgelassene Schriften, Bd. 16, 2003, 16. 43 Pointiert zur Kombination von Dekonstruktion und Systemtheorie Menke, Subjektive Rechte. Zur Paradoxie der Form, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 81 ff. (86). 44 Teubner Fn. 12, 36. 45 Teubner Fn. 27, 26. 46 So bei Günther Kopf oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine vermeintlichen Paradoxien, in: Kiesow u. a. (Hrg.), Summa – Festschrift für Dieter Simon zum 70. Geb., 2005, 255 ff.; siehe ferner Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxologie, in: Brugger u. a. (Hrg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 2008, 72 ff.
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einer Paradoxie verharrt, nimmt nicht nur eine unbequeme Stellung; er kann die Stellung nur halten, wenn mindestens plausibel erscheint, daß es keinen Ausweg gibt.“ 47 Diese Formulierung, die heute in identischer Form gegen die Systemtheorie vorgebracht wird, richtete Habermas 1985 in „Der philosophische Diskurs der Moderne“ gegen Adorno und Horkheimer. An eben dieser Stelle zieht Habermas statt der Paradoxie eine diskurstheoretische Intersubjektivität ein, während Horkheimer und Adorno sich keinen intellektuellen Ausweg aus der unbequemen Stellung der Paradoxie erlauben. 48 Die Kritische Systemtheorie geht in dieser Frage zurück zu den Wurzeln Kritischer Theorie. Hier gibt es Berührungspunkte mit paradoxologischen Ansätzen einer reformierten Kritischen Theorie, die einmal am Institut für Sozialforschung reüssieren 49 und die zum anderen in der Schule Albrecht Wellmers Unversöhnlichkeiten, Paradoxien und gesellschaftlichen Widerstreit thematisieren. 50 So hat, ähnlich wie Urs Staehelis Projekt des „Updating Luhmann mit Foucault“, Christoph Menke eine französische Lesart systemischer Selbstreproduktionsverhältnisse unternommen. Beiden ist gemeinsam, dass sie an Sinnzusammenbrüchen ansetzen und die Selbstreflexionsprozesse des Rechts als politische Prozesse, als Kampf um die Rechtsform selbst, deuten.51 Und auch Antonio Negri hat gerade dieses Interesse an Antagonismen, Paradoxien und Inkommensurabilitäten in Bemerkungen zu Teubners Rechtssystemtheorie euphorisch aufgenommen: „Es ist großartig, dass es die Rechtswissenschaftler sind, die den Geist der neuen Epoche aufnehmen und sperrige Philosophietraditionen hinter sich lassen.”52 Die Paradoxienbegründung bleibt auch für das von kritischer Systemtheorie maßgeblich hinterfragte Recht nicht ohne Auswirkungen. Während man für die Erstgeneration Kritischer Theorie noch sagen muss, dass sie sich dem juridischen Diskurs kaum zuwandte, dass die Juristen Kirchheimer, Neumann und Abendroth an den inneren Zirkel um Marcuse, HorkHabermas Der philosophische Diskurs der Moderne, 1985, 155. Demirovic´ Fn. 7, 523. 49 Siehe Honneth Organisierte Selbstverwirklichung. Paradoxien der Individualisierung, in: ders. (Hrg.), Befreiung aus der Mündigkeit. Paradoxien des gegenwärtigen Kapitalismus, 2002, 141 ff. und Hartmann Widersprüche, Ambivalenzen, Paradoxien – Begriffliche Wandlungen in der neueren Gesellschaftstheorie, ebd., 221 ff. 50 Wellmer Endspiele: Die unversöhnliche Moderne, 1993; Seel Paradoxien der Erfüllung, 2006; Menke Fn. 43, 81 ff. 51 Menke Fn. 43, 86: Daran dass die Paradoxie des Rechts die Form „subjektiver Rechte“ sowohl hervorbringt, als auch in Frage stellt, zeige sich „der wesentlich politische Charakter des selbstreflexiven Rechts“. Siehe ferner Staeheli Updating Luhmann mit Foucault?, in: kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie 47 (2004), 14 ff.; Fischer-Lescano/Christensen Auctoritatis interpositio. Die Dekonstruktion des Dezisionismus durch die Systemtheorie, in: Der Staat 2005, 213 ff. 52 Negri Fn. 6, 11 (Übersetzung aus dem Italienischen). 47 48
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heimer und Adorno nicht heranreichten, bezieht die aktuelle Kritische Theorie den nationalen und internationalen Rechtsdiskurs nachdrücklich ein. 53 Anders aber als die kritische Systemtheorie, die das politische Moment des Rechts unter Verweis auf seine paradoxe Grundlage dechiffriert, wählen die Zweit- und die Drittgeneration der kritischen Theorie einen Kantischen Zugang, indem sie Politik als „ausübende Rechtslehre“ rahmen und fragen, wie die demokratische Idee unter Globalisierungsbedingungen aktualisiert werden kann. So hat Jürgen Habermas in „Faktizität und Geltung“ seine Rechtsphilosophie ausgearbeitet und sich in jüngeren Arbeiten intensiv mit dem Weltrecht befasst. 54 Das Rousseau’sche Erbe betonend besteht auch Ingeborg Maus nachhaltig auf der zusammenschauenden Betrachtung von Rechts- und Politikprozessen im globalen Rahmen. 55 Und Hauke Brunkhorst schließlich widmet sich zentral den Interdependenzlagen von Politik und Rechtsprozessen in der Weltgesellschaft. 56 Kritische Theorie im Recht wird insbesondere in den Arbeiten von Klaus Günther 57 und Günter Frankenberg 58 sichtbar; letzterer verbindet zugleich die kritische Rechtstheorie Frankfurter Schule mit den Arbeiten der critical legal studies (crits) um Duncan Kennedy, David Kennedy, Martti Koskenniemi und Anthony Anghie. 59 All diese Ansätze situieren Recht im gesellschaftlichen Kontext, gehen also über rein dogmatisches „Vergessen“ (Horkheimer/Adorno) 60 hinaus. Stärker als der Frankfurter Strang kritischer Rechtstheorie betonen die crits die Unbestimmtheit des Rechts, indem sie in dieser Frage an den legal realism anknüpfen und ihre Kritiken unter Bezug auf Derridas Aporienlehre 53 Zur zweiten Generation Kritischer Theorie und dem Recht: Niesen/Eberl Demokratischer Positivismus: Habermas/Maus, in: Buckel u. a. (Hrg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, 93 ff. 54 Habermas Faktizität und Geltung, 1992; ders. Eine politische Verfassung für die pluralistische Weltgesellschaft?, KJ 2005, 222 ff.; siehe die fruchtbaren Weiterführungen für globale Politikprozesse bei Deitelhoff Überzeugung in der Politik, 2006. 55 Maus Zur Aufklärung der Demokratietheorie. Rechts- und demokratietheoretische Überlegungen im Anschluß an Kant, 1992; dies. Das Verhältnis der Politikwissenschaft zur Rechtswissenschaft. Bemerkungen zu den Folgen politologischer Autarkie, in: Becker/ Zimmerling (Hrg.), Politik und Recht, 2006, 76 ff.; siehe in dieser Tradition instruktiv Eberl Demokratie und Frieden. Kants Friedensschrift in den Kontroversen der Gegenwart, 2008. 56 Jüngst Brunkhorst Die Legitimationskrise der Weltgesellschaft. Global Rule of Law, Global Constitutionalism und Weltstaatlichkeit, in: Albert/Stichweh, Weltstaat und Weltstaatlichkeit, 2007, 63 ff. 57 Günther Der Sinn für Angemessenheit, 1988; ders./Randeria Recht, Kultur und Gesellschaft im Prozeß der Globalisierung, 2001. 58 Frankenberg Autorität und Integration: Zur Grammatik von Recht und Verfassung, 2003; ders. Zivilgesellschaft im transnationalen Kontext, in: Maecenata, Jahrbuch für Philanthropie und Zivilgesellschaft, 2003, 13 ff. 59 Instruktiver Überblick mwN. bei Frankenberg Partisanen der Rechtskritik: Critical Legal Studies, in: Buckel u. a. (Hrg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, 93 ff. 60 Horkheimer/Adorno Fn. 39, 263.
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schärfen. 61 Gemeinsam ist den Arbeiten bei allen Unterschieden, dass sie Politik und Recht in enger Verbindung sehen. 62 Kritischer Rechtssystemtheorie ist es hierbei insbesondere darum zu tun, das Politische im Recht als das Widerstreitsmoment des Rechts offenzulegen. 63 Gerade dieses hatte schon Marx im Blick, als er formulierte: „Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt.“ 64
3. Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel „Recht ist das Urphänomen irrationaler Rationalität.“ 65
Adorno hat Stringenz und Totalität beharrlich als die bürgerlichen Denkideale von Notwendigkeit und Allgemeinheit in die Kritik genommen. 66 Systemische Geschlossenheit hat er als Hermetisierung durch Verfahren und als systemische Selbstbehauptung gegen die „Ubiquität des Betriebs“ charakterisiert. Das trifft sich mit systemtheoretischen Beschreibungen einer order from noise in der Koevolution von System und Umwelt. 67 Sowohl Adorno als auch Kritische Systemtheorie verstehen hierbei unter „System“ nicht eine statische Strukturhierarchie. Diese Denkform, die Friedrich Nietzsche wirkmächtig denunzierte, 68 ist beiden Systemansätzen fremd. Beide beschreiben vielmehr die höchst dynamischen, evolutiven, eruptiven Autonomisierungen von Rationalität(en) als dialektischen Prozess der Emergenz selbstrefentieller Systeme. Adorno bringt diese Verselbständigungsproblematik in seiner Musikphilosophie auf den Punkt, wenn er solipsistischer Musik vorwirft, dass die Strenge des Gefüges, durch welches Musik gegen die Ubiquität des Betriebs sich behauptet, sie derart in sich verhärtet habe, dass jenes ihr Auswendige, Wirkliche sie nicht mehr erreiche, Derrida Gesetzeskraft. Der „mystische Grund der Autorität“, 1996. Generell zu den juristischen Denkern Kritischer Theorie siehe den Überblick bei Perels Kritische Justiz und Frankfurter Schule, in: Claussen u. a. (Hrg.), Philosophie und Empirie, 2001, 146 ff.; ferner die Rekonstruktion bei Buckel Fn. 6, 80 ff. 63 Siehe hierzu auch Buckel/Fischer-Lescano Hegemonie im globalen Recht – Zur Aktualität der Gramscianischen Rechtstheorie, in: dies. (Hrg.), „Hegemonie gepanzert mit Zwang“. Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis von Antonio Gramsci, 2007, 85 ff. 64 Marx Das Kapital I , MEW 23, 249. 65 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 303 f.; ders., Individuum und Organisation, AGS 8, 440 ff. (445). 66 Adorno Minima Moralia, AGS 4, 172. 67 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1998, 789 ff. 68 „Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit“ (Nietzsche Götzendämmerung (1888), in: ders., Das Hauptwerk. Werke Bd. 4, 1990, 253 ff. (260), Ziff. 26). 61
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welches ihr einmal den Gehalt zugebracht habe, aus dem absolute Musik wahrhaft zur absoluten wurde. 69 Die Crux sei, so führt Adorno in der Ästhetischen Theorie aus, dass die gesellschaftliche Institution zwar nur im Verhältnis zu dem, was sie nicht ist, zu ihrem Anderen, ist, 70 dass sie aber andererseits für gesellschaftliche Einflüsse offen gehalten werden muss. Geschlossenheit und Offenheit zugleich: Wer für alles offen ist, ist nicht mehr ganz dicht; zugleich muss systemischer Autismus vermieden werden. Was Adorno für die Kunst zeigt, buchstabiert die Systemtheorie für eine ganze Reihe von autopoietischen Rationalitätsbereichen aus, die alle nur in ihrem Verhältnis zur gesellschaftlichen Umwelt bestehen. Drawing distinctions. 71 Die verdinglichten Rationalitätsbereiche Kunst, Wirtschaft, Politik, Recht etc. sind als gesellschaftliche Realitäten keine ontologischen Größen, sondern Konstrukt eben dieser Gesellschaft, ideologiekritisch gesprochen: Sie sind Fiktion, Schein, gesellschaftliche Götter. Aber nur Schein, so insistiert Adorno, seien die fetischisierten Vorstellungen auch nicht, denn insofern die Menschen tatsächlich abhängig würden von diesen ihnen undurchsichtigen Objektivitäten, sei die Verdinglichung nicht nur ein falsches Bewusstsein, sondern zugleich auch Realität. Dass die Kategorien des Scheins in Wirklichkeit auch Kategorien der Realität sind, darin manifestiere sich die Dialektik. 72 Der Kritischen Systemtheorie Frankfurter Schule geht es dann darum, in die Geschlossenheit gesellschaftlicher Ordnung eine praktische Pflicht zur Entwicklung einer Mehrwerttheorie einzubauen, 73 um die hochgezüchteten Rationalitätsbereiche wieder an jenes „Auswendige, Wirkliche“ rückzubeziehen, dem sie ihre Existenz verdanken. Die Testfrage für Anschlusskämpfe lautet: „An welchen gesellschaftlichen Orten werden gesellschaftliche Utopien entworfen?“ 74 Die Frage zielt auf den Stachel der Gerechtigkeit. In ihrer Beantwortung fordert kritische Systemtheorie die „selbstsubversive Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel“ zugleich. Das führt zu einem doppelten Konzept der Gerechtigkeit, die zunächst als innersystemische Kontingenzformel die interne Konsistenz plus Responsivität gegenüber den Anforde-
Adorno Philosophie der neuen Musik, AGS 12, 27. Adorno Ästhetische Theorie, AGS 7, 12. 71 „Draw a distinction: Die entscheidende theoretische Ressource systemtheoretischer Beobachtung ist die Unterscheidung System/Umwelt“ (Luhmann Fn. 67, 60). 72 Adorno Fn. 21, 508. 73 Siehe Teubner/Zumbansen Rechtsentfremdungen: Zum gesellschaftlichen Mehrwert des zwölften Kamels, Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2000), 189 ff. 74 Teubner Fn. 12, 37. 69 70
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rungen der Gesellschaft wahren muss. 75 Bereits diese aus der rechtlichen Selbstbeschreibung entwickelte Formel sollte in ihren normativen Implikationen nicht unterschätzt werden. Denn sie verpflichtet das Recht als Suchformel, gesellschaftliche Strukturkonflikte in die quaestio iuris zu übersetzen, Autonomieräume füreinander kompatibel zu halten, Bedingungen für die Selbstkonstituierung der Individuen zu garantieren. Das normative Modell der Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel geht aber darüber hinaus. Eine Sicht, die bei der Kontingenzformel stehen bliebe und diese zu universalisieren suchte, würde nur neue Ungerechtigkeiten provozieren. Kritische Systemtheorie wirft den universalistischen Gerechtigkeitstheorien gerade einen solchen Imperialismus rechtlicher Rationalität vor, gegen den politische Wachsamkeit geboten ist und der deshalb so gefährlich sei, weil summum ius summa iniuria implizieren kann. 76 Dieser Kohlhaas’schen Konsequenz verdinglichter Immanenz des Rechts setzt Kritische Systemtheorie ein Transzendenzmoment entgegen und fordert (normativ) die Eröffnung eines Verweisungsüberschusses, die Aktivierung utopischer Energien unter den Voraussetzungen konkret erfahrener Ungerechtigkeit. Das bedeutet „die Aufforderung der Transzendenz, die Immanenz in deren für diese jedoch nicht verstehbaren Sinn zu transformieren […] Gerechtigkeit verwirklicht sich erst im realen Durchgang durch Ungerechtigkeit.“ 77 Prozesse gesellschaftlicher colère publique sind eine Artikulationsform solcher Ungerechtigkeitserfahrung, 78 die auch Adorno benennt, wenn er Phänomene gesellschaftlicher Unmittelbarkeit adressiert und den Impuls, die nackte physische Angst und das Gefühl der Solidarität mit den, nach Brechts Wort, quälbaren Körpern dafür anführt, dass das Ungetrennte einzig in den Extremen lebe, in der spontanen Regung, die, ungeduldig mit dem Argument, nicht dulden will, dass das Grauen weitergehe. 79 Adorno und Kritischer Systemtheorie ist damit das Plädoyer gegen die Verwaltungswissenschaft der Gerechtigkeit gemeinsam. Gesellschaftliche Unmittelbarkeit gibt es nur in Konfigurationen, die Gerechtigkeit nicht in Gerechtigkeitsorganisation verwandeln. Zugleich aber, das ist das Dialektische daran, ist Möglichkeitsbedingung für das Wirken der Transzendenzformel, dass es Fögen Das Lied vom Gesetz, 2006, 95 ff. Teubner Fn. 27, 33. 77 Teubner Fn. 27, 28; ferner ders. Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchungen von System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hrg.), Widerstände der Systemtheorie, 1999, 199 ff. 78 Zur colère publique Fischer-Lescano Global Constitutional Struggles: Human Rights between colère publique and colère politique, in: Kaleck u. a. (Hrg.), International Prosecution of Human Rights Crimes, 2006, 13 ff. 79 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 281. 75 76
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einen eingerichteten und ausgeübten Betrieb des Rechts in der verwalteten Welt gibt, der dann erst die Notwendigkeit der Suchformel evoziert. 80 Es ist genau diese gegenseitige Bedingtheit von Schutz und Maskerade, 81 von Immanenz und Transzendenz, 82 die Adorno in der Negativen Dialektik mit Blick auf den Warentausch formuliert: 83 „Annullierte man simpel die Maßkategorie der Vergleichbarkeit, so träten anstelle der Rationalität, die ideologisch zwar, doch auch als Versprechen dem Tauschprinzip innewohnt, unmittelbare Aneignung, Gewalt, heutzutage: nacktes Privileg von Monopolen und Cliquen. Kritik am Tauschprinzip […] will, daß das Ideal freien und gerechten Tauschs, bis heute bloß Vorwand, verwirklicht werde. Das allein transzendierte den Tausch.“ 84
4. Immanente Kritik als Haltung der Transzendierung „[…]eine bestimmte Art zu denken, zu sagen, zu handeln auch, ein bestimmtes Verhältnis zu dem, was existiert, zu dem, was man weiß, zu dem, was man macht, ein Verhältnis zur Gesellschaft, zur Kultur, ein Verhältnis zu den anderen auch – etwas, was man die Haltung der Kritik nennen könnte.“ 85
Für Horkheimer besteht die wahre gesellschaftliche Funktion der Philosophie in der Kritik des Bestehenden. 86 Nimmt man das beim Wort, ist die Systemtheorie kritischer Prägung nicht bloße Sozialtechnologie, nicht soziologische Fremdbeschreibung, nicht rechtstheoretische Selbstbeschreibung, sondern ein zutiefst philosophisches Unternehmen der Gesellschaftskritik. Für dieses Kritikprojekt gibt es keinen Standpunkt außerhalb der Gesellschaft, Kritik muss mit transzendentem Verweisungsüberschuss in der Immanenz ansetzen. Sie ist im Arkanum der Gesellschaft Haltung, Ein80 Siehe auch Bonacker Die normative Kraft der Kontingenz. Nichtessentialistische Gesellschaftskritik nach Weber und Adorno, 2000, 273 ff. 81 So die Formulierung von Buckel Zwischen Schutz und Maskerade – Kritik(en) des Rechts, in: Demirovic´ (Hrg.), Kritik und Materialität, 2009, i.E. 82 Christoph Menke (ders. Fn. 43, 107) entwickelt aus dieser Differenz den „politischen“ Begriff subjektiver Rechte, der auf die Idee eines Rechts auf Rechte und damit auf die Idee der Menschenrechte verweist. I.d.S. auch Steinhauer, der „Schmugglerpfade“ und „illegale Grenztransfers“ zwischen Systemen aufdeckt und ein Kombinat der „Politik der Wissenschaft der Religion der Kunst des Rechts der Gesellschaft“ für denkbar hält (ders. Derrida, Luhmann, Steinhauer. Über eine aktuelle Rhetorik, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 167 ff. (181)). 83 Zur Negativen Dialektik als „restituierende Gerechtigkeit“ Honneth Gerechtigkeit im Vollzug, in: ders., Fn. 5, 93 ff. 84 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 150. 85 Foucault Was ist Kritik?, 1992, 8. 86 Horkheimer Kritische Theorie der Gesellschaft, Bd. 2, 1968, 304; siehe auch ders. Traditionelle und Kritische Theorie, in: Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937), 245 ff.
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stellung und Widerstand, der „als Vermögen der Unterscheidung des Erkannten und des bloß konventionell oder unter Autoritätszwang Hingenommenen, […] eins [ist] mit Kritik, deren Begriff ja vom griechischen krino, Entscheiden, herrührt.“ 87 Da kein gesellschaftliches Gesamtsubjekt existiert, kein Standort außerhalb des Getriebes sich mehr beziehen lässt, von dem aus der Spuk mit Namen zu nennen wäre, ist der kritische Hebel an der eigenen Unstimmigkeit anzusetzen. 88 Der Hebel Kritischer Systemtheorie setzt insbesondere im Recht der Gesellschaft an. Anders als die hierarchisierende Totalitaritätsperspektive des neuzeitlichen Vernunftrechts (Kant), anders auch als die Immanenzkritik des Totalitaritätsdenkens (Kierkegaard) geht es Kritischer Systemtheorie Frankfurter Schule nicht darum, das „Recht im Unterschied“ (zu Vernunft) oder den „Unterschied in Rechtsentscheidungen“ zu denken, sondern radikalisierend die Formproduktion als politisch zu dechiffrieren und hier gesellschaftliche Grundwidersprüche neu zu thematisieren. Das gelingt, – und hier treffen sich die systemtheoretischen Analysen mit denen Christoph Menkes – wenn man den Streit um die Rechtsform selbst dekonstruktiv betrachtet; Normativität ist nicht nur eine Folie für enttäuschte Erwartungen, sondern die Recht-Fertigung selbst ist im Widerstreit. Die Differenz von Form und Herstellung der Form, von Form und Kraft ist Aspekt der Normativität: „Die Kraft, aus deren Entfaltung die Form hervorgeht, ist zugleich eine Forderung, die sich gegen die hervorgegangene Form richtet. Diese Forderung verlangt, dass die Form ihrem Anderen entspricht, dass sie ihm gerecht wird.“ 89 Rechtssystemkritik Frankfurter Schule nimmt diese normative Forderung, die sich im Recht in paradoxer Form gegen das Recht wendet und jenes über sich hinaus ins ständige Kommen der Alteritätsgerechtigkeit treibt, auf. Sie argumentiert mit Recht gerechtigkeitssuchend durch Recht hindurch und unterwirft sich den systemischen Anschlusszwängen, um sich ihrer zu befreien und dazu beizutragen, „daß der Bann sich löse.“ 90 In diesem Sinne lotet kritische Systemtheorie in einer ganzen Reihe von Arbeiten die Chancen einer sozialadäquaten, soziologisch informierten Rechtswissenschaft aus. Sie hat den Rechtsblick auf Netzwerke, 91 auf Regime-KolliAdorno Kritik, AGS 10/2, 785 ff. (785). Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (369); zu den hier bestehenden Gemeinsamkeit von Luhmann und Adorno: Breuer Fn. 24, 91 ff.; ders. Die Gesellschaft des Verschwindens, 1995, 65 ff.; Brunkhorst Die ästhetische Konstruktion der Moderne. Adorno, Gadamer, Luhmann, Leviathan, 1988, 77 ff.; Wagner Gesellschaftskritik und soziologische Aufklärung. Konvergenzen und Divergenzen zwischen Adorno und Luhmann, Berliner Journal für Soziologie, 2005, 37 ff. 89 Menke Fn. 43, 105. 90 Adorno Fn. 88, 369. 91 Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004; siehe auch Vesting Rechtstheorie, 2007, 67 ff. 87 88
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sionen, 92 auf kollidierende Organisationsprinzipien von Gesellschaft 93 und auf transnationale Matrices 94 gelenkt. Zwei Kritikmomente scheinen mir für das Recht besonders wichtig: (1) Wertkritik: Die rechtliche Reformulierung gesellschaftlicher Struktur- und Verteilungskonflikte in Werte- und Prinzipienkathedralen, die miteinander in praktische Konkordanz gebracht werden könnten, ist der inadäquate und juro-autoritäre Versuch, mit Gracians Formel des 12. Jahrhunderts die Gesellschaftskonflikte des 21. Jahrhunderts zu lösen. Diese Methode verfremdet die gesellschaftlichen Kämpfe im Recht zur Unkenntlichkeit. Sie ist zu ersetzen; insbesondere dadurch, dass man die Voraussetzungen dafür schafft, dass gesellschaftliche Autonomieräume gegeneinander abgesichert und im Wege einer experimentellen „Freiheit unter Auflagen“ gesellschaftliche Selbstregulierungen – wie bspw. bei der Tariffreiheit realisiert – ermöglicht werden. 95 (2) Etatismuskritik: Es ist nicht mehr nur die Politik, die gesellschaftliche Autonomieräume usurpiert. Von den großen Sozialsystemen – und darin begegnen sich Habermas These von der Kolonialisierung der Lebenswelt und Kritische Systemtheorie – gehen jeweils spezifische Gefahren aus, denen insbesondere durch die Einziehung von Responsivitätspflichten gegenüber der gesellschaftlichen Umwelt (Menschen, Systeme, natürliches Ökosystem) zu begegnen ist. 96 Wertkritik und Etatismuskritik überführt kritische Systemtheorie in konkrete Gegenmodelle, mit denen sie sich in den Kampf um (die) Sozialadäquanz des Rechts einmischt. Weil das Ganze das Unwahre ist, 97 muss, wer – so Teubner unter Bezug auf Adorno – „Chaos in die Ordnung“ bringen will, 98 das System von Innen aushebeln – um „endlich einmal in diesen Muff einen Funken zu bringen, der ihn möglicherweise doch explodieren lässt.“ 99
Fischer-Lescano/Teubner Regime-Kollisionen, 2006. Teubner/Fischer-Lescano Cannibalizing Epistemes: Will Modern Law Protect Traditional Cultural Expressions?, in: Graber (Hrg.), Traditional Cultural Expressions in a Digital Environment, 2009, i.E. 94 Teubner Fn. 19. 95 Fischer-Lescano Kritik der praktischen Konkordanz, KJ 2008, 166 ff.; siehe auch Ladeur Kritik der Abwägung, 2004, 9 ff. 96 Teubner/Korth Zwei Arten des Rechtspluralismus: Normkollisionen in der doppelten Fragmentierung der Weltgesellschaft, in: Kötter/Schuppert (Hrg.), Normative Pluralität ordnen, 2008, i.E. 97 Adorno Minima Moralia, AGS 4, 55. 98 Adorno ebd., 143: „In nuce. – Aufgabe von Kunst heute ist es, Chaos in die Ordnung zu bringen.“ Hierzu: Teubner Fn. 27, 23 und 31 und Wiethölter Zur Argumentation im Recht: Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe?,“ in: Teubner (Hrg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1994, 89 ff. (107). 99 Adorno Erziehung zur Mündigkeit, 1971, 133 ff., 137. 92 93
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5. Emanzipatorisches Ideal im „Verein freier Menschen“ „Stellen wir uns endlich, zur Abwechslung, einen Verein freier Menschen vor […]“ 100
Kritische Systemtheorie dekonstruktiver Art eruiert die Möglichkeitsbedingungen für die Realisierung des klassischen emanzipatorischen Ideals 101 und geht der Frage nach, wie Mündigkeit als Ausgang aus verdinglichten Verhältnissen, die für Adorno keineswegs naturwüchsig sind, sondern bloß noch Rückstand überholter historischer Entwicklung,102 möglich ist. Ausgangspunkt dieser Bemühung ist, dass die gesellschaftliche Einrichtung, unter der wir leben, nach wie vor heteronom ist, dass also „kein Mensch in der heutigen Gesellschaft wirklich nach seiner eigenen Bestimmung existieren kann.“ 103 In keinem Fall, so kann man die Arbeiten Kritischer Systemtheorie auf den Punkt bringen, sollte man die „Kühe aufblasen, um mehr Milch zu bekommen“ 104 und die weltgesellschaftlichen Fragen dem weltpolitischen System überantworten, das es dann nur noch zu weltrepublikisieren gälte. Politik als System, dieser Fetisch der Kollektivierung, ist Opium des Volkes, Institutionalisierung phantasmagorischer und uneingelöster Selbstzuständigkeitserklärungen. Stattdessen heißt die Utopie: Weltzivil(rechts)gesellschaft ohne Staat. Pax bukowina statt pax americana.105 Verein(e) freier Menschen. Daraus ergibt sich eine ganze Reihe konkreter Forderungen, deren Ziel es ist, in kritisch-emanzipatorischer Perspektive in den Institutionen und Praktiken der Wirklichkeit je den normativen Nucleus freizulegen, sich in den Kampf um die magnae chartae gegenüber transnationalen Matrices einzumischen und jeweils spezifische Organisations- und Menschenrechte zu entwickeln. Anders aber als im Modell der Gleichursprünglichkeit von politischen Partizipations- und Menschenrechten, geht es Kritischer Systemtheorie nicht um ein prozedurales Rechtfertigungsmodell, das in abstrakter Form die Bedingungen der universellen Zustimmungsfähigkeit von Normen untersucht, auch nicht um die Implementierung substanzieller und mit Hilfe von Ausgangsfiktionen in elitär-dezisionistischer Form gewonne-
Marx Das Kapital I , MEW 23, 92. Derrida Gesetzeskraft – Der ‚mystische Grund der Autorität‘, 1996, 60: „Nichts scheint mir weniger veraltet zu sein als das klassische emanzipatorische Ideal.“ 102 Adorno Philosophie und Lehrer (1962), in: ders., Erziehung zur Mündigkeit, 1971, 29 ff. (43). 103 Adorno Fn. 99, 144. 104 Luhmann Politik der Gesellschaft, 1999, 215. 105 Teubner Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, in: Rechtshistorisches Journal 15 (1996), 255 ff. 100 101
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ner Vorstellungen vom Gerechten,106 sondern um die Stabilisierung normativer Widerständigkeit in praxi.107 Mittels der Generalisierung und Respezifizierung der Funktion von Verfassung als evolutorische Errungenschaft sollen gesellschaftliche Konstitutionalisierungsprozesse unterstützt, stabilisiert und auf Dauer gestellt werden, deren Kernanliegen es ist, die gesellschaftlichen Institutionen sozial responsiv zu halten; 108 sei es durch unmittelbare Verpflichtung von Privaten auf Menschen- und Grundrechte,109 durch die Verpflichtung auf Umweltrechte,110 auf Tierrechte 111 und auf Institutionenrechte im Ridder’schen Sinn des Schutzes transpersonaler Freiheitsräume.112 Neben diesen polydirektionalen Abwehr-, Leistungs- und Zugangsrechten zur Solidaritätsverpflichtung 113 öffentlicher und privater Gewalten ist der Prozess der Rechtsgenerierung selbst zu vergesellschaften; nicht lediglich über eine paternalistische Humanisierung politischer Institutionen, die nicht judizierbare Akklamationsrechte an NGOs verteilen und deren Funktion in den Call-Centern und Focus-Points von Global Governance auf Widerstandseindämmung durch Einwicklung und Zermürbung zurechtstutzen, sondern in erster Linie durch originäre Zuweisung von Recht-Fertigungs- und Klage-Rechten: 114 zivilgesellschaftliche Rechtssetzung durch Skandalisierung; strukturelle Kopplung von Diskussion und Dezision in Entscheidungssituationen durch die zwingende und rechtlich zu strukturierende Etablierung von Kopplungen der heterarchischen und polyzentrischen, privaten und öffentlichen Organisations- und Spontanbereiche; die Rückgabe von Entscheidungen in gesellschaftliche Selbstregulierungsprozesse. Kurzum: Es geht um die Öffnung gesellschaftlicher Strukturentscheidungen für den demokratischen Prozess durch die Entwicklung weltgesellschaftlicher Verfassungsrechte, die die autonomiesichernden Potentiale in der globalen Zivilgesellschaft freilegen.115 106 Siehe jeweils die Kritik von Ingeborg Maus an Rawls und Habermas: dies. Der Urzustand, in: Höffe (Hrg.), John Rawls. Eine Theorie der Gerechtigkeit, 1999, 71 ff. und dies. Freiheitsrechte und Volkssouveränität, in: Rechtstheorie 26 (1995), 507 ff. 107 Teubner Die Erblast, Zeitschrift für Rechtssoziologie 2008, 3 ff. (3). 108 Zur Bedeutung der Subjektivierungsformel des Rechts in diesem Zusammenhang Menke Fn. 43, 81 ff. 109 Teubner Fn. 19, 161 ff. 110 Teubner/Fischer-Lescano Fn. 93. 111 Teubner Elektronische Agenten und große Menschenaffen: Zur Ausweitung des Akteursstatus in Recht und Politik, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 27 (2006), 5 ff. 112 Hierzu Fischer-Lescano/Christensen Das Ganze des Rechts, 2007, 287 ff. 113 Zur solidarischen Ökonomie siehe Demirovic´ Demokratie in der Wirtschaft, 2007, 273 ff. 114 Hierzu Wiethölter Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: Joerges/Teubner (Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 ff. 115 Teubner Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft, in: Simon/Weiss (Hrg.), Zur Autonomie des Individuums, 2000, 437 ff.;
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Das Kernanliegen Kritischer Systemtheorie ist die Instaurierung weltgesellschaftlicher Selbstbestimmungsverhältnisse und besteht im Aufbrechen von Stratifikationsmustern der gesellschaftlichen Institutionen. Der systemtheoretische Gedanke der Verpflichtung sozialer Systeme auf soziale Responsivität ist hier durchaus parallel zu dem Konzept der Mimesis in der Kritischen Theorie, radikalisiert dies aber durch die Forderung, dass die Möglichkeitsbedingungen dafür zu schaffen sind, dass nicht nur das Kunstsystem als „Organ der Mimesis“ 116 fungiert. Vielmehr müssen die Weltordnungen der sozialen Systeme ein mimetisches Verhältnis zur außersystemischen Realität einnehmen. „Transzendenz in der Wirklichkeit erscheinen zu lassen, d. h. die Negation des Bestehenden in der Mimesis des Bestehenden“,117 ist dann nicht nur Aufgabe der Kunst, sondern aller sozialen Systeme, die so eingerichtet sein müssen, dass „das Subjekt, auf wechselnden Stufen seiner Autonomie, sich zu seinem Anderen, davon getrennt und doch durchaus nicht getrennt“, stellen kann.118 Die Kultivierung der Ästhetik des Widerstands 119 ist, so kann man kritische Systemtheorie zusammenfassen, kein Spezifikum des Kunstsystems, sondern es ist darum zu tun, die widerständigen Praxen in Normierungen abzusichern, Spontaneitätsbereiche freizuhalten und der Idee der demokratischen Organisation gesellschaftlicher Institutionen, Organisationen, Netzwerke zur Durchsetzung zu verhelfen.120 Demokratisierung und Gewährleistung der sozialen Responsivität gesellschaftlicher Institutionen von Wirtschaft, Recht, Religion etc. ist das Programm,121 das keiner der eingerichteten und ausgeübten Institutionen Bestandsschutz gewähren kann. Gegen Tendenzen wohlgeordneter Selbstkontinuierung der postmodernen Gesellschaft spielt die Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule wie auch die Kritische Theorie vielmehr „ihre Präferenz für Unordnung, Revolte, Abweichung, Variabilität und Veränderung aus. Sie protestiert im Namen der Gesellschaft, der Menschen und der Natur – doch sie tut dies aus dem inneren Arkanum […] heraus. Subversive Gerechtigkeit ist [ihr] der Stachel im Fleisch. Meuterei auf der Bounty – dies ist die Botschaft“.122 ders. Fragmented Foundations: Societal Constitutionalism Beyond the Nation State, in: Dobner/Loughlin (Hrg.), The Twilight of Constitutional Law, 2009, i.E. 116 Adorno Fn. 70, 169; ferner: Horkheimer/Adorno Fn. 39, 205; hierzu Gebauer/Wulf Mimesis, 1992, 389 ff. und Metscher Mimesis, 2. Aufl., 2004, 17 ff. 117 Marcuse Kunst und Befreiung, Nachgelassene Schriften 2, 2000, 138. 118 Adorno Fn. 70, 86. 119 Weiss Die Ästhetik des Widerstands, Bd. 1–3, 1978–1981. 120 Teubner Was kommt nach dem Staat?, in: Wissenschaftskolleg, Köpfe und Ideen, 2008, 36 ff. (40), abrufbar (14. 09. 2008) über www.wissenschaftskolleg.de; siehe schon Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978. 121 Fischer-Lescano/Teubner Fn. 92, 53 ff. 122 Teubner Fn. 27, 21.
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„Eine Entscheidung zu fällen ist entgegen der landläufigen Meinung eine der einfachsten Entscheidungen der Welt, wie die Tatsache, dass wir den lieben langen Tag nichts anderes tun, als Entscheidungen anzuhäufen, eindeutig belegt, doch danach, und das ist der springende Punkt, ziehen sie all diese typischen Problemchen nach sich, oder, damit wir uns richtig verstehen, diese Rattenschwänze, wobei mit dem ersten Schwanz unsere Fähigkeit gemeint ist, zu den Entscheidungen zu stehen, und mit dem zweiten unser Wille, sie umzusetzen.“ José Saramago, Der Doppelgänger (2002).
I. Das Gespenst der Unentscheidbarkeit Seit Jacques Derridas Dekonstruktionen der mystischen Kraft von Gesetzen kennt jeder Entscheidungsarbeiter das Gespenst der Unentscheidbarkeit, das jeder Entscheidung wesentlich innewohne.1 In der Jurisprudenz, in der laufend alles entschieden werden muss, gehören derlei Geisterbeschwörungen mittlerweile zum guten Ton. Den rechtsmethodologischen Aufklärungsleistungen der Gegenwart bescheren sie eine neue Bestätigung für einen alten Befund: richterliche Gesetzesbindung ist nicht mehr als politische Fiktion und juristisches Gespinst. 2 Das Feld der Aufklärer, lange Zeit von der stilistischen Dürre sprachwissenschaftlicher und erkenntnistheoretischer Forschungen geplagt, erfreut sich am lebendigen Treiben der Gespenster, am Drama 3, der Tragödie 4, dem Wahnsinn 5, der Gewalt 6, der Paradoxie 7 des richterlichen Entscheidens. Übertriebene Forderungen an Voraussehbarkeit und Rationalität juristischer Urteilskraft lassen sich mithilfe des paradoxen Entscheidungsspuks elegant zurückweisen: sein theoreVgl. Jacques Derrida Gesetzeskraft: der „mystische Grund der Autorität“ (1996), S. 50 f. Siehe statt aller Dieter Simon Die Unabhängigkeit des Richters (1975), S. 68 ff. 3 Vgl. Cornelia Vismann Das Drama des Entscheidens, in: dies./Weitin (Hg.), Urteilen/ Entscheiden (2006), S. 91 ff. 4 Vgl. Marie Theres Fögen Die Tragödie des Entscheidens, in: Ancilla Iuris 2007, 42 ff. 5 Vgl. Rainer Maria Kiesow Das Alphabet des Rechts (2004), S. 271 ff. 6 Vgl. Jacques Derrida Gesetzeskraft: der „mystische Grund der Autorität“ (1996), S. 10 f. 7 Vgl. Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 228 ff. 1 2
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tisches Potential reicht spielend aus, um allerletzte Restbestände blinden Subsumtionsdenkens in den eigenen Reihen zu beseitigen; seine philosophische Autorität wiederum garantiert, dass von außen an das Recht herangetragene Rationalitätsanmaßungen politisch unverdächtig abgewehrt werden können. Die Beschwörung der Paradoxie als der „Orthodoxie unserer Zeit“ 8 erlebt in der juristischen Grundlagendiskussion daher eine neue Blüte. 9 Zugleich aber ruft das Geraune von Unentscheidbarkeit, Unbegründbarkeit und Unbestimmbarkeit auch Wiedergänger ans Licht, die man im Dunkel der Geschichte verschwunden gehofft hatte. Im unübersichtlichen Treiben von Gespenstern und Paradoxien erhebt wieder einmal der alte Kronjurist sein Haupt; und so sieht sich mancher Geisterbeschwörer unversehens zur wortreichen Distanzierung vom Gespenst des Dezisionismus genötigt.10 Gunther Teubner hat sich durch dieses spukhafte Geschehen nie von der Auseinandersetzung mit den Paradoxien des Rechts abschrecken lassen. Anschließend an Luhmann, Derrida, Wiethölter nimmt er entschieden für den Paradigmenwechsel hin zu einer paradox-zirkulären Beschreibung von Recht und Gesellschaft Stellung, ohne dabei aber im „resignativen Pathos der Dekonstruktion“ zu versinken; das „eigentliche Faszinosum“ der Paradoxien liegt für ihn „in den produktiven Möglichkeiten des Umgangs mit ihnen“ 11. Zu dezisionistischen Ansätzen wahrt er dabei Distanz, denn für Teubner ist klar, dass im produktiven Umgang mit Rechtsparadoxien „juristische Argumentation den Konflikt zwar nicht entscheidet, aber dennoch Entscheidendes bewirkt“ 12. Seinen Kritikern, welche angesichts der Beschäftigung mit der Paradoxie des Entscheidens die Verantwortungsübernahme für die Entscheidung und ihre Begründung gefährdet sehen,13 ist Teubner damit den entscheidenden Schritt voraus. Dennoch wird gerade der systemtheoretisch inspirierten Niklas Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft (1990), S. 30. Vgl. etwa Jean Clam Die Grundparadoxie des Rechts und ihre Ausfaltung, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2000), 109. Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxologie, in: Brugger/Neumann/Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008), S. 72, 80, spricht von einer „beispiellosen Paradoxieneuphorie“. Schon deutlich früher zeichnen sich ähnliche Entwicklungen in den USA ab, siehe etwa George P. Fletcher Paradoxes in Legal Thought, in: Columbia Law Review 85 (1985), 1263; resümierend Jack M. Balkin Deconstructive Practice and Legal Theory, in: Yale Law Journal 96 (1987), 743. 10 Siehe etwa Ralph Christensen/Hans Kudlich Theorie richterlichen Begründens (2001), S. 124; ähnlich Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 227. 11 Gunther Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joerges/Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht (2003), S. 25, 29. 12 Gunther Teubner/Peer Zumbansen Rechtsentfremdungen: Zum gesellschaftlichen Mehrwert des zwölften Kamels, in: ZfRSoz 21 (2000), 189, 196. 13 So deutlich Klaus Günther Kopf oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine vermeintlichen Paradoxien, in: Kiesow/Ogorek/Simitis (Hg.), Festschrift für Dieter Simon (2005), S. 255, 271 f. 8 9
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„Paradoxologie“ vorgeworfen, ihr gehe es darum, „die in der lebensweltlichen Praxis aufgehobenen normativen Potentiale zu neutralisieren“ 14. Die „kognitive Tristesse der Paradoxologie“ 15 sei damit im Grunde kulturpessimistisch geprägt und laufe Gefahr, anti-emanzipatorischen Strömungen das Wort zu reden – die Paradoxie als „die Giftblüte des Quietismus, das Schillern des faulig gewordenen Geistes, die größte Liederlichkeit von allen“, wie schon der Aufklärer Settembrini im Zauberberg empört feststellt. Dies trifft sich mit einem allgemeinen Vorbehalt gegen die Luhmannsche Systemtheorie, die ja vielfach als gleichsam rechtshegelianische Rechtfertigung gesellschaftlicher Wirklichkeiten gelesen wird.16 Jedenfalls im Hinblick auf die vermeintliche Paradoxiefixiertheit der Systemtheorie scheint diese Kritik jedoch in weiten Teilen auf einem Missverständnis zu beruhen. Zwar wird Niklas Luhmanns Rede von der „Paradoxie des Entscheidens“ 17 für dekonstruktivistische Séancen ebenso in Anspruch genommen wie für deren dezisionistische Entzauberung. Luhmanns Position, die zur Charakterisierung der Entscheidungsparadoxie an Heinz von Foerster anschließt („only those questions that are in principle undecidable, we can decide“ 18), entzieht sich aber beiden Lesarten. Die Paradoxie des Entscheidens bezeichnet in der Systemtheorie Luhmannscher Prägung nämlich nicht den End- sondern nur den Ausgangspunkt einer Entscheidungstheorie, die in Luhmanns Werk allerdings ausdrücklich fragmentarisch bleibt.19 Luhmann ist dabei weniger daran gelegen, Kritik am Regelbegriff im Allgemeinen oder der juristischen Methodenlehre im Besonderen zu üben, als vielmehr daran, der praktischen Bewältigung von Paradoxien nachzuspüren. Denn in der sozialen Praxis führen Paradoxien niemals in die Aporie, sondern werden im Gegenteil gerade durch die Versuche, sie zu verdecken, zum „kreativen Prinzip“ 20. Einige Facetten dieses kreativen Prinzips möchten wir im Folgenden aufzeigen. 14 Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxologie, in: Brugger/ Neumann/Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008), S. 72, 85. 15 Ebd., S. 84. 16 Dieser Vorwurf grundlegend bei Jürgen Habermas Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie? Eine Auseinandersetzung mit Niklas Luhmann, in: ders./Luhmann (Hg.), Theorie der Gesellschaft (1972), S. 142, wo es heißt, Luhmanns Theorie verpflichte sich uneingestanden „auf herrschaftskonforme Fragestellungen, auf die Apologie des Bestehenden um seiner Bestandserhaltung willen“; siehe dazu Luhmanns Replik, ebd., S. 291, insb. 398 ff. 17 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), 287. 18 Heinz von Foerster Ethics and Second-Order Cybernetics, in: Stanford Humanities Review 4 (1995), 308, 313. 19 Vgl. Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 307: „Es würde den Rahmen einer Untersuchung des Rechtssystems sprengen, wollte man hier eine ausgearbeitete Entscheidungstheorie einfügen“. 20 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 170.
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II. Buridans Esel und die zwei Heuballen Ein etwas laxer Umgang mit dem Begriff der Paradoxie ist Luhmann oft zum Vorwurf gemacht worden21 – nicht ganz unberechtigt. Die „Paradoxie des Entscheidens“ beschreibt bei Luhmann eigentlich zwei unterschiedliche Sachverhalte, deren paradoxe Struktur nicht gleichermaßen leicht erkennbar ist. Verhältnismäßig einfach ist der zweite Teil des Problems: jede Entscheidung zwischen gleichwertigen Alternativen droht in die Paradoxie zu führen. Denn wer wählen muss, steht da wie Buridans Esel: in der exakten Mitte zwischen zwei identischen Heuballen droht dem Tier der Hungertod, weil eine rationale Entscheidung zugunsten einer Alternative unmöglich ist. Und eben deshalb ist eine Entscheidung überhaupt erst möglich: wo eine Alternative schon aus sich heraus näherliegend, höherwertig, überlegen ist, bedarf es keiner Entscheidung sondern allenfalls einer – mehr oder weniger langwierigen – Errechnung. 22 Die Bedingungen der Unmöglichkeit sind zugleich die Bedingungen der Möglichkeit – ein klassisches Paradox. Allerdings stellt dieses Paradox nur eine Seite des Problems dar; in seinem Schatten liegen die beiden Heuballen. Die Entscheidung für oder gegen eine Alternative setzt schließlich voraus, dass es überhaupt Alternativen gibt. Alternativen sind jedoch selbst bereits Produkt von (Vor)Entscheidungen, die sich dem Bereich des aktuell Entscheidbaren aber gerade entziehen. „Man kann sich nicht für das ‚oder‘ entscheiden“, 23 formuliert Luhmann in der ihm eigenen Aphoristik. Bereits die Herstellung von Entscheidungsalternativen ist also eine Entscheidung, liegt aber im blinden Fleck jeder weiteren Entscheidung und bleibt daher unsichtbar. Die Vorentscheidung ist „das durch die Alternativität der Alternative ausgeschlossene Dritte“ und paradox insofern, als in ihr die Einheit derjenigen Differenz liegt, welche die zugrunde liegende Alternativität überhaupt erst konstituiert. 24 Auf dieser Ebene erscheint das Problem zugleich als eines der zeitlichen Struktur des Entscheidens. Die Konstitution der Entscheidungsalternativen verwirklicht sich nämlich erst auf der für sich selbst unsichtbaren Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft: Sie wird genau in dem Moment aktuell, in dem sie durch die Entscheidung bereits wieder aufgelöst wird. Sofern die juristische Grundlagendiskussion das Gespenst der paradoxen Entscheidung in Dienst nimmt, ist aber meist nicht von den Heuballen, sondern nur von Buridans Esel die Rede. Die Konstitution der Alternativen da21 Zweifelnd in Bezug auf die Paradoxie des Entscheidens Günther Ortmann Organisation und Welterschließung. Dekonstruktionen (2008), S. 145 ff. Generelle Kritik an Luhmanns Paradoxiebegriff bei Klaus F. Röhl Allgemeine Rechtslehre (2001), S. 85 f. 22 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), 287, 289. 23 Ebd. 24 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 308.
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gegen – der blinde Fleck des Entscheidens – liegt im toten Winkel des Interesses. Damit allerdings wird die Paradoxie des Entscheidens erheblich marginalisiert: Sie erscheint in dieser Fassung lediglich als weitere Variation der endlosen Versuche, einen naiven Regeldeterminismus zu widerlegen. Dass damit freilich nur noch offene Türen eingerannt werden können, belegt bereits die höchstrichterliche Anerkennung „willenhafter Elemente“ 25 in der richterlichen Entscheidungstätigkeit. 26 Als Problem der Regelbindung taucht die Paradoxie des Entscheidens bei Luhmann daher auch nur am Rande auf: Das Wesen der Entscheidung liegt für ihn darin begründet, dass diese sich „durch die Vergangenheit nicht determinieren“ lässt. 27 In der rechtlichen Praxis sorgt hingegen schon das Verbot der Justizverweigerung dafür, dass das Paradox von Buridans Esel nicht zum Problem wird. Alle Rechtsfragen müssen beantwortet werden, ganz gleich wie gut begründet eine andere Antwort wäre, die sich ja nie auf „Ungründe“, sondern immer auf (womöglich gleichwertige) „Gegengründe“ stützt. 28 Genau wie Buridans Esel tatsächlich keineswegs verhungert, 29 entscheidet sich so auch der Richter für die eine oder die andere Alternative, selbst wenn sie in jeder relevanten Hinsicht gleichwertig sind.
III. Alternativität durch Verfahren Wie aber kommen diese Alternativen überhaupt erst zustande? Anders als für Buridans Esel präsentiert sich die Welt für den Richter ja nicht von selbst in Alternativen. Vielmehr wird jene Alternativität von Entscheidungsmöglichkeiten, welche die Entscheidung erst ermöglicht, im Gerichtsverfahren durch die Interaktion aller Beteiligten hergestellt. Dem Einsatz der Parteien kommt dabei erhebliche Bedeutung zu. Zwar bleibt es letztendlich dem Richter überlassen, aus dem vorgetragenen Material einen BVerfGE 34, 269, 293. Dass diese Türen eigentlich noch nie verschlossen waren, hat grundlegend Regina Ogorek Richterkönig oder Subsumtionsautomat? Zur Justiztheorie im 19. Jahrhundert (1986), gezeigt. 27 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), 287, 291. Siehe dazu auch Michael Pawlik Die Lehre von der Grundnorm als eine Theorie der Beobachtung zweiter Ordnung, in: Rechtstheorie 25 (1994), 451, 458. 28 Marie-Theres Fögen Schrittmacher des Rechts, in: FS Kramer (2004), S. 3, 4; zum Justizverweigerungsverbot siehe außerdem Niklas Luhmann Gerechtigkeit in den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft (1973), in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts (1999), S. 374 insb. 410–416; Ekkehard Schumann Das Rechtsverweigerungsverbot. Historische und methodologische Bemerkungen zur richterlichen Pflicht, das Recht auszulegen, zu ergänzen und fortzubilden, in: ZZP 81 (1968), 79. 29 Vgl. Günther Ortmann Organisation und Welterschließung. Dekonstruktionen (2008), S. 145 ff. 25 26
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subsumtionsfähigen Sachverhalt zu konstruieren. Aber die Reduktion und Konstruktion dessen, was der Entscheidung zugrundeliegen soll, 30 enthält bereits wichtige Weichenstellungen im Hinblick auf die später zu treffende Entscheidung. 31 Diese Weichenstellungen sind wiederum von Grundsatzentscheidungen abhängig, welche dem Entscheider selbst entzogen sind. Rechtliche Entscheidungen ergehen nur auf Anfrage: Ohne Kläger wird kein Gericht tätig, ohne Antrag gibt es kein Urteil (§§ 253, 308 ZPO ). 32 Die Konstruktion von Entscheidungsalternativen ist damit innerhalb der juristischen Auseinandersetzung weitgehend Sache der Parteien. Das Prozessrecht überlässt es ihnen, im verfahrensmäßigen Für und Wider den Innenraum des Entscheidens zu schaffen, in dem der Richter überhaupt erst tätig werden kann. Die Paradoxie, dass jede Entscheidung eine andere Entscheidung voraussetzt – nämlich die Entscheidung, sich zwischen bestimmten Alternativen zu entscheiden – wird also im institutionellen Rahmen des Gerichtsverfahrens durch den Verfahrensablauf und die Rollenverteilung der Verfahrensbeteiligten zeitlich wie personell entfaltet. 33 Wie wesentlich die Unentscheidbarkeit der richterlichen Letztentscheidung auch anhaften mag: Das „Oder“ verschwindet im Verfahren und verhindert dadurch, dass über das Gespenst der Unentscheidbarkeit das Schreckgespenst des Dezisionismus Einzug in die Gerichtssäle halten kann. Für Willkür lässt die Abhängigkeit von vorgängig erarbeiteten Alternativen keinen Raum. Insofern ist nicht verwunderlich, dass die Geburt des Rechtsstaats von der flächendeckenden Verbreitung der Maxime iura novit curia begleitet wurde: 34 Die Parteien durften sich auf die Herbeischaffung von Fakten kon30 Siehe dazu die Beiträge in Nikolaus Forgó/Birgit Felder (Hg.), Norm und Entscheidung. Prolegomena zu einer Theorie des Falls (2000). 31 Dieses dialektische Verhältnis von Sachverhalt und Norm gehört spätestens seit Engischs Hin- und Herwandern des Blickes zum Gemeingut der juridischen Methodenlehre – allerdings mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Larenz etwa differenziert zwischen dem Sachverhalt als Geschehnis und dem Sachverhalt als Aussage (Methodenlehre, 1991, S. 278 ff.) und hält an einem Kern von rohen Fakten fest. Heftige Kritik daran übt etwa Grasnick, der zu einer konstruktivistischen Sachverhaltslehre gelangen möchte; siehe Walter Grasnick Das Recht der Zeichen – im Zeichen des Rechts, in: Simon/Stegmaier (Hg.), Fremde Vernunft. Zeichen und Interpretation IV (1998), S. 194 ff. 32 Dazu Baumbach/Hartmann ZPO (66. Auflage 2008), Grundz § 128 Rn. 18 ff. 33 Zur Paradoxieauflösung durch Kontextualisierung siehe auch Klaus Günther Kopf oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine vermeintlichen Paradoxien, in: Kiesow/Ogorek/ Simitis (Hg.), Festschrift für Dieter Simon (2005), S. 255, 273 und daran anschließend Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxologie, in: Brugger/ Neumann/ Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008), S. 72, 87 f. 34 Siehe zur Ausbreitung des Grundsatzes iura novit curia Oestmann Die Grenzen richterlicher Rechtskenntnis, in: Colloquia Academica (1999), 37, sowie ders. Rechtsvielfalt vor Gericht. Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich (2002).
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zentrieren, ihre Anträge stellen und im Übrigen darauf vertrauen, dass die zugehörige Rechtslage amtsseitig ermittelt werde. Umgekehrt erklärt sich daraus auch, dass die hoheitliche Mitwirkung an der Herstellung von Entscheidungsalternativen immer den Versuch bedeutet, das Recht zugunsten der Politik zurückzudrängen – welche Motive auch immer sich dahinter verbergen mögen. 35 Um im Verfahren ihre je eigene Alternative maßgeblich werden zu lassen, tauschen die Parteien Argumente und Gegenargumente, Anträge, Repliken, Dupliken. Dieser Austausch ist potentiell unabschließbar: ein „massenhaftes und gleichzeitiges Geschehen in einem komplexen System – ohne klare Linienführung, mit Clusterbildungen anhand bestimmter Texte, aber ohne Hierarchiebildung und ohne Teleologie, bezogen auf das Gesamtsystem“ 36. Das Verfahren soll die Entscheidung beeinflussbar machen und sie zugleich offen halten. Denn entscheiden kann trotz allem nur der Richter. Mit Joseph Vogl ließe sich das Gerichtsverfahren daher als eine institutionalisierte Form des Zauderns kennzeichnen. 37 Ein Ende findet dieses Zaudern erst in der richterlichen Entscheidung. Sie überführt die vorläufige Mehrdeutigkeit des Verfahrens in die Eindeutigkeit des Urteils.
IV. Im Hinterzimmer der Entscheidung Diese Transformation ist von einer deutlichen Zäsur gekennzeichnet. Räumlich wie zeitlich wird sie dadurch sichtbar, dass die Richter sich vor ihrer Entscheidung zur Beratung aus der Öffentlichkeit des Verfahrens zurückziehen. Das Beratungszimmer als einen „grundsätzlich … nicht öffentlich zugänglichen Raum“ 38 dürfen außer den Richtern selbst nur deren Referendare und wissenschaftliche Hilfskräfte betreten (§ 193 GVG ), Beratung und Abstimmung unterliegen der Geheimhaltungspflicht (§§ 43, 45 Abs 1. S. 2 DRiG ), jede Meinungsverschiedenheit verschwindet im Gesamtbeschluss. 39 Der Akt des Entscheidens wird bewusst zum Arka35 Vermutlich liegt darin auch einer der Gründe, warum Luhmanns Rechtssystem ohne das Stichwort „Strafrecht“ auskommt. Siehe zur Entstehung der Staatsanwaltschaft in Preußen Peter Collin Die Geburt der Staatsanwaltschaft in Preußen (2001), bei http://www.forhistiur.de und ausführlicher ders. ‚Wächter der Gesetze‘ oder ‚Organ der Staatsregierung‘? (2000). 36 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 376. 37 Vgl. Joseph Vogl Über das Zaudern (2007), S. 57 ff. 38 Zöller/Gummer ZPO (26. Aufl. 2007), § 193 GVG Rn. 1. 39 Siehe dazu etwa Günther Schmidt-Räntsch Gegenstand, Sinn und Grenzen des Beratungsgeheimnisses, in: JZ 1958, 329, 331: „Das Urteil des Kollegiums – obwohl eine Mehrheitsentscheidung – tritt als einheitliche Entscheidung in die Außenwelt. Das Kollegium wird nicht als die Zusammenfassung mehrerer Einzelrichter, sondern gleichsam als eine von den einzelnen Richtern losgelöste eigene Rechtspersönlichkeit begriffen“.
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num gemacht, er bleibt für die Verfahrensbeteiligten gänzlich unsichtbar. 40 Die Dogmatik des Gerichtsverfassungsrechts sucht die Gründe für diese Invisibilisierung in der Würde des Richteramtes und der Unabhängigkeit des Richterspruchs. Für Erstere werden ernste Einbußen befürchtet, sollte die Außenwelt das jedem Urteil zugrunde liegende Einerseits und Andererseits zu Gesicht bekommen; 41 Letztere soll durch die Unbefangenheit des Richters gewährleistet werden, die bereits durch „das Bewusstsein der bloßen Möglichkeit, … über Beratung und Abstimmung dritten Personen Rede und Antwort stehen zu müssen“, gefährdet erscheint. 42 Im entscheidenden Moment genießt der Richter daher den bestmöglichen Schutz vor Einwirkungen durch Parteien und Öffentlichkeit. Dass diese Gründe mit der Ausbreitung des demokratischen Rechtsstaats nicht Schritt halten konnten, hat sie seit längerem zum Gegenstand liberaler Justizkritik gemacht 43. Inwieweit diese Kritik gerechtfertigt ist, kann hier offen bleiben. Das Privatissimum des Beratungszimmers ist nämlich nicht darauf angewiesen, sich hinter nebulösen Großwörtern wie „Würde des Richteramtes“ zu verstecken. Vielmehr entspringt die scheinbar irrationale Choreographie der richterlichen Entscheidung durchaus rationalem Kalkül: Nur die Offenheit der konkreten Entscheidung motiviert die Parteien dazu, ihre Streitigkeiten gerichtlich beizulegen. Ihre Beteiligung am Gerichtsverfahren erklärt sich daraus, dass ihnen die Konstitution der Entscheidungsalternativen zwar weitgehend überlassen bleibt, nicht aber die Entscheidung selbst. Diese bleibt bis zuletzt im Ungewissen und garantiert dadurch beiden Seiten die „Gleichheit der Chance, befriedigende Entscheidungen zu erhalten“. 44 Der Eigenwert der Entscheidungsparadoxie liegt im Schutz dieses mit funktionalisierter Unsichtbarkeit arbeitenden Settings. Das wird deutlich, wenn man sich von der alteuropäischen Annahme abwendet, „dass Verfahren der Entdeckung von Wahrheit dienen“ 45. Verfahren erarbeiten den Ausschluss von Möglichkeiten und integrieren diese Selektionsleistungen so weit in die Verfahrens-Geschichte der einzelnen Teilnehmer, dass diese gezwungen sind, den Ausgang des Prozesses auch dann als
40 Er muss sogar unsichtbar sein; eine unterbliebene Beratung kann in der Revision gerügt werden ( RGSt 42, 85, 86 f.). 41 Dazu Manfred Wolf Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige (1987), S. 169 f. 42 RGSt 26, 202, 204 (1894). Zu den Folgen für die Zurechnung einer Rechtsbeugung vgl. jüngst C. Strecker, Das Rechtsbeugungsprivileg, in: Betrifft Justiz 2008, 377. 43 Siehe bereits P.J.A. von Feuerbach Betrachtungen über die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Gerechtigkeitspflege I (1821), S. 130–146; C.J.A. Mittermaier Der gemeine deutsche bürgerliche Prozeß I (1838), 126 f.; außerdem Rudolf Wassermann Der politische Richter (1972), S. 93; Marie Theres Fögen Der Kampf um Gerichtsöffentlichkeit (1974), S. 120 f. 44 Niklas Luhmann Legitimation durch Verfahren (4. Aufl. 1997), S. 30. 45 Ebd., S. 23.
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maßgeblich zu akzeptieren, wenn er für sie ungünstig ist. 46 Dabei wird die Paradoxie des Entscheidens bewusst instrumentalisiert. Die Entscheidung wird im Verfahren als „Mysterium“ 47 inszeniert, weil anders der Legitimationsanspruch des Gerichtsprozesses nicht eingelöst werden könnte. Selbst das bereits beschlossene Urteil ist bis zur Verkündung „nur eine innere Angelegenheit des Gerichts“. 48 Für die Dauer des Verfahrens müssen alle Beteiligten die Ungewissheit des Ausgangs voraussetzen – „neben Anfang und Ende und Aktenzeichen die einzige Invariante“ innerhalb des Prozesses. 49 Nur aufgrund dieser Ungewissheit unterwerfen sich die Parteien den Codewerten Recht/Unrecht. Voraussehbarkeit des Urteils hieße ja, dass eine Partei von vornherein im Unrecht wäre, für sie gäbe es keine Rechts- sondern bloß Unrechtssicherheit. Anders gesagt: Der Rechtsweg verspricht zwar Rechtssicherheit, aber nur um den Preis der Rechtsunsicherheit. 50
V. Beobachtung Das Gerichtsverfahren eröffnet dem Gespenst der Unentscheidbarkeit damit bewusst Raum zur Entfaltung. Mit dem Beratungszimmer steht ihm ein umgrenzter Ort zur Verfügung, an dem es sein Unwesen treiben kann – und sogar muss, um die Verfahrensbeteiligten dazu zu bewegen, „das wilde Denken außerhalb des Rechts“ 51 überhaupt erst in die wohlgeordnete Form des „Entweder-Oder“ zu bringen. Die Konstitution von Entscheidungsalternativen und die Entscheidung selbst stehen demnach zueinander in einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit: Erst die Aussicht auf Entscheidung ermöglicht die Alternativität der Alternativen, und erst ihre Alternativität ermöglicht eine Entscheidung. Dieser Zusammenhang wird unterbrochen, sobald die Entscheidung ergeht. Innerhalb des gerichtlichen Verfahrens stellt die Entscheidung damit einen Fremdkörper dar. Während der gesamte Verfahrensablauf darauf abzielt, kommunikative Anschlussfähigkeit zu garantieren, dient die Entscheidung ganz im Gegenteil dem bewussten Abbruch rechtlicher Kommunikation.52 Dazu ebd., inbes. S. 23 ff., 32 ff. Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 229; genauso schon Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), 287, 288. 48 Kurt Schellhammer Zivilprozess (12. Aufl. 2007), Rn. 729. 49 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 209. 50 Siehe zu Rechtssicherheit, Unrechtssicherheit und Rechtsunsicherheit die Überlegungen bei Niklas Luhmann Gerechtigkeit in den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft (1973), in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts (2. Auflage 1999), S. 374, 413. 51 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 368. 52 „Die Daseinslage zwingt zu Verkürzungen. Die an sich endlose Interpretation der Welt oder der Texte muß abgebrochen werden“, meint Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 312, dazu. 46 47
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Sie versetzt sich radikal in die Gegenwart, ver-gegenwärtigt sich gewissermaßen selbst. Dadurch erst kann sie „das Nicht-mehr-Änderbare zur Vergangenheit und das Noch-Änderbare zur Zukunft gerinnen lassen und die gleichzeitige Welt in die Form einer gegebenen Alternative bringen“53. In den Begriffen der Systemtheorie lässt sich dieser Vorgang als Wechsel von Beobachtungsebenen kennzeichnen. Das gerichtliche Verfahren operiert grundsätzlich im Modus der Beobachtung zweiter Ordnung: Im Widerstreit der Argumente wird beobachtet, wie andere Beobachter das Recht beobachten, d. h. Präjudizien werden herangezogen, Autoritäten zitiert, Kommentierungen kommentiert. Dieses Spiel ist jedoch dann zu Ende, wenn das Richterkollegium den Sitzungssaal verlässt und sich zur Beratung zurückzieht. Die Entscheidung verlässt damit zugleich das argumentative Kontinuum des Verfahrens. 54 Sie stützt sich bewusst nur auf eine Beobachtung erster Ordnung, auf die Re-Konstruktion der Entscheidungsalternativen, die vom Entscheider bereits als gegeben vorausgesetzt werden, denn: „Man muss sich in der Welt orientieren, wenn man die Blicke irgendwohin richten will; und dafür genügt eine Beobachtung erster Ordnung.“ 55 Vor allem aber handelt es sich bei der Entscheidungsfindung um eine Beobachtung, die ihrerseits unbeobachtet bleibt – und bleiben muss. Denn würde der Akt des Entscheidens im Verfahren thematisiert, wären damit auch alle Alternativen wieder offen. Der Entscheidungsprozess der Richter im Hinterzimmer stellt deshalb auch selbst keine anschlussfähige Kommunikation dar. Zum Ausgangspunkt für weitere Kommunikation wird die Entscheidung vielmehr erst dadurch, dass anschließend „das Gericht“ in den Sitzungssaal zurückkehrt und verkündet, wie das im Namen des Volkes erkannte Urteil lautet. Augenscheinlich ist dies der Zeitpunkt, an dem die Entscheidung durch eine Beobachtung zweiter Ordnung wieder Teil des kommunikativen Miteinanders wird: Das Gericht beobachtet, wie die Richter (zuvor!) den Fall entschieden haben.
VI. Begründung Dieses kommunikative Miteinander ist allerdings nicht länger das des Verfahrens. Die Entscheidung hat den Kommunikationsfluss des Prozessgeschehens ja abgebrochen, im Verfahren ist das letzte Wort gesprochen. Dafür sucht die Entscheidung nun unmittelbar Anschluss an die Kommunikationen des Gesamtsystems Recht. Dies geschieht über die UrteilsbegrünEbd., S. 309. Thomas Wirtz Entscheidung. Niklas Luhmann und Carl Schmitt, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), S. 175, 184, spricht von interruptiver Fortsetzung und anschlussloser Aktion. 55 Niklas Luhmann Soziologie des Risikos (1991), S. 242. 53 54
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dung (§ 313 ZPO ). Die Begründung ist das darstellerische Zugeständnis an die Paradoxie des Entscheidens: Da sich weder aus den durch die Parteianträge dargebrachten Alternativen noch aus den gesetzgeberischen Vorgaben ein eindeutiges Resultat gewinnen lässt, muss das gefundene Ergebnis wenigstens begründet werden. Gründe sind notwendig, weil es die Entscheidung nicht ist. Entscheidungsgründe sind deshalb immer Zweifelsgründe.56 Sie signalisieren, dass die Entscheidung auch eine andere sein könnte. Denn vollständig gelingen kann eine Begründung nie: Sie müsste die getroffene Entscheidung als alternativlos und damit genaugenommen als unmöglich darstellen. Um Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Entscheidung gar nicht erst aufkommen zu lassen, behalf man sich deshalb lange Zeit damit, außer dem Tenor keine weiteren Bestandteile des Urteils zu veröffentlichen. Erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde es allgemein üblich, richterliche Erkenntnisse mit den sie tragenden Gründen auszustatten57 – womit aber zugleich die Kontingenz der Entscheidung coram publico dokumentiert war. Notwendig kann die Entscheidung jetzt nur erscheinen, wenn sie ihre Notwendigkeit aus dem argumentativen Zusammenhang des gesamten Rechtsdiskurses ableitet. 58 Was bisher Teil der Verfahrens-Geschichte war, wird in den Urteilsgründen in Rechts-Geschichte verwandelt. Nur dadurch kann dem Gebot formaler Gerechtigkeit entsprochen werden, gleiche Fälle gleich und ungleiche Fälle ungleich zu behandeln. „Redundanzerzeugung“ heißt das bei Luhmann lakonisch. 59 Redundanz lässt sich nicht nur durch Präjudizienargumentation, sondern auch – was für die kontinentaleuropäische Auslegungstradition bedeutsamer ist – durch die Kanonisierung bestimmter argumentativer Topoi, durch das „Bewahren und Wiederverwenden von Unterscheidungen“ 60 erreichen. Gerade die Formelhaftigkeit und Wiederholbarkeit der juristischen Sprache sind dabei notwendige „Bedin56 Diese Gleichsetzung schon bei Friedrich Carl von Savigny System des heutigen römischen Rechts VI (1847), S. 353. 57 Siehe dazu Stephan Hocks Gerichtsgeheimnis und Begründungszwang. Zur Publizität der Entscheidungsgründe im Ancien Régime und im frühen 19. Jahrhundert (2002); Rainer Sprung Die Entwicklung der zivilgerichtlichen Begründungspflicht, in: ders. (Hg.), Die Entscheidungsbegründung (1974), S. 43; Heinz Mohnhaupt Sammlung und Veröffentlichung von Rechtsprechung im späten 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland, in: FS Diestelkamp (1994), S. 403; Barbara Dölemeyer Entstehung und Funktion von juristischen Zeitschriften und Entscheidungssammlungen (Deutschland und Österreich), in: ZNR 28 (2006), 195. 58 Dies ist – meist unter dem Stichwort „Einheit der Rechtsordnung“ – ein beliebter Argumentationstopos; siehe etwa BVerfGE 8, 210, 221. Aus der Literatur klassisch Philipp Heck Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz (1932), S. 107; Karl Engisch Die Einheit der Rechtsordnung (1935), S. 70. 59 Vgl. Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 353 ff. 60 Ebd., S. 385.
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gung für die konsistente Koordination von Entscheidungen und in diesem Sinne Bedingung für Gerechtigkeit“. 61 Die „Kontingenzformel Gerechtigkeit“ 62 ist somit im Sinne eines genitivus obiectivus zu verstehen: Sie ist eine Formel, die Kontingenz verarbeitbar macht. Dies geschieht dadurch, dass die Rechtsanwendung „sich selbst im Kontext anderer Entscheidungen verortet“ 63. Die Entscheidungsbegründung muss also auf der Ebene einer Beobachtung zweiter Ordnung „beobachten, wie das Recht durch andere Beobachter beobachtet wird“ 64. Ähnliches hatte wohl Geisterseher Carl Schmitt im Sinn, der formuliert, eine Entscheidung könne sich dann als richtig ausweisen, wenn sie überzeugend darlege, dass ein anderer Richter „ebenso entschieden hätte, die Entscheidung also voraussehbar und berechenbar und eine in der Praxis gleichmäßige ist“ 65. In die gleiche Richtung weist auch Oliver Wendell Holmes’ Definition des Rechts als „the prophecies of what the courts will do in fact“66. Für die Entscheidungsbegründung heißt das jedenfalls, wie Schmitt zutreffend feststellt: „Die Praxis rechtfertigt sich also durch sich selber“. 67 Als Beobachtung zweiter Ordnung beschreibt die Entscheidungsbegründung die Entscheidung dazu als Teil eines Kontinuums von Präjudizien, in dem jede Entscheidung Prämisse ist für andere Entscheidungen. 68 In der Entscheidungsbegründung liegt damit auch der Auslöser für die operative Geschlossenheit der Urteilspraxis im Zentrum des Rechtssystems. Gründe führen niemals zurück zu den Anträgen der Parteien oder den Vorgaben der Gesetzgebung, im Gegenteil. Die Paradoxie des Entscheidens bewirkt, dass die Leerstelle zwischen Legislative und Lebenswelt nur noch von vorgängigen Operationen des Rechtssystems selbst eingenommen werden kann. Als die Rechtsprechung begann, die tragenden Gründe ihrer Urteile zu dokumentieren, wurde Gesetzes-Recht zu Richter-Recht. Dieses war in seinen Referenzen nicht länger „auf seine eignen Urteilssprüche, und auf die ihm bekannt werdenden Entscheidungen des höheren Gerichts in den Fällen, welche in früherer Instanz zu seiner Cognition gehört haben, beschränkt“. 69 Vielmehr konnte die Vielzahl der Entscheidungsmöglichkeiten von nun an
Thomas Osterkamp Juristische Gerechtigkeit (2004), S. 130. Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 218. 63 Ebd., S. 236. 64 Ebd. 65 Carl Schmitt Gesetz und Urteil (1912), S. 86. 66 Oliver W. Holmes The Path of the Law, in: Harvard Law Review 10 (1897), 460, 461. 67 Carl Schmitt Gesetz und Urteil (1912), S. 86. 68 Vgl. Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungs-Archiv 84 (1993), 287, 289. 69 August Heinrich Simon/Heinrich Leopold von Strampff (Hg.), Rechtssprüche der preußischen Gerichtshöfe I (1828), Vorwort, S. IX f. Siehe dazu auch die Hinweise bei Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 278. 61
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mit Hilfe aller anderen Richter eingeschränkt werden 70 – um den Preis freilich, dass die richterlichen „Sprüche durchaus von dem Willen des Regenten unabhängig“ wurden. 71 Mit der Angabe von Urteilsgründen wird das Gespenst der Unentscheidbarkeit demnach nicht verjagt, es wird aber – gewissermaßen mit vereinten Kräften – gebändigt; Rechtsprechung wird dabei zum Selbst-Gespräch.
VII. Gespenst und Erkenntnis In diesem Gespräch der Rechtsprechung mit sich selbst wird das Anderssein-Können der Entscheidung immer latent gehalten, es wird verdrängt. Diese Verdrängungsprozesse sind es, die Gunther Teubner mit dem analytischen Instrumentarium der Dekonstruktion offenzulegen sucht. Der latent gehaltene Verweisungs- und Bedeutungsüberschuss der Entscheidung wird so bei Teubner innerhalb des rechtlichen Diskurses zum selbstsubversiven Element, die Kontingenzformel Gerechtigkeit verweist damit zugleich auf eine Transzendenzformel. 72 Aufgelöst wird der Verdrängungszusammenhang durch diese Transzendenzformel freilich nicht. Teubner erkennt wohl, dass im Rechtssystem „ein historischer Rhythmus von sich ständig wiederholender Destruktion und Rekonstruktion“ pocht, 73 in den rechtliche Argumentation sich unentrinnbar verstrickt. Die Transzendenzformel verspricht nicht Heilung, sondern „‚Rechts-Pflege‘ als Pflege der Rechtsparadoxie selbst, ihre Erhaltung und Behandlung zugleich“ 74. Das Gespenst der Unentscheidbarkeit ist also nicht nur bloßer Spuk, sondern verweist als Metapher zugleich schon auf die diskursive Form, in der dieser Spuk gebannt wird:
70 Eine einheitliche Urteilspraxis ist auch das am häufigsten anzutreffende Publikationsziel der vielen Rechtsprechungssammlungen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert den Markt erreichen; siehe Heinz Mohnhaupt Sammlung und Veröffentlichung von Rechtsprechung im späten 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland in: FS Diestelkamp (1994), S. 403, sowie ders. Deutschland, in: Ranieri (Hg.), Gedruckte Rechtsquellen der Rechtsprechung in Europa (1800–1945) (1992), S. 95, 101. 71 So von Hohnhorst Einleitung, in: ders. (Hg.), Jahrbücher des Ober-Hofgerichts zu Mannheim I (1824), S. 3, 8. 72 Vgl. Gunther Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 2008, S. 9 ff.; siehe auch ders. Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchungen von System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), S. 199 ff. 73 Gunther Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.), Integratives Verstehen: Zur Rechtsphilosophie Ralph Dreiers (2005), S. 199, 211. 74 Rudolf Wiethölter Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: Joerges/Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht (2003), S. 13, 19.
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„Als diskursives Phänomen fällt das Gespenst in den Bereich von Beobachtungen zweiter Ordnung: Wenn wir von Geistererscheinungen berichten hören, bleibt uns nur, den ‚Beobachter zu beobachten‘, da sich der Gegenstand seines Berichts uns entzieht.“ 75 Um diese Beobachtungsbeziehungen geht es Niklas Luhmann wie Gunther Teubner. Während die Anti-Paradoxologen beim Anblick des Gespenstes der Unentscheidbarkeit gleich Irrationalismus und Gegenaufklärung fürchten, begegnet uns die Paradoxie des Entscheidens bei Luhmann und Teubner als eine Selbstüberlistung der Vernunft. Die Paradoxie des Entscheidens ist es gerade, die den argumentativen Prozess zu ihrer Bewältigung erst in Gang setzt, indem sie einerseits das gerichtliche Verfahren durch Ergebnisoffenheit legitimierbar macht, andererseits zur Begründung der Entscheidung, die eben niemals eine notwendige ist, zwingt. Deutlicher noch als bei Luhmann erscheinen so die Paradoxien des Rechts und ihre Entparadoxierung bei Teubner in einer dialektischen Konstellation. Um Gegenaufklärung geht es dabei keineswegs, sondern um die Offenlegung einer Paradoxie, die der Aufklärung schon immanent ist: „An jedem geistigen Widerstand, den [die Aufklärung] findet, vermehrt sich bloß ihre Stärke. Das rührt daher, dass Aufklärung auch in den Mythen noch sich selbst wiedererkennt.“ 76 Die Paradoxie des Entscheidens ist nur auf den ersten Blick das Andere der rechtlichen Rationalität, ein Schreckgespenst. Denn durch die juristische Praxis wird sie Tag für Tag bewältigt. Das macht sie – gleichsam als Gespenst zweiter Ordnung – zu einer fortwährenden Heimsuchung, in welcher sich die Vernunft gegen ihre Gespenster immer aufs Neue behauptet: „Das Gespenst ist vom Geist (de l’esprit); es hat daran teil, es ist ihm selbst dann unterstellt, wenn es ihm wie sein gespenstisches Doppel zu folgen scheint“ 77. Und wenn das Auge nur „Willkür, Widersprüche, Antinomien, Paradoxien, Irrationalität, ja Gewalt“ sieht – die „Aufdeckung des Irrationalen ist nicht etwa das dezisionistische Ende der Analyse, sondern erst ihr Anfang“. 78 Die Paradoxie des Entscheidens ist weniger ein Problem, dessen Unüberwindbarkeit Anlass zu theoretischer Verzweiflung oder politischer Sorge böte; vielmehr ist sie bereits Teil der Lösung. 75 Moritz Baßler/Bettina Gruber/Martina Wagner-Engelhaaf Einleitung, in: dies. (Hg.), Gespenster (2005), S. 9, 10. 76 Max Horkheimer/Theodor W. Adorno Dialektik der Aufklärung (1969), S. 12. Zu den Konvergenzen von Kritischer Theorie und Systemtheorie Teubnerscher Observanz vgl. auch Andreas Fischer-Lescano Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule, in diesem Band. 77 Jacques Derrida Marx’ Gespenster (2004), S. 173. 78 Gunther Teubner Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchungen von System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), S. 199, 200.
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Jeder Versuch, das Verhältnis von Recht und Gewalt zu bestimmen, muß von zwei Feststellungen ausgehen, die zueinander in Spannung, wenn nicht im Widerspruch stehen. Die erste Feststellung besagt: Das Recht ist das Gegenteil der Gewalt; rechtliche Formen des Entscheidens werden eingeführt, um die endlose Abfolge von Gewalt und Gegengewalt und Gegengegengewalt zu unterbrechen, damit den Bann des Antwortenmüssens auf Gewalt mit neuer Gewalt zu lösen. Die zweite Feststellung besagt: Das Recht ist selbst Gewalt; auch rechtliche Formen des Entscheidens üben Gewalt aus – äußere Gewalt, die am Körper angreift, ebenso wie innere Gewalt, die die Seele, das Sein des Verurteilten versehrt. „Legal interpretation takes place in a field of pain and death. […] A judge articulates her understanding of a text, and as a result, somebody loses his freedom, his property, his children, even his life.“ 1 In den beiden Feststellungen stehen sich die Gewaltfeindlichkeit und die Gewalttätigkeit des Rechts gegenüber – der Anspruch des Rechts, die „wilde Gewalt“ des Naturzustands „äußerlich gesetzloser Freiheit“ zu beenden 2, und die Gewaltsamkeit, mit der das Recht diesen Anspruch verwirklicht. Das Problem von Recht und Gewalt ist das Problem des Verhältnisses dieser beiden Feststellungen. Dieses Problem ist ein Paradox, eine Verwirrung des Denkens (und der Leidenschaften). Es ist ein Problem, das wir nicht einseitig aufzulösen vermögen: Beide Feststellungen stehen im Gegensatz zueinander, aber keine von ihnen kann bestritten werden; beide sind wahr. Die Wahrheit beider Feststellungen einzusehen ist daher der erste Schritt, um dem Problem von Recht und Gewalt gerecht zu werden. Zugleich ist das ein Schritt, den viele philosophische Positionen nicht tun. Im philosophischen Denken haben die beiden Feststellungen über Recht und Gewalt vielmehr zu Betrachtungsweisen geführt, die einander nicht nur mit Unkenntnis, sondern mit Unverständnis gegenüberstehen. – Die eine Seite bilden Dis1 Robert Cover „Violence and the Word“, in: Cover, Narrative, Violence, and the Law, hrsg. von Martha Minow u. a., Ann Arbor: The University of Michigan Press 1992, S. 203–238, hier S. 203. 2 Immanuel Kant Metaphysik der Sitten, „Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre“, § 42, in: Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1965, Bd. IV , S. 425 Anm.
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kurse der Legitimitation des Rechts: Rechtliche Urteile sind demnach gerechtfertigte Urteile und darin, wie immer hart sie treffen mögen, für den Beurteilten nicht (wie) Gewalt. Denn Gewalt ist nicht dasselbe wie Einschränkung oder Verletzung. Gewalt ist eine Einschränkung oder Verletzung, die jemandem von jemandem gegen seinen Willen angetan wird. Wenn das rechtliche Urteil aber gerechtfertigt ist, dann ist es das auch für den Beurteilten und insofern nicht gegen dessen Willen, also keine Gewalt. – Die andere Seite bilden Diskurse der Kritik des Rechts: Rechtliche Urteile werden durch Ausübung oder Androhung von Gewalt durchgesetzt. Es gibt kein Recht – das gilt auch für das postsouveräne, das auf die grausamen Festlichkeiten der Strafen und Martern verzichtet hat –, das ohne Gewalt auskäme. Daran ändert auch die Rechtfertigung des rechtlichen Urteils nichts: Weder die Legitimation durch (gerechte) Zwecke noch die durch (konventionelle oder faire) Verfahren kann das Recht von seiner Gewalt befreien. Das Recht, so die Kritik, führt aus der Gewalt nicht hinaus, es setzt sie nur in anderer Weise fort. Seit der Debatte mit den Sophisten zerfällt das philosophische Rechtsdenken in Diskurse der Legitimation und der Kritik. Die Philosophie ist deshalb kein geeigneter Ausgangspunkt, um das Problem von Recht und Gewalt zu verstehen. Denn das verlangt, es in der Kraft seiner Paradoxie zu erfassen – die Wahrheit beider Feststellungen einzusehen, sich in beide Richtungen ziehen zu lassen. So erschließt die Tragödie, noch vor der Philosophie, das Verhältnis von Recht und Gewalt: Das Rechtsdenken der Tragödie treibt die Wahrheit beider Feststellungen hervor ( I .- III .). Die Einsicht in das Verhältnis von Recht und Gewalt, die die Tragödie dadurch artikuliert, läßt sich im Vergleich mit Walter Benjamins Rechtskritik bestimmen ( IV.-V.).
I. Die philosophischen Diskurse der Legitimation stellen das Recht gegen die Gewalt des Naturzustands, in dem jeder alles tun darf. Dieser philosophisch ausgedachte Zustand ist fiktiv, und so ist es auch die Legitimität, die die Philosophie dem Recht als Gegenmittel verschafft. Die Tragödie dagegen beschreibt die Gewalt, mit der das Recht bricht, als Gewalt nicht der subjektiven Willkür, sondern, im Gegenteil, einer ehern notwendigen Satzung: Das Recht, so der Realismus der Literatur, entsteht aus dem Einspruch gegen die Gewalt der Rache. Rache ist nicht Willkür, denn die Rache trifft den, der es verdient. Die Rache folgt dem Gesetz der Gleichheit, rächend wird Gleiches mit Gleichem vergolten: Die Frau ermordet ihren Mann wegen dessen Opferung der gemeinsamen Tochter, der Sohn ermordet deshalb seine Mutter und wird darauf von den Rachegöttinnen verfolgt. Die Gewalt
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der Rache liegt nicht darin, daß sie ungerechtfertigt wäre. Vielmehr liegt das Recht der Rache darin, daß sie – und damit worauf sie – antwortet. Wer viel Blut vergoß, entgeht Nicht der Götter Aug. Und düstrer Erinyen Schar kehrt dem, Den Glück begünstigt ohne Recht, Bald um das Glück in Lebensnot Und stürzt in Graus ihn. 3 Eben in der Gleichheit der Rache, durch die sie gerechtfertigt ist, liegt aber auch die Gewalt der Rache. Die rächende Tat antwortet der gerächten Tat, indem sie die gerächte Tat wiederholt; die rächende Tat ist wie die gerächte Tat. Daher muß auf die rächende Tat wiederum eine Antwort erfolgen, die dem Rächer dasselbe antut, das er getan hat. Weil sie dem Gesetz der Gleichheit unterliegt, geht die Rache immer weiter. Jede Rachetat ist, bei aller Berechtigung ihres Antwortens auf eine vorgehende Verletzung, selbst wieder genauso wie die Verletzung, auf die sie antwortet. Berechtigung und Gewaltsamkeit der Rache sind so unlösbar verbunden: Die Rache ist Maß für Maß und darin ein Übermaß, das wieder eine Tat erfordert, um ins rechte Maß gesetzt zu werden. Die Gewalt der Rache besteht darin, daß sie endlos fortgehen muß: in dem „Wahnsinn […] / Abwechselnden Mordes“ (Agamemnon, v. 1575–6). Das Recht bricht mit der Gewalt der Rache, indem es diese unerbittliche Logik der immergleichen, daher endlosen Wiederholung unterbricht: Durch ein rechtliches Urteil wird der Gewalt ein Ende gesetzt. Das rechtliche Urteil, ja selbst die rechtliche Strafe setzt nicht die Gewalt des gleichen Antwortens fort, sondern beendet sie. Denn das rechtliche Urteilen antwortet nicht auf die Tat, indem es sie wiederholt. Das rechtliche Urteilen ist nicht eine gleiche Tat, sondern die Tat der Gleichheit. Das Urteil der Rache lautet: Die Gattenmörderin muß, nach der Regel des Gleich-um-gleich, dieselbe Verletzung erleiden, die sie getan hat. Deshalb muß auch der Sohn, der das Urteil der Rache fällt und die Verletzung des Vaters rächt, selbst wieder dieselbe Verletzung erleiden, die er der Mutter angetan hat. Es ist das „Amt“ der Rache – so sagen es die Erinyen – „die Menschenmörder aus den Häusern [zu] treiben“ (Eumeninden, v. 421), jeden, der gemordet hat, in den Tod zu treiben. Das Urteil der Rache ist: Der Verletzer muß verletzt werden. Dagegen wendet Athene ein, daß damit „die Hälfte erst gesagt“ sei (Eumeninden, v. 428). Athenes schlauer Einwand ge3 Aischylos Agamemnon, v. 461–466, in: Aischylos, Tragödien und Fragmente, übers. von Oskar Werner, München/Zürich: Artemis, 41988, S. 5–109. – Die Erinyen verstehen deshalb die Rache als Recht; vgl. Eumeniden v. 201 ff., 290 ff. (in: Aischylos, Tragödien und Fragmente, S. 184–253).
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gen die Erinyen lautet, daß sie eigentlich immer zwei Urteile fällen, die sich gegenseitig ausschließen. Denn so wie die Tat eine Verletzung ist, die durch die (Wieder- oder) Widerverletzung des Verletzers gerächt werden muß, so war jene Tat selbst schon die Widerverletzung einer vorhergehenden Verletzung. Die Rachegöttinnen übersehen, so Athene auch, daß „zwei zur Stelle“ sind (ebd.): Sie können zwar jede Seite einzeln und nacheinander, aber nicht beide Seiten zugleich sehen. Daher ist die Gleichheit der Rache für Athene Scheingerechtigkeit („Gerecht zu heißen ziehst gerechtem Tun du vor“; (Eumeninden, v. 430). Sie besteht darin, noch einmal das Gleiche zu tun, ohne die Gleichheit beider Taten zu sehen. Das ist die Unfähigkeit der Rache, in der ihr Immerweitermachenmüssen gründet. Das Recht dagegen überwindet die Gewalt der Rache, weil es zuerst wahrzunehmen, dann sicherzustellen vermag, daß „zwei zur Stelle“ sind. (Deshalb ist die Tragödie die Gattung des Rechts: Auch in ihr sind „zwei zur Stelle“. Die Geschichte der Tragödie beginnt damit, „daß Aischylos […] die Zahl der Schauspieler von einem auf zwei gebracht hat“. 4 Dadurch kann die Tragödie, wie das Gericht, sich zwei Seiten zugleich darstellen lassen.) Im Gegensatz zur Rache urteilt das Recht daher unparteilich: Das Urteil des Rechts erfolgt – so Athene – durch „Richter […], geschworene […], / Den Eid durchführend, unirrbar gerechten Sinns“ (Eumeninden, v. 483 und 489). Noch wichtiger ist aber, wodurch das Recht so urteilen kann: Es bedarf eines kategorialen Wechsels, eines Wandels im Begriff des Urteilens, um rechtlich-unparteilich zu urteilen. Die Rache kennt nur Verletzungen, die der eine dem anderen antut; deshalb ist sie selbst eine Verletzung, die der eine dem anderen antut. Das Recht dagegen kann unparteilich urteilen, weil es die besonderen Taten einzelner im Lichte allgemeiner Regeln beurteilt: Taten sind rechtlich nicht Verletzungen des einen durch den anderen, sondern Verstöße gegen Gesetze. In ihnen hat das rechtliche Urteilen seinen Grund. 5 Daraus daß es allgemeine Regeln anwendet, gewinnt das rechtliche Urteilen auch seine abschließende Berechtigung – den Anspruch, die Sache zu beenden. Wie auch immer verletzend das rechtliche Urteilen, erst recht das rechtliche Strafen sein mag, es ist nicht, wie Urteil und Tat der Rache, der Verletzung gleich, gegen die es sich wendet; das rechtliche Urteilen ist kategorial anders als jede Verletzung, das Andere der VerletAristoteles Poetik, übers. von Manfred Fuhrmann, Reclam: Stuttgart 1982, Kap. 4. Diesen rechtskonstitutiven Zusammenhang von unparteilichem Urteil und allgemeiner Regel kennen die Eumeniden noch nicht. Hier wird die Unparteilichkeit des Urteils dadurch garantiert, daß geschworene Richter sich beide Seiten, vertreten durch die Erinyen und Apollon (Eumeninden v. 588 ff.), anhören. Gemäß welchen allgemeinen Gesichtspunkten sie nach Athenes Aufforderung (Eumeninden v. 681–710) urteilen, erfährt man nicht. Das ist in Sophokles’ König Ödipus bereits deutlich anders. Siehe Christoph Menke Die Gegenwart der Tragödie. Versuch über Urteil und Spiel, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005, S. 32 f. 4 5
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zung, weil es die Anwendung eines allgemeinen Gesetzes ist. Das rechtliche Urteilen und Strafen bringen die Gewalt der Rache zum Schweigen, denn durch das rechtliche Urteilen und Strafen spricht das für alle gleiche Gesetz.
II. Die Orestie besiegelt die Überwindung der Rache durch das Recht mit der Verwandlung der Erinyen in Eumeniden, der Rachegöttinnen in Segensspenderinnen (Eumeninden, v. 903 ff.). Diese Verwandlung war nicht von Dauer. Euripides’ Antwort auf Aischylos’ Eumeniden zeigt Orestes, den Muttermörder, wieder von den Geistern der Rache verfolgt: Die Schlangenfrauen mit dem blutrot glühnden Blick! Sie sind es, ach, sie springen, nahe mir, empor. […] morden wollen mich die Schrecklichen Des Hades Priesterinnen mit dem Hundeblick. 6 Das rechtliche Urteil, der Freispruch für Orestes, erweist sich als kraftlos gegenüber dem Geist der Rache. Ja, das rechtliche Urteil – dieser Verdacht schwebt schon über Athenes Gericht am Ende des Orestie – ist, vielleicht, gar nicht so anders als das der Rache. Mit Euripides’ Orestes kommt die Erfahrung zum Ausdruck, daß der Anspruch des Rechts, kategorial anders zu sein als die Rache, unverständlich wird; er verstummt vor der phänomenalen Evidenz ihrer Ununterscheidbarkeit. Denn tatsächlich sehen Recht wie Rache, die Gewalt der rechtlichen Strafe und die Gewalt des Racheaktes, gleich aus. Ihr Unterschied ist – bloß – einer der Form; er liegt in der Form des Urteilens. Dieser formale Unterschied verblaßt, wenn die Tatsachen der rechtlichen Wirklichkeit mit unabweisbarer Macht in den Vordergrund treten: wenn der „realistische“ Blick, von Euripides und der zeitgenössischen Sophistik bis zu den gegenwärtigen Critical Legal Studies, das Recht als maskierte Gewalt entlarvt, die den Interessen herrschender Klassen zur Durchsetzung verhilft. Vor dem schlichten statistischen Datum, daß aus der Gruppe der Schwarzen zwischen zwanzig und vierunddreißig Jahren in den USA über elf Prozent im Gefängnis sitzen, über zehnmal so viel wie im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung und immerhin noch fast viermal so viele wie aus der entsprechenden Altersgruppe der Weißen, wird der (zutreffende) Hinweis auf den formalen Unterschied jedes einzelnen rechtlichen Urteilsakts, aus dem sich diese Statistik zusammensetzt, von dem der Rache kraftlos. Recht und Rache sind nicht scheinbar, sondern in ihrer Erscheinung gleich. 6 Euripides Orestes, v. 256–7, in: Euripides, Tragödien, übers. von J.J. Donner/Richard Kannicht, Stuttgart: Kröner 1958, Bd. II , S. 235–300.
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Das ist eine Weise, in der die Tragödie nach der Orestie das Scheitern des Rechts in der Überwindung der Gewalt der Rache reflektiert hat: Das Recht scheitert daran, seinen formalen oder Wesensunterschied gegen seine phänomenale Gleichheit, die Gleichheit seiner Erscheinung, mit der Gewaltordnung der Rache durchzusetzen. Das Recht hat nicht die Kraft, seinen Unterschied von der Rache in der Welt der Erscheinungen geltend zu machen; das Urteil des Rechts wird als, weil wie eine rächende Verletzung erfahren. Eine zweite Weise, in der die Tragödie die Wiederkehr der überwundenen Gewalt im Recht reflektiert, sieht die Gewalt des Rechts dagegen aus der neuen Form seines Urteilens selbst hervorbrechen. So in Sophokles’ König Ödipus: Das rechtliche Urteilen, so Ödipus’ Erfahrung, ist nicht bloß gewaltsam wie die Rache, weil es in seiner phänomenalen Erscheinung, als (Wieder-) Verletzung, dem Racheakt gleicht; das rechtliche Urteilen ist schon in seiner Form des unparteilichen Anwendens eines allgemeinen, gleichen Gesetzes gewaltsam, die es vom Racheakt entscheidend trennt. In der Rechtsform selbst nistet die Gewalt. Sophokles’ Text faßt das als die Erfahrung, daß das Urteil des Rechts als Fluch wirkt; die Gewalt des Rechts ist – so Platon – der „Fluch des Gesetzes“ 7. Sophokles wie Platon erläutern die Fluchgewalt des Rechts im Unterschied zu der der Drohung. Eine Drohung richtet sich an jemanden, der Wünsche und vor allem Ängste hat und Überlegungen anstellt, wie er das Erwünschte erreichen und das Befürchtete abwenden kann. Ein Fluch wirkt auf ganz andere Weise: ohne Vermittlung durch weitere Überlegungen – unmittelbar; ein Fluch ist etwas, das man „erleidet (König Ödipus, v. 251), das einen ereilt. Die Verfluchung macht aus ihrem Adressaten jemanden, der, ohne sich dazu entschieden zu haben und daher auch ohne sich dagegen entscheiden zu können, nur noch in der vom Fluch bezeichneten Weise handeln kann. Der Fluch beraubt den, den er trifft, des Subjektstatus’, den die Drohung voraussetzt. Darin liegt nach Ödipus’ Erfahrung die Gewalt des Rechts: Das Recht entsubjektiviert, denn sein Urteil beherrscht den, den es trifft. Gerade weil das rechtliche Urteilen um seiner Unparteilichkeit willen anonym, nicht die Tat eines einzelnen, sondern des Gesetzes selbst ist, kann sein Wirken durch niemanden aufgehalten werden. Diese These verschärft (und erläutert) Sophokles, indem er in König Ödipus zeigt, wodurch die fluchhafte Wirkung der Entsubjektivierung durchs Recht eintritt: Das Recht entsubjektiviert, gerade weil es die Selbstbeurteilung des Täters verlangt. Das Recht verflucht den Täter zur Selbstverurteilung. Das heißt: Unter der Herrschaft des Rechts muß man sich selbst ver7 Platon Nomoi, 871b, in: Platon, Sämtliche Werke, übers. von Friedrich Schleiermacher, Frankfurt am Main: Insel 1991, Bd. 9. Zum Folgenden siehe ausführlicher Menke Die Gegenwart der Tragödie, aaO., Teil I : „Der Exzeß des Urteils. Eine Lektüre von König Ödipus“.
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urteilen, und diese Selbstverurteilung unter der Herrschaft des Rechts ist ein Fluch. Sie ist eine Verurteilung, die man selbst vornimmt – niemand anders als Ödipus selbst verurteilt ihn wegen Mordes und Inzests, und niemand anders als Ödipus selbst verurteilt ihn zu Blendung und Exil –, aber sie ist gerade darin eine Verurteilung, in der man nicht frei ist, vor allem: von der man nicht mehr frei kommt. In der Selbstverurteilung, zu der das Recht verflucht, bleibt man, gerade weil allein man selbst sie sich angetan hat, endlos gefangen; nichts kann sie lösen. In seiner rechtlich auferlegten Selbstverurteilung ist Ödipus gefangen von der Frage seiner Schuld und eingesperrt in das Gefängnis seines Selbstbewußtseins. So Ödipus’ Erfahrung: die Erfahrung, daß durch’s Recht – daher an anderer Stelle: im Subjekt – die Fluchgewalt wiederkehrt, gegen die das Recht errichtet wurde. König Ödipus beginnt mit der Erinnerung an die alte Praxis der Reinigungsrituale, in denen durch Opferung eine Befleckung gesühnt wurde. In diesen Ritualen herrscht die Gewalt des Fluchs: Da das Opfer, der Sündenbock, mit der Tat nichts zu tun hat, erfährt es seine Opferung als äußerliche Gewalt. Damit will das Recht in Person des guten Königs Ödipus, als rechtlich verfahrender Richter, brechen. Aber indem das Recht, dessen Ausführender, ja Errichter Ödipus ist, ihn zu seiner Selbstverurteilung verdammt, kehrt eben die Gewalt, die vor dem Recht herrschte, in ihm wieder. Das Recht macht das Subjekt zum Schauplatz der Fluchgewalt des Urteils: Es ist nicht mehr nur deren Opfer (wie der Sündenbock des Rituals), sondern auch deren Instanz; das Subjekt macht sich das rechtliche Urteil zu Eigen und damit sich selbst zum Eigenen des Rechts. Es ist identifiziert durch das rechtliche Urteil. Die Rückkehr der Gewalt, der Rückfall in den Fluch geschieht im Recht gerade dadurch, worin sich die Form seines Urteilens von der Rache abhebt. Platons Ausdruck „der Fluch des Gesetzes“ hat das genau festgehalten. Es ist das Gesetz, in dessen Anwendung das rechtliche Urteil besteht, in dem auch dessen Gewalt nistet. Daß das rechtliche Urteil im Namen des Gesetzes ergeht, macht seine Unparteilichkeit aus – den kategorialen Unterschied zwischen der Verletzung, die auch das rechtliche Urteilen, als strafendes, antut, und der Wider- (oder: Wieder-) Verletzung des rächenden Gleichum-gleich. Denn das rechtliche Urteil im Namen des Gesetzes sieht beide Seiten. Deshalb ist das Urteil des Rechts, im Gegensatz zu dem der Rache, auch dasjenige Urteil, das jede Seite selbst fällen muß – wenn sie sich als eine Seite von zweien und damit beide Seiten zugleich sieht. Das rechtliche Urteil ist das von jedermann. Das Recht verlangt daher von dem, den es beurteilt, ja auch von dem, den es verurteilt, sich selbst so zu beurteilen. Darin, nur darin, besteht die Legitimität des Rechts, die es von der Rache scheidet. Aber in dieser Legitimationsbeziehung zwischen dem rechtlichen Urteilen und der Selbstbeurteilung nistet zugleich die Gewalt des rechtlichen Urteilens. Denn dadurch verdammt es zu einer Selbstbeurteilung, die ihr Subjekt
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fluchhaft erfaßt und nicht wieder freigibt. Die Gewalt der Rechtsform ist die der Subjektivität.
III. Die Literatur der Tragödie zeichnet ein doppelseitig-paradoxes Bild des Rechts: Erstens. Durch die Form seines Urteils ist das Recht kategorial anders als, ja das Gegenteil der Rache. Auch wenn das Recht als Gewalt der Verletzung erscheint, ist das rechtliche Urteilen in seiner Form, also seinem Wesen nicht bloß, wie das der Rache, eine Widerverletzung, die der gleich ist, die sie vergilt. Das rechtliche Urteilen und Strafen ist von (ganz) anderer Art als die rechtlich beurteilte Tat. Es ist ein Urteilen und Strafen, das unparteilich ist, weil es im Namen eines Allgemeinen, eines Gesetzes erfolgt, das zwei Seiten sieht und daher für beide Seiten gleichermaßen gültig ist. Das rechtliche Urteilen und Strafen ist zwar eine Verletzung des Beurteilten und Bestraften, aber eine Verletzung, die aus dem Gesetz folgt, das auch für ihn gilt, weil es ihn berücksichtigt – also eine Verletzung, die der Beurteilte und Bestrafte sich selbst antun würde: berechtigte Gewalt. Zweitens. Daß im Recht die Gewalt nicht verschwindet und das Recht also nicht gewaltlos ist, ist daher trivial; denn Gewalt auszuüben, mindestens anzudrohen, gehört zur Definition des Rechts, als durch seine Form berechtigte Verletzung. Diese definitorische Trivialität – weil das Recht berechtigte Gewalt ist, ist das Recht Gewalt – ist aber keine Trivialität in der Sache. Daß das Recht, weil es berechtigte Gewalt ist, Gewalt ist, ist nicht die Formel einer Lösung – wie die Philosophien der Rechtfertigung des Rechts meinen 8 –, sondern eines Problems, ja eines Paradoxes. – Dieses Paradox des Rechts läßt sich, wie Euripides’ Orestes und Sophokles’ König Ödipus zeigen, auf zwei Weisen formulieren: Die eine Weise (im Ausgang von Euripides’ Orestes): So deutlich der kategoriale oder Formunterschied zwischen Recht und Rache ist, so sehr droht dem Recht – dem Recht im Gebrauch – der Rückfall in die Rache. Das Recht erscheint als Rache, wenn die phänomenale Evidenz der Verletzung, die das Recht androhen und ausüben muß, seinen Formunterschied gegenüber der Rache verblassen läßt. Auch hier verschwindet der Formunterschied des Rechts nicht, aber er kann als ein bloß formaler wahrgenommen werden; dann erscheint das Recht etwa als Klassen- oder Siegerjustiz. Hier 8 Genauer gesagt, geht es ihnen um eine Rechtfertigung von Zwang: Der Begriff des Rechts besteht „in der Möglichkeit der Verknüpfung des allgemeinen wechselseitigen Zwanges mit jedermanns Freiheit“ (Kant Metaphysik der Sitten, „Rechtslehre“, Einleitung, § E, aaO., S. 339). Zwang richtet sich auf den Willen, Gewalt ist sein Mittel.
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trennen sich die beiden Elemente, die den Begriff des Rechts als „berechtigter Gewalt“ ausmachen. Die Evidenz der Gewaltsamkeit des Rechts überlagert, ja verdrängt das Wissen um seinen Formunterschied, dem sein Urteilen und Strafen seine Berechtigung verdankt. Die Formel „Das Recht ist berechtigte Gewalt“ ist die Formel eines Problems, nicht einer Lösung, weil sie strukturell instabil ist; ihre beiden Elemente stehen in Spannung zueinander, überlagern und verdrängen einander. Die andere Weise (im Ausgang von Sophokles’ König Ödipus): Die Formel „Das Recht ist berechtigte Gewalt“ ist aber auch deshalb die Formel eines Problems, nicht einer Lösung, weil in der Rechtsform selbst, der das Recht allein seine Berechtigung verdankt, die Gewalt lauert. Das ist nicht die Gewalt dessen, was das Recht bewirkt – der Verletzungen, die es antut –, sondern wie es wirkt: die fluchhafte Gewalt, mit der der Verurteilte durch das Urteil ergriffen und bestimmt wird; die Gewalt, die im Verlust des Subjektstatus besteht. Diese alte Gewalt des Fluchs übt das Recht auf neue Weise aus: Die fluchhafte Gewalt des rechtlichen Urteilens liegt darin, daß die Berechtigung seines Urteilens, durch die es die Rache überwindet, die Selbstverurteilung des Verurteilten verlangt; die Gewalt des Rechts ist der Fluch der Selbstverurteilung. Darin begibt sich das Recht der Kraft, die es vor der Rache auszeichnete: der Kraft, ein Ende setzen zu können, nicht gleiche Widerverletzung und damit ein weiteres Glied in der endlosen Kette der Vergeltung zu sein. Auch die rechtlich verhängte Selbstbeurteilung ist endlos, denn sie entbehrt der lösenden Macht.
IV. Daß zum Begriff des Rechts die Idee berechtigter Gewalt gehört und daß dies die Formel eines Problems, nicht einer Lösung ist, ist der Ausgangspunkt von Walter Benjamins Überlegungen in Zur Kritik der Gewalt. 9 Benjamin unterscheidet zwei Weisen, die Berechtigung der rechtlichen Gewalt zu verstehen, die naturrechtliche und die positiv-rechtliche. Die naturrechtliche leitet die Berechtigung der Gewalt aus gerechten Zwecken ab, die positiv-rechtliche sieht sie durch Verfahren gerechtfertigt. Beide aber stimmen überein in dem „gemeinsamen Grunddogma: Gerechte Zwecke können durch berechtigte Mittel erreicht, berechtigte Mittel an gerechte Zwecke gewendet werden“ (Kritik, S. 180). Benjamins Einwand dagegen lautet, daß „berechtigte Mittel einerseits und gerechte Zwecke in unvereinbarem Widerstreit liegen“ (Kritik, S. 181): Die rechtsförmig geübte Gewalt steht „in 9 Walter Benjamin „Zur Kritik der Gewalt“, in: Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. II , hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1977, S. 179–203. Im Folgenden zitiert mit der Sigle Kritik.
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unvereinbarem Widerstreit“ mit dem Zweck gerechten Urteilens. Aber nicht deshalb, weil Gewalt überhaupt unberechtigt wäre: Die „Kritik aller Rechtsgewalt“ ist, „will man nicht einen geradezu kindischen Anarchismus proklamieren, selbstverständlich nicht damit geliefert, daß man keinerlei Zwang der Person anerkennt, und erklärt ‚Erlaubt ist was gefällt‘.“ (Kritik, S. 187) Die Kritik der Gewalt des Rechts kann nicht „im Namen einer gestaltlosen ‚Freiheit‘“ (ebd.) geschehen. Denn die Gewalt des Rechts besteht nicht schon darin, daß es einschränkt und diese Einschränkung auch durch Drohungen und Verletzungen durchsetzt. Die Gewalt des Rechts ist vielmehr „schicksalhaft gekrönte Gewalt“ (Kritik, S. 188); die Gewalt des Rechts besteht darin, als – wie das – Schicksal zu wirken. Ein anderes Benjaminsches Wort dafür ist: Das Recht ist „mythische“ Gewalt (Kritik, S. 198 f.). Das erläutert Benjamin so: Die Funktion der Gewalt in der Rechtsetzung ist nämlich zwiefach in dem Sinne, daß die Rechtsetzung zwar dasjenige, was als Recht eingesetzt wird, als ihren Zweck mit der Gewalt als Mittel erstrebt, im Augenblick der Einsetzung des Bezweckten als Recht aber die Gewalt nicht abdankt, sondern sie nun erst im strengen Sinne und zwar unmittelbar zur rechtsetzenden macht, indem sie nicht einen von Gewalt freien und unabhängigen, sondern notwendig und innig an sie gebundenen Zweck als Recht unter dem Namen der Macht einsetzt. Rechtsetzung ist Machtsetzung und insofern ein Akt von unmittelbarer Manifestation der Gewalt. Gerechtigkeit ist das Prinzip aller göttlichen Zwecksetzung, Macht das Prinzip aller mythischen Rechtsetzung. (Kritik, S. 197 f.) Nicht daß Recht mit Gewalt ein- und durchgesetzt wird; nicht also daß das Recht überhaupt Gewalt als Mittel anwendet, ist das Problem der Rechtfertigungsformel „Recht ist berechtigte Gewalt“. Sondern daß die Gewalt im Recht nicht ein bloßes Mittel bleibt 10, daß sie „nicht abdankt“, sondern auf den Zweck des Rechts selbst übergreift. Die Gewalt des Rechts, die deshalb „schicksalhaft“ heißt, besteht nach Benjamin darin, daß seine Gewaltmittel seine gerechten Zwecke verschwinden lassen, weil seine Selbsterhaltung zum einzigen Zweck des Rechts wird. Dem Recht geht es um bloße Macht, um seine Macht: die Macht des Rechts selbst. Die „schicksalhafte“ Gewalt des Rechts besteht in seiner Selbsterhaltung. Von entscheidender Bedeutung für das Verhältnis von Recht und Gewalt ist Benjamins kritische Unterscheidung zweier Gewaltbegriffe: zwischen der Gewalt der Verletzung und der Gewalt des Schicksals. Die verletzende Gewalt des Rechts ist beklagenswert, denn sie macht leiden. Sie kann aber, nach Benjamins Überzeugung sogar als Gewalt gegen das Leben, berechtigt 10 Wie es im Feld der Technik gilt, die Benjamin deshalb als „Gebiet der reinen Mittel“ bezeichnet; „Zur Kritik der Gewalt“, aaO., S. 192.
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sein. Dagegen ist das Recht als mythische, schicksalhafte Gewalt immer verwerflich, und die Verwerflichkeit dieser Gewalt besteht in dem Sinn des rechtlichen Funktionierens: darin, daß die Akte rechtlichen Urteilens und Strafens auf keinen anderen Zweck hin durchsichtig sind als die bloße Erhaltung der Macht des Rechts zum Urteilen und Strafen. Darin liegt die Verwerflichkeit der Gewalt des Rechts: nicht darin, daß auch das Recht droht, verletzt und zwingt, sondern daß (oder wenn) das Recht so vollzogen wird, daß es bloß um seiner selbst willen, um der Erhaltung seiner Ordnung, der Etablierung und Durchsetzung seiner Kategorien, Perspektive und Sprache – um seiner bloßen Macht willen wirkt. Die schicksalhafte Gewalt des Rechts liegt in der endlosen Wiederholung seiner selbst. Benjamins Unterscheidung klärt, worin die Gewaltsamkeit des Rechts, die es der Kritik preisgibt, liegt. Sie liegt nicht in dem, was es antut; nicht in dem Verletzenden und Zerstörerischen, das auch das Recht verübt, indem es urteilt und straft. Die verwerfliche Gewaltsamkeit des Rechts liegt vielmehr darin, wie es wirkt: als ein Mechanismus des Fortsetzens um des Fortsetzens, des Durchsetzens um des Durchsetzens willen. Das gilt für beide Weisen, in denen die Tragödie den Gewaltcharakter des Rechts erfährt. Die eine Weise lautet: Das Recht ist wie die Rache, denn sein Urteilen und Strafen erscheint als bloße Widerverletzung. Die andere Weise lautet: Das Recht ist wie ein Fluch, denn sein Urteilen und Strafen verfolgt den Täter bis in sein Innerstes. Das läßt sich nun genauer so formulieren: (i) Das Gewaltsame des Rechts, das es als Rache, als bloße Widerverletzung erscheinen läßt, liegt nicht bloß darin, daß es eine Widerverletzung ist, daß das rechtliche Urteilen und Strafen jemanden verletzt, sondern daß es eine Wider- also Wiederverletzung ist; daß das Recht so erscheint oder erfahren wird, als gehe es bloß darum zu urteilen und zu strafen – so wie der ersten Verletzung die zweite, rächende auf dem Fuße folgt. Eine tötet den Gatten und muß dafür durch den Sohn fallen; gleich um gleich. Etwas ist geschehen, und das Recht muß Stellung nehmen, verurteilen und bestrafen; das Recht folgt der Tat mit der Unerbittlichkeit der Rache. Das ist seine „schicksalhafte“ Gewalt: Es wirkt, weil es wirken muß (oder kann). (ii) Das Gewaltsame des Rechts, das es wie ein Fluch erscheinen läßt, besteht nicht in dem Schrecklichen, das es den von ihm Verfolgten sich selbst antun heißt, sondern darin, wie es ihn trifft: Es trifft den Verfolgten ganz, in seinem Innerstes, denn es trifft ihn, indem er sich selbst trifft. Das Recht urteilt nicht nur über etwas oder jemanden, es will, daß der Täter sich selbst verurteilt. Daß das Recht sein Urteil zum eigenen des Beurteilten machen will – dieses Programm der Autonomie des Subjekts, das dem Recht eingeschrieben ist, endet in der restlosen Durchdringung des Subjekts mit dem Recht; keine Differenz soll bleiben. Das Recht setzt sich, wie das Schicksal, ganz durch, denn das Subjekt setzt es in sich selbst durch.
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V. Benjamins Begriff der schicksalhaften Gewalt verhilft zu einer präziseren Bestimmung der Tragödienerfahrung des Rechts. Aber das gilt auch umgekehrt: Die Tragödienerfahrung des Rechts verhilft zu einer präziseren Bestimmung von Benjamins Begriff der schicksalhaften Gewalt. In der „schicksalhaft gekrönten Gewalt“ des Rechts sieht Benjamin, was es mit den Ordnungen, die dem Recht vorhergehen und die es abzulösen verspricht, den Ordnungen der Rache und des Fluchs, teilt. Darauf zielt Benjamins „geschichtsphilosophische“ Betrachtung des Rechts: Sie soll zeigen, daß der Anspruch des Rechts, das Andere von Rache und Fluch zu sein, bloßer Schein ist; Recht und Rache wie Fluch sind für Benjamin gleichermaßen schicksalhaft. Zur Tragödienerfahrung des Rechts gehört dagegen entscheidend, daß sich das Recht von Rache und Fluch unterscheidet. Die Tragödie ist nicht eine Darstellung des schicksalhaften Wesens des Rechts, sondern seiner wesentlichen Paradoxie; prozessual: seines Umschlags ins Gegenteil. Das Recht unterscheidet sich von Rache und Fluch, indem es eine neue Form des Urteilens etabliert: die Form eines unparteilichen Urteilens durch die abwägende Anwendung einer allgemeinen Regel. Dadurch bricht das Recht mit Rache und Fluch. Aber eben diese neue Weise des Urteilens setzt eine Wirkung frei, die der von Rache und Fluch gleicht. Das Recht, so die Tragödienerfahrung, ist also nicht wie Rache und Fluch schicksalhaft; das Recht ist eine neue Ordnung des Urteilens, die durch eben den Zug, durch den sie mit den Ordnungen von Rache und Fluch bricht, deren schicksalhafte Gewalt wiederherstellt. Benjamins geschichtsphilosophische Betrachtung zielt darauf, den Anspruch des Rechts zurückzuweisen, die schicksalhafte Gewalt beendet zu haben. Der behauptete Einschnitt, zwischen den Ordnungen von Fluch und Rache und der Ordnung des Rechts, ist Schein, denn sie gehören unterschiedslos demselben Zeitalter des Schicksals an. Das Recht ist nicht das Ende des Schicksals, dieses Ende steht noch aus. Die Zeit des Schicksals und seiner Gewalt zu beenden, verlangt daher auch, die Herrschaft des Rechts zu zerstören: Auf der Durchbrechung dieses Umlaufs im Banne der mythischen Rechtsformen, auf der Entsetzung des Rechts samt der Gewalten, auf die es angewiesen ist wie sie [die Gewalten] auf jenes [das Recht], zuletzt also der Staatsgewalt, begründet sich ein neues geschichtliches Zeitalter. (Kritik, S. 202) Wenn dagegen im Recht, wie es die Tragödie erfährt, Bruch mit dem Schicksal und Rückfall in das Schicksal paradox verklammert sind – denn beides hängt am selben: der neuen, rechtlichen Form des Urteilens –, dann steht der von Benjamin gewiesene Weg einer kritischen Zerstörung der Herr-
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schaft des Rechts ebensowenig offen wie die unverdrossene Leugnung des Paradoxes im Verhältnis von Gewalt und Recht durch die philosophischen Versuche seiner Legitimation dazu eine überzeugende Alternative bildet. Nun spricht Benjamin aber nicht von der Ersetzung, sondern einer „Entsetzung des Rechts“. „Entsetzung“ ist ein zweideutiger Ausdruck: „Entsetzung“ bedeutet ebenso die Enthebung eines Amtes oder einer Würde wie die Aufhebung einer militärischen Besetzung. Die „Entsetzung“ des Rechts meint also eine Absetzung des Rechts, die zugleich die Freisetzung des Rechts von einer es belagernden Macht bedeutet. Entmächtigung und Befreiung des Rechts sind die zwei Seiten seiner „Entsetzung“. Ähnlich spricht Benjamin von der „Vernichtung“ – nicht des Rechts, sondern: seiner „geschichtlichen Funktion“ (Kritik, S. 199). „Schicksalhaft“ und darin gewaltsam hatte Benjamin ein Wirken des Rechts genannt, dessen Funktion eben in der Erhaltung und Sicherung von „Macht“, nämlich: seiner eigenen Macht besteht. Die Vernichtung dieser „Funktion“, ebenso wie die „Entsetzung“ des Rechts, verlangt mithin nicht eine Abschaffung des Rechts; wie sollte sich auch das Recht „abschaffen“ lassen, ohne in die Ordnungen von Rache oder Fluch zurückzufallen? Die Entsetzung des Rechts, die Vernichtung also seiner geschichtlichen Funktion verlangt vielmehr eine Vollzugsweise des Rechts, die die kategoriale Differenz seines Urteilens von Rache und Fluch bewahrt und das rechtliche Urteilen zugleich von seinem geschichtlichen Prinzip der Macht und ihrer Erhaltung befreit. – Gibt es eine solche Vollzugsweise des Rechts? Wenn es sie gibt, muß es sich um ein Recht handeln, das – gemäß der Benjaminschen Unterscheidung (siehe oben, S. 92) – insofern der „göttlichen Zwecksetzung“ gleicht, als sein „Prinzip“ nicht mehr seine Macht, sondern die Gerechtigkeit ist. In einem Aufsatz zu Kafkas zehntem Todestag bestimmt Benjamin eine Vollzugsweise des Rechts nicht um willen seiner Macht, sondern der Gerechtigkeit so: „Das Recht, das nicht mehr praktiziert und nur studiert wird, das ist die Pforte der Gerechtigkeit.“ 11 Ein Recht, „das nicht mehr praktiziert und nur studiert wird“, ist ein Recht, das nicht mehr urteilt.12 Ein Ende des Urteilens ist aber nur dort möglich, wo es keine Übertretungen mehr gibt, die zurückgewiesen und keine Konflikte, 11 Walter Benjamin „Franz Kafka. Zur zehnten Wiederkehr seines Todes“, in: Benjamin über Kafka, hrsg. von Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981, S. 9–38, hier S. 37. 12 So zumindest scheint Agamben Benjamins Satz zu verstehen; siehe Giorgio Agamben Profanierungen, übers. von Marianne Schneider, Frankfurt am Main 2005, S. 73 f. Der Zustand, in dem das Recht nur mehr studiert, nicht mehr praktiziert wird, scheint damit dem eines Lebens zu entsprechen, das sich „vollständig in Gesetz verwandelt hat“ (Giorgio Agamben Homo Sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, übers. von Hubert Thüring, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2002, S. 66) – einem Zustand also ohne Differenz von Gesetz und Leben. – Ich danke Thomas Khurana für wertvolle Hinweise.
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die entschieden werden müssen. Bis dahin kann die andere Vollzugsweise des Rechts nicht in einem Verzicht auf das Urteilen, sondern nur in einem anderen Urteilen bestehen. Die Tragödienerfahrung hatte gezeigt, worin die schicksalhafte Gewalt des rechtlichen Urteilens liegt: Sie liegt in der „Macht“ seines Wirkens, das – rachegleich – um seiner selbst willen erfolgt und – fluchgleich – bis ins Innerste reicht. Um den Rückfall des rechtlichen Urteilens in schicksalhafte Gewalt zu verhindern und zugleich an dem Bruch des rechtlichen Urteilens mit der schicksalhaften Gewalt von Rache und Fluch festzuhalten, bedarf es daher eines rechtlichen Urteilens, das sich selbst reflektiert und darin selbst begrenzt. Eine solche Vollzugsweise des Rechts besteht darin, im Recht den Widerstreit zwischen dem Prinzip seiner Macht und dem der Gerechtigkeit auszutragen. Diese andere Vollzugsweise des Rechts muß die Philosophie nicht erfinden. Sie ist als Idee im modernen Begriff des Rechts enthalten.13
13 Siehe Gunther Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?“, in: Teubner, (Hg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann. Zur (Un-) Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, Stuttgart: Lucius & Lucius 2008, S. 9–36. Siehe im Anschluß daran meinen eigenen Versuch: „Subjektive Rechte: Zur Paradoxie der Form“, ebd., S. 81–108.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze Antonio Negri
All’origine di questo mio intervento c’è una domanda (“che ne è della critica?”) cui mi è stato richiesto di dare risposta. Mi permetto qui, prima di cominciare, di proporre una rozza definizione di quel che ritengo per “critica”, una definizione che – spero- nel corso del mio intervento sarà confortata da alcuni efficaci argomenti. Ora, critica è quell’attività intellettuale (sociale e politica) che – attraversando la crisi della modernità ed evitando di esserne riassorbita – genera un’insieme di forze che permette di trasformare realmente il mondo in cui viviamo, il suo sapere e la sua etica. La critica che diviene massa critica (sociale e politica) oltrepassa così la soglia storica che il potere impone ai movimenti critici. La critica, che non riesca a produrre una massa critica tale da superare la crisi, viene invece sempre riassorbita dal potere e non merita di essere riconosciuta come “il processo che ci libera da una condizione di minoranza”.
I. Per cominciare, vorrei dunque qui partire da un dato di fatto, non un’ipotesi ma appunto un dato: il concetto di sovranità moderna è in crisi. Ma poiché il concetto di sovranità moderna è una struttura nella quale, sotto la forma della sovranità, si organizza una certa idea della proprietà (privata e pubblica) ed una certa idea della rappresentanza politica, ne consegue che riconoscere la crisi della sovranità moderna significa anche problematizzare i concetti di proprietà privata e/o pubblica e il concetto di rappresentanza politica. I punti fermi di questo assunto mi sembrano essere stati posti da Antonio Negri, Claus Offe, Manuel Castels e Niklas Luhmann.1 Per tutti questi autori, il superamento dell’orizzonte sovranista deriva dall’insorgere di movimenti e di azioni collettive “irriducibili” alle strutture dello Stato sovrano della modernità, ed il conseguente tramonto della dogmatica giuri1 A. Negri La forma-Stato, Feltrinelli, Milano, 1977; C. Offe New Social Movements, in Social Research, vol. 52, n. 4, 1985; N. Luhmann Soziologie des Risikos, 1991; M. Castells The Power of Identity, Blackwell, 2004.
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dica moderna deriva dal configurarsi di movimenti immediatamente “costituenti”, capaci cioè di esprimere “costituzionalismo societale” alternativo alla teoria costituzionale stato-centrica. 2 Per dirlo in termini che mi sembra meglio corrispondano alla sensibilità culturale contemporanea, aggiungerei che parlare di crisi della sovranità moderna significa parlare della crisi di una “episteme” specifica. Che cos’è una episteme? Rispondendo con Foucault, “ce sont tous ces phénomènes de rapports entre les sciences ou entre les diffèrents discours scientifiques qui costituent ce que j’appelle épistèmè d’une époque” (e non val qui la pena di sottolineare che sempre si tratta non di strutture chiuse ma di un campo di gioco, di un rapporto aperto). Interroghiamoci allora su questo punto: in che cosa consiste specificamente questa crisi? Consiste nel fatto che noi non possiamo più considerare il mondo normativo (che si riferisce alla sovranità moderna) come autoconsistente; che dobbiamo analizzarlo invece in un nuovo contesto storico ed immergerci nella sua crisi, considerarne insieme la fenomenologia come esperienza del conflitto e/o dello scontro fra (e della trasformazione di) funzioni organizzate ed istanze innovative e/o spontanee. Per dirlo di nuovo, dobbiamo (quando siamo immersi nella crisi di una „episteme“, alla maniera di Foucault) porci nelle condizioni di modificare, insieme ai sistemi che organizzano il conoscere, le forme della produzione di questo ed i soggetti che lo producono. Destrutturare i sistemi vuol dire, in questo caso, ristrutturare le forme della conoscenza. Il fatto é dunque che assistiamo alla crisi di una „episteme“ tutt’ intera ed alle vicende che ne derivano. Vi sono alcuni luoghi privilegiati sui quali la nostra attenzione si fissa. Il primo é quello dell’economia politica. Si perdoni la priorità, forse démodé, di quest’attenzione all’economia politica che tuttavia trova ascendenti classici. La modernità ha infatti avuto, in maniera eminente, fra la filosofia scozzese del Settecento e lo Hegel di Jena, uno dei suoi ripetuti battesimi in termini, appunto, di critica dell’economia politica. Ora, detto in breve (ma la bibliografia é enorme), il concetto di capitale che un tempo, senza alcuna inflessione negativa, era considerato unificare il terreno sociale (e lo riconoscevono l’ideologia liberale come quella socialista), è oggi il primo oggetto a fronte del quale si possono verificare fenomeni di frammentazione. Infatti, mentre il cosiddetto “capitale variabile” (ovvero la forza-lavoro, oggi definita come immateriale ovvero cognitiva, cooperativa, soggettiva) sembra sempre meno partecipare del “capitale costante” (cioè del capitale in quanto 2 G. Teubner Social Constitutionalism: Alternatives to State-centred Constitutional Theory, in: Joerges, Sand, Teubner (eds.) Transnational Governance and Constitutionalism, Hart, 2004.
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macchinario, materie prime, e funzioni di comando), quest’ultimo sembra riuscire sempre più difficilmente a raccogliere il primo sotto il suo esclusivo controllo (e quindi a qualificare la forza-lavoro come “capitale variabile”): in ogni caso, il rapporto fra “capitale costante” e “capitale variabile”, fra comando del capitale sulla forza lavoro ed esodo di questa (in quanto forza-lavoro cognitiva) dal capitale, non è più contenibile dentro la classica legge del valore del lavoro né il rapporto è più misurabile. 3 A fronte di questa dismisura eccedente – incarnata dalla nuova figura della forza lavoro immateriale, il capitalismo cognitivo risponde con strumenti d’eccezione: la rendita immobiliare e fondiaria, la rendita finanziaria ecc., tentano di occupare il luogo del profitto, costruiscono nuove misure di una nuova accumulazione capitalista, e la regolazione monetaria mostra in maniera estrema un ruolo di comando nella decisione sulle “convenzioni” della riproduzione capitalista, e ciò sul terreno globale. 4 In risposta alla frammentazione non troviamo, dunque, inerzia. Se la dismisura eccedente rivela luoghi di resistenza, autonomi processi di soggettivazione, nuovi soggetti, essa d’altra parte identifica una risposta capitalista – che, attraverso la crisi, propone nuove strutture di comando. Insistiamo (sempre all’interno di questa prima riflessione relativa alla crisi dell’economia politica classica) su alcuni elementi che possono altrimenti essere fraintesi. Anzitutto la crisi del concetto di sovranità moderna, in quanto legato al concetto di capitale, si dà nella misura in cui quell’unità che Stato sovrano e capitale presupponevano, è oggi interrotta sia dal punta di vista spaziale (Stati e capitali nazionali a fronte della globalizzazione), sia dal punto di vista della regolazione del tempo di lavoro: è nell’organizzazione temporale che la forza lavoro cognitiva rompe (con la figura classica della “giornata lavorativa”) ogni tradizionale struttura di comando. Inoltre, sempre dal punto di vista della critica dell’economia politica, lo sviluppo capitalistico che (nella sua forma industriale) perfettamente si attagliava allo Stato-nazione, ora ne deborda assolutamente i limiti: il nuovo modo per contenere una forza-lavoro che eccede sia i limiti spaziali che quelli temporali dello Stato-nazione, consiste allora nel trasferimento dei processi di decisione dal livello industriale a quello finanziario. Il capitale finanziario, il mondo della finanza, si presentano come strutture autoreferenziali; al loro interno la regola monetaria è sviluppata in maniera completamente indipendente dai flussi dell’economia reale. Quello che è interessante sottolineare è che, in questo quadro, anche il concetto di proprietà viene modificandosi radicalmente. Non si parla più di una relazione fra lavoro e proprietà, non si parla più di un’istanza possessiva legata alla genesi ed all’espansione dell’in3 C. Vercellone (dir.), Sommes nous sortis du capitalismo industriel?, Paris, La dispute, 2003, e Y. Moulier Boutang Le capitalisme cognitif, Paris, Amsterdam, 2007. 4 André Orléan Le pouvoir de la finance, Odile Jacob, Paris, 1999.
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dividualismo, si parla piuttosto di un nuovo “patrimonialismo” che trova consistenza negli assetti finanziari, nella più piena astrazione del processo lavorativo e nell’esaurimento delle sue forme giuridiche tradizionali. 5 In secondo luogo, frammentazione ed eccedenza si mostrano dal punto di vista della teoria dello Stato. Mi piace qui ricordare quello sviluppo delle teorie “sistemiche” che a partire dalla considerazione dei fenomeni della globalizzazione hanno cominciato parlare di processi di “costituzionalizzazione senza Stato”, vedendo, nel trasferirsi dei poteri decisionali dal government alla governance porsi un “governo aleatorio della contingenza”. In effetti, lo sviluppo frammentario delle funzioni giuridiche, sia a livello interno che a livello internazionale, a livello amministrativo come a livello politico (è importante che il rapporto locale/globale, micro/macro sia sempre qui ritenuto nella sua immanenza), non é contenibile dentro un quadro sistemico. 6 Riconoscere questa “incontinenza” sistemica non significa rivalutare o reinventare una linea “istituzionalista” che metta in movimento una ricostruzione dal basso dell’ordinamento ma piuttosto riconoscere l’insorgere e il prosperare di una situazione caotica, dentro la quale si duplicano e/o si moltiplicano le istanze di governo (governance). Tutto ciò libera eccedenza fuori dal sistema e dall’interno della sua frammentazione, nei suoi interstizi, fra conflitti e collisioni di razionalità diverse e diverse architetture genealogiche delle norme ecc. 7 Il passaggio dal government alla governance rappresenta così un passaggio che frantuma la regolazione unitaria del sistema del diritto pubblico. Quando consideriamo questo passaggio, dobbiamo vederlo in tutte la sua estensione: è un passaggio dalla regola unitaria e deduttiva ad una norma plastica e pluralista. Non si tratta di sbalordire se, all’interno di questo sistema, nel flusso dinamico e molteplice delle produzioni normative, di tanto in tanto si ricorre all’”eccezione”. Per quanto mi riguarda, sono vicino a coloro che considerano l’”eccezione” spalmata ormai sull’intero processo normativo. Questo, evidentemente, toglie (per così dire) l’eccezione all’eccezione tanto quanto ha tolto la norma al “diritto di eccezione” (come esso è stato definito nella tradizione giuridica della modernità). Il punto consiste nell’impossibilità di bloccare le resistenze che si oppongono allo sviluppo lineare di una volontà giuridica centralizzata: ciò conferma, nel sistema giuridico, la percezione di rottura che già nella critica dell’economia politica avevamo sottolineato. 5 André Orléan L’individu, le marché, l’opinion: reflexions sur le capitalisme patrimoniale, in: Esprit, Novembre, 2000. 6 G. Teubner La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione. L’emergere delle costituzioni civili, Roma, Armando, 2005. 7 G. Teubner The Anonymous Matrix: Human Rights Violations by “Private” Transnational Actors, in: Modern Law Review, 2006, vol. 69, n. 3.
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Vale la pena, a questo punto, di riconoscere al sistemismo luhmanniano di avere anticipato la descrizione delle dinamiche di questa frammentazione a-venire, di averle (con gesto forte) in qualche modo sollecitate – a partire dalla consapevolezza della compresenza “asimmetrica” e critica dei flussi normativi e delle istanze di autorganizzazione. Ciò riconosciuto, si deve aggiungere che quest’operazione teorica nascondeva, per così dire, un atteggiamento scettico, „libertino“ („bisogna che tutto cambi perché nulla cambi“), insomma un’opzione “cinica”, nel senso abusato del machiavellismo, piuttosto che un’apertura alla potenza dell’inorganizzato, dell’asimmetrico, dell’autonomia. Se sottolineiamo questo aspetto dell’azione luhmanniana, non é certo per denunciarne o castigarne l’influenza. È piuttosto per porre un problema che qui non potremo affrontare: quello della centralità dell’innovazione, dell’autonomia, dell’asimmetria nella “produzione di soggettività”. Vorremmo tuttavia insistere sul fatto che nel sistemismo (così come in generale nelle posizioni post-strutturaliste) gli elementi innovativi vengono considerati come effetti marginali, prodotti della decostruzione e non, invece, come tensioni ricostruttive e costituenti che vanno collocate al centro di ogni “ontologia del presente”. 8 Il terzo terreno sul quale il rapporto fra frammentazione ed eccedenza si dà, ed è ampiamente registrato, è quello etico-politico di definizione del soggetto giuridico. Ora, nella condizione storica attuale, i concetti di coscienza e di responsabilità risultano ormai frammentati dentro processi di soggettivazione che laminano l’identico ed ogni presupposto di determinazione individuale. 9 Perché? Per le ragioni già viste ai punti precedenti – quando cioé la responsabilità strumentale non trova più la misura di una sintesi ordinata degli interessi; quando la presa di coscienza individuale del diritto non trova più sbocchi produttivi della (o per la) libertà di tutti. Si dovrà allora riconoscere che l’eccedenza si dà qui in termini irriducibili alle determinazioni trascendentali dell’individualismo, che contenevano sempre – nella dimensione possessiva – pulsioni verso la mediazione dialettica. Di contro, l’eccedenza produce singolarità e il singolare s’iscrive nel comune, la parola nel linguaggio, l’evento nella storia. I processi conoscitivi si distendono dentro complessi dispositivi che si aprono tra il passato e l’a-venire. La temporalità costituisce una freccia che segna non solo successioni ma innovazioni. Eccoci vicini ad una concezione ed ad una pratica del diritto che finalmente si riappropria il tempo. L’insieme di queste annotazioni va anche riportato alla crisi della rappresentanza politica. È, infatti, nella crisi dei rapporti strutturali interni al con8 M. Hardt, A.Negri The Labour of Dionysos, Minnesota U.P., 1996; A. Negri Fabrique de porcelaine, Stock, Parigi, 2006. 9 M. Hardt, A.Negri The Labour of Dionysos, cit. pp. 114–115, 147–148.
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cetto di capitale ed al concetto di diritto pubblico che si colloca la frammentazione della rappresentanza politica. Il concetto di classe, di strato sociale, di ceto sono ormai indefinibili: come potrà darsi un’idea coerente di rappresentanza cetuale, corporativa, classista e/o nazionale, è diventato ormai un enigma. Forse (ma vedremo più tardi che questo „forse“ può essere cancellato), l’unico modo per entrare criticamente nel mondo del „normativo frammentato“ (cioè dentro quella realtà giuridica in crisi e/o in trasformazione che oggi é dominante) ovvero (rovesciando la prospettiva) nel „costituzionalismo sociale” (alla maniera dei postsistemisti) é quello di ricercare se, alla frammentazione del mondo normativo, corrisponda (mai in maniera isomorfica ma piuttosto in modo caotico e non omologante) un’eccedenza costituente.
II. Dopo aver visto l’ipotesi di crisi (ed aver già alluso ad una linea di fuga) poniamoci il problema del tessuto della crisi dell’episteme moderna della sovranità. Affermiamo subito che quando si configura questo processo di frammentazione e di eccedenze, noi possiamo riconoscerlo come costitutivo di un tessuto biopolitico. Quando parliamo di un tessuto politico vivente ci riferiamo, evidentemente, a Foucault. Ma non semplicemente a Foucault: per noi, infatti, sono a questo proposito rilevanti due altre esperienze teoriche. La prima è quella impiantata nello storicismo tedesco – nelle sue più rilevanti espressioni che si costituiscono nella tensione della genealogia niceana; l’altra esperienza è quella che ci deriva dall’”operaismo” italiano e dai sui presupposti teorici in una certa interpretazione di Marx e del marxismo occidentale (dal primo Lukacs a Socialisme ou barbarie a Lefort). (È chiaro che, dentro questa prospettiva, le nostre referenze allo Historismus, fin dall’inizio, si trovino in opposizione alla tradizione interpretativa che va da Max Weber a Raymond Aron). È dunque, questo, un tessuto storico e politico, definito da potenze che operano trasversalmente, determinando (attraverso rapporti di forza, relazioni epistemiche, atti volontari, tecnici e produttivi) contesti comportamentali e normativi: “modi di vita” e forme di partecipazione alla polis. Noi, di conseguenza, consideriamo questo tessuto un tessuto biopolitico espressivo. La capacità di espressione che lo percorre ne rivela la pienezza cognitiva e corporea, ne riconosce la consistenza singolare e le dinamiche desideranti, possiede la potenza dell’attività “attuosa” e della produzione di soggettività – sintesi non dialettica ma costituente, labirintica piuttosto che sistemica.
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Ora, alcuni interpreti di Foucault e teorici del biopolitico (affrontandone le tematiche sia sul terreno economico che su quello giuridico, ma soprattutto sul terreno etico-politico attorno ai temi della metodologia storica) hanno tentato di chiudere quella dimensione biopolitica dentro la figura del biopotere (R. Esposito, Communitas. Origine e destino della comunità, Torino, Einaudi, 1998). Di contro, noi sosteniamo la relativa separatezza concettuale delle due categorie/concetti: „biopolitica“ e „biopotere“. Non che questi concetti non possano darsi in interfaccia, non che essi non vivano e si costituiscano l’uno dentro l’altro – ma sempre di più (proprio perché non costituiscono un dualismo assoluto) essi marciano in direzioni diverse e singolari. La prima (la biopolitica) è consistenza singolare, insistenza comune, azione plurale e costitutiva, produzione di soggettività, rapporto di differenza/resistenza, espressione ontologica. In questa prospettiva la biopolitica rappresenta il momento di passaggio dalla politica all’etica, è–come dice Foucault–“la remise en question des relations de pouvoir, et de l’ “agonisme” entre relations de pouvoir et intransitivité de la liberté”. Il secondo (il biopotere) è estensione ed efficacia di un potere trascendente attraverso tutti i nodi dell’esistente. La vita è resa parte di un campo di potere. Questa separatezza dei concetti è da Foucault posta ed insistita. La “produzione di soggettività”, nella sua opera, si libera progressivamente da ogni contenitore precostituito, mentre la potenza della soggettività si mostra (e – ciò che è molto più importante – si dichiara) non omologabile al biopotere. Di nuovo Foucault: ”au cours de leur histoire, les hommes n’ont jamais cessé de se costruire eux-memes, c’est-à-dire de déplacer continuellement leur subjectivité, de se constituer dans une série infinie et multiple des subjectivités différentes et qui n’auront jamais de fin et ne nous placeront jamais face à quelque chose qui serait l’homme”. La produzione di soggettività é, come abbiamo già detto, ontologicamente consistente. Così Foucault si libera da ogni relativismo. Non c’è dunque possibilità di rinchiudere il foucauldismo nel sistemismo classico, e neppure – com’è evidente – nello storicismo. In Foucault, il concetto di biopolitico può confondersi ma mai ridursi al concetto di biopotere: il potere è sempre predicato, in Foucault, in maniera non omologa né univoca, bensì singolare ed ontologica. Il potere è differenza, dualismo, e quindi può divenire rapporto molteplice, dispositivo multiplo, rapporto sociale.10 Ciò che, a questo punto, è tuttavia molto rilevante sottolineare, è che anche il sistemismo tedesco, nel suo sviluppo (fra Niklas Luhmann e Gunther Teubner) ha raggiunto analoghe conclusioni.11 Nelle società post-moJudith Revel Dictionnaire Foucault, Paris, Ellipses, 2007. K.H. Ladeur Post-Modern Constitutional Theory: A Prospect for the Self-Organising Society, 1997, vol. 60, n. 5. 10
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derne, il diritto deve strutturalmente convivere con i „paradossi“ che il suo sviluppo determina (intendendo per “paradossale” il confronto contraddittorio fra opinioni e/o norme comunemente ammesse, ovvero “controsenso”.12 E se la questione della ricomposizione può/deve proporsi, in essa ci si potrà/dovrà solo chiedere quale sia il grado/il quantum di collisioni che una società giuridica possa permettersi. Questa conclusione degli epigoni del sistemismo, pur nella fresca potenza della sua affermazione, non sembra tuttavia liberarsi da un certo pessimismo di fondo: la frammentazione è colta, bene – ma che cos’è l’eccedenza? Ciò che abbiamo sotto i denti è forse, ancora e sempre, solamente frammentazione?
III. Come abbiamo già visto, dinanzi a ciascuno dei momenti di crisi dei concetti trascendentali della statualità moderna, noi vediamo sorgere delle linee di fuga, che vengono inseguite (riappropriate e risistemate da macchine di government) e talora, sempre di più, segnate da esperimenti di governance. La governance, qui, non è più (come si comprende da quanto detto prima a proposito della frammentazione del contesto biopolitico) una possibilità, una semplice opportunità ma diviene una necessità. Una necessità del tutto particolare: se infatti, in questa contingenza, la governance tenta di approssimare, attraverso e contro la frammentazione dell’ordinamento giuridico, la ricomposizione dell’ordinamento con nuovi strumenti (quelli propri della governance appunto) – quando ciò (a confronto con difficoltà troppo dure) non si ottenga, avviene allora che la governance possa sistematicamente presentarsi come eccezione, decisione sull’eccezione, prodotta dunque da attori e poteri di eccezione. L’eccezione si spalma sul sociale, soprattutto laddove la crisi produce più espliciti effetti paradossali (del tipo, per esempio: liberismo/colbertismo, circolazione migrante/blocco e riedizione di ideologie razziste, culto e premio del lavoro/generalizzazione del precariato, apologia del lavoro senior/abbassamento della condizione pensionista, ecc.). Possiamo seguire questa complessa vicenda cercando di identificarne le trafile, sottolineando che molto spesso producono effetti negativi. Tenteremo dunque di coglierne – per così dire – il dark side. Ma che cosa significa? Se si guarda a questi processi da un punto di vista intensivo, e cioè soprattutto dal punto di vista del diritto interno, dobbiamo riconoscere che la crisi si esprime essenzialmente sui nodi della mediazione interrotta. Nelle strutture moderne del diritto statuale continentale europeo, così come nelle pratiche del mondo giuridico atlantico, i criteri di mediazione e di traduzione/ 12 Vedi M. Blecher Law in Movement. Paradoxontology, Law and Social Movements, in: Dine, Fagan (eds.), Human Rights and Capitalism, Elgar, Cheltenham, 2006.
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trasformazione dei sistemi normativi erano essenzialmente quelli della interpretazione/consuetudine/analogia e della proiezione giurisprudenziale espansiva delle regole esistenti. Ma oggi, a fronte della profondità e delle dinamiche della frammentazione – come abbiamo visto – non si dà più possibilità di mediazione interpretativa e progressiva. Ma se non si dà più possibilità di far riferimento a misure o a rapporti determinati, la mediazione giuridica crolla, perché essa era per definizione quella cosa lì. Interviene allora (su questo limite) la governance, per costruire ibridi che – attraversando le frammentazioni – tentano di metterle in rete e nello stesso tempo propongono sempre nuovi terreni di autonomia e di relativa centralità, sui quali le contraddizioni e/o le collisioni potrebbero risolversi. Spesso si tratta di compromessi. Il problema non consiste nel fatto che i compromessi abbondino ma nel fatto che essi siano illusori e in sempre maggior misura piegati sul lato dei biopoteri. Si consideri che (se prendiamo questo processo dal punto di vista sostanziale, e cioè dal punto di vista della costituzione materiale e dei rapporti che la governance stabilisce con i principi di mercato e di rappresentanza degli interessi) – se dunque consideriamo in questa luce la governance, possiamo notare che solo il mercato è assunto qui come autentico “principio di realtà”.13 Ne segue che – anche quando (come avviene nei periodi di crisi) si voglia ritornare ad una certa regolamentazione del mercato, la governance non riesce comunque a mettere in gioco una più larga ed adeguata distribuzione dei poteri – che dunque possa avere una capacità performativa di partecipazione democratica: “è piuttosto all’opera, anche se non univocamente, un meccanismo di ripartizione degli spazi e un algoritmo di gestione dei tempi di governo che agisce da filtro dell’agenda istituzionale a seconda delle mutevoli configurazioni assunte dalle costellazioni degli interessi sociali e dei loro contingenti rapporti di forza”.14 Ciò vale anche dal punto di vista estensivo, in riferimento al diritto internazionale. Anche in questo caso la mediazione non trova più rapporti fissi (riconducibili a misura istituzionale) sui quali esercitarsi: e la scienza giuridica internazionalista lo riconosce.15 Ne consegue la consapevolezza di muoversi in una specie di caos (mitigato dalla presenza – limitata ma attiva – di una serie di organismi internazionali): anche qui strati diversi di organizzazione e di produzione normativa si incrociano con insorgenze di eccezione decisionale. Così, fra le figure del diritto interno e del diritto internazionale scorrono processi fluidi e non determinabili: alla “mediazione interrotta” dei processi di diritto interno corrisponde un certo mitigato caos 13 U. Broeckling, S. Krasmann, Th. Lemke Gouvermentalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt, Suhrkamp, 2000. 14 Sandro Chignola In the Shadow of the State, seminario Uninomade, Padova, 2007. 15 A. Fischer-Lescano, G.Teubner Regime-Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law, in: Michigan Journal of International Law, 2004.
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nel diritto internazionale, un’interdipendenza basata su sistemi di forza, su soft powers ed egemonie locali, che cerca di attenuare le figure di frammentazione ed eventualmente di affermarsi (nella situazione “globale” odierna) oltre l’alternativa fra unilateralismo e multilateralismo. Dopo la crisi dell’ unilateralismo non c’è infatti ritorno all’”ordine westfaliano” – c’è piuttosto un ibrido comunitario che compone le differenze senza raccogliere le eccedenze (o piegandole alla ragione del più forte). L’attuale revisione delle teorie e delle pratiche del diritto internazionale, alla luce – per esempio – del “nuovo realismo” di R.O. Kehoane e di J.S. Nye porta l’attenzione su un pluralismo di relazioni internazionali che la governance globale rilancia, trovando nello Stato-nazione uno snodo di costruzione neo-istituzionale e in queste forme postsovrane di governo internazionale un dispositivo di intervento aleatorio.16 Dark side della governance significa dunque, allo stato attuale della ricerca, “tentativo” di soluzione “eccezionale” della “mediazione interrotta”: tentativo, eccezione, aleatorietà, in condizione di crisi. E’ utile osservare che – avendo la governance decisamente introdotto la temporalità nel diritto – il dark side della governance, che segue alla frammentazione dei terreni canonici di applicazione del diritto, si presenta soprattutto in una prospettiva temporale. Qui la distinzione classica fra “effettività” e “legittimità” del diritto si presenta, essa stessa, come crisi. Si ricordi che la legalità è definita come una qualità del diritto quando il suo insieme – ed i poteri di applicazione – si adattano a criteri di conseguenza logica – materiale e formale; l’effettività consiste invece nell’adeguatezza (e nella possibilità di rinnovarne l’applicazione) della regola al caso concreto. Nella storia moderna del diritto, perché un sistema funzioni, si assume che legalità ed efficacia si sovrappongano, quando non coincidano. Di contro, oggi, nella governance, esse si mostrano (piuttosto che come equazioni) come dispositivi aleatori, frammischiati e spesso indistinguibili. Ciò che legalmente vale non è concretamente/effettivamente afferrabile. In questa prospettiva la sovranità – invece che darsi in termini autoreferenziali – sembra essere trascritta in termini apertamente negoziali. Nel descrivere la governance, la scienza politica preferisce evidenziare un’ottica di regolazione bottom-up, sostituendola alla classica filiera top-down: in questo quadro abbiamo maggiore collaborazione fra lo Stato e gli attori non statuali, un’attenuazione della tradizionale separazione tra pubblico e privato, l’acquisizione di rappresentanze di interessi e di organizzazioni non governative ecc. ecc. Di conseguenza, come già si diceva, dentro le procedure del controllo di legittimità, quello che soprattutto risalta è una “faccia di eccezione”: una 16 R.O Kehoane, J.S. Nye Between centralisation and Fragmentation, Kennedy School of Government, 2001.
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eccezione che si spalma sulla durata (anziché rappresentarsi, come nella teoria originaria dello “stato d’eccezione”, puntualmente, come evento e decisione). Anche in questo caso, la teoria giuridica ricorre ad alibi – nella fattispecie “istituzionalisti” – per nascondere il paradosso dell’aleatorietà legale e della caotica effettività materiale delle pratiche di governance. Ma si tratta, evidentemente, di tentativi di poco conto ed inverosimili: laddove le sequenze instituzionaliste costituiscono coerenti profili di legittimità (anche quando non creano limpide figure di legalità formale), qui le soluzioni giuridiche sono piuttosto il ricalco di convenzioni sociali, sempre rinnovate o, addirittura, la registrazione di ambigui compromessi.17 Talora, in fine, per nascondere queste difficoltà, si suppongono “poteri latenti”, metodologie e/o pratiche di ricomposizione giurispudenziali dei sistemi o di articolazione degli interventi governativi. È comunque interessante notare come tutti e ciascuno di questi momenti di frammentazione ed il conseguente travaglio di ricomposizione introducano vera temporalità laddove il formalismo giuridico aveva esercitato l’epochè di ogni determinazione temporale della regola giuridica. Così vediamo qui rappresentarsi, la frammentazione (e l’avaro tentativo di un suo superamento) come il punto più alto di una crisi e di un’eccedenza dark side: la corruzione.18 È, infatti, dentro la discontinuità inafferrabile e multilaterale, caotica e dissipativa dei processi giuridici che la corruzione s’insedia, non solo come elemento di debacle morale dinanzi alla prepotenza del potere e/o del denaro, ma come determinazione intrinseca e funzionale alla governance, vero e proprio aspetto di una perversa ontologia della governance. Quando parliamo di corruzione, sia chiaro (lo ripetiamo), che non insistiamo sulla dimensione ontologica: corruzione come il contrario di generazione, come distruzione dei processi di produzione vitali e, nel caso, istituzionali. È chiaro che qui stiamo descrivendo (ed insistendo su) concezioni e processi della governance che a noi sembrano decisamente negativi. Perché non riescono a più a costruire un universo di sicurezza e di felicità, e neppure a farcelo intravedere. C’é un sentimento d’impotenza, qui presente, che taluni hanno considerato tipico della sensibilità post-moderna. Si dice ad esempio: é per noi impossibile mettere in atto procedure che permettano, nel caos 17 N. Luhman Legitimation durch Verfahren, Frankfurt, Suhrkamp, 1969; A. Febbrajo, G. Teubner State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Milano, Giuffré, 1994; G. Teubner Global Law without State, Aldershot, 1997. 18 J. Dine The Capture of Corruption, Complexity and Corporate Culture, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008; da consultare online nel sito .
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attuale, di combinare istanze democratiche, tecnologiche e giurisdizionali nella costruzione di finalità comuni; oppure si dice: siamo ormai in una situazione nella quale elementi della costituzione, definiti un tempo come „formali“ o come „materiali“, non riescono più a trovare un cammino comune (lo abbiamo già notato ragionando della crisi del rapporto fra legalità ed effettività nell’ordinamento giuridico attuale); o, ancora, l’orizzontalità del network non riesce ad imporsi come tendenzialmente egemone, ed anche quando ci riuscisse, questo non significherebbe affermazione di un dispositivo democratico. Che cosa significa più, in questo caso, il concetto stesso di governance che – nella funzione e nella tradizione – allude comunque ad una certa orizzontalità? Tra il 1400 ed il 1600, fra John Fortscue e Coke il concetto di good governance, si riferisce infatti ad una formula di government in cui “full right is done to every man”: l’idea di libertà si pone dunque come fondamentale attraverso la governance. Ma non è qui, nella nostra situazione multitudinaria, che noi potremo verificare l’illusione utopica nella genesi moderna della civiltà borghese! Potremmo continuare a portare argomenti in questo senso. Ma allora, una volta sottolineato tutto questo, concluderemo al disincanto e ad una posizione scettica? Finiremo anche noi per scivolare dentro quel „libertinage erudit“ che già abbiamo denunciato in taluni nei giuristi post-moderni? Quel che imbarazza, in questo caso, non é tanto la forte sfiducia che i post-sistemisti sentono nei confronti della capacità di una progettazione comune del potere – e non ci stupisce il fatto che un forte scetticismo metafisico sia talora qui ripreso sulle orme del decostruzionismo.19 Quello che sembra strano é che i sistemisti post-moderni pensino che questa loro posizione possa reggersi – autonomamente – e in maniera “politicamente corretta” – e non essere essa stessa travolta dalla deriva della corruzione. Un’ ultima osservazione a questo proposito. Il processo di crisi nel quale siamo immersi è nuovo, è un processo innovatore da tutti i punti di vista. La crisi che qui si definisce non è qualcosa che possa essere fissata sul (o retrocessa al) terreno della modernità. E’ crisi, situazione, problema, del tutto contemporanei. Quelli che considerano la contemporaneità come eccesso del moderno, come ipermoderno, hanno tentato di tenerci al di qua di questa condizione – non è possible: qui siamo già completamente al di là del moderno, fuori dalle sue categorie. 20 Diciamolo come lo dicono i postsistemisti nella loro polemica contro i preconcetti della modernità: quando “funzione” e “mediazione” non sono più strumenti metodologici di costruzione 19
Vedi M. Blecher Mind the Gap, in: M. Blecher, G. Bronzini, J. Hendry, C. Joerges, and
EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements’, European Journal of Legal
Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008; da consultare online nel sito , e gli ampi riferimenti bibliografici all’interesse che il metodo di Derrida suscita in Teubner e nei suoi allievi. 20 A. Negri Fabrique de Porcelaine, Stock, Parigi, 2005.
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sistemica, allora “Max Weber è finito”. Soddisfazione comunque relativa, la nostra: quello che viene, dopo la razionalità funzionale, è infatti la corruzione; se il government della modernità funzionava sull’agire strumentale, la governance, contemporanea, spalmata sull’esistenza intera e mobilitata dai biopoteri, funziona sulla corruzione.
IV. Dobbiamo ora ritornare all’inizio della nostra discussione, laddove, accanto all’osservazione delle eccedenze che erano contenute e bloccate dalla governance (esercitata sulla frammentazione dell’ordinamento), avevamo insistito su quelle altre eccedenze che, (rovesciando la prospettiva) sembravano invece definirsi in forma costituente. La nostra ipotesi è dunque che eccedenze positive si rivelino come resistenza e conseguente potenza di produzione politico-instituzionale. Questa emergenza si dà su quel medesimo terreno che abbiamo fin qui descritto come un sistema di biopoteri chiamato governance (un terreno davvero “mostruoso”, lo abbiamo definito altrove!). 21 L’ipotesi è dunque che la “lotta per il diritto” (così come la sosteneva Rudolf von Jhering) ricominci qui ed ora. Viviamo un periodo di transizione. Siamo usciti dalla modernità per entrare in un’epoca nuova, la contemporaneità (non più dunque un epoca definibile sotto la relazione del post – non più postmoderna, postfordista, postcritica ecc., non più semplicemente questo): il “salto qualitativo” c’é stato. Non c’é nulla di più insensato (semplicemente restando sul terreno del diritto) di pensare che la “bella coscienza” giuridica del secolo XIX ° possa riapparire, rivivere, ricostituirsi dopo il XX ° secolo (“breve” o lungo che esso sia considerato!). Il solo fenomeno della globalizzazione toglie di mezzo radicalmente questa presunzione. Prima della globalizzazione la coscienza giuridica era trattenuta (e talora asfissiata) dallo Stato-nazione. Ma non basta – vi erano altri fenomeni che ancora più fondamentalmente caratterizzano la modernità giuridica. In una prospettiva di lotte, sarebbe sufficiente pensare alle forme di espressione delle classi subalterne nelle esperienze del XIX ° e XX ° secolo, e cioè alla relativa impotenza ed alla continua ribellione in cui vissero nel XIX ° ed all’esperienza, eroica ma disperata, dei “costruttori dello Stato socialista” nel XX ° secolo. Questa eredità è drammatica. Essa attraversa la sconfitta dei movimenti sociali dell’epoca fordista (a partire degli anni Settanta del XX ° secolo), registra l’estinzione lenta ed inesorabile del Welfarestate e la fine del “diritto del lavoro” sociale e costitu21
A. Negri in: Multitudes, n. 33, giugno 2008.
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ente. 22 E tuttavia si rivela anche, come in un risvolto positivo, nella qualità e nell’intensità delle attività sociali e politiche dei movimenti postfordisti. Voglio dire che la governance sociale contemporanea è costretta ad assumere ed a rappresentare, lungo nuovi diagrammi, pretese giuridiche e potenze politiche che i nuovi movimenti hanno espresso: questi movimenti non sorgono dal nulla ma da un’accumulazione di esperienze che ha trasformato le stesse condizioni e strutture antropologiche del diritto. Nella transizione, dunque, i movimenti si determinano come forze politico-istituzionali (virtuali, spesso – ma il rapporto tra potenza e atto é sempre presente alla speranza dei soggetti oppressi e si mostra come pericolo incombente per i biopoteri). Il margine frammentario dei sistemi può essere dunque oggi attraversato da dispositivi costituenti. 23 Ma vi è di più. Una volta assunto che il salto qualitativo dalla modernità alla contemporaneità si sia dato, ci si deve chiedere se un nuovo grand recit non sia di nuovo divenuto possibile. Per quel che mi riguarda, direi che abbiamo oggi bisogno di una “disutopia” costruttivo di un nuovo recit di quel che nel futuro ci troveremo a vivere. Ogni tentativo di costruire, da elementi parziali di un nuovo ordine esige, pone come necessaria la narrazione di un progetto. Se nella seconda metà del XX ° secolo la critica del grand recit fu vincente, lo fu perché i suoi parametri narrativi appartenevano al passato: non potevi raccontare nulla che non fosse già risaputo ed esaurito. Ma oggi, dentro la crisi che viviamo, è il momento di un nuovo Aufklaerung, oggi è possibile “osare sapere”! Vale qui la pena di sottolineare ancora il limite delle posizioni di coloro che, pur avendo inteso l’attuale crisi della dimensione ideologico-politica della modernità, sviluppatasi nell’egemonia della governance biopolitica, propongono vie di fuga che dimenticano le dimensioni e la qualità del fenomeno. Non si può infatti assumere (come questi autori fanno) nella critica, nella pars destruens, il biopolitico come condizione centrale del dispositivo etico (affermativo, dunque, anche se problematico) e poi, nella pars costruens del ragionamento filosofico, abbandonarsi al biopotere, tremare e nascondersi “inoperosamente” davanti a lui. È questo, ancora, nella tradizione del libertinage érudit: “bene vixit qui bene latuit”. Ed ancor più vale la pena qui di sottolineare il limite “tragico” di coloro che vedono nell’“evento”, nella sua “trascendenza”, oppure nell’”immanenza”, sul “margine” estremo di una universalità “nuda”, la determinante dell’eccedenza. Un evento, dunque, senza continuità, senza istituzione, senza positività costituente. 24 A. Supiot Au-delà de l’emploi, Flammarion, Paris, 1999. G. Allegri I mille piani dei movimenti sociali nell’Europa unita, in: Peter Wagner (ed.), Europa, Costituzione e movimenti sociali, Il manifesto, Roma, 2003. 24 A. Badiou L’Être et l’événement, Seuil, Parigi, 1988, e G. Agamben, Homo Sacer. Il potere sovrano e la nuda vita, Torino, Einaudi, 1995. 22 23
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Chissà perché! L’impressione é che, in questi casi, si presenti di nuovo quella teleologia negativa dell’essere che va da Spengler ad Heidegger. Un’ultima notazione. L’asimmetria tra frammentazione ed eccedenza va colta ed insistita su un terreno filosofico che rifiuti ogni ultimo segno di trascendentalismo – nella fattispecie, ogni residuo di quelle molteplici forme di neokantismo che tanto male hanno fatto alla scienza sociale ed alla filosofia – che si pretendevano “critiche” – nella Mitteleuropa. È molto bello che siano gli scienziati del diritto a cogliere lo spirito della nuova epoca, di contro a ingombranti tradizioni filosofiche.
Law as a Strange Loop Oren Perez*
“‘How would you like to live in Looking-glass House, Kitty? I wonder if they’d give you milk in there? Perhaps Looking-glass milk isn’t good to drink – But oh, Kitty! now we come to the passage. You can just see a little PEEP of the passage in Looking-glass House, if you leave the door of our drawing-room wide open: and it’s very like our passage as far as you can see, only you know it may be quite different on beyond. Oh, Kitty! how nice it would be if we could only get through into Looking-glass House! I’m sure it’s got, oh! such beautiful things in it! Let’s pretend there’s a way of getting through into it, somehow, Kitty. Let’s pretend the glass has got all soft like gauze, so that we can get through. Why, it’s turning into a sort of mist now, I declare! It’ll be easy enough to get through’ – She was up on the chimney-piece while she said this, though she hardly knew how she had got there. And certainly the glass WAS beginning to melt away, just like a bright silvery mist. In another moment Alice was through the glass, and had jumped lightly down into the Looking-glass room.” Carroll, L, Through the Looking Glass, (London, Penguin Books, 1872, 1994) 21.
One of the most important theoretical achievements of Gunther Teubner and Niklas Luhmann lies in the articulation of a sociological explanation of the role of paradoxes and self-reference in the dynamics of law.1 Paradoxes, inconsistencies and self-reference are, Teubner and Luhmann argue, essential attributes of law as a social system – critical features of its dynamics and evolution. This thesis stands in sharp contrast to the attempts – by law and economic scholars and legal logicians – to present the law as a system driven by a coherent calculus of efficiency or as a set of consistent normative prop1 * I would like to thank Yitzhak Benbaji, Dan Wielsch and Peer Zumbansen for comments on an earlier draft of this paper. 1 Teubner and Luhmann can be associated with a more general stream of critical legal thought, which emerged in the 1970s, and includes the critical legal studies movement, feminist critique and deconstruction. However, their articulation of the paradoxicality of law is probably the most eloquent. See, e.g., Sunder, M ‘Cultural Dissent’ (2001) 54 Stanford Law Review 495; Collins, H ‘Law as Politics: Progressive American Perspectives’ in Jurisprudence and Legal Theory, in J. Penner, D. Schiff and R. Nobles (eds) (Oxford, Oxford University Press, 2002) 279; Balkin, JM ‘Deconstructive Practice and Legal Theory’ (1987) 96 Yale Law Journal 743.
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ositions. The system-theoretic outlook of law, which was developed by Teubner and Luhmann, provides in that sense a powerful counter-narrative to the visions of law and economics and analytical jurisprudence. I have two goals in this paper. First, I want to shed further light on Teubner and Luhmann’s thesis regarding the paradoxical nature of law, drawing on ideas from set theory and the work of M. C. Escher. Teubner and Luhmann’s thesis is part of an extensive body of thought exploring the dynamics of complex, self-organizing systems. I will compare in this context the articulation of consciousness in Douglas Hofstadter’s recent book „I Am a Strange Loop“ and the conceptualization of law in Teubner and Luhmann’s writings. 2 Second, I want to highlight an important and somewhat overlooked disagreement between the two thinkers regarding the question of the crispiness (or fuzziness) of the concept of legal autonomy. The idea of fuzzy law challenges the Gordian Knot that Luhmann has postulated between the autonomy of law and the binary form of legal communication. Solving the crispy-fuzzy dilemma is crucial, I will argue, for achieving a better understanding of the dynamics and evolution of law. The paper’s last section explores this dilemma, highlighting the key theoretical challenges associated with it.
I. Paradox, Paralysis and Legal Dynamics: the Story of Protagoras and Euathlus The claim that law is paradoxical and self-referential, which was put forward in such force and eloquence by Teubner and Luhmann, raises deep questions about the capacity of law to sustain itself against the risks of total paralysis, infinite regress and self-destruction. The Greek story of Protagoras and Euathlus provides an insightful illustration of these fears. 3 Protagoras, „the keenest of all Sophists,“ taught rhetoric and argumentation. 4 Euathlus became a pupil of Protagoras. It was agreed between the two that Euathlus would pay Protagoras’ fee after Euathlus had won his first case. 5 After having been a pupil of Protagoras for some time, and having made Hofstadter, D I Am a Strange Loop (New York, Basic Books, 2007). The following exposition draws on the writings of Aulus Gellius. Aulus Gellius The Attic Nights of Aulus Gellius 404–09 (E.H. Warmington ed., John C. Rolfe trans., Harvard University Press rev. ed., 1970) (1927). For further discussion on Protagoras and the paradox see: Davison, JA ‘Protagoras, Democritus, and Anaxagoras’ (1953), 3 Classical Quart. 33, 38; Sobel, JH ‘The Law Student and his Teacher’ (1987) LIII Theoria 1. 4 Gellius id. at 405. 5 Gellius writes that Euathlus paid Protagoras half of the fee before beginning his lessons and agreed to pay the remaining half „on the day when he first pleaded before jurors and won his case.“ Gellius above n 3, at 407. 2 3
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considerable progress in the study of legal argumentation, Euathlus had not undertaken any cases. Protagoras decided to demand his fee according to the contract, and he brought a suit against Euathlus. Protagoras and Euathlus presented their arguments before the court. Protagoras began as follows: Let me tell you, most foolish of youths, that in either event you will have to pay what I am demanding, whether judgment be pronounced for or against you. For if the case goes against you, the money will be due me in accordance with the verdict, because I have won; but if the decision be in your favour, the money will be due me according to our contract, since you will have won a case. 6 To this Euathlus replied: I might have met this sophism of yours, tricky as it is, by not pleading my own cause but employing another as my advocate. But I take greater satisfaction in a victory in which I defeat you, not only in the suit, but also in this argument of yours. So let me tell you in turn, wisest of masters, that in either event I shall not have to pay what you demand, whether judgment be pronounced for or against me. For if the jurors decide in my favour, according to their verdict nothing will be due you, because I have won; but if they give judgment against me, by the terms of our contract I shall owe you nothing, because I have not won a case. 7 Gellius concludes the story by noting that the court was struck by the intricacy of the arguments and refused to give a ruling: … the jurors, thinking that the plea on both sides was uncertain and insoluble, for fear that their decision, for whichever side it was rendered, might annul itself, left the matter undecided and postponed the case to a distant day. Thus a celebrated master of oratory was refuted by his youthful pupil with his own argument, and his cleverly devised sophism failed. 8 The story of Protagoras and Euathlus reveals an internal paradox within the normative structure governing this case. Attempting to reason about the correct legal answer leads to a seemingly insoluble oscillation, in which a ruling for Euathlus leads to a ruling for Protagoras, which leads to a ruling for Euathlus, ad infinitum. 9 The paradox is generated by the fact that – due to the contract’s peculiar structure – the correct legal answer depends in an 6 7 8 9
Id. Id. at 407–09. Gellius above n 3, at 409. See Sobel above n 3, at 10.
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unsettling way on the court’s ultimate ruling.10 This pathological oscillation is similar to the semantic instability generated by the Liar Paradox („This sentence is false“); in the legal context it may lead to judicial paralysis, as was reported by Gellius.11 However, in law, paralysis is not an acceptable option. Legal decisions, unlike decisions in science, math, or philosophy, cannot be deferred to a later date.12 That decisions must be made is, in itself, a basic norm of any legal system. Indeed, contrary to the story of Protagoras and Euathlus, the praxis of law reveals few signs of paradoxical stoppages. This seeming legal immunity to the threat of logical paradoxicality constitutes an intriguing puzzle.
II. The Tangled Hierarchies of Law’s Empire 1. Law as a Set? One could take the paradox of Protagoras and Euathlus as a reflection of anomalous contract, which has nothing to do with the general questions underlying the study of law. Such interpretation will miss the main point of this story. The paradox described by Gellius highlights a much broader dilemma concerning the role of self-reference in the praxis of law and the mechanisms through which law escapes the perils of recursive paradoxicality. One possible answer to this dilemma is to deny the claim that law is haunted by self-referential paradoxes. This argument requires one to develop a systematic, non-paradoxical portrayal of law.13 I want to focus on one such attempt and to demonstrate that it is bound to fail. My argument draws on the concept of non-well founded sets. Let us first consider a possible ‚set‘ oriented definition of law. An interesting attempt in that direction appeared in an article in the Michigan Law Review in 1992 – a collaboration between a mathematician (Robert Molzon) and a law professor (John Rogers). Rogers and Molzon argue that law can be characterized as a collection (set) of conditional statements of the form of ‘if-then’ rules. They define a legal rule as „a statement that if certain actions or circumstances are See id. Gellius above n 3, at 405. 12 Philosophers sometimes disregard this fact. Sobel notes, for example, that „rather than reach a final disposition in the case a court might be moved to suspend the case, to put off or postpone judgment to a later day. This action could recommend itself as a desperate expedient to avoid self-contradiction: deferral could recommend itself to a court that considered, whether correctly or incorrectly, that it had no other way out of a logical trap.“ Sobel above n 3, at 4. 13 Law is postulated in this question as a system of rules or governance – not as a reference to a particular system of rules or to a concrete individual rule. See, for this distinction: Coleman, J and Simchen, O „Law“ (2003) 9 Legal Theory 1, at 12–13. 10
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found to exist or to have existed, a certain action (or inaction) will be required (or permitted, or not required, or not permitted) by whatever force supports the requirement“.14 Law, then, can be conceptualized as a collection of all these statements, and all the possible conclusions that can be derived from them (these derivable conclusions play in law a similar role to theorems in logical systems).15 Rogers and Molzon further stipulate that this collection of statements must be consistent, because thinking otherwise will contradict „the very way we think about law“.16 It is doubtful whether Rogers’ and Molzon’s characterization of legal norms is sufficiently rich to cover all the universe of legal norms. While Rogers’ and Molzon’s definition seems to properly account for the classical types of deontic sentences: prescriptive (ought to), permissive (may) and prohibitive (may not),17 their account does not seem to cover less-conventional types such as norms conferring public or private powers – competence norms (the competence to issue other norms) or determinative norms (norms that define certain concepts).18 For the sake of the argument let us assume that Rogers’ and Molzon’s definition covers the whole range of potential legal norms. Given that assumption, can this definition be used to designate a non-paradoxical legal set? Let us consider how such a set could be constructed. The first method is simply to enumerate all the elements of the set. Consider for example the legal system of your neighborhood pub: A pub = {„it is forbidden to smoke in this pub“; „it is obligatory to pay for your drinks and properly tip your waiter“}. While this method may work in the context of the neighborhood pub it does not seem to provide a suitable response to the challenge of describing more mature legal systems, which include a large number of norms (this unsuitability requires some further reflection, see below). A second method, developed by Cantor is to use predicate formulas. An example of a predicate formula is „x is a jazz piece“. The notation S(x) can be used to represent such a formula. If the symbol x in this phrase is replaced by the title of a musical piece, there results a statement that can be either true 14 Rogers JM and Molzon RE ‘Some Lessons about the Law from Self-Referential Problems in Mathematics’ (1992) 90 Michigan Law Review 992, 998. For a similar view, see Hoecke, M Law as Communication (Oxford, Hart Publishing, 2002) at 19–20. 15 Rogers and Molzon id, at 999. 16 Id, at 1000. See also, Hoecke ibid, at 20. Rogers and Molzon use this definition to argue that a constitutional legal system is necessarily incomplete (in the sense that some law is not derivable through the rules that make up the constitutional system), drawing on Godel’s 1931 incompleteness theorem; id, at 1016. While I agree with their general claim about the incompleteness of law, I think that their application of Godel’s theorem is problematic because it is based on a sociologically unconvincing account of law. 17 See McNamara P ‘Deontic Logic’, in The Stanford Encyclopedia of Philosophy § 1.2 (Edward N. Zalta ed., Spring 2007), http://plato.stanford.edu/archives/spr2006/entries/ logic-deontic/#1.2. 18 See, e.g., Bulygin, E ‘On Norms of Competence’ (1992) 11 Law & Phil. 201.
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or false. Given any formula S(x) that contains the letter x (and possibly others), Cantor’s principle of abstraction asserts the existence of a unique set A, such that, for each object x, xtA if and only if S(x) holds. The set A corresponding to S(x) is symbolized by {x | S(x)}, which is read „The set of all objects x such that S(x).“ For example, {x | x is a jazz piece} is the set of all jazz pieces ever composed.19 The principle of abstraction allows us, therefore, to construct sets the elements of which are exactly those objects having a certain designated property. 20 Can we use Cantor’s principle of abstraction to construct a non-paradoxical legal set? Consider the following definition. (1) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form} (I take this statement as short denotation of Rogers’ and Molzon’s longer definition quoted above). While this definition seems to improve things somewhat it is problematical in that it also includes normative statements which are not part of the law (e.g., in my daughter’s school children are obliged to come to school with shirts carrying the school logo; children who disobey this rule may receive a condemnation note in their personal file). Because the universe of discourse from which the elements of our designated legal set are extracted includes statements whose syntactic form is identical to legal statements, but which are nonetheless not considered part of the law, we need a rule that will distinguish between legal norms and other norms. Further, this rule must be part of the law, that is, it must be in itself an element of the set. 21 This requirement introduces a further constraint on the legal set, which reflects a common and basic intuition regarding the creation of legal norms – that law can only be created through legally recognized procedures. Let us try then to improve our definition: (2) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is recognized as a member of Z by statement y (ytZ)}. 19 Things may become more complex if the declarative sentence produced by applying S to a particular object, does not have a clear true/false value. Consider, for example, the music of the Jazz pianist Jacques Loussier. Loussier is well known for his jazz interpretations of Bach’s work. Are the pieces recorded by Loussier members of the set of Jazz pieces – or should they be classified as classical music? We might resolve this puzzle by invoking a non-musical test – e.g. how do music stores classify Loussier CDs ? I recently bought one of his CDs in the jazz department of a music store in London. But is this test satisfactory as our basic distinction? This problem hints to the importance of fuzzy sets to the understanding of law and I will return to this issue in the fourth section. 20 See, Stoll, RR Set Theory and Logic (Courier Dover Publications, 1979) 6. 21 Returning to the question of the unsuitability of specific listing as a method for defining a legal set, the problem is not merely the vast number of norms associated with mature legal systems, but also the fact that there is an expectation that the enumeration process will be governed by a rule that is itself a member of the set.
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The problem with the foregoing definition is that the concept of „recognition“ is somewhat vague. Consider then a different formulation: (3) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is printed on a paper with the state stamp (otherwise it is not a member of Z)}. This is an improvement. But we are not there yet. The second part of our predicate formula is, in fact, a rule. And thus, according to our additional constraint this rule („x is printed on a paper with the state stamp (otherwise it is not a member of Z)“), lets call it y, must also be a member of Z (hence, ytZ, should be added to formula (3)). But is y a member of Z? It seems we have come to a dead-end. To initialize the set Z – the set of all legal statements – our formula somehow has to generate y; but it cannot generate y unless y already exists. And worse of all – without y we cannot jump-start our whole set. Actually, we can reformulate (3) without y making the problem more transparent. (4) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is a member of Z}. But this is clearly a circular definition, because the predicate formula which is supposed to define the legal set, presupposes the existence of the very set it tries to define. The problem with formulas (3) and (4) is that they are inherently impredicative. Impredicative definitions are those that in the process of characterizing a particular entity draw on a set of entities, at least one of which is the entity being defined. 22 The impredicativity of the concept of validity was recognized by both Luhmann and Teubner. Luhmann emphasizes the inherent circularity of this notion: „Validity is nothing but the symbol for the nexus that is part and parcel of all legal operations. It cannot be validated point by point but only recursively, that is, by recourse to valid law“. 23 It is founded, Luhmann argues, „on some kind of idealization of something that is absent“. 24 The problem, he notes „has to be Godelized by a reference to an external foundation“. 25 Teubner is making a similar point drawing on the idea of „tangled hierarchies“, which is a term used to describe the phenomenon „whereby the highest level in a hierarchy ‘loops into’ the lowest
22 Bolander, T ‘Self-Reference’, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2008 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = ; Solomon Feferman 2005, „Predicativity“ in The Oxford Handbook of Philosophy of Mathematics and Logic. Oxford University Press: 590–624. 23 Luhmann, N Law as a Social System (Oxford: Oxford University Press, 2004, translated by K. A. Ziegert) at 128. 24 Id. at 123. 25 Id. at 125.
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one“. 26 The hierarchy of legal sources, Teubner notes, „is not immune to the ‘circular looping’ together of hierarchies“. Indeed the hierarchyoriented vision of law has only one small flaw „the highest level draws on the lowest“. 27 The question of the foundation of norms presents us, Teubner argues, with a Munchhausen trilemma: „infinite regression, circularity, or voluntary rupture“. 28 The impredicativity of the concept of validity – which plays a central role in the conceptualization of law – constitutes therefore a critical problem for those seeking to provide a coherent description of law. 2. A Brief Detour: M. C. Escher ‘Magic Mirror’ Luhmann’s and Teubner’s circular understanding of law is based on an analogy between legal and biological phenomena. The drawings of M. C. Escher provide another interesting source for cross-domain analogies. 29 The picture known as ‘the Magic Mirror’, which was created by Escher in 1945 provides a particularly insightful example. 30 It is a drawing of a winged lion, which was inspired by Lewis Carroll’s ‘Through the Looking Glass’.
26 Teubner, G Law as an Autopoietic System (Oxford, Blackwell, 1993) at 3. Teubner draws in this context on Douglas Hofstadter. 27 Id. at 3. 28 Id. at 4. 29 The self-referential quality of some of Escher’s drawing was highlighted by Douglas Hofstadter in various works, most recently in Hofstadter above n 2, at 102, in which he explicates the idea of ‘strange loop’ drawing on a different work by Escher Drawing Hands. 30 Schattschneider, D M.C. Escher: Visions of Symmetry (New York, Harry N. Abrams, 2004) at 301.
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Escher’s analysis of this drawing is interesting. The following description is taken from a series of lectures that Escher had planned to give in the U.S. in 1964. The lectures were never given because Escher had fallen ill. But the text of the lectures has been preserved and was ultimately published in Escher on Escher: Exploring the Infinite. 31 „the same little animal is born and emerges from a vertical looking glass. More and more comes out of the mirror until at last the whole creature has freed itself from its image. As a fabulous animal, it transposes its reflection into reality – a well know trick since Alice and her Looking–glass world. Thus two curved processions move on, first in one row, then in two rows, and finally in four rows, moving from left to right and from right to left. They meet in the foreground, lose their three-dimensionality, become flat, and slide together as pieces of a jigsaw puzzle. Together they now form a horizontal plane, a tiled floor, on which stands the looking glass“. This drawing captures two features of the law’s paradoxical nature. First, the way in which law reinvents itself out of thin-air – „transposes its reflection into reality“. Second, the entangled nature of legal authority, which is not only cyclical, but is also characterized by the invocation of rhetorical fictions, which are re-presented as incontestable groundings.
III. Law as a Strange Loop – A Dynamic Conceptualization of Law There is of course a sharp difference between Escher’s world and the world of law. The paradoxical reality depicted in the Magic Mirror is not genuine – it’s a fake. As Douglas Hofstadter notes, Escher’s drawing are „so impeccably drawn that we seem to be perceiving a full fledged, true-blue, card-carrying paradox“. However he notes „this conviction arises in us only thanks to our having suspended our disbelief and mentally slipped into Escher’s seductive world. We fall, at least momentarily, for an illusion“. 32 Of course, as far as law is concerned, one can hardly dismiss it as an illusion. Luhmann and Teubner argued, convincingly, that in thinking about the paradoxes of law a shift in perspective is needed. One has to abandon the idea that paradoxes represent a certain malady of thought that should some31 Escher, MC Escher on Escher: Exploring the Infinite (New York, Harry N. Abrams, 1989). For the story of the ‘never given lectures’, see p 24, id; the description of the drawing is at p 45. 32 Hofstadter above n 2, at 103.
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how be eliminated, prevented, or resolved. 33 The fact that the legal system founds itself on a self-referential cycle should not be conceived as an obstacle but as a creative force. Thus Teubner notes that in resolving the problem of indeterminacy induced by paradox the key lies in „deparadoxizing paradoxes“ and in „the creative application of paradoxes“. 34 And Luhmann notes that „the place of unity, which because it is paradoxical, remains invisible for the system, is taken up by recursivity, the guiding of operations by the results of the operations or, on the observer’s level, the guiding of observation by the results of observation. The result is not a logical disentanglement of the world’s problems but, rather, the construction of cognitive complexities – to whatever purpose“. 35 The most important contribution of Teubner and Luhmann lies however in the way in which they incorporated the insight about the paradoxicality of law into a new model of law as a social system. This model is based on the understanding that the essence of law cannot be captured by simply enumerating its normative content. Describing the law as a system of rules or a system of symbols, Teubner argues, provides no answer to the dynamic property of law, to its self-regulatory capacity: „For how are norms to produce norms or symbols to generate symbols? We can only conceive of the law producing itself if we understand it no longer as a mere system of rules but as a system of actions“. 36 Luhmann highlights the idea that the notion of validity can only makes sense if it is understood in relation to the intrinsic dynamics of the legal system and is invoked only „when the legal system is differentiated to such a degree that it can change itself “. 37 Validity should therefore be interpreted as a circulating symbol handed to further operations with each use. It is „transferred from operation to operation and exists only in this permanent reproduction … It is a symbol for the dynamic stability of the system which is expressed in backward and forward references to the past and the future. Tomorrow’s validity will be a different validity because a decision has been made today, although the symbolic function always remains the same“. 38 In that sense, Luhmann argues, law
33 Alfred Tarski, one of the most prominent logicians of the 20 th century, noted for example, that „The appearance of an antinomy is for me a symptom of disease.“ Tarski, A ‘Truth and Proof’ (1969) 220 Sci. Am. 63, 66. 34 Teubner above n 26 at 12. See, further, Teubner, G ‘Economics of Gift – Positivity of Justice: the Mutual Paranoia of Jacques Derrida and N. Luhmann’ (2001) 18 Theory, Culture & Society 29. 35 Luhmann, N ‘Sthenography’ (1990) 7 Stanford Literature Review 133, 136. See, further, Luhmann, N ‘The Third Question: the Creative Use of Paradoxes in Law and Legal History’ (1988) 15 Journal of Law and Society 153. 36 Teubner above n 26 at 18; Luhmann above n 23, at 89. 37 Luhmann above n 23, at 127 (italics in the origin). 38 Id. at 129.
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should be understood as a „historical machine“ that transposes itself into a different machine with each of its operations. 39 Of course both authors face the challenge of producing a detailed structural model of law, which will translate these general comments, and the general thesis about the self-reproducing – autopoietic – nature of law – into a detailed social model. Despite their common starting point Luhmann and Teubner differ in the way in which they articulate the structure of the law’s dynamics. 40 The key difference lies in the fact that for Luhmann the invention of the legal act establishes the autonomy of law, whereas for Teubner this only serves as a partial explanation. The self-reproduction of the law is reflected not only at the level of legal acts: „all the components of the system – structures, processes, boundaries, and environments – have to be selfgenerating and linked together in a self-reproductive hypercycle“. 41 A full explication of these differences lies beyond the scope of this paper. Rather I will explore one area of disagreement: the idea that there can be degrees of autonomy; that law, as a social system comprised of recursive communications, can be fuzzy. By shifting the discussion from the logical plain to that of self-organizing systems Teubner and Luhmann form part of a broad intellectual genre, which uses the ideas of self-organization and self-reference as explanatory constructs in various domains, from the social sciences to ecology and brain research. Maturana and Varela, whose work on autopoietic systems inspired Luhmann’s early writings, 42 have indeed been pioneers, but there are now an increasing number of scholars who use these concepts. Prominent writers are J. A. Scott Kelso, Stuart Kauffman, Anthony Chemero, Michael T. Turvey, Francis Heylighen, Graham Priest and Douglas Hofstadter. 43 It is impossible to explore the writings of all these scholars in this short paper. I will focus therefore on one prominent thinker: Douglas Hofstadter and his recent book „I Am A Strange Loop“. 44 Douglas Hofstadter uses the concept of ‘strange loop’ to explore the nature of consciousness or „I“-ness. Strange loop is defined by Hofstadter as
Id. at 91, 129. See Teubner above n 26, chapter 3. 41 Teubner above n 26, at 31. 42 Maturana, HR and Varela F Autopoiesis and Cognition (London, Reidel, 1980). 43 See: Kelso, S Dynamic Patterns: the Self-Organization of Brain and Behaviour (Cambridge, Mass, The MIT Press, 1995); Kauffman, S Investigations (Oxford, Oxford University Press, 2000); Chemero, A and Turvey, MT ‘Autonomy and Hypersets’ (2008) 91 Biosystems 320; Heylighen, F and Joslyn, C ‘Cybernetics and Second Order Cybernetics’. In Encyclopedia of Physical Science & Technology, edited by R. Meyers; Priest, G Beyond the Limits of Thought (Oxford, Clarendon Press, 2002). 44 Hofstadter above n 2. 39 40
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„an abstract loop in which, in the series of stages that constitute the cycling-around, there is a shift from one level of abstraction (or structure) to another, which feels like an upwards movement in a hierarchy, and yet somehow, the successive “upward„ shifts turn out to give rise to a closed cycle. That is, despite one’s sense of departing ever further from one’s origins, one winds up, to one’s shock, exactly where one had started out“. 45 Hofstadter argues that the idea of strange loop provides a useful metaphor for thinking about the emergence of „I“-ness. The emergence of reflexive symbolic structure constitutes, he argues „the central germ, the initial spark, of “I„-ness, the tiny core to which more complex senses of “I„-ness will then accrete over a lifetime“. 46 The idea of symbol designates some specific structure inside the brain that gets activated whenever we think of some specific concept (e.g., Eiffel Tower). 47 Symbols in the brain are therefore the neurological entities that correspond to concepts. Drawing on this definition he distinguishes between perception – a symbol-triggering, selective interaction of the mind with its environment – and reception – designating a passive, non-representational process of image-receiving. 48 The self, Hofstadter argues, emerges through a slow process of perceptual cycles, „via the loop of symbols sparking actions and repercussions triggering symbols, the abstract structure serving as our innermost essence evolves slowly but surely, and in so doing it locks itself ever more rigidly into our mind“. 49 Consciousness, Hofstadter, notes, „is the dance of symbols inside the cranium“. 50 And this dance is intrinsically circular. Hofstadter rejects the claim that for consciousness to arise the internal events of brain activity must in turn be perceived by some ‘higher’ internal cognitive center. For this „runs the risk of setting up an infinite regress thus moving further and further away from an answer to the riddle of consciousness rather than homing in on an answer to it“. 51 To understand the mind (like the law), he notes, one has to look at the motions that inhabit it (rather than any single focal point – which in the brain would be the substrate itself). 52 One consequence of this dynamic conceptualization of the mind is a rejection of the idea that consciousness is a stable, permanent entity – as might be implied by the notion of „personal identity“. Rather, the self changes, continuously,
45 46 47 48 49 50 51 52
Id. at 101–102. Id. at 82. Id. at 76. Id. at 75–76. Id. at 186. Id. at 276. Id. at 277. Id. at 194.
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through the self-referential symbolic cycle in the mind, giving rise to what Hofstadter calls „personality space“. 53 What facilitates the emergence of a strange loop in the brain is an ability to think – „the possession of a sufficient large repertoire of triggerable symbols“. Our extensible repertoire of symbols „give our brains the power to represent phenomena of unlimited complexity and thus to twist back and to engulf themselves via a strange loop“. 54 Understanding the mind, Hofstadter argues, requires us to shift our attention from the organic level of neurons to the level of symbols and concepts. Trying to link a concept – or the process of concept creation (analogy-making, distinction) – to a single neuron, or to a higher level of the brain structure, such as a cortical column, makes no sense, he argues. 55 The comparison between Hofstadter’s ideas and Teubner’s and Luhmann’s writings highlights two important generic features of both the law and the mind. First, the mind, like the law, is a historical machine, which re-configures itself through recursive cycles of meaning creation. This observation highlights the fact that the circular process that constitutes the law does not merely produce legal acts out of legal acts – but is also a process of meaning creation. The law constitutes its own meaning space. This of course raises the question of the interaction between these two autonomous domains of meaning. Briefly, Luhmann argues that the law and other functional systems evolved in response to the double contingency problem (the impossibility of communication between mutually closed psychic systems). By reducing the number of possible selections – generating a social horizon of meaning – they increase the probability that actually occurring communications are accepted, and acted upon. 56 Second, in both Hofstadter’s and Teubner-Luhmann’s narratives, selfreference appears as a creative force rather than a potential cause of fatal paralysis. Like the law, our mind does not stop as it faces the ungrounded nature of its self-created categories and distinctions. Staring at our inner paradoxicality does not lead to paralysis or self-annihilation. Our mind (and we with it) simply moves on, creating further distinctions and new analogies. 53 Id. at 308. Hofstadter draws in this context on the ideas of Derek Parfit (in Reasons and Persons, (Oxford, Oxford University Press, 1984)). 54 Id. at 203. The human brain „is a representational system that knows no bounds in terms of the extensibility or flexibility of its categories“. Id. at 182. 55 Id. at 26–30. For a contrary view see: Gallese, V and Goldman, A ‘Mirror Neurons and the Simulation Theory of Mind-reading’ (1998) 12 Trends in Cognitive Sciences 493; Vogeley, K., et al. ‘Mind Reading: Neural Mechanisms of Theory of Mind and Self-Perspective’ (2001) 14 NeuroImage 17. 56 See, further Qvortrup, L The Hypercomplex Society (New York, Peter Lang, 2003) at 132–151 and Grant, CB. Uncertainty and Communication: New Theoretical Investigations (Hampshire, Palgrave Macmillan 2007) 128–144.
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In exploring the creative force of paradoxes the story of Protagoras and Euathlus provides a case in point. Despite its seeming insolubility, the canons of legal argumentation provide various techniques, which can facilitate the resolution (or dissolution) of the paradox, avoiding decisional paralysis. These techniques draw on two primary forms of meaning creation: introducing a distinction (reinterpretation) or appealing to external principles. 57 Consider the option of reinterpretation. First, the court can reinterpret the temporal components of the paradox. In determining the status of the parties’ rights and obligations, the court does not have to consider the consequences of its ruling on the parties’ contractual obligations. Rather it needs only to assess their rights as they are at the moment of its decision. According to this interpretation, Protagoras’ suit should be rejected since, at the time the court was required to give a ruling, the contractual condition had not been fulfilled, implying that Protagoras’ suit was premature. 58 Another approach attempts to resolve the paradox by barring its problematical self-application. This can be achieved by interpreting the phrase „first case“ as not applicable to a case involving Protagoras and Euathlus as parties. The second strategy seeks to resolve the paradox by appealing to hierarchically superior (but self-designated) normative principles. Thus, the court may invoke the meta-principle of „good-faith“ and conclude that Protagoras’ scheme was dishonest. Alternatively, the contract could be revised in equity. Euathlus could be ordered to pay a reasonable sum of money for the time Protagoras has already devoted to his instruction. 59
IV. Breaking Paradigms: Partial Autonomy, Fuzzy Law and the Dynamics of Legal Communication The idea of partial autonomy or fuzzy law represents an important intellectual rupture between Luhmann and Teubner. This idea challenges the deep-seated linkage between the (strict) autonomy of law and the binary form of legal communication – a linkage that plays a critical role in Luhmann’s theoretical edifice. Luhmann’s opposition to the idea of partial legal autonomy draws on two different theoretical inspirations. The first inspiration is the articulation of the idea of autonomy in the writings of Maturanan and Varela. The argument that the legal system is sharply separated from its 57 For a broader discussion of the problem of paradox resolution, see Rescher, N Paradoxes: Their Roots, Range and Resolution (Chicago, Open Court, 2001) at 57–58. 58 This interpretation lays the foundation, though, for a future suit by Protagoras. See Sobel above n 3, at 7–9. 59 See Sobel above n 3, at 7–9.
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environment 60 draws a perfect analogy between the sharp topological boundaries that characterize living systems and the boundaries that separate distinct social, meaning-based systems. 61 The notion of autonomy is interpreted as a binary concept, which allows for no half-measures or gradation. 62 Law can therefore either exist as an autonomous unity, or it is not ‘law’ at all: 63 „As for autopoiesis in general, it can also be said about autonomy that it either exists or does not. It cannot be realized a little bit. Neither can there be relative autopoiesis …“. 64 The second theoretical inspiration is George Spencer-Brown’s logic of distinction. Despite its unique terminology Spencer-Brown’s work draws on the classic intuitions of Aristotle bivalent logic 65 – it denies the possibility of fuzzy distinctions. This logic underlies both the systemic facet of Luhmann’s work (the distinction system-environment) and its communicative facet (the binary schemes associated with different function systems). Luhmann argues that the law uses a binary scheme (or code) in order to structure its own operations. This binary scheme provides the basic structure on which the system evolves.
60 See further, Winthrop-Young, G ‘On a Species of Origin: Luhmann’s Darwin’ (2003) 11 Configurations 305. 61 The following definition of autopoietic system is instructive in this context: „An autopietic system is organized (defined as a unity) as a network of processes of production (transformation and destruction) of components that: (1) through their interactions and transformations continuously regenerate and realize the network of processes (relations) that produce them; and (2) constitute it (the machine) as a concrete unity in the space in which they exist by specifying the topological domain of its realization as such a network constituting and specifying the boundaries between the network and its environment“; Varela, F Principles of Biological Autonomy (New York, Elsevier North Holland, 1979) at 13, my emphasis. On the linkage between topological shape and autopoiesis see further Varela, F and Frenk S ‘The Organ of Form: Towards a Theory of Biological Shape’ (1987) 10 Journal of Social and Biological Structures 73, 82. 62 Luhmann above n 23, at 96–97. 63 Luhmann draws in this context on the distinction between autonomy and allonomy. The notion autonomy refers to the capacity of a system to regulate its own regulation; in contrast, the notion of allonomy is associated with external control, and exogenous instructions. See, Varela, F ‘Autonomy and Autopoiesis’, In Self-organizing Systems: An Interdisciplinary Approach, edited by G. Roth and H. Schwegler (Frankfurt, Campus Verlag, 1981) at 14, 20. 64 Luhmann, N ‘Closure and Openness: On Reality in the World of Law’. In Autopoietic Law: a New Approach to Law And Society, (ed) G. Teubner (Berlin, de Gruyter, 1988) at 346. The notion of ‘relative’ autonomy is a ‘forbidden term’ in the autopoietic lexicon. See, Luhmann above n 23, at 95–97. 65 Which is based on two fundamental precepts: the law of non-contradiction and the law of excluded middle. See, Priest, G Doubt Truth to be a Liar. (Oxford, Clarendon Press, 2006) at 7–42, 78–81; Kosko, B Fuzzy Thinking: the New Science of Fuzzy Logic (New York, Hyperion, 1993) at 23.
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„Codes are preconditioned structures which, when simplified radically, can be traced back to bi-stability. This refers to systems that can assume two states (positive/negative, 1/0, on/off etc.) on which all further operations depend … Logically, bi-stability assumes the exclusion of third values (or definitions) that cannot be attributed to either of two values“. 66 In the legal context this binary scheme generates the following structure: „Due to the binary code there is a positive value – we call it legal, and there is a negative value – we call it illegal“. 67 While Teubner shares much of Luhmann’s theoretical apparatus he rejects Luhmann’s ‘all-or-nothing’ understanding of legal autopoiesis – the idea that „law either reproduces itself or it doesn’t“. 68 In his view autonomy and autopoiesis should rather be understood as gradual concepts. This flexible understanding of law is critical for analyzing the evolution of legal systems: „Whether one is analyzing the historical development of law or the legal systems in existence at any particular time, it is always possible to identify different degrees of autonomy“. For Teubner self-reference and autopoiesis can therefore be turned into „rather exact criteria for these gradual stages of autonomy“. But this is only possible, Teubner argues, if one adopts a slightly more complex understanding of legal autopoiesis than the one used by Luhmann. In Luhmann’s view social subsystems achieve autopoietic closure merely by constituting independent elements. „The ‘discovery’ of the legal act thus makes it possible for the legal system to become self-referentially closed. It is continually reproducing itself by adding new legal acts“. 69 Teubner proposes in this context the more complex idea of law as a hypercycle. According to this idea „a legal system becomes autonomous to the extent that it manages to constitute its components – action, norm, process, identity – into self-referential cycles. It achieves autopoietic autonomy only when the components of the system formed in this way are linked together to form a hypercycle“. 70 The claim regarding the fuzziness of law can be supported by two key arguments. Sociologically, the idea of fuzzy law draws on the phenomenon of ‘soft law’. 71 It is hard to reconcile the existence of soft-law regimes with Luhmann above n 23, at 182–183. Luhmann above n 23, at 183. 68 Teubner above n 26, at 27. 69 Id. 70 Id, at 28. 71 On soft law, see, e.g.: Abbott, KW and Snidal, D ‘Hard and Soft Law in International Governance’ (2000) 54 International Organization 421, and Perez, O The New Universe of Green Finance: From Self-Governance to Multi-Polar Governance’ in Olaf Dilling, Martin Herberg & Gerd Winter Eds., Responsible Business: Self-Governance and Law in Transnational Economic Transactions ( HART, Oxford, 2008) 151–180. 66 67
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Luhmann’s ‘all or nothing’ approach to the existence of law. The idea that these sociological phenomena can either be analyzed as non-law (generating no normative expectations) or as complete legal systems seems to be incompatible with a common sense interpretation of these socio-legal phenomena. Teubner argues in this context that the idea of law as a hypercycle can be used to study contemporary phenomena of partially autonomous law – international law, the lex mercatoria, or the internal laws of international organizations. 72 Further, this model, he argues, provides better insight into the process of legal evolution, allowing us to distinguish between three different phases of social development: „In the initial phase of ‘socially diffused law’, the elements, structures, processes, and boundaries of legal discourse are identical to those of general social communication – or, at least, are heteronomously determined by social communication. Law enters the ‘partial autonomous’ phase when the legal discourse begins to define its own components and use them operatively. Law only becomes ‘autopoietic’ when the components of the legal system are linked together in a hypercycle“. 73 In this context Teubner exposes a blind spot in Luhmann’s theoretical framework – its inability to explain the leap from a state of no-system to a state of fully operating system. 74 From a linguistic perspective the idea of fuzzy law is supported by the argument that language, and hence communication, may be vague or fuzzy. This theoretical observation, which draws on a rich philosophical tradition, 75 poses a different challenge to Luhmann’s binary model of law. It challenges the perfect analogy that Luhmann draws between the biological domain of living systems and the meaning domain of social systems. If one accepts the idea that human language is inherently fuzzy, there is no longer a reason to accept, a-priori, Luhmann’s invocation of Spencer-Brown logic of distinction as the basis of a communication-based model of law. Indeed, one has to accept the possibility that the fundamental distinction of law (legal/ Teubner above n 26, at 27. Teubner above n 26, at 36–37. 74 This blind spot is highlighted by other writers. See, e.g. Winthrop-Young above n 60, at 311–312. Although sometimes notions of fuzziness creep into Luhmann’s writings, as for example in the idea of possible ‘corruptness’ of the system (Luhmann, above n 23, at 109). However, Luhmann does not draw any general conclusions from this observation. See further Neves, M From the autopoiesis to the allopoiesis of law’ (2001) 28 Journal of Law and Society 242, 259, fn. 106. 75 Kosko above n 65; Goguen, J.A ‘The Logic of Inexact Concepts’ (1969) 19 Synthese 325; Hofstadter, D Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fundamental Mechanisms of Thought (New York, BasicBooks, 1995); Zadeh, LA ‘Toward a Theory of Fuzzy Information Granulation and its Centrality in Human Reasoning and Fuzzy Logic’ (1997) 90 Fuzzy Sets and Systems 111. 72 73
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illegal) and other secondary distinctions (valid/non-valid) could be interpreted in a fuzzy fashion, drawing on multi-valued systems of logic, such as the one articulated by fuzzy set theory. 76 The implications of this thesis are not limited of course to the realm of law. 77 While Luhmann was certainly aware of these challenges to conventional logic, he did not consider their full theoretical implications. 78 The idea of fuzzy law challenges the way in which Luhmann weaves together the notion of legal autonomy and the structure of legal communication. It suggests that one can find recursive, legal-like communicative processes also in the context of semi-autonomous legal regimes. However, the way in which the idea of gradual legal autonomy is articulated in Teubner’s writings leaves many open questions. Teubner makes no attempt to link the institutional facet of partially autonomous legal systems and the communicative level. 79 The puzzle of how the fuzziness of law manifests itself at the communicative level – how it is realized in the dynamics of legal communication – remains unarticulated. What is the difference between the communicative dynamics (recursivity) of fully autonomous legal systems and partially autonomous systems? How does the legal/illegal distinction operate in the communicative sequences associated with partially autonomous systems? Another question concerns the relation between the institutional characteristics of partially autonomous legal systems (e.g., hybrid tribunals, lack of sanctions) and the communicative processes that take place within this institutional environment. A further question, which was disregarded by Teubner, concerns the nature of the structural coupling process between human agents and the system. What are the characteristics of this process in partially autonomous systems? In particular, what kind of expectations and expectations of expectations are generated by fuzzy legal systems? Resolving these questions, which were left open by Teubner, requires further study. But at least we now know the way into the looking glass room.
Zadeh id; Kosko above n 65. Teubner refers briefly to this idea; see, Teubner, above n 26, at 76. 78 See, Luhmann, N Social Systems (Stanford, Stanford University Press 1995) at 358 (where one can even find a reference to fuzzy sets) and Grant above n 56, at 90. 79 Further, his formulations also reveal hidden inconsistencies. Thus, for example, while he argues for the possibility of partial legal autonomy he also claims that validity must be interpreted as a crisp concept: „In the legal system, a norm is either valid, or it is not. Intermediate degrees of validity are not admissible. The question of legal validity of an expectation is thus unambiguous“. Teubner above n 26, at 90. But if we allow for the possibility of gradual autonomy, does not this imply also the possibility of gradual validity? 76
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Quanto alla giustizia, perché vado dal Padre e non mi vedrete più (Giovanni, 16,10)
I. “Salvare” il diritto: la sfida della Giustizia al sistema del diritto 1. Diritto e Giustizia: l’esperienza della trascendenza nel sistema del diritto Saprà Gunther Teubner, il Maestro del diritto autopoietico, il teorico della sua auto/etero-referenza, salvarlo dalle sempre possibili inflazioni “ipergiustizialiste” e dalle deflazioni che lo riducono a pura Gewalt? Saprà rimanere in equilibrio sulla corda mentre attraversa da capo a capo l’abisso che separa/connette trascendenza/immanenza del/nel diritto; o cadrà tra l’orrore affascinato dei presenti, accorsi a godersi il grandioso spettacolo? Come sempre, quando “in-between” c’è il mercuriale Teubner, si tratterà di re-ligare chiusura (normativa) e apertura (cognitiva), sistematicità e creatività, forma e vita, realismo e utopia, disciplina e virtuosismo 1. Il mio cammino insieme a Gunther comincia da quello che considero l’Inizio-Scopo del suo pensare: ri-velare l’enigma dell’anello di Möbius e i suoi punti ciechi, per scoprire che non si può mai dis-velare Nulla ma solo illuminare gettando ombra, appresentare la Presenza, mai potendola comprehendere-rappresentare come se la vedessimo vis-a-vis 2. 1 Sull’opera di Teubner rimando a: R. Prandini La “costituzione” del diritto nell’epoca della globalizzazione, in: G. Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione. L’emergere delle costituzioni civili, Roma, Armando, 2005. 2 Nota sulle note. Per la finalità del saggio, che è quella di festeggiare lo studioso Teubner, ridurrò il peso delle citazioni al minimo, privilegiando l’argomentazione e, se del caso, testi inerenti il dibattito italiano.
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Il desiderio di Giustizia, come uno spirito indomito e senza pace che non trova una “casa” dove poter stabilmente abitare-riposare, soffia sui duri processi di globalizzazione e sul (presunto) “nuovo ordine mondiale”. Ovunque, nella società, si invoca giustizia: nelle transazioni di mercato, nelle decisioni politiche, nell’erogazione di beni e servizi, nei processi di comunicazione mass-mediale, nelle politiche di welfare, nei rapporti interpersonali, tra i sessi e le generazioni, etc. Si pretende Giustizia anche “tra” i sistemi, i sottosistemi-sociali, tra gli stati, le etnie, le religioni, le culture, etc.; e soprattutto “tra” il sistema sociale e il suo ambiente naturale, particolarmente in riferimento alla concreta vita delle persone. E chi sarà il Träger della Giustizia? Una “nuova Internazionale”, come vorrebbe Jacques Derrida; o un Diritto dei Popoli, come sembrerebbe intendere John Rawls? Una United Nations riformata alla Habermas, o una superfederazione come vorrebbe Daniel J. Elazar? E ancora quali programmi politici, economici, sanitari, scientifici, etc. potranno realmente implementare la Giustizia? E infine: siamo così sicuri che sia proprio giusto usare la distinzione tra giusto e ingiusto per perseguire la Giustizia? Chi è così Giusto da poterlo fare? E se, come tutta l’esperienza a disposizione dimostra, nel ricercare la Giustizia si commettessero le ingiurie più terribili? Summum ius, summa iniuria? Giustizia la si invoca, naturalmente, anche dal sistema del diritto; dalla sua reale prassi-esecuzione-implementazione, ci si attende “un diritto giusto”. Pure qui però le cose non sono così semplici, anzi. Da sempre la saggezza e la letteratura, così come la realtà giuridica, mostrano che la sistematicità del diritto, il suo essere “sistema” formalmente chiuso, ma interpretabile e ri-apribile, è una delle fonti più terribili e scandalose di ingiustizia. È meglio lasciare che accadano ingiustizie piuttosto che rimuoverle commettendo illegalità, come aveva testimoniato Socrate (e preferiva ancora Goethe), o piuttosto disobbedire alle leggi se ritenute ingiuste, come tutto il tema della “disobbedienza civile” insegna? Il diritto, applicato alla lettera, “rende” davvero giustizia? E che dire dei “gatti in pelliccia” di Rabelais, degli “azzeccagarbugli” di Manzoni, delle vespe di Aristofane? E la lentezza della giustizia, come la risolviamo? Cancellando le colpe? Riducendo il diritto? E di tutte le innumerevoli variabili (politiche, etniche, ideologiche, di classe, religiose, etc.) che deturpano l’equilibrato volto della giustizia, che ne facciamo? Alla fine, esausti, ci si appoggerebbe volentieri ancora una volta a Tolstoj (e a Gesù il Cristo) e al suo “Non giudicare!” se questo servisse a qualcosa e se non fosse già un giudizio su chi giudica o intende farlo. Nella realtà rimane la funzione del diritto e il suo necessario riferimento-legame alla giustizia. Laddove emerge un conflitto tra le parti, laddove occorre attribuire il valore di lecito e illecito, dove ci si attende che qualcuno abbia torto e qualcuno ragione e che queste due posizioni complementari vadano socialmente identificate, sanzionate e mantenute fisse nel futuro di fronte alla loro infra-
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zione palese, là la relazione sociale viene tradotta/tradita nel sistema del diritto, dove un Terzo dovrà giudicare a chi attribuire quale delle due posizioni 3. Questa traduzione nel linguaggio iper-artificiale del diritto è sempre un tradimento, in quanto due interi mondi (l’infinità “interiore” delle parti in causa e la complessità della loro relazione contestualizzata), vengono ridotti a “casi” trattabili dal diritto. 2. Perfezione, progresso, ingiustizia: semantiche per orientare la contingenza del diritto Niklas Luhmann ha classicamente interpretato la relazione tra la contingenza delle operazioni del diritto e il principio che ne dovrebbe regolare l’operare. Quale forma capace di definire l’unità del diritto, emerge la distinzione giusto/ingiusto. Di fronte alla contingenza di qualsiasi operazione giuridica, non tutto deve essere possibile. Occorre un “freno” alla produzione di contingenze che può esplodere in un de-lirare di decisoni. Per Luhmann, questo kat-echon, è la Giustizia in quanto “formula di contingenza” del diritto. Con formula di contingenza si intende il modo in cui il sistema del diritto osserva la coerenza/incoerenza delle proprie decisioni. Ma la ricerca di questi valori produce sempre nuove decisioni e quindi nuove contingenze. Come “nascondere” questo paradosso? Per Luhmann nelle società premoderne, differenziate per segmenti e poi per strati, la giustizia è pensata come concetto di “perfezione”. Con i concetti di perfezione si rende possibile gestire un sistema soltanto auto-sostitutivo. Mediante l’idea di “perfezionamento” si mantiene fisso il valore specifico del sistema e così lo si immunizza dal confronto con altre possibilità. Dal XVIII secolo, e con la differenziazione sociale per funzioni, il concetto di perfezione viene sostituito da quello di “sviluppo/progresso”. Progresso significa che la giustizia non è più un principio immutabile, ma che anzi muta storicamente con il diritto e, proprio per questo, è giusta. Oggi l’idea di giustizia sembrerebbe perdere il suo significato operativo, in quanto criterio, “norma” del diritto: come direbbe Kelsen è ormai solo un “ideale irrazionale”. E, ciononostante, giusto/ingiusto è un codice che ancora ordina il diritto nella sua reale vita. Il sociologo di Bielefeld, riformula il problema della contingenza come controllo interno di coerenza delle operazioni giuridiche, basato sul principio di eguaglianza, secondo il quale casi uguali vanno trattati in modo uguale4. 3 A. Cevolini Erynnerung. Evoluzione e semantica del diritto arcaico, in: A. Cevolini (a cura di), Potere e modernità. Stato, Diritto, Costituzione, Milano, Franco Angeli, 2007. 4 Ritengo oppurtuno sostituire ad “eguaglianza” il termine “equivalenza”, come ben specificato da L. Boltanski e L. Thévenot The Sociology of Critical Capacity, “European Journal of Social Theory”, 1999, 2.
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La giustizia è così una forma di riflessione del diritto che controlla-orienta l’accrescimento della propria complessità-e-adeguatezza 5. All’aumentare della contingenza del diritto aumenta perciò la richiesta di giustizia. In una formulazione più recente Luhmann definisce la giustizia come “schema per la ricerca di ragioni o valori, che diventano legalmente validi solo nella forma di programmi” 6. La giustizia è definita come “complessità adeguata di decisioni coerenti”: coerenza interna al sistema, giustizia del diritto. Ma, ci si domanda, tale forma ha suoi contenuti specifici o si riduce a una formula procedurale per così dire vuota, che controlla solo la coerenza interna del sistema 7? In altri termini su quali auto-valori si fondano i giudizi di giustizia? Cosa c’è dopo la Perfezione e dopo il Progresso? Forse Luhmann avrebbe potuto rispondere: la consapevolezza del “non-sapere” cos’è giusto e l’improbabilità sociale della giustizia 8. Il non-sapere esprime simbolicamente la nuova relazione tra il sistema e il suo ambiente. Ne esprime in particolare la totale intrasparenza. Quali che siano le relazioni tra sistema sociale e i suoi ambienti (psichici, organici, ecologici, etc.) e quale che sia il sapere che ne deriva, rimane sempre del non-sapere. Giustizia così sarebbe qualcosa di più di controllo di coerenza dentro il diritto. Sarebbe invece e soprattutto esigenza di relazione adeguata con il “fuori”, l’Altro, il Diverso. Relazione, per i moderni, osservabile solo “negativamente”; impossibilitata a compilare elenchi di Giustizie-diritti; sola-mente rappresentabile attraverso l’esperienza del “dolore”, della “sofferenza”, dell’“alienazione”, dell’irruzione im-prevedibile nell’ambiente del sistema. Abgrund della Giustizia. Fine della Giustizia come valore rappresentabile ed esplosione delle ingiustizie: Giustizia come formula di contingenza (mai codificabile in un “sapere”) delle ingiustizie 9!
5 Queste formulazioni sono rintracciabili in: N. Luhmann Gerechtigkeit in den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft, in Ausdifferenzierung des Rechts, Frankfurt, Suhrkamp, 1981; ders. Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt, Surkamp, 1993. 6 N. Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt, Surkamp, 1993. 7 Classico, in tal senso: P. Western The Empty Idea of Equality, “Harvard Law Review”, 95, 1982. 8 N. Luhmann Beobachtungen der Moderne, Opladen, Westdeutcher Verlag, 1992. 9 R. Prandini A corpo a corpo col dolore. Una breve riflessione sul dolore e la società globale, in: “Salute e società”, V, 3, 2006; F. Belvisi Lo scandalo del tragico: il caso dei “ticking bomb”, “Ragion Pratica,”, 29, 2007.
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II. Ri(de)costruire il diritto e la “sua” giustizia: i limiti e i miti della modernità 1. I limiti delle teorie moderne della Giustizia nel diritto: la reciprocità, il consenso e il razionalismo formalistico Gunther Teubner, da sempre sensibile alla teoria dei sistemi, ma altresì capace di “lavorarla” dall’interno in modo eterodosso, sviluppa una semantica di giustizia “nel diritto” che eccede la formula luhmanniana di contingenza 10. Teubner si chiede se la sociologia del diritto possa dire sulla giustizia qualcosa di diverso dalla filosofia politica, morale o del diritto. La prima risposta è negativa. Occorrono infatti osservatori esterni sia alla società sia al diritto per compre-hendere il problema. La tesi centrale di Teubner è che la Giustizia vada compresa come un insieme di pratiche sovversive di autotrascendenza del diritto. La Giustizia è una auto-descrizione del diritto che mina i suoi stessi sforzi perché, nelle sue sempre diverse attualizzazioni, crea nuove ingiustizie. L’argomentazione di Teubner procede corrodendo i tre fondamenti della riflessione teoretica sulla giustizia: 1) il suo radicamento nella reciprocità; 2) il presupposto del consenso; 3) l’ideologia della razionalità. Solo dopo aver rimosso questi tre “ostacoli epistemologici” è possibile procedere a una ri-concettualizzazione adeguata della Giustizia. (1) Il paradigma perduto della Reciprocità. Giustizia classicamente è bilanciamento, equità, ricerca di reciprocità. Le teorie di John Rawls e di Jürgen Habermas si basano sul tentativo di trasformare la reciprocità inter-individuale in un principio/procedura universalizzabile. Sia il “velo di ignoranza”, sia la “situazione comunicativa ideale”, rappresentano tentativi in tal senso, basati su processi di astrazione dal particolare verso l’universale. L’argomento critico di Teubner fa qui perno sul concetto di policontesturalità. Le società complesse non sono “unificabili” sotto alcun principio universale. Ogni “sfera di giustizia”, come direbbe Walzer, ha la sua logica basata su valori specifici che rigettano i valori delle altre sfere. Il loro scontro produce solo esclusione, conflitto, ingiustizie e assoggettamenti. Così ogni sub-giustizia, valida solo entro sub-universi di senso dove è possibile una reciprocità generalizzata (di gruppo), si pone ora in rapporto asimmetrico (non reciproco) con le altre sub-giustizie e con una presunta (e impossibile) meta-giustizia. 10 I testi a cui faccio principalmente riferimento, sono: G. Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?, in: G. Teubner (ed.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie des Rechts, Stuttgart, Lucius & Lucius, 2008; Dealing with Paradoxes of Law: Derrida, Luhmann, Wiethölter in: O. Perez e G. Teubner (eds.), Paradoxes and Inconsistencies in the Law, Oxford, Hart, 2006; Economics of Gift – Positivity of Justice: The Mutual Paranoia of Jacques Derrida and Niklas Luhmann, in: Theory, Culture & Society, 18, 2001.
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(2) Il mito del (im)possibile consenso. Il secondo mito della giustizia moderna è quello del consenso razionale. Se il principio habermasiano U unito a quello D richiede un consenso dialogico e quindi “buone ragioni” condivise, “certezza”, “formalismo”, “routine decisionali”, stare decisis, “autorità”, “tradizione”, in una parola ordine razionale, allora la giustizia della società complessa è un principio che critica costantemente il diritto, lo sovverte, lo mette davanti a continui conflitti. Il diritto è in continua comunicazione con la “vita”, è diritto-vivente che dialoga con i suoi fondamenti latenti-trascendenti 11 che trasforma, mentre ne viene reciprocamente informato. È evidente a Teubner che ogni sorta di meta-principio non ha nessuna possibilità di “unificare” la “strana molteplicità” dei sub-universi sociali di senso. Rappresenterebbe solo “una” della Ragioni tra le molte e di fronte a un “no, non voglio comunicare razionalmente” oppure a un “io utilizzo una razionalità diversa dalla tua”, non può che prenderne atto ed escludere (negando così il telos del consenso). (3) Contro il razionalismo e il formalismo giuridico. Ratio et voluntas e Ratio et auctoritas, queste formule del razionalismo giuridico, coniugate ai veri propri miti della calcolabilità e del formalismo del diritto, hanno “infestato” la dottrina e impedito di osservare le reali logiche del diritto vivente. Il tentativo di “salvare” il diritto mediante la Ragione, sfocia però inevitabilmente nel trilemma di Münchhausen: regresso infinito, decisione arbitraria, o circolarità. Soprattutto, dopo il “momento” breve dello Stato di diritto, già con la sua morfogenesi nel Welfare State e ora ancor di più nell’epoca del Diritto vivente o del bio-diritto, numerosissime sono state le intromissioni di “materialità-sostanzialità” (vita) nel formalismo giuridico. La pura deduzione, il sillogismo, il ragionamento che giustifica la decisione del giudice, non sono più immuni dalla realtà vivida dell’ambiente sociale, personale e naturale. Cosa accade, per esempio, quando a dover razionalmente contrattare il diritto, sono soggetti in posizioni del tutto e inesorabilmente asimmetriche, come i disabili mentali, gli animali non umani e i rapporti tra stati nazione e il loro ambiente? Occorre perciò reintrodurre nel discorso razional-strumentale una variabile di valore (non per questo irrazionale) che è data dal concetto di dignità umana, sciolta proprio da un criterio troppo pretenzioso e “idealizzato” di razionalità 12.
11 E. Resta Diritto vivente, Roma-Bari, Laterza, 2008; S. Cotta Il diritto nell’esistenza. Lineee di ontofenomenologia giuridica, Torino, Giappichelli, 1991; P. Grossi Società, diritto, Stato, Milano, Giuffré, 2006. 12 M. Nussbaum Frontiers of Justice, Disability, Nationality, Species Membership, The Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge, Mass.-London, 2006.
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2. Oltre i limiti della Modernità: la Giustizia poli-contesturale, eco-logica e sostanziale A questi tre ostacoli epistemologici, Teubner contrappone tre vie d’uscita. (1) L’asimmetria e la riflessività di una giustizia giuridica. La giustizia va intesa in modo riflessivo all’interno dei diversi sistemi sociali. Ognuno di essi – con il suo principio di riferimento e la sua logica operativa – opera entro uno specifico ambiente. Ogni operazione deve essere calcolata nelle sue conseguenze sia interne che esterne. Ogni sistema deve riflettere sui limiti del proprio punto di vista e confrontarsi con l’esterno. Non esiste però un meta-principio unificante; anzi si dà conflitto tra principi di giustizia. (2) Giustizia eco-logica. Alla ricerca del consenso razionale, Teubner sostituisce la Giustizia eco-logica. La complessità adeguata indicata dalla formula di contingenza, ha a che vedere non solo con la complessità interna del diritto, ma anche con la relazione ai suoi diversi ambienti (società, personalità, natura). Interagendo con essi, la Giustizia incorpora elementi sostantivi e non solo formali. Ma come può la Giustizia in quanto operazione interna del diritto, rendersi responsabile nei confronti dell’ambiente? Come può l’auto-referenza aprirsi all’ambiente? La chiusura del diritto è da sempre una delle fonti dell’ingiustizia. Il diritto però può auto-osservarsi ed essere etero-osservato. Mediante l’auto-osservazione si viene a creare una dogmatica, una giurisprudenza, una teoria del diritto (con regole, procedure, principi, etc.) con cui occorre “fare i conti” (coerenza interna). L’osservazione dall’esterno – orientata da valori diversi da quelli del diritto – aumenta le pretese di complessità adeguata. L’extra-giuridico ri-entra nel giuridico, come vita, fatto, pretesa, richiesta, appello, cui rispondere con il diritto. (3) Auto-sovversione del diritto mediante giustizia. Il non formalizzabile, il non calcolabile entra nel diritto quando questi si apre al suo ambiente (o quando esso lo invade). La positività-funzionalità del diritto viene sfidata da valori sostanziali che, una volta introiettati, tornano ad essere positivizzati, in un processo che continuamente apre crepe, ferite, problemi, dubbi, etc. Dall’immanenza dell’autopoiesis si viene spinti alla trascendenza dell’etero-poiesis e da questa ancora all’immanenza. Emerge così una dialettica tra positivo/procedurale e naturale/sostantivo che eccede le distinzioni moderne del diritto. Differentemente da una indefinita ricerca di giustizia sociale, la giustizia “nel diritto” è richiesta in situazioni molto specifiche, dove occorre decidere su casi concreti. Nella catena autopoietica del diritto – atto giuridico (operazione) / norma di diritto (struttura) / atto giuridico (operazione) – nel momento del passaggio dall’operazione alla struttura, si apre uno spazio di possibilità mai pre-giudicato. È il momento di “sospensione” – stand-by,
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surplace – in cui il diritto viene applicato alla realtà concreta: qui si fa spazio il ragionamento giuridico, euphronein, che deve interpretare il caso e tradurlo in diritto così che possa essere trattato in quanto “fatto di diritto” e poi deciso. Secondo Teubner non esiste alcuna procedura per risolvere lo hiatus tra norma/fatto/decisione. È in questo momento di estremo “pericolo” che si trova la “salvezza”. Il sistema del diritto comincia qui la sua riflessione, introducendo come valore “terzo” quello della giustizia, valore però mai capace di portare all’unità la differenza tra fatto e interpretazione. Qui “il diritto fa’ il processo al diritto”, aprendo (mediante la riflessione) il suo confine alla trascendenza.
III. The Dark Side of the Moon: Infinite Justice come Dark Doppelganger della Giustizia giuridica 1. Auto-trascendenza del diritto: oltre la Giustizia come formula di contingenza I limiti del diritto sono facilmente osservabili nella esperienza quotidiana. Quasi immediatamente si va alla ricerca di “Altro-dal-diritto” e di “Oltre-ildiritto”. La ricerca di Giustizia comincia proprio quando occorre ri-orientare la pratica del diritto. Ma proprio questa Giustizia, di fronte ai duri limiti del diritto, può de-lirare e trasformarsi in ricerca di una “impossibile” Giustizia: “Infinita Giustizia”, scintilla divina, sapere esoterico. È stato certamente Jacques Derrida a mostrare nel modo più adeguato la forza e i limiti di questa immagine “altra” del diritto. La Giustizia emerge dalla riflessione del diritto che deve “includere” il suo ambiente ed elaborare concetti adeguati a tale relazione. Fin qui Luhmann e la sua “paranoia” sistemica. Derrida lo eccede in tre mosse. 1) Laddove Luhmann identifica il paradosso del diritto e chiede di sostituirlo con una distinzione (a sua volta paradossale) capace di nasconderlo per un po’ (fino alla successiva deparadossificazione), Derrida invoca la Giustizia come trascendenza del diritto e sua piena Alterità. Non esiste dialettica tra diritto e giustizia, quanto esteriorità tra le due; 2) laddove attraverso la re-entry Luhmann include l’ambiente del diritto, ma a costo di tradurlo/tradirlo nel linguaggio del sistema (così non “riconoscendolo” veramente), Derrida cerca di decostruire quella relazione, ricostruendo dei contro-concetti capaci di rappresentare l’esterno del sistema, una sorta di “poiesis non sistemica” che Wiethölter chiamerebbe proprio “amministrazione della giustizia”; 3) laddove Luhmann identifica nel sistema della religione il luogo sociale della “trascendenza”, Derrida lo re-introduce in mondi simbolici diversi, creando nuove “porte per la trascendenza”. Così vanno lette le sue riflessioni sull’amicizia (sistema politico); sul dono (economia), sul perdono (moralità procedurale), sulla giustizia (diritto) e, aggi-
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ungerei sull’ospitalità (confini territoriali) e sull’alterità (identità) 13. La Giustizia, in particolare, diventa l’Altro del diritto, come l’esperienza nuda del volto è l’altro della morale razionalizzata; come il silenzio senza parola è l’altro del Logos, etc. Ma proprio ora, quando la Giustizia sembra essere stata assolutamente dis-velata, quando il velo dell’immanenza del diritto sembra stato “perforato” dalla trascendenza della Giustizia Infinita, proprio qui si mostrano i suoi limiti e gli effetti paradossali. Troppa la distanza tra il sistema e l’ambiente, tra la sete di giustizia infinita (nel e oltre il diritto) e la dura realtà delle ingiustizia nel mondo. Per “darsi” la Giustizia (trascendenza) dovrà pure “incarnarsi” nel diritto (immanenza): corre un obbligo di connessione tra trascendenza/immanenza, pena il de-lirio, la de-lieson, disjunction, della loro necessaria relazione: diritto senza giustizia (l’incubo della piena immanenza del potere violento) et giustizia senza diritto (la “cattiva utopia” di un mondo immediatamente giusto); impossibilità di giustificazione, Just-ification, Recht-fertigung 14. Così potrebbe anche accadere che l’utopia post-umanistica, apofatica e decostruttiva di Derrida – se troppo facilmente letta alla luce dalla reale “sete nel deserto” dell’ingiustizia – si trasformi in una sorta di “ordalia globale”. 2. Giustizia gnostica: il giustizialismo come perversione della Giustizia umana Questo il sommo pericolo derivante dalla ricerca di una Giustizia “pura”, immediata, assoluta: giustizia perfettamente “gnostica”, immune e incurante dalla miseria creaturale. L’assolutamente Altro, il Demiurgo, pur nella sua purezza estatica cosí suadente, è troppo distante dalla “creatura” e può mutare il suo aspetto giusto e pietoso in un orrendo ghigno di indifferenza e violenza. La Giustizia deve mediarsi, pena il suo irricevibile “assolutismo”. Il finito (il diritto) non può immediatamente contenere-comprehendere l’“infinito” (la Giustizia) e viceversa. Così i critici del diritto positivo (e del diritto tout court, per esempio gli esponenti dei Critical Legal Studies, così come tutta la “sinistra” Derridaiana), finiscono per generare una sorta di “teoria negativa” e apofatica della Giustizia. L’“espressionismo” dei diritti dell’uomo – la sua pretesa di non avere forma e limiti, la reciprocità che delira nell’ipermorale di gehleniana memoria – portato alle estreme conseguenze, si trasforma nel suo opposto poiché tenta, imprudentemente, di separare la trascendenza dall’immanenza, vuole rendersi immune dalla relazione che sempre è “impura”: vede solo ingiustizia laddove invece vi è vera 13 J. Derrida Donner le Temps I. La fausse monnaie, Paris, Galilée, 1991; Spectre de Marx, Paris, Galilée, 1993; Politiques de l’amitié, Paris, Galilée, 1994; De l’hospitalité, Paris, Calmann-Lévy, 1997. 14 R. Wiethölter Just-ifications of a Law of Society, in: O. Perez e G. Teubner (eds.), Paradoxes and Inconsistencies in the Law, Oxford, Hart, 2005.
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(e contingente) giustizia umana. Il rifiuto del “duro lavoro” che concerne l’andirivieni tra immanenza e trascendenza, come in un nastro di Möbius, produce solo effetti perversi, come mostra l’esempio della Infinite Justice americana. Dopo circa una settimana dall’attentato al World Trade Center e al Pentagono dell’11 settembre 2001, il Dipartimento della Difesa degli Stati Uniti cominciò a far circolare un titolo che riassumesse il senso della risposta militare organizzata contro la violenza terrorista: il suo nome doveva essere Operation Infinite Justice. Così il 20 settembre 2001 il Presidente, argomentava che “Whether we bring our enemies to justice or justice to our enemies, justice will be done”. Quasi immediatamente numerosi gruppi musulmani (più o meno integralisti e intolleranti, ma anche “laici”) cominciarono a protestare contro lo slogan poiché la loro fede indicava chiaramente che solo Allah poteva concedere/rendere “Giustizia infinita”. Un commentatore piuttosto radicale, Riyadh ul Haq, si augurò che “May Allah establish justice upon the earth and may Allah exercise his prerogative of infinite justice”, ma il resto del suo intervento non faceva sperare in nulla di particolarmente buono e giusto! Arundhati Roy nel suo The Algebra of Infinite Justice (The Progressive Magazine 2001, e poi Flamingo, 2001), si spingeva molto oltre, dichiarando che Osama bin Laden rappresentava il “segreto di famiglia degli americani”, il Dark Doppelganger del Presidente, il suo gemello inseparabile che utilizzava, come il fratello, la stessa retorica religiosa per legittimare soltanto infinita ingiustizia. Il rifiuto di mediare Trascendenza e Immanenza, genera uno “strano garbuglio”. Da un lato spinge verso la pura ineffettualità del discorso sulla giustizia “nel” diritto (tutto il diritto è solo e di nuovo ingiustizia) e, dall’altro, verso il tentativo (disperato e perciò privo di “cura” verso gli altri) di “giustiziare” tutta la realtà: Fiat justitia, pereat mundus. Naturalmente essendo solo giustizia umana, nulla osta alla suo de-lirio giustizialista. In termini teorici ciò significa che un particolare “linguaggio” crede di poter “risolvere” la realtà intera, “salvarla” nella sua pienezza. Ma nessuna umana giustizia potrà salvare l’uomo da se stesso e dai suoi de-liri.
III. I de-liri complementari della “pura trascendenza” e della “mera immanenza” 1. Il diritto come opportunità di Giustizia: il nastro di Möbius come processo di co-rel-azione tra diritto e Giustizia La Giustizia umana è limitata, condizionata; ha forma e confini. Ma da questi confini si può continuamente de-lirare. Nella contemporaneità due sono i rischi di delirio, le iperboli della Giustizia. Da un lato il rischio di
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considerare la Giustizia come mera ideologia umanistica, nata per nascondere l’arbitrio, la forza, la violenza del diritto immanente e, conseguentemente, la riduzione del diritto a mero potere, oppressione, assoggettamento. Dall’altro la seduzione di una Giustizia pura, irrealizzabile “nel” diritto e perciò capace solo di condannarlo, rendendolo così mera tecnica immunitaria del sistema sociale. La stasis tra Giustizia e Diritto è solo una figura dei conflitti che “genera” continuamente il Moderno da quando l’epoca assiale ha perso “il filo” ed è Out of Joint 15. I limiti che la Giustizia deve “patire” dal diritto, sono, come Teubner magistralmente mostra, almeno tre. 1) La sua riduzione a decisioni codificate in modo binario. Può essere fatta Giustizia dai giudici, nei tribunali, quando la concretezza della vita delle parti in causa spingerebbe invece verso la mera comprensione o, viceversa, verso la vendetta? Tagliare il bambino in due, è giustizia? E gli undici cammelli come verranno re-distribuiti? 2) La sua giustificazione razionale. Può la Giustizia essere giustificata razionalmente? Può il giudice chiudere gli occhi davanti all’ingiustiza infinita che caratterizza la realtà e ridurla a mera giurisprudenza, argomentazione tecnica? Potrebbe non essere davvero il caso, ma giusti-ficare si deve. 3) La sua programmazione nel diritto. Può la Giustizia essere programmata, incrementata, mediante la sua implementazione nella società? Potrebbe non essere il caso, ma applicare Giustizia si deve. I limiti sono chiari: non lo è affatto che siano simultaneamente anche le uniche opportunità per elaborare Giustizia. Ecco l’insegnamento di Teubner. Non più fughe nella “pura” Trascendenza giustizialista o un cinico rinvio al (falso) realismo della “mera” immanenza del diritto. Trascendenza e immanenza sono re-ligate indissolubilmente – necessariamente – come in un nastro di Möbius, pena la fuga iperbolica in un dia-bolico spazio immaginario. Diritto “e” Giustizia si ri-volgono l’una verso l’altra, l’una-per-l’altra, lungo il nastro in una continua “fuga” dall’interno all’esterno e viceversa. Il primo movimento va dall’interno all’esterno, dall’immanenza alla trascendenza. È un movimento di ascesa, áskesis, di estroversione, di esternalizzazione e di “spiritualizzazione”. Il secondo movimento va dall’esterno all’interno, dalla trascendenza all’immanenza; è un movimento di discesa, di kéno-sis , di introversione, di interiorizzazione e “incarnazione”. L’utopia di una Giustizia Infinita, “pura”, si capovolge paradossalmente nell’incubo di una sine cura perfetta. Il troppo aperto si rispecchia nel troppo chiuso. Giustizia disumana che rispecchia nel suo pro-fondo, ingiustizia disumana. Non si tratta di ideare una giustizia infinita o assoluta, quanto più 15 R. Prandini In difesa dell’ordine volontaristico: Talcott Parsons teorico della condizione umana e dell’evoluzione sociale, in: “Quaderni di Teoria Sociale”, n. 2, 2002, pp. 121–150; Il conflitto tra immanenza e trascendenza nella cultura religiosa Moderna: la crisi della mediazione assiale e l’affaciarsi dell’epoca dopo-assiale, in: E. Moranti (a cura di), Radici sociali. Scritture sul dono, la violenza e la trascendenza, Roma, Aracne, 2006.
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umanamente “piena”, cioè orientata all’Altro ma entro i limiti del Sé. L’assolutezza e l’infinità screditano questo limite, questa necessaria relazione (de-finita) tra finito e infinito, per specchiarsi narcisisticamente nel Valore assoluto 16. Re-dimere la Giustizia dal diritto, scioglierla dalla dura necessità di stare con esso in relazione, patendone i limiti, è questo “vero peccato”, vera colpa. 2. Re-velatio vs dis-velatio: la trans-immanenza di diritto e giustizia Piena reciprocità nella piena differenza, piena comunicazione nella piena singolare incomunicabilità, alterità nell’identità. Revelatum est! Ma appunto, il processo non è mai con-chiuso, finito, compiutamente dis-velato. In ogni nuova re-velatio, in ogni giro nel nastro (ad ogni re-volutio?), si dà un punto cieco, il Segreto/Mistero della comunicazione-incomunicabile tra Diritto e Giustizia. Qui davvero re-velatio non è mai piena Offenbarung, immediato passaggio dal velato-nascosto al dis-velato-scoperto, ripetizione hegeliana dell’identità; e neppure è trionfo della “differenza” come in Schelling 17 o nelle esercitazioni di stile post-heideggeriane. È invece vera «, andata-ritorno. È relazione tra Parola (il diritto come juris-dictio) e Silenzio (il fondo, Abgrund, latente del diritto), in vista di un In(s)contro. Se la Parola (il diritto storicamente-culturalmente formato) manifestasse compiutamente e una volta per tutte la sua Provenienza (il Silenzio(Giustizia) del Diritto), questa ne sarebbe esaurita, messa a tacere (tacitata nelle sue pretese); messa a morte. Se, invece fosse il Silenzio a de-finire completamente la Parola, allora la Giustizia inghiottirebbe il diritto, “senz’altro” da fare-dire: nessun diritto sarebbe più elaborabile, nessun progresso possibile. Solo compresa come rel-azione la Giustizia può rappresentare l’Ulteriorità misteriosa del diritto a-venire, la sua mai determinabile imago. Solo così il Diritto è vera differenza della Giustizia, mai capace di esaurirla, ma sempre alla ricerca del suo Incontro; sempre sotto processo, in prova, in giudizio, giudicabile: diritto sempre in viaggio-verso, “orientato” a dire-balbettare (juris-dicere) la Latenza da cui proviene. Solo così Diritto e Giustizia possono essere concepiti come veramente “viventi”, mai “dati”, mai “esauritiesauribili”, entro il medium del tempo che non è né corruptio né mero progressio. Orientati l’uno – verso-per-con-a favore de – all’Altro: rivolti all’altro, riflessi nell’altro. Non esiste migliore immagine di questa trans-immanenza, di questo rivolgersi di Giustizia e diritto, che nella interpretazione che François Ost ha dato dell’episodio del Monte Sinai. Questo episodio biblico è generalS. Petrosino Capovolgimenti, Milano, JacaBook, 2007. B. Forte Rivelazione ed Ermeneutica. Offenbarung aut re-velatio, in: B. Forte, Sui sentieri dell’Uno, Edizioni Paoline, Cinisello Balsamo, 1992, pp. 240–261. 16 17
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mente ricordato come l’imposizione della Legge di Dio a un popolo: Dio, la Trascendenza, detterebbe al Popolo, l’immanenza, una insieme di Norme. Secondo Ost, invece, bisogna leggere il “Monte Sinai” all’interno di una logica dell’Alleanza dove la Legge è realmente costituita insieme. Dio e il popolo (con la mediazione di Mosè, il nomade) apprendono insieme le condizioni di rispetto della loro reciproca alterità, che passa attraverso la simultanea affermazione di libertà e posizione della Legge. Da un lato Dio rompe la tradizione teonomica, cosmica, astrale, cosmocratica, autodivinizzante, acronica, “faraonica”, per-donare una alleanza (brith) che viene poi accettata in quanto con-trattata, con-divisa, de-liberata. Qui l’Altro, la Trascendenza, è ormai Dio-con-noi, compagno di viaggio dentro la storia. Il popolo deve liberarsi dalla seduzione della mera obbedienza (i “nuovi egitti”), e partire per una reale esperienza (l’esodo) di libertà. Solo in questa reciprocità, si dà una “legge che libera” perché accettata/compresa come liberamente voluta. A fondamento della relazione tra Trascendenza e Immanenza sta una apertura fiduciaria reciproca (fedeltà responsiva, sponsio, Vorverständnis), che istituisce la sfera della legge e della giustizia. Non possiamo seguire come si dovrebbe la grande esegesi di Ost, con il suo narrare l’andi-rivieni di Mosè sul Sinai, con Dio, poi con il Popolo, e di nuovo su e giù, (trascendendo e immanentizzando), e poi “ri-posando” e “ri-flettendo” due volte per quaranta giorni in un necessario periodo di “latenza” e di “pensosità”. Al centro di quella esegesi stanno però i temi cari a Teubner: la paradossale generazione reciproca della Legge e della libertà (contra Rousseau); il paradosso di un momento fondativo che è già da sempre preceduto da una relazione (contra Hobbes); la Legge come reale esperienza di un processo di emancipazione dalla schiavitù e non come alienazione da essa 18. Limitiamoci alla sostanza. La scrittura della Legge è il risultato di una relazione reciproca, vera e propria con-versio, tra Dio e il suo popolo. Relazione di piena “trans-immanenza”. La “legge che libera” è paradossalmente preceduta da un radicamento fiduciario che precede l’accordo e il contratto: prima e dopo la Legge c’è della relazione; così chi rende giustizia già l’aveva ricevuta. Non solo. La legge è stata scritta e riscritta ben tre volte, entro la “terra di mezzo/di mediazione” della tenda del con-vegno; spazio di ri-flessione che rende impossibile la chiusura dei due mondi. In questo vero e proprio “dramma”, si danno due grandi tentazioni. Quella della Trascendenza che potrebbe isolarsi, farsi ab-soluta, comandare, dettare la Legge, separandosi dalla relazione con l’immanenza. E quella dell’Immanenza, il Popolo, guidato dal comunicatore Aronne (alter ego di Mosè), sempre tentato a “tagliare i ponti” (de-pontificare) con Dio, per crearsi un utile Vitello d’oro con cui conquistare la nuova Terra promessa, senza dover co-rispondere all’Altro. Da un lato Trascendenza assoluta: montagna inac18
F. Ost Le temps du droit, Paris, Odile Jacob, 1999.
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cessibile all’uomo; piramide del comandamento; Legge senza de-liberazione. Dall’altro mera Immanenza e trascendenza sbarrata; pianura “liquida” dove la Trascendenza non può mettere radici, fare presa; Vitello d’oro di una circolazione patologica tra populi(smo) e capi. Solo nella Tenda (terra di mediazione, né montagna né pianura, con Mosè e Dio in relazione, ri-volti l’uno all’altro) si può con-trattare “orizzontalmente” la legge: mai però come mero mercanteggiare-scambiare utilitaristicamente, bensì come piena reciprocità-tra-i-perfettamente-diversi, in quanto “salvati” dall’orientamento alla Trascendenza 19.
IV. De Reditu: trascendere l’auto-trascendenza, sovvertire l’auto-sovversione 1. Giustizia riflessiva come auto-trascendenza del diritto Giustizia è proporzione, ricerca di equivalenza, giusta misura, “congruitas ac proportionalitas quaedam”. Giusta può essere qualsiasi operazione, struttura, evento. Giusto o ingiusto può essere qualsiasi sistema sociale laddove voglia “calcolare” la proporzionalità delle sue operazioni in relazione all’Altro. Nel diritto, Giustizia è misura di congruenza sia: 1) delle operazioni-atti-eventi giuridici con le strutture del diritto: 2) della rispondenza tra sistema (del diritto) e ambiente (personale, sociale, naturale). In radice essa è quindi relazione di calcolo che misura, in base a un criterio, solo certi aspetti degli enti – misurati in vista di una proporzione ritenuta congrua. Giustizia può dirsi in molti modi, perché misura secondo diversi metri, proporzioni e scopi. È nello hiatus tra decisione e struttura che emerge la necessità di giustizia. La seconda fonte è etero-referenziale e ha a che vedere con l’irritazione che l’ambiente provoca nel sistema del diritto. È possibile rendere giustizia all’ambiente, agli animali, alle psiche degli individui, ai corpi (la vita … la morte), a Dio, alle relazioni sociali? È possibile calcolare l’incalcolabile differenza che l’Alterità presenta al diritto? Secondo Teubner nessun criterio di giustizia è semplicemente derivabile, deducibile: né dalla memoria del diritto (dall’interno del sistema), né dal suo ambiente (sottosistemi sociali, ecologia, Dio, etc.). Occorre invece che il diritto faccia la “sua” esperienza di trascendenza per poi tornare all’immanenza. Questa esperienza del limite, causata dalla re-entry della distinzione sistema/ambiente nel sistema, genera una “Giustizia riflessiva”. Essa emerge sul confine della relazione, tra sistema del diritto – e i suoi limiti-opportunità operative – e l’ambiente È il rientrare della relazione diritto/ambiente del diritto, nel diritto, per trovare una nuova “misura”, più re-sponsabile della 19
F. Ost Raconter la loi. Aux source de l’imaginaire juridique, Paris, Odile Jacob, 2004.
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relazione. Qui il diritto è costretto a trascendersi, a uscire da sé per riflettere sulla sua relazione con l’Altro (del diritto). La misura è prodotta dall’esperienza reale del non calcolabile. Giustizia riflessiva deve rispondere degli effetti del diritto sul suo ambiente, calcolarne le conseguenze, e ciò tenendo conto della differenziazione per funzioni e per culture della società globale. Così Giustizia si differenzia nelle sue tipiche operazioni e semantiche: commutativa, distributiva, riconoscitiva, redistributiva, secondo meriti, bisogni, identità, rispetto a individui privati, individui e società, società e individui, etc. Giustizia è relazione di composizione dei diversi in una tela che ne conservi le specificità, riconoscendo ad ognuno dei fili il “suo”. Così giustizia come trascendenza del diritto è simultanea presa in carico del diritto vivente e della sua “ombra”, il diritto a-venire, il diritto latente (potentia di diritto) che verrà generato negli in(s)contri con l’ambiente. Ma Giustizia riflessiva non è solo “viaggio di andata” verso l’ambiente. Giustizia deve rientrare nel diritto, subendone i limiti. Il totalmente Altro dell’ambiente non è per nulla “giustificabile”, pur rimanendo una “spina nel fianco” del diritto. Giustizia dunque non è semplicemente uscire dal diritto per confrontarsi con l’Altro del diritto. Non è questo il De reditu di cui parla Giovanni in 16.10 “Quanto alla Giustizia, perché vado dal Padre e non mi vedrete più”. Ciò significherebbe solo uscire dall’immanenza, ripudiandone la “storia”, la prova, l’ex-per-iri, per tornare “immuni” alla Trascendenza. Per Teubner invece il versetto va interpretato più profondamente. La Giustizia della prima parte del versetto, si realizzerebbe solo passando attraverso, esperimentando l’ingiustizia. Sarebbe sacrificio di sé, sofferenza che annulla la separazione tra immanenza e trascendenza. La seconda parte del versetto indica invece una mancanza di visibilità, una latenza, necessaria. Invisibilità della Giustizia come incommensurabilità di ogni Giustizia nel diritto alla Giustizia dovuta a ogni singolo uomo. Così, alla fine del giorno, Teubner ci presenta una Giustizia latente, visibile solo in controluce, mai direttamente pronunciabile. Giustizia sarebbe una sorta di ideale contro-immagine del diritto che lo “tortura” continuamente, lo processa per spingere continuamente alla ricerca di nuovi criteri, metra. Ma allora, se così è, si dà realmente ritorno? Davvero l’analisi di Teubner ci parla De Reditu. All’immanenza sarebbe veramente stata “donata” Giustizia mediante l’incarnazione? La Trascendenza avrebbe “ricevuto” Giustizia vedendosi adeguatamente tradurre nel Mondo?; e infine, la Trascendenza avrebbe davvero contra-cambiato il dono con il suo sacrum-facere salvifico? Se il ritorno non è altro che una mera costruzione ideale, una finzione costruttivistica, necessaria a non lasciare nell’arbitrio il diritto: se è pura “produzione” tecnica di simbolismi; pura finzione necessaria a dar senso a una realtà che non ne ha; pura operazione da Grande Inquisitore, mero freno (katechon) alla cattiva violenza, da parte di buona (?) violenza. Se ciò
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è, allora nessuna stazione d’arrivo per ritornare e ripartire, solo tappe di un viaggio. E allora, questa la domanda a Teubner, perché “la” Giustizia invece che il Nulla: non sarebbe socialmente meno improbabile un mero diritto come strumento di controllo sociale, accettato come “macchina” per produrre immunità sulla base della forza? Mero istrumentum regni? Vero Arcana imperi, giustificabile in quanto non sostituibile? 2. Amore come auto-trascendenza della giustizia (Trascendenza della trascendenza) “La relazione con l’altro, cioè la giustizia”, così avrebbe affermato Levinas 20. “La giustizia (…) è l’esperienza dell’altro come altro, il fatto che lascio l’altro essere altro, il che presuppone un dono senza restituzione, senza ri-appropriazione e senza giurisdizione”, cosi Derrida 21. Ma è vero? Può la Giustizia costituire quella relazione “santa” di cura che massimamente è capace di “ospitare” l’Altro? O non sta usurpando il posto di Altro? Può la Giustizia, sia pure auto-trascendenza-e-sovversione del diritto, relazionarsi al perfettamente singolo, personale? Non deve sempre e necessariamente, generalizzare, selezionare un aspetto della singolarità per poterla adeguatamente giudicare sulla base di una misura comune, socialmente riconosciuta 22? Oltre all’immanenza, alla Trascendenza e alla Giustizia che li dovrebbe porre in relazione, si presenta anche “Amore”, Caritas, Cháris, Gratia. Occorre distinguere Giustizia e Amore pur nella loro reciproca relazione generativa 23. Con Ricoeur 24 diremo che Giustizia argomenta, è proporzionale, basata sulla logica dell’equivalenza, dell’eguaglianza, della ripartizione, del rendere a ciascuno il suo; l’Amore invece non argomenta, afferma; è sproporzionato, basato sulla logica della differenza, della eccedenza particolaristica, del dare di più di quel che è dovuto, della supererogazione. D’altronde il comandamento d’amare il nemico-prossimo, di fare il bene senza sperare alcun ritorno, non è pura decostruzione della prudentissima e giustissima Regola aurea, perfetta formula di piena reciprocità? Così quell’infinità della Giustizia che seguendo Derrida prende le qualifica dell’Incondizionalità, andrebbe invece ricondotta a un principio diverso e più alto. Non è infatti da “amor” che si si aspetta il “trattamento” della sinE. Levinas Totalité et infini: essai sur l’extériorité, The Hague, M. Nijhoff, 1961. J. Derrida Artefactualités, in: J. Derrida e B. Stiegler, Écographies de la tè lévision, Galilée, Paris, 1996. 22 Questo è il punto teorico, che sottoscrivo, di L. Boltanski e L. Thévenot De la justification. Les économies de la grandeur, Paris, Gallimard, 1991. 23 L. Boltanski L’amour et la justice comme compétence, Métailié, Paris, 1990. 24 Paul Ricoeur si è occupato della Giustizia in molte occasioni. Ricordiamo solo: Rendre justice au droit, a cura di F.-X. Druet e E. Ganty, Namur, 2002; Le Juste, Paris, Esprit, 1995; Le juste, la justice et son échec, Paris, Herne, 2006. 20 21
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice
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golarità, individualità assoluta? Non è forse vero che nessuna persona vuole essere considerata “uguale” alle altre? Non è forse vero che Amore vuole trascendere anche la logia del riconoscimento?, liberandosi da essa per aprirsi al perfetto dono di sé? Ma che relazione si dà, ora, tra Giustizia e Amore. Non certo di sostituzione. Così si tornerebbe alla loro confusione e a chiedere alla Giustizia ciò che non le si può chiedere e cioè esattamente di dare a ciascuno il suo senza calcolarlo per mezzo di metri generali, formule di equivalenza (sotto certi rispetti). 25. Forse però si potrebbe fare dell’ Amore la sovversione della Giustizia, la Trascendenza della trascendenza. Così, e solo così, la Giustizia verrebbe dis-orientata dal condizionalismo (utilitarismo, contrattualismo, etc.) e dall’incodizionalismo che, in modo latente, sempre la tentano. Questa nuova giustizia “appresenterebbe”, senza mai rappresentare pienamente, il vincolo latente della società: il segreto del mutuo indebitamento degli individui, ciascuno differente ma in comunione con altri. Così l’Amore sovvertirebbe la Giustizia, nel suo ordine storico, dato, contingente, con-vertendola al continuo riconoscimento del muto debito, letteralmente insolvibile/ingiustificabile/non-reciprocabile che ci rende inseparabili e simultaneamente perfettamente singoli e distinti: persone cui nessuna Giustizia potrà mai restituire ciò che manca e che, proprio perchè manca, rende necessaria la relazione e la società. Debito positivo, costituente, istitutivo, della relazione. Così, infine, può essere interpretato un altro topos classico del conflitto diritto-giustizia: Antigone 26. Nella tragedia di Sofocle si scontrano due logoi completamente “autoreferenziali” e intraducibili: la Legge di Creonte, basata sulla “sacralizzazione” della Polis in quanto fondata divinamente; e la Legge di Antigone, Dike eterna e increata, che sta prima degli dei e degli idola e che abita la latenza dell’Impenetrabile Ade. Entrambe sciolgono peccaminosamente il legame con l’Altro, con la Trans-immanenza. La prima, assolutizzandosi dal divino (inteso come ideologia della città), la seconda assolutizzandosi dai riti umani e sottraendosi dal logos prudenziale che solo media l’Originario, restituendolo agli uomini. Sebbene il Coro, Tiresia e Emone, avessero provato a convincere Creonte a rivedere la sua posizione “di diritto” e quindi a concedere Grazia (per fare giustizia), egli rimane tutto entro il suo tempo “bloccato”, incapace di amare le ragioni dell’Altro e di lasciarlo a-venire. Di nessun per-dono egli è capace e quindi di nessun futuro egli è “padre”; di nessuna euphronein giuridica è davvero prot-agonista. E, davvero, non può perché è assolutamente incapace di 25 Questo l’insegnamento di F. Schauer che dimostra come senza riferimenti al “generale” non sia possibile fare giustizia, come sognerebbero invece gli incondizionalisti. Si veda: Profiles, Probabilities, and Stereotypes, Cambridge Mass., Belknap Press, 2006. 26 M. Cacciari La parola che uccide, in: Sofocle, Antigone, Torino, Einaudi, 2007, pp. V - XIV ; R. Célis Antigone et l’au-de-la du pensable, “Ateliers”, 28, 2001; H. Bauchau La Lumière Antigone, in Antigone, a cura di A. Armel, Paris, Autrement, 1999.
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ascoltare con Amore, la Latenza che Antigone richiama alla memoria. L’Indisponibile fondamento di quella Giustizia – dei “vivi-e-dei-morti” – che rende possibile la simultanea e perenne revisione del diritto et dei criteri di giustizia umana. Allo stesso tempo, tragicamente, Antigone non riesce a “sviluppare”, generalizzare, quella Philia originaria, Amore per il fratello, che in lei si presenta solo come amore auto-delphico. Questo Amore che solo potrebbe – rimandando alla memoria del passato e alla promessa che impegna il futuro – fare giustizia, rimane in Antigone solo a sé riferita, autoreferenziale, chiusa, quasi “incestuosa”. Così Antigone nella sua terribile “dismisura”, somiglia ed è simultaneamente completamente dissimile a un’altra figura della civiltà occidentale, Maria. Ma se questa rinunciando a se stessa e, accettando il messaggio/dono dell’Angelo (l’Altro), può donare la Vita – facendosi medium tra trascendenza e immanenza, Antigone può solo donare la Morte, in memoriam, al fratello. Le due figure di donna significano nella loro perfetta dis-somiglianza il dramma della giustizia sulla terra. Solo una vera mediazione può far comunicare giustizia e diritto, trans-immanendizzandoli. Mediazione che è l’opposto di mercanteggiamento: è lasciarspazio/tempo a che la Trascendenza (giustizia) si faccia carne (diritto) che si riorienta alla Giustizia. Così il diritto verrà giustificato dalla Giustizia – sua sovversione – e questa verrà “orientata-significata” dall’Amore – a sua volta sovversione della Giustizia. Duplice auto-sovversione, auto-decostruzione e etero-ricostruzione: vero donare-ricevere-contracambiare che non confonde i prot-agonisti, ma li pone in relazione di pieno riconoscimento “e” di piena distinzione.
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age Annamaria Rufino
“Se si vuole restare ciò che si è, occorre restare ciò che si è mostrato di essere” Niklas Luhmann
I. Since its origins, globalization has shown itself to be an event with an extraordinary scope, in terms of overcoming distances regarding relationships, communication and values among individuals. It has expanded the areas of rules but it has also highlighted that to the hyper production of rules corresponds their inadequacy to solve matters caused by social complexity. Therefore, there is the conflict or increasing “contradiction” between law and society, along with the incapacity of law to produce justice or to give justice, in the sense that it fills up the distance among individuals and between individuals and institutions. The apparently decisive answer to such a matter has come from praxis, above all from the multiplication of media, which seem to be able to restrain the situation of widespread emergency which characterizes the world of justice. Mediation is, at the same time, the result of a deep process of normative innovation and government of conflictivity and is the communicative way of new expectations of individual justice in the society. With regard to the perception of traditional justice, as an exclusive way to manage conflicts, social and individual awareness is deeply changing. The gradual shift from the social to the individual is the main feature of such an innovative practice. A completely new way to consider the relationship between institutions and environments has arisen from the world of mediation, in terms of acknowledging the legitimacy of institutions and the possibility of normalizing behaviour towards the environment. A new way to consider justice as a system of interconnections between juridical and regulatory systems and society comes out in a more evident way. It is no longer an acquisition and interpretation of demands and expectations in a mono-directional sense, that is from the top, but a connection of networks that is spread through bi-direc-
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tional segments. It is a new way to mean justice without Justice. It is no longer mind against mind, but mind that gives way to something useful. The opportunity as innovative category of the new global common law replaces the idea of need as something that must be normative. The binomial association reasonable/useful substitutes the traditional one of legal/illegal.
II. Justice is alone 1. Reducing complexity has represented the most onerous and the most important goal to create a relational system that could be able to produce social feeling or connective tissue. It is an idea that has been essentially expressed through the articulation of communicative instruments more and more complex in their turn, just to react and be adjustable towards the changes of the external environment. The complexity is so evident because it reproduces itself ad infinitum, as well as the useful instruments to reduce it. An articulated interconnection of question-answer systems, with a clear latency in terms of conflictivity: this is the crucial point of complexity, an omnivore box that is somewhat predecessor of globalisation, in a conceptual way at least. For these specific features of the current complex systems, the world of global communication has changed into a virtual game made of layers, concepts, definitions, behaviours that gradually overlap in an ascending way, by systematically absorbing and eliminating the communicative structures of the lower level. This communicative system brings continuously into play actors’ identities and relational expectations, by implying at the same time a continuous redefinition of conflictive dynamics and their possible solutions. The communicative instruments, which are more and more fragmented, are without doubt the indicators of global world pressures and social changes. At the same time, the communicative instruments modify the main contents of “institutional knowledge” from the lower levels. A Social system generally looks like nothing other than the space where individuals organize their communicative structures. It has always been like this and nowadays it is even more evident: from communicative structures the social praxis draws the practice necessary to guarantee its own functional “autonomy” to the definition of a new idea of cohabitation and rule sharing. Communication is the strong and the weak point of social and relational systems. The primordial goal of communication has been to make social structure as wide and comprehensive as possible, in view of the creation of shared instruments of guarantee necessary to cope with complexity communication has allowed to create an organic tissue made of widespread values more and more institutionalized, in view of the organization of instruments for the protection against the hidden dangers of the surrounding
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environment. The specific communicative instruments, to meet this need, have been systematically included in the legal-institutional system, which has taken on such a task, by reorganizing it and “normalizing” it. The law, as a system of rules, has taken the government of the all relational system and it has created a system of signs and symbols, that has allowed to transform the cold legal reason into a valid language for all people. Such a language crumbles into an endless set of dialects, which can move around the normative system by imposing complex mechanisms of adjustment and correction. 2. From freedom to justice, from justice to freedom: it appears as the evolutionary way that the civil world has been living for centuries, originally in function of the definition of those rights more or less shared by all the people, and the useful instruments to communicate and enforce them and of the necessary order to guarantee them. Today, however, such a system of shared rights is going through a deep crisis of definition and identity, as a consequence of the precariousness of relational systems, but also of the fact of calling into question the possibility to bring individual expectations back to an organically conceived and shared social system. From the second half of the 20th century a new need has emerged, which coincides with the freedom to talk a different language, to act according to different goals and to agree to “observative” agreements of “here and now”. The ability to foresee, on behalf of the legal system, future individual and social behaviours has been legitimated by the specular ability to manage the past, or the history of these same behaviours and to regulate the motivations justifying individual membership to the system. The conflict among individuals represented a mechanism of normative productivity and secured the continuity and historical memory of the rules themselves. This was embodied in the “truth” of law, which somewhat represents the preserving shelter against environmental risks. Social and individual needs become expectations of truth or test of reasons, often giving up conflict and trying to find adjustments to the system. These needs are no longer regulated upstream, they are no longer predicted and predictable needs but always newly arising and in constant emergence; today they put the institutional system of rules in a severe impasse and, paradoxically, always waiting for questions and answers has “suspended” the ability to say the truth and give justice. Such uncertainty has highlighted the social distance from the law. This implies mutual difficulties, on behalf of the normative and the social system, namely the first one to communicate needs and the second one to give answers to needs. It implies also the increase of micro-conflictivities from the outskirts of the system gradually towards the decision-making core of the system itself; these micro-conflictivities cannot be managed and, for this reason, they are
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transferred to the decisions of alternative systems. Globalization has made the complexity paradoxical and truth useless, inactivating the complex procedural mechanism that has been, from the institutional point of view, the more efficient up to the present: observation of reality as analytical standard of individual action, risk assessment as a system of social action normalization and its environmental impact, identification of modus operandi as the statement of the reason supremacy and of truth about strength supremacy. The legal system of rules, therefore, has been a system of observation of reality, the measurement of action and the definition of truth. Truth has represented the operative-decisional instrument used by the institutional body to communicate with praxis. Real justice has been for such a long time the unique good to share and the unique goal to reach. To say “The law is the same for everyone” means the same as “ truth belongs to everyone”. The legal truth has taken away from individuals the possibility of describing reality according to individual criteria: all the people have to observe reality with the same look, just because justice and/or normative order have made reality clear to everyone in the same way. That is the point of departure to understand the current, different idea of justice and truth towards a new perceptive behaviour of reality: according to the individual observation, what is true coincides with what is perceived as right. What kind of truth has to be considered by each of us? Is it possible to believe in one truth? About what is one asked to tell the truth? In the past, justice wanted to tell the truth about the “shared knowledge” through a levelling out of knowledge and controlled communication, which allowed justice to tell its truth. Nowadays knowledge, from an individual point of view, is no longer controlled, levelled and memorized as comparable. Everyone expresses his own set of knowledge and it implies that truth is no longer necessary because it cannot be shared. Justice with its truth seems to be an operative pattern that “includes empirical lies”. “The truth is the instrument that allows reducing intersubjective complexity”. The law and rules have managed and distributed the parties according to an order of reason that has gradually absorbed human feelings, expectations, demands, by reaching a simple but decisive contraposition: legal/illegal, true/false, good/bad. The reason becomes the truth, the truth becomes the reason through the redefinition of the subjective and relational space and time. The unstoppable procedure to gain individual freedom appears as cause and effect of the systemic closure of the legal element with respect to the social one and the social element with respect to the individual one. The juridical system inadequacy in finding pragmatic and operative answers to the apparent disorder of current change is confirmed by its incapacity in predisposing – the paradox among paradoxes – concrete systems of self-defence to the impulse of social praxis. Justice, having obtained its own structural prin-
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ciples from systemic formalism and from its reason, crumbles away due to corrosive practices of numerous truths of global world dialects: justice is alone, it is, on one hand, far from the demands of the right and, on the other hand, far from the diversity in social praxis. The bond of rights considered valid for everyone and the bond of principles applicable to everything derived from the capacity of the juridical– formal system to bring back the demands in a single spatial temporal dimension, anchored to the past, that represented, in turn, the founding structure of the procedural truth. Now the law, immersed necessarily in praxis, creates differences producing other differences, which do not and cannot have a unique “time”, a unique “space”. Towards the gradual loss of the memory of rule, such a difference appears and is defended as a new, fundamental value.
III. Finding a solution: audiatur et altera pars 1. Crisis in retributive and reparative justice from one side, and overflowing of emergencies and stratified, interdependent urgencies in needs, on the other side, gave new strength to the conflict, which has taken new sense. Anyway the conflict, the real systemic challenge of global modernity, has become even more problematic and complex, besides being difficult to analyse, mostly for sociological and juridical sciences. Difficulties in contextualizing conflictual dynamics mostly due to the shattering of the social system and the incoming of the experience space as an antagonist orientation instrument as regards the relational-organizational system belonging to the institutional field, determine conceptual and lexical ambiguities which are difficult to categorize. Instruments able to find answers to a conflict, recognizable by a pompous communicative capability relied to time and space control, or rather of the behaviours which it consists of, promises to be absolutely innovative as concerns the perception and the impact of being normative and the expectation of a traditional justice. Justice, in these terms, cannot have an “ecological” dimension anymore as the space of its belonging, transitory and moving, cannot act as reassuring and of pre-controlled identification. The meditative law, on the other side, legitimates the self-organization of dynamic territories of which entirety is the essence and “recognizes”, to extreme limits, evident forms of tolerance or of social neo-darwinism, where terms like wellness, quality of life, rights, freedom, find new space, in a problematic and contradictory way. The changing in progress of the juridical-regulative system can be simplified as the passage from the public law, to the contract law, to the relative social law. The reaffirmation of the prevalence of freedom rights is specular to a fall in recognition of the principles of solidarity, as the loss of significance of justice rights is specular to the expectation of safety and of the sharing of social
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life dimensions. The new dimensions of social life (vitalistic, neo-utilitarian and pseudo-hedonistic), where the conflict promises to be a justifying and founding of choices and decisions, together with a new evaluation of the instruments to be used to find a solution to the conflict, bring up to discussion the founding relationship of modern society between freedom of and freedom from and, after all, impose a new concept of freedom. 2. In the universe of the alternative techniques to solve controversies, mediation has its own specificity. Mediation dynamics are the result of a long transformation process. First of all, the innovatory government of space and time as an organizational technique of relational needs – particularly for the interpersonal and individual mediation – determined a new way to see the relationship between system and environment and between society and individual. Mediation is the result of this different relationship and it suggests a different way of relating inside/outside of/among systems, both for the communicative techniques used – negotiation versus argumentation – and for the intra-systemic evaluation relationship – description versus prescription. The more or less evident diffusion of privatized systems in the government and administration of public space, concerning the term governance, certainly had a remarkable impact on the relationships among society, environment and individuals, but from this relationship also derived opportunities of propagation, spreading in life styles, and relational models, determining the enlargement of the perception of external space with a remarkable impact from different points of view. Flexibility produces operative and decisional dynamism, supports fluctuations of knowledge, closely connected to the individual perception of wellness as an exclusive category, conceptual as well as existential of the relational nature and of the “best possible profit”, as a means and an aim of the solution of controversy. The mediation law, closely connected to procedures and expectations of systems transferring knowledge, acts as the real intermediary in the transfer of knowledge from top to bottom and from bottom to top, strongly affecting the organization of the same “institutional knowledge”, as we will see. So, governance is to be meant as the government of transformation which has more deeply renewed the techniques of social government and, mostly, of relational systems. The territory government is not given anymore to the system structure, but becomes function of a consensus in progress or we could say even, like it will be evident in some specific fields, in a more realistic sense, it is negotiated and imposed. The consensus has to be built from the bottom, thanks to an institutional reception of the potentialities of the meditative law, rather than by the possibility that institutional tools ritual to solve the controversies adapt themselves to meditative agreement operative patterns.
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In this sense we can talk of consensus building, that is intra and inter-institutional regulative interaction, which averts more and more the relational system from language of right, reintroducing in normalization processes spaces of a productive difference of new and diversified meanings. The new real right speaks the dialects of micro-system and of the self-organizing processes of dynamic territories, not only in social practice, but mostly at an institutional level. Mediation tools, in fact, belong to these processes, mostly for their ductility and their ability to interface with the complexity following the principle of empowerment, as a justifying instrument of decisional decentralization. Mediation, so, is the new culture of conflict solution, and therefore a new culture of justice. Its prejudicial assumptions are based on the opportunity that the conflict transforms itself in a distributive system of reasons (nobody loses) and that the decision about the resolution of conflict does not imply a judgement (nobody is right), in other words to be controlled afterwards and that the agreement to be reached by a communicative and constructive attitude oriented to the future and no more to the anchored past (nobody renounces). The general principles or the starting conditions are not to be shared, but it is the same agreement and in a perspective way, that is not imposed from the top, as it otherwise happens in the judicial approach, to build the evaluation and measurement instrument of what is indispensable for the satisfaction of one’s own interests. So, mediation gives voice to conflict and, at the same time, reduces defensiveness, which had justified and given sense to the birth of the modern institutional system. Reason, from this point of view, is the main instrument for the building of consensus, for ductility and spirit of adaptability, and belongs exactly to mediation procedures. The agreement, reached through reason, could be prefigured as an inter-relational paradigm functionally more suitable to a possible overcoming of violence and of opposition, personal, political, cultural, thanks to a stronger incidence on the restraining action of conflict and to the possibility to have the power to decide for oneself out of pre-established paradigms. The culture of mediation partly overlaps with cooperative practices, at least like the global society could be overlapping with society regulated in the traditional way. Mediation, from this point of view, has to be considered a further evolution of alternative systems to solve controversies. Anyway, even if with very important differences, in one case and the other prevails, in a prejudicial way, the need to recognize needs and interests of parties, not bound to a public-institutional conception of them. At the beginning of national modern states, and currently in the globalized world and moreover in alternative to juridical and institutional practices, cooperation has been the most frequent way of meetings among people and states, and resolving conflicts. Cooperation constitutes the closest normative and historical
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antecedent to the mediative law, even if it distinguishes from the mediative law for its inclusive capacities or potentialities, for the inevitable weight of risks, for the vantages and damage assessments that the social parts consider essential to reach the agreement. Mediation technique proves that there are not and cannot be identical cases, but that different truths exist, that an absolute and unchangeable right does not exist, but principles definable according to social and individual circumstances, but also political opportunities which do not impose themselves as regards the recognition of needs to be satisfied in accordance with competences of a welfare model or of agency, but “examine redundant” needs, constantly able to change and adapt themselves to the environment, and to be modified and re-adapted. This gives birth to an ethic of conflict that puts at stake the assumptions of law, mostly of the strict positive law and of its definitions in traditional procedures of institutionalized identification of social parties. Obviously, there are many risks with these new techniques to solve conflicts – none of which has to be seen as an exclusive technique of “solution”, but they have to be categorized mostly as techniques to re-define the conflict. In fact, with reference to a recognition and an improvement of the individual capability to recover personal freedom and the ability to gain rationalization and consciousness of conflict, we will face the problem of the real possibility that parties reach an agreement able to keep safe freedom, reciprocity and equality principles at least for a shared definition, but mostly to save, or just to permanently guarantee the protection of the rights that cannot be disposed of. Anyway, after more than two centuries of history of western society, global modernity shows the erosion of the social contract aggregative capability and recognition, which seems crumbling against the difficulties of institutional praxis to understand changes and give a justification to the objective inadequacy of the political-institutional machine to guarantee everyone equality in contractual capacity and the same guarantees in the protection of rights. 3. The fact is that mediation agreement legitimizes individual means for the solution of conflicts only partly shared. The mediation agreement wants to consider valid here and now what will be decided between the parties (jure condendum). Among the community rules which the society is based on so far, the prejudicial sharing of the observance of decisions has been used mainly as a shock absorber of diversity, as re-definition of conflict and, so as memory, though residual, of the original conflict. Now, the forward movement puts into play the sharing and conventional guarantee principles, the temporal continuity and the spatial distribution of norms. By “force” of reason, justice had always been on one side. Mediative law challenges the same concept of right, its dynamics and its perspectives. The
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conflict has not been excluded in the past from the relational system, neither as an expression of power, nor for its regulative potentialities, but on the contrary, it has been included and, therefore, solved by assigning bits of reason, that reason deposed in codes and transmitted by the juridical system. Mediative law, at least from a structural point of view, does not use reason, strength, and power. It modulates once more the time and space divisions to distribute relational resources according to the “ecological” principle of the best possible result here and now. The agreement mediated is not on the top of the relational system, but it is the consequence, and this is the most significant aspect. The mediation process, finally, is separated from reason, or as we can better say, is apart from the affirmation of a pre-existent reason, valid for everyone. It has no need to reveal truths, parts of the conflict to reach through the conflict an agreement where neither truth nor reason have, or should have the need to exist. This is maybe the future, or at least the near future, for the solution of conflicts, in the crumbling of the social, institutional and national system that does not allow proposing and finding agreement about general principles. Truth and reason, in the ritual process need to be fed by history, times of life to be restored according to general principle. Mediative law looks towards the future: it does not rely on the past or on rigid interpretative mechanisms. If law produces rules and through their diffusion it cancels or normalizes differences, mediation continuously produces micro-systems which modify themselves uninterruptedly at the same time creating a non-systematic social system composed of the contents of the mechanisms of self reflexive action. The liberation process of the single individual from both community and society belongings, and more generally of groups with a strong identity, shows at the same time an apportionment of life models and a capability in itinere of sense production, where the real treasure to protect is the time of change and of adaptation. “… per via del generale Malinteso, tutti d’accordo. Se, disgraziatamente ci capissimo, non potremmo mai andare d’accordo”. C. Baudelaire
VI. Towards pax mercatoria? Two emblematic cases Is for modern individuals the Kantian maxim concerning the exemplification of the “observative” choice of reality that is influenced by a veteroecologic principle according to which everyone thinks we should not do to others what we do not want to be done to us still valid?
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A completely new connotation, that should be assumed today and concerning the “observative” behaviour as an indisputable one, is not more configurable as an overstated shared point of view or as a set of universally valid principles, but it should be referred to dynamic micro-systems that dispute the original inspirational objectives of the Kantian maxim, confirming a new prospective for the relationship among the ego, the others and mankind. 1. In conclusion, mediative law is an oral law that, in an original way, characterizes the global modern world by means of archetypal contractual resolutions having only partially reference to the rules of lex mercatoria. Mediative law is a law of difference and it should not be considered a law of sharing and, moreover, it ignores the traditional schemes based on the dichotomy fair/unfair, legal/illegal, common/uncommon. It replaces the “imposing and ordering power” of the traditional law with the power of a “reasonable agreement” whose definition is essentially a sort of “politic agreement” meaning that it is based, on the one hand, on the structure of temporary alliances and on the opportunities that can bring the relationships among different parts, and on the other hand, on the utilitarian point of view that privileges the primary relationships (family, neighbourhood, friends) in opposition to the secondary ones (like country, state and society) that could be abstractly brought back to the brotherhood principles. Taking into account this new meaning of membership and identity, everyone’s life should be defined as global, i.e. as something that could be reallocated in every moment in different related segments of society supporting also the continuous changing in terms of the capacity to build identitary mechanisms. Mediative processes are a representation of this different system of identitary membership in which a relationship among friends, that is the principal characteristic of an agreement, is substituted for the relationship among partners that is formalized into a contract. The dichotomy friend/enemy acquires a new meaning and contributes to give a different sense to the social and institutional interactions confirming and reinforcing the “political change” based not only on the ability of different subjects in asserting norms and rules but also in the capacity to define individual expectations. Beyond the logics of the new economy, the mediative law interprets, privileging the individual point of view, the new frontiers of a life oriented to the useful, to the happiness and to the optimization of the quality of life. From a social point of view, mediative tools contribute to create a normative, malleable and adaptable possibility to obtain hic et nunc the satisfaction of a specific, and particular interest. In general, the transversal diffusion of new and complex needs make their definition difficult. The focus of observation and social institutional inter-
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pretation changes from the expected well-being to the perceived one: the subjective well-being law generates new structural concepts of life and interpretation taking into account the point of view of both individual and social one. The difficulties, encountered by the juridical-institutional system in interpreting the “new sense” deriving from new life styles and new estimated relationships, have moved to the bottom the politic and decisional mechanisms in order to find suitable answers to hostile dynamics of the global world. In this sense, the mediative law, that should be clearly considered as hybrid law, gradually penetrates the institutional interstices that are wider and emptier, and, in this way, it answers the problems of practical expectations by means of different types of dynamic relational compartments which are able to address the complexity without using trust tools but using the negotiable division of risks. From this point of view, intrafamily mediation and labour mediation are two privileged fields: in intrafamily and labour, conflicts, risks and vantages, negotiated through the mediative agreement, reach a new balance point and find new definition. In these specific conflicting typologies, mediation is the result of a radical process of institutional, social and individual innovation that has soon begun a modus vivendi et operandi (way of living and acting). The prevalence of economic interests is, at the same time, not only the cause and effect of the erosive processes of the social-institutional structure, of the traditional identitary weakness and of the membership processes, but, with the passing of years, it has defined a system based on relational and communicative simplification. Interpersonal relationships and the world of work are affected by a new kind of conflicts that are difficult to solve with a traditional normative approach. For this reason, the solution comes from renewing the traditional legal instruments. Given this scenario, family mediation is strictly related to those processes due to the fact that it can give flexible, not unique and dogmatized answers to the new interpretation of interpersonal relationships: a normative answer that no longer produces a normative speech of the reality, but it inspects the relational and intra-family reality in a prospective and transversal way. The mediative process, in the familiar field, uses a “discourse flux” that pays attention to both the different polarizations of new values, of new expectations, of a new dimension of goodness and to the different articulations of the concept of quality of life. In this sense, family mediation, one of the fields in which it is possible to widely apply the mediative instrument, is not a resolutive technique, but a creative mixture of multiple relational modules able to indicate dynamic identities that are spatially-temporally classified.
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A different negotiable approach to comprehension allows the redefinition of intra-family conflicts from a new and prospective point of view, of meeting and agreement places and taking also into account a new way of understanding the time of individuals’ lives, of families and of the entire society. Obviously, the liberalization processes of individuals, from the traditional and severe schemes of life, have contributed to retranslate the reality “to plural” and to reinforce new expectations which are related, on the one hand, to the possibility for the justice and the law to ensure to everybody “sufficient” rights and consequent reasons and, on the other hand, to opt for suitable and satisfying models of common life. Family mediation works in watertight compartments, isolating the risk factors and freezing the conflictual potentialities without erasing them. In intra-family conflict, as well as in other global conflictual dynamics, mediation has worked like a tool for legitimating partial agreements, whose major aim has been certainly the optimization of available resources: in interpersonal conflicts, that are comparable to job disputes, mediation has been transformed into a tool thanks to which radicality of rational choice has got the extreme consequences. 2. Family mediation together with labor mediation should be both considered an extraordinary case of institutional and juridical outsourcing regarding, especially from an institutional point of view, the definition of risks and the characterization of rules that should be adopted and, from a juridical point of view, the conflict solution approach. Conflictuality in the labour domain, as underlined so far, is considered an emblematic case, as the familiar one, having a crucial incidence in crashing the identitary system and the politic institutional behaviour. As a common praxis, all western countries have moved the contractual, decisional and the legislative weight of a contract from institutional places to social practices in which labour unions have had a significant space in respect to the abilities of interpreting, defining and managing labour needs. In the last decades we have seen a full-blown “alleviation” of the law system with a consequent increase, in the negotiation field, of new bargaining hypotheses, of new ways in managing interests and conflicts, and, moreover a new definition of how to pursuit tasks. The proliferation of observing and recognizing agreements has transferred on workers the responsibility to recognize their interlocutors, to accept the procedural actions, to show the validity of claim. The fragmentation of the trade union system, confirmed by a process of downwards devolution and the diffusion of labour flexibility, characterized by a wide range of short term contracts that systematically substitute the typologies of traditional contracts, confirms a demand to satisfy the needs and the conflicts with partial answers proposed in a short temporal interval,
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in other words with mediated and “political” 1 answers that also confirm the separation of the labour world from general and institutional configurations. The national regulation wraps itself up and gradually, but voluntarily, loses the capacity to influence in respect to the praxis expectations. The State, making available its prerogatives, is involved especially in these two symbolic cases like a social part among other social parts. With the decline of the most part of stable and durable references in two fields that has been the fundamental structures of the contemporary national state, the end of law sovereignty and the end of legal obligation to obey the rules coincide. 3. In labor mediation, in which the main aspect is covered by the trade union mediation like the familiar one, the principles of action, not only, cannot be extended anymore to the whole society but, here more than in other fields, are determined by particular contingencies and urgencies that cause troubles to traditional justice and its related capacity to analyze social transformation in giving adequate answers. In these two examples, the principles of justice demonstrate that they should not be considered, but such principles are only a hypothesis that aims to solve conflicts. It is here, more than elsewhere, that the Kantian maxim, having represented the main structure of civil coexistence, breaks itself up in terms of both spatial-temporal and functional-structural sense. The rule becomes only a possibility of action that should be cut or broken any time. Thus, the juridical-institutional system seems to lose itself in the contingency dynamics of the decision-making government and control. The practices of mediation, reconsidering both the relationships among social parts, and the problem that has been solved originally recognizing the necessity of a contract, contribute to opportunely mask the identity of who is able to exercise the power, not more and not only in comparison to subjects that are almost organized like micro-sovereignties of “subdued” power but above all, to who is forced “to reach a compromise” and consider the scarcity of the global age primary asset i.e. identity. Nowadays, the force of transformation is a very serious problem for justice because justice is compelled to interface with subjects who are risking losing their identity and are affected by indefinable motivational difficulties. 1 In the Italian post and telecommunications sector, the labour union agreements have been a very important case. In fact, in the eighties, the legislator delegated Labour Unions to discipline short term contracts, that were rigidly regulated in the past. To pursue this task, in the middle of the nineties, Labour Unions and the Italian Post reached an agreement that considered as valid thousands of labour contracts which were defined illegitimate by jurisprudence. The State, personally interested in the future of Italian Post, with an ad hoc lex, reclaimed all irregular situations, without considering the real expectations of workers. This is what is going to happen now, after ten years, with a set of laws of imminent promulgation: once more Brenno sword on the balance plate.
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4. Thus, what happens to the judge and to the law? Who should judges give justice to? And, where will a judge find reason of his justice? Which will be the time of justice when everyone is able to choose the subjects able to define the solution of conflict? This is the ultimate question to be answered. Interfamiliar conflicts and conflicts in the labour field are two symbolic cases that clearly explain – just because they represent the principal and more sensible moments in which to verify the stability of social tissue and the relational system – the described transformations which are clear for everyone especially because they constitute sectors where it is possible to highlight the prolific contradictions and the indefinable and irrepressible conflictual drifts of global modernity. The institutions are unable to control, not only the conflicts, but neither the norm which is deprived as a diffused system, on the one hand of informal and interpersonal relationships which define, in a certain way, the individual behaviours and, on the other hand of intentional organizations that delimit, in a discontinuous way, the extended social aggregations. Considering the urges of legislative pluralism, justice is outsourcing its own functions conferring to the mediators the possibilities to justice and to find custom-made reasons. Justice is alone and it wanders in the global world looking for a legitimation and a role it no longer has. The judge is alone, deprived of heuristic tools that she or he has used in an absolute way, of the authority of her or his functions and forced to remain what she or he has shown to be. Moreover, she or he is unable to operate in a social reality made of institutional fictions, of inequalities, of riotous subservience to reason and to “politics” of reason and, in respect to which, her or his own truth is lost in endless streams of social tissue that ask for concrete and immediate answers, that could be challenged in each moment and in each place. Praetor peregrinus looks here and there for his truths to utter, offering fragments of reason. Which is the real truth? De minimis curat Praetor!
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I. Das Problem Das Problem der Rechtfertigung des Rechts konfrontiert den Rechtstheoretiker mit dem Zusatzproblem, daß es sich als unlösbar erwiesen hat und laufend neu erweist. Während Probleme geeignet sind, den schlanken Rahmen für einen sonst keinen Beschränkungen unterworfenen Wettbewerb der Lösungen abzugeben (Zielbindung bei Pfadoffenheit), eröffnen nicht lösbare Probleme – wenn wir die Frage, ob es sich dann streng genommen noch um Probleme handelt, vorläufig beiseitelassen – einen im Vergleich zu dieser Schlankheit bedenklich ausfasernden, unübersehbaren Raum zielloser und damit schon im Ansatz völlig heterogener, nur mehr z. B. stilistisch differenzierter bloßer Weisen, dem – nun eingestandenerweise unlösbaren – Problem zu „begegnen“ (oder aber, wir kommen darauf zurück, ihm nicht zu begegnen, jeder Begegnung aus dem Weg zu gehen, die Frage zu entfragen, zu einer von ihr unversehrten Tagesordnung und, vermittels dieser restitutio in integrum, vielleicht wieder lösbaren Problemen überzugehen). Hier gibt es also nicht erst verschiedene Wege, die in Hinblick auf ihre respektiven Verdienste um Zielerreichung miteinander konkurrieren, vielmehr setzt die „Komplexität“ ihrer „Reduktion“ einen so erfolgreichen Widerstand entgegen, daß die „Was-Tun“-Frage, die sichtbar ihre Zähne eingebüßt hat, durch eine eingestandenerweise zahnlose Frage von der Sorte „Wie sich damit einrichten“, oder mit anderen Worten die unbeantwortbare Komplexitätsfrage durch eine umso leichter zu beantwortende Vermögens- oder Machtfrage ersetzt wird. Schon Kant hatte ja die Komplexität, die ihm der Nachthimmel zeigte, nicht an die Möglichkeit einer „Reduktion“ denken lassen, sondern an die eine und nicht aufkündbare Präsenz eines Sittengesetzes, das sich in den Sternen als seinen öffentlich überprüfbaren Stigmata zu erkennen gebe. „Der bestirnte Himmel“ – damit ist signalisiert: Da ist nichts zu machen. Kants Philosophie ist zuallererst die Exegese einer Situation, deren Parameter jenseits jedes Aktionsradius liegen und darum absolute Geltung beanspruchen; sie ist die Ausfaltung und Aufarbeitung dessen, was in dieser, hier als unvordenklich zu verstehenden Situation beschlossen liegt. Viel neueren Datums dagegen ist das Vorkommen „sublunarer“, also innerweltlicher, geschichtlich selbstfabrizierter Situationen, deren obgleich selbsterzeugte Kom-
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plexität ebenfalls nicht mehr im Aktionsradius einer Kontrolle, eines möglichen Eingriffs liegen – das Vorkommen eines verum factum indefectivum, wie ich es Vico paraphrasierend nennen möchte. Dieser neuartigen Situation hat der Zeichner Willem in der französischen Zeitung „Libération“ vom 9. Oktober 2008, S. 29, in einer Karikatur zur Finanzunterstützung der Regierungen an die Banken ein Denkmal gesetzt. Ein Lastwagen kippt einige bei genauem Hinsehen vielleicht als Scheine und Bündel erkennbare winzige Objekte von einer Steilküste ins dreißig Meter tiefer gelegene Meer, über dem die Sonne gerade auf- oder auch untergeht, während der Fahrer, zu ein paar ratlosen Gestalten in der Bildecke gewandt, ausruft: „Schnell! Noch eine Milliarde Trilliarden, um dieses Loch zu füllen!“ – Willems Karikatur zeigt, was sich zeigt, wenn Probleme als unbearbeitbar erkennbar werden, nämlich die Perplexität einer Situation, der kein Mittel, Medium, oder remedy, mehr gewachsen ist. Sie zeigt auch, was die Folge, genauer die (gegebenenfalls: unwiderstehliche) Versuchung solcher Situationen ist: Aktivismus, Gestikulation, bares Zwangshandeln. Denn ironischerweise lehrt geschichtliche Erfahrung überwältigend, daß gerade Bedingungen dieser Sorte, Bedingungen, die die Spielräume des Handelns schon im Vorhinein beschränken oder vernichten, es als besonders unabweisbar erscheinen lassen, daß, gleich was, irgendetwas – „und nicht vielmehr nichts“ – zu geschehen habe zumindest, wie man hinzufügen sollte, in von der Geschichte mit Macht verwöhnten Nationen. Es gibt dafür viele Beispiele in der jüngeren und noch mehr in der jüngsten politischen Geschichte. Die Forderung, es müsse „etwas geschehen“, in deren Namen Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg zog (als dessen Ergebnis es dann von der Karte verschwand), bietet ein klassisches Beispiel. Die Finanzkrise hat aber andere und, soweit absehbar, unkriegerische Probleme. Hier geht es darum, eine ökonomisch bedrohliche Situation möglichst zu entschärfen – dazu geeignete Mittel und Chancen sind diesmal, im Gegensatz zur Modellkrise von 1929, in den Händen der Regierungen. Solche Eingriffschancen bestehen in der Tat. Um im Bild zu bleiben: Mittel, die es erlauben, den Ozean kurzfristig um die fehlenden dreißig Meter anzuheben, gibt es heute tatsächlich. Allerdings geht mit dieser neuen Möglichkeit ein neues Dilemma Hand in Hand. Denn daß die Frage nach den Risiken und Folgelasten der Operation sich stellen wird, ist gewiß (certum quod), auch wenn Zeitpunkt, Maß, und Form, in denen das geschehen wird, zur Zeit noch Sache weit divergierender Spekulationen sind (incertum quando, etc.). Die Urgenzoperation selbst, getätigt unter dem Druck der dringlichen Integritätserhaltung, also m. a. W. der „Vorrangigkeit des Befristeten“, oder doch unter dem Eindruck der märchenhaften Verheißung: „etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden“, ist das eine der beiden Hörner des Dilemmas. Das andere liegt in der sichtlichen Problem-Inadäquatheit der verfügbaren Lösungen, und damit in der Gefahr einer Revokation des dem Problem ja erst von der Moderne, und gestützt auf die Plausi-
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bilität der Erwartung seiner Lösbarkeit, aufgeprägten Problemcharakters. Das einstige Problem wird dann wieder Teil der Welt, kehrt an seinen Platz im Inventar der Umstände zurück, mit denen man rechnen kann und leben muß. Auf der einen Seite finden Problemlösungsbemühungen unter Verhältnissen statt, deren Unübersichtlichkeit und Urgenzdruck das Problem-Lösungsschema unter der Hand durch die eine oder andere weniger anspruchsvolle, zum Beispiel rein administrative Routine ersetzt hat, auf der anderen Seite will es schon kaum mehr gelingen, die vom Problembegriff vorausgesetzte Erwartung der Lösbarkeit weiterzuerwarten, also zwischen Problemen und Lösungen zu unterscheiden. Daß sich, immer noch im Beispielfall der gegenwärtigen Finanzkrise, der Tisch der Problemlösungen als zunehmend abgefrühstückt erweist, würde an sich in die zweite Richtung weisen – zur Rückkehr in den Zustand vor der Problematisierung. Dem ist jedoch nicht so, und einen solchen Verlauf zu erträumen hieße bloß den Prozeß unterschätzen, der unsere medial saturierten Gesellschaften einer ebenso langwierigen wie effektvollen Verabhängigung ausgesetzt hat. Dieser Prozeß bringt es mit sich, daß die Abstinenz von (wie immer erkennbar fruchtlosen) Lösungs- und Eingriffsbemühungen noch weniger zumutbar erscheint als der Rekurs auf diese (wie immer erkennbar bloß gestikulierenden) Bemühungen. Das Ergebnis ist ein zunehmend automatisiertes Weiterprobieren von Rettungsaktionen an einem dazu immer weniger tauglichen Objekt – immer unermüdlicher und pflichtschuldiger, aber immer weniger erfolgversprechend, unter dem stets wachsenden Druck eines kommenden dicken Endes. Es geht dann um Probleme, über deren mangelnde Lösbarkeit unter ihren Bearbeitern keine Illusionen bestehen; sie werden daher, gestützt auf die plausibilisierende Wirkung zunehmenden Urgenzdrucks, in andere, oft größere Probleme transformiert oder versteckt. Sieht man auf die Versprechungen, mit denen der moderne Problembegriff – der alledem dennoch stets zugrundeliegt – ins Leben getreten ist, so geht das kaum ohne Falschmünzerei ab, ohne die zweifelhafte Figur eines kognitiven deficit-spending, nach dem man etwa in den Schriften des J.M. Keynes vergeblich sucht. Denn das, woraus der moderne Problembegriff seine Legitimität gewonnen hatte, waren Lösungschancen gewesen, nicht die Unfähigkeit, aus erwartbar erfolglosem Handeln die Konsequenzen zu ziehen, und ebensowenig die Ununterscheidbarkeit von Problemen und Lösungen. Die Rechtfertigungskrise des Rechts unterscheidet sich, als unvorgreifliche Dauerkrise, von der Finanzkrise des Jahres 2008 freilich in doppelter Hinsicht: einerseits durch ihr höheres Alter, andererseits durch ihre schwächere Bedrohlichkeit. Es gibt politischen Aktivismus, aber eine von der Situation erzwungene Hoffnung, durch rasches Eingreifen noch das Entscheidende zu retten, findet sich kaum in der rechtstheoretischen Diskussion. Vielmehr gilt, daß in der Geschichte der Rechtfertigung des Rechts das unverdrossene Weiterbauen an der Unvollendung den Horizont bestimmt.
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Auch untaugliche Versuche der Problemlösung haben schließlich einen gemeinsamen Gegenstand – sie verweisen auf eine gemeinsame Situation, wie konkurrierende Problemlösungen auf ein gemeinsames Problem verweisen – und das gilt auch in Hinblick auf die Rechtfertigung des Rechts. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, daß Unlösbarkeiten durch dieselben Prozeduren betreut werden können wie Problemlösungen – zum Beispiel durch Gedankenaustausch, sei es auf Tagungen, sei es in wissenschaftlichen oder sonstwie auflagenschwachen Zeitschriften – so daß der Unterschied nicht auffällt. Was diese Pseudomorphismen nicht leisten können, ist, den Abgrund zu überbrücken, der die Serie stilistisch differenzierter Versuche, das Scheitern der Problemlösungen zu verwinden, von der Serie funktional oder performativ differenzierter Problemlösungen trennt. Eine Lösung bringt ihr Problem zum Verschwinden, das Scheitern einer Problemlösung verschiebt es anderswohin. Gewiß, ausdauernder Umgang mit diesem Scheitern hat zu beachtlichen Künsten im schmerzlosen Disponieren geführt, gerade in der Rechtstheorie. Die reiche pharmacopée von Palliativen, die sie bietet, macht das Leid über das Ausbleiben aller tauglichen und die Untauglichkeit der vorfindlichen Mittel der Problemlösung erträglich. Unterdessen entzieht sich die Inkonsistenz oder Nichtintegrität des Rechts – die Ergebnislosigkeit der Fahndung nach einem nicht selbstreferenziellen und doch zureichenden Grund (i.S. von „berechtigender Begründung“) für richterliche Entscheidungen und besonders für deren Rechtskraft – weiterhin allen Verbesserungsversuchen. Nur wenige Unentwegte haben die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben. Statt sich an einem auf dem Lösungsweg entsorgbaren Problem abzuarbeiten, ziehen viele es vor, es als ein Problem der End- oder Dauerlagerung, ein Allokationsproblem, neu zu fassen.
II. Duelle Professionnelle Rechtsphilosophen sollten irgendwie erklären können, wie es kommt, daß in ihrem Feld so lange mit Begriffen wie dem der „Integrität des Rechts“ hantiert wurde. Solide Beweisführungen, daß alle idealisierenden Begriffe dieser Art ihren Gegenstand verfehlen, liegen in unterschiedlichen Ausführungen und gestützt auf unterschiedliche Prämissen seit langem vor. Zumindest wäre es wünschenswert, wenn sich jemand fände, der Ronald Dworkin darüber belehren könnte – mit größerem Erfolg als es den Versuchen Stanley Fish’s gegeben war – daß es nicht reicht, die Rolle des Don Carlos gelernt zu haben, wenn „Charly’s Tante“ gespielt wird.1 In der 1 Niklas Luhmann, den ebendiese Belehrung („Sie haben sich auf Don Carlos vorbereitet, aber hier wird ‚Charly’s Tante‘ gespielt“) erreicht hat, erzählt davon ein Lebensalter später seinen Studenten: Auf einem Landtagsausschuß habe „ein zufällig anwesender Mi-
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früheren Geschichte der europäischen Rechtstheorie des 20. Jahrhunderts ist das Wissen um die unverbesserliche Nichtintegrität des Rechts, ist der Versuch, sie nicht zu verleugnen und die Partie des Rechts gleichwohl nicht für verloren zu geben, in Gestalt der Extremformen der sogenannten jurisprudential antinomy ausgetragen worden, und zwar am schärfsten im Duell zwischen kelsenschem Formalismus und schmittschem Dezisionismus. Die Erfahrung der Unlösbarkeit des Rechtfertigungsproblems, des Fehlschlagens aller Versuche in der Nomodizee, liegt Kelsens Grundnormkonstruktion und Schmitts Kampf gegen den Rechtspositivismus gleichermaßen zugrunde, dem Exhibitionismus des unverstellten Entscheidens bei Schmitt, dem Inhibitionismus des Stufenbaus der Rechtsordnung bei Kelsen. 2 Daran, daß die polare Entgegensetzung auf beiden Seiten mit persönlichen und biographischen Prädispositionen zu tun hatte, mit der uneingestandenen Fortsetzung der Ideale einer jugendlichen Avantgarde- und Bohèmexistenz bei Schmitt, mit der vermeintlich zeitlosen Utopie eines aufgeklärten Absolutismus der korrekten Methode bei Kelsen, gibt es heute kaum noch einen Zweifel. Ebenso klar ist, daß die einzigartige Dramatik ihres Gegensatzes auf der politischen Überdeterminiertheit ihrer Meinungsverschiedenheit und damit auf deren Geschichtsverflochtenheit beruht. Von dieser Geschichtsverflochtenheit abgesehen (was nicht leicht zu tun ist) ist das, was von dem Objekt des unversöhnlichen Gegensatzes übrig bleibt, nur eine verflossene Gestalt der geschichtlichen Phänomenologie des Rechtsgeistes, vielleicht die entwickeltste unter den Figuren, in denen sich das Nichtaufgehen der Rechnung des Rechts niedergeschlagen hat, die Unkomplettheit der Selbstrechtfertigungen des Rechts, die Ungleichung zwischen seinem Anspruch und seiner Ausstattung. Würde man es in der Sprache der katholischen Dogmatik sagen wollen – zu der Kelsen wie Schmitt enge Beziehungen unterhielten, der eine, als von Fortschrittsideen geprägter jüdischer nister“ sie ihm aus gegebenem Anlaß (ein Vortrag Luhmanns) in kritischer Absicht mit auf den Weg gegeben (Niklas Luhmann Einführung in die Systemtheorie, hg. von Dirk Baecker, 4. Auflage, Bielefeld, Carl-Auer-Verlag, 2008, S. 333). Man wird kaum annehmen, daß der Jungbeamte Luhmann seine Lesezeit in das klassische Freiheitsdrama investierte – Hölderlin ja, Schiller nein. Auffällig dagegen ist, daß die Opposition von „Don Carlos“ und „Charly’s Tante“ die Sachlage mit einer ganz eigentümlich luhmannschen Schärfe beleuchtet. Der Umstand, daß Anschlußfähigkeit vor Bedeutung geht, also der Vorrang dessen, was gerade jetzt gerade hier „gespielt“ wird vor allem übrigen, kommt Luhmann so kongenial entgegen, daß man sich des Zweifels kaum erwehren kann, ob jener „Minister“ nicht ein zum Zweck der Fremdzuschreibung und des self-understatements angefertigtes Luhmann-Artefakt ist. Klar ist zumindest, daß das, was man als Luhmanns eigene, grundlegende, immer wiederkehrende Denkfigur oder Präferenzhaltung kennt, sein nie unterbrochenes Lob der Routine, das sich als Denken der selbstauferlegten Beschränkung und des Dienstes und somit im Grunde selbst als ministerielles Denken erweist, der Ministerbelehrung nichts schuldig geblieben ist. 2 Hans Kelsen Reine Rechtslehre, 2. Auflage, Wien, Franz Deuticke. 1960, S. 230.
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Großstädter im katholischen Milieu Österreichs, im Modus der kritischen Herausforderung, der andere, unter dem Gesichtspunkt literarisch-politischer Devotion und subjektiver Identifikation, im Modus der Revanche gegen den jüdisch-protestantischen „Geist“ des Liberalismus – so könnte man in diesem zwischen dem Legitimitätsanspruch des Rechts und den Mitteln, diesen Anspruch integral einzulösen, aufklaffenden Defizit etwas wie die „Erbsünde des Rechts“ erkennen. Kelsens ahnungsvoll-schamvolle Geste will diese Erbsünde verdecken, die Blöße der Unbegründbarkeit bekleiden, sie durch sorgfältige Endlagerung innerhalb des Rechtssystems unschädlich und indifferent machen, um dadurch dem Rechtssystem Bestand und Funktionieren zu ermöglichen. Schmitts obszöne Geste will umgekehrt diese angeborene Blöße des Rechts, dessen unheilbare Ungleichung mit sich selbst als allesentscheidende Ausnahme ins Zentrum zu rücken. Kelsen suggeriert Rechtsstaatlichkeit als Bedingung einer befriedeten Gesellschaft; diesem Ziel opfert er den jahrtausendelang geträumten Juristentraum einer perfekten, in sich selbst ruhenden, aristotelisch autarken Rechtsordnung. Die positivistische metábasis eis állo génos (von: „Recht“ zu: „geltendes Recht“) stipuliert dieses Opfer, die Annahme oder Fiktion einer Grundnorm vollzieht es; die Rechtsordnung ruht nicht mehr in sich selbst, sie verdankt sich ab sofort der Technizität einer Schaltung, nämlich der Operation, den empfindlichen Schwachstromkreis des Rechts als einer Sollensordnung zu schließen, ihn vor den gewaltsamen Entladungen des politischen Starkstroms in Sicherheit zu bringen. Schmitt sieht darin nicht nur eine Verarmung des Rechts, sondern den Versuch, die Politik als den höchsten Grad der der menschlichen Existenz vergönnten Intensität durch Normierung in ihrem Geltungsbereich zu beschränken – sie somit aus dem Recht auszuschließen und gegen es abzuschließen – und darin wieder eine Verweigerung des Zutritts zu Gefahr und Ernstfall, zur Dramatik des zwischenmenschlichen Konflikts, in welchem er den vorrangigen Gegenstand der Geschichte lokalisiert. Das positivistische Abkarten eines Spiels, dessen unzensuriertes Durchgespieltwerden in extenso den letzten Sinn und die Grundlage aller Gesetzlichkeit bildet (für Schmitt: „Menschenrecht“ ist), erscheint in Schmitts Sicht als unvertretbare „Verarmung menschlicher Existenz“. 3 Für uns entscheidend ist die verdeckte Gemeinsamkeit der Positionen, nicht die beide Autoren bewegende Antipathie. Beide reagieren auf das ungelöste Problem der Rechtsregel: ihrer Unfähigkeit der Selbstrechtfertigung; beide finden den Ausweg in der Ausnahme, Schmitt indem er das Recht dem Ausnahmezustand aussetzt, Kelsen, indem er in der Differenzierung von 3 So, den Schmitt der 20er und 30er Jahre zusammenfassend, Heiner Bielefeldt Kampf und Entscheidung: Politischer Existentialismus bei Carl Schmitt, Helmuth Plessner und Karl Jaspers, Würzburg, Königshausen und Neumann, 1994, S. 9.
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Sollen und Sein ein Mittel erkennt, das Recht von dem es umgebenden Seinszustand auszunehmen. „Sur des inconsistances, s’appuyer“ – lautet eine Zeile des Dichters Paul Celan. Formalismus und Dezisionismus sind Lehren, die die Inkonsistenz des Rechts erkannt haben, bemerkt haben, daß das Recht nicht Herr im eigenen Haus ist. Beide nehmen die daraus entspringende Pathologie des Rechts ernst, auch wenn sie diese Punkte in entgegengesetzten Himmelsrichtungen fixiert haben und der eine eine introvertierte Strategie, eine therapeutische Disziplin der wissenschaftlichen Erkenntnis und des durchgehaltenen Sich-Abschließens von Politik vorschlägt, während der andere eine extrovertierte Strategie verficht, eine Rechtstherapie der Ersetzung „bloß fiktiver“ Erkenntnisse durch direkt-konkreten Anschluss an Politik und „Ordnung“. In der Sache des Umgang mit dem ungelösten Rechtsproblem der Konsistenz wird erst das spätere 20. Jahrhundert neue, von den Hyperparadigmen Politik und Wissenschaft zunehmend entfernte, Wege gehen. Abgestillt von der nährenden Milch ihrer respektiven Therapien, klug geworden aus der Vergeblichkeit aller Versuche, das Leiden des Rechts an seiner eigenen Inkonsistenz durch Beistellung des einen oder anderen Überrechts zu heilen, nicht willens, zur vormaligen Tagesordnung der Verleugnung, Verschleierung, etc. der Inkonsistenz zurückzukehren, verlegt es die Diskussionsachse in den Bereich des rechtlichen Handelns selbst. Auch jetzt wieder gibt es polar entgegengesetzte Positionen, und „Handeln“ erscheint hie und da unter je entgegengesetzten Vorzeichen. Denn auf der einen Seite finden wir ein Praxishandeln, das seinen Sinn in sich selbst findet und der Philosophie zugänglich ist, zum Beispiel als Ausübung von Tugenden, und sich damit der Beurteilung oder Messung an seinen eigenen deklarierten oder undeklarierten Intentionen aussetzt. Auf der anderen Seite finden wir ein empirischer Beobachtung ausgesetztes Poiesishandeln, das sich in seinen Resultaten, seinen „Werken“ 4, im Fall der Autopoiesis heißt das, in seinem einzigen Werk: seinem eigenen Selbst, zu erkennen gibt. Jacques Derridas Auseinandersetzung mit dem Thema Gerechtigkeit, hervorgegangen aus der kritischen Diskussion einer Schrift des Schmitt politisch entgegengesetzten, aber in seiner Ablehnung des sozialdemokratischen Progressismus mit ihm wiederum einigen Walter Benjamin, 5 präsentiert ein Argument, das, nimmt man seine interne Ökonomie ernst, die Suspension der Entscheidungsfindung und die Dekonstruktion ihrer Referenzen zwar nicht programmatisch einzuschärfen versucht, aber doch un4 So Niklas Luhmann Einführung in die Systemtheorie, hg. von Dirk Baecker, 4. Aufl., Bielefeld, Carl-Auer-Verlag, 2008, S. 111, wo es heißt, „[Maturana hat] von einer Poiesis als ihrem eigenen Werk [gesprochen], und zwar bewußt ‚Werk‘.“ 5 Jacques Derrida Gesetzeskraft. Der mystische Grund der Autorität (a.d. Französischen von Alexander García Düttmann), Frankfurt a. M., Suhrkamp Verlag, 1991.
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ermüdlich, gleichsam aus der Kraft des eigenen performativen Einsatzes zu bewirken sucht. Teubner 6 spricht von einer Tendenz zur „Reparadoxifizierung“ bei Derrida. Er übergeht dabei die aus Derridas und (in diesem Zusammenhang) Teubners Gesichtspunkt sekundäre, von Luhmann her gesehen aber entscheidende Frage der Selbstermöglichung des eigenen Handelns als Prozeß. Die Frage lautet hier: Beschränkt sich der Beitrag der Dekonstruktion zur Rechtsphilosophie darauf, das alteuropäisches Genremotiv des „Routinetadels“ den Händen entwunden zu haben, in denen es sich seit Savigny und Marx befunden hat, dem Naturrecht und der Gesellschaftskritik? Erweist sich, was Derrida zu Fragen des Rechts und der Gesetzeskraft, der Norm und ihres Geltungsanspruchs, des Urteilens und seiner Protoethik anmerkt, als eine Stufe, 7 ein Glied in der Reihe der unvordenklich vorhandenen und nie verstummenden Kritiken, die die normierende und vereinheitlichende, verwaltende und geschichtsmächtige Vernunft auf ihrem Weg durch die Geschichte „des Westens“ ständig begleitet haben? 8 Ist das, was die Stoßrichtung von Derrida’s Traktat definiert, nicht „just“ 9 durch seinen Einwand gegen die Euporien und Regelkreise des Auf-Dauer-Geschalteten definiert? Ist die Dekonstruktion damit nicht „just“ in dem Maße Gerechtigkeit, in dem sie jenem „Lob der Routine“ widerspricht, das Luhmann seit 1964 – Jahre und Jahrzehnte vor der Übernahme des Autopoiesekonzepts – seinem gesellschaftstheoretischen Erkenntnisprojekt als prägnanten Kurztitel beilegt? 10 Ist Derridas aporetischer Begriffsrahmen nicht so formuliert, daß daraus an Instruktionen zur Kontrolle und Selbstkontrolle einer wie immer instituierten Planungs-, Verwaltungs- und Entscheidungstätigkeit nichts hervorgeht, ist seine iustitia nicht „just“ seine Ablehnung jeder Verfahrenslegitimität? Ist dann aber Derridas Argument einer aporetischen Gerechtigkeit etwas anderes als die postmilitante, diskret-utopiekritische Version einer (wie auch immer fehlgeschlagenen) Politik der Stillegung? Einer Stillegung wenn nicht des Rechts, so doch seiner Funktionen und Leistungen? Anders gefragt, nämlich in Hinblick auf Nancys und Agambens Begriff des désoeuvrement und ihre, besonders Agambens, Analyse der alt6 Gunther Teubner „Économie du don et positivité de la justice: la paranoïa réciproque de Jacques Derrida et Niklas Luhmann“, 65 Droit et société (2007), S. 105–122. 7 Daß es sich bei dieser Stufe um die „Nullstufe“ der dekonstruierten Propositionen handelt, argumentiert die auf eine sorgfältig rekontextualisierende Derridalektüre aufbauende Interpretation Agambens in Signatura rerum: Sul metodo, Turin, Bollati Boringhieri, 2008, S. 77–81. 8 Zu dieser These Anton Schütz „‚Legal Critique‘: Elements of a Genealogy“, 16 Law & Critique (2005), S. 71–93. 9 Der Autor widmet das hier und im folgenden unter Anführungszeichen gesetzte Wort „just“ dem Andenken Jacques Derridas. 10 Niklas Luhmann „Lob der Routine“, 55 Verwaltungsarchiv (1964), S. 1–33; neu gedruckt in: Renate Mayntz (Hg.), Bürokratische Organisation, Köln-Berlin, Kiepenheuer & Witsch, 1968, S. 324–341.
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christlichen Wurzeln dessen, was in Europa als Regieren und Verwalten bekannt geworden ist: 11 In welchem Verhältnis steht Derridas Gerechtigkeitsschrift, seine Gleichung von Dekonstruktion und Gerechtigkeit zur westlichen Geschichte der Rechtskritik? Zeigen seine Begriffe des originären Supplements, der différance, der Unentscheidbarkeit von Auslöschung und Spur, der Spur als Ursprung des Ursprungs, daß an die Stelle der klassischen Rechtskritik und zugleich an die der klassischen Rechtslehre ein durch nichts und insbesondere keine Rechtskraft zu besiegelndes, somit unabschließbares Urteilen tritt? Müßte sich darum nicht jede rechtliche Aneignung des Dekonstruktionismus zuallererst die Frage stellen, ob „machen“ – im Sinn eines Schaffens von rechtskräftig, also irreversibel weltverändernden Akten – aus Derrida’s philosophischem Blickwinkel stets zu früh kommt, zumal im Recht?
III. Formeln Derridas Interpretation des Rechts fügt sich überraschenderweise einem ausgerechnet von Michel Foucault gerne zitierten Wort, das mit seiner Insistenz auf die Selbigkeit ein und desselben Vokabels auf den ersten Blick kaum dem Rhythmus der Dekonstruktion entspricht und von René Char stammt: „L’histoire des hommes est la longue succession des synonymes d’un même vocable. Y contredire est un devoir “.12 Char sagt: „Die Geschichte der Menschen ist die lange Aufeinanderfolge der Synonyme eines selben Vokabels“, und fügt hinzu: „Dem zu widersprechen, ist Pflicht.“ In ersichtlich kalkulierter Weise offen bleibt dabei, worauf sich das „dem“ dieser Widerspruchspflicht genau bezieht: Soll dem Vokabel widersprochen werden? Seinem Immergleichsein? Seinen Synonymen? Deren Aufeinanderfolge? Alledem auf einmal? Vor allem: um welches Vokabel handelt es sich? Sieht man auf Derridas Auseinandersetzung mit Recht und Gerechtigkeit, so ist der Gegenstand seines Widerspruchs die erledigende, entledigende Bearbeitung, die nur dem Agenten einer mit Irreversibilität ausgestatteten Entscheidungsmacht zukommt, und der typische, wenn nicht einzige Fall einer solchen erledigenden Wirkung ist die mit Rechtskraft ausgestattete richterliche Entscheidung.
11 Jean-Luc Nancy La communauté désoeuvrée, Paris, Christian Bourgois, 1986; übersetzt als Die undarstellbare Gemeinschaft, Frankfurt, Fischer Verlag, 1988. Giorgio Agamben Il Regno e la Gloria: Per una genealogia teologica dell’economia e del governo (= Homo Sacer II , 2), Mailand, Neri Pozza, 2007, S. 262–276. 12 René Char L’Age Cassant, Paris, Felix Corti, 1965. Dazu Paul Veyne, der versichert, Foucaults Verständnis der Zeile habe sich scharf von der des Dichters unterschieden, in ders. René Char et ses poèmes, Paris, Gallimard, 1990, S. 499.
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Wie Derridas aporetische Gerechtigkeitslehre steht auch Luhmanns These „Im Anfang war kein Unrecht“ 13 quer zur Achse Formalismus-Dezisionismus, indem sie auf rechtliches Handeln, auf rechtliche Performanz zurückgreift, hier aber nicht im Zeichen einer durch keine Rechtskraft einschränkbaren Selbstexposition und Verantwortung, sondern im Zeichen der Anamnese der Bedingungen, unter denen das Recht sein eigenes Machen, Funktionieren, Folgenhaben tatsächlich und dauernd herstellt; nicht im Zeichen seiner Praxis, sondern dem seiner Poiesis.14 Darin, sagt Luhmann, liege eine neue Lösung des Entparadoxierungsproblems. Er fügt sogar hinzu: des Begründungsproblems, bezieht sich aber auch mit „Lösung des Begründungsproblems“ hier nur auf das Unsichtbarbleiben der Unterscheidung von Recht und Unrecht. Die Invisibilisierung dieser Unterscheidung, so führt Luhmann aus, verhindert, daß das Problem ihrer Rechtmäßigkeit sich stellt.15 Diese Analysen stehen bei Luhmann im historischen Zusammenhang eines Projekts der Errungenschaftenanamnese. Es geht um die Evolution des modernen Rechts. In einem ganz anderen Zusammenhang steht Luhmanns Empfehlung einer Kontingenzformel Gerechtigkeit. Darunter ist bekanntlich etwas zu verstehen, das anscheinend keinerlei „Aufgabe“ erfüllt. Jedenfalls schließt Luhmann für die Kontingenzformel jede Legitimations-, Steigerungs-, Selektions-, ja überhaupt Funktionsrolle aus.16 Der Verweis zielt auf eine Gerechtigkeit, die sich, noch bevor jemand sie vertritt, ja überhaupt kennt, dadurch bemerkbar macht, daß irgendwer „Ungerechtigkeit“ reklamiert und diese Beschwerde dem Rechtssystem zumutet. Was ist dann überhaupt angesprochen mit der Formel? Nur dies, daß Ungleichbehandlung von Gleichem, denn in diesem Faktum liegt näher bestimmt die Ungerechtigkeit, zählt. Es spielt nicht keine Rolle. Rechtliche Kommunikation kann darauf zurückgreifen. Es wird nicht ausradiert (oder, mit Derrida gesagt: die Rasur nimmt die Rolle des Ausradierten wahr). Als solches bloßes Nicht-Nichts bleibt es vom zu verteilenden Kuchen der Macht ausgeschlossen. Nur so wenig geht – denn, gegen Derrida, die Rechtskraft von richterlichen Entscheidungen muß ungeschmälert bleiben. Die Negation der Kontingenzformel nimmt die Gerechtigkeit von einer modo positivo dekretierten Irrelevanz aus. Gegen Derrida müssen im Recht zwei Ebenen unterschieden werden. Im Innenbetrieb bleibt das Entschei13 Niklas Luhmann „Am Anfang war kein Unrecht“, Gesellschaftsstruktur und Semantik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Band 3, Frankfurt a.M., Suhrkamp, 1989, S. 11–64. 14 Die Unterscheidung in Aristoteles Nik. Eth., I, I, 1094a1; VI , V , 1140b6. 15 Niklas Luhmann „Am Anfang war kein Unrecht“, Gesellschaftsstruktur und Semantik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Band 3, Frankfurt a.M., Suhrkamp, 1989, S. 11–64, hier S. 61 ff. 16 Ders. Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a.M., Suhrkamp, 1993, S. 218 ff.
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dungshandeln dem Faktum ausgesetzt, daß es für jedes Umgehen mit Tatsachen immer auch andere Möglichkeiten des Umgehens mit denselben Tatsachen gibt. Man kann an den Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin denken, der dafür bekannt war, daß er nie eine Kunstwerkabbildung auf die Hörsaalleinwand projizieren ließ: stets zwei nebeneinander. Im Recht geht das nicht ebenso offen: „Das Überschreiten der Grenze von unbestimmbar zu bestimmbar muß unbemerkt, bzw. unerwähnt vollzogen werden. Die Funktion muß, anders gesagt, latent erfüllt werden.“ 17 Auf der Ebene des reflektionsgesteuerten Innenregiments des Rechtssystems dagegen bleibt der Rückgriff auf Gerechtigkeit offen – nicht mehr und nicht weniger. Im Namen des Rechts zu sprechen, die Rolle der Bestätigung, Bestärkung, Funktion, Kausalität, Macht, und damit jede Form eines einklagbaren Anspruchs, bleiben der Gerechtigkeit verwehrt/erspart. Im Zusammenhang mit dem polit-theoretischen Großanspruch, Gerechtigkeit herstellen zu können, entsteht eine Grauzone, ein Niemandsland.
IV. Sisyphos Derrida hat einen Begriff des unendlichen undoing vorgelegt, indem er das doing der Präsenzmetaphysik, man kann in juristischem Zusammenhang zuspitzen: den Anspruch, überhaupt Ansprüche zu haben, einer plausibel vernichtenden Kritik unterzog. In Verlagen und Buchreihen, Tagungen und Hörsälen, in denen zuvor, nach Husserl und anderen, die Zugangsbedingungen zum reinen Phänomen diskutiert wurden, wird nun deren undoing diskutiert. „La chose même se dérobe toujours.“ 18 Das Urteil „Dekonstruktion ist Gerechtigkeit“ ist die Bedingung für das unendliche Urteilen, das die Praxis der Dekonstruktion hervorgebracht hat. Eine Selbstdekonstruktion der Gesetzeskraft – und eine entsprechende Eschatologie, die insofern eine juristische, eine Jüngstes-Gerichts-Eschatologie ist. Doch die Gerechtigkeit, die Dekonstruktion ist, bleibt auf Tagungen beschränkt. Sie wird in den Tagungssälen nur besprochen, als Gegenstand des Tuns (undoing) der Dekonstruktion, und während die Tagungen zu Dekonstruktion und Gerechtigkeit an Tagungsorten stattfinden (oder -fanden), gilt vom Recht, daß es kontinuiert, spricht und urteilt, handelt und tut, gesetzeskraftgestützt und ungestört, bloß anderswo, nämlich in Gerichten und durch Richter. Damit ist die Frage gestellt nach dem Schritt, der vom dekonstruktionistischen Urteilen in der Ausnahmedisziplin der Rechtsphilosophie zum dekonstruktionistischen Urteilen im Recht führen könnte. Gunther Teubner hat sich mit dieser Ebd., S. 221. Jacques Derrida La voix et le phénomène, Paris, Presses Universitaires de France, 1967, S. 117. 17 18
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Frage vielfach auseinandergesetzt.19 In einem Briefwechsel mit dem Autor dieser Zeilen stellt er das Rechtssystem als verurteiltes Subjekt vor, verurteilt zur tätigen Herstellung der Gerechtigkeit. Doch die Herstellung der Gerechtigkeit gelingt nicht, die Ungerechtigkeitsklage will nicht und nicht verstummen, die Gerechtigkeitsversuche des zum Gerechtigkeitsherstellen verurteilten Rechts erweisen sich stets von Neuem als reicher an collateral damages denn an intendierten Effekten – steigern somit noch die Ungerechtigkeit, und das nicht fallweise und nicht überraschenderweise, sondern regelmäßig und aus perfekt einsichtigen Gründen. Teubner anerkennt all dies, aber ohne daraus die Folgerung zu ziehen, die der Positivismus daraus gezogen hat, welcher im ständigen Fehlschlagen einen zureichenden Grund für Nichtweiterversuchen erkennt. Teubner geht es umgekehrt „just“ darum, dem Rechtssystem keine Gelegenheit, keinen Vorwand zu gestatten, sich seiner Gerechtigkeitspflicht zu entziehen. Ihr die Treue halten, auch und gerade angesichts überwältigender Mißerfolgsevidenz, wird es nur, wenn es verurteilt ist zum Festhalten an seiner Gerechtigkeitsbemühung. Das Rechtssystem ist vorgestellt im Emblem des Sisyphos: Es rollt seinen ihm stets wieder entgleitenden Gerechtigkeitsstein, bis an das Ende der Zeiten. Teubner erkennt in der Aufgabe der Gerechtigkeitsherstellung den Zwang wieder, unter dem Sisyphos seine Fronarbeit verrichtet und den das Recht sich selbst auferlegen müsse. Um meinen Einwand zu entkräften, auch das Recht könne sich zum sisypheischen Schicksal nicht selbst verurteilen, merkt er an: „Ist das Recht wirklich frei, sich sein Steinerollen auszusuchen. Ist es nicht durch die gesellschaftliche Evolution dazu verurteilt? Warum wurde Sysiphos verurteilt? […] Bekanntlich bewegte sich Sisyphos ständig und recht erfolgreich zum eigenem Nutzen zwischen Götter- und Menschenwelt: verriet Pläne der Götter, fesselte Thanatos, ließ sich, indem er Hades überlistete, aus dem Schattenreich in die Menschenwelt entlassen, bis schließlich Thanatos ihn endgültig ins Totenreich brachte. Seine Strafe bestand darin, daß ihm die Vergeblichkeit seiner Versuche, Immanenz und Transzendenz zu vereinigen, ständig äußerst schmerzhaft vor Augen geführt wird und daß er es trotzdem in alle Ewigkeit weiterhin tun muß.Was er zunächst aus eigenem Antrieb tat (den Göttern gleich zu werden), dazu wurde er am Ende verurteilt (die Verbindung suchen zu müssen und daran zu scheitern).“ Wer zu seinem Handeln verurteilt ist, braucht nicht nach Handlungsgründen zu fragen. Das verhindert aber nicht, daß sein Handeln sinnhaftes 19 Nur unter anderem: Gunther Teubner „Dealing with Paradoxes of Law: Derrida, Luhmann, Wiethölter“, in: Oren Perez und Gunther Teubner (Hg.), Paradoxes and Inconsistencies in the Law, Oxford, Hart, 2006; „Économie du don et positivité de la justice: la paranoïa réciproque de Jacques Derrida et Niklas Luhmann“, 65 Droit et société (2007) S. 105–122.
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Handeln ist und als solches der Interpretation offensteht. Er kann mit Sinn angereichert werden – zum Beispiel mit Heldentum. Unzählige Beispiele zeigen, daß Argumente ihre vis iustificatoria erst im Nachhinein und oft ad hoc entfalten. Sisyphos rollt seinen Stein, weiter und weiter – unbeirrbar hält er fest an seinem Teil, seinem Anteil, seinem Urteil, und diese Unbeirrbarkeit genügt, so ist zu befürchten, um aus seinem Handeln en filigrane eine wie immer verquere, apokryphe, uneingestandene, aber darum nur umso unkontrollierbarere Modellrolle abzuleiten. Nur dieser paradoxe (aber darum nicht schon getilgte) Modell- oder Heldentitel, und des Sisyphos vermeintliches Anrecht auf ihn, sollen ihm hier mißgönnt und bestritten werden – ihm und noch mehr seinen vermeintlichen Titel- und Rechtsnachfolgern, bis hin zum Rechtssystem. Unser tragisch bestrafter Schlaumeier 20 kann deshalb nicht mit dem Steinrollen aufhören, weil er seinen inneren trickster, Lügner, Betrüger, begräbt – sein Steinrollen ist das unaufhörliche Zu-Grabe-Tragen der eigenen vormaligen Lebensgestalt. Als deren permanenter, rekursiver und zirkulärer Henker und Totengräber, als bezwungener Rebell und Schauplatz ständiger Bezwingung, auf-Dauer-gestelltes Justice-seen-to-be-done, gibt Sisyphos sich als mit dem Amtscharakter eines Schutzgottes des Rechtssystems zu erkennen. Dem heldischen Sträfling obliegt die Besorgung, die Bearbeitung des Problems der Gerechtigkeit, obliegt – und zwar unerlösbar, bis ans Ende der Zeiten – die Erledigung der Rechtsaufgabe. Die Erledigung und Besorgung der Gerechtigkeit ist freilich zugleich eine Entledigung und Entsorgung von dem Problem der Gerechtigkeit. So wird Sisyphos zum Erlöser – zum Sinnbild und Inbegriff und Versprechen einer Erlösung des Rechts von der Macht. 21 Im Sinne dieser Erlösung erscheint Sisyphos zugleich als postchristlicher Messias, sein immerwährendes Steinrollen als das Äquivalent eines von eigener Hand sich selbst zugefügten un20 Sisyphus der Schlaue nennt ihn Wilhelm H. Roscher (Hg.), Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Leibzig, Teubner, 1909, S. 958. Vgl. auch Salomon Reinach „Sisyphe aux Enfers et quelques autres damnés“, Cultes, Mythes et Religions, Paris, Ernest Leroux, 1928, (Neuauflage Paris, Robert Laffont, 1996). Reinach, der im Namen Sisyphos eine intensive Verdoppelung von „sophos“ erkennt, interpretiert Sisyphos (in dem der Fabeldichter Hyginus den Vater des Odysseus erkennt) als gestaltgewordenen esprit de finesse und als mythische Inkarnation der List. (Ebd., S. 726). 21 Der unausgesprochene und doch unverkennbar konzeptionsleitende Gesichtspunkt in Teubners Rehabilitation des Sisyphos, der Habilitation des Verhältnisses des Sisyphos zu seinem „Rollstein“ als Modell des Verhältnisses von Rechtssystem und Gerechtigkeit, liegt in der Vorgeschichte des Helden vor seiner endgültigen Verurteilung zu ewigem Steinrollen. Dieser „verschlagenste aller Menschen“ (vgl. Roscher, ebd.) ließ es auf die Macht ankommen – er fesselte den Tod, betrog Götter. Er hat dies mit dem Rechtssystem gemeinsam, dessen Autorität, ganz gleich welchem ihrer modernen accounts man folgt, auf einer Anleihe am politischen Machtmonopol beruht. Wie erst der bestrafte Sisyphus, so ist erst das dekonstruierte Rechtssystem von der Macht emanzipiert.
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endlichen und auferstehungslosen 22 Kreuzestods. Sein Nichtanderskönnen und Verurteiltsein zum Weitertun dessen, was er je schon tut, zeigt, daß sein „Kapital“ – Möglichkeiten, Macht, Reserven – auf Null steht, aber seine Unerlösbarkeit spricht dem Sisyphos zugleich Nichtkontingenz zu – das höchste Gut, oder besser das zunehmend einzige der ins Zeichen der Kontingenz gebannten Midaswelt der Moderne. Keine Möglichkeit/Macht, die nicht bereits von Kontingenz infiziert wäre. Sisyphos dagegen ist perfekt machtlos und genau deshalb integral zuständig. Machtlosigkeit plus Nichtkontingenz: Teubner faßt so in der Sisyphosgestalt mit äußerster Präzision nicht nur den eigenen Begriff eines Transzendenzformel, sondern ebenfalls den (kaum sehr weit entfernten) luhmannschen einer Kontingenzformel Gerechtigkeit. 23 Diese ist, so Luhmann, dadurch gekennzeichnet, daß sie sich weder an einer Natur noch an ihrer Funktion legitimieren kann, nicht zum Selektionskriterium und noch weniger zum Agenten einer Steigerung berufen ist, weder etwas über das Prinzip der Rechtgeltung aussagt noch auch bloß einen Wert darzustellen vermag, der „das Recht als vorziehenswürdig erscheinen ließe“. 24 Es handelt sich bloß um ein Schema einer letztlich ihr Ziel verfehlenden und gerade deshalb unendlich fortgesetzten, ja unabschließbaren Suche. Sein Dienst als Häftling, forçat, Zwangsarbeiter macht Sisyphos zum Gerechten, zum juristischen Kronargument im Kampf um die Gerechtigkeit. 25 Aber in der mythologischen Annäherung des Kontingenzformelmotivs steckt eben auch eine Versuchung – die Versuchung, aus dem Pfund des geduldig seine Zwangsarbeit verrichtenden Helden und des über ihn gefällten Urteils insgeheim, ja unbewußt, dennoch einen legitimierenden good-will zu erwuchern – trotz, ja wegen seiner unbeneidenswerten Karriere. Jesus zum Beispiel ist am Kreuz gestorben, aber was dann kam, war – wie der katholische Dissident Loisy kurz vor seiner Exkommunikation feststellte – nicht das Reich Gottes, sondern die Kirche. Will man am Bild vom „Mann mit dem Stein“ (Enzensberger) festhalten, so bleibt als 22 Sogar fluchlosen, schweigend ertragenen, im Gegensatz zur manchmal so verstandenen „Selbstverfluchung Gottes am Kreuze“ in Mk.15,34. 23 Gunther Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenzformel oder Transzendenzformel des Rechts“, 29 Zeitschrift für Rechtssoziologie (2008), S. 9–36. 24 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1993, S. 219–223. 25 Sisyphos teilt sein graues Beamtenschicksal in vielen Hinsichten mit Kafkas „Poseidon“. Z. B.: „Poseidon saß an seinem Arbeitstisch und rechnete. Die Verwaltung aller Gewässer gab ihm unendliche Arbeit. […] Man kann nicht sagen, daß ihn die Arbeit freute, er führte sie eigentlich nur aus, weil sie ihm auferlegt war, ja er hatte sich schon oft um fröhlichere Arbeit, wie er sich ausdrückte, beworben, aber immer, wenn man ihm dann verschiedene Vorschläge machte, zeigte es sich, daß ihm doch nichts so zusagte, wie sein bisheriges Amt. […]“ Zitiert nach der Ausgabe Franz Kafka Beschreibung eines Kampfes: Novellen, Skizzen, Aphorismen, aus dem Nachlaß hg. von Max Brod, Frankfurt am Main, Fischer, 1980, S. 73 f.
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das einzige mit nennenswerter Erfolgschance ausgestattete Mittel, dieser Versuchung zu widerstehen, die Verlagerung der Aufmerksamkeit – vom Mann auf den Stein. Genau das hat Michel Serres vorgeschlagen. Serres geht davon aus, daß die Rechnung des Sisyphos nicht ohne den „Wirt“ – den Stein – gemacht werden darf. Ein Argument des der mathematisch und naturwissenschaftlich inspirierten Schulphilosophie Frankreichs verpflichteten französischen Philosophen betrifft den Talweg des Rollsteins, also den – Serres zufolge – stets wechselnden Punkt, an dem sein Zutalrollen zum Stillstand kommt, und von wo Sisyphos ihn nun wieder holen muß. 26 Der gewitzte Stein, nicht der verschwitzte Steinroller, befindet sich, so gesehen, in der Rolle des Generator-of-diversity (G.o.d.). Sisyphos und sein Stein, sagt Serres, bilden eine rekursive Pendelbewegung, „eine Uhr“ (horloge). Und wie kommt es, fragt Serres, daß nie vom Stein die Rede ist? „Aus dem Dunkel der Zeiten, aus der Tiefe der Hölle, aus einem Abgrund des Schmerzes, dringt zu uns die Erzählung von einem Ding das immer zurückkehrt – und wir sprechen nur von dem Mann, der es dann immer wieder von dort wegholt, wir Narzisse.“ 27 Daß die Gefahr eines Personenkults, wie in allen anderen Fällen, auch in dem des schmerzlichen Steinrollers besteht, soll aber nicht vergessen lassen, daß ohne das Wagnis prosopopoietisch identifizierender Imagination eine Lehre wie die Derrida’sche der Dekonstruktion rechtlich unentscheidbar verbleibt – unterhalb der Schwelle rechtlich erforderlicher Konkretion, und darum gerade, wie der mit dem Sisyphosnamen spielende Serres es nennt, bloß „sosophisch“ 28. Teubners Vorgehen macht die Dekonstruktion rechtlich entscheidbar – mit allen damit verbundenen Risiken. Derridas Dekonstruktion läßt sich – darin grundlegend von Benjamin abgehend – in Namen der Gerechtigkeit auf Recht ein, dies jedoch in Gestalt des fresh judgement, d. h. um den Preis, jede Reflexion auf Funktion wie Leistung des Rechts zu suspendieren. Damit ist Derrida gleich radikal wie Benjamin, nur richtet sich Derridas radikaler Angriff nicht gegen das Recht, sondern gegen das Wissen der Sozialwissenschaften, genauer: gegen die Resultate der soziologischen Beobachtung des Rechts. Darin bleibt der späte Derrida der Linie treu, die er in den 70er Jahren mit seinen Angriffen auf das Wissen der Humanwissenschaften und besonders der Linguistik (Saussure, Benveniste, LeviStrauss) eingeleitet hatte. Das Recht hatte aber, seinem berühmten Ehrentitel 26 M. Serres „Sisyphe et les Danaïdes“, Hermes 4: La Distribution, Ed. de Minuit 1977, 219–223. Serres ordnet Sisyphos der reversiblen Zeit der Uhren zu, er beginnt immer von Neuem – deshalb ist er in der Unterwelt; nur wenn er schon tot ist, können seine Qualen ewig sein (219). 27 „Du fond des âges, du creux des enfers, d’un abîme de douleur, le récit répère qu’une chose revient là et nous ne parlons que de celui qui l’évacue, narcisses.“ Michel Serres Statues, Paris, Flammarion, 1987, S. 302. 28 Ebd.
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einer „ältesten Sozialwissenschaft“ entsprechend, keineswegs auf die akademische Karriere der Sozialwissenschaften im 20. Jahrhundert gewartet, um die für es betriebsnötigen protosoziologischen Einsichten in seinen eigenen Prozeduren zur Geltung zu bringen. Was es selbst als seine soziale Funktion immer schon begriffen hat, kann nur erfüllt werden, wenn judgements ihre Frische sogleich einbüßen, und genau dies geschieht, wenn sie das Attribut der res iudicata oder Rechtskraft erwerben. Derridas Kritik richtet sich, auch wenn er anscheinend von Gesetzeskraft spricht, gegen Rechtskraft. Sie akzeptiert das Recht als Schauplatz der Dekonstruktion „Gerechtigkeit“. Die Dekonstruktion des Rechts beraubt das Auge des Rechts (auch hier wieder: des Rechts, und nicht: des Gesetzes) seiner Orientierungsfähigkeit. Derridas Lehre von der Dekonstruktion kann sich im Recht nur als Astigmatismus, als Verzicht auf Identifikation auswirken. Derridas Recht bleibt darum ein maritimes, ein See-Recht, wie man im Hinblick auf Schmitt sagen könnte – nicht ein tellurisches, ein „Landtreter“-Recht. Aber ist dieses Meer auch nur befahrbar? Gibt es die leiseste Chance, das als Meer neukonzipierte Recht den Sprung aus der Welt rechtsphilosophischer Tagungen in den Betrieb des Rechts machen zu sehen? Wenn, muß die Antwort lauten, so nur über seine Einschließung als Binnengewässer, nur in dem Maße, in dem das flüssige Recht der Dekonstruktion als Ingredienz des Rechtssystems in ihm selbst Platz findet, also in Figuren wie der Kontingenzformel Gerechtigkeit Luhmanns, der Transzendenzformel Gerechtigkeit Teubners. Zu Ende gedacht findet sich die dekonstruierende Gerechtigkeit in der Gestalt des Sisyphos, des unendlich zwangsarbeitenden Negativsouveräns der Unterwelt, also … „just“ (?) im Mythos, dem sich die Benjaminsche Kritik der Gewalt entgegenstellen wollte und der hier seine Revanche nimmt. Wenn im Recht, dann so. Sonst immerhin auf den Tagungen.
Is there Justice in International Law? Achilles Skordas*
This essay reflects on whether Gunther Teubner’s idea of justice can be integrated into the contemporary discourse of international legal theory. The semantics of transcendence are not alien to international law scholars, though the consideration of justice by them often lacks rigour and consistency. Teubner’s concept should be revisited in the context of Niklas Luhmann’s theory of exclusion and ‘world’, and Martin Heidegger’s philosophy of Dasein and angst. International law’s perennial search for justice is being redirected to the establishment of global governance regimes that might prevent the ultimate erosion of the always precarious world order.
I. Teubner’s idea of justice In a recent essay, Teubner developed a sociological theory of juridical justice, drawing on systems theory, and the theory of deconstruction.1 Teubner summarizes his thesis as follows: ‘ … justice needs then be understood as the subversive practices of law’s self-transcendence which are neglected in official legal theory and doctrine. In the last instance, however, justice would be seen as a self-description of law which undermines its own efforts because in its realization it creates new injustice’ (Teubner 2009:3). Teubner views the concept of ‘just society’ as obsolete, due to the fragmentation of modern society in various discourses and communication spheres. As ‘the search for a just society cannot follow one path’, various spheres of justice emerge – political justice, economic justice, juridical justice. Teubner is in search of the particular meaning of juridical justice, a concept innate to the legal system. He revisits Luhmann’s idea of justice as the contingency formula of law (‘adequate complexity of consistent decisionmaking’) by reframing self-subversive justice as law’s transcendence formula. 1 * I would like to thank Vaios Karavas, Peer Zumbansen and Maria Panezi for their comments and suggestions. Responsibility for errors is mine. 1 Teubner 2008 (in German); Teubner 2009 (in English).
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Teubner’s justice is ‘ecological justice’. This term highlights the foundational significance of the system/environment distinction for a juridical theory of justice. Irritation from political and social processes ‘redirects permanently the juridical semantics of justice’, and makes the paradoxicity of selfand hetero-referentiality visible. Because of its operational closure, heteroreferential observation is performed only within the legal system, so that law cannot really satisfy the quest for justice in society as a whole. Teubner’s assertion here is that justice is capable of overcoming law’s closure through the re-entry of the extralegal into the legal: it is the distinction between legal and non-legal (extra-legal, not illegal) that enables the system to generate discourse on justice, and to make law transcend its boundaries. He makes reference also to the experiences of alterity, ‘human suffering’ and ‘pain’ that compel law to transform the ‘irrational legal sentiment’ into legal reasons and doctrine. However, Teubner’s further point is that it is not possible for law to ‘realize’ justice: ‘After rendering law self-transcendent, justice forces the law to return to its immanence and to continue its operations under massive constraints, thus creating new injustice – self-subversive justice’ (Teubner 2009:14). Teubner here emulates religious semantics by secularizing the distinction ‘transcendence/immanence’ in a theory of justice without religion. Well aware of the particularities of this path, he warns against the reductionism of a dunkel Drang for justice and against the risks of human rights fundamentalism that ‘projects the limited juridical justice onto the whole society’. Irritation and re-entry, subversion and transcendence are key elements in Teubner’s theory. The strong ‘ecological’ semantics of religion, pain, and suffering infuse disorder and turbulence into law’s programmes. Though Teubner develops the idea of juridical justice, he also admits that other function systems have their own particular formulas of transcendence. This raises the question, whether world society as the comprehensive social system is the locus of justice, as well. If this is the case, it is arguable that, contrary to Teubner’s standpoint, there might be a path of global justice. Nevertheless, this is not a logical necessity; we may assume, for instance, that fundamental social processes are taking place on the level of world society but that they are mirrored as ‘justice formulas’ only within individual function systems. If justice is a ‘transcendence formula’ of law, one may wonder what irritant lies beyond the legal system. Does world society commit a ‘foundational sin’ that law struggles to redeem and overcome? And is this problématique relevant for international law and diplomacy? Martti Koskenniemi and Philip Allott address the question of justice in international legal relations under different methodological and philosophical assumptions. Reflecting on their perspectives is the first step to overcome international legal theory’s ‘blind spots’.
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II. Justice and the international legal profession 1. Koskenniemi and the expectation of justice Koskenniemi conceptualizes the idea of justice in the horizon of the professional activity of the international lawyer. In his seminal book ‘From Apology to Utopia: the Structure of International Legal Argument’, 2 he developed the inherent tensions and outright conflict in the nature of international legal argument, and the foundational indeterminacy of international law. Koskenniemi, being aware of international law’s inherent structural strains, turns to the legal profession as the social network responsible for absorbing the turbulence. ‘Contextual justice’ is here the key term: ‘The construction of contextual justice will demand an imaginative effort to rethink the contexts in which traditional roles have been formulated and in which their social effects have remained so unsatisfactory’. 3 Thus, apart from being committed to his role, the lawyer will have to consider the social context and political values, and will have to ‘imagine alternative forms of social organization to cope with conflict’. 4 Koskenniemi considers international law to be a battlefield for hegemony on claims relating to right and wrong, legal and illegal – therefore, at the same time, a space for the articulation of the community’s ‘common good’. 5 He affirms the existence of parallel discourses and structures – but then what? Koskenniemi speaks for a ‘culture of formalism’, 6 and understands it as a professional experience rather than as a theory or as a set of rules for formal reasoning – though he adopted a more ‘technical-formalist’ approach in the ILC -Fragmentation Report. 7 He describes formalism as a ‘culture of resistance to power’, 8 in the sense that professionals of international law engaging in argument on the legality or illegality should imagine ‘the possibility of a community overriding particular alliances and preferences and allowing a meaningful distinction between lawful constraint and the application of naked power’. 9 Formalism is the defense of the legal professional and scholar against the vocabulary of power and policy-making. In the changing circumstances of post-9/11, Koskenniemi increasingly focuses on questions of ‘fragmentation, deformalization and empire’,10 and
Koskenniemi 2005a [1989]. Ibid., at 557. 4 Ibid. 5 Koskenniemi 2004a. 6 Koskenniemi 2001: 494–509. 7 UN Doc. A/ CN .4/L.682, 13 April 2006, para. 487. 8 Koskenniemi 2001: 500. 9 Ibid., at 502. 10 Koskenniemi 2007a. 2 3
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sharpens his critique of United States unilateralism.11 His real fear is not fragmentation as such,12 but rather that the ‘takeover by the managerial mindset is reflected in the transformation of the vocabularies of power’.13 And then: ‘With new languages come the new experts who speak them’ 14 – here speaks the professional, again. The international legal profession is now feeling the pressure of transnationalism, and of governance experts. Koskenniemi challenges the systems-theoretical approach to fragmentation. He criticizes the concepts of polycontexturality and regime collision, as defined by Teubner and Fischer-Lescano, because, in his opinion, they undermine the centrality of normativity, state, and lawyers. He is particularly critical of the ‘habit of collapsing the distinction between law and regulation’, and he stresses that the broader we define the law, the weaker the normativity, until the difference between ‘gunman and policeman’, corruption and contract, disappears.15 This is a problem already identified by Teubner. His answer has been that ‘mafia routines’ constitute hetero-referentially produced norms which openly violate the official law and do not constitute ‘legal system’, because the relevant expectations have not been formed in the context of conflict resolution, but in a very different social context. As it is not possible to distinguish social acts from legal acts, social norms from legal norms, they constitute a non-differentiated form of conduct coordination. Thus, no autonomous legal system has emerged, or is capable of emerging in this area.16 It is also worth recalling that the difficulty of distinguishing the gunman from the policeman lies at the heart of contemporary public international law, as the alternative discourses on the terrorist and the freedom fighter, on terrorism and counterterrorism (targeted killings), and on the attribution of the acts of violent non-state actors to states demonstrate. The distinction between contract and corruption can be made plausible, if seen through the lenses of the common law: the reception of social practices into law is a function of the jurisprudence. The legal evaluation of customary practices is possible, because the common law maxims are rooted in the shared principles of reasonableness of the system. The ‘custom of the realm’ should not be equated with the common law, but it is rather, according to Gerald Postema, ‘the radical source of its validity, not literally by derivation, but by source and congruence’.17 Legal norms do not depend on any societal background consensus, nor on common 11 12 13 14 15 16 17
Koskenniemi, 2004b. Koskenniemi/Leino 2002. Koskenniemi 2007a: 13. Ibid., at 14. Koskenniemi 2007b: 22–24. Teubner 1987: 109. Postema 2002: 590–592.
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values, theories, principles or doctrines, but rather on ‘understandings on the ground’, relating to practices, ordinary affairs and activities.18 Though there is not always an authoritative answer to the law/non-law distinction, the legal system will draw the boundary, when called upon to do so. Replace here ‘common law’ with ‘global/transnational law’ and the parallels are obvious, without prejudice to the question of precedential value of the common law judgment. Koskenniemi views international law as resistance to the reductionism of managerial governance techniques, imagining the international legal profession as a moral elite with particular responsibilities. He contends that international lawyers are not expected to give technical answers when asked about poverty, torture, environment, or on the Iraq war – but rather to ‘soothe anxious souls’, to ‘give voice to frustration and outrage’, because international law offers ‘the sole vocabulary with a horizon of transcendence’. He reminds us that international law is ‘a placeholder for the vocabularies of justice and goodness’, ‘a kind of secular faith’, and addressee of appeals against imperial wars, transnational companies, corruption, and globalization.19 In another piece, Koskenniemi stresses that law and justice ‘cannot exist side by side’, and that there is ‘a Messianic structure to international law, the announcement of something that remains eternally postponed’. He concludes that legal pragmatism recognized the link between law and justice in the activity of lawyers, in particular in legal judgment. 20 For Koskenniemi, societal protest is not merely one of multiple power factors determining the evolutionary path of international law, but rather a source for the expression and affirmation of international law’s normativeethical content. Koskenniemi’s religious semantics are very strong, and he attempts a post-modernist turn to the dawn of international legal profession. Francisco de Vitoria as a theologian had developed arguments for the legal justification of the conquista in the emerging post-medieval world, still dominated by the Pope/Emperor diarchy. Through his writings, he sought to educate theologians who would ‘soothe the soul’ and the conscience of the Christian Kaiser and his generals for the injustice done to the Natives, and, at the same time, establish the international law of the Respublica Christiana with a view to facilitating its political domination over the New World. 21 Koskenniemi’s call to soothe the souls of ‘the Wretched of the Earth’ could be read as an appeal to ‘media-savvy’ public international lawyers to adopt popular 18 Ibid., at 615. On the reception and integration of a business practice into law through ‘autopoietic’ review of precedent, see Williams v. Roffey Bros & Nicholls (Contractors) Ltd. [1991] 1 QB 1. I thank Pat Capps for drawing my attention to this case. 19 Koskenniemi 2007b: 30. 20 Koskenniemi 2006: 78. 21 Schmitt 1988 [1950]: 77–83, in particular at 79–83.
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and morally sensitive issues that raise the visibility of the profession, and to strengthen its links with the frustrated majorities of the UN General Assembly. The question arises, whether civil society and the anti-globalization movement provide the ultimate refuge for classical international law. We may have doubts, at least since David Kennedy drew our attention to the international law of force as the ‘common professional vocabulary’ of both the military and humanitarians. 22 Koskenniemi shares with Teubner the semantics of transcendence, as well as the idea that law cannot embody justice, but can only generate the expectation thereof, and he conceptualizes the reception of societal irritation into law in terms of professional ‘ethos’. The strongest – albeit implicit – attack against his theory comes from Philip Allott. The entanglement of the international legal profession with political power is the blind spot of international law; Allott’s response is to attempt a subversive sociological observation. 2. Allott and the injustice of the Hofmafia Are international lawyers the Gatekeepers of the Temple? Not quite, according to Allott. In two books 23 and many articles, he developed a radical critique of international law and of the international legal profession. This is not the place for a comprehensive assessment of Allott’s intellectual enterprise, so the discussion here will only focus on his argument about the profession, as well as on Koskenniemi’s response. Allott launches an all-out critique of the ‘international aristocracy’ (the Hofmafia) in historical and sociological perspective. 24 He goes back to the ‘aristocratic international government’ of the pre-1815 ancien régime, and of the ‘international government’ of the post-1815 order, and then he reports on the structure of the new aristocracy of the twentieth century. He circumscribes the composition of the Hofmafia in a trichotomy that includes a noblesse de cour (national and international officials and policymakers), noblesse de robe (international legal professionals), and noblesse de la plume (mainly diplomats and academics). 25 He argues that this is a ruling class of ‘unprecedented size, power and arrogance’. Allott is dismissive of the contemporary world order arguing that ‘since 1945 the international ruling class has been preparing its own downfall, its own nemesis’. 26 Kennedy 2006. Allott, 1990; Allott 2002a. 24 Allott 2002b; Allott 2003. On the sociology of the international legal profession see also Schachter 1977. 25 Allott 2002b: 396–397. 26 Ibid., at 397–398. 22 23
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Allott questions whether the International Court of Justice ( ICJ ) is a court of justice or a court of law at all. 27 In his idiosyncratic language and methodology, he understands a court of law as ‘theatre, temple and battlefield’. In the court room, ‘the magic of human self-socializing is performed publicly’. 28 He then calls justice ‘the order of the order of law’; 29 the ‘ecclesiastical aspects of the court phenomenon’ constitute ‘a symbolic expression of anxiety and awe’. 30 From Allott’s perspective, however, international law is burdened with systemic incoherence and inconsistencies, in particular because it lacks a credible theoretical basis for law-making. 31 Moreover, the ICJ is a court for the resolution of inter-state disputes, and cannot deal with the particular issues of the new global public realm which has emerged since 1945: ‘the International Court, as an inter-manorial feudal court, is not well adapted to take power over the novel legal reality of a new global super-state’. 32 For Allott, the Court becomes irrelevant, insofar as it cannot engage with the three dimensions of world society: the world-wide economic reality; the power of non-governmental organizations and all other similar actors; and an international culture which incorporates the battles of ideas, including the struggle for the survival and the evolution of liberal democracy and capitalism. Nonetheless, he remains ambivalent on whether the Court might actually assume power over these new issues, transform itself, and serve the public interest of the ‘true international society’. 33 Allott’s critique, in particular the Hofmafia essay, touched a nerve in Koskenniemi, as it challenges the core assumption of the latter’s approach to law. His response is brilliant, even though at some points angry and unfair. 34 He interprets Allott’s work as embodying a ‘baroque aesthetic’ and the ‘politics of conservative revolution’. 35 He also comes back to religious semantics: Philip’s writing reads like the sermons by the conservative priests in Rousseau’s Geneva in the middle of the 18th century, appealing for love and human goodness over the riots through which the bourgeoisie challenged the corruption in the City Council. In the battle between the bourgeoisie and the aristocracy, the latter always called for a revolution of the Allott 1996: 27. Ibid., at 17. 29 Ibid., at 26. 30 Ibid., at 25–26. 31 Ibid., at 36. 32 Ibid., at 38. 33 Ibid., at 39. Critique of the ICJ comes from other directions or schools of thought, as well. See for instance, Oda 2000; Posner 2004. 34 See the recount of the Geneva taxi driver’s incident, in Koskenniemi 2005b: 335–336. 35 Ibid., at 331 ff., 334 ff. 27 28
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mind against the revolution in the streets; a return to what was best in tradition (Burke) rather than forward to freedom in modernity (Constant). 36 I prefer a different reading. Allott is a lonely scholar, who does not yearn to dominate the field, or cultivate the instincts of the profession. His work is a very idiosyncratic call for self-subversive justice and for transcendence of international law’s boundaries. He is deeply distressed by the continuing institutional domination of international law by states, which exclude other global societal actors and fields of activities from the purview of the discipline. Allott is international legal scholarship’s Heideggerian ‘voice of angst’. Angst is unheimlich, and the intellectual is homeless in the space of incessant professional activity: ‘[a]s Dasein falls, anxiety brings it back from its absorption in the “world”. Everyday familiarity collapses … Being-in enters into the existential “mode” of the “not-at-home”.’ 37 Allott disrupts our everyday familiarity and ease with the discipline, and unsettles its discourse, doctrine, and narratives. Angst is projecting, planning, anticipating, but it is not fear. Angst as a fundamental deep structure of Dasein is Sorge, care and concern 38 in view of the magnitude of dilemmas and conflicts in the age of world society. If fear represents the state-of-mind of the Cold War, angst is the anthropological and societal condition of the age of globalization. Angst and justice: the thread of the discussion should unwind from here.
III. The missing link: exclusion as angst Teubner’s concept of justice as the transcendence formula of law is founded on observation of the permanent external irritation of law which originates in the social environment of the legal system. Teubner does not, however, further explain why irritation specifically ‘redirects the semantics of justice’. Exclusion as angst observed on the level of world society could provide the missing link. Luhmann shifts sociological observation from social integration to the ‘inclusion/exclusion’ distinction. Though he argues that the tempo of societal evolution accelerates, he cannot see any further form of differentiation, apart from functional differentiation. Nonetheless, he stresses that function systems tend to unevenly expand and observes their rationalities to col-
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Ibid., at 339. Heidegger 1962 [1927]: 233. Ibid., at 235 ff.
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lide; 39 unsustainability and structural drift opens the possibility of domination of the inclusion/exclusion distinction as the meta-code of world society. He admits that the consequences of world society taking such an evolutionary path would be detrimental. Human beings, whose freedoms are maximized by their participation in the communications of a plurality of function systems, would be negatively integrated in the space of exclusion. Some individuals would be thus included and positively integrated in function systems as human beings, but others would be excluded and negatively integrated as bodies. In Luhmann’s explanation, a sequence of drop-out instances and moments leads to chain-exclusion from one function system to the next – unemployment leads to the breakdown of family life, to lack of access to contract relations, to exclusion from the legal system and from education. 40 Thus, the operation of the code ‘legal/illegal’ becomes largely irrelevant in the space of exclusion. 41 Marcelo Neves indicated this sociological reality through the concept of ‘allopoiesis of law’ in the countries of the ‘peripheral modernity’. With this term, he defined the lack of operative autonomy of law in territories, where the economic code of ‘have/not having’ or the political code ‘power/not power’ dominate over the legal code and neutralize the capacity of the legal system to function effectively. Though Neves makes clear that he refers to domestic law, 42 such problems in countries at the periphery of world society are highly relevant for international law and human rights law, as well. The problem of exclusion redefines the question of justice and morality; it is not any longer about interstate relations, but about deep structural deficits of world society, which lead to the violation of the dignity of persons, and of their fundamental rights, and threaten the integrity of plural discourses. Indeed, the distortion and corruption of the code is redefined by Luhmann as a question of immorality, 43 because it is a phenomenon that undermines and erodes societal expectations attached to function systems. This redefinition of code corruption and exclusion into a moral question is possible because the transcendental semantics are inherent in the concepts of ‘world’ and ‘world society’, and they offer a link to the question of justice. For Luhmann, contemporary society can be conceived only as ‘world society’, which is the all-encompassing social system that includes all social Luhmann 1997a: 434, 568–569. Ibid., at 618–634; Luhmann 1997b. 41 Luhmann 2004 [1993]: 489. 42 Neves 2001: 258. 43 Luhmann 1997a: 1043. Corruption of the code and allopoiesis should be distinguished from the “blending of legal and illegal”, which is related to risk and evolution of law: see Luhmann 2004 [1993]: 178–179, 264–265. 39 40
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systems. ‘World’ is distinct from world society, in that it is not a system, and not merely the totality of all possible communications, but the ultimate horizon of all meaning, and the unity of the distinction ‘actuality/potentiality’, which, however, cannot be further observed. Thus, ‘world’ is world society’s ‘unmarked space’. 44 Stefan Rossbach inquired further into the ‘mystical’ and metaphysical dimensions and origins of the ‘world’. He interprets the term to be the systems-theoretical equivalent of God’s ‘oneness’. ‘World’ has no boundaries, no exterior, and cannot be observed, because any distinction would defeat the unity. 45 The systems differentiated themselves from ‘a groundless world without essences’. 46 And then: ‘[s]ystems came into existence once the world, the “unmarked space”, was “wounded” by a distinction’.47 Rossbach’s argument goes further into the related concept of world society, noting that, as world society emerged from the world, it shares the same ‘mystical’ features. In a sense, world society is also ‘horizon’, and not an entity that can be subject to political authority. 48 As the meta-code ‘inclusion/exclusion’ threatens to dominate, the distinction ‘wounds’ world society at its core. Exclusion implies a process of generalized blocking of function systems and denotes a transition to the space of strong negative integration, where systems autonomy and functional differentiation collapse. Even if exclusion generates communication within, and not beyond, world society, it implies a fundamental destabilization and accelerated evolution towards some other, as yet unknown, (de)differentiation principle, which can only be conceived by ‘systems-inworld-society’ as a ‘catastrophe’. 49 When the return to the paradise of the ‘world’ is permanently blocked, 50 allopoiesis, domination of the inclusion/ exclusion meta-code, and de-differentiation risk, mark the path toward the ‘unmarked space’ of a Second Fall. In Freudian terms, it is arguable that world society’s ‘death drive’ of return to the previous undifferentiated state of peace is strong, because it is motivated by the human condition’s self-destructive pleasure and ‘ecstasy in pain’. 51 However, opposite forces strive for different categories of peace. On the one hand, Todestrieb, expressed and stirred by unbound libido and by Luhmann 1997a: 57, 145–171, in particular at 145, 147–148; Luhmann 1992: 383–384. Rossbach 2004, in particular at 47–48. 46 Ibid., at 46. 47 Ibid., at 47. See also Thomas 1992. 48 Rossbach 2004: 52. 49 On this meaning of ‘catastrophe’ as swift transition to another stability principle, see Luhmann 1997a: 655. 50 Rossbach 2004: 49. 51 ‘From oppressive guilt, disabling shame, explosive rage, contagious hate, self-loathing, and unbearable symptomatic agony, there is a perverse appeal to suffering, to embrace our masochistic jouissance – our ecstasy in pain’, Mills 2006: 381 (italics in the original). 44 45
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the dynamics of regression, drives humans to a negative state of peace, to a situation where death excludes any further disturbance. On the other, Eros contemplates peace as longing for justice and stability. 52 The Freudian distinction leads back to Heidegger’s semantics of angst. Angst as being’s fundamental state-of-mind is the possibility of challenging the forces of negative integration. Heidegger’s analysis of angst arises from Dasein’s ‘fleeing in the face of itself’, because angst is not fear of a ‘detrimental entity’. 53 ‘That in the face of which one has [angst] is Being-in-theworld as such’. 54 And then: That in the face of which one has [angst] is characterized by the fact that what threatens is nowhere. […] ‘Nowhere’, however, does not signify nothing; […]. The obstinacy of the ‘nothing and nowhere within-the-world’ means as a phenomenon that the world as such is that in the face of which one has [angst]’. 55 Dasein’s thrownness into the world, and its abandonment to itself, ‘is shown with primordial concreteness in [angst]’. 56 Nonetheless, Being-inthe-world is essentially care, Being-alongside the ready-to-hand is concern, and Being with the Dasein-with of Others is solicitude. 57 Just as angst in the face of death is rooted in Dasein’s state-of-mind through the experience of the death of others, 58 angst as care and concern may signify response of systems in the face of a hetero-referential observation of exclusion, which, if it ultimately dominates, would advance the ‘demise of world society’. Facing the collapse of everyday familiarity and the disruption of normality, Dasein either falls, or regains the freedom to effective self-determination, disclosed through ‘radical angst’. 59 The dehumanization of individuals and the generalized corruption of systems’ codes are world societal ‘scandals’, which deeply irritate the state of mind of world society and the operations of function systems. Irritations of this magnitude, originating in the social environment, overwhelm the legal system with the sense of injustice due to the structural violation of the human person, which they imply. These social processes cannot be perceived as the articulation of an additional and all-comprehensive idea of justice for world society. Paradoxically, though no locus for global justice exists, there is a Friedman 1993: 131–133. Heidegger 1962 [1927]: 230. 54 Ibid, italics in the original. The translators use the term ‘anxiety’, but, ‘angst’ is preferable, as it has been well integrated in the English language. 55 Ibid., at 231, italics in the original. 56 Ibid., at 236. 57 Ibid., at 237. 58 Ibid., at 238 ff. 59 Rentsch 2003: 66. 52 53
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locus for global injustice, in form of the operation and potential domination of the meta-code ‘inclusion/exclusion’. Self-subversive justice as transcendence of law’s limits is angst as Sorge, planning and caring, constantly re-orienting the operations of the system to confront exclusion. Justice as madness 60 signifies the frantic search for a programme that would ensure order and stability and would exclude exclusion: a mission impossible, because the legal system cannot effectively control or ‘resolve’ a structural deficit relating to world society as a whole. The further question is, whether the ‘angst of exclusion’ changes the coordinates of international law.
IV. From peace to governance The UN Charter distinguishes between two pairs of concepts, law/justice, and law/peace. The primary purpose of the United Nations is to maintain and restore international peace and security, and promote the settlement of international disputes in accordance with international law and justice. 61 Chapters V through VIII of the Charter deal with the powers of the UN Security Council and the maintenance and restoration of peace and security; Chapters IV , IX and X with the powers of the General Assembly, and of the Economic and Social Council, as well as with issues of international economic and societal cooperation; and Chapter XIV is about the International Court of Justice and the implementation of international law. 62 Koskenniemi maintained that the Charter meant to establish a system of separation of powers, in which the Security Council deals with ‘order’ and the General Assembly with ‘justice’: ‘[t]he problem of justice is dealt with by establishing a general competence for the Assembly to make it come true’. 63 He also criticized the assumption of broad powers by the Security Council, such as the sanctions against Libya, or the imposition of a liability regime against Iraq, because, in his opinion, the broader issues relating to peace ‘are of no concern for the police but must be decided in the Temple’. 64 Leaving apart the question of whether the UN General Assembly is the right institution to call a ‘Temple’, it is practically impossible to maintain the distinction between ‘order’ and ‘justice’ in any form corresponding to a
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Derrida 1990: 965. See Preamble, and Arts. 1 and 2 UN Charter. On the interpretation of the Charter’s individual provisions, see Simma 2002. Koskenniemi 1995: 14. Ibid., at 18.
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clear separation of powers between organs. 65 Furthermore, any clear distinction between the three concepts of ‘law, peace and justice’ is also impossible for two reasons. First, because once the Council activates Chapter VII of the Charter, it has to remain ‘seized of the matter’, until peace is restored; however, ‘peace’ is not restored, until order has been established in the territory. The restoration of ‘effective order’ does not amount to the restoration of peace, because the territorial order should fit smoothly into world society’s law and global order: after all, UN members cannot be presumed to establish a territorial order against international law. Second, because ‘justice’ cannot be reduced into the ‘programme of action’ of an institution, as justice cannot be tangibly ‘reached’, but remains ‘postponed’, in Koskenniemi’s own terms. 66 The semantics of the Charter are therefore more complex than seemingly plausible distinctions. ‘Justice’ is distinguished from law, but is itself a treaty concept – of the UN Charter – thus, it is itself a term in international law. ‘Peace’ has two different meanings in the Charter, ‘negative peace’ indicating the absence of hostilities, and ‘positive peace’ indicating the multiple dimensions of the international political, economic and human rights order. ‘Just peace’ should then be interpreted as a combined key concept of the Charter, which describes the re-entry of irritation from the world-societal environment into the space of international law, and activates the dynamics of selfsubversive justice. 67 If the maintenance and restoration of peace is the fundamental objective of the Charter, which is, in its turn, a core constitutional instrument of the world political system, 68 then the totality of international law needs to be conceived not as an isolated body of principles, norms, and rules, but as a body of law, which needs to be constantly reinterpreted in view of the maintenance of world peace and stability, and of the prevention of exclusion. ‘Just peace’ enables the interpretation and evolution of international law in ‘world risk society’, 69 and indicates the overall orientation of international law towards the maintenance and stability of a world societal order, with the problem of exclusion at its core. ‘Threat to the peace’ itself indicates that the social and normative order in a territory is collapsing, and that the local 65 Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall In the Occupied Palestinian Territories, ICJ Reports 2004, p. 136, at para. 27. Furthermore, the Court merely noticed that the Council has often ‘tended to focus’ on questions of peace and security, and the General Assembly on broader humanitarian, economic and social aspects, but did not further give any restrictive interpretation with regard to the powers of the Council, ibid. 66 Koskenniemi 2006: 78. 67 Skordas 2007a. 68 See, for instance, Fassbender 1998. 69 Beck 2007.
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authority is a potential source of instability, which concerns the international community as a whole. By the determination of a threat to the peace, the United Nations system acknowledges that a state or territory is ‘falling apart’, falling towards the space of exclusion. One would expect Chapter VII situations to be rather exceptional ‘emergencies’ with peripheral significance for the interpretation and application of international law. The international community would intervene in major crises, and the member states would be authorized to use force for the restoration of peace, if necessary. The question of peace would therefore appear as a limited emergency without further implications. After all, one cannot define the rule (the operation of the international legal system) on the basis of the exception (threat to the peace). Luhmann, who defined the problem of exclusion in a broad manner, identified limited remedies provided for by states, namely social assistance at the domestic level, and development assistance on the international plane. However, he acknowledged that it was not merely about relief for the poor (‘Armenpflege’), but about efforts for structural change. 70 International practice has shown that maintenance and restoration of peace, and the fight against exclusion, are complex socio-political processes, which cannot be performed by ‘command’. These processes are narrowly linked to the re-orientation of the domestic order of the state concerned, and to the integration of the territory into the world economy, and into global legal structures. Interventions for the restoration of peace engage often – though not necessarily – in nation-building activities and reconstruction, as well as in promoting the establishment of the rule of law in the territory in question. Thus, instead of being an issue of effective order, maintenance and restoration of peace is an issue of ‘just peace’. Moreover, the Charter’s objective is not only to restore peace, but to prevent threats and instances of major destabilization of the international system. 71 It is apparent that the question of prevention, maintenance and restoration of peace cannot be conceived as an ‘emergency’, but should be reframed as the question of governance – good governance and ‘smart’ governance as ‘organization of disorder’ 72 and as ‘just peace’. Governance pervades the domain of international law. To tackle the structural shortcomings of world order, international law subverts itself and transcends its boundaries in order to draw upon the strengths of the ‘social capital’, creativity and spontaneity of world society and its actors. 73 In the world economic system, Luhmann made the case that the real distinction is 70 71 72 73
Luhmann 1997a: 633–634. Arts. 1 and 2 of the UN Charter. See also the overall teleology of the preamble. Willke 2007: 203. Ladeur 2000; Ladeur 2006.
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not between market and plan, but between market economy and subsistence economy. 74 To prevent exclusion, the world market economy should be adequately regulated, and mechanisms for the management of ‘systemic risk’ should be developed – but law, obviously, cannot reach any final point of evolution that would satisfy the quest for justice. Terms such as global administrative law, 75 transnational law, 76 or global law, 77 illustrate in various ways the transformation of public international law into law of global governance. Evidently, international law has not disappeared, and has not become obsolete, but its geology, to use Weiler’s metaphor, 78 has changed. New layers superceding the old ones have irreversibly changed the structure of international legal relations. Public international law is being progressively displaced at the periphery of global governance regimes.
V. Justice and the possibility of world order For Luhmann, the existence of order is an improbable evolutionary achievement. 79 As the spectre of the meta-code ‘inclusion/exclusion’ threatens the health of systems, the stability of world order is becoming increasingly questionable. Angst subverts the routines of classical international law, which transcends its own boundaries in search of just peace. International cooperation has given birth to the regional and international law of integration. International law redefines its core function, of safeguarding interstate negative peace, at the more complex level of securing the legal/structural conditions for intra-state and interstate stability. In Helmut Willke’s terms, states should provide ‘repair service’ to society and manage the ‘negative externalities’ of systems operations. 80 International and transnational cooperation should lay down sound principles for corporate governance, and facilitate ‘governance through contract’. 81 State-building is world-society building. The principle of self-determination assumes new dimensions and is becoming the foundational principle of global governance. Self-determination is not merely the right of peoples to statehood, but it signifies the allocation and organization of territorial authority, as it is shaped and decided within the process of recognition of new independent states and seceding terri74 75 76 77 78 79 80 81
Luhmann 1996: 96–98. Kingsbury/Krisch/Stewart/Wiener (Special Editors) 2005. Jessup 1956. Teubner 1997. Weiler 2004. Luhmann 1997a: 413 ff., in particular 413–414, 416–417, 426. Willke 2007: 90. Zumbansen 2007.
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tories. Recognition makes sense only if the seceding entity would offer better structural guarantees for good governance and just peace in comparison to the status quo ante. The fragmentation of international law has led to the emergence of strong transnational integration regimes, such as the European Union and the World Trade Organisation, which stabilize their operation and order-building capacity through elements of self-determination. 82 Human rights, economic freedoms, and negative rights and freedoms constitute guarantees for the operation of function systems and for the stability of world society’s ‘civil constitutions’. 83 Such rights and freedoms create the legal infrastructure for the co-existence of plural discourses in world society and for the maintenance of systemic stability. ‘Business for the poor’ 84 and microcredit 85 are recent examples of global governance strategies which aspire to materialize these rights and freedoms, reorient the operation of the world economic system, and enable more segments of the world population to escape exclusion and negative integration. Law cannot really plan and steer world societal processes, but can provisionally correct and redefine reflexion structures in other social subsystems. 86 Nonetheless, world society generates its own exclusionary mechanisms, and the magnitude of societal complexity cannot be fully grasped or managed by law. Enjoyment of economic rights and respect for property rights is conditioned on the operation of the rule of law in the territory in question, and this depends on its domestic political system. Though development is taking hold, bringing people out of poverty in emerging economies, microcredit benefits mostly middle class families rather than those who are most in need in the poorest areas of the world. 87 In its agonizing struggle against exclusion, international law realizes the chances, risks, and limits of its own path dependency. 88 Is there justice in international law? The answer depends on whether the professionals of international legal relations are able to facilitate change, by keeping, at the same time, a safe distance from ‘noise’; being-in-the-world signifies, after all, the capacity to reflect on the world by withdrawing from it. As global injustice and the angst of exclusion will upset world society for Skordas 2007b. Teubner 2003; Teubner 2006; Verschraegen, 2002; Ladeur 2000; Ladeur 2006. 84 ‘Making the Law Work for Everyone’, Report of the Commission on Legal Empowerment of the Poor (M. Albright/H. de Soto Co-Chairs), Vols. I and II , New York, 2008, in: http://www.undp.org/legalempowerment/report/index.html (last accessed 01.11.08). For property rights and business rights in particular, see Vol. I (Chapter 4), and Vol. II (Chapters 2 and 4). 85 UN Doc. A/ RES /61/214, 12 March 2007. 86 Teubner 1983. 87 ‘Doing good by doing very nicely indeed’, The Economist, June 28, 2008, at 22. 88 Roe 1996. 82 83
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the foreseeable future, the perpetual return of the question of juridical justice will haunt international law for as long as sovereignty is still a notion – but ‘there exists in the midst of time the possibility of an island’. 89
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II. Jurisprudenz und Gesellschaft
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Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights The Contracting State as a Challenge for Private Law Andreas Abegg*
Introduction In public-private partnership, the question of a third party’s rights always was and still remains very controversial.1 On the one hand, public law has elaborated extensively on third parties’ rights over the years. Solutions range from the two-step approach (Zweistufentheorie) 2 to the extensive use
1 * This research has been presented at the Second Max Planck PostDoc- Conference on European Private Law. I would like to thank Professor Pascal Pichonnaz (Fribourg, Switzerland) for supporting my application to the conference. Furthermore, I would like to thank all participants of the conference and my friends, Daniel Dédeyanand Bruno Vieira, for their valuable thoughts on the issue. This research builds on many thoughts originating from reading Gunther Teubner’s work, from listening to his presentations, or from participating in his fascinating seminars. Therefore, my most sincere thanks go to the celebratee. 1 For the first time, the question predominantly appeared at the end of the 19 th and the beginning of the 20 th Century in French Law. See among others É. Lambert Du contrat en faveur de tiers: son fonctionnement, ses applications actuelles, Paris 1893, 322; for the latest development in France, see Conseil d’Etat 10 décembre 2003 (req. 248950) – Institut de recherche pour le développement. German and Swiss law initially limited the question of third parties’ rights to public-private contracts to a question of separating contract from decision. Valid third parties’ rights would lead to the compulsory use of the administrative decision: see F. Fleiner Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, Tübingen 1913, 203–204; O. Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig 1895/96, 318 onwards. 2 This approach legitimizes the use of private contract law forms by preceding the contract with a procedure under administrative law. Ipsen’s two-step theory (Zweistufentheorie) was of great importance for further development of the German Law: H. P. Ipsen Öffentliche Subventionierung Privater, Berlin 1956, 86–87. For a similar approach in France that preceded the two-step theory, see the following leading cases of Conseil d’Etat: 21 décembre 1906 – Syndicat Croix de Seguey-Tivoli, recueil 968; 5 novembre 1937 – Union hydro-électrique de l’Ouest, recueil 1938. For Switzerland, see more recently P. Moor Droit administratif; Volume II : Les actes administratifs et leur contrôle, Bern 2002, 354–354 and 376 onwards.
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Andreas Abegg
of constitutional rights 3 to the requirement of a compulsory written consent. 4 On the other hand, under private contract law, third parties are almost completely barred from having any legal influence on the contract as a matter of principle. 5 Today, as we see more and more public-private partnerships under private law, 6 any politically imprinted influence of the administration within a private law contract causes great confusion, in particular regarding third parties’ rights. While some insist on the purity of traditional private law doctrine, 7 others insist on the use of public law arguments on the grounds that the state (even if party to a contract) does guarantee basic rights including freedom of contract to private parties, but does not profit from these basic rights itself. 8 In this context, I will examine three leading cases of the Swiss Federal Court in order to reveal that the Court does not follow any of the traditional approaches or any of the approaches proposed so far. In fact, the Court prag3 Promoting the extension of public law principles to private law contracts, see F. v. Zezschwitz Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, in: Neue Juristische Wochenschrift ( NJW ) 36 (1983), 1873–1880, 1879; similarly for Switzerland, see R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985, 320 onwards. 4 For Germany, see § 58 of the Code on procedural administrative law; for more details, see W. Braun Der öffentlich-rechtliche Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsakt und verwaltungsprivatrechtlichem Rechtsgeschäft, in: Juristen Zeitung ( JZ ) 79 (1983), 841–848, 846; F. Reimer Mehrseitige Verwaltungsverträge, in: Verw.Archiv 94 (2003), 543–573, 569. 5 On privity of contract and its relationship to broader social structures, see G. Teubner After Privatisation? The Many Autonomies of Private Law, in: Current Legal Problems 51 (1998), 393–424. 6 A. Abegg From the Social Contract to a Social Contract Law – Forms and Function of Administrative Contracts in a Fragmented Society, in: Ancilla Iuris (anci.ch) 3 (2008), 1–30. 7 See, for example, E. Bucher Nicht “Kontrahierungspflicht” – Schon eher Schutz vor Boykott: Kommentar zu Swiss Federal Court Decision 129 III 35 et seqq. (7. Mai 2002; 4C.297/2001), in: recht 21 (2003), 101–115. 8 See, for example, the fierce reaction of public law scholars to the decision of the Swiss Federal Court 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank: G. Müller Zur Rechtsnatur der Vereinbarung über die Sorgfaltspflichten der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses, in: SJZ 80 (1984), 349–351; R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985; R. Rhinow Verwaltungsrechtlicher oder privatrechtlicher Vertrag: Fiskalwirkung der Grundrechte, in: recht (1985), 57–64; P. Richli Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung des BGer 1983: Bankengesetz, in: Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins ( ZBJV ) 121 (1985), 428–430.
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matically realigns private law, simultaneously considering the political dimensions of the cases on the one hand, and the nature and function of private law on the other. In order to integrate the review of the aforementioned cases into the wider context of the continental system of law, the article proceeds as follows: – Part I presents the three leading cases of the Swiss Federal Court about public-private networks and evaluates their common grounds. – Part II examines advantages and disadvantages of traditional grand concepts that deal with the question of public influence to a contract in general and with third parties’ rights to such a contract under public influence in particular. – Part III analyzes in detail the solution of the Swiss Federal Court in the above mentioned leading cases and reveals the Court’s strategy to deal with public influence in private law. – Finally, part IV comments on the Court’s doctrinal shortcomings and suggests ways to translate the Court’s solution into a more stable private law doctrine.
I. Confusing Cases The three leading cases of the Swiss Federal Court about public-private contracts under private law and third parties’ rights could not be more different from each other. The first case, P. gegen Stadtrat Luzern, relates to the beautiful Canton of Lucerne and the majority of its inhabitants. The City of Lucerne transferred the management of paid advertising in and on buses to a private company. The parties signed a so-called “concession contract”. Within this contract, the City of Lucerne retained a “right to veto”. Under this concession contract, an association engaged in animal protection proposed an advertisement to the private advertising company. The advertisement would cover the entire outside surface of a bus and its slogan would read: “More pigs than men live in the Canton of Lucerne – why do we not ever see them?” The City of Lucerne declared its veto by letter against this offer to the private advertising company and the private association. The private association challenged this letter as an administrative decision. 9 The second case, Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank relates to Switzerland as a safe haven: At the end of the 1970s, during the so-called Chiasso Scandal, more than two billion Swiss Francs, allegedly in connection with illicit Italian earnings and tax evasion, were 9
Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern.
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brought into Switzerland and Liechtenstein, with the help of a major Swiss bank. At the height of this scandal, under strong international criticism, the Swiss Government called the Swiss National Bank to action. No statutory basis existed for such a task given to the Swiss National Bank, an independent actor under public law, mainly concerned with the monetary stability of the Swiss Franc. Under the lead of the Swiss National Bank, the Swiss National Bank itself with the overwhelming majority of the Swiss banks concluded identical, bilateral contracts regarding the exercise of due diligence with regard to deposits (CDB). As far as the competition amongst different trustee organizations was concerned, the new version of the contract in 1982 discriminated against the Association of Trustees. The Association of Trustees had to disclose the identity of third parties on whose account assets had been invested. The Association challenged this discrimination, which had been confirmed in a letter from the Swiss National Bank, as an administrative decision in an administrative-court complaint to the Federal Court.10 The third case, reisen.ch AG gegen Switch, is related to the internet and its domain-name system: In Switzerland, the domain-name regulator, Switch, is in charge of administering domain names with the ending .ch on the basis of an administrative contract.11 When the race to get new domain names with ‘Umlaute’ [mutated vowels] was about to be opened, the company reisen.ch asked Switch to grant a particular domain name to them. Switch objected to such a special treatment and made reference to the worldwide established rules of domain-name attribution. Reisen.ch challenged this reply as an administrative decision in an administrative-court complaint to the Federal Court.12 At first glance, the common ground of the cases is obvious: A private party, affected by a bilateral agreement between another private party and the administration, seeks a remedy on the grounds of administrative law. But a second more thorough look at the cases reveals more common ground seemingly contradicting the first impression: – In all cases, the parties to the underlying public-private partnership refer to private law and the Court did indeed apply private law. The private parties to such contracts seem to be rather reluctant to subordinate themselves to an administrative law that makes society ‘available to the administration in the interest of policy realization’.13 In this respect, it is import10 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank. 11 Based on Art 28 of the Swiss Telecomunications Act (http://www.admin.ch/ch/d/sr/ c784_10.html). 12 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch. 13 Explicitly, A. Mächler Vertrag und Verwaltungsrechtspflege: ausgewählte Fragen zum vertraglichen Handeln der Verwaltung und zum Einsatz des Vertrages in der Verwaltungsrechtspflege, Zürich 2005, 618.
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ant to note that these leading cases of the Swiss Federal Court, ranging from 1983 to 2007, are just the tip of the iceberg. In the recent past, many more cases involving cooperation between the administration and private parties have emerged.14 – Furthermore, at the core of all three cases we find spontaneous orderings created by contractual networks between public and private actors. Within the underlying contractual relationship, a distinct set of rules emerged that went way beyond any existing statute. In the case of the Swiss association of trustees and in the domain-name case, these autonomous structures even declared themselves as “self-regulators”. They indeed contained their own adjudication process and a rule of recognition. – Finally, in the above-mentioned cases, there is a notable element of political influence 15 overriding market-driven behavior to a certain extent: In P. gegen Stadtrat Luzern, the city council vetoes in order to prevent a controversial political association from attracting public attention by using the city’s public buses, rather than to prevent a drop in revenues should the aggressive advertisement be allowed. Furthermore, in Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, the Swiss National Bank does clearly lead the setup of the network based on its interest in framing a stable economy and its relationship to the federal council. Finally, in reisen.ch AG gegen Switch, the underlying agreement between the domain-name agency and the state administration rests on the telecom monopoly of the state and is thus to be labeled as a concession on the basis of administrative law, which is not handed to private parties under free market rules, but follows the ratio given by the legislature. Against this background, the main problem is obvious: Third parties are excluded or discriminated against based on principles of the public-private network. The principles, on its part, are mainly influenced by the public actor within the network. Thus, the third parties understandably seek a remedy based on administrative law. However, the reference to private law and the application of private law in the mentioned cases cause some confusion. In view of the dimensions of the cases, can both the rights of the third parties and the interests of the state be adequately represented by private contract law? 16
14 See, with reference to a variety of examples, A. Abegg From the Social Contract to a Social Contract Law – Forms and Function of Administrative Contracts in a Fragmented Society, in: Ancilla Iuris (anci.ch) 3 (2008), 1–30. 15 Political in the sense of systems theory, as communication following a code differentiating in powerful-powerless: N. Luhmann Die Politik der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 2002, 88 onwards. 16 See, accordingly, the public law scholars cited in Fn. 8.
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II. Variations within the Continental Law Tradition Traditional Approaches Given the persistent confusion, what would be the range of possible solutions and the corresponding advantages and disadvantages of these solutions? If we look at the historical path dependencies in the continental civil law tradition, we firstly have to deal with the two traditional solutions: administrative law and traditional private law. On the one hand, administrative law traditionally takes the viewpoint of the administration and the state. As a product of the welfare state, it is concerned about making law available to the state administration in order to unite and shape society.17 In return, administrative law covers and legitimizes this one-sidedness with rule-of-law guarantees and the democratic reservation of statutory-powers principle.18 From the perspective of legally structured absolute power, a framework set up by private parties with or without the cooperation of the administration is – as soon as it touches state interests – more a problem of the delegation of state power than one of legitimate regulation set up by public-private cooperation.19 Consequently, under the delegation doctrine, any third party would be able to challenge any communication of the network that has an impact on that party. 20 The test in this respect is whether a statutory basis covers the actor following public interests, keeping public actors within the hierarchical system of the state. 21 How17 Otto Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig, 1895/96, I , 3–4; Fritz Fleiner Entstehung und Wandlung moderner Staatstheorien in der Schweiz; akademische Antrittsrede, Zürich 1916, 4. In this regard, see the detailed study of Roger Müller Verwaltungsrecht als Wissenschaft. Fritz Fleiner 1867–1937, Frankfurt am Main, 2006. For criticism in this regard, see Hans Kelsen Zur Lehre vom öffentlichen Rechtsgeschäft, Archiv des öffentlichen Rechts 31 (1913), 53–98 and 190–249. For France, with focus on the role of the Conseil d’Etat: A. Mestre Le Conseil d’Etat, protecteur des prérogatives de l’administration (études sur le recours pour excès de pouvoir), Paris 1974; F. Burdeau Histoire du droit administratif (de la Révolution au début des années 1970), Paris 1995, 30 onwards. Similarly, already A. d. Tocqueville L’ Ancien Régime et la Révolution, Paris 1856, 128. 18 However, in the traditional concept of the administrative law, the administration is not supposed to subordinate itself to a constitutional state (“Rechtsstaat”), but merely “approach” it: Otto Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig, 1895/96, 66. See also Walter Jellinek Verwaltungsrecht, Berlin, 1931, 96. For the more recent theory see M. Bullinger Verwaltungsermessen im modernen Staat: Landesbericht Bundesrepublik Deutschland, in: M. Bullinger (ed.), Verwaltungsermessen im modernen Staat, Baden-Baden 1986, 79–111. 19 In this perspective see K. A. Bamberger Regulation as Delegation: Private Firms, Decisionmaking, and Accountability in the Administrative State, in: Duke Law Journal 56 (2006), 477–468. 20 See, for example, Art 48 of the Federal Act on Administrative Procedure (http://www.admin.ch/ch/d/sr/172_021/a48.html). 21 In this respect, the French doctrines of “excès de pouvoir” and “détournement de pouvoir” were groundbreaking: Conseil d’Etat 21 décembre 1906 – Syndicat Croix de Se-
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ever, the main characteristic of our cases is not the administration leading the buildup of the specific frame of regulation. In fact, the administration rather needs to rely on resources that are available to private parties only – especially know-how and participation in the market or in a self-regulated regime in general. To apply the rules of delegation would have invalidated all mentioned forms of spontaneous regulation in the aforementioned cases; the networks on which the administration had to rely for different specific reasons would have been invalidated due to the lack of a statutory basis. On the other hand, a pure application of traditional private law would also be problematic: The basic principle of contract law, privity of contract, does lead to the exclusion of third parties’ interests. Such exclusion is legitimized on the grounds of self-ordering of society, mainly the free market, where bilateral agreements are led by the price mechanism of the invisible hand, which is including actual or potential third-party offers. 22 However, as already mentioned, there is a strong element of political influence in the above-mentioned cases, overriding market-driven behavior to a certain extent. This is why paleo-liberal private law is not able to come to terms with the dimensions of the cases. 23 Interventionist Concepts So far, we may conclude that a neutral private law is needed, but one that is able to deal with the wide dimensions of the cases, involving public actors who decide on political grounds rather than following a free-market rationale. Thus, we ask for nothing less than for a re-entry of public law into private law, which itself occurs by a process of differentiation with regards to public law. Actually, this re-entry has been a major achievement of the interventionist welfare state. Two concepts may be distinguished with respect to including political dimensions in private contract law: mandatory rules of private law and administrative private law. Since the end of the 19 th century, as a mode of the continental welfare state, the legislature translates political programs into the form of mandatory norms that penetrate private law without removing the basic character of private law. 24 In the form of public law norms, mandatory norms either guey-Tivoli, recueil 968; on this see also L. Duguit Les particuliers et les services publics, in: Revue du Droit public 14 (1907), 411–439, 436 onwards.; G. Jèze Das Verwaltungsrecht der Französischen Republik, Tübingen 1913, 388 onwards and 417–418. 22 N. Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1993, 448 onwards. 23 For a recent version of paleo-liberal private law, see W. Zöllner Regelungsspielräume im Schuldvertragsrecht, in: Archiv für die civilistische Praxis 196 (1996), 1–36. Admittedly, the term ‘paleo-liberal’ refers more to a certain model of private law doctrine than to a concrete private law scholar or a private law school. 24 A. Abegg Die zwingenden Inhaltsnormen des Schuldvertragsrechts – ein Beitrag zu Geschichte und Funktion der Vertragsfreiheit (Diss.), Zürich 2004, 61 onwards.
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prohibit certain behavior. Or, as mandatory norms of private contract law, they include certain conditions into private law. In both cases, the parties are free to use the forms provided for by private contract law. But if they do, they instantly have to include the concrete expectations and conditions of the legislature into their dealings. 25 However, this approach to introducing public concerns into private law does not provide sufficient guidance for the contractual networks between public and private actors – for several reasons: Already in the experience of the welfare state, the inadequacy and the ineffectiveness of compulsory norms in private law has repeatedly been uncovered. The bottom line of this experience of the welfare state is that within the dynamic free-market regime the legislature is often too slow to react to the constantly changing forms of the free market and its change maneuvers. 26 This finding applies even more to public-private networks which often arise and change rapidly, following not only the pace of the free-market evolution, but also the constant revolutions of the political sphere. 27 The administration actually resorts to this cooperation precisely because the traditional and more stable top-down regulation is not adequate to the actual circumstances and public interests at hand. This is particularly obvious in the abovementioned case of Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank. 28 Following from the two-steps theory developed after the Second World War in order to legitimize the administration’s use of private contract law forms by preceding the contract with a procedure under administrative law, 29 the more recent attempts by administrative scholars to capture the mentioned cases of new kinds of cooperation between the state and private parties are labeled as administrative private law (Verwaltungsprivatrecht). The core idea of administrative private law is basically to make the administration fully respect constitutional rights, even if the administration engages in the private sphere. 30 In consequence, third parties would be able to G. Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt a. M. 1989, 102. It is Polanyi’s great achievement to have clearly separated the two driving and, at the same time, converging forces of the modern welfare state: K. Polanyi The Great Transformation, Beacon Hill 1944/1995; see also G. Teubner After Legal Instrumentalism? Strategic Models of Post-Regulatory Law ( EUI Working Paper 100/84), in: International Journal of Sociology of Law 12 (1984), 375–400. 27 For a detailed analysis of the driving forces of politics and the economy within such networks, see A. Abegg Regulation of Hybrid Networks at the Intersection between Governmental Administration and Economic Self-Organisation, in: JSP /Center for the Study of Law and Society Faculty Working Papers (University of California Berkeley, ed.), http://repositories.cdlib.org/csls/fwp/39, last update 8. 6. 06, last access 27. 9. 08. 28 See above Part I . 29 See above, Fn. 2. 30 For an outline of the doctrine of private administrative law, see F. v. Zezschwitz Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, in: Neue Juristische Wochenschrift ( NJW ) 36 (1983), 1873–1880; W. Braun Der öffentlich-rechtliche 25 26
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challenge a bilateral private-law contract on the grounds that it violates their constitutional rights. However, to apply this administrative private law to our cases would provoke serious disadvantages. It might cause incertitude and hamper the ad hoc setup of any public-private-partnership. In particular, it would be difficult to identify qualified third parties at the very moment of the contract negotiations. Indeed, the German experience with § 58 of the administrative procedure code requiring the written consent of third parties affected by public-private contracts, proves this point. 31 Furthermore, in the case the state handed public services out to a private person by contract, we encounter the well-known and unavoidable problems when balancing the constitutional rights of two different private parties. In all of the mentioned cases, the constitutional rights of the third party would conflict with the constitutional rights of the contracting private party.
III. The Solution of the Swiss Federal Court In Section II , it has been shown that all available traditional variations have serious shortcomings in providing adequate solutions for the abovementioned cases. Interestingly, the Federal Court did not make its arguments in the cases with reference to these well-known concepts. Instead, the Court followed its so-called ‘conservative pragmatism’. 32 However, the tension created by this ‘conservative pragmatism’ is apparent in the three leading cases on the issue of third parties’ rights to public-private contracts under private law. We will come back to that issue. But what exactly did the Court do? The Court applied private law, but nevertheless introduced public law arguments in its reasoning. I would like to further clarify these two points: Firstly, in all three cases, the Swiss Federal Court chose private law over public law mainly due to the fact that the administration was depending on the dynamic self-regulation of the private sphere and that the administration was accordingly in no place to unilaterally impose state interests onto the private parties: Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsakt und verwaltungsprivatrechtlichem Rechtsgeschäft, in: Juristen Zeitung ( JZ ) 79 (1983), 841–848; R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985. 31 Among many others, see H. Maurer Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, in: Deutsches Verwaltungsblatt (1989), 798–807, 803. 32 Indeed, the Swiss Federal Court is known for its pragmatic approach to new problems. At the same time, however, the Court is usually reluctant to advance new doctrinal innovations. For a sharp critique on the Court’s approach, see T. Fleiner-Gerster Grundzüge des allgemeinen und schweizerischen Verwaltungsrechts, Zürich 1980, 41.
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– In Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, any traditional state-led regulation would have been too slow in light of the scandal. Furthermore, due to a lack of expertise within the administration and the legislature at that time, a traditional legislation might have done more harm than good to the banking industry, which is pivotal for core political issues such as employment and state revenues. 33 Finally, it must be stressed that the Swiss National Bank did not have any statutory basis to legitimize any action under public law. 34 – In the advertisement case of P. gegen Stadtrat Luzern, the administration relied on the free market to make the most of its public assets. 35 – Finally, in the internet-domain-name case of reisen.ch AG gegen Switch, the Court acknowledged the long-standing and successful tradition of self-regulation in that area. 36 Secondly, the Federal Court could not and did not ignore the political dimension of the cases. It is now crucial to note how the Court did make reference to the political dimension: – In P. gegen Stadtrat Luzern, the Court first noted that, in principle, the more private parties have a choice in the relevant free market, the less the administration has to respect the constitutional rights of private parties. 37 It then went on to state that the current setting under free market rules, combined with a right to veto by the City of Lucerne, was a reasonable way to manage public assets. 38 Furthermore, according to the Court, the veto of the administration, engaging in the advertising market did not in any way violate any constitutional rights. In fact, the Court argued, the administration was referring to the underlying values of the political actor and the according need for the neutral and non-offending appearance of city buses; because the ad would not suit the neutral appearance of the city buses and the city in general, they explained, the veto was, therefore, reasonable in its content. 39 In fact, under the market rationale, the parties to the contract were already under strict scrutiny: Were they to deviate 33 For a more detailed analysis of this case, see A. Abegg Regulierung hybrider Netzwerke im Schnittpunkt von Wirtschaft und Politik, in: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (KritV) (2006), 266–290. 34 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, 154, para.3b. 35 Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern, 88 onwards, para. 4b–c. 36 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch, 167–168, para 2.4. 37 Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern, 89 onwards, para. 4c. 38 Ibid., 91, para. 4d. 39 Ibid., 91 onwards, para. 4d.
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too much from the market rationale, they would lose the desired profits of the market. To sum up, considering the interests of the administration as a political representative and the declared aim to be having city buses that are both neutral and non-offending in their appearance, it was reasonable to veto the proposed use and offer an – albeit inferior – alternative within the buses. On the other hand, to subject the case to public law would have endangered the benefits of the public-private cooperation under free-market rules. – In Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, the Federal Court stressed the adequacy of a spontaneous self-regulation with the participation of the Swiss National Bank, under the circumstances. 40 The Court also mentioned the reasons given by the Swiss National Bank to justify the discrimination in light of the aims of the network. 41 – In reisen.ch AG gegen Switch, the Court first analyzed the underlying common values of the project, i.e., the efficient self-regulation according to traditional and international standards. Then it argued that it was reasonable to strive for this aim with the chosen combination of a very general statutory basis and the reference to the traditional self-regulation in telecommunications and the internet. Consequently, it was also reasonable to deny claimants special treatment and to follow instead the usual first-come-first-serve principle, supplemented by a subsequent private dispute-resolution mechanism. 42 To sum up, the Court did not stop at the point where it could have stopped, viz., at the finding that private law applies. 43 Instead, the Court in fact followed its social function, viz., to solve the case at hand in such a way that it stabilizes (proto-) normative structures and allows the co-evolution of conflicting social regimes to proceed. 44 Consequently, the Court argued that the current self-regulation followed a reasonable and common set of values and that the measures taken were necessary in light of the values of the self-regu40 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, para 2 and 3. 41 The Court also asserted the application of constitutional rights to the acts of the Swiss National Bank. However, this was not for the Private Law Court to investigate, but for the supervisory institution: ibid., para. 4. 42 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch, para. 2.3. 43 Similarly, in Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen Tierfabriken. Indeed, under traditional Swiss private law doctrine, the Court does not apply constitutional rights directly to private law contracts, even if the state administration is a direct party to the contract: see, among others, P. Gauch/W. R. Schluep/J. Schmid Schweizerisches Obligationenrecht; Allgemeiner Teil; vol. I , Zürich 2003, N 679. 44 In detail, Gunther Teubner Alienating Justice: On the surplus value of the twelfth camel, David Nelken and Jirí Pribán (eds.), Law’s New Boundaries: Consequences of Legal Autopoiesis, Ashgate, Aldershot 2001, 21–44.
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lation. Thus, the Court followed in its reasoning a very traditional test of whether a spontaneous ordering is legitimate and whether its endangerment by hierarchical state law would be worth it. It is interesting to note the similarities of this reasoning to other legal concepts. A similar kind of test can be found in the Court’s review of the exercise of administrative discretion, except for the link to a statutory basis that is demanded in administrative law. 45 But it can also be found in Robert Cover’s analysis of 1983 of how in general – also in the absence of the state – any nomos builds up and forms its structures. 46 Finally, it also follows some core elements of Habermas’ idea of deliberation. 47 Furthermore, it is also interesting to take note of the test’s proximity to what has been described by Gunther Teubner as reflexive law. Indeed, the test aims to persuade public-private networks to impose some kind of selfrestraint on themselves by taking into account third-parties’ views and holding them against the legitimacy of their own self-regulation. 48
IV. Translating the Court’s Reasoning into Private Law Doctrine For private law scholars of the civil law tradition, the Court’s reasoning may be confusing – first, because it seems to reach well beyond traditional private law, and, secondly, because, in doing so, it does not make reference to any private law doctrine or norm, thus impeding further references to the solutions developed in the cases. There are some obvious explanations for the Court’s rather confusing approach: According to traditional private law, no further justification is needed to exclude third parties from the benefits of a bilateral contract. 49 Furthermore, we have to recognize that the Court was on terra incognita, i.e., no obvious existing variations of specific private law norms seemed to be of much guidance. Finally, in this context, the Court might have been overburdened by the consequences of its courageous decision to apply pri45 See, among others, R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985, 320 onwards. 46 R. M. Cover Nomos and Narrative, in: Harvard Law Review 97 (1983), 4–67. A Nomos may be defined as a socially constructed ordering of rules and forms which are built up and followed day to day. 47 J. Habermas Faktizität und Geltung: Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt a. M. 1992, 187 onwards. 48 G. Teubner Substantive and Reflexive Elements in Modern Law, in: Law & Society Review 17 (1983), 239–285. 49 See Fn. 5.
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vate law to a process of spontaneous public-private ordering – to have to deal with a public law re-entry into private law and fit it into the private law doctrinal system. However, when looking more closely, we do find two specific doctrines within private law that deal with such a re-entry of public law into private law. Both remarkably impose a burden of justification (just – i –fication, as Wiethölter would call it) 50 on the excluding party. Under the so-called Boycott Doctrine, it is a violation of personal rights to exclude a private person from a trade association without good reason. 51 Mainly, the doctrine limits freedom of association when important economic interests or even the economic existence of private persons are affected. Thus, to exclude private persons from membership of these associations constitutes a violation of the personal rights that may, however, be justified with a predominant interest of the association and its members (Art 28 Swiss Civil Code). 52 The second doctrine to deal with a public law dimension within private law is the Common Carrier Doctrine, first developed under common law. For any private enterprise that is identified as a common carrier, it is unlawful to refuse service unless there is some compelling reason. There are some striking parallels of the Common Carrier Doctrine to our cases described above: Common Carrier cases are concerned with private ordering, historically the single market, and the integration of political requirements of nondiscrimination into private law in circumstances that would contradict the actual policy. Traditionally, the actual policy behind the Common Carrier Doctrine is the development of the single market. 53 In Switzerland, the cases relating to the Common Carrier Doctrine, such as the famous case Seelig 54 and the more recent case of Post gegen Verein gegen Tierfabriken, 55 followed the rationale and the specific elements of the Common Carrier Doctrine: Public goods or services that are part of an 50 R. Wiethölter Just-i-fication of a Law of Society, in: O. Perez/G. Teubner (eds.), Paradoxes and Inconsistencies in the Law, 65–77, Oxford 2005. 51 Art 27 and 28 of the Swiss Civil Law Code (http://www.admin.ch/ch/d/sr/ 210/a27.html). 52 Among others, see the leading case of the Swiss Federal Court 123 III 193, 197. For more details, see E. Bucher Nicht “Kontrahierungspflicht” – Schon eher Schutz vor Boykott: Kommentar zu Swiss Federal Court Decision 129 III 35 onwards (7. Mai 2002; 4C.297/2001), in: recht 21 (2003), 101–115. 53 For the adaption to German law, see F. Bydlinski Zu den dogmatischen Grundfragen des Kontrahierungszwangs, in: Archiv für die civilistische Praxis 180 (1980), 1–46, 29 onwards and 41. Bydlinski mainly draws on H. C. Nipperdey Kontrahierungszwang und diktierter Vertrag, Jena 1920. 54 Swiss Federal Court Decision 80 II 26 1954 – Seelig, 37. 55 Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen Tierfabriken, 45–46.
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everyday-life necessity 56 are offered to the public. Furthermore, the person requiring goods or services does not have a viable alternative. And finally and most importantly, there are no good reasons for the refusal to perform. 57 In both cases of Seelig and Post gegen Verein gegen Tierfabriken, the Court applied the general norm of boni mores as a doctrinal connecting point. In short: It would be amoral to refuse access to a common carrier. It is, however, important to note that the Federal Court did not stop at the boni mores norm, but it laid the foundation to develop a more detailed private law doctrine – one in line with German, French, and Common Law cases. In view of the cases of Seelig and Post gegen Verein gegen Tierfabriken, we may expect a similar development for the legitimacy of spontaneous public-private ordering by means of contract in general. First, the use of a general clause such as boni mores: 58 Public-private networks act, in principle, against boni mores if they exclude third parties without justification. Second, the fleshing out of a more concrete private law doctrine that will advance the compatibility and stability of new forms of public-private partnership within the private law system. 59 Such a doctrine would place a burden of justification on the autonomous self-ordering between private parties and the administration vis-à-vis third parties, in a way that is similar to the Boycott Doctrine and the Common Carrier Doctrine. This burden of justification would convert troubles caused by the public-private network into internal problems of the network. Furthermore, the doctrine would leave it to the expertise of the network itself to find an adequate, detailed solution. 60 Notably the law would do so by providing clear guidance concerning the standard of justification.
56 In the Seeligcase, the Court required not only a necessity of everyday life, but also a vital necessity: Swiss Federal Court Decision 80 II 26 1954 – Seelig, 37. 57 Ibid., 37; Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen Tierfabriken, 45–46. 58 On the character of general clauses as “learning law” and the law’s flexible answer on a changing environment, see G. Teubner § 242 BGB , Grundsatz von Treu und Glauben, in: Reihe Alternativkommentare; Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch; vol. 2; Allgemeines Schuldrecht, 32–91, Neuwied 1980, 37. 59 For the process of converting a general concept into a specific private law doctrine, see G. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising, Just-intime in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht, Baden-Baden 2004. 60 On the related concepts of responsive and reflexive law, see G. Teubner Substantive and Reflexive Elements in Modern Law, in: Law & Society Review 17 (1983), 239–285.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk Neues zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen Dietrich Claus Becker
Im Rechtsdenken Gunther Teubners ist die Denkfigur der Paradoxie prägend.1 Beim Aufspüren von Paradoxien hat sich Gunther Teubner immer wieder von irritierenden Rechtsfällen inspirieren lassen, obwohl oder gerade weil er um die spezifisch strukturierten Aporien des Rechtsgangs und die dadurch bedingten Schwierigkeiten richterlicher Entscheidungsfindung wusste. 2 Entscheidungszwang – Begründungszwang – Normierungszwang: Mit dieser wahrhaft bedrohlichen Formel hat Gunther Teubner die unzumutbaren Bedingungen einer dem Ziel juridischer Gerechtigkeit verpflichteten richterlichen Entscheidungsfindung jüngst umrissen. 3 Dabei steht Begründungszwang als Chiffre für die Anforderung an das Rechtssystem, mit 1 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts? in: Teubner (Hrsg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, 2008, S. 9–36, insbes. ebd. S. 23–33; ders. Die Erblast, ebd., S. 1–7; ders. Paradoxien der Netzwerke in der Sicht der Rechtssoziologie und der Rechtsdogmatik, in: Bäuerle/Hanebeck u. a. (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht? Zum Verhältnis von Recht und Wirklichkeit, 2004, S. 9–31; ders. Die Perspektive soziologischer Jurisprudenz: Das Recht der Netzwerke, in: Machura/Ulbrich (Hrsg.), Recht – Gesellschaft – Kommunikation, 2003, S. 40–50; ders. Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joerges/Teubner (Hrsg.), Rechtsverfassungsrecht. Recht-Fertigung zwischen Privatrechtsdogmatik und Gesellschaftstheorie, 2003, S. 25–45; ders./Zumbansen Rechtsentfremdungen. Zum gesellschaftlichen Mehrwert des zwölften Kamels, in: Teubner (Hrsg.), Die Rückgabe des zwölften Kamels. Niklas Luhmann in der Diskussion über Gerechtigkeit, 2000, S. 189–215, und das – programmatische – Editorial ebd. S. 1–2; ders. Zur Außenhaftung von Franchising-Systemen, ZHR 154 (1990) S. 295–324, ebd. S. 305 et seqq. – Ich danke Isabel Schübel-Pfister und Michael Hornig. 2 S. nur Teubner ( FN 1 [2004]) S. 9 ; ders. Profit sharing als Verbundpflicht? Zur Weiterleitung von Netzvorteilen in Franchise-Systemen, ZHR 168 (2004) S. 78–96, ebd. S. 78–82; ders./Karavas http://www.CompanyNameSucks.com: Drittwirkung der Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet?, in: Ladeur (Hrsg.), Innovationsoffene Regulierung des Internet, 2003, S. 249–272, ebd. S. 249-255; ders. Ein Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken, KritV 2000, S. 388–404. Dazu D. C. Becker Von Namen und Nummern, 2005, S. 16–20. 3 Teubner ( FN 1 [2008]) S. 29.
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rationalen Gründen, rechtstechnischen Argumenten und anschlussfähiger Rechtsdogmatik aufzuwarten – und bringt damit „die Schwierigkeit des Rechtssystems zum Ausdruck, mit rationalen Argumenten den hochgetriebenen Anforderungen der Außenwelt an das Recht responsiv entgegenzukommen, aber zugleich den internen Anforderungen an konsistente Fallentscheidung zu genügen“. 4 Beim Versuch, diesen Anforderungen gerecht zu werden, scheint in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen ein paradoxes Phänomen auf. Die Inkonsistenz der Entscheidungsfindung hat ihre Ursache in der Klarheit der Norm. Ausgerechnet Klarheit gerät ins Klärwerk.
I. Viel Licht. Viel leicht. Selten hell und klar scheint nicht, strahlt die Regelung der Strafprozessordnung zur Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls. § 274 StPO sieht vor, dass die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden kann und gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls nur der Nachweis der Fälschung zulässig ist. Weitergehende Regelungen enthält die Strafprozessordnung nicht. Die Wahrung der wesentlichen Förmlichkeiten des Strafprozesses kann also alleine und ausschließlich mit dem Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen werden. Jede andere Rekonstruktion der Hauptverhandlung ist verboten. Von diesem Rekonstruktionsverbot macht das Gesetz eine einzige Ausnahme: Bei erwiesener Fälschung des Protokolls bleibt die Prüfung der Wahrung wesentlicher Förmlichkeiten im Wege des – ansonsten ausgeschlossenen – Freibeweises möglich. Die Erosion dieses Rekonstruktionsverbots erfolgte in zwei Schritten. In einem ersten Schritt hat der 3. Strafsenat 5 die Rekonstruktion der Hauptverhandlung unter dem Gesichtspunkt wesentlicher Förmlichkeiten für zulässig erklärt, wenn sich der Verdacht aufdrängte, der Verteidiger des Angeklagten wisse um die Unrichtigkeit des protokollierten Sachverhalts (II .). In einem zweiten Schritt hat der Große Senat für Strafsachen6 eine nachträgliche Protokollberichtigung als für das Revisionsgericht grundsätzlich beachtlich erklärt, auch wenn die Berichtigung einer wirksam erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzieht (III .).
4 5 6
Teubner ( FN 1 [2008]) S. 30. BGH , Urt. v. 11. 8. 2006 – 3 StR 284/05 –, NJW 2006, S. 3579. BGH , Beschl. v. 23. 4. 2007 – GSSt 1/06 –, NJW 2007, S. 2419.
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II. Lichtschutz. Sichtschutz. Nach der Entscheidung des 3. Strafsenats vom 11. August 2006 ist eine auf das Hauptverhandlungsprotokoll gestützte Verfahrensrüge rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig, wenn die Verteidigung um die Unrichtigkeit des Protokolls weiß. Die Berufung auf das Protokoll über die Figur des Rechtsmissbrauchs zu sanktionieren setzt allerdings die Prüfung der Richtigkeit der Rügebehauptung durch das Revisionsgericht voraus. Diese Prüfung schließt § 274 StPO – vorbehaltlich des Nachweises der Fälschung – aus, da sie die vom Gesetz eindeutig angeordnete ausschließliche Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls unterliefe. Das § 274 StPO zugrunde liegende umfassende Verbot der Rekonstruktion der Hauptverhandlung unter dem Aspekt der Wahrung wesentlicher Förmlichkeiten hindert das Revisionsgericht an jedweder Prüfung der Richtigkeit der Rügebehauptung. 7 Die Möglichkeit, eine Verfahrensrüge auf ein als unrichtig erkanntes Protokoll zu stützen, ist in der Struktur des § 274 StPO angelegt. Die Ausnutzung dieser Möglichkeit darf nicht als Rechtsmissbrauch sanktioniert werden, mag sie auch dazu führen, dass ein formell und materiell richtiges Urteil aufgehoben wird. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit in Kauf genommen; sie ist „institutionell eingeplant“. 8 1. Die Ausnutzung der absoluten Beweiskraft des Protokolls als Rechtsmissbrauch zu sanktionieren erodierte die Normstruktur des § 274 StPO . Ließe man eine Prüfung der Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten unter dem Gesichtspunkt der Gutgläubigkeit der Verteidigung im Wege des Freibeweises zu, behielte § 274 StPO nur noch in den Fällen Bedeutung, in denen unklar ist oder bleibt, ob sich der gerügte Verfahrensverstoß ereignet hat, sowie dort, wo sich die Rüge zwar als objektiv unwahr erweist, der Verteidiger dies aber entweder nicht weiß oder ihm sicheres Wissen um die Unwahrheit der Rügebehauptung nicht nachzuweisen ist. Die Norm würde entgegen ihrem klaren Wortlaut, der das Rekonstruktionsverbot nur für den Fall der Fälschung aufhebt, auf eine Beweisregel für Zweifelsfälle reduziert. Einer solchen Auslegung stehen auch die Entstehungsgeschichte der Norm und der Wille des Gesetzgebers entgegen. Der historische Gesetzgeber hat sich mit dem heutigen § 274 StPO bewusst für ein Modell entschieden, das es im Bereich der wesentlichen Förmlichkeiten ausschließt, dass die mit dem Protokoll bekundeten Tatsachen durch andere Beweise ergänzt, ersetzt oder widerlegt werden können.
7 Vgl. Fezer NStZ 2002, S. 272; Hollaender JR 2007, S. 6 ; Kudlich HRRS 2007, S. 9 ; Lampe NStZ 2006, S. 366 ; Park StraFo 2004, S. 335 ; Schäfer FS -50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, S. 707 . 8 Beulke Der Verteidiger im Strafverfahren, 1980, S. 237.
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Diese „absolute Beweiskraft des Protokolls“ 9 sollte nur bei nachgewiesener Fälschung des Protokolls entfallen. Der Gesetzgeber zog diese Regelung Modellen vor, die neben dem Sitzungsprotokoll weitere Beweismittel zwecks Klärung der Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten – auch gegen den Inhalt des Protokolls – zuließen.10 Ausschlaggebend für die Wahl des Modells waren Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit und Rechtssicherheit. Bestimmend war für den Gesetzgeber, dass „Formverletzungen … in der Regel auch nachträglich nicht mit Zuverlässigkeit werden festgestellt werden können“ und selbst „Gerichtsmitglieder … selten in der Lage sein [werden], über Vorgänge, welche ihrer Aufmerksamkeit in der Hauptverhandlung entgangen sind, nachträglich ein bestimmtes Zeugnis abzugeben“, weshalb „ihre Aussagen … daher nur dazu dienen [würden], unberechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Sitzungsprotokolls zu erwecken“.11 Damit liegt dem Modell die Erwägung zugrunde, dass jede nachträgliche Beweisaufnahme über die Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten mit einem Unsicherheitsfaktor belastet ist. § 274 StPO sollte in seinem – ohnehin engen – Anwendungsbereich nicht nur jede Beweisaufnahme vor dem Revisionsgericht, sondern im Interesse der Verfahrensklarheit und Verfahrenssicherheit weitergehend jedes nachträgliche Inzweifelziehen des Protokollinhalts vermeiden. Diese Zielsetzung schließt nicht nur eine Rekonstruktion des Strafverfahrens unter dem Aspekt der Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten im Wege des Freibeweises, sondern jede Methode aus, wonach der Protokollinhalt mit forensischen Erfahrungswerten konfrontiert und daraus der Schluss gezogen wird, dass sich das protokollierte Geschehen so nicht ereignet haben kann.12 Das mit § 274 StPO bewusst gewählte Modell hat nicht nur die formale Klarheit für sich. Als fester Bestandteil des Revisionsrechts, in dessen Normkontext die Regelung als ursprünglicher § 314 noch im Entwurf der Strafprozessordnung eingestellt war,13 gewinnt sie zusätzlichen materiellen Gehalt. Weil § 274 StPO im Bereich der wesentlichen Förmlichkeiten jede Rekonstruktion der Hauptverhandlung ausschließt, legt das ordnungsgemäß erstellte Protokoll insoweit den Sachverhalt für das Revisionsverfahren verbindlich fest. Für den Beschwerdeführer, der nach § 274 StPO den Nachweis der Nichteinhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten im Rahmen der Verfahrensrüge nur mit dem Hauptverhandlungsprotokoll führen kann, 9 BGH , Urt. v. 12. 1. 2005 – 2 StR 138/04 –, juris, Abs.-Nr. 15; BGH , Beschl. v. 31. 5. 2006 – 2 ARs 53/06 –, juris, Abs.-Nr. 7. 10 Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Dritter Band, 1. Teil, 1880, S. 257 f. 11 Hahn ( FN 10) S. 258. 12 Vgl. BGH , Beschl. v. 31. 5. 2006 – 2 ARs 53/06 –, juris, Abs.-Nr. 7; Fezer ( FN 7) S. 272 . 13 Hahn ( FN 10) S. 41.
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wird das ordnungsgemäß erstellte Hauptverhandlungsprotokoll zur Tatsachengrundlage für seine – in engen Fristen anzubringenden – Verfahrensrügen in der Revisionsinstanz.14 Mit der für alle Prozessbeteiligten verbindlichen „formelle[n] Wahrheit des einmal ordnungsgemäß erstellten Protokolls“ 15 ist die Regelung auch Ausdruck der prozessualen Waffengleichheit, zumal die weitreichende Bindung des Revisionsgerichts an den protokollierten Sachverhalt nicht durch Rechtsschutzmöglichkeiten des Revisionsführers flankiert wird: Er bleibt „verwiesen“ auf die Strafbarkeit von Protokollfälschungen (§ 348 StGB) und in ihrer praktischen Wirksamkeit kaum je die Wirkung einer Anregung übersteigende Anträge auf Protokollberichtigung.16 Der unbedingten Geltung des Rekonstruktionsverbots aus § 274 StPO steht nicht entgegen, dass die Revisionsgerichte der materiellen Wahrheit verpflichtet sind. Der Gesetzgeber, dem die Verpflichtung der Revisionsgerichte zur Wahrheit bekannt war, hat im engen Anwendungsbereich des § 274 StPO Erwägungen der Zweckmäßigkeit und der Rechtssicherheit den Vorzug vor der Erforschung der materiellen Wahrheit gegeben.17 An diese Grundentscheidung sind die Revisionsgerichte gebunden,18 mag dies auch im Einzelfall zu unerwünschten Ergebnissen führen.19 Die Wahrheitserforschungspflicht hat ihre Grenzen im Verfahrensrecht. 20 Auf den Wortlaut der Norm kann sich der Senat nicht stützen. Seine Argumentation, der Regelungsgehalt von § 274 StPO beschränke sich auf die Ebene des Beweises und lasse auf der davor liegenden Ebene des Behauptens eine Überprüfung der Richtigkeit der Behauptung zu, 21 zielt vergeblich darauf, den Anwendungsbereich von § 274 StPO zu leugnen. Die Anordnung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls wirkt auf die Ebene des Behauptens zurück und sperrt jede Beweisaufnahme über deren Richtigkeit. Denn nicht nach den unterschiedlichen Ebenen von Behaupten und Beweisen ist die Norm strukturiert. Sie zielt vielmehr auf das 14 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15 und 16; BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 ; vgl. auch Fezer ( FN 7) S. 273. 15 BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 21. 16 Vgl. BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 ; Docke/von Döllen/Momsen StV 1999, S. 583 ; Tepperwien FS -Meyer-Goßner, 2001, S. 595 . 17 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 ; BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 ; BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15. 18 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15; BGH , Beschl. v. 23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Beschl. v. 18. 8. 1992 – 5 StR 126/92 –, NStZ 1993, S. 51 ; vgl. auch Lampe ( FN 7) S. 367. 19 Tepperwien ( FN 16) S. 609. 20 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 21; OGBrZ , Urt. v. 1. 2. 1949 – StS 99/48 –, NJW 1949, S. 434 ; Dahs StraFo 2000, S. 181 ; Jahn JuS 2007, S. 91; Sarstedt/Hamm Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl., 1998, Rn. 292–294. 21 BGH ( FN 5) S. 3581 Abs.-Nr. 25.
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Erkenntnisinteresse, die Wahrung der wesentlichen Förmlichkeiten, 22 und regelt Rahmen und Mittel der Rekonstruktion der Hauptverhandlung unter diesem Aspekt abschließend. Die Vorschrift soll nach dem Willen des Gesetzgebers hinsichtlich der wesentlichen Förmlichkeiten jedes Inzweifelziehen des Protokollinhalts verhindern und nicht lediglich eine Beweisregel für Zweifelsfälle sein, in denen das Freibeweisverfahren keine sicheren Schlüsse über den tatsächlichen Verfahrensablauf oder die Bösgläubigkeit der Verteidigung zulässt. 23 Die Klarheit der Regelung strahlte auf das Meinungsbild ab. Die Literatur ging fast einhellig von der Zulässigkeit einer auf ein als unrichtig erkanntes Protokoll gestützten Verfahrensrüge aus, 24 auch diejenigen Autoren, die dieses Verteidigerverhalten für standeswidrig hielten. 25 Vereinzelte Hinweise auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Rüge kamen bezeichnenderweise ohne Begründung aus 26 oder speisten sich aus dem Bemühen, diese Rechtsfolge aus – ihrem jeweiligen Kontext entrissenen – Begründungselementen höchstrichterlicher Entscheidungen abzuleiten, 27 was der Rechtsprechung nicht gerecht wird. Sie hatte die Zulässigkeit dieser Rüge nie in Abrede gestellt. Auch wenn frühere Entscheidungen vereinzelt von einem „Missbrauch“ prozessualer Befugnisse sprechen, liegt ihnen die Erkenntnis zugrunde, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 274 StPO auf eine Sanktionierung dieses Verhaltens verzichtet hat. 28 Die Erwägung des Senats, die Rechtslage habe sich jedenfalls mit Anerkennung eines allgemeinen Missbrauchsver22 Vgl. Fezer StV 2006, S. 290 ; Lindemann/Reichling StV 2007, S. 152 ; Schumann JZ 2007, S. 927 . 23 Vgl. Gaede StraFo 2007, S. 29 ; Jahn ( FN 20) S. 92; Kudlich ( FN 7) S. 14 f. 24 Vgl. nur Benthin NJ 2007 S. 36 ; Beulke ( FN 8) S. 157, 237; ders. FS -Roxin, 2001, S. 1173 ; Cüppers MDR 1950, S. 930 ; ders. MDR 1951, S. 259; Dahs ( FN 20) S. 185; Dahs/Dahs Die Revision im Strafprozeß, 6. Aufl., 2001, Rn. 490; Detter StraFo 2004, S. 329 ; Docke/von Döllen/Momsen ( FN 16) S. 585; Dünnebier Löwe-Rosenberg, StPO , 23. Aufl., 1978, Vor § 137 Rn. 18; Gaede ( FN 23) S. 30 ff.; Hamm NJW 2006, S. 2084 ; Hollaender ( FN 7) S. 11; Julius Heidelberger Kommentar, StPO , 3. Aufl., 2001, § 274 Rn. 12; Müller KMR , StPO , Stand: Juli 2006, § 274 Rn. 4; Kudlich ( FN 7) S. 14; Krawczyk HRRS 2006, S. 344 ; Park ( FN 7) S. 337; Sarstedt/Hamm ( FN 20) Rn. 292 ff.; Schäfer ( FN 7) S. 727; Schlüchter/Frister Systematischer Kommentar, StPO , Stand: Mai 2005, § 274 Rn. 24; Tepperwien ( FN 16) S. 601. 25 Vgl. Dallinger MDR 1951, S. 256; Jescheck GA 1956, S. 97 ; Schneidewin MDR 1951, S. 193 . 26 Meyer-Goßner StPO , 49. Aufl., 2006, § 274 Rn. 21. 27 Vgl. Fahl Rechtsmißbrauch im Strafprozeß, 2004, S. 701 ff., 727 f.; ders. JR 2007, S. 34 . 28 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 ; OGBrZ , Urt. v. 1. 2. 1949 – StS 99/48 –, NJW 1949, S. 434 ; BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 ; BGH , Urt. v. 1. 2. 1955 – 5 StR 678/54 –, BGHSt 7, 162 ; BGH , Beschl. v. 6. 2. 1990 – 2 StR 29/89 –, juris, Abs.-Nr. 14; BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15 und 33; vgl. auch BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 – 1 StR 466/05 –, juris, Abs.-Nr. 38.
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bots im Strafverfahren 29 verändert, greift nicht durch. Mit Anerkennung eines ungeschriebenen allgemeinen Missbrauchsverbots ist keine Entscheidung darüber präjudiziert, ob ein Prozessverhalten diesem Verbot unterfällt. Rechtsprechung und Literatur haben gerade nach Anerkennung dieses Missbrauchsverbots die prozessuale Wirksamkeit der Rüge nicht in Zweifel gezogen. 30 2. Das gewünschte Ergebnis ist auch nicht über richterliche Rechtsfortbildung zu erreichen. Mag auch im Strafprozessrecht anders als im materiellen Strafrecht der Wortlaut des Gesetzes keine starre Auslegungsgrenze ziehen und im Prozessrecht mehr Raum für eine stärker an teleologischen Erwägungen ausgerichtete Interpretation sein 31, gerät man angesichts der Klarheit der Norm unweigerlich ins Grübeln. Je klarer eine Norm ist, umso begründungsbedürftiger wird es, sich über ihren Wortlaut im Wege richterlicher Rechtsfortbildung hinwegzusetzen, und § 274 S tPO ist sehr klar gefasst. Richterliche Rechtsfortbildung stößt da an ihre Grenzen, wo das Gericht das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht, an die Stelle der angewendeten Norm inhaltlich eine andere setzt oder den Regelungsgehalt erstmals schafft. 32 Das zulässige Bestreben, Sinn und Zweck einer Norm auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen, 33 darf eben nicht dazu führen, dass eine Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers durch eine richterliche Entscheidung ersetzt wird. 34 Die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sind hier in dramatischer Weise überschritten. Nach welchen Maßstäben die Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten im Revisionsverfahren überprüft wird, ist von weit reichender Bedeutung. Die Verletzung wesentlicher Förmlichkeiten führt im Revisionsverfahren regelmäßig zur Aufhebung des Urteils und zu einer neuen Hauptverhandlung, weil mit der Verletzung der wesentlichen Förmlichkeit schon ein absoluter Revisionsgrund gegeben 35 oder nicht auszuschließen ist, dass das Strafurteil auf dem Verstoß beruht. 36 Wesentliche Förmlichkeiten, mögen sie in der strafgerichtlichen Praxis von den Beteiligten als Routinevorgänge wahrgenommen und erlebt werden, 37 sind BGH , Urt. v. 7. 11. 1991 – 4 StR 252/91 –, BGHSt 38, 111 ff. S. nur Lampe ( FN 7) S. 367; vgl. auch BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 – 1 StR 466/05 –, juris, Abs.-Nr. 38. Vgl. weiter Detter ( FN 24) S. 335. 31 BVerfGE 118, 212 . Zu den Schwierigkeiten einer Grenzziehung zwischen 29 30
den Kompetenzbereichen von Judikative und Legislative im Grundsätzlichen: D. C. Becker (FN 2) S. 26 ff. 32 BVerfGE 48, 40 , 54, 277 , 78, 20 . 33 BVerfGE 96, 375 . 34 BVerfGE 82, 6 109, 190 . 35 Wie bei Fehlen notwendiger Verteidigung (§ 338 Nr. 5 StPO ) im Fall FN 5. 36 Wie bei Nichtverlesung der Anklage (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO ) im Fall FN 6. 37 Vgl. Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 153.
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nichts weniger als diejenigen Verlaufsstrukturen, die dem Strafverfahren erst eine den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens entsprechende Form geben. 38 Im Wissen um die Bedeutung der Regelung und in bewusster Abgrenzung zu anderen Regelungsmodellen hat sich der Gesetzgeber für ein Modell entschieden, welches die Kollision zwischen Rechtssicherheit, Zweckmäßigkeit und (beweisregelloser) Wahrheitsermittlung zu Gunsten der Rechtssicherheit und Zweckmäßigkeit auflöst. 39 Nicht die Entlastung der Revisionsgerichte, denen das gewählte Modell Beweiserhebungen über die Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten erspart, war entscheidend, was es ausschließt, die Anwendung von § 274 StPO zur Disposition der Revisionsgerichte zu stellen. 40 Ausschlaggebend waren grundlegende und generelle Bedenken des Gesetzgebers gegen eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung aus der Erinnerung von Verfahrensbeteiligten. Diese Bedenken haben nach wie vor Gültigkeit. Sie gründen sich auf einen mit zunehmendem Zeitablauf eintretenden Erinnerungsverlust, der bei wesentlichen Förmlichkeiten als typischen Routinevorgängen in ganz besonderem Maße droht. 41 Aus psychologischer Sicht besteht ohnehin die Gefahr, dass der Richter eigene Versäumnisse in der Hauptverhandlung im Rahmen ihrer Rekonstruktion bewusst oder unbewusst leugnet, 42 zumal, tritt man in eine Rekonstruktion der wesentlichen Förmlichkeiten außerhalb des Protokolls ein, mögliche Fehler des Gerichts mit der gravierenden Folge der Aufhebung des Urteils immer schon im Raum stehen. 43 § 274 StPO schließt diese Gefahr von vornherein aus. 44 38 Kahlo FS -Meyer-Goßner, 2001, S. 447 . Zur Historie: Ott Die Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls im Strafverfahren und das Verbot der Rügeverkümmerung, 1970, S. 6 f., 19 ff.; Schumann ( FN 22) S. 928 f. 39 Ott ( FN 38) S. 26 f. 40 S. aber Meyer-Goßner ( FN 26) § 274 Rn. 2, 21; dagegen zu Recht Tepperwien ( FN 16) S. 596, 606 und nahezu ausnahmslos die Literatur, die der Norm die Funktion der einfachen und sicheren Feststellung der den Mangel enthaltenden Tatsachen im Sinne von § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zuschreibt: Julius (FN 24) § 274 Rn. 1; Gollwitzer Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., 2001, § 274 Rn. 1, 18; ders. FS-Gössel, 2002, S. 543 : Ziel der Norm, „jede Beweisaufnahme des Revisionsgerichts über Verfahrensvorgänge in den Vorinstanzen von vorneherein auszuschließen“; Pfeiffer StPO, 5. Aufl., 2005, § 274 Rn. 1; Schlüchter/Frister (FN 24) § 274 Rn. 1, 24. In diesem Sinne auch: Engelhardt Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 274 Rn. 1, 7, § 271 Rn. 26; Meurer FS-Oehler, 1985, S. 357 ; Müller (FN 24) § 274 Rn. 1, 14. Ohne Stütze im Gesetz dagegen die enge Funktionszuschreibung bei Satzger/Hanft NStZ 2007, S. 185 : Erleichterung schwieriger Beweisfragen durch Formalisierung. 41 Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 153 mwN. 42 Vgl. Fahl JR 2007, S. 345 ; Gaede HRRS 2006, S. 409 . 43 Vgl. Wagner GA 2008, S. 442 . 44 Vgl. Gaede ( FN 42) S. 413 f.; Jahn/Widmaier JR 2006, S. 166 ; Krawczyk ( FN 24) S. 353 ff.; Kury StraFo 2008, S. 185 . Ebenso BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 17.
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Das vom Gesetzgeber gewählte Modell duldet keine Relativierung, nicht einmal in Fällen von Evidenz, wie sie der Senat im Auge zu haben scheint. 45 Gerade die Außerkraftsetzung der Norm bei vermeintlicher Evidenz, die sich sowohl auf die Unrichtigkeit des Protokolls als auch auf die Kenntnis der Verteidigung von der Unrichtigkeit beziehen muss, steigert die Rechtsunsicherheit. Abgesehen von der nahe liegenden Gefahr, aus einer Evidenz der Unrichtigkeit des Protokolls auf die Bösgläubigkeit der Verteidigung zu schließen, fehlen für die Beurteilung, wann Evidenz vorliegt, Maßstäbe und Kriterien. Die Überprüfung auf Evidenz ist nicht mehr als das – ihrerseits nicht nachprüfbare – Ergebnis einer Würdigung, die (anders als hier geschehen) konsequenterweise vor Kenntnis der Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten zu treffen wäre. Dabei wird man notgedrungen Zuflucht nehmen zu einer unüberprüfbaren Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Verletzung der wesentlichen Förmlichkeit, die in der Sache nicht mehr zu sein droht als ein von Intuition getragenes, kriterienloses Spiel mit wenig fundierter Prozessempirie. Richterliche Rechtsfortbildung findet ihre Rechtfertigung darin, dass tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen eine bis dahin eindeutige und vollständige Regelung lückenhaft, ergänzungsbedürftig und zugleich ergänzungsfähig werden lassen. 46 Zu diesen Entwicklungen gehören neben dem Alterungsprozess, dem jede Norm unterworfen ist, 47 ein beschleunigter Wandel gesellschaftlicher Verhältnisse, begrenzte Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers und die offene Formulierung zahlreicher Normtexte. 48 Richterliche Rechtsfortbildung wird dann zur Anpassung geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse. Darum geht es hier allerdings gerade nicht. Der Normtext des § 274 StPO ist schon nicht offen, und die Gefahren des Missbrauchs sind nichts Neues, sondern in der Struktur der Norm angelegt und seit jeher virulent. Die Strafrechtswissenschaft sparte seit Einführung des § 274 StPO nicht mit harscher Kritik, 49 die nie zum Erliegen kam. 50 Die Rechtsprechung hat die Gefahr des Missbrauchs seit jeher als Folge einer ge45 BGH ( FN 5) S. 3581 Abs.-Nr. 31: Klärung des Rechtsmissbrauchs im Wege des Freibeweises „nur in seltenen Fällen …, in denen die bewusst ,unwahre Protokollrüge‘ klar zu Tage tritt“. 46 BVerfGE 82, 6 . 47 BVerfGE 34, 269 ; 82, 6 . 48 BVerfGE 96, 365 . 49 Bennecke/Beling Lehrbuch des Deutschen Reichs-Strafprozeßrechts, 1900, S. 457 Fn. 19: „höchst unnatürlich“, „direkt zu Ungerechtigkeiten [führend]“ und unter Hinweis auf das alternative Regelungsmodell in § 334 der Militärstrafgerichtsordnung von 1898: „Es ist ein erfreulicher Fortschritt, wenn [diese] den Beweis der Unrichtigkeit schlechthin zuläßt.“; Beling, Deutsches Reichsstrafprozeßrecht, 1928, S. 325 Anm. 1., wonach „der Ausschluß jedes Gegenbeweises … einen gesetzgeberischen Missgriff“ darstelle. Zur frühen Kritik: Ott ( FN 38) S. 70 f., 85. 50 Vgl. Schäfer ( FN 7) S. 717 ff.; Lampe ( FN 7) S. 368; vgl. auch Kahlo ( FN 38) S. 455.
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setzgeberischen Fehlleistung betrachtet. Im Wissen, dass es schwerlich zu den Aufgaben der Judikative gehört, gesetzgeberische Modelle, die man dort für missglückt hält, durch eigene Modelle zu ersetzen, hatten es die Gerichte freilich bislang bei – mehr oder weniger expliziten – Appellen an den Gesetzgeber zur Änderung der Norm belassen, wenn sie in Folge des § 274 StPO zugrunde liegenden Modells trotz erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit des protokollierten Sachverhalts zur Aufhebung des Urteils gezwungen waren. 51 Gerade die Einsicht in das Primat der Legislative hatte die Gerichte ja zu zahlreichen Strategien veranlasst, mit denen die unliebsamen Folgen des unerwünschten, sperrig-klaren § 274 StPO vermieden werden sollten. Eine restriktive Auslegung der „wesentlichen Förmlichkeit“ 52, eine großzügige Anwendung der Grundsätze zur Lückenhaftigkeit des Hauptverhandlungsprotokolls 53 und eine Steigerung der Anforderungen an den Rügesachverhalt bei der Verfahrensrüge 54 waren ein Teil dieser Strategien. Den anderen bildeten hohe Hürden im Anwendungsbereich relativer Revisionsgründe für eine Ursächlichkeit des Formverstoßes 55, eine Aufweichung der unbedingten Aufhebungswirkung absoluter Revisionsgründe 56 und die (vor allem beim absoluten Revisionsgrund der Verteidigerabwesenheit bemühte) Figur der Verwirkung von Verfahrensrügen 57. Die Kritik in Wissenschaft und Praxis an dem klaren, aber rigiden Modell der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls im aufhebungsträchtigen Bereich wesentlicher Förmlichkeiten ist dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben. Dies belegen schon die zahlreichen Reformbestrebungen auf legislativer Ebene, deren Anfänge noch im ausgehenden
51 Vgl. etwa BGH, Beschl. v.30. 5. 2001 – 1 StR 99/01 –, juris, Abs.-Nr. 2; BGH , Beschl. v. 23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Beschl. v. 6. 2. 1990 – 2 StR 29/89 –, BGHSt 36, 354 . Zu dieser Methode in anderem Kontext vgl. BGH, Beschl. v. 21. 8. 2007 – 3 StR 238/07 –, juris Abs.-Nr. 7. 52 Vgl. Nachweise FN 51 und Kahlo ( FN 38) S. 455. 53 Vgl. BGH , Beschl. v. 23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Urt. v. 20. 4. 1982 – 1 StR 833/81 –, NJW 1982, S. 2739; BGH , Urt. v. 10. 4. 1962 – 1 StR 125/62 –, NJW 1962, S. 1308. Dazu Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 155 f.; Fezer ( FN 7) S. 272 f. Vgl. die ernüchternde Selbstbeschreibung durch den Großen Senat (FN 6) S. 2423 Abs.-Nr. 56, der diesbezüglichen Rechtsprechung „[fehlten] jedenfalls in Grenzfällen … hinreichend klare und verlässliche Konturen“. 54 Vgl. BVerfGE 112, 185 . 55 Vgl. BGH , Beschl. v. 21. 7. 1999 – 3 StR 268/99 –, StV 1999, S. 585. Vgl. dazu Fezer FS -Otto, 2007, S. 901 . 56 Vgl. BGH , Beschl. v. 19. 7. 2007 – 3 StR 163/07 –, BeckRS , Abs.-Nr. 4 f. mwN. Dazu Fezer ( FN 55) S. 903; Mehle FS -Dahs, 2005, S. 381 . 57 Vgl. BGH , Beschl. v. 26. 11. 1997 – 5 StR 561/97 –, NStZ 1998, S. 209; BGH , Beschl. v. 7. 7. 1997 – 5 StR 307/97 –, NStZ - RR 1998, S. 18; BGH , Urt. v. 10. 12. 1997 – 3 StR 441/97 –, NStZ 1998, S. 267 (nicht tragend). Vgl. weiter BGH , Beschl. v. 29. 8. 2007 – 1 StR 387/07 –, BeckRS; BGH , Beschl. v. 11. 3. 1997 – 5 StR 77/97 –, NStZ 1997, S. 451.
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19. Jahrhundert liegen. 58 Nicht eine einzige dieser Bemühungen mündete in ein alternatives Regelungsmodell. Als sich zuletzt die Gelegenheit für eine Reform des § 274 StPO bot, nahm der Gesetzgeber diese nicht einmal mehr in Angriff. Als er in jüngerer Zeit die Beachtlichkeit jederzeitiger Protokollberichtigung regelte, beschränkte er sich auf andere Prozessordnungen als die Strafprozessordnung. 59 Ob die Reformbemühungen scheiterten, weil sich ein anderes als das § 274 StPO zugrunde liegende Regelungsmodell legislativ nicht umsetzen ließ oder ob der Gesetzgeber das Reformprojekt aus anderen Gründen aufgab, kann dahinstehen. Entscheidend ist allein, dass ihm eine Reaktion auf die nicht nachlassende Kritik an der Regelung des § 274 StPO grundsätzlich möglich war. 60 Wenn er gleichwohl nie eine Tendenz zu einem anderen Regelungsmodell hat erkennen lassen, 61 liegt darin die Bekräftigung seiner Grundentscheidung. Auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Inkrafttreten der Norm kommt es angesichts der eindeutigen Grundentscheidung des Gesetzgebers, das Modell der Wahrheitserforschung in § 274 StPO unverändert beizubehalten, schwerlich an. Die Ausnutzung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls dürfte allerdings schon kein Phänomen der neueren Zeit sein. Das Argument, das gerne zur Rechtfertigung der Recht-Fertigung aufgegriffen wird, 62 würdigt nicht hinreichend, dass es Bestrebungen zur Reform der Regelung schon bald nach deren Inkrafttreten – die erste geht auf das Jahr 1895 zurück – gab und weite Teile der Strafrechtswissenschaft das Regelungsmodell des § 274 StPO sehr frühzeitig kritisiert haben. Man darf annehmen, dass sich beide Entwicklungen an der gelebten Praxis der Norm entzündet hatten, 63 zumal die Rechtsprechung das Problem der Ausnutzung des Rekonstruktionsverbots frühzeitig aufgegriffen hat. 64 Aber auch bei einem angeblich erst in neuerer Zeit 65 grassierenden Typus des skrupellosen Strafverteidigers wäre es Sache des Gesetz58 Ott ( FN 38) S. 83 ff. unter Hinweis auf eine erste erfolglose Reichstagsvorlage von 1883 (!) mit dem Ziel der Zulassung eines umfassenden Unrichtigkeitsnachweises. 59 Schaffung des § 164 Abs. 1 ZPO – durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Entlastung der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20. Dezember 1974 ( BGBl . I 3651) samt Erstreckung auf VwGO , FGO und SGG (Art. 3 Ziffer 1; Art, 4 Ziffer 1; Art. 5 Ziffer 2 ProtVeinfG). 60 Vgl. dazu BVerfGE 96, 365 ; Fezer ( FN 55) S. 902. 61 Schäfer ( FN 7) S. 708. Vgl. dazu auch BVerfGE 78, 20 . 62 BGH ( FN 6) S. 2422 f. Abs.-Nr. 48–55. 63 Bereits die erste Reform mit einem Entwurf von 1895 zielte auf Einführung eines Unrichtigkeitsnachweises, vgl. Ott ( FN 38) S. 84 ff. „Missbrauch“ der Regelung in früher Zeit belegen die Ausführungen von Spindlers in: Aschrott, Reform des Strafprozesses. Kritische Besprechungen der von der Kommission für die Reform des Strafprozesses gemachten Vorschläge, 1906, S. 489 f. 64 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 . 65 Skeptisch Fahl ( FN 42) S. 345.
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gebers, daraus die Konsequenzen im Prozessrecht zu ziehen. 66 Angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, am Regelungsmodell des § 274 StPO festzuhalten, können auch Prinzipien wie die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege oder das Beschleunigungsgebot in Strafsachen oder Erwägungen des Opferschutzes eine richterliche Rechtsfortbildung nicht tragen. Die Norm des § 274 StPO , die selbst Ergebnis einer Kollisionsentscheidung des Gesetzgebers ist, steht keiner Abwägung offen.
III. Schatten gestalten. Schattengestalten. Der eben beschriebene Umgang mit einer klaren Norm traf auch bei den anderen Strafsenaten nicht auf ungeteilte Zustimmung. Allerdings führten diese Bedenken nicht zur Akzeptanz des gesetzgeberischen Konzepts. Sie mündeten vielmehr in eine Entscheidung des Großen Senats, der das gesetzliche Modell auf Kosten einer selbst ersonnenen, vermeintlich überlegenen judikativen „Lösung“ außer Kraft setzte. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des 3. Strafsenats lief ein Anfrageverfahren zur Frage, ob eine nachträgliche Protokollberichtigung einer wirksam erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entziehen könne oder ob an dem Verbot der so genannten Rügeverkümmerung festgehalten werden solle, das vom Grundsatz der Unbeachtlichkeit der nachträglichen Protokollberichtigung im Revisionsverfahren ausging. Der 1. Strafsenat hatte die Einleitung dieses Verfahrens vor allem damit begründet, die nachträgliche Protokollberichtigung sei „im Gegensatz zur Unzulässigkeit einer unwahren Verfahrensrüge der einzige zweifelsfrei mit der formellen Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO zu vereinbarende Weg, um einer derartigen Rüge den Erfolg zu verwehren“.67 Dieser Einschätzung schloss sich der 2. Strafsenat an.68 Das Festhalten des 4. Senats am Verbot der Rügeverkümmerung69 führte zur Entscheidung des Großen Senats vom 23. April 2007 zur grundsätzlichen Beachtlichkeit einer rügeentziehenden nachträglichen Protokollberichtigung, die ihre Rechtfertigung vor allem in grassierenden (bewusst) unwahren Verfahrensrügen finden soll. Die Leitsätze dieser Entscheidung kommen schon äußerlich der Einführung eines aus drei Absätzen bestehenden § 274a StPO nahe: „1. Durch eine zulässige Berichtigung des Protokolls kann auch zum Nachteil des Beschwerdeführers einer bereits ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzogen werden. Vgl. BGH , Beschl. v. 29. 8. 2007 – 1 StR 387/07 –, BeckRS , Abs.-Nr. 7. BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 – 1 StR 466/05 – juris, Abs.-Nr. 38. 68 BGH , Beschl. v. 31. 5. 2006 – 2 ARs 53/06 – juris, Abs.-Nr. 7. 69 BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 – juris. Ebenso der 5. Strafsenat: Beschl. v. 9. 5. 2006 – 5 ARs 13/06 –, juris. 66 67
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2. Die Urkundspersonen haben in einem solchen Fall vor einer beabsichtigten Protokollberichtigung den Beschwerdeführer anzuhören. Widerspricht er der beabsichtigten Berichtigung substantiiert, sind erforderlichenfalls weitere Verfahrensbeteiligte zu befragen. Halten die Urkundspersonen trotz des Widerspruchs an der Protokollberichtigung fest, ist ihre Entscheidung mit Gründen zu versehen. 3. Die Beachtlichkeit der Protokollberichtigung unterliegt im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Im Zweifel gilt insoweit das Protokoll in der berichtigten Fassung.“ Die Einführung dieses Verfahrens nachträglicher Protokollberichtigung überschreitet die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung. Auf ein Berichtigungsverfahren hat der Gesetzgeber aus guten Gründen verzichtet. 70 Der – ohne nähere Begründung auskommende – Hinweis des Großen Senats, er könne den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber selbst dann jeden Zweifel an der Richtigkeit des ursprünglichen Protokollinhalts für unberechtigt hielt, wenn eine Protokollberichtigung aufgrund sicherer Erinnerung der Urkundspersonen erfolgen sollte, geht fehl. Die Gesetzesmaterialien lassen keinen Zweifel daran, dass der Gesetzgeber an der vom Großen Senat postulierten Sicherheit der Erinnerung der Urkundspersonen grundlegende und nachvollziehbare Bedenken hatte (siehe II .). In eine Bewertung der Erinnerung der Urkundspersonen als im Einzelfall sicher oder unsicher wollte der Gesetzgeber, wie oben dargelegt, aus nachvollziehbaren Erwägungen gerade nicht eintreten. Fehl geht daher auch das Argument, der Wortlaut von § 274 StPO sei offen, weil er sich auch auf die berichtigte Fassung des ursprünglichen Protokolls beziehen könne. Eine berichtigte Fassung des einmal fertiggestellten, formell ordnungsgemäß errichteten Protokolls hatte der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm nicht im Auge. Ihm, der bei der Normgebung größte Sorgfalt aufwandte und der nicht zuletzt aus der zur gleichen Zeit beratenen und geschaffenen Zivilprozessordnung um die Möglichkeit einer Berichtigung von Urkunden wusste, 71 waren aus den damaligen Partikularrechtsordnungen verschiedene Modelle zur Feststellung wesentlicher Verfahrensverstöße im – dem Revisionsverfahren nicht unähnlichen – Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde bekannt. Unter diesen fanden sich auch solche, die – wie die Verfahrensordnung Bremens – alternativ zum Sitzungsprotokoll „das übereinstimmende, auf den Amtseid geleistete Zeugnis sämmtlicher gegenwärtig gewesener Gerichtspersonen“ 72 zuließen oder weitergehend – wie die Verfahrensordnung Württembergs – Wagner ( FN 43) S. 443 f. Ott ( FN 38) S. 132 ff. 72 § 307 der Provisorischen Strafprozeßordnung von Bremen vom 30. Juli 1863, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen 1863, S. 136, in der Fassung der Revidierten Strafprozeßordnung vom 26. Dezember 1870, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen 1870, S. 141. 70 71
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den Beweis gegen den Inhalt des Protokolls „auf anderem Wege“ 73 ermöglichten. Solchen Modellen sprach der Gesetzgeber aus den bekannten Gründen die Eignung zur Überprüfung von Verfahrensfehlern ab und entschied sich im Einklang mit der Mehrzahl der Partikularregelungen für die ausschließliche Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls. Das – die Entscheidung tragende – Argument des Großen Senats, die Wahrheitspflicht der Revisionsgerichte spreche „entscheidend dafür, die Regelung des § 274 StPO in einer Weise auszulegen, welche die inhaltliche Richtigkeit der Sitzungsniederschrift gewährleistet“, 74 geht an der Sache vorbei, weil es entgegen der gesetzgeberischen Grundentscheidung die Eignung der Sitzungsniederschrift als Mittel zur Wahrheitserforschung in Frage stellt. 75 Die Auslegung von § 274 StPO durch den Großen Senat droht darauf hinauszulaufen, das Protokoll so lange zu berichtigen, bis man meint, sich dessen absolute Beweiskraft leisten zu können. Das nachträgliche Bemühen um ein richtiges Protokoll konterkariert die legislative Grundentscheidung zur Verlässlichkeit des ursprünglichen Protokolls. 76 Zwar wird bei der nachträglichen Berichtigung des Protokolls – anders als bei den eidlichen Erklärungen der Urkundspersonen in der Verfahrensordnung Bremens, gegen die sich der Gesetzgeber ausdrücklich entschieden hat – keine formell neben dem Protokoll stehende Erklärung eingeführt, sondern der Inhalt des Protokolls geändert. Entscheidend für ihre Unzulässigkeit ist aber, dass qualitativ – gerade mit Blick auf die Bedenken des Gesetzgebers gegen eine Rekonstruktion der Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten aus der Erinnerung von Verfahrensbeteiligten – kein Unterschied besteht zwischen einer Erklärung der Urkundspersonen, die in dem Protokoll selbst ihren Niederschlag finden, und einer sich von dem ursprünglichen Protokollinhalt distanzierenden Erklärung der Urkundsperson neben dem Protokoll. Genau letzteres ist nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen. 77 Von seiner Grundentscheidung, dass das Hauptverhandlungsprotokoll in seiner ursprünglichen Form eine verlässliche Grundlage für die Klärung der Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten im Strafprozess ist, ist der Gesetzgeber nie abgerückt. Die Regelung des § 274 StPO hat alle Änderungen überlebt. Mehrere Versuche der Normierung eines Verfahrens der nachträglichen Protokollberichtigung wurden seit Inkrafttreten der Strafprozessordnung unternommen. 78 Nicht ein einziger führte zu Ergebnissen. 79 Anzuneh73 Art. 229 Abs. 6 der Strafprozeßordnung für Württemberg vom 17. April 1868, Regierungsblatt für das Königreich Württemberg 1868, S. 205. 74 BGH ( FN 6) S. 2422 Abs.-Nr. 42. 75 Wagner ( FN 43) S. 449 f. 76 Vgl. Wagner ( FN 43) S. 453. 77 Vgl. Schumann ( FN 22) S. 932, 934. 78 Vgl. Fezer ( FN 22) S. 292. Ausführlich Ott ( FN 38) S. 88 ff., 109 ff. 79 Vgl. Schumann ( FN 22) S. 930.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk
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men, der Gesetzgeber habe eine nachträgliche Protokollberichtigung im Strafverfahren nicht ausdrücklich verboten und deshalb erlaubt, mutet umso seltsamer an, als die Reichweite einer solchen Erlaubnis im Dunkeln bleibt. Der Große Senat scheint gerade nicht von einer unbeschränkten Berichtigungskompetenz mit der Rechtsfolge der Beachtlichtkeit in Revisionsverfahren auszugehen. Dem Protokoll in seiner berichtigten Fassung soll die Beweiskraft des § 274 StPO nicht zukommen, 80 damit dem Revisionsgericht die Möglichkeit bleibe, zum Schutz des Beschwerdeführers die Protokollberichtigung zu überprüfen. 81 Das Revisionsgericht prüft, ob sich die Urkundspersonen, denen die falsche Beurkundung bei Fertigstellung des Protokolls entgangen war, hinreichend sicher sind, dass es dem ursprünglichen Protokoll an Verlässlichkeit fehlt. Bei Ausfüllung der enormen Spielräume für konkrete Regelungsmodelle 82 – die für sich genommen die Akzeptanzanforderungen an judikative Modelle erhöhen, wenn sie deren Legitimation nicht schon durchgreifend in Frage stellen 83 – ist der Gesetzgeber auf dieses Modell in all den gescheiterten Reformbemühungen nie gekommen! Der jetzt eingeführte zeitlich unbeschränkte Unrichtigkeitsnachweis „auf anderem Wege“ schlägt immerhin die Brücke zur alten Strafprozessordnung Württembergs – zu einem Modell, das der Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt hatte. 84
IV. Everybody’s Free (To Wear Sunscreen) Klarheit im Klärwerk – um diese Paradoxie aus der Welt der Rechtsverwalter ist die Welt der staunenden Beobachter reicher geworden. Mag sein, dass es unruhige Zeiten sind, in denen die Form nicht viel zählt und das Strafverfahren mit seinen besonderen Förmlichkeiten unter besonderen Rechtfertigungsdruck gerät. 85 Und doch bleibt rätselhaft, weshalb sich die ohnehin mehr und mehr verschwimmenden Grenzen zwischen RechtAnwenden und Recht-Fertigen gerade vor dem Hintergrund klarer Normen auflösen. Und dunkel bleibt, weshalb Klarheit nicht als Herausforderung und Irritation, sondern als Unverträglichkeit und Zumutung 80 Zur Inkonsistenz und Gesetzeswidrigkeit dieser Konstruktion: Fezer ( FN 22) S. 291 f.; Hebenstreit H RRS 2008, S. 172 ; Wagner ( FN 43) S. 454. Weiter: Ott ( FN 38) S. 163 ff. 81 BGH ( FN 6) S. 2424 Abs.-Nr. 65. 82 Es geht um die konstruktive „Denkbarkeit“ von Modellen. Vgl. dazu Ott ( FN 38) S. 83 ff., 109 ff. 83 Vgl. Fezer ( FN 22) S. 292; Wagner ( FN 43) S. 454 ff. 84 Vgl. Wagner ( FN 43) S. 453. 85 Vgl. Fezer ( FN 55) S. 911 f. Vgl. weiter Barton StV 2004, S. 332 ; Krawczyk Die Relativierung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls (§ 274 StPO) in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2008, S. 258 ff., 293 ff.
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wahrgenommen wird. Das Scheitern an der Klarheit duldet jedenfalls kein Eingeständnis, sondern muss verträglich gestaltet werden – über Verrätselung und Verfremdung des Normprogramms. Der Umgang mit der Norm findet seinen Grund im Umgehen der Norm. Zu rechtfertigen ist dies, auch jenseits hergebrachter Gewaltenteilungskonzepte, nicht. Diese Paradoxie der Praxis kritisch zu beschreiben, ist das eine – Gunther Teubners „furchterregend wahre[r], scharfkantige[r]“ 86 Satz „Kritik ohne Gegenvorschlag zählt nicht“ 87 das andere. „Klarheit aushalten!“ könnte solch ein Vorschlag sein. Viel leicht.
86 87
Roellecke FAZ v. 10. 2. 2006, S. 47. Teubner ( FN 1 [2008]) S. 30.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ Der I. Zivilsenat des BGH und die Paradoxien des Persönlichkeitsrechts Gert Brüggemeier
„Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde“, heißt es in den zehn Geboten.1 Der Mensch soll sich von Gott kein Bildnis machen, weil kein von ihm geschaffenes Bild imstande ist, Gott in seiner absoluten Fülle und grenzenlosen Unbedingtheit zu erfassen. So wohl der Kern insbesondere der christlichen und islamischen Sicht des Verbots eines Gottesbildnisses. In der säkularen Post-Aufklärungsgesellschaft wandelte sich die Funktion des Bildnisverbots – vom religiösen Fixierungsverbot zum personalen Autonomieschutz. Gott ist tot, hat Nietzsche konstatiert. 2 In den westlichen Gesellschaften geht es heute beim Bildnisverbot nicht länger um Gott, sondern um den Götterfunken – die individuelle Personalität und Würde des Menschen: „Nur mit Zustimmung der abzubildenden Person darfst du dir ein Bildnis von einem anderen Menschen (und damit Geschäfte) machen“, so die Maxime des 19. Jahrhunderts. Das Zivilrecht in Deutschland tat und tut sich schwer mit diesem Schutz der Personalität. Von diesen Schwierigkeiten handelt dieser Beitrag am Beispiel der kommerziellen Nutzung von Personenbildern. Es ist ein privatrechtlicher Werkstattbericht zu den Paradoxien des Persönlichkeitsrechts und mit zivilistischen Variationen zu Exklusion und Inklusion. Ich widme ihn dem Jubilar als Theoretiker des Rechts, Meister der Dogmatik und Freund der Rechtsparadoxien in alter Verbundenheit.
I. Die Vorgeschichte In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts in Frankreich: Familienangehörige einer berühmten Schauspielerin versammeln sich um das Totenbett der sterbenden Frau. Sie lassen von ihr eine Zeichnung anfertigen. Von dieser 1 2
Ex 20,4. Nietzsche Die fröhliche Wissenschaft, Aphorismus 125.
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Zeichnung werden ohne Kenntnis und Zustimmung der Familie Fotos gemacht und kommerziell vertrieben. Auf die Zivilklage der Familie hin verurteilt das erstinstanzliche Gericht 1858 den Beklagten auf Herausgabe der Fotos und Fotoplatten sowie auf Ersatz des Nichtvermögensschadens (dommage moral): „Niemand darf der Öffentlichkeit ohne die ausdrückliche Zustimmung der Familie Bilder einer Person auf dem Totenbett zugänglich machen, wie berühmt auch immer diese Person gewesen ist und wie öffentlich auch immer ihre Handlungen gewesen sind. Das Recht, diese Verbreitung zu verhindern, ist absolut. Es folgt aus dem Respekt, den die Trauer der Familie verlangt, und es darf nicht missachtet werden; sonst würden die persönlichsten und respektabelsten Gefühle verletzt werden.“ 3 40 Jahre später, am 31. Juli 1898, dringen zwei Hamburger Fotojournalisten nachts in das Zimmer des gerade verstorbenen ehemaligen Reichskanzlers Fürst von Bismarck ein und machen bei Magnesiumlicht eine fotografische Aufnahme von Bismarck auf seinem Totenbett. 4 Sie bieten das leicht retuschierte Bild in Anzeigen zum Vertrieb als Postkarte an. Ein Verleger erwirbt die Rechte an dem Bild für 30.000,– RM und gegen Beteiligung der Journalisten an dem Gewinn aus dem Vertrieb. Die Kinder des Verstorbenen beantragen eine einstweilige Verfügung, mit der die Bildverbreitung untersagt werden soll. Das LG Hamburg gibt dem Antrag statt und bewegt sich dabei ganz auf der Linie des Tribunal de la Seine: „Es ist der Regel nach ein Eingriff in die Rechte der Persönlichkeit der Hinterbliebenen, weil eine Verletzung ihres Pietätgefühls, wenn man es unternimmt, ohne ihre Zustimmung ein Bildnis eines ihnen teuren Verstorbenen anzufertigen, um es der Öffentlichkeit zu übergeben.“ 5 Der Rechtsstreit gelangte bis zum RG , das vier Tage vor dem Inkrafttreten des neuen BGB über den Antrag entschied. 6 Es tat sich schwer mit dem Auffinden einer Anspruchsgrundlage. Weder das späte Gemeine Recht noch vorhandene Spezialgesetze wie das Photographieschutzgesetz von 1876 7 noch das 1896 verabschiedete BGB enthielten Persönlichkeitsrechte. Das RG nahm Zuflucht zu einer Verdinglichung der Problematik. Der Persönlichkeitsschutz verschwand. Es ging nur noch um die Sachen, die die Journalisten in ihren Händen hatten: Abzüge und Fotoplatten. Damit bewegte sich das RG wieder in bekannten Bahnen. Diese Sachen waren durch den Hausfriedensbruch rechtswidrig erlangt und deshalb herauszugeben (condictio ob
Tribunal civ. de la Seine, 16. 6. 1858 (Rachel), D. 1858, 3, 62. Zu dem Bild und der Geschichte hinter dem Bild vgl. Koetzle Photo Icons, 2005, S. 92–97. 5 Keyssner DJZ 1898, S. 486. 6 RGZ 45, 170. 7 Gesetz über den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung v. 10. 1. 1876, RGBl . 1876, S. 8. 3 4
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causam iniustam). Damit war – so scheint es – der erste folgenreiche Schritt in die falsche Richtung getan. Verdrängt, aber nicht ganz vergessen, tauchte der Aspekt des Persönlichkeitsschutzes gegen Bildnismissbrauch bei Gelegenheit der Neufassung des Kunsturhebergesetzes von 1907 wieder auf. 8 Dieser historische Kontext markiert möglicherweise einen weiteren Wegweiser in die falsche Richtung. Der zentrale Unterschied zwischen dem (Persönlichkeits-)Recht am eigenen Bild als Verteidigung gegen Bildurhebermissbrauch und dem (Verwertungs-)Recht am Bild bleibt unentfaltet. Zudem wird für Streitigkeiten um das Recht am Bild die Zuständigkeit der Gerichte für den gewerblichen Rechtsschutz begründet. Parallel zu dem Literatururhebergesetz von 19019 regelte das Kunsturhebergesetz von 1907 Aspekte des geistigen Eigentums an Kunstwerken und deren Verwertung, die Sanktionen bei Verletzung des Urheberrechts sowie das Problem eines Urheberpersönlichkeitsrechts (droit moral). In diesem Zusammenhang wird auch ein Nebenaspekt mitbehandelt: die rechtlichen Voraussetzungen der Veröffentlichung von personendarstellenden Fotos bzw. der Ausstellung von Portraitgemälden („Bildnissen“) durch die Urheber oder Dritte. Die bis heute geltenden Regelungen der §§ 22–24 KUG klingen modern: Jede Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung von personendarstellenden Bildern bedarf der Zustimmung der abgebildeten Person. Die Herstellung des Bildes wird nicht erfasst; die Paparazzi-Problematik des Bismarckbild-Falles ist unberücksichtigt geblieben. Nach dem Tod der abgebildeten Person ist 10 Jahre lang eine Veröffentlichung nur mit Zustimmung der engeren Angehörigen zulässig (§ 22 KUG ). Von diesem grundsätzlichen Erfordernis des Einverständnisses gibt es vier Ausnahmen (§ 23 I). Die wichtigste betrifft personendarstellende Bilder („Bildnisse“) aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 I Nr. 1). Diese Ausnahmen kennen wiederum eine Gegenausnahme: ein vorrangiges berechtigtes Interesse der abgebildeten Person (§ 23 II ). Dadurch sollte namentlich verhindert werden, dass bei Prominenten „Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden“.10 Die schuldhaften Urheberrechtsverletzungen führten nach anerkannten Grundsätzen zu einem zivilrechtlichen Schadensersatz (§ 31). Vorsätzliche Verstöße gegen §§ 22, 23 wurden strafrechtlich sanktioniert: Geldstrafe (§ 33) und – auf Antrag des Verletzten – Bußzahlung (§ 35).
8 Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie v. 9. 1. 1907, RGBl . 1907, S. 7; vgl. dazu Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, Anh. § 60 (§§ 22–24 KUG ). 9 Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst v. 19. 6. 1901, RGBl . 1901, S. 227. 10 Verh. RT 1905/1906, Anl. Bd. II , S. 1541.
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Das „Recht am eigenen Bild“, wie es genannt wurde, war jedoch lediglich eine Fußnote zum Urheberrecht. Als Persönlichkeitsrecht wurde es nicht wahrgenommen. Für die Verletzung des „Rechts am eigenen Bild“ konnte sich ein ziviler Schadensersatz nach BGB -Recht lediglich auf dem Umweg über den Schutzgesetzverstoß (§ 823 II BGB i.V.m. § 22 KUG ) ergeben. Dies führte aber nur zu Naturalrestitution (§ 249) und Vermögensschadensersatz (§ 251) sowie zu Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen. Anders als im französischen Recht war der Weg zum Nichtvermögensschadensersatz durch § 253 BGB versperrt. „Ein allgemeines subjektives Persönlichkeitsrecht“, so brachte das RG die herrschende Meinung in Deutschland 1908 zum Ausdruck, „ist dem geltenden bürgerlichen Recht fremd.“ 11 – In Frankreich wurde etwa gleichzeitig eine erste systematische Bestandsaufnahme der Persönlichkeitsrechte vorgenommen.12 Perreau verstand unter Persönlichkeitsrechten ein sehr breit gefasstes Bündel von Selbstbestimmungsrechten über den eigenen Körper bis hin zu Ehre und Privatheit. Entscheidend war die Betonung des höchstpersönlichen Charakters dieser Persönlichkeitsrechte und ihres Unterschieds zu den Immaterialgüterrechten: Unübertragbarkeit, Nicht-Vererblichkeit, Unverzichtbarkeit, Nicht-Vermögenswert. Dieses Verständnis vom Sonderstatus der Persönlichkeitsrechte hat sich in der Folgezeit in Frankreich durchgesetzt. Der Bildnisschutz unterfällt dem allgemeinen Deliktsrecht der Artt. 1382, 1383 C. civ. Der Privatheitsschutz ist seit 1970 durch eine Sondervorschrift im Code civil geregelt. In Deutschland nahm der Sonderweg der Suppression der ideellen Persönlichkeitswerte durch das Privatrecht seinen Anfang mit der zunehmenden Verdrängung der actio iniuriarum aus dem Gemeinen Recht etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts.13 Er fand seine Fortsetzung mit der Streichung der Ehre als deliktsrechtlich geschütztem persönlichen Rechtsgut aus dem späteren § 823 I in der Schlussphase des BGB -Gesetzgebungsprozesses.14 Das deutsche BGB Recht war so weltweit wohl das einzige Privatrecht, das keinerlei Möglichkeit einer Geldentschädigung bei Würde- und Ehrverletzungen vorsah. Dies wiederum führte dazu, dass sich außerrechtliche Formen des „Ehrenhandels“ in Deutschland länger hielten als in anderen westlichen Ländern.15 Sein Ende 11 12 13
RGZ 69, 401, 403 – Nietzsche-Briefe. Perreau Des droits de la personnalité, RTD civ. 1909, 501. Vgl. dazu Moosheimer Die actio iniuriarum aestimatoria im 18. und 19. Jahrhundert,
1997. 14 Mugdan II S. 1078; Jakobs/Schubert Schuldverhältnisse III , S. 898 ff. – Anders in Japan, wo die Fassung des ersten Entwurfs des BGB mit der Ehre als geschütztem Rechtsgut in Art. 709 ZGB übernommen worden ist und sich so unter Art. 709 ein Persönlichkeitsschutz ungehindert entwickeln konnte. 15 Zum Duell(un)wesen vgl. Frevert Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, 1991.
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fand dieser etwa 100jährige Sonderweg in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts mit der richterrechtlichen Anerkennung eines zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „sonstigem Recht“ i.S. des § 823 I BGB . Damit war das dritte ungünstige Vorzeichen für die Entwicklung des Persönlichkeitsschutzes in Deutschland gesetzt worden. „Sonstige Rechte“ i.S. des § 823 I BGB sind eigentumsähnliche Ausschließlichkeitsrechte an Sachen oder Gegenständen. Ein derartiges Ausschließlichkeitsrecht ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht. Medicus spricht insoweit zu Recht vom Persönlichkeitsrecht als einer „juristischen Missgeburt“.16 Es ist kein traditionelles absolutes subjektives Recht. Beim Persönlichkeitsrecht geht es um Würde-, Entfaltungs- und Autonomieschutz. Die geschützten Persönlichkeitsinteressen stehen auf derselben Stufe wie die personalen Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit, Bewegungsfreiheit. Der „subjektive Rechts“-Jargon ist reine Metaphorik und taktisch bedingt. Nur auf diese Weise ließ sich bei der gesetzlichen Ausgangslage mit den Mitteln des Richterrechts der Schutz der Persönlichkeitsinteressen im BGB -Deliktsrecht durchsetzen. Der Scharnierbegriff „sonstiges Recht“ diente als Portal. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist lediglich ein Oberbegriff für unterschiedliche Persönlichkeitsinteressen – Würde, Ehre, Privatheit, Selbstbestimmung, Identität – denen nunmehr deliktischer Schutz zukommen soll.17 Damit hätte sich unter den Ausgangsbedingungen, wie sie nun einmal waren, leidlich leben lassen, wenn aus diesen Begleitumständen keine falschen Schlüsse gezogen worden wären.
II. Der I. ZS des BGH als Demiurg des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Der Demiurg des neuen privatrechtlichen Persönlichkeitsschutzes in Deutschland war der I. ZS des BGH . Mit drei grundlegenden Urteilen in sechs Jahren bestimmte er maßgeblich die weitere Entwicklung dieses Rechtsgebiets. Diese führte in die falsche Richtung – weg vom Autonomiehin zum Vermögensschutz. Was bei Art. 1 I und 2 I GG begann, endete bei Art. 14 I GG . Der (deliktsrechtliche) VI . ZS hinkte der Entwicklung hinterher. Er versuchte andere Akzente zu setzen,18 konnte den Gang der Dinge aber nicht korrigierend beeinflussen.
16 Medicus Bürgerliches Recht, 21. Aufl. 2007, Rn. 615. Ebendort: „Ein Persönlichkeitsrecht als ‚sonstiges Recht‘ ist abzulehnen.“ 17 Vgl. als Umsetzung dieses Programms Brüggemeier Haftungsrecht. Struktur, Prinzipien, Schutzbereich, 2006, S. 264 ff. 18 Grdl. BGHZ 35, 363 – Ginseng; BGHZ 128, 1 – Caroline von Monaco I; G. Müller VersR 2008, S. 1141.
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1. BGHZ 13, 334 – Schacht-Leserbrief Die Geschichte ist bekannt; deshalb hier nur das Nötigste. Mit einem Paukenschlag präsentierte der I. ZS am 25. 5. 1954 der überraschten interessierten Öffentlichkeit einen neuen juristischen Sprössling: das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht.19 Die Überraschung hielt auch nach der Lektüre der Entscheidung an. Weder fand sich in dem Urteil eine Begründung für diesen Schritt, noch bot der konkrete Fall Veranlassung zu diesem dramatischen juristischen Schöpfungsakt. An Stelle einer Begründung findet sich ein einziger, mittlerweile berühmt gewordener, zirkulärer Satz: „Nachdem nunmehr das Grundgesetz das Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde und das Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit auch als privates (!), von jedermann zu achtendes Recht anerkannt hat, soweit …, muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen werden.“ 20 – Wohl wahr! Nur als privates Recht hat die Verfassung des Grundgesetzes das Persönlichkeitsrecht gerade nicht anerkannt, was Art. 1 III GG unmissverständlich klar stellt. Anlass zu diesem bahnbrechenden Schritt, mit einer langjährigen Rechtstradition zu brechen, bot der Sachverhalt auch nicht. Für das auf Korrektur der unzutreffenden Sachdarstellung, er habe einen Leserbrief an die Welt am Sonntag geschrieben, gerichtete Klagebegehren des Anwalts von Dr. Schacht hätte es genügt, das Urteil des Landgerichts wieder herzustellen. Das hatte der Klage – lege artis – aus §§ 823 II i.V.m. §§ 186, 187 StGB , 249 BGB stattgegeben. 21 Der I . ZS dagegen stützt seine Entscheidung direkt auf § 823 I BGB und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts! Trotz aller methodischen Mängel und sonstigen Vorbehalte: In ihrem Ergebnis ist die Entscheidung des I . ZS aller Ehren wert. Sie ist allerdings unzweifelhaft kein Akt der Rechtsanwendung und deshalb auch nicht an deren Kriterien zu messen, sondern ein judizieller coup d’état. Über die Motive und Hintergründe der Richter zu diesem dramatischen Schritt zu diesem Zeitpunkt darf gerätselt werden. Es gibt verschiedene Erklärungsvarianten. Die öffiziöse Variante liest sich so: In der juristischen Konstitutionsphase der BRD nach der politischen Stunde Null habe der I . ZS eine nicht länger tragbare Rechtslage – fehlender deliktischer Persönlichkeitsschutz – kraft höchstrichterlichen Gestaltungswillens korrigiert. Honi soit qui mal y pense. – Etwas anders lautet eine weniger vorteilhafte Variante: Das Ganze sei das Produkt eines Nazi-Old Boys’ Network gewesen. Mit Hilfe des allge19
BGHZ 13, 335 = NJW 1954, 1404 = JZ 1954, 698 m. Anm. Coing – Schacht-Leserbrief.
S. 338 (Hervorhebungen von mir – G.B. Die Auslassungen betreffen die Wiedergabe der in Art 2 I GG aufgeführten Schranken der „Rechte anderer“, etc.). 21 Das Oberlandesgericht konnte dagegen Anfang der 50er Jahre darin, dass jemand zu Unrecht in das Licht gerückt wurde, ein Nazi zu sein, keine Rufschädigung sehen. 20
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meinen Persönlichkeitsrechts sollte versucht werden, die Vergangenheitsaufarbeitung von Alt-Nazis in Wirtschaft, Politik und Justiz durch die Medien zu verhindern. 22 2. BGHZ 20, 345 – Paul Dahlke Zwei Jahre später – 1956 – zeigte der Sprössling erstmalig sein kommerzielles Gesicht. Ein Pressefotograf hatte von dem seinerzeit bekannten Theater- und Filmschauspieler Paul Dahlke Aufnahmen auf einem Motorroller gemacht, die mit Einwilligung Dahlkes in der Zeitschrift „Film und Funk“ veröffentlicht werden sollten. Stattdessen stellte der Fotograf diese Fotos zusammen mit den Aufnahmen anderer Prominenter dem Hersteller des Motorrollers gegen Entgelt für Werbezwecke zur Verfügung. Der I . ZS gab der Klage Dahlkes auf Geldentschädigung in Höhe der üblichen Lizenzgebühr statt: aus Delikt gegen den Pressefotografen (§ 823 II i.V.m. § 22 KUG ); aus Eingriffskondiktion (§§ 812, 818 II ) gegen den Motorrollerhersteller. 23 Dieses grundlegende Urteil des I . ZS zum Persönlichkeitsrecht ist durch einen nicht aufgelösten Widerspruch gekennzeichnet. Es hat einen persönlichkeitsrechtlichen und einen immaterialgüterrechtlichen Teil. Es kommt zwischen ihnen nicht zum Ausgleich; der zweite Teil schluckt am Ende den ersten. Im ersten Teil sucht der I . ZS das neu geschaffene Persönlichkeitsrecht mit dem Rechtsschutz nach den §§ 22 ff. KUG zu kompatibilisieren. Das Recht der abgebildeten Person, „darüber zu entscheiden, ob, wann und unter welchen Umständen (ihr) Bildnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf, ist, …, kein Urheberrecht, sondern seinem Wesen nach ein Persönlichkeitsrecht.“ 24 Das „geschützte Rechtsgut“ sei die allein der abgebildeten Person („als natürliche Folge ihres Persönlichkeitsrechts“) zustehende freie Entscheidung über die Veröffentlichung. Dieses Selbstbestimmungsrecht wird in Fällen der vorliegenden Art nicht durch § 23 I Nr. 1 – Abbildungsfreiheit von sog. Personen der Zeitgeschichte – eingeschränkt. Die nicht autorisierte Benutzung von Bildnissen berühmter Personen für Werbezwecke stelle vielmehr eine Verletzung von deren „berechtigten Interessen“ i.S. des § 23 II dar. So weit, so gut. Wie aber nun bei der gegebenen Gesetzeslage von der Verletzung einer geschützten „Persönlichkeitssphäre“ zu einem Schadensersatz kommen? Es sei „anerkannten Rechts, dass auch die Verletzung von Persönlichkeiten vermögensrechtliche Ersatzansprüche auslösen kann“. Mit diesem Ober22 23 24
Vgl. dazu S. Gottwald Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, 1996, S. 62 ff. BGHZ 20, 345 = NJW 1956, 1554 = JZ 1956, 657 m. Anm. Kleine – Paul Dahlke. S. 347 (Hervorhebungen von mir – G.B.).
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satz beginnt der zweite Teils des Urteils. 25 Was damit gemeint ist, bleibt unklar. Persönlichkeitsrechte können es nicht gewesen sein, denn die gab es erst seit zwei Jahren. Genauso wenig kann es sich um normale Personenschäden handeln. Wahrscheinlich ist die Rechtsprechung des RG zu § 826 gemeint. 26 Belege werden jedoch nicht angeführt. Das mit diesem Eröffnungssatz überspielte Dilemma für den I . ZS bestand in Folgendem: Eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Dahlke lag vor, aber sie hatte zu keinem via Differenzhypothese feststellbaren Vermögensschaden bei ihm geführt. 27 Ein Nichtvermögensschadensersatz für Persönlichkeitsrechtsverletzungen – wie in Frankreich seit über 100 Jahren praktiziert und heute auch in Deutschland eine Selbstverständlichkeit – war 1956 scheinbar (noch) jenseits der Vorstellungen der Richter des I . ZS , obwohl durch § 35 KUG die nicht-immaterialgüterrechtliche Richtung deutlich vorgegeben war. Der Ausweg bestand – wie beim RG im BismarckbildFall 1899 – in der Flucht in das Bereicherungsrecht und in die Vergegenständlichung des Persönlichkeitsrechts. Dahlke hatte zwar keinen Schaden, aber der Motorrollerhersteller hatte durch sein objektiv rechtswidriges Vorgehen einen Vorteil erlangt. Ihm den zu belassen, widersprach Billigkeit und Gerechtigkeit. „A tort must not pay.“ Die anerkannten Grundsätze des gewerblichen Rechtsschutzes würden hier gleichermaßen zu einem deliktischen Schadensersatz (dreifache Schadensberechnung) und zu einem bereicherungsrechtlichen Wertersatz (Eingriffskondiktion) in Höhe einer ersparten Lizenzgebühr führen – unter einer Voraussetzung: Ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht musste her. Also wurde aus dem personalen Selbstbestimmungsrecht ein alleiniges Recht, frei zu entscheiden; daraus ein ausschließliches Recht und daraus wieder ein Ausschließlichkeitsrecht an seinen Persönlichkeitsmerkmalen. Unterstützend kam die Qualifizierung des Persönlichkeitsrechts als „sonstiges Recht“ i.S. des § 823 I BGB hinzu. 28 Vermögenswert wurde diesem Ausschließlichkeitsrecht zugesprochen, weil es die – durch Sachverständigengutachten festgestellte – Usance gab, dass bekannte Künstler sich auf derartige Werbung gegen Zahlung einer Vergütung einließen. Ob Dahlke selbst Werbeverträge in der Vergangenheit abgeschlossen hatte, wird nicht angesprochen. Die Schlussfolgerung des I . ZS : „Es handelt sich somit um einen unzulässigen Eingriff in ein fremdes vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht, für dessen Ausgleich die gleichen Billigkeitserwägungen zum Tragen kommen, die in der Rechtsprechung bei S. 352 (Hervorhebung von mir – G.B.). Vgl. dazu statt vieler Gottwald aaO., S. 35 ff. 27 Es liegt auch kein entgangener Gewinn vor, da nicht ersichtlich ist, dass Dahlke dadurch an irgendeinem anderweitigen Verkauf seines „Bildes auf dem Motorroller“ gehindert worden wäre. 28 Implizit bereits in BGHZ 13, 334 erfolgt; explizit durch den VI . ZS mit Urteil v. 2. 4. 1957, BGHZ 24, 72 – Gesundheitszeugnis. 25 26
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Verletzung von Urheber- und Patentrechten zur Anerkennung einer Schadensberechnung nach der entgangenen Vergütung geführt haben.“ 29 Die persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse der abgebildeten Person an ihrem Bilde, eingeführt zur Abwehr von Veröffentlichungsmissbrauch, sind so, eins, zwei, drei, selbst zu Quasi-Urheberrechten uminterpretiert geworden. Aus dem auf Würde- und Autonomieschutz angelegten Persönlichkeitsrecht (Art. 1 I und 2 I GG ) ist, was das Recht am eigenen Bild anbelangt, innerhalb von nur zwei Jahren ein reguläres „sonstiges“ Vermögensrecht (Art. 14 I GG ) geworden. Damit setzte sich der I . ZS nicht nur über Warnungen im Schrifttum hinweg, keine Parallelen zu den klassischen Herrschaftsrechten zu ziehen; er ignorierte auch die legislativen Vorgaben des KUG 1907. Das hatte den Vermögensschadensersatz auf schuldhafte Urheberrechtsverletzungen beschränkt und eine strafrechtliche Bußzahlung bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen §§ 22, 23 vorgesehen. Das DahlkeUrteil vollzieht dagegen eine atemberaubende Transsubstantiation von einem Persönlichkeitsrecht als Würde- und Autonomieschutz (Teil 1) zu einem hybriden „Ausschließlichkeitsrecht an der eigenen Persönlichkeit“ (Teil 2). Dies hat zumindest mit korrekter Rechtsanwendung wenig zu tun. Ein Eigentumsrecht an der Person war übrigens schon für Savigny 1840 eine Horrorvorstellung, die ihn bewogen hatte, auf die Kategorie des Persönlichkeitsrechts zu verzichten. 30 Diese Transsubstantiation erfolgte durch denselben Senat, der erst zwei Jahre zuvor mit großem verfassungsrechtlichen Pathos den Bruch mit der pandektistischen Fokussierung des BGB Privatrechtssystems auf subjektive Vermögensrechte vollzogen und ein hehres Persönlichkeitsrecht in die Welt gesetzt hatte. Willkommen im Club – allgemeines Persönlichkeitsrecht! Die für einiges Aufsehen sorgenden späteren Marlene Dietrich-Entscheidungen 31 beinhalten demgegenüber in der Sache wenig Neues. Sie ziehen lediglich die offenkundige Konsequenz aus der Dahlke-Doktrin: Ein als ein vermögenswertes subjektives Ausschließlichkeitsrecht auftretendes Persönlichkeitsrecht ist auch übertragbar und vererblich. Dass jedoch ausgerechnet der schwach ausgeprägte postmortale Persönlichkeitsschutz 32 neben dem negatorischen Rechtsschutz auf einen Vermögensschadensersatz angewiesen ist, bedarf statt einer wohlfeilen Behauptung noch einer überzeugenden Be-
S. 353/354 (Hervorhebung von mir – G.B.). Savigny Das System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, 1840, § 53. Anders als seine Nachfolger hielt Savigny an dem Schutz von Würde und Ehre durch die actio iniuriarum fest. Vgl. dazu Ebert Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 233/234. 31 BGHZ 143, 214 = NJW 2000, 2195 = JZ 2000, 1056 m. Anm. Schack – Marlene Dietrich; BGH , NJW 2000, 2201; BVerfG , WRP 2006, 1361 – Blauer Engel. 32 Art. 2 I GG entfällt als verfassungsrechtlicher Bezugpunkt! Es geht nur noch um nachwirkenden Würdeschutz. Vgl. dazu auch BVerfG , WRP 2006, 1361. 29 30
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gründung. (Zudem hätte dieses Ergebnis wohl in beiden Fällen auch wettbewerbsrechtlich (§ 1 UWG a.F.) begründet werden können.) 3. BGHZ 26, 349 – Herrenreiter Erneut nur zwei Jahre später – der Sprössling wächst und gedeiht – die überraschende persönlichkeitsrechtliche Wiedergeburt. Geburtshelfer ist diesmal ein Kölner Brauereibesitzer und Herrenreiter. Der Sachverhalt ist vergleichbar dem des Dahlke-Falles. Wieder wird unbefugt mit einem Personenbild Produktwerbung betrieben. Warum also nicht den Fall, wie es die Vorinstanzen getan haben, nach der Dahlke-Doktrin entscheiden? Worin bestehen die qualitativen Unterschiede? Hier ein Prominenter – dort ein in der Öffentlichkeit Unbekannter? Hier das seriöse Produkt Motorroller – dort das anstößige Produkt sexuelles Stärkungsmittel? Hier die zumindest abstrakt gegebene Bereitschaft zum Vertragsschluss – dort der definitive Ausschluss eines entsprechenden Vertragsschlusses? Dass insbesondere der letzte Aspekt – entgegen verbreiteten Darstellungen in der Literatur 33 – keinen Ausschlag gegeben hat, macht der I. ZS unmissverständlich klar: Darauf, ob später tatsächlich ein Vertrag geschlossen worden wäre, komme es nicht an. 34 Nun, es ist der fehlende Vermögensschaden! Man ist verwundert. Der I. ZS hatte doch gerade erst dekretiert, dass das persönlichkeitsrechtliche „Recht am eigenen Bild“ ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht sei. Für den Vermögenswert sei ausreichend, dass es einen Markt gibt, d. h. Personen, die ihre Persönlichkeitsmerkmale (Bild, Name, Stimme, etc.) gegen Entgelt kommerzialisieren lassen. Mit der Verletzung dieses Ausschließlichkeitsrechts am eigenen Bild sei ein fiktiver Vermögensschaden und eine bereicherungsrechtliche Benachteiligung gegeben (Dahlke-Doktrin). Der Brauereibesitzer soll dagegen keinen Ersatz „eines gar nicht vorhandenen Vermögensschadens“ verlangen, 35 sondern er begehre eine fühlbare Genugtuung für einen widerrechtlichen Eingriff in seine durch § 22 KUG und Art. 1 I und 2 I GG „geschützte Persönlichkeitssphäre“. 36 Das ist Teil 1 des Dahlke-Urteils. Dort hatte der I. ZS diese Genugtuung verweigert. Herrenreiter dreht das Dahlke-Urteil gewissermaßen um: Teil 1 verschlingt nun Teil 2. Einen Vermögensschaden hatte auch Dahlke unzweifelhaft nicht; lediglich der werbende Unternehmer hatte in beiden Fällen einen Vorteil. Vgl. insbes. Helle JZ 2007, 444. BGHZ 26, 349, 352. 35 Auch ein Bereicherungsanspruch entfalle, „weil der Kläger eine vermögensrechtliche Benachteiligung nicht erfahren habe (auch Dahlke nicht; aber das beklagte Unternehmen hatte auch hier einen entsprechenden Vorteil – G.B.) und demzufolge auch eine Vermögensverschiebung … nicht gegeben ist“ (S. 353/354). 36 S. 353. – Zur Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes grdl. BGHZ ( GS ) 18, 149. 33 34
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Dies kann deshalb nicht den Unterschied ausmachen. Mit Herrenreiter geht der I. ZS vielmehr hinter Dahlke zurück zu Schacht-Leserbrief. 37 Bei dem Brauereibesitzer geht es re vera gar nicht mehr um das Recht am Bild, betroffen sind vielmehr fama und dignitas, die klassischen Schutzgegenstände der actio iniuriarum. Es geht wieder um den Würde- und Achtungsschutz der Person (Art. 1 I und 2 I GG ), um ihren „sozialen Geltungsanspruch“. Der I. ZS gibt hier nun die Antwort, die er konsequenterweise schon im Dahlke-Urteil hätte geben sollen: Die Persönlichkeitsrechtsverletzung ist mit einer billigen Entschädigung in Geld zu sanktionieren. Diese Rechtfolge sieht der I. ZS nun auch – zu Recht – in der Tradition der Bußzahlung, die § 35 KUG für (vorsätzliche) Verletzungen des Rechts am Bild eröffnet hatte. 38 Neo-Pandektisten mögen mit Fug und Recht die Schacht-Leserbrief-Entscheidung kritisieren, was nicht passiert ist. Dagegen Herrenreiter zu verurteilen, wie es jahrzehntelang ein Großteil des akademischen Schrifttums getan hat, macht keinen Sinn. Dieses Urteil zieht nur die zwingende schadensrechtliche Konsequenz aus der 54er-Entscheidung (ebenso wie Marlene Dietrich 39 nur Konsequenzen aus Dahlke gezogen hat). Dass diese Geldzahlung kein Schmerzensgeld im orthodoxen Sinn ist, sondern eine aus der Wertordnung und dem Schutzauftrag der Verfassung abgeleitete Geldentschädigung sui generis für nicht-restituierbare Per se-Schäden in Fällen von Persönlichkeitsverletzungen, ist mittlerweile vom VI . ZS des BGH anerkannt worden. 40 Die gekünstelte Analogie einer „Freiheitsberaubung im Geistigen“ 41 war ein zeitbedingter, überflüssiger argumentativer Umweg zum richtigen Ziel. Herrenreiter hat mit Ginseng 42 die Absegnung durch den zuständigen VI . ZS und mit Soraya 43 die Weihen des BVerfG erhalten. Allerdings hat auch der VI . ZS vorschnell das allgemeine Persönlichkeitsrecht in traditionelle – diesmal deliktsrechtliche – Schemata gepresst. Das Erfolgsunrechtskonzept passte hier nicht; die Unbestimmtheit des Tatbestandes machte eine Güterund Interessenabwägung nötig. In seinem berechtigten Bemühen, nicht schon jede geringfügige Verletzung von Persönlichkeitsinteressen mit einer billigen Entschädigung in Geld zu kompensieren, legte er die Hürden zu hoch: Nur schwere Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die sich nicht auf andere Weise beseitigen ließen, sollten zu einer billigen Entschädigung in Geld führen. 44 Unerhebliche Beeinträchtigungen werden schon 37 38 39 40 41 42 43 44
Die entscheidende Passage dieses Urteils wird fast wörtlich wiederholt; vgl. S. 356. Vgl. S. 357. Vgl. Fn. 31. Vgl. insbes. BGHZ 128, 1 (Caroline von Monaco I). Vgl. S. 356. BGHZ 35, 363. BVerfGE 34, 269 = JZ 1973, 662 m. Anm. Kübler. BGHZ 35, 363, 368/369.
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durch die gewohnheitsrechtliche de minimis-Regel ausgeschlossen. Nicht unerhebliche Verletzungen des Persönlichkeitsrechts müssen dagegen sanktioniert werden. Alles andere wäre ein Widerspruch zu der deliktsrechtlichen Behandlung einfacher Eigentums- und Körper-/Gesundheitsverletzungen. Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geht es um höchste verfassungsrechtliche Werte (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ). 4. Zwischenergebnis Mit diesen drei Urteilen hat der I. ZS die Doppelnatur des neuen juristischen Weltenbürgers „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ festgeschrieben: Das Persönlichkeitsrecht „an“ den eigenen Persönlichkeitsmerkmalen (Bild, Name, Stimme, typisches Gehabe) ist ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht. Die immaterialgüterrechtlichen Grundsätze finden Anwendung. Das Persönlichkeitsrecht, das auf Würde- und Autonomieschutz zielt, bleibt ein nicht-vermögenswertes, nicht-verfügbares persönliches „Recht“. Man spricht mittlerweile von den kommerziellen und den ideellen Bestandteilen des einen allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 45 Begriffe und Konzept scheinen aus dem monistischen deutschen Urheberrecht zu stammen. Das Verhältnis beider Persönlichkeitsrechts-Bestandteile zueinander bleibt prekär. Die Konsequenz aus dieser Doppelnatur wäre die doppelte Sanktionierung in einem Fall wie Herrenreiter: Lizenzgebühr und billige Entschädigung in Geld. 46
III. BGHZ 169, 340 – Lafontaine Diese Entscheidung kann als Beitrag des I. ZS zum 50. Jubiläum von Dahlke betrachtet werden. Zum Sachverhalt: Die Leasinggesellschaft des deutschen Autovermieters Sixt AG startete 1999, nach dem überraschenden Rücktritt des seinerzeitigen Wirtschafts- und Finanzministers Oskar Lafontaine, eine Zeitungsanzeige. Die Anzeige enthielt Porträtaufnahmen sämtlicher 16 Mitglieder der damaligen Bundesregierung. Das Bild von Lafontaine war durchgestrichen. Unter den Fotos fand sich folgender Anzeigentext: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.“ 47 Lafontaine klagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Beide Vorinstanzen gaben 45 Seit BGHZ 143, 214 – Marlene Dietrich; unterstützend insbes. Götting Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, 1995; abl. u. a. Peifer Individualität im Zivilrecht, 2001, S. 291 ff. 46 Für eine Komplementarität der immaterialgüterrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Rechtsfolgen u. a. Schricker/Götting Urheberrecht, 2006, Anh. § 60, §§ 33–50 KUG , Rn. 19. 47 Abgedruckt BGHZ 169, 340, 341.
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der Klage in Höhe von 100 000 3 statt. Der I. ZS hob auf und wies die Klage ab. Wie Dahlke hat auch Lafontaine zwei unverbundene Teile: einen immaterialgüterrechtlichen und einen persönlichkeitsrechtlichen. Herrenreiter und die Folgeentscheidungen des VI . ZS hatten den Boden bereitet für eine sachgerechte zivilrechtliche Sanktionierung von Verletzungen der Persönlichkeit: billige Entschädigung in Geld. Diese Voraussetzungen waren bei Dahlke 1956 noch nicht gegeben. In dem ersten – immaterialgüterrechtlichen – Teil des Urteils geht der I. ZS nun jedoch wieder hinter Herrenreiter zurück zu Dahlke und radikalisiert gleichzeitig dessen Ansatz. Jede unbefugte Verwendung eines Persönlichkeitsmerkmals für Werbezwecke (hier: Bild) stelle einen „Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (!) dar und begründet grundsätzlich … einen (deliktischen und bereicherungsrechtlichen) Anspruch auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr.“ 48 Gleich, ob Kind oder Erwachsener, ob Berühmtheit oder Unbekannter – die unautorisierte Kommerzialisierung der Persönlichkeit durch das werbende Unternehmen führt nun automatisch auch zur Kommerzialisierung des Persönlichkeitsrechts. 49 Dulde und liquidiere! Die konkrete Bereitschaft der Parteien, Lizenzen zu gewähren bzw. zu nehmen, spielt keine Rolle. Das war – entgegen I. ZS 50 – sowohl in Dahlke als auch in Herrenreiter schon so. Neu ist: Auf den (abstrakten) Vermögenswert des Persönlichkeitsmerkmals kommt es auch nicht mehr an. Eine weitere Paradoxie: Liquidiere, auch wenn dein Bild nichts wert ist. Bei dem im Vordergrund stehenden Bemühen, den Bereicherungsgegenstand, die Nutzung des Persönlichkeitsmerkmals (Bild, Name, Stimme, etc.), abzuschöpfen 51, gerät der Autonomieschutz aus dem Blick. Herrenreiter scheint beschränkt auf Fallkonstellationen, in denen der Automatismus des immaterialgüterrechtlichen Delikts- und Bereicherungsausgleichs (aus welchen Gründen?) nicht zum Zuge kommt und stattdessen (oder daneben?) der Persönlichkeitsschutz nach § 823 I BGB zur Anwendung gelangt. Rufschädigung durch sexistische oder rassistische Werbung? Der soziale Achtungsanspruch einer Person wird immer beschädigt, wenn er oder sie für fremde kommerzielle Interessen welcher Art auch immer instrumentalisiert wird. Dieser kondiktionsrechtliche „Dahlke über alles“-Ansatz von Lafontaine mag für die einschlägigen Verkehrskreise leicht hand48
BGHZ 169, 340, 344 (Hervorhebungen von mir – G.B.).
Interessanterweise geht der aktuelle Geschäftsverteilungsplan des BGH insoweit (I. ZS Nr. 1) von Streitigkeiten über „ein allgemeines Persönlichkeitsrecht“ aus, „das vom Berechtigten (!) kommerziell (wie ein Immaterialgüterrecht) verwertet wird.“ Gerade an dieser Voraussetzung fehlt es in den Fällen von Dahlke bis Lafontaine! 50 S. 344/345. 51 Vgl. dazu S. 344. – Zum Recht am Namen vgl. jetzt BGH, NJW 2008, 3782. 49
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habbar und berechenbar sein. Er mag auch nicht verfassungswidrig sein 52, – privatrechtsdogmatisch und rechtsethisch ist er alles andere als überzeugend. Doch auch in Lafontaine ist der I. ZS wieder für eine Überraschung gut. Er führt in der Tat eine Schranke ein, allerdings ganz anderer Art. Zwar gilt seit Dahlke, dass – kunsturheberrechtlich gesprochen – in der unautorisierten Verwendung der Fotos Prominenter für Werbezwecke eine Verletzung des berechtigten Interesses der abgebildeten Person liegt (§ 23 II KUG ). Das gelte aber nicht, wenn die Werbeanzeige zugleich auch dem Informationsinteresse der Allgemeinheit dient. Der I. ZS geht m.a.W. ersichtlich davon aus, dass es sich in dem vorliegenden Sachverhalt um eine kommerzielle Meinungsäußerung (freedom of commercial speech) i.S. des Art. 5 I GG handelt. Die Werbeanzeige von Sixt sei eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene „politische Meinungsäußerung in Form der Satire“. § 23 I Nr. 1 habe so wieder Vorrang vor § 23 II KUG . An dieser Stelle treten Ausschließlichkeits- und Persönlichkeitsrecht wieder auseinander. Wir befinden uns in dem zweiten – persönlichkeitsrechtlichen – Teil. 53 Gegenstand der Ausführungen des I. ZS ist ein „Klassiker“: die Interessenabwägung zwischen dem Rahmen-Persönlichkeitsrecht nach § 823 I BGB und der Meinungsäußerungsfreiheit nach Artt. 5 I GG , 10 I EM RK . Der EGM R hat hier mit einem viel beachteten Grundsatzurteil zum Privatheits- und Bildnisschutz Prominenter 54 neue Akzente gesetzt, die vom BVerfG und BGH ( VI . ZS ) mittlerweile aufgenommen worden sind. 55 Übereinstimmend wird nunmehr für die Zulässigkeit der Veröffentlichung der Bildnisse Prominenter in einem kommerziellen Kontext (Werbung, Auflagensteigerung von Zeitschriften) auf die Voraussetzung eines entsprechenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit abgestellt. Welches Informationsinteresse befriedigt die Anzeige von Sixt-Leasing? Die Anzeige enthält die Aussage, dass Sixt-Leasing Autos an jeden verleast. Das Unternehmen sucht die Aufmerksamkeit der Zeitungsleser auf diesen Sachverhalt und ihre Dienstleistung zu lenken, indem es auf ein herausragendes jüngeres Ereignis aus der Politik Bezug nimmt. Damit wird die Aussage der Anzeige jedoch nicht zu einer Meinungsäußerung, die für die Öffentlichkeit von Interesse ist. Das Ereignis ist der Öffentlichkeit bekannt. Diese Bekanntheit setzt die Anzeige für ihren Effekt voraus. Der aktuelle Aufmerksamkeitswert des Rücktritts Oskar Lafontaines wird hier nur ausgenutzt, um auf das beworbene Produkt hinzuweisen. Zwischen beiden – Aussage und Bildnis der Mitglieder der Bundesregierung, Sixt-Autoleasing 52
BVerfG , WRP 2006, 1361 – Blauer Engel.
S. 345 ff. EGMR , 24. 6. 2004, C. v. Hannover/Deutschland, JZ 2004, 1015 m. Anm. Stürner. 55 Vgl. BGHZ 171, 275; BVerfG , NJW 2008, 1793 = JZ 2008, 627 m. Anm. Starck; vgl. dazu Hoffman-Riem NJW 2009, 20. 53 54
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und Rücktritt – besteht keinerlei Beziehung, außer der, dass Sixt das Ereignis des Rücktritts Lafontaine’s für seine Werbung „ausschlachtet“. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit (woran?) kann hier nicht als Legitimation für die darin liegende Persönlichkeitsverletzung dienen. Was die satirische Meinungsäußerung darf, 56 darf die kommerzielle Werbung grundsätzlich nicht! Der I. ZS , die Paradoxien des Persönlichkeitsrechts und kein Ende! In Lafontaine schlägt das Recht am eigenen Bild als kommerzielles Persönlichkeitsrecht den dem Recht am eigenen Bild als Ausschließlichkeitsrecht zustehenden Ausgleichsanspruch auf eine Lizenzgebühr aus dem Feld. Wer dagegen das Ergebnis des I. ZS für richtig hält – und dafür spricht manches –, muss es anders – persönlichkeitsrechtlich – begründen. Der Anspruch kann an der Unerheblichkeit der individuellen Persönlichkeitsverletzung O. Lafontaine’s scheitern. Verletzt in ihrem Recht am eigenen Bild und aktivlegitimiert war die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit. Die Bildnisse aller 16 Bundesminister und -ministerinnen sind in der Anzeige wiedergegeben worden. Dabei spielt das Individualportrait, auch das von Lafontaine, hier nur eine untergeordnete Rolle; es macht nur Sinn als Bestandteil des Ganzen, das hier die Bundesregierung darstellt. Das Kabinett ist für Werbezwecke „missbraucht“ worden. Den Mitgliedern der Bundesregierung zur gesamten Hand stünde ein Entschädigungsanspruch zu. Dahinter tritt die Verletzung des einzelnen Kabinettmitglieds oder Nicht-Mehr-Kabinettsmitglieds zurück.
IV. Exkurs: Right of Publicity In den USA waren es gerade die Fälle der Produktwerbung mit den Fotos unbekannter Personen, die zur Herausbildung eines gesonderten PrivacySchutzes neben dem traditionellen Ehrschutz durch Defamation Law im amerikanischen Recht geführt haben. 57 Im Staat New York wurde der Gesetzgeber aktiv, nachdem sich 1902 ein gespaltener New York Court of Appeals in Roberson nicht zur Anerkennung eines neuen Common Law-Delikts der intrusion of privacy durchringen konnte. 58 Das Foto einer jungen Frau ist 56 Exemplarisch BGH , NJW 1994, 124 – „Alle reden vom Klima“. Dieses zu Unrecht vom I. ZS herangezogene Urteil betrifft einen politischen, – nicht einen kommerziellen Sachverhalt! 57 Vgl. Roberson v. Rochester Folding Box Co., 64 N.E. 442 (N.Y. 1902); Pavesich v. New England Life Insurance Co., 50 S.E. 68 (Ga. 1905). 58 § 50 N.Y. Cicil Rights Act: “A person, firm or corporation that uses for advertising purposes, or for the purposes of trade, the name, portrait or picture of any living person without having first obtained the written consent of such person, …, is guilty of misdemeanor.”
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für die Werbung von Mehl benutzt worden. 59 Diesen Schritt vollzog dann 1905 der Supreme Court of Georgia. 60 In der Folgezeit setzte sich der deliktische Privacy-Schutz in dem Common Law der meisten Einzelstaaten durch. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts fand er Eingang in das Restatement (Second) of Torts. In § 652C fungiert die appropriation of name or likeness als der prominenteste von vier aufgeführten Anwendungsfällen des Privacy- oder Persönlichkeitsschutzes. 61 Ob und inwieweit im amerikanischen Recht ein sog. Right of Publicity anerkannt ist, ist umstritten. 62 Es erscheint jedenfalls irreführend, die immaterialgüterrechtliche Dahlke/Lafontaine-Doktrin des I. ZS mit diesem Right of Publicity in Verbindung zu bringen. Dies verdeutlicht die Unterschiedlichkeit des Ausgangspunktes. Als grundlegend für die Anerkennung eines derartigen Rechts gilt die Haelan-Entscheidung des US Court of Appeals (2d Circuit). 63 Zum Sachverhalt: Ein bekannter Baseballspieler hatte einem Kaugummihersteller auf befristete Zeit ein Exklusivrecht eingeräumt, sein Konterfei für Werbezwecke zu benutzen. Mit Zustimmung des Spielers benutzte ein Konkurrent des ersten Herstellers das Bild ebenfalls zur Werbung für seine Kaugummis. Der Rechtsstreit fand zwischen den werbenden Unternehmen statt. Der erste Hersteller mit dem Exklusivvertrag klagte gegen den Konkurrenten. Die Rechtsfrage, um die gestritten wurde, lautete: War der „Exklusivvertrag“ zwischen dem klagenden Unternehmen und dem Baseballspieler mehr als nur die Zustimmung zu der Verwendung des Bildnisses, was lediglich zum Ausschluss eines Privacy-Delikts nach New Yorker Recht geführt hätte? Der Haelan-Court erkannte, dass es hier nicht länger um Persönlichkeits- oder Privacy-Schutz ging, sondern ein anderes Interesse im Vordergrund stand: „A man has a right in the publicity value of his photograph.“ Dieses Recht hatte Geldwert. Der Spieler hatte es wirksam und auf bestimmte Zeit an den ersten Hersteller als exclusive licensee übertragen. Seiner Klage auf Schadensersatz wurde stattgegeben. Damit war das Right of Publicity in den USA eingeführt. 64 In New York ist es dagegen bis heute nicht anerkannt. 65 Seine Durchsetzung in anderen Staaten erfolgte zögerlich. Die wichtige Zacchini-Entscheidung aus den 70er Jahren betrifft Roberson, 64 N.E. 442. Pavesich, 50 S.E. 68. 61 Restatement (Second) of Torts, Bd. 3, 1977, § 652; vgl. auch Prosser Privacy, 48 Cal. L. Rev. 383 (1960). 62 Vgl. dazu McCarthy The Rights of Publicity and Privacy, 2 (Losebl.)Bde, 2. Aufl. 2002. 63 Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, Inc., 2d Cir. 1953, 202 F.2d 866. 64 Der Status des Haelan-Urteils ist diffus. Das für den Staat New York (mit) zuständige Bundesberufungsgericht hatte New Yorker Recht angewandt. Ein Right of Publicity war jedoch weder seinerzeit noch ist es heute im Recht des Staates New York anerkannt. Vgl. nächste Fn. 65 Vgl. Stephano v. News Griop Publictions, Inc., 474 N.E.2d 580 (N.Y. 1984). 59 60
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eher einen urheberrechtlichen Sachverhalt. 66 Nachdem auch in Kalifornien das oberste Gericht eine Anerkennung eines Right of Publicity abgelehnt hatte, 67 erfolgte dort eine Regelung durch den Gesetzgeber. § 990 des kalifornischen Civil Code anerkennt ein Right of Publicity, das bis 50 Jahre nach dem Tod der berühmten Person Gültigkeit hat. Wie auch immer die komplexe Rechtsentwicklung in den USA sich im Einzelnen darstellen mag, der kurze Überblick dürfte deutlich gemacht haben, dass gegenüber einer vorschnellen Bezugnahme auf ein amerikanisches Right of Publicity zur Rechtfertigung der Rechtsprechungslinie des I. ZS Skepsis angezeigt ist.
V. Resümee Ob nun Missgeburt oder nicht und aus welchen Motiven auch immer geboren, am Anfang steht die tatkräftige Schöpfung des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts (Schacht-Leserbrief ). Es folgte die Denaturierung dieses Persönlichkeits“rechts“ am eigenen Bild zu einem „Persönlichkeitsgüterrecht“ 68, d. h. zu einem gegenständlichen Ausschließlichkeitsrecht an der eigenen Persönlichkeit (Dahlke). Der Persönlichkeitsschutz wurde in Randbereiche verschoben, in denen es aber nicht mehr um Verletzungen des Rechts am Bild ging, sondern offensichtlich um Ehrschutz (Herrenreiter). Seitdem ist diese Persönlichkeitsspaltung in der juristischen Welt Deutschlands und wird dort von Wissenschaft und Praxis mit der beschönigenden Formel von den „kommerziellen und ideellen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts“ mehr schlecht als recht verwaltet und von verschiedenen Senaten des BGH judiziert. De lege lata langt im ersten Fall jede Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts (auch postmortal), im zweiten Fall bedarf es eines schwerwiegenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht, der nicht auf andere Weise zu beseitigen ist. Wo die behauptete Grenze zwischen Kommerz und Ideal, zwischen Vermögenswert und Nicht-Vermögenswert verläuft, ist unklar. Das Verhältnis der beiden Bestandteile des Persönlichkeitsrechts ist bis heute prekär geblieben: einfache oder zweifache Sanktion für eine Verletzungshandlung? Genauso unbefriedigend ist die differenzierende Behandlung der Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit durch die „Ausschlachtung“ von Persönlichkeitsaspekten Prominenter zur Auflagensteigerung der Regenbogenpresse (Soraya bis Caroline von Monaco) einerseits und der Zwangskommerzialisierung durch die Benutzung von 66 Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 351 N.E.2d 454 (Ohio 1976); bestätigt durch den US Supreme Court, 433 U.S. 562 (1977): unautorisierte Sendung einer Zirkusnummer (Artist Z. wird aus einer Kanone geschossen) in den Fernsehnachrichten. 67 Lugosi v. Universal Pictures, 603 P.2d 425 (Cal. 1979). 68 Vgl. Beuthien/Schmölz Persönlichkeitsschutz durch Persönlichkeitsgüterrechte, 1999.
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Persönlichkeitsmerkmalen Prominenter zur Produktwerbung (Dahlke bis Lafontaine) andererseits. Wo liegt, jenseits des Aspekts der bundesgerichtlichen Geschäftsverteilung, 69 der sachliche Grund für diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte? Es mag selbst wiederum paradox erscheinen, gegen eine in 50 Jahren gefestigte Rechtspraxis anzuschreiben; doch Rechtswissenschaft hat juristische Fehlentwicklungen als solche zu benennen und zu kritisieren. Der Widerstand, der gegen Herrenreiter geübt worden ist, wäre bei Dahlke angezeigt gewesen. Die Auflösung der Paradoxien um das „Recht am Bild“ (durch wen auch immer) kann nur in der Aufhebung der durch den I. ZS herbeigeführten und verwalteten Persönlichkeitsspaltung bestehen. Dazu bedarf es der Rückkehr zu den ursprünglichen Einsichten: (i) Das Recht am eigenen Bild, Namen, etc. ist ein Persönlichkeitsrecht und kein gegenständliches Ausschließlichkeitsrecht. (ii) Die Sanktion im Verletzungsfall ist eine billige Entschädigung in Geld. (iii) Das Persönlichkeitsrecht ist ein Persönlichkeitsrecht ist ein Persönlichkeitsrecht (im metaphorischen Sinne) ist ein Persönlichkeitsrecht …
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Vgl. dazu Fn. 49.
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence Hugh Collins
In a series of imaginative and perceptive works,1 Gunther Teubner has persistently risen to the challenge of a statement made many years ago by Richard Buxbaum that ‘Network is not a legal concept’. 2 Of course, Buxbaum was correct if he was saying that, unlike other concepts used to describe economic and business relations such as contracts and corporations, the concept of a network was unfamiliar to most lawyers and had not played a significant role in legal analysis. But that descriptive point about legal discourse is not the bone of contention. Gunther Teubner is asking instead an ‘impossible though necessary’ question of sociological jurisprudence. 3 He asks whether, in order to understand and regulate those modern developments in business relations that have been described variously as hybrids, acephalous organisations, networks, and other terms, the law needs to evolve a novel conceptual framework that embraces networks.
1 G. Teubner ‘Unitas Multiplex: Corporate Governance in Group Enterprises’ in: D. Sugerman and G. Teubner (eds) Regulating Corporate Groups in Europe (Baden Baden: Nomos, 1990) 67; G. Teubner ‘Beyond Contract and Organisation? The External Liability of Franchise Systems in German Law’ in: C. Jeorges (ed), Franchising and the Law: Theoretical and Comparative Approaches in Europe and the United States (Baden-Baden: Nomos, 1991) 105; G. Teubner ‘Piercing the Contractual Veil? The Social Responsibility of Contractual Networks’ in: T. Wilhelmsson (ed), Perspectives of Critical Contract Law (Aldershot: Dartmouth Publishing, 1993) 211; G. Teubner ‘The Many-Headed Hydra: Networks as Higher-Order Collective Actors’, in: J. McCahery, S. Picciotto, C. Scott (eds), Corporate Control and Accountability (Oxford: Clarendon Press, 1993) 41; G. Teubner “Das Recht hybrider Netzwerke”, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (2001) 165, 550–575; G. Teubner (2003) ‘Expertise as Social Institution: Internalising Third Parties into the Contract’ in: D. Campbell, H. Collins and J. Wightman (eds) Implicit Dimensions of Contract: Discrete, Relational and Network Contracts. (Oxford: Hart, 2003) 333; G. Teubner ‘Coincidentia oppositorum: Hybrid Networks Beyond Contract and Organisation: Storrs lectures 2003/4 Yale Law School’ in: R. Gordon and M. Horwitz, Festschrift in Honor of Lawrence Freidmann (Stanford University Press, 2006). G. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund (Baden-Baden: Nomos, 2004). 2 Richard M. Buxbaum (1993) ‘Is “Network” a Legal Concept?’, Journal of Institutional and Theoretical Economics 149, 698 ff., 704. 3 G. Teubner ‘Coincidentia oppositorum’ above n.1.
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Similar questions have been posed in other disciplines such as accountancy, sociology, and economics, because it has become evident that complex modern business arrangements fit uncomfortably, if at all, into established conceptual categories such as contract and organisation, or the market and the firm. Or, if that historical generalization is thought to be too strong, it can be asserted with more confidence that the dominant pattern of the twentieth century of a sharp distinction in economic relations between competitive market relations and vertically integrated businesses that operate as a bureaucratic organisation has now fragmented, so that the combination of vertical disintegration and more co-operative patterns of contractual relationships in businesses such as franchises presents a challenge to the modes of analysis that have been employed by numerous disciplines for most of the last century. In short, the binary division between market and firm accommodates even less comfortably than hitherto the richness and complexity of productive relations in the economy.
I. Network In conducting this enquiry of sociological jurisprudence regarding the need for and the correct conceptual framework for the regulation of networks, it is necessary to reject a distracting and confusing rival agenda presented by some economic analyses of the corporation. In that agenda, the business firm or corporation has itself been analysed as a network of contracts. 4 No doubt a company can be described as a collection of bilateral economic relations between the corporation as a legal entity and the other parties such as shareholders, banks, directors, and employees. These bilateral arrangements can be looked at in isolation and labelled as contracts. But this disaggregation of the corporation into a network of contracts seems to me to obscure two crucial distinguishing features of this organisational structure from a legal perspective. The first distinguishing feature of organisations is that all, or perhaps nearly all, of these bilateral relations contain some kind of obligation of loyalty towards the purposes or best interests of the business organisation as a whole. For directors of the company, for instance, in the common law their obligations include a fiduciary duty to act in the best interests of the company. Similarly, employees are required to perform their contractual obligations in good faith in the best interests of the business. These obli4 E.g. M. Jensen and W. Meckling ‘Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs, and Capital Structure’ (1976), 3 Journal of Financial Economics 305; O.E. Williamson Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications (New York: Free Press, 1975).
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence
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gations of loyalty differentiate these bilateral economic relations from ordinary market transactions in which one would not normally expect to discover an obligation to act in the best interests of the other party or some third party. The second distinguishing feature of the corporate network of contracts is the construction of external liability of the network as a whole. The corporation as a collective whole is held legally responsible for the actions of its parts. For example, a company is liable on contracts made by its directors, employees, and other authorised agents, and is responsible for environmental damage caused by its agents and property. In contrast, in ordinary market relations a contracting party would not normally be held directly liable for wrongs committed by the other contracting party, such as breach of contracts with third parties or damage caused to the environment. It is perhaps worth adding that as well as these two distinguishing features of the legal model of business organisations, the law also normally requires the parties to a business organisation to adopt special formalities or procedures in order to create an entity such as a company or a partnership as a signal that their economic relations are being transformed from the default position of market contracts to arrangements with the two special features highlighted here. 5 Owing to the presence of these two distinguishing features of business organisations, a corporation cannot be regarded from a legal perspective merely as a network of bilateral contracts. Although the discussion about corporations as a network of contracts seems to be for current purposes an unhelpful distraction, it does serve to clarify the nature of the ambition in the project advanced by Gunther Teubner. What he seeks to conceptualise is a group of business arrangements between several parties or distinct legal entities where, in the absence of special formalities to construct a familiar category of business organisation, instead of the default market contract analysis being applicable, one or both of the two special features of contracts inside the corporation, namely loyalty and collective external liability, with modifications, can and should be employed. In the case of business format franchises, for instance, the network concept might suggest that franchisors and franchisees owe certain kinds of duties of loyalty to each other (including loyalty between franchisees who lack any explicit contractual arrangements between each other) and that the franchise operation as a whole might be held legally responsible for a wrong committed by one of its participants. 5 Some business arrangements that are described as networks may be attributed a formal legal category such as a partnership or (in some jurisdictions) a group of companies, though the parties to such arrangements may resist the application of any category other than contract.
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The major hurdles confronting this ambitious project are, first, the need to understand in a sociological way the dynamics of the complex variety of existing business patterns, and second, the need to break free from the shackles of the orthodox legal analysis of the binary classification of contract and business association to create the intellectual space for a coherent third model of productive economic relations. In relation to the first point, the dynamic of the hybrid or network model is expected to be characterised by a novel and to some extent puzzling mixture of the competitive relations of markets and the co-operative relations within firms. In relation to the second point, because of the absence of formalities to create an alternative kind of legal entity from a company or partnership, only the default legal category of contract is available to provide the conceptual foundation in existing doctrinal analysis. Fortunately, the concept of contract and other private law concepts are sufficiently malleable that we can construct a distinctive model. As a result, a network or hybrid can be characterised in legal discourse as a special kind of contractual arrangement or set of arrangements, such as the model of connected contracts proposed by Gunther Teubner. Whatever the proposed legal analysis of networks, it needs to address the question of the extent to which the pattern of contracts adopts the two crucial features of organisations described above. The aim is, in short, to answer two questions. First, to what extent are there duties of loyalty towards the aims of the network as a whole, and, as a consequence, duties of loyalty towards other members of the network regardless of the existence of explicit contractual links? Second, to what extent can the network as a whole be held liable for losses caused to parties who are external to the network? Although these questions are central to the enterprise, they presuppose that we know the answer to a third question concerning the boundaries of the network, that is, who is a participant in the network and who is an outsider? In the case of the supermarket’s supply chain, for instance, it may be fairly straightforward to argue that the degree of co-operation involved in moving goods from the farmer to the supermarket shelves according to ‘Just in time’ principles shows that there is a network between the parties. But is the consumer who purchases goods in the supermarket part of the same network or just an outsider? Because the consumer’s purchasing decisions trigger the computerised ordering system back down the supply chain to the source of the product, in a sense the consumer is playing a role within the system, functioning as part of the network. On the other hand, the consumer may be regarded as outside the network, because the consumer can always go to another shop. Even so, networks do obscure the division between consumption and production, rendering the boundaries of their operations hard to determine either sociologically or legally.
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II. Comparative Sociological Jurisprudence In pursuing this project, Gunther Teubner can enjoy a lively conversation with other German legal scholars who propose different legal constructs that might serve to regulate networks intelligently and constructively. His distinctive contribution seems to me to derive from his commitment to engage in sociological jurisprudence, not just elegant legal analysis. This methodology requires intensive scrutiny of actual social practice and the dynamics and logic of social action. It brings the insights of sociology, business studies, and economics to bear on the assessment of the adequacy of proposed legal solutions to disputes that may arise within networks or with parties external to networks. But this methodology also requires, at least ideally, that the proposed legal analysis should fit comfortably within the established legal framework. Within the German debates, therefore, the proposed legal models, whether they be ‘contracts with third party effects’, ‘multilateral agency’, or ‘connected contracts’, have to be constructed so that they can fit within the dense framework of the Articles of the German civil code and other national legislation and legal doctrine. Whereas socioeconomic studies are not limited to or strongly affected by national idiosyncrasies in production regimes, the legal analysis is resolutely national in its orientation. For the foreign observer, such as a lawyer trained in the common law like myself, this national orientation of the legal analysis presents obvious problems. Not only are the intricacies of the debates between the German legal scholars hard to follow, but also it is difficult to evaluate the plausibility of the proposed solutions in the sense of their fit and coherence within the national legal system. A solution that might make sense within the common law may be roundly rejected by German legal scholars, and vice-versa. An important source of this divergence and communication problem lies in subtle differences between the core constructs of national legal systems, such as the general law of contract or the concept of a corporation. For instance, whereas a German legal scholar can manipulate such doctrines as good faith in contracts, contracts with third party effects, and ‘culpa in contrahendo’ to solve the problems of network contracts, these handy tools are not readily available to the common lawyer. It is almost certainly too much to hope that one day we may find a set of legal concepts that provide adequate regulatory tools for networks for legal systems that differ significantly. This obstacle has been obscured by the apparent similarities between national private law systems, all of which recognise the two basic categories of contract and corporation, as we might expect from co-evolutionary processes. But the endeavour to try to construct a third model suitable for networks exposes the differences between the details of the national private law systems. A sophisticated doctrinal model that might seem plausible for net-
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works in one legal system may make little sense within the doctrinal framework of another. Consider, for instance, the problem of constructing a legal concept that expresses the idea that the parties to a network should be loyal to the aims of the network. The aim of this legal concept is to provide a method for rejecting the norm that the parties to contracts should be permitted to act in a self-interested way and for constructing a standard that requires loyalty to the network without requiring the parties to put the interests of the network always ahead of their own, as would be the case in a formal business organisation such as a company. In pursuing such an endeavour, it is clearly helpful if the legal system already possesses a variety of legal concepts of loyalty, not simply a binary opposition between permitting self-interest and imposing a fiduciary duty to put the interests of the other foremost. If the legal system has a doctrine that requires good faith in the performance of contract, for instance, this doctrine could provide the stepping stone to the construction of a duty of loyalty towards the aims of the network as a whole. In the context of a network, performance in good faith could be understood as requiring performance that supports the aims of the network or at least does not subvert them for self-interested purposes. If the relevant legal system lacks the requirement that contracts should be performed in good faith, however, as in the common law, this stepping stone towards an adequate legal framework will be missing, thereby making the endeavour much harder, and perhaps impossible. From a systems theory perspective, as Gunther Teubner acknowledges, sociological jurisprudence within a single legal system is, strictly speaking, impossible, because it requires undistorted communication between the normatively closed communication systems of sociology and law. Nevertheless he presses forward with the endeavour since the alternative of purely doctrinal exegesis seems unlikely to result in productive legal concepts. The insertion of a comparative law dimension, such as finding a productive legal solution that makes sense in both the common law and German law, makes the task even harder. The project of comparative sociological jurisprudence is doubly impossible, because it adds to the existing problem of finding adequate modes of communication between law and socio-economics the further problem of establishing communications (or transplants) between autonomous national legal systems. Even so, it is certainly time to commence a consideration of that comparative law dimension of sociological jurisprudence in relation to networks. In Europe, the pressure is to find routes towards the harmonisation of commercial law in order to reduce obstacles to the creation of the internal market. If it is correct that networks represent a new paradigm in productive business organisation, the new European private law needs to be able to accommodate these arrangements and to regulate them in an intelligent
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way that promotes their economic success whilst safeguarding against such problems of opportunism and the externalisation of risk.
III. Organised Irresponsibility Within the scope of this short paper, it is only possible to consider a single illustration of the difficulties of the task of comparative sociological jurisprudence in connection with networks. The chosen illustration concerns the issue of ‘organised irresponsibility’ inside networks. From a legal perspective, the topic concerns the character of the legal relations between members of the network when they have not entered into direct or explicit contractual links between each other. In a hierarchical network such as a franchise, for instance, the franchisor has direct contractual relations with the franchisees, but the franchisees are unlikely to have explicit and direct contractual relations between themselves (though they may well meet and communicate among themselves). In a heterarchical network such as a supply chain, though each link in the chain is established by a contract, again there is unlikely to be a direct contractual link between remote parties in the chain: if the supermarket buys from a wholesaler, it is unlikely to have a direct contract as well with the farmer who supplies the wholesaler. In the absence of direct contractual relations, if an issue of responsibility for loss or failure to perform a contract properly arises, the legal question is whether some kind of legal relation might be found on which to base a claim. What these examples have in common is that there is clearly an organisation of productive relations between the parties, but the arrangements are incomplete in the sense that the scheme of bilateral contracts does not establish explicit rules governing legal responsibilities in non-contractual relations. In principle, there are a number of conceivable answers to the question whether there may be a legal basis for a claim between non-contracting parties. We might turn to tort law, which provides principles to govern liability without the need for direct contractual relations. That route for regulating non-contractual relations is, however, only likely to be helpful if the issue concerns liability for damage to proprietary interests or personal injury. Where the dispute concerns a failure to perform a contract properly according to standards of loyalty, as in the case where a franchisee performs its obligations in a lax manner thereby risking the reputation of the franchise and damaging the profitability of other franchisees, the issue is likely to be classified as pure economic loss, which is not normally recoverable in tort law in most legal systems. In such instances of pure economic loss, a more promising route lies in applying one of the exceptions to the doctrine of privity of contract. Here the legal argument might suggest that the injured party was a third party to a
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bilateral contract, who was intended to benefit from its performance. The underlying difficulty with this third party beneficiary approach is that the intention to benefit the third party is at best implicit rather than explicit, and quite possibly entirely false. When a farmer makes a contract with a wholesaler, does the farmer also intend to confer a benefit such as a warranty of quality on remote parties down the supply chain such as the supermarket or even the ultimate consumer? Similarly, when a franchisee joins a franchise operation by entering a contract with the franchisor, does the franchisee also intend to confer a benefit on the other franchisees such as a promise not to damage the reputation of the brand? These intentions to confer benefits on third parties are hard to impute to the parties even in the context of a closely bound network. As a result, the most common exception to privity of contact that relies on explicit or imputed intention to confer a benefit on a third party may not fit the logic of a network easily. In order to use exceptions to the doctrine of privity of contract to cover issues of liability between remote parties in the network, it would clearly be more straightforward and sociologically apt for the construction of legal liability to rest on claims that there was reliance in fact rather than an intention to benefit. In such a legal construct, it would be the reliance of the supermarket on the farmer that would ground liability rather than the farmer’s intention to benefit the supermarket. But reliance in fact on another is not commonly accepted as a source of contractual liability in private law systems for the good reason that it interferes with freedom of contract by imposing contracts on parties without their explicit consent. Exceptions to that comparative law generalisation, such as the ‘action directe’ in France, have proved controversial outside the scope of consumer protection precisely because they result in unexpected and unbargained-for contractual liabilities. Even if these solutions that use established exceptions to privity of contract to permit claims by third parties who are part of a network of contracts seem to fit into private law doctrines in some countries, it is clear to me that they will not work in jurisdictions such as the common law, where legal doctrine has been reluctant to acknowledge broad exceptions to the doctrine of privity of contract. Consider, for instance, a particularly striking instance of organised irresponsibility in the common law in James v Greenwich London Borough Council. 6 Ms James entered into a contract with an employment agency that supplied nursing services. Through the agency she received an assignment to work for the Council. After two years, Ms James switched to another agency, and then again after a further year to another agency which offered better rates of pay, but she continued to perform the same job with the 6
[2008] EWCA Civ 35, [2008] ICR 545.
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Council. Throughout this time, she received her instructions from Council managers and had to comply with their working rules including the wearing of a staff badge. Her contracts with the various agencies stated explicitly that she did not have a contract of employment with them, though they would pay her wages for her services and deduct taxes. When Ms James was off work sick, the Council asked the agency for a replacement worker, and as a result on her return to work she found herself without a job. Ms James brought a claim for unfair dismissal against the Council. If she had been an employee of the Council, such a claim would almost certainly have been successful. But for the claim to succeed, her legal representatives had to persuade the tribunals and courts that Ms James had a contract with the Council, and, furthermore, that the alleged contract was a contract of employment as opposed to a contract to provide a service. Her claim failed. The court held that there was no contract between herself and the Council at all. There was evidently no explicit contractual relation that completed this triangular network. Such a contract could only be implied according to the principles of the common law if it was necessary to give business reality to the workplace relations. Such a contract was unnecessary because the explicit contracts between the agency and the Council and between the agency and the worker fully explained and regulated the business arrangement. The effect of this decision (and many others like it) is precisely organised irresponsibility. It permits employers to dismiss workers for whatever reason they like (with the possible exception of discriminatory grounds) provided that they employ these workers via an agency, which is a separate business entity. Although the judges were evidently reluctant to reach this conclusion, the principles of the common law forbad the invention of a contract between the Council and Ms James unless her work for them could not be explained in any other way than an implied contract between them. This example incidentally reveals the artificiality of applying the third party beneficiary exception to privity of contract. Although Ms James was undoubtedly a beneficiary of the contract between the Council and the agency, it is clear that the Council did not intend to confer benefits on her directly. On the contrary, their intention was to avoid any legal responsibilities towards her, in which aim they were successful. The underlying problem with the third party beneficiary approach is that in at least some instances of organised irresponsibility such as the James case, there is an explicit intention or plan not to benefit the third party or accept any responsibility. The point of the agency relation was deliberately to transfer risks such as sickness onto the worker rather than those risks being borne by the employer, thereby saving on costs. Yet Ms James was arguing in effect that the network arrangement for the provision of work should give rise to reciprocal obligations involving loyalty. Having worked for the Council for several years as if she were an
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employee, she was asking the Council not to betray the purpose of the network arrangement by dispensing with her services unfairly. In effect she was arguing that the network of contracts had created a loose form of business organisation, to which the norms of loyalty and external liability should be applicable, at least to some extent. The Council responded in effect that it owed no duties to the network as a whole or to her personally. Under the common law, this latter argument was compelling. An implied contract based on conduct could not be inferred from the circumstances. Nor could there be found any intention to confer a benefit on Ms James as a third party to the contract between the Council and the agency. In the approach favoured by Gunther Teubner, however, in these circumstances he would find a network of connected contracts. The explicit contracts refer to each other, together they serve a particular purpose (the supply of labour), and in practice there is co-operation between the parties beyond that specified in the explicit contracts, as evidenced by the way in which Ms James functioned as if she were directly employed by the Council except that her remuneration was paid by the agency. In such circumstances, Gunther Teubner argues that it might be possible to create a kind of ‘quasi-contractual relation’ between the worker and the employer/client. The gap of irresponsibility caused by the absence of a direct contractual link between the Council and Ms James could be filled by an implied contractual obligation that would regulate the potential forms of irresponsibility. This quasi-contractual obligation might, for instance, as well as requiring the employer to treat the worker fairly, according to normal standards of employment law, also demand from the worker some loyalty to the network, such as giving adequate notice of quitting the job. It is hard for me to judge how easily such a quasi-contractual obligation might fit into German private law, but certainly there seems to be a greater disposition to impose extra-contractual obligations in that legal system. In contrast, as we have seen, under the common law, notions of implied contracts or quasi-contracts are greeted with hostility and scepticism. They will only be found if no other explanation of the conduct of the parties is possible by reference to the explicit contracts that were made. Instead of regulating irresponsibility, the common law courts seem to give businesses incentives to create arrangements that externalise risks and avoid liabilities.
IV. Conclusion Whilst endorsing the general project proposed by Gunther Teubner of using sociological jurisprudence to seek to construct a legal architecture that adequately understands and regulations the new patterns of productive relations described loosely as networks, my essay has made the short but
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troubling point that such a new architecture is likely to be confined to a particular national legal order. Once one moves beyond the generic categories of contract and business organisation, for which there are close parallels in all Western legal systems, it becomes hard to develop common legal concepts that fit coherently into the variety of established national private law systems. Instead, the conclusion of the investigation of comparative sociological jurisprudence is likely to be that the kinds of modifications necessary to make to ordinary contract law in order to encompass networks will differ significantly between legal systems, because each will have to evolve their legal architecture using established doctrines and techniques. In the case of organisational irresponsibility owing to the absence of explicit contracts, some legal systems may be able to develop a category of quasi or implied contract to regulate these relationships, but that option will not be open to other legal systems, in this instance the common law. This inability to discover or invent common concepts for the regulation of networks presents a serious obstacle to the broader ambitions to harmonise contract law throughout the European Union.
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The Emergence of the Corporate Actor as a Requirement for Corporate Criminal Liability Carlos Gómez- Jara Díez
I. Introduction (1) When I first met Gunther Teubner at his house in Frankfurt I was right from the start deeply impressed by his tremendous hospitality. After a long conversation in which I confessed that I had been able to better understand Luhmann’s thesis through his work, I was newly impressed by his humbleness: with his characteristic laughter he said out loud “Yes, Luhmann for the people”. Finally, years later we were listening to Flamenco late at night in downtown Madrid and I was fascinated by his ability to adapt to environments that could be regarded as “strange” by some foreigners. To finish this personal laudatio of Gunther, I must warn the skeptical reader that these lines are not the usual lip-service. A brief encounter with Gunther himself will provide sufficient evidence of the facts just stated. (2) Of course, all these interesting personal features play in a low key compared to his intellectual brilliance. The ampleness of his work, ranging from the most recent developments in legal theory 1 to concerns about solving practical problems posed by the digital era 2, gives a sense of a lifetime dedication to the study of the legal system and its interactions with other social systems at all levels. Out of the vast range of topics he has researched I believe one, however, has always been recurrent, enabling him to contribute to important developments in the field: the many sides of the corporate actor’s prism 3. This essay will draw heavily on Teubner’s construction of the emergence of the corporate actor to advance a thesis that might sound a little odd to some: the fact that not all corporations have the capacity to be guilty and therefore criminally liable. Only those corporations that have achieved a certain degree of internal self-referential complexity are subject to the im1 Among many, Teubner in: Joerges/Teubner (eds.), Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigung zwischen Sozialtheorie und Privatrechtsdogmatik, 2003, 25–46. 2 A recent example in Teubner ZaöRV 63 (2003), 1–28. 3 From his Habilitationsschrift Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978 to his recent Netzwerk als Vertragsverbund, 2004 the variety of issues he tackles is completely outstanding.
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peratives of criminal law. The others are to be treated as corporate offenders with “diminished capacity” – and therefore not subject to “real” punishment. (3) Certainly this assertion might generate strong criticism from both sides of the current debate on corporate criminal liability. People opposing this institution may argue that even if only some corporations – and not potentially all of them – might be subject to criminal responsibility, it is one too many. On the other side, stark advocates of corporate criminal liability will probably say that being it hard enough to defend the institution itself, now it gets even more complicated if there is a need to distinguish between “capable” and “non-capable” corporations. (4) Yet, if not all human beings are potentially accountable according to individual criminal law, why should all corporations be potentially responsible according to corporate criminal law? Wouldn’t it respond more accurately to the logic of criminal law that, to the same extent that not all human beings are potentially criminally accountable, not all corporations are potentially criminally accountable? Our thesis will be that a true and genuine corporate criminal law must differentiate between corporations that have criminal capacity, i.e. that may be considered guilty at trial, and those that have no capacity (or a diminished one), i.e. against which certainly measures and sanctions may be adopted – but not attached to the “guilt” label. Only organizations that have truly emerged as corporate actors might be rendered as potentially liable in criminal law terms. (5) In order to develop this position we will use Teubner’s account of the organization hypercycle and the constituency of high order autopoietic systems. In our view the emergence of the corporate actor is a basic requirement to affirm the social reality of corporations as demanded by criminal law; assigning blame to an entity is a very serious matter that goes far beyond nominalism and to this extent something else than bare incorporation is required. To be sure, this may thwart the aspirations of some criminal law scholars, but on the other hand it may enthral those who feel that there is a social need to punish entities that have “no soul to be damned and no body to be kicked”. Only punishing on the merits of substantial arguments does not contradict the main logic of criminal law. (6) Part II of this paper will start examining the key concept of corporate culpability that supports this approach, i.e. the so-called constructivist concept of corporate culpability. Given time and space constraints, it must be referred to previous works for a more in-depth analysis of this concept. Part III will review the main features of a critique against corporate criminal liability that will actually make our case and outline the constructivist ap-
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proach to such issues as inner complexity and self-reference. Part IV will analyse the consequences to be drawn from this perspective acknowledging that setting a specific benchmark for capable and not-capable corporations is a real challenge to be met in the future.
II. Main features of the constructivist concept of corporate culpability (1) The constructivist concept of corporate culpability is coined after operative constructivism, 4 the epistemological background of the theory of autopoietic social systems 5. This theory does not receive much support in the classical arena of criminal law, but has gained tremendous relevance in the field of corporate criminal law. In this sense, a number of scholars refer their positions to this theory either in an explicit or implicit manner 6. Yet, these are normally partial references to systems theory that do not aim to be consistent with its basic tenets. Contrary to that approach, in the following pages we will try to remain within the boundaries of operative constructivism and derive consistent consequences from this theory 7. To be sure, the most relevant feature here is that, from this perspective, business organizations, human beings and the legal system, are all considered as autopoietic self-produced systems. The difference lies in the different way of autopoietic reproduction 8.
On operative constructivism see Luhmann Soziologische Aufklärung V, 1995. See also Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 2002, 11 et seq; Id. Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, 1984, passim; Id. Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, passim. To assess the impact of systems theory in Spanish criminal law see Piña Roquefort Rol social y sistema de imputación, 2004; Gómez-Jara Díez in: Id. (ed.), Teoría de sistemas y Derecho penal, 2005, 373–425. 6 See Bottke wistra 1997, 251 footnote 94, 253; Id Assoziationsprävention, 1995, 49, 310 footnote 1002; Heine Die Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen., 1995, 79 et seq.; Lampe ZStW 106 (1994), 690 et seq.; Lütolf Strafbarkeit der juristischen Person, 1997, Chapter III ; Rogall in: Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2nd ed., 2000, § 30/10; Rotsch Individuelle Haftung in Großunternehmen, 1998, 81 er seq.; Schünemann in: Deutsche Wiedervereinigung III Unternehmenskriminalität, 1996, 168, 170 has adopted as “a founding principle (…) the theory of autopoietic systems”, 175; Id., in: Criminal Responsibility of Collective and Legal Entities, 1999, at 230: the only concept available to justify a true corporate criminal law is the model of systems theory; Schwinge Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen im Bereich des Umweltstrafrechts, 1996, 206 et seq. 7 See Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), pg. 290 et seq; Gómez-Jara Díez La culpabilidad penal de la empresa, 2005 211 et seq. 8 See Luhmann Soziologische Aufklärung. VI 1995, 55 et seq.; Luhmann Organisation und Entscheidung, 2000, 39 et seq; Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, 38 et seq.; Teubner Recht als autopoietisches System, 1989, 36 et seq. 4 5
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(2) Focusing on autopoietic business organizations shows that some of them tend to develop an internal complexity over time that ends up making them capable of self-organization, self-determination and self-governance. Hence, it is not only logical, but also necessary to acknowledge that they have certain control over their sphere of influence 9. From a traditional criminal law perspective, the capacity to act (individual criminal law) is substituted by capacity to organize (corporate criminal law) 10. In this light, the difficulties embedded in stating that a corporation acts by itself are easier to surmount affirming that, when a certain level of internal complexity is reached, the corporation starts to organize itself, to self-organize 11. (3) The aforementioned changes did not only affect business life, but also the political arena. More and more, corporate entities started to participate in the public/social square playing some times a decisive role in shaping the identity of modern society 12. These premises enable us to build a concept of corporate culpability that, though not equal, it is functionally equivalent to individual culpability 13. In this light, corporate culpability is based upon three functionally equivalents consistent with the three pillars of individual culpability: law abidance as a condition for norm validity; the underlying synallagmatic link of criminal law and, finally, the capacity to question society’s rules 14. (4) The first functional equivalent is based on the fact that, in modern society, the validity of certain norms depends to a great extent on the creation and maintenance of a law-abiding corporate culture. The decentralized model of social organization that surfaced among individuals throughout the 19 th Century due to “world demystification” 15, had a corporate counter9 Bottke Assoziationsprävention, 48 et seq., 63 et seq.; Heine Verantwortlichkeit, 287 et seq.; Lampe FS Hirsch, 1999, 86 et seq, 91 et seq, 94. 10 Heine in: Reform des Sanktionsrecht. Bd. III , 2002, at 141; Id. in: Alwart (ed.), Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 1998, at 103; Id. ÖJZ 51 (1996), at 218 (functional equivalence between Tatherrschaft [individual criminal law] and Organisationsherrschaft [corporate criminal law]; Lampe FS Hirsch, 92, 94 (functional equivalence between Handlungsvermögen and Organisationsvermögen, being both equally important for producing socially harming results). 11 In management and organizational theory see Bausor in: England (ed.), Evolutionary Concepts in Contemporary Economics, 1994, 179 et seq., 181; Drazin/Sanderlands Organization Science 3 (1992), 230 et seq; Ulrich/Probst Selforganization and Managament of Social Systems: Insights, Doughts, and Questions. Berlin, 1984 and Probst/Siegwart FS -Hans Ulrich, 1985. 12 On the concept of “society of organizations” see Perrow Theory & Society 20 (1991) 725–62; see also Ladeur FS -Ridder, 1989, at 180. 13 On functional equivalence see Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990, 368, 417 et seq. For its application to criminal law see Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, 187 et seq. 14 See Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 258 et seq, 273 et seq, 285 et seq. 15 Weber Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. 3rd ed., 1968, 582 et seq., 594.
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part thanks to “state demystification” 16. Corporate self-regulation as a reflection of the state’s inability to control certain risks of modern post-industrial society clearly signals this development 17. Risk control and risk management were transferred to some corporations that by virtue of their size and internal complexity, do not permit any kind of external direct state intervention/regulation 18. The best to hope for is some degree of context control (Kontextsteuerung) by means of reflexive law 19. If this picture holds true, it is necessary and legitimate to impose on business corporations the fundamental duty concerning every single potential offender: the obligation to abide by the law. In case of corporations: to institutionalize a law-abiding corporate culture 20. The fact that corporations do have a certain sphere of autonomy that implies a duty to abide by the law has significantly contributed to the creation of the good citizen corporation 21. Put simply: (corporate) criminal law guarantees the role of the good (corporate) citizen. Not institutionalizing that law-abiding corporate culture constitutes a violation of the good-corporate-citizen role and that is precisely the predominant evidence of corporate culpability. (5) The rise of corporate citizenship implies acknowledging a minimum of equality to corporations. The second functional equivalent lies in the establishment of a synallagmatic link in corporate criminal law: freedom to (corporate) self-organization v. responsibility for the business activities’ end-results. As Schünemann puts it: “justification for monetary penalties can be derived from the organization’s autonomy. The law acknowledges that organizations have the right to freely organize themselves which, in turn, requires the corporation to be liable for the negative results of using such freedom” 22. This linkage between freedom and responsibility 23 of corporWillke Entzauberung des Staates, 1983. Among many Di Fabio VVDStL 6 (1997), 235 et seq; Ladeur Die Verwaltung, Beiheft 4 (2001), 59 et seq in Germany; Esteve Pardo Autorregulación. Génesis y efectos, 2002, 35 et seq and passim; Darnaculleta i Gardella Autorregulación y Derecho público, 2005, 38 et seq, 52 et seq, 140 et seq. and passim in Spain. 18 Heine in: Schulte (ed.), Technische Innovation und Recht. Antrieb oder Hemmnis?, 1997, 57 et seq. 19 On reflexive law see Teubner/Willke ZfRSoz 5 (1984), 4 et seq; Teubner Law&Soc. Rev. 17 (1983), 239 et seq; Willke Atopia, 2001, 131 et seq; Id. Dystopia, 2002, 65 et seq; Id. Heterotopia, 2003, 122 et seq. In corporate criminal law Heine, Verantwortlichkeit, 49, 59 et seq, 78 et seq, 249 et seq. and Schünemann in: Wiedervereinigung, 138, 170, 175; Id. in: Esser/Heine/Huber (eds.), Criminal Responsibility, 225, at 232 apply the same theory of reflexive law though achieving opposing results. 20 See Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), 315 et seq; Id. Culpabilidad, 261 et seq. 21 See Jakobs Norm, Person, Gesellschaft, 2nd ed. 1999, 83 et seq, 86 for further references on good citizen individual. 22 Schünemann in: Wiedervereinigung, at 170. 23 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), 27 et seq. 16 17
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ations has actually firm constitutional moorings in business freedom (Unternehmensfreiheit) 24. The fundamental issue at stake in individuals 25 and corporations is to make use of such freedom within the boundaries of what is allowed 26. The accent here is placed in corporate self-liability, i.e. corporations as responsible actors for the way they organize themselves. Heine puts it by way of a categorical imperative: each corporation must conduct itself in a responsible manner so that no person gets harmed, i.e. the risk stays within admissible standards in the organizational sphere of influence 27. Corporations are no longer mere economic actors based on a rationalchoice logic of costs and benefits, but citizens that orientate their actions under the guidelines of a rights/duties scheme 28. Put differently: corporations start behaving like true law-abiding citizens. (6) Citizenship status is precisely the third functional equivalent. It is fundamental to the substantive dimension of culpability, i.e. the possibility to participate in the public square 29. The question, yet, is not easy to answer: How could a corporation participate in the public square? A starting point here is a certain interpretation of corporate free speech 30. What is relevant is not only the fact of acknowledging the right to free speech to corporations qua corporations, but the content and meaning of such right. In this sense, Lawrence Friedman’s essay in 2001 referring to the US Supreme Court decision in First National Bank of Boston vs. Belloti 31 is extremely helpful 32. According to Friedmann the court stated that free speech is fundamental for decision-making processes in democracy; and this does not hold less true just because the speech comes from corporations (corporate free speech) 33. To this extent, even though a corporation qua corporation is not entitled to a right to vote, it does have a right to participate in what really counts in democracy: debate among the citizenry. To be sure: corporations, as individuals, have a right to participate in the process of creating and shaping social norms 34. This process is not determined by the right to vote, but by the Bottke wistra 1997, at 253; Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, at 179. See Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 61. 26 Bottke Assoziationsprävention, 62 et seq; Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, 178 et seq. 27 Heine Verantwortlichkeit, 276 et seq. with further references. See also Stratenwerth FS -Schmitt, 1992, at 307. 28 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 59. 29 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 57. 30 For a broad analysis see recently Kerr The Corporate Free-Speech Movement: Cognitive Feudalism and the Endangered Marketplace of Ideas, 2008. 31 435 U.S. 765 (1978). 32 Friedman Harv. J.L. & Pub. Pol’y 23 (2000), 833 et seq. 33 435 U.S. 765 (1978) 777. 34 Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 288 et seq. This approach relies heavily on adopting a communicative approach – be it self-referential, be it intersubjective – to the core of culpability (see Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 57 et seq.; Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), 24 25
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right to free speech, i.e. to express fundamental judgments regarding those social norms 35. (7) Once we have outlined the fundamentals of the constructivist concept of corporate culpability it is time now to deal with the questions posed at the beginning of the essay. As it will become obvious, the premises just stated exert a decisive influence on which corporations can actually commit crimes – and are subject, then, to real punishment – and which cannot, but may suffer other type of sanctions. The model set forth here is a so-called autonomous model that differs from the vicarious model 36 to the extent that it draws its attention to the culpability of the corporation itself and does not try to transfer culpability from third parties, i.e. high managerial agents or members of the Board, to the corporation.
III. Applying the constructivist premises to the initial problem (1) Throughout the years a number of legal academics have starkly questioned the existence of corporate criminal liability because, after all, corporations are not equipped with a “mind” so they can never enjoy a “state of mind” that is so important for criminal law. Put differently: corporations have no will in a psychological sense 37 and, therefore, cannot meet the requirements of criminal intent. Moreover, while updating some arguments from the old 19 th Century, some modern scholars have pointed out that corporations are not self-conscious 38. Hence, they do not experience freedom of choice 39 in the way an accountable being should – at least according to a tradition that goes back to idealism and philosophers such as Hegel or Kant. (2) Consciousness, that psychological substrate, shows certain special qualities that are essential to render persons liable; put differently, to meet 318 et seq; Id. Culpabilidad, 295 et seq; Günther Schuld und Kommunkative Freiheit, 2005, 27 et seq, 39). 35 This issue is closely linked to the possibility of acknowledging corporations as “full fledged members of moral community” (see French Am.Bus.L.J. 34 (1996), 147 et seq.; French/Nesteruk/Risser Corporations in the Moral Community, 1992, 12 et seq.). To be sure, we are proposing full equality between corporations and individuals; just a minimum on citizenship for becoming actors of the criminal law scene. 36 On the distinction between autonomous (Selbstverantwortung) and vicarious (Fremdverantwortung) models see Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 74 et seq. 37 Rodríguez Mourullo Derecho penal. Parte General, 1978, at 227. 38 Jakobs FS -Lüderssen, 2002, 568 et seq; a response in Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), at 313; Íd. Culpabilidad, 113 et seq. 39 Jakobs FS -Lüderssen, at 571 relying on v. Freier Kritik der Verbandsstrafe, 1998, 93, 115, 122.
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the requirements of potential offenders 40. The question then is: Which are those qualities that seem so important for the subject we are addressing here? Well, the ultimate quality lies in the self-referential nature of the mind, i.e. in selfconsciousness 41. There is no need to enquire in detail into the importance of human consciousness for our modern understanding not just of criminal law 42, but in general terms for many philosophical debates. This hold specially true when addressing the relationship between self-consciousness and personal identity 43. In this sense, self-consciousness has been a referral for identifying the human being’s self-determination. And this, in turn, for the free will and the corresponding rise of criminal responsibility. (3) Yet, if we can avoid the anthropocentric bias that generally dominates the discussion on corporate criminal liability 44, it is possible to develop a consistent theory of corporate criminal law 45 when addressing this issue. In order to do so, systems theory provides an excellent opportunity as it questions the position of the human being as the sole epistemological subject. Moreover, thanks to recent developments in the field of communication science 46, systems theory considers that consciousness and communication basically show the same degree of self-referentiality, recursivity and reflection 47. Regarding our main concern in this essay, the self-referential nature of communication brings important consequences for two key systems: the legal system (law) and the organizational system (corporation). (4) As to the former, communicative self-referentiality implies that the legal system has no direct access to the internal dimension of the human mind (psychological system) or the corporation (organizational system) 48. Both systems, psychological and organizational, can only aim at showing rational
On the concept of potential offender see Jakobs FS -Lüderssen, at 566. Jakobs FS -Lüderssen, at 568: “Only a person with a communicatively relevant selfconsciousness can be blameworthy”. 42 On the importance of self-reference to this discussion see Pawlik Das unerlaubte Verhalten beim Betrug, 1999, 8 et seq, 18 et seq, 31 et seq with further references. 43 See Marquard/Stierle (eds.), Identität. 2nd ed., 1996; Quante Personale Identität, 1999. A systems theory approach in Luhmann Soziologische Aufklärung. V, 1990, 14 et seq 44 See French Am.Ph.Q. 16 (1979), at 214; Laufer Bus.Eth.J. 6 (1996), at 311; Walt/Laufer Am.J.Crim.L.&Crimn18 (1991), 264 s. A similar conclusion is reached by Heine ZStrR 119 (2001), at 35 (anthropomorphes Verantwortlichkeitsmodell). 45 See Alwart ZStW 105 (1993), 756 s., 761, 765 s.; Íd. Zurechnen und Verurteilen, 1998, 9 et seq, 24 et seq 46 See Merten Kommunikation: Eine Begriffs- und Prozessanalyse, 1977, 43 et seq y passim. The systems theory count in Baecker Wozu Systeme?, 2002, 111 et seq.; Luhmann Soziale Systeme, 191 et seq. 47 See the explanations by Luhmann Soziologische Aufklärung. VI , 1995, 25 et seq. 48 Justifications and consequences in Luhmann Recht, 39 et seq. 40 41
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evidence of sufficient self-referentiality 49. As Teubner / Zumbansen have masterfully explained, this is exactly the fundamental criterion used by the (criminal) law system to attribute “personhood” 50. This self-referential process needed to be considered as a person by one legal system is achieved by way of the constitution of the so-called High Order Autopoietic Systems 51. Due to the fact that the constitution of psychological systems (human beings) as a high order autopoietic system is not questioned by the vast majority of scholars, it is worth focusing our attention on the organizational system (corporation) to provide an answer to the fundamental question: Can a corporation become a high order autopoietic system? (5) Well, if there is a scholar willing and able to provide a positive answer to that question that is Gunther Teubner. For the last twenty years he has conducted major research on the requirements for a corporation to become a high order autopoietic system 52. As Teubner puts it: the corporation leaves the “diminished capacity” stage by way of a hypercyclical link between the self-referential qualities of the organizational system, i.e. a double self-referentiality 53. Put differently: over time, there is an accumulation of self-referential cycles in business corporations that end up in a hypercycle linking all of them. In that precise moment the corporate actor emerges as a high order autopoiyetic system 54. Those self-referential circles start their processes in four different domains: the system’s limit; the system’s structure; the system’s elements; and the system’s identity 55. The limit is provided by membership 56; the structure embodies the final/conditional decision programs 57; the elements, i.e. the basal operations that enable the system’s autopoiesis, are constituted by organizational decisions 58; and finally, the See Fuchs Z.Soz.Sys. 3 (1997), 57 et seq. On internal self-reference as basis for attibuting subjectivity see Teubner/Zumbansen in: Die Rückgabe des zwölften Kamels, 2000, 208 et seq. 51 See Maturana Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit, 1982, 37, 211 et seq; Maturan /Varela El árbol del conocimiento. 15th ed., 2001, 121 et seq; Mossakowski/Nettmann in: Self-Organizing Systems. An Interdisciplinary Approach, 1981, 39 et seq. 52 See Teubner Law as an Autopoietic System, 1993, 28 et seq, 123 et seq; Id. Am.J.Comp.L. 36 (1988), 130 et seq.; Id. in: Haferkamp/Schmid (eds.), Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung, 1987, 89 et seq., 113 et seq.; Id. in: McCahery/Picciotto/Scott (eds.), Corporate Control and Accountability, 1993, 41 et seq.; Id. in: Perspectives of Critical Contract Law, 1993, 211 et seq, 226 et seq. 53 Teubner in: Sinn, at 117. 54 Teubner in: Sinn, at 112. 55 See the explanatory graphic in Teubner in: Sinn, at 115. 56 On membership see Luhmann Organisation, 81 et seq, 112 et seq. 57 Luhmann Organisation, 256 et seq. 58 On corporate decision as a basis for organizational systems see Luhmann VerwArch. 84 (1993), 287 et seq.; Baecker Organisation als System, 1999, 136 et seq.; Willke Systemtheorie II : Interventionstheorie. 3rd ed., 1999, 151 et seq. 49 50
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system’s identity is reflected in the corporate identity 59. Putting all these pieces together: when corporate identity is hypercyclically linked to corporate decisions, and corporate rules determine corporate membership, a corporate actor emerges as a reality different from each and every underlying psychogical system. It achieves self-organization capacity that exceeds the organizational capacity of any of its members 60. (6) Therefore, the bulk of our theory is that psychological and organizational systems must develop certain internal, self-referential complexity to be considered potential offenders in criminal law. Sufficient internal complexity is a requirement for developing enough self-referentialy so that it enables the system’s self-determination with respect to its environment 61. A helpful comparison could be the development of sufficient internal complexity in children and corporations. To the same extent that children are not capable of wrongdoing according to individual criminal law until their psychological system is suffciently complex, i.e. until it reaches a certain level of internal self-referentiality – self-consciousness –, the corporation should not be held criminally liable until it develops a certain level of internal self-referentiality, i.e. self-organization. Corporations should also exceed that complexity benchmark, i.e. enough internal self-referentiality, in order to be considered as potential offenders by criminal law. The benchmark in individual as well as in corporate criminal law is certainly not a fixed line and it truly implies a number of theoretical and practical consequences.
IV. Theoretical and practical consequences of corporate “diminished capacity” (1) Just before examining those consequences, it is worth reinforcing the consistency of what has just been stated. It is only in this context of corporations as high order autopoietic systems that the prior insights on corporate culpability make real sense. Only within a corporation with enough complexity is it possible to institutionalize a law-abiding corporate culture so that the inexistence of such culture can be conceived of as a deficit of lawcompliant behavior, as betraying the role of a law-compliant citizen. To the same extent, solely a corporation with certain internal complexity may gain self-organizing capacity so that it seems feasible to hold it responsible for See Luhmann Organisation, 224 et seq., 417 et seq., 438; Willke Systemtheorie, 174 et seq. See Teubner Am.J.Comp.L. 36 (1988), at 140. The issue is closely linked to the “organized irresponsibility” debate. See Bosch Organisationsverschulden in Unternehmen, 2002, 142 et seq; Heine Verantwortlichkeit, 31 et seq.; Rotsch Haftung, 131 et seq., as it emerges when the corporation reaches self-organization capacity. 61 Luhmann Organisation, at 222. 59
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the usage of that capacity. Finally, only a corporate entity with certain complexity and public relevance may participate in the enactment of social norms, using such possibility to question, if so, the validity of those norms through legal mechanism, i.e. not resorting to crime. This clarified, there are at least three domains in which our approach displays important consequences, both theoretical and practical. (2) The first domain refers to the exclusion of shell companies from traditional criminal punishment 62. These companies lack the needed internal complexity in order to achieve enough self-referentiality from a criminal law perspective. These are companies fully managed from the outside, lacking organizational autonomy from the inside. Therefore, adopting intervention measures against them is fully legitimate – though these measures should not be considered as “punishment” due to blameworthy actions of the company itself, but as sanctions on a blameless entity. White collar and organized crime normally uses this type of companies to perform their activities; hence, criminal law needs adequate law-enforcing instruments. What we are suggesting is that those instruments cannot be rendered as real “punishment” subject to evidence of corporate culpability. From a crime policy perspective it seems all the more reasonable not labeling such instruments as punishment: they could not be imposed unless certain requirements – mens rea among them – are met. And those requirements might end up being impossible to prove in such companies. (3) The second domain for important theoretical and practical consequences is “piercing” the corporate veil. Some scholars have argued that the doctrine of piercing the corporate veil actually goes against corporate criminal liability because it does not acknowledge corporate personhood 63. Yet, supporters of corporate criminal liability were not providing an adequate response to the problem and a consistent solution was still pending. From our perspective, piercing the corporate veil is actually a logical consequence of a true and genuine corporate criminal law. For one, it is obvious that piercing the corporate veil breaks through corporate personhood. Such technique is designed to pierce through the legal façade and reach the people really managing the company. For the other, this type of intervention is usually deployed in shell companies or companies with insufficient internal selfcomplexity with the aim of reaching the responsible actors behind the (corporate) scenes (individuals or other corporations). (4) The third domain deals with one of the most vexing problems posed to individual and corporate criminal law: where to set the dividing line be62 63
Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 244 et seq See the references in Gómez-Jara Díez Culpabilidad, at 213.
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tween full-fledged and diminished individual/corporate offenders. To the same extent that it is difficult to set the accountable age in individual criminal law, setting that organizational limit for corporate offenders is also intrinsically difficult. As a guideline: first, it cannot resemble an ontological, rigid limit, but must depend on the degree of social evolution; second, to the same extent that the psychological basis determines which psychological systems (individuals) are subject to criminal responsibility, the organizational basis should be fundamental for organizational systems (corporations). Here, the existence of a formal organization 64 should provide at least circumstantial evidence that we are dealing with a potential corporate offender. Not legal or economic personhood is stressed, but the underlying organizational social system 65. From such perspective we are able to provide some guidelines for further development, notwithstanding the real need of pursuing a more in-depth analysis. (5) We should then commence with corporations about which there are little doubts concerning their potentiality: public listed companies. These corporations have normally developed a minimum of internal complexity and, actually, they are world-wide known for being a paradigm of self-regulation and adopting corporate codes of conduct closely related to corporate compliance programs 66. Yet, setting these companies aside, it is actually quite difficult to determine which level of internal complexity and self-referentiality is needed for a corporation to really become a potential corporate offender 67. (6) When dealing with this issue, certain indications should be noted. First, legal personhood per se cannot be the ultimate criterion. Legal personhood from a civil or tax point of view does not imply automatically legal personhood in criminal law. Hence, in individual as well as in corporate criminal law civil personhood does not imply criminal personhood 68. This is consistent with our prior claim that certain companies with legal personhood such 64 On formal organization see Luhmann Funktionen und Folgen formaler Organisation, 4th ed. 1995, passim. 65 Agreeing to the above Lessenich Unternehmensbegriff und Zurechnung, 2000, 76 et seq., 84 et seq. The same reasoning is deployed by the Organizational Sentencing Guidelines in US federal criminal law. The type of organization is fundamental in order to determine the penalty to be imposed upon the corporation [see U.S. Sentencing Commission, United States Sentencing Guidelines, § 8C2.5]. 66 On that link see Laufer Vand.L.Rev. 52 (1999), 1397 et seq, and the contributions in Basri et al (eds.), Corporate Compliance: Caremark and the Globalization of Good Corporate Conduct, 1997. Further references in Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 249 et seq. 67 This holds especially true for determining if groups of companies may be subject to criminal liability. Teubner’s contributions to polycorporate networks as high order autopoietic system offer a brilliant starting point Teubner Law, 123 et seq. 68 See Heine in: Reform, 146.
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as shell companies are not potential corporate offenders. Second, what is relevant here is the fact that a corporation achieves a certain degree of internal self-referentiality. Good proxies for that achievement are provided by the corporate Standard Operating Procedures 69. These procedures function as decision premises that take into account the synergy and dynamics of the corporation itself. Third, evidence of the emergence of a real corporate actor transpires from the fact that corporate membership is determined by corporate rules and corporate identity is institutionalized through corporate decisions. (7) As hopefully these lines have evidenced, Teubner’s contributions to the field of corporate law and legal theory provide outstanding insights for corporate criminal law. His brilliant compromise between abstract thinking and down-to-earth reasoning is specially welcomed in a field, like criminal law, in which extremely invasive sanctions can be imposed.
69 See Willke Systemtheorie III . Steuerungstheorie, 2 nd ed., 1998, 287 et seq.; Kriesberg Yale Law Journal 85 (1976), 1091 et seq, 1100 et seq.
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Wanjina and Wunggurr: The Propertisation of Aboriginal Rock Art under Australian Law Christoph Beat Graber 1
In 2003, the strong belief in Wanjina and Wunggurr 2 helped the Aboriginal people in the Kimberleys, Western Australia, to win one of the biggest land claim cases in Australian history. According to Australian common law the indigenous community had to show not only that the belief in Wanjina and Wunggurr is the common feature of identification of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people of the central and northern Kimberley area in Western Australia, but also that they have been living according to traditions residing in these beliefs since before the arrival of the first British settlers in Western Australia. With the decision, Justice Ross Sundberg of the Federal Court of Australia assigned native title to the successful Wanjina–Wunggurr community over a part of the determination area of more than 7200 square kilometres, one of the largest land claim cases in Australia. 3 The central and northern Kimberley region is the home of the famous Wanjina pictographs. The rapid expansion of tourism in this region is considered to be a new threat to the sacred rock art sites. 4 Many tourists travel to the area expecting to see the Wanjinas as promised in travel advertisements. The Wanjina–Wunggurr people however fear that unauthorised visits may offend the Wanjinas and that tourists will vandalise the sacred 1 This paper has been written as part of the eDiversity project, an undertaking of the Swiss National Centre for Competence in Research “Trade Regulation”. The author thanks Christoph Antons, Paul Chartrand, Matthew Rimmer and Peter Veth for comments and Susan Kaplan for editorial assistance. The support of the Ecoscientia Foundation is gratefully acknowledged. 2 Wanjina and Wunggurr are distinct features of the spiritual belief and traditions of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people in the Kimberley region of north-western Australia. For a characterisation of Wanjina and Wungurr see section 1 below. 3 For about one third of the determination area the rights of the community were declared to be exclusive. For the remaining two thirds Justice Sundberg found the community’s native title rights to coexist with the rights of pastoralist leaseholders to use the same land for defined agricultural purposes. According to the judgment, in situations of conflict between native title and pastoralist leases, the latter prevail. 4 More than half a million tourists visit the Kimberley region each year and further growth of the tourism sector is expected. See Blundell and Woolagoodja 2005, 201.
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sites. 5 The Wanjina–Wunggurr people are thus interested in legal remedies that prevent the Wanjina from being visited and reproduced and sacred rituals from being disturbed by people who have not received their prior consent. Consequently, during the proceedings, the applicants put forward a claim for a right to prevent inappropriate viewing, hearing or reproduction of secret ceremonies, artwork, song cycles and sacred narratives. The applicants argued that this claim was part of their native title rights. Justice Sundberg, however, rejected the claim stressing that the claimed right is not a right in relation to land of the kind that can be the subject of a determination of native title. The judge, referring to case law of the Australian High Court, explained that the claimed right would go beyond denial or control of access to land held under native title and entail “something approaching an incorporeal right akin to a new species of intellectual property to be recognised by the common law under par (c) of s 223(1) [Native Title Act, NTA ] 6.” This finding demonstrates the difficulties of modern Australian law in coping with the inextricable connection between the cultural expressions of the Aborigines and their land which result in shortcomings in effectively protecting secret and sacred traditional cultural expressions ( TCE ) against desecration and misappropriation. More generally, it is an example of the collisions between modern law and traditional patterns of social organisation, which are typical of postcolonial societies in which the relationship between the law of the colonisers and the law of the colonised has not been sufficiently clarified. This paper first aims to shed light on the collisions between the land-tied cultural traditions of the Wanjina–Wunggurr community and modern law from the perspective of “propertisation”, a theory which is currently gaining ground in legal and sociological discussions. Second, the relationship between the common law doctrine of native title and intellectual property ( IP ) law is analysed and the shortcomings of both concepts and further legal remedies in effectively protecting and preserving the sacred rock art sites are identified. Finally, these shortcomings are reflected against the backdrop of recent developments at the level of international law in the field of indigenous peoples’ rights and cultural expressions.
1. Collisions between land-tied cultural traditions and modern law When James Cook and Joseph Banks took possession of New South Wales in 1770 they considered it to be terra nullius, meaning that there was no population which had established a right to possess the territory. 7 5 6 7
Blundell and Woolagoodja 2005, 201. Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 485. Frost 1990, 71.
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According to the historian Alan Frost, the British neither considered New South Wales ( NSW ) to be uninhabited nor did they act inconsistently when they refused to conclude a treaty with the Aborigines, as they had done previously with the inhabitants of their other colonies. 8 Rather to Cook and Banks the Aborigines did not seem to have attained a level of civilisation comparable to that of the indigenous peoples in other parts of the world colonised by the British. 9 This impression was given because the Aborigines did not wear clothes, wandered around, did not live in houses, had not enclosed the country for the practice of agriculture and used only simple tools to meet basic needs. In the view of Frost, the British would have negotiated a treaty to settle the Botany Bay area, had they “known that the Aborigines were not truly nomadic, that they had indeed mixed their labour with the land, and that they lived within a complex social, political, and religious framework.” 10 However, this original misconception of Aboriginal culture and erroneous failure to conclude a treaty was not rectified by more recent administrators of the colony although it had grave consequences for the colonised people. Legally speaking, the terra nullius doctrine implied that Australia was a “settled colony”,11 i.e. a territory without settled inhabitants of its own and without settled law.12 Since there was no settled law, the settlers brought the law of England with them to the new colony. The same occurred in all Australian colonies formed in the years to come.13 It is part of the sinister chapters of Australian history,14 that the concept of terra nullius was not abolished until 1992 with the Mabo decision of the Australian High Court.15 Mabo did “not revisit the mode or the validity of the acquisition of sovereignty”.16 However, with the introduction of the concept of native title, the High Court “reconsidered how the law was received” in Australia. The new concept of native title acknowledged the possibility of “private rights” of Aboriginal inhabitants existing at the time of white settlement.17 Since Mabo, Aborigines putting forward a native title claim, have to prove: 8 Frost 1990, 74–76; on the distinction between inhabited and uninhabited lands around 1788 see also Reynolds 1996, 24. 9 Frost 1990, 72. 10 Frost 1990, 74. According to John Locke’s theory of property, a man who mixed his labour with land becomes its owner. See Couvalis and Macdonald 1996, 142–143. 11 On the legal implications of the distinction settled/conquered colony see Puri 1993, 146–147. 12 Strelein 2006, 2. 13 Joseph/Castan 2006, 14. 14 On the decisions of the Privy Council in 1889 and of the Australian High Court in 1913 and 1971 confirming the validity of terra nullius see Reynolds 1996, 18–19. 15 Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1. 16 Strelein 2006, 3; see also Joseph/Castan 2006, 14, and Pearson 1993, 82. 17 Strelein 2006, 3.
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1) the existence of a distinct community; 2) a traditional connection with or occupation of the land at issue under the laws and customs of the group; and 3) the maintenance of this connection.18 Because the Kimberley area is about 3000 kilometres away from the centre of the first British settlement in New South Wales, the Wanjina– Wunggurr people were one of the last groups of Aborigines to be colonised. Sovereignty in Western Australia was not asserted by the British Crown until 1829.19 The “invasion” of the Kimberley region by white settlers led to a tragic confrontation between rifles and spears. Governments in Western Australia protected the expanding greed of the cattle industry for land with mounted police “to help the few pastoralists remove numerous indigenous people from the vast areas of the Kimberley.” 20 The resistance of the “wild red men” of the Kimberley area was futile against the bullets of police and settlers. 21 In the decades to come, the Ngarinyin, Wunambal and Worora people became victims of many racially motivated murders that went unreported because of the remoteness of the Kimberley region. More blatant frontier violence was restrained only after the public outcry caused by the infamous Forrest River massacre of 1926. 22 Survivors of the British settlement were removed from their lands 23 and forced to “work as virtual slaves” for the white pastoralists, “or they would be ‘civilised’ in the Christian missions being established on the coast.” 24 The result of British settlement in the Kimberley region was the massive disruption of an Aboriginal culture that had existed for more than 60,000 years. However, as the anthropologist Valda Blundell put it, “the Wanjinas continued to instruct [the Ngarinyin, Wunambal and Worora] in their dreams”. 25As detailed anthropological evidence demonstrated in Neowarra, the strong belief in Wanjina and Wunggurr still constitutes the fundament of the culture of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people. 26 According to this belief, the Wanjinas are the creator beings of the three peoples. The Wanjinas created the Ngarinyin, Wunambal and Worora in the Lalai 27 and transformed themselves into paintings in the many rock art sites of the Kimberley region. In the words of Justice Sundberg, the evidence produced in the Strelein 2006, 13. Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 12. 20 Doring 2000, 14. 21 Doring 2000, 14. 22 Fitzgerald 1984. 23 Blundell and Woolagoodja 2005, 14. 24 Doring 2000, 14. 25 Blundell and Woolagoodja 2005, 15. 26 See the report of Professor Valda Blundell as quoted in Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, paras 87–90. 27 Also known as Larlan, Dreaming or Dreamtime; see Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 90; Blundell and Woolagoodja 2005, 25. 18 19
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case revealed the continued prominence of beliefs that the “Wanjina created the land and waters and what lives on or in them, and laid down laws and customs around which the Aboriginal people have constructed their lives.” 28 Closely related to Wanjina is Wunggurr. Wunggurr is the sacred life force. 29 Wunggurr is often represented by the Rainbow Serpent who inhabits deep waterholes. A Wunggurr place is described by members of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people as the place where a boy is born out of a waterhole in his father’s dream. 30 For the people of the Wanjina everything has its origin in the land. The land is the beginning and the end. The land is sacred. Paddy Neowarra, the Chairman of the Ngarinyin Aboriginal Corporation, described the importance of the land in a speech delivered to rock art specialists of the United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization ( UNESCO ) in 1997 as follows: “Everything comes from underneath the ground, the rain, the lightning, the people. They go up to the sky and come back down, but everything starts from underneath. They reflect each other, the top and the bottom. We are the people with the story and the feeling from underneath the ground.” 31 In the Lalai, the Wanjina came out from underneath the ground to transform themselves into rock art. The rock paintings are made of ochres and charcoal. In the days before the British settlement, and to a lesser degree later on, the Wanjina people have been “freshening up” Wanjina paintings in order to keep the colours bright. The freshening up is an obligation and an exclusive right of certain male members of the community. During the legal proceedings, Paddy Neowarra, a person under such obligations, gave evidence at one of the rock art sites that the painting he was pointing out had been put there by Wanjina. He said: “[W]e just got to come along and renew him again when he falling to – when everything and paint coming off. That’s our law and that’s how we keep it. And that’s what was given to us from the old people. You’ve got to take care of it and look after it and always remember that.” 32 By keeping the paintings fresh and bright, “the world would remain fertile, rain would fall, plants and animals would be abundant, and men would
Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 177. Blundell and Woolagoodja 2005, 28–31. 30 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 178; Blundell and Woolagoodja 2005, 28. 31 Paddy Neowarra Our Paintings Are Our Life, in: Kleinert and Neale, 2000, at 123. 32 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 277. 28 29
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be able to find the spirits of their children at Wunggurr sites”. 33 The freshening up and repainting was done whenever the paintings needed it. In Neowarra, Justice Sundberg considered the evidence presented by Aboriginal and scientific experts sufficient to show that this practice had been continued after white settlement in the Kimberley area. 34 The refreshing and repainting of the Wanjina became the decisive element of proof demonstrating that the claimants had been living according to traditions residing in Wanjina and Wunggurr beliefs until the day of the proceedings. Hence, the Wanjina rock paintings were the critical evidence that allowed Justice Sundberg to conclude that the three requirements of proof of native title listed above had been met by the Ngarinyin, Wunambal and Worora people. The recognition of the Wanjina people’s native title over a vast area in the Kimberley region can certainly be seen as a success for the Aborigines in Australia. However, this outcome of the case masks the unresolved problems of British colonisation in Australia. From an Aboriginal perspective, the problem of native title is its logical inconsistency. Although the source of native title is not the common law but the traditional laws and customs 35, the assumption that sovereignty was acquired by the Crown at the moment of British settlement is not questioned. If constructed consistently, native title would require recognition of “a form of sovereignty” of the colonised people. 36 In reality however, the law of the traditional inhabitants is subjugated under the law of the colonisers and treated as an element of fact, not law. 37 Not only are the traditional laws and customs depreciated, but also the modern law of the colonisers is used as the frame within which the patterns of Aboriginal social organisation are reconstructed. 38 As a consequence, the complex relationship of Aboriginal people with their land is subordinated under modern law’s concepts of property and ownership. Problems related to using the law of the colonisers as a frame within which to perceive and to deal with the cultural traditions of the colonised have been addressed in law and the social sciences under the title of “propertisation”. 39 In the next section we will use the “propertisation theory” Blundell and Woolagoodja 2005, 32. Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 209. 35 In Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1, Justice Brennan said at para 65: “Native title has its origin in and is given its content by the traditional laws acknowledged by and the traditional customs observed by the indigenous inhabitants of a territory. The nature and incidents of native title must be ascertained as a matter of fact by reference to those laws and customs.” 36 Pearson 1993, 82 and footnote 55. 37 See also Davies 1996, 15, 20. 38 Davies 1996, 3, 9–10. 39 Siegrist 2007, 20, 36–37, referring to Benda-Beckmann 2007, 100–104. 33 34
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as an analytical scheme to identify major shortcomings of modern law in effectively protecting the sacred cultural expressions of the Wanjina people.
2. Propertisation and the Protection of Aboriginal Rock Art Sites Under Australian Law Propertisation has recently been introduced into the sociolegal literature as a term to describe processes limiting access to commons, public goods and public domains by the means of property-like legal tools in the areas of economics, science, technology, culture and communication. 40 According to the historian Hannes Siegrist propertisation is in transition from a political catchword towards a scientific concept of law and of the social and cultural sciences. 41 Propertisation has proved to be a useful concept inter alia in criticising the processes of privatisation and commodification driven by expanding IP legislation at the national and international levels. 42 Since the concept also shows potential to analyse colonial institutional transfers 43 it may be applied to shed light on some of the shortcomings in Australian law on traditional cultural expression ( TCE ). Under Australian law, the protection of secret and sacred aboriginal rock art sites is fragmented. Rather than providing a comprehensive set of rights protecting a whole way of land-tied indigenous life, diverse aspects of traditional Aboriginal culture are incoherently covered by specific branches of Australian law, including IP, native title and cultural heritage law. Siegrist distinguishes between individualistic and collectivistic propertisation. Efforts to apply IP or native title to protect TCE show typical features of individualistic propertisation. Cultural heritage legislation, on the other hand, is an emanation of collectivist propertisation, i.e. a semantic and functional extension of the concept of ownership and the inclusion of collective rights of action or property of States, peoples and communities into the concept. 44 Since indigenous people do not see their cultural expressions in terms of “property” that is as “something which has an owner and is used for the purpose of extracting economic benefits” but rather “in terms of community and individual responsibility” 45 all three strategies smack of colonial legal imperialism. The following quotation from Justice Sundberg in Neowarra is sufficient to illustrate this problem. 40 41 42 43 44 45
See the various contributions in Siegrist (ed.), 2007. Siegrist 2007, 36–37. See parts IV and V in Siegrist (ed.), 2007. Benda-Beckmann 2007. Siegrist 2007, 46–47 and Dreier 2007, 187–189. Daes 1993, para 26.
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“While the [Aboriginal] witnesses (…) do not use the common law expression ‘possess, occupy, use and enjoy the land to the exclusion of all others’, that is what the rights and entitlements of which they gave evidence amounts to”. 46 Whereas modern concepts of property conceive of land as something owned by human beings, from a traditional perspective it is just the opposite: Aborigines strongly believe that human beings (like everything else) belong to the land. 47 Consequently, indigenous people find “heritage” a more appropriate term than “intellectual and cultural property” to describe their land-tied cultural knowledge. Heritage in this sense is conceived by indigenous people as a “bundle of relationships, rather than a bundle of economic rights”. 48 2.1 Intellectual Property From the perspective of the propertisation critique, efforts to apply IP type legal instruments for protecting traditional knowledge ( TK ) and TCE must be criticised in three respects. First, an IP type framework is based on a separation of distinct categories, including patent law and copyright law, requiring traditional knowledge to be seen either from a technological (natural science) perspective or a cultural perspective, whereas in the reality of indigenous peoples these aspects are closely interrelated and should not be separated. 49 In Neowarra, extensive anthropological evidence and testimonials by indigenous experts gave account of the holistic worldview of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people and demonstrated the continuing importance of the Wanjina traditions in many aspects of indigenous life. Second, IP type approaches reveal methodological flaws, including limited terms of protection, fixation requirements and reliance on individual authorship. The Australian Copyright Act 1968 does not distinguish between indigenous and non-indigenous artistic works and there is no recognition of Aboriginal laws and customs. 50 As the result of an amendment in 2004, the Copyright Act provides for a term of protection of 70 years after Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 379. Puri 1993, 136; Schillhorn 2000, 53; Gibson 2005, 227. 48 Daes 1993, para 26. 49 Daes 1993, paras 21, 31 and 164. 50 According to the Australian Copyright Council, the Australian Government announced in 2003, 2004 and 2006 to amend the Copyright Act by an Indigenous Communal Moral Rights Bill. The plan was to entitle indigenous communities to “take legal action to protect against inappropriate, derogatory or culturally insensitive use of copyright material” and give them “legal standing to safeguard the integrity of creative works embodying traditional community knowledge and wisdom”. See Australian Copyright Council, (1. 5. 2008). 46 47
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the death of the author. 51 Wanjina rock art however is much older than this. Hence, there is no right of the Wanjina people under the Copyright Act to prevent photographs of the rock art to be taken, disseminated and commercialised. Furthermore, under the Copyright Act works must be reduced to “material form” 52 in order to be protected as copyright. 53 Hence, works of indigenous culture such as Wanjina songs or stories which have never been recorded will not be protected. If such a story or song is recorded for the first time (with or without prior consent from the indigenous community) by a third person, this person is recognised by Australian law as the copyright owner of the recording whereas the story or song remains unprotected. 54 The Australian Copyright Act provides also for some economic rights for performers, generally requiring the consent from a performer to record or broadcast a live performance. 55 However, sacred Wanjina rituals and ceremonies are not meant to be disturbed at all. In these cases, copyright protection will not be sufficient to prevent unauthorised trespassing of sacred sites or disturbing of religious rituals. 56 Finally, individual authorship is presupposed by the Copyright Act. 57 However, no individual author of the Wanjinas can be identified since the paintings have been freshened up by many consecutive generations of Aboriginal custodians. 51 The amendment, effective since 1 January 2005, has been introduced as a consequence of a Free Trade Agreement between Australia and the United States. Before the amendment, copyright lasted for 50 years after the death of the author. See Australian Copyright Council, (1. 5. 2008). 52 See Section 22 and the definition of “material form” in Section 10(1) Australian Copyright Act 1968, . See also Puri 1993, 141–142. 53 This fixation requirement exists in Australian law although, according to Article 2.2 Berne Convention, national laws need not provide that fixation is a general condition for protection. See WIPO , Consolidated Analysis of the Legal Protection of Traditional Cultural Expressions/Expressions of Folklore, Background Paper No 1, Geneva: WIPO , 2003, 41–42. 54 Janke 1998, 54; Puri 1993, 142. 55 As a result of the Free Trade Agreement between Australia and the United States, moral rights for performers whose performances are captured on sound recordings were introduced into the Copyright Act and became effective with Australia’s ratification of the WIPO Performances and Phonograms Treaty ( WPPT ) on 26 July 2007. It seems that the implications of Article 2(a) WPPT, extending performers rights to “recordings of expressions of folklore”, have not been discussed in the latest review of the Copyright Act. See Weatherall 2007, footnote 58. 56 See Janke 1998, 61. 57 In John Bulun Bulun & Anor v. R. & T. Textiles Pty. Ltd. (1998) 41 IPR 513, Justice von Doussa held that the individual artist alone was the owner of the copyright. However this copyright was “impressed with a fiduciary obligation that the artist owed to his community to preserve the religious and ritual significance of the work”. Antons 2004, 91. For an extensive discussion of individuality and originality in case law involving copyright in Aboriginal culture predating Bulun Bulun see Davies 1996, 3–13.
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Third, IP law reconstructs TK and TCE in terms of commodities and exclusive rights. The Wanjina people, however, conceive of their cultural knowledge in categories of shared responsibility rather than ownership and find a commodification of sacred ritual objects and practices to be deeply offensive. The problem underlying all these shortcomings is that the modern legal narrative of IP and copyright is imposed on Aboriginal forms of social organisation on the premise that Aboriginal sovereignty is abrogated. 58 2.2 Cultural Heritage From the perspective of propertisation, three major shortcomings of heritage law can be identified. First, the concept of ownership is used to create collective rights of action or property of states rather than of indigenous communities. 59 The argument that cultural heritage is owned by all the people of a state (or, in certain cases, by humankind) is rejected by indigenous people who believe that “ownership” of cultural heritage should be vested in the local community of origin. 60 A related problem is that the ultimate authority is vested in a government minister with wide discretionary power to decide on matters of indigenous heritage. 61 A second shortcoming of heritage law lies in its tendency towards a reification of cultural expressions. Documentation of artefacts consists in the fixation of living heritage at a certain time and excludes the possibility of its continuing evolution. 62 Third, the focus of heritage law is on scientific and historical values rather than on spiritual ones. 63 There is a discrepancy in the use of the concept of cultural heritage between Aborigines and modern law. Whereas Aborigines define cultural heritage comprehensively as the totality of cultural practices and (tangible and intangible) expressions of a community, Australian law operates a much narrower definition with a focus on tangible objects. 64 According to the Australian Constitution, both the Commonwealth and the States have the See Davies 1996, 25. Couvalis and Macdonald 1996, 157. 60 Ritchie 1996, 29–31; Janke 1998, 79. 61 Ritter 2003, 195–196; Taubman 2002, 152, 156; Janke 1998, 82; Harris 1996, 120; Ritchie 1996, 31. 62 Ritter 2003, 204–207; Janke 1998, 26, 81. 63 According to an example provided by Ritchie 1996, 30, existing heritage legislation in Australia tends to focus on sites that have been identified by non-Aboriginal scientific experts, whereas places significant for Aboriginal people include unmodified landscape features. See also Taubman 2002, 142, and for the situation in Western Australia Ritter 2003, 199–203. 64 Janke 1998, 77. Australia has not ratified the 2003 UNESCO Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage. 58 59
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power to adopt legislation to acquire cultural property. 65 Since both levels have made abundant use of their competences the result is a “disparate framework of cultural heritage laws” and little coherence between State and Commonwealth legislation. 66 With regard to the situation in the Kimberley region, the Commonwealth Aboriginal and Torres Strait Islander Heritage Protection Act 1984 ( CHA ) 67 and the Western Australia Aboriginal Heritage Act 1972 ( WAHA ) 68 are the most relevant heritage legislation. Whereas the purpose of the CHA is to preserve and protect objects in Australia of particular significance to Aboriginals, the WAHA prohibits any interference with Aboriginal sites, unless authorised by the relevant state government minister. David Ritter provided a devastating critique of the WAHA from the perspective of critical legal theory. In his view, an analysis of the WAHA in operation reveals a system permitting the colonising power to “continue to do with Aboriginal places and materials exactly what it wants”. 69 One of his main criticisms relates to the discretionary power of the Minister. While it is generally illegal for non-Aboriginal people to interfere with Aboriginal sites, the Minister may authorise such activity. Under section 18 WAHA , the Minister may even “legalise the destruction of an Aboriginal site when a land owner makes an application to that effect”, regardless of how sacred it may be to the Aborigines. 70 On the other hand, the penalties available under the WAHA amounting to a maximum of AUD 1000 are not able to deter vandals. 71 According to Ritter “there have been few successful prosecutions” in the more than thirty years the WAHA has been in force. Conversely, the Minister granted permission to disturb an Aboriginal site “in the overwhelming number of applications made to the ACMC under section 18 [ WAHA ]”. 72 Ritter concludes that the WAHA “is an instrument for the ongoing colonisation and subjugation of Indigenous peoples that denies the legitimacy and validity of Aboriginal people making political decisions about their land.” 73
Ritchie 1996, 31. Janke 1998, 77. 67 Aboriginal and Torres Strait Islander Heritage Protection Act 1984, available at
68 Aboriginal Heritage Act 1972, available at 69 Ritter 2003, 208. 70 Ritter 2003, 197, 199. The application is first considered by the Aboriginal Cultural Material Committee ( ACMC ) which makes a recommendation to the Minister. 71 Ritter 2003, 197; see also Blundell and Woolagoodja 2005, 277, footnote 175. 72 Ritter 2003, 207. 73 Ritter 2003, 208. 65 66
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How does the WAHA relate to the CHA ? In the Tickner v Bropho case, the Federal Court of Australia said that the idea informing the enactment of the CHA was “that it would be used as a protective mechanism of last resort where State and Territory legislation was ineffective or inadequate to protect heritage areas or objects”. 74 In practice, however, it seems that the CHA is applied whenever “the assessment by the Australian Government of competing public interests involved in the protection of Aboriginal heritage differs from that of a State or Territory”. 75 The CHA is thus generally perceived to be the most important heritage legislation in Australia. 76 The analysis of the CHA in the abstract does not cast much light on how this legislation operates in practice. According to section 4 CHA , the purpose of the CHA is to preserve and protect areas and objects that are of particular significance to Aborigines from injury or desecration. An object is taken to be injured or desecrated if it is used or treated in a manner inconsistent with Aboriginal tradition (section 3(2) CHA ). If there is an immediate threat to a site, the Minister may make a temporary emergency order under section 9 CHA . A permanent order under section 10 can only be made, after receipt of an expert report on the place in question. 77 In the case of Wamba Wamba the Federal Court of Australia held that although the power of the Minister to make an order is “facultative and not imperative” he must decide whether or not to take action where he has received a bona fide application for a protective declaration. 78 However, as the Hindmarsh Island Affair demonstrated, “protections existing in heritage legislation at either federal or State level could and would be overridden if they conflict with other interests.” 79 The origin of the Hindmarsh Affair was the opposition by a group of Ngarrindjerri Aboriginal women to the proposed building of a bridge between Hindmarsh Island and the mainland at Goolwa in South Australia. The group claimed that the bridge would desecrate sacred sites. Upon an application by the group, the Minister issued an emergency declaration under section 9 CHA to stop the bridge-building for 60 days. 80 After having received an expert report from Professor Cheryl Saunders under section 10 CHA , the Minister ordered the project to be stopped for 25 years. Since Professor Saunder’s report 74 75 76 77
Tickner v Bropho, 114 ALR 409 at 437 (1993) 40 FCR 183, para 2. Boer/Wiffen 2006, 270; see also Taubman 2002, 146. Boer/Wiffen 2006, 269; McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 403. Boer/Wiffen 2006, 270; McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 403; Harris, 1996,
120. 78 Wamba Wamba Local Aboriginal Land Council and others v The Minister Administering the Aboriginal and Torres Strait Islander Protection Act 1984 and others (1989) 23 FCR 239, 86 ALR 161. 79 McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 404. 80 Harris 1996, 116.
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gave account of “secret women’s business”, the Minister relied on the advice given by a female staff member on the evidence contained in envelopes attached to the report rather than examining the evidence personally. 81 The decision was challenged in court. In Chapman v Tickner, the Federal Court of Australia found that the order was void, since the Minister was not allowed to take a decision without considering the evidence in full detail. 82 A new report was commissioned by the Minister. This report, prepared by Justice Jane Matthews of the Federal Court, came to the conclusion that the evidence was not sufficient for the Minister to conclude that “the building of the Hindmarsh Island Bridge would desecrate this area”. 83 The appointment of Justice Matthews was challenged in the High Court and found invalid, since it was incompatible with her role as a Federal Judge. 84 After the 1996 federal elections, the incoming conservative government of John Howard introduced a bill removing the Hindmarsh Island area from the potential protection of the CHA . The new Parliament passed the Hindmarsh Island Bridge Act in 1997, exempting the building of the Hindmarsh Bridge from the ministerial objection process. 85 This allowed the bridge to be built; it was opened in 2000. Aboriginal people in Australia have little confidence in heritage law as a means to protect their sacred sites effectively 86 and the experiences with the Hindmarsh case may be taken to show in a nutshell why this is the case. According to David Ritchie, the aspirations of the Aborigines in Australia would be to have “control over their cultural heritage”. 87 2.3 Native Title and Intellectual Property From the perspective of the propertisation critique the problem of native title is the issue framing in categories of ownership. Issue framing is an often overlooked consequence of asymmetrical power distribution in relations between indigenous and modern patterns of social organisation. 88 Issue framing is the power, as Gunther Teubner and Andreas Fischer-Lescano have recently pointed out, to determine the “categories in which politics and law in the centres of modernity perceive the problem of traditional knowledge Boer/Wiffen 2006, at 272. Chapman v Tickner (1995) 133 ALR 74; 37 Ald 1; 55 FCR 316. 83 Quotation found in Boer/Wiffen 2006, at 272. 84 Wilson and Ors v The Minister for Aboriginal and Torres Strait Islander Affairs (1996) 138 ALR 220, [1996] HCA 18; see Joseph/Castan 2006, at para 6.100. 85 Joseph/Castan 2006, at para 14.30. 86 Ritchie 1996, 29; Taubmann 2002, 141, 146 and 151 (with further references); Ritter 2003, 200. 87 Ritchie 1996, 28. 88 Harris 1996, 118–119, 135–136. 81
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in peripheral societies”. Lawyers for indigenous peoples “necessarily depend upon the issue framing given by the courts before which they stand”. “Although this dependency gives them the opportunity to connect to existing legal regulations and also opens scenarios for incremental legal innovations, it does bind them too closely to the conceptual system of the special legal field they are dealing with and precludes them effectively from exploring the real dimensions of the conflict and from finding solutions tailored to these problems.” 89 Issue framing in the case of native title is the subjugation of the laws and customs of indigenous peoples under the ownership centred categories given by the common law and precludes claims of indigenous self-determination and self-governance. In Neowarra, the problem of issue framing became noticeable in the unsuccessful invocation of the concept of native title by the Wanjina–Wunggurr community as a means to protect sacred Wanjina paintings and ceremonies performed at Wanjina places. In order to protect and preserve the sacred TCE and to object to any visual or auditory recording or reproductions of what was to be found or took place there, the community claimed a native title right to “use, maintain, protect and prevent the misuse of cultural knowledge of the Wanjina-Wunggurr community in relation to the claim area”. 90 Justice Sundberg rejected this claim, referring to the 2002 judgment of the Australian High Court in Ward. 91 In Ward the High Court said that a right to maintain and to protect cultural knowledge and to prevent its misuse, including the inappropriate viewing, hearing or reproduction of secret ceremonies, artwork, song cycles and sacred narratives is not a right in relation to land of the kind that can be the subject of a determination of native title. 92 The majority of the High Court held: “To some degree, for example respecting access to sites where artworks on rock are located, or ceremonies are performed, the traditional laws and customs which are manifested at these sites answer the requirement of connection with the land found in par (b) of the definition in s 223(1) of the NTA . However, it is apparent that what is asserted goes beyond that to something approaching an incorporeal right akin to a new species of intellectual property to be recognised by the common law under par (c) of s 223(1). The ‘recognition’ of this right would extend beyond denial or control of access to land held under native title. It would, so it appears, involve, for example, the restraint of visual or auditory reproductions of
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Teubner and Fischer-Lescano 2008, 19. Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 485. Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 487. See Gibson 2005, 241.
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what was to be found there or took place there, or elsewhere. It is here that the second and fatal difficulty appears.” 93 The majority decision in Ward went on to quote the decision of the Federal Court of Australia in John Bulun Bulun v R & T Textiles Pty Ltd, where Justice von Doussa observed that a fundamental principle of the Australian legal system was that the ownership of land and ownership of artistic works are separate statutory and common law institutions. 94 According to von Doussa, recognising cultural knowledge in land would amount to fracturing a so-called “skeletal principle” of the Australian legal system in the way highlighted by Justice Brennan in the Mabo decision of the High Court. 95 In this refusal of the common law to acknowledge the inextricable link of indigenous knowledge with the land, the collision between modern law and indigenous customs becomes salient. Again, Aboriginal culture seems to be the default loser when it is subjugated under a propertisation paradigm. Because of the common law doctrine of precedent, Justice Sundberg in Neowarra had no other choice than to follow the High Court although he seems to be sympathetic with the Aboriginal concerns. After all, at para 484 he acknowledged a native title based right of the Wanjina people to repaint rock art and look after the sites as long as this practice does not conflict with the overriding rights of pastoral leaseholders. This finding remains clearly within the parameters of the majority judgment in Ward and Justice Sundberg does not refer to the minority judgement in Ward, delivered by Justice Kirby. There, Kirby did not agree with the majority of the High Court regarding the separation between IP and native title. 96 Regarding the right to protect cultural knowledge Justice Kirby distinguished a right of restricting access to a physical area of land or waters from a right of restricting access to representations, images or oral accounts relating to such land or waters. 97 According to Justice Kirby, not only the first right but also the second is a right in relation to land or waters: “The relationship between the right and the land or waters need not be physical although, obviously, it is easier to prove it if a physical element is Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, 59. In John Bulun Bulun & Anor v. R. & T. Textiles Pty. Ltd. (1998) 41 IPR 513, Justice Von Doussa said (at para 524): “[t]he principle that ownership of land and ownership of artistic works are separate statutory and common law institutions is a fundamental principle of the Australian legal system which may well be characterised as ‘skeletal’”. 95 In Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1, Justice Brennan said at para 43: “However, recognition by our common law of the rights and interests in land of the indigenous inhabitants of a settled colony would be precluded if the recognition were to fracture a skeletal principle of our legal system.” 96 Gibson 2005, 242. 97 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 579. 93 94
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shown. It has been accepted that the connection between Aboriginal Australians and ‘country’ is inherently spiritual and that the cultural knowledge belonging to Aboriginal people is, by indigenous accounts, inextricably linked with their land and waters, that is, with their ‘country’. (…) If this cultural knowledge, as exhibited in ceremony, performance, artistic creation and narrative, is inherently related to the land according to Aboriginal beliefs, it follows logically that the right to protect such knowledge is therefore related to the land for the purposes of the NTA .” 98 Justice Kirby argued that this construction is consistent with the purposes of the NTA , as evidenced by the words of its preamble, “including the full recognition of the rich culture of Aboriginal peoples and the acceptance of the ‘unique’ character of native title rights”. 99 According to Justice Kirby, his construction is further supported by the instruments of international law ratified by Australia “which expressly provide for the protection of fundamental human rights”. In his view, such rights include the right of indigenous peoples to have “full ownership, control and protection of their cultural and intellectual property” as provided by the Draft UN Declaration on the Rights of Indigenous Peoples.100 Justice Kirby’s reference to the Draft Declaration on the Rights of Indigenous Peoples is thought-provoking if one considers that Australia was among the four (out of 148) nations to vote against the adoption of the Declaration during the session of the UN General Assembly of 13 September 2007. We will come back to the Declaration and its impact on TCE in the next section. To sum up, all three approaches available under Australian law to preserve or protect sacred Aboriginal sites show considerable shortcomings. At the root of these shortcomings is the fact that indigenous laws and customs are subjugated under Western law rather than recognising the Aboriginal peoples’ right to self-determination over cultural heritage. According to Paul Chartrand, a Canadian indigenous scholar, the recognition of self-determination is an essential part of the concept of shared sovereignty, which he has introduced as an offer for reconciliation in Australia. Shared sovereignty means that the Aborigines accept the de facto governance exerted by the government of Australia over indigenous peoples while requiring at the same time that the Aboriginal peoples have a right to self-determination. Chartrand emphasises that self-determination must not be understood in a secessionist way but rather as the right of the Aborigines “to aspire to live according to their own visions of the good society, inspired by their own concepts about the universe and the values that ought to inform the way that good relations are to be established and maintained within families, Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 580. Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 581 (emphasis in the original). 100 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 581. 98 99
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communities, and the nation-state.” 101 The right of a people to choose its political status within a State is known in international human rights law as “internal self-determination”.102 Although internal self-determination is usually given a political connotation, it also refers to the economic, social and cultural development of a people.103 If applied to issues of indigenous heritage, internal self-determination would mean recognising the autonomous right of an Aboriginal people to develop adequate schemes of protection and preservation of sacred sites and land-tied religious rituals in a comprehensive way.
3. Recent Developments in International Law 3.1 UN Declaration on Indigenous Peoples Self-determination of peoples including cultural self-determination is guaranteed as an international human right in Article 1 of the UN Covenant on Civil and Political Rights ( CCPR ).104 However, it is still not clear whether Article 1 is merely a vague political principle or a genuine right.105 Moreover it is a matter of considerable controversy whether indigenous communities are “peoples” in the sense of Article 1106 rather than “minorities” in the sense of Article 27 CCPR .107 In light of these uncertainties,108 it is important to Chartrand 2008. Joseph/Schultz/Castan 2004, paras 7.13–7.14. 103 Rosas 2001, 115; Joseph/Schultz/Castan 2004, para 7.14. 104 Article 1 CCPR , which is formulated in language identical to that of Article 1 of the UN Covenant on Economic, Social and Cultural Rights ( CESCR ), reads as follows: “All peoples have the right of self-determination. By virtue of that right they freely determine their political status and freely pursue their economic, social and cultural development”. On Article 1 CCPR see Human Rights Committee, General Comment No 12 (1984), adopted on 13 March 1984. Self-determination of peoples also appears in the Charter of the United Nations. See Rosas 2001, 113. 105 Musgrave 1997, 90. 106 There is no universally acknowledged definition or list of criteria for a “people” in international law. See Joseph/Schultz/Castan 2004, para 7.06 on Article 1 CCPR . 107 The Human Rights Committee ( HRC ) on the one hand insists on a clear distinction between Article 1 and Article 27 CCPR , which explicitly protects minority rights. See Human Rights Committee, General Comment 23 (1994), CCPR /C/21/Rev.1/Add.5, 8 April 1994, para 2. On the other hand, in its Concluding Observations on Canada, the HRC noted in the context of Article 1(2) CCPR that “the situation of the aboriginal peoples remains ‘the most pressing human rights issue facing Canadians’” and that the right to selfdetermination requires “that all peoples must be able to freely dispose of their natural wealth and resources”. See, United Nations, Convention on Civil and Political Rights, Human Rights Committee, Sixty fifth session, CCPR /C/79/Add.105, 7 April 1999, para 8. 108 In this context, one should also note the ILO Convention 169 Concerning Indigenous and Tribal Peoples in Independent Countries, adopted 27 June 1989 by the General 101
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note that the United Nations Declaration on the Rights of Indigenous Peoples specifically endorses both the right of self-determination (Article 3) and the right of self-government (Article 5). The Declaration was adopted by the UN General Assembly on 13 September 2007. One hundred and forty-three UN Member States voted in favour, 11 abstained and four – Australia, Canada, New Zealand and the United States – voted against the instrument.109 Several provisions relating to issues relevant for the protection and preservation of sacred sites can be read as a fold-out of the right of cultural selfdetermination. Article 25 of the Declaration provides that “indigenous peoples have the right to maintain and strengthen their distinctive spiritual relationship with their traditionally owned or otherwise occupied and used lands, territories, waters and coastal seas and other resources and to uphold their responsibilities to future generations in this regard”. Articles 11 and 12 both refer (using almost identical language) to the rights of indigenous peoples to maintain, protect, develop or have access to sacred sites as part of their right to practice and revitalise their cultural traditions and customs (Article 11) and/or their right to manifest, practise, develop and teach their spiritual and religious traditions, customs and ceremonies (Article 12). With a view to implementing the rights acknowledged, Article 11(2) provides that “states shall provide redress through effective mechanisms”. Moreover, Article 31 requires states to take effective measures to recognise and protect cultural heritage, traditional knowledge and TCE of indigenous peoples. The new Declaration is a comprehensive affirmation of the most important inherent rights and interests of indigenous peoples. The document resulted from more than 20 years of negotiations between indigenous peoples and states conducted within the competent UN agencies. Although not a binding legal instrument, the Declaration will provide guidance to governments of postcolonial states, who are willing to engage in a reconciliation process. As discussed above, the recognition of internal self-determination would be a precondition for a reconciliation based on the concept of shared sovereignty. With a view to protecting and preserving sacred sites comprehensively, respecting the rights to self-determination and self-government will be crucial for developing effective mechanisms in a way that responds to the complexity of the land-tied spiritual world of the Aborigines in the Kimberley region. Conference of the International Labour Organization at its seventy-sixth session, entered into force 5 September 1991, ILM 28 (1989), 1384. Article 8(2) ILO Convention 169 provides that indigenous peoples “shall have the right to retain their own customs and institutions, where these are not incompatible with internationally recognised human rights”. However, the direct legal impact of ILO Convention 169 is slight, since it has been ratified by only 19 States. 109 See UN General Assembly Press Release , 13 September 2007.
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3.2 The WIPO IGC Draft Provisions In 2000, the General Assembly of the World Intellectual Property Organization ( WIPO ) established the Intergovernmental Committee on Genetic Resources, Traditional Knowledge and Folklore ( WIPO IGC ). The WIPO IGC took up its work in 2001 and has since met twelve times. So far, it has neither been able to establish a working definition of the terms TK and TCE nor has it agreed on policy objectives of the protection of TK and TCE .110 In 2005, the Secretariat of the WIPO IGC prepared draft provisions for a sui generis protection of TCE ,111 which have subsequently been the subject of controversial discussion at several meetings of the WIPO IGC .112 The WIPO IGC draft resides on the concept that TCE derive their significance from community recognition rather than from an individual’s mark of creativity.113 It responds to many of the above-mentioned objections to the use of the existing IP system to protect TCE . First, Article 1 of the Draft provides for a definition of TCE that does not require any reduction to a material form. Protection of TCE automatically exists from the moment of its creation. According to Article 1, TCE can be created either by communities or individuals. Article 3, defining the scope of protection, distinguishes between: a) TCE of a particular value or significance; b) other TCE ; and c) secret TCE . For a TCE to be recognized as a TCE of particular value a registration and notification is required, as prescribed in Article 7. For TCE that is registered, the relevant community can prevent inter alia “the reproduction, publication, adaptation, broadcasting, fixation” or any other use. With regard to secret TCE , governments shall provide “adequate and effective legal and practical measures to ensure that communities have the means to prevent the unauthorized disclosure, subsequent use of and acquisition and exercise of IP rights over secret traditional cultural expressions” (Article 3(c)). Finally, Article 6 provides that protection of TCE should endure for as long as the TCE continue to meet the criteria for protection under Article 1, i.e. for TCE referred to in Article 3(a) as long as they remain registered, and for TCE referred to in Article 3(c) as long as they remain secret. Certain Wanjina rock art sites including any Aboriginal rituals performed nearby would fall under the categories of secret TCE being protected against Girsberger 2008, 133; Wendland 2008, 159; Graber and Girsberger 2006, 260. The draft provisions are contained unaltered in the Annex of documents WIPO / GRTKF / IC /8/4, 8 April 2005, WIPO / GRTKF / IC /9/4, 9 January 2006, WIPO / GRTKF / IC /10/4, 2 October 2006, WIPO / GRTKF / IC /11/4(c), 26 April 2007, and WIPO / GRTKF / IC /12/4(c), 6 December 2007. 112 At the Eighth, Ninth, Tenth, Eleventh and Twelfth Sessions of the Committee, the draft provisions were welcomed by some members and severely criticised by others. Wendland 2008, 159. 113 According to Article 2, indigenous communities are the principal beneficiaries of protection. Wendland 2008, 171. 110
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unauthorised disclosure, subsequent use and appropriation by third parties. Sacred Wanjina sites that are not secret need to be registered to ensure that the Aboriginal community has a “right to say no” on the basis of the principle of prior and informed consent. According to Wend Wendland, the draft provisions draw upon the registration and notification mechanisms as found in patent law or trade mark law.114 If adopted, it will be important to make sure that these requirements can be implemented in such a way that no unnecessary financial or technical stakes are set, which would prevent the TCE -holding Aboriginal community from seeking such registration. In this context it is important to stress that according to Article 7(b)(i) any intellectual property rights that may be created in any recording or other fixation of TCE which is necessary for registration or notification “should vest in or be assigned to the relevant community”. This seems to be a lesson learnt from cases where the registration of TK created IP rights for ethnobotanists or archaeologists rather than for the legitimate owners of such material.115 All in all, the WIPO draft responds to obligations in Article 31 of the UN Declaration on indigenous peoples, requiring governments take effective measures to recognise and protect cultural heritage, traditional knowledge and traditional cultural expressions of indigenous peoples. Nonetheless, during the IGC deliberations indigenous communities have expressed their concerns that the draft provisions would undermine their traditional laws and customs.116
4. Conclusion The above analysis revealed that the Australian law applicable to the protection of Aboriginal sites is fragmented and fails to provide effective protection for the sacred Wanjina rock art and the ceremonies performed at its sites. Most of the identified shortcomings can be explained by the fact that the traditional laws and customs of the Aborigines are subjugated under the property-centred modern Australian law rather than fully respecting the complexities of the land-tied social organisation. It appears that the protection of Aboriginal heritage is closely linked to the question how reconciliation between the colonisers and the colonised could be achieved in Australia. Reconciliation requires a radically new approach to interfacing the laws and customs of the Aborigines with modern Australian law. As suggested Wendland 2008, 179. For the example of the commercialisation of recording of traditional Central African forest music made by scholars and realised as anthropological and ethnomusicological documents see Feld 1996, 9–11; see also Janke 1998, 54. 116 Wendland 2008, 164. 114 115
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by Aboriginal brokers, adopting the principle of shared sovereignty could be the solution. This proposal understands the concept of shared sovereignty as an Aboriginal offer for reconciliation requiring the acknowledgement of the right of (internal) self-determination in return for accepting the de facto governance of the Australian government over indigenous peoples. With respect to areas of culture, self-determination would empower Aboriginal people to protect the whole land-tied indigenous culture in a comprehensive manner, rather than referring to fragmented aspects of IP, cultural heritage and native title law. It would be the responsibility of the Australian state to provide for the necessary funds to help the Aborigines to implement their policies of cultural self-governance. In our view, a theory on the interface between modern law and indigenous laws and custom in Australia must be developed within the framework of human rights law.117 Consequently, any reference to indigenous self-determination has to fit into the overall system of internationally recognised human rights standards. On the one hand the principle of self-determination would meet an important requirement of the UN Declaration on the Rights of Indigenous Peoples. On the other hand it seems clear that assuring the principle of self-determination in areas of cultural heritage would raise issues of compensation. Compensation of expropriated non-indigenous owners of Aboriginal land is a high but necessary price that modern Australia will have to pay for achieving reconciliation with the traditional owners of the land.
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I. Lebendige Subjekte: Menschen, Kollektive, Bäume Schon vor rund einem Vierteljahrhundert irritierten systemtheoretische Beobachtungen der sozialen Realität von Kollektivakteuren die weitverbreitete, inzwischen sogar als selbstverständlich geltende Vorstellung, dass einzig und allein menschliche Individuen soziale Akteure sein könnten.1 Niklas Luhmann und Gunther Teubner störten den etablierten Methodenindividualismus, und jeder von beiden tat dies auf seine Weise. Während Luhmann sich noch darauf konzentriert hatte, den Kollektivakteur als das Resultat kommunikativer Handlungszuschreibungen an menschliche Sozialsysteme darzustellen, ging Teubner wenig später noch wesentlich weiter. Wenn Handlungen lediglich attribuiert werden, wenn der Handelnde also bloß als solcher beschrieben, konstruiert, oder womöglich sogar nur fingiert wird, dann werden auch die entsprechenden Rechtsbegriffe beweglich. In seinem Beitrag zum „Unternehmenskorporatismus“ schrieb Teubner fast schon beiläufig: „Nichts hindert demnach das Rechtssystem, beliebige Objekte – Gottheiten, Heilige, Tempel, Grundstücke, Kunstwerke – dadurch zum Zurechnungspunkt zu machen, daß es an sie Rechtsfähigkeit verleiht. Besonders Bäume sind prominente Kandidaten. Sie werden in der rechtstheoretischen und rechtspolitischen Diskussion immer wieder als potentielle Rechtssubjekte genannt – und dies heute mit gutem Recht (‚Should trees have standing?‘).“ 2 Rechtsfähige Bäume waren seit jenem berühmten, für die ökologische Bewegung beispielhaften Beitrag von Christopher D. Stone 3 in der Tat ein be1 Luhmann Soziale Systeme, Frankfurt a. M. 1984, 269 ff.; Teubner Unternehmenskorporatismus. New Industrial Policy und das „Wesen“ der Juristischen Person, KritV 1987, 61 ff. 2 Teubner Unternehmenskorporatismus, 71 f. 3 Stone Should Trees Have Standing? Toward Legal Rights for Natural Objects, Southern California Law Review 45 (1972), 450 ff.; dazu auch Gruber Die Rechte des Lebendigen: Wege zum Rechtsschutz nichtmenschlichen Lebens und natürlicher Lebensgesamtheiten, AJP / PJA 12/2007, 1546 ff.; ferner ders. Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben. Der mo-
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sonderes Thema, zunächst allerdings vornehmlich innerhalb naturethischer Debatten. Auf die meisten Juristen dürfte Teubners kühne Anspielung hingegen befremdlich gewirkt haben, und daran hat sich wohl bis heute nicht viel geändert. Zu fest sitzt immer noch der Glaube daran, dass Subjekt und Individuum dasselbe seien, oder mit anderen Worten: dass nur Individuen – genauer: nur menschliche Individuen – Subjekte von Rechten und Pflichten sein könnten. Doch fragt man näher, wer die Unterscheidung von Subjekten und Objekten macht, wer also „Beobachter“ im Sinne Luhmanns ist, so erscheint der Subjektbegriff in einem deutlich veränderten Licht. Die Frage nach dem Standpunkt des Beobachters schließt einen Rückgriff auf ein transzendentales, gleichsam außerhalb der Welt befindliches Subjekt von vornherein aus. 4 Der Beobachter ist selbst ein Teil der beobachteten Welt. Er muss sich daher von dem Beobachteten unterscheiden und sich insoweit auf sich selbst beziehen, um beobachten zu können. Es ist dann gerade nicht mehr das menschliche Individuum an sich, welches das entscheidende Charakteristikum des Subjektbegriffs bildet, sondern vielmehr dessen besondere Befähigung zur Selbstbeobachtung und Reflexion. 5 Von hier aus gelangt man rasch zum systemtheoretischen Begriff der Selbstreferenz 6, und weiter zur Erkenntnis, dass nicht nur (menschliche) psychische Systeme selbstreferenziell operieren, sondern auch die auf sinnhafter Kommunikation aufbauenden Sozialsysteme. 7 Neben individuellen Bewusstseinssystemen sind demzufolge zumindest auch soziale Systeme als „Subjekte“ auszumachen. Diese entwickeln sich eigendynamisch, unabhängig vom Denken und Erleben konkreter Einzelmenschen, fort. Als kollektive Erscheinungen lassen sie sich kaum noch auf die empirisch disparaten Bewusstseinsformen konkreter Individuen zurückführen. 8 Dies sind die wesentlichen Gedankenschritte, mit denen sich Luhmann und Teubner gemeinsam gegen die individualistische Verwechslung von ralische Status des Lebendigen und seine Implementierung in Tierschutz-, Naturschutzund Umweltrecht, Baden-Baden 2006, 146 ff. 4 Dazu Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 2. Aufl., Darmstadt 2004, 61 ff., 142 f.; ders. Soziale Systeme, 143 ff. 5 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 346 ff., 593 ff. 6 Dieser hat freilich seine philosophiegeschichtlichen Vorläufer, etwa bei Hegel, der seinen Personbegriff auf die Selbstbezogenheit des Subjekts stützt: „Der für sich seiende oder abstrakte Wille ist die Person. (…) Vom Subjekte ist die Person wesentlich verschieden, denn das Subjekt ist nur die Möglichkeit der Persönlichkeit, da jedes Lebendige überhaupt ein Subjekt ist. Die Person ist also das Subjekt, für das diese Subjektivität ist, denn in der Person bin ich schlechthin für mich: Sie ist die Einzelheit der Freiheit im reinen Fürsichsein.“ (ders. Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, in: Werke, Bd. 7, hg. von Moldenhauer/Michel, Frankfurt a. M. 1986, 95 [§ 35]). 7 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 95 ff., 191 ff. 8 Vgl. Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 155; ders. Soziale Systeme, 286 ff.
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Subjekt und Individuum wenden. Sie erkennen den Kollektivakteur infolgedessen als ein eigenständiges semantisches Artefakt der Kommunikation, das institutionalisiert und somit „soziale Realität“ werden kann. 9 Der Individualismus erweist sich demgegenüber als Erklärungsmodell kollektiven Handelns bereits deswegen als ungeeignet, weil schon fraglich bleibt, welche konkreten Menschen überhaupt die Maßstäbe für die (subjektive) Rekonstruktion des „unteilbaren“ Individuums liefern könnten. Denkt man hier an alle Menschen, so schließt sich die weitere Frage an, wer überhaupt „alle“ sind. Zu groß sind etwa die empirischen Variationen von Entwicklungsstufen,10 Lebensweisen und Persönlichkeiten.11 In dieser Hinsicht könnten die ursprünglich nur gegen die Vorstellung einer eigenständigen kollektiven Subjektivität gerichteten Argumente sich nunmehr auch gegen das kaum noch hinterfragte Konzept des Individualsubjekts wenden: Ebenso wenig wie es sich beim Kollektivakteur um ein kollektives Selbst etwa nach Art von „Kollektivgeistern“ oder gar von „Gesammtorganismen“ 12 handelt, kann das individuelle Selbst heute noch als ein „monolithisches Ich“ 13 gelten.14 Nicht zuletzt mit dem Fortschritt neurowissenschaftlicher Forschung scheint sich zu bestätigen, dass menschliches Bewusstsein keineswegs über die stabile psychische Kontinuität und rationale Willensbildung verfügt, wie sie traditionell unterstellt und zur Begründung individueller Subjektivität herangezogen werden.15 Dem solcherart bedrängten Individuum kommen Luhmann und Teubner zur Hilfe, indem sie Subjektivität als ein generelles Merkmal selbstreferenzieller Sinnsysteme auffassen, die wohlgemerkt nicht zwingend auf Bewusstsein basieren müssen, sondern alleine auf Kommunikation aufbauen 9 Teubner Unternehmenskorporatismus, 68 f.; später dazu ausführlich Hutter/Teubner Der Gesellschaft fette Beute. Homo juridicus und Homo oeconomicus als kommunikationserhaltende Fiktionen, in: Fuchs/Göbel (Hg.), Der Mensch – das Medium der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1994, (110 ff.) 118 ff. 10 Siehe etwa Gruber Vom Kontinuum der Herkunft ins Kontinuum der Zukunft. Zur Relevanz von Argumenten der Potentialität bei der Bestimmung des rechtlichen Status von Biofakten, in: Karafyllis (Hg.), Biofakte. Versuch über den Menschen zwischen Artefakt und Lebewesen, Paderborn 2003, 131 ff.; sowie jüngst Ahrens Frühembryonale Menschen. Kulturanthropologische und ethische Effekte der Biowissenschaften, München 2008. 11 Zu entsprechenden Spekulationen über multiple Persönlichkeiten Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 94 f., mwN. 12 Vgl. v. Gierke Das Wesen der menschlichen Verbände, Leipzig 1902. 13 Vgl. Pauen Grundprobleme der Philosophie des Geistes. Eine Einführung, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 2001, 247 und 299. 14 Ähnlich bereits Simmel Über sociale Differenzierung, in: Gesamtausgabe, Bd. 2, hg. von Dahme, Frankfurt a. M. 1989, (109 ff.) 127. 15 Einen entsprechenden, neurophilosophischen Versuch zur Neubegründung individueller Subjektivität unternimmt Metzinger Being no one. The self-model theory of subjectivity, Cambridge ( MA ) 2003.
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können. Individualität wird jetzt in einem ganz neuen Sinn denkbar, sobald man noch einen weiteren systemtheoretischen Schritt vollzieht: Die konkreten Menschen sind nicht in den kommunizierenden, operativ geschlossenen, autopoietischen Systemen zu finden, sondern bilden deren Umwelten.16 Doch anders als Luhmann sieht Teubner neben menschlichen Individuen noch weitere bedrängte Umwelteinheiten: Nichtmenschliche Wesen wie Bäume und Tiere, insbesondere Menschenaffen, aber auch elektronische Agenten, Cyborgs und Künstliche Intelligenzen sollen – so eine jüngere Forderung Teubners – unter bestimmten Bedingungen den rechtlichen Akteursstatus, womöglich sogar Rechtsfähigkeit erlangen können.17 Teubner findet damit vor allen Dingen zu den lebendigen Umwelten der Gesellschaft einen völlig neuen Zugang, der sich – wie ich nachfolgend zeigen möchte – in nuce einem gegenüber der Systemtheorie Luhmanns modifizierten Autopoiesisbegriff verdankt. Dieser ermöglicht es Teubner, über die Grenzen der Kommunikation, des autopoietischen Lebensbegriffs, und schließlich auch der Systemtheorie hinauszublicken.
II. Lebendige Umwelten: Gedanken, Blut, Fleisch Gegen die Figur der Autopoiesis, der zirkulären Selbstreproduktion lebendiger 18 und auch kommunizierender 19 Systeme, wird immer wieder eingewendet, dass der Mensch im System vernachlässigt werde. 20 Luhmann insistiert demgegenüber auf dem seiner Ansicht nach erst durch die Differenz von System und Umwelt denkbaren „radikalen Individualismus in der Umwelt des Systems“. 21 Wiederholt betont er, dass die konkreten Menschen nicht dadurch abgewertet würden, dass sie aus systemtheoretischer Sicht zu den Umwelten von Sinnsystemen gehörten. Siehe nur Luhmann Soziale Systeme, 286 ff. Vgl. Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen: Zur Ausweitung des Akteursstatus in Recht und Politik, in: Becchi/Graber/Luminati (Hg.), Interdisziplinäre Wege in der juristischen Grundlagenforschung, Bd. 25, Zürich 2008, (1 ff.) 17. 18 Vgl. Maturana/Varela Autopoietische Systeme: eine Bestimmung der lebendigen Organisation, in: Maturana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit. Ausgewählte Arbeiten zur biologischen Epistemologie. Autorisierte deutsche Fassung von Köck, Braunschweig / Wiesbaden 1982, 170 ff.; siehe im selben Band auch Maturana Biologie der Kognition, 32 ff. 19 Zu diesbezüglichen Differenzen zwischen Luhmann und Maturana etwa Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 113. 20 Siehe etwa Kargl Kommunikation kommuniziert? Kritik des rechtssoziologischen Autopoiesebegriffs, Rechtstheorie 21 (1990), 352 ff.; dazu Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1993, 35 (Anm. 47). 21 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 257; siehe auch ders., Das Recht der Gesellschaft, 48 f. 16 17
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Und dennoch bleibt der Verdacht, dass in einem derart streng verstandenen Autopoiesiskonzept die lebenden Menschen als Umwelten nicht nur außerhalb von Gesellschaft, Recht und sogar Bewusstsein positioniert sind, sondern auch aus deren Kommunikationen dauerhaft ausgeschlossen werden. So lässt sich unter anderem nachvollziehen, dass selbst erklärte Anhänger dieses Denkmodells anscheinend lieber ihrer abweichenden Intuition folgen, etwa indem sie die Bestandteile der Kommunikation – Information, Mitteilung, Verstehen – als unmittelbare Erzeugnisse mentaler und sogar körperlicher Vorgänge auffassen. 22 Oder auch, indem sie – wie vor allem Teubner – „Recht als autopoietisches System“ im Gegensatz zu Luhmann ursprünglich als ein im Rahmen eines Evolutionskontinuums nur graduell geschlossenes System konzipieren. 23 Oder aber, indem sie – wie abermals Teubner – zumindest das Problem der Rechte derer, die „für immer aus der Gesellschaft verbannt sind, (…) umdenken“. 24 Die genannten Varianten des Konzepts autopoietischer Geschlossenheit gehen mit dessen Konsequenzen allerdings auf ganz verschiedene Weise um: Gegenüber der zuerst genannten Position kann Luhmann noch einwenden, dass sie mit ihrer Betonung der körperlichen und psychischen Fundamente der Kommunikation paradoxerweise etwas behaupte, was sie schon durch ihre eigene Operation im Medium der Sprache widerlege: „Da kommt kein Blut, da kommt kein Gedanke. Da sind wirklich nur Buchstaben und das, was man aus diesen Buchstaben machen kann, Wörter, Sätze und dergleichen. Das ist die Kommunikation.“ 25 Freilich will Luhmann damit keineswegs sagen, dass Kommunikationssysteme ohne die entsprechenden psychologischen und biologischen Umweltbedingungen lebendiger Menschen entstehen, geschweige denn fortbestehen könnten. 26 Operative Geschlossenheit bedeutet eben nicht kausale Abgeschlossenheit. 27 Autopoiesis besagt in diesem Zusammenhang nur, dass die lebendigen Umwelten der Kommunikation nicht selbst kommunizieren, sondern allenfalls kommuniziert werden können: Die Beziehungen zur Umwelt beruhen auf den Eigenleistungen des Systems. 28 22 Martens Die Autopoiesis sozialer Systeme, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 43 (1991), 625 ff.; vgl. dazu die Kritik von Luhmann Wer kennt Wil Martens? Eine Anmerkung zum Problem der Emergenz sozialer Systeme, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 44 (1992), 139 ff.; sowie die Replik von Martens Die partielle Überschneidung autopoietischer Systeme. Eine Erwiderung, aaO, 143 ff. 23 Vgl. Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt a. M. 1989, 38 ff. 24 Teubner Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“ transnationale Akteure, Der Staat 45 (2006), (161 ff.) 169. 25 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 262. 26 Siehe hierzu etwa Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 76. 27 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 44. 28 S.o., Fn. 26.
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Von dieser systemtheoretischen Grundannahme geht auch Teubner aus. Seine Ansätze zum autopoietischen Recht gehen den von Luhmann eingeschlagenen Pfad jedoch weiter, indem sie sich insbesondere mit den normativen Folgen der rechtlichen Autopoiesis befassen. Dabei spezifiziert Teubner mehr noch als Luhmann das kritische Potenzial, das in der Betrachtung der Evolution autopoietischen Rechts 29 sowie in der Möglichkeit des „Umdenkens“ in Gestalt eines ökologischen Grundrechtsverständnisses zu finden ist. Er begnügt sich nicht mit der bloßen Feststellung einer unüberbrückbaren Differenz von rechtlicher Kommunikation und ihrer Umwelt. Vielmehr stellt er an diesem Punkt weiter drängende Fragen: „Kann die Kommunikation den Menschen in der außergesellschaftlichen Umwelt überhaupt je gerecht werden? Kann sie je die nicht-egalitären Verpflichtungen erfüllen, die aus der Berücksichtigung des Eigentümlichen oder Individuellen erwachsen?“ 30 Teubner hat das normative Problem, das durch das Autopoiesiskonzept enthüllt wird, klar vor Augen: „Dass Menschen nicht Teile der Gesellschaft sind, sondern ihr in nicht überwindbarer Trennung gegenüberstehen, hat eine unerbittliche Konsequenz. (…) Kommunikation verselbständigt sich gegenüber den Menschen, schafft gegenüber dem individuellen Bewusstsein ihre eigene Sinnwelt. Diese kann von den Menschen zum Überleben produktiv genutzt werden, sie kann sich aber auch – und dies ist die Stelle, an der Grundrechte relevant werden – gegen sie wenden und ihre Selbsterhaltung bedrohen, ja ihre Existenz auslöschen.“ 31 Die genannte Stelle ist Teubner zufolge schließlich auch „der Ort, an dem Körper und Bewusstsein der Individuen (…) auf ihre ‚vorrechtlichen‘, ‚vorpolitischen‘, ja sogar ‚vorgesellschaftlichen‘ (= ‚außergesellschaftlichten‘) ‚latenten Eigenrechte‘ pochen.“ 32 „Latente Rechte“ verstehen sich jedoch nicht etwa schon als juristische, politische oder auch nur moralische Rechte. 33 Sie handeln lediglich von den selbsterhaltenden Reaktionen lebendiger Systeme auf die zerstörerischen, verletzenden oder sogar tödlichen Übergriffe der Kommunikation. Immerhin bahnt sich Teubner damit aber einen juridischen, von der Sehnsucht 29 Siehe Teubner Recht als autopoietisches System, 66 ff.; dazu Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 71 (Anm. 58). 30 Teubner Die anonyme Matrix, 169. 31 Teubner Die anonyme Matrix, 170. 32 Teubner Die anonyme Matrix, 171. 33 So ausdrücklich Teubner Die anonyme Matrix, 171(Anm. 44).
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nach Gerechtigkeit geleiteten Ausweg aus der autopoietischen Geschlossenheit des Rechts. Blut und Gedanken mögen dem Recht völlig fremd bleiben, nicht so jedoch die „Eigenansprüche der Menschen aus Fleisch und Blut“ 34, die nicht – jedenfalls nicht auf Dauer – ungehört bleiben können. Schmerzen und Leiden der nach Selbsterhaltung strebenden „Leib-Seele-Einheiten“ vermögen Recht und Gesellschaft zumindest soweit zu irritieren, dass sie in kommunikative Konflikte übersetzt werden. 35 Die entsprechenden Umweltkonflikte von Körper und Bewusstsein werden so als Rechtsdiskurse und -streitigkeiten um Menschenrechte rekonstruiert. 36 Gewiss zeichnet Teubner die vom Autopoiesiskonzept vorgegebenen Grenzen unverzüglich wieder nach, um allzu gewagten Spekulationen über mögliche „Übersetzungen“ der latenten Rechte in juristisch kommunizierbare Rechte vorzubeugen: So betont er etwa, dass die metaphorische Rede von „vorrechtlichen“ Eigenrechten „irreführend“ und keinesfalls im Sinne eines Apriori zu verstehen sei, 37 dass eine Korrespondenz zwischen kommunikativen Konstrukten und konkreten Menschen keineswegs gesichert sei, 38 und schließlich, dass „nur die Selbstbeobachtungen von Bewusstsein/ Körper – Introspektion, Leiden, Schmerz – (…) beurteilen können, ob Kommunikation die Menschenrechte verletzt.“ 39 Damit setzt er die Marksteine der Systemtheorie, nachdem sie durch sein beständiges Fragen nach den Menschen aus Fleisch und Blut „verrückt geworden“ 40 sind, wieder neu – doch möglicherweise nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz.
III. Selbsttranszendierung der Kommunikation Auf den ersten Sündenfall am Baum der Erkenntnis, den Teubner als die Zerstörung der Einheit von Natur und Mensch durch die unterscheidende Sinnproduktivkraft Kommunikation beschreibt, 41 folgt nun ein zweiter am systemtheoretischen Grundstock der Autopoiesis: Jenseits der KommuniTeubner Die anonyme Matrix, 172. Vgl. Teubner Die anonyme Matrix, 171 ff. 36 So Teubner Die anonyme Matrix, 172. 37 Vgl. hierzu Teubner Die anonyme Matrix, 173 (Anm. 49), mit Verweis auf Fuchs Der Eigen-Sinn des Bewußtseins. Die Person, die Psyche, die Signatur, Bielefeld 2003. 38 Vgl. hierzu Teubner Die anonyme Matrix, 174 f. 39 So Teubner Die anonyme Matrix, 186. 40 Teubners wiederholte Warnungen vor der irreführenden Metaphorik der Sprache gelten selbstverständlich auch für die hier zitierte Irreführung des § 919 Abs. 1 BGB . Zur ebenfalls irreführenden Metapher der „leiblich-geistigen Lebenseinheit“ der „realen Verbandspersönlichkeit“ im Sinne Gierkes (s. o., Fn. 12) vgl. Teubner Unternehmenskorporatismus, 66 f. 41 Siehe Teubner Die anonyme Matrix, 173. 34 35
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kation spürt Teubner die Chance, die verlorene Einheit von Mensch und Natur wiederzufinden, den entfremdeten Menschen wieder an die Welt anzunähern, oder anders ausgedrückt: den individuellen Menschen wieder als Menschen aus Fleisch und Blut gerecht zu werden. Es ist dies keineswegs eine Rückkehr ins verlorene Paradies, eher dessen Neuerfindung als Transzendenz in der Immanenz: „Selbsttranszendierung“ der kommunikativen Systeme. 42 Das Jenseits der Kommunikation beruht demnach auf deren eigenen „Transzendenzerfahrungen“ – dies ist der Grundstock der Autopoiesis, der erhalten bleibt. Allerdings verweist die Kommunikation über sich selbst hinaus, auf das ihr fremde, nicht-kommunikative, authentische Leben – dies ist der eigene blinde Fleck der Autopoiesis, den Teubner nun näher beleuchtet, um ihn – anstatt sich mit dem Zustand bloßer Invisibilisierung 43 zufrieden zu geben – gewissermaßen zu revisibilisieren. Die systemtheoretische These operativer Geschlossenheit kann danach nicht mehr in dem strengen Sinn aufrecht erhalten werden, den Luhmann ihr beigelegt hatte. 44 Stattdessen öffnet sie sich jetzt für die „Verweisungsüberschüsse“ der (an sich noch immer geschlossenen) Operationen und für deren „utopische Energien“. 45 Die Selbsttranszendierung der Kommunikation sensibilisiert sie für ihre lebendigen Umwelten, macht sie für deren als Selbsterhaltungstendenzen erfahrenen „latenten Eigenrechte“ empfänglich, mehr noch: sie lässt sie möglicherweise sogar die Selbstbeobachtungen der lebendigen Wesen – psychisches Erleben, Leiden und Schmerzen – im Modus ihrer eigenen Operationen rekonstruieren. Ein Kommunikationssystem, das von einer gegen Ungerechtigkeiten aufbegehrenden lebendigen Umwelt ständig irritiert wird, könnte auf dieser Basis eine empathische Normierungspraxis herausbilden, die in der Konsequenz zu einer Aufwertung des Lebendigen auch innerhalb der Kommunikation führen mag. 46
42 Vgl. hierzu mit Blick auf das Recht Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie, Heft 29 (2008) (9 ff.) 25 ff., v. a. unter Berufung auf Derrida Gesetzeskraft. Der „mystische Grund der Autorität“, Frankfurt a. M. 1991, 44 ff. 43 Zur (scheinbaren) Notwendigkeit einer Invisibilisierung des Beobachters siehe etwa Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 141 ff. 44 Dies gilt insbesondere auch für die Autopoiesis der sozialen Subsysteme, wie sich anhand des von Teubner konstatierten Phänomens zeigt, „dass trotz aller gesellschaftlichen Arbeitsteilung Wissen sich nicht auf Wissenschaft konzentrieren lässt, dass Machtprozesse trotz des staatlichen Gewaltmonopols auch außerhalb der Politik stattfinden, dass die Unterscheidung Recht/Unrecht trotz aller Formalisierung des Rechtssystems auch außerhalb des Rechts praktiziert wird“ (ders. Selbstsubversive Gerechtigkeit, 26). 45 So Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, 27. 46 Vgl. etwa Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 17 ff., 103 ff.
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Eine solche Form von Empathie könnte insoweit – nicht zuletzt aufgrund ihrer vorgesellschaftlichen und vorrechtlichen evolutionären Wurzeln 47 – als ein Bindeglied im Bereich der strukturellen Kopplung von komplexen Sinnsystemen und deren lebendigen Umwelten fungieren. 48 Sie ermöglicht die sinnsysteminterne Rekonstruktion – sozusagen das „Nachempfinden“ – des Erlebens Anderer aufgrund einer analogischen Vorstellung der Nähe und Vergleichbarkeit dieser Anderen. Dabei sind es nicht in erster Linie die empirisch feststellbaren Fähigkeiten eines Wesens, die über dessen Wert oder Würde entscheiden, sondern Zuschreibungen, die sich auf Beziehungen sozialer Nähe, auf Kriterien spezifischer Vergleichbarkeit und nicht zuletzt auch auf ästhetische Urteile gründen. 49 Auf diese Weise lässt sich nun doch die unsichere Korrespondenz zwischen den kommunikativen Konstrukten und den lebendigen Menschen stabilisieren, deren eigene Selbstbeobachtungen, Introspektionen, Leiden, Schmerzen spätestens im „Schrei“ 50 die Grenzen von Bewusstsein und Körper überschreiten und von der Kommunikation erhört werden. Es sind also die phänomenalen Binnenperspektiven des psychischen Erlebens lebendiger Wesen, die dem Leben den Zugang zur Kommunikation – freilich über die Umwege von Irritation, Rekonstruktion und „re-entry“ 51 – vermitteln.
IV. Selbsttranszendierung des autopoietischen Lebens Solche Umwege sind unvermeidlich, nicht jedoch unbedingt hinderlich, wenn es darum geht, dem Leben kommunikativ gerecht zu werden. Die Vermitteltheit, die Medialität und selbst die Metaphorik sind der Kommunikation unauslöschlich eingeschrieben. Gerade wenn es um „Lebensfragen“ geht, sind Metaphern im Medium einer gegenüber dem phänomenalen Reichtum des Erlebbaren unzulänglichen Sprache unausweichlich. Dies legen nicht nur die Zeilen dieses (gewiss in eigener Sache sprechenden) Textes nahe, sondern vor allem auch die variablen Verwendungen der Autopoiesis lebendiger und kommunizierender Systeme. 52 Dazu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 44 ff., 86 ff. Vgl. Stenner Is Autopoietic Systems Theory Alexithymic? Luhmann and the SocioPsychology of Emotions, Soziale Systeme 10 (2004), (159 ff.) 166 ff. 49 Siehe hierzu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 91 ff., 108 ff. 50 Teubner Die anonyme Matrix, 187. 51 So Teubner Die anonyme Matrix, 185. 52 Dazu Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 113 f. Später verwahrt dieser sich allerdings dagegen, auch die Anwendung des Autopoiesisbegriffs auf soziale Systeme metaphorisch aufzufassen: ders. Das Recht der Gesellschaft, 47 f. (Anm. 17), mwN; vgl. ferner die bereits oben (Fn. 22) zitierte Auseinandersetzung von Martens und Luhmann. 47 48
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Es mag zwar stimmen, dass es sich bei der Figur der Autopoiesis trotz ihres konzeptionellen Ursprungs in den Naturwissenschaften nicht bloß um eine biologische Metapher handelt. Vielmehr ist sie durchaus im Sinne Luhmanns als „Invariante“ einsetzbar, die „bei allen Arten von Leben, bei allen Arten von Kommunikation stets dieselbe (ist)“. 53 Jedoch lässt sie in ihrer – unvermeidlich kommunikativ vermittelten, metaphorischen – Verwendung als Lebensbegriff von vornherein Lebenswichtiges offen: Autopoiesis bezeichnet hier eben nichts anderes als Selbstproduktion lebender Systeme, deren zirkuläre Organisation ein stabiles, operativ geschlossenes Netzwerk zur Reproduktion eigener Bestandteile bildet. 54 Autopoiesis heißt dann gerade nicht, dass das Leben im Rahmen seiner Selbstreproduktion alle Kausalfaktoren seiner Entwicklung kontrollieren könnte. 55 Leben ist in diesem Sinne nicht mehr und nicht weniger als sein eigenes „Werk“, keineswegs aber schon seine eigene „Schöpfung“. 56 Es kann sich nur in Abhängigkeit von den kausalen Einflussfaktoren reproduzieren, die es in seiner Umwelt vorfindet. Kurzum: Das Lebenswerk gelingt nur unter Lebensbedingungen. Doch was sind Lebensbedingungen, wie kann sich die Umwelt des Lebens – insbesondere auch die Kommunikation – gegenüber dem Leben verhalten? Kann sie neben destruktiven auch lebensfördernde Wirkungen entfalten? Und umgekehrt: Wie vermag das Leben auf die Kommunikation einzuwirken? Hierzu hatte die Systemtheorie vor Teubner insofern wenig zu sagen, als sie ihren Blick strikt auf das Geschehen innerhalb der Systeme, auf deren interne Verarbeitung von Umweltirritationen, geheftet hatte. Das „Zwischen im Perturbationsgeschehen“ 57, wie Teubner es selbst nennt, bleibt vor allem auch bei Luhmann weitgehend unbeachtet. 58 Wohlgemerkt: Nicht die prinzipielle, universelle Anwendbarkeit des Autopoiesisbegriffs auf lebende und kommunizierende Systeme steht hier in Frage, sondern vielmehr der autopoietische Begriff des Lebens selbst. Dessen eigene Metaphorik lässt etwas ausgeschlossen, invisibilisiert etwas, das zum Leben gehört, und vermag das Leben insoweit nicht vollständig zu erfassen. Der autopoietische Lebens(werk)begriff verkürzt die phänomenale Fülle des erlebbaren Lebens, ähnlich wie es auf der anderen Seite auch der autopoietische Begriff Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 45. S.o., Fn. 18. 55 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 40. 56 Hierzu treffend Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 111 f. 57 Siehe Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, 26. 58 Immerhin macht Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 264 ff., selbst auf den Gesichtspunkt der „Interpenetration“ aufmerksam, den er zwar nicht im Sinne Parsons Social Systems, in: ders., Social Systems and the Evolution of Action Theory, New York 1977, (177 ff.) 181, als „Überschneidung“ verstanden wissen möchte, wohl aber – inspiriert von Derrida – als „so etwas wie die Berücksichtigung des Abwesenden“. Der Gedanke der Selbsttranszendierung liegt hier nicht mehr fern: „Was ausgeschlossen wird, wird dadurch, dass es ausgeschlossen ist, wieder als anwesend behandelt.“ (Luhmann aaO, 266). 53 54
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der Kommunikation tut, die ohne ihre eigenen transzendenten Erfahrungen, Verweisungsüberschüsse, utopischen Energien nur unvollständig verstanden werden kann. Wieder scheint das systemtheoretische Projekt an den selbstgesetzten Grenzen des Systems zu enden. Den Ausweg aus der autopoietischen Geschlossenheit – aus der möglicherweise gar lebensbedrohlichen Exklusion des authentischen Lebens aus der „Matrix“ 59 der systemtheoretischen Kommunikation über Leben – weisen Teubners Forderungen, diese Grenzen zu überschreiten. Er formuliert damit eine kritische systemtheoretische Fassung des Gerechtigkeitspostulats, das Jacques Derrida mit der „Verantwortung gegenüber dem Gedächtnis“ charakterisiert: Die „Forderung nach unendlicher Gerechtigkeit“ verlangt Derrida zufolge insbesondere auch, sich der „Grenzen der Begriffe“ zu erinnern. 60 Genau dieser Maxime schließt sich Teubner an: Nach Luhmanns Einführung der Autopoiesis als empirisch indifferenter „Invariante“ macht er nunmehr die Defizite dieses von jeglichen phänomenalen Strukturen abstrahierenden Lebensbegriffs wieder wett: Leben bestimmt sich nämlich (kausal) nicht alleine durch sich selbst, sondern vielmehr auch durch sein eigenes Erleben. In der von Teubner erwähnten Selbstbeobachtung, der phänomenalen Binnenperspektive des psychischen Erlebens, liegen also auch die spezifischen Transzendenzerfahrungen, Verweisungsüberschüsse, utopischen Energien des autopoietischen Lebensbegriffs, die „Leben“ selbst erst verstehbar machen. Die Selbstbeobachtungen lebendiger Systeme leisten demnach zweierlei: Einerseits sind sie dazu in der Lage, sich als lebendige Umwelten in der Kommunikation rechtliches Gehör zu verschaffen. Andererseits eröffnen sie Zugänge zum Leben, die jenseits des Sinnmediums verlaufen. Gewiss, „an Leben muss Leben anschließen“ 61, und prinzipiell vermag auch nur Kommunikation an Kommunikation anzuknüpfen. Doch es scheint, dass Teubners „Selbstbeobachtung“ das Prinzip der operativen Geschlossenheit an entscheidender Stelle durchbricht, indem sie an zwei unterschiedlichen Operationen, an Kommunikation und Leben zugleich, teilnimmt. Damit überschreitet er zwar die Grenzen der systemtheoretischen Begrifflichkeit, gewinnt aber dafür einen reicheren Begriff des Lebendigen: Psychisches Erleben operiert eben nicht nur als „Bewusstsein“ im gleichen Sinnmedium wie Kommunikation, sondern bleibt zudem entsprechend seinen Ursprüngen dem natürlichen Medium des Lebendigen verhaftet. In dieser Doppelrolle des phänomenalen Erlebens lässt sich schließlich auch der 59 Zu den systemübergreifenden Lebensgefährdungen durch verselbständigte kommunikative Matrices siehe Teubner Die anonyme Matrix, 175 ff. 60 Derrida Gesetzeskraft, 40. 61 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 78.
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tiefere Grund vermuten, aus dem Kommunikation und Leben überhaupt zur Selbsttranszendierung fähig sind – und warum beide möglicherweise auch anders als bloß destruktiv aufeinander wirken können.
V. Selbsttranszendierung der Systemtheorie Teubner möchte mit seiner Grenzüberschreitung aber nicht nur die eigenen blinden Flecke der Systemtheorie wieder sichtbar machen. Mehr noch geht es ihm um die weiteren Perspektiven, die das aus den Naturwissenschaften übertragene Autopoiesiskonzept für die Soziologie und das Recht zu öffnen vermag. Teubners „Lebenswerk“ nimmt die Gelegenheit wahr, den sozialwissenschaftlichen Lebensbegriff neu zu fassen, die Grenzen zwischen Natur und Gesellschaft neu zu bestimmen, und vor allem: die theoretische und zugleich disziplinäre Geschlossenheit naturalistischer und soziozentrischer Erklärungen des gesellschaftlichen Lebens zu überwinden. Damit greift Teubner einen besonderen Problembereich auf, der in den Sozialwissenschaften nicht zufriedenstellend behandelt werden kann, solange diese sich traditionsgemäß 62 alleine mit sozialen Tatsachen 63, Formen 64, Beziehungen 65 oder Handlungen 66 befassen. Die anthropogen verursachte ökologische Krise, aber auch die neuen Entwicklungen in den Bio-, Neuro- und Informationstechnologien haben diese „soziologische Abstinenz“ 67 von den ökologischen Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens unterdessen beendet, 68 indem sie die dualistischen Abgrenzungen von Natur und Gesellschaft, von Leben und Kommunikation und auch von Körper und Geist zusehends in kontinuierlich verlaufende Übergänge verwandelt haben. 69
62 Einen Überblick über die historisch begründete Selbstbegrenzung soziologischer Forschung auf die innergesellschaftliche Perspektive bietet etwa Luhmann Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?, Opladen 1986, 11 ff.; siehe ferner Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, Münster 1999, 7 ff.; Grundmann/Stehr Klima und Gesellschaft, soziologische Klassiker und Außenseiter. Über Weber, Durkheim, Simmel und Sombart, Soziale Welt 47 (1997), 85 ff. 63 Siehe hierzu Durkheim Die Regeln der soziologischen Methode, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 1995, 190 ff. 64 Vgl. Simmel Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, 4. Aufl., Berlin 1958, 4 ff. 65 S. o., Fn. 64. 66 Vgl. Weber Soziologische Grundbegriffe, Tübingen 1960, 5 ff. 67 So Luhmann Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?, Opladen 1986, 11. 68 Siehe etwa Diekmann/Jaeger (Hg.), Umweltsoziologie, Opladen 1996; Dickens Society and nature. Changing our environment, changing ourselves, Cambridge ( UK ) 2004. 69 S.o., Fn. 10.
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Allerdings ist noch unklar, wie mit derartigen Übergängen in Zukunft umzugehen sein wird. Generell lassen sich zwei Strategien zur Bewältigung des Natur-Gesellschaft-Problems unterscheiden: Während eine kulturalistisch zu nennende Hauptströmung an der soziozentrischen Sicht prinzipiell festhält, bemüht sich eine andere, naturalistische Sichtweise verstärkt um ein an natürlichen Gesetzmäßigkeiten orientiertes Gesellschaftsverständnis. 70 Solche Ansätze einer „Re-Naturalisierung“ der Gesellschaft stammen vor allem aus der Evolutions- und insbesondere Soziobiologie, werden aber zunehmend auch im Bereich jüngerer naturwissenschaftlicher Forschungsrichtungen wie der „Social Neuroscience“ 71 entwickelt. Neben der allgemeinen Zielrichtung haben die naturalistischen Konzeptionen aber auch entscheidende Schwächen gemein: Sie übersehen zumeist, dass die soziale, geistige und kulturelle Existenz des Menschen nicht auf messbare Einzeltatsachen reduzibel ist, 72 und des Weiteren, dass diese sich gegenüber den Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Selektion verselbständigt hat, 73 oder anders ausgedrückt: „Das Problem besteht darin, daß die Soziobiologie auf einer biologischen Fundierung sozialer Evolution insistiert und damit die Autonomie sozialer Systeme und ihrer Evolution verfehlt.“ 74 Soziozentrische Konzeptionen wie die Systemtheorie genießen im Gegensatz dazu zwar durchaus den Vorzug, das emergente Kommunikationssystem „Gesellschaft“ als eine eigengesetzliche, symbolische Bedeutungswelt verstehen zu können. Sie neigen aber auf der anderen Seite dazu, die gesellschaftliche Autonomie im Sinne einer „Selbstgenügsamkeit des Sozialen“ gegenüber den natürlichen und lebendigen Umwelten überzubetonen. 75 Luhmanns allzu strenge Deutung der autopoietischen Geschlossenheit sozialer und rechtlicher Systeme bietet hierfür ein passendes Beispiel: Indem deren Umwelten, Natur und Leben, lediglich als Gegenstände gesellschaftlicher Kommunikation gesehen werden, kann es gar nicht erst zu
Siehe Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, 9 f. Cacioppo (Hg.), Foundations in Social Neuroscience, Cambridge ( MA ) 2002; ders./ Berntson (Hg.), Social Neuroscience: key readings, New York 2005; näher dazu Gruber Neuronale Normativität? Neurowissenschaften und Recht jenseits der Debatten um Willensfreiheit und Determinismus, in: Bung/Valerius/Ziemann (Hg.), Normativität und Rechtskritik, Stuttgart 2007, (111 ff.) 114. 72 Vgl. hierzu Gruber Neuro-Theorien des Rechts, in: Buckel/Christensen/FischerLescano (Hg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., Stuttgart 2009, 327 ff. 73 Eingehend dazu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 44 ff. 74 So Teubner Recht als autopoietisches System, 67. 75 Vgl. Lemke Die Natur in der Soziologie. Versuch einer Positionsbestimmung, Leviathan 35 (2007), (248 ff.) 250. 70 71
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einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Natur und Gesellschaft kommen. Kommunikation ist dann bestenfalls dazu imstande, in Reaktion auf Umweltirritationen den eigenen Naturbegriff neu zu konstruieren, ohne dabei aber die Natur selbst in ihrer aktiven, eigen- und widerständigen 76 Wirkung auf Gesellschaft zu begreifen. 77 Einseitig soziozentrierte Auffassungen teilen insofern mit naturalistischen Ansichten das Problem des begrifflichen Dualismus: Als Pendant zur Gesellschaft wird ein „reiner“, von gesellschaftlichem Handeln völlig freier Naturbegriff unterstellt, der aus der naturalistischen Perspektive soziales Handeln gänzlich determiniert oder aber aus der entgegengesetzten, soziozentrischen Sicht den gesellschaftlichen Bedeutungszuschreibungen vollständig nachgeordnet bleibt. 78 Trotz ihrer gegensätzlichen Schlussfolgerungen verkennen beide Seiten „die Natur“ als etwas, das in der einen oder anderen Form fremdbestimmt, statisch, passiv, ohne eigene Substanz und innere Konsistenz bleibt, 79 und das infolgedessen nicht etwa aufgrund natürlicher Eigenrationalitäten für uns Menschen verstehbar ist. Beide Standpunkte erliegen, wie Bruno Latour es ausdrückt, dem Fehler des „Mononaturalismus“, indem sie voreilig für „Natur“ halten, „was außerhalb unserer selbst existiert“. 80 Es ist also künftig darum zu tun, „von der Natur selbst“ zu sprechen, nicht bloß von ihren kommunizierten, symbolischen Repräsentationen. 81 Hier führt keine der beiden genannten Strategien weiter, weder die einseitige Naturalisierung der Gesellschaft, noch die soziozentrische Fassung einer Sozialisierung der Natur. Gesucht wird vielmehr ein paralleler Zugang zu Gesellschaft und Natur, der die vermeintliche ontische Teilung der zwei „reinen“ Welten konstruierter, wandelbarer Sozialsysteme und determinierter, unverfügbarer Naturprozesse überwindet. Das ist jedoch erst dann möglich, wenn man – wie Gunther Teubner – die autopoietische Geschlossenheit kommunikativer wie auch lebender Systeme durchbricht und am „Transduktor“ des phänomenalen Erlebens von Leben zusammenführt. Den Schlüssel zur erforderlichen gegenseitigen Öffnung von Naturalismus und Soziozentrismus findet Teubner, indem er seinen Blick von den humanen zu den natürlichen lebendigen Umwelten der
76 Zum Gesichtspunkt der „Widerständigkeit“, unter dem sich auch nichtmenschliche Wesen als Akteure erweisen können, siehe Latour Das Parlament der Dinge. Für eine politische Ökologie, Frankfurt a. M. 2001, 110 ff. 77 Siehe die entsprechende Kritik bei Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, 174 f. und 182 f. 78 Vgl. hierzu Lemke Die Natur in der Soziologie, 251. 79 Ebenso Lemke aaO. 80 Latour Das Parlament der Dinge, 50 und 67 f. 81 In diesem Sinn auch Latour Das Parlament der Dinge, 51.
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Gesellschaft weitet, von den „Menschen aus Fleisch und Blut“ zu allen Wesen aus Fleisch und Blut, 82 und darüber hinaus: „Trees do have standing.“ 83 Wieder sind es die „latenten Eigenrechte“ der außergesellschaftlichen Umwelt, diesmal jedoch der nichtmenschlichen, lebendigen Umwelt, die sich in der Gestalt von ökologischen Rechten Gehör verschaffen. 84 Soweit es diesen lebendigen Umwelten nun gelingen mag, das Recht beständig in einer solchen Art und Weise zu irritieren, dass seine Kommunikationen empathische Züge annehmen, ist der erste Schritt zu einer Überwindung der sozialund rechtswissenschaftlichen Anthropozentrik getan. Die einst starre anthropologische Differenz zwischen (sozialen, rechtsfähigen) Menschen und (nicht-sozialen, rechtlosen) Nichtmenschen kann auf diese Weise überhaupt erst hinterfragt und neu verhandelt werden. 85 Das wiederum heißt zugleich, dass sich Soziologie und Recht den Naturwissenschaften annähern müssen – und umgekehrt: Neben dem Verhältnis von Gesellschaft und Natur werden insoweit auch die disziplinären Grenzen zu reflektieren sein. 86 Daraus lässt sich zumindest folgern, dass die Kommunikation selbst nicht vorschnell anthropozentrisch verstanden werden darf. Das in diesem Sinne nicht-kommunizierende Lebendige 87 darf nicht von vornherein aus Gesellschaft und Recht ausgeschlossen bleiben. Wie Teubner zeigt, ist eine derartige anthropozentrisch-autopoietische Geschlossenheit indes keineswegs zwingend: Leben bleibt aus der Kommunikation nur ausgeschlossen, wenn und soweit sich diese nicht irritieren lässt, nichtmenschliche latente Eigenrechte nicht als Kommunikation gelten lässt, und sich immun gegenüber alternativen, auch ästhetischen oder non-verbalen Beschreibungs- und Erlebensformen verhält. Teubners erfolgreiche Suche nach dem den Sozialsystemen abhanden gekommenen Leben beendet diese vorschnelle Bestimmung der Kommunikation als Anthropologikum. Vom Baum der Erkenntnis wendet er seinen Blick zum Baum des Lebens: Leben soll nicht länger als nichtmenschliche 82 Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass der alttestamentliche Lebensbegriff in Teubners Rede von „Menschen aus Fleisch und Blut“ latent fortzuwirken scheint, welche sich somit leicht auf die gesamte animalische Welt übertragen lässt; vgl. Leviticus (3. Mose) 17, 14: „Denn das Leben aller Wesen aus Fleisch ist das Blut, das darin ist.“ (Zit. nach Baranzke/Gottwald/Ingensiep (Hg.), Leben – Töten – Essen. Anthropologische Dimensionen, Stuttgart / Leipzig 2000, 80). 83 Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen, 17. 84 Hierzu beiläufig Teubner Die anonyme Matrix, 181. 85 Dazu Lemke Die Natur in der Soziologie, 250 f. 86 Vgl. hierzu Lemke Die Natur in der Soziologie, 252 f. 87 Mutmaßungen über einen etwaigen „Protosinn“ von Tieren helfen an dieser Stelle kaum weiter, vor allem wenn es auch um die Rechte von Bäumen geht. Vgl. Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 234 f.
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Natur in seiner gesellschaftlichen Bedeutung ignoriert werden. Vielmehr sollen die blinden Flecke der (anthropozentrischen) Systemtheorie wieder sichtbar gemacht werden – Revisibilisierung des Invisibilisierten – und vor allem soll das Leben in einer neuen soziologischen Jurisprudenz wieder eine „Rolle“ spielen. Wird Lebendiges auf eine solche Weise gesellschaftlich berücksichtigt, so werden schließlich auch sämtliche Facetten der „Person als ganze“ 88 wieder sichtbar, wie sie im bloßen semantischen Artefakt 89 eines Akteurs, ob als verhaltenseinschränkende 90 „Erwartungskollagen“ 91 oder als Erwartungsstabilisierungen im Umgang mit dem ungewissen Anderen, 92 nur ihren unvollständigen Ausdruck finden. Die Person als ganze: dazu gehört der ganze Reichtum ihrer narrativen Identität, ihrer „Selbstheit“, aber auch ihrer „Selbigkeit“ im Sinne Paul Ricœurs, 93 ja sogar Körper und Seele des Person gewordenen Individuums – all das kann hier nur angedeutet werden. Deutlich gemacht werden kann damit aber immerhin, dass Teubners Weg über die systemtheoretische Errungenschaft des „taking individuals seriously“94 noch weit hinausgeht: „taking living beings seriously“. Was die unterschiedlichsten Bestrebungen einer „Re-Naturalisierung“ der Gesellschaft oder einer „Re-Sozialisierung“ der Natur nicht erreichen konnten, scheint nun mit Teubners „Lebenswerk“ – einer „Re-Animierung“ von Gesellschaft und Recht geschafft: Die Seele kehrt ins Recht zurück.
88 Vgl. Luhmann Ethik als Reflexionstheorie der Moral, in: ders., Die Moral der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 2008, (270 ff.) 276. 89 S. o., Fn. 9. 90 Vgl. Luhmann Die Form „Person“, Soziale Welt 42 (1991), (166 ff.) 170; ferner Fuchs Der Eigen-Sinn des Bewußtseins, 30 ff. 91 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 178 und 429 f. 92 Dazu Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen, 6 ff. 93 Vgl. hierzu Ricœur Das Selbst als ein Anderer, München 1996, 173 ff. 94 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 48 f. (Anm. 19).
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes – Willensbildung und AGB-Kontrolle in Vertragsnetzwerken Cordula Heldt
Eines der Spezialgebiete Gunther Teubners sind Vertragsnetzwerke, zuletzt hat er seine langjährige wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema mit einer inspirierenden Monographie zu seiner Verbundtheorie vervollständigt.1 Dabei hat Gunther Teubner schon ein weites Gebiet abgearbeitet: u. a. Franchising, Just in Time und Virtuelle Unternehmen. Nun hätte der Gesetzgeber Gelegenheit, auf diese Überlegungen zurückzugreifen, denn es wird ein Gesetz modernisiert, das seit dem vorletzten Jahrhundert, genauer, dem 4. Dezember 1899, quasi unangetastet geblieben ist: das Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (im folgenden SchVG 1899) 2 und das zur Abbildung von Netzeffekten jenseits von bilateralem Vertrag und Gesellschaft den Begriff der „kollektiven Bindung“ einführt.
I. Regelungsinhalt des SchVG 1899 und Praxis Das SchVG 1899 gilt für alle Inhaberschuldverschreibungen im Sinne des § 793 ff. Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB ), die eine Forderung des Inhabers des Papiers gegen den Aussteller auf Rückzahlung und Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals verbriefen. Inhaberschuldverschreibungen sind ein klassisches langfristiges Finanzierungsinstrument, mit dem Unternehmen Fremdkapital aufnehmen. Die wertpapierrechtlichen Voraussetzungen und die Beziehung des Schuldners (Aussteller) zum Gläubiger (Inhaber) sind im BGB geregelt. In Ergänzung zu diesen Regelungen dient das 1 Gunther Teubner Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising, Just in Time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht. Baden-Baden 2004. 2 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen in der im Bundesgesetzblatt Teil III , Gliederungsnummer 4134–1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 53 des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 ( BGBl . I S. 2911).
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SchVG 1899 als Sonderrecht für die nachträgliche Änderung der Vertragsbe-
dingungen durch Mehrheitsbeschlüsse mit verbindlicher Wirkung für alle Investoren, und regelt somit das Verhältnis der Gläubiger untereinander 3. Hierzu sorgt das Gesetz für eine Mindestorganisation der Gläubiger und eine gemeinsame Interessenvertretung nach außen. Damit stellt es eine rechtliche Verbindung der sonst nur als wirtschaftlich, nicht rechtlich verbunden charakterisierten 4 Gläubiger her. 5 Beim SchVG 1899 handelte es sich bisher weithin um totes Recht, denn der Großteil der Anleihen deutscher Emittenten wird derzeit eher in den Niederlanden oder London unter dem dortigen Recht über Finanzierungstöchter unter der Garantie der deutschen Mutter emittiert. 6 Dies hat steuerliche Gründe 7, ist aber nicht zuletzt auf den als unzureichend empfundenen Rechtsrahmen zurückzuführen, den das SchVG 1899 bietet. Sein Anwendungsbereich beschränkt sich de lege lata ohnehin auf Schuldner mit Sitz oder Niederlassung im Inland. Damit ist den Auslandsanleihen inländischer Unternehmen die Unterstellung ihrer Anleihebedingungen unter das Rechtsregime des SchVG 1899 verwehrt. Ist der Anwendungsbereich eröffnet und sind die sonstigen Mindestvoraussetzungen an die Schuldverschreibung erfüllt (u. a. im Voraus bestimmte Nennwerte, Gewährung gleicher Rechte an die Gläubiger), „so haben die Beschlüsse, welche von einer Versammlung der Gläubiger aus diesen Schuldverschreibungen zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gefasst werden, nach Maßgabe dieses Gesetzes verbindliche Kraft für alle Gläubiger der bezeichneten Art“, § 1 SchVG 1899. Das bedeutet, dass nach Vertragsabschluss die Bedingungen, unter denen der Anleger die Anleihe gezeichnet hat, während der Laufzeit durch Beschluss der Mehrheit der Gläubiger geändert werden können. Dabei kann es sich um durchaus nicht unerhebliche finanzielle Zugeständnisse handeln. Worin liegt der Zweck einer solchen Regelung? Die Bestimmungen haben eine Krise des Schuldners vor Augen, in der es den Gläubigern ermöglicht werden soll, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, um eine Insolvenz abwenden und die Chance auf Erfüllung der Hauptleistungspflichten des Schuldners vergrößern zu können. Die bindende Wirkung soll Trittbrettfahrereffekte verhindern. Es hat sich in vielen Fällen gezeigt, dass auf Freiwilligkeit beruhende Umschuldungsinstrumente daran scheitern, dass Gläubiger sich weigern, sich den 3 Klaus J. Hopt Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 296 BGB und AGBG , in: Festschrift für Ernst Steindorff, Berlin 1990, S. 341, S. 341. 4 So noch vor der Einführung des SchVG 1899 das Reichsgericht, vgl. RGZ 22, 61 ff. 5 Hopt Fn. 3, S. 341. 6 Hans-Gert Vogel Unternehmenssanierung und Restrukturierung von Anleihen – welche Verbesserungen bringt das neue Schuldverschreibungsrecht? ZBB 2008, S. 221, S. 222. 7 Hans-Gert Vogel Das Schuldverschreibungsgesetz – Entstehung, Inhalt und Bedeutung, 1996, http://publikationen.ub.unifrankfurt.de/volltexte/2005/824/pdf/a0296.pdf.
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neuen Zahlungsbedingungen zu unterwerfen, um gegenüber den anderen einen finanziellen Vorteil zu erzielen. 8 Einen Sanierungsbeitrag sieht das SchVG 1899 auf der einen Seite insbesondere in einer Stundung der Hauptforderung oder Ermäßigung des Zinsfußes, schließt aber auf der anderen Seite die Herabsetzung der Kapitalforderung ausdrücklich und andere typische Sanierungsmaßnahmen 9 inzident aus, vgl. §§ 12, 13 SchVG 1899. Das Gesetz knüpft die Möglichkeit zur Beschlussfassung ausdrücklich an den Zweck der Abwendung der Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Der Eingriff in die Rechte der Gläubiger darf außerdem nur für die Dauer von drei Jahren beschlossen werden, § 11 Abs. 1 SchVG . Für Konkurs und Vergleich gelten besondere Regelungen, § 18 – 19a SchVG .
II. Die Reform des Schuldverschreibungsrechts Nachdem das Bundesministerium der Justiz im Jahre 2003 einen Diskussionsentwurf zur Reform des SchVG 1899 vorgelegt hatte, hat es am 8. Mai 2008 einen Referentenentwurf (im Folgenden SchVG -E) 10 veröffentlicht. Damit reagiert das Bundesjustizministerium auf die seit langem geübte Kritik 11 aus Wissenschaft und Praxis, die anmahnte, dass das Gesetz seinem Zweck gar nicht gerecht werden könne. Der SchVG -E erweitert die bisher sehr engen Voraussetzungen für die Änderung der Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen 12 und schließt Beschlüsse über Sanierungsmaßnahmen, die wie die Herabsetzung der Verbindlichkeiten oder die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, zur nachhaltigen Überwindung einer Krise des Schuldners oftmals erforderlich werden können,13 nicht mehr aus, 8 Dazu mit Beispielen Christoph Keller Umschuldung von Staatsanleihen unter Berücksichtigung der Problematik einer Aggregation aller Anleihegläubiger in: Baums/Cahn (Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S. 157, 160 ff. 9 Hannes Schneider Die Änderung von Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläubiger, in: Baums/Cahn (Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S. 69, 76. 10 Bundesministerium der Justiz Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften, www.bmj.de/enid/0,c1b2c85f7472636964092d0935323933/ Wertpapierrecht/Schuldverschreibungsrecht_1gy.html. 11 Siehe schon Heinrich Könige Einfluss des Konkurses auf die Gläubigerschaft des Schuldverschreibungsgesetzes, Zeitschrift für den deutschen Zivilprozess 1901, Band 28, S. 414; Schneider Fn. 9, S. 79. Horst Eidenmüller Privatisierung der Insolvenzabwicklung: Workouts, Covenants, Mediation – Modelle für den Insolvenzstandort Deutschland? Vortrag für den 5. Deutschen Insolvenzrechtstag am 7. 3. 2008 in Berlin, www.horst-eiden mueller.de/forschung/veroeff/Privatisierung_der_Insolvenzabwicklung.pdf, S. 11 mwN. 12 Eine Definition der „Schuldverschreibung“ findet sich im SchVG -E übrigens nicht. 13 Schneider Fn. 9, S. 77.
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vgl. § 4 Abs. 3 SchVG -E. Eine Beschlussfassung setzt nach dem SchVG -E zudem weder ausdrücklich voraus, dass sie zur Abwendung einer Insolvenz des Schuldners erfolgt, noch ist sie ausdrücklich an die Wahrung der gemeinsamen Interessen der Gläubiger gebunden. Ersteres ermöglicht auch außerhalb von Krisensituationen des Schuldners Anpassungen, die sowohl bei Umstrukturierungen des Schuldners als auch aufgrund von relevanten Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse bei langfristigen Anleihen (üblich sind Laufzeiten von bis zu zehn Jahren) erforderlich werden können. Dies erlaubte das Gesetz bisher sogar dann nicht, wenn dies unmittelbar im Interesse der Anleihegläubiger lag.14 Zu den von Schuldnern als neuralgisch empfundenen Punkten gehörte auch die Gefahr einer AGB -rechtlichen richterlichen Kontrolle, die dazu führen kann, dass Anleihebedingungen nachträglich individuell gerichtlich abgeändert werden. Hierzu schweigt der Gesetzestext des SchVG -E. 1. Schuldverschreibungen als Vertragsnetzwerke Der Inhaber einer Anleihe sieht sich, tritt der SchVG -E in Kraft, mit erhöhten Eingriffsmöglichkeiten in seine Rechtsposition durch bindende Mehrheitsbeschlüsse konfrontiert, mit denen er jedoch nur bei einer gesellschaftlichen Verbindung rechnen musste. Wird hier nun gesetzlich angeordnet, was Gunther Teubner mit der Verbundtheorie erklären würde? Handelt es sich um die Abbildung von Netzeffekten im Recht? Vertragsnetzwerke sind ein Geflecht einer Vielzahl rechtlich nicht ausdrücklich miteinander verbundener Verträge, die erst durch die Einbettung in ein Projekt ihren angestrebten wirtschaftlichen Sinn erhalten.15 „Netzwerk“ ist nicht als technischer Rechtsbegriff zu verstehen, denn es kommen unterschiedliche rechtliche Erscheinungsformen in Betracht: man denke nur an das Franchising im Gegensatz zu Schuldverschreibungen, deren Charakterisierung als Netzwerk hier versucht werden soll. Wird die Rechtsprechung mit Netzeffekten konfrontiert, ordnet sie diese allzu oft in die be-
14 Theodor Baums Finanzierung der Aktiengesellschaft durch Mobilisierung des Fremdkapitals – Ein rechtsgeschichtlicher Rückblick – Z. B. Austausch von Sicherheiten; Änderungen von Nebenverpflichtungen des Schuldners gegen Gewährung zusätzlicher Sicherheiten, Institut für Bankerecht Arbeitspapiere Nr. 127, 2006, S. 11 www.jura.unifrankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere/Arbeitspapier127_prn.pdf. 15 Cordula Heldt Baukooperation und Franchising als Multilaterale Sonderverbindung. Vertragsnetzwerke – Parallelschuldverhältnisse – Personengesellschaften, Dissertation Frankfurt 2008, S. 1. Vgl. die Definitionen anderer: statt Vieler Wernhard Möschel Dogmatische Strukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, AcP 186 (1986), S. 211 ff; Mathias Rohe Netzverträge, Tübingen: 1998. Vgl. auch Gralf-Peter Calliess Fitness Clubs. Consumer Protection between Contract and Association, in: Amstutz/Teubner (Hg.), Contractual Networks, Oxford (erscheint 2009).
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kannten Rechtskategorien ein oder arbeitet mit traditionellen Instrumenten; insbesondere der Drittschutzvertrag muss allzu oft herhalten; über eine Auslegung von AGB kommt der BGH oftmals nicht hinaus, wie Gunther Teubner an zahlreichen Beispielen dokumentiert hat.16 Im Gegensatz zu solchen punktuellen Ansätzen versucht die Netzwerktheorie netzwerkgerechte Prinzipien und Rechtsnormen herauszuarbeiten. Auch hier stehen geradezu typisch für Netzwerke die Beteiligten – der Schuldner und die Gläubiger – zwischen Markt und Hierarchie; bzw. Vertrag und Organisation. Zum einen handelt es sich um eine Vielzahl paralleler bilateraler Verträge, in der Regel jeweils zwischen dem Gläubiger und dem vermittelnden Finanzinstitut, in seltenen Fällen mit dem Schuldner direkt.17 Zum anderen besteht ein wirtschaftlicher und faktischer Zusammenhang der Schuldverschreibungen; sie gewähren nicht nur gleiche Rechte anhand einheitlicher Anleihebedingungen, auch der Preis der Wertpapiere unter gleicher Wertpapierkennnummer bildet sich einheitlich. Damit die Anleihe im Sekundärmarkt handelbar bleibt und sich ein Marktpreis bilden kann, dürfen sich einzelne Bestimmungen nicht individuell nachträglich ändern. Dies würde die jederzeitige Weiterverkaufsmöglichkeit, die im Interesse der Gläubiger liegt, beeinträchtigen. Änderungen beim Schuldner, ob anstehende Reorganisation oder Krise, treffen zudem alle Gläubiger gleichermaßen. Nicht zuletzt erfordert die Langzeitbindung die Möglichkeit von Vertragsanpassungen, deren Abstimmung eine Organisation der Gläubiger ähnlich einer Gesellschaft voraussetzt. Wegen dieser Funktionsbedingungen der Schuldverschreibung stellt sich die Vielheit der voneinander unabhängig abgeschlossenen Verträge als wirtschaftliche Einheit dar. Der Unterschied zu den von Gunther Teubner untersuchten Netzwerken ist jedoch gewaltig. So liegt der augenfälligste Unterschied von Schuldverschreibungen gegenüber kooperativen Leistungsverbünden, die hier Kooperationsnetzwerke genannt werden sollen, darin, dass es bei ersteren der eine Schuldner ist, der die regelmäßigen Leistungen schuldet; die Gläubiger haben jeweils mit dem Bezahlen des Emissionspreises ihre Pflichten schon bei Begründung des Rechtsverhältnisses erfüllt und empfangen von diesem Zeitpunkt an eigentlich nur noch Leistungen. Damit weisen die Gläubiger zu dem die bilateralen Verträge übergreifenden Element, der notwendigen Einheitlichkeit der Anleihebedingungen, eine gewisse Distanz auf: Anders als das gemeinsame Projekt oder der Verbundzweck bei Kooperationsnetzwerken scheint der übergreifende Zusammenhang von äußeren Zwängen und Eigengesetzlichkeiten zu kommen. Kooperationsnetzwerke haben zuTeubner Fn. 1, S. 23 ff. Philip von Randow Die Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen – Abschied vom AGB -Recht, in: Baums/Cahn (Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S. 25, S. 35 ff. 16 17
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dem eigentlich gemein, dass „gerade keine autonome Kollektivsphäre, keine handlungsfähige Rechtsperson, keine Geschäftsführungs- und Vertretungsregeln und keine Vermögensgemeinschaft“ 18 hergestellt wird, hier werden gerade solche Mechanismen ansatzweise institutionalisiert. Der Witz der Schuldverschreibungen ist jedoch, dass es Situationen gibt, in denen der Vernetzungsaspekt aus dem Schatten der bloßen Koexistenz der Gläubiger hervortritt und offen auf die Rechte der Gläubiger aus den bilateralen Verträgen einwirkt. Gerade bei Krisensituationen steht die Funktionsfähigkeit des Netzwerks in Frage, denn Änderungen der Anleihebedingungen erfordern wegen der Funktionsbedingungen von Schuldverschreibungen ein einheitliches organisiertes Vorgehen. Im Übrigen zeigen sich Netzeffekte auch außerhalb der Gläubigerversammlung, wenn es im Spannungsfeld von kollektiver Bindung und individueller Geltung von Anleihebedingungen um die Frage der Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ( AGB ) geht. Dazu jedoch später. Schuldverschreibungen zeigen also Netzeffekte, die bei ihrer Ausgabe entstehen und auf die Rechte und Pflichten der Beteiligten einwirken und das nach dem Willen des Gesetzgebers – dies zeigt schon das SchVG 1899 – auch sollen. Im Folgenden soll untersucht werden, ob die Verfasser des SchVG -E netzwerkgerechte Prinzipien und Rechtsnormen entworfen haben. 2. Die Abbildung im Recht: die „kollektive Bindung“ im SchVG-E Die Verfasser des SchVG -E erkennen die Vernetzung der Teilschuldverschreibungen aufgrund der oben dargestellten Funktionsbedingungen. Sie führen den Begriff der „kollektiven Bindung“ ein. § 3 Abs. 1 SchVG -E lautet: „Bestimmungen in Anleihebedingungen können während der Laufzeit der Anleihe durch Rechtsgeschäft nur nach Abschnitt 2 dieses Gesetzes geändert werden (kollektive Bindung). Der Schuldner muss die Gläubiger insoweit gleich behandeln.“ Der vielversprechende Begriff der kollektiven Bindung wird im Gesetz also nicht zur Beschreibung eines Verbunds der Gläubiger verwendet. Die kollektive Bindung umschreibt nur ihre eigenen Rechtsfolgen, d. h. „die darin liegende Beschränkung der individuellen Rechtsmacht“ 19. Muss man daher als Netzwerktheoretiker enttäuscht sein? Worauf die kollektive Bindung beruht, wird nur durch den zweiten Absatz und die Begründung des SchVG -E klarer, die den Zweck der kollektiven Bindung umschreibt: „Bestimmungen in Anleihebedingungen unterliegen nicht der kollektiven Bindung, soweit ihre rechtlich identische Ausgestaltung nicht erforderlich ist, um die freie Handelbarkeit der Schuldverschreibungen zu einem einheitlichen Preis zu gewährleisten.“ In der Be18 19
Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 90. Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 25.
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gründung des SchVG -E heißt es: „Ihre Rechtfertigung findet die kollektive Bindung in der zwecktauglichen Ausgestaltung von Schuldverschreibungen als fungiblen Wertpapieren. Ohne Sicherheit über die inhaltliche Austauschbarkeit aller Wertpapiere derselben Emission wäre die Funktionsfähigkeit des auf schnelle und anonyme Abwicklung des Massengeschäfts ausgerichteten Kapitalmarkts gefährdet.“ 20 Dadurch wird deutlicher, dass die kollektive Bindung auch als Begriff genutzt werden kann, der die Funktionsbedingungen und die wirtschaftlichen Eigengesetzlichkeiten einer Anleihe umschreibt, und für Schuldverschreibungen auch nach der Konzeption des SchVG -E das ist, was bei anderen Netzwerken als Netzzweck, Verbundzweck oder gemeinsames Projekt bezeichnet wird. Mit diesem Gesetzentwurf bleiben die Verfasser scheinbar hinter anderen Rechtsordnungen, wie dem Schweizerischen Obligationenrecht zurück. Auch in der Schweiz gibt es ähnliche Vorschriften zu Mehrheitsbeschlüssen. Der Gesetzgeber erhebt dort die Gläubigergesamtheit bei „Anleihensobligationen“ zur gesetzlichen „Gläubigergemeinschaft“, Art. 1157 ff. Obligationenrecht ( OR ). 21 Die Verfasser des SchVG -E haben sich jedoch offensichtlich dagegen entschieden, da sie die Begriffe „Gemeinschaft/gemeinschaftlich“ im Entwurfstext vermeiden. Wäre es für das deutsche Recht sinnvoll, auch den Schweizer Weg zu gehen? a) Gemeinschaft Die „Gemeinschaft“ ist kein allgemeiner und „selbsterklärender“ Strukturbegriff des deutschen Privatrechts. 22 Sie kommt im BGB nur in fragmentarischen Einzelbestimmungen zur Regelung gemeinsamer Belange vor und ist die Grundlage gesetzlicher Schuldverhältnisse zwischen den Teilhabern, die v. a. in § 742 ff. BGB geregelt sind. Der Gedanke, der dabei im Vordergrund steht, ist der einer anteiligen Lasten- und Verlusttragung, der in einer Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 25. Art. 1157 Abs. 1 lautet: „Sind Anleihensobligationen von einem Schuldner, der in der Schweiz seinen Wohnsitz oder eine geschäftliche Niederlassung hat, mit einheitlichen Anleihensbedingungen unmittelbar oder mittelbar durch öffentliche Zeichnung ausgegeben, so bilden die Gläubiger von Gesetzes wegen eine Gläubigergemeinschaft“. 22 Dies zu entwickeln, d. h. „Verflechtungen abseits vertraglicher Übereinkunft und ausdrücklicher gesetzlicher Normierung aufzuspüren“ und eine Typik der Gemeinschaft aufzustellen, war das Anliegen der von Würdiger begründeten, und durch Wüst weiterentwickelten Lehre von der Interessengemeinschaft, vgl. Hans Würdinger Theorie der schlichten Interessengemeinschaft, Tübingen: 1934; Günther Wüst, Die Interessengemeinschaft: Ein Ordnungsprinzip des Privatrechts, Frankfurt: 1958. Paschke hat die Gemeinschaft von den gesetzlichen Fällen losgelöst zu einer Lehre von „gemeinschaftlichen Rechtsverhältnissen“ bzw. „gemeinschaftsrechtlichen Sozialbeziehungen“ weiterentwickelt, Marian Paschke Außervertragliche Sozialbeziehungen: Eine Herausforderung der zivilrechtlichen Dogmatik, AcP 187 (1987), 60 ff. 20 21
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Reihe von Regeln, die gesetzlich festgeschrieben sind oder auf der Rechtsprechung beruhen, zum Ausdruck kommt. 23 Der Bundesgerichtshof ( BGH ) hat das Recht der Gemeinschaft kürzlich fortentwickelt und charakterisiert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ( WEG ) nach dem Wohnungseigentumsgesetz als teilrechtsfähigen Verband sui generis. 24 Der BGH sieht in der WEG die Vereinigung von Elementen verschiedener Verbandstypen ohne Zugehörigkeit zu einem von ihnen. Von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterscheide sie sich darin, dass die eine zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gegründet werde, bei der anderen aber der individuelle Zweck der Wohnnutzung im Vordergrund stehe und die Einbindung in den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft als „notwendiges Übel“ hingenommen werden müsse. 25 Der BGH entwickelt Treuepflichten der Eigentümer gegenüber dem Verband entsprechend der Mitglieder einer Körperschaft, mit der Konsequenz, dass dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung zu verschaffen seien. Damit klafft die Schere zwischen der reinen Bruchteilsgemeinschaft und einer Gemeinschaft wie der WEG mit einer Gemeinschaftsordnung, Willensbildung und Kollektivsphäre weit auseinander. Die „Gemeinschaft“ deckt damit ein weites Feld ab, ist jedoch an ein gemeinsames Recht gebunden. Hilft also die „Subsumtion“ von Vernetzungserscheinungen unter den Begriff des gemeinschaftlichen Gegenstandes weiter? Im Gegensatz zu anderen Vertragsnetzwerken, wie dem Franchising oder der Baukooperation, wäre eine solche „Subsumtion“ sicherlich einfacher. Dort ist ein gemeinsames übergreifendes Projekt bzw. ein Verbundzweck zu identifizieren, unter dessen Flagge die Beteiligten semi-spontan kooperieren. 26 Hier prägt eine einheitliche Leistung, die allen Gläubigern gegenüber inhaltlich gleichartig und parallel zu erbringen ist, das gemeinsame Recht, das Vertragsnetz. Ein Netzwerk ist jedoch im Recht nur dann angemessen erfasst, wenn seine personelle und materielle Reichweite bestimmt werden kann. So ist fraglich, ob die Gemeinschaft auch den Schuldner erfassen würde; das Schweizer Obligationenrecht tut dies jedenfalls mit seiner „Gläubiger“gemeinschaft nicht. Dies würde den Funktionsbedingungen des Netzwerks jedoch gerade nicht entsprechen. Die kollektive Bindung im SchVG -E erfasst und begrenzt das Netzwerk dagegen prinzipiell angemessen: Sie erfasst auch die Seite des Schuldners, bindet ihn mit ein und erlegt ihm als Rechtsfolge der kollektiven Bindung die Gleichbehandlung der Z.B. Wüst Fn. 22, S. 63 ff. BGH NJW 2005, 2061, 2066; vgl. Karsten Schmidt in Münchener Kommentar § 741 BGB Rn. 3, kein organisierter Verband. 25 BGH Fn. 24, S. 2066. 26 Ausführlich dazu Heldt Fn. 15, S. 72 ff. 23 24
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Gläubiger bei der Änderung von Anleihebedingungen auf. Auch die Grenzen der kollektiven Bindung werden netzadäquat festgelegt: das Verbot der individuellen Änderung und Gleichbehandlung wird auf solche Anleihebedingungen begrenzt, deren rechtlich identische Ausgestaltung erforderlich ist, um die freie Handelbarkeit der Schuldverschreibungen zu einem einheitlichen Preis zu gewährleisten, s. o. § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SchVG -E. Ob es solche Bestimmungen in Anleihebedingungen überhaupt gibt, soll hier dahinstehen. Das dahinter stehende Prinzip entspricht jedoch der Konzeption von Netzpflichten, die nur so weit reichen, wie der übergreifende Bezug es erfordert. 27 Die Festlegung auf eine „Gemeinschaft“ würde sich daher letztlich nur in der Verwendung des Begriffs erschöpfen und dem Gesetzgeber bei der Festlegung von Prinzipien und Rechtsnormen, die aus der kollektiven Bindung abzuleiten sind, nicht weiterhelfen. Es bestünde sogar die Gefahr, dass die Sicht auf die besonderen Funktionsbedingungen versperrt würde. Bei Regelungslücken könnte die Rechtsprechung u. U. auf Bestimmungen und Grundprinzipien der (Bruchteils-)Gemeinschaft in anderen Gesetzen rekurriert werden, die nicht passen. Zudem ist fraglich, ob der Verbraucherschutz von dem Gemeinschaftsgedanken beeinflusst werden könnte, denn eine individuelle Änderung von Anleihebedingungen aufgrund von gerichtlicher AGB Kontrolle würde der kollektiven Bindung entgegenlaufen. Daher ist es von Vorteil, dass sich die Verfasser des SchVG -E nicht auf die „Gemeinschaft“ festlegen, sondern eigenständige Rechtsprinzipien zu entwickeln versuchen. b) Gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis Der SchVG -E entwirft auch keine gesellschaftsrechtliche Konstruktion, wie z. B. in Frankreich. 28 Nach den Ausführungen zur Gemeinschaft ist klar, dass eine Qualifizierung als gesellschaftsähnliches Verhältnis ohnehin zu kurz gegriffen wäre, gar eine Fiktion bedeuten würde. Jedoch wird verschiedentlich ein gesellschaftsähnliches Verhältnis der Gläubiger bei Schuldverschreibungen 29 oder allgemein bei Unternehmensrestrukturierungen angenommen. Eidenmüller 30 entwickelt eine gesellschaftsähnliche Verbindung Ausführlich dazu Heldt Fn. 15, S. 181 ff. Vgl. Hopt Fn. 3, S. 372; Art. 785 Acte uniforme relatif au droit des sociétés commerciales et du groupement d’interet economique: Les porteurs d’obligations d’une même émission sont groupés de plein droit pour la défense de leurs intérêts dans une masse qui jouit de la personnalité juridique. 29 Heinrich Könige Commentar zum Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen, 2. Auflage, Berlin 1922, Einleitung. An anderer Stelle heißt es allerdings, das Gesetz habe eine dem bisherigen Recht fremde Gläubigergemeinschaft entstehen lassen, die an die Anfänge des Aktienrechts erinnere. Könige Fn. 11, S. 414. 30 Horst Eidenmüller Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, Köln 1999, S. 608 ff. 27 28
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aller Gläubiger (also nicht nur der Schuldverschreibungsgläubiger) bei der außergerichtlichen Unternehmensreorganisation, auf die er gesellschaftsrechtliche Vorschriften analog anwendet, und die er mit einem hohen Maße an Interessenübereinstimmung bzw. einem „Risikoverbund“ begründet. Für alle – auch diejenigen, die sich mit dem Ziel der Maximierung ihres persönlichen Vorteils unkooperativ verhalten – sei das Scheitern der Reorganisation die schlechteste Lösung. Alle Beteiligten partizipierten in diesem Sinne gleichmäßig an den Chancen, aber auch an den Risiken einer außergewöhnlichen Unternehmensreorganisation: Die Beteiligten seien durch ein Netz von Sonderverbindungen verbunden und in ein System von Kooperationspflichten als Ausprägung der gegenseitigen Treupflicht eingebettet. Hierzu gehören nicht nur Beteiligte, die zumindest mit einem anderen Beteiligten des Projekts in vertraglicher Beziehung stehen, sondern auch Akkordstörer und Trittbrettfahrer. Er lässt die Beteiligten hierzu eine Art hypothetischen Gesellschaftsvertrag eingehen. 31 Die Konzeption eines gesellschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses beruht, da sie unterstellte Willenserklärungen bemüht, auf einer Fiktion. 32 Sie hat auch mit Folgeproblemen zu kämpfen, man denke nur an Willensmängel, die den gesamten Vertrag in Frage stellen könnten. 33 Statt eines (hypothetischen) Rechtsgeschäfts- oder Konsensmodells treffen eher die oben angeführten Aussagen des BGH zur „Gemeinschaft“ als eines „hinzunehmenden Übels“ die Sachlage. Es handelt sich deshalb um eine Art automatischen „Eintritt“ in ein bestehendes System 34, der quasi als Annex zum von einem Willensentschluss getragenen bilateralen Vertrag erfolgt und unabhängig vom Willen des Betroffenen Geltung beansprucht. Daher ist auch die Konzeption des SchVG -E angemessen, in dem die kollektive Bindung anhand externer Faktoren begründet wird und nicht mit einer unterstellten willentlichen Unterwerfung der Gläubiger. Die kollektive Bindung kann eher auf der Ebene einer Geschäftsgrundlage angesiedelt werden. 35
Eidenmüller Unternehmenssanierung, Fn. 30, S. 609. Nach der Willenstheorie ist es grundsätzlich unstatthaft, etwas als Vertragsinhalt anzusehen, was von den Parteien nicht tatsächlich gewollt ist, Karl Larenz Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, 3. Auflage, München 1963, S. 157, der aber den „Eintritt“ in eine Gemeinschaft annimmt. 33 Vgl. Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 74. 34 Vgl. auch Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 40, 132, dort v.a Fn. 72; Paschke, Fn. 22, S. 85. 35 Heldt Fn. 15, S. 22, 169. 31
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c) Multilaterale Sonderverbindung Wie bei denen von Gunther Teubner untersuchten Netzwerken, handelt es sich bei Schuldverschreibungen viel mehr um ein Rechtsphänomen sui generis. 36 Es geht um eine vertraglose multilaterale Sonderverbindung, die auf § 311 Absatz 2 Nr. 3 BGB gestützt werden kann und in deren Rechtsfolge Netzpflichten entstehen. 37 Bei Kooperationsnetzwerken, in denen die Parteien Lieferungen und Leistungen miteinander austauschen, wie die Baukooperation, Just-in-Time-Produktion und Franchising, verpflichtet die Sonderverbindung zur Kooperation. Kategorien bei Schuldverschreibungen können sein: Gleichbehandlung, Mehrheitsentscheidung, Rücksichtnahme bzw. Treupflichten. Der SchVG -E hält entsprechende Rechtsfolgen bereit, von denen einige kurz bewertet werden sollen. aa) Gemeinsamer Vertreter als Gegenmachtzentrum Bei den Gläubigern einer Anleihe handelt es sich um eine heterogene und anonyme Gruppe 38, die ein Informations- und Koordinationsdefizit kennzeichnet. Der Schuldner hat im Vergleich zu den Gläubigern eine ungleich stärkere Position. Er legt – unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Preisreaktion – die Anleihebedingungen fest. An Informationen über seine wirtschaftliche Lage bzw. Zahlungsfähigkeit ist er näher dran als die Gläubiger, ihre Koordination beginnt erst mit dem Einberufen der Gläubigerversammlung. Gunther Teubner hat wegen der vergleichbaren ressourcen- und funktionsbezogenen Asymmetrien im Konzern den Aufbau von Gegenmacht-Netzwerken bzw. eines Gegenmacht-Zentrums39 empfohlen, die von dem flexiblen Netzwerkcharakter im Sinne eines „Politikystems“ geprägt sind. 40 Bei Schuldverschreibungen stellt der sog. gemeinsame Vertreter ein solches Gegenmacht-Zentrum dar. Neben der Gläubigerversammlung sieht schon das SchVG 1899 den gemeinsamen Vertreter vor, dem bestimmte Kompetenzen zugedacht werden, die über die Rechte der einzelnen Gläubiger hinausgehen und es ihm ermöglichen, für die Gläubiger eine Kontrollfunktion auszuüben. Er kann eine Gläubigerversammlung einberufen, vgl. § 6 ff. SchVG -E, hat das Recht, auf der Hauptversammlung zu sprechen und Einsicht in die Bücher der Gesellschaft zu nehmen. Das Rederecht eröffnet dem gemeinsamen Vertreter
Vgl. für die von ihm untersuchten Netzwerke Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 71. Ausführlich Heldt Fn. 15, S. 172 ff. Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 102. 38 Keller Fn. 8, S. 159. 39 Teubner Den Schleier des Vertrages zerreißen? Zur rechtlichen Verantwortung ökonomisch ‚effizienter‘ Vertragsnetzwerke“ KritV, S. 367, 387. 40 Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt am Main 1989, S. 183, vgl. auch Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 59 f. 36 37
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Einflussmöglichkeiten auf die Hauptversammlung 41, indem er den Aktionären die Interessen der Gläubiger zu Gehör bringen kann; das Recht in die Einsichtnahme der Bücher nähert ihn dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft an. 42 Im Gegensatz zum Kollegialorgan Aufsichtsrat bildet er jedoch keine Mehrheiten der Gläubiger ab und ist gem. § 6 Abs. 2 S. 2 SchVG -E an Weisungen der Gläubigerversammlung gebunden. Die Aufgaben und Befugnisse des gemeinsamen Vertreters ergeben sich entweder aus dem Gesetz gemäß §§ 7, 8 SchVG -E oder können ihm durch Rechtsgeschäft übertragen werden. Der SchVG -E legt keine inhaltliche Beschränkung für die Befugnisse fest, die die Gläubiger auf den gemeinsamen Vertreter übertragen können. So können sie ihn anweisen, auch der Änderung von Anleihebedingungen zuzustimmen. Wird der gemeinsame Vertreter zur Geltendmachung von Rechten der Gläubiger ermächtigt, entfällt die Rechtszuständigkeit der einzelnen Gläubiger, § 6 Abs. 2 Satz 3 SchVG -E. Die Rolle des gemeinsamen Vertreters unterscheidet sich von der traditionellen Vorstellung von Gesellschaftsorganen als Kontroll- und Legitimationsorganen. Anstatt eines starren Kompetenzkatalogs verfügt er über flexible gesetzliche und vertragliche Mechanismen als rechtliche Instrumente für Legitimation und Kontrolle. 43 Die Gläubiger sind in der Übertragung von Befugnissen frei. 44 Er ist ein Koordinationszentrum 45, das die strukturell schwächere Position der Gläubigerschaft netzwerkgerecht ausgleicht, er ist das eigentliche Netzwerk-Organ. bb) Rechtsfolge: Gesamtgläubigerschaft Eine Rechtsfolge, die der SchVG -E vorsieht, ist eine gesetzlich angeordnete selektive Gesamtgläubigerschaft im Verhältnis zum gemeinsamen Vertreter. Die Verfasser des SchVG -E gehen davon aus, dass auch die rechtsgeschäftliche Übertragung von Befugnissen an den gemeinsamen Vertreter kollektiv durch Mehrheitsbeschluss geschieht. 46 Die Konstruktion des Vertragsverhältnisses im SchVG -E, das nach der Begründung in der Regel ein Auftragsverhältnis sein soll, ist äußerst interessant: Es sollen jeweils gleichlautende bilaterale Auftragsverhältnisse zwischen dem gemeinsamen Vertre-
41 Im Belgisches und Französisches Recht haben zumindest Wandel- und Optionsanleihegläubiger ebenfalls ein Rede- und Teilnahmerecht auf der Hauptversammlung, Heribert Hirte, Wandel- und Optionsanleihen im Rechtsvergleich, in: Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland und Europa, ZGR Sonderheft 16, Berlin, 2000, S. 1, 22. 42 Damit dürfte der Gesetzgeber allerdings etwas über das Ziel hinausgeschossen sein, denn auch andere Fremdkapitalgeber haben dieses Recht nicht. 43 Vgl. die Forderung Teubners Schleier des Vertrages, Fn. 39, S. 387. 44 S.o. IV. 1. 45 Teubner Autopoietisches System, Fn. 40, S. 184. 46 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 29.
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ter und jeweils dem einzelnen Gläubiger begründet werden, jedoch sollen quasi alle Pflichten aus dem bilateralen Auftragsverhältnis nur dem Kollektiv gegenüber zu erbringen sein bzw. durch Mehrheitsbeschluss der Gläubigerversammlung geltend gemacht werden können. Der gemeinsame Vertreter wird gem. § 6 Abs. 2 S. 2 SchVG -E an die Weisungen der Gläubigerversammlung, nicht des Einzelnen gebunden. Satz 4 bestimmt, dass die Berichtspflicht (abweichend von § 666 BGB ) nicht gegenüber dem Vertragspartner, sondern gegenüber den Gläubigern als Gesamtheit zu erfüllen ist. Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger sollen jedoch nichts daran ändern, so stellt die Begründung klar, dass die Rechtsverhältnisse zwischen dem jeweiligen Gläubiger und dem Schuldner bezüglich der Schuldverschreibungen individuell sind. Absatz 3 Satz 1 SchVG -E bestimmt, dass der gemeinsame Vertreter den Gläubigern als „Gesamtgläubigern“ für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben haftet, wobei über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen die Gläubiger per Mehrheitsbeschluss entscheiden, vgl. Absatz 3 Satz 3. Dazu ist in der Begründung zu lesen, dass der einzelne Gläubiger in Abweichung von § 428 BGB „nicht ohne weiteres“ befugt sei, die Leistung an alle zu verlangen. Die Einschränkung sei gerechtfertigt, weil sich die Gläubiger „in Bezug auf ihre gemeinsame Vertretung“ auch im Innenverhältnis gegenüber dem gemeinsamen Vertreter als Gesamtheit behandeln lassen müssten. In dem Beschluss müssten sich die Gläubiger auch darüber verständigen, wer die Ansprüche stellvertretend für alle einfordern solle, da die Gläubiger als Gesamtheit nicht prozessfähig seien. 47 Bei der über das Gesetz hinausgehenden Zuweisung von Aufgaben der Gläubiger an den gemeinsamen Vertreter handelt es sich also um ein durch Mehrheitsentscheid herbeigeführtes, aber individuelles Vertragsverhältnis. Deshalb ergänzen gesetzliche Regelungen selektiv die bilateralen Verträge. Für Netzwerke ist eine selektive Doppelzurechnung von Rechtsfolgen auf den Vertragspartner und den Verbund typisch 48, hier wenden die Verfasser des SchVG -E die Doppelzurechnung jedoch schon bei der Begründung eines Rechtsgeschäfts an. Dies ist problematisch: die Verfasser befinden sich in einem Dilemma, da sie keinen rechtsfähigen Verband begründen möchten, der Vertragspartner des gemeinsamen Vertreters werden könnte. Deshalb können sie auf Individualverträge nicht verzichten. Da jedoch die rechtsgeschäftlich begründeten Aufgaben schon durch Mehrheitsentscheid übertragen werden müssen, ist der von den Verfassern des SchVG -E wahrscheinlich mitgedachte konkludente Vertragsabschluss des einzelnen, vielleicht sogar opponierenden, Gläubigers äußerst fraglich. Ebenso könnten Willensmängel auftreten. Bei opponierenden oder bei Beschlussfassung ab-
47 48
Begründung zum SchVG -E Fn. 10, S. 29. Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 120 f.
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wesenden Gläubigern bedienen sich die Verfasser eher einer reinen Fiktion einer Willenserklärung. 49 Um das zu vermeiden, bedarf es einer anderen Konstruktion bei der Übertragung von im Gesetz nicht geregelten Aufgaben, als der rechtsgeschäftlich begründeten. Die Gläubiger könnten, indem sie dem gemeinsamen Vertreter in der Gläubigerversammlung Befugnisse zuweisen, gesetzliche Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB werden. 50 cc) Minderheitenschutz Das SchVG -E muss sich mit dem Minderheitenschutz auseinander setzen. Es stehen sich die Handlungsfähigkeit und der Schutz der Rechtsposition des Einzelnen vor den Eingriffen anderer gegenüber, ein zentrales Problem, das sich immer bei der gemeinsamen Organisation der Willensbildung Vieler stellt. Dabei hat der Gesetzgeber darauf zu achten, dass Blockademöglichkeiten, eventuell Erpressungen Einzelner, eingedämmt werden, das gilt aber auch für die Wahrnehmung von Partikularinteressen zu Lasten der Minderheit. 51 Die Verpflichtung auf ein gemeinsames Interesse bei der Beschlussfassung dient dem Minderheitenschutz. Durch das Streichen dieses Erfordernisses im SchVG -E gegenüber dem SchVG 1899 ist dieser Schutz nicht weggefallen 52, er ergibt sich aus der kollektiven Bindung. Die Verfasser des SchVG -E scheinen sich ansonsten hauptsächlich auf das Verfahrensrecht zu verlassen. 53 Eine Reihe von Kautelen für die Beschlussfassung soll die Minderheit schützen: Durch die Übernahme der verfahrensrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes zur Einberufung der Hauptversammlung verfolgen die Verfasser das Ziel, möglichst viele Gläubiger rechtzeitig zu erreichen, um sie in die Lage zu versetzen, an der Entscheidung mitzuwirken. 54 Der SchVG -E sieht zudem eine Kombination gesetzlicher Mehrheitserfordernisse für die Beschlussfassung vor, wonach grundsätzlich eine Dreiviertelmehrheit (§ 11 Abs. 2 – 4 SchVG 1899) erforderlich
49 Vgl. zu solchen Konstruktionen bei Netzwerken Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S 104. 50 Umgekehrt besteht bei mehreren zu vernetzten Leistungen Verpflichteten u. U. eine Gesamtschuldnerschaft, dazu Heldt Fn. 15, S. 191 ff. 51 Vgl. Hopt Fn. 3, S. 372. 52 Vgl. auch Theodor Baums Die gerichtliche Kontrolle von Beschlüssen der Gläubigerversammlung nach dem Referentenentwurf eines neuen Schuldverschreibungsgesetzes, ILF Working Papers Nr. 90, S. 12. www.ilf-frankfurt.de/uploads/media/ ILF _ WP _090.pdf. 53 Dies ist nicht mit der sog. „Prozeduralisierung des Rechts“ zu verwechseln, Teubner Autopoietisches System, Fn. 40, S. 84; Gralf-Peter Calliess Prozedurales Recht, Frankfurt 1999, S. 1. Vgl. zur Prozeduralisierung Rudolf Wiethölter Materialisierungen und Prozeduralisierungen von Recht in: Brüggemeier/Joerges (Hg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionistischen Rechts, Bremen ZERP Materialien 4, S. 25 ff. 54 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 21.
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ist, mit individuellem Rechtsschutz. Während früher Formverstöße bei der Berufung der Versammlung, Ankündigung der Tagesordnung oder die Einhaltung der zweiwöchigen Frist eine gültige Beschlussfassung verhinderten 55, sieht der SchVG -E nun ein dem Aktiengesetz entlehntes Anfechtungsrecht mit Wirkung inter omnes vor. 56 Dies entspricht zwar im Prinzip der kollektiven Bindung, die Regelung gefährdet jedoch den Zweck des Gesetzes: § 19 SchVG -E verbietet für die Dauer des Verfahrens die Umsetzung der Beschlüsse. Die Gläubiger können sich durch eine vorgeschobene Anfechtung von der Wirkung ihrer Beschlüsse deshalb wieder leicht trennen. Bei Sanierungsmaßnahmen dürfte der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle spielen; Anfechtungsverfahren dauern jedoch nicht selten über ein Jahr. Auch das sog. Freigabeverfahren des § 246a Aktiengesetz, auf das der SchVG -E verweist, ist kein Eilverfahren. 57 Hier sollte eine andere Lösung gefunden werden, um den Zweck des Gesetzes nicht wieder zu gefährden. Ein Verweis auf die Treupflicht dürfte nicht ausreichen. dd) Rechtsfolge: Treupflicht? Das Gesetz schweigt zu einer Treupflicht, im Sinne einer Pflicht zur Förderung der Leistung 58, die den einzelnen Gläubiger zwingt, den vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen zuzustimmen, damit diese nicht blockiert werden können. Schon das SchVG 1899 geht zunächst einen anderen Weg: die Mehrheitsentscheidung. Dies baut der SchVG -E aus, so dass dem Sanierungsgedanken in einem weiteren Umfang Geltung verschafft wird. Doch trotz der Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen könnten wichtige Sanierungsmaßnahmen an dem Trittbrettfahrerverhalten eines Großgläubigers scheitern, der vielleicht andere Interessen verfolgt. Für solche Fälle wäre es sinnvoll, Akkordstörern Einhalt gebieten zu können, indem eine Treupflicht sie zur Zustimmung verpflichtet. 59 Aus einer Treupflicht ein Handlungsprogramm abzuleiten, ist jedoch problematisch: So verfügen die Gläubiger u. U. über abweichende restrukturierungsrelevante Informationen Könige Fn. 11, S. 420. Insbesondere diese Regelung hat viel Kritik erfahren 22 (z. B. Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts vom 22. 8. 2008, S. 18, www.dai.de), da sich in den letzten Jahren ein Klagegewerbe gebildet hat, das die lange Verfahrensdauer ausnutzt und die Verwaltung im Gegenzug zur Rücknahme der Klage zu finanziellen Zugeständnissen zu bewegen versucht. Vgl. auch den Hinweis des Bundesverfassungsgerichts in seiner Squeeze-Out Entscheidung 1 BvR 390/04 vom 30. 5. 2007, http://www.bundesverfassungsgericht.de/ entscheidungen/rk20070530_1bvr039004.html, dort Rn. 21. 57 Deshalb wird es im Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie nachgebessert, www.bundesjustizministerium.com/files/-/3140/RefE%20Gesetz%20zur%20 Umsetzung%20der%20Aktion%C3 %A4rsrechterichtlinie.pdf. 58 Vgl. Wilhelm Rütten Mehrheit von Gläubigern, Tübingen 1990, S. 183. 59 Eidenmüller Privatisierung Fn. 11, S. 11, nimmt eine Treupflicht an, die vor opportunistischem Verhalten schützt. 55 56
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oder Einschätzungen. So könnten Manche das in die Krise geratene Unternehmen für sanierungsfähig halten, andere nicht. 60 Allenfalls käme ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung einer Treupflicht für solche Fälle in Betracht, die im Bereich von § 826 BGB liegen. 61 ee) Verbraucherschutz im Netzwerk: Richterliche AGB-Kontrolle Ist es inkonsequent, dass der SchVG -E nur die Änderung der Anleihebedingungen der kollektiven Bindung unterstellt, zu den vom Schuldner vorgegebenen Anleihebedingungen aber schweigt? Netzpflichten reichen nur so weit, wie der übergreifende Bezug es erfordert. Das bilaterale Vertragsverhältnis dagegen bleibt davon dann unberührt, wenn der Sachverhalt keinen übergreifenden Bezug aufweist, z. B. ein Irrtum beim Vertragsabschluss. Die individuelle Veränderung von Anleihebedingungen, die durch eine AGB -rechliche Prüfung erreicht werden könnte, ist jedoch problematisch, weil dies die Einheitlichkeit der Schuldverschreibung gefährdet. Die Einordnung von Anleihebedingungen als AGB mit der Folge einer richterlichen Inhaltskontrolle ist umstritten. 62 Hier sei nur auf die Besonderheit hingewiesen, dass die Anleihebedingungen eigentlich selbst das urkundliche Leistungsversprechen bzw. das erstandene Produkt sind, und nicht bloße Nebenbestimmungen zum Vertrag 63, und sich die Preisbildung am Markt an diesem Gesamtprodukt orientiert. 64 Der BGH hat jedenfalls wegen der Funktionsbedingungen von Schuldverschreibungen die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 305 Abs. 2 BGB ) und damit eine Einbeziehungskontrolle abgelehnt. 65 Zur Inhaltskontrolle hat er sich allerdings nicht geäußert. Für AGB gilt ein objektiver Empfängerhorizont, der – wenn die Anleihe auch für Privatkunden bestimmt ist – an der Verständnismöglichkeit eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden zu orientieren ist. 66 Es gilt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB , wonach unklare Geschäftsbedingungen zuungunsten des Verwenders auszulegen sind. Eine Reduktion der Komplexität des Originaltexts der AnEidenmüller Privatisierung, Fn. 11, S. 7. Der BGH nimmt weder die Pflicht von Gläubigern an, Sanierungsmaßnahmen zuzustimmen, noch gewährt er Schadensersatzansprüche, wenn solche Gläubiger sich aus den Sanierungsbeiträgen anderer bereichern BGHZ 116, 319; aA Walther J. Habscheid Zur rechtlichen Problematik des außergerichtlichen Sanierungsvergleichs, in: Gedächtnisschrift für Bruns, München 1980, S. 253, 264; Günther Wüst Vom ungebundenen Individualgläubiger zum rücksichtsvollen Mitgläubiger, in: Festschrift Wilburg, Graz 1965. 62 Vgl. nur Hopt Fn. 3, S. 363 mwN, BGHZ 119, 305, 312 mwN. 63 von Randow Fn. 17, S. 25 ff. m. vielen N., aA z. B. Hopt Fn. 3, S. 370, da es sich teilweise um Klauseln handele, die das Leistungsversprechen (die essentialia negotii) ändern, aushölen, einschränken oder auch nur ausgestalten, in Anlehnung an BGHZ 100, 157, 173. 64 Eidenmüller Fn. 11, S. 11. 65 BGHZ 163, 311. 66 Hopt Fn. 3, S. 369. vgl. BGHZ 28, 259, 265; BGZ 77, 106. 60 61
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leihebedingungen dürfte jedoch kaum möglich sein, da die von vielen Variablen abhängigen Zinszahlungsversprechen rechtlich genau dargestellt sein müssen. 67 Bei der Inhaltskontrolle nach ABG -Recht müsste man zudem nach Unternehmern und Nicht-Unternehmern differenzieren, vgl. § 310 Abs. 1 BGB . Die Wirksamkeit von der Person des Inhabers abhängig zu machen, widerspricht jedoch wiederum der Fungibilität der Wertpapiere. Einheitlicher und damit besserer Maßstab wäre dann eher § 242 BGB , der nicht nach der Rolle des Inhabers unterscheiden muss. 68 Hier stoßen also wertpapierrechtliche Anforderungen auf verbraucherrechtliche. Die Verfasser des SchVG -E haben die Probleme erkannt, scheuen jedoch davor zurück, den Ausschluss der AGB -Kontrolle ausdrücklich zu normieren, um sich nicht einem Vertragsverletzungsverfahren der EU -Kommission auszusetzen. Die Verfasser des SchVG -E hält es damit wie die anderen Mitgliedsstaaten, die keinen ausdrücklichen Ausschluss vorsehen. Vergleichsweise Regelungen im europäischen Ausland, die auf die Richtlinie 93/13/ EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen 69 zurückgehen, werden dort auf Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen schlicht nicht angewendet. 70 Es zeigt sich ein erheblicher Unterschied zwischen allgemeinen Geschäftsbedingungen und Anleihebedingungen: Während mit ersteren eine Vielzahl von unverbundenen Transaktionen einheitlich erfasst werden sollen, dienen letztere dazu, eine Vielzahl von einheitlichen Transaktionen miteinander zu verbinden. 71 Die individuelle Veränderlichkeit der Anleihebedingungen entspricht deshalb nicht der kollektiven Bindung. 72 Damit soll nicht gesagt werden, dass keine richterliche Überprüfung von Anleihebedingungen im Sinne eines Anlegerschutzes möglich sein kann. Der Gesetzgeber muss jedoch auf die Netzeffekte mit einem kollektiven Überprüfungsverfahren und einem besser als das AGB -Recht an den Funktionsbedingungen von Anleihen orientierten normativen Maßstab bzw. Leitprinzipien für die richterliche Kontrolle antworten. Denkbar ist, dass einem solchen Verfahren eine Gläubigerversammlung vorgeschaltet wird, die darüber entscheidet, ob ein solches Verfahren eingeleitet werden sollte.
von Randow Fn. 17, S. 32. Dorothee Einsele Bank- Und Kapitalmarktrecht, § 7 Emissions und Konsortialgeschäft, Tübingen 2006, S. 51 Rn. 50. 69 ABl . EG Nr. L 95 S. 29. 70 So ist z. B. in London keine Rede von der Anwendung des Unfair Contract Terms Act, Hopt Fn. 3, S. 364. 71 von Randow Fn. 17, S. 67. 72 AA für Kooperationsnetzwerke, Teubner Fn. 1, S. 171. 67 68
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III. Zusammenfassung Der SchVG -E betritt mit der „kollektiven Bindung“ als Grundprinzip für Schuldverschreibungen Neuland und schafft eine Rechtskonstruktion sui generis. Der Gesetzgeber ist zu ermuntern, dies deutlich im Entwurf des Gesetzestexts und seiner Begründung zum Ausdruck zu bringen. Dabei nehmen sich die Verfasser des SchVG -E das „Beste“ aus allen Welten, ohne sich auf eine Gemeinschaft oder ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis festzulegen. Sie arbeiten dabei eine Reihe von Prinzipien heraus, die dem Netzcharakter von Schuldverschreibungen gerecht werden, manche Regelungsentwürfe sind jedoch – wie gezeigt – problematisch. Schon werden übermütige Stimmen laut, die das SchVG ganz aufheben wollen, um den Akteuren die Setzung ihrer eigenen Regelung gänzlich zu überlassen. 73 Jedoch ist die Rechtsprechung, wie auch Gunther Teubners Befund bestätigt 74, noch nicht so weit: Das Reichsgericht hielt 1888 vor der Einführung des SchVG 1899 einen Beschluss der Gläubiger über eine Zinsermäßigung für unwirksam, weil es sich um einen Eingriff in das Individualrecht jedes Schuldverschreibungsgläubigers handele. Diese seien nämlich, obwohl Gläubiger einer einheitlichen Anleihe, nicht zu einem Verband zusammengeschlossen, der ihre Rechte kollektiv einbinde und dem Mehrheitswillen unterwerfe. 75 Der BGH lehnt die Annahme einer Gefahrengemeinschaft aller Gläubiger in der Krise eines Unternehmens trotz der Parallelen zum SchVG 1899 mit der Folge der Möglichkeit verbindlicher Mehrheitsentscheidungen ab, da dies die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschreite. 76 Ohne den Gesetzgeber geht es derzeit noch nicht.
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Eidenmüller Privatisierung, Fn. 11, S. 11. Vgl. schon oben Teubner bei Fn. 16. RGZ 22, 61 ff. BGHZ 116, 319, 324.
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Nichts zu machen! Die Diagnose lag auf seinem Tisch. Wirkliche Hoffnungen hatte sich Hubert Nickel nicht gemacht. Aber irgendwie gehofft hatte er natürlich schon. Doch der Medizinische Dienst war gnadenlos. Oder besser – Gnade hatte in dieser Zeit keine Bedeutung und damit war auch Gnadenlosigkeit keine Kategorie mehr – also besser: unbestechlich, ja der MD tat seine Arbeit, berechnet, also berechenbar. Nichts zu machen. Nickel mußte dableiben. * Der Gerhard-Roth-Boulevard war die schönste Straße in der Stadt. Jede Stadt hatte ihren Gerhard-Roth-Boulevard. Hier standen die Kathedralen der neuen Zeit. Transparente Paläste für die schweren und schwersten Fälle. Die so künstlichen wie kunstvollen Bäume hatten schillernde Blätter, die bei Bedarf automatisch wie ein Fangnetz auf etwaige Ausbrecher herabfielen. Das kam kaum vor – die Überwachung war perfekt. Die Paläste waren Ausdruck des Stolzes, des Stolzes über das Erreichte: Vergewaltigungen, Schwere Körperverletzungen, Mord und Totschlag gab es nicht mehr. Die Mörder, Schläger, Perversen und andere Schwersthirngeschädigte wohnten in den Palästen. Der Staat wollte sich nicht nachsagen lassen, man behandle die cerebralen Abweichler schlecht. Im Gegenteil, sie waren die Exponate eines immensen Erfolges: Sicherheit. Hubert Nickel hatte vor langer Zeit kleine Mädchen vergewaltigt und umgebracht. Innerhalb von acht Monaten 67 Stück. Für jedes Jahr, das seine Mutter gelebt hatte, ein Mädchen. So hatte er sich das ausgerechnet, aber sie glaubten ihm nicht. Die Ärzte hatten, als er gefaßt wurde, einen Fehler in seinem Kopf festgestellt. Der Fehler wollte einfach nicht weg, Operationen, Medikamente, Amputationen, nichts half. Dreißig Jahre ist das her. Die Ärzte sagten, er würde es wieder tun, sie wüßten es ganz genau, sie könnten das in seinem Hirn lesen, dabei wollte er doch nur 67 Mädchen töten, und die hatte er schon getötet, mehr brauchte er nicht, seine Mutter würde ja nicht älter werden, sie war tot, 67 Jahre alt geworden, die Schlampe, seine Abarbeitung an der Mutter, die ihn ins Leben geworfen hatte, war beendet und er selbst alt geworden, aber die Ärzte sagten immer wieder, es sei egal, was er da rede, er wisse sowieso nicht, was er wolle, ja er wolle in Wirklichkeit gar nichts, er meinte vielleicht, etwas zu wollen, aber sein Gehirn
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schriebe ihm das vor, und nur sie, die Ärzte, könnten dieses Wollen, das im eigentlichen Sinne gar kein Wollen sei, entziffern, und die Entzifferung ergebe eben, daß er einen Fehler habe, den Fehler, Mädchen töten zu wollen, und dieser Wille sei in seinem Hirn Fleisch geworden, da könne er selbst gar nichts daran ändern, selbst wenn er wollte, wobei, wie die Ärzte nicht müde wurden, immer wieder zu betonen, er sowieso nichts wollen könnte, da alles was er wollen könnte, schon gewollt sei, er also gar keine Freiheit des Entschließens oder eben Wollens besitze, oder wie sie auch zuweilen sagen: Sie haben keinen freien Willen! Da war nichts zu machen. Auch diesmal wieder nicht. Die Diagnose bestätigte erneut, daß er eben nicht will, was er zu wollen vorgab, nämlich nicht mehr kleine Mädchen zu töten. Nickel schaute nach draußen auf den Boulevard. Er war noch nie auf ihm spazieren gegangen. * – Nichts zu machen! Sie bringen einem sowieso, was man im Kopf hat. Hat keinen Sinn, irgendwelche Bestellungen aufzugeben. Ich hasse das. Vor zehn Jahren waren sie noch nicht soweit. Aber jetzt gibt es kein Entrinnen. Ich rege mich immer noch darüber auf. Stellen Sie sich das vor! Bin halt ein unverbesserlicher Romantiker … Der Kellner bringt einen Latte machiatissimo, dreizehn Prozent gezuckert, und einen Thé blanc von Mariages Frères, ungesüßt, auf 67 Grad temperiert. … Sehen Sie, die fragen nicht einmal mehr, was man wünscht, die fragen nicht einmal mehr aus Höflichkeit, auch wenn sie natürlich wissen, was man will. Neulich im Biergarten kam die Bedienung: „Hier, Ihr Rosé“, dabei bin ich gar kein Stammgast, war noch nie in dem Garten. Die Hirnscanner sind das Ende der Manieren. Wie ein Hund kommt man sich vor: Hier friß und trink, ich weiß schon, was Du willst und brauchst, bevor Du auch nur eine Ahnung davon hast! – Ach, lieber Mauritius, das hätten Sie doch alles ahnen können. Sie waren doch an der Forschungsfront damals, und wenn ich noch an unsere Podiumsdiskussionen, runden Tische, Expertengremien, Kommissionen denke – auf Ihren Lehrer Roth haben Sie nichts kommen lassen. – Ich war verblendet, ist ja nun auch fünfzig Jahre her. Ich dachte nur an die schlimmen Fälle, Kinderschänder, Mordlüsterne, Verbrechernaturen eben. Aber daß es so weit kommen würde, hätte ich nie gedacht. Der alte Singer hat ja auch immer gesagt, wir wissen noch gar nichts, und das Hirn ist so vielfältig und komplex, nein, daß es soweit kommen würde, Kollege Reckenwitz … – Naja, es hat ja auch seine Vorteile, nicht wahr?, gerade für uns alten Semester. Ist doch bequem, wenn einem alles zugeteilt und geliefert wird. Die Scanner sind nicht schlecht. Neulich bekam ich eine ausgestopfte afrikanische Wüstenspringmaus ins Haus, die hatte ich in einem historischen Tier-
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film gesehen. Mir war gar nicht bewußt, daß ich so eine Maus gerne in meiner Vitrine hätte, Sie wissen, die mit den Väschen und Steinchen. Die Präparationsfirma in Tunesien bekam aber entsprechende Nachricht und Bankeinzugsermächtigung. Ja, Mauritius, nicht mal das Zahlen muß man noch selbst erledigen. Das hätte ich mal meinen Studenten vor fünfzig Jahren erzählen sollen. Ausgelacht hätten sie mich. Reckenwitz nahm einen Schluck Thé blanc. Exquisit, wahrlich. Der Professor lehnte sich zurück. Ach, vor fünfzig Jahren. Da stand er auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Einen Lehrstuhl für Zivilrecht und Zivilprozeßrecht hatte er inne gehabt. Die Königsdisziplin der Wissenschaft vom Recht. Ach, Recht. Manchmal noch nahm er als Bettlektüre einen dieser alten Bände der Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen zur Hand und las ein Urteil. Wie klar und unklar zugleich doch alles war. Wie kunstvoll die Begründung, um eine schwierige Rechtsfrage zu lösen. Abwägung, Hin- und Herwenden der Meinungen, Interpretation des Vorgetragenen und der Gesetze natürlich, Heranziehung von früherer Rechtsprechung, von Kommentaren, von Zeitschriftenaufsätzen, alles wurde berücksichtigt, diskutiert, um dann in eine Entscheidung zu münden. Nicht selten hätte Reckenwitz die Sache anders entschieden, nicht immer war er einverstanden mit der Abwägung, hätte dieses Argument oder jenes anders gewichtet oder gar nicht in Ansatz gebracht, aber darauf kam es nicht an. Entscheidend war, daß man die Dinge so oder so ansehen konnte und nie etwas ganz sicher war. Mit Spannung verfolgte er damals, als er selbst noch mitunter vom BGH zitiert wurde, die Prozesse, ihr Schicksal im Instanzenzug, als es mal so und mal anders ausging und der BGH dann als oberstes Gericht den unendlich möglichen Diskussionen ein Ende bereitete. Nicht weil der BGH es besser wußte, die Wahrheit kannte, sondern weil er am Schluß entscheiden durfte, was nichts anderes hieß, als daß er die letzte Instanz war. Letzte Instanz der Rechtsprechung in zivilen Sachen. Und beim Recht ging es um Recht und Unrecht, und nicht wie bei der Wissenschaft um Wahrheit. Ach … – Na, Herr Kollege, in Gedanken versunken? Denken über die Jurisprudenz nach? Haha, gibt es nicht mehr, mein Lieber. Was wart Ihr auch so dumm, Euer ganzes schönes Rechtssystem auf der Privatautonomie, so nanntet Ihr das doch?, aufzubauen, haha, nichts ist mit Privat und Autonomie! Das roch zu sehr nach freiem Willen! Da haben wir nach dem Strafrecht und seiner ungeheuerlichen Barbarei, von Eigenverantwortlichkeit und Schuld auszugehen, um die Menschen in stinkende Gefängnisse zu stopfen – da haben wir gleich das Zivilrecht mitverfrühstückt. Pri-vat-au-to-no-mie! Daß ich nicht lache! Der freie Wille ist tot. Mausetot. Schauen Sie: Der Kellner bringt eine Currywurst. Currywurst mit süßem Latte machiatissimo.
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Das hätte man früher nicht einmal zu träumen gewagt, geschweige denn bestellt. Jetzt kommt es einfach. Die wissen es. Hab noch gar nicht gemerkt, daß ich es will. Ho, das schmeckt. Is’ ja ne schöne Sauerei, aber schmeckt! * Raymond Spiegel blickt mit prüfenden Augen auf den Bildschirm. Gehirn im sechsten Monat. Die Schnitte zeigen: Da stimmt etwas nicht. Klare Anlagen zur Verbrecherin. Mit 87einhalb Prozent Gewißheit Eigentumsdelikte, verbunden mit 34 Prozent Gewißheit Körperverletzung. Klarer Fall für den Roth-Boulevard. Säuglingspalais. Lohnt sich eigentlich kaum, aber die neue Version des Gesamtgesellschaftshandbuchs ist noch nicht draußen. Noch müssen wir mit der 90 Prozent-Schwelle operieren. Spiegel hofft auf 80. Er denkt an das Gemeinwohl. Dafür ist er bekannt, nicht nur im Gesangsverein, er spendet auch regelmäßig für die Kinder in der zweiten Welt, dort, wo die Scanner noch nicht sind. 80, das wär’s. Im neuen Eucerebralpalast, Gerhard-Roth-Boulevard Nummer 1, ist noch Kapazität, mit dem Präventivtöten hat man erst kürzlich begonnen. Spiegel geht dort besonders gerne am Dienstagvormittag hin, dann ist es relativ leer, um die wunderschönen Porträts auf der Galerie im ersten Stock zu betrachten. Alles Köpfe, die der Gesellschaft erspart geblieben sind. * – Ja, Mauritius, wir haben es damals nicht richtig erfaßt, das stimmt. Meine Jurakollegen starrten immer nur auf das Strafrecht. Und was Ihr Neuros damals von Euch gabt, klang gar nicht nur übel. Abolitionisten gab es schließlich auch bei uns. Staatliches Strafrecht, das hatte manchem in den 1970er Jahren Brechreiz verursacht. Repressiv, unmenschlich, nachgerade totalitär. Sozialarbeit hieß die Devise. Aus jedem Verbrecher könnte ein guter Mensch werden. Man müßte sich nur anstrengen und die Delinquenten anstatt zu bestrafen sozial therapieren. Naja, ob das geklappt hätte, kann keiner wissen, denn jedenfalls wurde nie genug Geld in Sozialarbeit gesteckt, als daß man wirklich ein belastbares Urteil über den Erfolg dieses Ansatzes – Ansatz sagte man gerne damals – hätte abgeben können. Nun, ich kannte das alles ja nur vom Hörensagen. Zu meiner Studienzeit dann der neue Abolitionismus, von Euch eben. Klang gut, was Roth, Singer, Markowitsch so sagten. Irgendwie human diese Ansicht, daß die Verbrecher nichts dafür können, daß sie Verbrecher sind. Das hatten die Sozialdeterministen auch gesagt, deswegen Sozialarbeit. Jetzt eben Krankheit, Hirnschäden, deswegen Medizinarbeit. Strafrecht ist inhuman, also weg damit, weg mit dem Richten und Bestrafen, weg mit dem Strafgesetzbuch, weg mit der Frage nach Recht und Unrecht. Dafür Diagnose und Therapie. Anstelle von Strafrecht – Psychiatrie und Neurobiologie. – Stimmt, Reckenwitz! – Mauritius spülte den letzten Happen Currywurst mit dem verbleibenden Latte runter – Wir waren die Könige. Neurobiologie als neue Fundamentaldisziplin. Ist ja auch so gekommen. Euer
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Rechtssystem ist fort, sang- und klanglos untergegangen. Ihr wart eben nicht wissenschaftlich. Bei Euch wußte man nie, was rauskommen würde bei der Interpretation der Gesetze. Unberechenbare Urteile, zwei Juristen, drei Meinungen, so hieß das doch. Mit dieser Unsicherheit mußte es doch ein Ende haben. Einmal gab es fünf Jahre, ein andermal drei Jahre, oder gar Freispruch, oder zehn Jahre, je nachdem, ob fahrlässig, halb fahrlässig, absichtlich, betrunken, halb betrunken jemand einen anderen um die Ecke brachte. Und je nachdem, ob das in Frankfurt, München oder MünsterSarmsheim passierte. Oder diese Vergewaltigungen, was habt Ihr Juristen da ein Theater gemacht – wir haben aufgeräumt. Die Hirnforschung hat das Rechtssystem auf eine objektive Grundlage gestellt und es damit unnötig gemacht. Wissenschaftliche Maßnahmen – das ist human, weil wahr. Wir stellen Diagnosen und machen keine unsicheren Urteile. Die Menschen sind wie sie sind. Sie haben keine Wahl, so oder anders zu handeln. Keiner ist verantwortlich, es steht ja alles in seinem Hirn. Und wir können das Hirn lesen. Inzwischen besser als jemals zuvor. Recht ist da ein romantisches Herumstochern in der Wirklichkeit und in irgendwelchen Gesetzestexten. Daraus konnte nichts werden. Unwissenschaftlich eben. Körperbezogener therapeutischer Maßnahmevollzug, Sicherung, Gerhard-Roth-Boulevard eben. Tolle Sache. * Die Spritze tat nicht weh. Darauf wurde immer sehr geachtet. Nur kein Schmerz. Hubert Nickel sah die Medizintechnische Angestellte an. Makellose Augen, blau wie das Meer, das er allerdings nie wieder in seinem Leben sehen würde, Haut wie Alabaster, halblange gelbe Haare, der anthrazitfarbene Overall schmiegte sich eng an den perfekten Körper. Ob die MA echt war? Er wußte ja selbst nicht mehr, was wie wo an ihm echt war. Die Spritzen machten etwas mit ihm. Im Hirn. Sie hatten es ihm erklärt, vor längerer Zeit. Er hatte es kaum, eigentlich gar nicht verstanden. Irgendwo lagen riesige Fabriken, in denen die Spritzen hergestellt wurden. Neulich gab es Lieferschwierigkeiten, irgend etwas stimmte nicht. Doch das hatte keine Bedeutung für ihn. * – Naja, Reckenwitz, das ist eben der totale Sieg. Was hat es nicht für Skeptiker gegeben damals. Zum Totlachen! Da hatten doch sogenannte Wissenschaftshistoriker tatsächlich behauptet, unser Super-Hirndeterminismusparadigma sei ein alter Hut. Hätte es alles schon gegeben. Irgendwie im 19. Jahrhundert. W e e e n interessiert das? Konnte auch nur ein Historiker drauf kommen – gibt ja Gott sei dank diese verstaubten Besserwisser nicht mehr, heutzutage: Urin und Niere stehen im selben Verhältnis wie Gedanken und Gehirn. Nur weil das irgendwelche Materialisten schon achtzehnhundertschnee gesehen haben, faselte in einem Seminar so ein Historiker von – wen wundert’s – Historisierung. Als ob die Wahrheit irgendwie ge-
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schichtlich wäre. Wahrheit ist Wahrheit. Punkt! Gegen Wahrheit zu sein ist dumm. Ein Zeichen von Dummheit. Da muß man eine Spritze geben. Dann sind die Gedanken wieder in der Reihe. Was wir uns damals alles anhören mußten, von diesen Historikern, Philosophen und sogenannten Intellektuellen. Alles Phantasten. Konnten natürlich nicht anders die Leute. Hatten ja auch keinen freien Willen diese Menschen. Aber eben Hirnfehler. Haben zwar keine kleinen Mädchen umgebracht, dafür aber Unsinn geredet. Haben halt gesagt, was sie sagen mußten. Eben wie Woyzeck, der an die Wand pissen mußte. Meine Lieblingsstelle: „Aber, Herr Doktor, wenn einem die Natur kommt“. An die Wahrheit glauben – die Spritze tut gar nicht weh. Klappt in 99,9 Prozent der Fälle, hab’ ich im Lebensmagazin gelesen. – Mauritius, regen Sie sich doch nicht auf! Sie haben gewonnen. Längst. Als ich in einem rechtshistorischen Seminar das erste Mal vom Ignorabimus des Emil Du Bois-Reymond gehört habe, wir über die Grenzen der Naturerkenntnis und die Krise des Positivismus diskutierten, da war es schon zu spät. Alle Geistestätigkeit, alles Handeln, jeder Wille war in den Windungen des Cerebralen gefangen. Da gab es kein Entrinnen. Irgendeiner sagte zwar noch, man müsse dem Leben und nicht dem Labor gerecht werden, doch wenn das Leben nur aus dem Labor ermittelbar war, ja wenn das Leben seinen Sitz im Gehirnlabor fand, dann waren das eben nur fromme Wünsche. Der Mensch ist auch nur ein Tier, ein Stück fleischgewordener Natur. – Ich glaube, Ihr Cerebrellum-Stick ist verrutscht. – Danke, Reckenwitz, danke! * – Das Individuum erodiert! Der freie Wille hat abgedankt, der willenlose Hirnapparat herrscht, es gibt kein Recht mehr! … Kevin Zarotzki, Kampfname: Quilt, hält eine Rede in einem Keller der Kamus-Gasse, die Autoritäten sind inzwischen derart ungebildet, daß ihnen dieser, Albert Camus nur leicht verfremdende Name durch die Erinnerungsverbotslappen gegangen ist. … Widerstand, wir müssen Widerstand leisten! Mit dem Gehirn, mit unseren Gedanken! Ich habe einen alten Film gefunden mit Wolf Singer und Gerhard Roth – da werden sie als die beiden Hauptmatadore auf Seiten des damals jüngsten naturalistic turn in Sachen Willen vorgestellt. Da kann man sehen, wie unsicher, fragil damals noch alles war. Wie Singer in Frankfurt den freien Willen in Frage stellt: Den einen Beweger in unserem Kopf, das eine Ich gibt es nicht, ein dezentrales Netzwerk regiert unser Handeln. Aber, und das ist aufregend, er sagt in dem Film auch: Wir wissen noch nicht so genau, wie das im einzelnen funktioniert. Singer bleibt bei allem Naturalismus skeptisch. Davon wird uns heute nichts mehr gesagt. Gerhard Roth dagegen ist keine Überraschung. Er redet über die Folgen neurobiologischer Forschung für das Verständnis von Schuld und Strafe (Entmorali-
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sierung des Rechts: Ist unser Strafrecht veraltet?). Denn, wenn der Wille nicht frei ist, dann kann auch nicht von Verantwortung und Schuld gesprochen werden. Der Mörder muß morden, ob er will oder nicht. Roth breitet das aus, was wir heute noch von ihm in den ständigen Wiederauflagen lesen können: „Jeder Mensch handelt so, wie seine Persönlichkeit – bestimmt durch Gene, Hirnentwicklung, frühkindliche Erfahrung und spätere Sozialisierung – es vorschreibt.“ Determinismus also, Motiv-Determinismus. „Alle pädophilen Mörder haben schwere Hirnschäden“. Von Schuld könne hier nicht gesprochen werden, da die Möglichkeit des „Anders-HandelnKönnens“ nicht gegeben sei. Denn wo kein freier Wille, da ist auch keine Schuld. Roth weiß es genau, immer der Gestus absoluten Wissens: „Wir haben das ganz genau untersucht“. „Wir wissen jetzt“. „Keine Zweifel“. Irgendein Philosoph taucht auch auf in dem Film. Der weiß es auch ganz genau, insbesondere, wie es um die Freiheit des Willens steht. Und daß die Idee der Willensfreiheit nur dazu diente, die philosophischen Lehrstühle der damaligen Republik zu erhalten, und deshalb dort die neuen Beweise der Neurowissenschaften ignoriert würden. Denn, wo kein freier Wille, da ist auch kein Kant. Und wo kein Kant, da ist auch keine Philosophie. Und wo keine Philosophie, da sind auch keine Philosophieprofessoren. Dann müßten die ja wieder Taxi fahren. Und das können die natürlich nicht wollen. Jetzt gibt es keine Philosophen mehr. Alles aufgegangen in einem Fach: Neurologie … Die sieben Zuhörer hören Quilt aufmerksam zu. Ein versprengtes Häuflein. Eine Zelle des Widerstands gegen das herrschende Hirnsystem. Es soll noch andere Gruppen geben. Kontakt bestand bislang nicht. … In dem Film reden noch sogenannte Juristen. Das müßtet Ihr sehen und hören. Ich weiß gar nicht so genau, was das ist, ein Jurist. Muß irgendwie mit Recht zusammenhängen. Von alldem hört man heutzutage nichts, gar nichts! Einer dieser Juristen, wirklich ein komisches Wort, sagt, daß das Strafrecht es nicht mit unumstößlichen essentialistischen Wahrheiten zu tun hat – also schon deshalb einen ganz anderen Horizont besitzt als die Naturwissenschaften –, sondern Personen Verantwortung für ihr Handeln zuschreibt. Der Annahme oder Ablehnung einer Willensfreiheit bedarf es für diese Zuschreibung gar nicht. – Darüber muß ich noch nachdenken, so ganz kapier’ ich das nicht, klingt aber gut für uns. Scheiße, man müßte echt wissen, was ein Jurist ist! – Ein anderer Jurist, fetter Typ Unsympath, sagt erstmal: „Jeder Mensch ist ein potentieller Verbrecher“. Das klingt irgendwie schon nach heute. Doch bei genauerem Nachdenken – Nachdenken, Leute, das isses, Denken! – ist dieser Satz der entscheidende Satz, der uns heute fehlt. Also, peilt mal scharf! Denn in der Möglichkeitsbehauptung steckt die Freiheit, die der naturalistische Determinismus uns ausgetrieben hat. Der Stachel der Skepsis muß wieder stechen. Von wegen „Unsinnigkeit“ der
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Annahme von Willensfreiheit! Was wissen wir eigentlich? Angesichts der Komplexität der Hirn-Sache doch immer noch fast nichts! Heute tun wir nur so, die Mächtigen sagen uns, sie wissen es – damit sie herrschen können. Die Moral gehört zum limbischen System – ja und? Was bedeuten denn die feuernden Neuronen und flackernden Synapsen? Und ist das nicht alles Induktion? Denken, Leute, Deeeee-nk-en! Alle Schwäne sind weiß, bis einmal ein schwarzer auftaucht. Abgesehen davon, daß aus den Apparaturen herauskommt, was man vorher hineingesteckt hat. Bildgebende Verfahren in den Neurowissenschaften – die Bilder werden von den Rechnern errechnet, was hinter den Rechnungen der Rechner wirklich steckt – wer weiß? Na klar: die Macht, der Überstaat, die Wahrheitsscheiße, Unfreiheit. Immer wieder müssen wir uns fragen: Was bedeutet das eigentlich? Und daß es den freien Willen nicht gibt – das muß erst einmal einer beweisen und der Beweis nicht nur behauptet werden. Doch wie soll die Nichtexistenz von etwas überhaupt bewiesen werden? Deeeee-nk-en! Und immer wieder: Komplexität des Hirnlebens, das sich einer sicheren Beschreibung entzieht. Reden wir nicht vom Verstehen. Also, die Juristen, Teufel noch mal, waren gut. Einer meinte noch: Die Annahme eines freien Willens ist eine historische Gegebenheit. Dann aber – Leute, ihr wißt schon, Selbst-Denken! – ist die Annahme der Willenlosigkeit genauso der vergänglichen Geschichte ausgesetzt. … Juristentum, keine Ahnung, wie das heißt, was die Juristen machen, hat aber wohl was mit Recht zu tun, das haben wir aber auch nicht mehr, also vielleicht Rechttum? Ach fucking Scheiße – wir brauchen diese Kerle: Juristen! Den Zellengliedern wurde es ganz schummerig zumute. Soviel Nachdenken war zuviel auf einmal. Normalerweise dachte, wenn man das überhaupt so ausdrücken wollte, das Gehirn für sie. Jetzt sollten sie plötzlich selbst aktiv mitdenken. Die schöne Zorinke unterbrach den Redner: – Hey Quilty-boy, mal langsam. Das ist ja das reinste Gehirnjogging, Stufe 8 plus. Ich hab neulich auch so einen Jurist gesehen, im Café. Alter Mann mit Althirn. Der hat was von Strafrecht und Zivil(kann das sein?)Recht geredet. Hab nicht alles verstanden, ist auch nicht immer so gut zu hören, und es gibt Lücken, interferierende Kellner und so, eigentlich alles nur Bruchstücke, aber mein Cerebrellum-Stick hat’s registriert … Mauritius, ich sage Ihnen neuromäßig gesehen, Greisenhaftigkeit des Strafrechts? Nun, für den Abolitionismus gibt es viele und auch gute Gründe. Daß zum Beispiel eine Vielzahl von Eigentumsdelikten nicht unbedingt in den Apparat des Strafens, sondern vielleicht eher in einen Apparat pekuniärer Kompensation gehört hätten, ließ sich hören. Für den Abolitionismus naturwissenschaftlicher Provin … nicht den Grund, den deren Vertreter superüberzeugt anführten … Beweis, daß
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der freie Wille nicht ist. Recht … Zweifel, Auslegungen, Interpretationen. Daraus resultieren Zurechnungen, die menschengemacht sind. Was angeblich naturgemachte Sicherheiten ausrichten würden ist nicht ausgemacht. Ob es humaner ist, Gesetzesbrecher in die Fänge des medizinal-therapeutischen Komplex’ zu geben als ins Gefängnis zu stecken, war damals sehr die Frage. Heute sehen wir’s: Einem Sein kann man nicht entrinnen, die Therapie wird zum fragelosen, rettungslosen Dasein … therapeutische Menschenzurichtungsmaschinenparks … Fehlanzeige … elektronische Agenten und Menschenaffen … Teubner, war ein Superrechtsdenker, hat geahnt, daß die hybriden Nicht- oder besser Zwischenmenschakteure vielleicht nicht unter menschliche Kontrolle zu halten sind … Kommunikations- und Verantwortungsfähigkeit zahlloser nicht-menschlicher Wesen in der Welt des Rechts … Personen sind Masken … soziale Zuschreibung … rätselhafte juristische Person … Willenserklärungen von Maschinen … Entscheidung … Zurechnung … Verstehen … diskursive Unordnung … Pluralismus der Sprachspiele … hochfragmentiertes Dasein in der Gesellschaft … Widerspenstigkeit … Recht jedenfalls ist prekär, unsicher, revisionsfähig, interpretationsbedürftig. Darin liegt sein Menschenmaß. Mörder, Pädophile, Vergewaltiger traten nicht massenhaft … in Massen schlossen wir Verträge. Kaufverträge, Mietverträge, Arbeitsverträge. Ein Vertrag besteht typischerweise aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Erstes Semester. BGB , Allgemeiner Teil … ultramoderne Hirnforschung … willensmäßig … das völlig altmodische Zivilrecht? … Dimensionen ganz andere als bei ein paar Mördern … Zivilrecht – das wissen wir Juristen – ist ziemlich kompliziert … Antworten des Neurorechts … Privatrecht abschaffen. Wo kein Wille, da kein Recht … Legal, illegal, scheißegal! … Muß irgendwie ein cooler Spruch gewesen sein, früher, versteh’s aber nicht ganz. Du Quilty? – Nee, so ganz auch nicht. Legal, illegal? Was’n das für ’ne Sprache? * Liebesagentur Amorfix, Wolf-Singer-Platz. Eugenia, man sieht jetzt immer häufiger diese Plastikfrauen, sitzt vor dem gläsernen Panel, 10 Meter breit, fünf Meter hoch. Immer wieder flackern verschiedenste Symbole in verschiedensten Farben. Wieder haben sich zwei gefunden. Einfach so. Die Scanner sind ziemlich präzise geworden. Enttäuschungen gibt es fast keine mehr, und wenn doch, wird ausgetauscht. Auch einfach so. Wille ist übrigens immer da, allerdings cerebraldeterminiert, Gefühlszentrum. Da gibt es auch mal Zufälle, aber keinen freien Willen. Die bürgerliche Ehe, die bürgerliche Scheidung, die bürgerliche Wiederverheiratung, alle diese Privatrechte, Familienrecht nannte man so was einst – nicht mehr nötig. Es
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kommt nun zusammen, was zusammengehört. Pure Faktizität, keine Geltung. Und wenn einer abweicht, etwas will, was der andere gerade nicht will, jedenfalls nicht so richtig, oder nicht gleich, später, oder anders – dann bleibt immer der Gerhard-Roth-Boulevard. Da wird gespritzt. * – Na, Reckenwitz, wollen wir mal langsam gehen? – Was ist denn das für ein archaischer Fragestil: Woll-llen wir? Nix wollen wir. Das haben Sie doch mitverantwortet, lieber Mauritius. Jetzt tun Sie nicht so, als ob wir uns frei entschließen oder darauf einigen könnten, zu gehen. Gehen oder nicht gehen ist die Frage. Was wir wollen ist egal. – Na denn, Reckenwitz, bis irgendwann mal. Wird schon klappen. Werden schon aufeinandertreffen. Das mit dem Recht müssen Sie mir noch weiter erklären. Beim letzten Mal hatten Sie etwas von abweichenden Meinungen erzählt. Das ist mir ganz schleierhaft geblieben. Ab-wei-chen-de Meinung – so etwas kann gar nicht im Kopf sein. Es ist, wie es ist. Das isses. Sein, nicht Meinung zählt. Also, nichts für ungut, mein Lieber. Man sieht sich. * Nichts zu machen! Diesmal war Spiegel selbst gekommen. Er setzte die Spritze, Modell Finis. Hubert Nickel ergab sich in sein Schicksal. Da war nun wirklich – nichts zu machen!
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung und „soziologische Jurisprudenz“ Peter Korth
„Soll es Aufgabe der Rechtsdogmatik bleiben, „Gerechtigkeitsfragen in ihren Einzelbereichen juristisch operational zu machen“ [1], müsste sie (…) gesellschaftsadäquate Begriffe formulieren können.“ 2
I. Diese Worte Luhmanns enthalten in einer Formel das Gerüst des Programms einer „soziologischen Jurisprudenz“, wie sie von Teubner seit Jahren mit großem Erfolg betrieben wird. Dieses Programm baut in aller Kürze auf zwei Kernthesen auf, welche Teubner auf seine Interpretation des Luhmannschen (juridischen) Gerechtigkeitsbegriffs stützen kann. 3 Erstens: Will das Recht vermeiden, seiner Umwelt – und damit auf lange Sicht sich selbst – ernste Schäden zuzufügen, kann es sich nicht allein darauf beschränken, die von ihm zu entscheidenden gesellschaftlichen Konflikte in seiner eigenen, insbesondere aus rechtsdogmatischen Figuren bestehenden Sprache zu rekonstruieren und die Konflikte blind seiner Eigenlogik, seiner Grammatik zu unterstellen. Das Recht muss sich darum bemühen, die in seiner Umgebung gesprochenen Dialekte zu verstehen, um die Gefahr, dass es Entscheidungen produziert, die aus der Perspektive der betroffenen Umweltsysteme willkürlich erscheinen, zu reduzieren. Und zweitens: Die zu fordernde Umweltsensibilität des Rechts darf nicht dahin missverstanden werden, dass die Ergebnisse, die aus der Analyse der den Rechtsfällen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Konflikte zu gewinnen sind, ungefiltert zu den Entscheidungsgrundlagen des Rechts werden. „Soziologische Jurisprudenz“ bedeutet also nicht, dass sich das Recht den Eigenrationalitäten seiner Umwelt unterwerfen soll. Die vom Recht zu formulierenden „gesellschaftsadäquaten Begriffe“ müssen seiner eigenen Sprache entstammen, müssen rechtsdogEsser AcP 172 (1972), 113. Luhmann Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S. 50. 3 Vgl. zu dieser Interpretation Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg) Integratives Verstehen, 2005, S. 201 f. (Doppelanforderung der „Kontingenzformel“ Gerechtigkeit: innere Konsistenz plus Responsivität gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen). 1 2
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matische Begriffe bleiben. Nur so bleibt die innere Konsistenz des Rechts sichergestellt, nur so kann dem für das moderne Rechtssystem fundamentalen Postulat, gleiche Fälle gleich und ungleiche Fälle ungleich zu behandeln, Rechnung getragen werden. Wie kann eine so verstandene „soziologische Jurisprudenz“ konkret aussehen? Ich möchte versuchen, ihre Ergiebigkeit anhand der Erörterung der Probleme aufzuzeigen, die sich stellen, wenn über die quasi-vertragliche Haftung eines nach außen hin als neutral und unabhängig auftretenden Experten gegenüber solchen Personen zu entscheiden ist, die in keiner Vertragsbeziehung zu dem Experten stehen und die auf Grundlage der Expertise Vermögensdispositionen treffen, obwohl ihre Interessenlage im Hinblick auf das Ergebnis der Expertise derjenigen des Auftraggebers des Experten gegenläufig ist („Gutachterfälle“). Die Wahl dieses Themas hat zwei Gründe. Zum einen eröffnet die Lokalisierung der Gutachterfälle im „Niemandsland zwischen Vertrag und Delikt“ 4 einen weiten Raum für „soziologische Jurisprudenz“ – die Fälle lassen sich nicht durch schlichte Subsumtion unter gesetzliche Bestimmungen lösen. Zum anderen kann ich an Gedanken anknüpfen, die Teubner in einer seiner mE beeindruckendsten rechtsdogmatisch orientierten Publikationen niedergelegt hat: in dem im Jahr 2005 erschienenen Aufsatz mit dem Titel „Expertise als soziale Institution“ 5.
II. Der BGH musste vor fünf Jahren einen Fall entscheiden, in dem der Kläger den Beklagten, der sich als Sachverständiger mit der Bewertung von Grundstücken befasste, auf Schadensersatz wegen einer unrichtigen, im Ergebnis zu hohen Wertangabe für ein Grundstück in Anspruch nahm. 6 Dieses Begehren basierte auf folgendem Sachverhalt: Der Beklagte hatte auf Grundlage eines mit A abgeschlossenen Vertrags ein Gutachten erstellt, in welchem er den Verkehrswert eines im Eigentum einer anderen Person stehenden Grundstücks mit 11.700.000,– DM bewertete. Seinem Inhalt zufolge war Gegenstand des Wertgutachtens das Grundstück nebst Erschließung und aufstehenden Gebäuden zum Zeitpunkt der Begutachtung. Tatsächlich war der im Gutachten angegebene Wert des Grundstücks jedoch unter Zugrundelegung der durch A nach dem geplanten Erwerb des Grundstücks in Aussicht genommenen Nutzungsänderung ermittelt worden. In Hopt AcP 183 (1983), 610. Teubner Expertise als soziale Institution, in: Brüggemeier (Hg) Liber Amicorum Eike Schmidt, 2005, S. 303–334. 6 BGHZ 159, 1. 4 5
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dem Gutachten war vermerkt, dass es für Planungs- und Finanzierungszwecke benötigt werde. In ihm wurde weiter darauf hingewiesen, dass es nur für den Auftraggeber und nur für den angegebenen Zweck bestimmt sei. Nach der Erstellung des Gutachtens wurde das bewertete Grundstück mit einer Grundschuld über 10 Mio. DM zugunsten von A belastet. In der Folgezeit vertrieb A eine Anleihe im Gesamtnennbetrag von 10 Mio. DM . Im Emissionsprospekt warb A damit, dass die Anleihe durch Grundpfandrechte gesichert sei. Die von den Zeichnern der Anleihe zu überweisenden Beträge sollten A zur Investition in Bauprojekte dienen. Der Kläger erwarb Obligationsscheine mit einem Nennwert von 30.000,– DM . Da A keine Bankerlaubnis hatte, untersagte das Bundesamt für Kreditwesen den Verkauf der Anleihen. A verpflichtete sich daraufhin dem Kläger gegenüber, das eingezahlte Kapital zuzüglich vereinbarter Zinsen zurückzuzahlen. A konnte diese Verpflichtung in der Folgezeit nicht erfüllen und ging in Konkurs. Der Kläger machte daher gegenüber dem Beklagten Schadensersatz in Höhe des Betrags seines Forderungsausfalls geltend.
III. Welche materiale Erwägung stützt den geltend gemachten Anspruch? Muss vom Beklagten nicht erfolgreich geltend gemacht werden können, dass er bei Zubilligung des Schadensersatzanspruchs einer geradezu uferlosen Haftung ausgesetzt wäre? Denn unterstellt, dass die Anleihe vollumfänglich platziert wurde und dass die Anleger – wie der Kläger – im Mittelwert 30.000,– DM angelegt haben, sähe sich der Beklagte 333 potentiellen Schadensersatzgläubigern gegenüber. Aber kommt es auf diese Überlegung überhaupt an? Muss die Klage nicht schon deswegen scheitern, weil in dem Gutachten darauf hingewiesen wurde, dass es nur für den Auftraggeber bestimmt sei? 1. Um den gesellschaftlichen Konflikt, welcher die Gutachterfälle kennzeichnet, zu dem Zweck zu identifizieren, den materialen Grund der quasivertraglichen Expertendritthaftung benennen zu können, muss man sehen, dass der Experte mit der Erbringung seiner Leistung – dem Erstellen und Inverkehrbringen der Expertise – Beteiligter eines multipolaren Interaktionssystems 7 wird. In den Grundkonstellationen der Gutachterfälle setzt sich dieses Interaktionssystem aus drei Personen zusammen: aus dem Ex7 Der Begriff des Interaktionssystems wird hier nicht im Sinne der Systemtheorie, sondern untechnisch als Synonym für „Interaktionsgeflecht“ gebraucht. Vgl. zu dem entscheidend über die Anwesenheit der Interaktionsbeteiligten definierten Begriff des Interaktionssystems im Sinne der Systemtheorie Luhmann Interaktion, Organisation, Gesellschaft, in: ders. Soziologische Aufklärung 2, 5. Aufl. 2005, S. 10.
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perten, dessen Auftraggeber und dem Dritten, der auf Grundlage der Expertise entscheidet, ob und zu welchen Konditionen er in eine Vertragsbeziehung zum Auftraggeber des Experten treten soll. In den komplizierteren Varianten treten weitere Personen hinzu, etwa dann, wenn, wie in unserem Ausgangsfall, mehrere Kreditgeber mit dem Auftraggeber des Experten kontrahieren. In dieser Multipolarität der Interaktionsbeziehung liegt der Schlüssel zum Verständnis des hinter den Gutachterfällen stehenden gesellschaftlichen Konflikts. Denn das Interaktionssystem ist in dem Sinne asymmetrisch, dass der Interaktion im Verhältnis zwischen dem Experten und dem Auftraggeber sowie im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten eine Vertrags- bzw. Vertragsanbahnungsbeziehung, im Verhältnis zwischen dem Experten und dem Dritten hingegen nur eine faktische Leistungsbeziehung zugrunde liegt. Diese Asymmetrie begründet die Gefahr, dass der Experte entgegen seiner Selbstdarstellung als neutral und unabhängig die Interessen seines Auftraggebers im Verhältnis zu den gegenläufigen Interessen des Dritten bei der Erstellung der Expertise stärker gewichtet, gerade weil ihn mit dem Auftraggeber ein Band – der Vertrag – verbindet, das stabiler als das Band ist, welches zwischen ihm und dem Dritten gespannt ist – die faktische Leistungsbeziehung. Durch die Statuierung quasi-vertraglicher Pflichten im Verhältnis zwischen dem Experten und dem Dritten wird die Pflichtenbindung des Experten re-symmetrisiert mit der Folge, dass der Experte zur Vermeidung der Schadensersatzhaftung das tun muss, was er durch seine Selbstdarstellung signalisiert hat: Er muss die ihm gestellte Fachfrage nach bestem Wissen unparteiisch-neutral beantworten. Die These ist also, dass der materiale Grund der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in dem Gedanken der Kompensation der in Ermangelung einer solchen Haftung nur einseitig bestehenden und in diesem Sinne asymmetrischen Pflichtenbindung des Experten liegt. Im Ergebnis ähnlich haben in der bisherigen Diskussion der Gutachterfälle Köndgen 8, Krebs 9 und Schäfer 10 dafür plädiert, die Funktion der quasivertraglichen Expertendritthaftung darin zu sehen, die Neutralität des Experten bei der Expertisenerstellung sicherzustellen. Wissenschaftlich am eindrücklichsten, weil aufbauend auf einer umfassend begründeten rechtsund vertragstheoretischen Grundlage – der Theorie von den drei Vertragswelten 11 –, hat freilich Teubner eine entsprechende Position formuliert.12
8 Köndgen Die Einbeziehung Dritter in den Vertrag, in: Karlsruher Forum 1998, 1999, S. 46 f. 9 Krebs Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 388. 10 Schäfer AcP 202 (2002), S. 829. 11 Zusammenfassend hierzu Teubner RJ 17 (1998), S. 244. 12 Teubner (Fn. 5), S. 325.
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Wichtig für ein richtiges Verständnis der hier vertretenen Auffassung ist, dass der Kompensationsmechanismus „quasi-vertragliche Expertendritthaftung“ gerade in denjenigen Fällen besonders geeignet ist, die Neutralität des Experten sicherzustellen, in denen diese genau deswegen gefährdet ist, weil zwischen dem Experten und dem Auftraggeber eine auf die Erstellung der Expertise gerichtete und besondere Loyalitätspflichten auslösende rechtliche Sonderverbindung besteht. Es wird also nicht gesagt, dass die quasivertragliche Dritthaftung auch dann zum Tragen kommen soll, wenn sich der Experte in Interessenkonflikten anderer Art befindet, die seine Neutralität ebenfalls beeinträchtigen können.13 2. Welchen Dritten gegenüber aber haftet der Experte? Die Antwort fällt dann nicht schwer, wenn sich sowohl der Experte als auch die Personen, die bei einer Transaktion auf Grundlage der Expertise Vermögensdispositionen treffen, ausdrücklich oder stillschweigend darüber einig sind, dass sie zum Teilnehmerkreis des multipolaren Interaktionssystems zählen, in das der Experte mit dem Erstellen und Inverkehrbringen der Expertise eingetreten ist. Dann ist diese Übereinkunft maßgebend.14 Das Interaktionssystem selbst legt fest, wer ihm angehört, und es besteht kein Grund, diese autonome Bestimmung durch eine heteronome zu ersetzen.15 Wenn also der Auftraggeber den Experten damit beauftragt, ein Grundstückswertgutachten zum Zweck des Grundstücksverkaufs zu erstellen, und dem Experten mitteilt, dass der Käufer beabsichtigt, den Kaufpreis über die Aufnahme eines Darlehens zu finanzieren, das über eine Grundschuld an dem zu bewertenden Grundstück gesichert werden soll, steht der Experte in einer quasi-vertraglichen Sonderverbindung zum Grundstückskäufer und zum Darlehensgeber. Ähnlich klar lassen sich die über die quasi-vertragliche Dritthaftung des Experten zu schützenden Personen identifizieren, wenn der Experte zwar nicht ausdrücklich und detailliert auf den Verwendungszweck des Gutachtens hingewiesen wird, der Kreis der Projektbeteiligten sich aber im Sinne einer stillschweigenden Übereinkunft ohne weiteres aus den Gesamtum13 So ist zB die quasi-vertragliche Haftung eines Börsenanalysten gegenüber einem Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Analyse eine nachteilige Investition in das analysierte Finanzinstrument unternommen hat, für den Regelfall, in dem der Börsenanalyst nicht aufgrund eines Vertragsverhältnisses zwischen ihm bzw. der ihn beschäftigenden Investmentbank und dem Emittenten des in Rede stehenden Finanzinstruments tätig wird, abzulehnen. 14 Das dürfte vom Ausgangspunkt her auch den Positionen von Teubner (Fn. 5), S. 330, Canaris ZHR 163 (1999), 235 und 237, und Picker Gutachterhaftung, in: Beuthien/Fuchs/ Roth/Schiemann/Wacke (Hg) Festschrift für Dieter Medicus, 1999, S. 444, entsprechen, die sich für eine Haftung gegenüber den „Projektbeteiligten“ aussprechen. 15 Vgl. zur autonomen Bestimmung des Teilnehmerkreises einer Interaktion durch das Interaktionssystem selbst Luhmann Soziale Systeme, 1984, S. 560.
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ständen ergibt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es zu einem Kontakt zwischen dem Experten und den Personen kommt, die neben dem Auftraggeber am Projekt beteiligt sind.16 Hinzuweisen ist darauf, dass der als neutral und unabhängig auftretende Experte in beiden Konstellationen das Entstehen einer Sonderverbindung zu allen Projektbeteiligten nachträglich nicht wirksam dadurch verhindern kann, dass er in die Expertise wörtlich oder sinngemäß den Hinweis aufnimmt, das Gutachten sei nur für den Auftraggeber bestimmt. Denn durch die Aufnahme eines solchen Hinweises verstößt der Experte gegen „fundamentale Kontinuitätserwartungen der Selbstdarstellung“ 17 mit der Folge, dass der Hinweis aufgrund der Verletzung des Verbots des venire contra factum proprium unbeachtlich ist. Demgegenüber scheidet mangels einer Sonderverbindung die quasi-vertragliche Expertendritthaftung zum ersten aus, wenn der Expertise nicht die Funktion zukommt, auf konkrete Vertragsverhandlungen informierend und entlastend einzuwirken. Unter diese Fallgruppe fallen Expertisen, die ohne Bezug zu einem konkreten Projekt erstellt wurden. Hierher gehören insbesondere Bestätigungsvermerke von Abschlussprüfern im Rahmen von Pflichtprüfungen nach §§ 316 ff. HGB , wenn die Prüfung des Jahresabschlusses allein der Erfüllung der handelsrechtlichen Pflichten des Auftraggebers diente.18 Dasselbe gilt zum zweiten, wenn die Expertise zwar mit Blick auf eine bestimmte Transaktion erstellt wurde, die zu beurteilende Haftung des Experten sich aber nicht auf diese Transaktion, sondern auf ein anderes Projekt bezieht. Ein anderes Projekt liegt jedenfalls immer dann vor, wenn der Auftraggeber des Experten an diesem gar nicht (mehr) beteiligt ist. Das ist beispielsweise in der kontrovers diskutierten Konstellation der „mitwandernden Kunstexpertise“ der Fall. Hier haftet der Experte nicht gegenüber dem Zweiterwerber des Kunstwerks, also gegenüber der Person, die aufgrund des in der Expertise falsch ausgewiesenen Werts des Kunstwerks einen zu hohen Kaufpreis an denjenigen zahlt, der das Kunstwerk von dem Auftraggeber des Experten erworben hat.19 Ein anderes Projekt liegt auch in den Fällen des Missbrauchs der Expertise durch den Auftraggeber vor. Teilt der Auftraggeber dem Experten etwa mit, das zu erstellende Grundstücks16
Auf die Kontaktaufnahme zwischen dem Experten und dem Dritten stellt etwa der
BGH in BGHZ 138, 257, ab. 17 AK- BGB -Teubner, 1980, § 242 Rn. 31. 18 Im Ergebnis ebenso Teubner (Fn. 5), S. 332; Canaris (Fn. 14), 233 f.; Krebs (Fn. 9), S. 389. 19 Im Ergebnis ebenso Canaris (Fn. 14), 237; Krebs (Fn. 9), S. 388. Demgegenüber plädieren Teubner (Fn. 5), S. 332, und Köndgen (Fn. 8), S. 44, bei entsprechenden Transaktionsketten für eine quasi-vertragliche Haftung des Experten gegenüber dem Zweiterwerber, wenn sich das Haftungsrisiko des Experten im Vergleich zu dem Haftungsrisiko, das der Experte gegenüber dem Ersterwerber des Kunstgegenstands trägt, betragsmäßig nicht erhöht.
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wertgutachten solle im Rahmen von Verkaufsverhandlungen über das zu bewertende Grundstück verwendet werden, nutzt er die Expertise aber anschließend zu Beleihungszwecken, haftet der Experte dem Kreditgeber gegenüber auch dann nicht, wenn sich der Zweck, zu dem der Experte die Expertise erstellt hat, aus dieser nicht ergibt. 20 Die Ablehnung der Dritthaftung in den genannten Fallgruppen ist letztlich eine Konsequenz aus den Überlegungen zum materialen Grund der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung. Kommt der Expertise von vornherein nicht die Funktion zu, informierend und entlastend auf Vertragsverhandlungen einzuwirken, besteht keine Situation, in der zu befürchten ist, der Experte werde aufgrund seiner einseitigen Pflichtenbindung die Interessen des Auftraggebers bei der Erstellung der Expertise stärker berücksichtigen als die Interessen des Dritten. Denn die Interessenlage eines seiner Rolle im späteren Interaktionszusammenhang nach unbekannten Dritten kennt der Experte nicht. Er kann sie daher auch nicht gegenüber der ihm im Hinblick auf die spätere Transaktion ebenfalls unklaren Interessenlage seines Auftraggebers vernachlässigen. Größere Schwierigkeiten bereitet die materiale Begründung dafür, dass der Experte in dem Fall der „mitwandernden Kunstexpertise“ in keiner haftungsbegründenden Sonderverbindung zum Zweiterwerber des begutachteten Kunstgegenstands steht. Denn der Zweiterwerber ist hier ebenso an einer Kompensation der neutralitätsgefährdenden nur einseitigen Pflichtenbindung des Experten interessiert wie es in der ersten Transaktion der Ersterwerber als Vertragspartner des Auftraggebers war. Entscheidend gegen eine Haftung des Experten auch gegenüber dem Zweiterwerber spricht in diesem Fall jedoch der Gedanke der Begrenzung der Expertenhaftung nach dem Kriterium der Erforderlichkeit. Das Ziel der Re-Symmetrisierung der Pflichtenbindung des Experten bei der Expertisenerstellung wird schon dadurch erreicht, dass dem Experten quasi-vertragliche Pflichten gegenüber dem Ersterwerber auferlegt werden. Allein die Gefahr der Haftung gegenüber dem Ersterwerber dürfte den Experten in aller Regel schon dazu veranlassen, die Expertise neutral und unparteiisch zu erstellen. Der Androhung einer Haftung auch gegenüber dem Zweiterwerber käme insoweit kein oder jedenfalls nur ein kaum ins Gewicht fallender zusätzlicher motivatorischer Effekt zu. In den Fällen der missbräuchlichen Verwendung der Expertise schließlich ist für die Verneinung der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung entscheidend, dass hier die Gefahr, dass der Experte einseitig zugunsten seines Auftraggebers werten wird, deswegen gering ist, weil der Experte aufgrund der ihm bekannten Projektbezogenheit der Expertise zum Zeitpunkt der Ausübung seiner Tätigkeit damit rechnen 20 Im Ergebnis wie hier Köndgen Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 363. Demgegenüber weisen Canaris (Fn. 14), S. 239, und Krebs (Fn. 9), S. 389, dem Gutachter das Risiko der abredewidrigen Verwendung der Expertise zu.
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muss, denjenigen Dritten nach quasi-vertraglichen Maßstäben auf Schadensersatz zu haften, die seiner Vorstellung nach Projektbeteiligte sind, sodass einer Haftung gegenüber den tatsächlichen Transaktionsteilnehmern keine weitergehende verhaltensregulierende Wirkung zukäme. 3. Das Problem der Drittwirkung von Einwendungen betrifft in den Gutachterfällen typischerweise drei Konstellationen: Der Experte macht geltend, ihn treffe im Verhältnis zum Dritten keine oder jedenfalls nur eine verminderte Schadensersatzpflicht, weil (a) die Fehlerhaftigkeit der Expertise wesentlich darauf zurückzuführen sei, dass der Auftraggeber im Zusammenhang mit der Expertisenerstellung falsche oder unvollständige Informationen mitgeteilt habe, die Entstehung des Schadens also vom Auftraggeber mitverschuldet worden sei, (b) er mit dem Auftraggeber vereinbart habe, dass er wegen einer Mangelhaftigkeit der von ihm erbrachten Leistung Dritten nicht hafte, oder (c) in seinem Vertrag mit dem Auftraggeber niedergelegt sei, dass er für eine fehlerhafte Expertise generell, dh sowohl dem Auftraggeber als auch Dritten gegenüber, rechtlich nicht einzustehen habe, wenn die Fehlerhaftigkeit lediglich auf einfacher Fahrlässigkeit beruht. Dass die beiden erstgenannten Einwendungen keine Drittwirkung entfalten können, liegt auf der Hand, wenn man dem hier unterbreiteten Vorschlag folgt, den materialen Grund der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in dem Gedanken der Kompensation der neutralitätsgefährdenden lediglich einseitigen Pflichtenbindung des Experten zu sehen. Dieses Dritthaftungsmodell würde ad absurdum geführt, wenn dem Mitverschuldenseinwand Drittwirkung zugemessen werden würde. Denn die Konsequenz wäre, dass man den quasi-vertraglichen Schadensersatzanspruch gerade in den Fällen ganz absprechen müsste, in denen der Experte die von ihm aufgrund seines Auftretens erwartete Unabhängigkeit und Neutralität bei der Erstellung der Expertise in besonders starker Form verletzt – in den Fällen des kollusiven Zusammenwirkens des Experten und des Auftraggebers zum Schaden des Dritten. 21 Weiter können der Experte und der Auftraggeber ganz allgemein, dh unabhängig davon, ob eine solche Abrede im Einzelfall gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig oder nach §§ 307 ff. BGB unwirksam ist, nicht mit Drittwirkung vereinbaren, dass der Experte wegen der Fehlerhaftigkeit der Expertise nur Dritten gegenüber nicht haften soll. 22 Die Einseitigkeit des sich nur gegen den Dritten richtenden Haftungsausschlusses ist 21 Im Ergebnis wie hier BGHZ 127, 378, 385 f.; Teubner (Fn. 5), S. 334; Canaris (Fn. 14), S. 229. Dafür, dass der Dritte sich das Mitverschulden des Auftraggebers dann zurechnen lassen muss, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB iVm § 278 Satz 1 BGB erfüllt sind, Gernhuber Das Schuldverhältnis, 1989, S. 533. 22 Im Ergebnis ebenso Teubner (Fn. 5), S. 334; Krebs (Fn. 9), S. 531; Gernhuber (Fn. 21), S. 531 f.
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nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass sich der Experte in Erfüllung der im Verhältnis zum Auftraggeber begründeten vertraglichen Pflicht zur Expertisenerstellung als unabhängig und neutral – und damit gerade nicht als Parteigutachter – darstellt. Der Experte und der Auftraggeber können nicht nach außen signalisieren, bei der Erstellung der Expertise würden weder die Interessen des Auftraggebers noch die Interessen des Dritten bevorzugt, insoweit werde also Gleichbehandlung praktiziert, und gleichzeitig intern ein gleichheitswidriges Haftungsregime mit Drittwirkung vereinbaren. Wie ist die Drittwirkung des Einwands zu beurteilen, in dem Vertrag zwischen dem Experten und dem Auftraggeber sei niedergelegt, dass der Experte für die Fehlerhaftigkeit der Expertise weder dem Auftraggeber noch dem Dritten gegenüber haftungsrechtlich einzustehen habe, wenn die Fehlerhaftigkeit auf einfacher Fahrlässigkeit beruht? Einer derartigen generellen Haftungsbeschränkung ist jedenfalls dann Drittwirkung abzusprechen, wenn sie im Ergebnis doch wieder zu einem asymmetrischen Haftungsregime führte, unter dem der Experte zwar seinem Auftraggeber, nicht aber dem Dritten für einfache Fahrlässigkeit haften würde. In einem solchen Fall gelten die Überlegungen zur fehlenden Drittwirkung eines sich von vornherein einseitig gegen den Dritten richtenden Haftungsausschlusses entsprechend. Er kann aufgrund der – auch bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (§ 14 BGB ) anwendbaren (vgl. § 310 Abs. 1 BGB ) – Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB insbesondere dann eintreten, wenn die generelle Haftungsbeschränkung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Experten enthalten ist. Der BGH judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass aufgrund dieser Bestimmung die Haftung wegen der Verletzung von vertragswesentlichen Pflichten auch für den Fall, dass die Pflichtverletzung nur auf einfacher Fahrlässigkeit beruht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann. 23 Zu den vertragswesentlichen Pflichten eines Werkvertrags im Sinne des § 631 BGB – der Gutachtervertrag ist als ein solcher zu qualifizieren – gehört als Hauptleistungspflicht die vertragsgemäße, mangelfreie Herstellung des Werks – der Expertise –, sodass die Beschränkung der werkvertraglichen Gewährleistungsrechte einschließlich des Schadensersatzanspruchs aus § 634 Nr. 4 BGB auf grob fahrlässig herbeigeführte Fehler in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Besteller gegenüber – in den Gutachterfällen: dem Auftraggeber gegenüber – unwirksam ist. 24 Schwieriger ist die Frage nach der Drittwirkung einer generellen Haftungsbeschränkung zu beurteilen, wenn die Haftungsbeschränkung tatsächlich, etwa weil sie zwischen dem Experten und dem Auftraggeber indivi23 24
Vgl. BGHZ 164, 11, 36. Vgl. BGH , NJW- RR 1993, 560.
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dualvertraglich vereinbart worden ist, an sich in dem Sinne zu einem symmetrischen Haftungsregime führen würde, dass der Experte weder dem Auftraggeber noch dem Dritten wegen einer auf einfacher Fahrlässigkeit beruhenden Fehlerhaftigkeit der Expertise haftete. Wollte man hier die Drittwirkung der Haftungsbeschränkung verneinen, hätte dies zur Folge, dass der Experte dem Auftraggeber aufgrund der Haftungsbeschränkungsvereinbarung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, dem Dritten hingegen nach dem Grundsatz des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für einfache Fahrlässigkeit haftungsrechtlich einstehen müsste. Lässt sich diese Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen? Sie lässt sich sachlich rechtfertigen. 25 Es ist nämlich in Rechnung zu stellen, dass sich die Asymmetrie des zwischen dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehenden multipolaren Interaktionssystems nicht darin erschöpft, dass der Experte und der Auftraggeber in einer Vertragsbeziehung zueinander stehen, zwischen dem Experten und dem Dritten hingegen nur eine faktische Leistungsbeziehung existiert. Die Asymmetrie liegt weitergehend noch darin, dass zwischen dem Experten und dem Auftraggeber eine enge, auf Informationsaustausch zielende Kooperationsbeziehung besteht, von einer Kooperation in dem Verhältnis Experte – Dritter dagegen keine Rede sein kann. Entscheidend ist, dass die Existenz des Kooperationsverhältnisses zwischen dem Experten und dem Auftraggeber zur Folge hat, dass sich dem Auftraggeber während der Zeit der Expertisenerstellung laufend Manipulationschancen bieten, die er in der Weise nutzen kann, dass er dem Experten bei ihren Telefonaten, gemeinsamen Treffen etc nur solche Informationen mitteilt, die ihm im Hinblick auf das Ergebnis der Expertise von Vorteil sind. Derartige Manipulationsmöglichkeiten bestehen für den Dritten in seiner Kommunikationsbeziehung zum Experten dagegen entweder überhaupt nicht oder jedenfalls viel seltener. Es liegt nahe, dass die Haftungsfigur der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in ihrer hier skizzierten Gestalt auf die ungleiche Verteilung der Manipulationschancen zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten reagiert. Und genau dies geschieht, wenn die Drittwirkung der zwischen dem Experten und dem Auftraggeber vereinbarten generellen Haftungsbeschränkung abgelehnt wird. Das aus der Ablehnung der Drittwirkung resultierende asymmetrische Haftungsregime – der Experte haftet dem Auftraggeber nur für grobe, dem Dritten dagegen auch für einfache Fahrlässigkeit – spiegelt die asymmetrische Verteilung der Manipulationschancen wider. Es hat zur Folge, dass der Experte, wenn er eine Dritthaftung vermeiden möchte, in seiner Interaktion mit dem Auftraggeber aufmerksam sein muss, um nicht offenen oder unterschwelligen Manipulationen zu unterliegen.
25
Im Ergebnis so auch Teubner (Fn. 5), S. 334; Krebs (Fn. 9), S. 531.
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4. Wie ist nach diesen Überlegungen unser Ausgangsfall zu lösen? In Übereinstimmung mit der vom BGH favorisierten Lösung ist eine Schadensersatzhaftung des beklagten Grundstückswertgutachters gegenüber dem Kläger dem Grunde nach gegeben. Denn zum ersten wurde der Beklagte auf Grundlage einer nur in Beziehung zu A bestehenden Vertragsbindung tätig. Zum zweiten war dem Beklagten aller Wahrscheinlichkeit nach klar, dass er die Expertise zum Zweck der Realisierung eines Projekts erstellen sollte; diese Vermutung lässt sich auf den Umstand stützen, dass es in dem Gutachten hieß, es werde für „Planungs- und Finanzierungszwecke“ benötigt. Weiter wurde das Gutachten auch tatsächlich zu Finanzierungszwecken gebraucht, die Expertise also nicht missbräuchlich verwendet. Schließlich steht auch gerade dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zu, weil er als Kreditgeber zum Kreis der Projektbeteiligten gehörte. Gegen seine Haftung kann der Beklagte nicht erfolgreich geltend machen, in dem Gutachten sei darauf hingewiesen worden, dass es nur für den Auftraggeber bestimmt sei. Dieser Hinweis ist angesichts des für den Beklagten gut erkennbaren Verwendungszwecks der Expertise aufgrund des Verbots des venire contra factum proprium unbeachtlich. Auch das Argument, der Beklagte wäre bei Zubilligung des Schadensersatzanspruchs mit Blick auf die Anzahl potentieller Gläubiger einer uferlosen Haftung ausgesetzt, schlägt nicht durch. Ist dem Experten deutlich, dass die Expertise zur Realisierung eines bestimmten Projekts genutzt werden soll, ist er in der Lage, in etwa abschätzen zu können, wie hoch der Schaden, der aus einer Fehlerhaftigkeit der Expertise resultieren kann, in der Hauptsache, dh abgesehen von annexen Schadensposten wie Verzugsschäden, Rechtsverfolgungskosten etc, im Höchstfall werden kann. Er kann einen entsprechenden Versicherungsschutz abschließen.
IV. Welche ist die passende dogmatische Figur zur Erfassung der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung? Ist es möglicherweise der Vertragsverbund? Diese Figur sei hier herausgegriffen, 26 weil Teubner in dem Vertragsverbund Potential dafür erkannt hat, der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in der Zukunft, dh nach Abschluss einer jedenfalls für Teilbereiche noch ausstehenden Verfeinerung dieser Figur, ein dogmatisches Zuhause bieten zu können. 26 Zu erwähnen sind weiter: der vom BGH favorisierte Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. BGHZ 159, 1, 4 ff.), die Konzeption einer „vertrauensrechtlich begründeten Dritthaftung aus culpa in contrahendo“ (Canaris (Fn. 14), S. 206–245, vgl. nunmehr § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB ) und die Figur der quasi-vertraglichen Haftung in „Sonderverbindungen kraft faktischer Leistungsbeziehung“ (Picker (Fn. 14), S. 397–447).
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„Der Schlüsselbegriff für Dritthaftung ist nicht der eine [dh der von der Konstruktion über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ins Zentrum gerückte Expertisenvertrag] oder der andere Vertrag [dh der der Figur der vertrauensrechtlich begründeten Dritthaftung aus culpa in contrahendo als Anknüpfungspunkt dienende, zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten abgeschlossene Projektvertrag], sondern die Interdependenz der beiden Verträge, die rechtliche Bindung der Expertise an das Projekt und vice versa. Für Rechtsordnungen, die allmählich eine Dogmatik verbundener Verträge entwickeln wie etwa groupe de contrats in der frankophonen Welt, network contract in der angelsächsischen Welt und Vertragsverbund im deutschsprachigen Raum, dürfte hier (…) der adäquate dogmatische Anknüpfungspunkt für die Institution der projekt-bezogenen Expertise liegen. Expertise-Beziehungen wären dann nur ein weiterer Fall aus der Vielfalt von multilateralen Vertragsverbindungen. In Vertragsverbindungen entdeckt das Recht regelmäßig implizite Dimensionen jenseits des bloßen Konsenses der Parteien. Wie selbstverständlich bilden sich in Vertragsnetzwerken quasivertragliche Verpflichtungen zwischen Beteiligten heraus, die explizit keine vertraglichen Bindungen miteinander haben.“27 Was hat es mit dem Vertragsverbund auf sich? Welches sind die Vorzüge dieser Figur, die sie für die quasi-vertragliche Expertendritthaftung attraktiv machen? Teubner hat den Vertragsverbund ausgehend von der von Gernhuber für fremdfinanzierte Geschäfte entwickelten Lehre der Vertragsverbindung 28 als dogmatische Figur mit Blick auf die Probleme ausgearbeitet, vor welche sich das Privatrecht durch das Phänomen der Unternehmensnetzwerke (virtuelle Unternehmen, Franchise-Ketten, Just-in-time-Systeme) gestellt sieht. 29 Die Besonderheit solcher Unternehmensnetzwerke besteht aus Sicht des Rechts kurz darin, dass die Netzwerkbeteiligten einen gemeinsamen Zweck verfolgen, sie zur Realisierung dieses Zwecks aber untereinander bewusst nicht multipolare, sondern lediglich bipolare Vertragsbeziehungen – und dies nicht einmal zu allen Netzteilnehmern – eingehen. Die in diesem Arrangement zum Ausdruck kommende Gleichzeitigkeit von Kollektiv- und Individualorientierung der Netzwerkbeteiligten führt dazu, dass das Unternehmensnetzwerk nicht einfach entweder dem Vertragsoder dem Gesellschaftsrecht unterstellt werden kann; Unternehmensnetzwerke stehen stattdessen „zwischen“ dem Vertrags- und dem Gesellschaftsrecht. Die Aufgabe des Rechts der Unternehmensnetzwerke besteht darin, „Widersprüche der Verhaltensanforderungen zwischen bilateralem Austausch und multilateralem Verbund, zwischen Kooperation und Kon27 28 29
Teubner (Fn. 5), S. 327 f. Vgl. Gernhuber (Fn. 21), S. 710. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 109 ff.
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kurrenz, zwischen Hierarchie und Heterarchie und zwischen unterschiedlichen Rationalitäten innerhalb ein und derselben Institution zu normieren.“ 30 Das Recht kann diese Aufgabe nach Teubner durch die Entwicklung eines „Vertragsorganisationsrechts“ erfüllen, das den hybriden Charakter der Unternehmensnetzwerke „mit dem Einbau von „organisatorischen“, dh relationalen und multilateralen, Elementen in den Vertrag gerecht wird.“ 31 Die Figur des Vertragsverbunds stellt eine Ausprägung solchen „Vertragsorganisationsrechts“ dar. Denn der Vertragsverbund baut auf vielfältige Weise, zB durch die Statuierung von an der Realisierung des „Netzzwecks“ orientierten „Verbundpflichten“ zwischen den vertraglich miteinander verbundenen 32 und unverbundenen 33 Netzteilnehmern, „organisatorische“ Elemente in die zwischen den Netzwerkbeteiligten bestehenden bipolaren Vertragsverhältnisse ein. Damit ein die bipolaren Vertragsverhältnisse der Netzwerkbeteiligten auf diese Weise untereinander verknüpfender Vertragsverbund entsteht, müssen nach Teubners Analyse die folgenden drei Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein: „(1) wechselseitige Verweisungen der bilateralen Verträge aufeinander, im Leistungsprogramm und/oder in der Vertragspraxis („Mehrseitigkeit“), (2) ein inhaltlicher Bezug auf das gemeinsame Projekt des Vertragsverbunds („Verbundzweck“), (3) eine rechtlich relevante enge Kooperationsbeziehung zwischen den Verbundbeteiligten („wirtschaftliche Einheit“).“ 34 Von dem hier vertretenen Standpunkt aus liegt die Attraktivität der Figur des Vertragsverbunds für die dogmatische Erfassung der Gutachterfälle nun erstens darin, dass sich der materiale Grund der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in ihren Tatbestandsvoraussetzungen widerspiegeln kann. Das Erfordernis der „Mehrseitigkeit“ reflektiert die Multipolarität des zwischen dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehenden Interaktionssystems. Und die die Expertendritthaftung auslösende Asymmetrie dieses Interaktionssystems findet ihren Ausdruck darin, dass ein Vertragsverbund nur dann vorliegt, wenn mehrere bipolare Verträge abgeschlossen werden, also neben den Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten ein weiterer Vertrag, nämlich der die Gefahr für die Neutralität des Experten erst begründende Expertisenvertrag, tritt. Zweitens ist für das 30 31 32 33 34
Teubner (Fn. 29), S. 85. Teubner (Fn. 29), S. 109. Vgl. hierzu Teubner (Fn. 29), S. 156 ff. Vgl. hierzu Teubner (Fn. 29), S. 194 ff. Teubner (Fn. 29), S. 125.
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Entstehen einer quasi-vertraglichen Sonderverbindung zwischen dem Experten und dem Dritten konstruktiv kein über den Abschluss des Expertisenvertrags hinausgehender wie auch immer gearteter Konsens zwischen dem Experten und dem Auftraggeber erforderlich. Die quasi-vertragliche Sonderverbindung knüpft beim Vertragsverbund stattdessen an gesellschaftliche, von keinem der Beteiligten des Interaktionssystems im Rahmen der Vertragsgestaltung bewusst geplante und in diesem Sinne „spontane“ Ordnungsbildungen an. 35 Dennoch: Der Vertragsverbund stellt trotz seiner Attraktivität nicht die adäquate dogmatische Figur zur Erfassung der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung dar. Der Grund hierfür ist, dass die Konstruktion der Gutachterfälle über den Vertragsverbund dem Umstand der Episodenhaftigkeit des zwischen dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehenden multipolaren Interaktionssystems nicht hinreichend Rechnung trägt. Die die bipolaren Rechtsbeziehungen überformenden „spontanen“ Ordnungen, an welche die Rechtsfolgen des Vertragsverbunds in der Hauptsache anknüpfen, bilden sich nur unter der Voraussetzung einer gewissen Stabilität des Interaktionsgeschehens aus; 36 sie gewinnen, anders als gezielt herbeigeführte vertragliche Ordnungen, die in dem kurzen Moment des Vertragsschlusses entstehen, klar erkennbare Konturen erst nach Ablauf einer längeren Wachstumszeit.37 Die Gutachterfälle sind demgegenüber durch Kurzfristigkeit und Instabilität des Interaktionsgeschehens gekennzeichnet. Die Kooperationsbeziehung zwischen dem Experten und dem Auftraggeber ist nur als Episode angelegt: Der Experte erstellt – unter mehr oder weniger intensiver Beteiligung des Auftraggebers – die Expertise, erhält hierfür vom Auftraggeber eine Entlohnung und geht anschließend wieder. Wie sieht mein Vorschlag zur Dogmatik der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung aus? Die Antwort ist denkbar einfach. Der Vorschlag besteht schlicht darin, ein eigenständiges Rechtsinstitut der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung zu kreieren, welches den die Gutachterfälle kennzeichnenden gesellschaftlichen Konflikt in allen seinen Facetten präzise widerspiegelt. Die zentrale Tatbestandsvoraussetzung der Expertendritthaftung ist das Bestehen einer haftungsbegründenden Sonderverbindung zwiVgl. Teubner (Fn. 29), S. 132 f. Teubner (Fn. 29), S. 133, identifiziert „generalisierte Reziprozität“ als den „grundlegenden Mechanismus spontaner Ordnungsbildung im Netzwerk.“ Dieser Mechanismus funktioniert aber nur in dauerhaften Beziehungszusammenhängen. Denn nur in diesen kann der Leistungserbringer erwarten, dass er selbst einmal von einer – ihrem Inhalt, dem Zeitpunkt ihrer Erbringung und der Person ihres Erbringers nach noch unbestimmten – (Gegen-)Leistung anderer Netzteilnehmer profitieren wird. 37 Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Vertragsverbunds auf langfristige Interaktionsbeziehungen wohl auch Amstutz Vertragskollisionen, in: Honsell/Portmann/Zäch/Zobl (Hg) Festschrift für Heinz Rey, 2003, S. 168 f. 35 36
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schen dem Experten und dem geschädigten Dritten. Die Voraussetzungen, unter denen eine solche Sonderverbindung entsteht, ergeben sich zwanglos aus der bisherigen Analyse. Sie lauten: (a) Erstellen und Inverkehrbringen einer Expertise durch einen als neutral und unabhängig auftretenden Experten, der aufgrund eines Vertragsverhältnisses zu einem Auftraggeber tätig wird; (b) Erkennbarkeit für den Experten, dass die Expertise zum Zweck der Realisierung eines Projekts eingeholt wird und ihr im Rahmen von Geschäftsverhandlungen Informations- und Entlastungsfunktion zukommen soll. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht eine quasi-vertragliche Sonderverbindung zwischen dem Experten und den mit diesem nicht vertraglich verbundenen Projektbeteiligten. Das sind alle – aber auch nur – die Personen, die ihrer Rolle nach erkennbar von der Informations- und Entlastungsfunktion der Expertise profitieren sollen. Diese haftungsbegründende Sonderverbindung ist auf die Bestimmung des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB als gesetzliche Grundlage zu stellen. Diese Vorschrift kann – insoweit anders als § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB – problemlos die besonders wichtige Tatbestandsvoraussetzung der einseitigen Vertragsbindung des Experten zum Zeitpunkt der Expertisenerstellung reflektieren. Der große Vorteil, den die Verortung der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in der gesetzlichen Bestimmung des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB gegenüber der Lösung der Gutachterfälle über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hat, besteht darin, dass das Entstehen der Sonderverbindung zwischen dem Experten und den Projektbeteiligten konstruktiv von dem Erfordernis einer Willensübereinstimmung der Betroffenen gelöst wird. Es wird deutlich, dass die Annahme der Existenz einer Sonderverbindung (gesamt-)gesellschaftliche, also – aus der Perspektive der Interaktionsbeteiligten gesehen – heteronome Gründe hat. Neben dem Vorliegen einer Sonderverbindung setzt die quasi-vertragliche Haftung des Experten gegenüber dem geschädigten Dritten eine Pflichtverletzung des Experten voraus (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Gemäß § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB existieren in der zwischen dem Experten und dem Dritten bestehenden Sonderverbindung Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB . Diese Bestimmung passt gut zu der hier vertretenen Konzeption der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung, weil sie mit der Formulierung „nach seinem Inhalt“ zum Ausdruck bringt, dass sich die Pflichten, welche die Sonderverbindung zwischen dem Experten und dem Dritten inhaltlich konkretisieren, nur nach dieser Sonderverbindung richten, es also nicht etwa so liegt, dass die in der Beziehung zwischen dem Experten und dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Pflichten ungefiltert in das Verhältnis zwischen dem Experten und dem Dritten transferiert werden. Wie sehen diese Pflichten aus? Zur wirkungsvollen Realisierung des Ziels der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung ist der Experte gegenüber den Projektbeteiligten darauf zu verpflichten, die Expertise lege artis, also ent-
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sprechend der für seine Tätigkeit geltenden professionellen Standards, zu erstellen. Die Auferlegung dieser Pflicht besitzt zwar in dem Sinne eine „überschießende Tendenz“, dass ihre Verletzung und damit eine quasi-vertragliche Schadensersatzhaftung des Experten gegenüber den Projektbeteiligten auch dann in Betracht kommt, wenn eine anhand dieses Maßstabs festgestellte Fehlerhaftigkeit der Expertise nicht Ausdruck der Parteilichkeit des Experten ist. Dies ist jedoch aus zwei Gründen gerechtfertigt. Erstens spiegelt die Statuierung der quasi-vertraglichen Pflicht, die Expertise lege artis zu erstellen, die Erwartungen wider, welche die Projektbeteiligten berechtigterweise gegenüber einer Expertise haben, der Informations- und Entlastungsfunktion zukommen soll. Zweitens führt die Auferlegung dieser Pflicht in der großen Mehrzahl der Fälle zu einer präzisen Re-Symmetrisierung der Pflichtenbindung des Experten, weil dieser in der Regel, dh in Ermangelung einer ausdrücklich abweichenden Vereinbarung, dem Auftraggeber vertraglich verspricht, eine lege artis gearbeitete Expertise zu erstellen.
Jurisprudence as Self-Description: Natural law and Positivism within the English Legal System Richard Nobles and David Schiff
A. Introducing self-description Jurisprudence is often understood as a body of theory that has sought to describe its object, law, in terms of what that object includes or excludes (whether generally in relation to morality, nature, reason, politics, economics, etc, or more particularly, of which commands, rules, norms, habits, decisions, etc, it comprises). Here we start from a different premise. Law can be identified as an object which observes and describes itself as that object i.e. that it engages in self-observation and self-description, with its self-description taking the form of its jurisprudence. This approach is an application of Luhmann’s systems theory, particularly as set out in Law as a Social System, (Luhmann: 2004) in which he outlines the need for a sociological understanding of law, which describes law as a system that engages in its own self-description.1 The claim that law’s practice involves self-observation and self-description is not in itself controversial. The central issue is the nature and level of that self-description. That law involves judgments, cases, and statutes is universally accepted. That such concepts are, apart from anything else that they might be, legal descriptions of legal events and categories that may contain different ingredients in different legal systems is also accepted. Without these descriptions it would not be possible to orientate oneself within the law. Similarly such orientation arises from doctrines: property, tort, contract, crime, etc, and the institutions associated with each, for example, the civil as opposed to the criminal courts. Yet, each of these distinctive concepts and doctrines, and their ingredients, is open to critique 1 This is part of a system’s autonomy, characteristic of social systems of functionally differentiated societies: ‘Whereas differentiation has always existed at the level of types of interaction or roles, only the differentiation of functional systems enforced the renunciation of an externally determined identity – of a cosmological-religious nature, for example. It thus created a vacuum that could be filled only by self-descriptions of the respective systems.’ (Luhmann: 2000, 252).
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that point to their incompleteness, and/or incoherence. Such critique can be taken to the level of claiming that legal description is ideological: that descriptions that are so unsatisfactory in themselves are better understood as attempts to avoid describing something else, such as class, race or gender based interests, political priorities, or the pursuit of efficiency. The counter to such claims is to recognise that legal practice cannot be understood without reference to such descriptions. To strip all legal self-observation and self-description out from law does not reveal a different underlying activity so much as to lose the capacity to describe that activity at all. Jurisprudence cannot avoid taking law’s self-observation and self-description seriously, but how seriously? 2 Certainly all legal theories seem to utilise concepts that do not themselves appear to be generated by legal practice. And this utilisation of concepts is not limited to those taken from the social sciences by, for example, critical legal scholars. Analytical positivists, as much as natural lawyers, seem to utilise philosophical methods and language that are not replicated within everyday legal practice. Thus, even if the object primarily to be described is law’s self-description, the analysis added by jurisprudence, even by those writers most committed to analysing law from the insider’s perspective, appears to move beyond self-description to external description. Any claim that all jurisprudential theories (and each and every part of such theories) are themselves self-description is therefore implausible. But equally implausible is any claim that jurisprudence can dispense with all legal self-descriptions – that it can adopt entirely an outsider’s perspective, considering law only in terms of behavioural regularities, and imposing meaning on those regularities without reference to the meanings utilised by insiders. Luhmann claims that systems theory is better placed than other theories (whether sociological or jurisprudential) to identify law as an object, because it starts from the premise that law (along with all other functioning social systems – the economic, the political, mass media, etc) is a system that identifies itself to itself. Within this theory, particular legal decisions involve the application of the code of the legal system: legal/illegal. Legal descriptions of legal decisions are termed ‘self-observation’. The term ‘self-descrip2 Joseph Raz, for example, accepts that legal communications can include communications about the nature of law itself, but dismisses their particular significance, on the basis that law also contains communications generated within many different social systems: ‘There is no denying that questions about the nature of law can arise in courts, and can feature in judicial decisions. But so can just about any other issue, from astrophysics to biology, sociology, and the rest.’ (Raz: 2001, 32) We believe that legal communications about the nature of law as a whole have a capacity to orientate legal evolution in a manner different from legal communications about non-legal issues. The statement “law is this” generates different possibilities in the evolution of law from the statement “law needs to respond to that”.
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tion’ is reserved to a higher level of generalisation than self-observation. Self-description occurs when a system observes on the descriptions that are its self-observations in order to describe itself, as a unity, to itself. What Luhmann is positing here is that the kinds of communication that are the object of general jurisprudence – attempts to describe the legal system as a whole – exists autologically. They are general communications about the system which belong to the system. They form part of what they attempt to describe. They are one of the operations of law. And, like self-observation, they constrain (but do not determine) the application of the code: legal/ illegal, and its complex programmes. We explore the nature of this claim here, using the example of evolution within the English legal system. The claim that jurisprudence, as self-description, forms part of the operations of any legal system does not mean that self-description routinely guides the everyday practice of law, in the same manner as statutes, precedents, and constitutions. Luhmann makes this point humorously, using a reference to natural law: ‘[I]t is hard to imagine many JP s thumbing through the Summa Theologiae after a hard day at the sessions.’ (2004: 425) But nevertheless, self-descriptions do operate within legal systems: first, because they are presupposed within more mundane legal operations: ‘[Legal] practice presupposes that the fundamental questions of the meaning of the system can be answered’ (Luhmann: 2004, 425); 3 and secondly, because communications about the system as a whole facilitate legal operations that would not occur without them. 4 Using this conception of self-description, our understanding of jurisprudence takes a sociological turn. It can no longer be seen as a science that leaves its object, the law, unchanged whilst it observes upon it. This is a subtle and complex claim, which needs further elaboration, as it is likely to be seized upon as a misunderstanding by those who advocate systems theory, and by those who adhere to other sociological and philosophical methods. Let us start with the systems theory implications of this claim. Systems theory views the legal system as an autopoietic system, which only consists of legal communications and is closed to all other kinds of communication. As such, any suggestion that communications from another system (i.e. jurisprudence as part of science, or philosophy, or education) form part of the legal system would be a heresy. However, the closure of systems within the theory is one constructed around meaning. Systems can use communications that are identical in syntax, and even occupy the same location in space and time, but still remain different communications as 3 This is not to say that what is implicit within communications exists as a separate communication within the system. Indeed, the sociological question that we wish to explore is the extent to which the processes which generate communications at a higher level actually create communications about the system as a whole. 4 See note 2 above.
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their existence, as meaningful communications, can only occur separately within each system that uses them. (Of the three elements of a communication, the utterance may appear to be common, but the information it contains and the understanding associated with it will be different within each system.) 5 This possibility of common usage is just that, a possibility. Some communications within one system will never have a separate existence within another – the second system will not use them, and sometimes will have no possibility of using them (they will make no sense within the other system). 6 Now consider the enterprise of jurisprudence. Philosophical jurisprudence has a relationship with the legal system, because it selects communications generated within the legal system and incorporates (or re-uses) them within itself. If legal communications change, then what is available to be theorised within jurisprudence also changes. But this is not simply a oneway relationship. Law’s self-descriptions do not have to be generated within the legal system in order to form part of the legal system. Philosophical jurisprudence can generate communications that are re-used within the legal system. Here, re-used means that the communications have legal meanings, which in turn requires that they are connected to other communications within the legal system, which is a systems theory way of saying that they form part of legal practice. If what is available within philosophical jurisprudence changes, then what is available to the legal system to be re-used as self-description also changes; in this sense, changes in philosophical jurisprudence can alter law’s self-description. So far this may not seem to have taken us very far in terms of sociology. But the sociological and empirical aspects of this arise from the nature and role of self-description. Philosophical jurisprudence commonly ignores huge amounts of legal communication, and can do so because abstraction and generalisation is part of what it means to undertake such philosophy. And in reaching levels of higher abstraction, philosophy is also mirroring what occurs within the legal system with the move from decision, to selfobservation, to self-description. But not being part of the legal system, philosophy can make connections between communications that are not, and often simply could not, be duplicated by the legal system. To quote one of See Luhmann: 2002, 157. This has implications for much of what is discussed within jurisprudence as ‘the rule of law’. The re-use of legal communications within other systems (politics, economics, mass media, even science) is productive. For example, economics cannot establish value without property, but only law can establish property. Law gives the media concrete examples of what is wrong in the form of convictions for serious crimes. Legal provisions that are secret, retrospective, unintelligible, inconsistent, etc, not only undermine the ability of lay individuals to guide their behaviour by legal rules, they also reduce the ability of other systems to make use of those rules within their own communications. 5 6
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Luhmann’s own observations: ‘There are a number of typical approaches which, however … never achieved any particular impact on legal practice.’ (2004, 62 – he cites Locke and Hobbes as two examples of this, and Grotius and Pufendorf as two exceptions.) In order to see what constitutes law’s self-description, one cannot simply borrow general communications from law and subject them to philosophical examination. Rather, one has to identify how such communications are actually used within the legal system, and thereby establish the difference between self-description and critique. 7 Systems theory provides us with theoretical tools and concepts that are appropriate to such a task. In what follows, we examine the nature of jurisprudence as self-description, taking the example of the role played by natural law and legal positivism within the evolution of the English legal system. We describe the form of natural law that operated within the English legal system from the 12 th century until the middle to late 19 th century. During this period the English legal system communicated about itself as a unity in terms of reason, and unwritten customary law. This self-description was subjected to sustained critique from outside the legal system, but proved remarkably resistant to such critique. The nature of that resistance is even more surprising given the speed and ease of its abandonment in the 19th century, when it was replaced by a positivist self-description. A systems theory explanation of this historical change examines the manner in which the English legal system’s self-description was generated by its own internal operations, and identifies how that self-description evolved in response to changes in those operations.
B. Self-description of English common law English law in the 12 th century, as in the rest of Europe, was customary. This is not a claim that all law was consensual: Kings would impose their own customs upon conquered subjects. Nor was this process inflexible, as ‘cross fertilization was the order of the day, because the law was seen as a vast treasure house from which kings and nations could pick and choose 7 The sociological aspects of such an endeavour require an awareness of the possibilities of different relationships between philosophical jurisprudence and self-description in different jurisdictions. In particular, one needs to look at the different role played by the universities on the continent in comparison with the UK and other common law jurisdictions. Just as doctrine, as developed within continental universities was routinely re-incorporated into the legal system, so too jurisprudence developed within the universities finds more of its way back into the legal system. This makes even the translation of the word jurisprudence, or legal theory, difficult as between continental languages and English, as these terms refer to different relationships between the education, scientific and legal systems.
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what suited them.’ (van Caenegem: 2002, 1–2) The Norman conquest of England provides a good example of this process, with William allowing his English subjects to continue to apply Anglo-Saxon customs to their affairs, but allowing his Norman subjects to apply their customs in the administration of their affairs. Meanwhile, by adopting English customs regarding his own status he gave himself the powers of an English King that far exceeded those available to him as a Norman Duke. 8 This process of picking and choosing is not legislation as we would understand it today. Rulers are not simply imposing such rules as suit their purposes. The source of law remains custom and tradition, not simply the ruler’s will. As such, problems arise for its adaptation, or evolution. How is customary law to be altered in response to changing conditions? Contemporary conditions would look for the solution to law’s need for adaptation in legislation. Today, this can be both technical and frequent. But part of the conditions for this solution is the loss of understanding of law as customary, as the normative expression of a customary social order. If law is understood as something rooted in custom, then legislation cannot provide a basis for its alteration. Under such conditions, how is the law to be altered in response to changing social conditions? In the different answers given to this question, in England and on the continent, we find the beginnings of two different kinds of legal system: the common law, and the civilian tradition. On the continent, the process which informed the evolution of law arose in the universities, through the study of the ius commune. ‘The rediscovery of the [Justinian] Digest inspired several generations of scholars at Bologna to devote their energies to a complete understanding and mastery of what they perceived to be the legal text. The Digest, it was thought and accepted, manifested not just a legal system but legal perfection …’ (Watkin: 1999, 83) On returning from university to find employment as advocates or judges, students used the ius commune as a point of reference, ‘an interpretative framework within which sense could be made’ of local laws, ‘and a source of norms … to fill in gaps’. (Ibbetson: 2001, 6) This was not a process of substituting the ius commune for local laws. Rather, what arose was a process of exegesis, whereby the different texts were related to each other in terms of more general concepts and doctrines, which were felt to be embedded within more particular provisions, and seemed ‘to be the true components of the legal machine.’ (Lawson: 1955, 63–4) This is a form of legal praxis, which generates and sustains, and is in turn orientated by, a self-description of law in terms of natural law. Local laws are the expression of a higher law, which is superior to them. This higher law can be identified, within local laws, by approaching them using the con8
See van Caenegem: 1973, 8–15.
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tent, and more importantly the methods of interpretation appropriate to the study of the Digest. Local laws represent a local order, but one seeks within that order evidence of a more general and rational order, and what is found represents a higher form of law than local laws. This process gives natural law communications, which identify law as a form of practical reasoning, an everyday role within the legal system. They become a necessary part of the process of identifying law (self-observation) as well as the process whereby that law evolves in response to new situations. Law is represented, as a unity, in terms of a natural order, which can be identified through the application of reason. This self-description is not an ideology, invented in order to disguise whatever powers or interests are advanced by the current form of the law. Rather, it is a self-description generated by the routine process of accounting for the decisions as to what is legal or illegal, within the legal system. In England, the self-description, which informed legal practice, its selfdescription, took a different form. The beginnings of the common law lay in a continuation of the process of picking and choosing amongst customary laws. The Kings’ justices, resolving local disputes, adopted local customs, but through a process of conferring amongst themselves, gradually developed a system of customary law ‘common’ to the kingdom. And, as in the civilian tradition, this process contained a basis for its own evolution. The application of justice by the King’s representative involved a process of identifying wrongs, and providing remedies. These ‘wrongs’ were not invented by the King, on the basis of whatever policy he wished to pursue. ‘Wrongs’ were already there, in society. Thus, what the Kings’ justices provided was a remedy for existing wrongs, not a set of rules that identified what those wrongs were. In place of a set of rules, we have a process: consider what has already been identified as ‘wrongs’ (through local customs) and then identify what principles or concepts unite them. This process contains the basis for its own further development. Whereas the origins of the common law may have lain in a consideration of what was common amongst diverse social norms, its continuation takes the form of a consideration of what has been previously acknowledged as a ‘wrong’ by the common law. New claims, or claims of new ‘wrongs’, have to be integrated into the existing pattern of ‘wrongs’ recognised by the common law. Within this process reasoning by analogy is central, as is the need to treat particular existing ‘wrongs’ as evidence of more general moral principles. These techniques allow a court to decide whether claims that someone had suffered a ‘wrong’ should be recognised or not. Extracting general principles from the existing common law, looking for a universal within the particular, which was superior to it, carries out similar functions within the common law to that provided by reference to exegesis of the Digest on the continent: ‘In like manner [to the ius commune] the term common law came
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to mean in England the body of rational legal principles which were declared and administered by the King’s Judges as opposed to the special customs or privileges of any county or borough …’ (O’Sullivan: 1965, 119–120) This process was orientated by the self-description, which it generated. As on the continent, this was natural law jurisprudence. Its participants identified its content through a process of practical reason, giving higher status to the principles identified as underlying the particulars of existing law, whilst never failing to have regard to those particulars when seeking to identify the principles that underlay them. As such, neither on the continent, nor in England, was the legal system’s use of natural law an exercise in ‘pure’ moral philosophy: the simple application of the best moral principles to decide the particular case. In both systems, the principles to be applied had to be identified as latent within what had already been recognised as law. But nevertheless, the ability to identify these principles allowed for a process of evolution, whereby particular laws that came to be considered contrary to the rational principles that underlay more general bodies of law could be declared to be contrary to reason, and thereby both unjust, and not in fact law: ‘Against this law (of reason or nature) prescription, statute, nor custom may not prevail: and if any be brought in against it, they be not prescriptions, statutes, nor customs, but things void and against justice.’ (Christopher St Germain, Doctor and Student, commenting on the common law). 9 Whilst both civil and common law adopted natural law self-descriptions, whereby the unity of the system was described to itself in terms of reason, the common law also described itself in terms of its claimed differences with civilian law. Thus, common lawyers insisted that their reason was ‘artificial reason’ to distinguish it from the more general forms of reason associated with the civilian tradition. And, whilst the civilians had the Digest as an example of perfection, the common lawyers were clear that no text contained what they were seeking when they sought to identify the law, which led them to describe the common law as ‘unwritten’.10 Whilst the civilian tradition required reason to be filtered through particular texts, common lawyers continued to prioritise custom. And whilst the use of a common text across Europe as a source of what was universal within law had a unifying tendency, allowing law to be studied in one country and practiced in another, the English lawyers celebrated what was peculiarly English, seeing the normative basis for their law in the social norms of their own society, and insisting that there was no sound basis for its practice other than initiation through membership of the Inns of Court. With hindsight, or observation from an external viewpoint, both self-descriptions appear to be artificial, self-serving fictions. Of the two, the claims 9 10
See McIlwain: 1910, 105–8. See Simpson: 1986, 18–19.
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of the common law seem particularly hard to understand. How could its claim to be based on custom be genuine when the common law developed into a complicated system of formal writs (claims), which could only be known to its initiates, and which served to insulate legal norms from social ones? The origins of the common law in the 12 th century were a genuine attempt to synthesize local customs, but claims like the following, made by the judge Sir John Davies in the 17 th century, seem to have had no basis in fact: ‘For the Common Law of England is nothing else but the Common Custom of the Realme … it cannot be made or created either by Charter, or by Parliament … but being only a matter of fact, and consisting in use and practice, it can be recorded and registered no-where but in the memory of the people.’ 11 To understand the nature of such communications as these, we need to consider how the common law evolved. Starting with its origins as a synthesis of local customs, we already have something that is more than a simple reflection of social norms. Practical reason had to be applied to decide what customs were worthwhile and should be applied within the King’s courts. The ‘wrongs’ acknowledged by the King’s judges were, nevertheless, not acts of legislation and were understood by participants as English ‘wrongs’ having their origins in English society. With the development of the English system of formal pleadings, the writs, the facts necessary to plead a particular ‘wrong’ formed an essential part of any litigation. In turn, the writs represented a record of what, in English law, had been recognised to form part of English custom. Thus, just as the ius commune formed a stable point of reference from which to consider any novel claim for a legal remedy within the civilian tradition, the writs formed the perspective from which to assess a novel claim within the common law. Common lawyers looked at society from the perspective of this web of writs. To quote Cotterrell: ‘The common lawyers saw society through the lens of law. In a sense, society was the structure of relations, customs, claims and obligations expressed in legal knowledge’ (2003, 32). The system of writs allowed the processes begun in the 12 th century to continue. Looking out from the writs as a record of custom, the judges could consider whether a new claim of wrong was justified: was it analogous to the wrongs already acknowledged? But this was not simply a matter of filling in gaps, because just as local customs had been synthesised to produce the original common law, so too the system of writs was open to extension, or reform, through a process which required what was universal within the particular to be identified by reference to reason and morality. From the very beginning, what was worth preserving in custom was extracted through practical reason. And later, when deciding whether a novel claim 11
See Postema: 1986, 4.
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should be given a remedy by the common law, nature, God, justice, public interest and convenience were all sources of reasons for decisions.12 The scope for these sources to destabilise the common law was restricted, in turn, by the need to consider the implications of accepting a new ‘wrong’ in addition to those already acknowledged. Too great a disturbance spoke against admittance: ‘It is better saith the Law to suffer a mischiefe (that is particular to one) than an inconuenience that may prejudice many.’ (Coke) 13 The soundest evidence that a particular law is against reason and therefore is unjust is the sense that it went against the common law as a whole. And in deciding what this required, the common law was assisted by its evolution into a self-understanding as a set of maxims or principles: ‘Maxims are the Foundations of the Law and of the Conclusions of Reason, and therefore they ought not to be impugned, but always to be admitted; yet these maxims may vary by the Help of Reason, be compared together, and set one against another …’ (Edmund Plowden) 14 Another aspect of the common law’s self-description which may appear fictional was its claim to be ‘unwritten’. For, while there was no written code such as the ius commune, the common law was formed out of the decisions of its judges, and these came to be recorded and, as such, were obviously written. But this was not how the common lawyers communicated and carried out their legal operations. Just as no one local custom necessarily gained entry to the Kings courts in the 12 th century, so no particular decision was necessarily a correct identification of English custom. And whilst the system of writs, and later maxims, developed by English judges by reference to what was reasonable, was taken as the best evidence of English custom, these could later be found to be unreasonable, unjust, and therefore mistaken, and declared no longer to form part of the law. So there is an important distinction present in this claim that the common law was unwritten, for, by insisting that the opinions of judges were not themselves law, but only evidence of a law located in the customs of the nation, common lawyers enjoyed a looser form of precedent than that which followed in the 19 th century, and one which, in the absence of modern forms of legislation, was better able to allow the common law to evolve to meet contemporary conditions. Whilst the self-descriptions of common law and civil law differed, and this difference played its part in maintaining their separate practices, both had natural law forms. Each communicated about its practices as the identification of law with something more universal than the local and particular. And these communications formed part of the identification of law in a 12 13 14
Coke claimed that there were 20 such sources (see Lobban: 1991, 59). See Stoner: 1992, 25. See Lobban: 1991, 7.
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manner which also allowed for its evolution. What was really law was something unchanging and higher than whatever had been found to be law in the past. These communications also allow for discontinuity, the fact that the law had been different in the past, and would be different in the future, to be presented as continuity. Consider, for example, the following statement by Sir Matthew Hale in the 17 th century: ‘[T]hey are the same English Laws now that they were six hundred years [ago] … the Argonauts ship was the same when it returned home, as it was when it went out, tho’ in the long Voyage it had successive Amendments, and scarce came back with any of its former Materials.’ 15 It was the incremental nature of common law evolution that made both its claim to be essentially unchanging, and its claim to be connected to a natural order plausible, and this plausibility resulted from law’s operations. Arguments connecting decisions to what had gone before were not a historical or ideological gloss on the exercise of power, but part of what it meant to practice law. The common law system perceived itself as having originated as a response to a natural order, and having evolved, through reason, as that natural order evolved. The self-description of English common law was subjected to challenges, from both within and outside the legal system. Hobbes, in a sustained critique of the common law,16 ridiculed the claim that it was based on a form of speculative reason that could only be known to its initiates after a prolonged period of study. He felt that common law reasoning was a pretentious and fictitious claim to expertise in rational thought, which any bystander could master in two months of legal training. Bentham, a century later, continued to ridicule the claims of the common law.17 Internally, common law had to accommodate the passage of statute, which occasionally, as with the Tudor monarchs, involved programmes that affected major social change. How could such forms of law be reconciled with self-description in terms of custom and reason? Understanding how the English legal system understood statutory law prior to the mid-19 th century is the key to understanding how its selfdescription evolved at that time into a positivist one. The first thing to note is that legislation, to be understood as law, had to present itself in the same form as the common law. Thus, legislation was either declaratory, or remedial. Declaratory statutes did not purport to change the law, but only declare what the law already was. Remedial statutes sought to remedy a ‘mischief’, but a ‘mischief’ was not a self-conscious social policy. Rather, it was a ‘wrong’ which needed a remedy, in exactly the same way that new develop15 16 17
See Postema: 1986, 6. See Postema: 1986, 47. For references, see Postema: 1986, especially 272–4.
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ments of the common law were conceived. Again, one can take a cynical view of such forms, and identify legislation that, to modern eyes at least, looks no different from what today would be articulated in terms of social or economic policy. But by using forms of law that were communicated about in this manner, Parliament made statutes which were open to quite different treatment than would be possible today. Common lawyers regarded the common law as the real ‘substratum’ of law – as a core which could be used to identify what was truly law. For Hale, ‘Common law and the Custom of the Realm … is the great Substratum’ of the law.18 As such, statute law had a quite suspect status. Common lawyers were aware of the interests and politics that made statute more likely to be an act of will rather than of reason. They therefore viewed it as a possible source of error in the law. Only when its provisions had been integrated into the common law, by a process of interpretation which identified it as an extension of the common law, was its status as law fully assured. This is an interpretative process which opens statutes to alternative futures, with progressive extension, or progressive marginalisation, as two opposing possibilities. Further legal communications allowed for disrespectful treatment of statutes to occur without disruptive clashes occurring between the political and legal systems. Within the legal system, Parliament was conceived as a court with a superior jurisdiction, for no other court was competent to declare invalid laws passed by Parliament. But just as any of the common law judges could make mistakes as to the content of the wrongs that law needed to remedy, so too could Parliament. And whilst its laws could not be declared invalid, those which were found incompatible with the common law could not form part of the process of common law development. Such mistaken ‘wrongs’ were not able to form part of the substratum of the common law, and provide a point of reference for the identification of new ‘wrongs’ in future.19 (To quote a modern theorist of this methodology, Ronald Dworkin, such statutes would not have the same ‘gravitational force’ as the rest of the laws). Over time they could be eroded, due to the weight, within the common law, of contrary usage. So, if the self-description of the common law as English custom, identified through reason, could resist external critique and statutory laws introduced in response to political power, what led it to alter from this version of natural law to a positivist self-description? We would argue, applying systems theory, that this change was generated internally, through changes in law’s own operations. What undermined this self-description was a change in the internal experience of legislation. Legislation, per se, was not incomSee Postema: 1986, 26. See Postema: 1986, 15–16; van Caenegem: 1995, 105–7; Stoner: 1992, 37–8; McIlwain: 1910. 18 19
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patible with a self-description of law in terms of reason, so long as the common law represented the great bulk of English law. But what changed, beginning in the 18 th century, was the nature and frequency of legislation. From the end of the 13 th century to the beginning of the 19th, legislation had played a tiny part in the development of English private law. 20 And even when one included the criminal law, the number of new laws introduced by statute, relative to the size of the whole of the law was small, not only annually, but even over a lifetime. But with the 18 th century things began to change. Legislation not only became more prolific, but as Parliament became more responsive to particular interest groups the nature of that legislation also altered, becoming technical and specific. This was noticed by contemporaries, including one Prime Minister: ‘The extreme particularity and limited provenance of so much of this law-making seem[ed] to reduce the legislature … [to] a mere quarter sessions, where nothing is transacted but turnpikes and poor rates.’ 21 A natural law self-description does not facilitate the handing of this kind of legislation. Within natural law, what is ‘really’ law is general, universal, capable of being synthesized into its underlying principles, and, in some essential sense, unchanging. Utilising such communications, local or particular laws that do not fit with the principles identified by undertaking a consideration of large amounts of law, can be declared not ‘truly’ law. Even if, as with statutes, such laws cannot be treated as invalid, they can be treated as exceptional and distinguished from the rest of the law which, being compatible with general principles, is ‘truly’ law. Technical laws, especially those passed in response to private interests, cannot easily pass this test of what is part of the existing law. Not only are they specific rather than general but, even more importantly, they are, avowedly and deliberately, changes to the existing law. Thus it was difficult to communicate about such laws in the usual terms, as texts which were declaratory or remedial. These statutes did not simply purport to provide remedies to existing wrongs, identified in turn by reference to supposedly pre-existing social norms. These statutes were attempting to create norms that had no previous social existence. Within the usual interpretative practices of the common lawyers, which identified law as the embodiment of pre-existing custom, statutes that deliberately sought to change the common law had to be identified as valid but nevertheless ‘errors’ of law. With the changing frequency and nature of statutory law, the difficulties of describing statutory law in these traditional terms increased. The replacement form of self-observation of statutory interpretation was already within the system: statutory law was valid because it was passed by Parliament, 20 21
See Milsom: 1985, 150. Horace Walpole, quoted in Lieberman: 1989, 17.
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which had a superior authority to declare what law is than the courts. What gradually changed was any sense that such laws were exceptional or any less laws than the common law. In turn, these routine legal operations (the acceptance that the law is the law because it has been declared by an authoritative body) generated a new self-description which sustained it. This was a positivist self-description, in which the basis of law was not reason, but authority. Theorists such as Bentham and Austin took this self-description and refined it into a description of law as the commands of a sovereign body. Within the English system this sovereign body was Parliament, and the basis of law’s authority, within the legal system, was the doctrine of the sovereignty of Parliament. This new doctrine did not require legal actors to alter their political principles in recognition of Parliament’s increasingly democratic nature. It merely required their participation in a form of statutory interpretation that facilitated the legal interpretation of a new quantity and quality of legislation. The problem which remained within the English legal system, one that has not been fully resolved to this day, is how the operations of the common law were to be carried out under these new conditions? A jurisprudential self-description is an autological communication whereby the system describes itself to itself as a totality. And, with the rise of legislative activity, the self-description of law, as a totality, was no longer communicated in terms of reason and custom, but authority. If the common lawyer’s description of their own system was simply a self-serving ideological cloak, one might suppose that it would have continued as a description of this part of law, alongside a contradictory explanation of statute law. However, this presupposes the ability to identify the existing common law using one self-description of what law is, whilst identifying statute law using another. But common law (as the decision of judges and the working out of doctrine) and statute law do not operate at different moments within the legal system. Statutes are invariably attempts to change the common law. Indeed, when the new forms of statute made their presence felt they were less concerned with changing earlier statute law than they are today, simply because the background of existing law that they sought to change had less statutory and more common law content than exists today. It is difficult to continue to identify the law that is to be changed by reference to reason and custom, and claim that it is universal and essentially unchanging, and then switch to identifying the manner in which it has changed via new statutory law, namely by reference to authority alone. In this process the self-description of the law as authority became dominant and in turn altered the nature of common law adjudication. Towards the end of the 19th century, the nature of precedent changed within the legal system. Without an understanding of law in terms of customs existing outside of law, identified through reason, the English common law could no longer
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claim to be unwritten, for there was nothing outside of the recorded decisions of the judges that could constitute the law. Instead of statutes being interpreted as if they were the products of the common law, the common law began to be interpreted as if it were the product of legislation. Not only was it accepted that its origins in court decisions made it a written form of law, but the basis of its validity was recognised as the authority of the court which had introduced it. Thus began the development of a stricter form of precedent, with a complex doctrine of stare decisis, whereby the decisions of the courts, on a hierarchical basis, were treated as the basis of law, with lawyers struggling to identify the precise holding, or ratio decidendi of each decision. The positivist self-description of the English legal system, whereby law is based on the authority of its institutions rather than an expression of custom and reason, was a product of changing legal operations. But this selfdescription did not capture all that was law within the system, any more than did its natural law predecessor. While court decisions came to be interpreted as if they were statutes i.e. as if they were delegated legislation, the system was not able to develop an adequate account of the limits of that legislative power. In particular, whilst the strict doctrine of stare decisis presumed that law making would consist only of filling in ‘gaps’ left by prior court decisions and existing statutes, the need to revisit and alter prior legal decisions opened the prospect of a power to legislate without limit. This would represent exactly what the English legal system’s self-description and the procedures which it sustained had avoided: the direct expression of moral or political philosophy, or political power, on adjudication. That prospect has been avoided through the continuation of an earlier form of natural law communication, whereby law is identified through reason, rather than authority. Cases are regarded as authorities, with higher courts binding lower ones, but higher courts continue to examine their own earlier decisions for the principles and concepts which informed them, when deciding what they represent. Within this process, law making (rather than law finding) is communicated about as an exceptional moment, in keeping with a self-description that accounts for law in terms of authority, and places the highest authority with Parliament.
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The Territorial Inscription of Laws* Alain Supiot**
The notion of space, in legal terminology, is not some Cartesian abstraction, which may be applied to any sort of place. Until recently the term was used exclusively to refer to parts of the world which cannot be occupied on a lasting basis because they have no perceptible limits and are unfit for human life. Such are the seas and the oceans, the skies and interstellar space. Moreover, the legal notions of air space and outer space, maritime space and oceanic space have, in their accepted usage, always been defined in opposition to the Earth. In law, the Earth is not conceived as an abstract space but rather as a mesh of territories, domains (public or private), regions or countries, jurisdictions and sometimes sites or zones (subject to overriding clauses). Significantly, it was only with the advent of globalisation that the notion of space began to be used to refer to the earth and not only the skies or the seas. And it was the European Union, which first described itself, in legal terms, as an “area of freedom, security and justice”, without discernible limits, rather than as a territory or group of territories. Gunther Teubner’s work has made a decisive contribution to our understanding of the emergence of a global law gaining strength independently of territorially based legal systems.1 In order to pay tribute to this great jurist (and longstanding friend) I endeavour below to explore the meaning of – and the future awaiting – our contemporary desire for a spatial legal system that would have no territorial grounding. This investigation is warranted particularly because the place of civilisation, in the primary legal sense of the term “civilised” (subject to the rule of civil law), has until now never been the inherently formless space of the sea or the skies, but always the terra ferma. Civilising space has always meant referring it to terrestrial dimensions which give it at once a being and a form. Already in Roman law we can find
1 * This text was first presented orally at the colloquium “Space and Civilisation”, organised at Qufu (China) in the Confucius Research Institute, 31 May – 2 June 2008. It was translated from French by Saskia Brown. ** Institute for Advanced Studies of Nantes. Web: 1 See especially G. Teubner Global Law Without a State, Dartmouth Publ., 1997.
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an adage – Forma dat esse rei, “the form gives being to the thing” 2 – which registers the inaugural act by which all mythologies mark the birth or rebirth of the world: the “higher waters” of the Heavens rise up from the face of the waters, whereupon between the Heavens and the waters there emerges dry land. This founding act is normative, it gives the world its first limits and hence gives the measure of all things. Limiting and measuring are the two inseparable sides of the activity of the jurist and the geometer. These two figures come together in the figure of the surveyor who, in measuring the land, defines what is due to each and what is common to all. This is how the world becomes habitable, in the multiple senses of this word derived from the latin “habere” (to have, to hold) 3. To inhabit the world is to have a safe place in it, fit for habitation. It means giving the world a form, making it into a human habitat, through the words by which we name even the tiniest plot of land and through the acts by which we fashion our landscapes. To inhabit the world also means conforming to shared habitual modes of life which take the ecological environment into account. A habitable world is a world in which man’s relation to the land is laid down in rules, which assign to each a place fit to live in. In the Western tradition, these rules are part of what is called the legal system, which encompasses penal and administrative law as well as civil law. This tradition shares with the civilisations born of the religions of the Book the ideal of a superhuman, atemporal and universal Law, which would apply to every person in every place and could ignore territorial diversity. But modern law is based on abandoning this ideal and on giving laws a territorial anchor. Pascal may have jibed at the geographical limits of human laws (“It is a strange justice that is bounded by a stream! Truth on this side of the Pyrenees is error on the other”); but Montesquieu’s implicit rejoinder affirmed that laws should precisely be relative: “They should be related to the physical aspect of the country; to the climate, be it freezing, torrid, or temperate; to the properties of the terrain, its location and extent; to the way of life of the peoples, be they plowmen, hunters, or herdsmen; they should relate to the degree of liberty that the constitution can sustain, to the religion of the inhabitants, their inclinations, their wealth, their number, their commerce, their mores and their manners” (Introduction to The Spirit of the Laws) 4. In modern times, the territorial inscription of laws is linked to legal systems in which the State crowns the institutional edifice. The world becomes a mosaic of sovereign States in competition with each other over borders, 2 On this adage, which comes from the commentators on the Digest (35, 2, 80), see H. Roland and L. Boyer Adages du droit français, Paris, Litec, 3rd ed., 1992, no. 137, p. 278. 3 See Lewis and Short A Latin Dictionary, Oxford, Clarendon Press, 1879, s.v. “habeo”. 4 Montesquieu The Spirit of the Laws, tr. Anne M. Cohler, Basia Caroline Miller and Harold Samuel Stone, Cambridge, Cambridge University Press, 1989, I, I, 3, p. 9.
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control of the seas and colonisation overseas. However, each acknowledges the other’s right to lay down the law within its own national territory. Carl Schmitt theorised just such an international order in his Nomos of the Earth, while also diagnosing its gradual decline 5. But his Nazi sympathies prevented him from apprehending the deeper causes of the crisis affecting this State-based organisation of the world. He attributed it to the increasing power of the United States and the abstract pacifism of the founders of the Society of Nations. What he overlooked was the return to a belief in universal and timeless law, which was the hallmark of major contemporary ideologies, including National Socialism with its theory of Lebensraum. These ideologies, based as they were on scientistic certainties, tended to deny any idea of limit or human measure. “Law”, said Hitler, “is a human invention. Nature knows neither the notary nor the surveyor. God knows only force.” 6 If one can talk here of the return of a belief in superhuman laws, it is because the laws that appeal to Science, like divine laws, do not accept the borders defining Nation States. Their dominion transcends any territorial limit. Just as the Catholic Church declares that it knows no territory 7 and that its dogmas are true and valid for the entire globe, so it is with the truth of the “laws” of economics, biology or history. However, unlike the religious laws which unified Medieval Europe, the universal laws invoked today are immanent and not transcendent. They do not appeal to the Heavens but to the nature of things and of men: biology, economics and history are the disciplines summoned today to reign over the terrestrial world. Scientistic normativity was already operative in the nineteenth century (particularly with Comte or Marx theoretically, and with colonialism politically) but it blossomed in the twentieth century in the guise of racial biology and historical materialism, along with their political by-products of racism, social Darwinism and the class struggle. We should not, however, forget what distinguishes these modern variants of scientism from religious proselytism: today, faith in these laws without a Legislator inspires not conversion but destruction of others, the destruction of those whose disappearance is deemed ineluctable and who must hence be treated like refuse 8 destined for 5 Carl Schmitt Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum [1950]; tr. G. L. Ulmen The Nomos of the Earth in the International Law of the Jus Publicum Europaeum, New York, Telos Press, 2003. 6 Libres propos sur la guerre et sur la paix, recueillis sur l’ordre de Martin Bormann, Paris, Flammarion, 1952, p. 69. 7 See P. Legendre Dominium Mundi. L’Empire du Management, Paris, Mille et une nuits, 2007, p. 21. 8 “War has returned to its original form. War between peoples has given way to another war – one which aspires to possess wide-open spaces. Originally, war was nothing other than a struggle over possession of pastureland. Today war is only a struggle over natural resources. By virtue of an immanent law, these resources belong to whoever conquers them
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the “rubbish heap of history” 9. This is doubtlessly the specific signature of the insane massacres that accompanied the various imperial enterprises dominating the history of our last century. These empires have now fallen, one after the other, and the countries they once ruled over have all donned the garments of the Nation State. Today the State crowns the legal edifice, both internally and internationally. It is under the aegis of the State that today man inhabits the earth (I). But no one can ignore that this institutional edifice is coming apart and that an imperial logic is still at work. This logic no longer assumes the guise of a localisable power bent on extending the territorial scope of its laws but takes the form of a deterritorialisation of law, carried out in the name of the globalisation of the world ( II ). Neither the deterritorialisation of law nor a return to relations purely between Nations States has a viable future. The only thing of which we can be certain is that man is an earth-bound animal who must discover anew a sense of measure by which to redraw a world fit to live in ( III ).
I. Inhabiting the world: the institution of territories Just as all cosmogonies show the birth of the Heavens and the Earth from the cosmic Ocean, so they all affirm the earthly substance of the human being. Adam, the first man in the religions of the Book, derives his name from the red earth (adama) from which God fashioned him. Man’s name comes from the Latin humus (damp earth): man (homo) is the one who comes from the earth and is destined to return to it (to be inhumed) 10. Although born of the earth, man is endowed with a divine spirit which entitles him to take possession of it, to fashion it in his image and to make it fruitful by his labour 11. This second aspect – the “taking of (…). This is in harmony with the laws of nature (…). This ceaseless struggle is justified by the law of selection which enables the best to survive. Christianity is a rebellion against this natural law, a protest against nature. Taken to its logical limit, Christianity would mean systematically cultivating the refuse of humanity”. Adolf Hitler Libres propos sur la guerre et sur la paix, op. cit., p. 51. 9 It was Trotsky who first used this expression to designate opponents of the Bolshevik party within the Congress of Soviets. 10 See Lewis and Short op. cit., s.v. “humus” and “homo”. 11 In Mesopotamian mythology, the creation of man (out of earth mixed with the blood of a sacrificed god) is attributed to the fact that the lesser gods, weary of working, came out on strike. See J. Bottero and S.N. Kramer Lorsque les dieux faisaient l’homme. Mythologie mésopotamienne, Paris, Gallimard, 1989, p. 526 sqq. Cultivating the land was the first way in which it was made fruitful by human labour. Cultivating the land implied that one possessed it, and the Enlightenment philosophers were unanimous in considering cultivation to be the first title deed (see ch. V of Locke’s Second Treatise on Civil Government [1690], “Of Property”).
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land” 12, taking possession by labour or force – has been dominant in the modern Western world, at the cost of repressing how man belongs to the land. This lop-sided vision, whose religious origins we can only surmise 13, sees nothing but the imprint of man on the earth and remains blind to the imprint of the earth on man. In order for our sight to be fully restored, we should turn to the civilisations which have not yet been blinded to the earth-bound dimension of man 14. Black Africa has without a doubt remained most sensitive to what man owes to the land 15, and it is on this continent that one can find the most subtle institutional forms reflecting the complexity of the relation. For example, there are two distinct and complementary authorities, which preside over relations to the land in the countries of Western Africa: the chief of the village and the “master of the land” 16. The chief of the village parades the signs of his power and never walks barefoot. He embodies “the fate of a person who has chosen to adopt no other relation to the surrounding world than that pertaining between a hunter and his prey” 17. The master of the land, by contrast, lives humbly and walks barefoot, and his “essential task is to ensure that each person and the whole village have a viable relation to the land” 18. He presides over the rituals designed to ensure the land’s fertility and settles disputes relating to its use or distribution. Compared to the predatory figure of the chief, he incarnates the authority of the forefathers and the stability of territorial connections. African civilisations thus invite us to make a distinction within our own institutions between what connects a person to the land and what gives him control over it. In the legal sphere, a person’s connection to the land continues to inform decisions on two fundamental issues: the determination of his or her identity and the laws which he or she must observe. The question of identity arises in matters of personal status. Connection to a territory plays a role here through what is today called nationality law. “Nationality” is related etymologically to “being born”, and it situates each 12 According to Carl Schmitt, the taking of land (Landnahme) is the same as the Nomos of the land, that is, the “originary act which founds the legal system”. 13 Christianity is both the religion of God the Creator without a woman and of a mangod on earth. 14 This dimension was of great importance in European Antiquity. See J. Bachofen Das Mutterrecht [1861], tr. David Partenheimer Mother right: a study of the religious and juridical aspects of gynecocracy in the ancient world, 5 vols., Lewiston, N.Y., Lampeter, Edwin Mellen Press, 2003–2007: “As the Ocean faces the Land, so man faces woman”. 15 See O. Journet-Diallo Les créances de la terre. Chronique du pays Jamaat, Publications de l’Ecole Pratique des Hautes Etudes, Brepols, 2007, 364 p. 16 See the case of Kasena country in Burkina Faso, in: D. Liberski-Bagnoud Les dieux du territoire. Penser autrement la généalogie, Paris, CNRS -Ed. de la MSH , 2002, 244 p. 17 D. Liberski-Bagnoud op. cit., p. 100. 18 D. Liberski-Bagnoud op. cit., p. 206.
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of us, as from birth, at the juncture of a territory and a lineage. Consequently nationality law combines considerations of the place of birth (jus soli) with that of the nationality of the parents (jus sanguinis) in different proportions depending on the country, to which should be added the possibility of acquiring one or more other nationalities later and hence having adoptive homelands. Nationality, which is an element of identity in the legal sense, is the source of personal status, that is, of a non-negotiable set of rights and duties towards the State or States of which one is a national 19. This status can limit or even prevent the movement of a person beyond the territory to which he belongs 20. The weightiest duty is, however, to defend the national territory and hence run the risk of “dying for one’s country” 21. It was on the basis of such a duty that motherlands devoured their children by the millions in the last two World Wars 22. A person’s connection to a territory can be seen in a different light when the question is no longer who he is but by what law he is governed. Are people bound at all times and places by the laws of their nation or must they obey the laws of the place in which they happen to be? The reply to this question has evolved over hundreds of years in the West. In Europe, the invasion and dislocation of the Roman Empire led to populations living together while obeying different laws. The new barbarian masters followed their various customs while the descendants of the subjects of the Empire (and the Church) remained subject to a largely adulterated version of 19 According to the Court of Justice of the European Communities (henceforth CJEC ), the bond of nationality is founded on “a particular relation of solidarity with respect to the State and reciprocal rights and obligations” ( CJEC 3 June 1986, Case C-307/84, Commission of the European Communities v French Republic, European Court Reports 1986, 1725; CJEC 16 June 1987, Case C-225/85 Commission v Italy, European Court Reports 1987, 2625; CJEC 30 May 1989, Case C-33/88 Allué and Coonassu v Universita degli studi di Venezia). 20 Numerous institutions in the history of law oblige peasants to stay on the land they cultivate (see, for example, the Roman colonus system or later serfdom, in: F. Girard Manuel élémentaire de droit romain, Paris, Rousseau, 5th ed. 1911, p. 132 sqq.; also Ch. Revillout Étude sur l’histoire du colonat chez les romains, Paris, A. Durand, 1856, 44 + 64 p.; Fustel de Coulanges Recherches sur quelques problèmes d’histoire, vol. 1, Paris, Hachette, 2nd ed. 1894, reprint, Brussels, Culture et civilisation, 1964, pp. 3–186). This obligation to remain on a particular territory has not disappeared (see, for example, the residence requirements accompanying certain jobs) but it tends today to involve a prohibition on entering or remaining on other territories rather than a prohibition on leaving one’s own. 21 See E. Kantorowicz “Pro Patria Mori in medieval political thought”, American Historical Review, vol. 56 (1951), p. 472–492. 22 The number of soldiers killed during the First World War is estimated at 7.8 million. In the Second World War, the number of civilian casualties of both sexes rose dramatically. Half of all the human losses on the European continent were sustained by the USSR alone, with 21 million dead (11 % of its population), of which 13.6 million were soldiers and more than 7 million were civilians (see A. Bullock Hitler and Stalin. Parallel lives, London, HarperCollins, 1991; 1993).
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“Roman law”. In this system, which lasted from the fifth to the eleventh century, each person lived by the law of his origins, that is, of his ethnic group 23. This principle, which was called the personality of laws, was undermined by the mingling of populations and the rise of feudalism, which led to the same local or regional customs, the same law of the place (lex loci ), being applied to all the inhabitants of the same seigniory. This is how the principle of the territoriality of laws gained currency, and its progress accompanied that of the Nation State 24. The world came to look like a jigsaw of separate legal regimes, with each State having sovereignty over the laws to be applied on its territory. But since States were not absolutely separate from each other, it was necessary to decide what judge was entitled to adjudicate and what law was to be applied in situations involving a foreign element. The objective rules laid down for this constituted what is called Private International Law, which, despite its name, was until recently largely internal and differed from one State to the next. In all countries, however, the degree of territorial purchase of national legislation is a function of what the law applies to: it has greatest territorial purchase in the fields of immovables, liability in tort and public security, and the least purchase in the context of international transactions, which by definition are associated with different territories 25. In modern law, man’s control over the land takes two distinct but complementary forms: sovereignty and property. Both of these establish an exclusive relation between the sovereign or owner and the lands he governs or possesses. This exclusivity is completely new in the long history of law and could well be only a temporary phase. For if we take a comparative historical view of land laws, man’s rights in the land have at almost all times and places been a function of the bonds between men or with the gods 26. This stems from a deeply rooted sense that the human being, who is an earthly and mortal creature, cannot seriously lay claim to sovereign power over the natural elements. The power man retains over the land is always derived 23 See L. Stouff Étude sur le principe de la personnalité des lois depuis les invasions barbares jusqu’au XII e siècle, Paris, Larose, 1894, 102 p. 24 This principle is only apparently straightforward, since it has received different interpretations in international law. See P. Mayer and V. Heuzé Droit international privé, Paris, Montchrestien, 9th ed. 2007, no. 49 sqq; D. Bureau and H. Muir Watt, Droit international privé, Paris, PUF, 2007, vol. 1, no. 329 sqq. 25 See Article 3 of the French Civil Code: “Statutes relating to public policy and safety are binding on all those living on the territory. Immovables are governed by French law even when owned by aliens. Statutes relating to the status and capacity of persons govern French persons, even those residing in foreign countries”. 26 C. M. Hann applies a concept developed by Karl Polanyi to property, and talks of the “embeddedness of property” (see C. M. Hann (ed.), Property relations. Renewing the anthropological tradition, Cambridge, Cambridge University Press, 1998, Introduction, esp. p. 9 sqq.).
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from an other: from a master or a god, who has granted man use of it but may revoke this. In the history of Western law this notion of tenure is linked to the feudal structures, which dominated the Medieval period 27 to varying degrees (in France more than elsewhere 28). For the feudal world, it was the bonds of dependence between men that determined their rights in the land. This was true of political power (which the suzerain exercised only indirectly over the territory of his vassals) and also of economic power, which was divided (with the exception of allodial land) between the dominium eminens of the lord and the dominium utile of the vassal or tenant. Tenure, whether in its noble form (the fief) or common form (censive tenure) was always tenureservice, a concession granted in return for dues. Rights in the same piece of land were thus distributed between different people. This type of legal set-up was not, however, restricted to Western feudalism, nor to the Medieval period. In the Ottoman Empire, for example, rights in the land were divided between those who farmed it and had certain rights over it (on condition that they cultivated it successfully), regional administrators who collected taxes on the produce and lastly the imperial treasury, which had ultimate tenurial superiority 29. Another example can be found in a study by Jacques Berque on land farmed in terraces in the valleys of the High Atlas in Morocco, where each family has tenurial superiority over its plot, which is handed down from generation to generation; the family can always demand to buy back the land from its present occupier 30. One of the features which these variants have in common is that several people may exercise different rights simultaneously in the same property, which itself remains indivisible. The situation reversed with the advent of the modern right to property: land was no longer perceived as the site of relations between people but was treated as a thing submitted to the will of one person alone. The far-reaching consequences of this reversal could not fail to have considerable impact on how human environments were shaped, corresponding, in the legal sphere, to what Augustin Berque as a geographer called the “freeze on the object” 31. As Louis Dumont has shown, an economic ideology implies the subordi27 See M. Bloch La société féodale [1939], tr. L. A. Manyon, Feudal Society, London, Routledge & K. Paul, 1961. 28 A. Esmein Cours élémentaire de droit français, Paris, Larose, 1898, p. 185 sqq.; J.-F. Lemarignier La France médiévale. Institutions et sociétés, Paris, A. Colin, 1970, p. 161 sqq. 29 See M. Mundy & R. Saumarez Smith Governing Property, Making the Modern State. Law, Administration and Production in Ottoman Syria, London-New-York, IB Tauris, 2007, p. 11 sqq. 30 J. Berque “Documents anciens sur la coutume immobilière des Seksawa”, Revue Africaine XCIII , 1948, pp. 363–402, reprinted in: Opera Minora, Paris, Bouchène, 2001, vol.1, pp. 359–384. 31 A. Berque Écoumène. Introduction à l’étude des milieux humains, Paris, Belin, 2000, p. 69 sqq.
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nation of relations between men to relations between men and things 32. Moreover, the market economy needs goods fit for exchange, that is, cleansed of any trace of personal bonds. In the Napoleonic Code the direct relation between men and things (treated in Book II ) forms the basis of the contractual relations between men (treated, with successions, in Book III ). The equivalent of this development in the political order was the establishment of the figure of the sovereign, incarnated in the State as guarantor of respect for private property. Public and private were no longer interlinked in feudal fashion but sharply differentiated: the public domain of national territory was controlled by the State and seamlessly 33 juxtaposed with private domains subject to the sovereign will of their owners. The dominium eminens of the State has not disappeared completely, however. Legislation provides for the expropriation of land for public use in return for compensation 34, and in the absence of legal claimants property still escheats to the State. More generally, the right to property must operate in conformity with the law 35. Exercising this right even supposes the existence of a sovereign State to ensure that the property of each is respected by all. When this condition no longer applies, the fiction of a direct and exclusive legal bond between men and things is no longer tenable and the relations of dependence between people once again come to the fore 36.
32 L. Dumont Homo æqualis I. Genèse et épanouissement de l’idéologie économique [1985], tr. From Mandeville to Marx: the genesis and triumph of economic ideology, Chicago-London, University of Chicago Press, 1977, 236 p. 33 This leads to the issue of the legal regime applicable to the public face of private property. The question arose, for example, of whether the owner of a building had rights over the image of its façade (the French courts ruled that the owner did, but this was subsequently annulled by the Court of Cassation (7 May 2004). See Y. Strickler Les biens, PUF, coll. Thémis, 2006, no. 12; p. 36 sqq.). 34 See the Declaration of the Rights of Man and of the Citizen (1789), article 17: “Since property is an inviolable and sacred right, no one shall be deprived thereof except where public necessity, legally determined, shall clearly demand it, and then only on condition that the owner shall have been previously and equitably indemnified”. 35 See the French Civil Code, art. 544: “Ownership is the right to enjoy and dispose of things in the most absolute manner, provided they are not used in a way prohibited by statutes or regulations”. 36 As A. Macfarlane notes: “The dissolution of the state is not a good basis for modern private property, which is ultimately underpinned, as Locke and his successors recognized, by powerful, if largely invisible, state power” (in: “The mystery of property: inheritance and industrialization in England and Japan”, in: C. A. Hann (ed.), Property relations. Renewing the anthropological tradition, op. cit., p. 104 sqq., cited p. 115).
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II. Globalising the world: the deterritorialisation of laws The term “globalisation” is a slogan more than a concept. It embraces a heterogeneous body of phenomena which should be carefully differentiated. The abolition of physical distances through the circulation of signs between people is a structural phenomenon enabled by new digital technologies. By contrast, the globalisation of trade in things is a conjunctural phenomenon which is the result of reversible political decisions (lifting trade barriers) and of the temporary over-use of non-renewable natural resources (keeping transport costs artificially low). It is the combination of these two different phenomena, which impoverishes the heterogeneity of signs and things by referring them to a single monetary standard, that is, by transforming them into “liquidities” 37. Even territory does not escape this process of “liquidation”. It ceases to be seen as a place from which one comes and to whose laws one is subject, existing only as object of property and as such submitted to laws, which transcend its singularity. This process of uprooting laws from their territorial grounding has clearly not come to an end (nor can it, without an apocalyptic liquidation of the entire world) 38. But it has lead to the dislocation of territorial legal systems due to the dual pressure of personal laws undermining them from within (A) and universal laws dismantling them from without (B). The personality of laws first reappeared in Western legal systems with colonisation, when the colonisers enjoyed a different status to that of indigenous populations 39. It then reached Europe when certain States began to base personal status on racial characteristics. Nazi Germany was obviously the principal actor in grounding legal status in biology. While it certainly had no 37 A debt or a debt-claim is termed “liquid” when it can be converted into a determinate quantity of money. Liquidating an asset means making it fungible, converting it into monetary rights. In everyday language, French “liquide” refers both to ready money (cash) and to an aqueous medium (see G. Cornu (ed.), Vocabulaire juridique, Paris, PUF, 1987, s.v. “Liquidation” and “Liquide”); in English, the terms “liquidities” and “liquid” communicate in a similar way. 38 As observed by G. Deleuze and F. Guattari (Mille plateaux [1980], tr. Brian Massumi, A thousand plateaus: capitalism and schizophrenia, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1987) any process of deterritorialisation leads to a reterritorialisation, which is never a return to a primitive or a former territoriality. The many signs of the current reterritorialisation would call for a further paper. 39 In the French colonies, for example, indigenous status (French indigénat) combined the original personal status with a restricted French nationality. Citizenship was reserved for those who were “native French” and, in Algeria, was extended to indigenous Jews by the Crémieux Decree in 1870, and later to non-Muslim (that is, European) foreigners in 1889. Similar solutions were adopted in the English colonies (see, on India, Ved P. Nanda & Surya Prakash Sinha Hindu Law and Legal Theory, Aldershot, Dartmouth, 1996, p. xiv sqq.). Far from contributing to reducing the diversity of personal statuses, colonisation helped anchor them in the legal culture of the country: after Algerian independence, being a Muslim became a condition for attribution of Algerian nationality.
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monopoly on biologism 40 or racial discrimination 41, it took these to their most extreme limit in its programmed extermination of the Jews and the massacre and enslavement of Slavs living in the Lebensraum, which it wanted to annex. The monstrosity of these acts, together with the independence progressively gained by colonised countries, explain why the idea of personal status was thoroughly discredited in the immediate post-War period. However, it is reappearing today in different forms, but instead of being imposed it is actually claimed in the name of individual liberties; and it is no longer by racialist biology but by genetics that men are being governed, through certain legal provisions. Today, the free choice of one’s status is driving a roaring trade, both economically and personally. In the realm of economic exchange, the freedoms associated with free trade (freedom of establishment, to supply services and to put goods and capital into circulation) have been invoked to allow investors and firms to dodge the legislation of the country in which they operate in favour of another, more profitable, one. Flags of convenience, which used to be confined to the law of the sea, have been hoisted on dry land in the form of a law shopping which treats national legislation as a product competing on an international market of norms 42. This approach has been actively promoted in Europe by the Court of Justice of the European Communities which upheld a company’s right to avoid the rules of the State in which it is operating by registering in a State with less restrictive rules 43. In order to facilitate such law shopping, the “Doing Business” programme of the World Bank regularly ranks 178 countries (renamed “economies”) according to their tax and welfare legislation – the least stringent first 44. The legal view of the world implicit in these developments is that of a market of norms in which free individuals may choose to adopt the law, which is most profitable to them. 40 See the useful summary by André Pichot in: La société pure. De Darwin à Hitler, Paris, Flammarion, 2000. 41 On Vichy legislation, see D. Gros (ed.), Le Droit antisémite de Vichy contre la tradition républicaine, journal “Le Genre humain”, Seuil, 1996, 624 p. 42 For an overview and a substantial bibliography, see H. Muir Watt Aspects économiques du droit international privé (Réflexions sur l’impact de la globalisation économique sur les fondements des conflits de lois et de juridictions), Académie de droit international de La Haye, Recueil des cours, vol. 307 (2004), Leiden-Boston, Martinus Nijhoff 2005, 383 p.; also her “Concurrence d’ordres juridiques et conflits de lois de droit privé”, in: Le droit international privé: esprit et méthode. Mélanges en l’honneur de Paul Lagarde, Paris, Dalloz, 2005, p. 615 sqq. 43 CJEC , 9 March 1999, Centros, Case C-212/97, European Court Reports 1999, I, 1459 concl. La Pergola. For a similar conclusion, see CJEC , 11 Dec. 2007, Viking, Case C-438–05 (which deduced from the freedom of establishment the right to use flags of convenience). 44 See , and particularly a map of the world represented as a space of competition between legislations (“Business planet mapping the business environment”).
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This sort of market will gradually eliminate the normative systems which are the least able to satisfy the financial expectations of investors 45. This free-market version of the personality of laws is not restricted to the economic field. The notion of personal law, which was reinvented in the nineteenth century in the context of colonialism or slavery, has found a new lease of life through the vast numbers of people in Western countries who have been imported to work there for next to nothing or have been driven from their homes through the destruction of their traditional environments. Western countries, which are faced with this situation have opted for one of two policies: assimilation or multiculturalism. Assimilation means upholding the territoriality of laws whereas multiculturalism requires the personality of laws to be reintroduced so that different legal cultures may coexist in a single country. This kind of multiculturalism, however, in contrast to older forms of coexistence between communities (such as indigenous status under colonialism or the Ottoman millet system 46), claims to act in the name of human rights and the freedom of the individual to choose his or her personal status. Demands shift here from having to being, from the realm of the socio-economic to that of identity – and it is not only groups but individuals who want to become their own law-givers. On the collective level the “right to difference” has been championed by various minorities – ethnic, sexual and religious – which invoke their position as victims in order to have a special status attributed to them and hence to limit the scope of the law which applies to all the inhabitants of the same territory 47. On the individual level, the right to privacy is invoked to erode the principle of the inalienability of civil status so that each person may determine his or her own identity 48. As always in the history of law, the reemergence of older legal structures does not imply a return to the past but contributes to the construction of new categories. The personality of laws, in its individualist form of “a law for me” and “myself as law”, is the legal expression of the po45 On the ideological origins and logical insufficiencies of this normative Darwinism, see A. Supiot “Le droit du travail bradé sur le marché des normes”, Droit Social, 2005, pp. 1087–1096. 46 On this form of exercise of imperial power, see R. Mantran “L’Empire ottoman”, in Centre d’analyse comparative des systèmes politiques, Le concept d’empire, Paris, PUF, 1980, p. 231 sqq. 47 For the United States, see M. Piore Beyond Individualism, Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1995, 215 p.; for Canada (and using the same notion of “minority” to refer to the Inuits, homosexuals and women), see A. Lajoie Quand les minorités font la loi, Paris, PUF, 2002, 217 p. 48 For this shift towards laying claim to a self-determined personal status in the name of the right to privacy, see H. Muir Watt Droit international privé, op. cit., vol. 2, no. 642, p. 43 sqq.; D. Gutman Le sentiment d’identité. Étude de droit des personnes et de la famille, Paris, LGDJ , 2000, p. 340 sqq.; J.-L. Ranchon “Indisponibilité, ordre public et autonomie de la volonté dans le droit des personnes et de la famille”, in: A.Wijffels, Le code civil entre ius commune et droit privé européen, Brussels, Bruylant, 2005, p. 269 sqq.
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tentially devastating narcissism which characterises this latest stage in Western culture 49. The emergence of a biological status is the other facet of this contemporary version of the personality of laws. The idea of grounding private property of land in biological inequalities is as old as economic liberalism itself 50. It was used to justify the colonisation of peoples who continued to view their land as an oecumene 51 and not as a commodity, long before racialist biology supplied “scientific” arguments. “We shape the life of our people and our legislation according to the verdicts of genetics”, said the Nazis 52, thus expressing a conviction which today has become a commonplace: that the only laws really binding on man are those revealed by science. The genetics of populations may have given way to biomolecular genetics over the last half century, but explanations based on the genome have simply replaced racial ones, within a discourse whose dogmatic structure has remained unaltered 53. Nowadays biotechnology enables us to ascertain the genitor of any mammal. Consequently, the complex institutional mechanisms, which used to refer every human being to a territory as much as to a filiation – and that filiation itself to a familial status rather than to a “genetic truth” – seem suddenly outdated. And indeed, the last thirty years have seen the idea of a “biological truth” of filiation gain ground, to varying degrees, in the legislation of European countries 54. In countries, like Germany, where jus sanguinis was already the cornerstone of nationality, there was little resistance to this 55. In countries attached to the jus soli, however, like France, people
49 Christopher Lasch Culture of Narcissism: American Life in an Age of Diminishing Expectations, New York, Norton, 1979. See also the notion of “self-grounded subject-king” developed by Pierre Legendre, for whom “Forcing the subject to act as the Third towards himself is no liberation; it crushes him, transforming social relations politically into a freefor-all concealed beneath a discourse of generalised seduction. What is implicit in the new management-inspired legal initiatives can be revealed for all to see, and I would summarise it as follows: good luck to you” (P. Legendre Les enfants du Texte. Étude sur la fonction parentale des États, Paris, Fayard, 1992, p. 352). 50 See J. Locke Treatise on Civil Government [1690], §. 27 and 32; A. Thiers De la propriété, Paris, Paulin Lheureux, 1848, Bk.I, ch. IV : “That man has among his personal faculties a first incontrovertible property, which is the origin of all the others”, p. 32 sqq. 51 “The oecumene is the totality and the condition of human environments in their properly human, but no less ecological and physical, dimension”, A. Berque Écoumène. Introduction à l’étude des milieux humains, op. cit., p. 14. 52 Nazi Primer, cited in: Arendt The Origins of Totalitarianism, London, Allen & Unwin, 1967, p. 350. 53 See A. Pichot Histoire de la notion de gène, Paris, Flammarion, 1999; also P. Legendre “L’attaque nazie contre le principe de filiation”, in: Filiation, Paris, Fayard, 1990, p. 205 sqq. 54 See C. Labrusse-Riou Écrits de bioéthique, Textes réunis et présentés par M. FabreMagnan, Paris, PUF, 2007, esp. p. 49 sqq. and 327 sqq. 55 See R. Frank “La signification différente attachée à la filiation par le sang en droit allemand et en droit français de la famille”, Revue internationale de droit comparé, 1993, 635.
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were less keen to let test-tubes decide on a person’s identity 56 but the pressure to do so was strong. The bill on the use of genetic testing to monitor the family reunion of immigrants, which was thrown out in 1987, has just been adopted in France, in 2007, with the approval of the Constitutional Council 57. Moreover, the highest echelons of the French State make no mystery of their belief that human behaviour is genetically determined, which would justify screenings and preventive measures 58. A similar faith inspires the economists who look for the ultimate laws governing their vision of the world in biology. It is a world peopled by hordes of contracting particles whose behaviour could be explained and monitored by analysing their genes or cerebral cortex 59. Biological identity is even set to supplant civil status in border controls, through the progressive extension of biometrics by which cosmopolitan elites entitled to circulate across the entire globe may reliably be distinguished from migrants driven out by penury, who are to be turned back or selectively passed according to manpower needs 60. Inhabiting the global world in these two extreme ways – as winners or as losers – should not be confused with the ancient figure of the nomad. No56 See articles 16–10 sqq. of the French Civil Code, which set stringent conditions on the examination of the genetic particulars of a person. 57 French Constitutional Council, Decision no. 2007–557 DC , November 15th 2007 (“Act relating to the control of immigration, integration and asylum”). 58 Their belief goes under the banner of scientific truth, as illustrated for example by Nicolas Sarkozy’s declarations when he was Minister of the Interior on the existence of genes for paedophilia and suicide (Interview with Michel Onfray Philosophie Magazine, 2007, no. 8). Likewise his programme for early detection of children genetically predisposed to delinquency. This programme set out to give legislative expression to the results of a report by the National Institute for Health and Medical Research ( INSERM ), which maintained that 50 % of “Oppositional Defiant Disorders” were genetically determined and which also recommended screening for these disorders as early as the crèche or nursery school ( INSERM , Troubles des conduites chez l’enfant et l’adolescent, Sept. 2005, 428 p. ) . 59 See G. S. Becker The Economic Approach to Human Behavior, Univ. of Chicago Press, 1976, esp. the last chapter, p. 282 sqq.: “Altruism, Egoism, and Genetic Fitness: Economics and Sociobiology”. The most recent trend is called neuroeconomics and refers to neurology rather than genetics to explain economic behaviour. See P. W. Glimcher Decisions, Uncertainty, and the Brain: The Science of Neuroeconomics, MIT Press, 2003, 375 p.; also C. Camerer, G. Loewenstein, D. Prelec “Neuroeconomics: How neuroscience can inform economics”, Journal of Economic Literature, Vol. XLIII , March 2005, pp. 9–64; and Jean-Pierre Changeux and Christian Schmidt “La refondation de l’analyse du risque à la lumière des neurosciences”, Risques, no. 71, September 2007. 60 According to an agreement signed between the United States and some thirty (mostly Western) countries, holders of biometric passports do not have to obtain a visa to enter the U.S.A. A PARAFES file of biometric data on air passengers has recently been created in France (PARAFES : “Automated fast track crossing at Schengen external borders” (Passage Automatisé Rapide Aux Frontières Extérieures Schengen), in order to “improve border police controls of air passengers and enable [Schengen area] external borders to be crossed more rapidly” (Decree no. 2007–1182 of 3 August 2007, Journal Officiel of 7 August 2007, p. 13203).
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madism is not defined by moving from place to place; the nomad is not without a territory but simply will not settle on any part of it 61. This doubtless makes him unassimilable to the categories derived from Roman law which all emanate from the idea of attributing to each his own. By contrast, insofar as biometric methods of identification extract identity from any territorial reference, they are ideal for controlling nomads (or what remains of them) as well as sedentary peoples, migrants and transnational managers. The belief in universal laws is the second factor in the dislocation of the territorial inscription of laws. Today it takes the form of the economic dogma of globalisation. Unlike classical economic liberalism, which viewed the legal system as the institutional basis for the production and distribution of wealth, this new credo views it simply as an instrument in the service of the supposedly immanent laws of the economy. This dogma was systematised in the West in the Law and Economics doctrine, which tallies with the Marxist creed of law as the “reflection” of the economic base. It could therefore serve to justify combining capitalist and Communist systems in the development of what the Chinese Constitution calls the “Communist market economy” 62. In this hybrid system, the free market has contributed the competition of all against all, free trade and maximising individual utilities, while Communism has contributed “limited democracy”, the instrumentalisation of the legal system, an obsession with quantification and the abyss separating the lot of the rulers from that of the ruled. This system is not specific to China and it has gained ground, in different guises and to varying degrees, in Eastern and Western Europe 63. It has contributed to the deterritorialisation of law in two different ways. The first and most obvious effect has been the dismantling of any sort of legal limit, which might hinder the circulation of goods and capital or the provision of services internationally. The system’s ultimate goal is a Total Market encompassing all of humankind and all the products of the planet, within which each country would abolish its trade barriers in order to exploit its “comparative advantages”. Such a programme was clearly spelled out in the Preamble to the Marrakesh Agreement establishing the World 61 See G. Deleuze and F. Guattari Mille plateaux [1980], tr. Brian Massumi, A thousand plateaus: capitalism and schizophrenia, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1987; “Traité de nomadologie”, cited by A. Gokalp “Palimpseste ottoman”, in: A. Supiot (ed.), Tisser le lien social, Paris, Éd. de la MSH , 2004, p. 93 sqq. 62 The exact phrase (which can be found in Article 15 of the Constitution of the People’s Republic of China) is (shehuizhuyi shichang jingji), which translates literally as “socialist market economy”. In order to avoid confusion with the sense which “socialist” has acquired in French politics (the idea of a mixed economy, which the Socialist Party espoused for a time), I have preferred the translation “Communist market economy”. 63 See A. Supiot “L’Europe gagnée par ‘l’économie communiste de marché’”, Revue du MAUSS permanente, 30 janvier 2008 .
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Trade Organization ( WTO ). The growth in quantifiable economic indicators – employment levels, a large and steadily growing (sic) volume of income and demand; increased production of and trade in goods and services – is presented in this text as an end in itself, to be attained by means of “the substantial reduction of tariffs and other barriers to trade and the elimination of discriminatory treatment in international trade relations”. Such a policy entails destroying the heterogeneity of national legal systems, which are summoned to rid themselves of any rules liable to hinder the free circulation of goods and capital 64. Dismantling trade barriers in this way has significant environmental effects 65 which are not addressed by the high-profile condemnation of countries which forbid the importation of goods whose mode of production does not conform to their own environmental legislation 66. The economic dogma is even applied to the planet itself, which is assimilated to a commodity and so must be open to investment or real estate speculation 67. The transformation of the earth into an asset which can be liquidated on a global market goes together with a change in terminology: the notion of space, which was previously restricted to the law of the sea, has now been extended to the “law of the earth”. The European Union, for example, no longer defines itself as a single territory or a group of discrete territories but as an “espace sans frontières intérieures” (“area without internal frontiers”) or an “espace de liberté, de sécurité et de justice” (“area of freedom, security and justice”) 68 designed to include an indeterminate and indeterminable number of new member States. This dissolution of the singularity of territories into an abstract, measurable and negotiable space encounters strong resistance in some countries 64 Article 56E of the EU Treaty prohibits “all restrictions on the movement of capital [or on payments] between Member States and between Member States and third countries”. 65 For example, the removal of customs duties on imports into the European market of American oilseeds and related animal-feed proteins in 1962 led to intensive soil-less culture in Brittany which caused massive pollution to the region’s entire hydrographic system. (See L. Lorvellec “ GATT, agriculture et environnement” in: Écrits de droit rural et agroalimentaire, Paris, Dalloz, 2002, pp. 491 sqq). 66 See the famous cases of tuna or shrimp fished with nets which destroy dolphins and sea turtles; or the condemnation of Europe’s refusal to import American hormone-treated beef. On the rulings, see R. Howse and D. Regan “The Product/Process Distinction – An Illusory Basis for Disciplining ‘Unilateralism’” in: Trade Policy, European Journal of International Law, 2000, vol. 11, no. 2, pp. 249–289. 67 According to the European Court of Justice, “Whatever the reasons for it, the purchase of immovable property in a Member State by a non-resident constitutes an investment in real estate which falls within the category of capital movements between Member States. Freedom for such movements is guaranteed by [the] Treaty” ( CJEC , 13 July 2000, Alfredo Albore, Case C-423/98, European Court Reports 2000, page I-05965). 68 Preamble and art. 2, 29, 40 and 61 of the Consolidated Treaty (Official Journal of the European Union, 29. 12. 2006). Absent from the Treaty of Rome signed in 1957, The notion of “espace” (or area) was introduced into the 1986 Single European Act.
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and has not yet taken place at a global level as completely as it has in the European Union 69. More generally, the process of globalisation cannot of course ignore the concrete diversity of landscapes, human environments, modes of life, languages, cultural treasures and intellectual riches. Unlike commodities (and what the market economy assimilates to commodities, like work, land and money), their value has no market price, which is why their preservation and renewal should in principle be governed by the lex loci. Yet the global market still considers them as resources to be taken into account when evaluating the comparative advantage of a country or a region of the globe. This is why new techniques designed to quantify and measure the relative value of these non-market goods and find a universal accounting image for them have materialised. Such techniques of scoring are applied today in fields as diverse as scientific research, comparative law (for the purposes of law shopping: see above) and “human development”. Geographical elements such as towns, nations and territories are treated like competing trademarks, from which the notion of nation branding has emerged, based on quantitative indicators of “local identity capital” 70. This presupposes that local identity can be broken down into a normalised list of features which may be evaluated (landscape, climate, public infrastructures, public safety, cuisine, etc.) and that local political and economic “players” are enlisted to vie with each other in “territorial competitiveness” 71. Here the law applicable to a territory gives way to a new type of normativity which claims to be based on the observation of fact and no longer on legal imperative. This is a last avatar of the positivist temptation to dissolve law into the immanent laws revealed by science, such that the political headaches and uncertainties of governing a territory may be swept away by the techniques of good governance. The attempt to transform any and every singular quality into a measurable quantity launches us into a speculative loop in which belief in quantitative representations gradually supplants any real contact with the realities, which these representations are supposed to refer to. Territorial performance indicators, which are typical of this Communist 69 In China, “Decision 171” of 11 July 2006 limited the access of foreigners to the property market and reserved real estate investment to legal persons under Chinese law. Poland has a scheme whereby non-Community nationals require authorisation to acquire land, and in Turkey foreigners may not purchase areas of more than 6.2 acres (2.5 hectares). 70 See L. Doria “La qualità totale del territorio: verso una fenomenologia critica”, Archivio di studi urbani e regionali, no. 80, pp. 11–56; and his “Managing the Unmanageable Resource: Multiple Utility and Quality in the EU Policy Discourses on Local Identity”, in: L. Doria, V. Fedeli, C. Tedesco, Rethinking European Spatial Policy as a Hologram, Aldershot, Asgate Publisher, 2006, p. 235 sqq. 71 See L. Doria’s analysis (in the work cited above) of the LEADER programme of the European Commission. It received 2 billion euros for 2005/2006, with a remit to “help rural actors consider the long-term potential of their local region”
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market economy, are founded on the same dogmas as Soviet planning and produce the same effects: public initiatives target quantitative objectives rather then concrete results, and the real situation of the economy and society is concealed from a governing class disconnected from the lives of those it governs. The quantified representations of the world, which today determine how private and public affairs are run imprison international organisations, States and companies in an autism of quantification which increasingly cuts them off from how people really live 72.
III. Redrawing the world: a sense of measure The market economy is not a state of nature. In order to make the market into a general principle regulating economic life, it was neccessary to behave as though work and money were commodities, which clearly is not the case 73. The market economy is based on legal fictions, but fictions which are not the stuff of novels: they cannot be sustained unless they are humanly viable. From this perspective, environmental law could be defined as the set of rules, which sustain the fiction of nature-as-commodity, just as labour law could be defined as the rules which sustain the fiction of work-as-commodity. These legal supports were established at the national level and are being eroded by the process of globalisation. When the rules of the free market are no longer subtended by anything, their grounding in the diversity of territories and people collapses, which can only lead to ecological, social or monetary catastrophe. Making competition into the only universal principle of organisation of the whole world leads to the same impasse as twentieth-century totalitarianisms, which precisely had in common the subordination of the legal form to supposed laws of competition (between races or classes). This statement, and the prediction that such a doctrine will ineluctably generate insanity and violence, is not dictated by some political or moral stance. Rather, it stems from one of the rare certainties that the “science of Law” may contribute: namely that since egoism, greed and the struggle for life are well and truly present in this world as it is, they must be contained and channelled by a common reference to the world as it should be. By contrast, making universal struggle into the founding principle of the legal system refutes the latter’s very possibility and sets humanity on the road to disaster.
72 See R. Salais “On the correct (and incorrect) use of indicators in public action”, Comparative Labor Law & Policy Journal [Vol. 27] n°2, 2006, pp. 237–256. 73 See K. Polanyi The Great Transformation: The Political and Economic Origins of Our Time, Victor Gollancz, London, 1945.
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The West shows some signs of becoming aware of these risks. The dangers entailed by the disappearance of public space are at last being recognised in the most “advanced” countries in which, increasingly, “to each his law” 74. It is also becoming more difficult to ignore the systemic risks to the planet incurred by a real economy, which is disconnected from the potential of our biosphere (ecological risk), from its monetary representation (financial risk) and from minimal standards of social justice (social risk). But this awareness of diffuse dangers has not as yet led to any genuine challenge to the economic dogma governing globalisation. One can only hope that the rising economic powers will use the resources of their own cultures to avoid embarking along the same calamitous paths. In this respect China is eminently well placed. Confucianism is of course one such resource, with its emphasis on the close links between the cosmic and the social order. But the Legalist School, introduced to French jurists by the work of Léon Vandermeersch, is another 75. In many respects, the Legalists of the Fa-kia School can be seen as precursors of Western utilitarianism. Two thousand years before the English political philosophers, the Legalists saw man as an egotistical being driven by self-interest alone. They had no notion of civil law and were also the first to develop a technocratic conception of law – with efficiency as the measure of legitimacy – and to use law purely as an instrument for exercising power. But unlike utilitarian philosophy, they had the pessimism of intelligence and considered man’s egoism and greed as a threat and not as a benefit from which the common good would spring spontaneously. They would not have dreamed of making the calculation of individual utility into the supreme universal norm. On the contrary, they viewed egoism as an energy, which the law should take into account, but in order to channel it so that it would serve the general interest. In this respect they were jurists in the fullest sense, and the lessons we can draw from them can still today assist us in civilising globalisation.
74 See the debates in Québec on “reasonable accomodation”, which gave rise to the establishment of a Consultation Commission on Accommodation Practices Related to Cultural Differences . 75 L. Vandermeersch La formation du légisme: recherche sur la constitution d’une philosophie politique caractéristique de la Chine ancienne, Paris, École française d’ExtrêmeOrient, 1987, 106 p.
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Iustitia mediatrix: Zur Methode einer soziologischen Jurisprudenz Dan Wielsch
Die poetische Vorrede zu dem mittelalterlichen juristischen Traktat „Questiones de iuris subtilitatibus“ 1 führt den Leser in den imaginären Templum Iustitiae, der von Rechtsgöttinnen bewohnt wird. Eine hierarchisch aufgebaute Allegorie zeigt Iustitia als zentrale Figur, die ihre jüngste Tochter Aequitas in den Armen hält, während über ihrem Haupt Ratio thront. Nach der in den Questiones angelegten Deutung übernimmt Iustitia die Funktion einer Mittlerin zwischen der Ratio als dem göttlichen Naturrecht und der Aequitas, die der Sphäre des von Menschen gemachten positiven Rechts angehört. 2 Mitgeteilt werden diese Gedanken in Form eines Dialogs zwischen den Figuren eines Auditor und des die Jurisprudentia verkörpernden Iuris interpres. Freilich kann nicht allein die Rechtslehre des zwölften Jahrhunderts, sondern auch die Jurisprudenz von heute Gerechtigkeit plausibel als Iustitia mediatrix konzipieren. Dazu muss sie jedoch durch die Fenster des Tempels nach außen blicken, auf die Gesellschaft, deren Bild ihr durch die Optik der Soziologie näher gebracht wird.
I. Soziologische Aufklärung des Rechts Der Weg für die Rezeption von Fremdbeschreibungen der Umwelt des Rechts im Recht selbst wird überraschend in dem Moment höchsten konstruktiven Selbstbewusstseins eröffnet, in dem „Jurisprudenz sich nicht mehr durch die Geschichte in Verlegenheit setzen [lässt]“. 3 Denn indem Jhering die Konstruktion des Rechts von historischer Verbindlichkeit suspendiert, kann er im Recht die Frage nach den Faktoren für die Entwicklung des Rechts stellen. Er selbst findet das Bildungsgesetz für die Struktur des
1 Der Text ist wohl Placentinus (und nicht Irnerius) zuzuschreiben, vgl. Hermann Kantorowicz Studies in the Glossators of the Roman Law, 1938, 181 ff. Zweifelnd aber Jakobs De similibus ad similia bei Bracton und Azo, 1996, 60 Fn. 173. 2 Vgl. Ernst H. Kantorowicz The King’s Two Bodies, 1957, 110. 3 Jhering Unsere Aufgabe, Jherings Jahrbücher 1 (1857), 1 (16).
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Rechts in dessen Funktion. 4 Jherings Trennung von Dogmatik und Geschichte führt gerade zu einer Verzeitlichung der Dogmatik und zwingt sie, sich die zeitliche und damit gesellschaftliche Bedingtheit ihrer Konstruktionen vor Augen zu führen. Sein Funktionalismus zwingt die Dogmatik zu einer doppelten Reflexivität: nicht nur Anschlussmöglichkeiten im Rechtssystem müssen beachtet werden, sondern auch die Erfüllung gesellschaftlicher Zwecke und Bedürfnisse durch das Recht. Dieses auf der Beobachtungsebene durchgeführte Manöver nimmt dem Rechtssystem nicht seine Autonomie, aber es signalisiert die Notwendigkeit fremdreferentiellen Operierens im Rechtssystem, genauer: die Verbindung von Selbstreferenz und Fremdreferenz. 5 Die Frage ist dann nur noch, auf welche Weise beide Seiten der Unterscheidung, Recht und gesellschaftliche Umwelt, hierbei zueinander ins Verhältnis gebracht werden. Welchen Gewinn aber kann das Recht ziehen, wenn es sich gerade soziologisch aufklären lässt? Ist die Diagnose Max Webers zutreffend, führt der Rationalisierungsprozess der modernen Gesellschaft zur Fragmentierung einer einheitlichen Lebenswelt in unterschiedliche partielle Wertordnungen, die im radikalen Widerspruch zueinander stehen. „Die alten vielen Götter, entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicher Mächte, entsteigen ihren Gräbern, streben nach Gewalt über unser Leben und beginnen untereinander wieder ihren ewigen Kampf.“ 6 Das konfrontiert nicht nur den Einzelnen mit einer Vielzahl von gleichzeitig erhobenen Geltungsansprüchen, auch das Recht bekommt es mit zu diesen Kollisionen einer differenzierten Gesellschaft zu tun und muss sich zu ihnen verhalten. Aufgerufen ist dabei seine Unparteilichkeit („et altera pars audiatur“). Denn jede Festlegung auf die Fremdbeschreibung durch die Reflexionstheorie eines bestimmten Systems (wie etwa im Falle der ökonomischen Analyse des Rechts die Rezeption allein von Kriterien der Ökonomie als Reflexionstheorie des Wirtschaftssystems) muss aus der Sicht anderer autonomer gesellschaftlicher Funktionsbereiche als Parteilichkeit des Rechts erscheinen. Unter Bedingungen radikaler Fragmentierung besteht „ein gesellschaftliches Interesse des Rechts an sich selbst, das sich nicht (mehr) ausschließlich von ‚Märkten‘ und ‚Politiken‘ her begreifen lässt.“ 7 Als Kandidat für unparteiliche Fremdbeschreibung des Rechts im Verhältnis zu seiner Umwelt bietet sich die nicht auf einen bestimmten gesellschaftlichen Ordnungsbereich festgelegte Soziologie an, zumindest dann, wenn sie zur Selbstaufklärung bereit ist und Vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 2001, 140 ff. Grundlegend zu Selbst- und Fremdreferenz im Rechtssystem vgl. Luhmann in: Teubner (Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1995, 19 ff. 6 Weber Wissenschaft als Beruf, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 1985, 582 (605) (Hervorhebung hinzugefügt). 7 Zu einem „Privatrecht als Gesellschafts-Recht“, das Parteilichkeiten dieser Art überwindet, vgl. Wiethölter in: Joerges/Teubner, Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 (15). 4 5
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durchdenkt, was sie tut, wenn sie beobachtet und beschreibt, wie sich Gesellschaft selbst beschreibt. 8 Mit ihrer Hilfe wird das Recht sensibel für die polyphone Artikulation gesellschaftlicher Autonomien, die es freilich nicht nur freizusetzen, sondern auch zu konstitutionalisieren gilt, indem in den (System-)Autonomien selbst (Umwelt-)Verantwortlichkeiten gestiftet werden. Mit einer bloßen Bestätigung der vorgefundenen Rechtspraxis kann sich eine entsprechend aufgeschlossene „soziologische Jurisprudenz“ daher nicht zufrieden geben. Jedenfalls nicht unter dem Anspruch, den Gunther Teubner an sie stellt. Das wird deutlich, wenn er den Kern jeder Theorie vom Recht ins Visier nimmt, den Gerechtigkeitsbegriff. In Weiterführung von Luhmanns Interpretation von Gerechtigkeit als Kontingenzformel des Rechts, mit deren Hilfe es sich zur internen Konsistenz der Entscheidungen anhält, betont Teubner die mit der Kontingenz gegebene Abhängigkeit des Rechts von seiner Umwelt und reichert den Gerechtigkeitsbegriff entsprechend an durch das Kriterium der Adäquität des Rechts gegenüber seinen diskursiven Umwelten. Es gehe um „höchstmögliche Konsistenz des Rechts bei gleichzeitiger höchstmöglicher Erfüllung von extrem divergierenden Umweltanforderungen.“ 9 Die Fähigkeit des Rechts, der Funktionsweise anderer – sozialer wie auch psychischer – Systeme gerecht zu werden, entscheidet sich an seinen Grundbegriffen. Auf ihnen ruht die Autonomie des Rechts.10 Sie bestimmen aber zugleich gesellschaftsweit verbindlich über Handlungsmöglichkeiten und tragen die Grundformen sozialer Kooperation. In ihnen treffen deswegen auch die unterschiedlichen Handlungslogiken zusammen. Wenn die Gerechtigkeit heute nicht mehr vertikal-hierarchisch zwischen göttlichem und menschlichen Recht, sondern in einem horizontal-heterarchischen Modus zwischen der Eigennormativität des Rechts und der Eigennormativität seiner Umwelten zu vermitteln hat,11 dann muss eine soziologische Jurisprudenz bei ihrem Versuch der modernen Formulierung einer Iustitia mediatrix bei den Grundbegriffen des Privatrechts ansetzen.
8 Früh gefordert bei Luhmann in: ders., Soziologische Aufklärung 1 (1970), 66 (86) und später ders. Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1115. 9 Vgl. Teubner in: Alexy (Hrsg.), Integratives Verstehen, 2005, 199 (201 f.) (Hervorhebung im Original). 10 Noch einmal Jhering aaO.: „Eine Jurisprudenz, die seit Jahrtausenden arbeitet, hat die Grundformen oder Grundtypen der Rechtswelt entdeckt, und in ihnen hält sich auch alle fernere Bewegung, so sehr sie im Uebrigen von der bisherigen divergiren möge“. 11 Vgl. Teubner Zeitschrift für Rechtssoziologie (2008), 9 (20).
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II. Vertrag 1. Vertrag als soziale Struktur Die Verbindung der Konsistenzanforderungen innerhalb des Rechtsdiskurses mit gesellschaftlichen Umweltanforderungen verlangt im Schuldrecht nach einem veränderten Verständnis des Vertrags. Im Unterschied insbesondere zum Konsensmodell der Rechtsgeschäftslehre, das subjektphilosophisch fundiert ist und mit der Willensreferenz als Grundkategorie arbeitet, ist der Vertrag als eine soziale Handlungsstruktur zu begreifen. Die Normativität des vertraglichen Gefüges von Rechten und Pflichten wird damit nicht soziologisch übersprungen, sondern gerade in ihrer gesellschaftlichen Wirksamkeit ernst genommen. Die Rechtsfigur des Vertrags wird zugleich als soziale Institution verstanden. Angeknüpft werden kann dafür zunächst an die Vorstellung Parsons, dass die Parteien eines Vertrages jeweils in Rollen handeln, die für Subsysteme jener sozialen Systeme stehen, an denen die Parteien „partizipieren“.12 Durch den Vertragsschluss aber werden die respektiven Handlungsorientierungen integriert in ein neues, gegenüber den Parteirollen eigenständiges Handlungssystem.13 Nach der Umstellung der Systemtheorie von einer Handlungs- auf eine Kommunikationstheorie ist diese Vorstellung präzisiert und das Sozialverhältnis, das durch einen Vertragsschluss entsteht, als Interaktionssystem beschrieben worden.14 Ohne dass diesem Interaktionssystem sogar die Qualität eines Handlungsakteurs beigelegt werden bräuchte,15 liegt der entscheidende Unterschied im Vergleich mit dem Vertragsmodell der klassischen Rechtsgeschäftslehre darin, dass die Parteien des Vertrages in dessen Umwelt verlegt werden und das vertragliche Rechtsprogramm gegenüber den einzelnen Willenserklärungen emergent ist.16 12 Zur Vorstellung der Interpenetration von sozialen Systemen und partizipierenden Teilsystemen vgl. Luhmann Soziale Systeme, 289 ff. 13 Dessen funktionale Imperative lassen sich ihrerseits nach dem AGI L-Schema bestimmen. Parsons/ Smelser Economy and Society, 1956, 107 ff. sprechen von einer Integration von Ego und Alter „into a partially independent social system“. Vgl. auch ebd. 109: „in the interest of stability, ego and alter must constitute parts of a single social system“. 14 Vgl. Teubner Recht als autopoietisches System, 1989, 142 und schon ders. in: Alternativkommentar- BGB , § 242 Rn. 20. Ebenso Müller Verwaltungsverträge, 1997, 159 ff.; Amstutz KritV 89 (2006), 105 (124). 15 So aber Müller Verwaltungsverträge, 161. 16 Bei Parsons/Smelser aaO., 109 f. wird diese Emergenz vor allem durch die Funktionen der „integration“ und der „latent pattern maintenance“ ermöglicht, da die „goal interests“ und die „adaptive situations“ für jede Partei unterschiedlich sind. Ein gemeinsames Wertschema dient der Integration des vertraglichen Handlungssystems bei Interessenkonflikten der Parteien: „Such conflicts are given meaning in terms of a superordinate system of solidarity which includes both contracting parties.“
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Diese Emergenz des Vertrages zu erfassen, fällt einem am subjektphilosophischen Paradigma orientierten Rechtsdenken alles andere als leicht. Die Schwierigkeit besteht darin, vertraglichen Konsens als sozialen Sachverhalt – als Entstehen eines eigenständigen Diskurszusammenhangs, einer „contracting world“ – zu denken. Savigny spricht vom Vertrag als „Vereinigung mehrerer Willen zu einem einzigen, ganzen ungetheilten Willen“ 17 und benutzt so für die Beschreibung der emergenten Ebene wiederum die Kategorie des Willens selbst, was als „mystische Anschauung“ kritisiert wurde.18 Nach Kant soll sich der Übertragungsakt durch Vertrag „nur durch den vereinigten Willen beider“ vollziehen können, wobei „alsdann einer seinem Anteile an dieser Gemeinschaft entsagt“.19 Wie wird nun jene Emergenz im Recht abgebildet? Wie wird der “ganze, ungetheilte Wille“ im Unterschied zum autonomen Willen des Einzelnen im Recht behandelt? Offenbar sucht das Recht die entstandene Sozialstruktur zu schützen gegen jede einseitige Beeinträchtigung, indem sie den Parteien entsprechende Pflichten zur Stabilisierung der sozialen Relation auferlegt.20 Bereits mit der Berücksichtigung der Erwartungen der Gegenseite distanziert sich das Recht vom individuellen Willen und bezieht die Pflichtenbindung auf die Sozialbeziehung als solche. Das Vertrauen einer Vertragspartei formuliert eine Anforderung der Umwelt an die vertragsinduzierte Sozialbeziehung. Selbst unter dem Einfluss der Willenstheorie hat sich das Recht nicht darauf eingelassen, die Entstehung vertraglicher Pflichten allein aus dem Parteiwillen zu begründen.21 Zugleich mit der Inthronisierung als Leitidee des Vertragsrechts („Willensreferenz“) bekommt der Wille mit dem Erwartungsschutz vielmehr auch ein Gegenkonzept an die Seite gestellt.22 Zusätzlich überformt eine ausgearbeitete Vertragstypologie den konsentierten Vertragsinhalt. Woraus diese „nichtkonsensuellen Elemente des Vertrages“ hergeleitet werden – ob sie gesetzlichen Ursprungs sind oder wie nach der Rechtsfigur der naturalia negotii im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum willentlich Vereinbarten hinzutreten23 – Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 3, 1840, 309. So v. Tuhr Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, Band II /1, 1914, 225. 19 Vgl. Kant Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, § 18. Siehe auch § 20: „Die Translation ist also ein Akt, in welchem der Gegenstand einen Augenblick beiden zusammen angehört, so wie in der parabolischen Bahn eines geworfenen Steins dieser im Gipfel derselben einen Augenblick als im Steigen und Fallen zugleich begriffen betrachtet werden kann, und so allererst von der steigenden Bewegung zum Fallen übergeht.“ 20 Historisch beschreibt Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 459 ff. die „Juridifizierung des Vertrags“ als allmähliche Verrechtlichung von Reziprozitätsverhältnissen. Instruktiv auch Keller in: FS Kritzer, 2008, 247 (262 ff.), der die Bedeutung des „favor contractus“ als Prinzip der CISG betont und es als Stabilisierung der vertraglichen Kommunikation liest, und zwar gerade im Hinblick auf den verfolgten Vertragszweck. Zum Vertragszweck näher unten. 21 Vgl. aber Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 3, 1840, 258. 22 Vgl. von der Crone/Wegmann ZSR 2007, 111 (119 f.). 23 Vgl. etwa die Diskussion über die Konstruktion von Schutzpflichten: als vertragliche Pflichten (Larenz) oder als gesetzliche Pflichten (Canaris). Dezidiert an die Lehre der natura 17 18
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erscheint zunächst sekundär: nicht die Existenz solcher den einzelnen Willen überformenden Pflichten steht in Frage, sondern allein ihr Inhalt. Alles kommt dann darauf an, wie differenziert das Recht die Umweltanforderungen an den Vertrag erfassen kann. Wenn eine soziologische Jurisprudenz den Vertragsschluss als sozialen Sachverhalt rekonstruiert, so macht sie für das Recht sichtbar, was die extrem formale Definition des Vertrages als Übereinstimmung von Willenserklärungen für einen sozialen Effekt hat. Die Ausbildung einer solchen Betrachtungsweise ist eine notwendige Komplementäreinrichtung im Recht, wenn dieses den freien Willen zur Begründung rechtlich bindender Verpflichtungen genügen lässt. Denn Verträge stabilisieren temporär eine spezifische Differenz, kombiniert mit einer Indifferenz gegen alles andere (einschließlich der Effekte auf nicht partizipierende Personen und Unternehmen).24 Mit der Institutionalisierung der Vertragsfreiheit gibt das Recht diese Indifferenzbildung frei, ermöglicht die Mobilisierung von individueller Beobachtungskapazität für beliebige Arten von Transaktionsoder Kooperations-Projekten unter ungewissen Bedingungen und Risiken (für die Parteien selbst und für Dritte). Diese Freistellung von Engführungen der sozialen Interaktion begleitet das Recht aber über die Generalklauseln, durch die es sich den Zugriff auf die Sozialbeziehung vorbehält. Hier kann eine soziologische Jurisprudenz die Rechtsanwendung präzisieren: Denn ist der Vertrag erst einmal als sozialer Sachverhalt rekonstruiert, können verschiedene Umweltanforderungen an den Vertrag unterschieden werden: Durch die Einrichtung der Privatautonomie gewährt das Rechtssystem nicht nur dem Einzelnen die für die Verfolgung selbstgesetzter Zwecke erforderliche Erwartungssicherheit im Hinblick auf eingeplante Handlungsanschlüsse, sondern erbringt zugleich eine wichtige Leistung für soziale Funktionssysteme: es mobilisiert individuelles Bewusstsein als Instanz für die freie Rekombination von Beobachtung und Wissen aus unterschiedlichen semantischen Kontexten mit der indirekten Folge von möglichen Variationen des involvierten systemischen Wissens und entsprechencontractus anknüpfend Oechsler Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, 199 ff. (Einstandspflichten, deren Zweck darin liege, die Erfüllung der Hauptleistungspflichten zu ermöglichen und sicherzustellen, und auf die sich die Parteien in der Konsequenz ihrer Leistungsversprechen „mit festgelegt“ hätten). Das setzt eine Erweiterung des Grundes vertraglicher Bindungswirkung voraus: neben den Parteiwillen tritt das Vertrauen der jeweils anderen Seite. Die Willenserklärung besitze im Vertrag eine „Doppelfunktion“: sie verkörpere nicht nur den Verpflichtungswillen, sondern darüber hinaus komme ihr „auf einer zweiten Ebene (sic!) die Funktion (sic!) eines Vertauenstatbestandes zu, der auf die Vorstellungswelt des jeweiligen Gläubigers einwirkt und deshalb zur Grundlage des Schutzes vertraglicher Erwartungshaltungen wird“ (254). Die Willenserklärung wird (im Anschluss an Larenz Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, 1930, 45) als Geltungserklärung verstanden, deren Legitimation auf dem Willen und der nach außen gerichteten Geltungswirkung besteht. 24 Vgl. Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 459.
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den gesellschaftlichen Differenzierungsgewinnen. 25 Das wiederum ist nur möglich, wenn die Durchführung des konkreten Vertrages nicht diejenigen sozialen Institutionen beeinträchtigt, mit denen sich diese Systeme als solche für Bewusstsein beobachtbar machen. Durch solche „Institutionen der Wissensteilung“ erst vermag der Einzelne transsubjektiv generiertes Wissen dezentral zu nutzen. 26 2. Generalklauseln Auf die unterschiedlichen sozialen Dimensionen der vertraglichen Sozialbeziehung, die jeweils besondere Anforderungen an das Verhalten der Vertragsparteien stellen, sollte auch die Interpretation der Generalklauseln eingestellt werden: Die nicht-konsensuellen Elemente des § 242 BGB sind danach nichts anderes als die innervertragliche Umsetzung solcher Umweltanforderungen. 27 Das Recht formuliert sie als ergänzende Verhaltenspflichten oder als Begrenzung subjektiver Rechte, um widersprüchliche gesellschaftliche Anforderungen an die konkrete Vertragsbeziehung zu kompatibilisieren. Wie der Vertrag selbst wird dann auch § 242 BGB „aufgespreizt“ in jene drei Dimensionen von sozialen Umweltanforderungen (Interaktion, Institution, Gesellschaft). Die innerrechtlich-dogmatische Rechtfertigbarkeit einer solchen Lesart ergibt sich aus der vom Konditionalprogramm abweichenden Normstruktur der Generalklauseln, die mit ihren Verweisen auf gesellschaftliche Wirklichkeit („Treu und Glauben“, „Verkehrssitte“, „gute Sitten“) offenbar ein „höherstufiges Programm“ der Zuordnung von gesellschaftlichen Konflikten und rechtlicher Entscheidung verfolgen. Dies ist als Aufforderung zu begreifen, die vertraglich konstituierte Sozialbeziehung in allen ihren Dimensionen bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Der herkömmlichen Auslegung von § 242 BGB kann das jedoch kaum gelingen, 25 Mit Fuchs Eigen-Sinn, 2003, 53 f. gilt es zu unterscheiden zwischen dem psychischen System, das einen analogen Strom von Wahrnehmungen prozessiert, und dem Bewusstsein, das als Zusammenhang dezidierter, nämlich bezeichnender Beobachtungsoperationen im Kontext jener nicht-dezidierten Operationen des psychischen Systems begriffen wird. Aufgrund seiner Sprachförmigkeit ist genau genommen das Bewusstsein (und nicht das psychische System) die relevante Umwelt von Kommunikationssystemen, mit denen es über Sprache strukturell gekoppelt ist. 26 Näher zum Begriff der Wissensteilung und deren Institutionen vgl. Wielsch Zugangsregeln, 2008, 31 ff. und 82 ff. Sobald etwa eine Mehrzahl von Wirtschaftsteilnehmern versucht, ihre gesonderten Pläne durchzuführen, haben die einzelnen Entscheidungen der Mittelverwendung Einfluss aufeinander und es entsteht für jeden die Notwendigkeit, sich ständig Änderungen der Umstände anzupassen. Unter diesen Umständen vermag der Einzelne eine wirtschaftlich rationale Entscheidung über den Einsatz seiner Ressourcen nur mit Hilfe des Marktes zu treffen, der in abgekürzt-kodierter Form über den gesamten Komplex von Mittel-Zweck-Verhältnissen in der Gesellschaft infomiert. Vgl. auch unten III . 27 Teubner in: Alternativkommentar- BGB , § 242 Rn. 21 f.
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weil sie die Unbestimmtheit der Norm durch Fallgruppenbildung zu reduzieren und umgehend auf Konditionalprogramme zurückzuführen sucht. Damit läuft sie Gefahr, die sozialen Konfliktlagen falsch zu verorten und insbesondere die für die Stabilisierung der konkreten Interaktionsmoral entwickelten Rechtskonstruktionen zur Regulierung solcher Konflikte zu benutzen, die eigentlich in einer der beiden anderen Dimensionen anzusiedeln sind. 28 Das berührt zugleich die Funktionserfüllung des Rechts für die Gesellschaft (die gesellschaftliche Rechtfertigbarkeit der Dogmatik): Das Recht erkennt dann nicht, dass das vertraglich Vereinbarte die Funktionsweise jener sozialen Institutionen beeinträchtigen würde, die dafür sorgen, dass die „Freigabe“ des Vertrags durch Abschluss- und Inhaltsfreiheit gesellschaftlich Bestand haben kann. 29 Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass eine soziologische Jurisprudenz dem Recht aufgibt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, welches „soziale Substrat“ von dem Rechtskonflikt – genauer: von dem Sozialkonflikt, den das Recht durch Verteilung von „Zulässigkeiten“ als Rechtskonflikt vor sein Forum lässt 30 – betroffen ist. Bereits die Grundfigur des Vertrages verweist auf einen mehrdimensionalen sozialen Tatbestand, an den sich unterschiedliche Anforderungen der Umwelt knüpfen. 31 Der durch den Vertrag konstituierte Sinnzusammenhang von Handlungen muss sich nicht nur vor dem Konsens der Parteien bewähren. Vielmehr darf die Orientierung von Handlungen am Vertragsprogramm (die Engführung der Umweltbeobachtung anhand einer spezifischen Differenz) auch die Integrität jener Institutionen und sozialen Systeme nicht beeinträchtigen, in denen die Bedingungen für autonomes Handeln gebildet werden. Diese Berücksichtigung des sozialen Effekts vertraglich geschaffener subjektiver Rechte bringt eine Distanzierung von der Willenskategorie mit sich. 32 Die 28 Vgl. Teubner in: Alternativkommentar- BGB , § 242 Rn. 25. Unterschieden werden sollte vielmehr zwischen „individuellem“, „institutionellen“ und „gesellschaftlichem“ Rechtsmissbrauch (vgl. aaO., Rn. 89). 29 Dass die gesellschaftlichen Funktionsvoraussetzungen des bürgerlichen Rechts nicht in diesem selbst liegen ist insbesondere für das Verhältnis von Privatautonomie und freiem Wettbewerb erkannt worden, vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 2001, 101 f. 30 Zur gesellschaftlichen Relevanz von „Klagebefugnis“ – „Zulässigkeiten“ vgl. Wiethölter in: Joerges/Teubner, Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 (15). 31 Die Rede vom „Substrat“ ist zugegeben ein holpriger Ausdruck, weil eine Verschiedenheit bzw Ungleichzeitigkeit von Entitäten impliziert wird, die nicht gegeben ist: Der rechtliche Vertrag formt die soziale Interaktion. Ein und dieselbe Kommunikation steht zur gleichen Zeit in mehreren Sinnreferenzen. In der gleichen Weise können Grundrechte als soziale Institution (Luhmann) gelesen werden. Ein Gespür für diese Gleichzeitigkeit haben Theorien des Vertrages entwickelt, die dessen soziale Performanz beschreiben (etwa bei Reinach und Larenz) und deren Verlängerung heute in eine Sprechakttheorie des Vertrages münden müsste. 32 Dies zeigt sich übrigens schon daran, dass auf die Willenserklärung abgestellt wird. Gegenstand der Auslegung ist nicht der Wille selbst, sondern ein Erklärungszeichen, das
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individuellen Erwartungen der Vertragsparteien repräsentieren nur eine Dimension von Umweltreferenz an den vertraglichen Handlungszusammenhang, die mit dessen anderen sozialen Dimensionen koordiniert werden müssen. Der Bedarf für eine solche Koordination ist dem Recht vorgegeben. Er wächst mit einer zunehmenden Aufspaltung von Markt- und Organisationsprozessen im Rahmen einer Vertiefung der gesellschaftlichen Differenzierung. 3. Vertragszweck und Netzzweck Erkennt eine soziologische Jurisprudenz danach den Zusammenhang von Rechtsnormen und sozialen Handlungsstrukturen und richtet entsprechend die rechtliche Analyse auf das vertraglich konstituierte Interaktionssystem aus, rückt die innerrechtliche Umsetzung von Umweltanforderungen an diese Interaktion in den Mittelpunkt. Neben den gesetzlich vorgegebenen Generalklauseln gelingt dies mit Hilfe der von Lehre und Praxis entwickelten dogmatischen Schlüsselbegriffe, die in unmittelbarer Auseinandersetzung mit der Vertragspraxis flexibel gebildet werden können. Besondere Bedeutung kommt dem Begriff des „Vertragszwecks“ zu, der es erlaubt, den Einzelvertrag mit übergreifenden Zusammenhängen zu koordinieren. Er ist Ausdruck einer Orientierung des Rechts an der Relation zwischen den Parteien, an der Interaktion selbst, die zum Anknüpfungspunkt für gesellschaftliche Erwartungen gemacht wird. Eine Vereinnahmung des Vertragszwecks für transindividuelle Belange lässt sich etwa ablesen am Regelungskonzept des neuen Schuldrechts, welches die Mangelfreiheit des Kaufgegenstandes in den Rang einer Leistungspflicht erhebt (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB ). Durch den gleichzeitig angeordneten Vorrang der Nacherfüllung (vgl. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB ) setzt sich so der ursprüngliche Erfüllungsanspruch in der Gewährleistungsphase fort. Der Geltungsgrund der Rechtsfolgen im Leistungsstörungsfall wird nun nicht mehr auf einen hypothetischen Parteiwillen zurückgeführt (wie in der nach neuer Rechtslage überholten „Gewährleistungstheorie“), sondern als Schutz des Vertrauens des Käufers in das Leistungsversprechen des Verkäufers interpretiert. 33 Weitergehend wird man den eigentlichen Grund für Perpetuierung des Vertragszwecks in der Reduzierung der Gewährleistungskosten und damit in Effizienzüberlegungen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu sehen haben. 34 (unter anderem) den interpretierenden Rückschluss auf einen Willen erlaubt. So schon Larenz Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, 1930, 11. 33 So bei Oechsler Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., 2007, Rn. 14 und schon ders. Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, 232 f. Ausführlich zur Interessenlage bei Verkäufer und Käufer vgl. Heinrich ZGS 2003, 253 (254 f.). 34 Richtig etwa Grundmann AcP 202 (2002), 40 (50).
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Noch deutlicher wird die Inpflichtnahme des Vertragszwecks zur vertragsinternen Koordination von Umweltanforderungen bei komplexen Leistungsbeziehungen. Denn je weiter sich das Rechtsgeschäft von einer „spot transaction“ und dem entsprechenden bipolaren Vertragsmuster entfernt, desto eher bedarf es einer objektiv-zweckorientierten Interpretation. 35 Das zeigt sich etwa an den wirtschaftlich bedeutsamen Formen netzwerkförmiger Kooperationen, die auf der Produktionsebene (z. B. bei Just-in-time Zulieferverbindungen), der Absatzebene (z. B. beim Franchising) und auch im Kreditwesen (z. B. beim bargeldlosen Zahlungsverkehr) zu finden sind. 36 In solchen Netzwerken werden die individuellen Zwecke der Teilnehmer von einem einheitlichen „Netzzweck“ überlagert, weil die einzelnen Leistungsbeiträge so miteinander verknüpft erscheinen, dass sie nur im Verbund den von allen Beteiligten gewünschten Erfolg (Größenvorteile, Synergien etc.) gewährleisten. Unabhängig davon, nach welchem Muster die Kooperation vertraglich aufgebaut ist (ob stern-, fächeroder kettenförmig), stellt sich die Frage, ob das Bestehen des Vertragsnetzes rechtliche Auswirkungen auf den bilateralen Einzelvertrag hat: zum einen, ob es Direktwirkungen außerhalb bestehender Vertragsverhältnisse gibt, die über deliktische Ansprüche hinausgehen (z. B. Haftungsdurchgriff, Schutzpflichten, Weisungsrechte), und zum anderen, ob durch die Einbindung der Inhalt des Einzelvertrages modifiziert wird (z. B. im Hinblick auf ein Pflicht zum profit sharing oder der Risikoteilung). 37 Der Versuch, das Bestehen eines Netzwerks dogmatisch als multilaterales Rechtsgeschäft abzubilden, das zwischen allen Netzteilnehmern untereinander zwar keine primären Leistungspflichten, wohl aber vertragliche Sorgfaltspflichten entstehen lasse („Netzvertragsmodell“), 38 verschiebt die Problematik ganz in die Vertragsauslegung, weil die übergreifenden Wirkungen gerade in Störungsfällen weitgehend nicht explizit in den bipolaren Einzelverträgen geregelt sind. Die ergänzende Vertragsauslegung muss dann zwangsläufig stark objektiviert werden, um den Beteiligten den Willen zu stipulieren, sie hätten das für ihr Zweckstreben effizienteste Arrangement gewählt. Letztlich gelingt das nur, indem der wirtschaftliche Geschäftszweck und nicht die Identität der Parteien zum Identitätsmerkmal des Schuldverhältnisses erklärt wird. 39 Nicht dieses Anknüpfen an einen verVgl. Rohe Netzverträge, 1998, 156 f. Vgl. Grundmann AcP 207 (2007), 718 (721 f.), der das Vertragsnetz als „Rückgrat marktwirtschaftlicher Wertschöpfung“ bezeichnet. 37 Übersicht bei Grundmann AcP 207 (2007), 718 (724 f.). 38 Etwa Rohe Netzverträge, 1998, 195 und 492. 39 So in der Tat Gernhuber Das Schuldverhältnis, 1989, § 2 II 3 und 6. Nach Rohe Netzverträge, 152 bildet der von den Beteiligten verfolgte einheitliche Vertragszweck „die causa für die Summe der Einzelverträge, welche zu der angestrebten Transaktion notwendig sind“. 35 36
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selbständigten Vertragszweck erscheint indessen problematisch, wohl aber die zwanghafte Rückbindung der Effizienzüberlegungen an die Entscheidungsstruktur des individuellen Bewusstseins, die in unnötig deformierenden Annahmen des Rechts über das Bewusstsein („bounded rationality“) mündet. 40 Letztlich muss dann der Wille als leere Hülle zurückbleiben. 41 Tatsächlich handelt es sich insofern um einen Kategorienfehler: das für die Beschreibung der institutionellen und sozialsystemischen Dimension (Markt bzw. Wirtschaft) gut brauchbare Kriterium der Effizienz wird auf die Ebene des Bewusstseins übertragen. 42 Stattdessen sucht eine soziologische Jurisprudenz die eigentümliche soziale Handlungslogik von Netzwerken freizulegen und die rechtliche Begriffsbildung hierauf einzustellen. Danach lassen sich Netzwerke als frei gebildete soziale Handlungssysteme eigener Art begreifen, die den Netzteilnehmern infolge der Simultanpräsenz von Individual- und Gemeinschaftszwecken eine paradoxe Doppelorientierung der Handlungen abverlangt: Ein und dieselbe Handlung ist gleichzeitig der Individualorientierung der Netzknoten (und damit den normativen Anforderungen der bilateralen Sozialbeziehung) und der Kollektivorientierung des Netzes (und damit dessen normativen Anforderungen) ausgesetzt. 43 Diese eigentümliche Doppelorientierung von Handlungen macht die soziale Dynamik von Netzwerken aus und ist gleichermaßen für deren Produktivität wie auch deren negative externe Effekte auf Dritte verantwortlich. Angesichts dessen besteht die Aufgabe des Rechts für die Gesellschaft darin, neue soziale Phänomene (deren Eigenrationalität) zu stabilisieren, indem etwaige Risiken internalisiert werden, ohne dabei jedoch die produktiven Chancen, die positiven Kooperationssynergien, zu zerstören. Damit ist der wesentliche Unterschied benannt, den eine soziologische Jurisprudenz bei der Behandlung von Verträgen in Netzwerkszusammenhängen in die schuldrechtliche Dogmatik trägt: anstatt nur auf die bilaterale Beziehung der einzelnen Vertragsparteien zu fokussieren geht es ihr primär um die rechtliche Verfassung des Netzwerks als eigenständiger sozialer Struktur mit dem Ziel der Freisetzung und zugleich Abschöpfung des gesellschaftlichen Mehrwerts dieser speziellen sozialen Kooperationsform. 40 Nach Rohe Netzverträge, 158 stehe und falle das Modell des Netzvertrages mit der Annahme zumindest beschränkt rationalen Handelns der Beteiligten. 41 Das wird deutlich, wenn Rohe Netzverträge, 157 konstatiert: „Der Wille zur einheitlichen Zweckverwirklichung ist hinreichend, aber auch notwendig für die Annahme, dass auch die Rechtsfolgen gewollt sind, welche der Zweckverwirklichung dienen.“ 42 Zur Inkongruenz zwischen gesellschaftsinternen Personenkonstrukten und gesellschaftsexternen Menschen und den daraus resultierenden Gefahren einer „kommunikativen Verletzung“ von Leib und Seele vgl. Teubner Der Staat 45 (2006), 174 f. und 186. 43 Vgl. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, 120 f.
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An diesem Ziel müssen sich die Vorschläge zur dogmatischen Abbildung von Netzwerken messen lassen. Der erwähnte Versuch einer Rechtsverfassung des Netzwerks als Vertrag erscheint unter dieser Perspektive ungeeignet, weil er die Umweltanforderungen allein auf den Vertrag bezieht („Vertragszweck“) und außer acht lässt, dass das Netzwerk selbst das institutionelle Arrangement darstellt, durch welches inkompatible Umweltanforderungen „in ein tragbares Gegeneinander von verschiedenen Ebenen und Subsystemen, von Netzwerkknoten, Zentrale und Gesamtvernetzung“ 44 übersetzt werden. Angemessen erfasst wird jene Zweitorientierung durch das Netzwerk dagegen mit Konstruktionen, die den „Netzzweck“ als einheitliche Zweckformel für die Doppelorientierung der Erwartungen der Netzteilnehmer an Vertrag und Netz benutzen. Dem versucht der Vorschlag zu genügen, das nicht-vertragliche Ordnungsgefüge des Netzwerks als multilaterale Sonderverbindung zu erfassen, die mit Hilfe des „Vertragsverbundes“ als dogmatischem Schlüsselbegriff formuliert wird: Orientiert am Modell des Synallagmas im gegenseitigen Vertrag, bei dem zusätzlich zu den jeweiligen Leistungsverpflichtungen auch deren wechselseitige Verknüpfung als Vertragsinhalt vereinbart wird, soll auf Tatbestandsseite eine Doppelkonstitution von Vertrag und Verbund als Vertragsverbund vorliegen, sofern Inhalt des einzelnen Vertrages nicht nur die Vereinbarung eines Leistungsprogramms, sondern auch dessen Verknüpfung mit anderen Verträgen des Netzes ist. 45 Alternativ kann der Verbundzweck aber auch als außervertragliche Voraussetzung des Vertrages über die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dogmatisch berücksichtigt werden. 46 Diese Sichtweise macht sich zu eigen, dass die Netzteilnehmer zwar nicht die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks im Sinne von § 705 BGB vereinbart haben, der Netzzweck jedoch zu den gemeinsamen Vorstellungen beim Vertragsschluss gezählt werden kann. Nachteilig erscheint jedoch, dass diese Figur nur in Ausnahmefällen eingreift und entsprechend die Formulierung positiver Kooperationspflichten im Netz erschwert. Unabhängig von der genauen Konstruktion ist nämlich in jedem Falle entscheidend, dass den Parteien eines vernetzten Vertrages jene Pflichten auferlegt werden, welche die Besonderheiten der netzwerkförmigen Kooperation stabilisieren und diese so der Gesellschaft als „fette Beute“ erVgl. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 85 und 157. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 123 ff., der ein solches Verweisen des Vertrages tatbestandlich an drei Merkmalen festmachen will: (1) wechselseitige Verweisung der bilateralen Verträge aufeinander, (2) inhaltlicher Bezug auf das gemeinsame Projekt und (3) enge (v. a. wirtschaftliche) Kooperationsbeziehung zwischen den Beteiligten. Rechtsfolgenseitig soll eine (je nach Lage des Falls kumulative, alternative oder komplementäre) Doppelzurechnung von Netzwerkaktivitäten auf die Vertragsparteien und auf den Verbund erfolgen. 46 So der Ansatz bei Grundmann AcP 207 (2007), 718 (742 ff.). 44 45
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halten. 47 Ähnlich wie konkurrierende Akteure auf Märkten spezifischen Verhaltenspflichten unterworfen werden, damit der Wettbewerb als Prozess intakt bleibt und seine Ergebnisse gesellschaftlich abgeschöpft werden können.
III. Eigentum Auch sofern es bei dem Rechtskonflikt nicht um vertraglich begründete Rechtspositionen, sondern um die Ausübung von Befugnissen aus dem Eigentum geht, ist eine mehrdimensionale Analyse der rechtlichen Grundfigur erforderlich. Das zeigt sich vor allem im Bereich des geistigen Eigentums. Unter dem Eindruck der Willensreferenz hatte das 19. Jahrhundert die Klagetypen des römischen Rechts in subjektive Rechte übersetzt, die als Herrschaftsrechte gedacht wurden: in die „erweiterte Herrschaft unseres Willens über ein Stück der äußeren Welt“, und entsprechend das Eigentum als Willensmacht „über ein begränztes Stück der unfreyen Natur“ bestimmt. 48 In der Folge kommt es bei der Schaffung von individuellen Rechten an geistigen Erzeugnissen zu einer doppelten Engführung: Zum einen wird das Sacheigentum insofern zum Paradigma, als die Zuordnung des Immaterialguts zum Rechtsinhaber nach dem Modell eines möglichst umfassenden Herrschaftsrechts konzipiert wird. 49 Zum anderen konzentriert sich das Recht auf die „persönliche Beziehung“ Rechtsinhabers zum Schutzobjekt. Diese personalistische Sichtweise durchzieht auch und gerade das Immaterialgüterrecht, insbesondere das Urheberrecht. Die ideell-persönlichkeitsbezogenen Interessen des Urhebers werden als so bedeutend eingeschätzt (Gierke), dass es des – auch rhetorischen 50 – Kraftaktes der Lehre vom Immaterialgüterrecht (Kohler) bedurfte, um die wirtschaftlichen Verwertungsinteressen des Urhebers rechtlich zu emanzipieren. Während diese Verselbständigung gemäß der dualistischen Konzeption des Urheberrechts in ein Nebeneinander zweier verschiedener Rechte mündet, wird sie im mo47 In Anlehnung an Hutter/Teubner in: Fuchs/Göbel (Hrsg.) Der Mensch – das Medium der Gesellschaft, 1994, 110 ff. (dort freilich speziell zur produktiven Ausbeutung psychischer Systeme durch Funktionssysteme). 48 Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 1840, 338 f. und die Obligation entsprechend als Willensherrschaft „über eine einzelne Handlung der fremden Person“. Zur historischen Differenzierung der subjektiven Rechte nach dem Inhalt des Rechts und ihrer Orientierung an der Unterscheidung von actio in rem und actio in personam vgl. Michaels in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB , vor § 241 Rn. 38. 49 Wenngleich sich das Immaterialgüterrecht unter dem Einfluss Kohlers von den konkreten Vorschriften des Sachenrechts zu emanzipieren wusste. Vgl. die Nachweise bei Troller Immaterialgüterrecht, Band I, 3. Aufl., 1983, 101. 50 Zur Rolle der Rhetorik bei der Evolution des Rechts vgl. Steinhauer Gerechtigkeit als Zufall, 2007.
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nistischen Ansatz in einem einheitlichen Recht mit doppelter Schutzfunktion verklammert. Die hierfür gebildete Metapher, die das Urheberrecht als Stamm eines Baumes sieht, dessen Wurzeln die ideellen und materiellen Interessen bilden würden, 51 ist mit ihrer Fixierung auf die Interessen des Werkschöpfers freilich eher ungeeignet, die eigentlichen Spannungsverhältnisse zu erkennen, in die Schutzrechte heute gestellt sind. 52 Dazu ist der Differenzierungsimpuls in der Analyse des geistigen Eigentums, der mit der Unterscheidung von persönlichkeitsbezogenem und verwertungsbezogenem Schutz gesetzt wird, konsequent weiterzudenken: neben der persönlichkeitsbezogenen stehen die institutionelle und auch die gesellschaftliche Dimension eines Schutzrechts. Das erschließt sich jedoch erst, wenn man Immaterialgüter von jeder Sachkonnotation befreit und als Kommunikationsstrukturen rekonstruiert. 53 Dann öffnet sich der Blick dafür, dass Immaterialgüter immer schon Kommunikationen in der Referenz von sinnbasierten sozialen Systemen sind, seien es Kunstwerke, wissenschaftliche Ausarbeitungen oder technische Handlungsanweisungen, die in juristischen Begriffen als „Werke“ oder als „Erfindungen“ abgebildet werden. Immaterialgüter sind nicht Teil der (wie auch immer umgebildeten) Natur, sondern entstammen als sinnförmige Aussagen einem kommunikativ gesponnenen Geflecht von Bedeutungen und Verweisungen, ohne das sie weder verstehbar sind noch überhaupt hervorgebracht werden könnten. Auch wenn ihre Entstehung einzelnen Personen (Autoren, Erfinder) zugerechnet wird, ist deren Aktivität gebunden an soziale Kommunikationssysteme. Ähnlich wie bei der Rekonstruktion des Vertrages als sozialem Tatbestand gilt es auch im Recht des geistigen Eigentums, die Komplexität des sozialen Substrats der Rechtsfigur – hier also von Schutzrechten – wahrzunehmen. Dem versucht eine Reformulierung des Immaterialgüterrechts auf der zweigliedrigen Basis der Relation von Kommunikation und Bewusstsein Rechnung zu tragen. Als Ausdruck einer epistemischen Analyse des Rechts setzt sie bei dem Umstand an, dass das Recht über die Bedingungen von gesellschaftlicher „Wissensteilung“ entscheidet, d. h. über die Möglichkeiten von sozialen Systemen, Beobachtungskapazität von Bewusstsein für den Aufbau von Systemwissen zu gewinnen. Die Leitfrage einer solchen, die Bedeutung des Rechts für das Problem der Wissensteilung untersuchenden Betrachtungsweise lautet: „Wie ist das Recht einzurichten, damit die Beobachtungskapazität von Bewusstsein und ein entsprechend dezentral verteiltes Wissen für den Aufbau von Wissen in sozialen Systemen genutzt werden Vgl. E. Ulmer Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., 1980, 114 ff. Einen Überblick über die aktuellen Problemlagen vermitteln die Aufsätze in Depenheuer/Peifer (Hrsg.) Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel?, 2008. 53 Ausführlich Wielsch Zugangsregeln, 2008, 31 ff. 51
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kann?“ Im Rahmen einer soziologischen Jurisprudenz wird damit ein neuer Akzent gesetzt, indem nicht von Systemen aus gedacht, sondern in umgekehrter Richtung nach dem Beitrag der Umwelt für die Systemdifferenzierung gefragt wird. Diese Suche nach den Umweltbedingungen für die Autonomie von Systemen erweist das Denken eines „gesellschaftlichen Konstitutionalismus“ als Eigenart einer soziologischen Jurisprudenz. 54 Dieser Konstitutionalismus wird freilich erst dann voll erschlossen, wenn man berücksichtigt, dass sich das Verhältnis von Bewusstsein und Kommunikation übersetzt in Abhängigkeitsrelationen zwischen sozialen Systemen untereinander. Aus Sicht des Wirtschaftssystems ermöglichen Ausschließlichkeitsrechte die Appropriierung von Gebrauchsvorteilen und damit ein nutzenmaximierendes Verhalten bezüglich der Nutzung von Immaterialgütern, so dass diese zum Gegenstand von Wettbewerb werden können. 55 Durch die Einschränkung positiver Nutzungsexternalitäten haben Immaterialgüterrechte jedoch auch Bedeutung für die Wissensteilung in anderen Systemen. So ist die exklusive Zuweisung von Handlungsmöglichkeiten zur medialen Reproduktion von semantischen Artefakten auch für das Kunstsystem relevant, weil die Möglichkeiten Dritter zur Aktualisierung des im Werkstück verkörperten Sinns eine Einschränkung erfahren. 56 Die Mehrsystemrelevanz rechtlicher Institute, die als „Multifunktionalität“ des Rechts beschrieben werden kann, 57 führt die betroffenen Systeme dabei in wechselseitige Abhängigkeiten. Wenn das Recht etwa die Wissensteilung eines Systems durch die Schaffung von exklusiven Verwertungsrechten gleichsam dem Markt zum Lehen gibt, wird umgekehrt auch das Funktionieren des Marktes abhängig von der Gewährleistung der epistemischen Funktionsbedingungen des anderen Systems. Denn damit der Wettbewerb als Verfahren zur dezentralen Innovation expliziten Wissens eines bestimmten thematischen Diskurses dienen kann, müssen die sich mit Hilfe des Marktes beobachtenden Akteure über voneinander unabhängige Handlungsalternativen verfügen; das ist der Fall, wenn genügend Möglichkeiten zur freien Nutzung von Immaterialgütern in diesem Wissensbereich bestehen. Wettbewerb um Informationsgüter würde gleichsam austrocknen, 54 Zum Ansatz eines gesellschaftlichen Konstitutionalismus in der Rechtstheorie noch näher unten IV. Aus sozialtheoretischer Sicht grundlegend Sciulli Theory of Societal Constitutionalism, 1992. 55 Zur marktfunktionalen Begründung von Schutzrechten vgl. Ullrich GRUR Int. 1996, 555 (566) und Mestmäcker/Schweitzer Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., 2004, § 28 Rn. 9, mit der Feststellung, „dass Immaterialgüterrechte geschaffen werden, damit sie zum Gegenstand von Marktprozessen werden können”. (Hervorhebung hinzugefügt) 56 Nur am Rande sei angemerkt, dass es einer solchen Sicht auf geistige Schöpfungen entspricht, Schutzrechte als Verbotsrechte zu interpretieren, die dem Berechtigten die durchsetzbare Befugnis verleihen, jedem anderen bestimmte Handlungen in Bezug auf das Immaterialgut (etwa das Herstellen medialer Artefakte) zu verbieten. 57 Vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 211 f.
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wenn verteiltes implizites Wissen nicht ausreichend mit explizitem Wissen dezentral rekombiniert werden könnte. Die viel zitierte Entdeckungsfunktion des Wettbewerbs setzt eine intakte Wissensteilung in der sozialen Umwelt des Wirtschaftssystems voraus. Zugleich wird die Bedeutung von Institutionen (Märkte, Unternehmen oder auch Netzwerke) für die systemische Wissensteilung deutlich. Da in Institutionen die Beobachtungskapazität von psychischen Systemen und die Zuschreibung von Entscheidungsrechten (Selektionsautorität) auf je spezifische Weise miteinander ins Verhältnis gesetzt sind, entscheiden sie über die Einheiten sozialer Beobachtung – indem sie geteilte Beobachtungshorizonte konstituieren (Märkte) oder sogar eigenständige Beobachter (Unternehmen). Gemeinsam ist Institutionen, dass sie bestimmte Formen der sozialen Beobachtungsinszenierung darstellen, die es externen Beobachtern ermöglicht, ein soziales System als solches zu beobachten. Durch Märkte etwa kann man die Wirtschaft sehen. 58 Über diesen Umweg der Anleitung seiner Fremdbeobachtung durch psychische Systeme vermag das jeweilige Sozialsystem in spezifischer Weise selbst Umwelt zu beobachten und darüber Systemwissen aufzubauen. Für eine epistemische Analyse des Immaterialgüterrechts ergibt sich daraus die wichtige Konsequenz, Rechte und Pflichten so auszulegen, dass die Integrität der Institutionen in ihrer wissensteilenden Funktion gewährleistet ist. Die Aufgabe der Rechtsverfassung der Wissensteilung in sozialen Systemen kann damit in vielen Fällen umgelenkt werden auf die dem Recht geläufigere Aufgabe des Institutionenschutzes. Die Integrität der Prozesse sozialer Wissensteilung sicherzustellen, ist die Aufgabe von rechtlichen „Zugangsregeln“. Sie schränken mit Rücksicht auf die für den jeweiligen Diskurs grundlegenden Institutionen der Wissensteilung das Verbotsrecht von Rechtsinhabern ein und schaffen so erlaubnisfreie – wenn auch nicht automatisch entgeltfreie – Nutzungsmöglichkeiten von Immaterialgütern. Zugangsregeln bilden in der Rechtsordnung die Komplementärerscheinung zu Ausschließlichkeitsrechten und verhindern, dass der Gebrauch von subjektiv-individuellen Rechten an Immaterialgütern die Grundlagen für die Produktion solcher Güter unterläuft. 59 Anstatt wie Schranken auf der Unterscheidung Individual-/Allgemeininteresse aufzubauen, operieren Zugangsregeln mit der Referenz auf soziale Systeme. Sie sind auf den Erhalt der Bedingungen der Wissensteilung genau jenes soziaVgl. bereits oben bei Fn. 26. In einem klugen Satz aus der Regierungsbegründung des Urhebergesetzes von 1965 heißt es über die Notwendigkeit von Schrankenbestimmungen, dass “der Urheber insbesondere dort im Interesse der Allgemeinheit freien Zugang zu seinen Werken gewähren muss, wo dies unmittelbar zur Förderung der geistigen und kulturellen Werte dient, die ihrerseits Grundlage für sein Werkschaffen sind”. Vgl. BT-Drucks. IV /270, Vor § 45 (Hervorhebung hinzugefügt). 58 59
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len Systems zu richten, als dessen Kommunikation sich der immaterialgüterrechtliche Schutzgegenstand (das Werk, die Erfindung) darstellt. Indem Zugangsregeln Ausschließlichkeitsrecht und Nutzungsfreiheit systemspezifisch abstimmen, realisieren sie die systemische Konnexität des jeweiligen Schutzrechts. Die Figur der Zugangsregeln ist dabei gezielt als ein neuer dogmatischer Schlüsselbegriff konzipiert, der im Vergleich zu dem Begriff der Schranke in mehrfacher Hinsicht abstrakter gefasst ist und besser geeignet scheint, neben der personenbezogenen Dimension von Immaterialgüterrechten auch deren institutionelle und gesellschaftliche Effekte in den Blick zu nehmen. Diese Erweiterung des Blickfeldes um die sozialen Dimensionen von Rechtsfiguren ist kein Selbstzweck. Aus freiheitlichem Handeln der Einzelnen entstehen kollektive Ordnungen. Weil diese ihrerseits über die tatsächlichen Bedingungen für autonomes Handeln entscheiden, ist die Wirkung der Ausübung von Rechten auf jene Ordnungen ein normatives, das Recht beschäftigendes Problem. Wird der „Sozialeffekt privatrechtlicher Institutionen“ (F. Böhm) vernachlässigt oder gar ausgeblendet, kann das Recht nicht umweltadäquat operieren und verfehlt jenen um das Kriterium der Umweltadäquanz angereicherten Gerechtigkeitsbegriff. Er hat die Entwicklung von dogmatischen Schlüsselbegriffen zur Aufgabe, mit denen das Recht seine Sozialeffekte intern reflektieren kann.
IV. Gesellschaftlicher Konstitutionalismus als Methode Die Musterung privatrechtlicher Grundfiguren durch die soziologische Jurisprudenz ließe sich für den Rechtsbegriff der Person fortsetzen, zumal für den der juristischen Person. 60 Wichtiger als die Vollendung des begrifflichen Dreigestirns, an dem die Welt des Rechts aufgehängt ist, erscheint abschließend aber ein Wort zum methodischen Verständnis, dem diese Reformulierungsversuche gleichermaßen verpflichtet sind: Der soziologischen Jurisprudenz liegt ein lernendes Sozialmodell des Rechts zu Grunde. 61 Bei der Rechtsfindung „soll sich kein geschlossenes, richtiges (‚vernünftiges, ‚natürliches‘) Konzept gegen die falsche Wirklichkeit durchsetzen, [und] es soll sich keine Wirklichkeit die Idee ihrer Richtigkeit anmaßen, sondern es soll sich die ‚Gesellschaft‘ (als begrenzt offene) auf der Grundlage ihrer bisherigen Erfahrungen neuen Erfahrungen aussetzen“ können. 62 Die soziolo60 Anzuknüpfen wäre dabei an die Gedanken von Teubner ZHR 148 (1984), 470 und ders. Recht als autopoietisches System, 1989, 172 ff. zum sozialen Substrat der juristischen Person. 61 Zum Gedanken lernender Sozialmodelle im Recht vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 194 ff. 62 Vgl. Wiethölter Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 8 (1982), 38 (56).
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gische Jurisprudenz erkennt, dass gesellschaftliche Differenzierung sich nicht auf die Rationalität individuellen Handelns zurückführen lässt, sondern sich evolutorisch vollzieht. Sobald eine Mehrzahl von Akteuren versucht, ihre gesonderten Pläne durchzuführen, haben die Entscheidungen Einfluss aufeinander. Durch die vielen Situationen doppelter Kontingenz fällt der Startschuss zur Bildung emergenter sozialer Systeme. Diese bilden sich keineswegs nur als Teilsysteme der Gesamtgesellschaft in Bezug auf eine bestimmte Funktion, sondern entstehen viel häufiger einfach als „frei gebildete Sozialsysteme“ 63, wie das Beispiel der Netzwerke zeigt. Der evolutionäre Erfolg solcher sozialen Institutionen scheint sich dabei nach ihrer Kapazität zur Koordination von verteiltem und der Erzeugung von neuem Wissen zu beurteilen. Gegenüber der Transaktionskostenanalyse kehrt sich daher die Argumentationsrichtung um: Nur wenn die Institution über eine solche Kapazität verfügt, wird sie auch geeignet sein, einen effizienten Einsatz der verfügbaren Mittel herbeizuführen. Die Rezeption des Evolutionsgedankens lässt die soziologische Jurisprudenz nicht normativ orientierungslos werden. Er verpflichtet sie vielmehr auf einen gesellschaftlichen Konstitutionalismus: erstens die Voraussetzungen für Variation zu erhalten und zweitens neu auftauchende soziale Kooperationsstrukturen zu stabilisieren. Dieses Programm führt nicht etwa zu einer Unterschätzung der Rolle des Individuums. Gerade umgekehrt ist es in seinem ersten Teil nur einlösbar, wenn die Existenz unorganisiert-spontaner Bereiche, vor allem aber „Individualität“ als unersetzlicher Variationsgeber rechtlich anerkannt wird. Die zweite Forderung verlangt vom Recht selbst, die im Fall betroffenen sozialen Handlungssysteme sorgfältig zu identifizieren. Bereits bei der vertraglichen Beziehung hat sich gezeigt, dass dazu der Blick auf den Parteiwillen oft nicht ausreicht. Neben der „Willensreferenz“ steht notwendig die Berücksichtigung anderer Umweltreferenzen, um die fremdsystemisch konstituierten Voraussetzungen der Inanspruchnahme von Privatautonomie zu gewährleisten. Im Vergleich mit der traditionellen Rechtsgeschäftslehre, die auf dem Konsensmodell und Prinzip vertraglicher Relativität beruht, legt die soziologische Jurisprudenz eine „Gesamtbetrachtung“ der Rechtsverhältnisse nahe. Eine solche zählt bezeichnender Weise zum methodischen Arsenal des Kartellrechts, das ausdrücklich auch die Integrität des transindividuellen Prozesses des Wettbewerbs schützt, der aus der Ausübung von Handlungsfreiheiten entsteht. Um die Auswirkung einer Vereinbarung auf den Wettbewerb rechtlich zu beurteilen, ist dort die Notwendigkeit anerkannt, den wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, in dem die Vereinbarung steht und etwa mit anderen, ähnlich
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Vgl. Luhmann Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 812 f.
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gelagerten zu einer kumulativen Wirkung führen kann. 64 Auch auf der Rechtsfolgenseite besteht eine Nähe zum prozessorientierten Denken des Kartellrechts. Denn speziell in Fällen, in denen die Logik der sozialen Kooperation des Handlungssystems mit widersprechenden Anforderungen aus seiner Umwelt der Funktionssysteme konfrontiert ist, lässt sich den Kollisionen durch die Formulierung von Inkompatibilitätsregeln Rechnung tragen. Ähnlich wie das Kartellrecht aus Respekt vor der Eigengesetzlichkeit des Wettbewerbsprozesses in der Regel nur negative Verhaltenspflichten statuiert, ist danach zu fragen, welches Verhalten den Beteiligten verboten ist, um nicht die spezifische Funktionsweise einer sozialen Institution zu beeinträchtigen. Aus dem gleichen Grund, aus dem einst Jhering die bei Savigny den Rechtsinstituten nachgelagerten Rechtssätze vorgelagert 65 und damit dem Recht die Frage nach seiner Funktion ins Stammbuch geschrieben hat, lenkt auch für die soziologische Jurisprudenz nicht mehr das Rechtsinstitut als Typus die Suche nach der Regel, die sich ihm einzupassen hätte. Vielmehr sind umgekehrt die privatrechtlichen Grundbegriffe so zu reformulieren und gegebenenfalls um neue dogmatische Schlüsselbegriffe zu ergänzen, dass sie einen gesellschaftlichen Konstitutionalismus tragen können. Den Auftrag dazu erhält das Recht aus der erwähnten Mehrsystemrelevanz seiner Institute: durch den Umstand, dass durch die Ausübung von Rechten eine Vielzahl von systemischen Umwelten gleichzeitig betroffen ist und über die Möglichkeiten der Beobachtung durch Bewusstsein und Kommunikation in den verschiedenen Bereichen gesellschaftlicher Wissensteilung entschieden wird. Unter den gesellschaftlichen Funktionssystemen ist das Recht spezialisiert auf die intersystemischen Beziehungen, es steht bildlich gleichsam „inmitten“ der Systeme und ihrer Umwelten. Der erweiterte Gerechtigkeitsbegriff der soziologischen Jurisprudenz trägt dieser multiplen Konnektivität des Rechts und seiner Verpflichtung zu einem multilateralen Konstitutionalismus Rechnung – institutia mechiatrix! Mit diesem Vorschlag verbindet sich der Appell an das Recht, die soziale Mehrdimensionalität seiner Grundfiguren vollumfänglich zur Kenntnis zu nehmen. Nur so kann das politische Moment rechtlicher Begriffskonstruktion reflektiert werden. 66 Es resultiert aus dem Umstand, dass die Ausübung von Rechten und ihre Interpretation gesellschaftsweit verbindliche Wirkung haben, ohne dass diese jedoch vom politischen System im engeren Sinne 64 Dieser Gedanke wurde früh zum festen Bestandteil der Rechtsprechung zum europäischen Wettbewerbsrecht, vgl. etwa EuGH , Rs. 23/67, Slg. 1967, 544, 555 – Brasserie de Haecht. 65 Vgl. die Kennzeichnung bei Wiethölter in: FS Raiser, 1974, 645 (661 f.). 66 Dass Begriffskonstruktion als Eigenleistung des Rechts eminent politisch ist, haben jüngst von der Crone/Wegmann ZSR 2007, 111 (131) noch einmal hervorgehoben. Der grundlegende Text ist Wiethölter Rechtswissenschaft, 1968, 179 ff.
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programmiert werden könnte. Der Vielzahl von systemischen Umwelten, die durch die Ausübung von Rechten betroffen sind, steht eben in der Gesellschaft kein allzuständiges Koordinationszentrum gegenüber. Gerade wegen der Eigenart der juristischen Argumentation – der Bindungswirkung von Präjudizien, den dezisionistischen Elementen von Entscheidungen der Gerichte, dem selektiven Gedächtnis der Dogmatik – trägt das Recht eine eigene politische Verantwortung. Eine soziologische Jurisprudenz stellt sich dieser Verantwortung.
III. Konstitutionalisierung und Steuerung
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Das Arkanum der Institution. Die Musikhochschule als Ort der Professionalitätsschulung Christa Allert und Tilman Allert
Wie kommt einer zur soziologischen Jurisprudenz? Seit wann Luhmann Kontingenz dachte, ist bekannt: die Generationserfahrung eines existentiellen Ausgesetztseins durch die zugemutete Tötungsverpflichtung als Soldat sowie eines Schocks nach dem plötzlichen Verlust eines Freundes. Die formativen Bedingungen für den Eintritt in die Kontingenzreflektion liegen bei Gunther Teubner anders. Wenn sie auch durch komplex motivierte biografische Weichenstellungen vorbereitet wird, auf die im einzelnen einzugehen hier nicht der Ort ist, ist sie einer professionstypischen Enttäuschungserfahrung geschuldet, die sich in den akademischen Werdegang einschreibt. Der universitätsgeschulte Jurist, von Max Weber bekanntlich als eine der weltgeschichtlich einzigartigen Säulen des alten Europa geadelt, wird nolens volens Träger der unauslöschlichen Polarität von formaler und materialer Rationalität – ja, in dem Maße, in dem das Studium der Jurisprudenz mit der Fähigkeit vertraut macht, in logischer Stringenz eine Sache durchzufechten, ein moralisches Problem in eine rechtstechnisch bearbeitbare Strittigkeit zu überführen, in dem Maße droht die materiale Gerechtigkeitsfrage zu zerbröseln. Diese Erfahrung eines systemtypischen Plausibilitätsverlustes, die Erfahrung der „Absurdität“ rechtstechnischer Verfahren kann sich aggregieren zu einer Krise des eigenen Tuns und führt bei Leuten, die sich auf das Recht einlassen, zu Enttäuschungsverarbeitungen aller Art. Die einen schreiben daraufhin Romane, andere werden albern. Gunther Teubner, Gerichtsreferendar und Doktorand in Tübingen, an einer Hochburg rechtstechnischer Schulung und rechtsdogmatischer Reflexion, entdeckt die Soziologie und findet in Luhmann seinen Meister, einen Denker, den gleichermaßen die fragile faktische Kraft des Rechtsnormativen und die spezifische Sinnlosigkeit des Rechtsformalismus intellektuell sublimiert zu einer Systematik sozialer Ordnungsstiftung – das Ergebnis des Fundes gilt es in diesem Band zu würdigen: Teubners faszinierende kognitiv eigensinnige Fortführung einer Soziologisierung des Rechts, einer Art zweiten Dogmatik des Rechts, basal motiviert vom faustisch anmutenden Wunsch des Schülers, das „Außen“, die materiale Gerechtigkeitsidee durch unbestechliche Argu-
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mentation und zwingende logische Konsistenz in das verwirrend leere „Innen“ des Rechts hineinzuholen. Daß jemand, der es mit dem Recht und dem Problem der Ordnungsstiftung nicht naiv in berufspragmatischer Hinsicht, sondern systematisch aufnimmt, in Luhmanns Soziologie eine Heimat findet, nimmt nicht Wunder. Die Nähe zur komparativen Logik, die kontrapunktisch durchgearbeitete Dekonstruktion, das kompromißlose Umkreisen einer geschlossenen Innenwelt, die Sakralisierung der Kontingenzformel, erscheinen als Qualitäten, die Teubner an Luhmanns Werk bewundert hat. Gemessen an der systemtheoretischen sophistification kommt die weberianische Soziologie alteuropäisch hausbacken daher, paradigmatisch gleichsam unerschüttert, ohne Umwege über Frankreich, und arbeitet sich im Horizont der Neugier auf „Musik als Beruf“ forschungspragmatisch an eine Kernfrage heran, die allerdings geradewegs in das Zentrum des systemischen Denkens führt: „was ist das Arkanum der Institution?“ (Gunther Teubner). Wenn Ordnungsstiftung das systematisch übergreifende Problem darstellt, welche Rationalitätsprämissen erzeugen jeweils Handlungsorientierung, definieren Gütekriterien und verpflichten Akteure zu Engagement? Die Diskussion dieser Frage hat die in der mönchischen Klausur des Tübinger Leibniz-Kollegs entstandene Freundschaft kontinuiert, eine im dynamischen Mikroformat reproduzierte Meister-Schüler-Kommunikation mit konkurrierenden Bezugnahmen auf Theorie, im cantus firmus ein nicht endender Streit um Luhmanns Abschied von Alteuropa. Auch Freundschaften gründen sich auf Differenz und Differenzerfahrung. Sie wachsen durch Widerspruchsneigung bei „Zelebrierung eines transzendenten Gehaltes in gemeinsamer Handlung“ (Albert Salomon). Artikulierte Differenz braucht das Dritte, im vorliegenden Fall die Musik. Johann Sebastian Bach, die gemeinsame musikalische Vorliebe, wird Friedensstifter, temperiert die intellektuelle Kontroverse und steuert die theoretische Aufmerksamkeit. Im folgenden wird ein Zwischenergebnis vorgelegt, das die produktive Kontrastivität der Perspektiven unterstreichen soll und vom Thema her komplex, polyphon, motiviert ist – es geht um die Frage: Wie läßt sich institutionell Eigenrationalität sichern, welches sind die systemischen Grundlagen der musikalischen Reproduktion, in Anlehnung an Adorno: wie läßt sich auch zukünftig die Professionalität des Künstlerischen sichern, Bach gegen seine Liebhaber verteidigen?
I. Zur Problematik der Exzellenzbestimmung in der künstlerischen Ausbildung Der institutionell vorrangigen Sorge der Hochschulen um die Zukunftschancen ihrer Studierenden liegt ein theoretisch brisantes Problem zugrunde, das vor Jahren schon Niklas Luhmann als Problem der explanativen
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Tragweite der Begriffe „Institution“ und „Organisation“ gestellt hat (Luhmann 1992, S. 90 ff.). Es kann als eines der faszinierenden Merkmale künstlerischer Ausbildung gelten, dass sich im Organisationstypus Hochschule und Akademie Strukturkerne erfolgreicher pädagogischer Praxis erhalten haben, die in ihrer kommunikativen Ausdrucksgestalt auf die Frühzeit künstlerischer Erziehung verweisen – Einzelfälle geduldiger und hartnäckiger Nachwuchspflege, von denen derjenige, der davon profitiert hat, zu erzählen weiß und die in der Praxis der Meisterkurse, an der Peripherie der Hochschulbildung und diese ergänzend wieder auftauchen. Die für den Fortbestand der Institution entscheidende Praxis analytisch zu bestimmen statt romantisch zu verklären, ist institutionensoziologisches Desiderat und erscheint umso dringender, je unerbittlicher die Frage nach der Rechtfertigung kostenträchtiger Studiengänge gestellt wird.1 Das Nachdenken darüber erstreckt sich auf die typischen Orte der künstlerischen Ausbildung, auf Akademien, wie auf Kunst- und Musikhochschulen 2 und rückt mit dem Meister-Schüler-Verhältnis als eine dynamische Komplementarität von Lehre und exemplarischer Darbietung ins Zentrum der Analyse. Wie institutionell dehnbar ist das Spezifikum der künstlerischen Ausbildung mit ihren typischen Kommunikationsorten und gemeinschaftsbildenden Veranstaltungen, die für jede Ausbildung in „Kunst als Beruf“ eine Bedingung für hohe Qualität darstellen? 3 Die theoretische Position, die wir vorschlagen, geht im Anschluss an die soziologischen Vorarbeiten Max Webers zur Bestimmung von Gütekriterien professioneller Tätigkeiten davon aus, dass die Ausbildung zu „Musik als Beruf“ die allgemeinste Zielsetzung von Musikhochschulen darstellt. 4 Hieran schließt sich die Frage nach den Strukturmerkmalen des pädagogischen Arbeitsbündnisses zwischen Lehrenden und Lernenden an. Dessen Funktion liegt darin, das kundige Bereitstellen ästhetischer Objektivationen als professionelle 1 Darauf macht der Musikkritiker Gerhard Koch, aufmerksam: „Der Eigenwert des Ästhetischen ist immer schwerer zu vermitteln, die Hilferufe der Künstler wie Institutionen werden als Rhetorik einer gesamtgesellschaftlich nicht mehr zu rechtfertigenden Besitzstandswahrung abgetan“ (G.H.Koch 2004, 88). 2 Siehe dazu etwa die Stellungnahme der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland „Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts“ (2000) 3 Unsere Ausführungen beruhen auf Interviews mit Mitgliedern des Kollegiums der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Die darin artikulierten Selbsteinschätzungen bilden die Grundlage für die vorgelegte Argumentation. 4 Die Formulierung spielt auf die Vorschläge an, die Max Weber zum Typus des wissenschaftlichen und politischen Handeln vorgelegt hat. Wenn ihn auch künstlerische Kreativität nicht vom Handlungstypus her, sondern aus der rationalisierungstheoretischen Perspektive beschäftigt hat, liegt in der Annahme eigengesetzlicher Wertsphären und ihrer Konkurrenz zum spezifischen Gehalt der Erlösungsreligionen der Schlüssel für alle späteren soziologischen Bestimmungen.
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Dienstleistung zu ermöglichen, wie immer auch der in der Hochschule erworbene Habitus in Berufen zum Ausdruck gebracht wird. Auf allgemeiner Ebene werden die Studierenden auf eine Kompetenz vorbereitet, die auf die Erzeugung künstlerischer Wahrheit gerichtet ist. Musizieren als Erkenntnisbildung, diese Idee wird nicht etwa einer ideologiekritischen Skepsis unterworfen oder mit Verweis auf die Schwierigkeiten der Berufsfindung für künstlerische Berufe für obsolet gehalten, sondern sie gilt es in einem theoretisch anspruchsvollen Sinne zu explizieren und die darin angesprochenen pädagogischen Situationen in ihrer Leistungsfähigkeit anschaulich zu machen. Unter den Ansätzen zur Soziologie künstlerischer Produktion liefert im Anschluß an Weber die Position von Ulrich Oevermann die deutlichste Gewähr dafür, den drei Aspekten der Kunst und ihrer Werkgestalt, der Vermittlung des professionellen Handlungstypus in der Ausbildung und schließlich der hierbei zur Geltung kommenden kommunikativen Praxisorte in einer theoretisch konsistenten Perspektive gerecht werden zu können. 5 Im Gegensatz zu den Vorschlägen von Bourdieu und Luhmann liegt der Vorteil der institutionentheoretischen Perspektive darin, konsistenter an die Idee der Eigengesetzlichkeit von Kunstwerken anzuschließen und zum anderen darin, dass das Webersche Konzept des Charisma aus seiner herrschaftssoziologischen Einbettung gelöst und für eine Theorie des Neuen, mithin auch einer Theorie gelingender ästhetischer Innovation, verallgemeinert wird.
II. Zur Professionalität künstlerischen Handelns Ohne eine ästhetiktheoretische Reflexion ist eine Institutionendiagnose nicht möglich.In der alltäglichen Ausbildungspraxis von Hochschulen reproduziert sich stets schon „geronnener Geist“, mithin in Form übersetzte, traditionalisierte und didaktisch konventionalisierte „Theorien des Schönen“. Folgt man etwa der ästhetiktheoretischen Position Hegels, so steht jeder musikalische Gedanke in einem Erfahrungsraum schon erfolgter bzw. erprobter Ausdrucksmaterialität und von daher löst auch die Ausbildung von Berufen, denen um die Artikulation musikalischer Gedanken zu tun ist, ihre Innovationsverpflichtung einzig in einer historisch reflektierenden Bezugnahme auf die Tradition ein. „Der Künstler ist nicht Thema seines Werks. Und doch muss man sagen, dass er dennoch einbegriffen ist in die Verfassung der Kunst und somit auch der Kunst auf der jeweiligen Stufe der Ent5 Ferdinand Zehentreiter zeigt in einem instruktiven Aufsatz zum Stand der Musiksoziologie die perspektivischen Beschränkungen, denen im Vergleich zu Oevermann besonders die Theorien von Niklas Luhmann und Pierre Bourdieu unterliegen (Zehentreiter 2004).
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wicklung des Geistes“ (Henrich 2003, 123). 6 Künstlerische Tätigkeit bezieht sich auf einen Handlungstypus, auf eine Kompetenz mit angebbaren Gütekriterien, die als „genial“ oder „unerklärbar“ nur aus der Perspektive der Berufsangehörigen und/oder ihres Publikums gelten. Jenseits dessen, was in der Künstlerästhetik und beruflichen Selbstdeutung der Angehörige künstlerischer Berufe dazu ausgetauscht wird, handelt es sich um eine professionelle Tätigkeit, die eine komplexe Dienstleistung zum Ziel hat: die Erzeugung von Erkenntnissen. Sie teilt sich zwar auf der Ebene einer sinnlichen Suggestivität mit, wenngleich sie in den Voraussetzungen und Folgen ihres Tuns sowohl erfahrungswissenschaftlich analysierbar als auch lehrbar ist. Kunst repräsentiert, unabhängig von ihrer jeweiligen medialen Vermittlung, den Geltungsanspruch auf eine Wahrheit, die sich mit den Mitteln methodisierter Erkenntnisbehauptung und Erkenntnisüberprüfung nicht darstellen ließe. Darin liegt der triviale und elementare, aber grundlegende Strukturunterschied zwischen Kunst und Wissenschaft. Der Handlungstypus, um den es geht und der in Hochschulen für künstlerische Ausbildung qua Lehrkörper repräsentiert ist und qua Ausbildungsverhältnis an eine nachwachsende Generation vermittelt wird, bezieht sich auf die professionelle Erzeugung künstlerischer Wahrheit. Diese ist auf die Wirkung und Suggestivität sinnlicher Präsenz ausgerichtet, von ihrer Logik her sprachunabhängig zum Ausdruck gebracht über eine Vielfalt klanglicher und visueller ästhetischer Ausdrucksmedien. Künstlerisches Handeln unterliegt einer kontinuierlichen Verpflichtung zur ästhetischen Innovation – hierin liegt die Wurzel für die hohe Bedeutung von Kreativität als Kompetenzbestandteil über alle Sparten und Spezialisierungen hinweg. Die ästhetische Innovation, schöpferische Phantasie, die dem Handlungstypus zwingend vorgeschrieben ist, versieht die künstlerische Performanz mit einem unhintergehbaren Charisma. Die charismatische Qualität im künstlerischen Handeln bezeichnet das Medium der künstlerischen Innovation und ist mit der Sache selbst verknüpft. Sie tritt nicht etwa als eine motivationale Zusatzleistung oder psychische Anstrengung dem Bemühen um Innovation hinzu, vielmehr erfolgt sie in der Auseinandersetzung zwischen künstlerischer Ausdrucksintention und dem Werk, im Vollzug des Handelns bzw. dessen glaubhafter Repräsentanz in einem künstlerischen Habitus. Im Einzelnen setzt sich die im Handlungstypus vorgesehene Charismatisierung aus folgenden für die künstlerische Wahrheit maßgeblichen Elementen zusammen, welche die Standards ästhetischen Gelingens, die Kriterien professioneller Exzellenz vorgeben: 6 Aber auch jenseits von Hegel gilt für jede ästhetiktheoretische Position, jüngst etwa vorgetragen von Gunnar Hindrichs (2003), dass sie unmittelbare Konsequenzen für die Schwerpunkte einer künstlerischen Ausbildung nach sich zieht.
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a) Künstlerisches Handeln ermöglicht das Aufbrechen von Wahrnehmungsgewohnheiten und das Entdecken von überraschenden Sinn- und Erfahrungsbezügen. b) Künstlerisches Handeln vollzieht sich im Beherrschen eines differenzierten Ausdrucksvermögens, das in einem langfristig angelegten Bildungsprozess angeeignet wird. Hierzu zählen instrumenten-, werkzeug- und ausdruckspezifische Artikulationsfertigkeiten ebenso wie das reflexive Verfügen über die historischen Grundlagen und wissenschaftlichen Auslegungen des jeweiligen künstlerischen Ausdrucksmediums, mithin die Bezugnahme auf die Geschichte der Interpretation. Mit der aus diszipliniertem Üben hervorgegangenen flüssigen Beherrschung der Gestaltungstechniken lässt sich die „Widerständigkeit eines selbstgewählten Ausdrucksmaterials“ (Ulrich Oevermann) überwinden und die für das Handeln allgemein geltende ästhetische Innovationsverpflichtung einlösen. Über die souveräne Beherrschung des Ausdrucksmaterials erlangt das künstlerische Handeln die nötige Autonomie in der Handhabung von Gestaltungsmitteln. 7 c) Schließlich findet im künstlerischen Handeln die Hartnäckigkeit einer Ausdrucksintention, einer schöpferischen Disposition, einer inneren biografisch aufgeschichteten Thematik ihren Weg in die Form des künstlerischen Ausdrucks. In der ästhetischen Objektivation des Werks tritt eine innere Realität, eine Erinnerungsspur oder Empfindung in Erscheinung, die begrifflich nicht formulierbar ist, ja ohne die ästhetische Vermittlung unzugänglich bliebe.
III. Die Strukturleistung des Meister-Schüler-Verhältnisses für die Ausbildung eines künstlerischen Habitus Das Besondere des Handlungstypus künstlerisches Handeln im institutionellen Format einer Hochschule erschließt sich in dem Maße, in dem wir mit der Erziehung ein zweites Strukturmerkmal aufnehmen. Mit Charisma haben wir das Medium der künstlerischen Innovation bezeichnet – das Charisma bildet zugleich die Brücke zum Pädagogischen. Charisma erscheint für die künstlerische Leistung konstitutiv und begründet die 7 Das gilt spätestens seit Durchsetzung der Moderne, in der die kompositorische Idee und die vom Musizierenden realisierte Übersetzung in eine gewollte Spannung zueinander treten. „Erst unter den Händen des Spielenden kommt Musik zu der ihr eigenen, klingenden Wirklichkeit; und diese Hände wiederum fertigen „nur“ Blaupausen an von Vorlagen, die es real nie gegeben hat; fortwährend gehen wir musizierend mit Dingen um, die keiner aufschreiben und festlegen kann – dies immer gegenwärtig zu halten muss jeden überfordern, macht ihn angewiesen auf einen Realisierungsfuror, der in den geschriebenen Texten noch mehr Anhalt zu finden hofft, als tatsächlich gegeben ist …“ (Gülke 1994, 66 f.).
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Begeisterung für die Auseinandersetzung mit dem ästhetischen Gegenstand, der in jedem Lehrverhältnis das Dritte zwischen Lehrer und Schüler begründet. Daraufhin entfaltet sich die Ausbildung an der Hochschule unter dem Ziel, Studierende mit einer zunächst vergleichsweise unsortierten künstlerischen Disposition anzuleiten, authentische künstlerische Darstellung zu erreichen und die gestaltungstechnischen Voraussetzungen für den Erwerb des Tätigkeitsprofils zu vermitteln. Die doppelte Verpflichtung zu künstlerischer Professionalität und zu pädagogischer Professionalität liegt den Güteerwartungen an Mitglieder des Lehrkörpers zugrunde. Sie bestimmt das Leistungspotential der Ausbildung, enthält jedoch zugleich ein spezifisches Devianzpotential, das jeder Unterrichtssituation inhärent ist. Künstler unterrichten werdende Künstler – was konstitutiv ist für Musik- und Kunsthochschulen – mit einem Potential einer déformation professionelle: das Künstlertum kann sich verselbständigen zulasten des pädagogischen Auftrags und der pädagogische Auftrag kann sich verselbständigen zulasten der künstlerischen Qualität. Einmal würde das Verhältnis nur auf Nachahmung ausgerichtet, das andere Mal könnte sich der Schüler die vom Lehrer gebotenen Optionen nicht prüfend zu Eigen machen. In dem doppelten Erwartungsraum von künstlerischem und pädagogischem Auftrag bewegen sich die Austauschbeziehungen in der Hochschule – zwischen Studierenden und Lehrenden – und zwar unabhängig von der curricular diktierten und durch Studiengänge vorsortierten internen Aufteilung zwischen künstlerischer Ausbildung sowie den verschiedenen Zweigen der schulpädagogischen Ausbildung. In die künstlerische Dimension eingelagert ist darüber hinaus die Spanne zwischen technischer Instrumentenbeherrschung und musikalischem Verständnis. Sie wird überbrückt durch die Lehrenden, die im oben angesprochenen Sinne Repräsentanten des professionellen künstlerischen Handelns darstellen und den Studierenden gegenüber didaktisch übersetzt die Idealität einer künstlerischen Performanz repräsentieren. Künstlerische Professionalität entsteht biografisch kumulativ und vollzieht sich in den ersten Jahren ihrer Bildung in einer kommunikativen Konstellation, die durch die Elemente: Interaktionsnähe, affektive Dynamik, Zeitneutralität und Vertrauensvorschuss charakterisiert ist – es handelt sich um Strukturmerkmale, die im Idealtypus eines Meister-Schüler-Verhältnisses aufgenommen sind. 8 Ein essayistischer Versuch einer Annäherung 8 Die Formulierung ist historisch vorbelastet, konnotiert sie doch Geniekult und dessen pädagogisches Komplement, mithin eine Strukturform des Unterrichtens, die gegenwärtig in Verruf geraten ist. Hier geht es nicht etwa um eine bornierte Verteidigung, vielmehr um das Herausarbeiten einer Kommunikationsform zwischen Lehrer und Schüler, die in ihrer Leistungsfähigkeit durchaus von der tatsächlichen Einbettung in den Einzelunterricht lösbar
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stammt von George Steiner, der vom konfuzianischen Bildungskonzept vollständiger Zurücknahme des Lehrers bis zum dialogisch intensiven Instruktionskonzept der jüdischen Tradition eine Reihe von unterschiedlicher Ausdrucksformen des Lehrverhältnisses veranschaulicht. 9 Seine Besonderheit leitet sich aus der Bezugnahme auf den Fokus künstlerischen Handelns ab. Wir sprechen von einer theoretischen Idealität, nicht einer behaupteten empirischen Realität oder gar historischen Reminiszenz eines besonderen Arbeitsbündnisses zwischen Lehrendem und Lernendem.
IV. Symmetrie-Asymmetrie Unter charismatischer Struktur des Arbeitsbündnisses ist eine allgemeine Bestimmung der Ausbildung zu verstehen, die im Hinblick auf ihre dynamischen Komponenten weiter zu befragen ist. Das Arbeitsbündnis erscheint als strukturell krisenhaft – nicht aus Gründen einer motivationalen Defizienz, sondern deshalb, weil die Verpflichtung zur schöpferischen Innovation, zur Gestaltung bzw. zur neuartigen Aneignung einer ästhetischen Tradition mit einer unvermeidbaren Riskanz verbunden ist. Für den Außenstehenden ebenso wie für die Beteiligten überraschend erscheint in der Symmetrie zwischen Lehrendem und Lernendem ein erstes Merkmal. Lehrer und Schüler sind zunächst durch eine offenkundige und in ihrer Statusdifferenz hinreichend markierte Unterschiedlichkeit charakterisiert, zugleich begegnen sie sich in der gemeinsamen Arbeit in der kontrafaktischen und dennoch handlungswirksamen Unterstellung als zukünftige Kollegen. Der alltägliche Austausch in der Lehre ist somit durchzogen von einer Dimension kollegialer Symmetrie, die sich auf die Unterstellung bezieht, man habe es im Schüler stets schon mit dem potentiellen Träger einer künstlerischen Kompetenz zu tun und zwar bezogen auf die für die Ausbildung zentralen Elemente: Freisetzung eines ästhetischen Innovationspotentials, gestaltungstechnische Kundigkeit, Einübung in die Materialbeherrschung und schließlich Übersetzung innerer Realität und einer nicht methodisierbaren Erfahrungsbasis in den künstlerischen Ausdruck. Der Bezugspunkt dieser kommunikativen Symmetrie ist die Sache, das Werk, die ästhetische Objektivation, die zu erarbeiten zum Funktionsziel der regelmässigen Begegnungen zählt. Bezogen auf die Aufgabe, die Kundigkeit, interpretative Sensibilität, reproduzierende oder produzierende Inist (siehe unten). Das Vokabular, in dem wir im Folgenden das künstlerische Arbeitsbündnis beschreiben, bezieht sich auf eine Qualität der Kommunikation, die für beide Geschlechter gleichermaßen gilt. Wir verzichten deshalb auf die entsprechenden geschlechtsspezifischen Nennungen. 9 Vgl. Steiner 2004 und siehe dazu die vorzügliche Besprechung von Jürgen Kaube, FAZ L40, 6. 10. 2004.
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novationsphantasie freizusetzen, steht vor ihnen das Werk als ein systematisch jeweils neu zu erschließender Gegenstand.10 Gilt es, „Kunst als Beruf“ professionell einzuüben und systematisch eine Innovations- und Kreativitätsverpflichtung einzugehen – sei es im Hinblick auf das Ausmaß an technischer Virtuosität, sei es im Hinblick auf eine kompositorische oder tänzerische Tradition, sei es im Hinblick auf die Interpretations- und Auslegungsphantasie, so stehen sich in der Lehrer-Schüler-Beziehung zwei Akteure in einem Kollegialverhältnis gegenüber. Der Schüler mit einem biografisch strukturierten eigenen Kompetenzprofil, mit einer milieuhaft gewachsenen vergleichsweise unsortierten, naturwüchsig entstandenen künstlerischen Ambition wird Träger eines Potentials neuer Ideen für gestalterische, produktive und reproduktive Performanz. In dieser Hinsicht erscheint der Schüler nicht als naiver Rezipient oder Empfänger magischer Praktiken, sondern als eine Quelle möglicher Inspiration und exemplarisch innovativer Aneignung des ästhetischen Gegenstands selbst. Hierin liegt die Attraktion, die vom Schüler ausgeht und die ihn bei seinem Eintritt in die Hochschule zu einem „Versprechen“ werden lassen. Handlungspraktisch wird die Symmetrie darin wirksam, dass schließlich nicht etwa nur dem Schüler zugestanden wird, einen Lehrer zu wählen, eine Eigentümlichkeit der künstlerischen Ausbildung, sondern dass umgekehrt eine entsprechende Auswahl durch das Kollegium erfolgt. Dieser Perspektive gegenläufig ist die Wahrnehmung des Schülers als Novizen, dem die Kompetenz zu einer autonomen Aneignung gerade fehlt und dessen Neugier dem Erwerb von Techniken des Aneignungsprozesses gilt. Das kehrseitig in die künstlerische Ausbildung eingebaute Strukturelement der Asymmetrie zwischen Lehrer und Schüler ist einfacher zu erschließen, zumal es in der Eigenwahrnehmung der Beteiligten und in der Außenwahrnehmung evident erscheint und in der Beschreibung des Verhältnisses in der Regel in den Vordergrund gerückt wird. Zur Asymmetrie gehört die Verpflichtung zu quasi-paternalistischer Fürsorge und reziproke Erwartung von Seiten des Schülers angesichts der Entwicklungsoffenheit des künstlerischen Reifungsprozesses und angesichts der zeitlichen ebenso wie psychischen Unwägbarkeiten im sukzessiven Entstehen eines professionellen Habitus. Die mit der Balance von Symmetrie und Asymmetrie bezeichnete Qualität in der künstlerischen Ausbildung bringt sich ferner in einer das ge10 In dem Vorwort zur Harmonielehre schreibt Arnold Schönberg, auf das künstlerische Arbeitsbündnis anspielend: „Aus den Fehlern, die meine Schüler infolge ungenügender oder falscher Anweisungen machten, habe ich gelernt, die richtige Anweisung zu geben. Gelungene Lösungen bestätigten die Richtigkeit meines Versuchs, ohne mich zu dem Irrglauben zu verleiten, dass ich damit das Problem wirklich gelöst habe. Und ich denke, wir sind beide nicht schlecht dabei gefahren. Hätte ich ihnen auch bloß das gesagt, was ich weiß, dann wüssten sie nur noch das und nicht mehr. So wissen sie vielleicht weniger. Aber sie wissen, worauf es ankommt: aufs Suchen!“ (Schönberg 1911, V)
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samte Ausbildungsverhältnis überdauernden dreifachen Erwartung an den Schüler zum Ausdruck: Zunächst einmal geht es um die Übernahme der vom Lehrer repräsentierten Techniken der Ausdrucksrealisierung und Ausdrucksinterpretation, zum zweiten wird dem Schüler angesonnen, den eigenen Aneignungsprozess nicht etwa allein durch Übernahme des vom Lehrer Angebotenen zu gestalten, vielmehr zeigt sich die Qualität des Schülers in der Bereitschaft zur riskanten Transformation und Weiterführung des vom Lehrer repräsentierten Stands an Technik und interpretativer bzw. gestalterischer Phantasie. Umgekehrt repräsentiert der Schüler im Horizont der künstlerischen Biografie des Lehrers zwei Stufen der Entwicklung: Der Lehrer entdeckt im Schüler den eigenen Beginn und entwirft in ihm zugleich den – nicht notwendig bei sich selbst erreichten – idealen Zustand produktiver und schöpferischer Aneignung des ästhetischen Gegenstands.
V. Intimität und quasi-therapeutische Funktion Folgt man dem bisherigen Exposé, so tritt die vielfach beschriebene Intimität in den Lehrverhältnisses der Musikhochschulen nicht etwa als Marotte oder gar zu überwindende und autonomiegefährdende Disposition der Lehrenden in Erscheinung, vielmehr gehört sie zur von der Sache erzwungenen Kommunikationsdynamik. Das Meister-Schüler-Verhältnis zeichnet eine hohe Interaktionsdichte und große persönliche Nähe aus. In das Erarbeiten der authentischen Version eines Stücks oder in das behutsame Entstehenlassen einer Komposition gehen die Wahrnehmungen der inneren Realität des Lernenden wie des Lehrenden ein. In dem Maße, in dem die künstlerische Performanz als authentische gelingt und das Verhältnis zum Werk von der je besonderen Wahrnehmung und Rezeption des Künstlers erarbeitet ist, entfaltet sich eine Intimität in der Wechselwirkung zwischen Lehrer und Schüler, die Grundlage der empirisch häufigen Verklärung der Lehrer. Von einer déformation professionelle zu sprechen, wäre hingegen unangemessen, vielmehr scheint sie konstitutiv für das Erschließen und die Aneignung des Werkes selbst. Ob Orgel unterrichtet wird, Violine oder Gesang oder ob die ästhetische Innovation gedanklich antizipiert wird, wie im Fall der Komposition, verlaufen die hier nur angedeuteten Prozesse einer über das Instrument und sein Ausdruckspotential vermittelten Auseinandersetzung unterschiedlich. „Die Rolle des Kompositionslehrers, so schreibt Wolfgang Rihm, ist herauszufinden, was jeder einzelne Student wirklich will. Dieses Herausfinden kann nicht gelehrt werden, es ist ein Prozess, der nur über empirische Erfahrung funktioniert. Deshalb sollte die Schule die Möglichkeit für Studenten eröffnen, empirische Erfahrungen über das Ausschöpfen aller möglichen Mittel zu erwirken.
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Die Herausforderung für Kompositionslehrer liegt in der Wahrung der Individualität, die nicht in eine globalisierte Einheitlichkeit gezwängt werden kann“. Indem die innere Realität des Schülers, wie die des Lehrers thematisch werden, unterliegt die künstlerische Ausbildung einer unvermeidbaren strukturellen Riskanz. Hierin liegt ein weiterer Grund dafür, dass das Verhältnis der Gefahr einer dauerhaften einseitigen oder auch wechselseitigen Fehleinschätzung ausgesetzt ist und zu den häufig herausgestellten Abweichungen in Form von Verpflichtungen zur Nachahmung, Personenkult etc. führen kann. Dieser Gefahr der Abweichung kann der Lehrende begegnen, indem er das innovative Potential des Lernenden als eine Quelle der Inspiration und damit der Kreation von Neuem aufgreift und dadurch eine die Nähe relativierende Autonomisierung fördert. Lehrende übernehmen im Arbeitsbündnis eine Reihe quasi therapeutischer Funktionen, um die Krisenhaftigkeit des künstlerischen Arbeitens begleitend stützen zu können. Da künstlerische Entwicklung nicht linear verläuft, benötigen sie in der Beurteilung der aktuellen Entwicklungen ihrer Schüler ein hohes Maß empathischen Verstehens. Im Kontext des Arbeitsbündnisses kommt es nicht darauf an zu prüfen, ob der Studierende etwas beherrscht und ihm in der Vorstellung eines Kontinuums von Kompetenzen etwas Neues zuzumuten ist, vielmehr steht er in seiner Suche nach sinnlicher Erkenntnis mit seiner ganzen Person zur Disposition. Will er sich als Künstler authentisch ausdrücken, wird er mit seiner inneren Wahrnehmung konfrontiert, so dass jede Form der nicht einfach repetitierenden und nachahmenden Gestaltung eine künstlerische Krise erzeugt. Diese künstlerische Krise wird im Meister-Schüler-Verhältnis sowohl als Risiko des Verlustes wie als Chance der Erweiterung erfahren und ist damit ein wichtiger Bestandteil der Aneignung des künstlerischen Habitus. Der Schüler erlebt, wie durch Irritation und das Aufgeben-müssen von Angeeignetem wieder Neues und Innovatives entstehen kann. Die hohe lebensweltliche Riskanz führt zu dynamischen Prozessen, die eine große Nähe, Vertrautheit und Intimität des Verhältnisses erzeugen. Um sie für den Studierenden künstlerisch kreativ und die Handlungskompetenz fördernd zu lösen, bedarf es eines sich in Muße vollziehenden handlungsentlasteten Übens, das der Zukunftsoffenheit und Ungerichtetheit des künstlerischen Prozesses Rechnung trägt. Potentiale zu erkennen und zu entwickeln, lenkend aber nicht steuernd diesen Prozess zu begleiten, charakterisiert die mäeutische Haltung des Lehrenden, die getragen wird von seiner hohen Bereitschaft, sich auf den Lernenden einzulassen. Diese Haltung ist auch deswegen unverzichtbar, weil sich die sinnliche Erkenntnis in einem außersprachlichen Bereich bewegt, wo gleichwohl die künstlerische Ausdrucksintention im interaktiven Prozess präzisiert wird. Auf der Basis
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wechselseitigen Vertrauens entwickeln beide gültige Kriterien der Güte des künstlerischen Handelns, die mit Rekurs auf allgemeine Standards, aber individuell interpretiert werden. Im Unterricht vollzieht sich die Aneignung eines Werkes beispielhaft auf verschiedenen Ebenen. Um die Widerständigkeit des Ausdrucksmediums oder musikalischen Stücks zu überwinden, kann der Lehrende bis zu einem gewissen Punkt technische Hilfestellungen geben und aus seinen Erfahrungen schöpfen. Entscheidend ist es, neben der Einbindung in musikhistorische Zusammenhänge, an innere Bilder im Studierenden anzuknüpfen, damit dieser mit seinen Erfahrungen an die Erfahrungshintergründe des zu interpretierenden Werkes, das selbst Ausdruck der sinnlichen Erkenntnis eines künstlerischen Schaffensprozesses ist, anschließen kann. Der Schüler lernt unter seiner Anleitung seine Fähigkeiten einzuschätzen, neue Kräfte freizusetzen und in Geduld mit sich selbst, seine Ambitionen zu prüfen. Er macht dabei nicht einfach nur technische Grenzerfahrungen in der Schulung seines Ausdrucksmittels, sondern ebenso emotionale, indem er ausprobiert, bis zu welchem Grad die künstlerische Identifikation mit einer Ausdrucksintention oder Figur der authentischen Darstellung dient und wann diese selbstdestruktiv wirkt. Sie kennen zu lernen und den angemessenen Umgang mit sich selbst zu lernen, wird in der Ausbildung grundgelegt. Mit der zunehmenden professionellen Autonomisierung des Schülers wandelt sich das Verhältnis in ein kollegiales, wie es als Potential von Beginn an angelegt war. Im Idealfall gleitet der Studierende in und durch diese Transformation in Verbindung mit den weiteren Lehrangeboten der Hochschule in den künstlerischen Berufsalltag.
VI. Institutioneller Auftrag und Ausbildungsorte eines künstlerischen Habitus Die Hochschule repräsentiert in der Breite ihres Lehrangebots mögliche Berufsprofile. Zu ihren Aufgaben gehört es, historische Entwicklungen und Zeitströmungen im Blick zu haben und diese (beispielsweise durch Gastdozenten) in den Hochschulalltag einzubringen. Sie reflektiert die jeweiligen Entwicklungsperspektiven des Faches. Impulse aus dem Musikleben werden in ihrem Entfaltungspotential erkannt und in ihrem möglichen Einfluss auf das Musikleben daraufhin beurteilt, ob von ihnen das Berufsbild modifizierende Entwicklungen ausgehen und entsprechend in die Ausbildung integriert werden müssen. Auch entscheidet die Hochschule darüber, ob aus zunächst experimentell forschenden Unterrichtsansätzen Professionalisierungsbestrebungen erwachsen, die im Horizont einer kanonisierten Sparte (wie z. B. dem Tanz) in neue Berufsbilder münden und entsprechend curri-
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cular formuliert werden müssen. Sie entspricht auf diese Weise ihrer erweiterten Aufgabe, über die Pflege kultureller Traditionen hinaus, ausserhalb zu beobachtende ästhetische Impulse aufzugreifen und kreative Prozesse in Gang zu setzen, die die Studierenden als Erfahrung in sich aufnehmen und dann weiterentwickeln können. M.a.W. sie ist ein Ort des exemplarischen Lernens und Übens, aber stets schon darüber hinausweisend. Eine große Rolle spielt dabei die künstlerische Arbeit der Lehrenden neben der lehrenden Tätigkeit in der Hochschule. Diese Arbeit sichert nicht nur den Kontakt zum aktuellen Musikleben, sondern ist der persönliche Forschungsraum. Daraus entsteht für die Ausbildungssituation eine der markantesten Spannungen zwischen Künstler und Lehrer, zwischen künstlerischer Excellenz und pädagogischer Sorgfalt und Solidarität. Für das Selbstverständnis der Lehrenden als Künstler ist es grundlegend, ihrerseits das zu praktizieren, was ihre künstlerische Identität ausmacht, außerdem werden sie in der Regel als Träger einer erfolgreichen künstlerischen Performanz rekrutiert. Dass den Studierenden bei der Anmeldung ein „Lehrerwunsch“ zugestanden wird, reflektiert diesen Umstand. Als Künstler sind die Lehrenden aufführungsorientiert. Nicht etwa aus Gründen einer narzisstisch besetzten Vorliebe für die Bühnenreputation, vielmehr aus Gründen eines Gebots zu künstlerischer Höchstleistung, das einzuhalten wiederum unerlässlich ist für eine authentische Ausübung der pädagogischen Seite ihres Berufs. Das künstlerische Handeln erzwingt somit eine kontinuierliche Projekt- und Aufführungsorientierung und hat eine Tendenz zur Mobilität im Binnenmilieu des Hauses zur Folge, die durch die gleichzeitige Verpflichtung zur vermittelnden Übersetzung der Professionalität in der Ausbildung überbrückt wird. Die Reputation als Künstler und die Beständigkeit im pädagogischen Alltag stehen in einer spannungsreichen Konkurrenz, man kann von einem institutionalisierten Hasard sprechen, in dem die Studierenden den Lehrenden begegnen. Hochschulen müssen somit einerseits an einer Außenreputation ihrer Mitglieder interessiert sein, andererseits dafür sorgen, dass die wahrgenommene Virtuosität des Kollegiums in die pädagogische Alltagskultur der Einrichtung rückübertragen wird. Musikhochschulen, wie sie sich in Abgrenzung zu Akademien und Konservatorien historisch formiert haben, werden ihrer Wissenschaftsverpflichtung nur gerecht, wenn sie nicht nur akademische Titel verleihen und Promotionsstudiengänge anbieten, sondern wenn sie ihrer eigenen Forschungsaufgabe nachkommen. Sie richtet sich auf die musiktheoretische Reflexion und Interpretation eines Werkes, ebenso wie auf die Analyse der vielfältigen Ausbildungskonstellationen von Einzelunterricht bis zu den Hochschulrahmen überschreitenden Kooperationen, als auch auf die bereits erwähnte Integration musikalischer Innovationen und die Formierung neuer Berufsbilder.
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Treten die Musikhochschulen als Orte der Kulturpflege an die Öffentlichkeit und werden als solche wahrgenommen, geht es gerade nicht um das museale Konservierung bestimmter Musikepochen oder -richtungen, sondern darum zu vermitteln, was Kunst ausmacht, nämlich ein Medium der Auseinandersetzung mit existentiellen Problemen zu sein, die ihre je zeittypische Verarbeitung erfahren. Sie können dadurch einer, das lebendige Musikleben bedrohenden Tendenz entgegenwirken, die Musik auf Schönheit und Empfinden reduziert und dem Publikum eine nur noch auf Genießen reduzierte Musik präsentiert, die keine Überraschungen und Schocks mehr zulässt, weil bevorzugt Bekanntes und auf Wiedererkennung Ausgerichtetes aufgeführt wird. „Alle europäischen Jahrhunderte müssen so vor dem Ohr und geistigen Auge des heutigen Menschen neu entstehen können: das kühn-asketische Mittelalter, die neue Sinnlichkeit der Renaissance, die Komplexität des Barock, der revolutionäre Individualismus der klassischbürgerlichen Kultur, die Phantasiewelt der Romantik. Im Zentrum dieser schöpferischen Bemühungen aber steht die zukunftsweisende Musik unserer Tage; sie ist der eigentliche Bezugspunkt jeder Interpretation, weil sie die lebendige Gegenwart ist“.11 Die interpretatorische Arbeit im Sinne des oben skizzierten Handlungsmodells in das Zentrum der professionellen Aufmerksamkeit zu rücken bedeutet, in der Darstellung des musikalischen Werks nicht nur die verschiedenen Stile der Jahrhunderte zu kennen und technisch zu beherrschen, sondern in der Verbindung von moderner Mentalität mit einem bestimmten historischen Text etwas Drittes und Neues entstehen zu lassen. Durch den interpretatorischen Prozess des lebendigen Musikers werden musikalisch artikulierte Erfahrungen stets neu gedeutet. Dieses Erfahrungspotential erschließt sich dem Rezipienten nicht zwangsläufig, sodass außer der in Muße vollzogenen inneren Öffnung und der Bereitschaft des Rezipienten, sich irritieren zu lassen, eine musiktheoretisch angeleitete Orientierung für das Publikum zunehmend unentbehrlich wird. Aus der vorangestellten Exposition ergeben sich unterschiedliche Optionen für die institutionelle Selbstartikulation von Musikhochschulen. Wenn sich derzeit unverkennbar der Bereich künstlerischer Praxis zunehmend differenziert und spezialisiert, was als Entwicklung des Kunstbetriebs hier nicht zu kommentieren ist, so läge eine mögliche Reaktion darauf auch darin, in der Ausbildung die musikästhetische und musiktheoretische bzw. musikhistorische Reflexion zu stärken. Damit ließe sich einer Vereinseitigung der Instrumentalausbildung entgegenwirken. Die künstlerische Ausbildung deutlicher auf die Explikation von Sinnzusammenhängen des Musikalisch bzw. Darstellerisch Schönen zu beziehen, wäre die übergreifende Basisqualifikation, die sich auf die Pflege eines professionellen Habi11
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tus künstlerischer Berufe richtet, jenseits ihrer instrumentalen oder medialen Spezialisierung. Nicht technische oder handwerkliche Perfektion, vielmehr das Schulen der Wahrnehmung ästhetischer Traditionen, in denen ein Werk steht, das Schulen der Fähigkeit zur Rekonstruktion der kompositorischen Logik, der ein Werk seine sinnliche Evidenz verdankt, wären als Gütekriterien künstlerischer Ausbildung anzusehen. Jenseits der artistischen Perfektion läge die wichtige pädagogische Leistung der Lehrenden darin, dass der an der Hochschule arbeitende Musiker sich einen Habitus aneignet. Auf seiner Grundlage gelingt es, die musikalische Performanz nicht etwa explikationslos eine Empfindung per Selbstmystifikation zu suggerieren, sondern sie historisch, interpretatorisch und biografisch zu kontextuieren. In der künstlerischen Ausbildung die intellektuelle Abstraktion zu unterstreichen, wäre eine angemessene Reaktion auf den sich wandelnden Rezeptionsraum und den Wandel der Berufsprofile. Auch die schulpädagogische Kompetenz gewinnt an Kontur, wenn das Reflexionsvermögen im Hinblick auf die Erkenntnisleistung der Musik erhöht wird. In diesem Sinne liegt die Zukunft der künstlerischen Ausbildung nicht in der Addition neuer Kompetenzräume, Berufsfelder o. dgl, sondern in der Besinnung auf die Kompetenzanteile, die im idealtypischen Format des Musizierens seit jeher strukturprägend waren: reflektierende Aneignung einer sprachlos artikulierten Erkenntnis im Bewusstsein ihrer hermeneutischen Zugänglichkeit. Das wäre Vermittlung im besten Sinne des Wortes, würde das Magische des Künstlerischen verständlich machen und zugleich das Kulturstiftende dabei nicht aufgeben.12 Der institutionelle Auftrag der Musikhochschule bezieht sich im Kern auf künstlerische Kompetenz. Die Last der Berufsfindung zu übernehmen, würde die Institution hoffnungslos überlasten. Zukünftig bedarf es diesbezüglich gerade im Sektor der künstlerischen Berufe erheblicher institutioneller Phantasie, um die systematisch prekäre Übergängigkeit eines professionellen Kompetenzprofils in die Nachfragevielfalt des Arbeitsmarktes behutsam zu übersetzen. Es mag überraschend klingen, angesichts eines vielerorts verselbständigten Modells künstlerischer Performanz einer Struktur des Ausbildungsverhältnisses das Wort zu reden, die einem pädagogischen Traditionalismus Tür und Tor zu öffnen scheint. Dem ist jedoch nicht so, vielmehr liegt in dem hier vorgestellten Modell eine Rationalitätsstruktur begründet, die es erst ermöglicht, Voraussetzungen und Folgen möglicher Entwicklungspfade für die künstlerische Ausbildung beurteilen zu können. Hochschulen für 12 Hierbei darf man auf die Entwicklung in der Musikwissenschaft setzen, für die bislang ein vom Historismus bestimmtes Paradigma bestimmend ist und die erst dabei ist, Gütekriterien für die künstlerische Qualität in ihren Begriff von Wissenschaft zu inkorporieren, also die ästhetische Reflexion und die Materialanalyse als durchaus kompatibel zu begreifen.
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künstlerische Ausbildung weisen in ihren Alltagsbeziehungen eine Bezugnahme auf Rationalitätsprinzipien auf, die nicht ineinander übersetzbar und auch nicht institutionell zu separieren sind, die vielmehr die Eigenart der Einrichtung ausmachen. Die markanteste Spannung entsteht zwischen Künstler und Lehrer, zwischen ästhetischer Exzellenz und pädagogischer Sorgfalt und Solidität. Die Lehrenden werden in der Regel als Träger einer erfolgreichen künstlerischen Performanz rekrutiert – dass den Studierenden bei der Anmeldung ein „Lehrerwunsch“ zugestanden wird, reflektiert diesen Umstand. Als Künstler sind die Lehrenden aufführungsorientiert. Nicht etwa aus Gründen einer narzisstisch besetzten Vorliebe für die Bühnenreputation, vielmehr aus Gründen eines Gebots zu künstlerischer Höchstleistung, das einzuhalten wiederum unerlässlich ist für eine authentische Ausübung der pädagogischen Seite ihres Berufs. Das künstlerische Handeln erzwingt somit eine kontinuierliche Projekt- und Aufführungsorientierung und hat eine Tendenz zur Mobilität zur Folge, die durch die gleichzeitige Verpflichtung zur vermittelnden Übersetzung der Professionalität in der Ausbildung überbrückt wird. Die Reputation als Künstler und die Beständigkeit im pädagogischen Alltag geraten in ein Verhältnis dauerhafter Konkurrenz, man kann von einem institutionalisierten Hasard sprechen, in dem die Studierenden den Lehrenden begegnen. Hochschulen haben somit ein Eigeninteresse, einerseits für die Außenreputation ihrer Mitglieder Sorge zu tragen, andererseits das Kollegium zu verpflichten, die wahrgenommene Virtuosität des Kollegiums in die pädagogische Alltagskultur der Einrichtung rückübertragen wird. Als weichenstellendes kommunikatives Schlüsselkonzept für diese Zielsetzung kann das Meister-Schüler-Verhältnis gelten – von seinen romantischen Verklärungen ebenso befreit wie von seinem bisherigen Geltungsbereich der KA -Ausbildung erweist es sich als zukunftsweisendes Konzept für die Qualitätssicherung der künstlerischen Ausbildung. Die Meister-Schüler-Beziehung ist das „Arkanum der Institution“, dessen Schutz vor der Eigenlogik der Organisation alle Anstrengungen gewidmet sein sollten. Dies ist auch eine Aufgabe des Rechts als Ordnungsstiftung.
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L’interventismo europeo e la sovranità del mercato Mario Barcellona
Sommario: I. Il diritto europeo e la sovranità del mercato: precisazioni e prospettive. – II . L’ambiguità del diritto europeo: tra declamazioni ordoliberali e neo-interventismo. – III . La ri-economicizzazione dell’“economia mista” e la normativizzazione del “modello autentico” del libero scambio. – IV. La purificazione dell’economia dalle interferenze della politica e la “complessità di ritorno”: la ratio sistemica del nuovo interventismo mercantile. – V. Tra regressione della politica e universalizzazione del “codice” economico.
I. Tutta la Civilistica europea e buona parte della Teoria generale del diritto si sono sviluppate intorno ad un asse che attraverso l’analisi del rapporto tra legge e contratto si interrogava su mercato e Stato, su autonomia ed eteronomia, e dunque su individuo e società. Il mio modo di rendere omaggio al prof. Gunther Teubner, carissimo amico ed ammirato collega, è quello di ritornare su quest’asse per provare a registrare i mutamenti che questa tumultuosa contemporaneità sembra proporre. Sul piano del sistema privatistico questi mutamenti vengono soprattutto dall’Europa e trovano rappresentazioni spesso tutt’altro che univoche. Segnatamente, mentre nell’opinione di una larga parte del cultori del diritto privato il diritto europeo sembra dischiudersi ad un orizzonte di socialità 13, viceversa da luoghi di osservazione diversi (quali quelli dell’eco13 V., ad es., G. Alpa Le clausole abusive nei contratti dei consumatori, in: Con. e Impr., 1993, 635 ss. e La protezione della parte debole, in: M.J. Bonell – F. Bonelli, Contratti commerciali internazionali e Principi Unidroit, Milano, 1997, 240; F. De Nova Direttiva 93–13 CEE . Normativa comunitaria in tema di clausole abusive, in: Contratti, 1993, 355 ss.; A. Gentili I principi di diritto contrattuale europeo: verso una nuova nozione di contratto?, in: G. Alpa – E.N. Buccico, Il codice civile europeo, Materiali dei Seminari 1999–2000, Milano, 2001, 249 ss. Ma v. anche H. Collins The Law of contract, London, 1993, 28 ss., 105–109 e La giustizia contrattuale in Europa, in: Riv. crit. dir. priv., 2003, 659 ss.;
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nomia, della politologia e della sociologia) esso sembra aver insediato il mercato come nuovo sovrano 14. Va detto subito che la sovranità del mercato prima ancora che nel diritto europeo, ha il suo cominciamento nel diritto moderno in generale, e fin dalla sua istituzione (che – stipulativamente – si può far risalire, almeno per l’Europa continentale, alla Rivoluzione francese, alla Dichiarazione dei diritti e al Code Napoléon). Sono i principi di eguaglianza e libertà del diritto moderno che hanno elevato il consenso, e dunque il contratto, a forma universale di ogni mediazione sociale e che, perciò, abrogando le relazioni personali di dipendenza dell’Antico Regime, hanno istituito – o meglio universalizzato – il libero scambio e la moderna economia di mercato 15. Il diritto moderno ed il suo formalismo, differenziandosi dalla politica e dall’etica (“dal trono e dall’altare” 16), hanno istituito e garantito l’autonomia dell’economico, l’indifferenza del contratto, e dunque dello scambio, ad ogni determinazione materiale e spirituale dei suoi protagonisti. E’, dunque, il diritto moderno che ha insediato il mercato come nuovo sovrano sociale in luogo delle autorità delle epoche precedenti 17. M.W. Hesselink The politics of a European Civil Code, in ELJ , 2004, 676 ss.; e S. Grundmann L’autonomia privata nel mercato interno: le regole di informazione come strumento, in: Eur. e dir. priv., 2001, 281. Ma su questa comprensione del diritto europeo v. M. Barcellona Clausole generali e giustizia contrattuale. Equità e buona fede tra codice civile e diritto europeo, Torino, 2006, 257 ss. 14 “Il mercato, spaziale o globale che si dica, – scrive N. Irti Nichilismo giuridico, Roma – Bari, 2004, 10 – obbedisce ad una logica di rigorosa oggettività. I particolari linguaggi sono ridotti al gergo inglese della tecno-economia; la varietà delle monete tende a contrarsi ed unificarsi; gli uomini assumono le posizioni tipiche del mercato (imprenditori, compratori, venditori). Gli “individui imprecisi” (per usare un’espressione di Paul Valéry) non sono ammessi: tutti debbono lasciarsi misurare da criteri omologanti, rendersi conformi all’uniforme. Così, insieme con l’identità dei luoghi, è perduta l’identità degli uomini, considerati semplici funzionari del mercato”. Ma a questo “nuovo sovrano” sembra corrispondere nel mondo normativo solo “l’immane regno della contingenza”: cadute le garanzie della natura o della ragione ed esauritisi i loro surrogati intra-mondani, le ideologie politiche, “questa smarrita solitudine, questa perdita di ogni centro … apre le porte del diritto al ‘più sinistro tra tutti gli ospiti’, il nichilismo” (così ancora N. Irti op. cit., 24). Il diritto si mostrerebbe, così, “nudo” nella sua struttura eminentemente tecnica, e dunque in qualche modo alla fine “innocente”. Anche su questa “innocenza” del diritto si propongono di ragionare le considerazioni che seguono: ma v. già M. Barcellona Critica del nichilismo giuridico, Torino, 2007, e Il nichilismo giuridico, la forma del diritto moderno e il nuovo sovrano, in: Riv. dir. civ., 2007, n769 ss. 15 M. Barcellona Diritto, sistema e senso. Lineamenti di una teoria, Torino, 1996, 74 ss. 16 R. Wiethölter Le formule magiche della scienza giuridica, Bari, 1975. 17 M. Weber Economia e società, III , Sociologia del diritto, Milano, 1981, 189 ss.
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Ascrivere la sovranità del mercato al diritto europeo suppone, perciò, che questo “senso nucleare” del diritto moderno sia stato in qualche modo ridimensionato in quella fase storica racchiusa nel c.d. “secolo breve” che va sotto il nome di Welfare State ed ipotizza che il diritto europeo possa prospettarsi in qualche misura come inversione di questo precedente processo.
II. Dal punto di vista della teoria giuridica, l’avvento del Welfare State è stato definito, soprattutto, da due processi: la produzione, accanto al diritto classico dell’eguaglianza, di un nuovo diritto diseguale e la formazione, accanto al sistema dei codici civili, di una costellazione di sotto-sistemi di legislazione speciale 18. In ragione di ciò, la lettura giuridica, che di questo processo si dava, muoveva dalla spiegazione del diritto eguale come forma giuridica della logica mercantile e del primato dell’autonomia dei privati 19, ed approdava alla identificazione del Welfare con l’avvento del diritto diseguale e della legislazione speciale, che quella forma de-formavano aprendola all’eteronomia di istanze materiali o spirituali 20. Essa, dunque, procedeva dalla contrapposizione tra autonomia ed eteronomia e misurava sul quantum dell’una e dell’altra il dominio del mercato. Questa lettura era assolutamente corretta. E, però, se si procedesse oggi secondo queste categorie ad interrogarsi sulla sovranità del mercato insediata dal diritto europeo, il risultato potrebbe sembrare tutt’altro che scontato. In tutti i documenti europei (dai trattati alle sentenze della Corte di Giustizia, agli Action plans della Commissione) si legge, quasi in modo ossessivo, che la costruzione europea si regge sui pilastri delle quattro libertà di circolazione: dei beni, dei capitali, dei servizi e del lavoro. Che sembrano tradurre in forma normativa l’appello dei mercanti di Francia al Colbert, minestro di Luigi XVI : laissez faire, laissez passer, divenuto il manifesto del liberismo moderno. Ci si attenderebbero, allora, atti normativi e sentenze, provenienti dai “luoghi” della costruzione europea, di carattere essenzialmente negativo, 18 N. Irti L’età della decodificazione, Milano, 1979; M. Barcellona Diritto sistema e senso, cit., 148 ss., 445 ss. 19 M. Weber Sociologia del diritto, cit., 52 ss.; F. Neumann Lo Stato democratico e lo Stato autoritario, Bologna, 1973, 265 ss. 20 P. Barcellona I soggetti e le norme, Milano, 1984, 141 ss. e L’individualismo proprietario, Torino, 1987, 40 ss.
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ossia rivolti a smantellare l’insieme di “lacci e laccioli” – come usava dire un tempo – orditi nei paesi dell’Unione in poco meno di un secolo di avvento e sviluppo del Welfare State. In realtà, una rassegna, anche sommaria, dell’impatto degli atti normativi europei sugli ordinamenti nazionali sembra suggerire un giudizio esattamente opposto. Un esempio è eloquente: il nostro Codice civile del 1942 dedicava alla contrattazione di massa e all’intervento pubblico nei rapporti di scambio solo tre articoli, il 1341 sulle “condizioni generali di contratto”, il 1342 sui “contratti conclusi mediante moduli e formulari” e il 1339 sull’“inserzione automatica di clausole” (oltre che l’art. 2597 sull’“obbligo di contrarre in caso di monopolio”); la medesima materia, proprio per effetto dell’impatto degli atti normativi europei, è, oggi, regolata da un Codice del consumo, che annovera ben 146 articoli (oltre che dalla Legge Anti-trust). A partire dagli anni ’90 del secolo appena trascorso la disciplina del contratto, e dunque dello scambio e del mercato, è stata alluvionata da una messe di “direttive” che hanno imposto l’adozione (o hanno indotto per inevitabile emulazione la formazione) di normative di intervento e di controllo e correzione dell’autonomia privata, che investono vertice e base della piramide contrattuale: da un lato, la disciplina anti-trust, che limita e invalida fusioni e concentrazioni di imprese e ne sanziona in vario modo la posizione dominante e le relative manifestazioni negoziali; dall’altro, una molteplicità di discipline dei contratti di consumo che sembrano aver chiuso ogni possibile maglia all’ingresso nella negoziazione di massa di ogni forma di abuso dei c.d. contraenti-forti 21. A stare ai fatti e a muovere dalla disciplina del contratto – che, però, rappresenta il cuore del mercato –, si dovrebbe concludere, allora, che la liberista Europa ha fatto in circa un quindicennio quel che l’interventista Welfare State non era riuscito a fare in poco meno di un secolo. L’immagine, che tutto questo restituisce, non sembrerebbe, dunque, quella del trionfo del mercato ma quella del suo definitivo imbrigliamento.
III. Un tale giudizio, però, tralascerebbe due cose di centrale importanza. La prima cosa è che la costruzione europea ha già prodotto una “costituzione di fatto”, la quale ha profondamente modificato le costituzioni econo-
21 H. Collins La giustizia contrattuale in Europa, in: Riv. crit. dir. priv., 2003, 659 ss.; S. Grundmann L’autonomia privata nel mercato interno, le regole di informazione come strumento, cit. 257 ss.
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miche nazionali 22, e per il loro tramite il fondamento stesso dei patti costituzionali sui quali esse si reggevano. Si può discutere sul se e in che misura i principi europei di “Politica economica” (ora recati dal Capo II del Titolo VII del Trattato dell’Unione) abbiano abrogato del tutto la disciplina del Titolo III della nostra Costituzione sui “Rapporti economici”, e con essa la presenza pubblica nell’economia 23. Ma non si può nutrire alcun serio dubbio sulla circostanza che in essi il rapporto tra Stato e mercato sia radicalmente mutato, addirittura capovolto 24. Dall’idea che assegnava allo Stato il compito tanto di presiedere, in luogo del mercato, all’erogazione dei servizi essenziali che di correggere politicamente il mercato quando interferisse con la soddisfazione dei bisogni primari dei cittadini e con esigenze di carattere superindividuale, i principi introdotti nei Trattati europei segnano il passaggio all’idea che il mercato sia tendenzialmente in grado di rispondere ad ogni istanza di benessere sociale sol che gli sia dato di sviluppare integralmente la libera concorrenza e che, perciò, lo Stato debba tendenzialmente limitarsi ad intervenire all’esclusivo fine di rimuovere ogni sorta di ostacolo all’integrale dispiegarsi di una competizione non solo libera ma anche tutta privata 25. 22 M. Luciani L’antisovrano e la crisi delle costituzioni, in: Riv. dir. cost., 1996, 147 ss. Non a caso, di recente, si è anche detto addirittura di una “revisione tacita” della Costituzione ad opera dell’immissione automatica di principi e norme comunitari: R. Guastini Lezioni di teoria costituzionale, Torino, 2001, 105 ss. 23 Cfr. R. Guastini op. loc. citt., e la bibliografia ivi citata. 24 I compromessi sociali sanciti dalle costituzioni nazionali si fondavano, essenzialmente, su di un triplice compromesso: tra impresa e lavoro, tra stato e mercato e tra produzione del reddito, debito pubblico e fiscalità. Questo compromesso si articolava, perciò, su tre pilastri fondamentali: (a) sull’espansione dei servizi pubblici e delle funzioni di assistenza; (b) sulla supplenza statale del mercato e dell’economia; (c) sulla sovranità della politica sulla spesa pubblica e sulla moneta. Tutti e tre questi pilastri, con i quali il Welfare State si presentava, di volta in volta, con i volti dello Stato assistenziale, dello Stato imprenditore e finanziatore, dello Stato-provvidenza, ecc., (D. Serrani Lo Stato finanziatore, Milano, 1971; G. Amato Il governo dell’industria in Italia, Bologna, 1972; M.S. Giannini Diritto pubblico dell’economia, Bologna, 1977) sono stati del tutto abbattuti o radicalmente ridimensionati dai principi recepiti nei Trattati europei e nelle direttive che li hanno implementati. E segnatamente: (a) dalla raccomandata privatizzazione dei servizi pubblici; (b) dalla ingiunta privatizzazione delle imprese statali e, soprattutto, dal rigido divieto degli aiuti di Stato; (c) dalla istituzione della Banca europea, dall’introduzione della moneta unica e dai vincoli finanziari prescritti dal trattato di Maastricht. 25 Quest’idea, che si può leggere su tutti i documenti europei fin dai tempi della CEE (v., ad es., il Libro verde sulla protezione dei consumatori nell’Unione europea del 2001 e il Libro verde sulla revisione dell’acquis relativo ai consumatori del 2007, corrisponde all’impostazione ordoliberale seguita nella costruzione europea (su cui v. W. Sauter The Economic Costitution of the European Union, in: Columbia Jour. of Eur. Law, 1998, 27 ss.) e si
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La seconda cosa che di solito non si considera abbastanza è che l’interventismo europeo nei rapporti di scambio, che a prima vista sembrerebbe contraddire questi principi, in realtà presenta strutture e senso del tutto diversi da quelli che connotavano l’interventismo del vecchio Welfare State 26. L’intera legislazione speciale del Welfare e la sua organizzazione in sottosistemi distinti informati a rationes assolutamente extra-mercantili affondavano le loro radici nella stessa struttura parziale della complessità che così veniva regolata e nella ratio radicalmente antinomica che presiedeva al suo trattamento: il contenimento dei principi “politici” recati dalla legislazione di intervento era, perciò, assicurato, per un verso, dalla stessa concretezza con cui i soggetti e rapporti in essa considerati (lavoratore, inquilino, contadino, ecc.) si contrapponevano all’astrattezza della figura codicistica del “contraente” e, per l’altro verso, dalla stessa non-generalizzabilità delle sue soluzioni rispetto alla ragione mercantile incorporata nelle discipline codicistiche del contratto 27. Nessuna di queste condizioni sembra darsi nell’odierno rapporto tra il Codice civile ed il diritto comunitario 28. In quest’ultimo, infatti, si ritrovano, da un lato, soggetti e rapporti che sembrerebbero collocarsi solo un gradino più in basso del livello di astrazione sancito dalla figura codicistica del “contraente”; e, dall’altro, principi regolativi e dispositivi la cui generalità è misurata dalla loro corrispondenza agli trova esemplarmente esposta in forma divulgativa, e con manifesti propositi affabulatori, in A. Alesia/F. Giavazzi Il liberismo è di sinistra, Milano, 2007, 45 ss. e 103 ss. Ma si v. dal punto di vista dell’analisi giuridico-istituzionale N. Irti L’ordine giuridico del mercato, Roma-Bari, 1998, 65 ss. e G. Amato Il potere e l’Antitrust, Bologna, 1998 26 M. Barcellona I nuovi controlli sul contenuto del contratto e le forme dell’eterointegrazione: Stato e mercato nell’orizzonte europeo, in: Europa e dir. priv., 2008, 33 ss. 27 M. Barcellona Diritto, sistema e senso, cit., 154 ss., 445 ss. 28 Ed infatti: – il diritto comunitario opera sulla base di una semantica centrata sulla contrapposizione tra professionista e consumatore; – una tale semantica prescinde, programmaticamente, tanto da qualsiasi determinazione sociale che da qualsiasi complessità ambientale socialmente tipica; – la considerazione che il diritto comunitario riserva ai rapporti da esso così regolati trae dichiarato fondamento giuridico dall’esigenza di reprimere le distorsioni che vengono alla concorrenza dalla manipolazione delle condizioni normative degli scambi; – proprio in ragione della logica concorrenziale da cui muove, il diritto comunitario si guarda bene dal sindacare le ragioni di scambio convenute tra “professionista” e “consumatore” e interviene, fondamentalmente, solo sull’equilibrio normativo del contratto, sulla regolamentazione delle obbligazioni reciproche dei contraenti ed al fine precipuo di ripristinare la legge del mercato (o una sua simulazione) ove le condizioni di fatto della contrattazione ne ostacolino il pieno dispiegamento; – di guisa che l’intervento da esso promosso consiste, fondamentalmente, nel ripristino della trasparenza contrattuale e delle condizioni del c.d. consenso informato, ossia nel ripristino coattivo del modello mercantile presupposto ma non sufficientemente garantito dal sistema dell’autonomia privata.
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stessi presupposti (magari postulati ancorchè non giuridicamente garantiti) dell’autonomia privata 29. I principi di trasparenza, consenso informato e buona fede, che presiedono all’intervento europeo sulla disciplina dei contratti (del consumatore), si concepiscono e si presentano come l’inveramento del modello di scambio immaginato dal legislatore moderno del contratto e posto a base dei principi che regolano l’autonomia privata nei codici moderni. La logica simbolica della volontà, su cui è stata costruita tutta la disciplina moderna del contratto presente nei codici civili nazionali, suppone tanto l’informazione del contraente che la sua possibilità pratica di determinarsi diversamente in ordine al regolamento del rapporto contrattuale 30. Per lo meno a partire dalla seconda metà del secolo scorso, i giuristi hanno ripetuto che il mercato reale non corrispondeva affatto a questo modello, e perché l’informazione in esso si presentava affatto diseguale e perché, in ogni caso, la disparità di potere contrattuale esautorava ogni possibilità di diversa determinazione del contraente più debole. Ebbene, la disciplina comunitaria si propone, per l’appunto, di sostituire al tradizionale intervento “a valle” che correggeva l’esito di queste distorsioni, ossia il rapporto di scambio tra bene e corrispettivo, un intervento “a monte” che riequilibri le condizioni della contrattazione, ossia che corregga le asimmetrie informative e distribuisca equamente gli obblighi reciproci dei contraenti 31. La filosofia eminente di questo nuovo intervento e del rapporto tra legge e mercato, che esso suppone, è, precisamente, che le sperequazioni sociali che la moderna disciplina del contratto sembra aver fomentato per circa due secoli non siano dipese dall’intrinseca ingiustizia del sistema del libero scambio (cui la disciplina moderna del contratto dà forma), bensì dalla discrepanza tra le prassi negoziali e il modello autentico dell’economia di mercato: strozzature e sopraffazioni non debbono imputarsi, perciò, al mercato ma al suo insufficiente funzionamento, alle carenze nelle condizioni della sua corretta operatività. Per questa filosofia, allora, il compito dell’intervento non è quello di sovrapporre al mercato le determinazioni della politica correggendo le ragioni di scambio che nascono dalla libera contrattazione, ma quello, diverso, di rimuovere le resistenze che le incrostazioni di potere economico e le asimmetrie cognitive frappongono al pieno dispiegamento della sua logica 32. M. Barcellona I nuovi controlli, cit., 35 ss. Cfr. P.G. Monateri I contratti d’impresa e il diritto comunitario, in: Riv. dir. civ., 2005, I, 491, e, più in generale, N. Irti L’ordine giuridico del mercato, cit., 31 M. Barcellona I nuovi controlli, cit., 38. 32 M. Barcellona Clausole generali e giustizia contrattuale. Equità e buona fede tra cidice civile e diritto europeo, cit. 257 ss. 29 30
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Ma la logica del mercato è quella del libero scambio e la logica del libero scambio è la logica – che si immagina – incarnata nella libertà del volere e nei suoi postulati. Alla legge spetta, allora, innanzitutto di garantire i presupposti della libertà del volere, ossia di garantire che il contratto si formi sulla base di un consenso consapevole e informato 33. Giacché, poi, sarebbe il dispiegamento della concorrenza (a sua volta garantito dalle leggi anti-trust) ad assicurare che le ragioni di scambio si determinino secondo criteri di distribuzione ottima delle risorse, e dunque di giustizia sostanziale, ossia a garantire l’“equilibrio economico” e il “giusto prezzo”. Sancendo i principi della trasparenza contrattuale e del consenso informato e garantendo l’equilibrio normativo del contratto 34, questo nuovo intervento intende, allora, render “vero”, coattivamente, il modello di scambio e di mercato presupposto dalla logica simbolica della volontà, cioè appare preordinato ad imporre allo scambio ed al mercato reali i caratteri del modello di scambio e di mercato prospettato dagli economisti classici e neoclassici e supposto dai legislatori dell’’800 e del ’900.
IV. Al di là dell’apparenza, dunque, il segno di questo nuovo interventismo europeo è, perciò, tale che gli si può riconoscere il senso reale di aver ripristinato la sovranità del mercato 35. 33 Precisamente, un consenso libero e informato esigerebbe solo che la conclusione del contratto avvenga all’insegna del principio della trasparenza contrattuale. Ed i doveri di informazione, nei quali questo principio si articola nelle diverse discipline di settore apprestate dalle Direttive comunitarie, sono chiamati, per l’appunto, a presiedere a questo compito (cfr. S. Grundmann L’autonomia privata nel mercato interno, cit., 257 ss.). Dove manchino tali discipline e, soprattutto, dove esse rischino di fallire il loro obiettivo, è chiamata ad intervenire la buona fede: essa è designata come lo strumento più adatto ad offrire la misura del “giusto contratto” cui raffrontare e secondo cui correggere il regolamento privato dei rapporti tra professionisti e consumatori (cfr. A. Di Majo L’osservanza della buona fede nei principi Unidroit sui contratti commerciali internazionali, in: M.J. Bonell/ F. Bonelli, Contratti commerciali internazionali e principi Unidroit, cit. 145 ss. e i saggi raccolti in R. Zimmermann/S. Whittaker, Good faith in European Contract Law, Cambridge, 2000). 34 A. Di Majo L’osservanza della buona fede nei principi Unidroit sui contratti commerciali internazionali, in: M.J. Bonell/F. Bonelli, Contratti commerciali internazionali e principi Unidroit, cit. 145 ss. e i saggi raccolti in R. Zimmermann/S. Whittaker, Good faith in European Contract Law, cit. 35 Segnatamente, questa nuova sovranità si legge nel mondo normativo su due piani: (a) innanzitutto, sul piano della ri-economicizzazione di quanto il Welfare State aveva deeconomicizzato, ossia aveva dislocato sul terreno delle relazioni non economiche o aveva comunque sottratto al mercato attraverso la creazione di rapporti che, per i
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Ma la restaurazione della sovranità del mercato implica la detronizzazione della politica (o, almeno, della c.d. politica economica), ossia l’indisponibilità per la politica di quell’ordine della produzione e riproduzione della vita materiale che aveva preteso di governare nel corso di tutto il c.d. secolo breve. Il modo più efficace e teoricamente attrezzato di comprendere e rappresentare questo processo sembra ancora quello che fa leva sul paradigma della differenziazione funzionale 36: la “sovranità” del mercato segna la definitiva emancipazione del sistema economico dalle pretese espansive del sistema politico, e così la sopraordinazione della sua razionalità al “codice” della politica. Quest’emancipazione dell’economia si dà, per l’appunto, attraverso la “purificazione” del diritto dalle interferenze con cui la “misura” politica aveva insidiato la sua autoreferenzialità nell’epoca del Welfare State 37. In questo quadro, del nuovo interventismo, dove la logica della “volontà” sembrerebbe finalmente esser “presa sul serio”, può darsi una lettura diversa e più produttiva: esso vi appare come il “ritorno” entro il sistema giuridico delle tensioni che avevano prima sede nei regimi dei diversi sotto-sistemi della legislazione speciale del Welfare State. In questa chiave la sua spiegazione si coglie non nella riscoperta del vero scambio e dell’autentico modello del mercato bensì nelle “resistenze delle pratiche sociali al loro nuovo regime economico” 38 e nelle risposte che vi appresta il sistema giuridico. Il ridimensionamento della politica implica che la complessità da essa prima “trattata” nei sotto-sistemi della legislazione speciale rientri nei sistemi da cui si era originata e da cui era stata scorporata. E poiché questo ritorno ai suoi originari sistemi non ne implica affatto il dissolvimento, ne segue che questa complessità entro i sistemi in cui è ritornata produce tensioni e incongruenze, che, a loro volta, si traducono in “irritazioni” del sistema giuridico che dovrebbe governarle (così, ad es., la prassi di contratti “carpiti” e/o “unilateralmente imposti” irrita il principio giuridico dell’autosoggetti (servizi, ecc.) o per la provvista (imprese in mano pubblica, ecc.), fuoriuscivano dalla logica economica; (b) in secondo luogo, sul piano della legalizzazione del modello mercantile, quale si dà nella nuova forma di intervento nei rapporti contrattuali che si concepisce, e comunque si prospetta, come implementazione forzosa, coattiva dei presupposti materiali (rectius: di taluni dei presupposti materiali) del “modello di scambio” presunto dalla teoria del mercato. 36 N. Luhmann da Illuminismo sociologico, Milano, 1983, 143, a La differenziazione del diritto, Bologna, 1990, 61 ss. 37 M. Barcellona Diritto, sistema e senso, cit., 511 ss. 38 G. Teubner Giustizia nell’era del capitalismo globale?, in Riv. crit. dir. priv., 2008, 191 ss., ma già e più diffusamente in: La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione. L’emergere delle costituzioni civili, Roma, 2005.
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determinazione negoziale). Ma per rispondere a queste “irritazioni” il sistema giuridico è ora costretto a servirsi soltanto dei “mezzi”, delle risorse che può offrirgli la sua razionalità ad un livello più articolato, e cioè nella specie la ratio del principio di autodeterminazione e la ratio del principio di concorrenza. Tensioni e incongruenze, dunque, producono un trattamento della complessità, da cui originano, che consiste nel dispiegamento della logica dell’autonomia privata e del mercato, ossia, rispettivamente, nella sanzione legale delle pre-condizioni del “consenso consapevole e informato” e nella desclosure ed effettiva comparabilità dei contenuti reali delle offerte in concorrenza tra loro. Nell’ambito dei rapporti tra politica ed economia, dunque, il contenimento della ratio politica implementa nel sistema giuridico processi di rideterminazione che consistono, propriamente, nello sviluppo della sua razionalità: alle tensioni ereditate dalla precedente ed ora rientrata mediazione politica esso risponde con più autonomia e più mercato. Ma la dinamica sistemica che presiede a queste “soluzioni interne” dell’accresciuta complessità dei sistemi sociali vale anche a farne comprendere i limiti: le recenti crisi finanziarie hanno rimesso in campo tutto l’arsenale del vecchio Stato interventista ed hanno inferto un colpo gravissimo alla filosofia mercantile che predica l’autonomia e l’autosufficienza del mercato rispetto alla politica 39.
V. Letta dentro questo quadro la nuova sovranità del mercato mostra un’altra, e più generale, ragione di perplessità. Nelle elaborazioni più avanzate del Societal Costituzionalism quel che si registra a proposito del rapporto tra politica ed economia è concepito e rappresentato come il frammento di un generale riassetto delle relazioni tra i sistemi sociali che assegna al sistema giuridico una nuova e cruciale funzione di garanzia: il diritto opererebbe questa ri-confinazione della politica rispetto all’economia nel quadro di una sua nuova strategia che gli assegna la protezione dell’“autonomia delle sfere di azione”, tanto individuali che sociali, dalle tendenze espansionistiche di ogni altra razionalità parziale, e dunque la loro protezione non solo rispetto all’ingerenza della politica ma anche verso lo stesso espansionismo della “matrice” economica 40. 39 E così la morte del keynesismo, la fine delle interferenze politiche e la declamata autonomia del sistema economico convivono, senza troppi turbamenti, con la decisione del Tesoro USA , dopo il “salvataggio” di Bear Stearns, di “nazionalizzare” Fanni Mae e Freddie Mac. 40 G. Teubner Giustizia nell’era del capitalismo globale?, cit., 192.
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Ma quel che al diritto è sembrato (almeno fino a qualche giorno addietro) riesca nei rapporti tra la politica ed il sistema economico, e cioè una ri-confinazione della prima che dispiega evolutivamente l’autonomia del secondo, è molto dubbio possa riuscire con la medesima efficacia nei rapporti tra la “matrice” economica e gli altri sistemi parziali della società, le altre sfere ove si sviluppa la comunicazione sociale tra gli individui. Il “successo” del sistema giuridico nel campo che si è esaminato discende da una specifica “solidarietà” del diritto (privato) con l’economia, ossia dalla circostanza che il funzionamento degli “accoppiamenti strutturali” tra l’uno e l’altra (ad es., contratto/scambio, perdita economica/danno giuridico, ecc.) è massimizzato dalla specifica circolarità che i dispositivi giuridici esibiscono: il diritto riceve inputs dall’economia che processa autonomamente e restituisce outputs in essa immediatamente convertibili in virtù della forma monetaria dei suoi rimedi. Questo, però, non è un carattere che il diritto assume quando sia posto in accoppiamento con l’economia, è, invece, un carattere che il diritto presenta in generale. La protezione che il diritto può offrire rispetto alle “intrusioni” degli altri sistemi invasivi è costituita dal “divieto giuridico” 41. Ma la tutela contro la violazione di un tale divieto si risolve, alla fine, in una condanna al risarcimento del danno. Vi è, dunque, un limite intrinseco del sistema giuridico che si dà nella stessa forma (in ultima istanza) pecuniaria del suoi rimedi. Ma questo suo limite retroagisce su tutto quanto è affidato ai suoi rimedi: il diritto, semplicemente, non può occuparsi che di ciò che può sottoporre ai suoi outputs; i suoi outputs presentano carattere monetario; il diritto, perciò, non può occuparsi che di ciò che è concepibile, è accettato sia convertito in denaro 42. L’utilizzazione del diritto per proteggere l’ “autonomia delle sfere di azione” individuali e sociali, perciò, suppone necessariamente che tali “sfere di azion” possano essere trattate come commensurabili e cioè convertibili in denaro 43 e, soprattutto, implica che esse siano tolte dalla loro singolarità e irripetibilità, cioè dalla loro autonomia, e siano ricondotte ad un “metro comune”, segnatamente a quel metro comune che è costituito dal denaro 44. Ma il denaro è proprio il medium simbolico dell’economia 45.
Così giustamente G. Teubner op. cit., 194. M. Barcellona Il danno non patrimoniale, Milano, 2008, 125 ss. 43 M. Barcellona Il danno non patrimoniale, cit., 127 ss. 44 Il quale è utilizzato dal diritto moderno poiché – come scriveva G. Simmel Fiolosofia del denaro, Torino, 1984, 436 – ha la virtù della “neutralità rispetto ai valori” e di “crea[re] rapporti tra gli uomini ma di lascia[re] gli uomini al di fuori di essi”. 45 N. Luhmann Potere e codice politico, Milano, 1982, 100 ss.; N. Luhmann/R. De Giorgi Teoria della società, Milano, 1993, 117 ss. 41
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E’, perciò, molto elevato il rischio che il diritto funga da “Cavallo di Troia” rispetto alle autonomie che esso dovrebbe preservare dall’invadenza della “matrice” economica. L’esperienza, in Italia, della conquistata rilevanza aquiliana dei diritti personali e della nuova risarcibilità del c.d. danno esistenziale è, al riguardo, paradigmatica: sviluppatisi per preservare l’intangibilità delle sfere soggettive e conferire visibilità giuridica alla dimensione spirituale, diritti personali e danni esistenziali si sono risolti in un processo di transcodificazione 46 che ha ricondotto l’incommensurabile sotto il “codice” numerico del valore di scambio 47. E così la sovranità del mercato, proprio attraverso il diritto e i processi ricorsivi che esso attiva, rischia di andar oltre l’economia e di farsi minacciosa per l’autonomia di tutte le altre comunicazioni sociali 48. Il diritto, dunque, non è “innocente”: non lo è, innanzitutto, perché è attraverso di esso che il nuovo “sovrano” si è insediato all’inizio della modernità; e non lo è, ancora adesso, perché è attraverso le sue forme che si sviluppa ricorsivamente l’espansione del “codice monetario”. Ma poiché vi è un luogo nel quale il diritto sta “in accoppiamento strutturale” con la decisione politica, neanche la politica è “innocente” 49: dopotutto, la sovranità del mercato è politicamente istituita e politicamente sorretta. Non si può escludere, perciò, che la sovranità del mercato ritrovi l’interlocuzione di un’“altra” politica che ne limiti il dominio e si prenda cura dell’autonomia delle altre sfere sociali. Ma un’“altra” politica richiederebbe un nuovo pensiero e un nuovo armamentario (anche) giuridico. E, per il vero, all’orizzonte non si riesce a vedere traccia significativa né dell’uno né dell’altro.
N. Luhmann/R. De Giorgi Teoria della società, cit., 105. M. Barcellona Il danno non patrimoniale, cit., 113 ss. 48 Sembra, perciò abbia ragione G. Teubner op. cit., 194 – 195, quando alla domanda se “un discorso può rendere giustizia ad un altro” risponde che “ogni programma di giustizia … è in ultima istanza destinato a fallire, … e dovremmo pertanto affrontare l’evidenza del suo essere impossibile in linea di principio”. 49 Salvo che non si concepisca la differenziazione funzionale come un nuovo destino, come una “legge” della storia. 46 47
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge Zum Verhältnis von Evolution und Revolution im Recht Hauke Brunkhorst
In einem seiner zahlreichen Essays zur Entstehung globaler Zivilverfassungen zitiert Gunther Teubner die Declaration of Independence of the Cyberspace – und nimmt sie ernst.1 Die klandestine Hackervereinigung reagiere damit auf den „enormen Normbedarf“ 2 der globalisierten Funktionssysteme, deren Wachstum durch Disseminationsmedien wie das Internet oder die Großraumflugzeuge in einem Tempo beschleunigt werde, welches das menschliche und staatliche Fassungsvermögen schon lange hoffnungslos überfordere. Das macht die strukturelle Kopplung von Politik und Recht jenseits nationaler Grenzen und repräsentativer Regierungsformen 3 funktional notwendig. Teubner erweitert schon hier den Luhmannschen Horizont und richtet den Blick des soziologischen Beobachters auf die Mikrophysik der Verfassungstheorie. Ihn interessiert nicht so sehr der öffentlichrechtliche als vielmehr der exponentiell wachsende, privatrechtliche Bedarf an Normen, die weder durch einzelne Staaten und imperiale Mächte noch durch die Organisationen der Internationalen Gemeinschaft erzeugt und kontrolliert werden können. Das führt (wie im 18. Jahrhundert im öffentlichen Recht) zu einer wachsenden Spannung, Ausdifferenzierung und reziproken Entfremdung des inneren Spontanbereichs der vollständig globalisierten Funktionssysteme und Organisationen von deren jeweiligem Organisationsbereich. Durch die „vollständigen Trennung“ zwischen Spontan- und Organisationsbereich entsteht ebenso wie bei der „Entzweiung“ (Hegel)
1 Gunther Teubner „Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur Staatszentrierten Verfassungstheorie“, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 63/ 2003, 1–28. 2 Teubner „Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft“, 437–453 in: Dieter Simon/M. Weiss (Hrsg.), Zur Autonomie des Individuums. Baden-Baden: Nomos 2000. 3 Susan Marks The Riddle of all Constitutions, Oxford: Oxford Univ. Press 2000.
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von Politik und Recht ein „Verknüpfungsbedarf“ 4, der diesmal die soziale Evolution zur Autokatalyse und Emergenz globaler Zivilverfassungen motiviert. Zwar hat auch schon Luhmann früh erkannt, dass formale Organisationen nur durch „brauchbare Illegalität“ imstande sind, ihre immensen Leistungen zu vollbringen und ihre gesellschaftliche Funktion zu erfüllen. 5 Aber das konnte nur solange im Rahmen der staatlichen Verfassungsordnung gut gehen, solange gewährleistet war, dass jeder einzelne Akt brauchbarer Illegalität im Zweifels- und Konfliktfall durch legale Vollzüge, Aktennotizen, Protokolle, Dienstwege, Klagen usw. reformalisiert und in die sicheren bürokratischen Pfade der Rechtsstaatlichkeit zurückgeführt werden konnte. Teubner beobachtet nun, dass die Deckungsreserve des Rechtsstaats, die verhindert hat, dass aus Krisen Kriege werden, in der neuen Welt globaler Funktionssysteme dramatisch abgeschmolzen ist. Deshalb entsteht im Internet, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in multinationalen Konzernen, in global operierenden Geheimdiensten, Mafia-, Terror-, NGO -Vertragsnetzwerken, private-public-partnerships und transnationalen Vereinigungen jeder Art ein prekäres Rechtsstaatsdefizit, das jeden Versuch, die überall auf dem Papier grandios erweiterten und ergänzten Grundrechtskataloge und -chartas angemessen zu konkretisieren, ebenso grandios scheitern lässt. Dem kurzen Sommer der Anarchie folgt das Faustrecht der Freiheit auf dem Fuße. Die Ablösung von Funktionssystemen und Organisationen aus den nationalen Verfassungsregimes erzeugt nicht nur einen hoch gefährlichen clash der Funktions- und Rationalitätsbereiche, Lebenswelten und Wertsphären, der zur Kolonialisierung der Lebenswelt, zur Fundamentalisierung von Klassen-, Wert- und Rationalitätskonflikten, zu flexiblen und ständig wechselnden Hegemonien und Imperialismen, schließlich zu Kriegen und Bürgerkriegen führt 6, sondern die Entzweiung der modernen Welt überdies tief ins Innere ihrer hoch spezialisierten Funktionssysteme und Organisationen hineintreibt. Auch innerhalb der Funktions- und Organisationssysteme ist deshalb eine Insurrektion des lebensweltlichen Spontanbereichs gegen die Bevormundung durch eine harte und unfaire, in der Konsequenz autoritäre 4 Niklas Luhmann „Verfassung als evolutionäre Errungenschaft“, in: Rechtshistorisches Journal 9/1990, 180. 5 Luhmann Funktion und Folgen formaler Organisation, Berlin 1999. 6 Dazu auch: Christian Joerges/Teubner Hrsg.: Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigungen zwischen Sozialtheorie und Privatrechtsdogmatik, Baden-Baden: Nomos 2003; Joerges/Inger-Johanne Sand/Teubner Transnational Governance and Constitutionalism, Oxford: Hart Publishing 2004; Joerges „Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs: Wie eine europäische unitas in pluralitate verfasst werden kann“, in: Martin Führ/Rainer Wahl/ Peter von Wilmowsky Hrsg.: Umweltrecht und Umweltwissenschaft. Festschrift für Eckard Rehbinder, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2007, 719–747.
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Legalität nicht mehr unwahrscheinlich, während umgekehrt staatsterroristische Zugriffe immer häufiger werden, und es ist keineswegs ausgemacht, wer am Ende obsiegt. 7 Deshalb ist die Declaration of Independence of the Cyberspace für Teubner nicht nur ein anarchistischer „Scherz“, sondern hat die „tiefere Bedeutung“ (Grabbe), einen funktional notwendigen Verknüpfungsbedarf zwischen der chaotisch-anarchischen Normfortbildung in der spontanen Internetkommunikation und ihrer durch Verträge und Gesetze, Richtlinien und Verordnungen hierarchisch organisierten Legalordnung zu indizieren. Soweit bewegt Teubner sich immer noch in den von ihm erweiterten Bahnen systemtheoretischer Begrifflichkeit. Aber während sich für Luhmann und die (rechtsluhmannianische) Systemtheorie das Verlangen nach einer demokratischen Verfassung, das sich in Dokumenten wie der amerikanischen Declaration of Independence von 1776 ebenso artikuliert wie in der Deklaration ihrer ironischen Erbin aus dem virtuellen Raum elektronischer Kommunikation, auf einen funktionalen Verknüpfungsbedarf, der durch strukturelle Kopplung gedeckt werden muss, reduziert und alles andere sich in ideologischem Überbau erschöpft, der als mächtige Ruine Alteuropas stehen geblieben ist, weil er die soziologische Aufklärung verschlafen hat: „Machbarkeitsillusionen“, „Gesänge“ und „feierliche Erklärungen“, 8 nimmt Teubner die Hacker auch in ihrem normativen Anspruch ernst. Die Irritationen, die aus der gesellschaftlichen Umwelt ins Rechtssystem einströmen, sind ihm nicht nur Anlass zu kognitivem, sondern auch zu normativem Lernen. Das Rauschen der Kommunikation in der Umwelt des Rechts, das im System nicht dekodiert werden kann, treibt dessen selbstbezügliche Reflexion zur „Suche nach juristischer Gerechtigkeit“ 9 an, zwingt es zur „Responsivität gegenüber ökologischen Anforderungen“ 10, ermöglicht ihm den Schritt zur „Selbst-Transzendierung“, verführt es zur normativen „Überschreitung“ der kognitiven Grenzen des Rechts noch während es sich in der sicheren Distanz der „Selbstbeobachtung“ bequem macht, provoziert es schließlich „zur Konfrontation jeder Entscheidung“ nicht nur mit dem sub specie societatis gegebenen Normbestand der jeweiligen Gesellschaft, sondern auch mit der sub specie aeternitstis erkennbaren, wenn auch unerreichbaren „‚reinen‘ Gerechtigkeit“ 11. Die subversive
7 Vgl. Hauke Brunkhorst „There Will Be Blood – Konstitutionalisierung ohne Demokratie?”, in: Brunkhorst (Hrsg.): Demokratie in der Weltgesellschaft, Sonderheft Soziale Welt, Baden-Baden: Nomos 2009 (im Erscheinen). 8 Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Fn. 4, 176. 9 Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- und Transzendenzformel des Rechts“, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 1/2008, 9–36, hier: 15. 10 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 17. 11 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 18, 26.
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Kraft der Gerechtigkeit, „mit der das Recht gegen sich selbst protestiert“, sprengt den begrifflichen Rahmen der Systemtheorie – und deshalb greift Teubner an dieser Stelle auch auf eine ganze Serie anderer, systemfremder Begrifflichkeiten, die vom Johannes-Evangelium über Levinas bis Derrida reichen, zurück.12 Indem die Gerechtigkeit im Recht gegen das Recht protestiert, erhebt sie ihre Stimme „im Namen der Gesellschaft, der Menschen, der Natur“ und zwingt das Recht zur Recodierung seiner Legalität. Für Teubner, der den Philosophen die Aufgabe eines Hüters der Normativität nicht mehr zutraut, ist es die „Botschaft der Soziologie für die juridische Gerechtigkeit“, die verstockten Juristen immer wieder von neuem zur „Meuterei auf der Bounty“ anzustiften.13 Teubner erinnert an dieser Stelle daran, dass zwar alles Evolution, die Evolution aber nicht alles ist. Diesen Gedanken werde ich im folgenden aufnehmen und zur These verstärken, auch noch die Meuterei auf der Bounty zehre vom normativen Erbe der großen und erfolgreichen europäischen und westlichen Revolutionen, die in der sozialen Evolution die Stimme universeller Gerechtigkeit gegen die normativ blinde Kontingenz der Evolution immer wieder zur Geltung gebracht haben. Zwar kann das kognitive Lernen von Systemen die Möglichkeit evolutionärer Errungenschaften hinlänglich erklären, aber die Änderung des Richtungssinns der geschichtlichen Welt durch normatives Lernen muss dann immer noch als revolutionäre Errungenschaft verstanden werden, die sich, obwohl auch die Revolution Evolution ist, auf Evolution nicht reduzieren lässt. Im folgenden werde ich zunächst den Begriff der Rechtsrevolution (I) und des Rechts, das dem revolutionären Ursprung der modernen Gesellschaft entsprungen ist ( II ), näher bestimmen, dann die These einer normativen Entwicklungslogik in der Geschichte der großen Rechtsrevolutionen entwickeln ( III ). Daran schließen sich Überlegungen zum Verhältnis von Evolution und Revolution an ( IV ). Abschließend zeige ich, dass die Annahme einer normativen Entwicklungslogik deshalb keine Illusion ist, weil das Negationspotential der kommunikativ gebrauchten Sprache nicht nur Motor der blinden Evolution, sondern auch des revolutionären Rechtsfortschritts (und seiner abgründigen Dialektik) ist (V).
12 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 8, 21. Dazu auch: Andreas Fischer-Lescano in diesem Band. 13 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 8, 25 f.
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I. Die Evolution der modernen Gesellschaft beginnt im Westen Europas mit der Differenzierung von Evolution und Revolution, und alle großen Revolutionen waren Rechts- und Verfassungsrevolutionen.14 Sie haben nicht nur das Recht, sondern die ganze Gesellschaft, nicht nur das Epizentrum ihrer fürchterlichen Gewaltausbrüche, die kein „wohldenkender Mensch“ (Kant) je wiederholt wissen möchte, umgewälzt, sondern sind bis in die die äußerste Peripherie der gesamten damaligen Welt gedrungen.15 Auch wo sie geschlagen und vernichtet wurden, bleiben sie als „Geschichtszeichen“, das „sich nicht mehr“ „vergißt“.16 Cromwell fand keinen Nachfolger, aber seine große Erfindung, der republikanische Parlamentarismus, blieb Europa erhalten und wurde Jahrhunderte später in alle Welt exportiert. Niemand wurde vernichtender geschlagen als Napoleon 1814 und 1815, aber nicht nur die durch Napoleons imperiale Kriege vollkommen veränderte Staatenwelt Europas blieb bestehen, auch die großen Errungenschaften der Revolution, die Verfassung, die Kodifikation und das individualistisch durchrationalisierte Zivil- und Strafrecht der Franzosen haben sich in Windeseile über ganz Europa verbreitet.17 In den großen Rechtsrevolutionen – der päpstlichen des 12., den lutherischen und calvinistischen des 16. und 17. Jahrhunderts, den Verfassungsrevolutionen des 18. und 19., den sozialen und Völkerrechtsrevolutionen des 20. Jahrhunderts – verbinden sich apokalyptische Erwartungen und utopische Hoffnungen mit der nüchternen wissenschaftlichen Analyse der Bedingungen ihrer Verwirklichung. Keine Revolution ohne radikale Herrschaftskritik, ohne die Erlösungserwartung einer neuen Welt, eines neuen Jerusalem, eines neuen Rom, einer unbegrenzten Freiheit, einer klassenlosen Gesellschaft, eines ewig währenden Friedens. Aber auch keine Revolution ohne juristischen Sachverstand, professionelles Wissen, organisatorische Intelligenz, politischen Pragmatismus.18 Die Charta der Vereinten Nationen verspricht Weltfrieden, Selbstbestimmung, Gleichheit und Menschenrechte, droht aber auch Sanktionen an und schafft juristische Instrumente, um sie unter Bedingungen höchst ungleich verteilter Macht umzusetzen. 14 Harold Berman Recht und Revolution, Frankfurt: Suhrkamp 1991; Berman Law and Revolution II : The Impact of the Protestant Reformation on the Western Legal Tradition, Cambridge MA : Cambridge Univ. Press 2006. 15 Robert I. Moore Die Erste Europäische Revolution. Gesellschaft und Kultur im Hochmittelalter, München: Beck 2001 (1. engl. Aufl. 2000), 274. 16 Immanuel Kant Der Streit der Fakultäten, in: Werke XI , Frankfurt: Suhrkamp 1977, 361. 17 Volker Sellin Die geraubte Revolution, Göttingen: Vandenhoek 2001; Manlio Bellomo The Common Legal Past of Europe, Washington: The Catholic University of America Press 1995, 10f; Eric Hobsbawn Europäische Revolutionen, Köln: Parkland 2004. 18 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 53 ff.
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Die großen Revolutionen waren nicht nur religiös und messianisch motiviert, ihre Führer haben auch das römische Recht und die republikanischen Verfassungstheorien der Antike studiert. Sie kannten das Recht, das sie abschaffen und durch ein neues ersetzen wollten. Der von Stalin ermordete Paschukanis war nicht nur ein gläubiger Kommunist, sondern auch ein glänzender Rechtstheoretiker, und er hat eine Theorie nicht des sozialistischen, sondern des bürgerlichen Rechts geschrieben. Wodrow Wilson war nicht nur vom Glauben an die Prädestinationslehre, das soziale Evangelium und die Demokratie beseelt, sondern musste sich von den Realpolitikern aller Lager als „Rechtsprofessor“, der er war, verspotten lassen. Aber am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Völkerrechtsrevolution, die mit dem Kriegseintritt des gläubigen Amerikaners begonnen hatte, erfolgreich und hat – in Gestalt des UN -Systems – eine neue Völkerrechtsordnung und bleibende Institutionen geschaffen. Die Führer aller großen Revolutionen waren Juristen oder juristisch gebildet und beraten, der „heilige Teufel“, der fanatische Mönch Hildebrand, der von seinen Zeitgenossen „Höllenbrand“ genannt wurde und später Gregor VII . hieß, ebenso wie der nicht weniger teuflische Heilige Lenin, Robbespiere ebenso wie die amerikanischen Founding Fathers. Luther und Melanchthon, selbst Juristen oder juristisch ausgebildet, beherrschten ein ganzes Heer von Rechtsgelehrten, das verzweigt und einflussreich genug war, um die protestantischen Fürstenhäuser und Magistrate flächendeckend mit neuen Gesetzbüchern und neuen juristischen Methoden zu versorgen, in denen der protestantische Fundamentalismus ebenso zum Zuge kommen sollte wie die neue, humanistische Wissenschaft. Auch die (aristokratisch-besitzbürgerliche) Englische Revolution wurde nicht von Philosophen wie Hobbes oder Locke gemacht, sondern von den Juristen und radikalen Calvinisten des Common Law. Von der Päpstlichen bis zur Russischen Revolution verspricht die Revolution einen neuen Himmel und eine neue Erde, aber sie muss ihr Versprechen institutionell umsetzen und bringt statt eines neuen Himmels und einer neuen Erde das zweischneidige Schwert eines neuen Rechts, mit dessen Hilfe in der diesseitigen Welt eine bessere Welt errichtet werden soll, hervor. Keine westliche Revolution ohne revolutionären Millenarismus.19 Die erste war nicht zufällig durch die apokalyptischen Impulse einer Jahrtausendwende motiviert. 20 Zwischen der Apokalyptik des revolutionären Millennarismus und den „großen erfolgreichen Revolutionen der westlichen Geschichte“ besteht aber der wichtige „Unterschied, dass die Ziele und Voraussetzungen der letzteren gleichzeitig grenzenlos und begrenzt waren; Norman Cohn The pursuit of the Millenium, New York 1972. Johannes Fried „‚Die Liebe erkaltet‘. Das 11. Jahrhundert erwartet das Jüngste Gericht und erneuert die Kirche“, in: Fried Zu Gast im Mittelalter, München: Beck 2007, 125–142, hier: 136 ff. 19
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ihre Ziele waren nicht nur allgemein und grenzenlos, sondern auch besonderer und begrenzter Art. Sie waren eschatologisch orientiert, aber sie waren auch gut organisiert und politisch nicht laienhaft.“ 21 In der Rechtsrevolution verschränken sich Kontinuität und Bruch, Bewahrung der Tradition und radikaler Neubeginn. 22 Die Revolution wälzt zwar die ganze Gesellschaft um, aber sie tut das mit den Mitteln und Medien, die sie im überlieferten Recht vorfindet. Sie muss, nach dem berühmten Bild Otto Neuraths, auf hoher See und bei beschleunigter Fahrt aus dem Material des alten Schiffs ein neues Schiff bauen. Sie erklärt im Juni 1789 den dritten Stand zur Nation, aber nicht als eine mythische Kraft des „formlos formenden“ (Carl Schmitt) Volkswillens, sondern im institutionellen Rahmen, den sie in der alten Verfassung der Ständeversammlung vorfindet. Sie kann den gründenden Akt des pouvoir constituant, der die alte Verfassung derogiert, nur als pouvoir constitué vollziehen, und genau deshalb berufen sich alle großen Revolutionen auf vorgeblich vergessenes, altes und ältestes Recht, dem sie freilich eine scharf kontextversetzte, „gewaltsame Interpretation“ (Derrida) verpassen. Auch die radikalste Revolution ist, im Unterschied zu den Variations- und Selektionsmechanismen der Evolution (s. u.), auf kommunikativ erfahr- und verstehbaren „change by reinterpreting what has been done before“, angewiesen. 23 Das revolutionär Neue ist immer auch eine radikale Neuinterpretation (Rorty) alter Metaphern. Als ein englisches Gericht in der Zeit der calvinistischen Revolution des späten 17. Jahrhunderts einen Vertragsbruch zu entscheiden hatte, der nach damaligem Common Law ebenso wie nach positiv gültigem Völkerrecht, Kriegsrecht, kanonischem, bürgerlichem und natürlichem Recht und der Ansicht aller Autoritäten, welche die Verteidigung aufbieten konnte, zweifelsfrei außerhalb des Risikobereichs und damit der Rechtsverantwortung des Schuldners zu liegen schien (ein deutscher Fürst hatte in einem Krieg in Südengland Pachtland erobert und den Pächter entschädigungslos vertrieben, so dass dieser die Pacht nicht mehr erwirtschaften und bezahlen konnte), entschied das Gericht, im Horizont einer radikal calvinistischen Neuinterpretation des Christentums nur noch eine einzige der alten Normen gelten zu lassen und alle Entschuldungsgründe zu verwerfen: Pacta sunt servanda. Was immer die Umstände sein mögen, was immer natürliches und göttliches Recht oder frühere Entscheidungen zu sagen haben, wer einschlägt, hätte (als prädestinierter Heiliger) mit allen Umständen rechnen
Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 53 f. So auch: Norman F. Cantor Medieval History. The Life and Death of a Civilization, London: Macmillan 1969 (1963), 73 f. 23 Berman Faith and Order: The Reconciliation of Law and Religion, Atlanta: Scholars Press 1993, 12. 21
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müssen (doctrine of absolute liability). 24 Durch diese nahezu vollständig dekontextualisierte, gewaltsame Interpretation wurde pacta sunt servanda zur Grundnorm der damals entstehenden, neuen bürgerlichen Gesellschaft possessiver Individualisten 25 uminterpretiert, und die englische Rechtsprechung folgte dem Präzedenzfall bis ins 20. Jahrhundert, durch den die clausa rebus sic stantibus wenn nicht für nichtig erklärt, so doch stark relativiert wurde. Das Urteil war hart und repressiv, aber es war auch emanzipatorisches Recht, da es die Akteure erstmals zu vollkommen autonomen Personen erklärte, die sich alle Konsequenzen ihres Tun selbst zuzuschreiben hätten. 26 Der Präzedenzfall, der die bürgerliche Gesellschaft und ihre „Kälte“ (Adorno) schuf, war zugleich ein Präzedenzfall in Sachen Autonomie: Dialektik der Aufklärung.
II. Mit der Päpstlichen Revolution beginnt die Geschichte des modernen, westlichen Verfassungsrechts, dessen Kerngeschäft immer noch darin besteht, die Beziehungen verschiedener Gewalten, politischer und juristischer Körperschaften, religiöser und weltlicher Gemeinschaften rechtlich zu normieren. Seit dem 12. Jahrhundert gehört es zu den strukturellen Besonderheiten der westlichen Rechtstradition, dass die in der Revolution explodierenden Klassenantagonismen und Sphärenkollisionen nach der Revolution in ihrem Gegensatz bestehen bleiben, so dass der ihnen folgende Kampf ums Recht fortan im Recht ausgetragen werden kann. 27 Erst eine Revolution, die sich aus beiden Quellen, den biblischen Geschichten kommender Gerechtigkeit, Gnade und Erlösung ebenso speisen
24 Paradine v. Jane (1647); dazu: Berman Law and Revolution II , 281f, 340f, 476 FN 28: “Although it remains true in English and American Law that one who breaks a contract is liable even in the absence of a fault, the doctrine of absolute liability announced in Paradine v. Jane has been generally repudiated in the past century, except that in England, at least, it is still said to be applicable to leases.” 25 C.B: MacPherson Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt: Suhrkamp 1973. 26 Zu rechtsstaatlich und menschenrechtlich fragwürdigen Implikationen dieser Unterstellung: Christoph Möllers „Willensfreiheit durch Verfassungsrecht“, elektr. Man 2008. 27 Insofern gehört das agonale Moment zum Wesen der modernen Gesellschaft, auch wenn Chantal Mouffe die Pointe entgeht, dass es sich bei sonst rätselhaften Agonie der Demokratie um das wesentlich Merkmal des modernen Rechts, kommunikative Freiheit zu ermöglichen, handelt, das die moderne auch von der antiken Demokratie durch einen unüberbrückbaren Abgrund trennt: Chantal Mouffe The Democratic Paradox, London 2000. Zum Kampf ums Recht im Recht dagegen: Buckel Subjektivierung und Kohäsion, Weilerswist: Velbrück 2007.
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konnte wie aus den trockenen Pandekten und Institutionen des antiken Rom, hat ein Recht hervorgebracht, das nicht nur wie das römische die Koordination der oberen und die (eher rechtlose) Repression der unteren Interessen zum Ausdruck bringt 28, sondern (auch noch in seiner herrschaftsfunktionalen Stellung) intern auf Freiheit und Emanzipation bezogen bleibt. Dieses Recht ist, so schon Kant, gleichzeitig unwiderstehlicher Zwang und unverminderte Freiheit.29 Es erfüllt nicht mehr nur – wie das alte römische Recht – die Funktion der Erwartungsstabilisierung, es ist nicht nur Immunsystem der Gesellschaft (Luhmann), sondern zugleich Medium weltverändernder Praxis. Es ist nicht nur, wie Luhmann und die meisten Juristen annehmen, auf die Reparatur vergangener Schäden und die kontrafaktische Stabilisierung von Erwartungen gerichtet, sondern – mit der politischen Philosophie der Aufklärungsepoche – als Dasein der Freiheit auch auf eine zukünftige, bessere Gestalt des Lebens bezogen.30 Dieser revolutionäre Ursprung des modernen Rechts kann sonst so paradoxiensensitive Luhmann nur noch irritiert als „gewagt paradoxe These: das Recht sei Freiheit“, zur Kenntnis nehmen. 31 Dem Beobachter zweiter Ordnung, der den empiristischen Holismus Quines in die Gesellschaftstheorie eingeführt hat, musste die normative Produktivität dieser Paradoxie kategorial unzugänglich bleiben.
III. Die Geschichte der großen Revolutionen verwandelt das Recht Zug um Zug in ein Medium der Verzeitlichung des Ewigen. Schon die erste europäische Revolution erzeugt eine Rechtsordnung, deren Zweck das Immanentwerden der Transzendenz ist. 32 Die Spannung von Transzendenz und Immanenz, von jenseitiger und diesseitiger Welt wird noch einmal in diese Welt 28 “Römisches Recht”, schreibt Uwe Wesel mit einem großartigen Kalauer, “war das Recht der vornehmen Leute. Klassisch heißt zwar vorbildlich. Und so wird das römische Recht seit dem Ende des 18. Jahrhunderts genannt. Aber klassisches Recht war auch Klassenrecht, das Recht der Besitzenden untereinander, also Zivilrecht. Mit den anderen machte man kurzen Prozess, außerhalb des Rechts.“ Uwe Wesel Geschichte des Rechts, München: Beck 1997, 156. 29 Kant Metaphysik der Sitten, Werke Bd. VIII , Frankfurt: Suhrkamp 1977, Rechtslehre § 47, 434. 30 Kant Metaphysik, Fn. 29, 345 Georg Wilhelm Friedrich Hegel Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Werke 12, Frankfurt: Suhrkamp 1970, § 4. 31 Luhmann „Subjektive Rechte: Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne Gesellschaft“, in: Luhmann Gesellschaftsstruktur und Semantik 2, Frankfurt: Suhrkamp 1981, 45–104, hier: 62f; dazu jetzt auch: Thore Prien Fragmentierte Volkssouveränität – Recht, Gerechtigkeit und der demokratische Einspruch in der Weltgesellschaft, Dissertation: Universität Flensburg 2008, 97 ff. 32 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 262, 281, 296.
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kopiert und dadurch zu ihrer „gegenwärtigen Zukunft“. 33 Aber in der Abfolge der Revolutionen verwandelt sich das von Berman an der Päpstlichen Revolution beobachtete Immanentwerden der Transzendenz in Selbsttranszendierung (Teubner) oder Transzendenz von Innen (Habermas). 34 Die Transzendenz wird, ohne dass die Spannung zwischen Transzendenz und Immanenz, die für die westliche Rechtstradition so wichtig war, nachlassen würde, in der Entwicklung vom kanonischen Recht des 12. Jahrhunderts bis zum Weltrecht des 21. Jahrhunderts immer weiter internalisiert. Gleichzeitig wird durch Horizonterweiterung, Einbeziehung des Anderen und Imperialismus der Eurozentrismus Zug und Zug dezentriert und die zunächst partikulare res publica erweitert sich schließlich zur universellen Rechtsgenossenschaft einer civitas maxima. Internalisierung, Dezentrierung und Universalisierung sind wesentliche Merkmale von Entwicklungslogiken. 35 Wenn sich die geschichtliche Entwicklung von Moral und Recht aber als fortschreitende Internalisierung, Dezentrierung und Universalisierung darstellen lässt, dann muss nicht nur die geschichtliche Revolution von der ungeschichtlichen Evolution, sondern es müssen innerhalb der sozialen Evolution mindestens zwei, miteinander verschlungene, evolutionäre Prozesse unterschieden werden 36:
33 Michael Theunissen Der Andere, Berlin: de Gruyter 1977, 506. Ganz ähnlich bestimmt Teubner die „Inkaranation“ als „re-entry der Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz in die Immanenz“ (Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit, 28). 34 Dazu jüngst: Ali Muhammad Rizvi Habermas‘ conception of “transcendence from within“: An interpretation, Dissertation, School of Communicative Action, Arts and Critical Enquiry, Faculty of Humanities and Social Science, La Trobe University, Bundoora, Victoria (Australia) 2007. Man kann den Gedanken einer Transzendenz von Innen (oder Selbsttranszendierung) auch – wie Teubner – an Derrida anschließen und gegen Luhmanns (und Lübbes) kompensationstheoretische Stillstellung der, seit dem 12. Jahrhundert dynamisch diesseitsgerichteten Transzendenz im religiösen Funktionssystem, stark machen: „Während Luhmann die Transzendenzerfahrung auf das Religionssystem konzentriert und damit (…) andere Teilsysteme (…) davon ausschließt, ist Derridas dekonstruktives Denken darauf gerichtet, das Transzendenzbewusstsein aus seiner (…) Isolierung in der Religion herauszulösen und in die hochrationalisierten Welten der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und des Rechts wiedereinzubringen.“ (Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 8, 26). 35 Rainer Döbert Systemtheorie und die Entwicklung religiöser Deutungssysteme, Frankfurt: Suhrkamp 1973; Klaus Eder Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, Frankfurt: Suhrkamp 1976. Daran anschließend: Habermas Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt: Suhrkamp 1976. 36 Vgl. vor allem die Überlegungen von Eder zur Theorie einer Mehrzahl von entangled social evolutions: Eder „Evolutionstheorien (Marx, Parsons, Luhmann)“, elektr. Man., erscheint 2008; Eder „Kulturelle Evolution und Epochenschwellen: Richtungsbestimmungen und Periodisierungen kultureller Entwicklungen“, in: Friedrich Jaeger; Burkhard Liebsch (Hrsg.): Grundlagen und Schlüsselbegriffe. Handbuch der Kulturwissenschaften, Bd. 1, Stuttgart: Metzler 2004, 417–430.
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(a) die Evolution gesellschaftlicher Differenzierung, die durch kommunikative Zufallsvariation ermöglicht wird und (b) die Evolution normativer Strukturen, die zwar auch durch kommunikative Zufallsvariation zustande kommt, aber gleichzeitig als rationale Konsequenz normativer Lernprozesse verstanden werden muss. Das grand narratif der Europäischen Revolutionsgeschichte hat einen normativen Richtungssinn, für den die Abfolge derjenigen revolutionären Parolen, denen jeweils (mehr oder minder entsprechende) Institutionalisierungen gefolgt sind, einen ersten Indikator darstellt: x
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Im Jahr 1075 verlangt die revolutionäre Partei die „Freiheit der Kirche“ als Körperschaft von (erstmals) subjektivrechtlich individualisierten Rechtssubjekten 37; 1517 ist die revolutionäre Parole die „Freiheit der Christenheit“ als gleiche Freiheit aller einzelnen Christen, die das Gottesreich innerweltlich nicht mehr durch die Hierarchie ihrer juristischen Körperschaft, sondern nur noch in ihrem egalitär verteilten, individuellen Gewissen/Glauben darstellen; 1640 wird dieselbe Freiheit nationalisiert, politisiert und auf alle (männlichen und besitzenden) Angehörigen der (von Gott auserwählten) Nation ausgedehnt und als „Freiheit des Engländers“ erstmals durch Gesetzgebung und Rechtsprechung ausgestaltet und konkretisiert; 1789 verwandelt sich der Freiheitsbegriff ein weiteres Mal, wird vom jeweils auserwählten Volk abgezogen, vollständig reflexiv und aus solcher Immanenz erstmals als gleiches Recht auf alle Menschen bezogen („Menschenrechte“). 38 Im 20. Jahrhundert schließlich werden die Menschenrechte zu Weltbürgerrechten konkretisiert und das bis dahin der Gemeinschaft nordwestlicher Nationalstaaten vorbehaltene Rechtsprinzip der Exklusion ungleicher Freiheit wird globalisiert.
Selbst wenn eine derartige Entwicklungslogik sich in der Geschichte der großen Revolutionen nachweisen lassen sollte, folgte daraus keineswegs, dass die vielen großen und kleinen Geschichten, die sich in diesen Revolutionen und ihrer Wirkungsgeschichte ereignet haben, noch zu einer einzigen Geschichte zusammengefügt und einem übergreifenden Zweck der Geschichte subsumiert werden könnten. 39 Im Gegenteil, normative evolu37 Peter Landau “Die Anfänge der Unterscheidung von ius publicum und ius privatum in der Geschichte des kanonischen Rechts“, in: Gert Melville/Peter von Moos, Hg.: Das Öffentliche und Private in der Vormoderne, Köln: Böhlau 1998, 629–638. 38 Vgl. a. John Witte Law and Protestantism: The Legal Teachings of the Lutheran Reformation, Cambridge UK : Cambridge University Press 2002, 1, 6. 39 Jean-Francois Lyotard Der Widerstreit, München: Fink 1987.
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tionären Errungenschaften beeinflussen zwar den Lauf der Geschichte, bestimmen aber nicht die Richtung, die sie im Guten wie im Bösen, als Fortschritt oder Rückschritt einschlagen mag. Auch die ineinander verschlungenen, jeweils eigensinnigen evolutionären Prozesse der gesellschaftlichen Differenzierung einerseits, der Egalisierung, Universalisierung und Dezentrierung normativer Strukturen andererseits, bilden keine Einheit mehr. Die Funktionssysteme bleiben der sozialen Lebenswelt fremd. 40 Nichts kann deshalb garantieren, dass die in den normativen Strukturen der Gesellschaft, in Wissens-, Rechts- und Verfassungsformen jeweils verkörperte kommunikativen Vernunft sich bei ihrer „Kopplung“ mit hoch spezialisierten Funktionssystemen und „anderen Formen des Sozialen“ auch „realisieren“ kann und nicht „zu Ideologie verkommen“ oder zur bloßen „Utopie“ verblassen muss. 41 Die evolutionäre Ausdifferenzierung von Funktionssystemen, deren Eigenkomplexität sich nie vollständig beherrschen lässt, stabilisiert nicht nur den normativen Fortschritt, sondern regelmäßig auch Herrschafts- und Klassenverhältnisse, die sich zufälligen Konstellationen natürlicher Randbedingungen, organisierbarer Interessen und funktionaler Imperative ebenso verdanken wie dem offenen Ausgang sozialer, ökonomischer, politischer und kultureller Kämpfe. 42 Seit in der ersten europäischen Revolution hat sich die instrumentelle Herrschaft durch Recht in die Herrschaft des Rechts verwandelt, die ganz und gar im Interesse der unteren und marginalisierten Klassen und Gruppen der Gesellschaft ist; 43 aber seitdem wächst mit der Herrschaft des Rechts auch die Macht der Herrschaft. 44 Die abgründige Dialektik von Evolution und Revolution stabilisiert und steigert nicht nur die jeweils noch zusammenhaltbare Verschiedenheit der Funktionsbereiche, Kulturen, Populationen und Individuen, in der Luhmann mit Durkheim den Inbegriff der Solidarität sieht 45, sondern auch die als Unverhältnismäßigkeit und Unrecht erfahrbaren, ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Unterschiede der Gesellschaft. Das kann freilich immer nur so lange gut gehen, bis eine kritische Neubeschreibung die Unterschiede als schreiendes Unrecht
40 Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt: Suhrkamp 1981; Vgl. dazu a. Armin Nassehi Der soziologische Diskurs der Moderne, Frankfurt: Suhrkamp 2006. 41 Eder Evolutionstheorien, Fn. 36, 6. 42 Zum inneren Zusammenhang von Klassenkampf und Sphärenkollision immer noch paradigmatisch: Marx Das Kapital I, Berlin: Dietz 1969. 43 Gustav Radbruch Rechtsphilosophie, Stuttgart: Kochler, 1950, 289 f. 44 Daran erinnert immer noch und zu Recht die neomarxistische Rechtskritik: Sonja Buckel Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts, Weilerswist: Velbrück 2007. 45 Luhmann „Arbeitsteilung und Moral. Durkheims Theorie“, in: Emile Durkheim Soziale Arbeitsteilung, Frankfurt: Suhrkamp 1988, 25.
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kenntlich macht, 46 sie den Akteuren selbst als unerträglich erscheinen lässt und diese zur Fortsetzung des Kampfes ums Recht im Recht und notfalls auch gegen das Recht veranlassen. Im letzteren Fall entladen sich die evolutionären Errungenschaften der kommunikativen Vernunft als rächende Gewalt. 47
IV. Große und erfolgreiche Revolutionen enden gewöhnlich mit einem bewusst gewollten und schließlich von den Kampfparteien als Verfassungskompromiss vereinbarten Resultat. In der Päpstlichen Revolution war es die Konstitutionalisierung und Verrechtlichung des Gottesreichs und seiner beiden diesseitigen Körper und Schwerter. In der Lutherischen Revolution waren es die durch einen völkerrechtlichen Vertrag 1555 erzeugten (und 1648 bestätigten) subjektiven Rechte von (besitzenden und freien) Untertanen (auf Emigration) und Fürsten (auf Reformation und Konversion, auf völkerrechtliche Vertragsfreiheit, legale Kriegführung usw.) und die Konstitutionalisierung der zwei Reiche, die Entrechtlichung göttlicher Liebesherrschaft und die fortschreitende Verrechtlichung und Expansion weltlicher Gesetzesherrschaft in den gesamten, vormals kanonischen Raum des göttlichen, kirchlichen, Familien- und Eherechts usw. Im 18. Jahrhundert waren es (menschenrechtlich und in Volkslegitimation fundierte oder doch zumindest Herrschaft begrenzende) Organisationsverfassungen und explizite oder implizite Kataloge subjektiver Rechte. Aber damit ist die Revolution noch nicht am Ende angelangt, denn stabilisieren konnten sich die Resultate der Revolutionen immer nur durch systemische Mechanismen. Die evolutionäre Restabilisierung verwandelt die mehr oder minder gut begründeten Entscheidungen der revolutionären Akteure in unzurechenbare Selektionsmechanismen zurück. Spätestens hier werden alle Revolutionen von der Dialektik der Aufklärung eingeholt. Der Übergang von planmäßigem Handeln zur Stabilisierungsleistung autopoietisch geschlossener Funktionssysteme lässt sich schon am Beispiel der Päpstlichen Revolution gut beobachten. Ist die neue juristische Argumentationskultur, ist die Schaffung einer neuen Rechtsordnung, ist auch noch die akademische Professionalisierung des Rechts und die Gründung von Akademien, Universitäten und Gerichten, selbst wenn sie nur ex post nachvollzogen wird, Ergebnis mehr oder minder planmäßigen Handelns (selbst der Martin Saar „Die Kunst, Abstand zu nehmen“, elektr. Vortragsman. Oldenburg 2008. Brunkhorst „Kommunikative Vernunft und rächende Gewalt“, in: Sozialwissenschaftliche Literaturrundschau 8/9 1983, 7–34, Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. 2, Frankfurt: Suhrkamp 1981, 345, 350. 46 47
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Zufallsfund der Justinianischen Gesetzessammlung in Pisa Mitte des 11. Jahrhunderts war Ergebnis einer systematischen Suchaktion) – die durch Akademisierung und Professionalisierung überhaupt erst möglich und wahrscheinlich gewordene Schließung der Rechtsordnung zum Funktionssystem, dessen Eigenkomplexität autonome Selbststeuerung bei Strafe seines Untergangs erzwingt, hat niemand gewollt und vereinbart. Systembildung lässt sich noch nicht einmal durch einen nachträglichen Gründungsakt in den Horizont des Handelns zurückstellen. Jeder Versuch der Außensteuerung steht fortan vor der Alternative, das System (und damit über kurz oder lang die eigene Herrschaft) zu zerstören 48 oder neues Recht auf Nimmerwiedersehn ins System einzuspeisen (mit dem Resultat einer bestenfalls indirekten, aufwendigen und schwer kontrollierbaren Steuerungswirkung, für die oft die technischen und wissenschaftlichen Mittel fehlen). 49 Ohne die systemische Restabilisierung hätten sich weder die Herrschaft des Rechts auch nur ansatzweise befestigen lassen, noch hätte sich die gewaltige Energie der kommunikativen Produktivkräfte, die durch die Revolution und ihre Kernspaltungen freigesetzt wurde, in eine kontrollierte Kettenreaktion verwandeln lassen. Aber ohne die autopoietische Schließung des Rechtssystems hätten sich auch Klassenherrschaft und imperiale Macht nicht in einem bis dahin ungeahnten Ausmaß steigern und stabilisieren lassen. Und dennoch ist die damit Institution gewordene Dialektik der Aufklärung nicht das letzte Wort der Geschichte, denn die Revolution hat ein nicht nur Herrschaft immunisierendes, sondern auch potentiell emanzipatorisches Recht geschaffen (s. o. II ), das auch die Beherrschten ihren Zwecken dienstbar machen können. Was von der Päpstlichen Revolution gilt, trifft auch auf die anderen zu. Wer sich von der Verfassung die Vollendung des deistischen Programms der Aufklärung und eine Gesellschaft freier Bürgergleichheit versprach, konnte nicht wissen, dass sie auch eine objektive „Reaktion“ „auf den“ mit der „vollständigen Trennung“ von Recht und Politik „gegebenen Verknüpfungsbedarf“ darstellte. 50 Er konnte erst recht nicht wissen, dass es für die Lösung dieses Funktionsproblems jede Menge funktionaler Äquivalente mit und ohne Menschenrechte, mit und ohne Demokratie gab. Aber auch wenn diese Doppelseitigkeit der neueren Verfassungsentwicklung im Zuge der von Marx bis Luhmann reichenden soziologischen Aufklärung reflexiv eingeholt wurde, muss man sich nicht, wie Luhmann, abgeklärt zu solcher Aufklärung verhalten. 51 Man kann sie ebenso gut, ohne in neue Machbarkeitsillusionen zu 48 Dafür liefert der Nationalsozialismus reiches Anschauungsmaterial. Immer noch unübertroffen: Franz Neumann Behemoth, Frankfurt: Fischer 1986. 49 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 129; Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt: Suhrkamp 1993, 25, 263, 265. 50 Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Fn. 4, 180. 51 Luhmann Soziologische Aufklärung I, Opladen: Westdeutscher Verlag 1971.
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verfallen, zum Anlass nehmen, mit einer radikaldemokratischen Kur das fatale Zusammenspiel von Funktionsimperativen und hegemonialen Interessen aufzubrechen; oder die umweltblinde „Eigenrationalitätsmaximierung“ (Fischer-Lescano) der strukturell gekoppelten Subsysteme Wirtschaft, Recht und Politik auf Kosten der öffentlichen Angelegenheiten ihrerseits durch „Kollisionsrecht“ (Joerges, Teubner) einzuschränken; oder man kann mit Adorno versuchen, „Chaos in die Ordnung“ zu bringen, um die „subversive Kraft“ zu stärken, mit der „das Recht gegen sich selbst protestiert“ (Teubner) – und dann sehen, was die Evolution daraus macht. 52
V. Die soziale Evolution kommt durch die „tagtägliche“, „massenweise Produktion“ „abweichender“, „unerwarteter“ und „überraschender“ Kommunikation zustande. 53 Zwar kommunizieren auch Spatzen, aber ihrer Kommunikation „fehlt die Negation.“ 54 Selbst Vorformen der Negation, wie sie etwa bei den reflexiven und variationsreichen Täuschungsmanövern von Raben beobachtet werden können, bleiben weit unter der kritische Masse von Zufällen, die für den take-off einfacher Sozialsysteme erforderlich wären. Das für die soziale Evolution nötige „Entwicklungstempo“ setzt eine „Massierung“ kommunikativer Zufälle voraus, wie sie nur durch die doppelte Kontingenz sprachlich mediatisierter Erwartungserwartungen erzeugt werden kann. 55 Durch massenhafte kommunikative Variation kommt es zur Autokatalyse der sozialen Evolution, die sich vom Genpool der organischen Evolution abhängt, um sich fortan mit unbekanntem Ziel vom Negationspool des kommunikativen Sprachgebrauchs forttreiben zu lassen. „The ‚gene‘ has been replaced by the ‚symbol‘.“ 56 Da wir „nicht nicht kommunizieren“ 52 Zu solchen unabgeklärten Handlungs-und Interventionsperpektiven gibt es ganz verschiedene Ansätze, s. nur: Buckel Subjektivierung und Kohäsion Fn. 27; Maus Aufklärung der Demokratietheorie, Frankfurt: Suhrkamp 1994; Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 21; Fischer-Lescano in diesem Band; aber auch die Habermassche Kolonialisierungsthese: Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. 2, Fn. 47. 53 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt: Suhrkamp 1997, 461f; vgl. a. Hannes Wimmer Evolution der Politik. Von der Stammesgesellschaft zur modernen Demokratie, Wien: WUV -Universitätsverlag 1996, 29. 54 Wimmer Evolution der Politik, Fn. 53, 115. 55 Luhmann Subjektive Rechte. Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne Gesellschaft, in: ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik, Band 2, Frankfurt: Suhrkamp 1981, 48; vgl. a. Talcott Parsons/ R. F. Bales/ E. Shils Working Papers in the Theory of Action, New York 1953, 63 ff. 56 Parsons „Evolutionary Universals in Society“, in: American Sociological Review 29 (1964), 341.
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können (Watzlawick), wird die Evolution nicht von den handelnden Menschen, sondern von den unkontrollierbaren, „perlokutionären Effekten“ (Austin) der Kommunikation gemacht. Da auch die Revolution keinen Schritt tun kann, ohne fortlaufend in hoher Verdichtung Variation zu erzeugen, ist auch die Revolution Evolution. Der Mensch kann das Evolutionsgeschehen dann nur noch erstaunt beobachten, wissenschaftlich beschreiben oder feiertags so erzählen (oder „singen“), als wäre es eine von Menschen gemachte Geschichte. Die Erzählung erschöpft sich jedoch ebenso wenig wie die mit ihr verbundene Revolution in heroischen Erklärungen, Gesängen und Machbarkeitsillusionen. Kommunikative Variation ist zwar ein evolutionäres Geschehen, aber zugleich erlebte und änderbare Geschichte. 57 Sie ist doppelt codiert. Einmal ist sie als Ablehnung oder Annahme eines Sprechaktangebots (ja/ nein) binär codiert, und darauf greift die soziale Evolution bei ihrer Autokatalyse zurück; dann aber wird kommunikative Variation auch durch die höherstufig reflexive Begründbarkeit/ Nicht-Begründbarkeit einer Ja-/ NeinStellungnahme zweitcodiert, und auch die Zweitcodierung fließt als Variation weder in die Evolution zurück. Im Bestreiten von Geltungsansprüchen wird aus der zufälligen die autonome Negation begründender Rede. 58 Sie ist autonom, weil sie Sprecher voraussetzt, die sich „ihres eigenen Verstandes bedienen“ (Kant) und dadurch in der Evolution eine Distanz zur Evolution gewinnen können, die sie von der Unmittelbarkeit des Evolutionsgeschehens befreit. Diese Möglichkeit beruht ihrerseits auf der evolutionären Differenzierung von Modus (Form der Aussage, Empfehlung, des Verbots, Befehls, der Frage usw.) und propositionalem Gehalt (Inhalt der Aussage usw.), die mit dem kommunikativen Sprachgebrauch und der Praxis des „Gebens und Nehmens von Gründen“ (Brandom) gleichursprünglich ist. Erst die Differenz von Modus und propositionalem Gehalt ermöglicht es den Akteuren, die Resultate des Evolutionsgeschehens ihrerseits zum Gegenstand kognitiv, normativ oder evaluativ begründbarer/nicht-begründbarer Ja-/ Nein-Stellungnahmen zu machen und im Vollzug von Evolution in die Evolution zu intervenieren. 59 57 Zur kontroversen Diskussion: Habermas „Geschichte und Evolution“, in: Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Fn. 35, 200–259; Luhmann „Evolution und Geschichte“, in: Soziologische Aufklärung 2, Opladen: Westdeutscher Verlag 1975, 150–169. 58 Der Ausdruck „autonome Negation“ findet sich in einem unpublizierten, in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts kursierenden, hekt. Manuskript von Dieter Henrich „Die autonome Negation“ Heidelberg o. J. 59 Dazu von verschiedenen Enden: Ernst Tugendhat Einführung in die sprachanalytische Philosophie, Frankfurt: Suhrkamp 1979; Robert B. Brandom Making It Explicit. Reasoning, Representing & Discursive Commitment, Cambridge: Harvard Univ. Press 1994; Habermas Wahrheit und Rechtfertigung, Frankfurt: Suhrkamp 1999; zur systematischen Verknüpfung mit der Evolutionstheorie: Habermas Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Fn. 35; Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Fn. 40.
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Spätestens seit der kommunikativen Wende der Gesellschaftstheorie 60 fällt es nicht mehr schwer, das bewegliche Element der Evolution, die dialektische Negation wieder (wie in der Antike und in der Scholastik) als dialogischen Widerspruch zu verstehen: „Variation kommt (…) durch eine Kommunikationsinhalte ablehnende Kommunikation zustande. (…) Die Ablehnung widerspricht der Annahmeerwartung oder auch einfach der unterstellten Kontinuität des ‚so wie immer‘. Alle Variation tritt mithin als Widerspruch auf – nicht im logischen, aber im ursprünglicheren dialogischen Sinn.“ 61 Gerade deshalb wird die soziale Evolution jedoch nicht nur durch die Massierung von Zufällen, sondern auch durchs Fegefeuer der Kritik angetrieben. 62 Um überhaupt in Gang zu kommen, muss sie Variation und Kritik, Mutation und Argumentation aufeinander beziehen und Gründe und Gegengründe für die Annahme oder Ablehnung von Kommunikationsinhalten – zunächst latent, später manifest – mitkommunizieren. Kritik bezieht sich nicht nur auf kognitive, sondern auch auf normative und evaluative Geltungsansprüche. Es geht deshalb bei der innovativen Variation kommunikativer Negation nicht nur darum, wie die Welt ist, sondern auch, wie sie sein soll: „Within the relevant range, cultural innovations, especially definitions of what man’s life ought to be, thus replace Darwinian variations in genetic constitution.“ 63 Die Revolution entbindet das normative Sollens-Potential der sozialen Evolution in ihren großen Struktur- und Richtungsentscheidungen. In der, von „feierlichen Erklärungen“, gelegentlich auch von „Gesängen“ begleiten Derogation der alten und der Begründung einer neuen Verfassungs- und Rechtsordnung müssen sich die Akteure und ihre Kinder und Kindeskinder als aktuelle oder virtuelle Autoren der Geschichte verstehen und verhalten, affirmativ oder kritisch zu ihr Stellung nehmen können – was sie nur um den Preis massiver Sozialpathologien, die eine Folge innerer und äußerer Unterdrückung sind, vermeiden können. 64 60 Dazu: Brunkhorst “Contemporary German Social Theory”, in: Gerald Delanty (Hrsg.), Handbook of Contemporary European Social Theory, London/New York: Routledge 2006, 51–68. 61 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Fn. 53, 461 f. Trotz dieser plötzlichen Wende von der Semantik zur Pragmatik der Rede (Widerspruch = Widersprechen) verharrt Luhmann in der Behandlung von Paradoxien in der reinen, vorkommunikativen Semantik strikter Antinomien, obwohl sich doch bereits bei dem Semantiker (= Bewusstseinsphilosophen) Hegel aus der Negation der Negation nicht einfach die Affirmation ergibt und auch nicht einfach ein frei schwebend formalisierbarer dritter Wahrheitswert der bloßen Unentschiedenheit. 62 Vgl. a. Durkheim Die Regeln der soziologischen Methode, Darmstadt: Luchterhand 1980, 159. 63 Parsons Evolutionary Universals, Fn. 56, 341. 64 Zu letzteren immer noch instruktiv: Habermas Erkenntnis und Interesse, Frankfurt: Suhrkamp 1968; Herbert Marcuse Triebstruktur und Gesellschaft, Frankfurt: Suhrkamp 1962.
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Öffentliche und zivilrechtliche Verfassungen haben deshalb nicht nur die Funktion der strukturellen Kopplung von Recht und Politik (Luhmann), von Organisations- und Spontanbereich (Teubner), sondern verkörpern auch den wie immer reversiblen „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“ (Hegel). Sie halten die von Teubner postulierte Möglichkeit der subversiven „Selbst-Transzendierung“ des Rechts zur Gerechtigkeit auch dann noch offen, wenn die systemische Restabilisierung die heroischen Taten der revolutionären Tragödie längst in evolutionäre Selektionsmechanismen zurückverwandelt und entzaubert hat. Nicht schon die funktionale Leistung struktureller Kopplung, sondern erst die emanzipatorische Kraft der Verfassung, in der sich die Vernunft der Revolution verkörpert, 65 vermag den Hiatus der „berühmt-berüchtigten Doppelformeln“ „ratio et voluntas“ und „ratio et auctorits“ zu schließen ohne ihn – wie im jeweils herrschenden Rechtszwang – auf Kosten der Vernunft einfach zu unterdrücken. 66 Die geschichtliche Wirksamkeit der revolutionären Vernunft, die Teubner biblisch als permanente „Verwandlung des Unrechts in Recht“ versteht, 67 ist aber nichts anderes als die gründende und begründende Kraft der Verfassung, im dogmatischen Begründungszwang des Rechts den zwanglosen Zwang des besseren Arguments „subversiv“ (Teubner) gegen die sprachlose Zwangsgewalt sozialer Herrschaft zur Geltung zu bringen – bis eine weitere Meuterei auf der Bounty die evolutionäre Selbststranszendenz des Rechts mit ungewissem Ausgang zur revolutionären Selbsttranszendenz der Geschichte forttreibt.
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Herbert Marcuse Vernunft und Revolution, Neuwied: Luchterhand 1962. Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 21. Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 28 (im Anschluss an Folkerts).
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? Gralf- Peter Calliess
Gunther Teubner, geboren am 30. April 1944 in Herrnhut in der Oberlausitz, Abitur am Hohenstaufen-Gymnasium im schwäbischen Göppingen, nimmt in der deutschen Wissenschaftslandschaft eine Sonderstellung ein: Kein Zivilrechtslehrer hat die Debatten im öffentlichen Recht so beeinflusst wie er, und kein Rechtssoziologe wurde in der Zunft gleichzeitig so viel beachtet wie angefeindet. Beides hat mit einem Leitmotiv seiner theoretischen Arbeit zu tun, mit einem Steuerungsskeptizismus nämlich, welcher – so darf spekuliert werden – in einer biografisch erklärlichen Abneigung gegen ‚Fünf-Jahres-Pläne‘ begründet liegen mag. Ich möchte die Anfeindungen und Erfolge von Gunther Teubner zunächst in einem etwas launigen Rückblick nachzeichnen (I.). Sodann stelle ich den aktuellen Stand der Debatte um die Steuerungskrise des Rechts dar ( II .), um danach zu fragen, welche Lehren die moderne Zivilrechtswissenschaft daraus ziehen kann ( III .).
I. Zwischen den Stühlen: Gesellschaftssteuerung durch Gesetzgebungslärm? Dem Alter nach gehört Gunther Teubner zu den Achtundsechzigern. Diese Generation wuchs in einer Zeit des stetigen wirtschaftlichen Wachstums, der sprudelnden Staatseinnahmen und eines unhinterfragten Fortschrittsglaubens auf. Angesichts eklatanter Modernisierungsdefizite wurde dem Staat – getragen vom verbreiteten wissenschaftlichen Rationalismus und politischen Planungsoptimismus – die Rolle zugeschrieben, durch Investitionen in Bildung und soziale Reformpolitik zur Demokratisierung der Gesellschaft – und damit zu einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus – aktiv beizutragen. Im weiteren Kontext dieses Zeitgeistes verortet sich auch Teubner mit seiner Tübinger Habilitationsschrift 1, innovativ genug um sich unter Tübinger Traditionalisten den Spitznamen „der rote Teubner“ zu erwerben. Die Lockrufe der nordhessischen Provinz verschmähend folgt er einem Ruf an die Reformuniversität Bremen. Während 1 Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, Rechtsmodelle für politisch relevante Verbände, 1978
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einige Kollegen das Zivil- und Wirtschaftsrecht vom Staat her als Wirtschaftsverwaltungsrecht denken, setzt Teubner wie schon in seiner Dissertation 2 auf gesellschaftliche Selbstregulierung und deren rechtliche Verfassung, denkt also gerade umgekehrt staatliche Regulierung eher vom Privatrecht her. Dieser Ansatz verfestigt sich in seinen theoretischen Werken. Mit der Theorie des reflexiven Rechts 3 und deren systemtheoretischer Ausarbeitung 4 setzt Teubner sich nun zwischen alle Stühle. Denn seine steuerungspessimistische Diagnose erinnert sehr an den „neoliberalen“ Hayek. Dass Teubner sich analytisch modernster Methoden wie des radikalen Konstruktivismus bedient, die mit der als strukturkonservativ verrufenen Systemtheorie Niklas Luhmanns in Verbindung gebracht werden, macht die Sache nicht besser. Teubner zieht es 1980 zunächst nach Berkeley und 1981 dann ans Europäische Hochschulinstitut in Florenz, von wo aus er die Steuerungsphantasien der Staatsgläubigen in zwei Tagungsbänden kühl seziert. 5 Sein Erfolgsrezept liegt in einer Mischung aus gezielter Provokation 6 und Argumentation auf höchstem theoretischem Niveau. 7 Während eine Reihe von Staatsträumern an der dünnen Luft solcher Abstraktionsebenen schier zu verzweifeln scheint, finden einige Kritiker, die sich nach den geplatzten Reformprojekten der siebziger Jahre in die „wertfreie“ empirische Rechtssoziologie zurückgezogen haben, einen Ausweg im methodischen Vorwurf, eine empirische Überprüfung der theoretischen Aussagen der autopoietischen Systemtheorie sei unmöglich. Freilich haben sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn mit theorieimmanenter Konsequenz wendet Teubner den Vorwurf ohne Zögern ins Gegenteil: “Empirical research is by no means closer to the reality of the outside world than theory. … often the opposite is true. The hard facts about the external world that empirical research pretends to produce are in reality highly artificial constructs, excessively selective abstractions, mere interStandards und Direktiven in Generalklauseln, 1971 Reflexives Recht, ARSP 1982, 13 4 Recht als autopoietisches System, 1989 5 Dilemmas of Law in the Welfare State, 1985; Juridification of Social Spheres, 1987 6 Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm?, in: Grimm/Maihofer (Hrsg.), Gesetzgebungstheorie und Rechtspolitik, Opladen 1989, S. 45 ff.; Regulatorisches Recht: Chronik eines angekündigten Todes, in: Koller et al. (Hrsg.), Theoretische Grundlagen der Rechtspolitik, Wiesbaden 1992, S. 140 ff. 7 Verrechtlichung – Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege, in: Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, 1985, S. 289 ff.; Die Episteme des Rechts: Zu den erkenntnistheoretischen Grundlagen des reflexiven Rechts, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, S. 115 ff. 2 3
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nal artefacts of the scientific discourse that are both as real and as fictional as are theoretical constructs.” 8 Das Verhältnis der Rechtssoziologie ebenso wie der Frankfurter Schule zu Teubner kann als ein solches der respektvollen, aber misstrauischen Beobachtung beschrieben werden. Das gilt trotz verschiedener Friedensangebote wie der Verleihung des Preises “Recht und Gesellschaft” der Vereinigung für Rechtssoziologie und der Berufung von Teubner an die Universität Frankfurt am Main (beides 1998). Etwas anderes gilt für das öffentliche Recht und die Verwaltungswissenschaften, welche sich in den achtziger und neunziger Jahren intensiv mit dem Phänomen der Steuerungskrise des Rechts auseinandergesetzt haben. Teubners Beitrag zu dieser Debatte soll im Folgenden nachgegangen werden.
II. Die Steuerungskrise des Rechts Mit dem Übergang von der Industriegesellschaft zur wissensbasierten Kommunikations- und Dienstleistungsgesellschaft, die auch als Risikogesellschaft wahrgenommen wird, hat sich der Sozialstaat zunehmend zum Präventionsstaat gewandelt, der in ungekanntem Ausmaß steuernd in die Gesellschaft eingreift. 9 Einen eingeschränkten Katalog von Staatsaufgaben gibt es nicht mehr, prinzipiell jeder Sachverhalt ist der gesellschaftlichen (Re-) Konstruktion als Risiko zugänglich, und damit politisierbar. Dem umfassenden Bedürfnis nach Sicherheit kann der Staat weder repressiv noch restitutiv, sondern nur präventiv begegnen. Sicherheit soll der Staat zum einen nicht mehr in Form von Rechtssicherheit durch nachträgliche Schadensregulierung (Strafe/Schadensersatz) bewirken, sondern in Form von Rechtsgütersicherheit, indem er jegliche Rechtsgutgefährdung schon im Ansatz aufspürt und vorbeugend verhindert. Repression und Restitution versagen als Mittel staatlicher Politik zum anderen dort, wo entweder Täter und Kausalitäten nicht feststellbar sind oder aber die Schäden ein Ausmaß erreichen, das vom Täter finanziell nicht ersetzbar oder gesellschaftlich nicht hinnehmbar ist. Wo die Institution des Schadensersatzes versagt, muss der Staat schon den Eintritt eines Schadens präventiv verhindern. Die mit dem so konstituierten Präventionsstaat verbundene Eingriffsintensität ist erst ersichtlich, wenn man sich den Gegenstandsbereich präventiver Staatstätigkeit vor Augen führt. Einerseits werden die natürlichen 8 Paterson/Teubner Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis, in: Reza Banakar and Max Travers (eds.), Theory and Method in Socio-legal Research, Oxford 2005, S. 215 ff. 9 Denninger Der Präventions-Staat, KJ 1988, 1 ff.; ders. Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat?, in: Adolf-Arndt-Kreis (Hrsg.), Sicherheit durch Recht in Zeiten der Globalisierung, 2003, S. 9 ff.; Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat?, 2008.
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Lebensgrundlagen potentiell von jedermann zu jeder Zeit gefährdet, Umweltverschmutzung ist die – häufig nichtintendierte – Nebenfolge nicht nur erlaubten, sondern prinzipiell erwünschten Verhaltens. Objekt präventiver Staatstätigkeit ist damit potentiell jedes mögliche Verhalten, und jedermann ist potentiell verdächtig. Andererseits ist im Bereich des Schutzes von Hochtechnologie oder der Funktionsfähigkeit bestimmter Infrastruktur sowie bei der Bekämpfung des Terrorismus zwar der Kreis potentiell schädlicher Handlungen eingrenzbar, aber die Schadenshöhe erreicht ein inakzeptables Ausmaß, so dass die staatliche Prävention so weit ins Vorfeld potentiell schädigender Handlungen verlegt wird, dass ebenfalls ganze Personengruppen und ganze Handlungsbereiche ins Blickfeld der Prävention geraten.10 Im Gegensatz zur traditionell repressiven und restitutiven Staatstätigkeit, die auf vergangene Ereignisse, auf konkrete Angriffe gegen die Rechtsordnung und auf einzelne Personen (Störer) gerichtet war, ist Prävention zukunftsgerichtet, flächendeckend und gruppenrelevant.11 Der Präventionsstaat setzt eine hohe Steuerungskapazität von Politik und Recht voraus, da er sich an der Einlösung seiner Sicherheitsversprechen legitimiert und somit vom Erfolg der politischen Steuerung der Gesellschaft abhängig ist. Als Rechtsstaat darf er sich der Steuerungsmedien Macht und Geld allerdings nur in den Formen des Rechts bedienen (Vorbehalt des Gesetzes). Mit der Ausdehnung der Staatstätigkeit geht daher ein Prozess der zunehmenden Verrechtlichung einher, womit neben einer Ausdehnung des Rechts auf bisher nicht rechtlich geregelte Bereiche auch die Zunahme von Regelungsdichte und Regelungstiefe und neben einer Vergesetzlichung auch Bürokratisierung und Justizialisierung gemeint sind. Weil aber staatliche Steuerung im Gewand des Rechts auftritt, ist insbesondere im Zuge des Planungsoptimismus der 60er und 70er Jahre 12 Recht selbst als Steuerungsinstrument verstanden worden. Vor der Hintergrundannahme, Recht sei Struktur der Gesellschaft,13 bot sich Gesetzgebung als unhinterfragt wirksames Mittel der Gesellschaftsreform an. Dieses freilich etwas naiv anmutende Bild der monokausalen Veränderung von Gesellschaftsstrukturen durch Recht zerbrach allerdings schon bald an der Komplexität der gesellschaftlichen Realität. Der etwas ratlosen Diagnose von der „Unregierbarkeit“ 14 10 Gusy Präventionsstaat zwischen Rechtsgüterschutz und Abbau von Freiheitsrechten in Deutschland, in: Graulich/Simon (Hrsg.), Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, 2007, S. 273 ff. 11 Grimm Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum Thema Prävention, KritV 1986, 38, 39. 12 Schelsky Planung der Zukunft. Die rationale Utopie und die Ideologie der Rationalität, in: ders., Die Soziologen und das Recht, Opladen 1980, S. 288 ff. 13 So der „frühe“ Luhmann Rechtssoziologie (1973), Kap. III . 14 Offe „Unregierbarkeit“ – zur Renaissance konservativer Krisentheorien, in: Habermas (Hrsg.), Stichworte zur geistigen Situation der Zeit, 1979, S. 294 ff.
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folgte eine umfangreiche Debatte um die Grenzen rechtlicher Steuerung, deren Ergebnis in der Formel „Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts“ 15 eingefangen werden kann. Die Phänomene dieser Steuerungskrise des Rechts können an den Begriffen des Vollzugsdefizits (a), der symbolischen Gesetzgebung (b) sowie der nichtintendierten (negativen) Folgen staatlicher Regulierung (c) erläutert werden. Da Gesetzesfolgenabschätzung nur begrenzt wirkt (d) ergibt sich insgesamt ein regulatorisches Trilemma (e). a) Vollzugsdefizite „ … heutige Analysen … folgen oft dem Vorurteil, dass Gesetze ‚durchgeführt‘ werden müßten.“ 16 Nach einer Phase der intensiven Reformgesetzgebung richtete sich Ende der siebziger Jahre das Augenmerk auf die faktische Durchsetzung der Reformprogramme in der Gesellschaft. Ernüchternde Bilanz der „Implementationsforschung“ 17 war, dass das „law in the books“ nur wenig mit dem „law in action“ zu tun hatte. Die festgestellten Vollzugsdefizite wurden dabei im Wesentlichen auf zwei Ursachen zurückgeführt. Zum einen wurde beobachtet, dass die gesetzgeberischen Programme bei ihrem Vollzug sowohl in der Verwaltung als auch in der Rechtsprechung auf erhebliche Widerstände stoßen. Aufgrund der Eigenlogik der Arbeitsweise dieser Institutionen werden die Intentionen des Gesetzgebers im Vollzugsprozess erheblich verfremdet bis hin zum teilweisen Nichtvollzug von Normen. Im Hinblick auf die Eigendynamik des administrativen Gesetzesvollzugs sei hier nur ein Beispiel herausgegriffen: Angesichts der Normenflut im Steuerrecht sowie steigender Fallzahlen pro Bearbeiter wird im Bereich der Finanzverwaltung – abgesegnet durch die Finanzminister – die statistisch messbare Fallerledigung über die Sachverhaltsaufklärung im Einzelfall gestellt, und es kommt zu vielfältigen Formen individueller Rechtsvereinfachung durch die Steuerbeamten. Diese verstehen die steuerrechtlichen Vorschriften nurmehr als nicht verbindliche Grundsatzanweisungen, weshalb nicht mehr von Gesetzesvollzug im klassischen Sinne gesprochen werden kann.18 Vollzugsdefizite entstehen zwangsläufig, wo die Verwaltung angesichts knapper finanzieller und personeller Ressourcen eine an Kosten und Nutzen orientierte, selektive EinSo der Titel von Grimm (Hrsg.), 1990. Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 431. 17 Mayntz (Hrsg.), Implementation politischer Programme. Empirische Forschungsberichte, 1980; dies. (Hrsg.), Implementation politischer Programme II . Ansätze zur Theoriebildung, 1983. 18 Weingarten Kooperatives Recht in der Finanzverwaltung, in: Dose/Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, 1995, S. 149 ff.; Oellerich Defizitärer Vollzug des Umsatzsteuerrechts, 2008. 15 16
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stellung gegenüber Normen einnimmt. Die dem Bild eines monokausalen Gesetzesvollzugs entgegenstehende Eigenlogik der Verwaltung liegt darüber hinaus auch in politischen Einflüssen auf Verwaltungsentscheidungen begründet. Ferner stehen den gesetzgeberischen Intentionen gegenläufige Interessen der Rechtsadressaten entgegen, weshalb der Gesetzesvollzug auch auf Widerstand aus den regulierten Gesellschaftsbereichen trifft. Besonders deutlich wird dies im Bereich staatlicher Interventionen in die Wirtschaft, wenn die Logik der rechtlichen Regulierung (Gebote/Verbote) auf die Eigenlogik wirtschaftlicher Prozesse (Gewinn/Verlust) trifft. Normen werden in der Wirtschaft zum Beispiel als Preise gelesen, weshalb die Nichtbefolgung von Normen die Regel ist, wo der Normbruch als effizient erscheint.19 Darüber hinaus wird der Gesetzesvollzug durch die Verwaltung dort behindert, wo der Gesetzgeber durch Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe das Eindringen gegenläufiger Interessen in den Vollzugsprozess ermöglicht. Bei der Konkretisierung von Generalklauseln, unbestimmten Begriffen und Verhältnismäßigkeitsformeln ist die Verwaltung auf Kooperation mit den Rechtsadressaten angewiesen. 20 Das Gesetz ist damit zwar nicht wirkungslos, aber es kann ebenfalls nicht (mehr) vom klassischen Gesetzesvollzug gesprochen werden. b) Symbolische Gesetzgebung An diesen Befund der weitgehenden Wirkungslosigkeit vieler moderner Gesetze schließt die These von der symbolischen Gesetzgebung an. 21 Eine solche ist dann gegeben, wenn die Ineffektivität eines Normbefehls von vornherein erkennbar ist und die spezifischen Motive der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten gar nicht auf die Verwirklichung der Norm gerichtet sind. 22 Nach den Motiven können dabei vier Gruppen unterschieden werden: Gesetzgeberische Wertbekenntnisse sollen ethische Grundwerte zum Ausdruck bringen, ohne dass auf technische Fragen, wie etwa die Erforderlichkeit oder Durchsetzbarkeit eines Verbotes Rücksicht genommen wird (z. B. Abtreibungsverbot); Gesetze mit moralischem Apellcharakter wollen hingegen auf die Einstellungen der Bürger einwirken, ohne überhaupt den Anspruch auf Wirksamkeit zu erheben (z. B. Einfügung der Um19 Zu weiteren ökonomischen „Lesarten“ von politischer Regulierung Teubner Steuerung durch plurales Recht. in: Zapf (Hrsg.), Die Modernisierung der modernen Gesellschaft, 1991, S. 528 ff. 20 Dose/Voigt Kooperatives Recht: Norm und Praxis, in: dies. (Hrsg.), Kooperatives Recht, 1995, S. 11 ff. 21 Kindermann Symbolische Gesetzgebung, Jb. Rechtssoz. und -theorie XIII , 1988, S. 222 ff. 22 Noll Symbolische Gesetzgebung, ZfSchweizR 1981, 347, 355
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weltdelikte in das StGB ); Alibigesetze sollen etwa in Krisensituationen kontrafaktisch Lagebeherrschung demonstrieren, um so die Bevölkerung zu beruhigen (z. B. Anti-Terror-Gesetze); Kompromissgesetze schließlich wollen es allen recht machen, indem etwa auf Veranlassung einer bestimmten Gruppe eine Verbotsnorm aufgestellt wird, als Zugeständnis an die Verbotsgegner aber erforderliche Vorkehrungen für die Normdurchsetzung unterlassen werden. 23 Im ersten Fall spielt die Durchsetzbarkeit der Norm keine Rolle, im zweiten und dritten Fall wird die faktische Unwirksamkeit der Normen bewusst in Kauf genommen, im vierten Fall ist sie sogar beabsichtigt. Aus der Sicht des politischen Systems ist diese symbolische Gesetzgebung solange vorteilhaft, wie etwa zwecks Zugewinn an Wählerschaft politische Handlungsfähigkeit ohne Vollzugskosten – sei es in Form von Verwaltungskosten, sei es in Form von negativen wirtschaftlichen Effekten etwa von Umweltschutzpolitik – demonstriert werden kann. 24 Über kurz oder lang führen die Allzuständigkeitsrhetorik und die ständigen Sicherheitsversprechen der Politik jedoch in eine Legitimationskrise. Denn die bloß symbolisch bearbeiteten Probleme holen die Politik früher oder später wieder ein. Der dadurch ausgelöste Prozess der Selbstwiderlegung der Politik 25 legt den bloß symbolischen Charakter der Gesetze offen und beraubt diese ihrer beruhigenden Wirkung. 26 c) Negative Folgen und Nebenwirkungen Mit der wenn schon nicht faktischen, so doch immerhin symbolischen Wirksamkeit von Gesetzen kann man sich schon deshalb nicht zufrieden geben, weil auch mit symbolischen Gesetzen negative Folgen und Nebenwirkungen verbunden sein können. Denn symbolische Gesetze sind geltendes Recht. Da ihre symbolische Wirkung gerade darauf beruht, dass sie äußerlich nicht als solche erkennbar sind 27, gilt für sie, was für alle Gesetze gilt: Im Prozess des Gesetzesvollzugs werden sie der Eigenlogik von Verwaltung, Rechtsprechung oder reguliertem gesellschaftlichen Teilbereich unterworfen, interpretiert und missverstanden als Preise gelesen oder ignoriert Voß Symbolische Gesetzgebung, 1989, S. 25 ff. mwN. Kindermann Alibigesetzgebung als symbolische Gesetzgebung, in: Voigt (Hrsg.), Symbole der Politik, Politik der Symbole, 1989, S. 257 ff., 269. 25 Beck Gegengifte. Die organisierte Unverantwortlichkeit, 1988, Kap. IV. 26 Positiver wird symbolische Gesetzgebung bewertet von Newig Symbolische Umweltgesetzgebung, 2003; kritisch dagegen Funcke-Auffermann Symbolische Gesetzgebung im Lichte der positiven Generalprävention, 2007. 27 Denn sonst würden symbolische Gesetze sich der Lächerlichkeit preisgeben. Die Fiktion der Wirksamkeit wird deshalb durch gesetzgeberischen „double-talk“ aufrechterhalten: Blankenburg Rechtssoziologie und Rechtswirksamkeitsforschung – Warum es so schwierig ist, die Wirksamkeit von Gesetzen zu erforschen, in: Plett/Ziegert (Hrsg.), Empirische Rechtsforschung zwischen Wissenschaft und Politik, 1984, S. 45 ff. 23 24
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usf. 28 In dem Maße, in welchem Rechtsanwender und Rechtsadressaten sich die Norm aneignen, wird diese ihres vom Gesetzgeber beabsichtigten Sinnes beraubt und verfremdet. Die Norm entwickelt ein vom Gesetzgeber nicht vorherzusehendes Eigenleben. Schließlich kann die Norm etwas bewirken, das den Zielen des Gesetzgebers konträr zuwiderläuft. Im Bereich der symbolischen Gesetzgebung könnte etwa ein Kompromissgesetz entgegen aller gesetzgeberischen Intention von Verwaltung und Rechtsprechung durchgesetzt werden. Damit wären unter Umständen wirtschaftliche oder soziale Folgen verbunden, die der Gesetzgeber gerade vermeiden wollte. Aber auch prinzipiell auf Wirksamkeit angelegte Gesetze haben häufig nichtintendierte Nebenfolgen, die sich negativ auf die gesetzgeberischen Ziele auswirken. Die pathologischen Nebeneffekte der Sozial- und Familienpolitik wurden insbesondere von Jürgen Habermas unter dem Stichwort der Kolonialisierung der Lebenswelt thematisiert.29 Diese Kritik bezieht sich auf die dilemmatische Struktur der Verrechtlichung vormals informell geregelter Sphären der Lebenswelt. 30 Potentiell benachteiligte Rolleninhaber wie Ehefrau, Kind, Schüler, Arbeitnehmer, Mieter usf. werden mit im Zweifelsfalle gerichtlich durchsetzbaren Rechtspositionen ausgestattet, die dem Ziel der faktischen Gleichstellung dienen sollen. Die Rechtssubjekte erkaufen ihre Befreiung aus naturwüchsigen sozialen Abhängigkeiten (etwa der patriarchalischen Gewalt in der Familie, oder dem besonderen Gewaltverhältnis der Schule) dabei allerdings mit der Kompetenz lebensweltfremder Instanzen (Arbeits-, Jugend-, Sozial- und Wohnungsämter oder Gerichte) zu inhaltlichen Entscheidungen. 31 Die subjektiven Ansprüche auf Intervention von Seiten Dritter bewirken dabei tendenziell eine Umstellung von an Verständigung orientiertem kommunikativem Handeln auf strategische Optionen. Das über die Verrechtlichung vermittelte Eindringen der systemischen Medien Geld und Macht ist für die verständigungsbasierte Reproduktion der Lebenswelt daher dysfunktional bis hin zur Zerstörung traditioneller Muster der Sozialintegration. 32 Solche nicht intendierten Effekte rechtlicher Regulierungen beschränken sich allerdings nicht auf die Reproduktion der Lebenswelt, sondern treten auch in den systemisch organisierten Gesellschaftsbereichen Wirtschaft, Teubner Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm? (oben Fn. 6), S. 45 ff. Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2, 1981, S. 542 ff. 30 Voigt (Hrsg.), Verrechtlichung. Analysen zu Funktion und Wirkung von Parlamentarisierung, Bürokratisierung und Justizialisierung sozialer, politischer und ökonomischer Prozesse, 1980; Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, 1985 31 Simitis Zur Verrechtlichung der Arbeitsbeziehungen, in: Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 73 ff.; Zacher Verrechtlichung im Bereich des Sozialen, in: Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 14 ff. 32 Am deutlichsten wird dies anhand der Auflösung der Familie als Solidarverband: vgl. Beck Risikogesellschaft, 1986, S. 161 ff. 28 29
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Wissenschaft, Gesundheit etc. auf. 33 So produziert etwa das System der Arbeitslosenversicherung Arbeitslosigkeit, weil die Kosten der Versicherung als Lohnnebenkosten das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen wirtschaftlich sinnvoll machen. 34 Die Ausgestaltung des Umweltrechts durch Ge- und Verbote führt dazu, dass Umweltschutz in der Wirtschaft lediglich als Kostenfaktor, nicht aber als möglicher Gewinn erscheint, weshalb das Umweltrecht vornehmlich Ausweich- und Umgehungsstrategien auslöst. Die Liste ließe sich um eine Vielzahl rechtlicher Regelungen erweitern. 35 Jenseits solcher heute weitgehend zum Allgemeinplatz gewordener Einsichten müsste beispielsweise eine radikal konstruktivistische Kritik der Antidiskriminierungspolitik ansetzen. 36 Für die Rechtsfolgenseite des in §§ 19 ff. AGG 37 kodifizierten zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots ist dies gut dokumentiert. Institute wie Beweislastumkehr, vermutetes Verschulden und immaterieller Schadensersatz eröffnen den vermeintlich Benachteiligten und ihren Verbänden die oben angesprochenen strategischen Optionen. Auf der Tatbestandsseite wird das Dilemma der Antidiskriminierungspolitik bereits in unfreiwilliger Komik offenbar, wenn es im sechsten Erwägungsgrund zur europäischen Antirassismusrichtlinie heißt: „Die Europäische Union weist Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurück. Die Verwendung des Begriffs ‚Rasse‘ in dieser Richtlinie impliziert nicht die Akzeptanz solcher Theorien.“ 38 Darüber hinaus führt die überraschende Vielfalt der Diskriminierungstatbestände im AGG (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter, sexuelle Identität) auf Seiten der potentiellen Anspruchsgegner zu ganz neuartigen selektiven Wahrnehmungsprozessen. Betrachtet man die „Compliance“-Programme, mittels derer gerade die „Gutunternehmer“ unter den Normadressaten ihre Umwelt nunmehr abtasten, 39 so drängt sich der Schluss auf: So viel Diskriminierung war noch nie!
Teubner Verrechtlichung (oben Fn. 7), S. 322. Zur aktuellen Debatte um die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung Boss Stärkere Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung!, in: 87:12 Wirtschaftsdienst (2007) S. 800 ff. 35 Vgl. die Beiträge in: Teubner (Hrsg.), Juridification of Social Spheres, 1987. 36 Ansätze dazu schon bei Habermas Faktizität und Geltung, 1992, S. 555 ff. 37 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 ( BGBl . I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 19 Abs. 10 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 ( BGBl . I S. 2840) 38 Richtlinie 2000/43/ EG vom 29. Juni 2000, ABl . EG L 180/22 vom 19. 7. 2000. 39 Langen Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ( AGG ) auf das Personalmanagement, Diskussionspapier Nr. 572 der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Universität Bielefeld, Januar 2008. 33 34
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d) Gesetzesfolgenabschätzung: Kosten/Nutzen-Analysen Ausgehend von dieser Problemlage hat sich innerhalb der Gesetzgebungslehre eine Forschungsrichtung der Gesetzesfolgenabschätzung mit dem Ziel etabliert, Effektivität und Effizienz der Gesetzgebung durch wissenschaftliche Beratung zu steigern. 40 Unter Anknüpfung an die Methoden der ökonomischen Analyse des Rechts werden dabei zunächst Nutzen und sodann Kosten von Gesetzen untersucht. 41 Der Nutzen kann angesichts der beschriebenen Vollzugsdefizite relativ gering ausfallen. Als Kosten können zunächst Kosten der Steuererhebung, Kosten der Gesetzgebung, Kosten des Vollzugs in Bund, Ländern und Gemeinden, Vollzugskosten in der Wirtschaft, sodann negative Nebenfolgen wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Art gemessen werden. Alle Kosten addiert können dem Nutzen gegenübergestellt zu einem negativen Saldo führen. Dann spricht man von kontraproduktiven Gesetzen. Soweit sich Gesetzesfolgenabschätzung auf die in Geld messbaren Kosten beschränkt, ist in aufwendigen Untersuchungen zu einzelnen Gesetzen festgestellt worden, dass allein die Vollzugskosten, d. h. die personellen und sachlichen Aufwendungen auf Seiten der staatlichen Verwaltung, den ebenfalls in Geld messbaren Nutzen eines Gesetzes überwiegen können. So hat eine Kosten/Nutzen-Analyse der Steuergesetzgebung ergeben, dass die Erhebung einzelner Steuerarten mehr kostet, als Einnahmen erzielt werden. 42 Komplizierter werden solche Untersuchungen, wenn etwa auch überwälzten Kosten eines Gesetzes, d. h. die Vollzugskosten auf Seiten der Regelungsadressaten (red tape) berücksichtigt werden.43 Darüber hinaus können auch nicht direkt in Geld messbare Folgen einer gesetzlichen Regelung als soziale Kosten Berücksichtigung finden, und schließlich kann das Augenmerk auf nichtintendierte Folgen und Nebenwirkungen von Gesetzen gerichtet werden. 44 Gesetzesfolgenabschätzung wird zunehmend als integraler Bestandteil von Gesetzgebungsverfahren institutionalisiert. 45 So hat die große Koalition jüngst ein Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates verabschiedet, 46 dessen unabhängige Tätigkeit auf einem international anerBöhret Wenn wir nur wüßten, wie Gesetze wirken …, in: FS Helmrich, 1994, S. 487 ff. Deckert Zur Methodik der Folgenantizipation in der Gesetzgebung, ZG 1995, 240 ff. mwN. 42 Bauer Was kostet die Steuererhebung? Eine kritische Analyse des Steuersystems, 1988. 43 Tiebel Überwälzte Kosten der Gesetze. Eine empirische Analyse der Folgekosten für den Markt, 1986; Keyworth Measuring and Managing the Costs of Red Tape: A Review of Recent Policy Developments, 22 Oxford Review of Economic Policy 260 (2006) 44 Siehe zur Erweiterung des Analyserahmens durch Modifikation des Kostenbegriffs Deckert ZG 1995, 240 ff.; 45 Überblick bei Fleischer Gesetzesfolgenabschätzung im Aktien- und Kapitalmarktrecht, in: Kley et al. (Hrsg.), Aktie und Kapitalmarkt, FS von Rosen, 2008, S. 595, 596 ff. 46 Gesetz vom 14. August 2006, BGBl . I S. 1866 40 41
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kannten Standardkosten-Modell beruhen soll. 47 Bedenken ergeben sich dabei nicht nur wegen des möglichen politisch motivierten Missbrauchs von Normprüfungen. 48 Es stellt sich auch die Frage, ob damit nicht mehr Probleme geschaffen als gelöst werden. Denn angesichts der Komplexität der zu berücksichtigenden Kosten, Folgen und Nebenwirkungen sind sowohl Politik als auch Wissenschaft mit der Durchführung von brauchbaren Gesetzesfolgenanalysen hoffnungslos überfordert: Intangible Kosten, die nicht auf dem Markt bewertet werden können, bleiben regelmäßig außer Betracht, es besteht eine systematische Wahrnehmungsverzerrung zugunsten von Regulierung (‚Planner’s Paradox‘), Interessengruppen versuchen die Wahrnehmung zu beeinflussen und die Logik der Politik zwingt zu zeitlichen Restriktionen, die mit der Logik der Wissenschaft nicht in Einklang zu bringen sind. 49 Wie der aktuelle Streit um die Kosten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zeigt, stehen sich bei der Kostenermittlung unweigerlich Experten und Gegenexperten gegenüber, die sich wechselseitig methodische Vorwürfe machen. 50 Das Problem der Überforderung des Rechts als Steuerungsmedium lässt sich letztlich nicht durch eine Verwissenschaftlichung der Politik lösen. 51 e) Das regulatorische Trilemma Die soeben vorgestellten Diskussionsstränge wurden von Gunther Teubner in einer systemtheoretischen Interpretation als regulatorisches Trilemma zusammengeführt. 52 Teubner verortet Steuerung als Prozess zwischen den Darstellung unter http://www.normenkontrollrat.bund.de/ Dazu schon Fliedner Vorprüfung von Gesetzentwürfen, ZG 1991, 40 ff.; Moltke Gesetzgebung der Europäischen Gemeinschaften. Das System der Folgenabschätzung, ZG 1993, 212 ff. 49 Fleischer weist Kosten-Nutzen-Analysen daher den Status „impressionistischer Gemälde“ zu (oben Fn. 45, S. 609) 50 Während eine Studie im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft im Sommer 2007 aufgrund einer Erhebung unter Unternehmen Kosten von 1,73 Milliarden Euro „errechnete“, kommt eine Untersuchung im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom August 2008 zu dem Ergebnis, dass durch das AGG im ersten Jahr lediglich direkte Kosten in Höhe von 26 Millionen Euro „nachweisbar“ seien, weitere Folgekosten seien ebenfalls gering und beruhten auf Schätzungen: vgl. SZ vom 14. August 2008: http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/257/306219/text/; siehe auch Hoffjan/Kentrup Folgekosten für Private Krankenversicherungen aus dem zivilrechtlichen Teil des AGG , ZVersWiss 2008, 111 ff. 51 Gleiches gilt auch für eine Verwissenschaftlichung des Rechts im Kontext folgenorientierter Rechtsprechung: vgl. Teubner Folgenorientierung, in: ders. (Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1995, S. 9 ff. 52 Teubner Das regulatorische Trilemma: Zur Diskussion um post-instrumentale Rechtsmodelle, in: Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giuridico Moderno 13, 1984, S. 109 ff.; ders. Verrechtlichung, S. 313 ff. 47 48
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Systemen Politik, Recht und dem reguliertem gesellschaftlichen Teilbereich (z. B. Wirtschaft). Recht ist in diesem Modell nicht mehr unhinterfragt Struktur der Gesellschaft. Vielmehr werden Rechtsnormen zunächst als Struktur des Rechtssystems verstanden, der die Strukturen (Werte, Normen, Regeln, Programme, Handlungsanleitungen) anderer Systeme gegenüberstehen. Steuerung wird dann als Versuch der Kompatibilisierung der Strukturen von Politik, Recht und reguliertem System problematisiert. Solche strukturellen Kopplungen können nach Teubner nur gelingen, wenn die Eigenlogiken der beteiligten Systeme einer Strukturverschleifung nicht entgegenstehen. 53 Die von den Theorien der Natur der Sache her bekannte Forderung nach Respektierung der sachlogischen Strukturen eines Gegenstandsbereichs werden so gleichsam ins Systemische übersetzt: Die Grenzen von Regulierung sind durch die dreifachen Grenzen der Selbstreproduktion der beteiligten Systeme definiert. 54 Das regulatorische Trilemma kann dann als Folge der Nichtbeachtung der Bedingungen der strukturellen Kopplung von Politik, Recht und reguliertem System formuliert werden. Grenzenloser Staatsinterventionismus führt demnach in das Trilemma einer Desintegration aller beteiligten Systeme. Desintegration der Politik: Eine inkongruente Regulierung führt zu wechselseitiger Indifferenz von Recht, Politik und gesteuertem System. Da das Steuerungsprogramm den Relevanzkriterien von Recht und reguliertem System nicht entspricht, ist es schlicht irrelevant. Die entstehenden Vollzugsdefizite führen zum Phänomen der symbolischen Politik. Die mit der ausbleibenden Einlösung der Sicherheitsversprechen des Präventionsstaates verbundene Selbstwiderlegung der Politik treibt diese in eine Glaubwürdigkeitskrise und führt zu Politikverdrossenheit. Desintegration des Rechts: Die von einem aktiven Staat an das Recht herangetragenen Steuerungsansprüche führen zur Materialisierung des Rechts. Die mit der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln verbundene Öffnung des Rechts gegenüber seiner gesellschaftlichen Umwelt führt zu einer Übersozialisierung des Rechts. Das Recht wird von der Politik und den regulierten Teilbereichen erobert, politisiert, ökonomisiert, moralisiert, technisiert etc., wodurch die spezifisch formalen Qualitäten des Rechts (Rechtstaatlichkeit) deformiert werden. Desintegration des regulierten Systems: Werden politische Steuerungsansprüche mit aller Macht von Recht und Politik durchgesetzt, so führt dies zu desintegrierenden Effekten im regulierten Feld, die als Kolonialisierung der Lebenswelt durch den Wohlfahrtsstaat einerseits, als Deformation wirtschaftlicher Prozesse durch nichtintendierte Nebenfolgen der Verrechtlichung andererseits beschrieben werden können. Die negativen Effekte einer 53 54
Teubner Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm, S. 45 ff. Teubner Das regulatorische Trilemma, S. 128
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Überlegalisierung der Gesellschaft stellen so die positiven Wirkungen politischer Steuerung in Frage. Im politischen Steuerungsalltag stehen sich diese drei möglichen Folgen von hochgetriebenen Interventionsansprüchen nicht als Alternativen gegenüber, sondern liegen als Gemengelage in mehr oder weniger ausgeprägter Form gleichzeitig vor. Ihre trilemmatische Struktur findet Steuerung gerade darin, dass keine monokausalen Lösungskonzepte (z. B. Gesetzesfolgenabschätzung) ersichtlich sind, vielmehr in dem unübersichtlichen Beziehungsgeflecht zwischen Politik, Recht und reguliertem System jede Aktion angesichts unvorhersehbarer Reaktionen immer tiefer in das Trilemma hineinführt.
III. Prävention und Verhaltenssteuerung im Zivilrecht Die Steuerungskrise des Rechts und potentielle Auswege daraus, welche unter Stichwörtern wie ‚Reflexives Recht‘, ‚Prozedurales Recht‘, ‚regulierte Selbstregulierung‘, ‚Ko-Regulierung‘ oder auch ‚Governance‘ diskutiert werden, 55 sind vom öffentlichen Recht und den Verwaltungswissenschaften gründlich rezipiert worden. An der Zivilrechtswissenschaft sind diese Debatten hingegen nahezu spurlos vorübergegangen, was darin begründet liegt, dass man die Unterscheidung zwischen öffentlich und privat traditionell mit der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht gleichgesetzt hat. Das ‚reine Privatrecht‘ ist demnach frei von öffentlichen Zwecken und dient nicht der politischen Steuerung der Gesellschaft, sondern lediglich dem Ausgleich der privaten Interessen der Parteien.56 Ein Privatrecht aber, das sich präventiven Zwecken verschließt, indem es sich etwa bei der Berechnung von Schadensersatz allein vom Gedanken des Ausgleichs leiten lassen will,57 immunisiert sich gegenüber den genannten Phänomenen einer Steuerungskrise selbst, weil es ja Verhalten gar nicht steuern will. Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus: In einem Vortrag auf der Tagung der Zivilrechtslehrervereinigung in Basel 2005 hat Gerhard Wagner 58 eine Lanze für Prävention und Verhaltenssteuerung als legitime Aufgaben des Privatrechts gebrochen und dabei detailliert dargelegt, inwiefern dies bereits im deutschen Zivilrecht (S. 364 ff.), vermehrt aber unter europarechtliAusführlich Calliess Prozedurales Recht, 1999. Das gilt insbesondere für Deutschland, aber auch in den USA flammen entsprechende Debatten immer wieder auf: vgl. die Analyse und Kritik bei Teubner State Policies in Private Law? Comment on Hanoch Dogan, in: 56 The American Journal of Comparative Law (2008) 835–843 mwN. 57 So etwa die klassische Position bei Larenz Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. 1987, S. 423 58 AcP Bd. 206 (2006), S. 352–476 55 56
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chem Einfluss (S. 389 ff.) der Realität entspricht. Mit diesem richtungweisenden Beitrag scheint nunmehr auch die deutsche Zivilrechtswissenschaft in der Gegenwart angekommen. Freilich muss sich ein dem Ziel der Verhaltenssteuerung dienendes Privatrecht in der Konsequenz auch dem Phänomen der Steuerungskrise des Rechts stellen. Und hier lässt die gegenwärtige Debatte noch einiges zu wünschen übrig. Zwar nimmt Wagner die Stichworte ‚Präventionsstaat‘ und ‚Steuerungsversagen‘ aus der Verwaltungsrechtslehre auf, freilich nur um das Privatrecht als von der Steuerungskrise nicht geplagte ‚Auffangordnung‘ zum regulatorischen Verwaltungsrecht zu empfehlen (S. 357). Einen eigenen Abschnitt widmet er sodann den ‚Funktionsbedingungen der Verhaltenssteuerung durch Privatrecht‘ (S. 434 ff.). Dieser Abschnitt erhebt verständlicherweise „nicht den Anspruch, eine allgemeine Steuerungstheorie für moderne Gesellschaften zu entwerfen, sondern beschränkt sich von vornherein auf die Funktionsbedingungen und komparativen Vorteile einer Verhaltenssteuerung durch Privatrecht“ (S. 435). Als solche Vorteile nennt Wagner die Nutzung privater Informationen und Initiative für die Rechtsdurchsetzung, die Einsparung von Verwaltungskosten und von Doppelregelungen, sowie die grenzüberschreitende Wirksamkeit des Privatrechts (S. 445–449). Wie sich – um dieses aktuelle Beispiel ein letztes Mal zu bemühen – an der hitzigen Debatte um das AGG zeigt, greift eine lediglich auf die komparativen Vorteile des Privatrechts gerichtete Analyse aber zu kurz. Denn auch Privatrecht – soll es denn der politisch motivierten Verhaltenssteuerung dienen – muss vollzogen werden, wenn es nicht im Bereich der symbolischen Gesetzgebung verharren will. Und da wir generell nicht wissen, wie Gesetze wirken, hat auch Privatrecht nicht intendierte Folgen und negative Nebenwirkungen, die durch Gesetzesfolgenabschätzung prinzipiell nicht vermeidbar sind. So ist aus der Debatte um missbräuchliche Abmahnungen unlauteren Wettbewerbs (§ 8 Abs. 4 UWG ) hinlänglich bekannt, dass der Vollzug der vielfach beschworenen ‚self-executing-norms‘ des Wirtschaftsprivatrechts nur aus Sicht der Verwaltung kostenlos erfolgt. Mit Beweislastumkehr, Strafschadensersatz oder Verbandsklage emanzipiert sich das Recht von den realgesellschaftlichen Konfliktlagen, ohne die Norm gäbe es gar keinen Konflikt – Recht betreibt sich zunehmend selbst. 59 Deutlich werden die Probleme auch im Bereich der vorvertraglichen Informationspflichten, wo eine fehlerhafte Belehrung mit einem unbefristeten Widerrufsrecht sanktioniert wird, obwohl selbst das Bundesministerium der Justiz nicht in der Lage ist, eine wirksame Musterbelehrung zu erstellen. 60 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 278 Dazu Calliess Informationspflichten im deutschen und europäischen Vertragsrecht, in: Karl Riesenhuber & Yuko Nishitani (Hrsg.), Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie?, Berlin 2007, S. 97 ff. 59 60
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Kurzum: Mangels sinnvoller Kriterien zur Abgrenzung von öffentlichem und Privatrecht sind Prävention und Verhaltenssteuerung zwar legitime Aufgaben des Privatrechts. Freilich muss sich auch die Zivilrechtswissenschaft mit dem regulatorischen Trilemma auseinandersetzen und die Folgen ihrer Steuerungsansprüche sowie die Grenzen rechtlicher Prävention reflektieren. Hierzu bedarf es einer Theorie des reflexiven Zivilrechts, deren Ausarbeitung noch weitgehend aussteht. 61
61 Neben den vielfältigen Anregungen in Teubners Werk ein Versuch bei Calliess Prozedurales Zivilrecht, in: Micklitz (Hrsg.), Verbraucherrecht in Deutschland – Stand und Perspektiven, 2005, S. 65 ff.
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I. When the concept of “institution” is discussed in sociological literature it usually entails a – somewhat problematic – combination of two elements: one prevalently positive, related to an activity, and one prevalently negative, concerning a limitation. On one hand, we may refer to a set of functions assured through organisational structures, roles and behavioural patterns, which are harnessed to the pursuit of a social mission often defined in abstract terms. On the other, we may refer to a capacity to resist change from the surrounding environment, by means of which every institution attempts to defend its identity in the long run. Institutions, indeed, appear to obtain the consensus they need by presenting themselves as a durable point of reference for action and by avoiding engaging in the constant adaptation of their general missions to changing circumstances. This enables them to provide their members with recognition and acceptance, not so much because of what they actually do in various situations as because of the role that they happen to have within the institution. Institutions are generally considered as islands in a process of social change and are compelled to protect themselves by selective screens. Reasons for their relative indifference to social change are underlined in profoundly different sociological perspectives. From a functional standpoint, which tends to emphasise the basic complementarity of various areas of social life, institutions may be endowed with different adaptive capacities as a way of increasing the possible strategies of reaction available to the social sphere as a whole. From a conflictual 1 The concept of autopoiesis is without any doubt one of the most successful in the lexicon of new systems theory. For a sophisticated and convincing application, see G. Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt am Main 1989. On the same subject see also G. Teubner and A. Febbrajo (eds.), State, Law, and Economy as Autopoietic Systems. Regulation and Autonomy in a New Perspective, “European Yearbook in the Sociology of Law”, Milan 1991–1992.
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perspective, which tends to emphasise contradictions between the various social spheres, processes of change are usually seen as the result of confrontation, where institutions are often considered as an anachronistic obstacle to future adaptations. In other words, institutions are placed between a traditional model of the community, characterised by enduring and traditional relations, and a model of society, built around impersonal and instrumental ties. From the most recent systemic standpoint, individual institutions are seen to pursue a variety of strategies for reacting to their environment, using specific filters which are able to select the huge amount of internal and external demands which could threaten their survival. 2 One of these filters ensures the ability, essential for an institution, to control memory. It hardly needs to be said that this capacity for memory control is an essential instrument not only for emphasising in various ways everything which may be useful in a coherent reconstruction of the institution’s “identity”, but also for rewriting its history, so as to omit or reinterpret single events that might damage its image, i.e. to “remember to forget”. The tendency to channel institutional consciousness, following widely shared and highly selective criteria of relevance, is important not only to the past but to the future, giving rise to an “official” institutional memory concentrated almost exclusively on certain portions of reality submitted to opportunistic interpretations, able to blank others out as if they had never happened. Another filter is the ability to “delegitimise delegitimisation”, using forms of argumentation which can give an unsustainable appearance to individual behaviour and attitudes that may be dangerous for the institution. Widespread use is thus made of procedural forms of control of conflict. Procedures, which are often managed by the institutions themselves, may indeed be considered as an essential tool for seducing of individual disappointments and thus isolating and denying support to the ensuing protests.3 A third filter is the capacity of the institution to select internal interests so as to make them appear as an expression of the interests of the potential recipients of the institution’s services. This exchange often derives from a kind of institutional ideology behind which there may lie less noble practices that produce double standards, or at least justify the fact that those working in the institution are subjected to privileged criteria of accountability. A fourth filter consists of limiting the perception of the effects of institutional decisions so as to enable the institution to “learn” if and when it 2 The importance of institutionalisation processes in the systems theory has been constantly emphasised. See N. Luhmann Institutionalisierungs-Funktion und Mechanismus im sozialen System der Gesellschaft, in H. Schelsky (ed.), Zur Theorie der Institution, Düsseldorf 1970, pp. 27–42. 3 See N. Luhmann Legitimation durch Verfahren, Frankfurt am Main 1983.
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is necessary “not to learn”. The formalisation of the features of institutional life which are considered worth protecting, means that deviant behaviour, even when repeated, produces, not a change of the regulation, but sanctions designed to manifest the persistence of the regulation infringed. Sanctions are thus an essential part of institutional life. They help to protect the parts of institutional life which have to be defended from manifest change. A fifth filter is the institution’s ability to limit reactivity to external demands by using criteria on the basis of which it may “decide not to decide”. An institution has to have a shared area of expertise so as not to run the risk of exposing itself in its commitment to act. In both cases the institution may face crises more severe than those that would be produced as a result of single erroneous reactions. These filters contribute to seeing the institution as a place – essential for any society – where order and social change, stability and adaptation, the world of rules and the world of events, converge. It therefore comes as no surprise that the sociology of law has devoted considerable attention to the study of institutions. In particular, comparisons have been drawn between institutions (families, churches, professions, political parties, and so on) set up spontaneously by society to perform certain essential functions, and those established by formal interventions of the state, which regulates them with greater precision but at times with less effectiveness. The socio-legal study of institutions therefore comprises the study of the cultural variables able to shape the genesis, effectiveness and evolution of the social and/or statutory norms that affect them. The above-listed characteristics of institutions do not preclude – indeed they entail – that an institution be endowed with an independent capacity to change its own rules and thus to practise a sort of “nomogenesis” in order to absorb external demands and succeed in “regulating the rules”. In an institution as complex as the state, this requires the use of structures made up of a number of normative strata which are culturally linked in such a way that the conservation of one, such as the constitutive rules of the institution, may be balanced by change in the others. The framework of institutions in a complex society is historically extremely variegated, and may involve not just different levels of acknowledgement by the state but also the alternation of phases of stabilisation and destabilisation in a single institution. The sociology of law has thus developed a sophisticated set of theoretical and conceptual instruments to represent relations between rules and facts in a circular fashion that is taking account of both the adaptability of facts to norms and of norms to facts. In this context the university may be considered an institution not only in the juridical sense, as frequently happens in the name of its constitutionally
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guaranteed independence from the state, but also in the sociological sense, in the name of its ability to remain relatively deaf to the signals of social change emanating from the environment and from other institutions. As any other institution, the university is relentlessly selective in its processing of the noises from the outside world, adapting them to its own structures and functions. In the following sections, after consideration of the main characteristics of the university system, identified as a culturally conditioned institution (section 2), attention will be drawn to some of the problems that the culture peculiar to the university will have to solve to achieve the effect-oriented “limited change” that is necessary in order to preserve its institutional character (section 3).
II. The university is an institution endowed with its own essential specificity. Its place at the summit of the educational processes, its vocation for research as well as advanced training, its tendency to organise itself autonomously, and its capacity to issue generally recognised certificates to those who have completed such training processes 4, are all characteristics – laboriously defended in the past or emerged gradually in more recent times – that define its identity. It is thus not by chance that the university is given a position in the social context which is crucial and strategic, but at the same time relatively protected and secluded, so that it is not directly and automatically involved by factors of change which might obscure its functions. In such a position, where it is able in the long term to absorb and select changes coming from outside, it may affect society by the paradoxical production of innovation through tradition. Among the university’s many peculiarities, one should be pointed out: that it stands as a “total” institution. It brings its cadres forward from their initial training and provides them, in their institutional passage from students to scholars, experience and skills which are generally distributed by university alone. Within the world of the university, the distinction between full-time and part-time staff, between those who invest all their time and efforts in the university and those who entertain professional relations outside it, assumes, therefore, a high degree of cultural significance. The basic legal and sociological concept of institution may imply that the university is an institution to which legislators have assigned a certain deci4 Taking into account, as in other parts of this article, the Italian experience, we have to mention that this capacity is guaranteed by the state.
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sion-making capacity in the interests of the best performance of its functions, but also able to develop the characteristics which correspond to an autopoietic (self-perpetuating) model of institution. This model is based specifically on: a) the construction of an identity which is recognisable to its members on the strength of a generally shared memory (self-observation); b) a perception of its functions by means of which it tends to legitimise itself in relation to its public (self-legitimation); c) a body of selection criteria able to combine interests coming from within and interests coming from outside (self-representation); d) a tendency to assume the institution itself as the supreme interpreter of its relations with the outside world (self-referentiality); e) a body of programmes, diversified according to a wide range of possible situations, to define the horizon of its decisions (self-specification). All together, these elements require a system of filters to act on potentially disruptive environmental factors. They are able to reinforce each other guaranteeing the stability and duration of the institution. The formation of an institution in the legal sense is not simply the cause, but rather the consequence, of a process of social institutionalisation. In order to promote an image of independence from its environment, the university tends to minimise possible influences deriving from contacts with other institutions, and to translate them into its own “language”. This institutional language has the peculiar characteristic of being rhetorical rather than descriptive, full of symbolic suggestions, and therefore so intrinsically ambiguous that it may be used, without any substantial changes, both to construct and reinforce an internal identity and to defend that identity against the outside world. The university as an institution tends to adopt a prevalently defensive attitude, and to be unwilling to accept any outside judgements which may not be compatible with, or may be a menace to, the perception of its own identity. Particularly worth emphasising is that, adopting this cultural attitude, it is very difficult to develop any constructive or incisive capacity for self-criticism. The key terms used by universities to describe themselves hide potential antinomies, and so facilitate the gradual and unaware building of ideological barriers. One example is the term “autonomy”, which in the university world is used in a whole range of applications (normative autonomy, financial autonomy, didactic autonomy, etc.). On one hand, it is usually related to an idea of freedom which is curtailed only by the law and thus, on the principle that whatever is not forbidden is allowed, it seems to express a basic intolerance for constraints not explicitly laid down. On the other hand, it is often expressly related to the principle of “accountability”, thereby undergoing external constraints able – more in an ethical-deontological than a juridical sense – to limit the exercise of freedom through considerations
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regarding the implications (consequences and variously defined costs) of certain decisions. The ambiguity of the concept of autonomy, hanging between the absence and presence of external constraints, prevents any clear specification of what style of action is required, who or what should perform it, or with what criteria for the reduction or increase of constraints. But it is precisely this ambiguity of the concept of autonomy that favours its circulation, allowing it to be used dogmatically in the widest variety of situations. A similar duality is intrinsic to the term “system”, often used to emphasise the complexity resulting from the plurality of universities, but also to underline their unity in a body supposed to be endowed with a typical rationality. This fluctuation between multiplicity and unity does not help clarify whether the whole prevails over the parts within the university “system” and whether and to what extent the parts may act independently of one another. Moreover, it becomes extremely difficult, under these presuppositions, to tackle the question of the “functions” of the university with sufficient precision. From this perspective it would be useful to distinguish between an abstract level, concerning research and teaching considered as ideal types to be pursued but never entirely achieved, and a concrete level, concerning the various performances allowed in the objective conditions of single universities or by the decisions of their different internal bodies (departments, faculties, schools, courses). Indeed, the generic attribution of the two main functions of research and teaching to the university system as a whole prevents any sensitive and realistic tackling of concrete problems and prevents the development of strategies to manage the various demands that may influence the different levels of governance within single universities. Similar observations may be made in an analysis of the terms “internationalisation” and “localisation”, used with increasing frequency to indicate the prospects upon which the world of the university builds its activities and programmes. The university’s official lexicon does little to promote, and may even obstruct, a realistic description of the university world. It rather seems suited to set up a curtain that inhibits a clear vision of the implications of change and hinders a culture endowed with the detachment needed to deal properly with the recurring debate on university reform. The university, therefore, generally seems to have little inclination to develop consciously any plan to change itself.
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III. Returning to the initial hypothesis, it may now be stated that the recent history of the university shows, perhaps more than in the past, that many of the main obstacles still standing in the way of the adoption of abstract models of rationality are linked to the cultural characteristics that make the university an institution in the sociological sense of the word. In studying the university as an institution, instead of resorting to linear analyses (according to the model of external causes – internal effects, or internal causes – external effects), use should therefore be made of circular analyses on at least three closely connected levels (behavioural, structural and functional). We start from the assumption that an institution, in itself able to select changes brought about by other institutions, including the state, may change its dynamics when there is a generally shared perception of the difficulties involved in the management of such changes. 5 We should focus not so much on the frequently discussed light and shadow of academic life, isolating this or that particular typology of behaviour, as on the cultural factors that may influence such behaviour. On the differentiated body of academic cultures rest most of the chances of acceptance and practical development of the reforms proposed at various times. University reforms should be administered like any medicine – that is to say with the utmost respect for the possible negative reactions of the body which has to ingest it. This explains why, in the drafting of legislative plans for reform, attention should be concentrated not so much on the technical features of the measures as on the context in which they are to be applied and the cultural factors which will absorb them in the name of the stability of the institution. This brings us to the important issue of socialisation, which in the university, as in any institution, should enable actors to apply the selection criteria necessary to perform the essential task of limiting change by means of cultural instruments, and to bridge the passage from one generation to the next. This is an issue which in Italy is worthy of further exploration. It can be said, with regard to the socialisation of selection criteria, that the university institution has, as a result of the expansion of the teaching corps, undergone a series of adjustments of which it has not always been aware. And it can also be said that the signals of change in the internal culture, by some considered – perhaps too hastily – as regressive, appear in some respects to be
5 On the distinction between linear and circular theories see A. Febbrajo From Hierarchical to Circular Models in the Sociology of Law. Some Introductory Remarks, in “European Yearbook in the Sociology of Law”, Milan 1988.
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contradictory. How can it be hoped to produce good researchers if socialisation processes now seem to favour uncritical or even openly acquiescent attitudes towards the establishment – in an often bureaucratically ordered climate and with co-opting practices in which the assessment of merit is sometimes subordinated to the membership to a particular school? How can it be reasonably expected to provide each academic structure with proper management stemming from the teaching body if the problems to be tackled seem to grow steadily in complexity and the skills needed to solve them are not generally compatible with the academic culture? Indeed, it hardly needs to be said that the emerging culture of evaluation which presents itself as superior to the consolidated institutional culture may be liable to the same limitations as the latter. The culture of evaluation does not seem, at the moment, to be a viable cultural instrument for triggering a cultural renewal that would be able to propagate its positive effects to the whole institution, to the extent that the application of these procedures is considered more as an object than an instrument of evaluation. It is therefore thought that putting evaluation procedures in place is, in itself, a necessary and sufficient condition to justify a positive evaluation. 6 This may be exemplified by a number of problematic features related to the five characteristics of university institutions listed above. The first difficulty is that the university institution usually represents itself by adopting a vision which is able to communicate a distorted image of the university world. The characteristics of the university-system are interpreted mostly defensively in relation to any element that may damage the unity of the system. This makes any realistic evaluation of the university world especially unlikely because it does not allow taking account of the various typologies of situations and actors by means of which the system succeeds in providing different responses to different demands. The second difficulty is that the university institution usually legitimises its functions by means of clouding rhetoric about the effects they produce. The high degree of segmentation of university organisation has consolidated a process of bureaucratisation which makes the management of universities leading to the adoption of easy short-cuts for the merely formal achievement of defined objectives. For instance, as to the declared aim of increasing the proportion of students graduating from a university, the first solution might seem to make the exams easier rather than improving the effectiveness of teaching. The third problem is that the university institution tends to reinforce its autonomy through a series of self-representations which not only preclude 6 For a reformulation of the subjects here expounded, with greater attention to the Italian university system, see A. Febbrajo Valutazione universitaria come problema istituzionale, in “Rassegna Italiana di Valutazione”, 38/2007.
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comparison with external criteria of rationality but also, rather than correcting consolidated practices, end up accepting the pursuit of endogenous compartmental interests. The university’s horizon of meaning may easily be fragmented, as we have seen, into a further series of interests and organs, each of which entails its own institutional loyalties, behavioural models and decision-making criteria. These various components are patently too many to be accommodated in any vision which has the ambition of looking beyond the borders of the university system. 7 The fourth difficulty is that the university institution tends to consider governance as the forum for asserting identity at the various levels of institutional representation makes the institution itself the central point of reference, as if – and this is less comprehensible from the outside – the university wished to talk to itself. The fifth difficulty is that in its relations with the outside world, the university institution tends to adopt a highly ambiguous horizon of meaning, which may transcend state borders but at the same time becomes active at a regional level for consolidating its relations with other local institutions and their social environment.
IV. Summarising what has been said thus far, it may be stated that a sociological study of the university should not ignore the drawbacks and the potential deriving from the cultural specificities that the university possesses as an institution. With regard to any sociologically informed reforms of university institutions, this necessitates taking account of those cultural specificities, turning them from possible obstacles into valuable assets to support processes of adaptation of the university institution. Institutional theory supplemented by systems theory may succeed in producing satisfactory hypotheses, in particular on the dynamics of cultural institutions, on the conditions in which a cultural change may consolidate new meanings which enable actors to take on an innovative fashion; on the definition of the borders between transformation and the loss of institutional identity. In this context, the university system which tries to change without betraying itself, needs the following preconditions: a) the internal rhetoric based on the concept of the system, which underpins the institution’s identity, must be able to promote an approach at once unified and differentiated – able to take account of the practical complexities of a university system; b) the 7 For a documented discussion of the Italian university system from the point of view of its differentiation, see R. Moscati Università: fine o trasformazione del mito? Nuovi significati e funzioni nelle diverse Italie, Bologna 1983.
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external rhetoric, oriented to the typical functions of the institution, must be able to support the legitimation of the university not indiscriminately but through a reflexive approach which is able to include elements of criticism in the implementation of those functions; c) the separateness of the university as institution from society, based on the concept of autonomy, must be compatible with the adoption of criteria of relevance which are both internal and external, provided that an open approach is able to select and combine different closure criteria on a case-by-case basis; d) the self-referential quality of the governance must contribute to overcome bureaucratic procedures and rituals, provided that it allows a goal-oriented and self-correcting approach at the same time; e) the complexity of the university institution’s horizon of meaning must be able to sustain a plurality of loyalties and perspectives of the various actors, involved without thereby relinquishing a global approach which is able to pursue links and interactions beyond the borders of a single institution. A similar combination of prerequisites should be put in place by the university in the light of a cost-benefit ratio taking account of the positive or negative consequences that such an institution would produce on other social systems. For its part, the state should be able, especially in times of crisis, to stress the importance of a concept of common good which might overcome the barriers of meaning defined by aims, purposes and plans of the single institutions or of parts of them. It is therefore not surprising that the university has not yet been able to grasp the need for a more complex relationship between training and work. The proposition may thus be formulated that there no longer seems to be any justification for postponing entry into the world of work beyond acceptable psychological and biological limits – as is generally accepted in many advanced industrial countries by an expansive interpretation of welfare and of the right to education. It is clear that, as a consequence of this inability of the university institution to achieve a realistic assessment of costs and benefits from the users’ standpoint, the age at which it is possible to start with a professional and scientific career was significantly postponed in comparison to former generations. 8 What is already implied in the principles of lifelong learning, could justify more alternating periods of study and work, and/or better selections in the admission to the highest levels of specialisation, thus shortening the average time lapse before the first work experience. It is obvious that people learn how to study by studying, it is also true that they learn how to work by working. There is no sense, even from the broader point of view of the social system, in investing about forty percent of the lifespan exclusively in training, as unfortunately is the case for most of the current generation of students. 8 In Italy, where this age has become in most cases 28/29, the situation becomes increasingly negative.
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In short, the challenge facing the university is predominantly a cultural one. The university must not believe in the illusion of monopoly positions, which are no longer sustainable, nor must it fall into the temptation of venturing into fields of didactics and research where potential competitors could more usefully be turned into valuable substitutes or collaborators. Finally, following the wave of utopian transnational harmonisations, it will have to recognise the cultural and historical limits within which its structures could be successfully modified. For an institution entrusted with such continuity and faith to pure learning, this means devoting an intense commitment to a critical self-observation which can overcome the barriers of consolidated rhetoric, and possibly reaching the level of self-irony. In other words, it becomes necessary for the university to reconsider, from a cognitive point of view, the subtle borders between innovation and alienation, focussing, not so much on what was accomplished, with a sort of ideological satisfaction, but, with a more utopian attitude, on what could, or should, be done for external interests and expectations, or for the social system as a whole. This is a task that seems to be essential for an autopoietic system in transitional phases, when the selection of sustainable change is not confined to a procedural approach, but involves a radical rethinking of the institution’s functions through a mutual adaptation of internal and external cultures.
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The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights: Economic Constitutionalism or Deliberative Constitutionalism? 1 Oliver Gerstenberg
I. Background It is today widely conceded that the role the ECJ has played in the genesis of the European Community and its legal order, and continues to play, is a decisive one. Part of that role has been to guarantee the fundamental economic freedoms enumerated in the treaty. With regard to the effectiveness of the basic market freedoms, the EU offered a judicial system which ingeniously enlisted national individual plaintiffs as “private attorney generals” and national legal systems as effective enforcement mechanisms of those market freedoms. But, more recently, the Court’s role has changed. In departure from the text of the treaty, the Court has set out to develop a jurisprudence of “general principles of law” – principles not laid down by the treaty and by Community statutory legislation. Those principles – developed by the Court sua sponte, on a basis no other than their connection to the rule of law – have enabled the Court to incorporpate, within Community law, the substance of the ECHR , as well as fundamental rights protected by national constitutions. The EU ’s initial premise had been that of a clear-cut division of labor, which would place “economic law” at the level of supranational law, and social policy within the responsibility of Member States – to be exercised in ways compatible with open markets. Contrary to that premise, the ECJ has, in realm after realm, become sensitive to the impact of the rules of the market on, and its intrusion into, other constitutionally protected domains of life. The Court has recognized the important part played by principles which have emerged to qualify the strict application of rules and which are fundamentally different from rules and their scope and effect. 1 This paper is part of collaborative work with Charles Sabel towards a joint paper. For comments I would like to thank him as well as Grainne de Burca. The usual disclaimer applies.
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This transformation raises a familiar objection – but it also points towards a response to that objection. The familiar objection is how can it be consistent with democracy to give unelected judges – indeed, European judges – the final word, which may prevail even over laws made by an elected, domestic, legislature? Why should courts be justified in having the last word when it comes to resolving conflicts between competing values, say, between free trade and human rights, which are notoriously open-textured and cast in very general terms? The creative and jurisgenerative role of the Court – its role in upholding and maintaining a fair balance between colliding legitimate interests – requires a broader understanding of the interconnections between the rule of law and democracy in the European multilevel system, characterized by complexity and sharp, but reasonable and sincere, disagreement over its very purpose and finalité. The transformation, however, points to a response to that objection. That response acknowledges that the time-honored principles of legislative intent and separation of powers – principles which require deference by courts to legislators – have become ever more inadequate when it comes to demarcating a defensible role for courts. But by the same token that response does not cast the Court as “supreme” – as the penultimate and quasi-sovereign designer of democracy. Rather, if you do not want courts to be in that position – of defining the meaning of “fair balance” for all, then allow parties to the conflict themselves to participate in how norms are being defined. As this paper will show, the Court, in realm after realm, imposes – via the domestic courts – on actors themselves the task of developing mutually acceptable understandings of constitutional norms. Just as the Court enlists national courts, together with private actors, in the process of market making, so now with constitutional norms governing fundamental collisions between competing free trade and rights-commitments. The EU , then, moves into the rights-domain – and it does so by enlisting private actors in the very process of jurisgenerative norm-generation and -interpretation. And that transformation within the rule of law has a deep affinity with transformations we witness in the area of regulatory rule-making.
II. The European Rule of Law Of the two post-war European legal orders – the Council of Europe’s ECHR and the European Communities – only the ECHR was expressly
founded as a human rights organization with the intention of promoting human rights and democracy in the wider Europe – and of preventing States from relapsing into totalitarianism. The focus of the second of these two legal systems, now the EU , by contrast, lay in the establishment of the common market – understood as a vehicle towards broader social and political
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ends. Human rights and fundamental economic freedoms, then, were understood as belonging to, and constituting, two functionally different and separate legal spheres. But the ECJ has begun to take a broad, transformative, view of its jurisdiction and has begun to align Community-interpretation with the goals of the ECHR and to incorporate into Community law fundamental rights protected by the legal systems of the Member States. Catalyst of this judicialinterpretive development of Community law has been the so-called preliminary reference procedure under Art. 234 EC – a procedure which provides private parties broad access to a court of law: under this procedure, national courts of any standing may – and domestic courts of last instance are obliged to – ask the ECJ for a preliminary ruling on the meaning and effect of Community law, if a decision on the question of Community law is necessary to enable them to give judgment. The referring domestic court must then apply the ECJ ’s ruling in casu – say, by setting aside national legislation or action that is inconsistent with Community law. So, the jurisdiction of the ECJ is limited insofar as the ECJ lacks authority directly to annul national legislation that is inconsistent with EC law: this remains a matter for the national courts. The preliminary reference procedure, then, forces a jurisgenerative dialogue between the ECJ and domestic referring courts (and among domestic courts themselves). On the one hand, Community law – through judicial development – is “an integral part of the legal systems of the Member States […] which their courts are bound to apply” (Costa v. ENEL ) uniformly throughout the Community. But on the other hand, both legal systems – European and domestic – do remain separate: triggered by private litigants, the referring domestic court must explain the domestic law and its driving fundamental rights-commitments to the ECJ . According to the Court, respect for fundamental rights is an integral part of the general principles of law protected by the Court; moreover, this protection, “whilst inspired by the constitutional traditions common to the Member States, must be ensured within the framework of the structure and objectives of the Community.” 2 “Dialogue,” then, implies a mutually transformative jurisgenerative process – a self-conscious deployment of reflective disequilibrium, if you will – between Community law, the plural domestic legal systems, and the ECHR . Consider, first, in a sequence of transformative cases, the Schmidbergercase. The novelty of that case-constellation lay in the need for the Court to resolve the collision between a fundamental economic freedom – here free movement of goods, protected under Art. 28 EC – and the necessity, in2 ECJ Case 11/70, Internationale Handelsgesellschaft mbH v. Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel. [1970] ECR 1125, at 1131.
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voked by a Member State (Austria), to protect the fundamental individual right of its citizens to freedom of expression and assembly, guaranteed not only under the domestic Austrian constitution but also under Art. 10 of the ECHR . The Austrian authorities, in this case, had allowed a political demonstration by a grassroots-environmental group on the Brenner motorway to go ahead (a demonstration drawing attention to environmental issues), the main traffic-link between Northern Europe and Italy. As a result, the motorway was completely closed for traffic for almost thirty hours. Schmidberger, a German transport company, argued that the effects of the Austrian authorities’ conduct in allowing the motorway to be closed infringed his Community rights under Art. 28 EC and sued Austria for damages. In a decision directly opposed to its previous case law on the subject – the previous case law had so far rejected any attempt to invoke arguments based on fundamental rights –, the Court held that the positive obligation by a state to protect fundamental and human rights could constitute public policy requirements sufficient to justify restrictions to basic market freedoms, provided that the restrictions were necessary and proportionate: “[T]he interests involved must be weighed having regard to the circumstances of the case in order to determine whether a fair balance was struck between those interests.” (para. 81). Two things are remarkable about the Court’s ruling. First, where requirements imposed by the basic market freedoms intrude into other domains (such as, in the example, freedom of political expression – and, more generally, the ways in which Member States protect and prioritize their fundamental rights), the ECJ – in a language reminiscent of the language used by the ECtHR – will require a “fair balance” between the two rather than simply giving primacy to one. The Court’s role in requiring a fair balance is not “excessive and unduly intrusive” vis-à-vis the claims of national legal orders, as AG Jacobs observed, because despite a basic consensus reflected in the ECHR about a core of fundamental rights there are a number of divergences between the fundamental rights catalogues of the Member States – divergences which “often reflect the history and particular political culture of a given Member State” (fn 97); it therefore cannot be “automatically ruled out that a Member State which invokes the necessity to protect a right recognized by national law as fundamental nevertheless pursues an objective which as a matter of Community law must be regarded as illegitimate” (ibid., at 98). Second, when it comes to elaborating the applied meaning of a “fair balance” and of “proportionality,” the Court accepted that domestic authorities “enjoy
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a wide margin of discretion in that regard.” Thus, after examining various factors – such as the ongoing collaboration between demonstrators, local authorities, and various motoring organisations before the event –, the Court concluded that the Austrian authorities, exercising their “wide discretion which must be accorded to them in the matter,” were “reasonably entitled” (para. 93) to consider that the main aim of the demonstration could not be achieved by measures less restrictive of intra-Community trade. In answering the question why the Court has departed from its previous case law, it is important to look at the dialogue between EU law and domestic law. The ECJ has explicitly stated that Member States cannot challenge EU law against the baseline of domestic fundamental rights because doing so would jeopardize the supremacy of EU law. But the European Treaties – primarily concerned with the effectiveness of the common market – contained no corresponding provisions for the protection of fundamental rights (which were, at most, indirectly referred to in the preamble). There could, therefore, have been serious conflict between European and domestic law. In response to concerns articulated by national courts, the ECJ announced that the Community legal order protects the same or very similar rights as general principles of law and that in developing those principles, the Court would “draw[…] inspiration from the constitutional traditions common to the Member States” (Schmidberger para. 71). However, as Schmidberger demonstrates, the ECJ does not claim for itself judicial finality. Just as the Court enlists private actors and national courts in the context and process of market making, so does the Court now impose on the actors themselves the obligation of weighing constitutionally protected colliding interests. The Court’s decision, then, points towards a proceduralizing solution in that the Court merely orchestrates the collaborative, participatory, character of the process in which actors themselves develop mutually acceptable understandings of constitutional norms. An even more remarkable case, regarding what you might call the procedural incorporation of fundamental rights into Community law, is the case Omega Spielhallen. Here the Court had to deal with a conflict between freedom to provide services (a fundamental economic freedom) and the imperative, enshrined in the German Basic Law, to protect human dignity. The German authorities had banned a game played in a laserdrome that simulated homicide, and the applicant company, Omega, challenged this ban as contrary to freedom to provide services under EU law, pointing out that such games were lawfully marketed in the UK and that the equipment and technology were supplied by a British company. The Court here faced the apparent dilemma that promoting the internal market would risk challenges to EC supremacy, but yet to give primacy to fundamental rights would be to the detriment of the internal market. For reasons of German history, human
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dignity is accorded a great priority under the German Basic Law. The Court allowed German authorities to ban the game, but also insisted that this outcome did not depend upon “a conception shared by all Member States as regards the precise way in which the fundamental right or legitimate interest in question is to be protected” (para. 37). The Omega-decision, then, shows that the “European way of law” (Slaughter) is not a unitary – if you like, assimilationist – concept; rather, the incorporation of fundamental and human rights into the European rule of law goes hand in hand with a recognition of context and of the value of constrained value-diversity. But the most striking example of a fundamental rights approach are no doubt the Court’s much-debated controversial decisions in Viking and in Laval. Both cases – which are of huge legal and political significance within the enlarged EU – involved the question whether the restriction of the Community right – to freedom of establishment in Viking, to freedom to provide services in Laval – could be justified by an overriding public interest, such as the protection of workers and the right to collective action aimed at protecting jobs and conditions of employment. Viking owned a vessel that – bound by the terms of a collective bargaining agreement with the Finnish Seamen’s Union (“ FSU ”) – was running at a loss and so wished to reflag to Estonia because labor costs in Estonia were much lower than the Finnish. Viking’s losses were a direct consequence of competition from Estonian vessels operating the same route. Fearing redundancies, FSU contacted ITF, an international federation of transport workers’ unions (of which FSU is an affiliate), asking them to inform all affiliated unions that FSU “kept the right to negotiate with Viking” and also to request all other such unions to refrain from entering into, indeed to boykott, negotiations with Viking. The aim was clearly to make less attractive, or even pointless, Viking’s exercise of its Community right to freedom of establishment, inasmuch as the boykott would prevent Viking from enjoying the same treatment in the host Member State as other economic operators established in that state. Thus, Viking took the case to court seeking an injunction against the boykott. The Court held that “Art. 43 EC is capable of conferring rights on a private undertaking which may be relied on against a trade union or an association of trade unions” (para. 66) and that FSU ’s collective action constituted a restriction on freedom of establishment under Art. 43 EC . The Court emphasized that freedom of establishment is one of the fundamental principles of the Community; that the Community rights flowing from that principle must not be rendered meaningless by state action by a Member State of origin aimed at preventing establishment in another Member State; and that the principle expressed by Art. 43 EC extends even to non-public law entities, enjoying legal autonomy accorded to them by national law, such as
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trade unions. Thus, the boykott initiated by FSU amounted to a restriction on Viking’s Community rights. But the Court went on to say that the right to collective action for the protection of workers – being part of the “general principles of Community law the observance of which the Court ensures” – is an overriding legitimate interest which, in principle, justifies a restriction of Community rights to freedom of establishment. Indeed, the Court stresses that the EU has “not only an economic but also a social purpose” and that the free trade objectives must be “balanced against the objectives pursued by social policy.” A public interest justification, then, can succeed if the boykott pursued the legitimate objective of protecting workers where it is established that jobs or working conditions are at stake and, further, if the collective action does not go beyond what is necessary to achieve the objective pursued: “ … as regards the collective action taken by FSU , even if that action could reasonably be considered to fall, at first sight, within the objective of protecting workers, such a view would no longer be tenable if it were established that the jobs or conditions of employment at issue were not jeopardised or under serious threat.” The ECJ instructs the referring domestic court to establish those facts – but retains for itself the right to “provide guidance” (para. 85) regarding the normative framework under which the balancing between free market objectives and “policy in the social sphere” must take place: x
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The idea that collective action, like collective negotiations and agreements, may be one of the main ways in which trade unions protect their members’ interests is “common ground” and, indeed, has been confirmed by the ECtHR in various decisions; But the trade union’s actions are disproportionate if they have alternative means at their disposal, less restrictive of freedom of establishment; In particular, a justification by an overriding reason of public interest will fail if the trade unions’ policy results in shipowners being prevented from registering their vessels in a host state.
The Courts’s subsequent decisions in Laval 3 and R u˝ ffert 4 concerned the freedom to provide services – protected under Art. 49 of the Treaty; but also, equally important, the interpretation of the posting of workers directive (96/71/ EC ). According to Art. 3 of the directive 5, Member States must ensure that undertakings guarantee workers posted to their territory certain Laval C-341/05. Rüffert C-346/06. 5 Recital 12, which summarizes the gist of the ECJ ’s anterior case-law, e.g. C-62/81 and 63/81 – Seco and Desquennes & Giral; C-164/99 – Portugaia Construções. 3 4
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terms and conditions of employment which, in the host state where the work is carried out, are laid down by law or by collective agreements which have been declared universally applicable. The directive then enumerates various terms and conditions, such as maximum work periods and minimum rates of pay. In Art. 3 paragraph 7 the directive provides that the directive does “not prevent application of terms and conditions of employment which are more favorable to workers.” In Laval, the issue was – apart from the right to strike – the question whether Swedish arrangements for the determination of minimum wages and work-conditions were compatible with the directive concerning the posting of workers and with the freedom to provide services: Laval was a construction company incorporated under Latvian law; its subsidiary – Baltic – had various construction sites in Sweden. Concerning one of those sites, Baltic had been in negotiations with Swedish trade unions on joining the collective agreement of the Swedish construction branch, and on the wages to be paid to their 35 posted workers who were mostly members of a Latvian trade union with which Laval had a collective agreement. When negotiations failed, the Swedish trade unions started a boycott which, by means of sympathy actions by other trade unions, was eventually extended to all Laval’s sites in Sweden; and shortly afterwards Baltic was declared bankrupt. The aim of the boykott had been to force Laval to sign the Swedish collective agreement for the building sector before the issue of wages was dealt with – which Laval had refused to do because it was not possible for it to know in advance, due to an incorrect implementation of the posting of workers directive, what conditions would be imposed on it in terms of wages. In his Opinion in the related case R u˝ ffert, the AG Bot argued that this directive does not stand in the way of an enhanced national protection of posted workers. In a similar vein, AG Mengozzi had argued, in his Opinion in Laval, that the directive has only a “‘minimalist’ character.” 6 According to AG Bot, the directive constitutes only a nucleus of protective rules establishing terms and conditions of employment which cannot be denied to posted workers and which are to be understood as a mandatory minimum guarantee. 7 Thus, on this account, the directive has the effect of making mandatory what until then had only been an option for the Member States 8; and this, in turn, means that Art. 3 (7) of the directive permits a Member State to improve the level of social protection for posted workers in its territory. 9 So, a penalty clause – such as in R u˝ ffert – would clearly be permis6 7 8 9
Opinion of Advocate General Mengozzi, from 23. Mai 2007, C-341/05, Rec. 147 ff. AG Bot, Rec. 71 f. Rec. 70. Rec. 83.
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sible under Art. 3 (7) of the directive; and the clause would also be consistent with the freedom to provide services. But the Court did not follow the Opinion by the Advocate General; the Court said that in order not to deprive the directive of its effectiveness, Art. 3 (7) of the directive must be understood as not allowing a Member State to enforce terms and conditions of employment which go beyond the mandatory rules for minimum protection expressly enumerated. And subsequently, in Commission v. Grand Duchy of Luxembourg, the Court confirmed its case-law: Member States may enforce freedom-restrictive terms and conditions of employment on matters not enumerated by Art. 3 (1) of the directive, provided that they are public policy provisions. Referring to Omega, the Court insisted that the notion of public policy must be “interpreted strictly, so that its scope cannot be determined unilaterally by each Member State without any control by the European Community institutions.” 10 Critics have argued that the decisions have put the “social” on the backfoot because collective action is taken to be a “restriction” of the exercise of the Treaty’s economic freedoms and because social rights must, consequently, be justified against market-making rules within the framework of proportionality.11 So, the Court’s decisions in Viking, Laval, and R u˝ ffert amount to a dramatic reversal of a historical process – achievement of the nation state as we know it – of constitutionalizing labor-law through its conceptual dissociation and emancipation 12 from 19 th century-style “formal” freedom of contract. But those concerns seem overstated. First, the Court in each of its responses to the referring national courts, emphasized the specific circumstances of the legal dispute before it. For example, in Laval, when considering whether collective action could be justified in the light of an overriding reason of public interest, such as the protection of workers, the Court stressed the atypical circumstances of a “national context” which was – as the Court was at pains to emphasize – “characterized by a lack of provisions, of any kind, which are sufficiently precise and accessible that they do not render it impossible or excessively difficult in practice for such an undertaking to determine the obligations with which it is required to comply as
10 ECJ C-319/06 Commission of the European Communities v Grand Duchy of Luxembourg, par. 50, with reference to Case C-36/02 Omega. 11 Cf. Catherine Barnard Employment Rights, Free Movement Under the EC Treaty and the Services Directive, Europa Institute Mitchell Working Paper Series 5/2008 (with further references to the German literature); Simon Deakin Regulatory Competition after Laval (on file with Columbia Law School). 12 Cf. Antoine Lyon Caen Droit Communautaire du marché v.s. Europe Sociale, posted on the website http://www.etui.org/en/Headline-issues/Viking-Laval-RueffertLuxembourg#viking#viking.
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regards minimum pay.” 13 So, the Court did not legislate – it did not lay down a comprehensive blueprint of how fundamental economic freedoms and fundamental rights should be ordered; and, in particular, it did not say that the right to strike or human dignity are subordinated to the Treaty’s market freedoms as a matter of principle. Secondly, the ECJ does recognize the right to collective action as a fundamental right, capable of qualifying, in its principle-establishing mode, the strict application of market-making rules. The important message in the above cases is not that social interests have to defend themselves from the economic, but that the ECJ now takes the social into account when interpreting what were once stand-alone economic rights.14 What is remarkable in Laval is that the Court deliberately uses the concept of ‘social dumping’ and considers the right to take collective action for the protection of workers against social dumping as an overriding reason of public interest.15 Social rights, then, are not exceptions that need to be justified against a (market-making) rule; but fundamental freedoms and fundamental rights are principles that compete at the same normative level and must be reconciled with one another. The Court, then, offers a proceduralizing and contextualizing approach to the underlying fundamental conflict within the enlarged EU between the commitment to a liberal market economy and social policy commitments: the Court obligates the parties to the conflict, via the referring court, to do the “balancing” that is necessary here, thereby shifting the burdens of providing mutually acceptable justifications to the parties themselves. Observe that the Court does not – as it could have done and as some commentators feared it would do – assert judicial supremacy: for example, by prioritizing freedom of establishment, say, out of a concern with market partitioning and by determining what should be the “right” balance for all. Indeed, some commentators have expressed the concern that by espousing a fundamental rights approach the Court would jeopardize the coherence of Community law and that therefore “[t]here is something to be said for making a complete separation between the process of economic integration, on the one hand, and the different forms of purely intergovernmental collaboration on the other.” 16 13
ECJ Case C-341/05 Laval, Rec. 110.
On socio-economic rights within the domestic law context: Mark Tushnet Weak Courts, Strong Rights (Princeton University Press 2008); Frank Michelman the Constitution, Social Rights, and Liberal Political Justification, 1 I. CON (2003), 13 – 34, at 34: “In Rawlsian language, the point of naming social citizenship a constitutional right would be to give a certain inflection to public reason.” 15 Rec. 103. 16 Koopmans Guest Editorial: In Search of Purpose, 42 Common Market Law Review: 1241–44 (2005). 14
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On the face of it, such an approach would absolve judges of the need to make far-reaching value judgments; value-judgments that are a necessary consequence and corollary of the open-textured nature of Convention rights, of domestic fundamental rights, and of social rights in particular. The open-textured nature of those rights requires judges to make value judgments, but at the same time means that there will be reasonable disagreement about the applied meaning of such a right when it comes to weighing legitimate interests. But what is the source of those values? Rather than pointing to separate spheres of decisionmaking, the ECJ – which once started out as a common market court – self-consciously organizes a process of constrained and principled reciprocal justification between stakeholders in a given conflict. Thus, Viking must explain its interest in economic mobility, but in doing so, it must take into account the “common ground” under the ECHR and various other international legal documents – the importance of the trade unions‘ legitimate interests. At the same time, the trade unions need to explain the meaning of a “serious threat” (with regard to jobs and employment conditions), but, in turn, must – in order for them to establish the existence of an “overriding reason of public interest” – consider the role and importance of freedom of establishment as a fundamental freedom. The Court, then, sets in motion an argumentative process within which interests are not fixed and exogenous, but can be molded in the very process of debate. Politics, then, has a transformative dimension; and the democracy-facilitating judicial contribution lies in re-stating, and insisting on, the co-legitimacy of both principles which are in conflict within a given context of application.
III. The ECJ and the Bundesverfassungsgericht: Stand-off or Dialogue? The Court bases the legitimacy of the recourse to general principles of law on its judicial mandate under Art. 220 EC , according to which the Court is entrusted, by the Memher States, with the role to ensure that, in the interpretation and application of the Treaty, “the law is observed.” 17 The ECJ ’s role in injecting fundamental principles into Community law has, by and large, been accepted by “originally one of the national constitutional courts which expressed most scepticism about the Community capacity to safeguard human rights” 18 – the German Bundesverfassungsge17 Jacobs op cit, at 38; Herdegen The Origins and Development of the General Principles of Community Law, in: Ulf Bernitz and Joakim Nergelius (eds.) General Principles of Community Law, 3–23 (2000). 18 For this characterisation, cf. Tizzano in: Arnull / Eeckhout / Tridimas (eds.), Continuity and Change, Essays in Honour of Sir Francis Jacobs (Oxford UP : 2008), 125–138, at 137.
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richt. It can be argued that the German Court has exerted both an enabling and a constraining influence: x
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an “enabling influence,” because the ECJ began to incorporate fundamental rights as “general principles of Community law” in part in response to concerns articulated by the Bundesverfassungsgericht in cases which raised the question of its own jurisdiction in relation to Community acts alleged to be in breach of domestic (German) constitutional norms; but also a “constraining influence” because – while the acceptance of supremacy by the Bundesverfassungsgericht is premised upon the ongoing reception by Community law of fundamental rights as general principles – the BVG at the same time indicated unequivocally that the adjudication of the ECJ – an institution of the Treaty – could have authority only if and to the extent the Member States, as “masters of the Treaty,” assigned it such.
Consider two – interconnected – examples; firstly, the protection of fundamental rights against the authorities of the Communities and, secondly, the challenge to the ratification of the Maastricht treaty in Germany. In relation to the first theme – the protection of fundamental rights – the starting point of a striking sequence of decisions is the Court’s Solange-I decision from 1974. At issue was Art. 24 I of the German Constitution which provides that “the Federation may by law transfer sovereign powers to international organizations.” Here – at a time when the question of fundamental rights still figured only marginally in the ECJ ’s case law – the Bundesverfassungsgericht reserved the right to review the compatibility of Community law with the German Constitution “as long as the integration process has not progressed so far that Community law also receives a catalogue of fundamental rights decided on by a parliament and of settled validity which is adequate in comparison with the catalogue of fundamental rights contained in the Constitution.” But subsequently – after indicating in 1979 that it might modify its position “in view of political and legal developments in the European sphere occurring in the meantime” – the German Court announced in its Solange II -decision from 1986 that, indeed, “a measure of protection of fundamental rights has been established in the meantime […] which in its conception, substance and manner of implementation is essentially comparable with the standards of fundamental rights provided for in the Constitution” (par. 35). Impressed by the case law of the ECJ concerning fundamental rights the Bundesverfassungsgericht now reversed its “Solange-formula:” the Court would no longer review secondary Community law on the basis of German fundamental rights norms “[s]o long as the European Communities, and in particular the case law of the European Court, generally ensure an effective protection of fundamental rights as against the sovereign powers of the Communities which is to be regarded substantially similar to the protection of fundamental
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rights required unconditionally by the Constitution, and in so far as they generally safeguard the essential content of fundamental rights” (par. 48). Yet another seven years later, in its Maastricht decision from 1993, the German Court characterized its role as a direct interlocutor of the ECJ as a “relationship of cooperation” (albeit only in quotation-marks): accordingly, it “exercises its jurisdiction on the applicability of secondary Community legislation in Germany in a ‘relationship of cooperation’ with the European Court, under which that Court guarantees protection of basic rights in any particular case for the whole area of the European Communities, and the Constitutional Court can therefore restrict itself to a general guarantee of the constitutional standards that cannot be dispensed with” (par. 70). As the Court later went on to clarify in a decision concerning the market organisation for bananas (BVerfG 2 BvL 1/97), this means in practice that constitutional complaints and submissions by courts to the Bundesverfassungsgericht are inadmissible from the outset if their grounds do not state that European law, including the case-law of the ECJ , does not generally – beyond the case at issue – ensure the protection of the fundamental rights unconditionally required by the German Basic Law. So the threshold for the Bundesverfassungsgericht to re-assert its own jurisdiction is very high: while convergence is aimed at, a congruence of standards of protection is not required. In order for the Bundesverfassungsgericht to become active again, a complainant or a submitting court would have to make the case – by way of a general assessment of the European legal system in its entirety – that there has emerged “a general decline of the standard of fundamental rights.” In relation to the second theme, when asked whether ratification of the Maastricht-Treaty was compatible with the democratic principle enshrined in the German Constitution, the Bundesverfassungsgericht stated that an Act of Accession that opens up the German legal system to the direct validity and application of EU law must specify “with sufficient certainty the powers that are transferred and the intended program of integration.” So the EU does not have any so-called Kompetenz-Kompetenz to self-authorize an increase in its own powers and functions. “[I]f” – as the German Court warned – “European institutions or agencies were to treat or to develop the Union Treaty in a way that was no longer covered by the Treaty in the form that is the basis for the Act of Accession, the resultant legislative instruments would not be legally binding within the sphere of German sovereignty. The German state organs would be prevented for constitutional reasons from applying them in Germany.” The German Court “accordingly […] will review legal instruments of European institutions and agencies to see whether they remain within the limits of the sovereign rights conferred on them or transgress them.” This latter claim – which opens up the question of EU competences to be reviewed by the BVG – of course sharply clashes with the role of the ECJ ,
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a main function of which is to ensure the legality of the measures taken by the institutions created by the Treaties, so that their powers are exercised in accordance with the law. And this role includes annulling any measures where Community institutions exceed their powers conferred to them by the Member States: i.e. “the exclusive jurisdiction to declare void an act of a Community institution;” 19 because otherwise “[d]ivergences between Courts in the Member States as to the validity of Community acts would be liable to place in jeopardy the very unity of the Community legal order and detract from the fundamental requirement of legal certainty.” 20 The clash between both Courts has to do with the fact that both Courts view the same legal system from different – indeed diametrically opposed – angles. On the account of the Bundesverfassungsgericht, Germany “even after the Union Treaty comes into force, will remain a member of a federation of states, the common authority of which is derived from the member States and can only have binding effects within the German sovereign sphere by virtue of the German instruction that its law be applied. […] The validity and application of European law in Germany depend on the application-oflaw instruction of the Accession Act.” In other words, on the German Court’s account, the “application-of-law instruction” – which is granted in the parliamentary act of assent – is the “lever of integration” – “Integrationshebel” (Hallstein 21) – which ensures the effectiveness of Community law within the national legal order and which opens up Community law to judicial review by the Bundesverfassungsgericht. The ECJ , by contrast, severs this link. Compared to classical international jurisdictional authority, the ECJ ’s jurisdictional authority is obligatory: there is no need to obtain any supplementary consent from Member States. The ECJ emphasizes the autonomy of the Community legal order vis-à-vis both public international law and domestic law: the Treaty conferred individual rights which the national courts must protect. “Autonomy” implies, not only that provisions of Community law render automatically inapplicable any conflicting provision of national law 22, but also that no national constitutional court may review Community law in the light of fundamental rights protections offered by national constitutional law. So autonomy and uniformity of application of Community law throughout the Member States (if it is to be effective) are mutually intertwined, coeval concepts. 19
ECJ , Case 314/85, Foto-Frost, para. 17.
Ibid, at para. 15. Walter Hallstein Europapolitik durch Rechtsprechung, in: Heinz Sauermann und Ernst-Joachim Mestmaecker (eds.), Festschrift Franz Boehm zum 80. Geburtstag, pp. 205–225, at 216, who attributes this term to Ipsen. 22 ECJ , Case 106/77, Simmenthal, 1978 ECR 629, paras. 3 and 21 et seq. See also Case C-213/89, Factortame, 1990 ECR I-2433, paras. 20 et seq. 20 21
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IV. Economic Constitutionalism (“Wirtschaftsverfassung”) v. Deliberative Constitutionalism What conclusions can be drawn? First, an essential aspect of the success of the Community’s legal system lies in the dialogue between the ECJ and national jurisdictions. On the one hand, it is – in line with the principle of subsidiarity and the idea of a decentralized application of Community law – the ordinary judges who ordinarily apply Community law and who protect the rights of the citizens. But – through the device of interlocutionary questions – the final word on the interpretation of Community law rests with the ECJ . This guarantees the combination of both aspects: the decentralized application of Community law through national judges, and respect for the need for a uniform and coherent interpretation. The vehicle of coherent interpretation is a jurisprudence of principles – which the ECJ derives from the legal systems of the Member States through deliberative comparison between and among the several legal systems of the Member States; a jurisprudence of coherence which is motivated by respect for the equality of rights among citizens who seek to have their rights protected by judges from different countries. But if there is a “pull” towards a vision of coherence (judicial centralization), there is – secondly – a countervailing pull towards pragmatic differentiation and pluralization too. From the German Court’s legal outlook, Community law finds its impassable boundaries in the constitutional law premises of the respective Member State: these constitutional law premises demand precedence also over Community law because they set the conditions for its effectiveness within the national legal order and also for the “application-of-law instruction” to apply European law; instruction which is granted by an – always revocable – parliamentary act of assent. On this acount, any push towards “constitutionalization” – be it judicially, be it through a constitutional treaty – threatens alienation: threatens, that is, to throw the democratic-parliamentarian link of the Union vis-à-vis its constituent demoi into jeopardy. You may feel drawn towards the German approach for an array of motives: x
Out of a concern for legal predictability and certainty (together with a supporting view that open-textured fundamental rights norms must be embedded in the restraining and balancing framework of competition law, a private-law standard of care for a theory of unlawfulness and negligence, and a doctrine on the scope of protection and the limits of fundamental rights 23);
23 This view is often associated with theories of a “private-law-society” and “Wirtschaftsverfassung”.
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Out of a – constitutional-contractarian, demos-based – concern for systematic nature, coherence and possibility of constitutional law and its capacity to absorb the multiple shocks of disagreement within a diverse society, and, relatedly, its usefulness as a constitutional model that can be exported. 24
But the push towards pluralization must constantly be balanced against, and contextually assessed in the light of, the expansion and deepening of EC law, a process characterized by at least three features: x
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The ECJ ’s rule-of-law reinforcing role that national courts cannot exercise or fulfil themselves: the extension into the transnational sphere of values other than, and beyond, legal predictability; these values include not only fundamental rights, but also the emergence of equality and of dignity, and the principle of proportionality as a device of deliberative coordination; The ECJ ’s forum-creative role which forces the re-consideration of national laws and policies against the backdrop of European principles, drawn from domestic law; together with the multiplication of actors and the growing role of “horizontal” conflicts between private parties; The ECJ ’s role in maintaining, upholding, and fostering a transnationally enlarged interpretive community which helps in the process of making Community law “objective,” since it is less and less characterized by a self-appreciation of legality by the “masters of the treaty” – the sovereign states –, and more constrained by a dialogue over principles – a dialogue which may “define the field” and express the “reason of the thing” and thereby caution towards judicial self-restraint and account for the discursive constraints under which the European judiciary operates.
I offer these – somewhat open-ended – reflections to Gunther Teubner, in the hope that he may find them interesting and useful. 25 And perhaps this paper – while concerned with esoteric matters of EU law – is evidence of how much I have learnt from his work and the example he has set.
24 Cf. D. Grimm The Constitution in the Process of Denationalization, in: 12 Constellations 447–468 (2005); idem, Integration by Constitution 3 I. CON 193–208 (2005). 25 For an earlier round of conversation, cf. O. Gerstenberg Justification (and Justifiability) of Private Law in a Polycontextural World, in: 9 Social and Legal Studies, 419–429 (2000).
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität: Überwältigte Einheit oder organisierte Vielfalt? Isabell Hensel
„Was ist der Preis der Effizienz?“ 1 – die Kausalität von „eine Mark für eine Wahrheit!“? 2 Was schon bei Kant, aber auch bei Weber und Horkheimer laut wurde, 3 Brecht dramatisch verarbeitete 4 und was in den letzten Jahrzehnten Anstoß für eine Vielzahl von Hochschulreformen war, setzt sich heute als Kritik an der Stiftungsuniversität fort: 5 die Einbindung der Wissenschaft in gesellschaftliche Verhältnisse und die Gefahr des Verlustes ihrer Zweckfreiheit. Während Befürworter des Stiftungskonzepts einen Autonomiegewinn der Wissenschaft durch die Abkopplung von staatlicher Haushaltsplanung betonen, sehen Kritiker die Forschungsfreiheit durch neue wirtschaftliche Abhängigkeiten gefährdet. In diesem Streit um Art und Ausmaß der gesellschaftlichen Einbettung der Wissenschaft werden aber die Funktion und Organisation dieser Lebensbereiche fälschlich vermischt. 6 Denn von der Komplexitätssteigerung der Operationsweise des Wissenschaftssystems, hervorgerufen durch den systemspezifischen Umgang mit Risiko und Nichtwissen und dem gesellschaftlichen Phänomen des drängenden Wissensbedarfs der Konsumenten und Anwender, ist die Organisation des Wissenschaftssystems zu differenzieren. Erst dann kann gefragt werden, wie die 1 So die Eingangsfrage bei Teubner Nach der Privatisierung? Diskurskonflikte im Privatrecht, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 1998, 8–36 (8). 2 Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990, 638, der die Kausalität anzweifelt. 3 Kant Der Streit der Fakultäten, 2004, 6 ff.. Eine Kapitalismus-Analyse der Universität bei Weber Wissenschaft als Beruf, Vortrag 1919, in: C. Braun et.al. (Hg.), Gesamtausgabe, 1992, 74. Horkheimer Traditionelle und Kritische Theorie (1937), in: ders. (Hg.), Kritische Theorie, Bd. II , 1969, 137 ff., zur Undurchsichtigkeit des Zusammenhangs wissenschaftlicher Tätigkeit und kapitalistischer Produktionsweise. 4 Brecht Leben des Galilei, in: ders., Ausgewählte Werke in sechs Bänden, Bd. II , 1997. 5 Ein Überblick bei Sandberger Staatliche Hochschulen in alternativer Rechtsform?, 19–55 (19–40). Zu den schwankenden Hochschulleitbildern Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, 2000, 19 ff. 6 Zu Formen der Einbettung, Nida-Rümelin (Hg.), Wunschmaschine Wissenschaft, 2006. Zur historischen Entwicklung siehe Paletschek Zurück in die Zukunft? Universitätsreformen im 19. Jahrhundert, in: W. Jäger (Hg.), Das Humboldt-Labor, Experimentieren mit den Grenzen der klassischen Universität, 2007, 11–15 (12).
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gesellschaftlichen Funktionsweisen durch Formen der Organisation gefördert und gesellschaftsfähig gemacht werden können. Im Folgenden sollen diese Bedingungen der Organisierbarkeit einer „reinen“, durch wirtschaftliche, politische und erzieherische Kommunikation irritierten Wissenschaft herausgearbeitet werden. Die als Experiment gehandelte Stiftungsuniversität als alternative Rechtsform zu Gelehrtenrepublik und staatlicher Trägerschaft hat, so meine Annahme, unter gewissen Umständen das Potential, diese Organisationsleistung zu erbringen und unter ihrem Dach die verschiedenen Systemautonomien zu sichern. 7 Am Beispiel der seit Juni 2008 in eine Stiftungsuniversität des öffentlichen Rechts umgewandelten Goethe-Universität Frankfurt am Main wird zu untersuchen sein, ob in dieser Universitätsform ein „ununterbrochenes, sich immer selbst belebendes, aber ungezwungenes und absichtloses Zusammenwirken“ in Einsamkeit und Freiheit, nach Humboldt die Voraussetzung für Wissenschaft, 8 möglich ist. Unter Berücksichtigung neuer Qualitätsanforderungen an die Universität der Moderne, wie Effektivität, Effizienz und Innovation 9 wird deren Ordnungsleistung für die verschiedenen Lebensbereiche in dieser Wendung als Konstellation der horizontalen Grundrechtswirkung zu formulieren sein.
1. Das Konzept der Stiftungsuniversität Der deregulierende Ansatz der 4. HRG -Novelle sah in § 58 I Hochschulrahmengesetz ( HRG ) a. F.10 vor, dass Hochschulen neben der körperschaftlichen Form „auch in anderer Rechtsform errichtet werden können“ und ebnete damit den Übergang der Goethe-Universität Frankfurt von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts. Die Öffnung wurde unter Verzicht auf spezielle Errichtungsgesetze in den §§ 100a ff. Hessisches Hochschulgesetz ( HHG ) 11 aufgegriffen 7 Zum Scheitern bisheriger Rechtsformen bereits v. Heppe Grenzen der Forschungsförderung durch den Staat, in: H. Scholz (Hg.), Die Rolle der Wissenschaft in der modernen Gesellschaft, 1969, 242–255; Schimank Festgefahrene Gemischtwarenläden – Die deutschen Hochschulen als erfolgreich scheiternde Organisationen, in: ders./E. Stölting (Hg.), Die Krise der Universität, Leviathan Sh. 20, 2001, 223–242. 8 Die Idee der Stiftungsuniversität geht auf v. Humboldt zurück, ders. Antrag auf Einrichtung der Universität Berlin v. 1809, in: E. Müller (Hg.), Gelegentliche Gedanken über Universitäten, 1990, 267, 272; Zitat in: ders. Bildung und Sprache, 4. Aufl., 1985, 114, 118. 9 So bspw. der Hochschulentwicklungsplan der Goethe-Universität v. 17. 10. 2001, abrufbar unter: http://www.uni-frankfurt.de/org/ltg/admin/pr-abt/regeln/docs/hep_I.pdf. 10 BGBl . I, 2007, 506. Mit der Föderalismusreform wird die Rahmengesetzgebung des Bundes durch Landesrecht ersetzt, vgl. Art. 125 a GG . Siehe das Gesetz der Aufhebung des HRG , BT. Drs. 16/6122 v. 1. 10. 2008. 11 GVBl . II 70–205.
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und bildet die Grundlage für den Rechtsformwandel des hessischen Modells. Die Lösung aus der staatlichen Prägung soll die Schwächen der universitären Selbstorganisation hinsichtlich der Unterhaltung einer administrativen, logistischen und technischen Infrastruktur sowie die Gefahren der Abhängigkeit von staatlicher Entscheidung und Haushaltsplanung überwinden.12 Die übertragenen, ehemals staatlichen Aufgaben werden nach § 100b HHG zum durch das Stiftungsvermögen geförderten öffentlichen Stiftungszweck: die Betreibung als Hochschule des Landes und die Steigerung der Qualität von Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung. Dazu kann die Universität öffentliche und private Finanzmittel einwerben, Stiftungen verwalten, Gesellschaften des Privatrechts errichten oder sich an diesen beteiligen sowie „neue Formen der Zusammenarbeit mit Dritten erproben, wenn deren Zwecke mit dem Zweck der Stiftung vereinbar sind.“ Die Stiftungsuniversität hat gemäß § 100d I HHG das Recht zur Selbstverwaltung. Weisungsgebundene Auftragsangelegenheiten entfallen. Dem Ministerium steht nur noch eine Rechtsaufsicht zu, während die Fachaufsicht unter den Organen der Stiftungsuniversität, Hochschulrat, Präsidium, Senat und Stiftungskuratorium netzwerkartig aufgeteilt wird. Die horizontale Organisationsstruktur wird durch die Umwandlung der Hochschulorgane in Stiftungsorgane nach § 100e, k HHG möglich. Damit ist die Stiftung nicht Träger der Hochschule, sondern Hochschule und Stiftung bilden eine Einheit.13
2. Theoretische Einbettung der Stiftungsuniversität Zur Bewertung dieser Universitätsform sollen zunächst die Funktionsbedingungen wissenschaftlicher Tätigkeit beobachtet werden, um weiter die Bedingungen der Organisierbarkeit und die Auswirkungen der Organisation mit Hilfe eines gesellschaftstheoretischen Reflexionsrahmens abschätzen zu können. 2.1 Funktionsbedingungen des Wissenschaftssystems „Ist von Wahrheit die Rede, so braucht man nur zu fragen, unter welchen Bedingungen die betreffende Aussage unwahr sein würde – und schon findet die Kommunikation im Wissenschaftssystem statt.“ 14 Damit führt die 12 Vgl. die Ziele der H RG -Novelle, BT-Drs. 1318/796, 13 ff. und die niedersächsischen Erwägungsgründe, dazu Oppermann Vom Staatsbetrieb zur Stiftung – Impulse für neue Hochschulen, in: ders. (Hg.), Vom Staatsbetrieb zur Stiftung. Moderne Hochschulen für Deutschland, 2002, 10 ff. (13 f.). 13 Anders das niedersächsische Modell, § 59 I iVm § 61 NHG . 14 Luhmann Fn. 2, 63, 293; Stichweh Wissenschaft, Universität, Professionen, 1994.
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wissenschaftliche Operation die Bedingungen ihrer Anschlussfähigkeit und gleichzeitig ihrer Geschlossenheit mit sich.15 Die im Medium Wahrheit bleibende selbstreferenzielle Forschung über Forschung drängt auf die Unterscheidung wahr/unwahr. So kann man auch § 22 HRG lesen, nach dem Forschung „der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der wissenschaftlichen Grundlegung und Weiterentwicklung von Lehre und Studium“ diene. Wissenschaft stellt damit eine „funktional luxuriöse Gruppe, ein sozial zweckloses Nebenbei“ dar, das nicht zielgerichtet – nicht auf Verbesserung durch eine Unterscheidung von guter und schlechter Forschung angelegt ist.16 Die auf Aristoteles zurückgehende Idee der völligen Neutralität der Forschung als Gegensatz zu dem sinnsuchenden Paradigma des Kritischen Relationalismus 17 wird mit der Eigenlogik der Wissenschaft – ihrer Selbstreferentialität – begründet. Wahrheit ist von der Erscheinungswelt zu unterscheiden und bleibt gezwungenermaßen in der eigenen Rationalität gefangen, um doch als Teil der Gesellschaft keine „abgelöste Sphäre“ zu sein, sondern sich ihrer Bedingungen über stetige Grenzziehung zu vergewissern.18 Systemstabilität wird durch den internen Kontrollmechanismus der Anschlussfähigkeit erreicht – der Kritik.19 Der dadurch angetriebene komplexitätssteigernde Ausdifferenzierungsprozess mündet in die „Theorie“ – die Methodisierung der Erkenntnisstrebung. 20 Damit grenzt sich die Forschung von den Operationen ihrer Umwelten Finanzierung, Nutzung, Förderung und Lehre ab. 21 Die Absicherung von Wissen und ProfessionaliZu dieser Operation Krohn/Küppers Die Selbstorganisation der Wissenschaft, 1989. Zur Zweckfreiheit, Schelsky Einsamkeit und Freiheit – Zur sozialen Idee der deutschen Universität, 1960, 30; Merton Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen, 1985, 89. Auch das BVerfG betont die notwendige Loslösung von „gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen“, BVerfGE 47, 327 (370). 17 Zum Kritischen Relationalismus Popper Logik der Forschung (1935), 2007. Auch Foucault bestreitet diese Neutralität, wenn er Macht und Wissen „als zwei Seiten derselben Münze“ betrachtet, ders. Der Wille zum Wissen, 1995. 18 Luhmann Fn. 2, 294. Siehe die Gegner des Kritischen Relationalismus: Zur Grenze der Wissenschaft, Feyerabend Über die Methode. Ein Dialog, in: G. Radnitzky/G. Andersson (Hg.), Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft, 1981. Und Kuhns Unterscheidung normale/außerordentliche Wissenschaft, ders. The Structure of Scientific Revolutions, 2. Aufl., 1970. 19 Merton Fn. 16, 97. Dazu auch Foucault, Was ist Kritik?, 1992, 33. 20 Vgl. Stichweh Ausdifferenzierung der Wissenschaft – Eine Analyse am deutschen Beispiel, Wissenschaftsforschung, Report 8, 1977, 171 ff. 21 Luhmann Fn. 2, 334, 704; ders. Universität als Milieu, 1992, 104 ff.; Stichweh Fn. 20, 60 ff., 169 ff.; Schimank Politische Steuerung in der Organisationsgesellschaft – am Beispiel der Forschungspolitik, in: W. Zapf (Hg.), Die Modernisierung moderner Gesellschaften, 1990, 505–516. Zum historischen Ausdifferenzierungsprozess Bumann Der Begriff der Wissenschaft im deutschen Sprach- und Denkraum, in: A. Diemer (Hg.), Der Wissenschaftsbegriff, 1970, 64–75; Diemer Die Begründung des Wissenschaftscharakters der Wissenschaft im 19. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Zur Entwicklung der Wissenschaftstheorie im 19. Jahrhundert, 1968, 3–62. 15 16
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sierung ist ebenfalls nicht Teil der Ausdifferenzierung, sondern Teil des „Belohnungssystems“ der Organisation Universität, 22 die die permanente Irritation und Gefahr der Entdifferenzierung der wissenschaftlichen Unterscheidung wahr/unwahr unter Bedingungen stellt und damit die systemische Schließung sichert. 23 2.2 Organisierte Bewältigungsstrukturen der Unterscheidung Wissenschaft/Umwelt Die Universität gilt seit Platon als Urstätte der avancierten Wissensproduktion und hat als solche die Verwirklichungsbedingungen der Wissenschaft und ihre Nutzung und Unterhaltung sicherzustellen. An dieser Aufgabenbeschreibung setzen zahlreiche kontroverse Stellungnahmen an. So sieht Stichweh in der Abhängigkeit von gesellschaftlichen Ressourcen und in der Unfähigkeit den Beweis der eigenen Nützlichkeit anzutreten eine doppelte Legitimationsschwäche der Wissenschaft. 24 Schelsky befürchtet die Funktionalisierung der Universität 25 durch Gesellschaftsbedürfnisse und zielt damit in dieselbe Richtung wie Gouvernementalisierungsvorwürfe, 26 die eine macht- und marktorientierte Wissenschaftsverwaltung anprangern. Luhmann greift die Debatte um den Gesellschaftsbezug auf und beschreibt die Universität auf Organisationsebene als „Treffraum“ 27 von Funktionssystemen. Damit rückt die Frage ins Zentrum, ob die aufeinander treffenden Funktionsbereiche in der Schnittstelle der Universität organisierbar sind – die Gleichzeitigkeit von Funktionsautonomie und Abhängigkeit in der Rahmung der Organisation koordinierbar wird. 28 An der Organisationskommunikation sind gleichzeitig mehrere Funktionssysteme beteiligt. Das hebt Luhmann insbesondere für die Universität hervor. 29 Die lose Kopplung von Entscheidungen in multireferentiellen Organisationen ermöglicht es den Funktionssystemen, Umweltbeziehungen zu unterhalten. 30 Hier treffen die Inkonsequent daher Stichweh Fn. 20, 69, 178. Zu dem Verhältnis von Leistungsabhängigkeit und -bereitschaft der Systeme, Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 759. 24 Stichweh Fn. 20, 63ff, 66 f. 25 Schelsky Fn. 16, 25 ff. 26 So bspw. Liesner Freiheit und Regierungskunst – Anmerkungen zur Gouvernemtalisierung der Universität, in: Forschung & Lehre 2, 2008, 148–150. 27 Luhmann Politik der Gesellschaft, 2000, 398; ders. Fn. 21, 122; ders. Fn. 2, 676; Drepper Organisationen der Gesellschaft, 2003, 241 ff. 28 Zu dieser Frage Lieckweg Strukturelle Kopplung von Funktionssystemen „über“ Organisation, in: Soziale Systeme 7, 2001, 267–289; dies. Das Recht der Weltgesellschaft, 2003, 56 ff.; Küpper/Ortmann Mikropolitik. Rationalität, Macht und Spiele in Organisationen, 1988. 29 Luhmann Fn. 2, 678. 30 Wehrsig/Tacke Funktionen und Folgen informatisierter Organisationen, in: T. Malsch/ U. Mill (Hg.), ArBYTE . Modernisierung der Industriesoziologie?, 1992, 219–239; Lieckweg/ 22 23
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verschiedenen Funktionslogiken von Wissenschaft, Wirtschaft, Erziehung und Politik aufeinander und machen die Organisation zum Schauplatz des sozialen Konflikts. Die systemspezifisch konditionierten, kontextgebundenen Kommunikationen werden durch Transformation auf Organisationsebene respezifiziert und unter organisatorische Entscheidungszwänge gestellt. Die Organisation fungiert dabei nicht als zielgerichtete Interessendurchsetzungsagentur, sondern stellt die Anschlussfähigkeit der Systemoperationen her. 31 Die Mitgliedschaftsrolle wird zur Bedingung der Funktionsstabilisierung und kann, gestützt auf den Systemerhaltungstrieb, Mitgliedschaftsbedingungen formulieren. 32 Durch die Formalisierung der Mitgliedschaft in der Organisation können die Erwartungen der Mitglieder koordiniert und die verschieden gelagerten Motive (Reputation, Karriere, Vergütung, Profit, Originalität, Drittmittelfähigkeit u. a.) verarbeitet werden. 33 Von Reziprozität kann in der Organisation auf Komplementarität von Erwartungen umgestellt werden. „Die Mitglieder müssen lernen, ihre Wünsche und Neigungen zu vertagen und in einem weiter gespannten Zeithorizont zu leben.“ 34 Losgelöst von den kommunikativen Prozessen wird so die Entscheidung auf spezifische Entscheidungsprogramme übertragen und entscheidbar gemacht. Die Qualität der Organisation misst sich daran, wie diese mit der Multiplikation der Entscheidungslast, der „Hypertrophie von Entscheidungsmöglichkeiten“ 35 umgeht. Nicht Vereinheitlichung, sondern die Stabilisierung der Vielfalt der unverträglichen Handlungslogiken muss dann das Ziel sein. Das bedeutet freilich die wechselseitige Einschränkung von Freiheitsgraden und damit die wechselseitige Kontingenzbeschränkung als Mitgliedschaftsvoraussetzung. 36 Durch den limitierenden Mechanismus der Organisation findet eine (aufgezwungene) Sensibilisierung für die verschiedenen Teilbereichslogiken statt. Durch die Einbindung in organisierte (kontraktuelle) Strukturen tritt das Gegenseitigkeits-(Abhängigkeits-)verhältnis offen zu Tage und es entsteht eine von Durkheim als „organische SolidariWehrsig Zur komplementären Ausdifferenzierung von Organisationen und Funktionssystemen. Perspektiven einer Gesellschaftstheorie der Organisation, in: V. Tacke (Hg.), Organisation und gesellschaftliche Differenzierung, 2001, 36–60 (49). 31 Luhmann Fn. 2, 676; ders. Organisation und Entscheiden, 2000, 400: „Sie nutzen die Möglichkeit, Grenzen zu ziehen und zu reproduzieren, sie werden kreativ, sie wuchern und finden sich eben damit weiterer evolutionärer Selektion ausgesetzt.“ Auch Drepper Fn. 27, 203. 32 Adorno Individuum und Organisation (1954), in: ders. (Hg.), Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft, 1971, 67–86 (70); Luhmann Evolution und Geschichte, in: ders. (Hg.), Soziologische Aufklärung 2, 1975, 150–169 (160). Zum Abhängigkeitsverhältnis Drepper Fn. 27, 194 ff. 33 Luhmann Fn. 31, 101 f.; ders., Organisation, in: W. Küpper/G. Ortmann (Hg.), Fn. 28, 165–185. 34 Luhmann Funktionen und Folgen formaler Organisation, 1964, 91. 35 Luhmann Fn. 21, 1992, 110, 122. 36 Luhmann Fn. 31, 301.
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tät“ bezeichnete Form der Zusammenarbeit, die gerade nicht mehr auf ein „Kollektivbewusstsein“ zurückgreifen kann. 37 Die Begrenzung des Eigenen muss von der Erkenntnis der Abhängigkeit von dem Anderen getragen sein. In diesem Sinne ließe sich von gegenseitiger Anerkennung und Respekt, aber gerade nicht von einer Verantwortungsübernahme sprechen. 38 Die Ausrichtung der Entscheidungspraxis an formalisierten, bürokratischen Strukturen einer Demokratisierung kann der komplexitätsbewältigenden Reproduktion auf Organisationsebene dabei ebenso wenig genügen,39 wie die Einigung auf bloße Verständigungsmodi oder die Formulierung einer Organisationsrationalität auf der Basis eines Zweck/Mittel-Schemas. 40 Über eine arbeitsteilig-effiziente Strukturierung hinaus müssen Organisationen multipel programmiert sein, um der Konfliktbewältigung der Postmoderne Raum zu geben. Das bedeutet, dass sie die verschiedenen gesellschaftlichen Rationalitäten nicht erst in ihre Entscheidung, sondern bereits in ihren Entscheidungsmechanismus aufnehmen müssen. Für die Universität bedeutet das: Politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und pädagogische Konzepte haben nebeneinander als systemspezifisch ausgeprägte, auf Autonomieerhalt ausgerichtete Schutzmechanismen ihre Existenzberechtigung. Legitimation, Effektivität, Kollegialität und Interaktion müssen in einem organisatorischen Kontrollmechanismus arrangiert werden. Nur mit diesem Know-how kann in der Organisation über die komplexe, „konfuse“ Rationalitätenkollision entschieden werden. Die von Luhmann diagnostizierte „Gemengelage“ findet ihren Höhepunkt und ihre Auflösung in der Organisation. Ihr Entscheidungsmechanismus dient gleichzeitig der Provokation, Aufdeckung und Einhegung gesellschaftlicher Widersprüche und wird so zur Rechtsgarantie für systemische Autonomie.
37 Vgl. Durkheim De la division du travail social: Étude sur l’organisation des sociétés supérieures, 1893. „Die Gesellschaft wird fähiger, sich als Ganzes zu bewegen, während zugleich jedes ihrer Elemente mehr Eigenbewegung hat. Diese Solidarität ähnelt jener, die man bei den höheren Tieren beobachten kann. Jedes Organ hat dort seine eigene Physiognomie und seine Autonomie, und trotzdem ist die Einheit des Organismus um so größer, je stärker die Individualisierung der Teile ausgeprägt ist.“, ders. Über die Teilung der sozialen Arbeit, Übers. L. Schmidts, 1977, 175 ff., 183. 38 Teubner Die anonyme Matrix, in: Der Staat 45, 2006, 161–187 (187). Davon abzugrenzen sind Modelle, wie Corporate Social Responibility, die Verantwortungen zuschreiben und damit auf Akteure abstellen. Dazu Hiß Warum übernehmen Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung?, 2005. Ebenfalls auf eine Akteursvernunft setzen Löwer Das Stiftungsmodell Universität – ein neuer Weg?, in: Wissenschaftsrecht, 2005, 69–98 (92) und Stegbauer, Reziprozität, 2002. 39 Dazu Luhmann Fn. 21, 75. 40 Drepper Fn. 27 mwN.
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2.3 Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität So gewendet, wird die Konstellation der Stiftungsuniversität zum Grundrechtsproblem. Ihre Organisationsstruktur ist unter dem neuen Maßstab der Absicherung der systemischen Autonomieräume zu bewerten. Ein so verstandener Schutz stellt die Problematik von einem individuellen auf ein institutionelles Grundrechtsverständnis um. 41 Grundrechte sichern die systemischen Autonomieräume als Bedingung ihrer Kommunikationschancen. Sie werden damit nicht über Rechtsgüter und Werte definiert, sondern sind als Gegeninstitutionen zu usurpierenden Teilrationalitäten als Funktionenschutz gegen strukturelle Korruption etwa durch die wirtschaftliche Instrumentalisierung des Wahrheitsbegriffs zu formulieren. 42 2.3.1 Das institutionelle Grundrecht auf Forschungsfreiheit Im Hochschulurteil leitet das BVerfG aus Art. 5 III GG die Verpflichtung des „Kulturstaates“ ab, für die Idee der Wissenschaft einzustehen, an der Verwirklichung mitzuwirken und sein Handeln positiv darauf auszurichten, d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung der Freiheitsgarantie vorzubeugen. 43 Aber die weitere Formulierung macht deutlich, dass es sich gerade nicht zwangsläufig um eine Staatsaufgabe handelt, wenn die Verpflichtung damit begründet wird, dass „ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechend finanzielle Mittel, über die im Wesentlichen nur der Staat verfügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaft […] keine unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden kann.“ 44 Das Staatsmonopol ist also spätestens dann passé, wenn der Staat die Finan-
41 Siehe bereits Graber/Teubner Art and Money: Constitutional Rights in the Private Sphere, in: Oxford Journal of Legal Studies 18, 1998, 61–74; Teubner Ein Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken, in: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 83, 2000, 388–404; ders. Fn. 38; Gerstenberg Privatrecht, Verfassung und Grenzen judizieller Sozialregulierung, in: U. Neumann/ L. Schulz (Hg.), Verantwortung in Recht und Moral, 2000, 141 ff.; Ladeur Negative Freiheitsrechts und gesellschaftliche Organisation, 2000; ders./Viellechner Die transnationale Expansion staatlicher Grundrechte, in: Archiv des Völkerrechts 46, 2008, 42–73; Christensen/ Fischer-Lescano Das Ganze des Rechts, 2007, 242 ff. 42 Vgl. Luhmann Grundrechte als Institution, 4. Aufl., 1999, 123 ff., 135. Auch Teubner Fn. 38; ders./Fischer-Lescano Cannibalizing Epistems: Will Modern Law Protect Traditional Cultural Expressions?, in: C. Graber/M. Burri-Nenova (Hg.), Traditional Cultural Expressions in a Digital Environment, 2008, 17–48 (25 f.); Christensen/ Fischer-Lescano Fn. 41, 301. 43 BVerfGE 35, 79, 114. 44 Ebenda, 115 (Hervorhebung von Verf.). Vgl. zum hess. Hochschulgesetz BVerfGE 47, 327, 404.
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zierung nicht mehr oder andere besser sicherstellen können. 45 Wir haben es also nur im weitesten Sinne mit einer Schutzpflicht zu tun – der Adressat bleibt unbestimmt. Die Ableitungen des BVerfG sind als grundsätzliche Aussagen zur Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Hochschule und Träger (der dann nicht staatlich sein muss) zu lesen, will man der Wissenschaftsfreiheit zu umfänglicher Geltung verhelfen. Über die objektive Werteordnung hinaus fordert und begrenzt das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit selbst einen funktionellen Organisationsgrad. Forschungsfreiheit beschreibt danach die systeminterne Begrenzung der Forschungsautonomie – also die autonome Operation nach dem Code wahr/unwahr. Neben dem durch die Verfassung vorbehaltlos gewährten subjektiven Abwehrrecht nach Art. 5 III GG schützt das Grundrecht die Institution Wissenschaft im Systemgefüge. Das BVerfG definiert die freie Wissenschaft als „nach Inhalt und Form ernsthaften Versuch zur Ermittlung von Wahrheit“ 46 und spricht von Art. 5 III GG als einer „wertentscheidenden Grundrechtsnorm“ 47. Umschrieben wird damit nichts anderes als eine gesellschaftliche Dimension der Wissenschaftsfreiheit – ein „Eigenbereich Wissenschaft“. Der in der Folge vom BVerfG vorgeschlagene Weg über staatliche Schutzpflichten bleibt aber der alten Dichotomie von Staat und Gesellschaft verhaftet und kann den Konflikt um die Entstehungsbedingungen der Wissenschaft selbst nicht in seiner Tiefe erfassen. Die institutionelle Forschungsfreiheit schützt darüber hinaus die wissenschaftliche Operation vor gesellschaftlichen Zwängen. 48 2.3.2 Horizontale Gefährdungslage Mit dieser institutionellen Bestimmung wird die Grundrechtsgeltung horizontal gewendet – zwischen den Systemen wirkend, also weiter als Gesellschafts- und nicht als Privatrechtsproblem gelesen. 49 Die Erweiterung der Grundrechtsdimension auf horizontale Konflikte ist notwendige Begleit45 Siehe neben systemtheoretischen Vertretern auch Ossenbühl Die deutschen Akademien der Wissenschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, 2005, 17, der im Anschluss aber inkonsequent staatliche Schutzpflichtenkonstruktionen vorschlägt. Präziser daher ders. Stiftungen als institutionelle Sicherung der Wissenschaftsfreiheit, in: FS für T. Oppermann, 2001, 841 ff. (853); Meusel Außeruniversitäre Forschung im Wissenschaftsrecht, 2. Aufl., 1999. 46 BVerfGE 35, 79, 113; 47, 327, 367; 90, 1, 11 f. 47 BVerfGE 35, 79, 115. Ähnl. zur Rundfunkfreiheit, BVerfGE 81, 242 ff. Dazu Ladeur Die „objektiv-rechtliche Dimension der Rundfunkfreiheit“ unter den Bedingungen von Multimedia, in: H. Faber/G. Frank (Hg.), Demokratie in Staat und Gesellschaft, 2002, 67 ff. 48 Luhmann Fn. 2, 637. 49 Zur Beruhigung der Privatrechtler Teubner Fn. 38, 179; Christensen/Fischer-Lescano Fn. 41, 251 ff.
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erscheinung der Differenzierung der modernen Gesellschaft. Sie gewährleistet die Entfaltung der spezifischen Systemrationalitäten unter Achtung der Systemgrenzen. Wohltuend entpolitisiert erscheint dadurch die gerade in Deutschland kochende sog. Drittwirkungsdebatte. Während in üblichen Diskussionssträngen über mittelbare, unmittelbare oder keine Drittwirkung der Staatsbezug mitläuft, fordern Teubner und Kollegen die gesellschaftliche Rolle der Grundrechte ein – losgelöst von einem etatistischen Moment. Von einer Drittwirkung zu sprechen, wäre dann nicht mehr gesellschaftsgemäß, weil es nicht zu einem Transfer staatsgerichteter Grundrechte kommt, sondern ausgehend von der Gefährdungssituation im Zeitalter der Verselbstständigung hochspezialisierter Eigenlogiken nicht mehr nur die Kommunikationsmatrix der Politik die gesellschaftsinternen Schranken gefährdet. Vielmehr werden durch den Ausdifferenzierungsprozess die gesellschaftlichen Grenzzonen und damit auch die Gefährdungslagen multipliziert. 50 Die Grundrechtsproblematik wird polykontextural. 51 Das Gefährdungspotential liegt gerade in der Verselbstständigung von Kommunikationslogiken als Folge ihres Drangs zur Eigenrationalitätsmaximierung, 52 die sich mit dem Rückzug des Interventionsstaates und der zunehmenden Privatisierung strukturell korrumpierend ausweitet. 53 Teubner spricht in diesem Rahmen von der anonymen Matrix, um dem unsichtbaren Phänomen einen Namen zu geben. 54 Dabei handelt es sich weder um Kollektivverletzungen, da sich die Gefährdung nicht auf Organisationseinheiten beschränken lässt, 55 noch um eine Störung in intersubjektiven Beziehungen, da sich keine Interessen und subjektiven Rechte (nicht: sensible Forscher gegen raffgierige Unternehmer unterstützt von machtorientierten Politikern) gegenüber stehen. 56 Der Beitrag des Rechts zum Schutz der Gesellschaft vor diesen neuartigen Gefährdungslagen ist die rechtsspezifische Reformulierung der Autonomieräume. Grundrechtsschutz bedeutet dann nicht länger Schutz vor dem oder durch den Staat, sondern primär die nach Versagen des systemischen Selbstregulierungsmechanismus letztinstanzliche Teubner Fn. 38, 175. Zur Begrifflichkeit Günther Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations, in: ders. (Hg.), Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik I, 1976, 249–283. 52 Teubner Fn. 41; ders. Fn. 38; Luhmann Fn. 23, 1088 ff. 53 Dazu Zumbansen Ordnungsmuster im modernen Wohlfahrtsstaat, 2000, 37 ff. Umfassend auch Schuppert (Hg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem Staat“, 1999. 54 Teubner Fn. 38; ders., Fn. 41. 55 So aber Kreide Welche Verpflichtungen haben transnationale Unternehmen?, in: P. Imbusch (Hg.), Demokratie – Gerechtigkeit – Frieden: Eindämmung oder Eskalation von Gewalt?, 2007, 192–215; dies. Weltarmut und die Verpflichtung kollektiver Akteure, in: B. Bleisch/P. Schaber (Hg.), Weltarmut und Ethik, 2007, 267–296. 56 Teubner Fn. 38, 178. Ebenso kritisch ggü. einem subjektiven Verständnis Ladeur Kritik der Abwägung in der Grundrechtsdogmatik, 2004, 166 ff. 50 51
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Absicherung gesellschaftlicher Autonomieräume durch beobachtende, reflektierende und koordinierende Rechtsarbeit. 57 In Verteidigung dieser Autonomien kann das Recht dann Handlungs- oder Leistungsanweisungen an die einzelnen Systeme und deren Untereinheiten geben. 58 Der soziale Konflikt löst sich damit nicht auf, wird aber unter Inkompatibilitätsbedingungen gestellt. 59 In der dogmatischen Ausprägung landet man dann nicht etwa bei einer unmittelbaren Grundrechtswirkung zwischen privaten Akteuren. Vielmehr wird der System/Umwelt-Konflikt (Kommunikation vs. Kommunikation bzw. Institution vs. Institution) rechtlich in Formen der mittelbaren Grundrechtswirkung aufgelöst, die dann aber nicht mehr bloß in staatlichen Schutzpflichten aufgehen, sondern weitere Schutzpflichtenträger formulieren müssen, um in der gängigen Terminologie zu bleiben. 60 Unter diesem veränderten Blickwinkel kann das Recht als nichtbetroffener Beobachter zweiter Ordnung die in den Systemen als Gefährdungen (externe Schadensverursachung) wahrgenommenen Grundrechtsverletzungen als Risiko, d. h. zukünftigen Schaden als kalkulierbare Entscheidungsfolge, verarbeiten. 61 In dieser die Gefahr aus dem sozialen Konflikt transformierenden Risikokategorie läuft bereits die Entscheidbarkeit mit. 62 Aus dieser Perspektive kann mit Gestaltbarkeit, Veränderbarkeit und Steuerbarkeit als Problembewältigungsmechanismen um den Preis des Entscheidenmüssens reagiert werden. 63
Dazu Teubner Fn. 41, 399; Ladeur/Viellechner Fn. 41, 71. Zu den rechtlichen Auflösungsmechanismen, Fischer-Lescano Kritik der Praktischen Konkordanz, in: Kritische Justiz 2, 2008, 166–177 (175). Zu einer dann als Grundrechtsausfluss verstandenen Gemeinwohlbindung Privater vgl. Schuppert Fn. 53, 24 f. 59 Vgl. Teubner Fn. 41. 60 Vgl. Teubner Fn. 38, 183. 61 Zur urspr. Unterscheidung Strafrecht (Gefahr)/ Zivilrecht (Risiko), Foucault Attention: danger, in: Liebération, Nr. 1286, 22. 03. 1978, 507 f.; Castel From Dangerousness to risk, in: G. Burchell/C. Gordon/P. Miller (Hg.), The Foucault Effect: Studies in Gouvernementality, 1991, 281–298. Zur systemtheoretischen Unterscheidung Luhmann Soziologie des Risikos, 1991, 30 f.; ders. Risiko und Gefahr, in: ders. (Hg.), Soziologische Aufklärung 5, 2. Aufl., 1993, 131–169 (137); ders. Gefahr oder Risiko, Solidarität oder Konflikt, in: R. Königswieser (Hg.), Risiko-Dialog: Zukunft ohne Harmonieformel, 1996, 39, der damit einer anderen Definition der Risikogesellschaft als bspw. Beck folgt, ders. Risikogesellschaft, 1986. 62 Vgl. Kneer/Nassehi Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme, 3. Aufl., 1997, 173. 63 Vgl. Luhmann Fn. 61, 1991, 112; ders. Fn. 61, 1996, 41. IdS ließe sich von Risikoregulierung sprechen. 57 58
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3. Stiftungsuniversität als Inkompatibilitätsnorm Die Rechtsrahmung der Organisation, die als Strukturelement in der Gesellschaft deutlich an Bedeutung gewonnen hat, 64 ermöglicht eine Disziplinierung im Sinne der Grundrechte – markiert Grundrechtsräume. Damit nähern wir uns, entgegen traditioneller (politischer) Organisationstheorien, 65 die sich an Herrschafts- und Machtanalysen abarbeiten, dem Foucaultschen Disziplinierungsmodell – Disziplinierung verstanden als vertikal wirkende anonyme „Machttechnologie“. 66 „Macht“ wird dann nicht als politisches, hierarchisches Phänomen, sondern als die jeweilige Usurpationstendenz expandierender Funktionssysteme verstanden. 67 Die Organisation fungiert im Idealfall als „grundrechtskonformes“ freiheitsgewährendes Ordnungsprinzip. Was bei Foucault noch als Mechanismen der Strafe, Überwachung, Dressur und Korrektur bezeichnet wird, 68 ist, so gewendet, Drohung, Entzug, Geldstrafe, Ignoranz, Ausschluss u.s.w. Die Organisation als Rechtsform bietet die Chance, die Grenzen der Autonomieräume extern zu kommunizieren, sie zu reformulieren, um sie für andere Systeme verständlich zu machen. An die Stelle der klassischen Sanktionierung und (Grund-)Rechtserzwingung treten, wenn auch nicht immer freiwillig, kooperative Phänomene, die wir aus dem Vertragsrecht mit seiner vertikalen Tradition kennen. 69 Die dadurch hervorgebrachte soziale Kontrollwirkung durch netzwerkartige Interaktion ermöglicht erst respektierende Umgangsformen. Durch die Polykontexturalität und damit Multifunktionalität der Grundrechte kann das Recht mit einem von der Toleranz vor der Umwelt getragenen Rationalisierungszwang arbeiten. 70 Das Wissenschaftssystem ist im Gegensatz zur Politik oder zum Recht, die eine Binnendifferenzierung
64 Vgl. die Unausweichlichkeitsthese der Organisation bei Adorno Individuum und Organisation (1954), in: T. Adorno (Hg.), Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft, 1971, 67–86. Für die neuere Zeit Drepper Fn. 27, 191, 216 ff.; Ortmann Organisation und Welterschliessung, 2003. 65 So aber bspw. Türk Die Organisation der Welt – Herrschaft durch Organisation in der modernen Gesellschaft, 1995, 39 ff., der von einer politischen Ökonomie der Organisation ausgeht. Zur Kritik siehe Foucault/Gordon Power/Knowledge – Selected Interviews and other Writings of Michel Foucault 1977–1984, 1992, 119. 66 Foucault Überwachen und Strafen, 1977, 40, 200 f., 276 f. 67 Vgl. die Parallele bei Foucault Fn. 66, 38; ders. Der Wille zum Wissen, 1976, 114. Siehe den eigenständigen Begriff des Politischen bei Stäheli Sinnzusammenbrüche. Eine dekonstruktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie, 2000, 249 ff. 68 Foucault Fn. 66, 41. 69 Vgl. Teubner Globale Bukowina. Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, in: Rechtshistorisches Journal 15, 225–290 (268). 70 Luhmann Fn. 42, 133; ders. Fn. 23, 133, über die Grenze der Umwelttoleranz. Auch Willke Heterotopia. Studien zur Krisis der Ordnung der modernen Gesellschaft, 2003, 179–198.
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nach Zentrum und Peripherie aufweisen, in besonderem Maß auf diese Organisationsleistung angewiesen. 71
4. Sozietales Recht Mit diesem Verständnis von Recht wird die Unterscheidung von „öffentlich/privat“ obsolet und durch ein neues Verhältnis des Rechts zur Gesellschaft ersetzt. 72 Es wird zum „Recht-Fertigungsschutz für Freiheits-Funktionen“ 73 und hat als solches die Vielfalt der gesellschaftlichen Autonomien, deren Eigenrationalitäten und -normativitäten zu reflektieren. Aufgabe des Rechts ist es dann, den dynamischen Pluralismus zu stabilisieren, die gesellschaftliche Differenzierung aufrecht zu halten. Die Zivilverfassungen dieser Gesellschaftsbereiche am Keim der gesellschaftlichen Konfliktherde werden zu neuen gewichtigen Rechtsquellen. 74 Zur Vermeidung von „Umweltschäden“ hat das Recht dann nicht primär öffentlichrechtliche iSv administrativlegislative oder privatrechtliche iSv ökonomische Elemente in sich aufzunehmen, sondern muss gleichwertig andere gesellschaftliche Regelungsstrukturen abbilden – sich seiner polykontexturalen Einbettung stellen. 75 Durch die Unmöglichkeit der Juridifizierung innergesellschaftlicher Verhältnisse, wie bspw. der rechtlichen Formulierung wissenschaftlicher Qualitätsstandards, gilt es, Auflösungs- und Verhinderungsmechanismen bereitzustellen, die die Systeme für die strukturelle Korruption sensibilisieren. Während Teubner in der Besprechung des Bürgschaftsfalls noch die Ausschaltung der Kollision einfordert, will ich unter Zugrundelegung eines transnationalen Rechtsbegriffs für die „Pflege der Kollision“ durch das Recht plädieren. 76 Unter dem neuen Problem- und Plausibilitätsdruck hat das Recht die dynamische Vielfalt, die wechselseitige Anregung paralleler Normsysteme unterschiedlicher Herkunft – die einzelnen Gesellschaftsver71 Zur Binnendifferenzierung Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 195, 321 ff.; Drepper Fn. 27, 217 f. 72 Teubner Fn. 1, 11 ff.; ders. State Policies in Private Law? A Comment on Hanoch Dagan, in: The American Journal of Comparative Law 56, 2008, 835–843. 73 Wiethölter Zur Argumentation im Recht: Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe?, in: G. Teubner (Hg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1994, 89–120 (119), der in der Folge eine neue Leitdifferenz für das Recht vorschlägt: Reziprozität versus (Un)parteilichkeit. Ders. Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: C. Joerges/G. Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13–21. 74 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: C. Joerges/G. Teubner (Hg.), Fn. 73, 25–46 (41 f.). 75 Zur Aufbrechung des Dualismus politische/ökonomische Rationalität im Recht, Teubner Fn. 1, 12; Gerstenberg Bürgerrecht und deliberative Demokratie: Elemente einer pluralistischen Verfassungstheorie, 1997, 346. 76 Teubner Fn. 41, 399. Zur „Rechts-Pflege“ vgl. Wiethölter Fn. 73, 2003 19.
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fassungen – zu koordinieren, das Normativitätspotential der Gesellschaft zu nutzen. Das bedeutet nicht Aufhebung gesellschaftlicher Widersprüche durch Recht, da dies einer Entdifferenzierung der gesellschaftlichen Fragmentierung gleichkommen würde, sondern die neuen Anforderungen sind: (1) Stabilisierung der Kollision (nicht mehr Stabilisierung einzelner normativer Erwartungen), (2) Reduktion der Komplexität und (3) Absicherung der Systemoperationen durch Rechtsschutz gegen Umweltschäden. Das der gesellschaftlichen Dynamik folgende (lernende) Recht hat alternativ zu generell-abstrakten Verbotsnormen eine sensibilisierende Rahmung des Konflikts bereitzustellen.
5. Grundrechtskonformität der Stiftungsuniversität Im Folgenden soll anhand einiger Eckpunkte untersucht werden, ob die Goethe-Universität das Potential eines dezentralen Reflexions- und Problemlösungsmechanismus aufgreift, um die sich in ihr treffenden Autonomien abzusichern und damit mehr sein kann als „ein Gehäuse jener Hörigkeit der Zukunft“ 77. Über Ansätze klassischer Demokratiekonzepte wie die Stärkung der Mitgliederversammlung, die Begrenzung von Führungsfunktionen und die Garantie individueller Mitwirkungsrechte hinaus lautet dann die Anforderung: Effektuierung der sozialen Bedingungen. 78 Eine strukturelle Lösung der Funktion/Struktur-Verknüpfung muss auf die spezifischen Umweltprobleme der Organisation zugeschnitten sein und Leistungen für die systemischen Umwelten (Erziehung, politische Input- und Output-Versorgung, Sicherung der Wissensbestände, Innovation) erfüllen sowie den eigenen Mitgliedern gerecht werden (Zugang zur Organisation, Handlungskoordination, Grenzerhaltung, Karriere). 79 Die der Organisation zugrunde liegenden expandierenden Umwelten fordern eine Kombination von Organisationsmodellen ein, die das Kontroll- und Konsensniveau steigern. 80 Dann geht es nicht mehr um eine gleichgewichtige wechselseitige Machtbegrenzung und die effektive Kontrolle von Machtmissbrauch, die in ihrem Verteilungsmodus einer Interessenabwägung verhaftet bliebe, sondern angestrebt wird eine Wachstumsperspektive von Macht: die wechselseitige Steigerung der Macht von Führung und Mitgliedschaft. 81 Folgende Struk77 Weber Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (1921), 5. rev. Aufl., 1980, 835. 78 Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978, 116. 79 Ebenda, 166. 80 Teubner will partizipatorische und elitäre Elemente in einer normativ komplexeren Demokratietheorie zusammenbringen, ders., Fn. 78, 119. Siehe dazu oben unter 2.2. 81 Teubner Fn. 78, 117 f.; vgl. ders. gegen den Verteilungsmodus, Fn. 38, 165 f., 168 f. Siehe dazu den oben unter 3. gezogenen Vergleich zum Foucaultschen Disziplinierungsmodell.
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turanforderungen sind abzuleiten: (1) pluralistische Aufsicht als Substitut für effektive Staatskontrolle über (2) pluralistische, systemspezifisch geprägte Entscheidungsmechanismen und (3) davon getrennte pluralistische Interessenartikulation. Konkret: Die umfassende Steuerung durch die Leitung der Organisation muss durch Regelungsprozesse ersetzt werden, die den verschiedenen Rationalitäten eine relative Autonomie einräumen und die Kompetenzen der Führung auf Zielvorgaben und Ergebniskontrollen beschränken 82 – und damit einen organisierten Konflikt der beteiligten Systemrationalitäten um ihre Autonomien ermöglichen. Demokratie heißt dann über die Sicherung der Mitgliedermotivationen hinaus, die lediglich auf eine Stärkung der Finanzierungsträger hinauslaufen würde, Gesellschaftsadäquanz – Grundrechtskonformität. 83 5.1 Plurale Kontrolle über systemspezifische Entscheidungsstrukturen An die Stelle von Standards konditionaler Programmierung und Zweckdefinitionen tritt ein organisationsinterner Kontrollmechanismus, der die Mitgliedschaftsrolle formalisiert und die Umweltkonflikte als Organisationskonflikte behandelt. 84 Über eine personelle Repräsentation der berührten Interessen hinaus zielt der hier herangezogene auf halbstaatliche Verbände zugeschnittene Vorschlag von Teubner auf eine organisationsinterne Binnendifferenzierung von „Politik“ (Kontrolle) und „Operation“ (Verwaltung). 85 Die Formel lautet dann: arbeitsteiliges Zusammenwirken unter wechselseitigem Einfluss und wechselseitiger Kontrolle. Die Idee hinter diesem dualen Lösungsmuster ist die stabile Differenzierung beider Machtzentren – die Etablierung autonomer Gegenmächte – und würde auf die Stiftungsuniversität gewendet bedeuten: Präsidium und Hochschulrat sollten (1) auf unabhängige Machtquellen zurückgreifen, (2) unterschiedlichen Legitimationen zugrunde liegen, (3) in Personalfragen von einander unabhängig sein, (4) in ihrer Zusammensetzung unterschiedliche Interessengruppen repräsentieren und (5) abgrenzbare Funktionsschwerpunkte bedienen. 86 Die Rechtsgrundlage der Frankfurter Stiftungsuniversität sieht in den §§ 100a ff. HHG zwar eine vernetzte Willensbildungsstruktur zwischen 82 Teubner Fn. 78, 119. Zum Umgang mit den Umweltkonflikten auch Offe Rationalitätskriterien und Funktionsprobleme politisch-administrativen Handelns, in: Leviathan 2, 1974, 333 ff. (340 f.). 83 Teubner Fn. 78, 165, 229. 84 Siehe oben unter 2.2. 85 Teubner Fn. 78, 231. Dazu auch Wiethölter Interessen und Organisation in der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht, 1961, 285 ff. Vgl. schon Luhmann Fn. 42, 155 f. 86 In Anlehnung an Teubner Fn. 78, 232.
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Hochschulrat, Senat, Präsidium vor. Mit der Einbeziehung dieser Organe in die Einheit von Stiftung und Hochschule stehen sich damit auf der Organisationsebene wissenschaftliche, erzieherische, wirtschaftliche und politische Rationalitäten gegenüber, 87 die durch systemspezifische Entscheidungsstrukturen wie das auf Mitwirkung und Selbstverwaltung ausgerichtete traditionelle Kollegialitätsprinzip, Konsensstrukturen, Vertragselemente, unternehmerische Grundsätze und staatliche verfassungsrechtlich verankerte Letztverantwortungskonzepte unterstützt werden. 88 In der konkreten Ausgestaltung wird aber ein geschlossener Machtkreislauf deutlich, der beim Präsidium beginnt und endet. Neben der Führung der laufenden Geschäfte der Stiftung, dem Abschluss von Zielvereinbarungen bzgl. der staatlichen Finanzierung, 89 der Richtlinienkompetenz gemäß § 42 III HHG und dem vom Ministerium auf das Präsidium übergegangenen Genehmigungsvorbehalt nach § 94 HHG kommt dem Präsidium nach § 42 I HHG eine allumfängliche Auffangkompetenz zu. Das Präsidium muss sich zwar vor dem Hochschulrat und dem akademischen Senat gemäß § 42 HHG verantworten, wählt aber die Mitglieder des ersteren und wird selbst wiederum vom Senat gewählt. Aus diesem gegenseitigen Verpflichtungsverhältnis und der unklaren Kompetenztrennung kann kaum eine wirksame Kontrolle in oben gefordertem Maße erwachsen. Damit laufen auch die Zustimmungserfordernisse des Hochschulrates wie bspw. von § 100 f IV – VI HHG vorgesehen leer, da sie in diesem Beziehungsgeflecht Unterstützungshandlung bleiben müssen. Auch die plural angelegte Repräsentation der Interessen von Professoren, Studierenden, wissenschaftlichen und administrativen Mitarbeitern und die von § 1 II der Grundordnung der Goethe-Universität vorgesehene erweiterte beratende Beteiligung im Senat sowie die Repräsentation wirtschaftlicher und durch das Ministeriumsmitglied politischer Rationalitäten im Hochschulrat und dessen Wirtschafts- und Finanzausschuss können über diese Strukturschwäche nicht hinweg täuschen. Insbesondere dem gemäß § 100f HHG 90 extern und fachfremd mit elf ehrenamtlichen, nicht an Weisungen gebundenen, von den Stiftungsorganen vorgeschlage87 Zur Einbeziehung der verschiedenen „Statusgruppen“ siehe Hener/Kaudelka/Kirst Stiftungshochschulen in Deutschland – Ein Zukunftsmodell? Eine Studie, in: Centrum für Hochschulentwicklung (Hg.), Arbeitspapier Nr. 110, Okt. 2008, 43. 88 Vgl. bspw. Art. 60 HV , der den staatlichen Schutz der Hochschulen garantiert und § 100i HHG , der die Anstaltslast beim Staat belässt. Dazu v. Campenhausen in: W. Seifart/ A. Freiherr von Campenhausen (Hg.), Stiftungsrechts-Handbuch, 3. Aufl., 2008, § 16 Rn. 13; Gabriel Vom Staatsbetrieb zur Stiftungsuniversität, in: Göttinger Universitätsreden, Die Georgia Augusta als Stiftungsuniversität, 2003, 11 (14). 89 Vgl. dazu die vom Präsidium erlassene GO für die Gremien der Goethe-Universität v. 12. 08. 2008, abrufbar unter: http://www.satzung.uni-frankfurt.de/2008/2008–08–28geschaeftsordnung-gremien.pdf. 90 Konkretisiert durch die GO des Hochschulrates, abrufbar unter: http://www.uni-frankfurt.de/org/ltg/grem/hsrat/dokumente/Gesch__ftsordnung_f__r_den_Hochschulrat.pdf.
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nen „Persönlichkeiten aus dem Bereich der Wissenschaft, der Wirtschaft, der beruflichen Praxis oder der Kultur“ und einem Ministeriumsmitglied besetzten Hochschulrat dürfte es an Zeit, Motivation aus mangelnder Betroffenheit, fehlender wissenschaftlicher Sachkompetenz, Informationsfluss und Mitgliederkapazität fehlen, um dem Präsidium etwas entgegen setzen zu können. 91 Auch das Kuratorium, besetzt durch die Oberbürgermeister/in der Stadt und wichtigen Stiftern, trägt mit seiner entgegen der üblichen Stiftungspraxis lediglich beratenden Tätigkeit gemäß § 100g HHG zu dieser Machtzentrierung bei. Insbesondere der Usurpation der Wissenschaft durch Politik und Wirtschaft kann der Finanzierungsmodus der Stiftungsuniversität nur wenig entgegenhalten.92 Finanzierungsgrundlage der nach kaufmännischen Grundsätzen zu führenden Hochschule bilden die Erlöse aus Grundstücksverkäufen, die Bildung eines Grundstocks sowie gemäß § 100c VII HHG die Unterhaltung durch das Land Hessen nach § 26 III Nr. 1 HLO unter Haushaltsvorbehalt und nach Hochschulpakten und Zielvereinbarungen. Letztere können vertraglich an Gegenleistungen, wie z. B. die Zusicherung der Studienanfängerzahl oder an Bauprojekte gebunden sein. Die mit dem Präsidium vereinbarte jährliche Finanzhilfe orientiert sich gemäß § 5 HHG an den in Forschung und Lehre sowie bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erbrachten Leistungen. Die durch Dritte eingehenden Deckungsbeträge in Form von zweckgebundenen Zustiftungen, nicht an Gegenleistung gebundenen Spenden oder systematisch eingeworbenen Fundraising-Geldern dürfen auf die Landesfinanzierung nicht angerechnet werden, vgl. § 100i V HHG . Im Gegenteil wurde in einer weiteren Finanzierungsvereinbarung durch die Einrichtung sog. Matching Funds ein Anreizsystem zur Erwirtschaftung eines Eigenvermögens geschaffen, nach dem das Land für jeden privat eingeworbenen Euro einen dazu gibt. 93 Folgende Probleme tauchen auf: (1) Die Verteilung der Mittel erfolgt gemäß § 42 IV HHG einseitig über die Hochschulleitung und kann nach oben Gesagtem vom Hochrat nach § 100f III HHG nicht wirksam kontrolliert werden. (2) Die vereinbarten Finanzierungsvereinbarungen können Veranlassung dazu geben, Forschungsinhalte daran anzupassen. (3) Es besteht das Risiko einer einseitigen Mittelverteilung zulasten weniger „gewinnträchtiger“ Studienrichtungen oder freiheitsintensiverer Grundlagenforschung. 94 (4) Die von der Politik eingeforderte Einwerbung privater Mittel Vgl. Teubner Fn. 78, 233 für den Aufsichtsrat. Dazu ausführlich Löwer Fn. 38, 76 ff. 93 Siehe die ergänzende Finanzierungsvereinbarung v. 30. 11. 2007 unter: http://www. stiftungsuni.uni-frankfurt.de/org/ltg/admin/muk/stift ungsuni/intern/doc/Finanzierungsvereinbarung_Uni_Frankfurt.pdf. 94 Vgl. dazu Hener/Kaudelka/Kirst Fn. 87, 49, die explizit ein Risiko für die Geistes – und Sozialwissenschaften benennen. Zu den unterschiedlichen Freiheitsansprüchen von 91
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könnte in einen Wettlauf um die Attraktivität für private Spender und damit in eine Anpassung an private Bedürfnisse münden. 95 (5) In dem durch Matching Funds staatliche Mittel an die Attraktivität für private Spender geknüpft werden, eröffnet sich ein Einfallstor für private Einflussnahme, wenn diese durch ihre Unterstützung zugleich bestimmen können, nach welchem Schema öffentliche Mittel verteilt werden. 96 Die demokratische Hoffnung muss daher in einer weiteren Stärkung des Senats liegen, der diesen Machtkreislauf durchbrechen kann. In die richtige Richtung gehen die §§ 2–4 der Grundordnung der Goethe-Universität, die eine weitere Einbeziehung des Senats in Mittelvergabe, Wirtschaftsplanung, Entwicklungsplan, Bestellung von Mitgliedern des Hochschulrats und bei der Wahl des Präsidenten als das HHG vorsehen. 97 Auch die Beschränkung der Rechtsaufsicht gemäß § 93 HHG , von der die Organisationsstruktur und Qualitätssicherung durch Satzung ausgenommen werden können, und die Abwahlmöglichkeit von Präsidiumsmitgliedern mit 2/3 der Senatsstimmen nach § 45 VI HHG können einen Gegenpol bilden. Weiter kann bei der personellen Erweiterung des Hochschulrates um wissenschaftliche Vertreter, seiner Unabhängigkeit in Personalfragen sowie bei der Professionalisierung angesetzt werden. 98 Dadurch könnte auch der Zustimmungsvorbehalt in Finanzierungsfragen relevantes Gewicht bekommen. 5.2 Repräsentative Interessenartikulation Nach der oben vorgeschlagenen Trennung muss eine plurale Beteiligung die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Umwelt in das „Forum“ der Organisation bringen. Die Mitgliederinteressen können hier authentisch und ohne Verzerrung mit der Organisationsstruktur in Zusammenhang gebracht werden, um so die Defizite klassischer Organisationsdemokratie zu überwinden. 99 Ohne an dieser Stelle vertieft auf die Möglichkeiten der Steigerung wie Wahlmechanismen und Ein- und Austrittsbedingungen eingehen zu können, kann hier festgehalten werden, dass das Mitgliedermoment in der Grundlagen- und Zweckforschung Ossenbühl Fn. 45, 20. Auch Zintzen Aufgaben einer Akademie – heute. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge G 371, 2000, 14. 95 Dazu Crouch Postdemokratie, 2008, 55 ff. 96 Ebenda, 62. 97 Vgl. § 2 der Grundordnung, abrufbar unter: http://www.satzung.uni frankfurt.de/ 2008/Ver__ffentlichung_Grundordnung1_25_06_08.pdf. Siehe weitere Satzungserlasse unter http://www.satzung.uni-frankfurt.de/. 98 Ähnlich Teubner Fn. 78, 235 ff. zur Zusammensetzung eines Verbandsrates. 99 Dazu umfassend Teubner Fn. 78, 172 ff., 183 ff.; vgl. zu den Schwächen auch Offe Politische Herrschaft und Klassenstrukturen, in: G. Kress/D. Senghaas (Hg.), Politikwissenschaft, 1969, 155 ff.
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Stiftungsuniversität sträflich vernachlässigt wird. Bisher sind nur spärlich Kommunikationsbahnen und intern differenzierende Organisations- iSv Solidarisierungsmöglichkeiten vorgesehen,100 die studentische, professorale und mitarbeiterliche Äußerung bedingungs- und rücksichtslos erlauben. Die Abhängigkeit von marktförmigen Gehältern und Drittmitteln für die Stabilisierung der Mitgliedschaft stehen dem entgegen. Der sog. Wissenschaftsmanager strebt nicht Forschung, sondern Verdienste innerhalb der Organisation an und ist der Organisationsmacht ausgesetzt. Als verfehlt müssen daher Regelungen wie § 3 II und § 11 III Nr. 1 der GO für die Gremien der Goethe-Universität, die § 10 HHG konkretisieren, zurück gewiesen werden, die ein Stimmrecht an Funktion und Erfahrung des Mitglieds knüpfen.101 Eine Lösung müsste Funktions- und Leistungserwartungen von einander abkoppeln und die Mitglieder von ihrer Organisationslast befreien. Berufungen dürften nicht an die Bedingungen der Einwerbung von Drittmitteln, Veröffentlichungen, Zahl der Abschlüsse und Promotionen geknüpft werden, insoweit wäre auf eine natürliche Konkurrenz zu setzen, Professorenarbeit dürften nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen 102 und die Zulassung von Studierenden dürfte nicht am Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Unausweichlich wird es sein, den Senat als echtes Vertretungsorgan der Mitglieder zu etablieren. Ein Schritt hin zu dieser Funktionsunabhängigkeit der Mitglieder geht die kürzlich vom Präsidium unter Zustimmung des Senates beschlossene Richtlinie zum Umgang mit Zuwendungen privater Dritter.103 In dem bisher einmaligen „Ehrenkodex“ werden Standards festgelegt, unter denen private Spenden, Stiftungen und Sponsoring möglich werden. Ablehnungsgrund ist danach, wenn der Geldgeber Einfluss auf die wissenschaftliche Arbeit, die Besetzung der Stellen und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen beansprucht. Gegenleistungen wie die Entgegennahme von Aufträgen und Bestellungen sowie Zuwendungen direkt an Mitglieder der Universität sind nicht zulässig. Darüber hinaus müssen die Zuwendungen gemeinnützig sein und das Ansehen der Hochschule und die Transparenz wahren. Kraft Organisationskompetenz wurde zur kontinuierlichen Überwachung eine neue, unabhängige Kommission geschaffen, die von jedem Hochschulmitglied angerufen werden und Empfehlungen gegenüber dem Präsidium aussprechen kann. Die Wirtschaftsführung wird gemäß 100 Vgl. Hondrich Menschliche Bedürfnisse und soziale Steuerung, 1975. Zu diesem „Recht auf organisierte Opposition“ ausführlich Teubner Fn. 78, 197 ff. 101 GO der Gremien, Fn. 89. 102 Vgl. zur Idee eines Grunderstattungsanspruchs, Seidler Grundzüge der Hochschulfinanzierung, in: M. Hartmer/H. Detmer (Hg.), Hochschulrecht, 2004, 484 ff. (503) mwN. 103 Siehe die RL v. 22. 10. 2008, abrufbar unter: http://www.satzung.uni-frankfurt.de/ 2008/SatzungsfassungStifterr ichtlinie.pdf.
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§ 100f VI HHG durch den Wirtschafts- und Finanzausschuss des Hochschulrates kontrolliert. Zusätzlich unterrichtet der Präsident den Landtag jährlich über die Verwendung der Mittel unter Berücksichtigung der Hochschulentwicklung. Der Kodex kann die Unabhängigkeit der Forschung durch die Transparenz und damit Überprüfbarkeit von Art, Form und Umfang privater Einflussmöglichkeiten besser gewährleisten, als die bisherige Praxis und die bereits von § 89 HHG auch für traditionelle Hochschulen vorgegebene direkte Einwerbung und Unterstützung bestimmter Projekte durch private Mittel.104
6. Fazit Mit der Stiftungsuniversität wird ein „Kontaktpunkt“ geschaffen, in dem eine rechtsförmige Auseinandersetzung der bezeichneten Diskurse möglich wird. Unter dem Vergrößerungsglas der Organisationsstruktur können zumindest potentiell die systemischen Autonomien von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Erziehung prozedural garantiert werden. Ohne den Filter des politischen Prozesses wird den beteiligten sozialen Sektoren unter einer rechtlichen, dann grundrechtlichen (richterlich überprüfbaren) Rahmung die spontane Normproduktion – die Standardisierung von Verhaltenspflichten ermöglicht.105 Die institutionelle Grundrechtswirkung realisiert die systemische Grenzziehung. Durch die Prozeduralisierung in der formalen Organisation schafft das Recht Freiraum für systemautonome Selbstregulierung und Selbstbeschränkung, in dem es für den Konflikt flexible und lernfähige Interventionsmechanismen zur Verfügung stellt und damit die materielle Entfaltung der beteiligten Diskursrationalitäten ermöglicht. Die netzwerkartige Organisationsstruktur, die die Vielschichtigkeit der spezifischen Verknüpfungen Organisation/ Mitglieder und Organisation/Umwelten aufgreift, muss dann in ihrer Funktion als Ausfluss (Ersatz?) des Gewaltenteilungsprinzips verstanden werden.106 Insoweit ließe sich von Verrechtlichung und Politisierung jenseits des Staates sprechen. Eine ideale Kopplung der Systeme in der Universität unterbricht die Kausalbeziehungen von „eine Mark für eine Wahrheit“ durch die Aufdeckung und Kontrolle der Gegenseitigkeit, in dem sie die Unabstimmbarkeit der Kommunikatio104 Zu diesen Befürchtungen Hornbostel Die Hochschulen auf dem Weg in die Audit Society, in: E. Stölting/U. Schimank (Hg.), Die Krise der Universität, Leviathan Sh., 2001, 139–158; Crouch Fn. 95, 61 f.; Hener/Kaudelka/Kirst Fn. 87, 61 f. 105 Vgl. Teubner Fn. 1, 25. 106 V. Danwitz Der Grundsatz funktionsgerechter Organstruktur, in: Der Staat 35 (1996), 329 ff.; Gross Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, 1999, S. 200 ff. Anders Schimank Fn. 21, der für das politische Steuerungspotential von Organisationen plädiert.
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nen wahrt und so die Autonomie der Wissenschaftskommunikation, egal ob „im Klostergarten oder im Industrielabor“ gewährleistet.107 Unter diesem Organisationsaspekt erscheinen die groß angelegten Marketing- und Managementkonzepte der Goethe-Universität in neuem Licht. Die eigentümliche Rede von Spitzenleistungen, Wettbewerb und Effektivität der „Marke Goethe“ ist dann nicht Wissenschaftskommunikation, sondern bedient andere Rationalitäten.108 Entscheidend wird sein, wie die noch „junge“ Organisationsstruktur der Universität den Gewinn an Außenautonomie ausnutzt, um ihre interne, gesellschaftsadäquate (dann auch wissenschaftsschützende) Ausgestaltung voranzutreiben. Über Dienstleistungsunternehmen oder Public Private Partnership hinaus muss sich die propagierte „Bürgeruniversität“ dann als Gesellschaftsuniversität beweisen, die auf gesellschaftliche Anforderungen responsiv reagiert, ohne diese Grenzbeziehungen ökonomisch zu monopolisieren. Mit diesem differenzierenden Blick auf wissenschaftliche Verhältnisse bleiben, um es mit Luhmanns Vorliebe für Kuhstallromantik zu sagen, die Kühe gerade nicht im Stall – es kann ausgemistet werden.109
107 Luhmann Fn. 2, 636; Fürstenberg Die Wissenschaft im gesellschaftlichen Spannungsfeld, in: H. Scholz (Hg.), Die Rolle der Wissenschaft in der modernen Gesellschaft, 1969, 22–34 (26 ff.). 108 Anders Löwer Fn. 38, 83 f., 89. 109 Luhmann Fn. 21, 111.
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I. Introduction Gunther Teubner has raised the question of “What comes after the state?” 2 Behind the question lies the insight that society is currently undergoing deep structural transformations in the sense that state-centred society, which was a strong characteristic of 19th and 20th century society, is fading away at the same time as new forms of trans-national structures continuously gain in importance. One of the many consequences of this development is that the political system is no longer capable of serving as the primary “partner” of the legal system, thereby reducing the impact of democratic decision-making on the legal system. Hence, if Teubner’s insights are taken to the extreme, it is possible to argue that we are on the brink of a post-democratic world. A less radical reading of the Teubnerian insights would be that democracy will also have to undergo a structural transformation in order to remain relevant. Thus, the on-going transformation processes make it pertinent to ask whether it is possible to observe the emergence of functional equivalents to the democratic state of law (Rechtsstaat) structures of the nation-state at transnational level. Teubner’s attempt to emancipate the constitutional concept from its nation-state connotations through the promotion of a new form of societal constitutionalism should be seen in this context. Teubner carries out such conceptual innovation upon the basis of a legal perspective. A re-formulation of basic legal concepts, however, creates a need to re-formulate basic political concepts as well. In other words, the theory of reflexive law must be complemented by a theory of reflexive politics. 1 An earlier version of this chapter was presented at the First ISA Forum of Sociology, Barcelona, Spain, 5 – 8 September 2008. I would like to thank Vittorio Olgiati and Ralf Rogowski as well as other participants of the relevant session for useful comments and suggestions. Responsibility for the content remains with the author. Another version was presented at the workshop Niklas Luhmann, a diez años. El desafı o de observum una sociedad compleja, Goethe Institute, Santiago de Chile, 13-15 october 2008. I would also like to thank the participants of this workshop for useful comments. 2 Gunther Teubner ‘Was kommt nach dem Staat?’, pp. 36 – 43; Wissenschaftskolleg, Köpfe und Ideen, 2008 (www.wissenschaftskolleg.de).
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II. The Transformation of the Functional Synthesis Classical modernity, which, with a couple of symbolic dates, can be said to encompass the period between 1789 and 1989, was the period of the nation-state. The axis on which the nation-state was, and partially still is, resting is the specific way in which the political and the legal systems orient themselves towards each other. By Habermas, this leads to a conceptualisation of an “internal connection between law and political power”, 3 in the sense that the law’s stabilisation of normative expectations and political will formation is seen as emerging under a condition of simultaneousness, 4 and thereby in a manner which ensures a legitimate societal order. By Luhmann, the internal link between law and power is replaced with a “certain functional synthesis between politics and law”. 5 In contrast to Habermas, Luhmann emphasises the difference between the two dimensions in the sense that he underlines that the synthesis emerges on the basis of two different functions: the stabilisation of normative expectations by the legal system and by collectively-binding decision-making by the political system. Nonetheless, the difference between the two positions is more gradual than fundamental, since the transfer of meaning components from one sphere to the other is addressed from a procedural perspective by both scholars. Moreover, Luhmann also acknowledges that the functional synthesis is likely to ensure certain “overlaps” in the modes of self-description of the legal and the political systems, for example, in relation to concepts such as legitimacy and justice. 6 This gradualism was anticipated and underlined by the early Teubner, who, from the very beginning, upon the basis of his concept of reflexive law, 7 purposefully steered in-between the two titans of German social theory. Needless to say, this consensus seeking endeavour triggered criticism from both sides. 8 The major problem facing the theoretical complexes of es-
3 Jürgen Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1992), p. 167 (transl. by the author). 4 From a systems theoretical perspective simultaneousness implies that a given distinction, in this case the distinction between law and politics, is dissolved. See also Poul Kjaer ‘Systems in Context: On the Outcome of the Habermas/Luhmann-debate’, pp. 66 – 77; Ancilla Iuris (www.anci.ch), 2006. 5 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1993), p. 153 (transl. by the author). 6 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1993), p. 407. 7 Gunther Teubner ‘Reflexives Recht: Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspektive’, pp. 13 – 59, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 68, 1982. 8 Jürgen Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1992), p. 73;
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pecially Habermas, but also Luhmann, should, however, be found elsewhere. The problem is that they presume (Habermas) or describe (Luhmann) a hierarchical order in the sense that they see the political and legal systems as characterised by Weberian organisational and Kelsian legal hierarchy. Although Luhmann, early on, expressed his scepticism about the future viability of such structures, 9 his descriptions of modern society, nonetheless, remain based upon a nation-state outlook. This might seem paradoxical when taking his emphasis on society as a single world-society into consideration.10 In relation to the legal and the political systems, the concept of world-society is, however, less radical than it looks, in so far as Luhmann’s central focus continues to be on hierarchical legal and organisational structures which are being unfolded within territorially delineated sub-systems. Thus, the bulk of his descriptions of the operations of the political and legal systems continue to refer to hierarchical nation state structures. In retrospective, it thus seems that both Habermas and Luhmann merely produced the last theories of the nation-state era thereby confirming the old Hegelian insight that the owl only spreads its wings with the falling of dusk. As highlighted by the late Teubner, the emergence of new types of transnational governance, as opposed to classical nation-state governing structures, since the latter half of the 20th century, calls for an even more radical description of modern society than the one presented by Luhmann. A radical description should take due account of the structural changes emerging due to the decrease in the reliance on internal differentiation through territorially delineated sub-systems within both the legal and the political systems of world society.11 Thus, the focus should be on the emergence of globally-operating structures, ranging from international public organisations such as the WTO , the IMF and the World Bank, to hybrid privatepublic regimes such as ICANN and private regimes such as ISO , courts or court-like structures such as the International Criminal Court, the WTO Appellate Body and the Court of Arbitration for Sport, structures which, in their internal organisation, rely on functional differentiation to an even higher degree than the classical modern structures did.12 Niklas Luhmann Einige Probleme mit ‘reflexivem Recht’, pp. 1–18, Zeitschrift für Rechtssoziologie, 6, 1985. 9 Niklas Luhmann Rechtssoziologie (Opladen, Westdeuscher Verlag [1972], 1983), p. 339. 10 Niklas Luhmann ‘Die Weltgesellschaft’, pp. 1–35, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 57, 1971; Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1997), p. 145. 11 See especially Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des Globalen Rechts (Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006). 12 For a useful typology of global administrative structures see Benedict Kingsbury, Nico Krisch & Richard B. Stewart ‘The Emergence of Global Administrative Law’, IILJ Working
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Clearly, large differences exist in the function and form of trans-national structures. One common feature is, however, that the “functional synthesis” is even weaker, if it exists at all, when compared to the nation-state setting. Trans-national legal regimes often rely on “judge-made law” to a far higher extent than is the case within nation-state structures, since it is developed without or only with very weak references to formal legislation produced within the political system.13 In addition, trans-national politicaladministrative structures often expand their operations without relying on a formal legal basis. If at all, law is mainly activated ex-post in order to formalise already existing structures.14 In their internal organisation, transnational political-administrative structures are, moreover, characterised by an absence of democracy, in the sense that none of them operate on the basis of hierarchy “with a divided peak”,15 or in a manner which corresponds to more traditional concepts of parliamentary democracy.16 What we are witnessing is an evolutionary development in which the attempt to channel communication-flows into democratic procedures has become increasingly marginalised because such procedures are not complex or flexible enough to handle the massive increases in social complexity which characterise the late-modern society. In addition, the territorial limitation, which is established through the reference to the metaphor of the people within democratic forms of communication, increasingly becomes an obstacle for adequate problem-solving in an increasingly global world. Hence, the functional synthesis between law and (democratic) politics, which served as the axis of the nation-states, is either not in place or, at the very least, taking a radically different form within trans-national structures, when compared with nation-state structures. This insight, which was only latent in Luhmann, is the central point of departure of the late Teubner. Hence, he has actively emancipated himself from the constraints imposed by the dual hegemony of Habermas and Luhmann and their nation-state worldview, in Paper 2004/1(Global Administrative Law Series) (www.iilj.org) p. 7. For the special case of the EU see Poul F. Kjaer ‘The Societal Function of European Integration in the Context of World Society’, Soziale Systeme. Zeitschrift für Soziologische Theorie, 13 (2007), Heft 1+2, pp. 367–378. 13 Marc Amstutz and Vaios Karavas ‘Rechtsmutation: Zu Genese und Evolution des Rechts im transnationalen Raum’, Rechtsgeschichte, Rg. 8, 2006, pp. 14 – 32. 14 Karl-Heinz Ladeur ‘Towards a Legal Theory of Supranationality – The Viability of the Network Concept’, pp. 33 – 54, European Law Journal, 3, 1, 1997. 15 Niklas Luhmann ‘Die Zukunft der Demokratie’, pp. 126 – 132 in N. Luhmann: Soziologische Aufklärung 4, Beiträge zur Funktionalen Differenzierung der Gesellschaft (Westdeutscher Verlag, Opladen, 1994). p. 127. 16 Jürgen Neyer ‘The Justice Deficit of the EU and other International Organisations’, pp. 199-222, in Christian Joerges & Poul F. Kjaer: Transnational Standards of Social Protection: Contrasting European and International Governance, Arena Report Series, Oslo, 2009 (forthcoming).
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the sense that he does not just rely on a “speculative hypothesis” concerning the emergence of a truly global legal order upon the basis of functional differentiation, but, instead, works on the quite different assumption that this order is already a reality.
III. Autonomy and Justification As already indicated, the conglomerate of trans-national structures is far from representing a group of homogeneous structures. Instead, we are dealing with a continuum of concretisation (Kelsen) in which some organisations and regimes are more “intergovernmental” in nature than others, in the sense that some are relatively closely tied to the nation-states within the framework of classical international law, whereas others operate in a more autonomous manner.17 This is irrespective of the fact that none of them can be understood as mere “extensions” of the nation-state universe, since all of them, albeit to different degrees, possess an autonomous element and operate on the basis of internal dynamics. This is also the case where transnational structures rely on a formal delegation of competences from nationstates since delegation is always more than just delegation. Each delegation of competences implies recognition of the autonomy of the structure to which delegation is made, just as delegation implies a transfer of discretionary capacities which enable them to select between varieties of possible operations. Selections of operations also tend to frame the variety of the possible operations that can be selected in the future. In this sense, delegation always implies a loss of control. Hence, delegation always represents a step into the unknown, which, at times, can release forces of a surprising viability.18 For example, despite the massive efforts of the US government, in particular, to ensure intergovernmental control in the negotiation of the WTO agreement, the WTO regime has, nonetheless, developed into a highly dynamic autonomous structure. The nucleus of autonomy means that trans-national structures, just like any other type of autonomous social structures, are faced with a demand from their environments to justify why a specific operation is selected and why others are not selected.19 Such justifications are, however, paradoxical 17 Hauke Bronkhorst Cosmopolitanism and Democratic Freedom, MS presented at the RECON -Workshop “Global Transnationalisation and Democratisation Compared”, Flo-
rence, European University Institute 16–17 th May 2008, p. 23. 18 Poul F. Kjaer Between Governing and Governance: On the Emergence, Function and Form of Europe’s Post-national Constellation, European University Institute, Florence, 2008 (available at http://cadmus.iue.it), p. 89. 19 Within normative theory similar insights have led to the development of a “right to justification” which also has been stylised as the most fundamental basic right. See Rainer
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in nature, in the sense that they are always self-justifications. On the one hand, they refer to external structures in the sense that justification is about providing reasons to the wider world concerning why a specific operation is selected. In doing so, social systems are, however, referring to internal images of their environments. Each system produces semantic artefacts which they can claim are external in nature. For example, the political system traditionally refers to the state as a holistic whole which encompasses society in its totality, or (within democracies) to an internally constructed image of the “will of the people”. The legal system refers to internally developed universal and “self-evident” (natural) rights. In order to fulfil similar objectives, the economic system refers to market demand and the religious system to the will of God. Thus, within all functional systems, it is possible to observe the unfolding of strategies which are aimed at “covering-up” the paradoxical nature of their justifications on the basis of metaphors which are assigned a foundational and transcendental quality in the sense that they are internally described as having validity for society as a whole. Despite being internal in nature, such self-justification is, however, relevant for the structures operating in the environment of a given social system. This is the case because strategies of justification tend to be based upon a more or less coherent and relatively stable set of principles, which serve as regulatory ideas in the continued selection of operations. Hence, such principles provide a basis for a stabilisation of the expectations emerging in the environment vis-à-vis a given social system in the sense that they increase the probability of correctly predicting which type of operations which will be selected. This again increases the ability of other social systems to adjust their selections of operations according to what can be expected to occur within other systems.
IV. Nation-state Constitutionalism The justifying mutual observations of the political and the legal systems have typically occurred within the framework of constitutions. Following Luhmann, a constitution is a structural coupling between law and politics, which, on the basis of procedures and principles, frames the transfer of meaning components between the two systems, be it in the form of legal acts, judgments or otherwise. 20 Thus, constitutions allow for an “immense
Forst Das Recht auf Rechtfertigung. Elemente einer konstruktivistischen Theorie der Gerechtigkeit (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2007), p. 10. 20 Niklas Luhmann ‘Verfassung als evolutionäre Errungenschaft’, Rechtshistoriches Journal, 9, 1990, pp. 176 – 220.
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increase of mutual irritation” 21 and thus for substantial increases in the selfreflexivity of the two systems. This makes his definition of a constitution identical to his (late) definition of a state, since he also defines a state as a structural coupling between the legal and the political system. 22 Luhmann’s minimalist constitutional concept is, however, a specifically modern concept which ignores the fact that the concept of constitution in pre-modern times referred to a far broader societal role. 23 But even in the times of classical modernity the constitutional concept was not limited to the political and the legal spheres in a strict sense. For example, when Hegel, as the first scholar, addressed the fundamental problem of sociology, namely the question of how society is possible under the structural condition of increased functional differentiation, his answer was the modern and all encompassing state. 24 The state, according to Hegel, has, however, three meanings: firstly, the political and the legal system encompassing institutions such as the government, parliament, bureaucracy and the courts; secondly, corporatist structures aimed at embedding the economic system in a manner which ensures that the state encompasses society as a whole; and thirdly, the state is understood as a structure which is constituted in relation to other states. 25 Hereby, Hegel is providing a three-dimensional concept of the state, which reflects the three forms of social differentiation which he saw at play: firstly, functional differentiation as also expressed through the establishment of a political and legal system which is delineated from other parts of society on the basis of functional criteria and which rely on a distinction between state and society (Staat und Gesellschaft); secondly, stratificatory differentiation in the sense that the “broad” corporatist system was intended to be organised along the lines of social classes and with the objective of stabilising the relationship between such classes through a minimisation of social exclusion; and thirdly, territorial differentiation is the basis for the constitution of states vis-à-vis other states. 26 21 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1993), p. 471 (Translated by the author). 22 Niklas Luhmann Politik der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2000), p. 390. 23 Reinhart Koselleck ‘Begriffsgeschichtliche Probleme der Verfassungsgeschichtsschreibung’, pp. 365–382 in R. Koselleck: Begriffsgeschichten: Studien zur Semantik und Pragmatik der politischen und sozialen Sprache (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2006). 24 Georg W. F. Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts. Oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse (Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, [1821] 1976). 25 Poul F. Kjaer ‘Post-Hegelian Networks’ in Marc Amstutz/Gunther Teubner: Networks: Legal Issues of Multilateral Co-operation, Hart Publishing, Oxford 2009 (forthcoming). 26 By Hegel, modern stratificatory differentiation does not refer to ancient pre-modern forms of differentiation but to new forms of differentiation which emerged in the wake of industrialisation, just as territorial differentiation refers to the structures of the modern territorial state.
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Needless to say, this picture is not shared by modern systems-theory since one of its key insights is that stratificatory and territorial forms of differentiation should not be understood as independent forms of differentiation which stand orthogonal to functional differentiation. Instead, such forms are merely seen as internal forms of stabilisation which emerge within functional differentiated systems. 27 Irrespective of that, the Hegelian perspective contains an empirical challenge to the Luhmannian perspective, in the sense that it was, indeed, possible to observe the emergence and reproduction of broad constitutional structures in the late 19th century and throughout 20th century Europe which resemble those tentatively described by Hegel at the beginning of the 19th century. This is especially the case in relation to the social and economic constitutions which played an important role in the course of the late 19th and throughout the 20th century in (Continental) Europe. Although substantial differences existed in the organisational form, it was common for most European states in this period that very complex corporatist conglomerates emerged in order to stabilise the relationship between the political and the economic systems as well as to ensure internal stabilisation of the relationship between labour and capital within the economic system, through the activation of the legal system. 28 At the organisational level, these corporatist structures played a substantial indirect role in relation to other functional systems, such as health, education, and sports, which became a part of the larger welfare state conglomerate, and which also tended to be structured by the overall framework provided by the socio-economic constitutions.
V. Global Societal Constitutionalism Faced with the divide between the Hegelian traditionalism and the Luhmannian idiosyncrasy outlined above, the young Teubner chose to steer inbetween the two poles, on the basis of an atypical mixture of realism and idealism. On the one hand, he was, from the outset, critical of the concept of a state-centred society. But, at the same time, he showed a continued interest in the possibility of pursuing a constitutionalisation of the part of society that fell outside the realm of the state through Verbandsdemokratie. 29 27 Rudolf Stichweh Inklusion und Exklusion. Studien zur Gesellschaftstheorie (Transcript Verlag, Bielefeld, 2005). 28 Florian Rödl ‘Constitutional integration of labour constitutions’, pp. 152–171 in Erik O. Eriksen/Christian Joerges and Florian Rödl: Law, Democracy and Solidarity in a Postnational Union. The unsettled political order of Europe (Routledge, London, 2008). 29 Gunther Teubner ‘Zu den Regelungsproblemen der Verbände – Neo-Korporatismus und innerverbandliche Opposition’, pp. 545 – 548, Juristenzeitung, 33, 1978; Gunther Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung: Rechtsmodelle für politisch
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At a first glance, this ambition has little to do with the late Teubner’s interests in global governance structures. Nothing, however, could be further from the truth. In fact, one could argue that his interests and objectives have essentially remained constant throughout his career and that it is merely the world which has changed. A change which means that the kind of national societal economic and social constitutions described above has come under increasing pressure since the last decades of the 20th century due to the expansion of global capitalism. But, as pointed out by Teubner, the continued expansion of capitalism throughout the planet is not just a consequence of economic processes. It rather reflects transformations of a far more fundamental nature, in the sense that it reflects an increased reliance on functional differentiation vis-à-vis stratificatory and territorial differentiation. 30 Thus, the internal reliance on stratificatory distinctions between social classes and employers and employees as well as the territorial delineation of national corporatist regimes has become increasingly obsolete. More generally, the consequence is that the concept of a “state-centred” society described by Hegel and the kind of all-inclusive corporatist structures which characterised the 20th century increasingly has lost their relevance. The re-location of political and administrative power to the trans-national level also fits neatly into this pattern in so far as this development can be understood as a structural drift which is driven by the attempt of the political system to adapt to the increasing reliance on functional differentiation within other parts of society. Irrespective of such attempts to “keep up” with the development of other functional systems, the political system is, however, faced with a reduction in its capability to operate in a manner which is societally relevant, and this development poses a problem for the legal system because the consequence is that the collectively-binding decisions of the (democratic) political system no longer provide sufficient reference points for the operations of the legal system, thereby leading to the kind of erosion of the functional synthesis described above. Thus, the legal system has been forced to establish direct “partnerships”, taking the form of functionally delineated societal constitutions, with other functional systems. The consequence is that the old socio-economic constitutions has been replaced by functionally delineated economic constitutions, as was the case within the framework of the European Community in its early days, 31 and the WTO regime today. However, these regimes reprerelevante Verbände. Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Band 47 (Tübingen, Mohr Siebeck, 1978). 30 Gunther Teubner ‘Justice under Global Capitalism?’, pp. 1- 8, European Journal of Legal Studies, Vol. 1, No. 3, 2008. 31 E.g. Ernst-Joachim Mestmäcker ‘Zur Wirtschaftsverfassung in der Europäischen Union’, pp. 507–537 in Ernst-Joachim Mestmäcker: Wirtschaft und Verfassung in der Europäischen Union (Baden-Baden, Nomos Verlag, 2003).
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sent a much more narrow economic view of the world when compared with the broader socio-economic perspective that characterises the fading phenomenon of nation-state corporatism. As a functional equivalent to the category of the “social” sphere, Teubner has, however, convincingly argued that elements of a whole range of other functional constitutions have emerged in the form of, for example, a global digital constitution, a global health constitution, a global sports constitution and so forth. 32 Constitutions which are non-state centred constitutions, in the sense that they are spontaneous, but complex, structural couplings between the legal system and the various functional systems which do not rely on an activation of the political system. Such constitutions provide a basis for a stabilisation of the systems in question through legal means as well as for the establishment of reflexive mechanisms which are capable of ensuring that the systems in question exercise self-restraint to a degree which leads to a reduction in negative externalities, asymmetries and crowding-out effects vis-à-vis other systems, thereby reducing the consequences of the reduced absorption capacities of democratic procedures. Thus, Teubner’s ambition has stayed the same, and, at the same time, he has simply shifted his point of interest from the corporatist structures of the nation-state towards global governance structures because these structures act as functional equivalents to nationstate corporatism under the structural condition of increased reliance on functional differentiation.
VI. Political Metamorphoses Teubner describes his theory of societal constitutionalism as a legal theory. It is, however, a theory with deep political implications, implications which Teubner himself seems surprisingly reluctant to address. But the transformation of the functional synthesis between law and politics and the emergence of a whole range of constitutional partnerships between the legal system and various functional systems raises the question of what institutional structures and pre-legal conditions need to be in place within the nonlegal systems in order for them to act as adequate partners for the legal system. In contrast to Teubner, who seems to assume that such structures are in place, one could argue that this can by no means be assumed. Instead, his theory would have to be “doubled”, in the sense that his legal theory would have to be complemented with a corresponding theory of the political sphere as it unfolds within each system. Such an endeavour implies a break 32 Gunther Teubner ‘Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie’, pp. 1–28, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 63, 2003.
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with Luhmann’s concept of the political, which remains based upon an “old-european” (Alteuropäische) concept of power, in the sense that it relies on the ability to invoke negative sanctions 33 and the illusion that a clear-cut distinction can be made between power and influence. But instead of Luhmann’s black and white distinctions, we are instead dealing with a continuum representing different tones of grey, in the sense that the borderline between power and influence is, by no means, well-defined. 34 In addition, one would carefully have to examine to what degree functional systems have internally developed institutional structures which produce norms, serving as functional equivalents to the norm production through collectively-binding decisions within the political system, which can serve as external points of reference for legal communication, and which can be normatively ramified and deepened through legal mechanisms. Such norm production is, moreover, likely to be conditioned by the existence of a host of reflexive mechanisms in the form of the institutionalisation of a collective of stakeholders and the establishment of a coherent set of principles in relation to, for example, transparency, proceduralisation and accountability within each functional system. One would have to examine carefully to what extent such structures, acting as functional equivalents to classical nation–state concepts of the people, the public sphere, sovereignty and control, are in place in order to argue convincingly that non-legal functional systems are capable of engaging in arrangements with the legal system that possesses a constitutional quality. Hence, the increased significance of transnational structures vis-à-vis nation-state structures should not necessarily be understood as implying de-politicisation, but merely calls for a rethinking of the different dimensions of the concept of the political. The challenge is to develop a concept of the political that is freed from methodological nationalism 35 and which will enable observation of the new form of politics which is unfolding within trans-national structures. In other words, after Teubner’s transformation of Luhmann’s “speculative hypothesis” concerning the fu33 Christian Borch ‘Systemic Power. Luhmann, Foucault and Analytics of Power’, Acta Sociologia, Vol. 48, No. 2, pp. 155–167; Urs Stäheli Sinnzusammenbrüche. Eine dekonstruktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie (Velbrück, Weilerswist, 2000), p. 230. 34 E.g. the Open Method of Coordination within the context of European integration and its predecessors within the OECD do not rely on the ability to invoke negative sanctions but is nonetheless producing power. See Poul F. Kjaer ‘Three forms of governance and three forms of power’, pp. 23 – 43 in Erik Oddvar Eriksen, Christian Joerges and Florian Rödl: Solidarity in a Post-national Union. The unsettled political order of Europe (Routledge, London, 2008). 35 Michael Zürn ‘Politik in der postnationalen Konstellation. Über das Elend des methodologischen Nationalismus’, pp. 181–204 in Landfried, C. (Hrsg.): Politik in einer entgrenzten Welt. Beiträge zum 21. Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (Köln, Verlag Wissenschaft und Politik, 2001).
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ture functionally differentiated character of law into a justified assumption, it is time to undertake a similar project in relation to the concept of the political.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht – „Verfassungsprivatrecht“ als Kollisionsrecht Karl- Heinz Ladeur
I. 50 Jahre mittelbare Grundrechtswirkung im Privatrecht – 50 Jahre Verstaatlichung des Privatrechts? 1. Ende der Eigenrationalität des Privatrechts? Die Literatur zur Drittwirkung der Grundrechte ist kaum überschaubar 1, und dennoch erscheint die damit aufgeworfene Problematik dogmatisch immer noch nicht befriedigend bewältigt. Dieser Eindruck wird bestätigt durch das Festhalten anderer Rechtssysteme wie des amerikanischen am Erfordernis eines „state act“ 2, der erst die Kontrolle privatrechtlicher Beziehungen am Maßstab der Grundrechte legitimiert. Die deutsche Rechtsprechung hat das Konzept der Drittwirkung in jüngerer Zeit erheblich flexibilisiert und erweitert; sie hat auch den mittelbaren gestaltenden Einfluss des Gesetzgebers auf private Rechtsverhältnisse als ausreichende Legitimation für Grundrechtskontrolle angesehen3, nämlich die Kontrolle der Privatrechtsgesetzgebung. Der Adressatenbezug der Drittwirkung, auf Gerichtsbarkeit und Privatrechtsgesetzgeber, ist zu unterscheiden von den thematisch differenzierten Ansätzen zu einer Expansion der Grundrechte auf private Rechtsverhältnisse, die vor allem auf die private Verfügung über öffentliche Räume zielen, und zwar im traditionell realen Sinne (Straßen, Passagen) oder im virtuellen Sinne (Internet). 4 In Deutschland sind die wissenschaftlichen 1 Vgl. nur Oeter Drittwirkung der Grundrechte und Autonomie des Privatrechts, AöR 119 (1994), 529 ff.; früher schon Schwabe Die sog. Drittwirkung. Zur Einwirkung der Grundrechte auf den Privatrechtsverkehr, 1971; zur Kritik Abegg/Amstutz/Karavas Soziales Vertragsrecht. Eine rechtsevolutorische Studie, 2006; Ladeur Zur Kritik der Abwägung in der Grundrechtsdogmatik, 2004. 2 Vgl. Balkin Freedom of Speech in the Digital Era, Sydney Law Review 26 (2004), 5. Fischer-Lescano-Teubner Regimekollisionen, 2006, 131. 3 Vgl. nur BVerfGE 81, 242 (Handelsvertreter); 89, 1 (Miete als Eigentum); 89, 214 (Bürgschaft); JZ 2007, 576 m. Anm. Schwabe (Privatversicherungsrecht). 4 Balkin aaO. (Fn. 2); Teubner/Karavas http://www.CompanyName.Sucks: Drittwirkung der Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet?, in: Ladeur (Hrsg.), Innovationsoffene Regulierung des Internet, 2003, 249; Ladeur/Viellechner Die transnationale Expansion staatlicher Grundrechte, AVR 46 (2008), 42.
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Antworten auf die gerichtliche Expansion von Grundrechtseffekten in das Privatrecht unterschiedlich ausgefallen. Während die Ausweitung der Geltungskraft der Grundrechte mit dem Ziel der Justierung der Rechtsgrenzen öffentlicher Kommunikationen 5 heute im Wesentlichen als gelungen angesehen wird, hat die „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechte vor allem auf die richterliche Vertragskontrolle (Karenzentschädigung für Handelsvertreter, Familienbürgschaft, „Mieteigentum“ etc.) 6 in der Zivilrechtswissenschaft viel Kritik ausgelöst. 7 Bevor Methode und Ergebnisse einiger wichtiger Entscheidungen einer Kritik unterzogen werden, soll im Folgenden zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von ihrem Anfang her, dem Lüth-Urteil 8, skizziert werden. Schließlich soll in Auseinandersetzung mit Gunther Teubners Überlegungen zur Drittwirkung 9 eine andere Akzentuierung begründet werden, die die Drittwirkung der Grundrechte kollisionsrechtlich verfasst wissen will. 2. Das Lüth-Urteil Im Lüth-Urteil 10 hat das BVerfG bekanntlich die Verurteilung des Verfassungsbeschwerdeführers zur Unterlassung eines Boykottaufrufs auf der Grundlage von § 826 BGB für unvereinbar mit dem grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gehalten. Zum Verständnis der damit beanstandeten Zivilrechtsprechung ist vorauszuschicken, dass die Zivilgerichte in den vorausliegenden Jahrzehnten die Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch Private (z. B. Journalisten) grundsätzlich nicht als Rechtfertigung für die Verletzung der persönlichen Ehre einer angegriffenen Person anerkannt hat. Dies spielte vor allem bei der Interpretation von § 193 StGB eine Rolle.11 Daran hat das beanstandete Urteil konsequent 5 Vgl. zur Meinungsfreiheit nur BVerfGE 7, 298; 61, 1; zur Drittwirkung der Pressefreiheit gegen diese selbst OLG Stuttgart, AfP 1971, 137 (Landespressekonferenz e. V.); Markfort Popstars und die Pressefreiheit, ZUM 2006, 829. 6 Vgl. die Nachweise in Fn. 3. 7 Vgl. nur Diederichsen Das Bundesverfassungsgericht als oberstes Zivilgericht, AcP 198 (1998), 171. 8 BVerfGE 7, 198. 9 Vgl. vor allem Teubner Ein Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken, KritV 83 (2000), 388; ders. Globale Zivilverfassungen. Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), 16; ders. Die anonyme Matrix. Zu Menschenrechtsverletzungen durch private „transnationale“ Akteure, Der Staat 44 (2006), 161; ders. The Blind Spot: The Hybridization of Contracting, in: Theoretical Inquiries in Law 8/Nr. 1, article 4/51; vgl. auch Gerstenberg Justification (and Justifiability) of Private Law in a Polycontextural World, Social and Legal Studies 9 (2000), 419. 10 BVerfGE 7, 198 11 Vgl. RGSt 56, 382; 64, 10; Olshausen Kommentar zum StGB , 6. Aufl., 1929, § 193 Anm. 4, 6a, 6c; Leipziger Kommentar zum StGB , 4. Aufl., 1929, § 193 Anm. 5, 10 f. (mit
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auch bei der Interpretation des Begriffs der „Sittenwidrigkeit“ als Voraussetzung für den Anspruch aus § 826 BGB angeknüpft. Das BVerfG hat diese wie andere Generalklauseln des Privatrechts zum „Einfallstor“ für den verfassungsrechlichen Einfluss auf insbesondere das Recht der unerlaubten Handlung, aber auch das Vertragsrecht und andere zivilrechtliche Konstellationen gemacht. Es ist mit Recht gefragt worden, warum das Verfassungsrecht nur vermittelt über die Generalklauseln auf das Zivilrecht einwirken können soll. Dahinter stand die begreifliche Absicht, die Einflüsse des Verfassungsrechts zu begrenzen. Das BVerfG fragt allerdings nicht genauer nach der Eigenrationalität des Privatrechts, sondern behandelt die Grundrechte als allgemeine Werte, man könnte auch sagen als oberste Werte, die auch das Privatrecht beherrschen sollen. Warum dieser Einfluss aber gerade über die allgemeinen Klauseln des Privatrechts analysiert werden soll, ist nicht recht nachvollziehbar. Das BVerfG verknüpft diese Überlegung mit dem weiteren Versuch einer Selbstbegrenzung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle derart, dass das zivilgerichtliche Urteil nicht dem Einzelnen, sondern nur im Hinblick darauf überprüft werden soll, ob das Zivilgericht die „Wirkkraft der Grundrechte im Gebiet des bürgerlichen Rechts zutreffend beurteilt hat“.12 Dies ist aber ein anderer Gesichtspunkt, der später mit der Beschränkung auf die Prüfung der Verletzung „spezifischen Verfassungsrechts“ 13 bezeichnet worden ist. Warum aber nur die Generalklauseln den Einfluss der Grundrechtseffekte im Zivilrecht zur Geltung bringen sollen, läßt sich auch damit nicht begründen. Die Begrenzung der Expansion der Grundrechte mit Hilfe der Generalklauseln ist um so weniger überzeugend, als das Gericht später auch die Privatrechtsgesetzgebung am Maßstab der Grundrechte gemessen hat.14 Das heißt, der Richter muss konsequenterweise auch die Verfassungsmäßigkeit zivilrechtlicher Vorschriften an den Grundrechten messen. Dann ist aber um so weniger plausibel, warum nicht auch bei der Anwendung zivilrechtlicher Rechtsbegriffe, die nicht als Generalklauseln im technischen Sinne gelten können, die Grundsätze der verfassungskonformen Auslegung angewendet werden sollen. Dies ist auch deshalb nicht ganz überzeugend, weil das Grundrecht der Meinungsfreiheit, das hier auf dem Spiel stand, unter dem Vorbehalt der „allgemeinen Gesetze“ steht. ersten Zweifeln); and. erst BGHSt 12, 287, 293; BGHZ 31, 308, 312; zur neueren Rechtsprechung, die diese Vorschrift praktisch überflüssig gemacht hat Hilgendorf in: Leipziger Kommentar zum StGB , 11. Aufl., 2003, § 193 Rnr. 4; Ridder hat auch an der Öffnung des § 193 StGB für die Wahrnehmung öffentlicher Interessen Kritik geübt ( JZ 1961, 537, Anm. zum Richard Schmid-Beschluss des BVerfG , JZ 1991, 535), und zwar auch am Lüth-Urteil, das noch eine besondere Prädestination für die Wahrnehmung berechtigter Interessen verlange. 12 BVerfGE 7, 198, 207. 13 Seit BVerfGE 18, 85, st. Rspr. 14 Vgl. nur BVerfGE 83, 242 (Handelsvertreter); dazu Hermes NJW 1990, 1765; vgl. allg. Ruffert Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, insb. 280 ff.
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Hier sieht das BVerfG die Gefahr eines die Grundrechtseffekte im Privatrecht neutralisierenden Zirkels derart, dass die „wertsetzende Bedeutung“ der Grundrechte von vornherein durch den Vorbehalt der „allgemeinen Gesetze“ begrenzt und deshalb von jeder Einwirkung auf ein zivilgerichtliches Urteil ausgeschlossen wird. Deshalb muss umgekehrt nach Auffassung des BVerfG das allgemeine Zivilrechtsgesetz wiederum grundrechtskonform einschränkend interpretiert werden. Warum dies aber nur für die Generalklauseln innerhalb der „allgemeinen Gesetze“ des bürgerlichen Rechts gelten soll 15, ist auch im Anschluss an diese weitere Überlegung nicht recht nachvollziehbar.
II. Vom Einfluß der Grundrechte über die Generalklauseln zur allgemeinen Verfassungskontrolle des Privatrechts 1. Zur Notwendigkeit der Anknüpfung der „Drittwirkung“ an den zivilrechtsimmanenten „Institutionenschutz“ Dass die Reichweite der Grundrechtseffekte auf private Rechtsverhältnisse begrenzt werden muss, liegt auf der Hand, das Gericht war sich offenbar allerdings nicht im Klaren darüber, wie diese Begrenzung zu fassen sei. Es hätte durchaus gute Gründe dafür geben können, über die Anknüpfung an die Generalklauseln des Zivilrechts einen sinnvollen Koordinationsmechanismus zu formulieren. Die Abstimmung von Verfassungsrecht und Zivilrecht hätte dann eine zivilrechtsinterne Funktion der Generalklauseln anschließen können, die z. B. schon früher bei Gunther Teubner als „Institutionenschutz“ bezeichnet worden ist.16 Das heißt, die Generalklauseln hätten dann – systemtheoretisch gesprochen – für den „re-entry“ 17 von Gemeinwohl orientierten Gesichtspunkten benutzt werden können, die zunächst durch das Zivilrecht selbst ausgeschlossen werden: So soll die Vertragsfreiheit nicht zuletzt der Bindung von Ungewissheit dienen und den distribuierten Suchprozess von Angebot und Nachfrage auf Märkten ermöglichen. Wenn aber die Vertragspartner nicht über ein Minimum an Einsichtsfähigkeit verfügen, die z. B. für die Suche nach dem angemessenen Preis erforderlich ist, kann sich die Institution des Vertrages gegen sich selbst wenden. Dies gilt insbesondere – abgesehen von Anforderungen an die Geschäftsfähigkeit – im Einzelfall durch die Begrenzung der Privatautonomie über den Vorbehalt der „guten Sitten“ als erlaubt. An diese Spezifizierung des Institutionen15
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Vgl. Teubner Standards und Direktiven, 1971. Vgl. zu dieser Figur (im Anschluss an Spencer Brown) Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990. 83 ff.; 479. 16 17
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schutzes hätte sich auch die Begrenzung der Mittelbarkeit der Grundrechtseffekte anschließen lassen. So ist zu fragen, ob nicht private Leistungen, die gegenüber der Öffentlichkeit erbracht werden, sich auch in einer als gesellschaftlich (und nicht staatlich) verstandenen Öffentlichkeit der Kritik stellen müssen, ohne dass die Kritik sogleich auf ihre Eigenschaft als schädigende Handlung reduziert wird. Dies könnte umso mehr in einer Fallkonstellation Gültigkeit beanspruchen, in der auch auf der anderen Seite des Rechtsstreits ein Protagonist medialer Kommunikation stand (eine Filmproduktionsgesellschaft), die ihre Leistungen an die Öffentlichkeit adressiert. Diese Überlegung hätte sich auch mit zivilrechtlichen Prinzipien des Institutionenschutzes verbinden lassen, da es sich um ein Produkt handelt, für das es keine eindeutigen Qualitätsstandards gibt und deshalb eine distribuierte öffentliche Kritik (einschließlich eines Boykottaufrufs) mit den Bedingungen des spezifischen Teilmarkts „Film“ als kompatibel angesehen werden konnte und musste. Das bedeutet: Die Rationalität des Privaten muss erweitert werden, und zwar insbesondere um ein transsubjektives Moment der Steigerung von Varietät durch Verantwortung für das im Hintergrund mitlaufende Wissen 18, das nur begrenzt privat angeeignet werden kann. Insofern ist es auch konsequent, mit G. Teubner die Expertenhaftung zu erweitern.19 Ähnlich müsste die „Drittwirkung“ der Grundrechte gerade wegen der notwendigen hybriden Relationierungen von einzelnen „Vernetzungstypen“ ausgehend konstruiert werden. (Ob damit die Beschwörung der „anonymen Matrix“ in neueren Arbeiten G. Teubners 20 kompatibel ist, erscheint zweifelhaft.) 2. Der Richter entscheidet über zivilrechtliche Ansprüche! Der Schutz der Meinungsfreiheit konnte in der Lüth-Konstellation dazu beitragen, dass eine zivilrechtsinterne Verengung der Perspektive auf den Vergleich wirtschaftlicher Interessen, sowohl auf der einen Seite (Filmproduzent), als auch auf der anderen Seite (als Schädigung ohne eigenes wirtschaftliches Interesse), durch Wiedereinführung der kommunikativen Interessen (ebenfalls auf beiden Seiten) zu kompensieren wäre. Dies wäre in diesem Fall umso angemessener gewesen, als auf der Seite des Filmpro18 Vgl. dazu die gründliche Auseinandersetzung mit meiner Position bei Karavas Digitale Grundrechte. Elemente einer Verfassung des Informationsflusses im Internet, 2007, 89 ff. 19 Teubner aaO. (The Blind Spot, Fn. 9), 68. 20 Teubner aaO. (Die anonyme Matrix, Fn. 9); noch bedenklicher ist die Ambivalenz der Arbeit von Fischer-Lescano, Kritik der praktischen Konkordanz, KJ 2008, 166, der zunächst die Pauschalformel von der praktischen Konkordanz im Rekurs auf „Kollisionsregeln“ kritisiert, dann aber alle Unterscheidungen in der Beschwörung der „multitude“ auflöst, eines Unbegriffs, mit dem A. Negri seit einiger Zeit Komplexität verdoppelt.
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duktionsunternehmens nicht etwa ein scharf konturiertes „absolutes Recht“ im klassischen Sinne (§ 823 Abs. 1 BGB ) oder ein durch ein besonderes „Schutzgesetz“ spezifiziertes Interesse stand, sondern ein unspezifisches Vermögensinteresse, das durch § 826 Abs. 1 BGB nur bei Erfüllung besonderer subjektiver Voraussetzungen (Vorsatz der Schädigung und Sittenwidrigkeit der verfolgten Absichten) ausgleichsfähig wird. Die spezifisch öffentliche Dimension des Rechtsstreits wird in einem weiteren problematischen Schritt auf den staatlichen Charakter der gerichtlichen Entscheidung bezogen: „… alle Akte (H.i.O.) der gesetzgeberischen, exekutiven und richterlichen Gewalt (sollen) auf ihre ‚Grundrechtsmäßigkeit‘ nachprüfbar sein … (§ 90 BVerfGG )“. 21 Dies ist ein Gedanke, der später von J. Schwabe stark gemacht worden ist22: Die Grundrechtsbindung des Zivilrichters folgt danach aus Art. 1 Abs. 3 GG . Die Problematik dieses Ansatzes ergibt sich daraus, dass es, auch wenn die Drittwirkung der Grundrechte zu beachten ist, auch dabei bleibt, dass es sich um ein zivilrechtliches Verhältnis zwischen privaten Parteien handelt. Es geht deshalb nicht um die Frage, ob der Richter an die Grundrechte gebunden ist, sondern darum, ob die Parteien des Rechtsstreits unmittelbar oder mittelbar an die Verfassung gebunden sind. Darin unterscheidet sich die Rechtslage nicht von einem sonstigen zivilprozessualen Verfahren, in dem es nur um die Anwendung von Zivilrecht geht. Dass der Richter – wie häufig – einen Wertungsspielraum für sich in Anspruch nehmen kann, zeichnet diese Konstellation der Drittwirkung nicht gegenüber den „normalen“ Zivilrechtsverhältnissen aus. Der Anspruch des Filmproduktionsunternehmens, der im Lüth-Fall aus § 826 BGB als Anspruchsgrundlage abgeleitet worden war, bestand von vornherein nicht, wenn Lüths Verhalten nicht sittenwidrig war. Dass das zivilgerichtliche Urteil als „Hoheitsakt“ eingeordnet werden müsste, damit die Verfassungsbeschwerde als zulässig angesehen werden kann, ändert nichts daran, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis ein zwischen Privaten bestehendes zivilrechtliches war. Auch in der Konstruktion von zivilrechtlichen „Schrankengesetzen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG die „dann wieder im Lichte der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 einschränkend interpretiert werden müssten („Wechselwirkungstheorie“), ist dogmatisch verfehlt: Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung soll „in den Privatrechtsverkehr“ hineinwirken, „sein Gewicht (soll) sich hier zugunsten der Zulässigkeit einer Meinungsäußerung auch dem einzelnen Mitbürger gegenüber geltend“ machen. 23 Hier wird denn auch anerkannt, dass eine Verfassungsnorm den einzelnen Bürger bindet, zu dessen Lasten sich ihre Wirkung entfaltet. 21
BVerfGE 7, 198, 207.
22
AaO (Die sogenannte Drittwirkung, Fn. 1). BVerfGE 7, 198, 211.
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III. „Zwingendes Zivilrecht“ als öffentliches Recht? Diese unklare Konstruktion läßt dann auch Raum für die weitere Vorstellung, der einzelne Bürger habe einen „verfassungsrechtlichen Anspruch“ gegenüber dem Zivilrichter auf Beachtung seiner Grundrechte (hier aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG ). 24 Dieser Anspruch wäre nicht identisch mit dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch, der aus Art. 20 GG gegenüber Zivilgerichten geltend gemacht werden kann, während Art. 19 Abs. 4 für das öffentliche Recht gilt. Ein solcher Anspruch hat einen lediglich formalen Charakter, er ist auf Prüfung des Streitgegenstandes und auf Entscheidung gerichtet 25, nicht aber begründet er einen materiellrechtlichen Anspruch auf ein (grundrechtlich) richtiges Urteil. Im Hinblick auf den Streitgegenstand ist das Gericht immer der „Dritte“, der über die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien entscheidet und nicht Adressat eines Rechtsanspruchs. Das Gericht hat selbst betont, dass der „Streit zwischen Privaten über Rechte und Pflichten aus solchen grundrechtlich beeinflussten (!) Verhaltensnormen des bürgerlichen Rechts … materiell und prozessual ein bürgerlicher Rechtsstreit (bleibt), … wenn auch seine Auslegung dem öffentlichen Recht, der Verfassung, zu folgen hat“. Allerdings heißt es dann wieder, dass der „Rechtsgehalt der Grundrechte als objektiver Normen … sich im Privatrecht durch das Medium der das Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften (entfaltet)“. 26 Das Bundesverfassungsgericht ergänzt seine Überlegungen zur privilegierten Rolle der Generalklauseln bei der Beeinflussung des Privatrechts durch das Verfassungsrecht noch durch einen weiteren Gedanken, nämlich die Überlegung, dass die Grundrechte sich vor allem bei „denjenigen Vorschriften des Privatrechts geltend machen (werden), die zwingendes Recht enthalten und so einen Teil des ordre public – im weiteren Sinne – bilden, d. h. der Prinzipien, die aus Gründen des gemeinen Wohls auch für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Einzelnen verbindlich sein sollen, und deshalb der Herrschaft des Privatwillens entzogen sind“. Auch dies ist eine problematische Annahme, die zunächst nur auf das Vertragsrecht zielt, während es im Streitfall um das Recht der unerlaubten Handlung ging. „Zwingendes Recht“ gibt es hier insofern nicht, als derjenige, der einen Anspruch erhebt, darüber zunächst selbst entscheidet, während umgekehrt der in Anspruch genommene Schuldner sich darüber schlüssig werden muss und darf, ob er den Anspruch anerkennt oder nicht. Im Übrigen ist es das Merkmal eben der gesetzlichen Schuldverhältnisse, dass sie durch Gesetz und nicht durch Vertrag geregelt werden. Umso bedenklicher ist deshalb die weitere Überlegung, dass die „Verbindlichkeit“ für den Einzelnen, die die 24 25 26
BVerfGE 7, 198, 207. BVerfGE 85, 337, 345. BVerfGE 7, 198, 205.
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Gestaltung einer Rechtsbeziehung der „Herrschaft des Privatwillens“ entzieht, die entsprechenden Bestimmungen stehen „nach ihrem Zweck in eine nahe Verwandschaft mit dem öffentlichen Recht, dem sie sich ergänzend anfügen“. 27 Vor allem solche Überlegungen sind es, die privatrechtstheoretisch begründeten Einwänden gegen die herkömmliche Konstruktion der Drittwirkung der Grundrechte Nahrung gegeben haben. 28 Sie legen in der Tat – bei aller Zustimmung zum Ergebnis des Lüth-Urteils – den Verdacht nahe, dass das Gericht die Eigenrationalität des Zivilrechts ignoriert: Auch die gesetzlichen Schuldverhältnisse regeln Rechtsbeziehungen zwischen Privaten. Auf diesem Hintergrund erweist sich die Konstruktion der „mittelbaren Drittwirkung“ der Grundrechte im Privatrecht als eine Form, die letztlich mit Hilfe der Grundrechte staatliche Steuerungsansprüche gegenüber privatrechtlichen Beziehungen steigert. Im Übrigen wird die Struktur des Konflikts dogmatisch soweit aufgelöst, dass am Ende die „Gesamtanschauung des Einzelfalls unter Beachtung aller wesentlichen Umstände“ die Entscheidung des Richters bestimmen muss. 29
IV. Zur Konzeption eines „Kollisionsrechts“ für die Koordination unterschiedlicher rechtlicher Rationalitäten des Rechts 1. Die Interpretation von § 193 StGB als Vorspiel zur Konzeption der „Drittwirkung“ Die Lüth-Konstellation hätte sich demgegenüber für eine genauere dogmatische Konstruktion nach dem Muster des „Kollisionsrechts“ angeboten. 30 Das BVerfG sieht durchaus, dass zwei unterschiedliche Logiken aufeinandertreffen: Einmal der Schutz eines Vermögensinteresses durch § 826 BGB und zum anderen die Gewährleistung der Möglichkeit der „öffentlichen Erörterung gemeinschaftswichtiger Fragen“. 31 Die Rechtsprechung hatte früher auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts, das Elemente einer Kollisionslösung für die Abstimmung dieser unterschiedlichen Rationalitäten durchaus schon bereitgehalten hat, am Beispiel der Interpretation des § 193 StGB , der grundsätzlich auch im Zivilrecht als Rechtfertigungsgrund anwendbar war, problematisiert. Als „berechtigte Interessen“, die eine Verletzung fremder Ehre rechtfertigen können, danach nur konkurrierende pri27
BVerfGE 7, 198, 206.
Vgl. vor allem die zitierten Arbeiten von Teubner sowie Abegg/Amstutz/Karavas, aaO. (Soziales Vertragsrecht, Fn. 1). 29 BVerfGE 7, 198, 212. 30 Fischer-Lescano/Teubner aaO. (Regimekollisionen, Fn. 2), insbes. 127 ff. 31 BVerfGE 7, 198, 211. 28
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vate (sozusagen gleichrangige) Interessen anerkannt worden. Damit wird (auch) das Privatrecht vorrangig auf den Schutz privater besonderer Interessen festgelegt. Die strafrechtliche Thematisierungsgrenze für den öffentlichen Raum (Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Staatsschutz, Religionsbeschimpfung etc.) folgt ihren eigenen öffentlichkeitsbezogenen Regeln, die der Berücksichtigung der öffentlichen Meinungsfreiheit durchaus Raum geben. Nach einem modernen Verständnis der Demokratie darf die Meinungsfreiheit aber nicht nur auf den staatsbezogenen öffentlichen Raum (zwischen dem Staat im engeren Sinne und der Privatrechtsgesellschaft der Individuen) beschränkt werden. Vielmehr muss auch die Beteiligung Privater (einschließlich der ihrerseits privaten Massenmedien selbst) sich reflexiv der Öffentlichkeit stellen. Dies schlägt sich in der Institutionalisierung der Selbstbeobachtung der Massenmedien z. B. in der Form der Film- oder Buchkritik nieder (die wissenschaftliche Kritik war übrigens auch nach § 193 StGB privilegiert). Damit entsteht eine Kollision von Rationalitäten: Auch private Kommunikationen, die aus wirtschaftlichem Interesse (und nicht nur aus politischen, kulturellen oder anderen nicht wirtschaftlichen Motiven) verbreitet werden, könnten sich nach einer eng verstandenen, auf je besondere Interessen bezogenen Rationalität des Privatrechts der Kritik entziehen, soweit damit auch wirtschaftliche Schädigungsabsichten verfolgt werden. Wenn man dem Einfluss z. B. medialer Interessen entgegentreten will, liegt es nahe, die Kritik durch den wirtschaftlichen Erfolg des Mediums, nämlich seine Verbreitung begrenzen zu wollen. Wenn der öffentlichkeitsbezogene Aspekt der Kritik im Privatrecht keine Berücksichtigung fände, würde diese Reflexivität der Massenmedien auf die bloße wirtschaftliche Schädigungsabsicht reduziert und als rechtswidrige Wahrnehmung öffentlicher Interessen herausgefiltert. Die Schwäche des Privatrechts in der damaligen Lesart zeigt darin, dass es für die Wahrnehmung öffentlicher Interessen innerhalb privatrechtlicher Beziehungen sich jedenfalls faktisch als unzugänglich erwies. Die hybride Konstellation (Adressierung der Öffentlichkeit durch den Film versus öffentlicher Kampf gegen den Film mit auch wirtschaftlichen Absichten) wird nach der Seite der wirtschaftlichen Interessen aufgelöst, hinter die das Interesse der öffentlichen Kritik zurücktreten muss, wenn damit auch wirtschaftliche Wirkungen verbunden sind. Insofern ist die Argumentation des BVerfG nicht konsequent, wenn es annimmt, die „etwaige Wirkung seiner (Lüths – K.H.L.) Äußerungen auf den privaten Rechtskreis eines anderen (hier die Filmgesellschaft) als eine „unvermeidliche Folge, aber nicht das eigentliche Ziel der Äußerung“ gewesen sei. 32 Dies wird der atypischen Konstellation nicht gerecht. Denn man muss daran erinnern, dass es P. Lüth primär gerade nicht nur um die Kritik an dem (unpolitischen) Unterhaltungsfilm V. Harlans ging (Gegenstand des Streits wa32
BVerfGE 7, 198, 212.
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ren nicht dessen Propagandafilme aus der NS -Zeit). Deshalb zielte die Kritik durchaus auf den wirtschaftlichen Erfolg der Filme, hier sogar eines ganz bestimmten Films, der im Übrigen politisch oder kulturell belanglos war (“Unsterbliche Geliebte„). Wenn es tatsächlich primär um einen „Beitrag zum geistigen Meinungskampf“ gegangen wäre, hätte möglicherweise auch das Zivilrecht die Sittenwidrigkeit oder den Vorsatz des Schädigers und damit die Voraussetzungen des § 826 BGB verneint. 2. Ein Kollisionsrecht – für die Abstimmung unterschiedlicher Rationalitäten Gerade angesichts der hybriden Konstellation, des Zusammentreffens wirtschaftlicher und öffentlicher Interessen, lag es in der Tat nahe, den allerdings erst in neuerer Zeit (weiter-) entwickelten Gedanken eines offenen „Kollisionsrechts“ über die Grenzen des internationalen Privatrechts hinaus zu erweitern und verschiedene Rechtsregimes zu unterscheiden, die sich überlagern können und dann durch die Metaregeln eines Kollisionsrechts aufeinander bezogen werden, die die unterschiedlichen Rationalitäten beobachten und aufeinander abstimmen.33 Die Besonderheiten eines solchen kollisionsrechtlichen Ansatzes bestehen darin, dass es nicht um das entweder/ oder der Anerkennung kollidierender Rechte geht, sondern ein kooperatives Moment der Abstimmung von Rechtsnormen und Praxisregeln zur Geltung gebracht wird, nämlich Rechtsregimes füreinander durchlässig zu machen. Dies würde in der hier zu beurteilenden Konstellation bedeuten, dass es verschiedene zivilrechtliche Formen geben könnte, in denen das hier als vorrangig anzuerkennende Regime der öffentlichen Meinung im Privatrecht zur Geltung gebracht werden kann. Auch dann käme es nicht zu einer unmittelbaren Anwendung der Grundrechte zwischen Privaten, sondern zur Regelung einer Kollision zwischen dem Recht der Meinungsfreiheit und zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen. Die durchaus zu Recht betonte „Mittelbarkeit“ der Geltung der Grundrechte im Privatrecht würde dann eher darin bestehen, dass das Zivilrecht dafür seine eigene Form finden muss und kann, nicht aber das politische oder öffentlich-rechtliche Formen die zivilrechtlichen verdrängen. Das Moment der Kooperation zeigt sich auch beim Problem der Bewältigung neuer Erscheinungsformen der Drittwirkung der Kommunikationsrechte etwa in Internetforen, wo es nicht darum geht, im Einzelfall die Grundrechte unmittelbar oder mittelbar in einer richterlichen Entscheidung „anzuwenden“, sondern das Zivilrecht so zu irritieren 34, dass vor allem in Gestalt selbstregulierter Normen (private ordering) durch AGB o. ä. eine prozedurale Infrastruktur z. B. für vertragliche Nutzungsverhältnisse und die Ausübung eines „virtuellen Hausrechts“ zu schaffen. Un33 34
Vgl. dazu allg. auch Abegg/Amstutz/Karavas aaO. (Soziales Vertragsrecht, Fn. 1) Vgl. zu diesem Begriff Fischer-Lescano/Teubner aaO. (Regimekollisionen, Fn. 2), 165.
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abhängig von der hier erforderlichen Setzung von Anreizen zur Selbstorganisation verweist das Verfassungsgericht den Konflikt auch in anderen Konstellationen im Wege einer Art „renvoi“ an das Privatrecht zurück 35, wenn es um die Abstimmung kollidierender Grundrechte geht. Dies gilt z. B. für den Konflikt zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit. Auch hier kommt es nicht darauf an, dass der Richter im Einzelfall die Interessen abwägt, vielmehr sollte genauer beobachtet werden, ob und wann z. B. der Angegriffene, wenn er selbst ein „Medienplayer“ ist, Zugang zur öffentlichen Auseinandersetzung hat und deshalb der Konflikt an die Öffentlichkeit zurückgegeben werden kann. 36 Falls dies nicht der Fall ist, (z. B. bei der Kritik an professionellen Leistungen, etwa eines Arztes) müssen die Grenzen der Meinungsfreiheit materiell durch das Recht bestimmt werden. Dazu gehört die auch zur Konkretisierung erforderliche Beobachtung der Herausbildung neuer Presse- und Mediengenres, die eigene faktische Regeln herausbilden und prozessieren (z. B. über die Themenformulierung, die Beteiligung von Betroffenen z. B. an der Personalisierung der Berichterstattung etc.) und damit neue Teilöffentlichkeiten bilden, an der sich die Herausbildung einer Kollisionsordnung orientieren muss. 3. Zur Verknüpfung von „Drittwirkung“ und Regelbildung durch gesellschaftliche Selbstorganisation Der hybride Charakter dieses, die „Drittwirkung der Grundrechte“ im Privatrecht zur Geltung bringenden „Kollisionsrechts neuen Typs“ 37 ließe sich mit der Bezeichnung als „Verfassungsprivatrecht“38 zum Ausdruck bringen. Damit soll angedeutet werden, dass es nicht um einen unspezifischen „Einfluss“ der Grundrechte auf das Zivilrecht geht, der noch legitimiert wird durch den Anspruch, dass „allen Organen der öffentlichen Gewalt, also auch den Zivilgerichten“ die Aufgabe obliegt, die Grundrechte im Privatrecht zu „berücksichtigen“. Vielmehr kommt es vor allem darauf an, die Rationalität der privaten Selbstorganisationsprozesse zu beobachten, an die eine differenzierte „Drittwirkung“ der Grundrechte anknüpfen könnte. 39 Dann würde stärker der „prozedurale“ Gehalt z. B. der Binnendifferenzierung der Medien akzentuiert, der in den Formen des Privatrechts zur Geltung gebracht werden kann. Dies kann z. B. darauf hinauslaufen, dass für 35 Ladeur Helmut Ridders Konzeption der Meinungs- und Pressefreiheit in der Demokratie, KJ 1999, 281. 36 Ladeur Persönlichkeitsschutz und Comedy, NJW 2000, 1977; ders. Die Anpassung des privaten Medienrechts an die „Unterhaltungsöffentlichkeit“, NJW 2004, 393. 37 Joerges Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs, in FS Rehbinder, 207, 219. 38 Barak Constitutional Human Rights and Private Law, in: Friedmann/Barak-Erez (Hrsg.), Human Rights in Private Law, 2001, 13. 39 Teubner aaO. (Fn. 9).
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die Internetkommunikation eigene Verfahren der Selbstorganisation zur Bewältigung von Konflikten gefördert 40 und ggf. z. B. durch Haftungsprivilegien begünstigt wird. Beispiele dafür könnten das „Ebay-Recht“ 41 oder die Herausbildung von selbstorganisierten Anforderungen an „Ratings“ oder die Differenzierung der Haftung für blogs bilden. 42 Hier geht es um die Abstimmung unterschiedlicher Regimes mit jeweils eigenen Standards und Erwartungen. Gerade das Lüth-Urteil zeigt, dass es auch nicht nur darum gehen kann, „autologische“ Expansionstendenzen einzelner Teilsysteme der Gesellschaft zu begrenzen und damit die offene polykontexturale Kommunikation der Gesellschaft zu erhalten, sondern Hybridisierungen zu institutionalisieren, die nur mit einer „intersystemaren“ Logik eines Kollisionsrechts zu bewältigen sind. Dies hängt auch und gerade damit zusammen, dass stabile Grenzbegriffe wie z. B. die „persönliche Ehre“, die im Privatrecht wie im Öffentlichen Recht gleichermaßen zur Selbststabilisierung der Dogmatik benutzt worden sind, Fragmentierungsprozessen ausgesetzt sind, die nur durch wechselseitige Durchlässigkeit von Privatrecht und Öffentlichem Recht bearbeitet werden können, ohne dass dadurch allerdings die jeweiligen Eigenrationalitäten aufgelöst werden. „Verfassungsprivatrecht“43 in dem oben gemeinten Sinne ist dann weder eine Variante der „Verstaatlichung“ der Grundrechte noch der „autoritativen“ Anwendung der Grundrechte durch richterliche Entscheidung 44, die „mit Hilfe der eigenen Rechtsinstitute und der darin verwendeten Formen des Privatrechts“ erfolgt45, sondern ein neues „Kollisionsrecht“, das die Grundrechte als Garantie der Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilsysteme und der wechselseitigen Durchlässigkeit der sich dabei herausbildenden Regimes füreinander betrachtet. 4. Die „Handelsvertreter-Entscheidung“ – grundrechtliche Legitimation staatlicher Vertragsgestaltung? Die Risiken der „Verstaatlichung“ der Grundrechte durch die Drittwirkung der Grundrechte lassen sich an der Handelsvertreter-Entscheidung des BVerfG belegen: Dort hatte das Gericht die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift des HGB (§ 90a Abs. 2 S. 2 HGB a.F.) geprüft, die für den Fall der Kündigung aus „wichtigem Grund“ des Prinzipals gegenüber dem Handels40 Vgl. dazu die sehr gründliche und anregende Arbeit von Karavas Digitale Grundrechte. Elemente einer Verfassung des Informationsflusses im Internet, 2007, insbes. 102 ff. 41 Vgl. Ladeur Ebay-Bewertungssystem und staatlicher Rechtsschutz von Persönlichkeitsrechten, K&R 2007, 85. 42 Vgl. dazu nur Papandrea Citizen Journalism and the Reporter’s Privilege, Minnesota Law Review 91 (2007), 515. 43 Barak aaO. (Constitutional Human Rights, Fn. 38), 30. 44 Abegg/Amstutz/Karavas aaO. (Soziales Vertragsrecht, Fn. 1), 41ff, 45. 45 Diederichsen aaO. (Das Bundesverfassungsgericht, Fn.7), 234.
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vertreter den Wegfall des Anspruchs auf eine Karenzentschädigung für die Zeit der vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung vorsah. Das BVerfG hat die Vorschrift für verfassungswidrig gehalten und eine aus Art. 12 abgeleitete Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten des als schwächere Partei angesehenen Handelsvertreters zur Geltung gebracht. Das BVerfG stellt zunächst fest, die „angegriffenen Urteile beschränken den Bf. in seiner Berufsfreiheit“, und zwar „in einer Weise …, die einer Beeinträchtigung der Berufswahl nahekommt“. 46 Die Begriffsbildung erscheint befremdlich, da der Wegfall der Karenzentschädigung ausdrücklich zugunsten des Handelsvertreters abbedungen werden konnte. Im Folgenden geht es dann primär um die Frage, ob den Gesetzgeber eine Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG trifft, die Privatautonomie des Handelsvertreters dahingehend zu beschränken, dass der Ausschluss der Karenzentschädigung gesetzlich zu verbieten war. Dass das Bundesverfassungsgericht von einer „Beeinträchtigung der Berufswahl“ spricht, zeigt, wie sehr das Gericht als zur Vertragsgestaltung aufgerufen angesehen wird. Dadurch tritt der eigentliche Entscheidungsgegenstand, die Anerkennung eines Anspruchs des Klägers (Prinzipals) gegen den Handelsvertreter, der sich aus dem Gesetz ergibt, in den Hintergrund. Nach einigen Anmerkungen zur Rolle der Privatautonomie, die letztlich folgenlos bleiben, wechselt das BVerfG dann die Begrifflichkeit und fragt, ob der Gesetzgeber einer grundrechtlichen Schutzpflicht entsprochen habe, dem „starken Gewicht“ einer Partei eines Privatrechtsverhältnisses entgegenzuwirken. Dennoch prüft das Gericht dann unter II wieder die „Auslegung“ des Zivilrechts durch den Zivilrichter, dem vorgehalten wird, den „Schutzzweck des § 90a HGB im Zusammenhang mit der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit grundsätzlich verkannt“ zu haben. Dies ist insofern bemerkenswert, als es nach Auffassung des BVerfG hier nicht um den „Einfluss“ des Verfassungsrechts auf die Anwendung des Privatrechts ging, sondern um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes selbst. Selbst nach dem eigenen Ausgangspunkt des BVerfG konnte dem Zivilgericht allenfalls vorgeworfen werden, dass es die Verfassungswidrigkeit der Norm verkannt habe. Demgegenüber spricht das BVerfG davon, dass der „entsprechende Schutzauftrag der Verfassung … sich hier an den Richter“ wendet, der den objektiven „Grundentscheidungen der Grundrechte in Fällen gestörter Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen hat“. 47 In der Lüth-Konstellation lässt sich eine ähnliche Problematik durchspielen, wenn man sich vorstellt, dass aus Art. 5 Abs. 1 GG ein zivilrechtlicher Anspruch z. B. auf Zugang zu einer privaten Veranstaltung, etwa einer Lan-
46 47
BVerfGE 83, 242, 253. BVerfGE 81, 242, 256.
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despressekonferenz abgeleitet würde. 48 Auch in diesem Fall würde die Ablehnung der Entscheidung des Gerichts keinen „Eingriff“ in das Grundrecht der Meinungsfreiheit darstellen, vielmehr ging es darum, ob sich aus der Drittwirkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit auch ein Leistungsrecht gegen Private ergeben kann. 5. Grundrechte als Schutz gesellschaftlicher Institutionen oder als staatsgerichtete „Rechte auf Gerechtigkeit“? Die Ambivalenz der Expansion des Grundrechtsschutzes in das Privatrecht lässt sich auch aus der weiteren Begründung des Handelsvertreter-Beschlusses entnehmen: Danach setzt die Privatautonomie voraus, „dass auch die Bedingungen freier Selbstbestimmung tatsächlich gegeben sind“. Gerade wenn der Verfassung „nicht unmittelbar (zu) entnehmen (ist), wann Ungleichgewichtslagen so schwer wiegen, dass die Vertragsfreiheit durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzt“ werden muss, sollte in einer liberalen Verfassungspraxis eine Vermutung zugunsten der Freiheit gelten. Doch die legislative Gestaltung der Grundrechte zum Zwecke ihres Schutzes erweitert die Entscheidungsbefugnisse des Staates. Damit wird verkannt, dass die Grundrechte vor allem eine institutionelle Dimension haben: Sie dienen gerade der Bindung von Ungewissheit, der Emergenz und Erprobung des Neuen. Ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum im Bereich der Grundrechte fällt in einem liberalen System den freien Individuen selbst zu. Der Staat ist in der liberalen Ordnung zur Gestaltung nur dann und soweit aufgerufen, wie eine „Schadensgrenze“ erreicht oder überschritten wird. Ein liberales System geht davon aus, dass die Vorteile des Freiheitsgebrauchs sich vielfach nicht kurzfristig messen lassen, aber langfristig eine Art „Generalkompensation“ (C.C. v. Weizsäcker) eintritt. Dies muss selbstverständlich nicht immer so sein. Doch warum sollte im Angesicht von Ungewissheit nur die Auswirkungen des Gebrauchs der Vertragsfreiheit dem Staat einen „besonders weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum“ verschaffen? Die Fixierung allein auf das Individuum als Träger der Privatautonomie ist gerade in einer liberalen Perspektive problematisch: In erster Linie dient der Grundrechtsschutz durch die tradierten Abwehrrechte nicht der „Selbstverwirklichung“ des Einzelnen durch freie Entscheidungen, sondern dem Aufbau eines Institutionensystems, eines produktiven „Netzwerks der Netzwerke“ (Eli M. Noam), das über den Austausch zwischen den Individuen entsteht und Wissen als einen Ideen- und Varietätspool transsubjektiv erzeugt. Aus diesem können sich nicht nur diejenigen bedienen, die über Eigentum verfügen, sondern grundsätzlich alle, die den Eigentumsschutz überschießenden neuen Möglichkeiten nutzen können. Gerade deshalb wäre es 48
OLG Stuttgart, AfP 1971, 137.
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nicht nur verkürzt, sondern völlig ausgeschlossen, den Ausgleich „wirtschaftlichen Ungleichgewichts“ zu einem allgemeinen Ziel staatlichen Handelns zu erheben. 49 Die Konsequenzen einer so allgemein gefassten „public policy“ wären völlig unberechenbar. Ein liberales System basiert auf der Erzeugung und Erhaltung eines Komplexes von Regeln, deren Effekte nur ausnahmsweise sofort zu erkennen und bewerten sind. Deshalb muss umgekehrt der Institutionenschutz an relativ leicht erkennbaren Missbrauchsfällen ansetzen oder aber sich zum Ziel setzen, dem „Varietätspool“ neue Möglichkeiten zuzuführen, die eine produktive Irritation des Institutionengefüges erreichen können. Institutionen müssen nur so angelegt sein, dass sie einen Anreiz dazu setzen, selbst dazu beizutragen, dass der Möglichkeitsraum der Teilsysteme erweitert wird 50, nicht aber dass „ungerechte Ergebnisse“ vermieden werden. Bedenklich an dieser Rechtsprechung ist vor allem der Verzicht auf jedes institutionelle Denken. Die Ungewissheit, die Versuchs- und Experimentierprozesse der Gesellschaft bestimmen und durch Institutionalisierung gebunden werden müssen, führt hier zu einer Ermächtigung des Staates, an den Institutionen vorbei und unmittelbar Ziele zu verfolgen.
V. Ausblick Die Abstimmung privater und öffentlicher Interessen soll nicht mehr primär durch den Staat erfolgen sondern durch Institutionen, die im Zweifel der Selbstorganisation der Privaten Raum geben und nur dann Interventionen zulassen, wenn die „Schadensgrenze“ durch das Handeln Privater überschritten wird. Damit wird anerkannt, dass es keinen zentralen Beobachtungspunkt gibt, von dem aus die gesellschaftlichen Interessen umfassend beobachtet und bewertet werden können. Die „Schadensgrenze“ ist ihrerseits variabel, weil ihre Abstützung durch die unterstellte Normalität eines „Bestandes“ (der ggf. „gestört“ wird) wiederum auf gesellschaftliche Erfahrung zurückverweist. Die „Grammatik der Institutionen“, in der gesellschaftliches transsubjektives Wissen gespeichert wird, bringt eine Bindungswirkung zur Geltung, die das unmittelbare Erleben des einzelnen überschießt 51 und auf dieser Grundlage ein praktisches, neues rechtliches Handeln erlaubendes Lernen ermöglicht 52, das über „Diskurse“ der Selbstaufklärung, die Beschwörung einer „anonymen Matrix“ oder umgekehrt die Wunschvorstellung einer „multitude … a swarm that organizes the fi49
BVerfGE 81, 242, 255.
North Poverty in the Midst of Plenty, Hoover Institution Weekly Essays, 2. Oktober 2000, www.hoover-institution.com. 51 Revault d’Allonnes Le pouvoir des commencements., 2006, 54 f., 88 f. 52 Enriquez/Haroche La face obscure des démocraties modernes, 2002, 22, 32. 50
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gures of flight and movement“ 53 nicht erreichbar ist. Die Regeln, die nur zum Teil explizit formuliert werden können und zum anderen Teil einer Praxis implizit bleiben (müssen), müssen zugleich so angelegt sein, dass produktives Verhalten begünstigt und schädigendes sanktioniert wird, nicht aber kann im Einzelfalle Gerechtigkeit hergestellt werden. Die genannten Beispiele belegen, dass die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht höchst ambivalent ist. Sie kann dazu führen, dass der Staat aus der Kollision unterschiedlicher Grundrechte einen weitreichenden Beurteilungsund Gestaltungsspielraum ableitet, der mit einem liberalen Verständnis der Grundrechte kaum vereinbar ist. Die Alternative könnte gesehen werden in einer schärferen Akzentuierung der Funktion der Grundrechte, transsubjektive Selbstorganisationsprozesse zwischen Privaten zu ermöglichen und zur Stabilisierung durch Regeln abzustützen. „Verfassungsprivatrecht“ als „Kollisionsrecht“ ist nicht als das „höhere“ Recht zu begreifen, sondern es hat eher eine heterarchische (und nicht eine hierarchische) Funktion als das Recht zu übernehmen, das nicht unmittelbar auf einen zivilrechtlichen „Fall“ anwendbar ist, sondern darüber entscheidet, welcher Regelbestand wie weit den Vorzug verdient. Zu diesen Regeln sind auch die Reflexionsregeln und Prinzipien zu zählen, mit deren Hilfe das Recht sich weiterentwickelt und sich selbst beobachtet und im Privatrecht sind dies insbesondere das Prinzip der Privatautonomie, aber im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse auch die verschiedenen Referenzen auf das „(Orts-)Übliche“ (906 BGB)54, den „Verkehr“ (Fahrlässigkeit)55 und die daran anschließenden Zurechnungsregeln. Im Bürgschaftsfall, auf den hier nicht näher eingegangen werden kann, war – wie Gunther Teubner überzeugend gezeigt hat – die Kollision von Regeln des Familiensystems und des Wirtschaftssystems das eigentliche Problem. Ein Risiko ergab sich hier zunächst auch für den Kreditgeber, insbesondere das Risiko betrügerischer Vermögensverschiebung im Falle drohender Insolvenz des Kreditnehmers. Dass die Banken aber umgekehrt die Familie trotz der möglichen Labilität der internen Beziehungen nach außen als eine Einheit behandeln dürfen, die aufgrund der Bürgschaft auch praktisch als Einheit haftet, erscheint fragwürdig. Hier zeigt sich der rationale Kern der mittelbaren, über Generalklauseln vermittelten Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht: es geht darum, in erster Linie auf die Durchsetzung privater Interessen eingestellten Privatrechtsbeziehungen für die Wahrnehmung von Interessen Dritter und öffentlicher Interessen durchlässig zu machen und unterschiedliche Rationalitäten nach Metaregeln eines Kollisionsrechts aufeinander abzustimmen. Vgl. Negri Metamorphoses, Radical Philosophy 149 (2008), 21, 25. Vgl. nur Säcker MünchKomm, 4. Aufl., 2004, § 906 Rn. 1. 55 Brüggemeier Prinzipien des Haftungsrechts. Eine systematische Darstellung auf rechtsvergleichender Grundlage, 1999, 62 ff. 53 54
Reflexive Law: Challenges and Choices John Paterson
I. Introduction Gunther Teubner’s most widely known contribution to the field of legal and regulatory theory is surely his concept of reflexive law.1 Emerging from the recognition of the weaknesses of the welfare state and the possibility of a vicious circle if deregulatory strategies re-embraced the failures of the liberal state, this new approach to law offered a seductive via media between the formal and substantive models that dominated the intellectual debate. Reflexive law was not, of course, alone: the crisis of the welfare state and the obvious risks associated with deregulation prompted others to postulate distinctive alternative orientations for law. 2 Reflexive law, however, was unique insofar as it drew its inspiration from the theoretical understanding of society provided by Niklas Luhmann’s development of autopoiesis theory in the context of social systems. 3 This sophistication attracted both bouquets and brickbats. On the one hand, the complexity of the problems confronting law and society appeared to some to favour a response inspired by a theory that itself possessed a complexity adequate to the task. On the other, precisely that theoretical complexity seemed to others to bring with it problems of its own that rendered the response helpless in the face of real issues. The concept of reflexive law has accordingly become a relatively common sight in the literature of law and regulation, both as a support for new and sometimes radical approaches 4 and as an object of concern and scepticism. 5
G. Teubner Law as an Autopoietic System, Oxford: Blackwell, 1993, 69 ff. For example, J. Habermas Between Facts and Norms, Cambridge: Polity Press, 1996; J. Lenoble & M. Maesschalck Toward a Theory of Governance, The Hague: Kluwer Law International, 2003. 3 N. Luhmann Social Systems, Stanford, California: Stanford University Press, 1995. 4 For example, R. Rogowski & T. Wilthagen (eds) Reflexive Labour Law, The Hague: Kluwer Law International, 1994. 5 For example, R. Cotterrell “The Representation of Law’s Autonomy in Autopoiesis Theory”, in J. P rˇ ibá nˇ & D. Nelken (eds), Law’s New Boundaries, Aldershot: AshgateDartmouth, 2001, 80–103. 1 2
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It is true to say, however, that while those who have problems with reflexive law base their objections on their concerns with the underlying theory, not all of those who are sympathetic to reflexive law place a great deal of weight on that theoretical foundation. This fact can be read both negatively and positively. Negatively, it might be said that the attraction of reflexive law is superficial and that deeper study reveals either an unmanageable complexity or fundamental theoretical obstacles. Positively, it might be said that the fact that the language of reflexive law has become relatively common currency indicates that the concept has at least descriptive force and perhaps even normative potential. To adopt the positive position for a moment, it cannot be gainsaid that a great deal that has happened in recent years in the fields of, for example, financial regulation and corporate governance possesses attributes that appear to fit remarkably well with Teubner’s model of reflexive law. But even if it were possible to persuade others to adopt this stance, the victory looks to be a Pyrrhic one: do not market conditions since late 2007 and especially at the time of writing in late 2008 indicate that, whatever else is to blame, there has been something very seriously wrong with financial regulation and with the governance of the corporations that are (and in some cases were) the key actors on that stage? In the UK , for example, the Northern Rock bank was nationalised to avoid total failure. Notwithstanding being subject to the sophisticated risk-based regulation of the Financial Services Authority and the principles-based approach to corporate governance applicable on the London Stock Exchange, its highly risky business strategy, “including the need to maintain access to funding, particularly through securitisation” 6, attracted no adverse comment, least of all from institutional investors. Put at its gentlest, reflexive law looks to be facing a very serious challenge to its ideas as calls for more regulation (a return to law’s substantive orientation) gather force. 7 Nor can the question of the degree of engagement of reflexive law’s enthusiasts with the underlying theory be left on one side indefinitely. Irrespective of the fact that in textbook discussions of autopoiesis Luhmann and Teubner tend to be treated as two members of the same rather esoteric club 8, there are in fact very profound differences between their positions, not least with regard to reflexive law. Indeed, Luhmann went so far as to deny the
6 Financial Services Authority, Executive Summary of the FSA’s Internal Audit Review of its Supervision of Northern Rock, March 2008 7 “We are putting in place, both here in the UK and internationally, the tougher financial regulation no one can doubt we need”. Speech by Alistair Darling, British Chancellor of the Exchequer (Finance Minister), 22 September 2008. 8 See, for example, R. Wacks Understanding Jurisprudence, Oxford: Oxford University Press, 2005, 234–235.
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possibility of reflexive law given the constraints imposed by the theory 9 – a position now forcefully reiterated by Michael King 10. Where, then, does reflexive law now stand and what does its future hold? Will this prove to be a phenomenon that has shone brightly but briefly until snuffed out by theoretical contradictions and practical failures? Or is this a legal and regulatory orientation whose time is yet to come, that still awaits a theoretical showdown with Luhmann’s post-Enlightenment position in order to reveal the true nature of its descriptive and normative potential? After first of all briefly outlining the definition of reflexive law as Teubner has used the term on the basis of his reading of Luhmann’s approach to systems theory, this paper attempts to take stock of reflexive law’s position in the face of the dramatic challenges posed both by recent events on financial markets and by Luhmann and King. While the former appear to question the practical efficacy of reflexive law, the latter seem to undermine it entirely at the conceptual level. Despite the toughness of the tests, conclusions are drawn which indicate that reflexive law is in more robust health that might have been feared. It would appear, however, that acceptance of the conclusions will require the nature of the differences between Luhmann and Teubner – and thus the nature of the choice the proponent of reflexive law must make with regard to autopoiesis theory – to be clearly articulated.
II. Reflexive Law Teubner’s development of the concept of reflexive law has, then, taken place within the context of Luhmann’s account of autopoietic social systems. But reflexive law is more than just a response to autopoiesis. It must also be understood as Teubner’s contribution to Max Weber’s account of the evolution of law, which focuses on the formal and substantive orientations of law in the liberal and the welfare state respectively. In the former the state plays a minimal role, establishing a framework for especially economic actors to order their interactions through the provision of contract law and mechanisms of dispute resolution and enforcement.11 But the assumption that the market ensures the most efficient allocation of resources turns out to be too simplistic. The upside of exponential growth is offset by negative externalities leading to expectations that the state must intervene to correct market failures. The consequences for law are very striking. Contract no 9 N. Luhmann “Some Problems with Reflexive Law”, in G. Teubner & A. Febbrajo (eds), State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Milan: Guiffré, 1992, 389–415. 10 M. King “What’s the Use of Luhmann’s Theory?” in M. King & C. Thornhill (eds), Luhmann on Law and Politics, Oxford: Hart Publishing, 2006, 37–52. 11 M. Weber Economy and Society, Berkeley: University of California Press, 1978, 333 ff.
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longer occupies the field, but must make room for regulation as politics seeks legal instruments with which to achieve its objectives. The welfare state is born. The formal orientation of law is supplanted or at least supplemented by an emergent substantive or material orientation.12 But the welfare state in its turn has met charges of failure and even crisis 13 with substantive or material law confronting challenges of information, technique and resources. While the liberal state’s adherents saw this as an opportunity for a reformalisation of law in the form of deregulation, those committed to the welfare state argued for an intensification of law’s materialisation. Away from these politically-inspired positions, the risk of the reformalisation-intensified materialisation debate producing a vicious circle was evident to a number of scholars who in turn sought to produce an alternative orientation of law distinct from the formal and substantive predecessors and adequate to the task of coping with the challenges of contemporary societal conditions.14 Among these, Teubner’s account of reflexive law is distinctive insofar as it is based on Luhmann’s account of a functionally differentiated modern society constituted by autopoietic subsystems. It is thus aware of the double contingency of the situation it finds itself in, namely its own autopoiesis and that of the systems it seeks to regulate.15 This foundation in Luhmann’s theory accordingly provides a unique source of inspiration, but it also establishes a series of constraints that reflexive law must respect, specifically: law’s function of stabilising normative expectations over time 16, the necessity for law to maintain its deparadoxifying strategies 17, and the constraints of structural coupling 18. That is a considerable challenge. The development of reflexive law may be traced through a series of stages. Initially, there is a very clear effort to situate the concept in relation to formal and substantive law, with reflexive law said to share “with substantive law the notion that focused intervention in social processes is within the domain of law, but … retreat[ing] from taking full responsibility for substantive outcomes”.19 This looks like a clear differentiation from substantive law, but could nevertheless be mistaken for no more than a variety Ibid, 392 ff. See, for example, J. Habermas Legitimation Crisis, Boston: Beacon Press, 1975. 14 See note 2 above. 15 Teubner note 1 above. 16 N. Luhmann “The Unity of the Legal System”, in G. Teubner (ed.), Autopoietic Law, Berlin, de Gruyter, 1987, 12–35, 27. 17 N. Luhmann “The Third Question: The Creative use of Paradoxes in Law and Legal History”, (1988) 15 Journal of Law and Society, 153–165. 18 N. Luhmann “Closure and Openness: On Reality in the World of Law”, in G. Teubner (ed.), Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society, Berlin: de Gruyter, 1987, 335–348, 342. 19 G. Teubner “Substantive and Reflexive Elements in Modern Law”, (1983) 17 Law and Society Review, 239–85, 254. 12 13
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of reformalisation. Teubner’s approach, however, is subtly different insofar as he suggests that reflexive law “does not merely adapt to or support ‘natural social orders’ … but searches for ‘regulated autonomy’”. 20 Teubner’s next development of reflexive law involves consideration of the ways in which substantive law may fail insofar as it “does not conform to the conditions of the ‘structural coupling’ of law, politics and society” and thus faces what he calls the regulatory trilemma. By this he means that substantive law faces three inevitable problems: the incongruence of law, politics and society; the over-legalisation of society; or the over-socialisation of law. 21 In contrast to the interventionist approach of substantive law, reflexive law is concerned only with “the external support of self-referentiality” 22 – respecting, as it were, the autopoiesis of the subsystem it endeavours to regulate. Quite how reflexive law might function remains, of course, to be seen, but Teubner hints at this when he indicates that structural coupling “as such leads only to transitory structural changes”. But even such transitory changes can become “epidemic” when “linkage institutions are evolving that are responsible for the duration, intensity, and quality of structural coupling”. 23 It might be suggested, therefore, that reflexive law operates by enhancing and perhaps prolonging the structural coupling of law and other subsystems, which for Luhmann were only occasional and precarious 24. Whereas it is possible to say that that in focusing on structural coupling, Teubner has identified an aspect (perhaps the only aspect) of Luhmann’s theoretical approach that would even allow something like reflexive law to be postulated, it must be acknowledged that he is on shaky ground insofar as Luhmann’s whole account appears to be clearly predicated on the impossibility of achieving the sort of regulatory results that even reflexive law in all its modesty claims. Before this theoretical challenge can be addressed, it remains to be seen whether reflexive law in action can avoid overstepping the limits of structural coupling and thus falling foul of the regulatory trilemma.
III. Practical challenges to reflexive law While the focus of attention at the time of writing is upon the regulation of the banking sector and financial markets more generally, it is only a matter of time before the spotlight turns on to the corporate governance asIbid. G. Teubner “After Legal Instrumentalism? Strategic Models of Post-regulatory Law”, (1984) International Journal of the Sociology of Law, 12, 375–400, 386–387. 22 Ibid, 389 ff. 23 G. Teubner “The Two Faces of Janus: Rethinking Legal Pluralism”, (1992) Cardozo Law Review 13, 1443–62, 1458. 24 Luhmann note 18 above, 343. 20 21
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pects of the crisis that arose in late 2007. Whereas regulators will undoubtedly have questions to answer about their oversight of the institutions under their charge, it should not be forgotten that those same institutions are (or were) in many cases publicly listed companies subject also to corporate governance arrangements. Given the traumas that have beset this field in the past two decades, it might have been thought that this at least was an area of regulation (using the word broadly) where the house had been put in order. The London Stock Exchange ( LSE ), for example, suffered a series of unexpected corporate collapses in the late 1980s and early 1990s, which prompted the establishment of the now famous Cadbury Committee 25. The resultant principles-based approach to corporate governance has evolved into what has been regarded as an extremely successful model to the extent that it has been influential throughout the world. This is relevant for the present discussion because the approach to corporate governance operational on the LSE appears to have many characteristics that would allow it to be labelled as reflexive law without much difficulty. In order to demonstrate the reflexive qualities of this approach, it is necessary first of all to outline its key features. The current incarnation of the ideas first promulgated by the Cadbury Committee in 1992 is the Combined Code on Corporate Governance (the Code), with the version dated June 2006 being the one in force at the time relevant to this discussion. 26 This is divided into two main sections, addressed respectively to companies and to institutional shareholders, and sets out principles which should guide these entities in their approach to the way in which companies listed on the LSE are governed. The principles are not, however, mandatory. All that is required of a listed company is that it provide, on an annual basis, a two-part disclosure statement in relation to the Code: the first part must indicate how it applies the principles; the second must either confirm that it complies with the principles or, where it does not, provide an explanation. The expectation is that companies will comply with Code principles “most of the time”. It is accepted, however, that departure may be justified “in particular circumstances”. That said, however, a company is required to “review each provision carefully and give a considered explanation if it departs from the Code provisions”. 27 As regards the monitoring of companies’ behaviour by institutional investors, the Code makes clear that “shareholders have every right to challenge companies’ explanations if they are unconvincing”. That said, however, explanations “should not be evaluated in a 25 Sir A. Cadbury Report of the Committee on the Financial Aspects of Corporate Governance, London: Gee Publishing, 1992. 26 Financial Reporting Council, Combined Code on Corporate Governance, June 2006. 27 Ibid, para 5.
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mechanistic way and departures from the Code should not be automatically treated as breaches”. Instead “institutional shareholders should carefully consider explanations given for departure from the Code and make reasoned judgements in each case … and be prepared to enter a dialogue if they do not accept the company’s position”. 28 In short, then, the approach to corporate governance on the LSE is described as “comply or explain”. With more than a decade of experience and with several reviews and enhancements along the way, it is perhaps not surprising to find that the Financial Reporting Council, which has responsibility for the Code, believes that “the flexibility it offers has been widely welcomed both by company boards and by investors” 29. Nor is it hard to understand that confidence. On paper, the Code’s approach looks to be sophisticated and subtle, as well as fitting well with the concerns of reflexive law. Insofar as this whole approach was established by the relevant bodies in the regulated area, then there is perhaps a better chance of avoiding the first arm of the regulatory trilemma (the incongruence of law, politics and society) than would be the case were the state to have intervened. It could be argued to the contrary, of course, that the fact that the regulated area has been allowed to organise governance arrangements itself says nothing about the likelihood of avoiding incongruence. It should be noted, however, that the government has made it clear that the continued operation of this approach is subject to its ongoing success and that more direct regulation will follow in the event that failure is perceived. 30 Furthermore, insofar as this approach allows companies a free hand to decide which principles they will apply and how they will interpret them, it offers flexibility so that the particularities of economic sectors and company size may be accommodated. It thus avoids the problem confronted by substantive law on the second arm of the regulatory trilemma (the over-legalisation of society) because there is no imposition of a rigid set of rules that risk being so far out of step with the nature of the regulated area as to be destructive. Finally, there seems at least to be a strong prospect that the third arm of the regulatory trilemma (over-socialisation of law) will also be avoided insofar as law remains for the time being essentially uninfected by these developments. The “comply or explain” approach continues to operate on sufferance. It is the threat of regulation that is supposed to keep the system honest. Ibid, para 7. Ibid, para 4. 30 DTI , Consultation Paper: Modern Company Law for a Competitive Economy, London: DTI , 1998, para 3.7. 28 29
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It is possible, accordingly, to conclude that this approach to corporate governance possesses strong reflexive law credentials. The willingness of the law to stand off from direct intervention but to allow its potential future involvement to be used as a means of encouraging movement in a particular direction avoids the law having to take on significant informational and enforcement burdens. Furthermore, the risk that this approach on the part of law is too “hands off” is reduced by the fact that it has observed and hopes to take advantage of the potential for enforcement mechanisms within the regulated area. This is the fact that the whole “comply or explain” approach depends upon the economic self-interest of institutional investors in the good governance of the companies in which they invest so significantly. In short, where such investors perceive problems in a company’s disclosure statement then the expectation is that the additional risk will be reflected in their willingness to hold the stock, the heightened probability of their entering into a dialogue with the board and ultimately the market’s pricing of the shares. In other words, the economic self-interest of the investors makes them ideal guardians of the Code’s principles and provides a strong incentive for boards to comply with them or to provide explanations for noncompliance that institutional investors find convincing. It is not difficult to see in this arrangement clear evidence of the idea that law in this instance, precisely because it has remained on the sidelines, is operating to enhance and prolong its structural coupling with other subsystems. In other words, law, by respecting the autopoiesis of the subsystem it endeavours to regulate, is here avoiding transgressing the limits of structural coupling that would lead it into the regulatory trilemma. Reflexive law could, then, with some justification, claim the Combined Code as an example of its successful operation in practice. But do recent events on financial markets paint a different picture? Is there not evidence from the crisis affecting banks listed on the LSE that the Code simply was not working? What sort of oversight by institutional investors was taking place if the sort of approach to risk adopted by a bank like Northern Rock could have been allowed to operate? And, indeed, even before the crisis researchers were beginning to question whether the “comply or explain” approach really did function in the way that it was assumed to. For example, MacNeil and Li found that there was significant non-compliance as far as the full Code is concerned. 31 That in itself, of course, would not be fatal provided that the explanations for non-compliance stood up to scrutiny. Unfortunately, analysis of disclosure statements indicated that reasons for non-compliance were often “brief and uninformative”, raising “serious doubt” about whether investors could carry out the assessment the 31 I. MacNeil & Xiao Li “‘Comply or Explain’: market discipline and non-compliance with the Combined Code”, (2006) Corporate Governance, 14, 486–496.
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Code presupposes. 32 If this was so, then what was the market actually doing? MacNeil and Li speculated that investors were perhaps assessing the merits of non-compliance in another way and found that there was in fact a strong correlation between acceptance of non-compliance and strong shareprice performance.33 In other words, the market was not operating a “comply or explain” approach but rather one of “comply or perform”. 34 The risk inherent in that approach is clear for all to see and the seeds of the current crisis had already been planted some years before. Northern Rock was a strong performer, but only because of a risky business strategy which investors were clearly prepared to turn a blind eye to instead of asking tough questions about. 35
IV. Theoretical challenges to reflexive law Practical problems such as that faced by the Combined Code could perhaps be dismissed by proponents of reflexive law on the basis that, despite the apparently close fit between the concept’s characteristics and those of this approach to corporate governance, the similarity is deceptive. A reflexive approach to corporate governance may be conceivable, but it would in fact look rather different. Alternatively, proponents of reflexive law might argue that the concept offers no guarantee of success. Rather its merit lies in focusing law’s attention on the limits of structural coupling. Insofar as that is the case, the response to the challenge is most appropriately to learn from the problem and make suitable changes, with the most important thing being to avoid the temptation to treat this problem as a reason to resort to a materialisation of law in this field. 36 However reflexive law seeks to respond to this practical challenge, it nevertheless remains the case that the theoretical challenge raised by Luhmann causes a considerably greater difficulty insofar as it essentially denies the possibility of reflexive law in terms of autopoiesis theory. Unless that challenge can be answered, then the difficulties raised by cases such as the Combined Code pale into insignificance. The essence of Luhmann’s concern is that the legal system is simply incapable of the task that reflexive law sets for it. For Teubner reflexive law exists when “the legal system identifies itself as an autopoietic system in a world of
Ibid, 489. Ibid, 492. 34 Ibid (emphasis added). 35 R. Tomasic “Corporate rescue, governance and risk-taking in Northern Rock: Part 1”, (2008) Company Lawyer, 29, 297–303. 36 J. Paterson & G. Teubner “Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis”, (1998) Social and Legal Studies 7, 451–86, 474–479. 32 33
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autopoietic systems and faces up to the consequences”, 37 but Luhmann doubts that “the theoretical apparatus of the legal system … is capable of perceiving and taking into account autopoietic systems in its environment” 38. The problem lies at the level of law’s binary code inasmuch as “if [law] must make indications with the aid of this distinction [legal/illegal] then what limits are thereby imposed on insight into the autopoiesis of environmental systems?” 39 More basic still is the question of “how in particular the legal system, will cope with the burdens of reflection which [reflexive law] implies”. 40 More specifically, the problem for Luhmann is that this “reflection confronts the system with the paradoxicality to which it owes its existence.” 41 In short, reflexive law implies that the legal system must acknowledge its foundational paradox and thus risk destroying itself.
V. Responses Before a response to the challenges to reflexive law raised by a case such as the Combined Code can even be considered, then, it is clear that Luhmann’s more fundamental theoretical objection will have to be addressed. A more detailed review of this issue is available elsewhere 42 as is a sceptical reaction 43. Here it will be sufficient to sketch out the broad direction in which a theoretical response might lie. Luhmann himself at times appears to allow the possibility that law could actually evolve so as to deparadoxify the paradox that reflexive law would present: if the assumption holds that there is always a primary necessity to avoid the paradox, there may be different ways to do so. In many ways the forms of deparadoxifying the paradox depend on conditions of social acceptability, and these conditions change with the transformations of the social system of the society. They depend on social structures and are therefore historical conditions. 44 Elsewhere, when Luhmann considers the problem facing legal theory in attempting to grasp “the positive quality of law in the absence of any concepTeubner note 1 above. Luhmann note 9 above, 393. 39 Ibid, 393–394. 40 Ibid, 411. 41 Ibid, 411–412. 42 J. Paterson “Reflecting on Reflexive Law”, in M. King & C. Thornhill (eds), Luhmann on Law and Politics, Oxford: Hart Publishing, 2006, 13–35. 43 King note 10 above. 44 Luhmann note 17 above, at 154. 37 38
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tion of an external … justification”, he suggests that “the theory of autopoietic systems offers at least the possibility of an adequate description”. 45 Significantly for the present argument, however, he goes on to say that “[w]hether this description can be introduced into the legal system itself (i.e., used as its self-description) must be left an open question (which means, left to evolution)”. 46 Could, then, law evolve (or, indeed, have already evolved) to a point where it has indeed included its own autopoiesis as its self-description? Discussing the epistemological consequences of autopoietic closure, Luhmann certainly does not exclude the possibility: If an autopoietic system observes autopoietic systems, it finds itself constrained by the conditions of autopoietic reproduction … and it includes itself in the fields of its objects, because as an autopoietic system observing autopoietic systems, it cannot avoid gaining information about itself. 47 Michael King is adamant that this argument is a non-starter inasmuch as it fundamentally misunderstands Luhmann’s project. Insofar as Luhmann’s approach is post-Enlightenment, this argument must fail to the extent that it remains hopelessly wedded to modernity. King is concerned that the scholar who is keen to remain engaged and to deploy the theory so as to improve society is simply disregarding the profound insights that Luhmann has brought to the study of society, including: the acknowledgment of complexity, the rejection of the claim that human rationality is capable of solving social problems, the refusal to accept the taken-for-granted world as the only reality or authoritative attribution of causes as having universal validity and a total scepticism concerning the ambitions of law and politics to regulate social behaviour in a reliable and predictable manner. 48 Luhmann, King says, is essentially offering an antidote to the worst excesses of the Enlightenment in terms of “social scientific positivism, moral rationalism and progressivism, and social welfarism”. 49 Instead, he provides a picture of society as improbable and fragile; of cause and effect swept aside and replaced with unpredictability; of progress replaced with contingency. 50 45 N. Luhmann “Law as a Social System”, (1989) Northwestern University Law Review 83, 136–150, 149. 46 Ibid. 47 N. Luhmann “The Autopoiesis of Social Systems”, in F. Geyer & J. van der Zouwen (eds), Sociocybernetic Paradoxes, London and Beverly Hills: Sage, 1986, 172–192, 186, (emphasis added). 48 King note 10 above, 41. 49 Ibid. 50 Ibid.
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In essence, then, the problem of the response to Luhmann’s fundamental theoretical challenge lies across an epochal divide. Luhmann (and King) look back from the post-Enlightenment and offer a new and radical reading of modern society. Teubner looks forward from late-modernity and provides a reading of Luhmann’s post-Enlightenment insights that is inevitably coloured by modernity. The two positions are incompatible. Luhmann and King cannot but be offended by Teubner’s refusal to accept their position in its entirety. Teubner cannot but be troubled by the consequences of such a full acceptance insofar as he is engaged with real problems and questions in the evolution of law in the globalised world. This response would never satisfy Luhmann or King, but it does focus those who remain in late modernity on the search for evidence of law’s evolution not only in the direction of reflexivity, but also in the direction of new and more sophisticated mechanisms of deparadoxification. With this clarification made at the level of theory, it is possible now to consider how the practical challenge might be addressed. While on the face of it the apparent failure of the “comply or explain” ethos underpinning the Combined Code looks like a damning indictment of the sort of approach encouraged by reflexive law and, indeed, as an invitation for a materialisation of law in this area, another reading is possible. Insofar as the crisis commencing in late 2007 and exemplified by the failure and subsequent nationalisation of the Northern Rock bank revealed the shortcomings of monitoring by institutional investors, reflexive law would look for a means of resolving that issue without at the same time necessarily throwing out those aspects of the previous approach that appear desirable and functional. In this respect, the researchers who exposed the weaknesses in the system before the crisis had already made a suggestion that could potentially meet that requirement. Insofar as the problem lies at the level of institutional investors refusing to become actively engaged in dialogue over poorly-explained non-compliance, one solution would be to bring the Code itself into law as an adjunct to existing companies’ legislation in a similar way that model articles of association are provided. 51 In this way, the Code would act as a default position for a company’s corporate governance arrangements. Companies would be free to vary any part of the Code, but significantly would need shareholder approval to do so. 52 Institutional shareholders might still simply fail to vote, of course, but the fact that the government has taken power to regulate so as to compel such shareholders to reveal their voting records 53 may be enough in itself to dis51 See the draft of the Companies (Model Articles) Regulations 2008, due to come into operation on 1 October 2009. 52 MacNeil & Li note 33 above, 493. 53 Companies Act 2006, s1277.
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courage this behaviour. The merit of this sort of response to the problem is that it avoids any wholesale rejection of the foregoing system, much of which remains well-regarded, and avoids a materialisation of law which would impose surely unbearable informational and resource burdens on a regulator. From a theoretical point of view, such a response also remains faithful to the concern to avoid transgressing the limits of structural coupling.
VI. Conclusion Reflexive law will no doubt be an enduring legacy of Gunther Teubner’s work. It has found expression in a wide range of contributions especially to the regulatory literature. Whether or not those who refer to it place any weight on the theoretical foundations, it seems clear that Teubner’s ideas resonate with those who seek to describe and even to shape regulatory law in contemporary conditions. Always in danger of being dismissed as a variety of the reformalisation of law, the sort of crisis experienced by financial markets in recent times could provide an excuse for a move away from innovative approaches to regulation characterised by reflexive law and towards the mass redeployment of substantive law notwithstanding the obvious and well-understood limits of that orientation. As this paper has attempted to show by way of an example drawn from corporate governance, it is possible to resist this temptation and to continue to develop law and regulation in ways which remain faithful to the insights of reflexive law and which have the benefit of representing incremental rather than radical (and thus highly unpredictable) change. In all of this, of course, it must be borne in mind that, based on autopoiesis as it is, reflexive law makes no strong claims for predictability and success of the sort traditionally associated with regulatory interventions. If reflexive law has taken anything from Luhmann’s autopoiesis it is surely his “ambitious modesty” 54. Where it does depart from him, however, is in relation to the extent to which it embraces the entirety of his vision of society. As this paper has suggested, this is perhaps most easily understood by thinking of reflexive law as emerging from a reading of Luhmann’s post-Enlightenment position through the lens of late-modernity. This may at first sight appear to be hopelessly awkward, but is surely less demanding in the end than the alternative wholesale decampment to the post-Enlightenment. This of course, can leave those who adopt Teubner’s position open to the
54 M. King & A. Schütz “The Ambitious Modesty of Niklas Luhmann”, (1994) Journal of Law and Society, 21, 261–287.
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criticism that theirs is an “unreconstructed humanist normativism” 55. But as charges go, this is not necessarily one that many would find it difficult to plead guilty to.
55 R. Shelly “Book Review of Luhmann on Law and Politics by Michael King and Chris Thornhill (eds)”, (2007) Australian Journal of Legal Philosophy, 32, 175–187, 180.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution Ralf Rogowski
Reflexive law can offer research on labour conflict resolution a new paradigm. Niklas Luhmann’s and Gunther Teubner’s insights in autopoietic social systems and conditions of legal regulation shall be utilised in the following to rethink some basic features of labour and employment resolution. These include reflexive processes of regulation of self-regulation and recursive decision-making. Furthermore, the chapter discusses labour conflict resolution from the perspective of reflexive labour law. This concept is a hybrid in academic terms as it is both a theory and a practice, which the theory tries to capture.1 It shares main features of autopoietic social systems theory, including the notion of modern society as a functionally differentiated society that consists of a variety of self-reproducing social systems. Of particular importance for reflexive labour law are two autopoietic function systems: the legal system and its internal differentiation into subsystems or subdisciplines 2 and the industrial relations system which I have proposed to view as an autopoietic function system of society 3. Labour and employment conflict resolution differs in relation to the social system in which it takes place. A basic insight that can be derived from 1 On reflexive labour law see R. Rogowski, T. Wilthagen (1994), Introduction, in: R. Rogowski, T. Wilthagen (eds.), Reflexive Labour Law. Studies in Industrial Relations and Employment Regulation. Deventer: Kluwer, pp. 1–17; R. Rogowski (1998), Autopoietic Industrial Relations and Reflexive Labour Law in the World Society, in: T. Wilthagen (ed.), Advancing Theory in Labour Law and Industrial Relations in a Global Context. Proceedings of the Royal Netherlands Academy of the Arts and Sciences. Amsterdam et al.: North Holland, pp. 67–82 and R. Rogowski (2001), The Concept of Reflexive Labour Law: Its Theoretical Background and Possible Applications, in: D. Nelken, J. Priban (eds.), Consequences of Autopoietic Theory for Law. Aldershot: Ashgate, pp. 179–196. 2 On the legal system as an autopoietic function system see N. Luhmann (2005), Law as a Social System. Oxford; OUP and G. Teubner (1993), Law as an Autopoietic System. Oxford: Blackwell. 3 R. Rogowski (2000a), Industrial Relations as a Social System, Industrielle Beziehungen, The German Journal of Industrial Relations, Vol. 7, pp. 97–126 and R. Rogowski (2000b), Recht und Industrielle Beziehungen in Luhmanns Weltgesellschaft, Zeitschrift für Rechtssoziologie, Vol. 21, pp. 279–292.
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systems theory for a theory of labour and employment conflict resolution is that types of conflicts differ according to their system reference and that their resolution is fundamentally shaped by the social system in which they occur. In applying this insight we can distinguish three “arenas”: collective conflict resolution in the industrial relations system can be distinguished from employment conflict resolution, respectively the handling of disputes between an employer and an employee at company level, and both types differ from judicial decision-making. The thesis of this chapter is that the modern approach in regulating labour and employment conflict resolution is characterised in all three contexts by reflexive elements. This shall be demonstrated with respect to examples of regulation of self-regulation in industrial relations and in company contexts, regulation of decision-making at the judicial level, and the recognition of labour market concerns in labour and employment conflict resolution. In general terms we can distinguish in an analytic fashion processes of reflexivity from processes of reflexin. Reflexivity can be defined as a solution applied to itself. In a number of assessments of the advanced modern society, reflexivity is claimed to be the defining feature of modern society (Beck, Giddens, Luhmann) and its law (Luhmann, Teubner). In these accounts modern society develops reflexive mechanisms and is characterised by the trend that it is increasingly occupied by solving problems which it created for itself. The theory of reflexion describes and analyses various forms of selfawareness of the system. These include basic operations of self-reference, forms of self-observation and modes of self-description. Through reflexion systems become autonomous. Examples of reflexin are the conscious use of techniques how to learn (learning of learning), the introduction of legislation that regulates legislation (legislation of legislation or standardisation of standardisation) and deciding how to decide (decision-making of decision-making). 4 In our context we can add the attempt to solve conflicts that arise from conflict resolution. Both, the use of reflexive mechanisms and processes of reflexion, can be found in labour and employment conflict resolution. A reflexive process in conflict resolution occurs when it distinguishes itself from conflict regulation. 5 In other words conflict resolution becomes reflexive when it perceives itself as conflict regulation. Regulation of conflict is in this view a form of conflict resolution that uses its mechanisms to regulate itself. The distinction between conflict resolution and regulation of other systems is a well-known feature of the legal system. 6 However, the line between 4 N. Luhmann (1970), Reflexive Mechanismen, in: N. Luhmann, Soziologische Aufklärung, Vol. 1. Opladen: Westdeutscher Verlag, pp. 92–112. 5 See R. Dahrendorf (1959), Class and Class Conflict in Industrial Society. Stanford: Stanford University Press, pp. 223–231. 6 Teubner op.cit (Fn. 2), ch. 2.
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conflict resolution and regulation as two distinct results of procedure is not always easy to draw. Indeed, whether conflict resolution also means regulation depends on the scope of the conflict, the characteristics of disputants involved and the issues of the conflict. Procedures serve different functions for individual employment conflicts and collective labour conflicts. Arbitration procedures for collective conflicts form part of the immune system of the industrial relations system. Labour courts, on the other hand, are judicial bodies for employment disputes, which belong to the institutional structure of the legal system.
Self-regulation in industrial relations and in company contexts National, sectoral and workplace industrial relations operate with a host of alternative dispute resolution mechanisms. These include arbitration, mediation and conciliation as well as grievance and dispute procedures, which are prevalent modes of labour and employment conflict resolution in companies. These procedures are regulated by law or by collective agreements, often by both. If regulated by law, bipartite procedures will have to adhere to basic democratic principles, for example election of representatives. In relation to the industrial relations system, the regulation of industrial action is most important for the development of industrial relations as a social system.7 Three stages in the development of industrial relations and collective bargaining can be distinguished in an evolutionary perspective: a conflictual, a cooperative, and a participatory or collaborative stage8. These stages are characterised by different styles of communications between the collective parties. Mechanisms of labour conflict resolution and their functions do not only change while the industrial relations system advances from one stage to the next, but also contribute in decisive ways to these changes. In the early stages of the development of an industrial relations system the institution ‘collective bargaining’ is hardly distinguishable from arbitration. 9 Industrial conflict is the prevalent mode of interaction; negotiations only take place in the context of conflict resolution. In response the law of indus7 A good overview of current approaches in industrial relations theory, including systems theory, can be found in W. Müller-Jentsch (2004), Theoretical Approaches to Industrial Relations, in: B.E. Kaufman (ed.), Theoretical Approaches on Work and the Employment Relationship. Chanpaign, Illinois: Industrial Relarations Research Association, pp. 1–40. 8 W. Müller-Jentsch (1997), Soziologie der industriellen Beziehungen. Second ed. Frankfurt/Main: Campus, ck. 12. See also R. Rogowski (1994), Industrial Relations, Labour Conflict Resolution and Reflexive Labour Law, in: R. Rogowski, T. Wilthagen (eds.), Reflexive Labour Law. Studies in Industrial Relations and Employment Regulation. Deventer: Kluwer, pp. 53–93. 9 W. Müller-Jentsch op.cit (Fn. 8), p. 206: “It is of great sociological interest that the institution ‘collective bargaining’ frequently originated from arbitration” (my translation, RR).
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trial conflict develops which encompasses in general limitations on the right to strike and lockouts 10 and provisions regulating liability for collective action 11. In order to enhance stability the industrial relations system tends to introduce in the second stage a body of norms, which aims at a non-conflictual and cooperative basis of collective bargaining.12 This is supported by the introduction of the distinction of conflicts of interest and conflicts of rights.13 The development of norms for the resolution of industrial conflict is facilitated by the state in a number of industrialised countries, including Germany, France and the United States. The development in Britain was different because the system of voluntary industrial relations 14 prevented active state participation; however, procedural and institutional means were offered to support autonomous self-regulation.15 In the third phase of the development of collective bargaining and industrial relations the treatment of collective conflicts is often delegated to procedures, which are separated institutionally from collective bargaining over collectively negotiable issues. Collective bargaining becomes a process of co-decision-making in which both parties realise that they rely on each other to achieve a common goal. The parties begin to define themselves as parts of the industrial relations system. The participating organisations transform into intermediaries who serve their members through representation in collective bargaining and other forms of collective cooperation.16 A good example of self-regulation of conflict resolution in industrial relations is the German practice to regulate mediation and arbitration pro10 See only R. Ben-Israel (ed.) (1994), Strikes and Lockouts in Industrialized Market Economies. Deventer: Kluwer. 11 See only A. Gladstone (2001), Settlement of Disputes over Rights, in: R. Blanpain, C. Engels (eds.), Comparative Labour Law and Industrial Relations in Industrialized Market Societies. 7 th ed. Deventer: Kluwer, pp. 455–479. 12 O. Kahn-Freund (1954), Intergroup Conflicts and their Settlement, British Journal of Sociology, Vol. 5, pp. 193–227. See also K. Sisson (1987), The Management of Collective Bargaining. An International Comparison. Oxford: Blackwell; J.T. Dunlop (1958), Industrial Relations Systems. New York: Holt, Rinehart, and Winston and J.T. Dunlop (1984), Dispute Resolution. Negotiation and Consensus Building. Dover: Auburn. 13 A.T.J.M. Jacobs (2001), The Law of Strikes and Lock-outs, in: R. Blanpain, C. Engels (eds.), Comparative Labour Law and Industrial Relations in Industrialized Market Societies. 7 th ed. Deventer: Kluwer, pp. 423–453. 14 On the characterisation of British industrial relations as a voluntarist system see A. Flanders (1970), Management and Trade Unions. The Theory and Reform of Industrial Relations. London: Faber, especially pp. 83–128, 155–211, 213–240. 15 See P. Davies M. Freedland (1993), Labour Legislation and Public Policy. Oxford: Clarendon on the gradual development of labour legislation and the transformation of the system of collective laissez-faire after World War II . 16 W. Streeck (1982), Organisational Consequences of Corporatist Cooperation in West German Labor Unions, in: G. Lehmbruch and P. Schmitter (eds.), Patterns of Corporatist Policy-making. Beverly Hills and London: Sage, pp. 29–81.
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cedures in separate collective agreements. This differentiation of collective bargaining procedures into negotiation and conflict resolution is an important evolutionary achievement of the industrial relations system. It is also a good example of using the reflexive mechanism of resolving the conflict how to solve a conflict or of deciding how to decide. There are a number of ways how a labour law system realises the needs of the industrial relations system for self-regulation. An example is the proceduralization of arbitration as a result of judicial policies in Germany.17 Both the legal doctrine and the judicial policy of the Federal Labour Court have created legal structures of conflict resolution and collective bargaining, which favour procedural requirements over substantive conditions. In particular the concept of power parity (Kampfparität) indicates a withdrawal of substantive welfare state intervention in favour of procedural solutions, which are not only acceptable to the negotiating parties but also compatible with major structures of the collective bargaining system and principles of the welfare state representing the public interest. In addition “power parity” based on the principle of proportionality is a legal concept, which appears to establish a “sound” basis for judicial review of industrial actions accompanying collective bargaining. Inherent in the concept of power parity is the tendency to favour compromise over “all or nothing” decisions. The use of reflexive mechanisms and reflexion can also be observed in the company context. Grievance and dispute procedures at company level form part of a system of shop floor rules. The legal nature of shop floor rules various among countries. Shop floor rules have been a major concern in British labour law for some time. Since the issuing of the Donovan report 18, employment policies have placed high emphasis on these rules. The legal approach was supposed to reflect the voluntarist tradition to rely on self-regulation at company level. The solution was the so-called Code of Practice, which was designed by a government agency ( ACAS ) as a model procedure to be implemented by companies. Self-regulation through disciplinary and grievance procedures has been further supported by the introduction of the employee right to be accompanied in attending a disciplinary or grievance hearing.19 From a reflexive labour law point of view, the Codes of Practice and the introduction of a right of representation are forms of legal recognition of 17 U. Goll (1980), Arbeitskampfparität und Tariferfolg. Versuch einer rechtstatsächlichen Fundierung arbeitskampfrechtlicher Fragestellungen unter Berücksichtigung der “collective bargaining”-Theorien. Berlin: Duncker & Humblot. 18 Donovan Report (1968), Royal Commission on Trade Unions and Employers’ Associations, Report. Chairman: Lord Donovan. Cmnd. 3623. London. 19 Sec. 10 Employment Relations Act 1999. See M. Clancy, R. Seifert (2000), Fairness at Work? Disciplinary and Grievance Provisions of the 1999 Employment Rights Act. London: Institute of Employment Rights.
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self-regulation. The status of the legal provisions is facilitative. Employers are forced by circumstances and conditions over which they have control to implement the code, but not by force of law. By not following the code or ignoring the right of representation employers can take the risk of losing in an employment tribunal. Reflexivity also characterises US labour law in its attempt to regulate grievance arbitration. US labour law is characterised by sophisticated forms of regulation of self regulation. In the unionised sectors it delegates decision-making powers in employment conflicts to private arbitration. This system of grievance procedures with final and binding arbitration renders the settlement of disputes an intra-company, on-the-spot and private affair, free from both state intervention and judicial review. Supported by the courts and by administrative agencies, the grievance arbitration system is given a high degree of autonomy. Its main actors, i.e. management, unions and arbitrators, actively engage in maintaining private decision-making at local company level. 20 It has to be mentioned however that the US system of labour and employment conflict resolution has witnessed over a number of decades an almost continuous decrease of union-management controlled systems and an increase of HRM systems without union participation. It has long been argued that the non-union grievance procedure systems should essentially be understood as response to the union supported grievance arbitration system. 21 However, in newer research, alternative explanations have been put forward for the introduction of non-union dispute resolution systems. According to Catherine Stone, high compensation awards in discrimination cases and a willingness of courts to grant compensation for unfair dismissals (just cause requirement) have been important factors for an increase of nonunion disciplinary and grievance procedures. 22 In Germany collective conflicts are handled at company level in special procedures that are closely linked to the system of German works councils and internal collective bargaining. It allows works councils and unions to enter into company agreements (Betriebsvereinbarung) or firm-level collective agreements (Firmentarifvertrag). In case of disagreement over these agreements or over their enforcement or interpretation as well as redundancy decisions, the works council or management can request that a tripartite arbitration panel is used (Einigungsstelle). These arbitration panels at the com20 R. Herding (1972), Job Control and Union Structure. A study on plant-level industrial conflict in the United States with a comparative perspective on West Germany. Rotterdam University Press. 21 R.B. Freeman, J. Medoff (1984), What Do Unions Do? New York: Basic Books. 22 C. Stone (1999), “Employment Arbitration under the Federal Arbitration Act“, in: A. Eaton, J. Keefe (eds.), Employment Dispute Resolution and Worker Rights in the Changing Workplace. Madison, Wisc: Industrial Relations Research Association, pp. 27–65.
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pany level nowadays increasingly handle conflicts which could go to the labour courts. They have adopted judicial standards and show some tendency of legalism, which derives not least from the participation of labour court judges as arbitrators. 23 A recent survey revealed that works councils oppose management hostility by making frequent use of arbitration panels. 24 Arbitration panels can become sites of reflexion in companies. Dispute resolution provides opportunities for considerations of the “company interest” and the “public interest of the enterprise in itself”, in particular in relation to its internal and external social environment. 25 In internally controlled dispute procedures a range of stakeholders engage in defining and redefining the company’s self-understanding, albeit with a strong focus on the social responsibility of the company. Furthermore, bipartite or tripartite collective decision-making at company level creates a potential for producer coalitions. 26 Labour conflict resolution offers models for decentralised economic decision-making in corporate networks and it seems to fit the trend of involution of neo-corporatist arrangements from macrocorporatism to microcorporatism that Gunther Teubner has observed. 27
Reflexive regulation of decision-making at the judicial level Labour and employment conflict resolution in the judicial system is carried out in meso-corporatist structures. 28 Despite diverse historical trajectories, labour courts reveal remarkable organisational similarities in relation 23 The German arbitration committees have encountered some criticism about their high costs resulting from high fees for the arbitrator. Considering that most arbitrators are in fact labour court judges, it has been suggested that the Association of Labour Court Judges (Deutscher Arbeitsgerichtsverband) should design guidelines for arbitration fees. See D. Bünger, K. Moritz (1983), Schlichtung im Arbeitsverhältnis. Funktionsbedingungen paritätischer Kommissionen, in: R. Voigt (ed.), Gegentendenzen zur Verrechtlichung. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 9. Opladen: Westdeutscher Verlag, pp. 172–185 and M. Hartmann (1987), Reflexives Recht am Ende? Zum Eindringen materiellen Rechts in die Tarifautonomie, Zeitschrift für Soziologie, Vol. 16, pp. 16–32. 24 M. Behrens (2007), Conflict, arbitration, and dispute resolution in the German workplace. International Journal of Conflict Management, Vol. 18 (2), pp. 175–192. 25 G. Teubner (1994), The Public Interest of the Company ‘in itself’, in: R. Rogowski, T. Wilthagen (eds.) Reflexive Labour Law. Studies in Industrial Relations and Employment Regulation. Deventer: Kluwer, pp. 21–52. 26 W. Streeck (1992), Co-Determination: After Four Decades in: W. Streeck, Social Institutions and Economic Performance. Studies of Industrial Relations in Advanced Capitalist Economies. London: Sage, pp. 137–168. 27 G. Teubner (1990), Unitas Multiplex: Corporate Governance in Group Enterprises, in: D. Sugarman and G. Teubner (eds.), Regulating Corporate Groups in Europe. BadenBaden: Nomos, pp. 67–104, here pp. 78–82. 28 R. Rogowski (1985), Meso-Corporatism and Labour Conflict Resolution, International Journal of Comparative Labour Law and Industrial Relations, Vol. 1 (3), pp. 143–169.
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to these corporatist structures. 29 With few exceptions labour courts have tripartite benches. French councils of wise men (conseils de prud’hommes), the oldest labour courts, are the exception. The first Conseil was introduced in 1806 in Lyon to adjudicate and enforce a complex set of economic, legal and social norms of the local silk industry. Until today the Conseil is a lay court with no professional lawyer on the bench. Since 1848 it has been bipartite with an equal number of employer and employee representatives serving as judges. The employee judges are elected. The court’s procedure is divided into an obligatory conciliation phase and a judgement phase. Despite a number of reforms, notably in the 1970s, the reputation of the Conseils is rather low. There is a high appeal rate, especially in cases in which the employer has lost and theses appeals are handled by appeal courts of the ordinary judiciary. 30 Like their French counterparts, German labour court proceedings are divided into an obligatory conciliation phase and a judgement phase. However, the bench is tripartite with a legally qualified chairperson and an employer and an employee lay judge. The first labour courts were introduced in 1926. They handle all disputes arising from the employment relationship and, in addition, statutory claims of collective industrial actors, mainly works councils. The German labour court system is autonomous and creates an independent pillar within the German judicial system. Appeals go first to the State Labour Court and then for a final decision to the Federal Labour Court. In Great Britain labour courts were first introduced as industrial tribunals in 1964 and were renamed into employment tribunals in 1998. Like their German counterparts the employment tribunal bench is tripartite with a legally qualified barrister or solicitor serving as chairperson and two lay members representing the employer and the employee side. The procedure differs significantly from their continental counterparts and is modelled on the rather cumbersome adversary common law model with lengthy cross witnessing and a rather passive bench. There are no attempts to conciliate the case by the tribunal. Conciliation is handled prior to the hearing by the separate agency Advisory, Conciliation, and Arbitration Service ( ACAS ). 31 29 R. Rogowski, A. Tooze (1992), Individuelle Arbeitskonfliktlösung und liberaler Korporatismus. Gewerbe- und Arbeitsgerichte in Frankreich, Großbritannien und Deutschland im historischen Vergleich, in: H. Mohnhaupt and D. Simon (eds.) Vorträge zur Justizforschung. Geschichte und Theorie. Band 1. Frankfurt am Main: Klostermann (MaxPlanck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte), pp. 317–385. 30 A. Lyon Caen, A. Jeammaud (eds.) (1986), Droit du travail, démocratie et crise. Arles: Actes Sud. 31 J. Wood (1992), Dispute Resolution – Conciliation, Mediation and Arbitration, in: W. McCarthy (ed.) Legal Intervention in Industrial Relations. Oxford: Blackwell, pp. 241–273, pp. 248–262.
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Appeals go to the Employment Appeals Tribunal and then to the Court of Appeal and finally to the House of Lords. There are no courts in the United States comparable to European labour courts. However, the private system of final and binding grievance arbitration constitutes a functional equivalent. In addition there exist agencies for the protection and enforcement of union rights, anti-discrimination laws and health and safety standards. Some of these agencies, in particular the NLRB , operate with quasi-judicial forms of decision-making. If we analyse recent developments in labour courts, we can detect examples of reflexive regulation of decision-making at the judicial level. Advanced labour courts discover that they are most successful in regulating social relations by regulating themselves. Judicial procedures are a preferred target. The reform of procedures in terms of procedural differentiation is largely a result of legal self-regulation. Since they are internal affairs of the judicial system we are in Teubner’s realm of internal “variation of conditions of ‘access to justice’” 32. In addition, the legal system regulates other subsystems through procedural requirements. Resort to procedural regulation is a main form of recognition of self-regulation of the industrial relations system by labour courts. However, labour courts facilitate industrial relations for their own purposes of extending legal autonomy in their field of law. There are several examples of how labour courts try to instrumentalize industrial relations procedures for their purposes. In their formative period in the 1970s, British Industrial Tribunals went beyond mere recognition of industrial self-regulation and actively endorsed and directly controlled the employer’s use or non-use of dispute procedures; they developed a reasonableness test linking the judgement of dismissals to procedural fairness. 33 The Court of Appeal reversed this line of decision-making, thereby arguing that such a direct linkage would lead to formalistic results. 34 In fact, the courts stopped the instrumentalization of company procedures for purposes of judicial decision-making and this can be seen as enhancing the autonomy of industrial relations decision-making. French and German labour courts are required to seek conciliation at every stage of the procedure. Although only the parties can ultimately decide on this option of a conciliated or mediated settlement, they often do so
Teubner op.cit (Fn. 2), p. 81. Earl v. Slater and Wheeler (Airlyne) Ltd. [1972] ICR 508. 34 See especially British Labour Pump Co. Ltd. v. Byrne [1979] ICR 347. The negative effect of this decision on dismissal procedures at company level was acknowledged by the House of Lords in the decision Polkey v. Dayton Services Ltd. [1988] ICR 142, which reversed British Labour Pump. 32 33
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with the active encouragement of the judge. 35 This to some extent delegates decision-making to the parties themselves. A settlement reached in conciliation cannot be appealed, and therefore removes the dispute from the legal system at this stage. During conciliation German labour courts engage in active recognition of other forms of regulation. In conciliation about the dismissal of an employee, it is not uncommon for labour courts to propose a solution which suits the regulation of the unemployment agency to secure the dismissed employees an immediate payment of unemployment benefits, and to adopt the agency’s view as terms of the settlement. However, labour courts encourage the reference to an absent third party in their own interest since settlements relieve the court of the obligation to produce a written decision. When labour courts encourage the use of procedures in company contexts, it makes an important difference if procedural regulation means control of self-regulation or control of unilateral decision-making by a small entrepreneur. Whereas judicialization of employment conflicts in large companies interacts with self-regulation, in small firms it often is the only option and can rapidly lead to overcoming the stalemate and the loss of communication in the personal employment relationship resulting from the disciplinary or dismissal action. The finding that employment conflicts of small firms are over-represented in German labour courts suggests a differentiation of judicial procedures for claims arising from small and from large companies. 36 A developing field of reflexive decision-making in European labour courts is their interaction with the European Court of Justice. European law offers, with its preliminary ruling according to Art. 234 (formerly 177) EC Treaty, any court or publicly recognised arbitration panel the possibility to refer a question of interpretation of European Union law to the European Court of Justice. Research has found out that there are remarkable differences in the use of the procedure among labour courts in Europe. A study of developments in six member states in the area of gender equality shows that German labour courts and British industrial, respectively employment tribunals are more active than their French and Danish counterparts, not to
35 E. Blankenburg, R. Rogowski (1986), German Labour Courts and the British Industrial Tribunal System. A Socio-Legal Comparison of Degrees of Judicialisation, Journal of Law and Society, Vol. 13, 1986, pp. 67–92. 36 On the differentiation of claims from small firms and large companies see E. Blankenburg, S. Schönholz; R. Rogowski (1979), Zur Soziologie des Arbeitsgerichtsverfahrens. Die Verrechtlichung von Arbeitskonflikten. Neuwied and Darmstadt: Luchterhand, pp. 69–73. Bünger and Moritz op.cit (Fn. 23), p. 183 have suggested procedural differentiation in labour courts dealing with these different conflicts.
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mention the very low activity rates of courts in Italy and Spain. 37 Although there are a number of factors that influence the practice, differences in the labour court systems are decisive. The German labour courts are used to judicial activism and repeated references if a decision of a higher court is not workable. 38 They indeed engage in reflexive decision-making to pursue their own judicial policies.
Reflexive labour and employment conflict resolution and the labour market The biggest challenge to current labour conflict resolution results from fundamental transformations of the labour market. 39 Both collective bargaining and decision-making in labour courts is increasingly confronted with problems of dynamic labour markets and changing forms of employment. These challenges require from labour courts and collective bargaining systems a reflexive understanding of their regulatory capacities and their role and impact on the labour market. In collective bargaining we find a worldwide trend to broaden negotiation agendas to include working conditions. Collective actors increasingly engage in labour market policy. A prominent example is reduction of working time. Although a traditional issue that belongs to the canon of collective bargaining topics it also fits into efforts to raise the employment rate. By shortening the normal working time companies are forced to hire additional employees, at least in theory. The reference to labour market conditions (high unemployment) can be used to shape the collective bargaining agenda in a certain direction. In the US , state courts have used favourable labour market conditions (low unemployment) to engage in compensatory judicial policies. In response to the decline of unionisation and subsequent loss of protection by collective agreements, some state courts have introduced the concept of just cause for dismissals of employees. Employers who dismiss without just cause face high awards of damages issued against them. Furthermore, the courts are prepared to issue high damage awards in cases of discrimination in employment (median recovery of USD 2,000,000 in the early 1990s in, admittedly, few cases in which the employee won). 40 The threat of high lia37 C. Kilpatrick (2001), Gender Equality: A Fundamental Dialogue, in: S. Sciarra (ed.) Labour Law in the Courts. National Judges and the European Court of Justice. Oxford: Hart 2001, pp. 31–100. 38 Kilkpatrick op.cit (Fn. 37), p. 54. 39 A. Supiot (2001), Beyond Employment: Changes in Work and the Future of Labour Law in Europe. Oxford: OUP. 40 Stone op.cit (Fn. 22).
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bility costs has resulted in a growth of non-union grievance arbitration. The US Supreme Court has supported this trend in a decision (Gilmer) in which private arbitration for a statutory claim was allowed. German labour courts have dealt with labour market problems in relation to atypical forms of employment. In the 1960s fixed-term contracts were assessed exclusively as ways to circumvent the existing dismissal protection system. The Federal Labour Court in particular saw its role in a peculiar reflexive fashion. It argued that it was necessary to protect the system of employment protection from being undermined (protection of protection). It introduced the requirement that fixed-term contracts were only legal when covered by one of the reasons permitted by the court. However, with increasing demand for fixed-term employment, the court was forced to allow more and more reasons for engaging in fixed-term employment. 41 It reached a point that its decision-making created a source of legal uncertainty. In this situation the legislator introduced a law that removed the requirement of reason for new employment contracts, without however replacing the judicial policy. The statute that regulated fixed-term employment, the Employment Promotion Act 1985, was deliberately seen as an attempt to support the labour market by reforming labour law. Removing legal restrictions that derive from employment protections was meant as support for the flexibilisation of forms of employment. The German Employment Promotion Act 1985 is just one example of a wider trend in Western industrial systems that favours deregulation of the employment system. In accordance with neo-liberal economic policies labour law is assessed whether it has a positive or negative impact on employment rates. The labour law system as well as labour and employment conflict resolution are forced to assess themselves in relation to their impact on the labour market. At least since the adoption of the Amsterdam Treaty this trend is supported at the level of the European Union by prioritising employment policies over traditional labour law issues. Key is the concept of transitional labour markets and policies that balance employer and employee interests like the flexicurity concept. 42 However, deregulation might be seen in a quite different light when it is linked to developments in labour law and labour conflict resolution that are a result of internal reflexive processes. In this perspective deregulation can be understood as a regular event, intricately linked to the perennial problem 41 K. Schömann, R. Rogowski, T. Kruppe (1998), Labour Market Efficiency in the European Union. Employment Protection and Fixed-term Contracts. London: Routledge. 42 See T. Wilthagen, R. Rogowski (2002), The Legal Regulation of Transitional Labour Markets, in: G. Schmid, B. Gazier (eds.), The Dynamics of Full Employment. Social Integration through Transitional Labour Markets. Cheltenham, UK and Bookfield, USA : Edward Elgar pp. 233–273 and R. Rogowski (ed.) (2008), The European Social Model and Transitional Labour Markets: Law and Policy. Aldershot: Ashgate.
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of reduction of legal complexity. Regulation and deregulation are different systemic modes in dealing with complexity. Deregulation can be used both for purposes of reflexive self-regulation of law and support of self-regulation of the labour market. 43
Conclusion In the future regulations and practices of conflict resolution in industrial relations, companies and labour court will have to deal with the needs of transitional labour markets. They can be both hindered and supported by labour courts and other forms of labour and employment conflict resolution. It depends on the degree to which labour conflict resolution and labour law can become reflexive in handling the new complexity that arises from the fundamental changes in developed labour markets.
43 R. Rogowski, G. Schmid (1997), Reflexive Deregulierung – Ein Ansatz zur Dynamisierung des Arbeitsmarktes, WSI -Mitteilungen 8/97, pp. 568–582.
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„Da wir nun keinen Rat wissen, so macht doch selbst uns recht anschaulich, was ihr denn andeuten wollt, wenn ihr Normatives sagt. Denn offenbar wisst ihr doch dies schon lange, wir aber glaubten es vorher zwar zu wissen, jetzt aber stehen wir ratlos.“ 1
I. Eine FS Teubner Teubner-Ausgabe enthielte Doppelungen/Klüfte2, müsste unentschiedenen Haufen entstammen und sagen3: Gunther Teubner, d. i. auch nur ein Esser mehr, aber Esser ist nicht gleich Esser. 4 Stotternde Zirkel und brüchige Rekursivität sind dem Teubner damit schon von Haus aus vertraut.5 1 Variation auf Platon, Sophistes 244a in der Übersetzung von Schleiermacher, bei dem nicht Normatives, sondern Seiendes gesagt wird. Bei Heidegger ist der Begriff klein geschrieben und in Anführungszeichen gesetzt. Sein Jargon ist so eigentlich nicht, die Botschaft hat nicht Schleiermachers ‚High Fidelity‘, vgl. Heidegger, Sein und Zeit (2006), 1: „Denn offenbar seid ihr doch schon lange mit dem vertraut, was ihr eigentlich meint, wenn ihr den Ausdruck „seiend“ gebraucht, wir jedoch glaubten, es einst zwar zu verstehen, jetzt aber sind wir in Verlegenheit gekommen.“ [Hervorhebung F.S.] 2 Die ‚Bibliotheca Teubneriana‘ hat, so kolportiert die Open-Source-Community, eine gespaltene Geschichte: in Ost und West, mustergültige Kritik und billige Stereotypen, ‚editiones maiores‘ und ‚editiones minores‘. 3 Vor umkehrbarer Methode warnt: Parmenides, Fragmente (1995), B 6. Er ist in Zeiten behaust, die das erlauben, weil sie Sprechen und Welt nicht differenzieren. Sobald die Kluft im Sprechen und in der Welt ist, muss man Hintertüren offen halten und Wege umkehren können. Zu Umwegen: Luhmann, Einige Probleme mit reflexivem Recht, ZfRSoz 6 (1985), 1 ff.; Teubner, Recht als autopoietisches System (1989), 96. 4 Die Situation beschreibt: Steinhauer, Ein Esser mehr. Geschichten aus einem Zwölfkinderhaus (1963). 5 Zur verzweigten Zirkularität: Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung (1972), 10. Man kann den Abgrund überspringen wie z. B. Alexy, Die Natur der Rechtsphilosophie, in: Brugger u. a. (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 11 ff. (14), muss (das) dann aber versichern: „Diese Zirkularität hat freilich keinen destruktiven, sondern einen konstruktiven Charakter“; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre (2008), 108 schildern die „Rekursivität“ als „gefährlich“, gehen davon aus, sie ließe sich durch Entscheidung unterbrechen und empfehlen das, um „praktische Probleme“ zu vermeiden; verschachtelt: Luhmann, Selbstreferenz und Teleologie in gesellschaftstheoretischer Perspektive, in: Gesellschaftsstruktur und Semantik Bd. 2 (1993), 9 ff.
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‚High Fidelity‘ ist aber in Zeiten ‚autopoietischer Rekursivität und asymmetrischer Struktur‘ kein Garant juridischer Selbsttreue, sie kann verschleiern.6 Was Vertrauen verlangt und welche Wiedergabetreue es gibt, wenn Recht gespalten/verdoppelt ist und sich eigenschaftsfrei reproduziert, das steht als Frage ins Haus. „Was soll sollen?“ lautet die reflexive Fassung der Frage, die nach neuen Ordern und Heimen sucht und von der nicht gesagt werden kann, was in ihr stottert und was sich in ihr wiederholt. Ihre Form unterstellt, dass ‚neue Normativität‘ etwas mit Reflexivität zu tun hat. Meine Frage ans ‚House of Finance Hantology‘ lautet darum trivialer gesprochen: 7 Was macht eigentlich … das reflexive Recht? 8 Befragt man die Person, ist die Antwort oft kryptisch. 9 Aber selbst wenn seine Autoren sich verdichten, seine Probleme tun das nicht, denn alles Eigene, Selbstbezogene, Autopoietische hat sich jenseits von Leere und Fülle, jenseits von Formalisierung, Materialisierung, Prozeduralisierung zurückgezogen.10 Man sollte die Lage nicht als „methodischen Nihilismus“, „Ausgeburt eines fremdrassigen, wurzellosen Intellektualismus“ oder „babylonische Sprachverwirrung“ abtun.11 Das ‚reflexive Recht‘ befindet sich nur in seiner APO Phase, die eher ‚paraparlamentarisch‘ als nihilistisches Chaos ist.12 In Bezug auf den Ort einer zentralen Redeinstanz ist die Theorie nur zerstreut. In Bezug auf ihre Begrenzungen ist sie nur zerknittert. Mit ihr wird man eher Zelig als selig.13 Sie treibt die Unbestimmtheit und die Bestimmtheit juristischer Suchdynamik in die
Luhmann (Fn. 3), 15. Teubner, Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), 199 ff. 8 Teubner, Reflexives Recht. Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspektive, ARSP 68 (1982), 13 ff. Wir übernehmen die Idee von Röhl/Röhl (Fn. 5), 253, dass die Theorie von Teubner/Willke begründet worden sei. Man fragt sich zwar: Verfügen Rechtswissenschaften sonst über keine Theorie der Reflexion? Die Aussonderung eines theoretischen Lagers ist ein Effekt, der im Folgenden aber mehr interessiert als die Antwort. 9 Teubner (Fn. 3), 132. 10 Teubner (Fn. 3), 129. 11 Die ersten beiden Zitate: Adomeit, Ule über Kelsen, zitiert nach Jestaedt, Hans Kelsens Reine Rechtslehre, in: Kelsen, Reine Rechtslehre (2008), XII ff. Die Übertragung beruht weniger darauf, dass Jesteadt Kelsen als „Autopoieten“ beschreibt, als darauf, dass die Kritik Potential hat. Drittes Zitat: Dimmel/Noll, Demokratie und Recht 16 (1988), 379 ff. (382); Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung (2005), 22 bezeichnet es sogar als „pointiert“. 12 Die apophatische Rede seziert Derrida, Wie nicht sprechen? (1989); der Kurzschluss zwischen ‚Parlamentarismuskritik‘ und ‚reflexivem Recht‘ beruht auf Vorbildern: Lepsius, Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik (1999); Röhl/Röhl (Fn. 5), 252 f. mwN.; zur politischen Festlegung: Calliess, Lex Mercatoria. A Reflexive Law Guide to Autonomous Legal System, 2 GLJ 17 (2001); dagegen: Teubner (Fn. 3), 81 f. 13 Allen, Zelig (1984), der nicht vor der „Komplizität mit dem Schlimmsten“ gefeit ist. Zur Sorge darum: Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit, Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts? ZFRSoz 28 (2009), 9 ff. (31 ff.) 6 7
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Höhe.14 Feiner wäre es, von der „Ausgeblasenheit, Ich-Verlassenheit“ einer Theorie des reflexiven Rechts zu sprechen.15 Sie stößt auf Recht in der Konkurrenz von Selbstbezügen, in der sich alle Grenzen laufend verfalten, nicht verwischen. Das sorgt dafür, dass das Jenseits nicht zur großen Hyperessenz und zum totalen Ausnahmezustand anschwillt. Es bleibt in den Wechselfällen des Alltags antreffbar. Es steckt im Detail. Und so ist die Unruhe im kleinen Kernlager der ‚reflexiven Theoretiker‘ groß.16 Man trifft auf erschöpfende Hinweise zum „gefährliche[n] Gebräu aus unbeantwortbaren Fragen und verlogenen Antworten“, auf die Renaissance der Leidenschaften in Appellen zur ‚permanenten Revolution‘, auf Vorschläge zur Verortung und Qualifizierung der Reflexion, auf Diagnosen zum „ironic turn“ des reflexiven Rechts und auf eine Kombination aus Zuversicht und Zweifel.17 Im Überfluss der Positivität fällt es schwer, einen Gegenbegriff zur Reflexion zu bilden, kaum einer verweigert sie.18 Die Bewegung ist nicht an ihr Ende gekommen.19 An der Kreuzung, die Reflexion erzeugt, fragt sich, ob die Bewegung als Expansion oder Selbstblockade zu deuten ist und ob man vor oder zurück soll.20 Ich würde die Reaktionen gerne ausgleichen, werde aber die „selbstquälerische Daueroszillation“ aufdrehen und zwischen Innen- und Außeneinrichtungen springen. 21 Zur Reflexion der Reflexion kippt Theorie in die Eigenpraxis eines sich selbst mitmeinenden Textes. Der Beitrag wurde wegen der Konkurrenz mit anderen Autoren limitiert. Das ist kein Nachteil, nur eine 14 Teubner (Fn. 13), 23; Günther, Rechtspluralismus und universaler Code der Legalität: Globalisierung als rechtstheoretisches Problem, in: ders./Wingert (Hg.), Die Öffentlichkeit der Vernunft und die Vernunft der Öffentlichkeit (2000), 539 ff. (562). 15 Mann, Doktor Faustus (1967), 72 f. 16 Zur Anhängerschaft Röhl/Röhl (Fn. 5), 102–106, 252–256; Becker (Fn. 11) mwN. 17 Als wolle er selbst die Kerzen ausblasen: Teubner (Fn. 13), 32 f.; euphorisch FischerLescano (in diesem Band); zur Verortung und Qualität Menke, Der Abgrund des Subjekts: Soziale Bedingungen der Aporien der Gerechtigkeit, ZfRSoz 29 (2008), 81 ff; a.A. Ladeur: Das subjektive Recht als Medium der Selbsttransformation der Gesellschaft und Gerechtigkeit als deren Parasit, ZfRSoz 29 (2008), 109 ff.; an der Übertragbarkeit zweifelt Vesting (in diesem Band); vom „ironic turn“ spricht: Zumbansen, Law after the Welfare State: Formalism, Funktionalism, and the Ironic Turn of Reflexive Law, The American Journal of Comparitive Law LVI (2008) 3, 769 ff. 18 Luhmann, Selbstreflexion des Rechtssystems: Rechtstheorie in gesellschaftstheoretischer Perspektive, in: Ausdifferenzierung des Rechts (1999), 419 ff. (430) zu „Reflexionsdefiziten“; ders., Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 2 (1997), 870 zum „irreflexiven Subjekt“; zur Archäologie der Reflexionsverweigerung: Jestaedt, Das mag in der Theorie richtig sein … (2005), 12; vom „Reflexionsstop“ berichtet aktuell Fischer-Lescano, Transnationales Verwaltungsrecht. Privatverwaltungsrecht, Verbandsklage und Kollisionsrecht nach der Århus-Konvention, JZ 2008, 373 ff. 19 A.A. Hartmann, Reflexives Recht am Ende? Zum Eindringen materialen Rechts in die Tarifautonomie, ZfS 16 (1987), 16 ff. 20 Ladeur (Fn. 17), 122, Luhmann, Selbstreflexion (Fn. 18), 436 zu „Inflation“ und „Deflation“. Zur ‚Kreuzung‘: Baecker, Form und Formen der Kommunikation (2005), 98 ff. 21 Teubner (Fn. 13), 22.
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akzidentielle Kappung realer, intentionaler und mentaler Perfektion. 22 Damit scheidet es aus, zuerst das Sprechen von der Welt, den Text von der Wirklichkeit, die Theorie vom Recht oder die Semantik von der Struktur zu unterscheiden. Unterscheiden soll man ruhig, aber das ‚zuerst‘ bleibt – wie andere Formen der ‚Vorgängigkeit‘ und ‚Ursprünglichkeit‘ – im Laufe dieses Textes gegenstandslos. 23 Der Beitrag ist nur Teil der Reflexion, die er beschreibt, und einer (Sprach-)Feier, die bearbeitet werden will. Wann der Text enden muss und alles Übrige wieder beginnt, wird der Leser auch diesseits des Endes merken – insoweit wird Reflexion eingestellt. Der Beitrag ist launisch, dem Wahn verfallen, einen ausweglosen Text schreiben zu können. Die Idee einer Gesamttheorie als ein „sich selbst limitierender Kontext“ ist hier allerdings verkommen. 24 Etwas ist im Text aus der Spur geraten. Er kann nicht mehr zurück in den Modus der ‚Vorbemerkungen‘ gebracht werden, obwohl er unfertig ist. Er kann weder vor noch zurück, oder – wenn man nach der Wahrheit fragt – nur noch vor und zurück. Seine Gliederung besteht schon im Ansatz nur aus Wiederholungen, dafür aber nur in Ansätzen. Ich hoffe, dem flüssigen Diskurs des Schmeichlers entgehen zu können 25, und ich bitte darum um Verzeihung, wenn es stottert, sich verdickt und die Metaphorik thrombotisch wird. Dafür ist der Text nicht solipsistisch, selbst ich verständige mich nur schwer mit ihm. Im besten Fall gibt es über ein ‚soliloquy‘ mit Teubner Unterhaltung.
II. Es gibt Theorien, die gibt’s gar nicht. 26 Eine davon ist die aktuelle Theorie des reflexiven Rechts. 27 Sie taucht auch unter dem Namen „Kritische System22 Nach Luhmann (Fn. 5), 28 ff. wäre so die Grundlage von Selbstreferenz und Reflexion geschaffen. 23 Vgl. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft (1993), 215; Stäheli, Zum Verhältnis von Sozialstruktur und Semantik, Soziale Systeme 4 (1998), 315 ff., verschleift Zeit und Reflexion in der Figur ‚nachträglicher Konstitution‘; Menke (Fn. 17), 81 ff. erklärt, die Zeit der Ursprünglichkeit sei für die Reflexion seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts abgelaufen. Während Menke historisch irreversibel argumentiert und ein epochengebundenes Denken erlaubt, erlaubt Stäheli die Wiedereinführung der Zeit. 24 Luhmann, Soziale Systeme (1984), 12. 25 Marin, Das Portrait des Königs (2005), 151 ff. 26 Dazwischen: Derrida, Falschgeld. Zeitgegeben I (1993), 16 ff.; Luhmann (Fn. 24), 30. 27 Zur Phase: Röhl/ Röhl (Fn. 5), 252; Becker (Fn. 11), 22 ff.; jenseits des Paradigmas ‚Autopoiesis‘ taucht ‚Reflexion‘ im Konnex zur Methode, Regelung oder Verfassung auf: Baer, Verfassungsvergleichung und reflexive Methode: Interkulturelle und intersubjektive Kompetenz, ZAÖRV 64 (2004), 735–758; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte. Reflexive Regelung rechtliche geordneter Freiheit (2005), Bast, Einheit und Differenzierung der Europäischen Verfassung – der Verfassungsvertrag als reflexive Verfassung, in: Becker u. a. (Hg.), Die Europäische Verfassung – Verfassungen in Europa (2005), 34–60.
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theorie Frankfurter Schule“ ( KSFS ) auf. 28 Eine Urheberschaft, zusammengesetzt aus Teubner und Fischer-Lescano, begannen kurz zuvor Ausführungen zu Regime-Kollisionen mit einer Erzählung zur Genealogie der Erwartungen. Luhmann hatte früher einen „Führungswechsel von normativen Erwartungstypen (Politik, Moral, Recht) hin zu kognitiven Erwartungstypen (Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie)“ prognostiziert. Sie zitierten: „Das hieße, dass auf der Ebene der Weltgesellschaft nicht mehr Normen (in Gestalt von Werten, Vorschriften, Zwecken) die Vorauswahl des zu Erkennenden steuern, sondern dass umgekehrt das Problem lernender Anpassung den strukturellen Primat gewinnt und die strukturellen Bedingungen der Lernfähigkeit aller Teilsysteme in Normierungen abgestützt werden müssen.“ 29 In einem Lob des juridischen Avantgardismus gewinnt die KSFS nun, wenn sie aus dem Ensemble der Teubners über Teubner spricht, die normativen Gehalte in einem erneuerten Sinne zurück. Neue Normativität meint in diesem Kontext, der sich im Paradigma der Selbstorganisation/Autopoiesis hält, keine exklusive Form, keine Widerstandkraft gegen gesellschaftliche Dynamik 30 und keinen substantiellen Schutz vor der Verwechselbarkeit mit qualitativ minderwertigen Regeln. Neue Normativität meint – von diesen drei Momenten getrennt – asymmetrische Responsivität in intersystemischem Kollisionsrecht und im Namen der Gerechtigkeit. Das ist nicht dasselbe wie ‚normale Normativität‘, weil die enttäuschende Vergangenheit auf Distanz gerückt wird, damit das Recht sich weiter wenden kann. Die Theorie ist auf der Suche nach unverbrauchter Zeit. 31 So soll sich die richtige Gesellschaft selbst organisieren, nicht ihre korrumpierten Auswüchse. Das Recht soll Order aus der Vielfalt der Gesellschaft erhalten, ohne seinen Eigensinn zu verlieren und ohne zum gespenstischen Verstärker des Universalisierungsbegehrens anderer gesellschaftlicher Subsysteme zu werden. 32 Die neue Normativität der KSFS zielt auf Umverteilung mit Hilfe von Medien des Skandals und auf freie Zugangsrechte zum Recht und des Rechts. 33 Das soll eine Autologie der Konstitutionalisierung gesellschaftlicher Teilbereiche freisetzen, in de-
Fischer-Lescano (in diesem Band). Luhmann (1971) nach: Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen (2006), 7. 30 Zur Normativität der Widerstandskraft Röhl/ Röhl (Fn. 5), 256 mit einem gegen Vesting gerichteten Verbot, vom Sein auf das Sollen zu schließen und einem Hinweis auf die (bedrohliche?) Wiederkehr Ehrlichs. Ohne Kontaktscheu: Amstutz, Evolutorisches Wirtschaftsrecht (2001), 212 ff. 31 Luhmann (Fn. 23), 505. 32 Zur Sorge um Verelendung/ Verendung des Propriums: Amstutz (Fn. 30), 53 ff.; zur Sorge um Verstärkung u. a. Ziegert, Rechtstheorie, Reflexionstheorien des Rechtssystems und die Eigenwertproduktion des Rechts, in: de Berg/Schmidt (Hg.) Rezeption und Reflexion (2000), 93 ff. (119). 33 Fischer-Lescano, Globalverfassung (2005) 261 ff. zur reflexiven Rationalität im „colère publique“ der Massenmedien. 28 29
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nen sich andere Subsysteme so limitieren, wie das Recht. 34 Die Haltung ist wegen der Suche nach unverbrauchter Zeit kein Ausweis von Neoliberalismus, -marxismus, -universalismus, -partikularismus. Es ist kein Akt der Vagheit oder Widersprüchlichkeit (alle diese Einwände hätten Potential), sondern eine wissenschaftsökonomische Limitierung der Theorie, die neues Vertrauen schaffen soll. 35 Es ist ein Wechsel. Wenn die Anpassung des Lernenden das strukturelle Primat gewinnt, dann vollendet sich die Bewegung. Was soll man dazu sagen? 36 „Und Gott weinte: Meine Söhne haben mich bestätigt, meine Söhne haben mich bestätigt“? Oder: Der Führer ist tot, lang lebe der Führer? Oder: Così fan tutti? So einfach kann man es sich machen, ist es aber in selbstreferentiellen Ausgangslagen und heteroreferentiellen Nebenbedingungen der ‚kreativen wissenschaftsökonomiepolitischen Rechtstheoriepraxis‘ nicht. 37 In den Kollisionslagen der KSFS werden normative und kognitive Erwartungen so unterscheidbar, wie die historischen Uniformen vergangener Kriege. Das heißt: so klar unterscheidbar, wie im hellen Licht des ‚white cube‘. Widerstand und Bestandsschutz sind dann auf den ersten und den verspäteten Blick eins. In einer wissenschaftspolitischen Perspektive wirkt die Eingemeindung von ‚Frankfurt-Bielefeld‘ wie eine Verbrüderung von Normativität und Reflexivität in der dritten Generation, klassisch dialektisch und trotzdem überstürzt schnell. Kaum verbrüdert, droht der Zwist. Die Theorie bietet sich mit warmen Empfehlungen an, garniert mit kühl distanziertem Luhmann, der sich in „klimatisierte VIP-Lounges“ zurückgezogen hätte.38
Teubner (Fn. 13), 13: Reflexivität als Fähigkeit, eigene Begrenztheit zu thematisieren. ‚Ökonomisch‘ nach: Groys, Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie (1992), 119 ff. Im Detail kann man Teubners ‚Selbstsubversionen‘ von Fischer-Lescanos Avantgardismus unterscheiden. Zur Abgrenzung gegenüber ‚Neoformalismus‘ uns ‚Neofunktionalismus‘ Zumbansen (Fn. 17), 787 ff., der das ‚reflexive Recht‘ quer zur Unterscheidung konservativ/progressiv stellt und die Neuerungen (!) der Theorie in dem Rückgriff auf dezentrale, funktionale Differenzierungen sieht: Das reflexive Recht entziehe sich dem Aufzug der Souveränität und Macht. 36 Zur „Matrix eines auf Dauer gestellten Selbstreflexionprozesses“: Buckel u. a., Die Geburt der Kritischen Justiz aus der Praxis des Widerständigen, KJ 2008, 235 ff. 37 Zur ‚Einfachheit‘: Teubner, Coincidentia oppositorum: Das Recht der Netzwerke jenseits von Vertrag und Organisation, in: Amstutz (Hg.), Die vernetzte Wirtschaft. Netzwerke als Rechtsproblem (2004), 11 ff.; zur Selbstreferenz, ders. (Fn. 3), 21 ff., ders., (Fn. 8), 20 ff; zu eingebauten Heteroreferentialität ders., (Fn. 13), 18; allgemein: Stäheli, Sinnzusammenbrüche (2000), 307 f.; Ladeur (Fn. 17), 121 zu porösen Randzonen juridischer Kreativität; Luhmann (Fn. 24), 604 zur mitlaufenden Selbstreferenz und Unmöglichkeit der reinen Selbstreferenz; ders., Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, RJ 9 (1990), 176 ff. (201) zur Unmöglichkeit einer ausschließlich selbstreferentiellen Basis. 38 Fischer-Lescano, in diesem Band. Hat Luhmann dem Umgang mit „Kurzformeln für Komplexe von Namen und Gedanken“ vorgesorgt? Vorhergesehen hat er’s: Luhmann (Fn. 24), 8; zu Fremdselbsteinschätzungen: Teubner, Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.), Integratives Verstehen. Zur Rechtsphilosophie Ralf Dreiers (2005), 199 ff. 34 35
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Das ist praktisch für die, die ihm lieber nicht begegnen möchten. 39 Die KSFS trifft vorsorglich metonymische Aussagen, das schafft Gemeinschaft. Die Adressaten raufen sich ob des Angebots (von dem nicht gesagt werden kann, es sei nur politisch, nur ökonomisch) die Haare. Koalitionsbemühungen vulgo Mergers drohen zu platzen. Die in die KSFS inkorporierten Autoren wähnen sich unterbewertet, andere überbewertet, missverstanden, ungerecht, unkritisch, unsystematisch behandelt. Selbst wenn man individuell stockt: Die Theorie tut das nicht, sie ist eine soziale Formationen voller endogener Unruhe. Da lässt es sich zwar nicht verhindern, dass Einzelne von der Selbstbeobachtung zur Selbstbezeichnung überwechseln. 40 Im entsprechenden Moment, in dem ein Autor für die Theorie spricht, die Theorie spricht und über die Theorie spricht, kommt es aber nur episodisch zum ‚Ich-spreche‘ oder ‚Ich-denke‘. So gibt es plötzlich „erste Generationen“, Ursprünge und „zurück zu den Wurzeln“. Rekursive Theorien bekommen dann ein Haupt und werden zu einer kapitalen Theorie. Sie kann behaupten, dass andere Autoren aus dem Ensemble die Möglichkeit des Ensembles, das sich gegen „transsubjektive Verdinglichung und damit korrespondierende Entmündigung“ richtet, „verkörpern“. 41 Selbst ‚in diesem Band‘ findet sich dann jemand, der die Einladung zur Enthauptung annimmt, dem Augenblick die Feierlichkeit ausbläst, widerspricht und dessen Stimme ignoriert werden kann … aber nicht muss.
III. Ich verschiebe den Blick vom Kern der verfassten ‚coincidentia oppositorum‘ auf rhetorische Konditionen, um die Positionierung anhand ihrer Ausstattung mit Effekten fassbar zu machen. 42 Sobald Theorie unter einem Namen kommuniziert, ist sie eine herausgeforderte Gemeinschaft, voller Affronts und in wendiger Gestalt. 43 So abrahamitisch sich auch polytheistische Theorien geben können: Sie sind soziale Formationen, die figurieren. Sie können sich mal besser und mal schlechter als anthropomorphen Großkörper entwerfen und entsprechen dabei doch eher dem Modell eines eukaryontischen Schleimpilzes (dictyostelium discoidum). 44 Der kann in wech39 Zum politischen Avantgardismus: Teubner (Fn. 3), 81 anhand des Links-Rechts-Schemas; Nocke, Autopoiesis – Rechtssoziologie in seltsamen Schleifen, KJ 1986, 363 ff. (384), spricht von der „verchromte Sprachwelt“ einer Theorie, die niemandem ans Leder wolle; im internationalen Vergleich: Zumbansen (Fn. 17), 789 ff. 40 Luhmann (Fn. 3), 3. 41 Fischer-Lescano (in diesem Band). 42 Kritisch: Luhmann, (Fn. 3), 15. 43 Nancy, Die herausgeforderte Gemeinschaft (2007), 18 ff. 44 Zum Modell Pilz: Mitchell, Komplexität (2007), 31.
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selnden Zuständen leben: als Population einzelliger Amöben oder als vielzelliger Organismus, der sich bei Nährstoffentzug durch Zusammenlagerung der Amöben bildet. Als soziale Formationen kann sich Theorie über Aggregatzustände, in denen jeweils das Potential von Vereinzelung und Vereinheitlichung liegt, zerstreuen und in Stress-, Krisen- oder Mangelsituationen konzentriert anspannen. 45 Für die Kommunikation besteht Bedarf nach einer rhetorischen Oberflächenspannung, einem energeitischen Widerstand. Sie wird affiziert, stilisiert, akzentuiert und für ihre begriffliche Kohärenz steht dabei ein Kontingent an Synonymen, Phrasierungen und Wendungen parat. Zur Bewältigung endogener Unruhe stehen der Figuration rhetorische Ökonomien und politische Strategien zur Verfügung, mit deren ‚double talk‘ sie Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit, Selbst- und Fremdreferenzen tauschen und zwischen Gemeintem und Gesagtem fixieren können. 46 Politik und Ökonomie kommen dann nicht nur im Fall von Selbstsondierungsgesprächen der KSFS auf beiden Seiten der Medaille vor. 47 Das macht die Theorie nicht beliebig, es konturiert und vergegenwärtigt sie in Plausibilitätszusammenhängen auch jenseits eines Evidenzmonopols, souveränen Selbstbewusstseins, binären Codes und jenseits eines zentralen Kommunikationsmediums. In rhetorischen Ereignissen ist eindeutig, gegen was sich ‚normative Widerständigkeit‘ richtet, wie sich ‚Besitzstände‘ von ‚Bestandsschutz‘ und ‚Emanzipation‘ von ‚Privatautonomie‘ unterscheiden, wann ‚Selbstorganisation‘ ein ökonomisches und ‚Flexibilität‘ ein politisches Ideal ist und wie das Recht zu Normerzeugungen in Organisationen, informellen Netzwerken und Prozessen der Standardisierung Haltung annehmen soll. 48 In Russland dürften für Regelaggregate und Normakkumulationen andere Zeiten herrschen als in Spanien. In rhetorischen Ereignissen stellt sich das Selbst mit seiner begrenzten Übertragbarkeit immer ein. Das liegt auch am bezeichenbaren Opfer. Opfer sind aber nicht durchgehend dicht und die Matrix der Viktimisierung ist jenseits des rhetorischen Ereig45 Luhmann (Fn. 3), 14 übernimmt von Atlan, Entre le cristal et la fumée (1979) die Metapher von „Kristall und Rauch“. 46 Fischer-Lescano (in diesem Band) und Teubner (Fn. 13), 21 zum internen Austausch zwischen „Recht“ und „postmoderner Gesellschaft“ sowie zwischen „Gerechtigkeit“ und „Kritische Systemtheorie“; melancholisch: Düttmann, Derrida und ich (2008), 162. Bei Luhmann setzt die Reflexion beim re-entry an, so dass beim Austausch kein zweites System (und kein Tauschpartner) mehr vorkommt, sondern nur das eigene System. Der unbestimmte Ausgangszustand verwandelt sich dafür in einen imaginären Raum selbsterzeugter Uneigenheit, Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 877. Im Hinblick auf ‚reflektierte Autologie‘ weiter: „Das was unterschieden wird, kann nicht umgetauscht werden. Innen ist niemals außen, vorher niemals nachher, ego niemals alter, obwohl die die nächste Beobachtung (aber eben nur durch Aufwendung von Zeit) die Unterscheidung verschieben kann, so daß, was vorher innen war, jetzt außen ist, usw.“ (1137). 47 „Die Leute sind sonderbar,“ sagt: Nancy, singulär plural sein (2004), 26. 48 Teubner (Fn. 13), 15.
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nisses anonym. 49 So leuchtet die Forderung der KSFS nach neuen Zugangsrechten und neuer Rechtskonnektivität schon auf den ersten Blick ein. Ob aber – wie die KSFS vorschlägt – die ‚Ästhetik des Widerstandes‘ und der Kampf gegen ‚verdinglichte Verhältnisse‘ die Herausforderung des reflexiven Rechts sind, wenn es nach der kapitalen, schöpferischen Zerstörung keinen Souverän, „keinen Herrscher mehr, keine Könige“ und nur noch das „Bild des Märtyrers“ gibt, das ist zweifelhaft. 50 Zumindest kommen rhetorische Ereignisse und juristische Strukturen bei allem Kontakt nie dauerhaft zusammen. Die zukünftige Theorie des reflexiven Rechts gehört zu einer Theorie der Schwebeteilchen und des schon lange Verdampften. Wenn sie revolutionär ist, dann ist sie meteorologisch, oder besser: meteoritisch. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie kondensiert, konfirmiert, niederschlägt, sedimentiert und Gründe des Rechts verfestigt. Das wäre nicht mehr ihre Zukunft, sondern Teil ihrer Archäologie.
IV. Auch unreine Rechtslehren haben Sehnsucht nach Selbstreinigung, reine Rechtslehren ohnehin. Sie wollen beginnen, sich von verkehrten Ausgangslagen lösen und den Punkt besetzen, von dem aus die Welt in den Griff zu kriegen und notfalls auszuhebeln ist. Autoren sprechen Theorien und über Theorien, die Recht sprechen und über Recht sprechen. Nicht nur Adomeit und Ule wollen ausscheiden, was ihnen fremd und uneigen scheint. Nicht nur Dimmel und Noll träumen vom juristischen Pfingsten. Das reflexive Recht begann mit der Erzählung von einer „evolutionären Chance für ein ‚responsives Recht‘, in dem Recht als flexible lernfähige Institution erscheint, die sensibel reagiert auf soziale Bedürfnisse und menschliche Aspirationen“. 51 In welcher Zeitdimension sprach Teubner von der Chance? 52 Er wies auf das 49 Clam, Wie dicht sind Opfer? Zur Entscheidung der Frage nach dem Ort der Transzendenz in heutiger Gesellschaft, ZFRSoz 29 (2008), 37 ff. (50) sieht Opfer exklusiv nur durch die Religion, nicht durch das Recht „verdichtbar“; Mir scheint das Problem darin zu liegen, dass gesellschaftliche Subsysteme und zerstreute Gemeinschaften über ein endogenes Aufmerksamkeitsranking verfügen, so dass Pathos und Prosa des Opfers im Vergleich aus der Spur geraten können; Teubner, Die anonyme Matrix. Menschenrechtsverletzung durch „private“ transnationale Akteure, Der Staat 45 (2006), 161 ff.; kritisch, soweit der „besondere Wunsch“ des Opfers zum „allgemeinen Gesetz“ gemacht werden soll: Ladeur (Fn. 17), 119 („Dem Individuum bleibt keine andere Wahl, als der Negativität selbst Sinn abzugewinnnen.“) 50 Taubes, Die politische Theologie des Paulus (2003), 96. 51 Teubner (Fn. 8), 13. 52 Teubner, (Fn. 8), 13 f. unter kritischer Schilderung von Nonet/ Selznick, Law an Sociatey in Transition: Toward Responsive Law (1978) über die evolutionären Vorformen des „repressiven“ und „autonomen“ Rechts. Erstes sei eine „relativ unentwickelte Form“, die „im wesentlichen auf bloße Legitimation der Herrschaft und Aufrechterhaltung von Ordnung“ aus-
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Potenzielle der Entwicklungschancen hin 53, aber hatte sich reflexives Recht nicht schon oft bewährt? War die Fähigkeit zur Anpassung nicht immer so erstaunlich, wie die Fähigkeit, Exklusivität zu behaupten? 54 Diese Frage geht wohl am Problem vorbei, weil sie sich im Erstaunen über die Gleichzeitigkeit von Anpassung und Exklusivität nicht auf die Plastizität der Abstimmung und den evolutionären Aufbau des Grenzregimes zwischen Recht und Gesellschaft einlässt. 55 Statt aber den evolutionären Verfaltungen von Formalisierung und Materialisierung in der Reflexion nachzugehen, interessieren wir uns noch einmal für die Punktualisierung der Selbstreferenz: Statt das System von der Theorie zu unterscheiden, wollen wir einen ‚lustvollen‘ Augenblick im Gemeinsamen verweilen und die Dauerhaftigkeit simulieren: Will man die Aktualität der Chance wahren, kann es trotz gängiger Vorbehalte fein sein und akademischen Gepflogenheiten entsprechen, ‚ich‘ zu sagen, Setzungen mit ‚ich‘ zu beginnen, und die Selbstreferenz auf den Punkt zu bringen. 56 Mit dem aktuellen Ansatz erzeugt man dann die erste Lücke zwischen dem Sprechen und der Selbstreferenz des folgenden Diskurses. 57 Im Akt der Selbstbezeichnung heben soziale Formationen mit ‚Ich‘ an, obwohl sich laufend das aus der Spur geratene Potential des ‚Ichspreche‘ und ‚Ich-denke‘ herausstellt. Die Probleme liegen dabei auch in heterarchischen Zeiten ‚tiefer‘: In der stotternden Rekursivität stößt nicht nur die Unzugänglichkeit einer unmittelbaren Außenwelt auf die Unzugänglichkeit einer geschlossenen Innenwelt. 58 Es kommt dennoch zum Kontakt und im nächsten Augenblick kreuzen sich Außen und Innen, ohne dass die Kreuzung als Hybrid, ‚Direktkontakt‘ oder ‚neue Gemeinschaft‘ hypostagerichtet sei. Sie bringe durch eigene Instabilität eine stärker gegenüber der Politik ausdifferenzierte Form autonomen Rechts hervor, in dem „Kontrolle von Macht und Integrität des Rechts“ die vorherrschenden Orientierungen bildeten. Durch inner Widersprüche und Krisen bildeten sich aber auch evolutionäre Chancen – die Teubner in Distanz zu Nonet/ Selznick als „Ko-Variation ‚interner‘ und ‚externer‘ Variablen“ konstruiert. 53 Teubner (Fn. 8), 51. 54 Teubner (Fn. 3) 84 ff. zu Konkretisierungen im Verfahrens- und Organisationsrecht. 55 Vgl. Schema bei Teubner (Fn. 8) 28 ff. zu dreifachen Typen und Dimensionen der Rationalität des modernen Rechts, die Kritik an Nonets und Selznicks politischer Engführung sowie an ihrer isolierten Betrachtung rechtsinterner Entwicklung. 56 Luhmann (Fn. 3), 3; zu Vorbehalten: Düttmann, Derrida und Ich (2008), 9; zur Gepflogenheit z. B. Krawietz, Juridische Kommunikation im modernen Rechtssystem in rechtstheoretischer Perspektive, in: Brugger u. a., Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008), 181 ff. 57 Vesting (in diesem Band) beschreibt Ähnliches, nicht anhand von Theorieschöpfungen, aber anhand politischer Gemeinschaften und origineller Verfassungsgaben. Er zeigt, dass eine Beschreibung dieses Moments als originärem Akt eine Halbwahrheit ist, weil der Akt kontingenter ‚Vor-anpassungen‘ bedarf und so auf glückliche Koinzidenz/gerechte Zufälle angewiesen bleibt. Koinzidenz meint den ‚zufälligen‘ Kontakt von Äußerlichkeit und Zusammenhang. 58 Luhmann, Haltlose Komplexität, in: Soziologische Aufklärung 5 (2005), 58.
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sierbar oder als ‚Wiedereintritt‘ ins System einhegbar wäre. Es berühren sich nur heterogene Oberflächen und das Gesetz des Kontaktes ist die Trennung. 59 Der Rückfall ins Äußerliche bleibt ebenso möglich, wie die solipsistische Abdichtung. Die Selbstreinigung wird schon bald nach Wiederholung oder Selbstentgiftung rufen. 60 Auf der Ebene eines ‚Grundrisses‘ der Theorie ist nicht mehr drin als die Verdichtung, deren Geste lautet: Wenn ich spreche, spricht eine Menge, die sich selbst enthält. 61 Wenn ich spreche, dann spreche ich eine Menge und es nicht sicher, ob ich über eine Menge spreche. 62 In Sondierungsbemühungen und rhetorischen Ereignissen stoßen Theorieform und Darstellungsform an und aneinander. Dass sich Theorien der Reflexion – oder persönlicher gesprochen, reflexive Theoretiker – nah und fern stehen, ohne Ich oder Nicht-Ich verabsolutieren zu können, ist kein Wunder. 63 Sie können sich nicht setzen und sie können nicht endlos reflektieren. Sie oszillieren, wo sie auf den ersten und den verspäteten Blick mit einer Stimme sprechen oder wo sie – wie Systemtheorie und Dekonstruktion – mit verschiedenen Stimmen sprechen. 64 Die Oberflächenspannung vibriert. Luhmann, der – wie Vesting sagt und wie Vesting selbst 65 – ein starkes Selbstbewusstsein in seiner Schrift hatte, sagt z. B. nie ‚ich‘ und legt die Möglichkeit doch der Systemtheorie zugrunde. 66 Derrida sagt laufend ich, versucht aber, die „Unredlichkeit des mit dem Selbst beschäftigen Redens“ zu umgehen und sucht ein Bewusstsein, dass das Zwingende einer Richtung zum Anderen hin ist und nicht eine „ewige Rückkehr zum Selbst“. 67 Zwei andere Autoren (Karl-Heinz Ladeur und Ino Augsberg) sehen sprechendes Ich oder sprechende Ichs eher als „Unterwerfung unter symbolische Ordnungen“, danach als System konstituierendes Moment. 68 Wer von den beiden das schließlich niedergeschrieben hat und von welchem Dritten die Idee stammt, könnte gesagt werden. Es könnte auch gesagt werden, inwieweit Nancy (Fn. 47), 25. Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 1 (1997), 14. 61 Luhmann, Selbstreflexion (Fn. 18), 421. 62 Derrida (Fn. 12), 17. 63 Zur Ordnungsform über Begriffsregister z. B. Luhmann (Fn. 23), 587 ff.; zur Ordnungsform über Personenregister Habermas, Faktizität und Geltung (1992), 661 ff. 64 Zu Luhmann und Derrida als exemplarischen Figuren der Selbstreflexion: Menke (Fn. 17), 85. 65 Die Aussage über das Selbstbewusstsein von Luhmann habe ich von ihm nur mündlich. Das starke Selbstbewußtsein in der Schrift von Vesting macht sich an seinem Mut zu „Vorbemerkungen“ und den Aussagen zum „Wahrheitskern“ der jüdisch-christlichen Übertragung fest. 66 Luhmann (Fn. 3) 2 f.; ders. (Fn. 24), 7 ff. Fuchs, Niklas Luhmann – beobachtet (2004) ist keine Anomalie, sondern eine ganz normale Ironie. 67 Derrida, Adieu. Nachruf auf Emmanuel Levinas (1999), 10; Düttmann, Derrida und Ich (2008), 12. 68 Augsberg/Ladeur, Die Funktion der Menschenwürde im Verfassungsstaat (2008), 23. Alleine: Ladeur (Fn. 17), 119. 59 60
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Selbstorganisation in dieser Praxis konservativ, inwieweit sie revolutionär, inwieweit sie traditionsgelöst ist, wer von den Dreien sich gewendet hat und wer sich wendet. 69 Soweit das ‚Zuerst‘ und die Vorgängigkeit der konstitutiven Quelle in der Reflexion aber keinen Halt und keinen Grund hat, kann man das nicht sagen. 70 Soweit man sich diesbezüglich enthält und die Quellenmetapher durch eine Wirbelmetapher (‚Homöostase/ -dynamik‘) ersetzt, gibt das den Blick frei auf eine rhetorische Einstellung, und die gibt den Blick frei auf die verweigerte Ursprünglichkeit. Was überstürzten und verspäteten Blicken als eins erscheint, ist zur rechten Zeit in der Tiefe der Oszillation nachvollziehbar. Dafür kommt diese rechte Zeit im rhetorischen Ereignis nie zur Oberfläche, sie entgleitet. 71
V. Die ‚Widerstände der Systemtheorie‘ legen eine Beschäftigung mit Oberflächenspannungen, energeitischen Widerständen, einstellenden Ökonomien und Strategien nahe. 72 Es muss mit Tropen, Tropfen und Tröpfen gerechnet werden. Es muss Sinn dafür entwickelt werden, dass Rechtstheorie in einer gewitzten Gesellschaft so präzise kommuniziert wird wie Recht. 73 Sollen Theorien nicht nur der Leidenschaft ihres Souveräns genügen, müssen sie sich gegenüber gesellschaftlichen Erwartungen vielfältiger Gerechtigkeit und iterativ konditioniert satirisch und ernst, als Tragödie und Farce, in niedrigeren und höheren Lagen wiederholen können und wiederholen können müssen. 74 Ihr Kern treibt früher oder später Blüten. 75 Sowenig der Richter Mund des Gesetzgebers ist, sowenig sind Theoretiker Mund der TheoVgl. Luhmann, Macht (2002), 18. Sonst: Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 883; vgl. Fn. 23 71 Zumbansen (Fn. 17) 72 Koschorke, Die Grenzen des Systems und die Rhetorik der Systemtheorie, in: ders./ Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie(1999), 49 ff.; Vesting (in diesem Band – Fn. 53) mit einer Kritik an Luhamms ‚blutleerer‘ Kommunikation, allerdings auch mit Hinweisen darauf, dass sich in Zeiten des Buchdrucks die rhetorischen Bedingungen marginalisiert hätten; zum Blut im Buch siehe wiederum Fischer-Lescano (Fn. 33), 11; zurückhaltend: Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 1134 73 Nüchtern Vesting (in diesem Band): „Jede wissenschaftliche Begriffsbildung muss ein ‚gemeinsames Wissen‘ voraussetzen, wenn die Verständigung über Begriffe möglich sein soll“, der „etablierte Gebrauch“, von dem Vesting spricht, kann dann freilich im Etablissement verkommen. Zum entsprechenden Risiko zwischen Konsens und Nonsens u. a. Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 874 f.; Ziegert (Fn. 32), 95 f. 74 Im Hinblick auf kleine Ereignisse: Weitin, Der Geschmack des Gerichts. Zur Urteilsproblematik in Heinrich von Kleists Der zerbrochene Krug, in: Vismann/Weitin (Hg.), Urteilen/Entscheiden (2006), 217 ff. (218 f.); im Hinblick auf große: Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (2007); Stäheli (Fn. 37), 222. 75 Buckel u. a. (Fn. 36). 69 70
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rie. Das schleift zwar die Präzision, die ein Theoretiker im manifestierten Text entwickeln kann, ab. Es ist aber Teil eines Geschehens, dass eventuell dafür sorgt, dass die Reflexion in laufenden Theorietransmissionen weder implodiert noch explodiert, sich weder im reinen Solipsismus konzentriert (Deflation, Selbstblockade) noch im antizipierten Interpretationsgehorsam (Inflation, Expansion) verliert. 76 Wenn die „Resonanzkatastrophe“ ausbleibt, ist das dann zuallererst ein Glück für die reflexive Theorie – vielleicht auch für ihre Umwelt. 77 Muss und kann eine Theorie unter diesen Bedingungen das, was sie sagt, mit dem, was sie über sich selbst sagt, noch zu Deckung bringen? 78 Wenn man so fragt, dann wirft man einen überstürzten oder verspäteten Blick auf Theorielandschaften. Luhmann zum Beispiel legt im Ansatz fest, er versuchte gar nicht erst, Theorieform und Darstellungsform zu Deckung zu bringen, als wolle er garantieren, dass sich beides auseinander halten ließe. 79 Stäheli sieht in Luhmanns Unterscheidung zwischen Beobachtung und Operation eine Versicherung, dass Selbstbeschreibungen das von ihnen Beobachtete nicht konstitutiv affiziere. 80 Insgesamt kann man Luhmanns Werk ‚blutleerer Kommunikation‘ als ein Bestandteil komplexen Reinigungsbegehrens betrachten. 81 Luhmann glaubte dabei nur begrenzt, durch Begriffstaufen Präfigurationen und alteuropäischen Verstrickungen entgehen zu können – 1984 noch mehr als 1997. 82 Dagegen versprach Derrida immerhin über die differánce hinaus die schwache Kraft einer Theorie, die sich vom Kommenden affizieren lässt. Kreuzungen, Kontakte und die Teubner-Ausgabe ihres theoretischen Treffens konnten beide nicht vermeiden. 83 Weil sich in den Texten der ‚Bibliotheca Teubneriana‘ auch das ereignet, wovon sie sprechen, und ihr Sinn zusammenbricht (Stäheli), ist man, „Sprengkraft“ prägt Lepsius (Fn. 12), 46 f. ‚Resonanzkatastrophe‘ prägt: Teubner (Fn. 3), 127 78 Richtig skeptisch Jestaedt (Fn. 18), 8 ff. 79 So, beinahe spiegelverkehrt zu Alexy (Fn. 5), Luhmann (Fn. 24), 14. 80 Stäheli (Fn. 23), 315 ff; Teubner (Fn. 7), 208 spricht von einer Resistenz gegenüber der Dekonstruktion, die darin liege, dass Sozialsysteme die Differenz von Operation und Selbstbeobachtung fest institutionalisieren könnten. 81 Lüdemann, Beobachtungsverhältnisse. Zur (Kunst-)Geschichte der Beobachtung zweiter Ordnung, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), 63 ff. (71). 82 Zur neuen Begrifflichkeit: Luhmann (Fn. 24), 7 ff; zum begrenzt haltbaren Distanzgewinn: ders. (Fn. 3), 2; zur Lässigkeit: ders. (Fn. 18), 884/1135. Für das Zwischendurch aufschlussreich der Glaube an die Unterscheidbarkeit von Fish: Luhmann (Fn. 23), 499 – sowenig wie Fish nur an individuelle Möglichkeiten denkt, denkt Luhmann nur an soziale Systeme. Der eine ist als Umstülpung des Anderen denkbar; zum ‚Umstülpen‘: Vismann, Das Gesetz ‚ DER Dekonstruktion‘, Rechtshistorisches Journal 11 (1993), 250 ff. 83 Teubner (Fn. 7), 206 ff. zu Derridas Alpträumen und Luhmann’schen Theorietaufen, die in der strikten Unterscheidung Kommunikation/Bewusstsein; Gesellschaft/ Individuum; Außen/ Innen und Sinnsystem/Sinnsystem lägen. Selbstquälerischer die Daueroszillation in Teubner (Fn. 13). 76
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auch wenn man mit analytischem Instrumenten ausgestattet ist, Theorie und Display unterscheiden kann, in entscheidenden Momenten noch nicht viel weiter als Parmenides, dessen Behausung es erlaubte, vor unentschiedenen Methoden zu warnen und die Aporie von Sein und Nichtsein auch für Hamlet einzuführen. Die Reflexion, deren Name ‚reflexives Recht‘ ist, hat einen „Übergang, der immer ein Sprung sein muss“. 84 Reflexion tönt dann als göttlich stotternde Bauchrednerstimme, sie schreibt stockend theomorph, offenbart und vertraut blind. Ihr Heim ist ihre Selbstverständlichkeit, ein geklärter, lokaler Bezirk. Man könnte in den Jargon der Eigentlichkeit fallen, wäre der nicht selbst episodisch und voller endogener Unruhe. Wenn Selbstverständlichkeit eine Immobilie ist, dann kann man nur hoffen, dass sie sich sicher finanziert und dass der hermeneutische Zirkel nicht zur Blase gerät, die irgendwann platzt. Auch wenn das kein Rat ist: die Ausführungen zur rhetorischen Geste reflexiven Rechts sollen ein lässiges Verhältnis zwischen Subjekt und Konvention wahren. 85 Auch ohne „das alte Rationalitätskontinuum von Sein und Denken“ und auch nach den Zeiten, „in denen man sich [noch] die Figur eines cosmotheoreos, eines Betrachters der Welt vorstellen konnte“ 86, ist man auf Kontiguität angewiesen. 87 Man ist nach der Umstellung von Identität auf Differenz und von tradiertem Sprechen auf Iteration auf Kontakt angewiesen – oder sollte ihn einkalkulieren. Bevor es dann dämmert, muss man Klarheit schaffen. So sind es zeitlose Konditionen, die für verdammten Zeitdruck sorgen. 88
VI. Bis jetzt Theorie und Gesten. Versuchen wir zum reflexiven Recht selbst zu kommen, indem wir in der Sache referieren. So unbekannt, wie Luhmann 1985 festhielt, ist ‚Reflexion‘ in der Rechtswissenschaft nicht mehr, auch wenn die Suche in den Registern meist erfolglos bleibt. 89 Die deutschsprachige Rechtswissenschaft hält nachromantisch ein Set an Begriffen parat: ‚reflexiv‘, ‚Reflexivität‘ und ‚Reflexion‘. Mal werden die Begriffe unbestimmter, mal bestimmter verwendet. 90 Wo der Begriff unbestimmter verwendet 84 Schlegel, Jugendschriften, wiederholt bei Benjamin, Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik, in: Gesammelte Schriften Bd. I 1, 8–122 (27). 85 Mann, (Fn. 15), 72. 86 Vesting (in diesem Band) unter Wiederholung von Nancy, Die Erschaffung der Welt oder die Globalisierung, 2003, 33. 87 Nancy (Fn 47), 11. 88 Mann (Fn. 15), 70. 89 Luhmann (Fn. 3), 2. 90 Knapp: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991), IX ; weiter: Scherzberg, Risikosteuerung durch Verwaltungsrecht: Ermöglichung oder Begrenzung von Innovation, VVDStRL 63 (2003), 214 ff. (222) als Fähigkeit zur „Antizipation eigener Wirkung“; zugleich
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wird, leitet er ohne Widerstand in seine Kontexte über, wie bei Poscher, der seinen Begriffsgebrauch als „trivial “ bezeichnet, Reflexion als Konzept von „Normen über Normen“ definiert, aber zugleich über eine untriviale und detaillierte Dogmatik von Grundrechten als Abwehrrechten prägt. 91 Zur Dichtung gelangt der Begriff über Abkürzungen oder Umwege. Es findet sich das an reicher Begriffsgeschichte hängende Verständnis, in dem Reflexion eine Wahrnehmungsqualität, ein Kombinat aus Ästhetik und juridischer Rationalität sei. ‚Bedachte‘, ‚rücksichtsvolle‘ oder ‚bewusste Wahrnehmung‘, ‚Besonnenheit‘ oder ‚Innehalten‘ wären unscharfe Übersetzungen der wenig elaborierten Verwendung in einer Reihe von juristischen Texten. 92 Es findet sich in der juristischen Literatur ein Verständnis, in der Reflexion als ein institutionalisiertes ‚Über-Denken‘, als eine ‚Über-Regel‘ oder als kombiniertes ‚Über-Regeldenken‘ aufscheint. Sie soll über kritischen Selbstbezug die Wahrnehmung des Rechts filtern und die Qualität seiner Gründe sicherstellen. 93 Gekoppelt mit dem Stufenbau des Rechts wird Reflexion in eine Position gebracht, mit der festgestellt wird, dass ihr Produkt verdichtete Normativität – im Sinne von abgedichteter, konzentrierter, geklärter Normativität, nicht im Sinne eines aus der Spur geratenen Sprechens – ist. Die Reflexion scheidet dann aus, was nicht zur Normativität des Rechts gehört. Es fällt auf, dass ‚reflexives Verfassungsrecht‘, aber in der Regel kein ‚reflexives einfaches Recht‘ angeboten wird. 94 Erst in internationalen und globalen Zusammenhängen findet die reflexive Verfassung Konkurrenz: In Susanne Baers „reflexiver Methode“ der Verfassungsvergleichung wird, wie in anderen internationalen Kontexten, der Beobachterstandpunkt vervielfältigt. 95 Der (260): „Wird das Recht reflexiv, wird die Rechtswissenschaft zur Steuerungswissenschaft.“; Als „Selbstvergewisserung“, die außerhalb des Systems auch zum Alltag gehört: Ernst, Gelehrtes Recht, in: Engel/Schön (Hg.), Das Proprium des Rechts (2008), 3 ff. (24); als Gegenüberstellung zwischen ‚dogmatisch‘ ./. ‚mehr reflexiv‘: Morlok, Der Text hinter dem Text. Intertextualität im Recht, in: Blankennagel u. a. (Hg.), Verfassung im Diskurs der Welt (2004), 93 ff. (95). 91 Poscher (Fn. 27), 101 ff. 92 Bender, Zäsurenzeit. Reflexionen zur Tarifautonomie, in: Kiesow u. a. (Hg), Summa (2005), 1 ff. 93 Optimistisch: Alexy (Fn. 5), 11 f.; nüchtern zur Selbstlimitierung: Depenheuer, Recht und Tabu (2003), 8. 94 Vgl. Fn. 27. 95 Baer (Fn. 27), 756 f., versteht die reflexive Methode des Vergleichs im „dialogischen, selbstkritischen Lernen“, mit dem Fremdheiten offen zu legen und ein Wechselspiel aus Fremdheit und vertrauter Erkenntnis auszuhalten sei; Bast (Fn. 27), 57 spricht (‚Vertrag über eine Verfassung für Europa‘) von einer „reflexiven Verfassung, die normative Anforderungen an sich selbst formuliert, ohne ihnen in allen ihren Bestimmungen schon gerecht zu werden,“ und nennt beispielhaft abweichende Ausgestaltungen, wie z. B. die europäische Währungspolitik mit ihren Abweichungen vom Normalfall der Gemeinschaftsmethode, das Einstimmigkeitserfordernis bei Flexibilitätsklauseln (Art. I – 19 VVE ), sowie provisorische Zukunftsregimes, in denen der Verfassungsgeber sich selbst adressiere wie z. B. die Passarelle (Art. IV – 444; III -210 Abs. 3 VVE ).
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zentrale Bezugspunkt des Selbst vervielfältigt sich. Statt des ‚Vanishing Points‘ systemischer Zentralperspektive entsteht in der Vervielfältigung der lokalen Bezugspunkte ein ‚Vanishing-Pointilismus‘. 96 Reflexion als Form der Konzentration oder normativen Abdichtung zu deuten, dürfte so schwierig sein. Der reflexive Vergleich, dessen eingebildetes Drittes die Globalisierung selbst ist, ist eine dezentrale Oszillation zwischen unzähligen lokalen Bezügen. Das alles sind aber spekulative Beschreibung von Rechtstheorien, Methoden und Dogmatiken, die Begriffe wie ‚Reflexion‘ und ‚Reflexivität‘ explizit weder näher noch weiter entfalten.
VII. Ich unterstelle, dass es eine genetische Bruchlinie zwischen den ‚trivialen‘ Reflexionstheorien und dem Kernlager der ‚reflexiven Theorie‘, das an das Paradigma der Selbstreferenz und der Autopoiesis anschließt gibt. 97 „Von reflexivem Recht sollte man also dann und nur dann sprechen, wenn das Rechtssystem sich als ein autopoietisches System in einer Welt von autopoietischen Systemen identifiziert und daraus operative Konsequenzen zieht“ fordert Teubner. 98 Danach wird die Konsequenz als Modellierung „internalisierter Externalität“ beschrieben, bei der Selbst- und Fremdreferenz „verbunden“ werden und die „Außenseite der Innenseite auf der Innenseite des Rechts“ thematisiert wird. 99 Im Hinblick auf die operativen Schlüsse entwickelt sich eine erste Distanz: ‚Reflexives Recht‘ soll nicht als Argument für besseres Recht herhalten und dogmatische Entwicklungen nicht für theoretisch planbar halten: die Handhabbarkeit des reflexiven Rechts ist einer zentralen Instanz enteignet.100 Für diese genetische Bruchlinie gibt es wegen der anfänglichen Distanzierungen und Enteignungen auch keinen ‚richtigen‘ historischen Zeitpunkt: Zu diachronisch organisiert sind die verschiedenen Poetiken, Theorien, Philosophien und reflexiven Mechanismen. Der Hinweis auf die genetische Bruchlinie ist darum eine Unterstellung, die im Übergang den Sprung der Reflexion nachvollziehen muss und so Geschichte exemplarisch werden lässt. Das Kernlager der reflexiven Theorie trifft schließlich nicht nur Aussagen über sein eigenes Recht, sondern über auch über jenes Recht, in dem trivial und unter Missachtung der ‚Teubner96 Die erste Metapher prägt: Lauterpacht, The Problem of the Revision of the Law of War, British Yearbook of International Law 29 (1952), 360 ff. (382); zum entsprechenden Problem in der Systemtheorie Lüdemann (Fn. 81), 63 f. 97 Problematisch: Menke (Fn. 17), 81 zur historischen Verortung. 98 Teubner (Fn. 3), 87. 99 Wielsch, Freiheit und Funktion: Zur Struktur- und Theoriegeschichte des Rechts der Wirtschaftsgesellschaft (2001), 18; Amstutz (Fn. 30), 54. 100 Mit unterschiedlicher Gewichtung: Luhmann (Fn. 3), 17; Teubner (Fn. 3), 96.
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Doktrin‘ mit dem Konzept hantiert wird, das insofern aus einem anderen Zeitalter stammt. ‚Sprunghaft reflexiv‘ versucht Luhmann, durch Begriffsbestimmungen und Idiosynkrasien dem Horizont der eigenen Zeit zu entgehen, und er stellt wiederholt dabei fest, dass sie eine Konditionierung ist, von denen sich die Gesellschaftstheorie nicht ausnehmen kann.101 Der Sprung der Unterstellung soll also die vielschichtige Verfaltung der Bruchlinie nicht leugnen: Mit harter Systemgrenze verwendet Luhmann ein Set weiter differenzierter Begriffe. Neben den drei oben genannten Begriffen kennt er ‚Reflexion-in-sich‘ 102 ‚Reflexion zweiter Stufe (Reflexion der Reflexion)‘ 103, ‚Reflexionstheorie‘ ‚reflexive Mechanismen‘, ‚Selbstbeschreibung‘, ‚Selbstbeobachtung‘ 104 und ‚Selbstreflexion‘, die sich auf vielfältige Grenzen des Selbst einstellen sollen und mit denen das Gesetz der Autopoiesis vielstimmig, erweitert und dezentriert wird. Neben der Rechtstheorie, die Luhmann als einen systeminternen Bereich der Selbstbeschreibung und Selbstreflexion versteht, gibt es reflexive Mechanismen wie die Regeln über Gesetzgebungsverfahren oder das subjektive Recht 105. Hinzu kommt, dass in Luhmanns Begriff der Kommunikation die Annahme eines reflexiven Selbstbezuges eingebaut ist und Kommunikation danach immer auch kommuniziert, dass sie kommuniziert.106 Weil Luhmann die Begriffe in ihren Abstufungen nicht synonym verwendet, und in seinem Begriff der Reflexivität Verschiebungen feststellbar sind 107, vervielfältigen und zerklüften sich schon im eigenen Entwurf die ‚einigen Probleme‘ des reflexiven Rechts, in dem Maße, in dem sich die Bezugspunkte vervielfältigen.108 Wenn die Metapher des Spiegels passen soll, dann es ist ein vielfach facettierter Spiegel.109 Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 1132. Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 855; die Formulierung prägt Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften Bd. I (1986), § 113. 103 Luhmann, ebd. 104 Zur Unterscheidung von Selbstbeschreibung und -beobachtung Luhmann, Die Politik der Gesellschaft (2000), 320 ff. 105 Luhmann, Subjektive Rechte: Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne Gesellschaft, in: Gesellschaftsstruktur und Semantik Bd, 2 (1993), 45 ff. (66); Menke (Fn. 17); kritisch: Ladeur (Fn. 17). 106 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 1 (1997), 14. 107 Terminologisch unterschieden: Luhmann (Fn. 24), 600 ff. (Reflexivität: Prozess auf Grundlage der Unterscheidung Vorher/Nachher; Reflexion: Operation auf Grundlage der Unterscheidung System/Umwelt); ders. Reflexive Mechanismen, in. Soziologische Aufklärung 1 (2005), 116 ff. (Reflexivität: Vermittlung durch gleiche Akte; Reflexion: Vermittlung durch das handelnde System); ohne terminologische Unterscheidung ders. (Fn. 3). 108 Ziegert (Fn. 32), 99 ff. zum „Babylon“ globaler Reflexionstheorien jenseits des internen Luhmannschen Entwurfes und zur Tragfähigkeit des Konzepts im Luhmannschen Jenseits. 109 Die Abstufungen sind nicht instanziell nummerierbar oder teleologisch schichtbar, und in einem historisch/evolutionärem Aufbau zu „exzentrischem Selbstbezug“ ist die Ordnung zeitlich nicht fassbar. Das nähme das der Suchbewegung nicht nur die Zeitlosigkeit, sondern auch den Zeitdruck; dazu: Menke, Spiegelung der Gleichheit (2004), 208 ff. 101
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Luhmann spricht von ‚barocker Logik‘.110 Und er teilt damit die Probleme, die seine Wissenschaftsumwelt in ihrem lockeren und trivialen Umgang mit einer reichen Begriffsgeschichte hat: Zwischen ihm und ihr steht eine barocke Fassade – die man nicht ignorieren kann.111 In Luhmanns eigenem ‚Vanishing-Pointilismus‘ wird erkennbar, wie weit entfernt Luhmann – bei aller Nähe – von einem ‚Quasi-Autopoieten‘ wie Kelsen ist. Auf einen Punkt, geschweige denn einen archimedischen Punkt, lässt sich Autopoiesis nicht bringen; die Vergleiche zwischen Code, Grundnorm und archimedischem Punkte produziert Analogien, die knapp vorbei und doch daneben sind. Schon wenn Luhmann ‚Selbstreflexion‘ auf eine Absonderung innerhalb der Rechtswissenschaft bezog, auf eine „Theorie des Systems im System“ und damit einen von der Dogmatik getrennten Bereich der Rechtswissenschaft meinte, machte die Formulierung die genetische Bruchlinie zwischen der ‚(Theorie des Systems) im System‘ und der ‚Theorie des (Systems im System)‘ doppelbödig.112 Der Beobachter sitzt auf mehreren Systemgrenzen zwischen System, Subsystem und ‚Metasystem‘.113 Zwischen Reflexion (Systemidentität) und Reflexivität (Prozeßidentität) entsteht ein Sprung, der nicht in der Zeit und nicht im System ist. Reflexion und Reflexivität überlappen, aber fusionieren nicht, wenn das System auf ein „Selbstverhältnis angewiesen ist, das sich in der Reflexion nicht voll erfassen lässt, weil es alle Reflexionen selbst durchführen, also immer schon in Gang sein und in Gang bleiben muss.“ Die Rechtstheorie, die „der Organisation des Rechtssystems verpflichtet“ ist und die Jurisprudenz, die eine vom „ausdifferenzierten Rechtssystem versklavte Reflexionstheorie“ ist 114, stiften – so die These Luhmanns – blinde Flecken und „entfaltungsfähige Paradoxien“ und damit: Unruhe und Wanderer-Fantasien.115
VIII. Luhmanns Dreier – die binäre Codierung, die operative Geschlossenheit und die Funktion –, können sie dafür sorgen, dass sich bei allen Einspeisungen die große Furche der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung von den 110 Luhmann (Fn. 3). Die unaufhörliche Bildung von Falten ist die operative Funktion und das Charakteristikum des Barock, Deleuze, Die Falte. Leibnitz und der Barock (2000), 11 ff. 111 Näher: Schmidt, Die Differenz der Beobachtung: Einführende Bemerkungen zur Luhmann-Rezeption, in: de Berg/ Schmidt (Hg.), Rezeption und Reflexion: Zur Resonanz der Systemtheorie Niklas Luhmanns außerhalb der Soziologie (2000), 8 ff. 112 Zur historischen Differenzierung: Ziegert (Fn. 32), 97 ff. 113 ‚Metasystem‘ taucht bei Luhmann nicht auf; zum – aus der Sicht des Subsystems naheliegenden – Konzept: Renner, Luhmanns Gerechtigkeit (i.E.). 114 Ziegert (Fn. 32), 96/101. 115 Luhmann (Fn. 23), 500.
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kleinen Vibrationen rhetorischer Oberflächenspannung und ökologischer Programmierung unterscheidet? Scheiden die drei Amplifikation von Reflexion? Die Überlegungen richten sich – insbesondere bei Teubner – auf Abstimmungen, die das Recht sensibel halten sollen, ohne es zum ‚High Fidelity Amplifier‘ verkommen zu lassen. Die Ideen des Rechtscodes, der operativen Geschlossenheit und der funktionalen Differenzierung pflegen das Phantasma eines Bezuges, der zu sich selbst zurückkehren kann, und sei es nur, um von dort aus sich um ungeklärte Konnektivität mit dem Anderen des Rechts zu sorgen. In den Konzepten des reflexiven Rechts treiben die Drei die Eigenheiten des Rechts in nervösen Suchbewegungen zusammen. Ihre Pathologie steigert die Selbstbeobachtung eines enthüllten oder (Kontravalenz) entkernten Rechts. Mit allen drei Ideen sind weiter reichende Konzepte über die Verknüpfung von Code und Programm, über die interne Konsistenz juridischer Kommunikation und über eine größere Plastizität von Reflexionsstrukturen verbunden, die aber die Gretchenfrage nach der Verschachtelung von Recht und Gesellschaft eigentümlich-eigenschaftsfrei weiter reichen. Quid tum? 1. Teubner insistiert – wenn auch mit wechselnder Zurückhaltung – dass das Verhältnis zwischen formaler Bindung, Medien der Materialisierung und prozeduralen Einspeisungsfiltern die Membran des Rechts schützen und gesellschaftliche Aspirationen transfigurieren, zu: systeminternen Rekonstruktionen. Ist es eine Überraschung, dass eine Theorie, die in ersten und verspäteten Blicken, nie aber zur rechten Zeit fassbar ist, und die Zeitlosigkeit in Zeitdruck verwandelt, auf die simultanen Sekunden setzt, an denen Gesellschaft und Individuum, Recht und Gesellschaft sich wechselseitig kontaktieren? Ausgerechnet die Gleichzeitigkeit, der Moment und die entscheidende Simultanität ist in Teubners Konzeption der Maßstab richtiger Kontakte: Reflexion kommt im Reflex kurz zu sich. Von Direktkontakt ist bei Teubner keine Rede, aber von Kontakt auf der Basis von simultanem Sinn und gleichzeitigem kommunikativen Ereignissen. Statt Metaphysik der Präsenz: Termine? Statt Terminen: juristische Sekunden? Wenn die Theorie des reflexiven Recht sich stabilisiert, dann, weil es Bedarf nach einer Klärung der knappen Zeit gibt, in der das Recht operiert. Zeitschriften hat die Rechtswissenschaft schon länger zugelassen: ihre journalistischen Zweige möchte sie nicht so recht weitertreiben, groß ist die Scheu vor den „Partisanen des Augenblicks“(Kiesow). Aber: warum eigentlich nicht? 2. Die Entwicklung der Theorie des reflexiven Rechts steht in einer Tradition, in der das Verhältnis des Rechts zu seiner Umwelt exemplarisch anhand des Verhältnisses zu dem und denen gedacht wird, das und die sich seiner (ökonomisch oder politisch) bemächtigen wollen. Das Risiko der Reflexivität wird vor allem in der Verwechselbarkeit von Sensibilität und Hegemonie gesehen. Im Ansatz hat Teubner die Engführung des Verhältnisses zwischen Recht und Politik bei Nonet/Selznick kritisiert. Es ist nicht einfach,
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dieser Logik der Engführung zu entgehen. In einigen Figuren des sozialen Konstitutionalismus wirken die Leitmotive nach. ‚Expansion‘, ‚Kannibalisierung‘, ‚Korruption‘ deuten auf Sorgen postpolitischer oder postökonomischer Verhältnisse, die (sich) so fixieren, wie das Kaninchen die und vor der Schlange. Es gibt auch im reflexiven Recht transitive und intransitive Momente. Auf seltsame Art und Weise erleben Adressen der Repräsentation im intersystemischen Kollisionsrecht eine Renaissance, weil die Figuren vor Gericht zu Repräsentanten gesellschaftlicher Subsysteme werden. So hat Teubner die Gedanken zum reflexiven Recht über die aus dem Verhältnis Recht-Politik stammende Figur der ‚Verfassung‘ auf ein allgemeines intersystemisches Kollisionsrecht weiterentwickelt. Es ist kein Zufall, dass die KSFS diesen Zweig aufgreift, obwohl sie an der Unterscheidung zwischen Sensibilität und Hegemonie weniger interessiert ist und ihr Rückgriff auf die ‚colère publique‘ Figuren, Leidenschaften und Sorgen des Souveräns aufgreift: so ist das mit fixierten Sorgen. In seiner APO Phase, zerstreuten Konstitution und zerknitterten Grenzverfaltung trifft das ‚reflexive Recht‘ aber noch auf andere Herausforderungen. Ihr eigenes Risiko liegt in der Entwicklung einer ‚verkehrten Rechtsquellenlehre‘ in der vorausgesetzt wird, dass man sich noch Sorgen um das Ökonomische, Politische, Religiöse und Künstlerische des Rechts machen könne. Immerhin kann man den Glauben an die Transzendierbarkeit zwischen Klagemauer und Wall Street überall treffen, egal ob man ostwärts oder westwärts fliegt und dabei lieber der Abendoder Morgendämmerung begegnen möchte. Immer steht man dieseits/ jenseits der Mauer. Aussonderung, Einkreisungen, Teilhabe, Widerstände, Nachahmung, Spektakel, Spekulation, Verknappung und Kluft finden sich in allen Ecken gesellschaftlicher Differenzierung, ebenso wie Tausch, Stabilisierung, Konzentration, Verzögerung und ihre Gegenteile. Alles ist in der Globalisierung erfasst, kreuzt sich und verzehrt. Die Adressen verrutschen. Die selbstreferentielle Gerechtigkeitssemantik ‚made in law‘ hat bis heute auch ohne feudale Außenwelt eine ‚high fidelity‘ Innenwelt entwickeln können. Kann man sich aber jenseits funktionaler Differenzierung weiter auf die Systemloyalität der Teilnehmer verlassen, oder ist die Rekursion auf interne Kohärenz die Bewegung eines großen Schleiermachers? Und mit welchem Recht spricht man in einer Welt ohne archimedischen Punkt noch von Abweichung? 3. Anders als der Tod kann Differenzierung auf ein Beiwort verzichten: Sie ist eigenschaftsfrei. Hier funktional, dort sektoriell, eben stratifikatorisch, gleich namenlos. Die Theorie des reflexiven Rechts … macht da nichts. Sie kann Differenzierungen nicht leugnen und sich nicht mit ihnen begnügen. Der Sündenfall der Ausdifferenzierung kann nicht zurückgenommen, hoffentlich aber verziehen werden. Der Sündenfall der Korruption kann nicht zurückgenommen, hoffentlich aber verziehen werden. Einstweilen spricht man unbekümmert von ‚Sachwerten‘, ‚Sicherheitsdiensten‘, ‚market-state‘
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‚Zivilverfassung‘ ‚Kunstmarkt‘ und ‚soziologischer Jurisprudenz‘, als wären das nicht haltlose Kreuzungen, die mangels Hypostase nur spekulativ als Hybrid und ebenso spekulativ als Fragment bezeichnet werden können. Negative Ökonomie, Politik, Theologie oder Rechtswissenschaft könnte noch als Krise beschrieben und in Griff bekommen werden. Aktuelle Zeiten stehen aber unter Druck, weil sie im Mangel an Außenwelt nicht ans ‚Nichts‘ geraten. Sie geraten an Dinge, die aus der Spur gelaufen und in Felder, die verspurt sind. Innerhalb des Recht: verkehrte Ausgangslagen. Außerhalb: dito. Auf der Suche nach der unverbrauchten Zeit und in eigenschaftsfreien Differenzen erfasst die Reproduktion des Rechts eine seltsame Ähnlichkeitsunruhe, die als Fragmentierung oder Hybridisierung diagnostiziert werden kann. Die Diagnose gibt aber nur Auskünfte, ob der Beobachter sich in Z(uk)ünfte ein- oder ausschließt. Das Recht in Stücken, in Stücken … das Recht. Wachten wir morgen früh ohne Recht auf, wir merkten es nicht. Ob das ein Albtraum ist?
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Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und seine systemtheoretische Rekonstruktion Thomas Vesting
I. Vorbemerkung zum epistemologischen Status des Verfassungsbegriffs Jede wissenschaftliche Begriffsbildung muss ein „gemeinsames Wissen“ voraussetzen, wenn die Verständigung über Begriffe möglich sein soll. Auch eine konstruktivistische Epistemologie, die die Kontingenz allen Wissens betont und seine Abhängigkeit von einem unterscheidungsgebundenen Denken, kann auf gemeinsames Wissen, etwa in Form eines etablierten öffentlichen Sprachgebrauchs, nicht verzichten. Der unmittelbare Zugang zu einer den Unterscheidungen vorausliegenden „Außenwelt“ wird in dieser Perspektive ausgeschlossen,1 aber nur in dem Sinn, dass die Kontingenz der Ordnungen der modernen (liberalen) Gesellschaft durch das Beobachten von Beobachtungen gefiltert und ein Rückgriff auf das alte Rationalitätskontinuum von Sein und Denken ebenso unmöglich wird wie transzendentale (subjekttheoretische) Begründungen der objektiven Erkenntnis der Einheit der Welt in der Traditionslinie Descartes, Locke, Hume und Kant. „Die Zeiten, in denen man sich die Figur eines cosmothereos, eines Betrachters der Welt vorstellen konnte, sind vorüber.“ 2 Die Leugnung der Gegebenheit einer „Außenwelt“ und ihre Ersetzung durch subjektive Vorstellungen, gar durch Solipsismus, sind mit einem operativen Konstruktivismus dagegen nicht verbunden. Es geht nicht darum, die Realität der Gegebenheit der Welt in Abrede stellen zu wollen, sondern die Begrenzung der Erkenntnismöglichkeiten jeweiliger Beobachtungsperspektiven zu akzeptieren und um das Einrücken allen Erkennens in die historische Zeit, um die Umstellung auf eine pragmatisch orientierte „Bewährungs-
1 Niklas Luhmann Soziologische Aufklärung Bd. 5, 1990, 33; William Rasch Observing Complexity, Minneapolis 2000, 80; in rechtstheoretischer Perspektive Karl-Heinz Ladeur/ Ino Augsberg Toleranz, 2007, 45. 2 Jean-Luc Nancy Die Erschaffung der Welt oder die Globalisierung, 2003, 33.
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theorie“ der Wahrheit. 3 Beispielsweise muss mit der Wahrheit der Relativitätstheorie gerade heute gerechnet werden, auch wenn es sich dabei um eine „Konstruktion“ in dem Sinne handelt, dass die alte Welt der aristotelischen Physik die Vorstellung einer Relativität von Zeit und Raum nicht kannte. Auch in einem rechts- und verfassungstheoretischen Text über den Begriff der Verfassung muss gemeinsames Wissen vorausgesetzt werden. Vor allem in der Perspektive einer wirklichkeitswissenschaftlichen Verfassungstheorie (im Unterschied zur reinen Textorientierung) hat der Verfassungsbegriff einen gesellschaftlichen und historischen Wahrheitskern: „Verfassung“ ist eine auf den Nationalstaat westlicher (christlich-jüdischer) Prägung bezogene Begrifflichkeit. Dieser Ausgangspunkt macht jeder Reflexion über den Verfassungsbegriff Vor-Gaben, die hingenommen, aber nicht einfach beliebig „rekonstruiert“ werden können. Als dezidierter Vertreter einer soziologischen Jurisprudenz setzt auch G. Teubner den Akzent bei der Evolutionsabhängigkeit des modernen (liberalen) Verfassungsbegriffs, den er allerdings aufgrund eines sich abzeichnenden Prozesses polyzentrischer Globalisierung heute von einer „Mehrzahl von Zivilverfassungen“ ergänzt bzw. abgelöst sieht: (Welt-)gesellschaftliche Teilverfassungen globaler Sektoren, die die herkömmliche Trennung von öffentlichem und privatem Recht unterlaufen, betreiben einen creeping constitutionalism, der neben die von Teubner als „politische Verfassungen“ bezeichneten Verfassungen der Nationalstaaten tritt. 4 Damit wird die über einen langen Zeitraum gültige, als notwendig und unverzichtbar angesehene Verknüpfung von Verfassungsbegriff und Nationalstaat aufgegeben und durch eine komplexere Vorstellung einer mit Kollisionen rechnenden Konfiguration von teils weltgesellschaftlich funktionalen (wie z. B. die Digitalverfassung des Internets), teils politischstaatlichen Verfassungen (wie z. B. dem deutschen Grundgesetz) ersetzt. Aber ist diese Konzeption eines societal constitutionalism tragfähig? Oder ist sie nur eine typisch zivilgesellschaftliche Illusion? 5 Die Beantwortung dieser Frage könnte auch helfen, eine Perspektive auf das allgemeinere Problem zu gewinnen, ob und inwiefern es heute notwendig geworden ist, die Staatszentrierung des Verfassungsbegriffs aufzugeben und statt von der amerikanischen, englischen, französischen oder deutschen Verfassung von „globa-
3 Etwa im Sinne der frühen Umformulierung des Erkenntnisproblems bei F. Rosenzweig. Vgl. dazu Eveline Goodman-Thau Historie, Hermeneutik, Humanität, in: dies. (Hrsg.), Zeit und Welt, 2002, 31 ff., 45. 4 Vgl. Gunther Teubner Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 63 (2002), 1–28; vgl. allg. auch Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner Regime-Kollisionen, 2006, 25 ff. 5 So Karl-Heinz Ladeur „We, the European People“ … – Relâche?, European Law Journal 14 (2008), 147 ff., 156; abwägender ders./Viellechner, Lars Die transnationale Expansion staatlicher Grundrechte, Archiv des Völkerrechts 46 (2008), 42 ff., 51 ff.
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lem Konstitutionalismus“ zu sprechen bzw. von einem sich ankündigenden „Konstitutionalismus ohne Staat“. 6
II. Moderne Gesellschaft, Nationsbildung und moderner (liberaler) Verfassungsbegriff Vielleicht ist es übertrieben, die moderne (liberale) Verfassung und die damit verbundene Suche nach einer dieser entsprechenden politischen Form (nationaler Bundes- oder Zentralstaat) auf die amerikanische Revolution (1763–1787) zurückführen zu wollen. Es ist aber sicherlich nicht übertrieben zu behaupten, dass der moderne Verfassungsbegriff nicht vom Vorgang der Bildung einer einheitlichen Nation jenseits der lokalen und regionalen Identitäten (Siedlungen, Städte etc.) abgelöst werden kann. Auch wenn beide Vorgänge, Nationsbildung und Verfassungsbildung, in den Vereinigten Staaten besonders eng miteinander verknüpft waren, war das Auftreten nationaler Verfassungsbewegungen doch in allen westlichen Ländern mit dem Durchbruch einer auf Privateigentum, individueller Freiheit und Buchdruck beruhenden Gesellschaft vermittelt. 7 Die Emergenz eben dieser modernen (liberalen) Gesellschaft war aber seinerseits ein kontingenter, von keiner göttlichen Vorsehung und keinem Weltgericht gesteuerter evolutionärer Prozess der Herausbildung einer neuartigen kollektiven Ordnung jenseits der Ordnung der Tradition – und damit das Ergebnis eines systemischen Prozesses jenseits des Handlungswillens einzelner Menschen. Für diese tiefe Einsicht haben die soziologischen Klassiker immer einen guten Sinn bewahrt. Georg Simmel hat den modernen Menschen bereits in der Philosophie des Geldes (1900) ein „objektives Tier“ genannt und von einer tragischen „Versittlichung durch den Kulturprozeß“ gesprochen, davon, 6 Zu dieser umfangreichen Diskussion aus neuerer Zeit vgl. nur Armin von Bodandy Constitutionalism in International Law, Harvard International Law Journal 47 (2006), 223 ff., 241 (vorsichtig bejahend); Andreas Fischer-Lescano Globalverfassung, 2005; Anne Peters, The Globalization of State Constitutions, in: Nijman/Nollkaemper (Hrsg.), New Perspectives on the Divide Between National and International Law, 2007, 251 ff.; Christian Walter (Inter)national Governance in verfassungsrechtlicher Perspektive, in: WindhoffHéritier/Stolleis/Scharpf (eds.), European and International Regulation after the Nation State, 2004, 31 ff.; skeptisch z. B. Rainer Wahl Erklären staatstheoretische Leitbegriffe die Union?, JZ 19 (2005), 916 ff.; Paul Kirchhof Verfassungsgebung jenseits des Verfassungsstaates?, in: Trute/Groß/Röhl/Möllers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 769 ff., 793; Christian Hillgruber Braucht das Völkerrecht eine Völkerrechtswissenschaftstheorie?, in: Jestaedt/Lepisus, Rechtswissenschaftstheorie, 2008, 113 ff. 7 Dazu nur Dieter Grimm Die Zukunft der Verfassung, 1991, 67 (allerdings ohne Berücksichtigung des Buchdrucks); vlg. auch Karl-Heinz Ladeur, Der Staat gegen die Gesellschaft, 2006, 93; zu eng dagegen auf die staatliche Souveranität fixiert Ulrich K. Preuß, Artikel Verfassung, Historisches Wörterbuch der Philosophie, 2001.
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„dass immer mehr Lebensinhalte in transindividueller Gestalt objektiviert werden: Bücher, Kunst, ideale Gebilde wie Vaterland, allgemeine Kultur, die Formung des Lebens in begrifflichen und ästhetischen Bildern“. 8 Für Max Weber war die moderne (liberale) Gesellschaft ganz ähnlich durch eine formale, nicht mit den Intentionen von Akteuren verrechenbaren Rationalität bestimmt. 9 Und noch im späten 20. Jh. hat Niklas Luhmann den Durchbruch zur modernen Gesellschaft als irreversiblen Prozess der Umstellung von Stratifikation auf funktionale Differenzierung interpretiert, als nicht rückholbaren, nicht umkehrbaren „Sündenfall der Ausdifferenzierung“, der die Orientierung am Menschen als Zentrum der Gesellschaft zu einer Ideologie mache.10 Durch diesen Sündenfall wird der Begriff der Gesellschaft selbst problematisch, insofern die Einheit der postmodernen Gesellschaft nur noch als „symbolische“ Ordnung oder, so Luhmanns Vorschlag, als eine Selbstbeschreibung der sozialen Welt (unter anderen), als Gesellschaft der Gesellschaft, weiterkommuniziert werden kann. Der enge und unauflösliche Bezug des liberalen Verfassungsbegriffs zu einem evolutionären Kulturprozess jenseits der Intentionen der Einzelnen hat zur Folge, dass die Stelle des Subjekts der Verfassung in der (post-)modernen Gesellschaft leer bleiben muss und dieses hier keinesfalls – etwa via Demokratie – zu sich selbst kommen kann. Obwohl die extreme Individualisierung und Subjektivierung der Persönlichkeiten erst ein Effekt der modernen (liberalen) Gesellschaft ist, bleibt das Subjekt als Einzelner wie als Kollektiv auch in einer auf Differenzen beruhenden Ordnung mit ihm vorgängigen Gegebenheiten im Sinne distribuierter („interkonnektiver“) Phänomene wie einer öffentlichen Sprachpraxis konfrontiert, mit Realitäten, denen sich das Subjekt unterwerfen und mit denen es seine Wünsche und Phantasien abgleichen muss. „Das Subjekt ist einerseits als Individuum einer symbolischen Ordnung unterworfen, die ihm erst erlaubt, „Ich“ zu sagen und sich durch sein eigenes Sprechen als Anfang zu setzen. Ohne das Einrücken in einen objektiven übergreifenden sprachlichen und kulturellen 8 Georg Simmel Philosophie des Geldes, 2. Aufl. 1907, 306; daraus wird später, 1911, in der Philosophischen Kultur, die „Tragödie der Kultur“; dazu Stefan Breuer Ästhetischer Fundamentalismus, 1995, 175, 176. 9 Diese formale Rationalität zeigte sich für Weber ganz besonders in der Eigenlogik verschiedener Kultur-Erscheinungen des Okzidents, zu denen in der Einleitung zu den Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie (1920) Kapitalismus, formales Recht, legale Bürokratie und experimentelle Wissenschaft gezählt werden. Dazu Stefan Breuer Max Webers tragische Soziologie, 2006, 8; zum daraus folgenden „Polytheismus der Werte“ vgl. nur Wolfgang Schluchter Religion und Lebensführung, 1988, Bd. 1, 302; an diesen Kontext knüpfen auch vielfach Überlegungen von Gunther Teubner an, z. B. seine Überlegungen zum „Dilemma der Rationalisierung“ in: Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 63 (2003), 1 ff., 8 ff.; vgl. auch ders. Die anonyme Matrix, Der Staat 45 (2006), 161 ff., 167. 10 Niklas Luhmann Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1989, 344; Niklas Luhmann Soziale Systeme, 1984, 264.
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Zusammenhang ist kein Ich möglich. Andererseits ist es dadurch einer symbolischen Ordnung unterworfen, die seinen Willen begrenzt.“ 11 Das gleiche gilt für die Ebene des politischen Handelns. Die (politische) Gemeinschaft wird in der „in sich selbst und durch sich selbst zerbrochen(en)“ postmodernen Welt unbestimmbar.12 Sie kann nicht mehr als großer Mensch, als Person, wie noch bei Hobbes vorgestellt werden, aber sie löst sich auch in der postmodernen Gesellschaft nicht einfach in nichts auf; vielmehr bleibt sie als paradoxe Form der „undarstellbaren Gemeinschaft“ (Nancy) präsent. „Die ‚Gemeinschaft‘ ist uns gegeben, das heißt uns ist ein ‚wir‘ gegeben, ehe wir ein ‚wir‘ artikulieren oder gar rechtfertigen können.“ 13 Dieser hier nur grob skizzierte Entstehungs- und Verweisungszusammenhang verbietet es, die Verfassung aus dem bewussten Willen eines handlungsfähigen Subjekts hervorgehen zu lassen und sie beispielsweise zu einer „die politische Existenz in ihrer konkreten Daseinsform bestimmenden Entscheidung“ zu stilisieren.14 Entgegen Carl Schmitt kann eine verfassunggebende Versammlung zwar in einem die Verfassungsberatung abschließenden symbolischen Akt der „Verfassungsgebung“ der Verfassung mehr oder weniger Charisma verleihen, aber ob aus diesem historischen Anfang wie in den Vereinigten Staaten tatsächlich eine (anscheinend zeitlose) Gründung wird,15 war dort zunächst völlig ungewiss 16 und dürfte auch in anderen historischen Zusammenhängen einer erfolgreichen Verfassungsstiftung, etwa im Deutschland des Jahres 1949, alles andere als absehbar gewesen sein. Schmitts Insistieren auf den Augenblick, auf die Verfassungsgebung als Gründungsakt der politischen Existenz, geht daran vorbei, dass es nur mehr oder weniger lang anhaltende Ketten aneinander anschließender kommunikativer Akte der erfolgreichen Verankerung einer Verfassung als „höchster Autorität“ gibt; das kollektive Subjekt, das Schmitt anruft, ist dagegen dazu verdammt, „niemals seine eigene Stimme zu finden.“ 17 Nicht auf das angebliche Subjekt der Verfassung und nicht auf die formelle Existenz einer kon11 Karl-Heinz Ladeur/Ino Augsberg Die Funktion der Menschenwürde im Verfassungsstaat, 2008, 23; vgl. auch Karl-Heinz Ladeur Das subjektive Recht und der Wunsch nach Gerechtigkeit als sein Parasit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 109 ff., 115, 119. 12 Jean-Luc Nancy Die herausgeforderte Gemeinschaft, 2007, 16. 13 Nancy (Fn. 12), 38. 14 Carl Schmitt Verfassungslehre (1928), 1970, 22 (sog. positiver Verfassungsbegriff); dazu kritisch in jüngerer Zeit Hans Lindahl Constituent Power and Reflexive Identity, in: Loughlin/Walker, The Paradox of Constitutionalism, 2007, 9 ff. 15 Zur Unterscheidung von „beginning“ und „origin“ vgl. Mitchell Meltzer Secular Revelations 2005, 12; vgl. auch Jan Assmann Religion und kulturelles Gedächtnis, 2000, 25, 33 f., 189 (beide Autoren mit Verweis auf Thomas Manns Josephs Roman). 16 Meltzer (Fn. 15), 41; vgl. auch Stephen Mennell, Auf Mythenjagd in Amerika, Leviathan 2008, 191 ff., 2006. 17 Nancy (Fn. 12), 33; vgl. auch Lindahl (Fn. 14), 9 ff., 14, 21; vgl. auch G. Frankenberg Die Verfassung der Republik, 1996, 33 f., 62.
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stituierenden Versammlung kommt es also an, sondern auf „die soziale Institutionalisierung einer Verfassung“ 18 – und dieser Vorgang ist zunächst einmal an moderne Kommunikationstechnologien wie den Buchdruck und die marktförmige („freie“) Verbreitung von gedruckten Texten gebunden (und nicht an „große Entscheidungen“). Der Fall der US -amerikanischen Verfassungsgeschichte ist auch in dieser Hinsicht besonders lehrreich: Die US amerikanische Verfassung konnte nicht zuletzt aufgrund des Buchdrucks als geschriebenes und gedrucktes Gründungsdokument zu einer Realität ersten Grades werden.19 Dabei spielte eine auf die Verfassung bezogene und ebenfalls vom Buchdruck abhängige Nationalliteratur eine wichtige Rolle. Diese reichte von den frühen Rechtsanwaltsschriftstellern (Brown, Trumball, Tyler, Cooper etc.) über Abraham Lincoln, Ralph Waldo Emerson bis zu Walt Whitman und Herman Melville. Verfassungstheoretisch relevant ist diese Literatur vor allem deshalb, weil sie einen Impuls der Auserwähltheit auf die Verfassung übertrug, ihr dadurch einen erhabenen Charakter verleihen und den Prozess der Nationsbildung in einer spezifischen „literary art of uniting states“ vorantreiben konnte. 20 Ohne diesen kulturellen (symbolischen) Überschuss, ohne diesen engen historischen Zusammenhang von Verfassungsgebung und Nationsbildung, wäre die kommunikative Eigenstabilisierung der US -amerikanischen Verfassung als „höchster Autorität“ niemals realisierbar gewesen. Und man muss hinzu fügen: Noch heute speist sich die bindende Kraft der US -amerikanischen Verfassung gegenüber Abweichungen und Angriffen im politischen und gesellschaftlichen Raum aus eben dieser Tradition. 21 Diese Tradition hat aber letztlich religiöse Wurzeln: Die Verfassung ist ein Instrument zur Bindung von Ungewissheit jenseits der Bindungen der Tradition und damit vor allem: jenseits der Unmittelbarkeit der Bindungskräfte der (christlich-jüdischen) Religion. Die Erfindung der Verfassung ist nicht zuletzt die Reaktion auf die Entlassung eines profanen Raums aus der Vormundschaft der Kirche, der Versuch einer endogen unruhigen Gesellschaft ein haltbares Fundament zu geben: Auf der Grundlage eines säkularen Gründungsaktes soll eine übergreifende Gesetzmäßigkeit „konstituiert“ werden, mit der die Ungewissheit und Unbestimmtheit einer zukunftsoffenen Gesellschaft aus-
Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 16. Zum Verhältnis der Pergament-Urschrift und der gedruckten Version der Verfassung vgl. M. Ethan Katsh The Electronic Media and the Transformation of Law, 1989, 266; zur Bedeutung der Schrift für den modernen Verfassungsbegriff vgl. auch Hermann Heller Staatslehre als politische Wissenschaft, in: ders., Gesammelte Schriften III , 1992, 385. 20 Meltzer (Fn. 15), insb. 156 ff.; zum Zusammenhang von Buchdruck und Nationsbildung vgl. allg. auch Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 295, 296; und Marshall McLuhan Understanding Media (1964), 2006, 185 ff. 21 Meltzer (Fn. 15), 157. 18 19
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gehalten werden kann. 22 Das macht die Verfassung zu einem paradoxen Unternehmen: Sie dient der „Fixierung von Unruhe“. 23 Diese Paradoxie hat Mitchell Meltzer für den Fall der US -amerikanischen Verfassung jüngst als Paradoxie einer „säkularen Offenbarung“ interpretiert und mit dem Gründungsmythos des Judentums, der göttlichen Gabe der Zehn Gebote an Moses, assoziiert. „Yet the most striking parallel of the constitutional founding to the Sinaitic revelation is that in both cases a group of separate, if related, social entities became a People. The biblical Hebrews had similarly come from elsewhere to their land and thus faced the conundrum of a beginning without an origin, and both the biblical revelation and the Constitutional Convention converted that beginning into something that was also an origin. The tribes of Israel became a nation and the Chosen People, so the states of the former colonies became a nation and a People.” 24 Diese Nähe der Nationalstaatsverfassung zu einer an die christlich-jüdische Tradition anknüpfenden Einheitssemantik („We, the people“) macht die moderne Verfassung zu einem fragilen Gebilde. Die religiösen Wurzeln bleiben auch in der säkularen Verfassung als das historisch Überwundene präsent, als (Rest-)Transzendenz in der Immanenz, 25 und dieser Rest provoziert immer wieder interne Spannungen und Widersprüche, die nicht leicht aufzulösen sind, sondern, sofern sie aufbrechen, nur durch kluges pragmatischen Agieren – von Fall zu Fall – bewältigt werden können. Auf der einen Seite ist die Verfassung mehr als eine bloße Technik zur Organisation politischen Handelns; sie will ja nicht nur der institutionalisierten Politik, sondern sogar der Souveränität des Volkes selbst Schranken setzen. Das kann aber nur unter der Voraussetzung gelingen, dass die Verfassung eine aller Souveränität vorgängige Autorität zur Geltung bringt, die heute nicht mehr einfach auf „Identität“ rekurrieren kann („We, the people“), sondern als das Andere der Souveränität in Anschlag gebracht werden muss, als Antizipation der Verpflichtung der anderen, 26 als Vertrauen in die Institutionen des Verfassungsstaates und die ihm zugrunde liegenden Konventionen. Auf der anderen Seite institutionalisiert und verstärkt die moderne Verfassung in ihren Grundrechtskatalogen gerade den Sündenfall der Ausdifferenzierung, die Drift zur Fragmentierun und Polykontextualität, die Transformation der modernen in eine postmoderne Gesellschaft. Die systemtheoretische Forschung hat deshalb immer wieder darauf insistiert, dass die 22 Vgl. dazu auch Ladeur (Fn. 7), 54; zu dem Zusammenhang von Verfassungsgründung und Säkularisierung vgl. auch Frankenberg (Fn. 17), 57 ff. 23 Luhmann (Fn. 20), 1063. 24 Meltzer (Fn. 15), 49 f. 25 Vgl. Nancy (Fn. 2) 2003, 35 f. mit Verweis auf Blumenberg; vgl. allg. auch Norbert Bolz Das Wissen der Religion, 2008. 26 Nancy (Fn. 12), 41; vgl. auch Lindahl (Fn. 14), 14, 21.
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moderne Verfassung im Grundrechtskatalog nicht einfach einen Katalog von subjektiven (Entscheidungs-)Rechten im Sinne individueller Rechtspositionen garantiert, sondern die Autonomie sich gegenseitig abgrenzender Handlungssphären, die „Eigenlogik“ von Funktionssystemen wie Wirtschaft, Massenmedien, Wissenschaft, Kunst, Religion usw.; Teubner betont deshalb immer wieder die institutionelle Dimension der Grundrechte, Ladeur/Augsberg sprechen auch von Grundrechten als „Entdifferenzierungssperre“.27 Das zeigt sich rechtsdogmatisch etwa an der Notwendigkeit der Formulierung objektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalte im Bereich der Massenmedien, die eine produktive Form der Selbstorganisation des Rundfunkprozesses (Programmfreiheit) jenseits individuell zurechenbarer Handlungsintentionen gewährleisten soll. 28 Diese Notwendigkeit ist im Bereich der Religionsfreiheit vielleicht noch evidenter, weil Religion ein per se transindividuelles Sinngefüge ist, nicht aber eine Angelegenheit einzelner Privatpersonen. 29 Man könnte aber auch an das (immaterielle) Eigentum denken, das im Verfassungsrecht gerade im Hinblick auf seine (informations-) wirtschaftlichen kollektiven Funktionen, nicht aber im Hinblick auf individuelle Beliebigkeit spezifiziert wird. 30 Die innere Ambiguität der Verfassung verlangt ein ständiges Oszillieren zwischen Einheit und Differenz, die G. Teubner – im Anschluss an Luhmanns semantische Analysen zum Staatsbegriff 31 – völlig zu Recht in der Beziehung Politikverfassung/Gesellschaftsverfassung lokalisiert. 32 Der Logik der Identität, der Notwendigkeit des Anrufs einer „gemeinsamen Sache“, die der nationalstaatliche Verfassungsbegriff als paradoxes Erbe einer säkularen Offenbarung mitführt, tritt die Dynamik der Ausdifferenzierung der Gesellschaft im Grundrechtsteil entgegen. Diese gegenläufigen Impulse zeigen sich historisch schon früh in der Spannung, die zwischen der Vorstellung eines Sich-Verfassens der Nation im konstitutionellen Staat einerseits und einer auf Privateigentum und Freihandel beruhenden Wirtschaft andererseits liegt, gegenläufig insofern, als das Interesse an einem freien Handel zugleich die prinzipielle Offenheit und Durchlässigkeit von nationalen Staatsgrenzen und damit die Akzeptanz des Fremden einfordern muss. Im Fall der US -amerikanischen Verfassungsgeschichte kommt diese Oszillation zwischen einer „transzendenten Einheit der Nation“ und einer Teubner (Fn. 4); Ladeur/Augsberg (Fn. 11), 5 ff. Seit BVerfGE 12, 205, 260 („institutionelle Freiheit“); Thomas Vesting Prozedurales Rundfunkrecht, 1997, 150 ff., 220 ff. 29 Ladeur/Augsberg (Fn. 1) 2007, 46; Bolz (Fn. 25), 139. 30 Näher Karl-Heinz Ladeur/Thomas Vesting Geistiges Eigentum im Netzwerk – Anforderungen und Entwicklungslinien, in: Eifert (Hrsg.), Schriften zur rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung, 2008, i.E.; vgl. allg. auch Dan Wielsch Zugangsregeln, 2008. 31 Niklas Luhmann Die Politik der Gesellschaft, 2000, 189 ff., 217. 32 Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 5. 27 28
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„materialistischen Zerstreuung“ am sinnfälligsten im Franklin zum Ausdruck, dem so genannten „Fugio“, einer schon 1787 vom Kongress autorisierten Münze, die der Legende „We Are One“ auf der einen die Legende „Mind Your Business“ auf der anderen Seite gegenüberstellt. 33 Im Frankreich des 18. Jh. führt diese innere Ambiguität letztlich zum Scheitern der Revolution: Die Höherstufung der Logik der Identität gegenüber der Dynamik der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung kündigt sich bereits im Voluntarismus des durch Rousseau beeinflussten radikalen Flügels der französischen Verfassungsbewegung an, insofern der Verfassungsbegriff hier ganz auf den einheitlich konzipierten Willen der souveränen Nation verschoben wird, der sich scheinbar von allen Bindungen und Beschränkungen der Tradition lösen kann. 34 Die Spannung zwischen den Vorzügen der Menschenrechte, der Diversität, des Handels und der sozialen Vernunft wird zugunsten von politischer Einheit, absoluter Souveränität und homogener Bürgertugend aufgelöst, um schließlich in einer messianisch legitimierten Schreckensherrschaft, dem Jakobinismus, zu landen. 35
III. Verfassung als strukturelle Kopplung von Recht und Politik? Wenn die bisherigen Ausführungen den modernen (liberalen) Verfassungsbegriff einigermaßen treffen, dann gehört der Verfassungsbegriff zu den „schlimmen“ Begriffen im Sinne Luhmanns. Wie „Kultur“ 36 – aber auch wie „Sprache“, „Religion“ oder „Staat“ – verweist „Verfassung“ auf etwas hochgradig Unbestimmtes, einen schwer greifbaren, schwer kanalisierbaren Sinnüberschuss, der auch theoretisch nicht einfach zu kontrollieren ist. Gerade vom Standpunkt einer Theorie funktionaler Differenzierung lässt sich der Verfassungsbegriff nicht genau fixieren und einem bestimmten System und seinen Ordnungsmechanismen (Codes, Programme, Funktionen) zuordnen. Noch Luhmanns Vorschlag, den Begriff der Verfassung als „Verknüpfungsbegriff“, als Fall der strukturellen Kopplung von Rechtssystem und politischem System neu zu fassen, 37 scheint die in der Verfassung angelegte Unruhe nicht wirklich kanalisieren zu können. Die Funktion der VerMeltzer (Fn. 15), 53. Keith Michael Baker Verfassung, in: Furet/Ozouf (Hrsg.), Kritisches Wörterbuch der Französischen Revolution, Bd. 2, 1996, 896 ff., 900 f. 35 Baker (Fn. 34), 918 f.; vgl. auch François Furet Das Ende der Illusion, 1995, 49 f. 36 Niklas Luhmann Die Kunst der Gesellschaft, 1995, 398; vgl. auch Dirk Baecker Wozu Kultur?, 2000, 133, 147. 37 Niklas Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Rechtshistorisches Journal 9 (1990), 176 ff.; ders. Das Recht der Gesellschaft, 1993, 470 ff.; ders. (Fn. 31), 392; vgl. auch Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 18 (Verfassung = Verknüpfung zweier realer Prozesse). 33 34
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fassung darauf zu beschränken, Verfahren und Kompetenzen für die Beobachtung der (politischen) Gesetzgebung bereitzustellen, 38 heißt, der Verfassung zugleich zu wenig und zu viel Identität zu geben, ihr den Bezug zur Nationsbildung bzw. zur Gemeinschaft (im Sinne von Jean-Luc Nancy) und zum Grundrechtsteil gleichzeitig zu nehmen; vor allem der Einschluss der Grundrechte bleibt dann einem „emphatischen Verfassungsbegriff“ vorbehalten, einer „Verfassungsmythologie“ zur Produktion von „Höchstwertemphase“. 39 Die Funktion, den Staat als organisierte Entscheidungs- und Wirkungseinheit einzurichten, kann aber nicht von der Entstehung des modernen Nationalstaats im Zuge des Durchbruchs einer auf Privateigentum, individueller Freiheit und Buchdruck gegründeten Gesellschaft getrennt werden. Gerade in den ehemaligen englischen Kolonien wurde die Schaffung einer Verfassung wesentlich durch ökonomische Interessen der neuen, sich durch die Verfassung bildenden Nation angestoßen.40 Und gerade in der US -amerikanischen konstitutionellen Bewegung reichten die Schatten einer „secular revelation“ besonders weit. Erst der religiös aufgeladene Gründungsmythos stellte die zur nationalen Einheitsbildung notwendige semantische Energie bereit, die nicht zuletzt in der sich gleichzeitig herausbildenden US -amerikanischen Literatur einen Träger hatte. Reduziert man die Proklamation und Verankerung von Grundrechten in der Verfassung nicht auf eine „organisatorische Regulierung der staatlichen Entscheidungskompetenzen“, 41 sondern interpretiert Grundrechte als Ausdruck einer in der Selbstorganisation der liberalen Gesellschaft verankerten Praxis, als subjektive Rechte, die neue Konventionen, neue Regeln und neues Recht jenseits der geordneten Bahnen politischer Gesetzgebung und staatlicher Gerichtsbarkeit generieren, 42 dann scheint es sogar evident, dass der Verfassungsbegriff keine eigene Sinn- und Handlungssphäre hat. Zumindest kann sich die moderne (liberale) Verfassung auch in ihrem Grundrechtsteil – das gilt insbesondere für die Religionsfreiheit – dem Sündenfall der Ausdifferenzierung nicht widerstandlos beugen; obwohl sie Garantien einer polyzentrischen Differenzierung sind, überschreiten die Grundrechte doch immer wieder die Grenzen der einzelnen Funktionssysteme und konfrontieren diese mit einer ihre Schließungsmechanismen – ihre Codes, ProLuhmann (Fn. 37), 470; ders. (Fn. 31), 392. So Luhmann (Fn. 37), 108 Fn. 133.; ders. (Fn. 31), 392. 40 Luhmann weist selbst darauf hin, (Fn. 37), 467 Fn. 64, dass das Kernstück der Bundesverfassung, die Theorie der politischen Repräsentation, ganz selbstverständlich die Erhaltung der produktiven Funktionen des frei verfügbaren (Land-)Eigentums voraussetzt. „Representation of the property of the people“, lautet dafür die Formel von James Burgh, die diese Wahrheit – nach Luhmanns eigener Beobachtung – wie aus Versehen zugesteht. 41 Luhmann (Fn. 31), 392 (Hervorhebung von mir). 42 Dazu aus jüngerer Zeit etwa Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 62 f.; Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 10. 38 39
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gramme und Funktionen – verunsichernden Dynamik. Die Verfassung wäre dann Ausdruck und Träger einer institutionalisierten „‚grundlosen‘ Interdiskursivität“ im Sinne von Urs Stäheli, Manifestation einer die Geschlossenheit des Rechtssystems wie des politischen Systems regelhaft (und nicht nur gelegentlich) unterlaufenden „Logik der Iterabilität“. 43 Dagegen neigt Luhmann dazu, die in den Grundrechten angelegte Unruhe und Dynamik auf „positives Recht“ und damit auf ein politisches Gestaltungsmittel zu reduzieren, während umgekehrt das Verfassungsrecht und die Grundrechte zum rechtlichen Instrument der Disziplinierung von Politik werden. Damit werden Nationsbildung und Grundrechte aber viel zu sehr an den Staat gebunden und der in Amerika und im Paris des 18. Jahrhunderts gar nicht zu übersehende Kommunikationsfluss, der von der Religion zur Verfassung führt, theorietechnisch stillgelegt. Anders gesagt: Bei Luhmann müssen politisches System und Rechtssystem nicht mit historisch variablen Momenten ihrer eigenen Geschlossenheit und Offenheit rechnen, vielmehr werden die Grenzen beider Systeme letztlich so sehr verdinglicht, 44 dass diese Verdinglichung nur durch Aushilfskonstruktionen wie „strukturelle Kopplung“ und „re-entry“ kompensiert werden kann. Die eine Seite einer Differenz (hier: Innen/Außen) ist bei Luhmann zwar immer die andere Seite der anderen Seite, aber es müsste doch mehr akzentuiert werden, dass das, was unterscheidet, auch das ist, „was ‚mit‘ und ‚zusammen‘ setzt.“ 45 Nur en passant sei hier angemerkt, dass man sich für Luhmanns systemtheoretische Umdeutung des Verfassungsbegriffs – Verfassung als strukturelle Kopplung von Politik und Recht – schwerlich auf die redaktionelle Trennung von politischer Verfassung und Bill of Rights in der Verfassung von Virginia (1776) berufen kann. Hinter dieser Trennung dürfte kaum der Verdacht einer Abwertung der als natürlich deklarierten Grundrechte gegenüber ihrer „Positivierung“ gestanden haben. 46 Durch die geschriebene und 43 Urs Stäheli Sinnzusammenbrüche: eine dekonstruktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie, 2000, 311, 314. 44 Dazu am Beispiel Wissenschaft Loet Leyesdorff Scientific Communication and Cognitive Codification, European Journal of Social Theory 10/3 (2007), 375 ff., 383; für das Rechtssystem und die normbildende Kraft der Faktizität von praktischen Erfahrungen Karl-Heinz Ladeur The postmodern condition of law and societal „management of rules“, Zeitschrift für Rechtssoziologie 27 (2006), 87 – 108. 45 Nancy (Fn. 2), 149 (im Kontext der Gerechtigkeit). 46 So aber Luhmann (Fn. 37), 108 in Fn. 133. Historisch gesehen war die Auffassung dominierend, dass die „Positivierung“ von Grundrechten in der Bundesverfassung überflüssig war: Da es im Bund (im Unterschied zu den Staaten) ohnehin nur um die Errichtung einer Regierung mit von vornherein begrenzten Einzelermächtigungen ging, konnte in die essentiellen Freiheiten – nicht zuletzt aufgrund der republikanischen Staatsform – gar nicht eingegriffen werden; sonst hätten die davon eventuell Betroffenen dazu selbst eine Ermächtigung aussprechen müssen. Die Gefahr eines Grundrechtskataloges lag also darin, dass Rechte implizit als Ermächtigung missverstanden werden konnten. Vgl. nur Lance Banning
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gedruckte Verfassung wird ja gerade eine „höchste Autorität“ eingerichtet, ein „law of the laws“, 47 und zu diesem law of the laws gehört von Anfang an auch der Schutz individueller Rechte. Die Grundrechte sind also stets Bestandteil der Verfassung. So verwendet selbst die streng republikanische Verfassung von Pennsylvania vom 29. Juni 1776 den Verfassungsbegriff als Einheit von „Declaration of Rights“ und „Frame of Government“ („to be the constitution of this commonwealth”). Ähnlich das Concord Town Meeting in Massachusetts am 21. Oktober 1776, das das Eigentliche der Verfassung in einem System von Prinzipien zum Schutz individueller Rechte und Privilegien lokalisiert, „against any encroachments of the governing part“. Dieser Verfassungsbegriff wird durch die Bundesverfassung von 1787 nicht in Frage gestellt, auch wenn die Grundrechte erst 1791 als Ergänzungen (amendments) in die Bundesverfassung aufgenommen werden. 48 Jedenfalls setzt sich historisch diese – nach Luhmann – „emphatische“ Version des Verfassungsbegriffs durch. Diese Version trägt die französische Erklärung der Menschenrechte von 1789 („Toute société dans laquelle la garantie des droits n’est pas assurée … n’a pas de constitution“, Art. 16), und auch der deutsche Konstitutionalismus folgt einem materiellen Verfassungsbegriff, auch wenn dieser erst in Weimar erfolgreich wird. 49
IV. Die Zukunft der Verfassung: Emergenz globaler Zivilverfassungen? Anders als bei Luhmann wird die Bedeutung von Grundrechten für den modernen (liberalen) Verfassungsbegriff bei Gunther Teubner stark betont. Im Mittelpunkt des Interesses von Teubner steht schon früh die Frage nach der sogenannten „horizontalen“ oder „mittelbaren“ Wirkung der Grundrechte, die Frage nach dem konstitutionellen Charakter des Privatrechts und vor allem der Bindung privater Akteure an Grund- und Menschenrechte. In einigen neueren Publikationen wird die Bestimmung der HorizontalwirJefferson and Madison, 1995, 6 ff.; Ralph Ketcham Framed for Posteriority, 1993, 92 ff; Leonard W. Levy The Politics of the Bill of Rights, in: Richard Brown (Hrsg.), Major Problems in the Era of the American Revolution 1760–1791, 1992, 560, 561. 47 Meltzer (Fn. 15), 51. 48 Anders Luhmann (Fn. 37), 108, der meint, dass die Verfasser der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1787, bei allem Mut zur Neukonzipierung des Begriffs und des Textes einer Verfassung, Wert darauf gelegt hätten, dass die Verfassung nur die Einheit des Volkes und das ‚Regie-rungsinstrument‘ konstituiere, nicht aber die individuellen Rechte, um derentwillen das Ganze aufgeführt werde. Gegen Luhmann spricht auch, dass die Verfassung – z. B. in Article I, Section 9 oder Article III , Section 2 – durchaus Grundrechte oder zumindest grundrechtsgleiche Rechte (writ of habeas corpus, right to trial) verankert. 49 Grimm (Fn. 7), 109 ff., 115 (für Deutschland); vgl. auch Heller (Fn. 19), 388 f.
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kung von Grundrechten zwischen Privaten unmittelbar in den Kontext der polyzentrischen Fragmentierung der modernen (Welt-)Gesellschaft hineingestellt und als Frage der Bindung transnational agierender kollektiver Akteure – z. B. Pharmaunternehmen – an Grund- und Menschenrechte entwickelt. Die Verfassung wird so viel stärker als bei Luhmann auf Prozesse gesellschaftlicher Selbstorganisation bezogen. So spricht Teubner beispielsweise im Zusammenhang mit den Überlegungen zur „Emergenz von Zivilverfassungen“ davon, dass die Grundrechte die Funktion hätten, einerseits die „Vielfalt gesellschaftlicher Differenzierung“ zu sichern und die „Autonomie von Handlungssphären“ zu stärken, 50 darin aber zugleich die Aufgabe übernehmen, „die Vielfalt gesellschaftlicher Differenzierung gegen Überwältigungstendenzen abzusichern.“ 51 In Die anonyme Matrix wird dieser Gedanke im Hinblick auf die Menschenrechte dahingehend spezifiziert, dass Menschenrechte gegen „Gefährdungen durch die Matrix der Systeme“ gerichtet seien 52 – und, angesichts der „radikalen Gesellschaftsfragmentierung unserer Tage“, nicht nur gegen die Matrix des politischen Systems. Grundrechte fungieren als „Widerlager“ gegen eine Vielzahl von verselbständigten Kommunikationsnetzwerken und – allgemeiner – als Schutz gegen die „negativen Externalitäten der Kommunikation“, 53 den „anonymen Machtprozessen“ und ihrer Kehrseite, „den geschundenen Körpern und verletzten Seelen.“ 54 Daraus folgt etwa eine Kritik an der Hinnahme der Einrichtung von sweat shops als Konsequenz anonymer Marktkräfte. Diese kritische Distanz zur Autopoiesis der Funktionssysteme der Weltgesellschaft sei, so wird wiederum an anderer Stelle ausgeführt, Ausdruck einer Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 10, 11. Teubner, ebd., 10. 52 Teubner (Matrix – Fn. 9), 178 Fn. 59. 53 Teubner, ebd., 171. Teubner geht in seinen kommunikationskritischen Analysen, die stellenweise Luhmann und Adorno kombinieren, sehr weit und lokalisiert die Bedrohung des Integritätsinteresses der Menschen (und damit den Ursprung von Menschenrechten) bereits in der Kommunikation als solcher. Dazu sei mit Blick auf Luhmanns These der strikten Trennung von Gesellschaft/Kommunikation einerseits und Bewusstsein/Körper andererseits hier nur angemerkt: Luhmanns Blutleere der Kommunikation, das Außerhalbder-Kommunikation-Stehen der Menschen ist eine systematisch und historisch die Dinge zu sehr vereinfachende Sichtweise, weil die Trennung Kommunikation/Bewusstsein je nach Sprachmedium sehr unterschiedlich ausfällt: In primär oralen Kulturen kann von einer Trennung von Sprache und Körper, Seele und Leib, nicht die Rede sein, alle Kommunikation ist hier verbomotorische, an die Einheit von Sprache, Gesang und Tanz gekoppelte – rituell verankerte – Kommunikation. Noch frühe Schriftkulturen, wie etwa das jüdische Rabbinertum, sind rhetorische (an die Präsenz der Stimme und des Körpers gebundene) Kulturen; das unterscheidet sie gerade von epistemischen Wissenskulturen in der platonisch-aristotelischen Tradition. Luhmanns teilweise ahistorische Rede von der „sinnhaften“ Kommunikation, von eigenen „Sinnwelten“ etc., die Teubner m. E. zu unkritisch übernimmt, ist dagegen erst ein Effekt des Buchdrucks, d. h. der europäischen Moderne. 54 Teuber (Matrix – Fn. 9), 179. 50 51
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die interne Konsistenz des Rechtssystems begleitenden und notwendigerweise ergänzenden „Responsivität gegenüber ökologischen Anforderungen“, die zum Spezifikum „juridischer Gerechtigkeit“ erklärt wird. 55 Damit wird die Menschenrechtsfrage von ihrer Fixierung auf Fragen der Gleichheit bzw. materiellen Ungerechtigkeit gelöst und systemtheoretisch als Gefährdung der Leib/Seele-Integrität durch rekursiv operierende Kommunikationssysteme re-formuliert. Menschenrechte werden als „negative Schranken gesellschaftlicher Kommunikation“ definiert; sie greifen, wenn die Integrität von Psyche und Körperlichkeit durch „Grenzüberschreitungen der kommunikativen Matrix“ gefährdet ist. 56 Davon unterscheidet Teubner die dem juristischen Artefakt „Person“ zuzurechnenden personalen Grundrechte zur Einrichtung innergesellschaftlicher Autonomieräume (Personenrechte) und, drittens, institutionelle Grundrechte als Autonomiegarantien gesellschaftlicher Prozesse (Diskursrechte). 57 Das ist sicher eine produktive Trichotomie insofern, als sie für den Fall des institutionellen Grundrechtschutzes an die etwa im deutschen Verfassungsrecht etablierte Unterscheidung von subjektiv-rechtlichen und objektiv-rechtlichen Grundrechtskomponenten anknüpfen kann. 58 Damit stellt sich aber im gleichen Moment die Frage, ob diese institutionelle Grundrechtsschicht nicht schon immer – und entgegen dem Begriff der politischen Verfassung – in der modernen (liberalen) Verfassung angelegt ist. Und wenn das so wäre, wie verhält sich dieser, das politische Feld von Anfang an transzendierende gesellschaftliche Grundrechtsschutz zu Teubners Vorstellung von „globalen Zivilverfassungen“? Teubners Idee der Zivilverfassung richtet sich ja wohl vor allem gegen die auch in Luhmanns Verfassungsbegriff angelegte Verkürzung der Grundrechtsfunktionen auf Abwehrrechte gegen den Staat. Aber was genau heißt dann „Emergenz“ globaler Zivilverfassungen? Ist damit eine neue globale Rechtsschicht jenseits der nationalstaatlichen Verfassung und des damit verbundenen Völkerrechts gemeint? 59 Oder geht es Teubner um eine neue Form der Verknüpfung zwischen den nationalstaatlichen Verfassungen und den globalen Zivilverfassungen? In der Tat scheint im Konzept globaler Zivilverfassungen ein Gründungsmoment mitzuschwingen, das auf die Möglichkeit eines Neu-Entwurfs des 55 Gunther Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 9 ff., 17; ders. (Matrix – Fn. 9), 161 ff., 169. 56 Teuber (Matrix – Fn. 9), 181. 57 Teubner ebd., 180; kritisch Ladeur/Augsberg (Fn. 11), 106 Fn. 8; vgl. aber auch dies., ebd., 14. 58 Vgl. nur Horst Dreier Grundgesetz, 2. Aufl. 2006; systemtheoretisch Ladeur Postmoderne Rechtstheorie, 1992, 176 ff.; ders. Kritik der Abwägung in der Grundrechtsdogmatik, 2004, 58 ff. 59 So Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 42 ff., 50 ff.
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Verfassungsbegriffs jenseits der modernen (liberalen), an den Nationalstaat gebundenen Verfassung verweist. In den funktional ausgerichteten Arenen der Weltgesellschaft bildet sich inkrementell neues Recht jenseits staatlicher und klassisch völkerrechtlicher Quellen, „in Verträgen zwischen global players, in privater Marktregulierung durch multinationale Unternehmen, internen Regelsetzungen internationaler Organisationen, interorganisationalen Verhandlungssystemen, weltweiten Standardisierungsprozessen, die sich teils in Märkten, teils in Verhandlungsprozessen von Organisationen abspielen.“ 60 Diese neuen Phänomene einer globalen Verrechtlichung jenseits des Staates implizieren zeitgleich die Möglichkeit einer inkrementellen Entwicklung konstitutioneller Normen außerhalb staatlicher und politischer Institutionen, einer mitlaufenden „Verfassungsbildung von unten“. 61 Teubner räumt zwar ein, dass diese konstitutionelle Qualität nicht ausschließlich in der Eigenregie autonomer Systeme produziert werden kann. „Doch insofern autonomes Weltrecht sich auf eigene Ressourcen stützt und internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Medien, multinationale Unternehmen, globale Anwaltspraxen, globale Funds, globale Verbände, globale Schiedsgerichte den globalen Rechtsbildungsprozeß vorantreiben, ist autonome Rechtssetzung auch an dem Formierungsprozeß ihrer sektorialen Verfassung maßgeblich beteiligt.“ 62 Für diese sektorialen Zivilverfassungen sind die politischen Verfassungen der nationalstaatlichen Tradition mit ihrem Fundus von Erfahrungen, Prozeduren, Begriffen, Prinzipien und Normen das „große historische Vorbild“ 63 – aber eben wohl auch nur ein Vorbild. Wie Luhmann will auch Teubner beim Verfassungsbegriff von Einheit auf Differenz umstellen. Die Verfassung ist nicht Ausdruck einer Identität – des Sich-Verfassens eines Volkes zur (politischen) Nation –, sondern stets „Verknüpfung zweier realer Prozesse“, eines voraussetzungsreichen Zusammenspiels „von autonomen Sozialprozessen und autonomen Rechtsprozessen“. 64 Auch wenn Teubner sich von Luhmanns Politikzentrierung löst, soll der Verfassungsbegriff als Verknüpfungsbegriff jenseits seiner Einheit als Textkonvolut mit Hilfe des Konzepts der „strukturellen Kopplung“ gerettet werden. Während die aus der strukturellen Kopplung resultierende „immense Zunahme von wechselseitiger Irritabilität“ bei Luhmann aber auf die dauerhafte Verknüpfung von Politik und Recht beschränkt wird (und damit 60 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 14; zum Hintergrund vgl. insbesondere FischerLescano/Teubner (Fn. 4), 34 f. (mit der These, dass sich das Recht global als „einheitliches Sozialsystem“ etabliert habe). 61 Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 51. 62 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 15. 63 Teubner, ebd., 16 64 Teubner, ebd., 18, 17.
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etwa auf die historischen Prozesse der Verfassungsbildung in den USA bezogen werden kann), 65 glaubt Teubner die Kopplung des Rechts auch auf andere soziale Systeme und ihre „Eigenverfassungen“, etwa auf die Kopplung Recht und Wirtschaft oder Recht und Internet beziehen zu können. Diese Konstruktion scheint mir sehr theorielastig zu sein. Zwar wird man Teubner zugestehen müssen, dass Rechtsbildung entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil nicht an formale politische Kommunikation, an „Positivierung“ als Ausdruck einer Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers gekoppelt ist, 66 sondern sich in der gesellschaftlichen Kommunikation selbst vollzieht. Aber wieso aus Rechtsbildungsprozessen in den sozialen Subsystemen der Gesellschaft sich eo ipso inkrementell eine Vielzahl von Verfassungen wie z. B. eine weltweite Wirtschaftsverfassung bilden sollen, die die nationalstaatlichen Verfassungen ergänzen oder sogar ablösen sollen, ist schwer nachvollziehbar. Impliziert das Phänomen der „globalen Verrechtlichung“ wirklich die „Möglichkeit eines Konstitutionalisierungsprozesses auch außerhalb staatlicher und politischer Institutionen“? 67 Theoretisch gesehen erscheint diese Konstruktion eher inkonsistent, 68 was man u. a. auch daran erkennen kann, dass etwa für das Beispiel der Digitalverfassung das spezifisch konstitutionelle Moment in „rechtspolitischen Forderungen“ an den Code gesehen wird 69 – also Konstitutionalismus dann doch wieder vermittelst des Politischen?
IV. Ausblick: Postmoderne Verfassungstheorie Aus diesen Überlegungen ergibt sich eine gewisse Skepsis gegenüber Teubners Versuch, den Verfassungsbegriff von seiner nationalstaatlichen Tradition abzulösen und ihn auf die funktionalen Netzwerke weltgesellschaftlicher Kommunikation übertragen zu wollen. Die damit unterstellte Gegenannahme einer unauflöslichen Bindung des Verfassungsbegriffs an den Nationalstaat hat nichts mit der Angst vor einem Tabubruch zu tun, sondern folgt der Einsicht seiner Verankerung in einem kontingenten kulturellen Evolutionsprozess, der nur und ausschließlich der modernen (liberalen) Gesellschaft (nicht aber etwa dem islamischen Rechtskreis) eine Verfassung gebracht hat. Insoweit Teubner von einer realen oder im Entstehen begriffenen Mehrzahl globaler Zivilverfassungen – als Wirtschaftsverfassung, Digitalverfassung, Luhmann (Fn. 37), 471.; ders. (Fn. 31), 391 f. Teubner (Matrix – Fn. 9), 173. 67 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 15. 68 Vgl. meine Ausführungen in Thomas Vesting Constitutionalism or Legal Theory, in: Joerges/Sand/Teuber (Hrsg.), Transnational Governance and Constitutionalism, 2004, 29 ff. 69 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 25. 65 66
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Arbeitsverfassung usw. – ausgeht, scheint sein Konzept doch sehr stark auf die Möglichkeit neuer stabiler Grenzziehungen im Zuge der Emergenz einer funktional differenzierten „Weltgesellschaft“ zu setzen. Dagegen wäre jedoch einzuwenden, dass Teubners Konzept polyzentrischer Globalisierung zu sehr auf die Kohärenz und Ordnung eines nur in liberalen Staaten verankerten Gesellschaftsmodells setzt, die der sich abzeichnenden unübersichtlichen Vermengung und wechselseitigen Durchlässigkeit von nationalen, transnationalen, supranationalen und lokalen Rechtskreisen – eines neuartigen und schwer auf den Begriff zu bringenden Polyzentrismus der Weltkulturen – vermutlich nicht gerecht wird. Das zeigt sich auch darin, dass der moderne (liberale) Verfassungsbegriff einen kulturell verankerten Sinnüberschuss voraussetzt, der in den funktionalen Sektoren globaler Kommunikation, den „Eigenverfassungen der Zivilsektoren“, 70 wohl nicht erzeugt werden kann. Um es polemisch auszudrücken: So wie man eine „Differenz“ nicht anbeten kann, kann der Verfassungsbegriff nicht auf eine Vielzahl „struktureller Kopplungen“ gegründet werden. Unbeschadet dieser Skepsis sollten die hier angestellten Überlegungen nicht als Zurückweisung oder gar als rigorose Ablehnung der Überlegungen Teubners missverstanden werden. Vor allem die im Begriff der Zivilverfassung enthaltenen Ansätze zu einem intersystemischen Kollisionsrecht, das In-Anschlag-Bringen der Grundrechte gegen sich totalisierende Tendenzen der kommunikativen Matrix einzelner Systeme, ist produktiv. Dieser Gedanke kann sowohl im nationalen wie im transnationalen Raum entfaltet werden. Teubners Konstruktion kann insbesondere das bis heute dogmatisch nicht befriedigend gelöste Problem der „Drittwirkung“ von Grundrechten aus seiner staatszentrierten Verengung herauslösen und etwa in die Figur einer transnationalen „horizontalen“ Wirkung von Grundrechten transkribiert werden. 71 Obwohl theoretisch und dogmatisch noch nicht durchgearbeitet, werden vergleichbare Konsequenzen in der Rechtsprechung etwa im Zusammenhang mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten gezogen. Das Bundesverfassungsgericht hat etwa Persönlichkeitsrechte gegenüber dem in Deutschland erscheinenden People-Magazine anerkannt, auch wenn es um im Ausland lebende prominente Kinder geht (Casiraghi). 72 In der Rechtsprechung der Zivilgerichte wird das gleiche Ergebnis über eine großzügige Interpretation des Begriffs des „Erfolgsortes“ erreicht. 73 Für das Schrifttum wäre etwa auf (weiterführende) Überlegungen über Grundrechte Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 16. Dazu näher Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 42 ff., 62 ff. 72 Vgl. nur BVerfGE 101, 361 ff. 73 Vgl. nur LG Düsseldorf v. 9. 1. 2008 Az. 12 O 393/02, abgedruckt in AfP 2008, 224 ff., 226 (hinreichender Bezug einer Webseite); vgl. allg. auch Horst Ehmann/Karsten Thorn, Erfolgsort bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsverletzungen, AfP 1996, 20 ff. 70 71
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gegenüber Online-Intermediären und Zugangsregeln zu elektronischen Netzwerken hinzuweisen. 74 Eine genauere Analyse dieser Entwicklungen könnte dann aber auch zeigen, dass der Begriff der politischen Verfassung selbst noch zu sehr einer staatszentrierten Tradition verhaftet bleibt und den liberalen Verfassungsbegriff vermutlich gar nicht trifft.
74 Vgl. nur Vagias Karavas Digitale Grundrechte, 2007, 158 ff.; Wielsch (Fn. 30), 66 ff., 252 f., 273.
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Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere*
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I. Oben – Unten Die Rede vom Rechtsstaat war immer von Zweifeln überschattet. Unter der erdrückenden Last andauernder Exklusionseffekte 1 musste die Freude über den historischen Siegeszug von Gerechtigkeit in Form und Inhalt entsprechend geteilt bleiben. 2 Das 20. Jahrhundert gibt Zeugnis einer durchgehenden Zweisamkeit von Euphorie und Verzweiflung am Recht. 3 Die am Anfang des 21. Jahrhunderts von der Weltbank fieberhaft verfolgten ‚Rule of Law‘-Projekte scheinen demgegenüber einem anderen Universum anzugehören, weit entfernt von den Auseinandersetzungen um die Formalität und Funktionalität des Rechts 4, um den Rechts- und Sozialstaat der Nachkriegszeit oder um die Spannung zwischen Rechtszentrismus und -pluralismus 5, in deren Kern es um eine radikale Bewertung des Rechtsprojekts als solches ging. 6 Heute sind hier wie überall im transnationalen Recht Übersetzungsherausforderungen zu meistern. Die Devise muss aber lauten: Reflexion statt Projektion! 7 Hierbei verhalten sich Dekonstruktion (government) und Rekonstruktion (governance) zueinander wie ineinander verschlungene DNA -Stränge, und die gegenwärtige Rechtstheorie und -soziologie scheint sich in Periodisierungen, Kategorisierungen und Abgrenzungen entweder zu erschöpfen oder neu zu erschaffen. Theoriekarrieren zeigen eine beschränkte Halbwertszeit: die Kritik an einer um ‚good governance‘ bemüh* Gunther Teubner zugeeignet zu seinem 65. Geburtstag (30. 4. 2009) in Dankbarkeit. ** Osgoode Hall Law School. York University, Toronto. Canada Research Chair and Associate Dean (Research, Graduate Studies and Institutional Relations). Direktor, Critical Research Laboratory in Law & Society (www.criticalresearchlab.org). Email: Pzumbansen@ osgoode.yorku.ca. Mein Dank für wertvolle Reaktionen an Gralf Calliess, Vaios Karavas, Alexandra Kemmerer und Achilles Skordas. 1 Cover 1986; Blankenburg 1995 2 Grimm 1991 3 Wiethölter 1988: 36–39 4 Cohen 1935; Kennedy, Duncan 1973 5 Galanter 1981 6 Wiethölter 1965; Forsthoff 1954; Forsthoff 1971 7 Teubner 2002: 146–147, 149–150 1
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ten globalen Rechtsinfrastrukturagenda etwa reift ebenso schnell heran wie sie wieder abklingt 8, weil sich die im Nationalstaat entwickelte Analyse des Globalrechts unwiderbringlich im Netz von harten, weichen, offiziellen und inoffiziellen Normen zu verfangen scheint. „Da es keine globale politische Instanz gibt, die die Institutionalisierung eines organisierten Entscheidungsbereichs im Recht politisch abstützt, wird der genuin rechtliche Normbildungsprozess in den Weiten der Schönen Neuen Welt fragmentiert, unkoordiniert und unüberschaubar.“ 9 Was aber tritt an die Stelle des Rechts, wenn sich seine institutionelle Struktur im Zeitalter ‚offener Staaten‘ 10 und der Erosion seiner Souveränität von oben und unten 11 durch Privatisierung einerseits 12 und Internationalisierung andererseits 13 verflüssigt? Das schon vor der Globalisierung in Frustration 14 über und Ablehnung 15 des Interventionsstaats entstehende Verlangen nach gesellschaftlicher Selbstregulierung durch ‚soziale Normen‘ 16 mündet in die Suche nach verlässlichen Prozeduren, Garantien und Substanzen. Aber genau diese sind mit der Transformation des Staates in tiefgreifenden Wandel geraten. In diesem Zusammenhang bleibt zeitgemäße Rechtstheoriebildung aufgerufen, das lokale und globale Rechtsparadox zu erklären. Das heisst aber, dass das Recht in der Lage sein muss, das Verhältnis zwischen lokal und global zu thematisieren, ohne lokale Sichtweisen unmittelbar auf globale Verhältnisse anzuwenden. Im Nationalstaat gestaltete sich die Arbeit am Rechtsparadox vorrangig politisch: es ging entweder um eine Kritik 17 und Dekonstruktion des Rechts 18 oder um seine Beschwörung und Rettung.19 Dabei blieb Kelsens Staat der scheinbar unverrückbare Bezugspunkt der rechtlichen Architektur und Webers Recht die Inkarnation der rationalen, wenn auch gefährdeten Ordnung. 20 Seit den Anfängen der Rechtssoziologie ist aber als Problem erkannt worden, dass das Recht nicht mehr ohne den Staat zu denken ist. Die Staatsbezogenheit des Rechts wird schließlich zum Haupthindernis für jeden Versuch, politische Ordnung in dem Moment neu zu denken, wo der Rechtsstaat an der Komplexität der Gesellschaft scheiRittich 2002; Rittich 2005 Teubner 2000: 442 10 Di Fabio 1998 11 Sassen 1998 12 Bauer 1995; Aman Jr. 1997 13 Slaughter 2004 14 Posner 2000 15 Griffiths 1986 16 Bernstein 1992; Hadfield 2001 17 Cohen 1935 18 Derrida 1990 19 Wiethölter 2003 20 Weber 1967: § 8 8 9
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tert. In dem Maße, in dem der Staat jedoch Imaginationsfluchtpunkt für eine besonders im Westen im zwanzigsten Jahrhundert gelernte Form politischer, gesellschaftlicher und rechtlicher Ordnung bleibt 21, scheint der Weg für eine an der Gesellschaft ausgerichtete Theorie des Rechts verstellt zu sein. Die Hauptaufgabe von Rechtssoziologie und -theorie musste daher im Auseinander- und Aushalten dieser Perspektiven auf Staat und Recht liegen: das mag schließlich auch den Ideenreichtum der zeitgenössischen, internationalen Theoriebildung ‚in and around the law‘ erklären, der sich vor allem in den weitreichenden Positionierungen von Alternativansätzen zu rechtlicher Steuerung niedergeschlagen hat. 22 Allen diesen Denkbewegungen ist gemeinsam, dass sie aus bestimmten Einbettungskontexten hervorgehen und auf lange Sicht auch nur vor dem Hintergrund historischer, politökonomischer und intellektueller Konstellationen verständlich sind. Weil aber die Art und Weise, wie das Verhältnis von Recht und Nichtrecht problematisiert und diskutiert wird und welchen Stellenwert oder keinen dabei Staat, Gesellschaft, öffentlich, privat usw. einnehmen je nach Ort und Zeit variiert 23, gilt es diese embeddedness besonders in einer Zeit im Auge zu behalten, in der sich (wegen der seit 2007 herannahenden und sich im Herbst 2008 dramatisch zuspitzenden weltweiten Finanzkrise) vielerorts der (verzweifelte) Ruf nach dem Staat vernehmen lässt. Als Gunther Teubner in den achtziger Jahren auszog, den Staat und das Recht das Fürchten zu lehren, stand es um beide schon schlecht. Der Staat hatte sich vollmundig und waghalsig in das Abenteuer Keynesianischer Wirtschaftspolitik gestürzt 24 und dabei das Recht zum bevorzugten Element sozialen Ingenieurtums gemacht. Dass solch ein von nicht unerschöpflichen utopischen Energien 25 getragener Rechtsinstrumentalismus wegen der Komplexität sozialer Verhältnisse an Grenzen stoßen musste, erkannte Teubner früh, was ihm damals weder viel Freude noch Freunde machte. „Wir stehen vor der merkwürdigen Situation: Nullprozentige Befolgungsrate bei hundertprozentiger Informiertheit und extrem hoher Sanktionserwartung.“ 26 Der Grund für die auf den Konzeptvorstoß des reflexiven Rechts folgenden Missverständnisse 27 ist vor allem in der Vermischung der von Teubner selbst so meisterhaft auseinander- und ausgehaltenen Perspektiven – Staat hier, Recht da – zu finden: bei aller wachsenden FrustraZumbansen 2000 Zumbansen 2008 mwN. 23 Luhmann 1995: 101; s. auch Schmidt-Assmann 2006, 155: „Staatsaufgaben ergeben sich nicht aus einem abstrakten Staatsbegriff, sondern im Rahmen der jeweiligen Verfassungsordnung.“ 24 Luhmann 1981; Ritter 1979 25 Habermas 1985 26 Teubner 1992: 141 27 Blankenburg 1984; Nocke 1986; Maus 1986 21
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tion über die nicht ab-, sondern zunehmenden Widerstände gegen die von einem wohlmeinenden Staat ausgehenden, aber mit zweifelhafter ‚Wirksamkeit‘ gesegneten Verrechtlichungen wurde weiterhin am Recht Weberscher Tradition festgehalten. Zur Disposition steht seit diesem Zeitpunkt einerseits die Rettung interventionistischen Rechts 28, andererseits die Verabschiedung eines akteurszentriert konzipierten Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft. 29 Der Glaube an die (erreichbare) Optimierung einer hoheitlichen oder privat-öffentlich gemischten Staatsaufgabenserfüllung wird dabei nachhaltig von den fortbestehenden Unsicherheiten genährt, die mit der Anpassung verwaltungsrechtlicher Systembildung an die Bedingungen der Informations- und Wissensgesellschaft verbunden scheinen. Auf Steuerungs- und Implementationsversagen regulatorischen Rechts wurde schon damals – wie heute – auf Wechselwirkungen und Auffangordnungen zwischen zwei als relativ autonom verstandenen Einflussbereichen gesetzt.30 Bei aller Verliebtheit in Chroniken sich abwechselnden Staats- und Marktversagens31 bleibt der eingerichtete und ausgeübte Rechts- und Politikbetrieb jedoch blind gegenüber den Autonomieansprüchen ausdifferenzierter Gesellschaftsbereiche. Es sind aber gerade diese, die sich nachhaltig einer Kategorisierung als ‚private‘ oder ‚öffentliche‘ Einflusssphären entziehen. Das heisst nicht, dass eine an ‚privat‘, ‚öffentlich‘, ‚Staat‘ oder ‚Markt‘ orientierte Rechtstheorie und -kritik folgenlos oder wertlos geworden wäre. 32 Sie ist aber weiterzudenken und zu -entwickeln mit Blick auf die Differenzierung von Sozialfunktionen, die nicht mehr gradlinig der einen oder anderen Handlungs- oder Wertrationalität zugeordnet werden können. Vielmehr muss es gelingen, an frühere Streitstände anzuknüpfen, ohne zeitgenössische Problembeschreibungen auf gegenwärtige Verhältnisse anzuwenden. In diesem Zusammenhang wurde die Steuerungskrise des Rechts- und Wohlfahrtsstaats von Teubner als Gelegenheit verstanden, das Verhältnis zwischen Staat und Recht neu zu denken.33 Als erstes musste dafür von einem Bild Abschied genommen werden, auf dem der Staat ‚oben‘, die Gesellschaft ‚unten‘ verzeichnet sind. Als zweites konnte es nicht um eine vordergründig ernüchterte, unterschwellig aber weiter progressive Ziele verfolgende Rechtsreform gehen à la ‚responsive law‘34 oder Law & Society35. Stattdessen betonte 28 Siehe die Diskussion bei Hoffmann-Riem 1997, und Hill 1997, bes. 84 zur Notwendigkeit verbesserter Wissensorganisation zwecks einer optimierten Erfüllung von Staatsaufgaben 29 Vesting 2000 30 Zur Kritik mwN. siehe nur: Vesting 1997 31 Dazu eindrucksvoll Shiller 2008 32 Böhm 1960; Pound 1939 33 Teubner 1986 34 Selznick 1969 35 Trubek 1972
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Teubner die Wichtigkeit der Aufgabe, Rechtsmodelle als stragische Modelle zu verstehen, die „soziologische Theorien des Rechts in sich auf[nehmen], aber [diese] in rechtliche Konstruktionen der sozialen Wirklichkeit [transformieren].“36 Damit scheint aber der Steuerungsanspruch des Rechts aufgegeben zu werden.37 Der anscheinend allpräsente Staat, ohne den wir nicht über Recht zu sprechen in der Lage schienen38, konnte endlich in seiner partikularen Autonomie verstanden werden, nämlich als historisch kontigente Verkörperung des politisches Systems, das zu unterschieden ist von dem der Wirtschaft, des Rechts, der Kunst usw. Nicht nur der ‚Staat‘, sondern das so viele Schwierigkeiten bereitende Verhältnis zwischen Staat und Recht konnte damit in einem neuen Licht erscheinen: Recht, als einer besonderen Logik, Sprache, Ordnung gehorchend, und historisch eine (lange) Zeit lang mit dem Staat und damit mit seiner Politik, seinem Administrations- und Herrschaftsanspruch assoziiert und, vor allem, mit seinem Rechtsdurchsetzungsanspruch39, konnte nun verstanden werden in seinem Verhältnis zu sich selbst und seinen Umwelten, zu denen unter anderem, in gewissen Teilen der Welt, zu bestimmten Zeiten, auch der Staat gehörte. Teubner arbeitete mit vordergründiger Trockenheit und hintergründiger Hartnäckigkeit heraus, dass sich das Recht auf sich zu besinnen zu hat, und dass darin keine Aufgabe seiner zeitweisen Himmelsstürmereien oder tieftrüben Verzweiflungen liegen muss. Vielmehr wäre Folge einer rechtlichen Selbstironisierung die Erkenntnis davon, was das Recht ist, und was es eben nicht ist.40 Radikaler hätte der Autonomiegewinn des Rechts kaum beschrieben werden können. Aber deswegen geriet er auch so furchterregend. Sollten die folgenden Beschwichtigungen tatsächlich ausreichen, die Besorgnis über Recht, Gerechtigkeit und Gleichheit, die die Juristen des Sozial- und Wohlfahrtsstaats jahrzehntelang plagten, beiseite schieben zu können? „Es gibt keinen direkten Zugang zur sozialen Realität, es gibt nur konkurrierende Systemmodelle der Wirklichkeit […]. Deshalb muß man es als eine problematische Beziehung zwischen rechtlichen und sozialen Modellen der Wirklichkeit fassen, die beide ihr eigenständiges Existenzrecht haben. Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem analytisch-empirischen Kontext der Wissenschaft, dessen Wahrnehmung mehr oder weniger strengen Beschränkungen unterworfen ist und den Weltkonstruktionen der Rechtstheorie, die ganz anderen Restriktionen ausgesetzt ist. […] Man kann dies als ein Problem der Macht sehen: Wer hat die Macht, seine Wirklichkeitskonstruktion den anderen vorzuschreiben? […] 36 37 38 39 40
Teubner 1984: 111–112 Teubner 1992: 150 Calliess 1999; Möllers 2000; Zumbansen 2000, 2003 Siehe nur Galanter 1981 Teubner/Willke 1984
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Ich würde es lieber als ein Problem der Kompatibilität definieren, als Problem der Analogisierung und der wechselseitigen Lernchancen. Rechtsgeschichte und Rechtssoziologie produzieren Ergebnisse, die von Juristen entweder zurückgewiesen werden können, oder die zu fundamentalen Veränderungen in der rechtlichen Modellkonstruktion führen können.“41 Teubners Verdienst liegt darin, die Krise des regulatorischen Rechts im Nationalstaat als Chance für eine Neuorientierung rechtssoziologischen und rechtstheoretischen Denkens zu begreifen. Aber darin liegt gleichzeitig auch die Last, den rechtschaffenden Weggenossen ihre aufopferungsvoll verfolgten Reformprojekte immer wieder als unterkomplex und verfehlt aus den Händen nehmen zu müssen, um sie auf höherer Abstraktionsebene zu reformulieren. 42 Das damals begonnene Theorieprojekt ist nicht ohne den historisch-theoretischen Rahmen zu verstehen, der es umgab. Nachkriegszeit, Westbindung, Bonner Republik, Wohlfahrtsstaat, Konzertierte Aktion, Aufarbeitung der Vergangenheit und die ‚Unfähigkeit zu Trauern‘, 1968, sozialliberale Koalition, die ‚Wende‘. Noch bevor die Spannung zwischen den Daten 1945 und 1989 ins Bewusstsein sickern konnte, hatte Teubner eine Entzauberung der Rechtswelt skizziert, die nur schockieren konnte. In einer Zeit und einem Klima bezaubernden intellektuellen Reichtums 43 rekonstruierte Teubner die Evolution des Rechts anhand eines derart ausgereiften Modells, dass sein Aufsatz von 1982 44 bis heute Ausgangspunkt der Beschäftigung mit ‚Recht‘ sein kann. Seine Radikalität ist nicht allein in der atemberaubend erschöpfenden und genauen Literaturanalyse zu sehen, sondern besonders in der interdisziplinären und rechtstheorievergleichenden Ausleuchtung des Verhältnisses zwischen Sozial- und Rechtstheorie. In Teubners ARSP-Beitrag zum Reflexiven Recht ist in nuce sein Rechtsprogram enthalten, das er in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausdifferenziert und in Kompatibilitätsexperimente mit den wichtigsten soziologischen Wirklichkeitskonstruktionen verstrickt. Für Kollegen, Schüler und Studenten ist dieses Unternehmen vor allem durch die immer neugierige, Kontakt, Konflikt, Irritation und Bereicherung suchende Herausforderung und Destruktion rechtlicher Gewissheiten geprägt, gleich, ob sich diese auf die Beschäftigung mit dem Vertragsrecht 45, dem Unternehmens 46- oder Umweltrecht 47, dem Verfassungs- oder Internetrecht bezieht. 48 Teubner 1984: 114, 115 Siehe nur den Austausch zwischen Blankenburg 1984 und Teubner 1984. 43 Siehe nur Wiethölter 1968; Hart 1976; Koselleck 1979; Maus 1980; Brüggemeier 1982; Ladeur 1983 44 Teubner 1982 45 Teubner 2000; Teubner 2003; Teubner 2007 46 Teubner 1985; Teubner 1987; Teubner 1990 47 Teubner/Farmer/Murphy 1994 48 Teubner 2000; Teubner 2002 41
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Dies sind fürs Erste die vorrangigen juristischen ‚Felder‘, auf denen sich der Rückzug des nationalen Wohlfahrtsstaats und die Neuformierungen des Rechtssystems studieren lassen. Und es ist auf diesen Feldern, wo sich die Herkunft seines Rechtsprogramms und dessen embeddedness in eine äußerst wechselhafte, problematische politische Ökonomie noch am deutlichsten ablesen lässt. In dem Maße, in dem sich Teubners Neugier auf das Recht jenseits des Staates richtet, tritt die Perspektive des Rechts nach dem Staat in den Hintergrund. 49 Der Bogen wird nun erneut aufgespannt zwischen den Anfängen der Ehrlichschen Rechtssoziologie und den Herausforderungen post-nationaler regulatory regimes. 50 Dabei rücken die höchst fragilen Konstruktionen rechtlicher Ordnungen in einer Welt ins Zentrum, deren ungeklärte Beschaffenheit selbst wieder zum Teil der Rechtsmodellbildung gemacht wird. 51 Und hier zeigt sich, dass am Anfang schon ‚alles‘ da war. So wie Teubner zu Beginn der achtziger Jahre feststellt, dass sich die Krise des regulatorischen Rechts vor allem in einer zweifachen Grenzüberschreitung zeige, namentlich in der „Irrelevanz der Regulierung“ und der „desintegrierende[n] Effekte in der selbstreproduktiven Organisation von Recht, Politik und Gesellschaft“ 52, gelingt ihm heute der Nachweis, dass die Herausforderung des Rechts nicht aus einer bestimmten, letztlich nicht weiterführenden Perspektive im Fehlen eines Weltstaates gesehen werden könne. 53
II. Innen – Außen Die Weltgesellschaft wird Teubner nun zum Laboratorium, in dem die Versuchsreihen des im nationalen Rahmen entwickelten reflexiven Rechts erneut aufgenommen werden, diesmal aber unter radikal veränderten Bedingungen. In ständigem Austausch mit Erkenntnissen anderer Globalisierungswissenschaften verfolgt Teubner die Idee funktioneller Ausdifferenzierung auch in einer Welt ohne Staat, Politik und Recht (?) 54 weiter, um zu untersuchen, wie sich das Recht unter den Bedingungen radikaler Öffnung Hierzu: Michaels 2007 Teubner 1992; Teubner 1996; Teubner 1997 (Breaking Frames); Teubner 1997 (King’s Two Bodies) 51 Teubner 2003 (Globale Zivilverfassungen) 52 Teubner 1984: 130 53 Teubner 1997 (King’s Two Bodies): 159 „If we abandon the old practice to obscure the de-facto lawmaking in all kinds of ‚private governments‘ and bring to light that what they are doing is producing positive law which we nolens-volens have to obey, then we ask more urgently than before the question: What is this ‚private legal regime’s‘ democratic legitimation? […] That seems to me the liberating move that the paradox of global law without the state has actually provoked: an expansion of constitutionalism into private law production which would take into account that ‚private governments‘ are ‚public governments‘.“ 54 Luhmann 1993: 585–586 49 50
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verhält. Der Anthropologie, Geographie und Soziologie etwa geht es inzwischen bei der Ausleuchtung des globalen Raums um eine Dezentrierung des Staats: dabei ist aber immer wieder der Versuch zu erkennen, Politikkritik mit Rechtskritik zu verbinden. Das zeigt sich vor allem in der an Norden und Süden und an core und periphery ausgerichteten Dekonstruktion postnationaler Rechtsordnungen. 55 Diese auf das Globalrecht bezogenen Analysen erwecken starke Erinnerungen an die Rückkehr der Rechtsanthropologen von ihren Ausflügen in die Dekolonisierungswelt in die fortgeschrittenen Rechts- und Wohlfahrtsstaaten und ihre daran anknüpfende lokale Rechtskritik. 56 Demgegenüber bricht Teubner schon früh mit rechts- und sozialreformerisch ausgerichteten Instrumentalisierungen des Rechtspluralismus. Indem er dem postnationalen Recht die Aufgabe zuschreibt, die funktionsbereichsbezogene Normierung „eines formal organisierten Bereichs“ einerseits und eines „spontanen Bereichs innerhalb eines Teilsystems und besonders des prekären Verhältnisses zwischen ihnen“ zu übernehmen, vollzieht er den Prozess der Entstaatlichung des Rechts in der letzten Konsequenz – und damit den der Entinstrumentalisierung der Weberschen Rechtsrationalität. Endgültig den an Dichotomien von Staat/Gesellschaft und öffentlich/privat orientierten Interventionsanspruch aufgebend, soll das Recht die fragile Grenze zwischen Spontanität (Öffentlichkeit, Kritik, Protest, Deliberation – oder: verliebt, verlobt …) und Organisation (Verbund, Verband, … verheiratet) stabilisieren helfen. Das sich nun herausbildende Recht der Weltgesellschaft ist nicht mehr mithilfe der rechtlich-politischen Distinktionen des 20. Jahrhunderts zu greifen: es handelt sich um das fragmentierte Weltrecht einer fragmentierten Weltgesellschaft ohne Spitze und Zentrum. Während nun mit dem Verlust des institutionellen Rahmens, der Unterscheidungen und gewohnten Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse das Recht neu erlernt werden muss, kann dieser – transnationale – Lernprozess nicht auf frühere Routinen oder Orientierungsposten zurückgreifen. 57 Das Recht muss nunmehr funktions-, nicht aber institutionsbezogen lernen. Die Zerstörung der Rechtshierarchie der Weltgesellschaft gibt das zukünftige Forschungsprogramm vor: nach Rechtsrealismus und Dekonstruktion ist die Globalisierung schlechthin die wichtigste Kraft in der Rechtswelt. Die Idee Luhmanns von der Gesellschaft als Weltgesellschaft 58 weiterführend, verschiebt Teubner oben und unten, innen und außen. 59 Aus dieser Perspektive kann die Rechtsfunktion überall in der globalen Welt aufgespürt werden, im Bereich der Menschenrechte, des Vertragsrechts, des 55 56 57 58 59
Sousa Santos 1987; Rajagopal 2003; Sassen 2003; Sassen 2006 Galanter 1981; Griffiths 1986 Amstutz/Karavas 2005 Luhmann 1970 Teubner 1997 (King’s Two Bodies)
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Konstruktionsrechts und des Sportrechts. 60 Mit der wachsenden Regulierungsdichte sich rasant herausbildender, transnationaler Normregimes verändert sich der an ihnen abarbeitende Rechtsbegriff. Das Leiden am Recht des Nationalstaates, das zum Leiden am globalen Recht 61 wurde, wird zunehmend (wieder) zum Leiden am Recht selbst 62, zum Leiden an einem Recht, das bei aller – für die Einen – fachbezogenen Spezialisierung 63 und – für die Anderen – funktionalen Ausdifferenzierung 64 – doch nie aufhört, Erwartungen zu wecken. Sein Erfolg, sein Wert, seine Glaubwürdigkeit bleiben dann an seine Fähigkeit geknüpft, Erwartungen zu stabilisieren. Damit ergeben sich mindestens zwei Fragen, die der Rechtstheorie und -soziologie weiterhin beträchtliche Kopfschmerzen bereiten. Die Rechtstheorie bleibt weiterhin vor die Herausforderung gestellt, das Verhältnis von Recht und Nicht-Recht zu klären, während sich die Rechtssoziologie anhaltend der Frage zu stellen hat, wie es den ständig erforderlichen Lern- und Anpassungsprozess des Rechts beschreiben kann. 65 Ein Versuch der Beantwortung dieser Fragen, die in Teubners Werk eine zentrale Rolle spielen, kann nur im Kontext eines angemessen komplexen Gesellschaftsbegriffs erfolgen.
III. Wissen, (Leiden, Erinnern) Wiethölter 66
Wie verweist Teubner 67 auf die zentrale Bedeutung dezentraler Wissensgenerierung. Mit dieser Weichenstellung ist die Aufgabe eines Glaubens an heilsbringende Universalformeln verbunden, die angesichts einer heillosen Welt keinen Trost spenden können. Stattdessen geht es um den Beitrag des Rechts zur Ermöglichung von Selbstreflexion, was immer heissen muss, die Wirklichkeit, so wie sie von der Wirtschaft, der Politik, der Religion, der Kunst usw. konstruiert wird, in der Rechtsmodellbildung zu verarbeiten und somit Teil des Rechtsmodells werden zu lassen. Damit scheint aber lediglich ein außerordentlich ernüchterter Rechtsbegriff übrig zu bleiben: „Materiale Orientierungen eines prozeduralen Rechts sind auf das ehrgeizige Ziel gerichtet, zwischen funktionalistischen und kritischen Ansätzen zur Sozialtheorie zu vermitteln.“ 68 Das Gegenteil soll aber der Fall sein: Wie sich etwa am Vertragsrecht zeigen lässt, ist unter Heranziehung 60 61 62 63 64 65 66 67 68
Fischer-Lescano/Teubner 2006 Fischer-Lescano 2002 Teubner 2008 Canaris 2000 Luhmann 1981: 51 ff Zur Skizzierung dieser Fragen Zumbansen 2008a Wiethölter 1974; Wiethölter 1986; Wiethölter 1988 Teubner 1984: 144–145 Teubner 1984: 144
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eines offenen, ja rohen und der sozialen Wirklichkeit ‚ausgesetzten‘ Rechtsbegriffs nicht länger an sozialreformerischen oder ansonsten normativ ausgerichteten Objektivierungen festzuhalten, etwa um den Willen der Parteien zu ermitteln, einen Interessenkonflikt zu lösen oder den Sinn einer Norm zu ermitteln. 69 So gilt dann auch für das Unternehmensrecht, dass sich die Anerkennung sozialer oder ‚gesellschaftlicher‘ Verantwortung eben nicht als Ergänzung eines ansonsten als unhinterfragbar geltenden Unternehmensinteresses durch allgemeinere Belange gemeint sein kann. Vielmehr zielt der Begriff auf eine umfassende Selbstreflexion des auf das Unternehmen bezogenen Rechts. 70 Im Verfassungsrecht schließlich zeigt sich die gesellschaftliche Natur des Rechtsbegriffs noch einmal in aller Deutlichkeit: Vor dem Hintergrund der anhaltend thematisierten Spannung zwischen constitution und constitutionalization 71, zwischen Verfassung und Konstitutionalisierung 72 muss das Verfassungsrecht als Kollisionsrecht gedacht werden. Dabei geht es nicht um die Kollision unterschiedlicher Rechtserwartungen der Rechtsträger einer Gesellschaft, solange mit ihnen immer noch die Vorstellung von identifizierbaren Interessen- und Werteträgern verbunden ist. Von einer derart individualistischen Sichtweise muss gerade deswegen Abschied genommen werden, weil sie einerseits die Offenheit des bei jedem Menschen anzunehmenden Wertehorizonts und der mit diesem verbundenen Lernfähigkeit verfehlt, andererseits aber grundsätzlich blind bleibt gegenüber der besonderen Natur gesellschaftlicher Wissensgeneration, -verknüpfung und -rezeption. 73 In dem für das Recht entscheidend werdenden Konzept der Wissensgesellschaft ist das Recht extrem fragil gedacht. Nicht mehr als Transmissionsriemen gesellschaftlicher Werte in politische Institutionalisierung, und angesichts einer radikalen Diversifizierung der Weltgesellschaft und ihrer Probleme wahrscheinlich auch nicht mehr als Mediationsplattform sozialer Konflikte. 74 Die Aufgabe des Rechts besteht in der Reformulierung unterschiedlicher gesellschaftlicher Problemlagen in der lauten und leisen Sprache des Rechts. 75 Und so, in immer flüchtiger werdenden, zwischen konstituierten Räumen und verblassenden Orten hin- und herschweifenden Denkbewegungen 76, werden Stimmen hörbar, Strukturen sichtbar und Zeitläufte gesellschaftlicher Evolution lesbar, derer sich das Recht – ohnmächtig, aber schlaflos – immer wieder annehmen muss. 77 Der 69 70 71 72 73 74 75 76 77
Teubner 2007; Zumbansen 2007, 232–233 Teubner 1983; Ladeur 1997 Llewellyn 1934; Macaulay 1986 Wiethölter 2003 Ladeur 1995: Kap III , 51 ff Kennedy, David 2003 Koselleck 1987; siehe weiter hier Forsthoff 1964, dort White 1984; Cover 1983 Sassen 2006 Teubner 2003: 45, unter Verweis auf Wiethölter 2003
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ausschlaggebende Unterschied der jetzigen Suche nach Recht zum Rechtsprojekt vor und während des Wohlfahrtsstaats besteht allerdings in der Radikalität, in der sich das Recht veräußert, seine rohe Oberfläche nach außen kehrt und sich auf die Welt einlässt, nachdem es seines erlernten, eingerichteten und ausgeübten Institutionengefüges verlustig gegangen ist. Stattdessen sind da nur noch ausdifferenzierte gesellschaftliche Vorgänge, die ihrer je eigenen Rationalität folgen und in denen das Recht neben anderen Konturen gewinnen muss. Ob und wenn, unter welchen Bedingungen, dies gelingen kann, ist die Frage.
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Peer Zumbansen
IV. Transnationalisierung des Rechts
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Weltrecht: Ein Derridasches Monster Marc Amstutz und Vaios Karavas
I. Weltrecht als greffe Wer weiss schon, wie Weltrecht aussieht oder auszusehen hätte? Die Theorie beobachtet seit einiger Zeit unzählige Normativitäten im globalen Raum, von denen ungewiss ist, ob sie gelebte Wirklichkeiten, semantische Artefakte oder Schimären darstellen. Sie gelangt in ihren Analysen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen, die sich bald harmonisch assoziieren, bald diametral widersprechen. Weltrecht als Ergebnis von Rechtsschöpfungskräften der globalen Zivilgesellschaft (Teubner 2003; 1999; 1996; Calliess 2006), als cosmopolitan law (Berman 2007; 2005.), als Ausfluss einer polyarchischen Dezentralisierung der Weltgesellschaft (Gerstenberg 2000: 141 ff.; Cohen/Sabel 1997), als civic participation (Nickel 2005: 30), als différend in den Kollisionen von neoliberaler und contra-hegemonialer Globalisierung (Santos 2006) usw.: Was lehren uns die mit diesen allgewaltigen Formeln einhergehenden Übereinstimmungen, Affinitäten, Spannungen, Oppositionen und Antagonismen? Derrida (1992: 399 f.) hat einmal Erkenntnisprozesse des Stils, wie sie sich gegenwärtig mit Blick auf das Weltrecht abspielen, als monströs qualifiziert: „Le monstre c’est aussi ce qui simplement apparaît pour la première fois et, par conséquent, n’est pas encore reconnu. Un monstre c’est une espèce pour laquelle nous n’avons pas encore de nom, ce qui ne veut pas dire que l’espèce est anormale … . Mais dès qu’on perçoit un monstre …, on commence à le domestiquer … à le comparer aux normes, à l’analyser, par conséquent, à maîtriser ce que cette figure du monstre pouvait avoir de terrifiant. Et le mouvement d’accoutumance mais aussi de légitimation et, par conséquent, de normalisation a déjà commencé.“ Diese Passage hat keineswegs bloß anekdotischen Charakter, sondern enthält methodische Angaben von kaum zu überschätzendem Wert: Wenn das gegenwärtig beobachtete Weltrecht tatsächlich in aller Radikalität neu ist („… pour la première fois …“), wenn dieses Gebilde eigentümlicher Normativität wirklich noch nicht erkannt sein sollte („… pas encore reconnu …“), dann muss die (immer schon begonnene) Suche nach einem „Namen“ von Bisherigem abstrahieren. Und das heißt: Wir müssen davon ausgehen, dass unsere tradierten rechtlichen Begrifflichkeiten, die im unversiegbaren Pool von judiziellen
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Sprüchen immer wieder bewährten Rechtsfiguren und der überlieferte Stufenbau der Rechtsordnung mit seiner Trias von Verfassungs-, Gesetzes- und Richterrecht bei der accoutumance, der légitimation, der normalisation des Monsters, des Weltrechts, von geringem Nutzen, ja vielleicht sogar kontraproduktiv sind, da sie eine Vertrautheit vorspiegeln, die in Wahrheit absent ist. Zwischen Weltrecht – so unsere erste These – und seinem nationalen Pendant liegen Welten. Diese Annahme bedeutet namentlich, dass es keinen „ontologischen“ Rechtsbegriff gibt, dass sich also der traditionale, in regional segmentierten Gesellschaften herausgebildete Begriff des Rechts im Weltrecht auch nicht partiell wiederfinden muss, dass sich Recht in der Weltgesellschaft in betonter (relativer oder womöglich auch gänzlicher) Distanz von der „rechtlich-politischen Normierung“ (Luhmann 1987: 338) im Nationalstaat ausbildet und entwickelt. Wenn sich aber Weltrecht in einer Gestalt zeigt, in der es sich noch nie gezeigt hat, wenn es ein monstrum ist: Wie soll man es angehen, um es zu normalisieren? Wie kann man dessen Nicht-Beliebigkeit erfassen und zur Routine machen? Auch hier hilft Derrida (1992: 399), wenn er erläutert, was man unter einem Monster zu verstehen hat: „Un monstre, ça [est] … une figure composite d’organismes hétérogènes qui sont greffés les uns sur les autres. Cette greffe, cette hybridation, cette composition qui met ensemble des corps hétérogènes peut être appelée un monstre.“ Globales Recht als greffe – aber nicht irgendeine greffe, sondern eine solche von heterogenen Körpern, eine solche, die die Heterogenität abarbeitet und unsichtbar werden lässt, was Transplantat und was aufnehmender Körper ist. Eine greffe also, die das Ausgangsmaterial verwandelt, umformt, umkrempelt, ja gewissermaßen verhext und jedenfalls einer kategorischen Metamorphose unterzieht, ohne dass sich sagen ließe, die anfänglich präsente Heterogenität sei belanglos: Erst sie gibt der Transplantation ihre Idiosynkrasie. Aber welche heterogenen Körper werden im Weltrecht in dieser „trans-formierenden“ Manier vereint? Und wie muss diese „Trans-Formation“ aufgefasst werden? Was sind ihre Effekte auf den Rechtskörper? Welche Gestalt nimmt dieser im Prozess der Globalisierung, in der Mangel dieser sozialen Maschinerie an? Im Zentrum dieser Fragen stehen die Strukturen der Weltgesellschaft (cf. Stichweh 2000; 2006; Buzan 2004; Keane 2003; Beck 1997; Wallerstein 1998; Giddens 1995; Burton 1972: 20). Denn sie sind die heterogenen Körper der transplantatio iuris. Vielfach wird diesen Strukturen im weltrechtlichen Schrifttum nur untergeordnete Bedeutung zugemessen. Etwas undifferenziert wird meistens unterstellt, dass sich die Weltgesellschaft aus globalen Funktionssystemen (Wirtschaft, Religion, Wissenschaft, Kunst usw.) zusammensetzt, die die regionalen Funktionssysteme gewissermaßen in sich aufnehmen und damit die Segmentierung nivellieren (cf. Lieckweg 2003: 4 ff.). Theoretisch bleibt eine solche Prämisse unterdeterminiert. Sie muss durch die Einsicht überwunden werden – und das ist unsere zweite
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These –, dass sich in der Weltgesellschaft nebst der funktionalen Differenzierung eine Reihe anderer Formen der Strukturbildung entwickelt hat, die erst mit einiger Klarheit sichtbar macht, wie das Globale mit dem Lokalen oder Regionalen zusammenhängt bzw. nicht zusammenhängt (cf. Sassen 2008: 649; Stichweh 2006; Bauman 1998; Beck 1997). Erst wenn man diese Strukturvielfalt in die Betrachtung miteinbezieht, lässt sich Weltrecht rechtssoziologisch fundieren, d. h. als „lebendes Recht“ registrieren. Warum sollte sich nun aber das Recht in der Diversifizierung der Weltstrukturen als Derridasches Monster offenbaren? Was daran ist auf lokaler oder regionaler Ebene unbekannt? Ließe sich Weltrecht nicht einfach als Modifizierung nationalen Rechts andenken, dies unter genuinen Anpassungen, die vor allem berücksichtigen, dass auf globaler Ebene keine funktional ausdifferenzierte Politik anzutreffen ist? Wie lässt sich erklären, dass die greffe globaler Strukturen auf das corpus iuris einen „trans-formatorischen“ Effekt zeitigt, der Weltrecht als radikal neues Phänomen ans Tageslicht treten lässt? Um auf diese Frage einzugehen, müssen wir unsere zwei ersten Thesen zu einer dritten bündeln: Wenn Recht in der Globalisierung mit den nationalstaatlichen Kategorien nicht fassbar ist, gleichsam keine „Ontologie“ des Rechtsbegriffs verfügbar ist, dann kann nur eine funktionale Analyse weiterhelfen. Ganz in diesem Sinne wird im rechtssoziologischen Schrifttum über den Wandel des Rechts in der Weltgesellschaft ausgeführt: „[M]an [wird] … vermuten dürfen, dass auch die Art, wie das Recht seine Funktion erfüllt, von jenem Wandel betroffen ist. Von den klassischen Rechtsbegriffen aus – wenn man zum Beispiel Recht als sanktionierten Befehl staatlicher Organe begreift – lässt sich eine Veränderung der Art, wie Recht ist, was es ist, kaum fassen. Rechtsbegriffe der Rechtswissenschaft, die auf ein Entweder/Oder der Geltung zugeschnitten sind, eignen sich nicht dazu, sublime Verschiebungen in der Art, wie Recht seine Funktion erfüllt und als Sinn erlebt wird, aufzudecken“ (Luhmann 1987: 341). Aber worin mag diese neue „von jenem Wandel betroffene Funktion“ des Rechts bestehen? Was verändert die Globalisierung an der „Art, wie Recht ist“? Die Antwort kann nur von den weltgesellschaftlichen Strukturen gegeben werden, von den Anforderungen, die sie dem Erleben und Handeln in der Globalisierung stellen. So ist in diesem Zusammenhang die These aufgestellt worden, dass auf die sehr hohe Komplexität in der Weltgesellschaft besser durch Lernprozesse als durch kontrafaktisches Festhaltenwollen an vorgegebene Erwartungen reagiert wird: „Die Weltgesellschaft konstituiert sich in primär kognitiven Erwartungseinstellungen“ (Luhmann 1987: 340). Bedenkt man, dass die Funktion von Recht im nationalstaatlichen Kontext regelmäßig in der Stabilisierung normativer Erwartungen erblickt wird, ist leicht zu erkennen: Eine Umpolung des Rechts auf die Prädominanz eines kognitiven Erwartungsstils in der Weltgesellschaft läuft schlechterdings auf einen juridischen Quantensprung hinaus. Denn die Rechtswissenschaft hat
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im Umgang mit einem sozialen Gewebe, das von einem Übergewicht kognitiver Erwartungen geprägt ist, kaum Erfahrungen. Die Schwierigkeiten, ein Weltrecht auf dieser gewandelten Basis zu entwerfen, werden besonders greifbar, wenn man liest, „dass auf der Ebene der sich konsolidierenden Weltgesellschaft nicht mehr Normen (in Gestalt von Werten, Vorschriften, Zwecken) die Vorauswahl des Erkennenden steuern, sondern dass umgekehrt das Problem lernender Anpassung den strukturellen Primat gewinnt und die strukturellen Bedingungen der Lernfähigkeit aller Teilsysteme in Normierungen abgestützt werden müssen“ (Luhmann 2005a: 78 f.). Was aber heißt konkret, „die strukturellen Bedingungen der Kognition normativ abzustützen“? Wie muss man sich das Zusammenspiel von Normen und kognitiven Erwartungen vorstellen? Und wie werden die Rechtsquellen in der Globalisierung genau reorganisiert? Im Folgenden werden wir zunächst methodische Fragen der Erforschung von globalem Recht, insbesondere die Problematik seiner Systemreferenzen, behandeln ( II .), um alsdann im nächsten Abschnitt die sozialen Strukturen der Weltgesellschaft zu beobachten ( III .). Danach gehen wir näher auf die Evolution – oder vielleicht besser: auf die Mutation – des Rechtsbegriffs in diesen Strukturen ein. Wir statuieren dabei zur Veranschaulichung eine Probe aufs Exempel: Die europäischen Bemühungen um eine Corporate Social Responsibility ( CSR ), die trotz Rückschlägen ein Regelungsmuster inkrementalistisch haben wachsen lassen, das kasuistisch zu zeigen in der Lage ist, wie die großen Linien eines globalen Rechts aussehen könnten ( IV.).
II. Greffe I: Weltgesellschaftliche Systemreferenzen 1. Weltrecht sans loi Vielfach hat die Schuljurisprudenz den Begriff des transnationalen Rechts zu erschließen versucht, indem sie ihn mit all dem gleichsetzte, was jenseits nationaler Grenzen normativ wirkt – worin auch immer dieses Recht seine Quelle nimmt (im staatlichen Recht, im Völkerrecht, in Gewohnheiten usw.), und wie auch immer seine Normativität begründet ist (durch contrat social, durch Demokratie, durch Faktizität usw.). Damit folgt die Schuljurisprudenz einem frühen Vorschlag Jessups (1956: 2), der mit Blick auf den Umfang des Begriffs meinte: „Both public and private international law are included, as are other rules which do not wholly fit into such standard categories.“ Aber vielleicht ist gerade diese voie royale das Problem. Vielleicht verdeckt das Ausblenden dessen, was das globale Recht von „both public and private international law“ unterscheidet, just das, was es an diesem Phänomen zu verstehen gälte. Vielleicht sollte man viel eher in Erfahrung
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bringen, was „rules which do not wholly fit into such standard categories“ konkret sind. Denn in dieser Differenz verbirgt sich wahrscheinlich das, was Weltrecht ausmacht. Die Theorie hat sich von Jessups Begrifflichkeit, so innovativ diese auch sein mag, nicht beirren lassen. Seit einiger Zeit fahndet sie konsequent nach einem global law without a state. Also: nach einem tertium. Dieses Tertium wurde sehr oft in der lex mercatoria (cf. Cutler 2003; Dezalay/Garth 1998; Stein 1995) – als paradigmatischer Fall – verortet. Und das – nicht nur der lex mercatoria, sondern dem globalen Recht schlechterdings eigene – conundrum lautet: Ist die lex mercatoria ein unabhängiges globales Rechtssystem? Natürlich ist diese Frage bei weitem nicht so sibyllinisch, wie sie daher kommt. Wie voraussetzungsreich sie in Wahrheit ist, zeigt der Umstand, dass sie empirische mit theoretischen Fragen in einem äußerst kunstvollen Knäuel verschleift. Mertens (1997: 32) hat dieses Fragengewirr mithilfe eines auffällig kondensierten Satzes auf den Punkt gebracht: „If lex mercatoria is defined as a body of international legal practice, if a legal system is further defined as a system of norms which renders judicial decisions possible and if the term ‚independant‘ is defined as ‚relatively independent from national laws‘, international legal and economic practice reveals that lex mercatoria does exist as an independent legal system“. Wie Michaels (2007: 449) indes bemerkt, wird die empirische Frage unweigerlich umstritten bleiben: „The main issue is not the existence of a lex mercatoria, in the past or in the present. It is the theoretical possibility of a law merchant, and whether it can be considered to be law“. Und gerade in dieser Hinsicht sind wir Zeugen eines „Dreißigjährigen Krieg[es] …, ohne dass Münster und Osnabrück in Sicht wären“ (Teubner 1996: 264). In aller Kürze: Wenig zu erstaunen vermag zunächst, dass sich ein Teil der Lehre in den Schleier des Etatismus gehüllt hat und – soziologisch kontrafaktisch – der lex mercatoria jeglichen Rechtsstatus abgesprochen hat, weil nur Staaten Recht schöpfen könnten (cf. Delaume 1989; Mustill 1987; Mann 1968). Diverse Autoren wollen solche Ansichten nicht gelten lassen, zeigen dann aber Mühe, die gegenteilige Meinung rechtstheoretisch zu begründen. Vielfach suchen sie ihr Heil in den vielen Variationen von gewohnheitsrechtlichen oder korporatistischen Konstruktionen (cf. Goldman 1986: 114; Kahn 1982; Loquin 1986). Innovativer war demgegenüber der Versuch, die lex mercatoria mithilfe der Figur des „contrat sans loi“ zu erklären (cf. Beraudo 2005). Der Kerngedanke bestand darin, den Vertrag als selbstregulierende Rechtsquelle jenseits nationaler oder internationaler Ordnungen zu konzipieren. Allerdings bot der selbstrekursive Charakter dieser Figur lange unüberwindbare Schwierigkeiten.
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2. Selbstvalidierendes Weltrecht Erst die auf systemtheoretischer Basis erstellte Konstruktion eines selbstvalidierenden Wirtschaftsvertrages, die Teubner vorgeschlagen hat, brachte die lang ersehnte Entparadoxierung – und zugleich ein Modell, das mit der Hoffnung verbunden ist, die Strukturen des transnationalen Rechts paradigmatisch aufzuzeigen. Die anscheinend paradoxale Selbstvalidierung des Vertrages wird nach Teubner über drei Methoden entfaltet: Hierarchisierung, Temporalisierung und Externalisierung. Teubner denkt diese „Methoden der Entparadoxierung“ (Teubner 1996: 275) offen als Münchhausen-Gebilde an: Sie seien zwar auf nichts gestützt, stützten sich aber gegenseitig, so dass plötzlich ein Halt – einem deus ex machina nicht unähnlich – entstehe. Wie ist das möglich? (1) Als „Hierarchisierung“ bezeichnet Teubner den Umstand, dass der selbstvalidierende Vertrag insofern über eine wirtschaftliche Transaktion hinausgeht, als er nicht nur Primärregeln enthält, die das Verhalten der Parteien ordnen. Darüber hinaus sieht er „ebenfalls Sekundärregeln [vor], mit denen … [er] das Verfahren der Identifizierung von Primärregeln sicherstellt und deren Interpretation und Konfliktlösungsprozeduren steuert“ (275). (2) Diese normative Doppelebene soll in einem temporalisierenden Prozess zum Spielen kommen: „Indem … [der Vertrag] – retrospektiv – auf eine bereits bestehende Menge standardisierter Regeln und – prospektiv – auf zukünftige Konfliktlösungen verweist, wird er selbst zu einem Element eines ständig weiterlaufenden, selbstreproduktiven Prozesses, in dem das Netzwerk ständig neue Systemelemente reproduziert“ (275 f.). In den Augen Teubners emergiert damit ein autopoietisches Kommunikationssystem. (3) Mit diesem System entsteht zwangsläufig auch eine Systemumwelt, was nach Teubner Grundlage für Externalisierung ist: Der Vertrag weist die Beurteilung der eigenen Gültigkeitsbedingungen einer externen, nichtvertraglichen Institution zu (z. B. einem Schiedsgericht). Dass eine solche Institution über die Gültigkeit des Vertrags befindet, obwohl ihre eigene Legitimation auf eben diesem Vertrag gründet, erscheint Teubner als geradezu virtuos: „Eine interne zirkuläre Beziehung wird so in eine externe verwandelt. In der zirkulären Beziehung zwischen den beiden institutionellen Polen von Vertrag und Schiedsgericht entdecken wir die Kernelemente des emergierenden globalen Rechtsdiskurses: Benutzung eines spezialisierten binären Codes, die Unterscheidung Recht/Unrecht, und das Prozessieren eines nicht-nationalen, ja sogar nicht-internationalen, eben globalen Geltungssymbols“ (269). Hat Teubner mit seiner Trias von „rechtssystem-generierenden Methoden“ das proprium identifiziert, das es erlaubt, globales Recht von anderem Recht zu scheiden? Und ferner: Wie genau verfährt er, um seine „Methoden“ zu entwerfen? Die Antwort in a nutshell: Code statt Funktion! Oder
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in Teubners eigenen Worten: „Es ist weder Struktur noch Funktion der Erwartungen, sondern die Sekundärbeobachtung über den binären Code, der das ‚spezifisch Rechtliche‘ im lokalen oder globalen Rechtspluralismus ausmacht“ (273). Teubner optiert also für ein Modell der Außenbeobachtung von Selbstbeobachtung: Globales Recht erkennt man daran, dass in einem am Code Recht/Unrecht ausgerichteten System ein „globales Geltungssymbol“ zirkuliert. Zweifelsohne spielen die systemischen Selbstbeobachtungszirkel bei der Identifizierung von globalem Recht – darin ist Teubner zu folgen – eine entscheidende Rolle. Und ebenso ist die Beobachtung zweiter Ordnung methodisch der alleinige Weg, um die Konstitution von rechtlichen Phänomenen festzustellen. Auch wenn das von Teubner registrierte Selbstbeobachtungsschema gewiss eine notwendige Bedingung für Weltrecht ist, fragt sich, ob es zugleich auch, wie der Autor impliziert, eine hinreichende Bedingung darstellt. In Wahrheit scheint dieses Schema an zwei Problemen zu leiden, die teilweise miteinander verstrickt sind. Das erste hängt mit der Art zusammen, in welcher die globale Natur der lex mercatoria begründet wird, also mit der These Teubners, das von der lex mercatoria erzeugte System leite seine „Globalität“ vom besonderen Charakter des Geltungssymbols ab, das dieses System prozessiere: dieses Symbol sei weder national noch international, sondern eben global (276). Just hier meldet die Systemtheorie Einwände an: Diese Einwände beziehen sich auf den Umstand, dass das Geltungssymbol des Rechts keinen Bezug zu seiner Umwelt hat. Oder präziser: „[Geltung] ist … nicht das Ergebnis der Wirkung einer externen Ursache – eines … immanent-autoritativen (‚staatlichen‘) Geltungsgrundes“ (Luhmann 1993: 103). In diesem Sinne disponiert das Geltungssymbol keineswegs über die segmentierte (nationale) oder nichtsegmentierte (globale) Reichweite von Rechtsnormen. Diese Aufgabe wird in der systemtheoretischen Architektur, wie wir noch sehen werden, von einem anderen Mechanismus erfüllt. Das Geltungssymbol bezieht sich ausschließlich auf interne Operationen und auf interne Zustände des Rechtssystems (104), was mit der Funktion dieses Symbols erklärt werden kann: „[Geltung] ist nur die Form, in der Operationen auf Systemzugehörigkeit Bezug nehmen und sich dem Kontext anderer Operationen desselben Systems, ihn reproduzierend, zuordnen. Sie ist die Form der Partizipation an der Einheit des Systems“ (103). Dass das „globale Geltungssymbol“ eine figura in absentia der Systemtheorie darstellt, ist nicht nur theoretisch von Relevanz, sondern hat für das Modell des selbstvalidierenden Wirtschaftsvertrages – als Paradigma des Weltrechts – sehr handgreifliche, praktische Konsequenzen: Die lex mercatoria ist in der von Teubner vorgeschlagenen Lesart gleichsam free-floating, d. h. sie ist ebenso lokal wie regional, ebenso national wie international, ebenso territorial wie global. Sie hat keinen spezifischen Globalisierungsbezug,
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sondern scheint fähig zu sein, sich sowohl in segmentierte, als auch in nichtsegmentierte Sozialstrukturen einzufügen.1 Was das von Teubner vorgelegte (Selbst-)Beobachtungsschema in Wahrheit aufzeigt, ist auf die Thematik beschränkt, wie ein anationales bzw. staatenloses Recht möglich ist. Gerade aber ein von staatlichen Strukturen unabhängiges Recht kann sich sowohl within the state als auch beyond the state abspielen. 2 3. Funktion. Leistung. Reflexion von Weltrecht Warum aber bleibt die Teubnersche Theorie des selbstvalidierenden Wirtschaftsvertrages stumm, wenn es um die Entschleierung des globalen Charakters von Weltrecht geht? Mit dieser Frage dringt man zum zweiten Problem dieser Theorie vor: zum Problem, dass eine Beobachtung zweiter Ordnung, die das „spezifisch Rechtliche“ ausmachen will, sich nicht auf eine einzige Systemreferenz des beobachteten Systems beschränken darf. Teubners Modell beobachtet ausschließlich die Beobachtung der lex mercatoria durch sich selbst bzw. die Reflexion dieses Systems. Hierarchisierung, Temporalisierung, Externalisierung sind alles Operationen, die auf das System selbst referieren und insofern der Selbstbeobachtung – oder eben: der Reflexion – zuzuschlagen sind. Damit ist in Teubners Theorie die Beschreibung der systemischen Beobachtungszirkel aber unvollendet – was auch zeigt, dass deren Erklärungsreichweite gewissermaßen prekär bleibt. Denn neben der Systemreferenz Reflexion kennt jedes ausdifferenzierte System – „aus rein logischen Gründen“ (Luhmann 1997: 757) – noch zwei weitere Systemreferenzen: „die Beobachtung des Gesamtsystems, dem das Teilsystem angehört, … [und] die Beobachtung anderer Teilsysteme in der gesellschaftsinternen (oder auch: anderer Systeme in der externen) Umwelt …“ (757). Um diese zwei Systemreferenzen von der Reflexion (der Beobachtung des Systems durch sich selber) abzugrenzen, werden die Beobachtung des Ge1 Diesem Einwand kann man entgegnen, dass das Nebeneinander von autonomen Rechtssystemen, welches Teubner im Auge hat, eine neue Binnendifferenzierung des Rechts darstellt. Man hat es alsdann mit pluralen Rechten zu tun, die funktionsäquivalent nebeneinander stehen. Die Unterscheidung zwischen globalem und territorialem Recht verliert ihre Bedeutung. Entscheidend ist dann lediglich, im Anwendungsbereich welcher Rechtsordnung sich ein gegebener Konflikt ereignet; cf. in diesem Zusammenhang Fischer-Lescano/Teubner 2006: 36. Solange man freilich eine Weltgesellschaft hat, die funktional mit territorial segmentierten Systemen (Nationalstaaten) verflochten ist, ist ein solches Binnendifferenzierungskonstrukt prekär. Wie hinten 655 ff. noch zu zeigen ist, muss Weltgesellschaft im Sinne von Eigenstrukturen (Stichweh) bzw. assemblages (Sassen) verstanden werden, die globale und nationale Strukturen in ganz spezifischer Weise vermengen. Daraus folgt (und dies ist nur eine Wiederholung der vorliegend vertretenen Grundthese): lokal, national oder regional segmentiertes Recht einerseits und Weltrecht andererseits sind nicht funktionsäquivalent. 2 Dieser Punkt wird nachdrücklich von Ehrlichs (1989) autonomem Recht der Bukowina belegt, das inmitten eines vom österreichischen ABGB erfaßten Territoriums gelebt wurde.
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samtsystems Funktion und die Beobachtung anderer Systeme Leistung genannt. Um eine Theorie des globalen Rechts weiterzutreiben, müssen wir in Erfahrung bringen, wie dieses Recht seinen Funktionsbezug und seinen Leistungsbezug beobachtet. Denn ohne diese Systemreferenzen bleibt globales Recht unterbelichtet – und vor allem: Ohne Nachweis von Funktion und Leistung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Operationen des (selbst-)beobachteten Systems leer, ohne Bezug zur Gesellschaft, gleichsam monadisch sind (Amstutz 2008). Aber der hier aufgegriffene Aspekt hat nicht bloß Vergewisserungscharakter. Es geht um erheblich mehr, nämlich um die Analyse eines evolutorischen Phänomens: der Mutation des Rechts im globalen Raum (Amstutz/Karavas 2006). Warum kann dieses Phänomen nur unter Zugrundelegung des Funktions- und des Leistungsbezugs des Rechts erschlossen werden? Ganz einfach deshalb, weil globales Recht seine Natur – seine „Globalität“ – aus den sozialen Strukturen schöpft, aus denen es sich funktional ausdifferenziert hat, und diese Strukturen sind diejenigen der Weltgesellschaft. Hält man, wie hier beabsichtigt, an dem von Teubner vorgeschlagenen Modell der Beobachtung zweiter Ordnung fest, muss dieses Modell in seinem Spektrum ausgedehnt werden – und zwar so, dass es sämtliche Systemreferenzen erfaßt, die die systemischen Beobachtungszirkel zusammenziehen. Und das bedeutet: Um die Weltgesellschaftsstruktur in das Modell einzubeziehen, ist es unerlässlich, dieses Modell für die Systemreferenzen Funktion und Leistung des beobachteten Systems zu öffnen. Erst unter diesen theoretischen Bedingungen kann klar werden, weshalb das Weltrecht ein Derridasches Monster darstellt. Wir müssen deshalb jetzt näher auf die Frage eingehen: Was beobachtet globales Recht, wenn es „seine“ Gesellschaft, die Weltgesellschaft, beobachtet?
III. Greffe II: Weltgesellschaftliche Eigenstrukturen 1. Eigen-Werte Diese Frage wollen wir mit Stichwehs kumulativem Modell von Sozialstrukturen angehen, das den grossen Vorzug hat, Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Entwicklung der Weltgesellschaft mit hoher Präzision aufzuzeigen. Nach diesem Modell baut die Weltgesellschaft auf eigene Strukturmuster auf, die sich von den national segmentierten Strukturen abheben. Diese globalen Muster nennt Stichweh Eigenstrukturen (in Anlehnung an den mathematischen Begriff des Eigen-Wertes bzw. eigen-value; cf. v. Foerster 1993: 103 ff.). Als Beispiele nennt er: Funktionssysteme (z. B. Weltwirtschaft), formale Organisationen (z. B. Multinationale Unternehmen [ MNU ]) Netzwerke (z. B. Internet), epistemische Gemeinschaften
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(z. B. Linux developers), Weltereignisse (z. B. Olympiaden), Märkte, Weltkriege, die Weltöffentlichkeit, Weltstädte (Stichweh 2006: 241 ff.). Aber was ist im Einzelnen unter Eigenstrukturen zu verstehen? Diesen Terminus erläutert Stichweh wie folgt: „Eigenstrukturen reproduzieren die präexistente kulturelle Diversität, aber sie drängen sie zugleich zurück und bringen eigenständige und neuartige soziale und kulturelle Muster hervor“ (241). Damit wird ein höchst anspruchsvolles Bild der Weltgesellschaft mit feinfühligen Wechselbezügen möglich. Dieses Bild gründet auf der Hypothese von pluralen Ebenen in der strukturellen Bildung von Sozialsystemen, so dass neue Strukturen alte Strukturen überlagern, ohne sie auszulöschen. Was die neuen Strukturen im Kern bewirken, ist somit eine Reduktion der Informationsrelevanz und der Aktivitätsfrequenz der alten Strukturen über längere Zeiträume (241). Stichwehs Lehre von den Eigenstrukturen enthält im Wesentlichen drei Aussagen, die sie von konkurrierenden Globalisierungstheorien abgrenzen: (1) Vorab wird mit der verbreiteten These aufgeräumt, „das Nationale und das Globale schlössen sich wechselseitig aus – eine Art umgekehrter Staatsfixiertheit, nach der das Globale als das Gegenteil des Nationalen angesehen wird“ (Sassen 2008: 649). Die Globalisierung reduziert sich bei weitem nicht auf eine territoriale Ent-Segmentierung von grossen Funktionssystemen. (2) Alsdann wird der Umstand hervorgehoben, dass neue und alte Strukturen, obwohl genetisch verschränkt, jeweils ihre individuellen Eigen-Werte besitzen, d. h. sie bestimmen ihre jeweiligen Zustände selber. Man kann diesen Umstand, wie dies Stichweh vorschlägt, auch durch die Leitunterscheidung Konsistenz/Inkonsistenz artikulieren: Das Operieren eines autonomen Systems im Verhältnis zu einem anderen ist in dem Sinne inkonsistent, dass eine Abstimmung ihrer jeweiligen Änderungsrhythmen eher unwahrscheinlich ist. Konsistenz kann deshalb immer nur den Selbstbezug des Systems meinen. Die Leitunterscheidung Konsistenz/Inkonsistenz beschreibt mithin einen zentralen Aspekt des operativen Verhältnisses von territorial segmentierten und globalen Strukturen: „Nur wenn diese Bedingung [sc. Konsistenz als Selbstbezug] erfüllt ist, können Fremdsysteme sich über längere Zeiträume auf ihre eigenen Operationen konzentrieren und dies in der plausiblen Erwartung tun, dass das Verhalten anderer Systeme im Bereich einer erwartbaren Veränderungslogik bleibt“ (Stichweh 2000: 38). (3) Allerdings macht der Eigen-Wert-Charakter der Eigenstrukturen noch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: Dass die alten und neuen Strukturen oder, wenn man so will: die territorialen und globalen Strukturen wechselseitig einen Eigen-Wert unter den Eigen-Werten des jeweils anderen Strukturen-Sets bilden. Oder plastischer: Weil sich territoriale Strukturen in der Umwelt globaler Strukturen befinden (und vice versa), stellen sie reziproke Eigen-Werte dar. V. Foerster umschreibt diese verkettete Beziehung
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mit folgendem Bild: „So wie der Andere zu einem meiner Eigenwerte … wurde, so werde ich jetzt zu einem Eigenwert … des Anderen. Ich und du erzeugen sich gegenseitig“ (v. Foerster 1985: 127). 2. Funktion: Primat kognitiver Erwartungen Unterstellt man Weltgesellschaftsstrukturen in der Art und Weise, in der wir sie soeben geschildert haben, fragt sich zunächst, wie sich daraus Recht ausdifferenzieren kann. Denn auch hier (wie anderswo in der Gesellschaft) gilt: „Die Gesellschaft toleriert … Ausdifferenzierungen [nur], wenn sie einen funktionalen Bezug auf Probleme des Gesellschaftssystems bewahren“ (Luhmann 1993: 554). Man könnte nun davon ausgehen, dass sich das Recht, wie im Nationalstaat, auch in der Globalisierung funktional auf das Problem der systemischen Stabilisierung normativer (kontrafaktischer) Erwartungen bezieht. Dementsprechend bestünde die Funktion des globalen Rechts in der Gewährleistung des Zustandes, dass man in den Eigenstrukturen stets wissen kann, „mit welchen Erwartungen man sozialen Rückhalt findet, und mit welchen nicht“ (132). Eine solche Annahme wäre freilich kritisch (auch wenn sie – meist unausgesprochen – noch vielen Forschungen zum Weltrecht zugrunde liegt). Denn Eigenstrukturen weisen eine hochgradige Spezialisierung auf und deshalb auch eine hohe Komplexität, die sowohl ihre zeitliche, soziale und sachliche Dimension betrifft. Ein solcher Befund ist für den Erwartungsstil, den man in diesen Strukturen antrifft, von vordringlicher Relevanz. Luhmann hat in dieser Hinsicht hervorgehoben, „dass auf sehr hohe und funktionsspezifisch strukturierte Komplexität besser durch Lernprozesse als durch kontrafaktisches Festhaltenwollen vorgegebener Erwartungen reagiert wird“ (Luhmann 2005a: 79). Daraus folgert er, dass sich in der Weltgesellschaft der evolutionäre Primat von normativen auf kognitive Mechanismen verlagert (Luhmann 1987: 340). Freilich heißt das nicht, normative Erwartungen würden geradewegs durch kognitive ersetzt. Die Diagnose ist reservierter: „Achtet man auf die Erwartungsstrukturen, die jene universell gewordenen Interaktionsfelder der Wissenschaft und der Technik, der Wirtschaft, der öffentlichen Kommunikation von Neuigkeiten und des Reiseverkehrs orientieren, dann fällt ein deutliches Vorherrschen kognitiver, adaptiver, lernbereiter Erwartungen auf, während normative, Moral prätendierende und vorschreibende Erwartungen zurücktreten“ (Luhmann 2005a: 68). M.a.W.: In der Weltgesellschaft ist eine Präferenz für kognitive Erwartungen zulasten solcher normativer Natur zu verzeichnen; von einem Verschwinden des normativen Erwartungsstils kann allerdings keine Rede sein. Aus diesen Ausführungen wird klar: Die Ausdifferenzierung eines Rechtssystems in der Weltgesellschaft wird von dieser nur „toleriert“, wenn sich Recht primär auf das Problem der kognitiven Erwartungen bezieht. An-
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ders gewendet: Wir müssen davon ausgehen, dass der Funktionsbezug des globalen Rechts den kognitiven Erwartungsstil betrifft, der in den Eigenstrukturen der Weltgesellschaft dominiert. 3 Von der noch verbreiteten Vorstellung, Weltrecht würde gleichsam in Weiterführung der nationalstaatlichen Rechtsfunktion normative Erwartungen im globalen Raum stabilisieren, ist Abschied zu nehmen. Der Grund für diesen Befund liegt auf der Hand: Die Systemreferenzen von nationalem bzw. internationalem Recht und diejenigen des Weltrechts sind maßgeblich verschieden, weil diese Rechtskategorien in unterschiedlichen Sozialstrukturen eingebettet sind. Obwohl diese noch ziemlich dunklen Formeln erst später artikuliert und entfaltet werden sollen, wird man schon hier feststellen: Globales Recht hat mit dem nationalstaatlich-politischen Rechtsbegriff kaum mehr etwas gemein und lässt sich jedenfalls nicht in Anlehnung an die Tradition rekonstruieren. Weil es einen „ontologischen“ Rechtsbegriff so wenig gibt wie einen „ontologischen“ Gesellschaftsbegriff, muss die Kategorie eines globalen Rechts unter Zugrundelegen der Sozialstrukturen funktional erschlossen werden, welche die Weltgesellschaft prägen, also der Eigenstrukturen im dargestellten Sinne. 3. Leistung: Negative Integration Und wie verhält es sich mit dem Leistungsbezug des globalen Rechts? Auch hier wird man nicht mehr davon ausgehen können, dass es – wie dies im territorial segmentierten Rechtssystem zutrifft – darum geht, Konflikte von Systemen in der Umwelt des Rechts zu lösen, die mit den Ressourcen dieser Systeme nicht mehr zu bewältigen sind (Luhmann 1993: 157). Denn die einschlägigen faits sociaux in der Weltgesellschaft haben sich in diesem Zusammenhang ebenfalls verlagert: „Die Weltgesellschaft ist, soweit es um Systemdifferenzierung geht, durch einen Primat funktionaler Differenzierung gekennzeichnet. … Aber funktionale Differenzierung besagt keineswegs: regionales Gleichmaß der Entwicklung, geschweige denn konvergente Evolution“ (Luhmann 1993: 573). Was die Differenzierung der Weltgesellschaft auszeichnet, darauf weist die soeben angeführte Passage im Kern hin, ist die steigende Independenz der verschiedenen Einheiten im Welt-System, die zugleich – paradoxalerweise – wegen ihrer hohen Spezialisierung wachsende Interdependenzen schaffen. 4 Dieses Problem – und nicht die innersystemischen Konflikte, die auch in der Weltgesellschaft immer noch auf lokaler oder regionaler Ebene geschlichtet werden – stellt den Leistungsbezug des globalen Rechts dar. Aber was bedeutet das konkret? 3 Cf. auch die Ausführungen von Ladeur 2000: 242 ff., über die rechtliche Gewährleistung der Lernfähigkeit in der Gesellschaft der Organisationen. 4 Cf. Stichweh 2000: 37: „Insofern lässt sich die Weltgesellschaft als ein Zusammenhang von Differenz und Interdependenz beschreiben“; ferner auch Luhmann 1981: 64.
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Es geht darum, dass das Weltrecht die Weltgesellschaft nicht positiv integriert (d. h.: innersystemische Konflikte beilegt und damit flächendeckend auf der Welt identische Standards durchsetzt), sondern im Netz der weltgesellschaftlichen Eigenstrukturen Effekte der negativen Integration erzeugt. Globales Recht hat im Verhältnis zu den anderen weltgesellschaftlichen Systemen die Aufgabe, „Grenzen zulässiger Inkompatibilität“ (Stichweh 2000: 38) zu ziehen. Solche Grenzen können dadurch geschaffen werden, dass das Recht den Pool der möglichen Operationen weltgesellschaftlicher Systeme limitiert. Und dies nicht durch Verbote oder sonstige Anordnungen, die ohnehin in einem globalen setting nicht durchgesetzt werden könnten, sondern dadurch, dass es diesen Systemen cognitive resources zur Verfügung stellt und damit auf ihre Reflexion Einfluss nimmt. Dabei ist wesentlich, dass diese cognitive ressources nicht ausschließlich eine Adresse haben, sondern in der Weltgesellschaft breit gestreut werden. Denn dadurch werden auch Sozialmechanismen wie Skandalisierung, Reputation usw. angekurbelt, die die systemische Reflexion zu „brüskieren“ imstande sind. Die vom Recht – im Leistungsbezug – produzierten Limitationen werden auf diese Weise in ihrer Effektivität der Tendenz nach gesteigert. Nachdem wir nun den Funktions- und Leistungsbezug des Weltrechts eingekreist haben, fragt sich: Wie wirken sich diese Verschiebungen auf den Rechtsbegriff des Weltrechts konkret aus?
IV. Greffe III: Weltgesellschaftliche Interlegalität 1. Operative Schließung, Interpenetration, Ausdifferenzierung Unsere These: Ein solches Recht ist nicht mehr Normen-Sammlung als Kundgabe des gesollten Verhaltens an das Publikum, also nicht mehr Aufstellung von Bestimmungen, die unmittelbar Verhaltensbeeinflussung bezwecken. Die Zwölf Tafeln oder der Code Napoléon haben hier keinen Referenzwert mehr. Weltrecht ist vielmehr Vernetzungs-Recht, also ein Beziehungszusammenhang, der Normen aus unterschiedlichsten Kontexten und von verschiedenster Abstammung verknotet. Weltrecht ist ein Aktant (cf. Latour 2001: 97 ff.). Oder nochmals anders (und im vorliegenden Sprachspiel wohl die passendeste Formel): Weltrecht ist Interlegalität (cf. Amstutz 2003; Santos 2002: 237). Wir wollen diese These nicht abstrakt entfalten, sondern an einem Beispiel aus der Praxis aufziehen, die immer kreativer ist als die Theorie. Dieses Beispiel ist das Bemühen der EU um eine Corporate Social Responsibility ( CSR ), die nach der hier vorgeschlagenen Interpretation zentrale Züge eines Weltrechts offenbart. Der bisherige Werdegang der europäischen CSR kann
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in drei Phasen aufgegliedert werden (cf. De Schutter 2008; Phillips 2008; Wouters/Chanet 2008): Die erste Phase besteht in der Eröffnung des Dialogs über CSR . Sie wurde im Jahre 2001 mit der Publikation des Grünbuches der Europäischen Kommission betreffend die soziale Verantwortung der Unternehmen eingeleitet, indem „die relevanten Akteure aufgefordert [wurden], unter Berücksichtigung der Interessen der Unternehmen und der Stakeholder Vorschläge zu unterbreiten, wie eine Partnerschaft zur Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für die Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen aufgebaut werden könnte“ (Europäische Kommission, Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen: Grünbuch, KOM (2001) 366 endg., 25 [im Folgenden: Grünbuch, KOM (2001) 366 endg.]). Hauptziel dieser ersten Phase war es, „eine Debatte über neue Wege der Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen anzuregen und die Akteure zu sensibilisieren“ (Grünbuch, KOM (2001) 366 endg., 25), wobei als Akteure in diesem Sinne Behörden, internationale Organisationen, Unternehmen, Sozialpartner, sowie interessierte Einzelpersonen anvisiert wurden. Auch wenn die Europäische Kommission auf eine konkrete Definition der CSR bewusst verzichtete, betonte sie dennoch nachdrücklich den freiwilligen Charakter der CSR . In der zweiten Phase fasste die Kommission in ihrer Mitteilung vom 2. 7. 2002 (Europäische Kommission, Mitteilung betreffend die soziale Verantwortung der Unternehmen: ein Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen Entwicklung, KOM (2002) 347 endg. [im Folgenden: Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347 endg.]) die Kommentare zum Grünbuch zusammen und wertete sie aus. Das Ergebnis des vorangegangenen Konsultationsprozesses wurde als enttäuschend empfunden. Die Kommission konnte nur unüberbrückbare Meinungsunterschiede zwischen den beteiligten Akteuren feststellen: Während die Unternehmen den freiwilligen Charakter der CSR vorbehaltlos unterstützten, sowie ihre Aversion gegen sog. Patentlösungen kundgaben, die den Innovationsgeist ersticken könnten, betonten die Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft, dass freiwillige Initiativen nicht ausreichen würden, um die Rechte der Arbeitnehmer und der Bürger zu schützen (Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347 endg., 4). Das vielleicht wichtigste Ereignis dieser zweiten Phase der europäischen CSR liegt aber im Umstand, dass die Kommission den Beschluss traf, von einem Vorschlag des Europäischen Parlaments (Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission über die Förderung der europäischen Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen ( CSR ) ( KOM (2001) 366 – C5–0161/2002 – 2002/ 2069( COS )), 18) abzuweichen: Während dieses für eine CSR-StakeholderPlattform als eine Art supranationale Regulierungsinstanz plädierte, entschied sich die Kommission für eine Plattform im Sinne eines freien Forums,
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das ausschließlich der Institutionalisierung des CSR-Dialogs dienen sollte (European Multi-Stakeholder Forum on CSR = CSR EMS -Forum). Das Ziel des CSR EMS -Forums wurde als Förderung der Transparenz und Konvergenz von CSR-Praktiken und -Instrumenten definiert (Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347 endg., 19). Zu erreichen war dieses Ziel durch den Austausch von Erfahrungen und Good Practices zwischen Akteuren auf EU -Ebene, sodann durch das Zusammenlegen der in der EU bereits laufenden anderweitigen Initiativen, und schließlich durch die Ermittlung und Analyse von Bereichen, in denen zusätzliche Maßnahmen auf EU Ebene angezeigt schienen (Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347 endg., 19). Vorgesehen wurde, dass am CSR EMS -Forum unter dem Vorsitz der Kommission 40 europäische Organisationen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Verbrauchern und der Zivilgesellschaft sowie Berufsverbände und Unternehmensnetze teilnehmen. Die dritte Phase begann mit der Aufnahme der Aktivitäten des CSR EMS Forums, das insgesamt etwa zwei Jahre dauerte. In diesem Zeitraum wurden zwei Plenarsitzungen im Dezember 2002 und im Juli 2003 einberufen, sowie vier themenspezifische Diskussionsrunden zwischen 2003 und 2004 organisiert. Am 29. 06. 2004 legte das CSR EMS -Forum seinen Abschlußbericht vor. In ihrer Mitteilung vom 22. 03. 2006 bemerkte die Kommission etwas ambivalent: „Dem Forum gelang es, zwischen Teilnehmern mit sehr abweichenden Ansichten einen gewissen Konsens herbeizuführen, es machte jedoch auch die erheblichen Meinungsunterschiede zwischen den Vertretern der Wirtschaft und anderen Stakeholdern deutlich“ (Europäische Kommission, Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuß, Umsetzung der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung: Europa soll auf dem Gebiet der sozialen Verantwortung der Unternehmen führend werden, KOM (2006) 136 endg., 6 [im Folgenden: Mitteilung der Kommission, KOM (2006) 136 endg.]). Das eigentliche Problem am Grundkonzept des CSR EMS -Forums wurde indes von einem Teilnehmer am Forum identifiziert: „What the experience of the Forum showed … are the limits of a method which consists in bringing together a range of stakeholders with so different views, in the hope that they will arrive at a consensus through discussions facilitated, but in no way pre-empted or directed, by the Commission. This method, which in theory might be praised for its openness, leads in fact to a situation where any final agreement will be based, not on the outcome of a rational discussion based on the law of the best argument – as communicative ethics à la Habermas would have it – but rather on the few items on which the participants can agree, without betraying the mandate of their respective constituencies“ (De Schutter 2008: 215, der die Stellungnahme des erwähnten Teilnehmers wiedergibt). Das Experiment mit dem CSR EMS -Forum hat somit bewiesen, dass das Modell einer idealen Sprechsituation im Sinne der
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Diskurstheorie sich als wenig ertragreich bei der Bewältigung von globalen Problemen (wie dasjenige der CSR ) erweist. Dies hat die Kommission mit Scharfsinn realisiert und entsprechende Konsequenzen gezogen: Sie hat sich gegen Habermas und für Luhmann entschieden! Dieser Satz ist keine Spielerei. Um ihn zu erläutern, muss zunächst ein Paradigmawechsel im europäischen CSR-approach registriert werden: In ihrer Mitteilung vom 22. 03. 2006 hat die Kommission die Weichen neu gestellt und die Errichtung eines neuen Forums, des sog. Europäischen Bündnisses für CSR , beschlossen (Mitteilung der Kommission, KOM (2006) 136 endg., 6 ff. und 12 ff.). Das Entscheidende an dieser Reorientierung ist darin zu erblicken, dass dieses neue Forum nicht mehr alle interessierten Akteure unter ein Dach zusammenbringt, sondern als Allianz von – ausschließlich! – europäischen Unternehmen konzipiert ist: „Diesem Bündnis können alle Unternehmen angehören, die das gleiche ehrgeizige Ziel haben, das Ziel nämlich, dass Europa im Interesse wettbewerbs- und zukunftsfähiger Unternehmen und einer nachhaltigen Marktwirtschaft auf dem Gebiet der sozialen Verantwortung der Unternehmen führend werden soll“ (Mitteilung der Kommission, KOM(2006) 136 endg., 12; kritisch De Schutter 2008: 216 ff.; Wouters/Chanet 2008: 41). Hier liegt, systemtheoretisch gesprochen, Bemerkenswertes vor: operative Schließung, Interpenetration, Ausdifferenzierung. Thesenartig können diese Stichworte folgendermaßen gekennzeichnet werden: (1) Aufgelöst hat die Kommission das CSR EMS -Forum deshalb, weil es diesem nie gelungen ist, mehr als ein Aggregat von unkoordinierten Interaktionen zu sein. Indem sie das Europäische Bündnis (als neues CSR-Forum) in seiner Zusammensetzung rekonfiguriert, bewirkt sie die operative Schließung eines normativen Diskurses. Dieser Diskurs, der organisationsrechtlich gesteuert wird, dient der Förderung, Erzeugung und Bestimmung von cognitive ressources für MNU , und zwar vor allem in folgenden Bereichen: „(i) increasing knowledge about the positive impact of CSR on business and societies in Europe and abroad, in particular in developing countries; (ii) developing the exchange of experience and good practice on CSR between enterprises; (iii) promoting the development of CSR management skills; (iv) fostering CSR among SMEs ; (v) facilitating convergence and transparency of CSR practices and tools …“ (Neal 2008: 466). Ohne die neue organisatorische Formation des Bündnisses wäre es niemals zur Produktion dieser cognitive ressources gekommen. Die Geschichte des CSR EMS -Forums (als „Meer“ isolierter Interaktionen) belegt diesen Punkt in hinreichendem Maße. (2) In der Weltgesellschaft wirken diese cognitive ressources in einer ganz bestimmten Weise: Sie fungieren als normative Stützen der „strukturellen Bedingungen der Lernfähigkeit“ (Luhmann 2005a: 78 f.) von Eigenstrukturen. In diesem Sinne liegt ein Sachverhalt von Interpenetration vor (cf. Luh-
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mann 1984: 296 m.Nw.): Das europäische Rechtssystem stellt die eigene Komplexität zum Aufbau eines globalen Rechtssystems zur Verfügung, das seinerseits Rückkoppelungen auf das europäische CSR-System hat (290). Indem also die Eigenstrukturen die cognitive ressources, die das Europäische Bündnis für CSR produziert, im weltgesellschaftlichen Kontext neu und spezifisch „liest“, emergieren weltrechtliche Operationen, die sich auf globaler Ebene zu einem System verdichten, welches seinerseits im europäischen sozialen Dialog wiederum registriert wird. Und dieses System ist ein Rechtssystem, weil es nicht nur am Code Recht/Unrecht ausgerichtet ist, sondern seine Funktion und seine Leistung aus der spezifischen Natur der Weltgesellschaft ableitet, die sich, wie gesagt, nicht in normativen, sondern in kognitiven Erwartungen konstituiert. Diese Vernetzung von verschiedenen Ebenen (vom territorial segmentierten System des Europarechts mit dem Weltrechtssystem) ist aber nur eine Seite der globalen Interlegalität. Denn das Weltrecht bezweckt, dass die weltgesellschaftlichen Eigenstrukturen, in unserem Fall also: die MNU , ihre Umwelten auskundschaften, um ein damit kompatibles Verhalten zu entwickeln. Konkret: Das vom globalen Recht unterstützte Lernen von MNU zielt darauf ab, die rechtlichen, protorechtlichen, aber vor allem gesellschaftlichen Normen in den Umwelten, in denen die MNU agieren, aufzuspüren, damit diese ein umweltadäquates Verhalten anstreben können. Auf diese Weise entstehen operative links zwischen europäischen Organisationsnormen (Europäisches Bündnis für CSR ), Weltrecht (normativ abgestütztes Lernen von Eigenstrukturen) und lokalen (proto-)rechtlichen oder sozialen Normen. (3) Der Übergang vom CSR EMS -Forum zum Europäischen Bündnis für CSR hat schließlich eine letzte unentbehrliche Komponente des Weltrechts zu Tage gefördert, die wir als Phänomen der Ausdifferenzierung abhandeln: Indem die ursprünglich zugelassenen Stakeholders (im weitesten Sinne) vom Dialog im Forum ausgeschlossen wurden, haben sie sich zu Systemen ausgebildet, die man als zivilgesellschaftliche Governance-Mechanismen qualifizieren kann. Ihre Freisetzung funktioniert sie zu Instanzen um, die – freilich sehr approximativ und cum grano salis – eine Art funktionales Äquivalent zum Weberianischen „Erzwingungsstab“ (Weber 1980: 17) im Nationalstaat bilden. Zwei Gründe bewirken, dass eine klassische nationalstaatlich-politische Vollstreckung von globalem Recht systemwidrig (und überhaupt: utopisch) wäre: Ganz pragmatisch einmal das Fehlen umfassender extraterritorialer Rechtsvollzugsmöglichkeiten; dann aber auch (und zumal) der Umstand, dass sich das globale Recht – verstanden im vorliegend definierten Sinne als normative Abstützung kognitiver Erwartungen – kaum dafür eignet, über traditionale Durchsetzungsmechanismen vollzogen zu werden. Deshalb scheint der Rekurs auf Formen der informellen Kontrolle, wie z. B. auf Marktkräfte, Reputation oder Skandalisierung unumgänglich. Insofern lässt sich der Verzicht der europäischen CSR auf Verbindlichkeit seiner Vor-
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schriften leicht erklären: Solches wäre auf einen Rückfall in nationalstaatliches Denken hinausgelaufen, hätte also weltrechtlich wenig bis nichts bewirkt. 2. Operative Schließung: Die Produktion von cognitive ressources Aus rechtlicher Perspektive ist die Aktion der Kommission zur Förderung der CSR Bestandteil des sozialen Dialogs, der als Ziel in Art. 136 Abs. 1 EGV ausgegeben wird. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen förmlichen sozialen Dialog, der den Sozialpartnern bestimmte Anhörungsrechte (Art. 138 EGV ) und die Möglichkeit, Vereinbarungen abzuschliessen (Art. 138 Abs. 4 und 139 EGV ), zugesteht. Vielmehr hat man es mit einem informellen sozialen Dialog zu tun, der zwar in den Art. 136 ff. EGV nicht explizit geregelt wird, gemäß herrschender Lehre aber nach dem Vertrag durchaus statthaft ist (Krebber 2007: Art. 136 N 3). Die Kommission hat die Maßnahmen zur Organisation der CSR-Praktiken somit aufgrund ungeschriebener, aber anerkannter vertraglicher Kompetenzen getroffen. Und sie hat diese Kompetenzen mit ihrer Mitteilung vom 22. März 2006 in einem ganz spezifischen Sinne ausgeübt: Sie hat, wie gezeigt, den Ausschluss der Stakeholders vom CSR-Dialog beschlossen, d. h. deren Verlagerung in die Umwelt dieses Dialoges. Weil an diesem Interaktionssystem dementsprechend nur noch Unternehmen partizipieren, schließt sich der CSR-Dialog operativ zu einem System. Das, was vor dem Jahre 2006 diese Schließung noch behindert hatte, nämlich das Fehlen einer gemeinsamen Sprache zwischen Unternehmen und Stakeholdern, hat die Kommission korrigiert. Die Ausbildung eines Systems in Form des Europäischen Bündnisses für CSR hat nun eine virtuose Folge: kognitive Öffnung. Erst seine operative Schließung befähigt das System, in Kontakt mit seiner Umwelt zu treten. Es projiziert seine Erwartungen auf Perturbationsereignisse und macht sich in seinem Weiterprozessieren von diesen abhängig. Und zwar in dem Sinne, dass das System die Umwelt über Bestätigung oder Enttäuschung seiner Erwartungen entscheiden lässt, um so zu einer ständigen Reorientierung seiner Operationen verleitet zu werden. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass sich die Operationen des Systems stets umweltadäquat ausnehmen. Konkret heißt dies: dass die im CSR-Dialog laufend aufs Neue erarbeiteten Verfahren, Standards, benchmarks usw. stets geeignet sind, die soziale, ökologische und kulturelle Wirklichkeit zu erfassen und abzubilden. Der Prozess der Erzeugung von cognitive ressources ist also in dem Sinne evolutionär, dass er auf Veränderungen in den gesellschaftlichen und natürlichen Umwelten von Unternehmen reagiert und sich fließend auf neue Verhältnisse einstellt. Diese Beobachtungen geben nun aber Anlass zur Frage: Was bedeutet diese operative Schließung des CSR-Dialogs in rechtssoziologischer Perspektive?
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Wenn gesagt wird, dass die Kommission mit dem Europäischen Bündnis für CSR eine rechtliche Institution geschaffen hat, die cognitive ressources erzeugt, so bedeutet dies: dass „kognitive[…] Mechanismen in die an sich normative Struktur des Rechts [eingebaut werden]“ (Luhmann 1987: 340 f.). Diese Entwicklungen im Design des Rechts bringen eine Verschiebung seines Sinnes mit sich: Sein operativer Vollzug hängt dann weniger von der Normtreue gegenüber dem positiven Recht ab, als vielmehr von seinen Problemlösungsfähigkeiten (cf. Ladeur/Viellechner 2008: 72). In einem globalisierten setting kommt es wegen der darin anzutreffenden Prädominanz von kognitiven Erwartungen vor allem darauf an, dass das Recht Kapazitäten für lernende Umstrukturierungen und für die Anpassung von Programmen vermittelt. M.a.W.: Cognitive ressources auf Ebene segmentierter Systeme (z. B. auf Ebene der EU ) schaffen Chancen, die in den globalen Eigenstrukturen genutzt werden können – oder eben auch nicht. Aber als solche bewirken diese Ressourcen noch nichts. Wenn also das Europäische Bündnis für CSR die Sensibilisierung und den Austausch von vorbildlichen Verfahren im Bereich namentlich des Sozialkapitals fördert, Multi-Stakeholder-Initiativen unterstützt, Konzepte des lifelong learning entwickelt usw., so werden Ressourcen geschaffen, die von den MNU erst noch genutzt werden müssen. Diese Ressourcen sind mithin Potentialitäten, die im globalen Raum der Aktualisierung bedürfen. Sie schaffen allein genommen noch kein Weltrecht. Deshalb fragt sich, wie genau die CSR-Anstrengungen auf europäischer Ebene die Stätten für die Herausbildung eines globalen Rechts sein können. 3. Interpenetration: Die Konstitution des Weltrechts Luhmann gibt auf diese Frage eine recht kryptische Antwort: „Weltweite Strukturbildungen und deren Folgeprobleme, Interaktionszusammenhänge und deren Unbalanciertheiten, ‚regieren‘ das regional in Geltung gesetzte positive Recht nicht in der Form einer übergreifenden Normierung, eines höherstufigen überstaatlichen und damit überpositiven Rechts, sondern dadurch, dass der Dynamismus der Weltgesellschaft Lernanlässe setzt, vielleicht Lernpressionen ausübt und eine gewisse Nicht-Beliebigkeit von Problemlösungen vorzeichnet“ (Luhmann 1987: 341). Wie ist zu verstehen, dass die Weltgesellschaft das regional positivierte Recht „regiert“? Was hat man sich unter dem in diesem Zitat durchschimmernden Weltrecht als „nicht-übergreifende“ Normierung, als „nicht-überstaatliches“ bzw. „nichtüberpositives“ Recht vorzustellen? Bei aller Obskurität der wiedergegebenen Ausführungen lässt sich darin zumindest die These erkennen, dass eine Art symbiotischer Prozess am Werke ist: Weltrecht bildet sich in einer Anschlussbewegung an das Recht der Nationalstaaten aus (cf. Herberg 2005: 112). Wie aber geht all das vor sich?
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Wir meinen, dass man es hier, wie schon erwähnt, mit Interpenetration (im systemtheoretischen Sinne) 5 zu tun hat: Das europäische Rechtssystem, d. h. konkret: der cognitive ressources produzierende, von der Kommission aufgrund ungeschriebener Vertragskompetenzen angekurbelte CSR-Dialog, stellt der Weltgesellschaft seine Komplexität zur Verfügung, um dieser den Aufbau eines eigenen – globalen – Rechtssystems zu ermöglichen. 6 Umgekehrt sind aber auch Rückkoppelungen des globalen Rechts auf die Operationen des europäischen CSR-Rechts zu verzeichnen, das, wie vorne geschildert, ständig danach strebt, die Produktion von cognitive ressources an die Entwicklung in den Eigenstrukturen der Weltgesellschaft zu adaptieren (und so auf eine angemessene Komplexität des Weltrechts hinzielt). Auf der Ebene des Rechts wiederholt sich also, was wir bei der Klärung des Verhältnisses von national segmentierten Sozialstrukturen und globalen Eigenstrukturen generell beobachtet haben: das europäische CSR-Recht und das Weltrecht stellen wechselseitige Eigen-Werte dar. Wenn wir dieses Verhältnis als „Interpenetration“ qualifizieren, so gehen wir davon aus, dass beide Rechte zwar zwei klar getrennte autopoietische Bereiche darstellen; wir erkennen aber eine besondere Art der Bereichsvernetzung: Obwohl ein Eingriff des europäischen Rechts in das Weltrecht und vice versa ausgeschlossen ist (nicht alles, was im europäischen Recht kommuniziert wird, wird im Weltrecht rezipiert und umgekehrt), bilden beide Systeme reziprok eine „Portion notwendiger Umwelt“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 86), d. h. ohne Teilnahme des europäischen CSR-Rechts gibt es (im betreffenden Bereich) kein Weltrecht, und ohne Teilnahme des Weltrechts gibt es keine Entwicklung des europäischen CSR-Rechts. Auf diese Weise entsteht eine Ko-Evolution beider Rechte. Aber was geschieht in dieser Penetration des europäischen Rechts in das Weltrecht genau? Was wird aus den cognitiven ressources, die im europäischen CSR-Diskurs erzeugt werden? Schon mehrmals haben wir hervorgehoben, dass es in den Eigenstrukturen der Weltgesellschaft (jedenfalls primär) nicht um die Stabilisierung von normativen Erwartungen geht, sondern um die Abstützung der Lernfähigkeit dieser Strukturen in Normierungen. Diese Funktion des Weltrechts rührt daher, dass auf die sehr hohe Komplexität der weltgesellschaftlichen Kommunikationen besser durch ko5 Man könnte hier auch von struktureller Kopplung sprechen. Allerdings ziehen wir es vor, mit Stichweh 2000: 107 Anm. 16, im vorliegenden Kontext von (Inter-)Penetration zu sprechen: „Interpenetration hat … den einen Vorteil, dass der Begriff den Kontakt zu dem interessanten modernisierungstheoretischen Begriff der Penetration wahrt“. 6 Natürlich beschränkt sich die Ausbildung von Weltrecht nicht auf eine Interpenetration mit dem europäischen Recht. Weltrecht wird von vielen national segmentierten Rechtssystemen penetriert. Es ist in diesem Sinne „unreines“ Recht: Es konstituiert sich in zahlreichen und vielfältigen Interpenetrationen. Cf. als Beispiel aus der Rechtsgeschichte die Penetration von jüdischem Recht in das christliche Recht: Amstutz/Karavas 2006: 21.
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gnitive Prozesse als durch Festhaltenwollen an bestehenden Erwartungen reagiert wird (Luhmann 2005a: 79). Das verlangt vom Weltrecht eine Konvertierungsleistung ab: Es muss die noch sehr allgemeinen und generell gehaltenen cognitive ressources auf die Enttäuschungssituationen in den Eigenstrukturen zupassen. Anders gewendet muss es mithilfe dieser Ressourcen die typischen Enttäuschungsfälle, die in den weltgesellschaftlichen Kommunikationen auftauchen, so strukturieren, dass „man rasch und sicher neue Erwartungen bilden kann“ (72). Ein methodisch gangbarer Weg, um diese Funktion zu realisieren, besteht darin, die benutzten cognitive ressources zu verhältnismäßig greifbaren Modellen zu konvertieren, um die Eigenstrukturen zu befähigen, Veränderungen im weltgesellschaftlichen Gewebe möglichst effizient aufzufangen. Es ist denn auch gerade diese Transformation (soundig out; Luhmann 1984: 314), die die Elemente des europäischen Rechts in solche des Weltrechts umpolt. Danach liegen jene kognitiven Modelle vor, die die Bildung neuer Erwartungen in den Eigenstrukturen steuern. Wir wollen diesen Prozess an den Operationen des Weltrechts im Zusammenhang mit MNU veranschaulichen: MNU haben eine duale Struktur (und widerspiegeln darin die Struktur der Weltgesellschaft): Sie sind in national oder regional segmentierten Systemen angesiedelt (Gesellschafts- oder Firmensitz), stellen aber zugleich Eigenstrukturen dar. Auf Weltebene können sie ephemere Strukturen bilden, was augenscheinlich wird, wenn sie ihre internen Strukturen lokal revidieren und neu entwerfen (Verschmelzung oder Spaltung von subsidiaries usw.). Auf dieser Ebene rearrangieren sie somit ständig ihre eigenen Strukturen, und das heißt: ihr Verhältnis zu den lokalen Umwelten, in denen sie aktiv sind. Die geschilderten Rearrangements führen insbesondere zu einer laufenden Re-Kreation der strukturellen Kopplungen von MNU mit ihren Umwelten. Damit ist gewährleistet, dass die beobachterische Aufmerksamkeit von MNU mit der Evolution der lokalen Umwelten, in welchen sich diese Unternehmen bewegen, standhält. Das Weltrecht zielt nun darauf ab, die MNU dazu zu bringen, im Umgang mit diesen Umwelten zu „lernen“. Oder präziser: Es zielt auf die Förderung der Nutzung jener kognitiven Chancen, die sich aus den laufenden Regenerationen von strukturellen Kopplungen zwischen MNU und ihrer Umwelten ergeben. Aber wie kann diese Förderungsarbeit gelingen? Das europäische CSR-Recht und seine weltrechtliche Penetration offenbaren eine subtile Strategie: Die im europäischen Sozialdialog produzierten Instrumente münden in kognitive Modelle des Weltrechts, die Transparenz in den Eigenstrukturen in bisher unbekanntem Maße steigern, und somit auf eine Logik hinauslaufen, die Statisches (Bindung) für Fluktuierendes (Beobachten) austauscht. Um allerdings in diesem Punkt präziser zu werden, muss diese auf Transparenz zielende Strategie eingehender analysiert werden. Die Frage lautet: Wozu Transparenz (als Kernanliegen des Weltrechts)?
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CSR-Recht strebt prinzipiell nach umweltadäquaterem Verhalten von MNU . Und das bedeutet: nach einem Verhalten, das den lokalen Umwelten, in denen diese MNU agieren, angemessen ist. Diese Umwelten sind der
sozialen, politischen, kulturellen und/oder wirtschaftlichen Selbstreflexion (Identität) dieser MNU fremd, was zuweilen Spannungen samt Folgeproblemen auslöst: Novartis, Wal-Mart, Vodafone usw. weisen der Tendenz nach westliche Unternehmenskulturen auf und können deshalb (in unterschiedlichem Grade) mit den lokalen Verhältnissen in Asien, in Südamerika usw. kollidieren. In solchen Konstellationen bedarf es CSR-Instrumente, die auf eine Vernetzung von unternehmerischen und lokalen Kulturen hinwirken; bei einer simplen Transparenz der in MNU -Umwelten vorherrschenden sozialen Verhältnisse kann es sein Bewenden nicht haben. Genau hier liegt die Funktion des Weltrechts: als Aktant zwischen den rechtlichen, proto-rechtlichen bzw. sozialen Normen der national oder regional segmentierten Systeme, aus denen die MNU stammen, und den entsprechenden Normen der lokalen Umwelten, in denen sie ihre Aktivitäten entfalten, zu fungieren. Um dieses Geflecht – Interlegalität! – herzustellen, muss Weltrecht eine Transparenz ganz besonderer Art kreieren: eine Transparenz, die geeignet ist, in den Eigenstrukturen reflexive Schlaufen auszulösen. Diese Transparenz gründet darauf, dass die kognitiven Modelle des Weltrechts in den Eigenstrukturen Beobachtungsoperationen entfesseln: Beobachtungsoperationen, die die jeweiligen rechtlichen, proto-rechtlichen bzw. sozialen Normen in den Ursprungssystemen einerseits und den lokalen Aktivitätsumwelten der MNU andererseits relationieren. Mit dem Erregen dieser Beobachtungsoperationen in den MNU (bzw., genereller, in den Eigenstrukturen) nimmt das Weltrecht Einfluss auf die Reflexion in diesen Strukturen, und dies, um deren Umweltadäquanz zu steigern. Die Beobachtungsoperationen, die das Weltrecht in den MNU auszulösen sucht, können am ehesten mit einem Ansatz beschrieben werden, der aus der Ethnologie stammt und im allgemeinen displacement of knowledge genannt wird. Um diesen ethnologischen Ansatz zu schildern, müssen wir näher auf seine Urheberin, Marilyn Strathern, eingehen, die vorschlägt, die Phänomene, die sie untersucht, sei es in Melanesien (wo sie hauptsächlich geforscht hat) oder im Westen, jeweils aus einer vergleichenden Perspektive anzugehen. Dabei rücken nicht nur die Wissenspraktiken der untersuchten Individuen, sondern auch diejenige der Ethnologen hinsichtlich ihres Forschungsgegenstandes in den Blick, um miteinander kontrastiert zu werden. Durch die systematische Verschiebung der Perspektiven und der Referenzrahmen werden neue Zugänge zu den Forschungsthemen gewonnen. Ihrer Methode hat Strathern (1999: 6) den Namen ethnographic moment gegeben: „The ethnographic moment is a relation in the same way as a linguistic sign can be thought of as a relation (joining signifier and signified). We could say that the ethnographic moment works as an example of a relation that joins the
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understood (what is analysed at the moment of observation) to the need to understand (what is observed at the moment of analysis).“ Man könnte also sagen, dass die Ethnologie – nicht anders als ihr Untersuchungsgegenstand – als eine Art Tausch dargestellt werden kann (Pottage 2001: 127). Die ethnologische Forschung verlangt nach Strathern, dass – systemtheoretisch gesprochen – zwei Beobachtungsebenen ineinanderfließen, nämlich die Beobachtung erster und diejenige zweiter Ordnung. Gell (1999: 74) hat diesen Ansatz folgendermaßen resümiert: „The system M [sc. das System von Marilyn Starthern] is a thought experiment which ineluctably bears the impress of the western system against which it is constructed – one more instance of the return of the repressed. GG [sc. The Gender of the Gift – damit ist Stratherns berühmtes Buch gemeint] is thus not a codification of the truth about Melanesia, but an abstract system which can be aligned with ethnography so as to generate insights into parts of these data, but not of course, all of it. As such, I think it is exemplary, in that it most effectively destabilised a large number of dogmatic assumptions in sociological analysis which certainly needed destabilising (society vs. individual, male vs. female, …). … The system M is probably quite illuminating in relation to non Melanesian material so long as it is taken as a fund of imaginings to what the world might appear as, seen from a counter-intuitive point of view.“ Nach Strathern (1988: 11) zielt also die ethnologische Forschung nicht bloß auf die Entschlüsselung einer fremden Kultur hin, sondern vielmehr auf die Dekonstruktion des eigenen Denksystems, auf ein kritisches Hinterfragen der Differenzen, mit denen unser Denken operiert. Denn wie Strathern betont: „[the point of ethnographic analysis is] to stop us thinking of the world in a certain way.“ In dieser dekonstruktiven Verlinkung von Beobachtung und (Selbst-) Reflexion liegt die Innovation von Stratherns Ansatz – und zugleich eine Beschreibung dessen, was Weltrecht innerhalb von Eigenstrukturen im allgemeinen und von MNU im besonderen bewirken sollte. Denn: Ein MNU wird nie Teil oder Inbegriff der sozialen, politischen, kulturellen und/oder wirtschaftlichen Umwelt sein, in welcher es aktiv ist. Es muss aber lernen, seine eigene Identität so in Frage zu stellen, dass es in responsiver Art und Weise in dieser Umwelt handeln kann, d. h. Maßnahmen trifft, um seine eigene Kompatibilität mit dieser Umwelt sicherzustellen. Stratherns Beobachtungsschemata lehren genau dies: wie Beobachtung der vielfältigen Verhältnisse in der Welt der Weltgesellschaft sich auf der Reflexionsebene des beobachtenden Systems auswirkt und so zu einer Neufassung seiner Selbstbeschreibung führt. Oder anders gewendet: Strathern lehrt, wie das Weltrecht seine kognitiven Modelle modulieren muss, um die beschriebene Responsivität von Eigenstrukturen bzw. MNU zu fördern.
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4. Ausdifferenzierung: Die Emergenz von zivilgesellschaftlichen Governance-Mechanismen Die schwierigste Frage haben wir für den Schluß aufbewahrt: Warum sollten Eigenstrukturen auf das Angebot kognitiver Modelle des Weltrechts überhaupt reagieren? In dieser Frage kristallisiert sich die Kritik an der Freiwilligkeit des CSR-Rechts heraus, an welchem die Europäische Kommission bisher ungebrochen festgehalten hat. Manche mögen in einer solchen Entscheidung den Ausdruck eines „Relevanzverlustes klassisch-staatlicher Ordnungen“ (Luhmann 1993: 581) sehen. Und auch in pragmatischer Perspektive liegt der Einwand nahe: Warum sollten sich Eigenstrukturen bzw. MNU auf Weltrecht (so wie wir dieses definiert haben) einlassen? An einem Vollzugsapparat in der Form des traditionellen Gerichtsvollstreckers fehlt es in der Weltgesellschaft weit und breit (Muchlinski 1999: 123 ff.). Aber solche Zweifel übersehen etwas Wichtiges: dass Weltrecht zivilgesellschaftliches Recht ist! Weltrecht ist nicht Ausfluss irgendeines (staatlichen oder anderen) Organisationswillens, sondern die Frucht blinder Evolution, also eine spontane Ordnung im Sinne von Hayek (1973: 58). Weltrecht wächst planlos im Mahlstrom weltgesellschaftlicher Kommunikationen und ist deshalb auch darauf angewiesen, sich auf die weltgesellschaftlichen Kräfte für seine Durchsetzung zu verlassen. Diesen Kräften können wir hier aus nahe liegenden Gründen keine umfassende Abhandlung widmen (cf. Backer 2007). In Windeseile (und nur sehr kursorisch) halten wir fest: Die vorne geschilderten seltsamen Verstrickungen von territorial segmentierten Strukturen und Eigenstrukturen exponieren diese dem Zugriff einer Anzahl von verhaltensdisziplinierenden gesellschaftlichen Einflüssen (cf. Foucault 1975). Nimmt man den Fall von MNU (als weltgesellschaftliche Eigenstrukturen), lässt sich erkennen, dass sie einem ganzen Bündel von zivilgesellschaftlichen, bald mehr, bald weniger, diffusen Mächten unterliegen: Da ist zunächst der Markt, der – Polanyi hat diesen Punkt mit seiner Gegenbewegungs-These eindrücklich eingefangen – zur Entfaltung sozialer Kräfte beiträgt, die ständig den „Schutzmantel der kulturspezifischen Institutionen“ zu rekonstruieren suchen (Polanyi 1995: 182 ff.). Sodann ist auf Reputationseffekte hinzuweisen, die in der Gegenwart von vielen Faktoren abhängig sind (und nicht zuletzt von Innovationen, wie Qualitätslabel, Gütesiegel, Qualitätsmanagement-Systeme usw.). Auch die öffentliche Meinung – namentlich von den Massenmedien angetrieben – entfaltet in vielen Fällen eine maßregelnde Wirkung. In diesem Zusammenhang kann schließlich auf Skandalisierungspotentiale hingewiesen werden, die gerade die Menschenrechtslage in der Welt oft vorangetrieben haben (Luhmann 2005b: 222). Diese Liste von disziplinierenden Kräften muss hier notgedrungen unvollständig bleiben. Wichtig ist an dieser Stelle nur zweierlei: Zunächst der Umstand, dass diese Kräfte auf die Eigenstruk-
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turen bzw. die MNU einen Druck ausüben, die kognitiven Modelle des Weltrechts auch tatsächlich zu nutzen. Hervorzuheben ist aber alsdann auch, dass dieser Druck ein weltgesellschaftlicher ist, also im Einklang mit der Natur des Weltrechts steht. Insofern sind die aufgezeichneten Kräfte (Markt, Reputation, öffentliche Meinung usw.) im Kern zivilgesellschaftliche Governance-Mechanismen. Auf die Entfaltung dieser Mechanismen zielt die Strategie, die die Europäische Kommission mithilfe des Europäischen Bündnisses für CSR verfolgt. Indem sie die Stakeholders aus dem sozialen Dialog dieser Plattform ausgeschlossen hat, hat sie eine Ausdifferenzierung von sozialen Kräften angekurbelt, die sonst wahrscheinlich in diesem Dialog blockiert geblieben wären. Auf den zu erwartenden Einwand, die von uns aufgeführten zivilgesellschaftlichen Governance-Mechanismen seien um einiges weniger gesichert als die traditionellen Rechtspflege-Instrumente, möchten wir mit Luhmann erwidern: „Man mag das im Ausgang von einer hochentwickelten Rechtskultur, die unsere Erwartungen bestimmt, als unzureichende Antwort auf das Problem beklagen. Man hat aber schon oft bemerkt, dass die Weltrechtsordnung eher den Ordnungsformen tribaler Gesellschaften gleicht, also auf organisierte Sanktionsgewalt und auf authentische Definition der Rechtsverstöße an Hand bekannter Regeln verzichten muss“ (Luhmann 2005b: 222). Auch das werden wir also vom monstrum Weltrecht lernen müssen: dass RechtsVerzichte manchmal Rechts-Mehrwerte schöpfen.
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The Power to Rule the World Dirk Baecker
I. Lately, a notion of regime has been reintroduced into the language of social and among them law studies which is intriguing because, for some engaged with critical theory, it still refers to some system of power whose legitimacy is not exactly beyond any doubt. A regime within the political or the physical comprises a set of conditions or measures, which fit in and work within a certain environment without necessarily being completely understood or even spelled out. A regime combines formal and informal rule, or outspoken and silent expectations and commitments. It is both an institution and a style, or even a “combination of styles around institutions” (White 1992, p. 226), and it makes use of this combination in order to be able to float with respect to both its range and its core. Andreas Fischer-Lescano and Gunther Teubner propose to use the notion of regime to describe a global order of law, which is multi-rational, highly fragmented, but still networked (Fischer-Lescano/Teubner 2004, 2006). Lacking any hierarchical hint to where its unity may consist in, that global order of law exhibits a heterarchical circularity, which is highly flexible with respect to cause, argument, and enforcement, and draws on many sources of law, be they national, international, corporate, or market. This paper tries to emphasize the use of a notion of regime by shifting it back a little to the sphere of the political. Whereas the law provides for means to ignite, handle, and settle conflicts within a society, which has every interest not to let conflicts roam unrestricted (Luhmann 1995, chap. 9, and 2004; Teubner/Zumbansen 2000), the political deals with ways to develop and constrain a power to rule the world. Focusing in a rule pre-committing itself with respect to possible failure, the political both harnesses and delimits ways to arbitrarily, or willingly intervene into matters of fact, social order, and time and process. Modern attempts to insist on a pre-commitment of the political to legal rule have obfuscated both the reference of the political to the threat, exercise, and containment of force and violence (Weber 1968; Parsons 1963), and to the possible link between the use of force and violence, on one hand, and the production, distribution, and control of the arbitrary, of free will, on the other. It took Niklas Luhmann more
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than thirty years of writing about power to rediscover that power is indeed about the gain of arbitrary action on the side of both the ruler and the ruled and that it consists in making sure that this gain is not lost again while all the way ensuring its containment as well (from Luhmann 1979, originally 1974, to Luhmann 1997, p. 355–7). This paper looks into a possible notion of regime to describe how that kind of power is framed within a world society, which possibly right now is on its way to transform itself from the modern society based on the printing press to a next society based on the computer and its derivatives (Baecker 2007, 2007/8). Yet, in order to be able to do so, it first reframes an appropriate understanding of power, and then looks at earlier instances of rule in tribal society, ancient society, and modern society. Regime will be assumed to follow nomos, privilege, and reason in its way of framing the rule of power. We will use George Spencer Brown’s notation of concatenated distinctions to develop a model of the rule of the world (Spencer Brown 1969), drawing on that notation’s advantage of describing a topology of nested spaces which consists in a heterarchy of variables including relations of number, order and exchange, and of confirmation, cancellation, and subversion (McCulloch 1989; Günther 1979).
II. The power to rule the world depends on meeting a resistance, which under the threat of force gives way to a compliance, which compared with the execution of the force is considered the lesser evil, that compliance then waiting to get a chance to break free again and to avoid further obedience. Meeting a resistance the ruler has to be able to threaten without having to execute the threat, or to execute it only when thereby threatening with even more. The compliance has to contain its own reward, beginning with the avoidance of the execution of the threat. The time spent with waiting for a chance to break free again is the time to be used by the power to get its will, to continue to validate the threat, and to reward the compliance. A possible Spencer Brown (1969) expression coding the way power gets its way reads as follows:
Power, thus, is not just marked and distinguished by a will getting its say but by a resistance being lured into compliance. Note that there is a clear-
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cut ambiguity as to who it is who occupies the powerful position in this play, because compliance framed by possible resistance lets the ruled exercise a deliberate power as well. Is it the ruler who is luring the ruled into compliance, or the ruled luring the ruler into spending rewards? Is it the ruled who complies with a threat in order to calm down the ruler, or is it the observer who welcomes the threat because it calms down the ruled? Note that with respect to power everybody is in a position of a third, or of an observer, making calculations as to what are the gains of the rule and what may be the gains of a possible unrest, bringing to bear the results of that calculation on the definition of the situation everybody is in. Sociology has ever been outspoken about power being a physical as much as a temporal and social process. A modern society which considers itself as one which broke free from aristocratic rule and therefore likes to consider power a rather evil, if only unreasonable means to get one’s will, is met by a sociology which points to the positive use of power in modern society as well, be it in politics, in organizations, or in the family. It analyzes the physical means and the different ways to demonstrate the threat, the time spent with both reaping and rewarding while threatening all along, and the individual constellations of people ruling, obeying, and watching each other (Weber 1968; Parsons 1963a, 1963b; Crozier/Friedberg 1980; Luhmann 1979). Thus, looking at the social constitution of power means to draw in the states of the world any power refers to in order to legitimize threat, compliance, and reward. The power to rule the world is considered to be as much about the world as about the power to rule. No ruler will tell you about its will as long as it is uncertain what there is to be willed, that uncertainty, however, being the very stuff that keeps the ruled on their guard. No ruled will tell you what it is willing to comply with as long as there is no command being put into the alternative of threat and reward, that command therefore having to be delivered in order to bind the ruled even if there is no will to be willed. The world ruled by power is a physical world, a temporal world, and a social world inextricably knotted into each other. A closer look at the intricate relationship between the power to rule, on one hand, and the world, on the other, reveals what power indeed may be about and why rule is such a difficult thing to secure. If you look at both sides of the process which enables power to institutionalize itself, that is at a resistance giving way to compliance due to realizing the truth of a threat, on one side, and at complying with the compliance waiting to get a chance to break free again, on the other, you will notice that the positive execution of power is all about a free will framed by conditions which restrict it. The ruler’s will is restricted by the ruled’s resistance and by the demanding conditions of their compliance; and the ruled’s will is restricted by the ruler having its will.
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Looking at power we are indeed looking at arbitration coming about. Power does only emerge at the prize of Willkür, acts of arbitrariness, acts of caprice, acts of despotism being discovered (Luhmann 1997: pp. 355–7): The ruler discovers its ability to will this or that, depending on the risks incurred, and the ruled discovers its choice between obedience and refusal, a choice soon to be extended towards other alternatives once the ruled has learnt that it has a choice at all. Both, however, a moment later discover that their empowerment to arbitrariness comes at a certain prize which may be called commitment, both to oneself and to the other (Elster 2000), thereby discovering, perhaps, that there are indeed an other and even a self. Thus, the world being ruled by power is a world becoming real in the form of the constraints it entails and the positions it indicates, distributes, and locks into each other. We may give our Spencer Brown expression another twist which lets us look at the form of arbitrariness being framed by arbitration:
By arbitrariness we mean the range of free will discovered by acts of power, of Willkür, of caprice, even of despotism being risked and watched; by arbitration we mean the process of re-embedding acts of arbitrariness within a physical, temporal, and social world, largely surpassing the more narrow meaning of arbitration as a legal procedure to resolve and settle disputes even if this technique is a perfect example of what we mean by a process of re-embedding. Modern society is mistaken in thinking that its freedom consists in its liberation from the rule of power. It just transformed the rule of power from aristocratic exclusion to democratic inclusion, possibly letting slip, however, the positive use of power into the blind spot of modern society, though closely watched by critical theory (Adorno 1968), which never stopped to monitor all kinds of exclusion that are maintained and concealed in discourse masquerading as reality, in habitus embodying its own practical reason, or in professions claiming expertise out of abstraction (Foucault 1991; Bourdieu 1990; Abbott 1988; Stinchcombe 2001).
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III. We propose, therefore, to look anew at the positive exercise of power in any society, including the modern one, reapplying the one mechanism of framing arbitration in respective accordance to the world being encountered. We look at four societies, relying on the four most obvious media epochs of society, tribal society dealing with language, ancient society dealing with alphabetical writing, modern society dealing with the printing press, and next society dealing with the computer and its derivatives (Baecker 2007). Our question is which are the frames in any one of these societies that enable processes of arbitration to come about that on their turn encourage and constrain the discovery of arbitrariness. Our premise throughout is that few things are considered more risky and even dangerous than the exercise of arbitrariness even if it is considered necessary in adapting the conditions of society to their own maintenance and iteration. Arbitrariness is a way to talk about action that defies talk. That defiance is to be encouraged, and to be constrained, if a talk entangling itself within its own conventions wants to be sure of meeting a reality that is considered to be able to change. Think about a different direction to be explored to look for deer to be chased, about a new political constitution to be found to account for inappropriate people getting rich and wielding their influence, about entrepreneurs exploiting unheard of technical possibilities to flood the world with commodities and services, or about posses roaming about the world to boast their creativity: all of these social endeavors have to be welcomed and to be channeled at the same time since they ensure the contact between society and its reality.
IV. Look at tribal society first. Power here is framed by nomos or usus, that is by the question whether ancestors would be prepared to agree with some proposal that is put forward, a question being raised and answered by the council of elders due to the circumstances demanding consideration and deliberation. This gives us the following expression:
Nomos means to refer to custom and tradition in figuring out what to do why and whom to rule with respect to what threats and rewards. Nomos
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adds to, or even is an outcome of, the self-binding of power in that it both puts an end to any argument by pointing to the evidence of customs and traditions and starts new argument by being able to relate action to evidently changing circumstances. Nomos is re-entering the distinction between arbitrariness and arbitration into its own space, changing it thereby into a form which is used to explore that space according to triggers of circumstances considered to be unforeseeable even if applying to the rule maintained by tribal societies of a never changing world. But who knows what the bush’s ghosts, neighboring tribes, and the whims of the weather, of the deer, and of the plants may be up to. If tribal society’s structure consists of oral language flowing unrestricted and its culture of boundaries marked and protected by secrets restricting the flow of words, then nomos may be conceived of as a reservoir of narratives and practices that relate to boundaries being known and neglected only at a certain prize, being accepted and reinforced due to circumstances, and being shifted or even abolished according to the interpretive wit of the elders (Schmitt 1985, cf. 2003). When he reviewed the anthropological literature Sigmund Freud had a keen eye for what is happing with and to power in tribal societies (Freud 1962). He realized that in order for the nomos to be able to frame and reenter the distinction between arbitrariness and arbitration into the form of power which rules the world, the nomos itself had to be broken, violated or split according to an arbitrated act of arbitrariness which was able to mark and thereby put at risk the apex of the hierarchy: The king of those African societies that bordered on forms of high culture of their own were granted the privilege of breaking the incest taboo, thereby rewarding them with the highest prize those societies had to award and at the same time marking them as sinner or even criminal for possible further use if they should turn out not to know their duty and to embark up on unduly commands. No problem to kill them if that should happen. The probability of that happening, however, was minimal due to those societies putting great care into making sure that the king in his robe of honor could barely move and was securely locked away in his palace almost nobody else was allowed to approach. If there ever was a containment of power, which made sure that its use was framed by society’s ability and intelligence of how, and when, and to what purpose to use it, African kingdoms knew all about it; and Freud described the mechanism.
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V. Ancient society was brought forward by the introduction of alphabetical writing adding to the oral use of language. That society has to receive and accept the older societies’ use of power, yet it has to transform it as well since nomos was celebrated but did not suffice any more to both empower and contain a society which was ridden by political and economic competition both within its strata as well as between those strata. Writing had unleashed an unprecedented ability to go for longer and therefore more improbable chains of action, soon to be called strategies, not to be interrupted any more by the sheer impact of people being present and looking at each other in interaction. In interaction in tribal society as in any other society action goes, so to speak, where speech flows. Writing in general and alphabetical writing in particular is the first technology to interrupt that flow and to force communication into a search for contexts that are not necessarily evident any more when people are talking about them and are made to serve nevertheless (Ong 1977, 1982). Plato went on to invent his concept of forms (ideia) which are thought to live in those contexts in-forming themselves, as it were, but unreliably so because they apparently had to be protected from just anybody’s gaze, the phenomenai that are visible for everybody. The nomos of once was reconsidered as telos, a Greek word for both cosmologically appropriate place, i.e. nomos, and for purpose, which had to be in accordance with cosmological order, to be sure, but gave a certain leeway for its reconsideration and reinterpretation. Telos, in ancient society, frames what we are used to call privilege, in that privilege has to legitimate itself in accordance with the cosmological order but can be conquered and must be defended such that people and positions while presumably safely sited by birth became loosely coupled and thus the object of power plays. Thus our expression of power 1.0 in tribal society is modeled into a new expression of power 2.0 in ancient culture:
Privilege comes with birth; it depends on you being born as an aristocrat, a common, or a slave. But that does not tell you what power you will be able to wield or to have to bear with. Even a common if he knows his business about may turn into a gentleman whose privileges, well framed, nobody doubts (Xenophon 1970). Agonistically competing for privilege you are bound to check up with the teloi, which are ancient society’s culture form dealing with its structure of mobilization within strata. To check up with
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telos means to try to apply with it and to use rhetoric to shift it such that it meets what one is up to. Again, as with boundaries, it is only the world, which is constraining the interpretation, analyzed and recombined with respect to its physical, temporal, and social structure. So privilege again is split into a kind of carte blanche one may explore and play with as one thinks possible, on one hand, and the accompanying question posed by oneself or others whether what one is up to is in accordance with rank and class, on the other. Many, but not all questions as to who was to rule whom are already answered by looking up rank and class. But privilege moderated by the distinction between virtue and vice could lend somebody an influence, or have him or her lose it, of which either gain or loss at birth nobody knew a thing. Stories about fate and its twists abound, which tell and show how people seek privilege and the power coming with it, and loose it due their ignorance of the world to be ruled. Exceptions to the rule with respect to both luck and disaster not matched by merit could be attributed to God testing the faithful.
VI. Modern society had to transform this form again since the printing press produced a range of critical observations with respect to both social positions and the world to be ruled that neither nomos nor privilege could sustain, their internal flexibility notwithstanding. Both arbitrariness and arbitration now become related to entrepreneurial adventures, political parties, religious strain, scientific discoveries, and artists’ works that defied all known traditions, which might have been used to check on their accordance to nomos or privilege. Renaissance and humanism did away with religion and with aristocratic rank, both of them reconfiguring into patrons and sponsors either able to finance the projects of the citizens put forward or failing to be of any further interest. Cities, churches, and eventually even states, under the name of “nations”, had to find ways to turn into “projects” as well in order to be able to compete for capital (Tilly 1992). Enlightenment invented reason to account for a dynamical world having nevertheless to meet resistance and to reward compliance. Reason is a means to be reasonable with respect to both purpose and means when embarking upon new projects and looking for the resources, the time, and the people ready to go with you. Reason means that as long as arbitrariness and arbitration refer to ends and means in close relationships of substitution, framed by restrictions of non-interference into other domains of ends and means, any will has its range of deliberation and can look for a ruler willing to will it, and a ruled willing to do it. Enlightenment thought that this will put an end
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to caprice and passion, letting only interests still have their say (Hirschman 1977), yet that did not count in a passion for new entrepreneurial ends and new technical means. Reason turned out to be reasonable in quite innovative and dynamic ways, which were rather difficult to account for. The reference to reason gives us a new form, which reads as follows:
There is still arbitrariness and arbitration to deal with if power is to come about to rule the world. And there are still the rule of nomos and the privilege to account for if that power should consider redrawing the boundaries and redistributing the privileges everybody else is used to. But the positive build up of power can no longer be restricted to the world of boundaries and privileges. There are new chances to act arbitrarily, if not capriciously, and even despotic (see Marx 1990 on “despotic” businesses within “anarchic” markets), and there are new means and techniques of arbitration, ranging from democratic rule within politics to union power within businesses and women’s emancipation within families. Yet do not confuse techniques of arbitration with successful liberation. Even modern society is not about complete freedom, which is why liberal and anarchic ideologies find reasons to still insist on it (Hayek 1980; Graeber/Grubacic 2004). Reason means that one can switch means to meet ends, and, easy to overlook, ends to meet means. Power may rule wherever ruler, ruled, and observer get convinced of appropriate means with respect to legitimate ends, a power play accordingly dealing with questions of appropriateness and legitimacy (not to be confused with legality, the former referring to the exercise of a power a society considers necessary for self-control, the latter to the rule of law in the ignition and settlement of conflicts). Modernity has proven to give ample space for both criteria, and it has to do so because the dynamics of the printing press presenting society with an overflow of criticism of all things standing still, which it has to deal with, is backed no more by either convention or cosmos. Instead the notion of equilibrium comes in, which applies to mind and soul as to social spheres of all kinds that reinvent themselves on a secondorder level maintaining their stability while constantly changing. That is also why the notion of identity became necessary in the first place. Identity means to be in a state of equilibrium with yourself while circumstances, opinions, ideas, and interests may change according to opportunities which impose themselves (Montaigne 1987).
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It is enlightenment’s error that reason somehow is up to a telos of a nomos of its own, called progress by some, and doom, by others, calling for the occasional revolution among both (Lenin 1961). Instead, it just keeps things moving, always blocking, however, by boasting its own rationality, any look at, and awareness of, the second-order reality of observers watching observers to decide where to go when, and why (Keynes 1973; Luhmann 1998; Baecker 2008). Reason is even oblivious of power, which is why modern society is so uncertain about it, letting conservatives insist on its necessity without evidently being able to give reasons for that, and having progressives hoping for its eventual abolishment not knowing what they then would miss. It was helpful for modernity’s political fight, but misleading for its selfdescription to distinguish between the privileges’ passions, on one hand, and the reason’s interests, on the other (Hirschman 1977). Privileges have their interests as well, most obviously an interest in themselves, and reason knows its passions well, not seldom by heart. Both play with a rule of power, which excels in arbitrariness as in arbitration. There is no need not to look at the ways modern society has wielded its power, and may still be doing so.
VII. Next society is already posing questions of its own. Dealing with computers, the Internet, intranets, and computer grids entails an overflow of control projects like political campaigns, capital markets, scientific projects, terrorist attacks, urban planning, and artistic intervention which use the computer at the same time as they try to outwit it by introducing chance and disorder. The nomos, the privileges, the reason of once are challenged by a connectivity of data so rich and fast that new ways to rule the world become necessary. The old way of a reasonable handling of reasonable criticism, undisturbed by the occasional eruption of an irrationality that was contained by being called so, is now only known for its “anomalies” unexpected by theory, but well expected by any power practice knowing its whereabouts: Shareholders are not able to pick their directors nor to run with their investment if need be; directors are appointed by executives, not the other way around; and executives comply with human resource development more easily than with financial control (Bowman/Useem 1995). Corruption is faster in teaming up and more reliable in self-commitment (because you have to fear report with the police) than any reasonable plan trying to make sure that you forego your resistance in exchange for rewards in terms of career, say, or a pay which enables you to send your children to the appropriate school.
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What is going to bundle ruler, ruled, and observer alike into power plays that now provide for the arbitrariness needed with respect to the exploitation of richly structured, highly complicated opportunities churned out by computers showing you new ways to severe and combine, and for the arbitration needed to talk unwilling subjects and skeptical observers, let alone reluctant rulers into that exploitation? Yes, indeed, there are still power plays being necessary. Even the computer is not providing for that matter of fact rationality that some expected already from the knowledge produced by the printing press (a mathesis universalis) and from the social order invested into the functionally differentiated systems of modern society (a welfare society driven by the pursuit of happiness). Instead, posses, to use the apt word coined by Michael Hardt and Antonio Negri (2000, p. 408), cross the social order of once and force it to reconfigure itself according to a more robust form of both tying and cutting possible links. That is why networks of late became so prominent (Kelly 1990; Castells 1996; Lehmann/Qvortrup/Walther 2007). But, again, what is going to contain both posses and networks within their domains? What are the strategies able to mobilize and channel identities and control (White 1992, 2002)? Those strategies seem nowadays to be called regimes. Regimes are bundles of site-specific kinds of knowledge, people, procedures, and legitimacies, indeed much more a result of practice, convention, and routine problem solving than the outcome of some conscious and deliberate design of norms and constitutions. Harrison C. White calls a regime accordingly “a native statement combining styles around institutions” (White 1992: p. 226). Andreas Fischer-Lescano and Gunther Teuber add to this an articulated understanding of different regimes of a rule of law conflicting and overlapping within a heterarchical order of world society (Fischer-Lescano/Teubner 2004, 2006). Those native statements moving within an ecology of similar ones will be distinguished less by ideology and constitutional rule and much more by historical dates, dynastic names, or the name of a commission that with some success introduced a new set of rules. Thus, there is a world politics regime before 9/11, and one after 9/11, referring to the terrorist destruction of the two towers of the World Trade Center at September 11, 2001; there are the Jelzin regime and the Putin regime in Russia before and after the year 2000, when Putin became President of the Russian Federation; and there is a Sarbanes- Oxley-Act 2002 corporate governance regime in the US as there is a Dr. Gerhard Cromme Kommission 2002 corporate governance regime in Germany. All of these regimes are native acts of complex rules which are known by the practices they support, the posses they were a response to, and the possible problems and weaknesses to be revealed by further posses they knowingly cannot really avoid.
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Note that a regime is at the same time functionally over and under-specified. They are over-specified with respect to specific problems they are designed to solve or to at least contain, and they are under-specified with respect to the functional spheres of modern society they nevertheless still draw upon. This usually produces an odd mixture of concrete problems, on one hand, and several functional spheres like the political, the economic, the military, the scientific, including some carrier organizations and institutions, some story sets and mass media, on the other. This amounts to a systems theoretician’s nightmare, a network theoretician’s delight. Yet, this is exactly why we may wish to speak of a regime in the first place. They consist of locally chosen sets of networks, loosely coupled among each other and with the rest of society, yet fast and reliable in dealing with some problems they were designed to handle, and some more, they were not. We propose the following code for power 4.0 of next society:
A regime is a rich description of present possibilities within both past experiences and future expectations. It tells you what it is that is new without forgetting by what it is triggered. It gives you a date for the new rules it consists in, and lets you expect right now a change yet unspecified. It is a very simple meta-rule that comes as a proxy for an understanding of its present state, its history, and its possible, even if indeterminate while path-dependent future. Of course, the problems it is chosen to solve bear an arbitrariness to them as do the solutions that are put forward, but the arbitrariness gets quickly dissolved as enough people become interested in the arbitration coming with it. To push for a new regime is all a ruler actually can do. To go along with the present regime is all the ruled is called for. And to wait for the next regime is all which is needed to provide for the necessary space for a redistribution of possible rewards. Regimes are in accordance with both recursion and non-linearity. That is all cybernetics ever longed for in making sure that feedbacks get their listening to, or better: listing, and that, therefore, observers including second-order observers get their sway. To be sure, all other societies are still with us, so there is room for nomos, privilege, and reason as well. Yet, they all get repackaged and become counted with respect to different regimes of certain power plays wherever they had and have their say. The order of power 4.0 is decided upon else-
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where. It stems from threats to stick with regimes becoming too old to be compatible with other social projects, from a compliance that is ready to switch if the stickiness becomes a nuisance without its own reward, and from rewards of a knowledgeable move with any new regime.
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Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World Paul Schiff Berman
There are many scholars in the world whose works are provocative, smart, thoughtful, well-researched, logical, insightful, and so on. But only the work of a very few scholars can truly be called generative. Gunther Teubner is one of those scholars. What do I mean by generative? Well, a generative work is one that not only reflects the thinking of the author; it actually generates new ideas in the reader. It calls forth creativity and becomes a fount for the future. Like a koan that inspires even as it perplexes, generative scholarship pulls us out of our usual paradigms and suggests an entirely new set of inquiries. Here’s an example. In his 1993 book, Law as an Autopoetic System, Teubner called for the creation of an “inter-systemic conflicts law,” derived not just from collisions between the distinct nations of private international law, but from what he described as “collisions between distinct global social sectors.”1 It’s actually not entirely clear what Teubner means here. By using the words “inter-systemic conflicts law,” he may well be invoking the systems theory of Niklas Luhmann. But I am literal-minded, and after reading that passage, I was moved to wonder what it would mean, in practical – and even doctrinal – terms to think of systemic conflicts as being like a conflict of laws regime? I confess I don’t know, and I’ll bet Teubner doesn’t know either. It is the same with Teubner’s invocation of global law without a state. What does he mean precisely by the phrase? Surprisingly, it doesn’t matter. What matters instead are the thousands of inquiries that the phrase has generated. Thus, the real value of these tropes lies in what their imagery inspires. What if, after all, we broadened our notion of conflict of laws to think about it not only as conflicts among legal regimes but as conflicts among communities? And what if, instead of simply trying to construct fixed rules and draw clear lines as to what law should apply to any given transaction, we instead considered something more sociological and therefore thought about 1 Gunther Teubner Law as an Autopoietic System 100 (Anne Bankowska & Ruth Adler trans., Zenon Bankowski ed., 1993); see also Andreas Fischer-Lescano & Gunther Teubner Regime Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law, 25 Mich. J. Int’l L. 999, 1000 (2004) (making a similar plea).
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conflicts rules as a way of managing pluralism? These are the sorts of inquiries that Teubner’s generative work calls forth. So, I feel that it would be fundamentally counterproductive for me to try to explicate Teubner’s large body of work (or even a small part of it). Instead, in this very brief appreciation, I want to celebrate the supreme creativity his scholarship both represents and inspires. And the only way I know of to celebrate this generative work is to recount some of the thoughts his work has generated in me. *
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Following Teubner, we would immediately recognize that for too long conflict of laws doctrine has been overly focused on trying to come up with formulas for “solving” conflicts among legal regimes. These formulas tend to involve a series of unsatisfying rules purporting to draw clear lines demarcating separate spheres of authority. But when human activity touches multiple communities, as it inevitably does, there is truly no good answer to the spheres of authority question. Thus, we need a conflicts regime that focuses less on “solving” legal problems and more on managing the inevitable pluralism created by multiple legal and quasi-legal systems. What would a conflicts regime built on pluralist principles look like? What if, instead of approaching problems of jurisdictional overlap by insisting on separate sovereign spheres among, say, state, federal, and international authority, we sought to maximize pluralist interaction among various communities, both state and non-state? What impact might such a change of lens have on the way we approach questions of jurisdictional overlap? By way of example of how this might work in practical application, I will briefly discuss the dispute over the role of the Vienna Convention on Consular Relations in state capital cases, as addressed by the U.S. Supreme Court most recently in Medellín v. Texas. 2 Essentially, this contentious line of cases has arisen because for years various state authorities around the United States, in processing suspects in their respective criminal justice systems, ignored (or were unaware of) their obligations under the Vienna Convention on Consular Relations, which the federal government signed in 1963. The Convention, among other things, requires that foreign nationals arrested in a signatory country be able to contact their consulate in order to coordinate their defense or otherwise help in negotiating a foreign legal system. In each of the cases so far, a foreign national was arrested in the United States, the relevant consulate was not notified, and the suspect was subsequently found guilty at trial and sentenced to death. Under the terms of the Vienna Convention, the International Court of Justice ( ICJ ) is the legal entity with jurisdiction to adjudicate claims con2
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cerning alleged violations of the Convention. In early 2003 Mexico initiated proceedings against the United States in the ICJ , claiming that among those sentenced to death in violation of their Vienna Convention rights were 52 Mexican nationals. 3 The United States participated in the proceedings before the ICJ , which ultimately ruled, in the Avena case, that the United States had breached several articles of the Vienna Convention. Significantly, however, the ICJ denied Mexico’s request for complete annulment of the convictions and sentences. 4 Instead, the ICJ required only that United States courts provide review and reconsideration of the convictions and sentences to determine whether the violations of the Vienna Convention prejudiced the various defendants’ ability to obtain a fair trial. All that was required, according to the ICJ , was that this review be conducted as part of a “judicial process” and could not be barred by any procedural default doctrines that might otherwise thwart such review. The case of Jose Ernesto Medellín was one of those covered by the Avena ruling. However, instead of following the ICJ directive by at least ordering a hearing to determine prejudice, the Texas Court of Criminal Appeals ruled that Medellín’s habeas corpus petition was barred by a Texas Criminal Procedure law that regulates applications of petitioners who have previously sought post-conviction relief. In issuing this ruling, the court determined that neither the ICJ order itself, nor a subsequent presidential statement urging state compliance with the ICJ order pre-empted or superceded local law. 5 The U.S. Supreme Court ultimately agreed. 6 The six-member majority sought to draw clear lines between the spheres of authority at issue in the case. In this vein, the Court first held that while an international treaty may create an international commitment of sorts, it is not binding domestic law unless the treaty is explicitly implemented through domestic regulation or ratified by Congress as a “self-executing” treaty. Second, with regard to the Presidential Order, the Court similarly sought to define clear lines of authority, ruling that neither the President’s power under the Treaty itself, nor his power to conduct foreign affairs, nor his power to “take care” that laws are faithfully executed authorized the President to turn a non-self-executing treaty into a self-executing treaty, absent congressional action. Thus, given the lack of international or presidential authority in the matter the Court held that Texas was free to ignore both the ICJ ruling and the presidential directive. The Court’s approach envisions no interaction among multiple sources of law, no interplay among multiple pronouncers of law, and no accommodation to the multiple interests at stake. 3 Case Concerning Avena and Other Mexican Nationals (Mex. v. U.S.), 2004 I.C.J. 12, 17, 23 (Mar. 31). 4 Id. at 60–61. 5 Ex parte Medellín, 223 S.W.3d at 351–52. 6 See Medellín v. Texas, 128 S. Ct. 1346, 1349–50 (2008).
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In contrast, a pluralist approach would, first of all, seek to preserve spaces for interaction among the various communities involved. Thus, a pluralist approach would eschew the positions put forth by hardline international law triumphalists, who argue that the violations of the Vienna Convention necessarily invalidate all the various convictions, regardless of Texas law on the matter. But, a pluralist would also reject the hardline sovereigntist idea that Texas should focus only on its own law and pay no attention to the Vienna Convention or the pronouncements of the ICJ . And finally, the Bush administration’s efforts simply to take the issue away from the states by ordering adherence to the ICJ decision also would be rejected. So, what are we left with? Let us start with the ICJ . In a pluralist account, the ICJ does not necessarily trump all other decisionmakers simply because it is an international body enforcing universalist treaty-based norms. Instead, the Court should take seriously the prerogatives and interests of other relevant communities and only squelch those other communities if it justifies why it needs to act “jurispathically” by attempting to kill off competing views. To its credit, the ICJ in Medellín did indeed attempt explicitly to justify its universalist position, discussing at great length the need for an interlocking and reciprocal system of consular rights. In addition, the Tribunal took seriously the competing claim of local autonomy. Indeed, the ICJ attempted to be restrained in imposing its international norm, thereby trying to leave as much space as possible for local variation. Accordingly, the ICJ denied Mexico’s request to invalidate the convictions altogether. Instead, the ICJ decision asked only for a serious judicial consideration of possible prejudice. Finally, using a pluralist analysis, the ICJ decision is more justifiable if it is giving voice to the norms of communities that are not necessarily represented adequately in other fora, either because they are not parties to the suit or because they have no centralized voice. Here, for example, the communities who might care about reciprocal consular rights (U.S. citizens who travel abroad, potential immigrants who may be more reluctant to enter the country for fear of becoming trapped in the criminal justice system, and so on) are dispersed and have no real ability to advance their interests. Similarly, there are significant voices within Texas itself who may want to have these consular rights protected. For example, Texas Attorney General Greg Abbott implemented a comprehensive set of reforms at the local level to try to make sure Vienna Convention rights are protected in the future. 7 The ICJ 7 See Greg Abbott, Attorney Gen. of Tex., Magistrate’s Guide to Consular Notification Under the Vienna Convention (2006), available at http://www.oag.state.tx.us/ AG _Publi cations/pdfs/vienna_guidebook.pdf. For further discussion of local governmental and nongovernmental initiatives to increase compliance with the Vienna Convention, see Janet Koven Levit Sanchez-Llamas v. Oregon: The Glass is Half Full, 11 Lewis & Clark L. Rev. 29, 40–46 (2007).
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decision can, therefore, be seen as giving voice to these alternative epistemic communities. Turning to Texas, from a pluralist point of view, a decision of the ICJ is not necessarily binding absent a local decision to be bound. Yet, that does not mean it should be ignored altogether. Rather, the Texas Court of Criminal Appeals should treat the ICJ decision similarly to the way it might think about recognition of judgments in the choice-of-law context. The judgment recognition inquiry considers under what circumstances a community should recognize and enforce a prior ruling of another community. A pure sovereigntist might answer, “Never.” After all, what if the prior judgment was based on an entirely different set of governing norms? Why should such a ruling be enforced? And yet, we know that foreign judgments are often recognized and enforced. 8 Moreover, while the decision to enforce a judgment surely will be less automatic when the judgment at issue was rendered by a court whose governing norms are less familiar, the important point is that the decision to enforce a foreign judgment is fundamentally different from the decision to issue an original judgment, and it should not be treated as equivalent. 9 This is because judgment recognition implicates an entirely distinct set of concerns about the role of courts in a plural order. Thus, courts might consider 8 In most areas of law, United States courts have generally enforced foreign judgments as a matter of comity. See Mark D. Rosen Exporting the Constitution, 53 Emory L.J. 171, 176 (2004) (noting that, since the nineteenth century, “the United States has been at the vanguard of enforcing foreign judgments”). Indeed, as far back as 1895, in Hilton v. Guyot, the U.S. Supreme Court made clear that comity “is the recognition which one nation allows within its territory to the legislative, executive or judicial acts of another nation, having due regard both to international duty and convenience, and to the rights of its own citizens, or of other persons who are under the protection of its laws.” 159 U.S. 113, 164 (1895). The Second Restatement codifies this idea, noting that a “judgment rendered in a foreign nation … will, if valid, usually be given the same effect as a sister State judgment.” Restatement (Second) of Conflicts of Law § 117, cmt. c (1971). Moreover, validity is based only on whether the court that rendered judgment had proper personal jurisdiction over the parties and utilized procedures that were not inherently unfair. Id. § 92. 9 U.S. courts enforcing foreign judgments (as opposed to domestic ones) have sometimes applied a public policy exception to avoid enforcing particularly egregious rulings, but the public policy exception has been construed very narrowly. See Rosen, supra note 8, at 177–79 (surveying U.S. case law on enforcement of foreign judgments). Accordingly, courts only refuse to enforce “where the original claim is repugnant to fundamental notions of what is decent and just in the State where enforcement is sought.” Restatement (Second) of Conflicts of Law § 117. Likewise, the United Nations Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards and the Uniform Foreign Money-Judgments Recognition Act requires that a U.S. court enforce the judgment or arbitral award unless there is fraud or if doing so would be repugnant to the public policy of the enforcing forum. Thus, in most recognition of judgments cases, “[c]ourts consistently have enforced foreign judgments even if they would have refused to entertain suit on the original claim on grounds of public policy.” Rosen supra note 8, at 178–79.
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the independent value of participating in an interlocking legal system, where deference to other community judgments is likely to have long-term reciprocal benefits. As Judge Cardozo once observed: “We are not so provincial as to say that every solution of a problem is wrong because we deal with it otherwise at home.” 10 This is not to say, of course, that foreign judgments should always be enforced. Indeed, even employing a more pluralist approach, one would expect that judges might sometimes interpose local public policies where they would not in the domestic state-to-state setting. But if we acknowledge the importance of the values effectuated by strong judgment recognition, we will necessarily reject the idea that Texas is simply unable to enforce the ICJ judgment just because the local procedural default rule would have barred the Texas court from hearing the appeal had it come directly to the court. Thus, there will always need to be engagement with the foreign statement of norms; one could not simply reject the foreign as simply alien and therefore place it automatically beyond consideration. In addition, thinking of Medellín using a judgment recognition frame encourages courts to consider the normative community that the ICJ decision represents. This normative community, significantly, includes the United States. Indeed, the Optional Protocol to the Vienna Convention, which makes the ICJ the venue to consider all “[d]isputes arising out of the interpretation or application” of the Convention, was not only ratified but also drafted (and championed) by the United States in the first place. Further, the concept of sovereignty is unhelpful to resolve the Texas case because there is no monolithic set of “state interests” to be effectuated; there are myriad voices within Texas. Texas must interact with the world, its citizens go abroad and might well want their consular notification rights honored, the Texas Attorney General has actively attempted to educate local law enforcement concerning Vienna Convention rights, and so on. In addition, the procedural default rule at issue here was most likely not enacted specifically with foreign defendants in mind. And even when legislators actually consider activities abroad, they do so to pursue domestic policy priorities, with little consideration for multistate implications. Thus, a choice-of-law regime that only offers two options (the home state or the foreign one) improperly insists on judging citizens according to a single state norm in a world where those citizens affiliate with multiple states or nations. Indeed, the mere fact that a dispute is multinational necessarily means that it implicates interests that are different from a purely domestic dispute. Accordingly, judges should consider these added factors and craft rules based on a variety of national and international legal norms. Here, there are obviously lots of additional in10
Loucks v. Standard Oil Co., 120 N.E. 198, 201 (N.Y. 1918).
Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World
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terests at play to distinguish the case from a purely domestic one, including concerns about diplomacy, foreign relations, citizens abroad, the federal government’s stated interest in compliance with the ICJ order, and so on. Finally, as noted above, the ICJ did satisfy the two requirements for the sort of intersystemic jurisdictional assertions that should command deference. First, it provided a detailed justification for its decision to intervene in an otherwise seemingly “local” criminal case. Second, it issued a very limited order, not attempting to overturn the convictions involved in toto, but instead simply asking for a further evidentiary hearing. Thus, the ICJ attempted a nuanced balance of international and local interests, and the decision therefore deserves a similar kind of deference and accommodation from the Texas court. Indeed, once the distorting filter of Texas’ purported sovereign power is put aside, this seems like a relatively easy call. *
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As Gunther Teubner has recognized, both our conflict-of-laws discourse and our discourse surrounding legal jurisdiction more generally are too often trapped in a language of sovereignty that fails to capture the reality of life in an era of cross-border interaction. Accordingly, instead of bemoaning either the “fragmentation” of law or the messiness of jurisdictional overlaps, Teubner understands that we must accept these supposed problems as a necessary consequence of the fact that communities and legal systems cannot be hermetically sealed off from each other. Moreover, we might even go further and consider the possibility that this jurisdictional messiness might, in the end, provide important systemic benefits by fostering dialogue among multiple constituencies, authorities, levels of government, and non-state communities. In addition, jurisdictional redundancy allows multiple ports of entry for strategic actors who might otherwise be silenced. The Medellín case has now been “decided” by the U.S. Supreme Court, and although positivists view such a decision as the “final” word on this dispute, pluralists know that no statement of law, no matter how seemingly authoritative, is ever really final. Thus, the conversation will go on. Moreover, the Vienna Convention and the ICJ decision will continue to have an impact, regardless of the Supreme Court, because local law enforcement authorities around the country are now cognizant of their obligations in a way that they were not ten years ago.11 Indeed, the U.S. State Department maintains a Consular Notification and Outreach Division specifically to help educate local prosecutors and police officers around the country concerning their obligations under the Vienna Convention.12 Thus, pluralism 11 12
Levit supra note 7, at 41–46. See id. at 42–43 (describing the work of the division).
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Paul Schiff Berman
recognizes the tangible, day-to-day ways in which international law is “brought home,” 13 sometimes regardless of official legal pronouncements. Most fundamentally, all of this interaction is elided or ignored if we continue to think and speak in the language of sovereignty, with its purportedly clear lines of demarcation, its assumed allocations of authority, and its formalistic conceptions of legitimacy. Such a language cannot hope to guide us in a world of interdependence, inevitably permeable borders, multiple communities, and overlapping jurisdictions. In the face of this messy world, we can retreat and insist on a set of pure theoretical models divorced from reality, or we can accept (and perhaps even celebrate) the potentially jurisgenerative and creative role law might play in a plural world order. This is the vision that Teubner’s scholarship has always conjured for me, and it is why I continue to draw inspiration from his dense, evocative, and profoundly generative work.
13 (155) See, e.g., Harold Hongju Koh Address, The 1998 Frankel Lecture: Bringing International Law Home, 35 Hous. L. Rev. 623, 641–42 (1998).
Die Lex mercatoria der Systemtheorie Verortung, Rekonstruktion und Kritik aus öffentlichrechtlicher Perspektive Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle
Eine der bedeutendsten Leistungen Gunther Teubners ist seine Theorie einer lex mercatoria im Zeitalter der Globalisierung. Ihre zentrale Aussage lautet, dass die Selbstorganisation privater Akteure ein autonomes Rechtsregime transnationaler Wirtschaftsinteraktionen begründet. Öffentlichrechtlichen Normen und Institutionen kommt nur eine nachgeordnete Rolle zu. Eine entsprechende Theoriebildung muss drei Bedingungen erfüllen: Erstens muss sie die Logik einer sich nach ihrer Eigengesetzlichkeit entfaltenden Privatrechtsordnung freilegen. Sollen Geltung und Effektivität der privatrechtlichen Ordnung globales Ausmaß haben, darf sie zweitens nicht an einzelstaatliche Rechtsordnungen gebunden sein. Drittens muss die Theorie eine Selbstvalidierung der Privatrechtsordnung leisten, also ohne Rekurs auf öffentliches Recht, insbesondere eine Verfassung, auskommen. In diesem Beitrag geht es nicht darum, ob eine solche Lex mercatoria tatsächlich existiert.1 Wir untersuchen vielmehr vor dem Hintergrund bisheriger Begründungsversuche, ob Gunther Teubner eine kohärente Theorie unterbreitet, welche die drei genannten Bedingungen ausbuchstabiert sowie begrifflich konsolidiert und damit eine tragfähige Grundlage liefert, rechtliche Phänomene als lex mercatoria zu deuten. Seine Arbeiten führen die einschlägige Theoriebildung auf ein neues Niveau und unterbreiten eine radikale Innovation: Teubner löst die spontane privatrechtliche Ordnung von jeder reflexiv erfassten axiologischen Priorität allgemeiner Interessen und entsprechender öffentlicher rechtlicher Ordnung. Seine Privatrechtsgesellschaft operiert allein nach der eigenen Rationalität und ist keiner anderen Dimension untergeordnet. Zwar kann sich aus ihrem Operieren, wie bei der 1 * Wir danken Eva Birkenstock, Andreas Fischer-Lescano, Felix Hanschmann, Ingo Venzke, Martin Wortmann und Peer Zumbansen für ihre Hilfe bei der Fertigstellung des Textes. 1 Hinweise bei Tilmann Röder, Rechtsbildung im wirtschaftlichen „Weltverkehr“, 2006, insbes. S. 317 ff., 330 ff.
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unsichtbaren Hand des Liberalismus, ein Vorteil für alle ergeben; dies ist aber nicht mehr reflexiv erfasst, denn dafür fehlt nunmehr das Organon, die systemübergreifende Rationalität. Diese Innovation wird eine Darstellung zeigen, die Teubner in der Theorielandschaft verortet (1.). Im zweiten Schritt wird dargelegt, wie Teubner diese Innovation mit Hilfe der Systemtheorie und im Rahmen post-unitarischer Ordnungsauffassungen entwickelt (2.). Im dritten Abschnitt diskutieren wir Kohärenz und Plausibilität dieses Vorschlags in kritischer Absicht (3.).
1. Begründungsversuche einer Weltordnung der Privatinteressen Bezeichnet die Lex mercatoria ein Rechtsregime, das autonom wirtschaftliche Transaktionen global reguliert, so ist die erste Voraussetzung entsprechender Theoriebildung, die Logik eines solchen Regimes freizulegen. In der Geschichte der Konzeptionen sozialer Ordnung gibt es drei bedeutende Ansätze, die die Interaktion privater Akteure über die Grenzen des Gemeinwesens zum Gegenstand haben: die antike Theorie der „Universalökonomie“, das mittelalterliche „Handelsrecht der Kaufmannschaft“ und die Freihandelslehre der Moderne. Die erste und die dritte Konzeption konzentrieren sich auf die philosophischen Rahmenbedingungen sowie auf die sozialen und ökonomischen Aspekte globaler Ordnung privater Akteure; bei der zweiten steht hingegen die juristische Dimension im Vordergrund. So ist es folgerichtig, dass die mittelalterliche Bezeichnung des „Handelsrechts der Kaufmannschaft“ für zeitgenössische rechtstheoretische Bemühungen zur Begründung eines transnationalen Rechtsregimes privater Akteure genutzt wird. 1.1. Die antike Theorie der „Universalökonomie“ In der griechisch-römischen Antike wurde der Handel zunächst mit Skepsis betrachtet. 2 Die frühen Autoren sahen darin eine Gefahr für die wirtschaftliche Autarkie, für das politische Gleichgewicht und für den sozialen Zusammenhalt. So verurteilte Aristoteles die kaufmännische Aktivität, wenn sie allein dem Ziel des Profits dient, 3 obwohl er einige ihrer praktischen Vorteile schätzte. 4 Noch entschiedener wies Platon, im Namen der Autarkie der polis, die Idee zurück, nicht unbedingt nötige Güter zu impor2 Douglas A. Irwin, Against the Tide, 1996, S. 11 ff. Irwins herausragender Untersuchung verdanken wir viele Anregungen. 3 Aristoteles, Politik, in: Aristoteles, Philosophische Schriften, 1995, Bd. 4, VII , 6, 1327a f., S. 249 f. 4 Ebd., VII , 5, 1327a, S. 248 f.
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tieren bzw. Waren zu exportieren, die der polis nützen konnten. 5 In der griechischen polis stand die politische Aktivität im Mittelpunkt; infolgedessen verortete man den Handel am Rande des bürgerlichen Lebens. 6 In einer Welt, in der nicht das Interesse des Einzelnen, sondern das Gemeinschaftsinteresse als höchstes Handlungsziel galt, betrachtete man das individuelle Profitstreben als moralische Verfehlung und als Gefahr für gemeinsame Werte. Deshalb überließ man alles, was mit dem Austausch von Gütern zu tun hatte, weitestgehend den Fremden. Diese Haltung prägt auch die republikanische römische Epoche, wie Ciceros Geringschätzung des Handels in De officiis zeigt: „Der Handel aber hat, wofern er klein ist, als schmutzig zu gelten. Wenn er aber groß ist und Mittel hat, vieles von allen Seiten herbeischafft und vieles ohne Betrügerei zuteilt, ist er nicht wohl zu tadeln.“ 7 Einige Jahrzehnte später kommt es jedoch zu einem grundlegenden Wandel, etwa bei Plutarch. Er schrieb über das Meer und indirekt über den Handel, der größtenteils über See abgewickelt wurde: Dieses Element hat unsere Lebensweise, die vorher wild und ungesellig war, vereint und vervollkommnet, indem es diese durch wechselseitige Unterstützung und Güteraustausch verbesserte und dadurch eine in Freundschaft verbundene Gemeinschaft schuf. […] Das Meer brachte die Weinrebe von Indien nach Griechenland und den Getreideanbau von Griechenland aus in andere Länder; aus Phönizien brachte es die Schrift als Schrein gegen das Vergessen; es belieferte die Welt mit Wein und Früchten und bewahrte den größten Teil der Menschheit davor, ohne Schriftsprache und Bildung zu bleiben. 8 Seneca hatte bereits einige Jahre vorher Ähnliches über den Wind gesagt, über den die Vorsehung verfügt hatte, dass er „den gegenseitigen Verkehr ermöglicht und Stämme, die durch ihre Wohnorte getrennt waren, zueinander gebracht“ hatte. 9 Bei Plutarch wie bei Seneca werden die Elemente, die einen Güteraustausch begünstigen, als Geschenke der Vorsehung begrüßt, weil sie keine Bedrohungen für das soziale Zusammenleben bedeuten, sondern Entwicklung und Wachstum. Das Ziel besteht nicht mehr im Schutz der Homogenität politischer Einheit, sondern in der größtmöglichen, weltweit ausgedehnten Entfaltung der Potentialitäten eines organischen Ganzen. Im Übergang von der Kultur der in sich geschlossenen Stadtstaaten zum Kosmopolitismus der hellenistischen und römisch-imperialen Welt kommt zum ersten Mal das zum Ausdruck, was als die „Lehre der Universalöko5 6 7 8 9
Platon, Nomoi – Gesetze, in: Platon, Werke, 1990, Bd. 8/2, VIII , 847b ff., S. 165. Irwin, Fn. 2, S. 12. Cicero, Vom rechten Handeln – De officiis, 1964, S. 129. Plutarch, Morals, 1878, V, S. 333 f. [Übersetzung der Autoren]. Seneca, Naturwissenschaftliche Untersuchungen, 1990, V, 18, 4, S. 151.
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nomie“ bezeichnet wurde.10 Sie zeichnet sich durch vier Merkmale aus: 11 durch das stoisch-kosmopolitische Vertrauen in die universale Brüderlichkeit, die alle Menschen verbindet; durch die Betonung der Vorteile, die der Warenaustausch durch Handel mit sich bringt; durch die Überzeugung, dass die Ressourcen ungleich verteilt sind; und durch den Glauben an die göttliche Vorsehung, die solche Ungleichheiten wieder ins Gleichgewicht bringt, weil die friedliche Kooperation der Menschen Gottes Wille ist. Die genaueste Beschreibung liefert uns Philon von Alexandria: Gott hat […] keins von den Einzeldingen so vollkommen gemacht, dass es nicht durchaus eines andern nötig hätte, damit es in seinem Verlangen das zu erreichen, was es braucht, dem, das es gewähren kann, sich nähern muss, und dieses wieder jenem und beide einander. So im Austausch und im Verkehr mit einander sollten sie nach Art der aus verschiedenen tönenden Seiten zusammengefügten Leier zu inniger Gemeinschaft gelangen und zusammenstimmen, indem durch gegenseitiges Geben und Nehmen alles beiträgt zur Vollendung der ganzen Weltordnung.12 Diese „Lehre der Universalökonomie“ thematisiert allerdings nicht die Rechtsform einer globalen Handelsordnung. Vor allem aber ist sie defizitär, weil von den drei am Anfang des Beitrages angeführten Kriterien einer kohärenten Konzeption transnationaler Ordnung privater Akteure – die Zentrierung auf individuellen Interessen als Funktionslogik einer Privatrechtsordnung, die globale Entgrenzung der Ordnung und der Verzicht auf die Idee eines höheren Gemeinwohls – nur das zweite erfüllt wird: Die Idee der „Universalökonomie“ befreit nämlich die Interaktion zwischen wirtschaftlichen Akteuren von der Unterordnung unter die Interessen einzelner politischer Gemeinwesen. Von einer Theoretisierung der beiden anderen Kriterien ist jedoch nichts zu finden: Weder wird die Wahrnehmung individueller Interessen als das prioritäre Ziel der Tätigkeit privater Akteure postuliert; diese haben vielmehr weiterhin die Aufgabe, die Homöostase des Ganzen zu gewährleisten. Noch wird die Vorstellung eines höheren Gemeinwohls aufgegeben. Die Begründung des Freihandels beruht nicht auf dem Gewinnstreben des Einzelnen, sondern auf der Idee einer universalen Harmonie, für deren Verwirklichung die wirtschaftliche Interaktion nur ein – übrigens bei weitem nicht das wichtigste – Instrument darstellt. Ein sich selbst validierendes System privatrechtlicher Ordnung ist damit nicht zu begründen.
Irwin, Fn. 2, S. 15 ff. Jacob Viner, The Role of the Providence in the Social Order, 1976, S. 27 ff.; Irwin, Fn. 2, S. 15. 12 Philon, in: Schriften der jüdisch-hellenistischen Literatur, hrsg. v. L. Cohn, 1919, XXXI , S. 199. 10
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1.2. Die Lex mercatoria des Mittelalters Die Theorie der „Universalökonomie“, insofern sie die Handlungsfreiheit des einzelnen Akteurs auf dem globalen Markt befürwortete, legitimiert zentrifugale Elemente, die kaum mit Ideen organizistischer Gemeinschaft zusammenpassen. Entsprechend verurteilten die Kirchenväter die Vorstellung der „Universalökonomie“.13 In den Krisen der Spätantike und des Frühmittelalters wurden die Einzelnen aufgerufen, ihren Blick auf das Jenseits zu richten und diesem ihre weltlichen Interessen unterzuordnen. Im Laufe der Jahrhunderte schwächte sich die Kritik jedoch ab, so dass zur Zeit der spanischen Scholastik eine verhalten positive Bewertung des Handels möglich wurde.14 Bereits im Hochmittelalter hatte sich der Handel ausgeweitet, so dass das Thema einer transnationalen Wirtschaft als Wachstums- und Wohlstandsfaktor an Bedeutung gewann. Das Wiederaufleben der Handelsaktivitäten sowie die Fähigkeit der Wirtschaftstreibenden zur Selbstorganisation sind eng mit der Entwicklung eines Rechtssystems verknüpft, das den Namen „Lex mercatoria“ erhalten hat. Mit Verweis auf Harold Berman definiert sie Emily Kadens, eine weitgehend geteilte Lesart zusammenfassend, als „a coherent, European-wide body of general commercial law, driven by merchants, and more or less universally accepted and formalized into wellknown and well-established customs during the period from 1050 to 1150.“ 15 Die neuere Forschung bestätigt diese Definition nicht vollständig.16 Gleichwohl besteht Einigkeit, dass die „Lex mercatoria“ im Mittelalter als ein juristischer corpus zur Regelung kaufmännischer Transaktionen entstand, dass viele ihrer Normen auf das römische Handelsrecht zurückgreifen, dass sie die Benachteiligung ausländischer Kaufleute bei den transnationalen ökonomischen Beziehungen verhindern soll, und schließlich, dass sie, gerade aufgrund dieser letzten Besonderheit, einige ihrer Vorschriften aus dem römischen jus gentium ableitete.17 Strittig bleiben etwa der genaue Einfluss der antiken Rechtslehre,18 die Vergleichbarkeit mit dem zeitgenössischen Handelsrecht, die Einheitlichkeit der „Lex mercatoria“ sowie die Unabhängigkeit der „lex mercatoria“ von der politischen Macht.19 Letzterer Irwin, Fn. 2, S. 17 ff. Ebd., S. 21 f. 15 Emily Kadens, Order within Law, Variety within Custom, Chicago Journal of International Law 5 (2004/2005), S. 39–65, 40; vgl. Harold Berman, Law and Revolution, 1983, S. 333 u. 340 ff. 16 Zur neuesten Diskussion vgl. die Themenausgabe des Chicago Journal of International Law 5 (2004/2005). 17 Richard A. Epstein, Reflections on the Historical Origins and Economic Structure of the Law Merchant, Chicago Journal of International Law 5 (2004/2005), S. 1–20, 1. 18 Vgl. Charles Jr. Donahue, Medieval and Early Modern Lex mercatoria, Chicago Journal of International Law 5 (2004/2005), S. 21–37. 19 Vgl. Kadens, Fn. 15. 13 14
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Punkt ist interessant, weil er ein Indiz für die Unabdingbarkeit der öffentlichen Sphäre für eine stabile Ordnung unter privaten Akteuren darstellt. Was im Mittelalter mit seiner schwachen öffentlichen Autorität galt, dürfte angesichts großer Staatsapparate heute kaum obsolet geworden sein. Uns interessiert vor allem die Ordnungsidee der Autoren, die sich um eine Theorie der lex mercatoria bemühten. Unter den wenigen einschlägigen Texten ist Consuetudo vel Lex Mercatoria des englischen Kaufmanns Gerard Malynes besonders wichtig. 20 Er definiert zunächst die Tätigkeit des Händlers, die „in buying and selling of commodities, or by way of permutation of wares both at home and abroad in foreign parts […]“ besteht. 21 Anschließend untersucht er, wann und warum sich diese soziale Rolle entwickeln konnte. Wie die Vertreter der „Universalökonomie“ sieht Malynes den Ursprung in der ungleichen Verteilung der Güter. 22 Die Aufgabe der Händler besteht darin, die Verteilung der Waren ins Gleichgewicht zu bringen. Malynes schreibt die Ursachen für die Ungleichheit der inhomogenen Verteilung natürlicher Ressourcen zu. Hinzu kommt als zweite Ursache die Bearbeitung und Verbesserung der natürlichen Reichtümer, was den individuellen Beitrag zur Bildung von Reichtum höher als frühere Theorien gewichtet. Das Ziel kaufmännischer Tätigkeit scheint bei Malynes jedoch nicht im Streben nach individuellem Erfolg zu liegen. Vielmehr ist sie Ausdruck der natürlichen Arbeitsteilung, die der sozialen Natur des Menschen entspringt, den Gott als „geselliges Wesen“ geschaffen hat. 23 Der Mensch als soziales Wesen ist nicht in der Lage, gut alleine zu leben. Wenn sich die Menschen zu einer Gesellschaft zusammenschließen, teilen sie die Arbeit nach ihren Fähigkeiten auf. Da jeder von ihnen einige Güter im Übermaß hat und es ihm an anderen mangelt, bedarf es des Händlers, dessen Rolle im Ausgleich von Überfluss und Knappheit besteht. Der begriffliche Horizont von Malynes entspricht weitgehend den früheren Konzeptionen: Die wirtschaftliche Tätigkeit bleibt in einen organischen Zusammenhang eingebunden und zielt auf die Bewahrung der Homöostase des Ganzen ab. Die individuellen Prioritäten als solche können nicht zu einer globalen Ordnung führen und bleiben in einen gottgegebenen metaphysischen Kosmos eingeordnet. Dies schließt nicht aus, dass die Händler des griechischen und römischen Zeitalters, des Mittelalters und der frühen Neuzeit subjektiv von egoistischen Motiven geleitet waren. Dennoch wurde das wirtschaftliche Handeln in allen theoretischen Reflexionen – zumindest bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts – in einen umfassenderen Kontext der menschlichen Sozialität eingebettet. Dadurch wurden dessen individualisti20 Vgl. Gerard Malynes, Consuetudo, vel, Lex Mercatoria, or, the Ancient Law-Merchant, 1622, S. 1 f. 21 Ebd., S. 4. 22 Vgl. ebd., S. 2. 23 Vgl. ebd.
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sche und zentrifugale Tendenz sowie subversiver Charakter abgeschwächt, denn sie mussten sich in eine allgemeine Vorstellung des holon eingliedern. Von der Entfesselung der Eigenrationalität der ökonomischen Sphäre ist auch dieser Ansatz weit entfernt. 1.3. Die Freihandelslehre Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte die wirtschaftliche Tätigkeit eine Funktion für das organische Gleichgewicht des Ganzen; am Ende des 18. Jahrhunderts dagegen wechselte sie in den Dienst des Privatinteresses über. Diese Transformation konnte erfolgen, weil während dieser Zeit das Bewusstsein von der Spezifizität der Individualität und ihrer Unreduzierbarkeit auf das organische holon zur Geltung gelangte. Im Bereich der Wirtschaftstheorie ist es vor allem Adam Smith, der diese neue Haltung ausarbeitet. Seine 1776 veröffentlichte Inquiry into the Nature And Causes of the Wealth of Nations stellt – zumindest auf den ersten Blick – die traditionelle Hierarchie zwischen öffentlich und privat auf den Kopf. Nicht wirtschaftliche Fehlleistungen von Privaten haben laut Smith die Nationen verarmen lassen, sondern die Verschwendung und die Ineffizienz der öffentlichen Verwaltungen. Die beste Garantie für Wachstum und Wohlstand biete daher nicht die Tätigkeit der öffentlichen Hand, sondern „das gleichmäßige, fortwährende und ununterbrochene Streben der Menschen nach besseren Lebensbedingungen […]. Allein dieses Streben, durch Gesetz geschützt und in voller Freiheit auf das Vorteilhafteste verwirklicht, hat England fast zu allen Zeiten zu Wohlstand, Fortschritt und Ansehen verholfen […].“ 24 Zum ersten Mal wird das egoistische Interesse des Einzelnen als die Basis des allgemeinen Wohlstands betrachtet, wobei das egoistische Interesse weder an der Priorität der öffentlichen Güter orientiert ist, noch darauf zielt, wie in der Vertragstheorie Hobbesscher Prägung, der politischen Macht neue Grundlagen zu verschaffen. Nachdem Smith die Beziehung zwischen Privatinteresse und der öffentlichen Dimension auf diese Weise neu definiert hat, entfaltet er seine Freihandelslehre. 25 Damit sie zum größtmöglichen Wohlstand führen kann, darf die kaufmännische Tätigkeit durch keine staatlichen Einschränkungen wie Steuern oder gar Einfuhrverbote behindert werden. 26 Eine protektionistische Politik ist gesamtgesellschaftlich schädlich. 27 Smith führt ein neues Bewertungskriterium für die Wirtschaftspolitik ein: Das relevante Kriterium 24
Adam Smith, An Inquiry into the Nature And Causes of the Wealth of Nations, 1995, II ,
III , S. 23 u. 28; dt.: Der Wohlstand der Nationen, 1978, S. 283 u. 286. 25 26 27
Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 75 ff. Vgl. Smith, Fn 24, IV. Ebd., IV , II , S. 185 f.; dt.: S. 368 f.
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ist der reale Wert des Bruttoinlandprodukts, unabhängig davon, wie es erwirtschaftet wird. 28 Politischer Dirigismus kann lediglich die Verwendung des Kapitals lenken, nicht aber dessen Rentabilität erhöhen. 29 Um die Produktivität des Kapitals bestmöglich zu nutzen, ist es unerlässlich, dass man es für Aktivitäten verwendet, von denen man sich die größte Rentabilität verspricht. Diese Voraussetzungen gelten nach Smith als erfüllt, wenn die Inhaber des privaten Kapitals frei darüber entscheiden können, wo und wie sie es investieren. 30 Die Aufhebung der Handelsbeschränkungen kann den positiven Effekt verstärken, den die internationale Arbeitsteilung mit sich bringt. Nicht alle Waren können nämlich in jedem Land mit gleichem Profit produziert werden. 31 Nach Smith lässt sich das öffentliche Interesse nicht reflexiv, d. h. durch Erkenntnis und intersubjektive Kommunikation, bestimmen. Im Gegenteil: Die Verfolgung der egoistischen Privatinteressen zeitigt die besten Auswirkungen auf die Gesellschaft. Der Mechanismus zur Herstellung des Gemeinwohls nimmt die Gestalt einer beinahe „natürlichen“ Kraft oder eines Naturgesetzes an. In Smiths berühmter Konzeption ist es die „unsichtbare Hand“ (invisible hand), die gleichsam als weltliche Vorsehung auf bestmögliche Weise die soziale Entwicklung leitet, und zwar jenseits aller Vernunft der Individuen und mit besseren Ergebnissen, als diese bewusst erzielen können. 32 Die unsichtbare Hand führt sowohl zum Wachstum der Wirtschaft einzelner Nationen als auch zu einem Gleichgewicht zwischen den Nationen. 33 Smith führt entschiedener als alle Vorgänger eine neue Sicht auf Form und Beschaffenheit sowie die mögliche Reichweite sozialer Ordnung ein. In seinen Werken zeichnet sich zum ersten Mal eine Konzeption ab, die kohärent auf der Priorität der Individualinteressen beruht. Diese führen, unabhängig von öffentlichen Normen oder Institutionen, zu einem globalen Gleichgewicht. Allerdings fehlt bei ihm die letzte Konsequenz. Das oberste Ziel der Verfolgung von Privatinteressen ist für Smith nicht das private, sondern das kollektive Wohlergehen. Und dieses wird nicht in unmittelbar globaler Hinsicht verstanden, sondern aus Sicht des Primats der Nation. So führt er schon in der Theory of Moral Sentiments von 1759 aus: Die Liebe zu unserem eigenen Lande scheint nicht von der Liebe zur Menschheit herzustammen. Jenes Gefühl ist von diesem durchaus unabhängig und scheint uns mitunter sogar geneigt zu machen, im Wider28 29 30 31 32 33
Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 76. Vgl. Smith, Fn 24, IV , II , S. 185 f.; dt.: S. 368 f. Ebd., IV , II , S. 190; dt.: S. 371. Ebd., IV , II , S. 193 f.; dt.: S. 373. Ebd., IV , II , S. 190; dt.: S. 370 f. Ebd., IV , VII , 3, S. 503 f.; dt.: S. 527.
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spruch zu letzterem zu handeln. […] Wir lieben eben unser Land nicht bloß als einen Teil der großen Gemeinschaft (society) der Menschheit; wir lieben es um seiner selbst willen und unabhängig von jeder derartigen Betrachtung. 34 Anschließend projiziert er die Vaterlandsliebe auf die Idee des wirtschaftlichen Wohlstands: Frankreich mag vielleicht eine dreimal so große Einwohnerzahl besitzen wie Großbritannien. In der großen Gemeinschaft (society) der Menschheit würde darum das Wohlergehen Frankreichs als eine weit wichtigere Angelegenheit erscheinen als dasjenige Großbritanniens. Der britische Untertan jedoch, der aus diesem Grunde bei jeder Gelegenheit das Wohlergehen Frankreichs demjenigen Großbritanniens vorziehen wollte, würde wohl nicht als einen guten Bürger Großbritanniens gehalten werden. 35 Der Reichtum der eigenen Nation wird damit zu einem wichtigen Kriterium, ihr dient letztlich der Freihandel. Konsequenterweise spricht Smith im Titel seines bekanntesten Werks vom „Wohlstand der Nationen“. Hier zeigt sich in drei Hinsichten eine Inkonsistenz: Zunächst wird das Plädoyer für den freien Handel an die nationale Präferenz gekoppelt. Weiter tritt das Individualinteresse hinter den Bedürfnissen der Nation zurück. Und schließlich macht der Umsturz der klassischen Hierarchie zwischen öffentlich und privat einer moderaten Restauration Platz, in der die öffentliche Dimension allerdings weniger durch die Mechanismen politischer Legitimation bestimmt ist, sondern vielmehr die Form einer Idee des Gemeinwohls mit geradezu „naturwüchsigen“ Zügen annimmt. Diese Inkonsistenzen finden sich in den Theorien der bedeutendsten Ökonomen der gesamten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Obwohl das Plädoyer von Thomas Malthus zugunsten der Importsteuer auf Getreide und damit für den Protektionismus 36 unter den englischen Wirtschaftswissenschaftlern eine Ausnahme bleibt, wird doch die Verfechtung des freien Handels – und somit des Rechts auf freie Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interessen – mit dessen Nutzen für den Wohlstand der Nation begründet. So schreibt David Ricardo in On the Principles of Political Economy and Taxation:
34 Smith, The Theory of Moral Sentiments, 1759, VI , II , II , S. 29; dt.: Theorie der ethischen Gefühle, 2004, S. 389. 35 Ebd. 36 Thomas Malthus, The Grounds of an Opinion on the Policy of Restricting the Importation of Foreign Corn, 1815; dt.: Drei Schriften über Getreidezölle aus den Jahren 1814 und 1815, 1896. Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 94 ff.
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Bei einem System des vollkommen freien Handels wendet natürlich jedes Land sein Kapital und seine Arbeit solchen Zweigen zu, die für jedes am vorteilhaftesten sind. Dieses Verfolgen des individuellen Vorteils ist bewundernswert mit dem allgemeinen Wohle des Ganzen verbunden. Durch Ansporn des Fleißes und Belohnung der Erfindungsgabe sowie durch die bestmögliche Ausnutzung der von der Natur verliehenen besonderen Fähigkeiten wird die Arbeit äußerst wirksam und sparsam verteilt, während allgemeiner Nutzen durch die Vermehrung der allgemeinen Produktenmasse verbreitet und durch ein gemeinsames Band des Interesses und des Verkehrs die weltweite Gesellschaft der Nationen der zivilisierten Welt verbunden wird. 37 Dies verfolgt John Stuart Mill weiter. Was die indirekten Vorteile des Freihandels betrifft, zählt er die Vorzüge auf, die der nationalen Gesellschaft erwachsen, z. B. die Verbesserung der produktiven Prozesse, die stärkere Arbeitsteilung, eine bessere Nutzung der Technik und die Belebung des Unternehmergeistes. 38 Zugleich weist er auf die Bedeutung der transnationalen Wirtschaftstätigkeit für die Bildung einer kosmopolitischen Gesellschaft hin: Endlich lehrte zuerst der Handel die Völker, neidlos Reichtum und Gedeihen anderer Völker mit anzusehen. Früher wünschte jeder vaterlandsliebende Mann, der nicht in der Kultur genügend vorgeschritten war, um die ganze Welt als sein Vaterland anzusehen, alle Länder außer dem eigenen schwach, arm und schlecht regiert; jetzt sieht er in ihrem Reichtum und Fortschritt eine unmittelbare Quelle auch des Reichtums und Fortschrittes für sein eigenes Land. […] Und man kann ohne Übertreibung behaupten, dass die große Ausdehnung und das schnelle Wachsen des internationalen Handels, dadurch, dass er die Hauptgarantie des Friedens in der Welt ist, zugleich auch die größte und dauernde Bürgschaft für den ununterbrochenen Fortschritt der Vorstellungen, der Einrichtungen und des Charakters des Menschengeschlechts ist. 39 Bei Smith, Ricardo und Mill spielt das Interesse der Nation eine Vermittlerrolle zwischen den wirtschaftlichen Prioritäten der Individuen und einer globalen Ordnung im Dienste der gesamten Menschheit. Auf der einen Seite führt die Entfaltung wirtschaftlicher Aktivitäten nicht nur zu persönlichem Reichtum, sondern auch zum Wohlergehen des gesamten Landes; auf der anderen Seite haben alle ein Interesse am friedlichen Zusammenleben, weil 37 David Ricardo, On the Principles of Political Economy and Taxation, 1817, S. 89 f.; dt.: Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung, 1994, S. 114. 38 John Stuart Mill, Principles of Political Economy, 1848, III , 17; dt.: Grundsätze der politischen Ökonomie, 1921, 2. Band, S. 141 f. 39 Ebd.; dt.: S. 143 f.
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der Wohlstand der Nation von der Freiheit der transnationalen ökonomischen Interaktion abhängt. Man kann allerdings vermuten, dass der Gleichklang zwischen der Verfolgung von Individualinteresse, dem Wohlstand der Nation und dem internationalen Frieden, der von den englischen Ökonomen beschworen wurde, mit der Vorherrschaft Großbritanniens zusammenhängt. Entsprechend wurde nämlich der freie Handel in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern wie Frankreich, 40 Deutschland 41 oder den Vereinigten Staaten 42 viel skeptischer beurteilt. So hielten die bedeutendsten Ökonomen dieser Länder an der Unterordnung privater Interessen unter das Wohlergehen der Nation fest und betrachteten Letzteres nicht als das Ergebnis freier transnationaler Wirtschaftsinteraktion. 43 Nicht einmal während ihrer Blütezeit zwischen Mitte des 18. und Mitte des 19. Jahrhunderts konnte sich die Freihandelslehre, die selbst in ihrem Ursprungsland nicht frei von Widersprüchen und Vorbehalten war und von den bedeutendsten nicht britischen Wissenschaftlern explizit abgelehnt wurde, zu einer stimmigen Theorie der globalen Ordnung privater Akteure entwickeln. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg verstärkte der aufkommende Nationalismus die Vorstellung, dass die Verfolgung des Privatinteresses nur dann einen Wert darstelle, wenn es dem allgemeinen Interesse der Nation diene. So musste die Theorie des freien Handels im Zuge eines wachsenden Engagements des öffentlichen Sektors im wirtschaftlichen Bereich dem wirtschaftspolitischen Interventionismus Platz machen. 44
2. Rekonstruktion der Lex mercatoria der Systemtheorie Jede der drei historischen Theorien globaler Ordnung privater Akteure verortet die Privatrechtsgesellschaft letztlich in einem vorrangigen Rahmen allgemeiner Interessen. In der Universalökonomie der Antike und in der „Lex mercatoria“ des Mittelalters findet sich keine Priorität der Privatinteressen, und auch in der Freihandelslehre der Moderne bleibt die wirtschaftliche Tätigkeit dem Wohlstand der Nation untergeordnet. Die Autonomie der privatrechtlichen Dimension gegenüber der öffentlichrechtlichen ist stets bedingt: Sei es von der Homöostase des Ganzen oder vom Wohlstand der Nation verkörpert, immer gibt es eine Idee des Gemeinwohls, welche den 40 Vgl. Antoine-Augustin Cournot, Recherches sur les principes mathématiques de la théorie des richesses, 1838. 41 Vgl. Friedrich List, Das nationale System der politischen Ökonomie, 1841. 42 Vgl. Henry Carey, Principles of Political Economy, 1837–1840. 43 Irwin, Fn. 2, S. 98. 44 Siehe etwa Michael Stolleis, Die Entstehung des Interventionsstaates und das öffentliche Recht, ZNR 11(1989), 129–147.
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Primat öffentlichrechtlicher Normen und Institutionen im Konfliktfall begründet. Darüber hinaus gestalten sich alle Vorschläge – mit der relativen Ausnahme der „Lex mercatoria“ des Mittelalters – eher als sozialphilosophische und ökonomische Konzeptionen; die juristische Dimension bleibt unterbelichtet. Die Frage nach einer Theorie eines globalen Rechtsregimes privater Wirtschaftstransaktionen stellte sich neu im Globalisierungsschub des ausgehenden 20. Jahrhunderts. In dessen Rahmen gewann die Auffassung wieder an Gewicht, dass globale Ordnung unabhängig von der Einwirkung durch öffentliche Institutionen auf der Grundlage der selbstregulierten transnationalen Aktivität privater Akteure entstehen kann. Ein neuer Begründungsansatz wird im Rahmen der Systemtheorie unterbreitet, der zudem diese Linie des Denkens radikalisiert, weil es keinen vorrangigen Rahmen allgemeiner Interessen mehr gibt. Dieser Ansatz beruht auf vier bereits von Niklas Luhmann ausgearbeiteten Elementen: die stetige Ausdifferenzierung sozialer Subsysteme als soziologische Konstante; 45 das Theorem ihres autopoietischen Charakters; 46 die Beobachtung der progressiven, aber ungleichzeitigen Globalisierung funktionaler Subsysteme; 47 die Definition des Rechts als Subsystem zur Stabilisierung normativer Erwartungen. 48 Hier setzt Gunther Teubners Theorie der lex mercatoria als eines globalen und autopoietischen Rechtsregimes zur Stabilisierung des ebenso globalen und autonomen Wirtschaftssystems an. Dieser Beitrag zur Neugründung ist allerdings nur ein Aspekt einer Rechtstheorie, welche vor allem zwei Entwicklungstendenzen zeitgenössischen Rechts hervorhebt: seine Globalisierung und Differenzierung. 49 2.1. Die Charakteristika des Globalen Rechts Teubner versteht die Globalisierung des Rechts weder im Sinne des Aufzugs eines neuen „Imperiums“ noch als Entwicklung einer kantischen „Weltrepublik“. 50 Die Globalisierung betreffe vielmehr soziale Subsysteme, die hochgradig differenziert und autorefentiell sind:
Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 78. Vgl. ebd., S. 65 ff., 92 ff., 102 ff. 47 Vgl. ebd., S. 145; Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 572. 48 Vgl. ebd., S. 60 f., 125 f., 131, 143. 49 Für eine Verortung von Teubners Rechtstheorie im Lichte einer transatlantischen Theorie des „Rechts nach dem Wohlfahrtsstaat“ vgl. Peer Zumbansen, Law After the Welfare State: Formalism, Functionalism, and the Ironic Turn of Reflexive Law, American Journal of Comparative Law 56 (2008), S. 769–805. 50 Gunther Teubner, „Global Bukowina“: Legal Pluralism in the World Society, in: ders., Global Law Without a State, 1997, S. 3 ff. 45 46
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Not only the economy, but also science, culture, technology, health systems, social services, the military sector, transport, communication media and tourism are nowadays self-reproducing ‚world systems‘ […] successful competitors with the politics of nation-states. 51 Weil diese Gebiete normativer Stabilisierung bedürfen, die das staatliche Recht nicht hinreichend leistet, kann man die Entstehung eines pluralen und globalen Rechts beobachten, das aus leges besteht, die eher an Diskurse unter Spezialisten gebunden sind und nicht als Teile eines umfassenden und kohärenten Rechtssystems begriffen werden können. 52 In den zeitgenössischen global villages entsteht das Recht nicht mehr hauptsächlich durch staatliche Gesetzgeber oder internationale Institutionen, sondern spontan und polyarchisch auf dezentraler Ebene – wie zu den Zeiten der österreichischen Herrschaft in der Bukowina. 53 Vier Charakteristika sind hervorzuheben: 54 a) die Grenzen des globalen Rechts verlaufen – vom Staatsgebiet weitgehend unabhängig – unsichtbar zwischen Spezialistenkreisen, Berufsverbänden und sozialen Netzen. b) Die Rechtsetzung durch öffentliche Institutionen, insbesondere durch gesetzgebende Versammlungen, verliert an Bedeutung, gerade für globale Normen: „Global law is produced in self-organized processes of ‚structural coupling‘ of law with ongoing globalized processes of a highly specialized and technical nature […].“ 55 c) Während sich das staatliche Recht dank der verfassungsrechtlichen Verfahren in liberaldemokratischen Gesellschaften in relativer Distanz von sozialen Interessen entwickelt habe, verbleibe das globale Recht in einem diffusen, aber engen Abhängigkeitsverhältnis von den jeweiligen spezialisierten sozialen Feldern. 56 Die Konsequenz ist eine starke Präsenz organisierter Interessen – ein Zustand, der laut Teubner nicht ohne weiteres akzeptabel ist und einer Änderung bedarf. 57 d) In den Nationalstaaten bilde die Einheit des Rechts ein Symbol ihrer Identität und ein Kriterium ihrer Gerechtigkeit. Aus globaler Perspektive stelle sie hingegen eine Gefahr dar; heute müsse man vor allem sicher stellen, dass es innerhalb eines global vereinheitlichten Rechts eine ausreichende Vielfalt an Rechtsquellen gibt. 58
51 52 53 54 55 56 57 58
Ebd., S. 6. Vgl. ebd., S. 7. Ebd. Ebd., S. 7 f. Ebd., S. 8. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd.
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2.2. Die Ausdifferenzierung des Rechts Mit der Globalisierung des Rechts schreitet auch seine Ausdifferenzierung jenseits des Nationalstaates voran, wie insbesondere die zunehmende Zahl internationaler Gerichte mit sektorialen Kompetenzen zeigt. 59 Dieser Rechtspluralismus ist „nicht einfach Folge eines politischen Pluralismus“, sondern „Ausdruck tieferliegender gesamtgesellschaftlicher Widersprüche von miteinander kollidierenden Sektoren der Weltgesellschaft.“ 60 Die Ausdifferenzierung der sozialen Systeme auf globaler Ebene mit unterschiedlichen Rationalitäten führt, da sie Rechtsregeln zu ihrer Stabilisierung bedürfen, zur Entstehung unterschiedlicher Rechtsregime. Da dies „nur ein Epiphänomen der tiefergehenden vieldimensionalen Fragmentierung der Weltgesellschaft selbst [ist],“ 61 stehen die Rechtsregime, insofern das Zusammentreffen der sektorialen Rationalitäten verschiedener sozialer Subsysteme zu Kollisionen führt, miteinander in Konflikt. Das „fragmentierte Recht“ weist aus systemtheoretischer Perspektive folgende Merkmale aus. a) Die Globalisierung der sozialen Systeme geht mit der Konsolidierung besonderer Rationalitäten einher. Weil das Recht diesen unterschiedlichen Systemen Ordnung verleiht, differenziert es sich aus und stabilisiert die Rationalität des jeweiligen Subsystems. Das Recht ist daher fragmentiert, insoweit seine Teilbereiche den unterschiedlichen Rationalitäten folgen. 62 b) In diesem Kontext geht die Einheit des Rechts verloren, die im Verfassungsstaat die Verfassung erzeugt. Bei Konflikten müsse man auf die so genannte „Interlegalität“ zurückgreifen, d. h. auf Verbindungen, die weitgehend frei von vertikalen Schichtungen sind. Daraus folgt, dass mangels systematischer Einheit heute die einzig mögliche Einheit des Rechtssystems die operative sei. 63 c) Zu Zeiten des klassischen Völkerrechts verliefen die Brüche im globalen Rechtssystem weitgehend entlang der Grenzlinien der Nationalstaaten. Neben solche Kollisionen treten heute Konflikte, die aus der transversalen thematisch-funktionalen Differenzierung entstehen. Gerade aufgrund ihrer „nichtpolitischen“ Beschaffenheit lassen sie sich nicht mit traditioneller Diplomatie lösen, sondern bedürfen neuer „interlegaler“ Formen oder sogar der Schaffung neuer Rechtsregime. 64
59 Es soll rund 125 solcher Institutionen geben. Vgl. Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner, Fragmentierung des Weltrechts: Vernetzung globaler Regimes statt etatistischer Rechtseinheit, in: Mathias Albert, Rudolf Stichweh, (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit. Beobachtungen globaler politischer Strukturbildung, 2007, S. 37–61, 37. 60 Ebd., S. 40. 61 Ebd. 62 Ebd., S. 41 f. 63 Ebd., S. 42 f. 64 Ebd., S. 43 ff.
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d) Auch deshalb entstehen autonome Privatregime, 65 wodurch sich die Idee verfestigt, dass ein globales privatrechtliches Regime ohne Rückgriff auf die öffentliche Sphäre den Ablauf menschlicher Interaktion zumindest im eigenen Regulierungsbereich garantieren könne. e) In der traditionellen Konzeption nationalstaatlicher Rechtsordnungen beziehen sich die „Peripherien“ des Rechtssystems, vor allem die privaten Verträge, auf ihr „Zentrum“, das vom Verfassungsrecht definiert wird. Im gegenwärtigen Recht lasse sich eine ähnlich eindeutige Beziehung zwischen „Zentrum“ und „Peripherie“ nicht mehr feststellen. 66 Die einzelnen Teilbereiche hätten sich zu „self-contained regimes“ entwickelt. 67 f) Die self-contained regimes verwandeln sich in „autokonstitutionelle Regime“. 68 Die Zuschreibung eines Verfassungscharakters an privatrechtliche Regime impliziert eine tiefgreifende Veränderung des Verfassungsbegriffs, die noch zu erörtern ist. Folge dieser Entwicklung ist, dass das hierarchische Rechtssystem sich zu „heterarchischem Recht“ entwickelt, d. h. „Recht, das sich darauf beschränkt, zwischen fragmentierten Teilrechtsordnungen einen losen Zusammenhang herzustellen.“ 69 Aus der Tatsache, dass sich die Weltgesellschaft in autoreferenzielle Subsysteme aufspaltet, in denen spezifische Rechtsregime gelten, folgen Kollisionen, die zugleich Konflikte zwischen unterschiedlichen Rationalitäten autopoietischer Systeme und zwischen verschiedenen Rechtsregimen sind. Diese Kollisionen können nicht durch ein übergreifendes Rechtssystem gelöst werden. Konfliktlösungen können nur durch Mechanismen der horizontalen Koordination erfolgen, durch „wechselseitige Beobachtung, antizipatorische Anpassung, Kooperation, Vertrauen, Selbstverpflichtung, Verlässlichkeit, Verhandlungen, dauerhaften Beziehungszusammenhang.“ 70 Entsprechend gering sind die Erwartungen an die soziale Rolle des Rechts: Realistisch besteht nur die Chance, selbstzerstörerische Tendenzen der Rationalitätskollisionen durch ihre rechtliche „Formalisierung“ einzudämmen. […] Wenn es gut geht, wird [das Recht] einen – begrenzten – Teil dieser Rationalitätskonflikte in die quaestio juris übersetzen und dadurch ein Forum für die friedliche Austragung zur Verfügung stellen. Aber selbst in diesem Fall ist das Recht nicht als übergeordnete KoordiEbd., S. 45 ff. Ebd., S. 48 f. 67 Zu den self-contained regimes siehe die von Teubner und Fischer-Lescano übernommene Definition von Martti Koskenniemi. Vgl. Koskenniemi, The Function and Scope of the lex specialis Rule and the Question of „Self-Contained Regimes“, 2003, http://untreaty.un.org/ ilc/sessions/55/fragmentation_outline.pdf, S. 9. 68 Fischer-Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 50 f. 69 Ebd., S. 51. 70 Ebd., S. 52. 65 66
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nierungsinstanz tätig; es wäre schon viel, wenn es rechtsförmige Garantien wechselseitiger Autonomie gegen totalisierende Tendenzen und einseitige Überwältigungen der Gesellschaftsfragmente liefern könnte. Und gegenüber dem Gefährdungspotential gesellschaftlicher Fragmentierung wird sich das Recht auf die begrenzte Aufgabe zurückziehen müssen, Kompensationen für wechselseitige Schädigungen und Eindämmung von Schäden für die menschlichen und natürlichen Umwelten zu leisten. 71 2.3. Die neue Lex mercatoria Die Diagnose von der Globalisierung und Fragmentierung des Rechts führt zur These der Stärkung privatrechtlicher Regime auf globaler Ebene. Diese These ist ideengeschichtlich wichtig, weil damit zum ersten Mal behauptet wird, dass es eine soziale Ordnung ohne institutionellen oder normativen Bezug auf eine übergreifende öffentliche Sphäre oder auf ein allgemeines Interesse oder Gemeinwohl geben könne. 72 Die beiden am weitesten ausdifferenzierten privatrechtlichen Regime globaler Reichweite sind die lex mercatoria der Weltwirtschaft und die lex digitalis des Internet. 73 Teubners lex mercatoria weist zwei zentrale Innovationen bzw. – wie der Autor sich ausdrückt – zwei „Tabubrüche“ auf, die beide zur Lösung der traditionellen Verknüpfung von Recht und Staat beitragen. 74 Erstens sollten rein „private“ Ordnungen (Verträge und Vereine) ohne Autorisierung und Kontrolle durch den Staat gültiges Recht produzieren. 75 Nach der klassischen, bis heute vorherrschenden Lehre hat ein privatrechtlicher Vertrag keine Geltung aus sich, sondern nur dank staatlichen Rechts. Diese Geltungsbegründung gilt der Theorie der Lex mercatoria als überholt: Hier gilt der Vertrag aus sich heraus, ohne dass er sich auf staatliche Normen stützen muss. Zweitens solle die Lex mercatoria außerhalb des Nationalstaates und sogar außerhalb der internationalen Beziehungen gelten, 76 was auch Teubner – wie den Öffentlichrechtler – zu fragen veranlasst, „how can authentic law ‚spontaneously‘ emerge on a transnational scale without the authority of the state, without Ebd., S. 54. Auch in der derzeitigen Debatte fehlt es allerdings nicht an Befürwortern der These einer qualitativen Differenz zwischen der Produktion von Recht durch internationale öffentliche Akteure und der bloßen Produktion von Verhaltsregeln durch private Akteure. Vgl. Jürgen Habermas, Der gespaltene Westen, 2004, S. 175. Für eine Verneinung dieser Differenz vgl. Benedict W. Kingsbury, Sovereignty and Inequality, European Journal of International Law 9 (1998), S. 599–625. 73 Fischer Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 47. Zur lex mercatoria siehe auch Peer Zumbansen, Lex mercatoria: Zum Geltungsanspruch transnationalen Rechts, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 67 (2003), S. 637–682. 74 Vgl. Teubner, Fn. 50, S. 10. 75 Vgl. ebd.. 76 Vgl. ebd., S. 11. 71
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its sanctioning power, without its political control and without the legitimacy of democratic process?“ 77 Die Idee eines Privatrechts, das seine Geltung aus der spontanen Interaktion seiner Akteure bezieht, ist nicht leicht zu begründen, oder „paradox“, wie man systemtheoretisch zu sagen pflegt. Die Theorie löst das Paradox nicht auf, sieht die Aussage jedoch durch das Funktionieren der Praxis bestätigt. Die soziale Praxis, so Teubner, sei kreativer als die Rechtslehre und die Sozialtheorie.78 Die globale Lex mercatoria befände sich in einem Prozess zur Schaffung der Grundlagen für ihre Geltung. Um sich selbst ein autopoietisches Geltungsfundament zu geben, habe sie mittels ihrer Mechanismen und auf Initiative ihrer Akteure drei Elemente eingeführt. 79 Das erste bestehe im Aufbau einer Normenhierarchie: Durch die Bildung eines primären Normensystems entstehe eine rechtliche Grundlage, die – auch wenn sie selbst nicht dem Paradox der privatrechtlichen Selbstbestätigung entgeht – das Verdienst hat, dass von ihr Sekundärnormen ausgehen können. Das zweite Element bezieht sich auf die Temporalisierung des Paradoxons: Der einzelne Vertrag zwischen Privaten macht einem wiederholenden Prozess Platz, in dem eine „Standardisierung von Regeln“ dadurch erfolge, dass sich der Vertrag auf die Vergangenheit beruft und in die Zukunft projiziert. Die Kontinuität und Stabilisierung der Normen durch die Wiederholung „verzeitlichen“ das Paradoxon der privatrechtlichen Spontaneität durch ihre Beschränkung auf den einzelnen temporären Kontext. Das dritte Element zur Lösung des Paradoxons ist die Technik der Externalisierung: „It externalizes the fatal self-validation of contract by referring conditions of validity and future conflicts to external ‚non-contractual‘ institutions which are nevertheless ‚contractual‘, since they are a sheer internal product of the contract itself.“ 80 Das privatrechtliche Normensystem schafft also Institutionen, gerade auch mit Schiedsfunktionen, denen die Aufsicht über die Gültigkeit und die Anwendung der Normen übertragen wird. Obwohl diese Institutionen auf privatrechtlichem Weg zustande gekommen sind, gehen sie jedoch aufgrund ihres institutionellen Charakters über die privatrechtlich „spontane“ Dimension hinaus. Was die Selbstbegründung der privatrechtlichen Ordnung durch die genannten drei Mechanismen betrifft, sind Zweifel angebracht. Stellen wir aber die Kritik hieran zurück und nehmen wir an, die Autonomie der Lex mercatoria sei eine erwiesene Tatsache. Auf dieser Grundlage wird die Hauptargumentation der Autoreferenzialität um drei Aspekte erweitert. Der erste hebt den Rechtscharakter der transnationalen Wirtschaftsordnung 77 78 79 80
Ebd. Vgl. ebd., S. 16. Vgl. ebd. Ebd.
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hervor. Die Globalisierung habe nicht das Recht zu Gunsten der Wirtschaft unterlaufen, 81 da der transnationale Wirtschaftsverkehr weiterhin rechtlicher Regeln bedürfe: Aus dieser Notwendigkeit der Erwartungs- und damit Rechtssicherheit der Geschäftswelt erwächst die Lex mercatoria. Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Tatsache, dass die Privatregime aufgrund ihres hohen Formalisierungsgrades kein neues Gewohnheitsrecht bilden. 82 Der dritte Aspekt betrifft die Gefahr, das autopoietische System der Lex mercatoria zu repolitisieren. 83 Die Gründe, warum dies eine Gefahr sei, führt Teubner nicht aus, doch man kann vermuten, dass er eine Vermischung verschiedener Rationalitäten befürchtet: Wenn die Politik direkt in die Mechanismen der Lex mercatoria eingreift, verliert diese ihre spezifische Funktion und Rationalität, so dass die adäquate Komplexität eines sozialen Systems gefährdet ist. Die Folge könnte eine Krise des gesamten transnationalen Wirtschaftssystems sein.
3. Fragen aus öffentlichrechtlicher Perspektive Mit dem begrifflichen Instrumentarium der Systemtheorie hat Gunther Teubner eine anspruchsvolle Theorie der Lex mercatoria entwickelt und die Diskussion auf eine neue Stufe gehoben. Dieser Leistung gebührt hohe Anerkennung, zumal viele seiner Beobachtungen auch außerhalb des systemtheoretischen Rahmens von erheblichem Erkenntniswert sind. Aber natürlich bleiben einige kritische Fragen offen. Wir konzentrieren uns auf die folgenden Probleme. a) Wesentlich für Teubners Konzeption ist die Annahme der Selbstreferenzialität, also operativen Geschlossenheit, sozialer Systeme: Nur wenn sie selbstreferenziell sind, kann die Aussage tragen, dass die Lex mercatoria als soziales System ihre Geltung nicht von staatlichen Normen oder anderen öffentlichrechtlichen Normen (etwa der Europäischen Union oder aus einem völkerrechtlichen Vertrag) ableitet. Zwar will Teubner nicht die Hierarchie zwischen öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Normen umkehren. Er begnügt sich damit, die Selbständigkeit privatrechtlicher Regime zu betonen. Dadurch kommt er dem Ziel der Befreiung des Privatrechts von der lange andauernden systematischen Unterlegenheit gegenüber dem öffentlichen Recht näher, ohne dabei in die spiegelbildliche Falle einer schwer zu beweisenden Überlegenheit privatrechtlicher Normen zu geraten. 81 Teubner, Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft?, in: Dieter Simon, Manfred Weiss (Hrsg.), Zur Autonomie des Individuums, 2000, S. 437–453, 446 ff. 82 Ebd., S. 440. 83 Teubner, Fn. 50, S. 21 f.
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Die Absage an die Idee einer systemübergreifenden Rationalität führt allerdings zu Defiziten, wenn es darum geht, Normen zu verorten, die rein funktionalistisch nicht adäquat zu verstehen sind und den Anspruch erheben, allgemeine Geltung zu besitzen. Dies gilt insbesondere für Menschenrechte. Dies scheint unzureichend begründet, und es verwundert nicht, dass unter Rekurs auf Teubners Analyse der Versuch unternommen wurde, ein „Weltrecht“ und eine „Globalverfassung“ als formalisierten Ausdruck einer umfassenden, um den Grundrechtsschutz zentrierten lex humana zu konzipieren. 84 Dabei bleibt fraglich, wie diese osmotische Konstruktion mit dem systemtheoretisch fundamentalen Prinzip der operativen Geschlossenheit zu vereinbaren ist. Bei Teubners jüngsten Untersuchungen – insbesondere in seiner Entgegensetzung zwischen „anonymen kommunikativen Matrizes“ und „Personen“ bzw. „Individuen“ 85 – schimmert der systemtheoretisch eigentlich fremde Konflikt zwischen System und Lebenswelt durch. Die systemtheoretisch kohärente Beteuerung, dass zwischen Individuen und Systemen keine Kommunikation, sondern nur Irritationen stattfinden können, 86 erscheint weiter begründungsdürftig. 87 b) Die These der Selbstvalidierung der Lex mercatoria bleibt problematisch. Der Prozess der Kodifizierung der Lex mercatoria, der durch ihre Akteure zur Bestätigung ihres autonomen Status eingeleitet worden ist und systemfremde politische und soziale Instanzen so mit einbezieht, untergräbt das angestrebte Ziel, nämlich die Verfestigung der Autonomie des privaten Rechtsregimes. 88 Kritisch ist weiter das Verhältnis zwischen Lex mercatoria und Völkerrecht, verstanden als international public law. Das Bedürfnis einer besseren Steuerung (governance) der Globalisierung 89 oder gar einer politischen Friedens-, Sicherheits- und auch Gerechtigkeitsvision 90 scheint mit privatrechtlichen Ordnungen nicht befriedigt werden zu können. Es ist bezeichnend, dass dies selbst in der Theorietradition des englischen Libera84 Andreas Fischer-Lescano, Globalverfassung: Verfassung der Weltgesellschaft, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 88 (2002), S. 349–378; ders., Globalverfassung: Die Geltungsbegründung der Menschenrechte, 2005. 85 Teubner, Die anonyme Matrix, in: Winfried Brugger, Ulfried Neumann, Stephan Kirste (Hrsg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 2008, S. 440 ff, insbesondere S. 460 ff. 86 Ebd., S. 460. 87 Zu dem Problem auch Gunther Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit. Kontingenzoder Transzendenzformel des Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), S. 9–36. 88 Vgl. Celia Wasserstein Fassberg, Lex Mercatoria – Hoist with Its Own Petard?, Chicago Journal of International Law 5 (2004–2005), S. 67–82. 89 Vgl. Christian Tietje, Global Governance and Inter-Agency Co-operation in International Economic Law, Journal of World Trade 36 (2002), S. 501–515. 90 Vgl. Pierre Marc Johnson, Creating Sustainable Global Governance, in: John J. Kirton, Joseph P. Daniels, Andreas Freytag (Hrsg.), Guiding Global Order, 2001, S. 245–280; Ulrich Petersmann, From ‚Negative‘ to ‚Positive‘ Integration into the WTO, Common Market Law Review 37 (2000), S. 1363–1382; Mary Ann Tétreault, Robert A. Denemark, Kenneth P. Thomas, Kurt Burch (Hrsg.), Rethinking Global Political Economy, 2003.
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lismus inzwischen erkannt ist: Seit einigen Jahren plädiert die Zeitschrift The Economist, traditionell Verfechter der Freihandelslehre, konsequent für die Stärkung des öffentlichrechtlichen Charakters internationaler Institutionen. 91 Wohlgemerkt: Es ist ein wesentlicher Unterschied zu Luhmann, dass Teubner sensibler für gesellschaftliche Auseinandersetzungen um gerechte Ordnungsmuster ist; dies zeigt sich in seiner Forderung institutionalisierter Responsivität von Systemen gegenüber den Bedürfnissen, Sichtweisen und Interessen der Umwelt. 92 Wir sehen jedoch nicht, wie seine Strategien ohne einen öffentlichrechtlichen Rahmen operativ werden können. 93 c) Diese normativen Grenzen werden noch deutlicher, vergegenwärtigt man sich die systemtheoretische Polemik gegen die „Repolitisierung“ privatrechtlicher Rechtsregime. 94 Letztere zielt auf eine Überwindung sozialer und normativer Fragmentierung im Sinne einer Einheit unter dem Primat des Öffentlichen ab. Im staatlichen Recht drückt sich dieser Primat im Vorrang der Verfassung aus. Dagegen argumentieren die Lex mercatoria-Befürworter, dass der Anspruch des Nationalstaates, der gesamten Gesellschaft eine „Verfassung“ zu geben, der Vergangenheit angehöre. 95 Diese Entwicklung könne weder dadurch kompensiert werden, dass man auf supranationaler oder internationaler Ebene Konstitutionalisierung betreibe, noch durch Institutionen „globaler Innenpolitik“. Eine „Konstitutionalisierung des Völkerrechts“ brächte allenfalls eine Globalisierung des Systems Politik, die aber ohne unmittelbare Auswirkungen auf die anderen Systeme bliebe. 96 Die wegweisende Alternative seien „globale Zivilverfassungen.“ 97 Diese Alternative impliziert allerdings ein neues Verständnis des Verfassungsbegriffs. Eine „Verfassung“, die rein „zivil“, also „privatrechtlich“ ist, verliert den in demokratischer Perspektive wesentlichen Verweis auf eine durch die politische Repräsentation gewährleistete Legitimation. Genau diese Aspekte machen nicht nur die politische Komponente der Verfassung, sondern auch ihre spezifisch öffentliche Dimension aus. Die ihrer politischen und öffentlichen Reichweite beraubte „Verfassung“ schrumpft zu einer bloßen Norm, welche die Normenproduktion regelt. 98 Von den charakteristischen Eigenschaften einer Verfassung behält das privatrechtliche System nur eine ge91 Vgl. nur The Economist, What a way to run the world, 3. Juli 2008. Ähnlich an einem Punkt Fischer-Lescano/Teubner, Regimekollisionen, 2006, S. 155 ff., was theorieimmanent aber nicht stimmig erscheint. 92 Zu Kritik der ‚kritisch-emanzipativen‘ Systemtheorie Niklas Luhmann, Einige Probleme mit ‚reflexivem Recht‘, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 6 (1985), S. 1–18. 93 Vgl. die Rezension der Regimekollisionen von Matthias Goldmann, Verfassung und Recht in Übersee, 2007, S. 377, 380. 94 Fischer-Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 38 f. 95 Teubner, Globale Zivilverfassungen, 2003, S. 12. 96 Ebd., S. 12 f. 97 Ebd., S. 6 f. 98 Ebd., S. 13 ff.
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wisse Stufung der rechtlichen Ebenen, die Anbindung des Rechtssystems an ein spezifisches soziales System und die Unterscheidung zwischen einem formal organisierten und einem spontanen Sektor. Diese Charakteristika erscheinen zumindest in der Tradition des liberaldemokratischen Konstitutionalismus als kaum hinreichend, um ein privatrechtliches System als Verfassung zu deuten. Es ist der Systemtheorie recht zu geben, dass streng hierarchische und unitarische Konzeptionen der staatsrechtlichen Tradition nicht mehr überzeugen. Die Idee eines Primats des „Öffentlichen“, die in der Idee einer demokratischen Verfassung verkörpert ist, führt aber nicht zwingend zu solchen Konzeptionen: In Zeiten post-unitarischer Ordnungsauffassungen muss die Idee vertikaler und autoritativer Hierarchien im Lichte horizontaler und diskursiver Anerkennungsprozesse umgedeutet werden. In der Vorstellung der höheren Normativität des „Öffentlichen“ artikuliert sich die Erkenntnis und Überzeugung, dass soziale Interaktionen durch Normen geregelt werden und werden sollen, die den Prinzipien des liberaldemokratischen Konstitutionalismus genügen. Anders sind eine angemessene Erkenntnis des Sozialen und eine adäquate Interpretation des geltenden Rechts nicht möglich. Doch diese letzte Einschätzung wird im Lichte der fruchtbaren Auseinandersetzung zwischen dem öffentlichen Recht und dem Zivilrecht gewiss streitig bleiben.
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Legal Culture of the World-Society: Local Law and Social Change from the Autopoietic Perspective Lasha Bregvadze
I. Introduction When Gunther Teubner started to deconstruct the basic concepts of normative jurisprudence and developed sophisticated theories within the empirically dominated field of modern sociology of law, it came out as an irritation for orthodox legal science and even for mainstream socio-legal studies. But this irritation has ultimately had only positive effects on the development of current sociology of law, by stimulating mutual criticisms between leading modern socio-legal theorists and empiricists. Moreover, Teubner managed to create his own vision of socio-legal empiricism,1 based on the practical application of the theory of legal autopoiesis. This essay is an attempt to examine the concept of legal culture, one of the most empirical concepts within legal sociology, from the autopoietic perspective and also proposes the functional definition of the concept of legal transfer based on the theoretical constructions developed by Gunther Teubner.
II. The Theories on Legal Culture The concept of legal culture, without looking at its theoretical incoherence, vague character and contradicting interpretations of its analytical and descriptive meanings, is a crucial concept for the sociology and anthropology of law. The concept of legal culture was introduced to socio-legal debates at the end of the 1960s through the works of Lawrence Friedman, however it has a long historical tradition starting from Friedrich Karl von Savigny, the famous opponent of the increasing codification processes in the nineteenth1 G. Teubner (1995), “Wie Empirisch ist die Autopoiese des Rechts”, in: R. Martinsen (Hrsg.), Das Auge der Wissenschaft: Zur Emergenz von Realität, Baden-Baden: 137–155; J. Paterson and G. Teubner (1998), “Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis”, in: Social and Legal Studies, 7 (4): 451–486.
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century Germany, who pointed out the importance of “the spirit of the people,” the “Volkgeist,” that was governing everyday legal interactions between people and constructed infrastructural legal orders. Thus, for Savigny all law was an expression of the “Volkgeist,” stemming from and serving the values of the human beings. Later, Oliver Wendell Holmes, one of the founders of the sociological jurisprudence expressed the same assumptions, describing official law as culturally determined and bound. 2 Among the many versions of the “modern” concept of legal culture the most popular and widely used definition belongs to Lawrence Friedman, who defines the concept as “those parts of general culture – customs, opinion, ways of doing and thinking – that bend social forces toward or away from the law and in particular ways.” 3 He introduces the distinction between internal and external legal cultures, the former characterizing the legal professions and legal institutions, and the later – the wide social structure, the population at large. According to Friedman, it is possible to speak of legal cultures of different social groups, institutions, professions, nations and even states. Legal culture, for Friedman, also has a temporal or developmental dimension as he introduces the concept of the modern legal culture, characterizing the Western industrial societies. 4 Erhard Blankenburg offers his account of legal culture, claiming that this concept should integrate and include all forms of distinct discursive ways of law, various layers of: “ideas and expectations of justice (sense of justice – or law in the heads); the doctrine of major families of legal systems (law in the books); the framework of institutions for legal training, legal profession, courts and their procedures (law as a set of institutions); their way of actually working (law in action); and the degree of trust of People in them, their attitudes and opinions with respect to law and justice (opinions about law – or law in polls)”. 5 Blankenburg also makes considerable contribution to constructing an empirical research agenda for different national legal cultures. He understands legal culture not merely as an analytical, but rather as concrete, measurable phenomena. He therefore looks for different indicators of legal culture and tries to measure different national legal cultures through the comparison of civil litigation rates. According to him, infrastructural legal institutions and practices play a decisive role in forming the national characteristics of legal cultures. 6 R. Cotterrell (1992), The Sociology of Law: An Introduction (2 nd edition), London: 21. L. M. Friedman (1987), The Legal System: A Social Science Perspective, New York: 15. 4 L. M. Friedman (1994), “Is There a Modern Legal Culture?”, in: Ratio Juris, 7 (2): 117–131. 5 E. Blankenburg (1999), “Legal Culture on Every Conceptual Level”, in: J. Feest (ed.) Globalization and Legal Cultures (Oñati Papers: 7): 11–19, 12. 6 E. Blankenburg (1997), “Civil Litigation Rates as Indicators for Legal Cultures”, in: D. Nelken (ed.) Comparing Legal Cultures, Aldershot: 41–68. 2 3
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Susan Silbey distinguishes between legal culture and legal consciousness. She admits, that “legal culture refers to an aggregate level (macro or group) phenomenon; legal consciousness usually refers to a micro level of social action, specifically the ways in which individuals interpret and mobilize legal meanings and signs.” 7 Thus, legal cultural analyses should be oriented to more general patterns of legal character in society, while legal consciousness studies should describe individual perceptions of the legal system. But those micro and macro phenomenon of legal life are undoubtedly connected and even constitute each other. Roger Cotterrell claims that the concept of legal culture lacks rigor and it is incoherent both for theory construction and empirical elaboration. For him, this may be caused by the conceptual problems connected with the use of the general concept of “culture” itself. 8 As the concept of legal culture seems for him of a limited utility, as it embraces somehow unclear and disparate phenomena, Cotterrell offers to replace it with the notion of legal ideology, which can be considered to be closely related with legal doctrine and provides a more specific idea about the sources and mechanisms of its creation. Against this criticism, Friedman clarifies that the concept of legal culture still has its value and utility, as it helps to define and understand general public attitudes towards law and explains the processes of legal change caused by socio-political and economic transformations. Last but not least, the concept of legal culture stresses the importance of legal processes and social influences within the society whereas legal ideology suggests the importance of merely formal legal doctrine and legal institutions for constructing and conducting the general attitudes towards law. The above-mentioned conceptions of legal culture still leave some unanswered questions. In particular, these conceptions tell us nothing about the function and functioning of the legal culture itself. If legal culture exists in its diverse forms within the different structures of social life, so what is its function, determining and justifying its existence? The discussed approaches also tell nothing about some other important issues, namely: what kind of relationships or interdependencies exist between the legal, economic, political, religious and other functionally fragmented forms of culture? What is the reason for cultural pluralism in the sense of functionally diversified forms of culture? What are the interactions, influences and effects of those functionally different cultural spheres upon each other? How and why does legal culture influence the process of legal change in the sense of legal transplantation? How does local law meet different legal interactions and pertur7 S. Silbey (2001), “Legal Culture and Legal Consciousness”, in: N. J. Smelser and P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Volume 13, Amsterdam: 8623–8629, 8624. 8 R. Cotterrell (1997), “The Concept of Legal Culture”, in: D. Nelken (ed.), Comparing Legal Cultures, Aldershot: 13–31, 14.
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bations which occur in the form of transferring, borrowing, or imposing the foreign legal modes from a different social environment? Why are some transfers rejected and others accepted and what is the role of the legal culture in these operations within the functionally differentiated legal subsystem? Can legal transfers be considered to be internal and self-referential operations of the legal subsystem and in which cases? The next part of the paper represents an attempt to answer these questions using the theory of legal autopoiesis. The functional differentiation of the global society and the fragmentation of world culture, also inquires into the functional characteristics of legal culture will be used for developing and generalizing the arguments. But first, the concept of global culture has to be discussed.
III. Global Culture in the Global Society The contemporary world is becoming increasingly global. The globalization dynamics not only influences production processes of the modern economics and the regulatory potential of the polity, but also the local cultural domain itself. Even the culture becomes increasingly global and is encompassed by the worldwide dimensions, demands and influences. Luhmann’s innovative idea about the emerging world-society9 introduced as early as 1971 and counted as a “myth” for a long period, is now an empirical reality, stimulating the emergence of “new myths” about global culture, advocated notably by Wallerstein 10, Robertson 11 and Meyer.12 According to the new developments in social theory, “world culture refers to the cultural complex of foundational assumptions, forms of knowledge, and prescriptions for action that underlie globalized flows, organizations, and institutions.”13 Featherstone comments that there can be no sense of global culture if it is understood as the culture of the nation-state globalized on a worldwide level. But the concept of global culture attains its greatest significance if used to mean the transnational processes that occur above the nation-state
9 N. Luhmann (1971), “Die Weltgesellschaft”, in: Archif für Rechts- und Sozialphilosophie, 57 (1): 1–35. 10 I. Wallerstein (1990), “Culture as the Ideological Battleground of the Modern World System”, in: M. Featherstone (ed.), Global Culture: Nationalism, Globalization and Modernity, London: 31–55. 11 R. Robertson (1992), Globalization: Social Theory and Global Culture, London. 12 J. W. Meyer (2005), Weltkultur. Wie die westlichen Prinzipien die Welt durchdringen, Frankfurt (übersetzt von B. Kuchler). 13 J. Boli and F. J. Lechner (2001), “Globalization and World Culture”, in: N. J. Smelser and P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Volume 9, Amsterdam: 6261–6266, 6261.
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level.14 Those are the processes which accompany the exchange and flow of media, pop-culture, and commodities and people themselves, attaining considerable worldwide autonomy and stability. It follows that transnational processes are creating a unified cultural domain of their own, dominated by socially approved and accepted values and attitudes. The neo-institutional approach stemming from organizational sociology, especially developed by John W. Meyer, advocates an original conception of world culture as being constructed through the rational actions of international organizations. According to Meyer, “modern world society is filled with eager participants in the formation of universalized global culture.” 15 Based on his observations about how different international organizations, predominantly nongovernmental entities, are expanding western ideologies and standards worldwide, Meyer develops the concept of world polity, implying the totality of dominant perceptions, attitudes, and models of social reality, stemming from western rationality. Meyer considers organizations (including the state as a form of organization) as the principle actors that construct world-scale social dynamics and global culture. He outlines the principles of organizational legitimacy and rational institutional regulation in every possible social action and in such diverse social fields as educational reform or environmental policy.16 But contrary to this influential argument, it has to be mentioned that institutions are merely one of several and not the exclusive form of social system, which is also represented by the forms of social interactions and functionally differentiated social subsystems. While Meyer describes world culture as a creature of organizational activities and rational institutional patterns, he excludes the wide variety of processes and sources that are based on global social interactions and the worldwide functional communications emerging within the functional subsystems of society. It is undoubtedly true that organizations based on institutional rationality are the important players in constructing the world culture of the modern society, but together with other forms and possibilities of social action which are stemming from diverse societal interactions and functional subsystems of the global society. The different theories of world culture also give different explanations for the internal logic of global developments. In Wallerstein’s conception of the world system the decisive factor for globalizing the culture is seen in economic rationality. Other theories attribute paramount importance to 14 M. Featherstone (1990), “Global Culture: An Introduction”, in: M. Featherstone (ed.), Global Culture: Nationalism, Globalization and Modernity, London: 1–14, 1. 15 J. W. Meyer (2000), “Globalization: Sources and Effects on National States and Societies”, in: International Sociology, 15 (2): 233–248, 240. 16 D. J. Frank, A. Hironaka, John W. Meyer, E. Schofer and N. B. Tuma (1999): “The Rationalization and Organization of Nature in World Culture”, in: J. Boli and G. M. Thomas (eds.), Constructing World Culture, Stanford: 81–99.
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worldwide political processes.17 Accordingly, modern cultural theories posit that the development of global cultural processes is conducted by one of the dominated social subsystems, be it mostly politics or economy. Unfortunately, there can be found no theories about global culture based on the logic of internal self-organization and functional differentiation of the world-society. And that is where the theory of autopoietic systems can help to construct an alternative vision of the cultural theory sustained by mechanisms of functional differentiation and self-reproduction. Special mention has to be made of the discourse of world culture emerging from the current debates within systems theory. Rudolf Stichweh, describing the basic features of modern world-society, raises the crucial question about the possibility of the existence of world culture. He introduces the concept of cultural contingency, implying the existence of different cultural forms. Stichweh, discussing the idea of correlation between national cultures and transnational culture, lays out three possible ways for conceiving of world culture from the standpoint of systems theory: first of all world culture can be described as mutual inclusion of partial cultures; second, it can be conceived as a repertoire of loosely coupled possibilities and third, world culture can be thought of as minimal or meta-culture that can obtain different grades of generative power.18 The multiplicity of perspectives within systems theory demonstrates the potential strength and flexibility of this perspective for emerging cultural analysis. Dirk Baecker develops a sophisticated and rich project for approaching the concept of culture from the systems-theoretical perspective. His observations about the concept of culture enrich the semantic treasure of this indefinable phenomenon. Baecker proposes to conceive culture paradoxically as the second order concept, being impossible to be defined on the first order of observations and defined on the second order by the impossibility of its definition.19 He also attributes a temporal, evolutionary dimension to the concept of culture and distinguishes between antic, modern and postmodern cultural forms. Baecker admits quite explicitly that culture cannot be described as a system but also points out that it exists in the form of social communication. 20 Culture, according to him, is the closure of the society, excluding the third values that endanger the security of the closed binary codes of the functional subsystems. Baecker also develops the idea of self-reproduction of culture, and even discusses the possibility of attaining a certain structure by culture, in the sense of its self-distinction from the structures of society. In this sense, culture can be conceived as a fact which 17 R. Robertson and F. Lechner (1985), “Modernization, Globalization and the Problem of Culture in World-Systems Theory”, in: Theory, Culture and Society, 2 (3): 103–118. 18 R. Stichweh (2000), Weltgesellschaft, Frankfurt: 20. 19 D. Baecker (2001), Wozu Kultur? Berlin: 33. 20 Ibid. 105.
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is socially observable. Baecker presents an original definition of modern culture being formatted as the societal memory, which provides society with important resources for observing the societal communications. By doing so, world-society manages to overcome the cultural divergences and maintain societal integration. Under the above-mentioned circumstances, the culture of the world-society exists for Backer exclusively in the sense of contingency culture. 21
IV. Luhmann and Teubner on (Legal) Culture The theory of autopoietic social systems, developed by Luhmann and Teubner, provides a general theoretical framework for the whole structure of modern society. However, it is difficult to locate in this theory one of the most important parts of society – culture. Luhmann does not explicitly recognize culture as one of the functionally differentiated subsystems of modern society. But, in the classical systems theory, developed by Talcott Parsons, culture is one of the social systems playing an important role for the societal evolution. Parsons recognizes the conceptual problems of the term culture, which cannot be clarified by the anthropology itself, but still gives three basic characteristics of the concept: [F]irst, … culture is transmitted, it constitutes a heritage or a social tradition; secondly, … it is learned, it is not a manifestation, in particular content, of man’s genetic constitution; and third, … it is shared. Culture, that is, is on one hand the product of, on the other hand a determinant of, systems of human social interaction. 22 For Parsons, culture is a decisive component of orientation not only for social action and individual structure, but also for systems dynamics themselves. Culture, in his understanding, consists of patterned or ordered systems of symbols which are objects of the orientation of social action. In his different works Parsons constantly stresses the importance of culture for the constitution of modern society and social evolution in general. 23 Luhmann’s contemporary social theorist and his intellectual “opponent” Jürgen Habermas also grants a significant role to the concept of culture. According to Habermas, there exist three structural components of the lifeworld: culture, society and personality, which are differentiated to a great 21 D. Baecker (2008), “Zur Kontingenzkultur der Weltgesellschaft”, in: D. Baecker, M. Kettner and D. Rustemeyer (Hg.), Über Kultur. Theorie und Praxis der Kulturreflexion, Bielefeld: 139–162. 22 T. Parsons (1968), The Social System, New York: 15. 23 T. Parsons (1977), The Evolution of Societies, New Jersey: 115.
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extent in a modern world. 24 Culture receives somewhat a constitutive nature for the contemporary life-world in Habermas’ theory. Indeed, Luhmann does not pay particular attention to this concept, mentioning it only unsystematically in his different works. This fact proves that he does not exclude culture from his theory, but he does not specially locate it within his theory. In his book “Art as a Social System” Luhmann is quite critical about the concept, however he mostly deals with it in the domain of art, thus criticizing the concept of high culture, rather than dealing with the general concept of culture. But in one of his late papers Luhmann writes: Society produces culture – memory – and its culture will decide whether distinctions and indications may be communicated as natural (not artificial), as normal (not pathological), and necessary or impossible (not contingent). 25 The following quotation is clear evidence, that for Luhmann the concept of culture has a great significance. In the given paper he also mentions the plurality and differentiation of culture in modern society, thus provoking further contradictions and enigmas. In another of his late essays, Luhmann describes culture as a historical concept bearing the function of a memory for social systems. 26 Therefore, it seems that the concept of culture has great importance in Luhmann’s theory. But if so, where is the place of culture in his theory? How can culture be located within the functionally differentiated world-society? A focus on the concept of legal culture will answer this crucial question. Luhmann himself, in his major book on law, mentions the concept of legal culture many times, thus providing with a kind of “latent permission” for a further elaboration of the concept within his theory. He not only uses the concept of legal culture, but also admits the existence of the global legal culture, stating: In relation to comparative law one can observe a rudimentary development of a global legal culture that allows for a wide range of differences but which is nevertheless committed to its own (legal) standards and which rejects any interference from outside. 27
24 J. Habermas (1992), Faktizität und Geltung: Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt: 77. 25 N. Luhmann (1995), “The Paradoxy of Observing Systems”, in: Cultural Critique, 31: 37–55, 47. 26 N. Luhmann (1995), “Kultur als historischer Begriff”, in: Gesellschaftsstruktur und Semantik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Frankfurt, Band 4: 31–54, 47. 27 N. Luhmann (2004), Law as a Social System, translated by K. A. Ziegert, Oxford: 56.
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In “Das Recht der Gesellschaft” Luhmann mentions the concept of legal culture in many and different dimensions: he speaks about the European legal culture, which was developed through the achievements of Roman civil law. 28 He also mentions legal culture in a historical context, which existed before the codifications and was the condition of legal validity. 29 He also presupposes the existence of an elaborate contemporary legal culture. 30 What is most important is that Luhmann admits the autonomous character of the legal culture and its differentiation from morality and other social domains, stating: More than anywhere else, the forms of permissible argumentation and their limitations, however formalistic and traditionalist, reveal the differentiation of the legal system. The differentiation of legal proceedings is only a condition for the potential of evolution. The specification of the way in which arguments refer to legal materials in the legal system is the true carrier of the evolution of the legal system and the breakthrough to an autonomous legal culture, which can then even be differentiated from morals, common sense, and the everyday use of words. 31 Luhmann seems to be quite reluctant about the traditional differentiation of the legal culture according to civil law and common law distinctions. Such a point can serve as a presupposition of the existence of global legal culture: “However, the difference between the legal cultures of continental European law and the common law should not be overestimated. Obviously, in the common law world one also has to deal with problems of statutory interpretation, and in continental European law argumentation is required to present reasons for the ever new, ever different decisions in cases.” 32 The differences between different national legal cultures is seen by Luhmann as a consequence of the regional differentiation of law which, due to the global character of contemporary social discourses looses its importance: “The positive side of law, that is, differences between different ‘legal cultures’ in relation to norms and styles of interpretation, is not sufficient for a comparative sociology of law.” 33 Luhmann even speaks about the “stateless legal culture,” which had been developing without reference to the state or official legal orders. 34 As to Teubner, in one of his influential and much debated papers, dealing with the irritation caused by legal transplantation between different national 28 29 30 31 32 33 34
Ibid. 172. Ibid. 237. Ibid. 238–239, 246. Ibid. 248. Ibid. 325. Ibid. 478. Ibid. 482.
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legal cultures, he discusses the “multiplicity of global cultures” caused by globalization processes and “double-fragmentation of world-society into functionally differentiated global sectors and a multiplicity of global cultures.” 35 In this paper, together with legal culture, Teubner mentions political, economic, academic, and aesthetic cultures. 36 Teubner also admits that legal culture has a significant role to play in autonomous legal evolution as it maintains the function of stabilization of legal processes and developments. 37 According to Teubner: Legal decisions in concrete proceedings make reference to recursively culturally stabilized legal rules which have been shaped by recursive reference to other concrete proceedings. On the other hand, we have the initial starting point for new legal developments within the sphere of legal culture. 38 As to the concept of general culture itself, Teubner, in his main opus on law as an autopoietic system, openly admits (maybe somewhat mechanically) that culture is one more functional subsystem of the world-society: “… [w]hat is the role of law in conflicts between various social subsystems, be they functional subsystems (politics, economy, family, religion, science, culture), formal organizations, or specific forms of interaction? Here the main problem is whether a translation of the conflict into the legal code is desirable at all”. 39 This position is also repeated further in the context of contractual conflicts, when Teubner defines the domain of social spheres: “… [c]onflicts between the contract and other social spheres appear on the ‘societal level’. By ‘other social spheres’ he means functional social subsystems such as politics, the economy, the family, culture, and religion. The individual ‘private’ contract is interwoven into these in a complex way. As their function becomes increasingly differentiated, so they become increasingly autonomous.” 40 As demonstrated, the founders of the theory of legal autopoiesis quite openly admit and use the concepts of general culture and legal culture in particular, contrary to the claims of their “culturalist” opponents, who think that this theory excludes the concept of legal culture. Hence, all that is needed is a more systematic elaboration of the concept of culture within 35 G. Teubner (1998), “Legal Irritants: Good Faith in British Law or How Unifying Law Ends up in New Divergences”, in: Modern Law Review, 61: 11–32, 13. 36 Ibid. 15. 37 G. Teubner (1988), “The Evolution of Autopoietic Law”, in: G. Teubner (ed.), Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society, Berlin: 217–241, 232. 38 Ibid. 235. 39 G. Teubner (1993), Law as an Autopoietic System, translated by A. Bankowska and R. Adler, Oxford: 109. 40 Ibid. 121.
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autopoietic theory, as the theory itself really “allows,” presupposes, and even provokes such a rethinking and reconstruction of its reflexive constructions.
V. Legal Culture vs. Autopoietic Law in the Socio-Legal Debates In the current socio-legal literature there are at least three works that deal more or less directly with the interaction of legal-cultural and autopoietic discourses. Those are the essays by Michael King, 41 David Nelken 42 and Roger Cotterrell. 43 King discusses the implications of autopoietic theory for the study of cross-border legal comparisons, especially that of legal cultures. According to him, comparatists are reluctant towards application of autopoietic theory with its insistence on the normative closure of the legal system. Indeed, autopoietic theory, with its claim that law is a global, universal subsystem of society, may seem to be inconsistent with the comparative lawyer’s main subject-matter which is based on searching for similarities and divergences in the different legal systems of the world. And it is even more difficult to attribute the same features to culture. Understanding the plurality and diversity of modern societies with their different and diverging cultural grounds and attitudes, also taking into consideration a conventional sociological and anthropological literature, it seems impossible to elaborate the “closed” conception of culture based on communicative and self-referential processes. In modern society there is also a problem of national and transnational interactions, so the existence and even domination of national cultural networks seems still strong in contemporary social systems. Thus, it becomes difficult to attribute a global meaning to the notion of culture. Also, the term culture itself has many and sometimes divergent meanings in different social sciences. Its substance can also be differentiated into legal, economic, political and other cultural units that bear the characteristics of respective social systems. As King notes, “[t]he term ‘culture’ may make sense within the political, legal, religious or artistic systems of communication, but the meaning attributed to the term by each of these systems is likely to be very 41 M. King (1997), “Comparing Legal Cultures in the Quest for Law’s Identity”, in: D. Nelken (ed.), Comparing Legal Cultures, Aldershot: 119–134. 42 D. Nelken (2001), “Beyond the Metaphor of Legal Transplants?: Consequences of Autopoietic Theory for the Study of Cross-Cultural Legal Adaptation”, in: D. Nelken and J. Priban (eds.), Law’s New Boundaries: The Consequences of Legal Autopoiesis, Aldershot: 265–301, 289. 43 R. Cotterrell (2003), “Comparatists and Sociology”, in: P. Legrand and R. Munday (eds.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, Cambridge: 131–153.
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different.” 44 But King does not discuss his claim in depth: yes, the notions of legal, political, economic, religious and other forms of culture have different meanings, but why? Indeed, if the concept of legal culture within autopoietic theory could be elaborated, the possible answer could also be found: it is the function of the different social subsystems that give different meanings, purposes, and even forms to the different cultural units. Functional differentiation occurs not only within modern society, but also within modern culture. Though the concept of culture is vague, unsystematic and internally divergent that does not mean that it has to be excluded from the systems-theoretical discussions. King even mentions the possibility of the existence of functionally differentiated cultural subsystems, but still rejects this point because of the inherent indeterminacy of the concept of culture: If a legal culture can be said to exist, then why not a political culture, a scientific culture, a religious culture and so on? If all this ‘cultures’ can be seen to coexist, how are their boundaries defined and what kinds of relationships may they have with one another? The reason that it is impossible to answer these questions in a satisfactory manner and why divisions of the world into different cultures cannot be taken seriously can be found in the inherent indeterminacy of the notion of ‘culture’. This, unlike the autopoietic concept of ‘communicative system’, is simply impossible to define in a manner which would satisfy the demands of rigorous sociological observation or empirical research. 45 Thus, King not only accepts the notion of culture within autopoetic theory, but he is also critical of the general concepts of political, scientific, religious cultures. The existence of cultural domains, cultural units within the different, functionally differentiated spheres of society is a simple fact, and asking why political, scientific, religious cultures cannot exist seems just illogical. The only question should be how, that is in which form do those thematized cultural units exist? How are they differentiated from each other and from the society in general? Unfortunately, King, while trying to work with an anthropological concept of legal culture, pays too much attention to the national variations of legal cultures and rejects to recognize and to elaborate the general concept of legal culture within autopoietic theory. Nelken, while trying to find the logic and conceptual clarity in the legaltransplants debate, asks whether autopoietic theory contains a potential to capture what is special about the law facing another culture. He argues that according to autopoietic theory, culture can be considered only as a global 44 45
M. King (n. 41), 125–126. M. King (n. 41), 126–127.
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unity, when the national differences in legal cultures have lost their importance. According to autopoietic logic and the dynamics of modern social development, where the reproduction of social values and rules have attained considerable autonomy, the cultural aspects of the modern life should be detected in the fragmented subsystems of global society itself and not in the national varieties and networks. Still, national differences and namely national legal cultures have a decisive role to play in cross-border legal interactions and transplantations. Analysing Teubner’s conception of legal irritants, Nelken refers to his text pointing out that national divergences do not have such a strong importance for legal transplants. Following autopoietic theory, legal transplants operate within the one subsystem of the global law, which makes it easy and flexible to communicate and implement legal innovations across national-geographical borders and territorially differentiated societies. Nelken is still concerned with divergences between different national legal cultures and thinks that autopoietic theory is limited in its ability to grasp and explain those differences using its own theoretical construction: … [H]ow far can legal cultural differences realistically be (re)formulated in terms of autopoietic theory? Seeing legal culture as an ‘episteme’ makes it similar to other societal discourses (as opposed to seeing legal culture for example as legal behaviour or litigation rates). But autopoietic theory would seem to be unable to recognise differences between legal discourses in different cultures except as differences between law and other social communications. 46 But why should autopoietic theory be really interested in those national differences? National and geographical variations are not the subject matter of universal systems theory, which tries to construct the global societal spheres on the basis of functional and not national or anthropological divergences. Reviewing Teubner’s and Legrand’s debates on legal transplants, Nelken makes a negative statement on the possible interdependencies and interactions of legal culture and autopoietic law. In his most recent comments on the concept of legal culture Nelken tries quite explicitly to capture inconsistencies between the discourses of legal culture and legal autopoiesis. 47 He criticizes the systems theory from the cultural perspective pointing out that “it is difficult to accept Luhmann’s systems theory of law, which tries to posit a constant relationship between the legal and other social subsystems in all modern societies. Empirical investigations suggest rather important differences in the way one conceives and D. Nelken (n. 42), 285. D. Nelken (2006), “Rethinking Legal Culture”, in: M. Freeman (ed.), Law and Sociology, Oxford: 200–224, 209. 46 47
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lives law, even within Europe.” 48 But these criticisms may seem misleading as they misinterpret the core elements of autopoiesis theory. In fact, Luhmann does explicitly accept the local variations of culture, especially in his later writings. 49 Cotterrell, analysing the relationship between comparative law and legal sociology, admits that legal culture has a great importance for successful transplantation of law. Referring to the divergent conceptions of legal culture, he pays special attention to the one proposed by Pierre Legrand, 50 which is of “extra” autonomic, anthropological and locally bound character. On the basis of Legrand’s discussions, Cotterrell speaks about the possibility of operative closure and other autopoietic features of legal culture: Just as autopoiesis theory encourages us to see law as immune from direct external influence because of its impenetrability as a normatively self-sufficient discourse, so a focus on legal culture as an all-embracing mentalité can suggest similar immunities. In both cases, the suggestion of immunity is not necessarily empirically warranted but is the result of presenting a vast diversity of contingently related phenomena as if it were a complex, rather solid unity. In autopoiesis theory, law’s very diverse forms of knowledge, reasoning and practice are presented as a single, unique discourse. Similarly, in some conceptions of legal culture, the aggregate of extremely diverse elements of experience that might, taken together, be labelled as ‘culture’ is treated as though it were an integrated unity capable of resisting other cultures, conceived as opposing unities. 51 But Cotterrell does not develop this argument further and leaves his readers with unanswered questions and further provocations. Anyway, in this piece he admits a kind of autopoietic closure on the national level that is autonomy of national legal cultures. Thus this micro approach cannot be helpful for constructing the macro perspective – autopoietic closure not (only) of the national, but of the global legal culture. However, when analyzing autopoietic theory in his earlier manual on the sociology of law, he also mentions culture while referring to the other func48 D. Nelken (2007), “Legal Culture”, in: D. S. Clark (ed.), Encyclopedia of Law and Society: American and Global Perspectives, Thousand Oaks: 369–375, 374. 49 For example in his masterpiece – Die Gesellschaft der Gesellschaft – summing up his theoretical constructions, Luhmann quite explicitly gives his understanding of the concept of culture: “Culture is then a sort of expressive form of the world vision fixed within the society that can take different forms in different societies. Culture is therefore, as often described, a learned behaviour. The concept of culture implies cultural comparison and historical relativism and self-location of the own culture in this context”. See: N. Luhmann (1997), Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt: 881. (Translation is mine). 50 P. Legrand (1996), “European Legal Systems are not Converging”, in: International and Comparative Law Quarterly, 45: 52–81. 51 R. Cotterrell (n. 43), 150.
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tionally differentiated social subsystems. Cotterrell states: “[law] transforms all signals from its environment – economic, scientific, technological, cultural or political events, developments and demands – into its specific terms.” 52 He repeats this point on the next page, naming the cultural subsystem as the “knowledge field” together with science and politics. 53 As demonstrated, in Cotterrell’s writings culture is seen either as one of the operationally closed subsystems of society, or as nationally autonomous, autopoietic unit. Anyway, he does not show any special interest for analysing the notion of culture in depth within the theory of operationally closed social systems. It seems that the elaboration of the concept of legal culture within autopoietic theory might be of a great importance not only for theoretical, but also for empirical reasons. The possible outcomes of the given elaboration might serve as a means to better understand the conditions of the failure and the success of legal transplants. It is crucial to know when and how the legal culture is normatively closing and cognitively opening its internal mechanisms and learning capacities for stimulating and managing the process of legal change or rejecting the normative interference from the environment. But certain empirical arguments are necessary for making this theoretical assumption plausible.
VI. Arguments for Elaborating the Concept of Legal Culture within the Autopoietic Theory The basic arguments provoking the elaboration of the concept of legal culture within the theory of legal autopoiesis might be described as follows: 1. The formation of theoretical and empirical discourse on global culture, alongside with that of global society, and the observable processes of socio-cultural evolution in a globalized world: in modern conditions culture and society are being developed simultaneously according to global social interests and functional requirements; 2. Functional differentiation, fragmentation of the general, global culture into the specialised cultural entities: due to modern social realities, the different, functionally fractured cultural domains can be distinguished (legal culture, political culture, economic culture, academic culture, religious culture, etc.); 3. Normative closure and cognitive openness of the legal culture, both on the local and global levels, which are especially visible during the process of legal transplantation, when a certain new legislative act or legal insti52 53
R. Cotterrell (n. 2), 300. R. Cotterrell (n. 2), 301.
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tution is being transplanted from one cultural space to another, and because of the cultural diversity and functional problems the given legal transfer is ineffective and obtains only certain symbolic character or in the case of pure legal evolution is socially accepted and integrated into the local context; Together with their normative, operational closure, the possibility for a cognitive openness of the fragmented cultural entities: the mutual interactions between different cultural subsystems through the cognitive communication, that enables them to receive and elaborate relevant information and in doing so, to influence each other indirectly, on an informational level; Coding not only of the social subsystems, but also of the cultural entities respectively: it is possible to assume that not only the social subsystems (in our case the law), but also cultural sub-entities of the general culture (including the legal culture) are coded in binary dimensions so that to fit their corresponding societal subsystems and operate under their logic; Increasing the process of the formation of global legal (as well as economic, political …) culture, which consistently weakens the importance of cultural diversity on the local levels. The process of formation of global legal culture is being stimulated by the increasing development and influential position of global legal institutions and transnational legal orders, which among many others, include lex mercatoria, WTO law, ICANN regulations, that exist beyond the control mechanisms of the official law of nation states; The important role of legal culture (and not mainly political, economic factors) in the process of legal change: one of the central issues of the theory of legal autopoiesis has always been legal evolution, a phenomenon undoubtedly connected with the cultural grounds of societies.
VII. Location of Legal Culture within the Theory Legal Autopoiesis Taking into consideration the basic assumptions of systems theory and the above-mentioned arguments, there are three possible ways of locating the concept of (legal) culture within the theory of social autopoiesis, namely: 1. Culture, as an independent, functionally differentiated subsystem of society, containing multiple cultural units (legal, political, economic, religious … cultures). In this case, culture could be regarded as one more autopoietic subsystem of society, a normatively closed but cognitively opened entity. Problems with this model: such a model can assume the duplication of the functions of social and cultural subsystems and even reduce the importance of the global culture, taking this global unity as merely one more function-
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ally differentiated component of the global society. Also, it seems quite difficult to consider the global culture for such an autopoietic element of the global society, as the other social subsystems, with their strictly defined boundaries and fragmented social communications. That is why this model does not seem to be productive for the elaboration of the concept of culture within autopoietic theory. 2. Global culture, as a basic environment of the global society, functionally differentiated according to the social subsystems. In this case, global society and global culture could be conceived as different global units corresponding to each other through functionally differentiated subsystems and subcultures (law – legal culture, economy – economic culture, politics – political culture …). Problems with this model: According to this model, global society and global culture represent independent, re-differentiated unities thus constructing global environments for each other. But by accepting this model one can establish quite a radical view of the differentiation and separation of culture from the society. Also, there is some danger concerning the duplication of social and cultural communications in the same domains that does not match to the original construction of the theory of autopoietic social systems and proves why this model does not seem to be promising either. 3. Culture organically, reflexively diffused within functionally differentiated, corresponding social subsystems: the autopoietic subsystem of law containing legal culture, politics – political culture, economy – economic culture, etc. In this model the specialized, fragmented cultural space is contained within each corresponding subsystem of the world-society. The desirability of this model: according to the following structure, legal culture is organically diffused within the boundaries of the autopoietic subsystem of law, enriching legal communications, based on the positivity of law (the unity of legal acts, legal norms, legal doctrine, legal procedure), with specific cultural values and dimensions. That is the model that might clearly demonstrate how cultural elements fill in and enrich the domains of corresponding social subsystems. This given model also clearly and originally illustrates the causal interdependence and specific interactions between society and culture in general. This construction could also make it possible to avoid considerations of culture as a system that really opposes the flexible, flowing, and diffuse nature of culture itself. It can also help to avoid the separation of culture from society, thus demonstrating the close ties between societal and cultural domains. Thus, according to this model, legal culture is one of the components (among other positive, communicative elements) of the legal subsystem that can explain the already mentioned autopoietic features of the legal culture. And culture in general, is functionally diffused within the corresponding autopoietic subsystems resulting in global culture being diffused within the global society without being the corre-
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sponding global counterpart. Last but not least, the discussed model might also demonstrate that culture is an element of society and not the contrary. The third possibility makes it comparably easy to locate culture in differentiated social subsystems, and, as a result of this, in society, without causing problems of functional duplication, coding or contradicting the basic principles of the theory. The diffusion of culture within autopoietic social subsystems clearly explains its reflexive character and avoids unnecessary attempts to deal with it as with system of communication, an independent autopoietic unit, or a generalized social entity, corresponding to the global society. Also, the third version makes it plausible to interpret the possible reasons for some autopoietic features of culture (its internal functional fragmentation, structural coupling with differentiated cultural units, self-reference and self-reproduction, cultural closure and openness): culture is an unseparable part of society, reflexively diffused in its every subsystem, thinking, learning, acting, influencing and being influenced together with them. The concept of socio-cultural evolution means exactly the same – co-existence and co-development of society and culture. And it is also the fact that culture is the part of society, not the contrary. 54
VIII. Where the Legal Culture matters: Legal Transfers in the World Society All law is transplanted. It is probably not possible anymore in a contemporary world to identify the legal form, origins of which could not be detected. Law is constantly changing. And only new legal forms are changing old ones – a perfect example of an autopoietic self-reproduction of the legal system! The reasons for increasing legal transplantation processes can be found in many aspects of modern life. One can distinguish between legal exports to 54 The collection of essays in German – G. Burkart und G. Runkel (eds.), Luhmann und die Kulturtheorie, Frankfurt – analyses the interactions of the cultural and autopoietic perspectives and somehow even accepts the possibilities of elaborating the concept of culture within the Luhmann’s systems theory. In the essay by Burkart a similar point is made: the author advocates for the elaboration of the concept of “cultures of the subsystems” (Kulturen der Teilsysteme) and not “the subsystem of culture” (Kultur als Teilsystem), but he does not elaborate further the possible models and consequences of this innovation and does not solve the problem of location of culture within the autopoietic theory (See G. Burkart (2004), “Niklas Luhmann: Ein Theoretiker der Kultur?”, in: G. Burkart und G. Runkel (Hrsg.), Luhmann und die Kulturtheorie, Frankfurt: 11–39, 28). Also the other collection of essays in German (See A. Koschorke und C. Vismann (Hrsg.) (1999), Widerstände der Systemtheorie. Kulturtheoretische Analysen zum Werk von Niklas Luhmann, Berlin.) deals with the theory of social autopoiesis from the cultural perspective however without any reference to the concept of legal culture.
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defeated, colonized, developing and post communist countries. 55 According to socio-legal observations, legal transplants can be imposed, invited or even unplanned. 56 Such legal interactions are described by different terms or metaphors, for example legal acculturation (Carbonnier), legal formants (Sacco), legal transplants (Watson), legal transfers (Nelken), legal irritants (Teubner), diffusion of law (Twining) but all of them presuppose the same phenomenon – processes of legal change in a wide sense. There are also opinions, according to which legal transplants are just illusions, as it is not possible to transfer one cultural creation to another without substantially changing its meaning and internal logic. According to Legrand, after the process of legal importation, “as the understanding of a rule changes, the meaning of the rule changes. And, as meaning of the rule changes, the rule itself changes. So, the “transplant” does not, in effect happen.” 57 But there are also many examples of successful legal transplants, piercing through the cultural differences of the nation states. And here is interesting, what should be counted as the condition and indicator of such operations? Cotterrell admits that the success of the transplants should be judged by the expected effects, that is whether or not they have the intended effects which were the initial reason for the given transplantation. Also, there have to be no cultural conflicts between the received transplant and the recipient environment. 58 According to the autopoietic theory, law as a global subsystem of society, does not depend on the national variations of the legal forms, as the function of law itself, seen in stabilisation of congruently generalised normative behavioural expectations, which is of the unique and global character, exceeds and demolishes all the local variation and national differences. Following this argument, the process of legal transplantation can be conceived as an internal operation within the global legal system itself, based on the individual, internal logic of the legal subsystem. That is why crossnational legal transplants have no problems for being accepted and implemented in recipient communities, if they do not violate the binding arrangements of the legal subsystem with the social environment. According to Teubner, 55 V. Gessner (2001), “Law as an Instrument of Social Change”, in: N. J. Smelser and P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Volume 12, Amsterdam: 8492–8496, 8495. 56 D. Nelken (2003), “Comparatists and Transferability”, in: P. Legrand and R. Munday (eds.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, Cambridge: 437–466, 457. 57 P. Legrand (2001), “What ‘Legal Transplants’?”, in: D. Nelken and J. Feest (eds.), Adapting Legal Cultures, Oxford: 55–70, 61. 58 R. Cotterrell (2001), “Is There a Logic of Legal Transplants?” in: D. Nelken and J. Feest (eds.), Adapting Legal Cultures, Oxford: 71–92, 79.
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[G]lobalising processes have created one worldwide network of legal communications which downgrades the laws of the nation states to mere regional parts of this network which are in close communication with each other. Therefore the transfer of legal institutions is no longer a matter of an inter-relation of national societies where the transferred institution carries the whole burden of the original national culture. Rather it is a direct contact between legal orders within one global legal discourse. This explains the frequent and relatively easy transfer of legal institutions from one legal order to another. 59 Again, the theory of legal autopoiesis gives a clear explanation for the turbulent processes of legal transfers and interactions between the conflicting discourses of context and autonomy. Legal subsystem, being one of the many functional components of the fragmented global society, in the conditions of asymmetrical development in certain regions of the world being characterized by the dominance of certain social spheres and imperatives (politics, economy, military, religion), experiences the normative influences from the environment, which try to undermine the functional autonomy and operational closure of the legal subsystem, based on its unique function and binary coding. Legal transfers in asymmetrical regions of the world, which are being dominated by another, rather than legal processes and interests, are of a non-functional character and cannot contribute to the processes of reflexive legal evolution. That is why many legal transfers fail, their only effect being the irritation of the local social environment, undermining the operational autonomy of the local legal communications. But some legal transfers really succeed when such processes can be conceived as a purely legal operation, free from latent economic, political, religious or other purposes and interventions. The “illegal transplants” on the other hand, which do not aim to harmonize and improve the legal system to fit the society but serve for the different political, economic or other functional purposes, are increasingly found in the “developing countries,” where, because of inorganic legal evolution directed by the “developed countries,” the official law attains only symbolic functions, stays forever “in books” thus never becoming “law in action” and where the “global centre,” under the auspices of the “law and development movement” tries to intervene into the dynamics of “local periphery”. In the case of successful legal transfers the reflexive processes of pure legal evolution can be detected where the legal communication is though conducted between different national legal orders, the differences of those national orders are based only on the territorial differentiation and not the functional differentiation (segmentary differentiation within the functionally differentiated world59
G. Teubner (n. 35), 16.
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society). Law is everywhere law: in any part of the world, without looking at the local variations of its forms, value approaches and traditional substantial or procedural characteristics, it forms the part of the global legal subsystem of the world-society, if such legal communications are based on the binary code of legal/illegal and their function is to stabilize normative expectations in the society. Hence, their unique functions and binary coding transforms the very local legal communications to the structural elements of the global legal subsystem. In any case, the examples of successful legal transfers belong to the internal interactions of the global legal subsystem, the territorial-geographic space being of less importance rather than the functional one. From the functional standpoint, pure legal transfer can be described as an operation conducted within the functional boundaries of the legal system itself, without interventions from the other societal subsystems, but with the cognitive openness towards the social environment possible only in the sense of structural couplings and socially accepted or necessitated binding arrangements. Principally the legal culture, as a part of the global legal subsystem, plays an important role for “monitoring,” “arranging,” and implementing the very internal processes of legal transfers. And that is particularly the case where one can discover the real function of legal culture – to fulfill, correct and direct legal operations between territorially differentiated segments of the global society within the autonomous, functionally differentiated legal subsystem, and last but not least – to safeguard the processes of societal evolution of law, to make law responsive towards society. This might be the reason why legal culture, an internal component of the worldsociety, can be integrated within the functionally differentiated subsystem of law. Without looking at the important local variations of legal culture, it can be generalized and observed as a global field of social rationality due to its function – transforming “law in the books” into “law in action”, binding society to its law.
IX. Conclusion The aim of this essay was to show the possibility and even the necessity of analyzing empirical socio-legal concepts, like that of legal culture and legal transfer, from the perspective of autopoiesis theory, especially as it has been developed by Gunther Teubner. The concept of legal culture has been chosen because of its “local” nature, the sensitivity characterising it, and for the significance and exclusiveness that it bears within the camps of empirical legal sociologists and comparative lawyers. The theory of legal autopoiesis, after it has experienced successful theoretical developments and empirical applications in various fields of social life through many positive irritations and creative provocations by Gunther Teubner, emerges as a well-equipped
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perspective for the most complex socio-legal observations. Legal dogmatists and “normative scholars”, even the orthodox sociologists of law, should all take into consideration the emergence of an all-encompassing perspective within the current socio-legal discourse, which, without any exaggeration, can be labelled as “Teubnerization of Law”.
Innenansichten des Weltrechts Methodologische Überlegungen zur aktuellen Rechtspluralismusdebatte Martin Herberg
I. Rechtliche Globalisierung und das Problem des kontrollierten Fremdverstehens Der Begriff der Globalisierung, der lange Zeit verknüpft war mit der Hoffnung auf eine politisch integrierte Weltgemeinschaft, steht heute eher für Prozesse der Zersplitterung, der Desintegration und Entbettung. Auch das Recht bleibt von den Fragmentierungstendenzen nicht verschont. Nur ein Teil des Rechts findet sich noch in Gesetzen und förmlichen Verträgen, mindestens ebenso wichtig werden Verhaltenskodizes, technische Standards, informelle Vereinbarungen sowie Handelsbräuche von grenzüberschreitender Geltung. Neben die klassischen rechtsstaatlichen Institutionen tritt eine Vielzahl privater Normgebungsagenturen, und auch die Funktionen der Normdurchsetzung und Streitbeilegung werden zunehmend von nicht-staatlichen Instanzen übernommen. Um dieser Konstellation gerecht zu werden, muss die Rechtsforschung viele ihrer Kategorien einer radikalen Revision unterziehen; ein Projekt, das untrennbar mit den Arbeiten Gunther Teubners verbunden ist (vor allem: 1996 und 2003; ferner Fischer-Lescano & Teubner 2006). Im Zentrum des Modells steht eine pluralistisch konzipierte Rechtsquellenlehre. Während staatliches Recht sich vor allem über seine Nähe zur Politik definiert, ist das ‚lebende Recht‘ der Weltgesellschaft eng mit den Regelungserfordernissen der verschiedenen transnationalen Handlungs- und Praxisfelder verknüpft. Der Theorieentwurf basiert auf verschiedenen Überlegungen zur Autonomie und Selbst-Stabilisierung der Normsysteme, und er mündet in ein Konzept der Selbstkonstitutionalisierung des emergenten Weltrechts: Durch den Einbau rechtsstaatlicher Elemente in die quasi-rechtlichen Gebilde entsteht eine eigenständige Ebene von Zivilverfassungen jenseits des Staats (vgl. Teubner 2003). Für die Rechtssoziologie ergeben sich aus den zitierten Arbeiten viele neue Untersuchungsfelder, und zugleich wird die Disziplin mit einer Reihe
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von vielversprechenden analytischen Instrumenten ausgestattet. Der Nutzen dieser Konzepte kommt allerdings erst dann voll zur Geltung, wenn sie nicht als Teile einer feststehenden Theorie, sondern als heuristische Erkenntnismittel für die empirische Forschung aufgefasst werden. Beispielsweise ist es, was die Entstehung der Normen betrifft, gewiss von Bedeutung, nach den Regelungserfordernissen in den einzelnen Handlungsfeldern zu fragen; die materiale Fülle dieser Problembezüge gilt es freilich erst noch zu erschließen. Ähnlich verhält es sich mit dem institutionellen Zuschnitt der (Quasi-)Rechtssysteme. Auch hier herrscht eine erstaunliche Formenvielfalt, und die Konzeptualisierung der Gebilde als sich-selbst-stabilisierende Systeme darf auf keinen Fall darüber hinwegtäuschen, dass man es fast immer mit einem differenzierten Rollengefüge zu tun hat; einem geregelten Zusammenwirken spezialisierter Organe, das sich empirisch rekonstruieren und auf seine je konkrete Handlungslogik hin untersuchen lässt. Dass hier noch großer Bedarf an Empirie herrscht, werden die meisten Autoren bekräftigen, und auch Gunther Teubner hat empirische Studien stets ermutigt und die Ergebnisse aufmerksam rezipiert. Weniger Einigkeit herrscht allerdings in der Frage nach den geeigneten Methoden. Was die Verfahren der standardisierten Sozialforschung betrifft, so ermöglichen diese auf den ersten Blick einen hohen Grad an Präzision. Aufgrund ihrer deduktiven Logik eignen sie sich allerdings nur dort, wo dem Forscher die wichtigsten Strukturen des Forschungsfeldes bereits bekannt sind – eine Voraussetzung, die bei den neuartigen Rechtsphänomenen des transnationalen Raums aber gerade nicht erfüllt ist. Eine Alternative bieten die Methoden der qualitativen Strömung, bei denen der Forscher seine Hypothesen sukzessive aus dem Material heraus entwickelt. Die Gefahr möglicher Fehldeutungen ist hierbei allerdings groß, und oft genug sind es die Vertreter der qualitativen Strömung selbst, die die Wissenschaftlichkeit ihres Tuns in Zweifel ziehen (etwa: indem sie die Wissenschaftsstandards der Validität und Nachprüfbarkeit als zu objektivistisch zurückweisen; vgl. Lincoln & Guba 1985). Der Gegensatz zwischen beiden Forschungstraditionen war in der Vergangenheit Anlass vieler Kontroversen, und es ist das Ziel der folgenden Überlegungen, einige Gedanken zu seiner Überwindung beizusteuern. Im Fokus steht das Erkenntnismodell der rekonstruktiven Strömung, wie es vor allem von der Konversationsanalyse (vgl. Seedhouse 2005), der objektiven Hermeneutik (Oevermann u. a. 1979) und dem narrativen Interview (Schütze 1984) vertreten wird. Auf der Basis eines Konzepts objektiver Sinnstrukturen gelingt es diesen Ansätzen, eine erschließende, offene und fallbezogene Vorgehensweise mit einem ‚harten‘, kritisch-rationalistischen Wissenschaftsverständnis zu verknüpfen. Im folgenden Abschnitt II wird die aktuelle Rechtspluralismusdebatte kurz vorgestellt und auf einige ihrer empirischen Bezüge hin durchleuchtet. Die daran anschließenden Teile III
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bis V enthalten einige Prinzipien rekonstruktiver Forschung, die helfen können, die Arbeit am empirischen Material zu erleichtern und viele der erkenntnistheoretischen Probleme, die hierbei auftreten, besser zu bewältigen. Der Moment im Forschungsprozess, der meist die größten Schwierigkeiten bereitet, ist der Moment, in dem das Forscherteam darangeht, die erhobenen Daten zu diskutieren und sie gemeinsam auszuwerten. Woran erkennt man den Sinn einer Äußerung; wie soll mit konkurrierenden Interpretationen umgegangen werden, und welche verallgemeinernden Aussagen sind auf der Basis einzelner Textstellen möglich? Fragen wie diese werden relevant, sobald man die Ebene der Theorie verlässt und sich der Empirie zuwendet, und durch die neuen Rechtsstrukturen jenseits des Staats wird nicht nur das rechtstheoretische Denken herausgefordert, auch die sozialwissenschaftliche Verstehensproblematik erlangt zusätzliche Brisanz.
II. Die Wirklichkeit des (Welt-)Rechts aus multidimensionaler Perspektive Ein Grundproblem aller rechtspluralistischen Ansätze liegt in der Unterscheidung zwischen sozialen und rechtlichen Normen. Die aktuelle Diskussion über einzelne Definitions- und Abgrenzungsmerkmale liefert wichtige Bezugspunkte, von einer abschließenden Lösung des Problems ist man aber noch weit entfernt. Dies betrifft auch den von der Systemtheorie betonten Aspekt der binären Codierung (vgl. Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 34) – die Tatsache also, dass innerhalb einer Rechtsordnung stets zwischen Recht und Unrecht unterschieden wird. Für die vorläufige Strukturierung des Forschungsfeldes ist das Kriterium sicher von Nutzen; für die analytische Unterscheidung zwischen sozialen und rechtlichen Normen besitzt es aber nicht immer die nötige Trennschärfe. So erweisen sich viele Diskurse über Recht und Unrecht bei näherer Betrachtung nicht als rechtliche, sondern als politische und moralische Prozesse, deren Teilnehmer weder die Macht besitzen, noch befugt sind, verbindliche Entscheidungen zu treffen, und umgekehrt scheinen gerade viele der mächtigsten Normgeber der Welt in ihrer Außendarstellung auf alle rechtlichen Anklänge zu verzichten; sei es, weil ihnen die quasi-legislativen Aspekte ihrer Tätigkeit selbst nicht bewusst sind, sei es, um diese gezielt zu verbergen. Um nicht von der Mannigfaltigkeit normativer Phänomene überwältigt zu werden, wird man viele Elemente des klassischen Rechtsbegriffs daher nicht vorschnell verabschieden dürfen. Aspekte wie die Macht, verbindliche Entscheidungen zu treffen, die Durchsetzung dieser Entscheidungen durch spezielle Verfahren und die Existenz von teils stärker, teils schwächer formalisierten Rollen sind auch für eine pluralistisch konzipierte Rechtstheorie
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wichtig; eine Einsicht, die einen möglichst differenzierten und behutsamen Umgang mit den Theorietraditionen des Fachs nahe legt. Wenn rechtliche Normen heute zunehmend außerhalb des formellen staatlichen Gesetzgebungsverfahrens erzeugt werden, kann es doch einzelne Verfahrensanforderungen geben, die allgemein gelten; und wenn die Rechtsordnungen des transnationalen Raums sich nicht mehr an nationale Grenzen halten, kann es andere Kriterien geben, die den Geltungsradius festlegen (vor allem: funktionale und sektorielle Grenzen; vgl. Teubner 1996, S. 262). So sehr es darauf ankommt, dem prozesshaften und schillernden Charakter der Rechtsphänomene gerecht zu werden, muss der Forscher doch gerüstet sein, auch die stärker institutionalisierten, verfestigten und ordnungsstiftenden Aspekte zu erkennen. Das Interesse an den strukturellen und institutionellen Merkmalen der Normsysteme schließt keineswegs aus, Recht als Kommunikation zu konzeptualisieren, wie dies von der modernen Systemtheorie vorgeschlagen wird. Auch aus der Sicht rekonstruktiver Sozialforschung treten die Strukturen eines Handlungsfeldes nur auf der Ebene konkreter Kommunikationsprozesse in Erscheinung – Strukturen müssen, um real zu sein, stets durch das „Nadelöhr“ einzelner Interaktionen hindurch (Giddens 1988, S. 290). Die betreffenden Rollen, Verfahrensregeln, Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse werden im Vollzug der Aktivitäten nur selten als solche benannt, gleichwohl können sie aber aus den stattfindenden Interaktionen in gültiger Weise erschlossen werden (vgl. Drew & Heritage 1992). Um diese Form der Analyse auf den Weg zu bringen, muss die Rechtsforschung allerdings stärker als bisher den Handlungscharakter von Sprache in den Vordergrund stellen. Die generative Grammatik des Rechts besteht nicht nur in der Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht, sondern aus einer Vielzahl von kommunikativen Formaten, speziellen Befragungs-, Erörterungs- und Argumentationstechniken und generativen Prinzipien von teils historisch-konkreter, teils universaler Geltung (vgl. unten, Teil III und IV ). Hat man die Struktur der einzelnen Systeme freigelegt, so kann nach den Gründen ihrer Entstehung gefragt werden. Grundsätzlich ist sicher richtig, dass viele der emergenten Normen eine Reaktion auf die sinkende Steuerungskapazität der nationalen und der internationalen Politik darstellen. Das selbst gesetzte Recht der Weltgesellschaft füllt Räume, die dem staatlichen Zugriff entzogen sind oder die staatlicherseits noch nicht in ihrer vollen Bedeutung erkannt wurden. Dies gilt sowohl für die Koordinationsprobleme des transnationalen Wirtschaftsverkehrs, als auch für viele sozialpolitische und ökologische Problemlagen. Während der politische Prozess durch allerlei Interessengegensätze behindert wird, haben nicht-staatliche Akteure oft längst Wege gefunden, die Probleme in einer pragmatischen Weise zu meistern, und auch bei der Implementation der Entscheidungen
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sind die Akteure des transnationalen Raums der Politik häufig weit überlegen. Für die genauere Analyse der Normemergenz ist mit diesem Argument freilich nicht viel gewonnen, und analoges gilt auch für die Regelungsprobleme der einzelnen Praxisfelder – relevant werden diese Probleme nur insofern, als sie Eingang in die Deutungs- und Aushandlungsprozesse einzelner Akteure und Akteursnetzwerke finden: „Die Funktionssysteme schreiben sich nicht in einem umfassenden Skript ins Recht (…) ein, sondern lösen durch historische Zufälle, durch einzelne Konflikte, neu auftretende Probleme und Skandale Irritationen im Rechtssystem aus“ (FischerLescano & Teubner 2006, S. 38). Die Skepsis gegenüber allen monokausalen und/oder variablenanalytischen Ansätzen teilt die Systemtheorie mit der rekonstruktiven Soziologie. Ereignisse, seien es Streitfälle, Industrieunglücke oder Skandale, sind immer Ereignisse für jemand – für ein einzelnes Subjekt, eine Organisation oder Akteursgruppe –, und auch das gehäufte Auftreten von Ereignissen erweist sich als kritische Masse immer nur mit Blick auf die besondere Resonanzfähigkeit und/oder Verwundbarkeit der betreffenden Handlungseinheiten. Methodisch bedeutet dies, dass die relevanten Problemaspekte, statt sie theoretisch vorauszusetzen, immer nur im verstehenden Durchgang durch die einzelnen Sinnbildungsprozesse herausgearbeitet werden können. Ob man sich nun auf eine einzelne Phase konzentriert, in der die Produktion und Reproduktion der betreffenden Struktur besonders deutlich zu Tage tritt, oder ob man das Zeitfenster weiter fasst und den gesamten Verlauf der Regimebildung nachzeichnet, hängt letztlich vom Erkenntnisinteresse der einzelnen Studie ab. Wichtig ist aber, dass jede Phase ihre eigene Typik und Gesetzmäßigkeit aufweist. So ist es mit Blick auf die Anfangsphase der Regimebildung gewiss sinnvoll, den Schwerpunkt auf die Interessen und Ideen der beteiligten Akteure zu legen, in den späteren Phasen treten hingegen andere Aspekte in den Vordergrund, darunter die Lernfähigkeit des untersuchten Systems und seine Selbstkorrekturpotentiale, aber auch sein Beharrungsvermögen und seine je begrenzte Wandlungsfähigkeit. Für die genauere Konzeptionalisierung der Rechtsbildungsprozesse empfiehlt sich ein Modell von Krise und Bewährung, wie es im Umkreis der rekonstruktiven Soziologie entwickelt wurde: „Routinen gehen erst aus Krisen hervor; (…) sie sind Resultate außeralltäglicher Krisenlösungen“ (Wagner 2001, S. 138). Statt die Emergenz des Neuen einfach als zufällig zu beschreiben, kommt es empirisch darauf an, den Möglichkeitsspielraum auszuloten, der dem konkreten Fall jeweils offen steht, und hierbei auch diejenigen Prinzipien und Mechanismen freizulegen, die die Suche nach der Lösung der Krise strukturieren. Sowohl die Analyse der Teilrechtsordnungen in ihrer Funktionsweise, als auch das Problem ihrer Genese werden die Rechtsforschung noch lang beschäftigen; und ein dritter Aspekt kommt hinzu, nämlich die Frage nach
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den Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Rechtssystemen. Die verschiedenen staatlichen und nicht-staatlichen Strukturen stehen nicht unverbunden nebeneinander, vielmehr kommt es an einzelnen Punkten zu Prozessen der „wechselseitigen Anerkennung, Beobachtung, Anpassung und Kooperation der Regime“ (Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 61 f.). Gerade weil die Rechtspluralismusforschung sich den multiplen Normkomplexen jenseits des Staats zuwendet, kann sie viel Erhellendes zur Zukunft des staatlichen Rechts, seinen Entwicklungs- und Modernisierungschancen beisteuern. Die zahlreichen Verweise des formalen Rechts auf Aspekte der Verkehrsüblichkeit und des Vertrauensschutzes sind eine Aufforderung an den Rechtsanwender, sich um detaillierte Einblicke in das betreffende Praxisfeld zu bemühen; eine Aufgabe, die der Jurist heute allerdings immer weniger auf der Basis eigener Recherchen bewerkstelligen kann. Die Soziologie kann in dieser Situation wichtige Beratungs- und Aufklärungsfunktionen übernehmen, und es sind insbesondere die Methoden der rekonstruktiven Sozialforschung, die eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Rechts- und Sozialwissenschaft ermöglichen.
III. Order at all points: Techniken zur Entdeckung des Unerwarteten Am Anfang jedes Forschungsvorhabens steht die Frage nach geeigneten Daten. Sollen real auftretende Gespräche und Interaktionsszenen analysiert werden, soll man Interviews mit Praktikern führen, oder sollen fertig vorfindbare Dokumente und Schriftstücke verwendet werden? Auch innerhalb der rekonstruktiven Strömung gibt es in diesem Punkt große Auffassungsunterschiede, Einigkeit herrscht aber hinsichtlich der Qualität der verwendeten Daten. Als Basis der Sinnerschließung eignet das Material sich nur dann, wenn es die Besonderheiten des Untersuchungsfalles in gültiger und unverfälschter Weise zum Ausdruck bringt. Rekonstruktive Forschung ist immer beides, Fallrekonstruktion und Strukturrekonstruktion. Im Zentrum steht die Fallstruktur einer je konkreten, abgrenzbaren Handlungseinheit; ihre „Gesamtformung“ (Schütze 1984, S. 104) bzw. der „Fingerabdruck“ (Drew & Heritage 1992, S. 26), den der Fall in allen seinen Hervorbringungen hinterlässt. Über die klassifikatorische Beschreibung einzelner Merkmale eines Falles geht der Ansatz daher weit hinaus; anvisiert wird das generative Muster, das allen diesen Merkmalen zugrunde liegt, und dies erfordert Daten von besonderer Authentizität und Praxisnähe. Ein Beispiel für Daten, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind die Ergebnisse standardisierter Umfragen. Häufig fehlen dem Forscher viele Informationen, die für eine genauere Analyse nötig wären; allen voran Informationen zur konkreten Befragungssituation und zum Zustandekom-
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men der Antworten, daneben aber auch Hinweise, welcher Stellenwert den geäußerten Meinungen im Orientierungssystem der Befragten tatsächlich zukommt. Unterbelichtet bleibt auch der komplexe Vermittlungszusammenhang zwischen den Deutungen und Selbstwahrnehmungen der Akteure und ihrer tatsächlichen Praxis, und auch der gesamte Bereich des praktischen Bewusstseins, der (meist impliziten) Interaktions- und Problemlösungsstrategien des Alltags fällt durch die Maschen standardisierter Erhebungsverfahren. In diametralem Gegensatz hierzu stehen die Daten, wie sie von der Konversationsanalyse verwendet werden, nämlich Mitschnitte von natürlich auftretenden Gesprächen (vgl. Deppermann 2008; Drew & Heritage 1992). Weil die Verkettung der Redebeiträge durch die Tonbandaufzeichnung eindeutig fixiert ist, muss die Analyse nicht den Umweg über die Selbstauskünfte der Akteure nehmen. Durch spezielle Transkriptionssysteme wird dafür gesorgt, dass jedes noch so kleine, irrelevant oder zufällig erscheinende Detail genauer untersucht werden kann; und dies gilt selbst für Aufmerksamkeitsmarkierer („aha“, „ach so“) und Gesprächspausen. Die Akribie, mit der sämtliche Mikro-Phänomene auf ihre Funktion hin durchleuchtet werden, stößt bei eher makrotheoretisch orientierten Sozial- und Rechtswissenschaftlern immer wieder auf Befremden, tatsächlich können aber viele strukturelle Aspekte eines institutionellen Arrangements erst durch eine mikrofundierte Analyse sichtbar gemacht werden. Dies gilt auch für die eingangs erwähnten Rollen, Zuständigkeiten und Verfahrensregeln; da diese in den offiziellen Schriftstücken einer Organisation meist nur unvollständig dokumentiert sind, ist es oft unumgänglich, sie aus konkreten Interaktionen zu rekonstruieren. Die Forderung nach authentischen Daten schließt die Verwendung von Interviews keineswegs aus. Dass die Befragten dazu gebracht werden sollen, den Gegenstand aus ihrer eigenen Perspektive und auf der Basis eigenerlebter Erfahrungen zu schildern, ist eine Grundmaxime sämtlicher qualitativer Interviewtechniken. Zu einem Instrument der Fallrekonstruktion wird das Interview allerdings erst dann, wenn sämtliche Gesprächsereignisse detailgetreu aufgezeichnet werden. Auch hier gilt das Prinzip, alle auf den ersten Blick noch so unscheinbaren Textelemente in die Analyse einzubeziehen, darunter den Modus der Sachverhaltsdarstellung, die Einteilung des Gesagten in einzelne Episoden, die Art ihrer Verknüpfung sowie eventuelle Erzählabbrüche und Stockungen an einzelnen Stellen. Indem der Forscher an jeder einzelnen Textstelle den Inhalt des Dargestellten mit der Form der Darstellung abgleicht, können mögliche Verzerrungen in den Selbsteinschätzungen der Befragten dingfest gemacht werden, und es treten auch diejenigen Handlungsmuster und heteronomen Bedingungen zu Tage, die von den Befragten nicht explizit als solche benannt werden (vgl. Schütze 1984). Von großer Bedeutung für die Rechtsforschung ist auch der letzte der drei Materialtypen, nämlich der Bereich der fertig vorfindbaren Dokumente,
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seien es Gesetzes- und Vertragstexte, firmeninterne Richtlinien, öffentliche Verhaltenskodizes oder schriftlich fixierte Produktstandards. Ein vielfach erprobtes Verfahren, um über eine rein inhaltsanalytische Interpretation hinauszugelangen, ist die von U. Oevermann entwickelte objektive Hermeneutik. In ihren Grundprinzipien steht die Methode dem Ansatz der Konversationsanalyse und dem narrativen Interview Schützes sehr nahe, zu ihren besonderen Stärken zählt aber die Verwendung eines sehr viel breiteren Spektrums von Materialtypen, darunter auch edierte Texte und bildliche Darstellungen. Pointierter noch als in den anderen beiden Methoden wird die Notwendigkeit einer lückenlosen Interpretation betont (vgl. Wagner 2001, S. 104). In der Regel beginnt die Analyse mit der Eröffnungssequenz eines Dokuments; zu bestimmen ist, um welche Textsorte es sich handelt, und welche sprachlichen Teilhandlungen in einem Dokument dieses Typs angemessen und erwartbar sind. Bei der Analyse des weiteren Textverlaufs wird dann darauf geachtet, wie der eröffnete Rahmen gefüllt wird, und ob es möglicherweise zu einzelnen Rahmenbrüchen und Widersprüchen kommt. Wie der Überblick zeigt, erfolgt die Analyse stets auf der Basis von Texten; erst sie ermöglichen es, innovative Hypothesen zu generieren und diese gleichzeitig am Material zu überprüfen. Um sich sukzessive in den betreffenden Bedeutungskontext einzuarbeiten, ist an jeder Textstelle zu diskutieren, „why this, in this way, right now?“ (Seedhouse 2005, S. 251). Die ausführliche Arbeit am Detail wirkt auf den ersten Blick umständlich, und gerade multidisziplinäre Forscherteams haben oft Schwierigkeiten, sich auf die rekonstruktive Arbeitsweise einzulassen. Wie die Erfahrung zeigt, fördert die minutiöse Analyse einzelner Passagen aber meist sehr schnell ein Muster zu Tage, das für den untersuchten Fall von zentraler Bedeutung ist, und das daher auch in allen anderen Passagen des Textes wiederkehrt. Je mehr Zeit zu Beginn der Interpretation investiert wurde, desto zügiger kann anschließend vorangeschritten werden. In dieser Erfahrung liegt ein wichtiger Hebel, um bestehende Vorbehalte gegen die rekonstruktive Vorgehensweise auszuräumen; eine Erfahrung, die freilich nur in der praktischen Anwendung der Methoden gemacht werden kann.
IV. Linguistic Turn: Ein Modell der regelgeleiteten Sinnerzeugung Dreh- und Angelpunkt der rekonstruktiven Soziologie ist das Konzept der bedeutungsgenerierenden Regeln. Die einzelnen Handlungsabläufe der sozialen Welt sind zwar stets eine situative Hervorbringung, ihr Fundament haben sie aber in einer Schicht von allgemeinen, sinnstiftenden Regeln, die der konkreten Interaktion logisch vorgelagert sind (vgl. Habermas 1970, S. 157). Eine umfassende Rekonstruktion dieser generativen Regeln liegt
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bislang nicht vor, aber auch in Abwesenheit einer solchen Theorie kann der Forscher alle nur denkbaren Sinngebilde analysieren. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist das Verfahren der Sequenzanalyse. An jeder Textstelle formuliert der Interpret Aussagen darüber, mit welchem Handlungstyp er es zu tun hat, unter welchen Bedingungen die Handlung sinnvoll erscheint und welche Anschlusshandlungen zu erwarten sind. Der Vergleich dieser Erwartungen mit dem tatsächlichen Verlauf gibt dann Gelegenheit, das eigene Vorverständnis zu überprüfen und es gegebenenfalls zu revidieren. In dieser Weise rekonstruiert der Forscher sowohl das Allgemeine im Besonderen – d. h. die generativen Strukturen, die in den konkreten Fall eingeflossen sind –, als auch das Besondere im Allgemeinen, also die Weise, in der diese allgemeinen Strukturen im konkreten Fall gefüllt und/oder abgewandelt werden (vgl. Wagner 2003, S. 51). Nicht alle sozialwissenschaftlichen Theorien benutzen ein solches Konzept der generativen Regeln (in der Systemtheorie scheint etwas Vergleichbares völlig zu fehlen), die meisten Rechtssoziologen und Rechtswissenschaftler dürften aber wenig Schwierigkeiten haben, sich mit dem Konzept vertraut zu machen. Dass das Recht, und zwar auch das staatliche Recht, nicht nur aus Normen besteht, sondern daneben eine Reihe von impliziten und expliziten Prinzipien enthält, die die Auslegung und Weiterentwicklung der Normen steuern, ist auch von juristischen Autoren häufig betont worden. Ein plastisches Beispiel ist der Vertrauensgrundsatz; von manchen Autoren als quasi-naturrechtliches Prinzip bezeichnet, hat sich der Grundsatz in historischer Hinsicht immer wieder als wichtige Quelle von Innovationen und kreativen Rechtsfortbildungen erwiesen (vgl. Köndgen 1981, S. 1). Aber nicht nur bei der Erforschung staatlichen Rechts, auch bei der Analyse des lebenden Rechts der Weltgesellschaft lohnt sich der Blick auf dessen generative Strukturen. Nur all zu groß ist die Versuchung, die QuasiRechtsgebilde als freischwebende Konstruktionen zu beschreiben, d. h. als ein Geflecht von Erwartungen, die immer nur zirkulär auf andere Erwartungen verweisen. Für die genauere Rekonstruktion der Regime kommt es demgegenüber darauf an zu erkunden, ob die betreffenden Erwartungen nicht doch als begründete Erwartungen ausgewiesen werden können – und hierfür muss der Interpret auf seine lebensweltlichen Kompetenzen zurückgreifen. Verdeutlichen lässt sich dies etwa an den Verhaltenskodizes multinationaler Konzerne (vgl. Herberg 2001). Wie die genauere Analyse zeigt, weisen die Dokumente zahlreiche Ähnlichkeiten mit Sprechakten vom Typ eines Versprechens auf, wie sie auch im Alltag vorkommen; und mithilfe dieser Parallele wird rekonstruierbar, wie es den Konzernen gelingt, in einer Situation der Unsicherheit und Anomie Normstrukturen von großer Überzeugungs- und Bindungskraft zu etablieren. Für eine Analyse, die die emergenten Normstrukturen in ihrem Geltungsanspruch ernst nimmt, ist das Konzept der generativen Strukturen da-
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her unverzichtbar, und zudem hilft es, neue Formen des Erklärens auf den Weg zu bringen. Auf die Inadäquanz kausalistischer Modelle wurde oben bereits hingewiesen. Funktionale Erfordernisse und bestehende Regelungsprobleme spielen in der Entwicklungsgeschichte der Regime gewiss eine Rolle; welche Rolle sie spielen, hängt aber entscheidend davon ab, welche Kompetenzen das System zu dem betreffenden Zeitpunkt bereits ausgebildet hat. Viele Probleme lassen sich in einer routinisierten Weise bearbeiten, was dazu führt, dass die Strukturen des Systems reproduziert werden und das System sich stabilisiert. Andere Probleme erschüttern die bestehenden Routinen und lösen Krisen aus, und die Weise, in der die Bewältigungsstrategien des Systems scheitern, gibt dem Forscher wichtige Hinweise auf die konkrete Gestalt der betreffenden Problemkonstellationen. Der Ausweg aus der Krise besteht nun nicht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, in einer Strategie von Versuch und Irrtum (vgl. Popper 1995), sondern er besteht typischerweise im erneuten Zugriff auf jene tiefer liegenden Strukturen, die die Konstitution von Erfahrung und Erkenntnis erst ermöglichen (vgl. Wagner 2001, S. 48). Nicht anders als in der Sphäre staatlichen Rechts kommen Innovationen vor allem dadurch zustande, dass die Akteure die anstehenden Probleme im Lichte sehr allgemeiner und grundlegender Prinzipien auslegen und hierdurch zu neuen und kreativen Lösungen gelangen. Beispiele für solche generativen Regeln sind der Vertrauensgrundsatz, verschiedene Kriterien der Fairness und Unparteilichkeit oder in einzelnen Fällen auch das Prinzip der Gewaltenteilung als wichtiger und universell anwendbarer Mechanismus, gefährliche Alleingänge einzelner Entscheidungsträger zu verhindern. Die Liste ließe sich noch erheblich erweitern; die Frage, welche Parameter im Einzelfall strukturbildend waren, kann freilich immer nur am empirischen Material geklärt werden. Das Postulat, die Fälle stets vor dem Hintergrund des eigenen, lebensweltlichen Wissens zu interpretieren, schließt nicht aus, in einzelnen Phasen des Forschungsprozesses auf vorliegende Ergebnisse anderer Studien zurückzugreifen. Diese Anregungen werden meist auch bei den Diskussionen im Forscherteam eine wichtige Rolle spielen. Je mehr Konzepte aus der Literatur in die Auswertungssitzungen einfließen, desto stärker muss man sich allerdings in Erinnerung rufen, dass die Richtigkeit einer Fallinterpretation nicht davon abhängt, in welchem Vokabular oder in welcher Theoriesprache sie formuliert wurde – tatsächlich lassen sich nach rekonstruktionslogischem Verständnis alle Arbeitsschritte einer Textinterpretation prinzipiell auch mit den Mitteln der Umgangssprache bewältigen.
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V. Kritikfähigkeit, extensive Interpretation und Sparsamkeitsregel In seinen Arbeiten zum globalen Rechtspluralismus hat Gunther Teubner sich stets für eine vorurteilslose und werturteilsfreie Analyse der neuen Rechtsphänomene eingesetzt. Diese Haltung führt nicht zu einer Schwächung von Kritikfähigkeit, sondern zu ihrer Stärkung: Gerade weil die Quasi-Rechtsgebilde nicht vorschnell als defizitär betrachtet werden, können einzelne Defekte, wo sie auftreten, umso präziser herausgearbeitet werden. Auch hierin liegt eine wichtige Parallele zur Arbeitsweise rekonstruktiver Sozialforschung. Bei der Interpretation eines Textes wird stets davon ausgegangen, dass es sich um ein regelgeleitetes Sinngebilde handelt. In älteren Beiträgen häufig als charity rule bezeichnet, firmiert dieses Element rekonstruktiver Methodologie heute unter dem Namen der „präsumtiven Rationalität“ (Habermas 1987, S. 88) bzw. der „Sparsamkeitsregel“ (vgl. Oevermann u. a. 1979, S. 395). ‚Sparsam‘ ist diese Arbeitsweise deshalb, weil ihr Gegenteil – die pauschale Unterstellung von allerlei Störungen oder betrügerischen Absichten auf Seiten der Akteure – zu einer unendlichen Zahl von meist abwegigen, oder zumindest völlig beliebigen Lesarten führt. Das Prinzip der präsumtiven Rationalität zwingt den Forscher, seine eigenen Normalitätsvorstellungen immer wieder kritisch zu reflektieren; und gleichzeitig befähigt es ihn, Fälle, in denen die Erwartung der Wohlgeformtheit sich nicht aufrechterhalten lässt, eindeutig als solche zu identifizieren. Das notwendige Gegenstück hierzu ist das Prinzip der extensiven Sinnauslegung. An jeder Textstelle werden Hypothesen formuliert, unter welchen Kontextbedingungen das betreffende Ereignis sinnvoll erscheint, und es werden alternative Handlungsverläufe an den Fall herangetragen, die unter den Bedingungen ebenfalls denkbar gewesen wären. Wie umfassend man den bestehenden Handlungs- und Möglichkeitsspielraum ausleuchtet, hängt vom Zweck der Studie und der gewählten Methode ab. Während die objektive Hermeneutik sich am Ideal einer erschöpfenden Interpretation orientiert und hierbei auf die Technik des Gedankenexperiments zurückgreift, stützen Konversationsanalytiker sich meist auf eine zuvor erstellte Stichprobe von Gesprächsmitschnitten, aus der sie ihre Vergleichsfälle auswählen; und bei der Methode des narrativen Interviews werden in der Regel nur einzelne Schlüsselstellen und Ereignisknotenpunkte einer extensiven Analyse unterzogen. Gemeinsam ist allen drei Methoden aber die Überzeugung, dass die Spezifik eines Falles sich immer nur anhand eines breiten Spektrums von alternativen Verläufen bestimmen lässt. Kann trotz extensiver Interpretation keine lebensweltliche Regel angegeben werden, auf deren Basis die betreffende Textstelle plausibilisierbar wäre, so ist bis auf weiteres davon auszugehen, dass es sich um eine Form der ver-
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zerrten Kommunikation handelt (vgl. Habermas 1987, S. 446). Beispiele sind verschiedene Formen des Aneinandervorbeiredens, einzelne Fehlleistungen sowie Sprechakte mit einer paradoxen Struktur (etwa: „vertraue mir – du kannst mir nicht vertrauen“, vgl. Herberg 2001, S. 30). Auch solche Anomalien und textimmanenten Widersprüche sind meist eher unscheinbar, und die Akribie, mit der sie in der rekonstruktiven Soziologie analysiert werden, würde in einem alltagsweltlichen Rahmen zweifellos auf Unverständnis stoßen. Ihre genauere Untersuchung ist freilich kein Selbstzweck, vielmehr sind es oft gerade die scheinbar unscheinbaren und zufällig anmutenden Elemente eines Textes, die ins Innere der Strukturlogik einer Interaktion führen, etwa als Symptome latenter Konflikte oder als Indikatoren für fallspezifische Formen der Verdrängung und Problemblindheit. In seiner allgemeinen Ausrichtung umfasst das Konzept der Fallstruktur sowohl Strukturen, in denen sich tragfähige Formen der Krisenbewältigung sedimentiert haben, als auch Strukturen, in denen die Krise chronisch geworden ist. Auch für eine in sich paradoxe und deformierte Fallstruktur gilt aber, dass sie, um real zu sein, stets durch das Nadelöhr konkreter Interaktionen hindurch muss. Erst durch eine detaillierte und mikrofundierte Analyse wird es auch möglich, die verschiedenen technokratischen und expertokratischen Tendenzen, die den neuartigen Steuerungsarrangements des transnationalen Raums häufig attestiert werden, tatsächlich dingfest zu machen. Auch hier wird man sich stets davor hüten müssen, ein Konzept wie das der ‚Technokratie‘ einfach in einer deduktiven und subsumtionslogischen Weise anzuwenden. Dass die Teilnehmer von Expertengremien teilweise dazu neigen, ihre persönlichen Werturteile zu verabsolutieren, indem sie diese als feststehende Tatsachenaussage präsentieren, ist häufig erörtert worden; nicht weniger technokratisch ist aber beispielsweise die (deutlich subtilere) Strategie mancher Experten, ihre Redebeiträge überhaupt nur noch als persönliche Meinung darzustellen und sich hierdurch gegen jede rationale Kritik zu immunisieren. Was nun die Beachtung der skizzierten Regeln im Rahmen einer Auswertungssitzung betrifft, so ist es vor allem die Sparsamkeitsregel, die zu vielen Auseinandersetzungen führen kann. Forscherkollegen, die die verschiedenen Schiedsgerichte, Expertengremien und Akteursnetzwerke der transnationalen Sphäre per se als Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit betrachten, werden meist auch das Insistieren auf einer vorurteilslosen Interpretation als Politikum auffassen (wenn nicht sogar als Beschneidung ihrer Redefreiheit), und in solchen Situationen bedarf es besonderer Sorgfalt, um einer Eskalation entgegenzusteuern. Genau in solchen Situationen zeigt sich freilich auch, weshalb es für die Sozialwissenschaften lebensnotwendig ist, einen eigenständigen erkenntnistheoretischen Diskurs zu kultivieren, der sich zu allen gegenstandstheoretischen Fragen auf Distanz hält –
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aus ihm, und nur aus ihm, kann ein gemeinsamer Verständigungsrahmen gewonnen werden, an dem Forscher aus ganz unterschiedlichen Disziplinen und politischen Lagern sich orientieren können.
VI. Fazit: Zur Notwendigkeit einer rekonstruktiven Wende in der Rechtspluralismusforschung Der Ansatz der rekonstruktiven Soziologie kann helfen, die aktuelle Rechtspluralismusdebatte auf eine neue, methodisch fundierte Grundlage zu stellen. Durch die sinnerschließende Analyse einzelner Interaktionsprotokolle wird es möglich, die theoretischen Konzepte aus der Sache selbst heraus zu entwickeln und die eigenen Deutungen gleichzeitig immer wieder auf ihre Sinnadäquanz zu überprüfen. Der erschließende, hermeneutische und textwissenschaftliche Zugang der rekonstruktiven Strömung ist zudem ein wichtiges Mittel, um zu neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen Rechts- und Sozialwissenschaften zu gelangen. Indem der Soziologe detailliert analysiert, wie im konkreten Fall Verbindlichkeit hergestellt wird, welche Geltungsansprüche erhoben werden und worin diese jeweils ihre Basis haben, erfüllt er eine Aufgabe, mit der auch die Jurisprudenz und die Rechtspraxis in den verschiedenen staatlichen Institutionen befasst sind. Von entscheidender Bedeutung hierbei ist das aus der Linguistik stammende Konzept der regelgeleiteten Sinnproduktion. Die Geltung einer normativen Ordnung ist nach diesem Verständnis nicht gleichbedeutend mit dem Geltungsglauben oder den subjektiven Deutungen der Normadressaten, vielmehr lässt sich unmittelbar am Material rekonstruieren, was die betreffende Ordnung oder Normstruktur akzeptanzfähig macht. Damit ist zugleich gesagt, dass die Systemtheorie, trotz ihrer großen Verdienste bei der Reformulierung des Rechtsbegriffs, in mancher Hinsicht selbst einer Revision bedarf. Eine wichtige Quelle von Anregungen sind hierbei die erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Argumente des rekonstruktiven Paradigmas, die von denen der Systemtheorie in mancher Hinsicht abweichen. Insbesondere das Luhmannsche Modell der „Beobachtung der Beobachtung“ bzw. der „Beobachtung zweiter Ordnung“ (vgl. Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 43) erweist sich in der Verständigung zwischen rekonstruktiven Forschern und Anhängern der Systemtheorie häufig als schwer überwindbare Barriere. Als Beschreibung dessen, was die soziologische Arbeitsweise in ihrem Kern konstituiert, ist das Modell in zweifacher Weise verkürzt: Es ignoriert sowohl das Angewiesensein des Forschers auf textförmige Daten, als auch das Potential empirischer Forschung, tatsächlich bis zu den Strukturen der Praxis vorzudringen, statt einfach auf der Stufe der Selbstauskünfte und Eigenwahrnehmungen der Akteure Halt zu machen.
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Gerade in den Arbeiten Gunther Teubners dokumentiert sich freilich die enorme Wandlungsfähigkeit des systemtheoretischen Ansatzes, dessen große Lernfähigkeit und Anschlussfähigkeit für ganz unterschiedliche Theorietraditionen, und vieles spricht dafür, dass in Zukunft auch eine stärkere Öffnung in Richtung der rekonstruktionslogischen Forschungsansätze gelingen könnte.
Literatur Deppermann, Arnulf Gespräche analysieren. Eine Einführung. Wiesbaden 2008. Drew, Paul & John Heritage Talk at work. Interaction in institutional settings. Cambridge 1992. Fischer-Lescano, Andreas & Gunther Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, Frankfurt 2006. Giddens, Anthony Die Theorie der Strukturierung. Interview mit B. Kießling, In: Zeitschrift für Soziologie 17, 1988, S. 286–295. Habermas, Jürgen Zur Logik der Sozialwissenschaften. Frankfurt, 1970. –, Theorie des kommunikativen Handelns. Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft, 2 Bde, Frankfurt 1987. Herberg, Martin Codes of Conduct und kommunikative Vernunft. Rechtssoziologische Überlegungen zu den umweltbezogenen Selbstverpflichtungen transnationaler Chemiekonzerne. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 22 (2001), S. 25–45. Köndgen, Johannes Selbstbindung ohne Vertrag. Zur Haftung aus geschäftsbezogenem Handeln, Tübingen 1981. Lincoln, Yvonna & Egon Guba Naturalistic Inquiry. Beverly Hills, CA , 1985. Oevermann, Ulrich; Tilman Allert; Elisabeth Konau & Jürgen Krambeck Die Methodologie einer ‚objektiven Hermeneutik‘ und ihre allgemeine forschungslogische Bedeutung in den Sozialwissenschaften. In: H.-G. Soeffner (Hg.), Interpretative Verfahren in den Sozial- und Textwissenschaften, Stuttgart 1979, S. 352–434. Popper, Karl Alles Leben ist Problemlösen. Über Erkenntnis, Geschichte und Politik. München; Zürich 1995. Schütze, Fritz (1984): Kognitive Figuren des autobiographischen Stegreiferzählens. In: M. Kohli & G. Robert (Hrsg.), Biographie und soziale Wirklichkeit. Stuttgart, S. 78–117. Seedhouse, Paul Conversation Analysis as research methodology. In: K. Richards & P. Seedhouse, Applying Conversation Analysis. Houndmills/ Basingstoke 2005, S. 251–266. Teubner, Gunther Globale Bukowina. Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus. In: Rechtshistorisches Journal 15 (1996), S. 255–290. –, Globale Zivilverfassungen. Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 63 (2003), S. 1–28. Wagner, Hans-Josef: Objektive Hermeneutik und Bildung des Subjekts. Weilerswirst, 2001.
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? Globale Rechtswelten und der demokratische Staat Christine Hohmann- Dennhardt
Wie war im Staat es doch vordem mit Recht zu lenken so bequem, so möchte man in Abwandlung des kleinen Gedichts von August Kopisch gern stoßseufzen, wenn man heutzutage am Firmament unserer globalisierten Welt die Mannigfaltigkeit der Rechtskreationen betrachtet, die sich dort angesiedelt haben. Und wie einfach schien es doch bislang, den Staat, die Bürger und das Recht zueinander ins Verhältnis zu setzen. Da war, im klassischen Sinne der Aufklärung, der Staat, dessen Macht durch das von ihm gesetzte Recht Ausdruck und zugleich Zügel fand. Da war der Bürger, dem das Recht Anweisung und zugleich grundrechtlich geschützte Freiheit wie Sicherheit gab. Und da war schließlich das später hinzugekommene Recht des Bürgers, mit seiner Stimme auf den Inhalt der staatlichen, per Recht auszuübenden Macht Einfluss zu nehmen. Das nennt man bis heute Demokratie. Dabei wurde diese Rechtsbeziehung zwischen Bürger und Staat samt den mit ihr garantierten Freiheiten und Teilhaberechten in der Regel in Verfassungstexten konstituiert, die Bürger wie Staat mit dem und für das Recht Richtschnur und Handlungsrahmen boten. Noch ist diese Idee vom Staat als Lenker durch Recht und Garant von (Grund)Rechtspositionen nicht gestorben, sondern lebt bis heute. Doch findet sie angesichts des Tummelns von Macht und Recht in globalen Welten jenseits der einzelnen Staatlichkeiten weiterhin ihre Berechtigung? Nun war Rechtsetzung immer schon nicht allein auf den Staat abonniert. Beziehungen zwischen Privaten folgen vertraglichen Absprachen und selbst gesetzten Regeln. So wird ebenfalls Recht kreiert, Recht, das im Privaten Geltung beansprucht und das Handeln der Einzelnen beeinflusst. Doch herrschte bislang die Vorstellung, dass dies alles unter dem Regime staatlicher Rechtsverbürgungen geschieht, wobei der Staat sicherzustellen hat, dass ein selbstbestimmtes Agieren im Rechtsverkehr allen möglich ist, und Sorge dafür tragen muss, dass jeder im Privaten zu seinem Recht kommt und nicht mit seinen Interessen der Übermacht anderer unterliegt. Doch diesem Bild vom Staat, der durch Recht private Freiräume eröffnet, zugleich aber private Macht zügelt und auf die gesellschaftlichen Verhältnisse
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gestaltend einwirkt, entspricht immer weniger die Wirklichkeit. Das hat seine Gründe in den Entwicklungen der Moderne. Zum einen hat der Staat schon innerhalb des Territoriums, auf das er sich bezieht, aufgrund des Niedergangs einheitsstiftender religiöser oder nationaler Empathie, der fortschreitenden Individualisierung und der damit verbundenen Atomisierung von Wertehaltungen an Integrationskraft eingebüßt. Das befördert Differenz und gibt gesellschaftlichen Teilsystemen Nährboden, sich zu verselbständigen und nach eigenen Regeln zu verfahren. Vor allem aber ist staatlichem Einfluss durch das Zusammenspiel von technologischer Entwicklung und ökonomischer Expansion immer mehr der Boden entzogen worden. Mit dem Fortschritt der Technik, die es mittlerweile ermöglicht, die Grenzen der Staatlichkeit zu überspringen und weltweit zu kommunizieren wie zu agieren, mit dem Niederreißen staatlicher Grenzen zur Beförderung eines freien Transfers von Geld, Waren, Wissen und Menschen und damit der Entlassung privater Interessen aus dem Herrschaftsbereich einzelner Staaten ins Globale hat die Autonomisierung gesellschaftlicher Teilbereiche in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Schub bekommen und findet nun zunehmend auf der Weltbühne statt. Private Einfluss- und Herrschaftsbereiche sind so den Staaten über die Köpfe gewachsen, haben sich im Supranationalen etabliert, entfalten dort ihre eigene Macht und operieren nach eigenen Regeln. Und die Staaten? Sie haben dieser Entwicklung zugeschaut, sie teils unterstützt und merken inzwischen, dass sie in weiten gesellschaftlichen Bereichen der jeweiligen Eigendynamik, die sich darin entfaltet, nicht mehr Herr werden, dass sie nicht mehr Steuermann sind, sondern eher Maat, der den Vorgaben der privaten Akteure folgt. Reactio statt actio scheint das Handeln der Staaten zu bestimmen, und die Versuche, durch internationale Abkommen, durch Aufgabenübertragung an supranationale Regelungs- und Kontrollinstitutionen und durch Fortentwicklung wie Erweiterung des Völkerrechts der Verselbständigung von Funktionsbereichen entgegenzuwirken und ihnen Rahmen zu setzen, hinken dem Prozess der Herausbildung autonomer „global villages“, die nach eigenen Regeln operieren, weit hinterher. Kaum verwunderlich, denn das Unterfangen, auf globaler Ebene in staatlicher Gemeinsamkeit diese Entwicklungen zu beeinflussen, ist schwer und hat seine Tücken. So müssen zunächst einmal die unterschiedlichen Interessen, die die Staaten ihrerseits dabei verfolgen, immer wieder, je nach Politikfeld, unter einen Hut gebracht werden. Und selbst wenn dies gelingt, ist zu gewahren, dass gemeinsam von ihnen im Internationalen etablierte öffentliche Institutionen, die auf bestimmte Geschehen steuernd einwirken sollen, ihrerseits ein Eigenleben entfalten, sich verselbständigen und Regeln folgen, die mit dem Recht der einzelnen Staaten und den Werthaltungen, aus denen es entstanden ist, nicht immer kompatibel sind. Folge vom Lied all dieser „Autonomiebewegungen“ im Globalen ist eine zunehmende Fragmentierung des Rechts.
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Die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilbereiche, die Verselbständigung und Realisierung dieser Funktionssysteme im Globalen, ihre Konstituierung und eigene Rechtsetzung jenseits staatlicher Rechtsverbürgung – all diese Befunde kränkelnder Staatsmacht werfen grundlegende Fragen auf, so die Frage danach, welche Rolle der einzelne Staat angesichts dieser Entwicklungen künftig noch spielen kann, und ob bzw. wie es die Staaten gemeinsam schaffen können, sich im Internationalen so zu formieren, dass sie an Einfluss wieder gewinnen. Damit zusammenhängend stellt sich vor allem auch die Frage, zu welchem Recht der Einzelne bei alledem eigentlich kommt, wie es um seine Rechte bestellt ist und wie insbesondere sichergestellt werden kann, dass seine Grund- und Menschenrechte nicht unter das Mühlwerk autonomer Rechtsnormproduktionen geraten, sondern weiterhin Geltung nicht nur beanspruchen, sondern auch erlangen. Gesucht wird dabei nach dem richtigen Weg zum gewünschten Ziel, der Beherrschung von Macht durch Recht und der Wahrung der grundlegenden Individualrechte. So lautet die Gretchenfrage: Ist dafür ein taugliches Mittel, das klassische Staat-Bürger-Verhältnis nationalstaatlicher Verfassungen auf die Ebene von Staatenbünden bis hin zur Weltbühne zu transponieren, kann sich dort Staatlichkeit verfassen, die durch Zügelung aller weltgesellschaftlichen Teilbereiche mit Recht regiert und Garant der Grundrechte der Einzelnen ist? Gunther Teubner, mein Freund und geschätzter, tiefsinniger Jubilar, bezweifelt dies und fordert hier ein Umdenken. Dabei kann man seine Skepsis durchaus teilen, ob es gelingen mag, die globalisierte Welt unter das einende Dach einer Globalverfassung zu bringen, die ihr rechtliches Band um den Globus spannt und die Marschroute für alle vorgibt, ist doch die Etablierung transnationaler gesellschaftlicher Autonomiebereiche schon weit vorangeschritten und nicht zu übersehen, dass hierdurch die Staaten an Macht und Steuerungsvermögen eingebüßt haben. Doch was kann hier helfen, was ist Teubners Rezept? Er versucht, aus dem Fakt und der Not eine Tugend zu machen. Statt auf eine Konstituierung globaler Staatlichkeit setzt er auf einen gesellschaftlichen Konstitutionalismus und fordert deshalb, die Autonomie der sich formierten gesellschaftlichen Teilbereiche öffentlich, also staatlicherseits, zu legitimieren, zu garantieren und rechtlich abzusichern, damit sie sich eigenständig konstituieren und dabei ihr spezifisches Potential an Kreativität und Dynamik freisetzen und in eigener Handlungslogik zur Rechtsgeltung bringen können, und dies zusammen mit all den privaten und öffentlichen Akteuren, die sich an diesem Prozess beteiligen. Als Beispiel für eine solche Selbstschöpfung führt er das Projekt einer Weltwirtschaftsverfassung an, die nicht von Staaten konzipiert und in Recht gegossen werde, sondern derzeit im Ringen und Kampf zwischen den multinationalen Konzernen, den internationalen Institutionen Weltbank, IWF und WTO , den NGO s und den Globalisierungsgeg-
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nern entstehe, Konturen erhalte und sich Stück für Stück konstituiere. Allerdings weist Teubner darauf hin, dass solche sich selbst überlassenen und regulierenden gesellschaftlichen Teilbereiche die Tendenz in sich bergen, ihre eigene Rationalität zu expandieren und auf andere Teilbereiche auszudehnen, die dadurch in ihrer eigenen funktionalen Differenziertheit beeinträchtigt werden können. Zudem können sie mit ihrer expansiven Eigendynamik individuelle Integritäten und Kommunikationen gefährden. Deshalb, so meint er, bedürfe es Mechanismen der Selbst- und ggf. Fremdbeschränkung, die einerseits einen Ausgleich zwischen der Eigenrationalität und den Eigenrechten der Umwelt sicherstellten, und andererseits gewährleisteten, dass die jeweiligen autonomen Teilbereiche im Rahmen ihre eigenen Verfasstheit menschliche Integrität, Identität und Selbsterhaltung als Kern der Menschenrechte wahren und der Autonomie personaler Kommunikation Raum lassen. So weit, so gut, aber sehr vage nur angedeutet, was mit dieser Selbstoder Fremdbeschränkung gemeint ist und wie sie sich vollzieht beziehungsweise erfolgt. Da ist die Rede von neuartigen Garantien, die es zu entwickeln gilt, um eine Begrenzung gesellschaftlicher Destruktionspotentiale möglich zu machen, von der Notwendigkeit, die Grenzverletzungen an den diversen Grenzstellen zu erkennen, und davon, Grundrechte als Gegeninstitutionen zu Expansionstendenzen gesellschaftlicher Teilsysteme zu begreifen. Diese Betrachtungsweise löst zwar das Problem der Drittwirkung von Grundrechten im Privatrechtsverhältnis, indem sie diese in die gesellschaftlichen Kommunikationen quasi „hineinpflanzt“, doch hilft uns dies wirklich weiter? Es ist ein Politikansatz, der – wenn ich es richtig verstehe – vorschlägt, das gesellschaftliche Geschehen allein oder jedenfalls vornehmlich über Grundrechtsgarantien zu steuern. Gemeint sind damit Autonomiegarantien, die den jeweiligen gesellschaftlichen Teilrationalitäten auch im Verhältnis zueinander eingeräumt werden, Freiheitsverbürgungen, die den Einzelnen im Rahmen der innergesellschaftlichen Kommunikationen gegeben werden, und schließlich (Menschen)Rechte, die vor Gefährdungen der menschlichen Integrität durch Grenzüberschreitungen der gesellschaftlichen Teilbereiche schützen sollen. Neu daran ist, dass auch gesellschaftlichen Prozessen Grundrechtsschutz zuteil werden soll und demgegenüber, in direkter Korrespondenz, die Autonomieansprüche der natürlichen oder juristischen Personen stehen, die sich damit nicht mehr ausschließlich gegen den Staat richten und nur mittels dessen Gewährleistung in Privatrechtsverhältnisse hineinwirken, sondern zu den Freiräumen gesellschaftlicher Kommunikationszusammenhänge unmittelbar Gegenposition beziehen. Das scheint ein Fortschritt, zumal Grundrechtsverletzungen damit nicht mehr nur festzumachen sind an Handlungen bestimmter Personen, sondern sie sich auf Verfahrensweisen gesellschaftlicher Teilsysteme beziehen und ihnen gegen-
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über geltend gemacht werden können. Doch wer trägt für die Durchsetzung der Freiheitsansprüche Sorge? Bei der Beantwortung dieser Frage landen wir sogleich wieder zwangsläufig bei der Staatlichkeit. Denn nur durch deren Garantie des sich nicht Einmischens und durch ihre Anerkennung der selbstgesetzten Regeln erhalten die gesellschaftlichen Teilbereichen für ihre Kommunikationsprozesse die gewünschte Autonomie. Und wer garantiert die Wahrung der personalen Grund- und Menschenrechte? Da ihre Gefährdungen gerade in den Expansionstendenzen und Grenzüberschreitungen der gesellschaftlichen Subsysteme liegen, wird man wohl kaum darauf vertrauen können, dass die Selbstregulierung schon alles richten und für einen hinreichenden Grundrechtsschutz sorgen wird. Zumindest hat hier der Staat, wie bisher schon, bei allen Schlichtungs-, Mediations- und sonstigen Streitbeilegungsvarianten, die auch innerhalb der Teilbereiche und zwischen ihnen denkbar sind, Verfahren vorzugeben und eine Instanz vorzuhalten, an die sich die in ihren Grundrechten Betroffenen letztendlich wenden können, um ihr Recht zu erhalten. So geht auch Gunther Teubner davon aus, dass solche Grundrechtskonflikte nach wie vor vor staatlichen Gerichten auszutragen sind. Insofern jedenfalls bleibt doch wieder alles beim Alten. Dennoch hat dieses Denkmodell Implikationen, deren Auswirkungen beträchtlich sind. Mit ihm wird die Rolle des Staates neu bestimmt. Es ist nicht der Nachtwächterstaat, der wieder zurückkehrt und uns vorgestellt wird. Jenem war aufgetragen, seine Macht zurückzuhalten und, gefesselt durch sein Recht, den Bürgern Handlungsräume zu eröffnen. Nein, es wird uns hier nun das Bild einer Staatlichkeit präsentiert, der die Macht entglitten ist. Teils resignativ, teils aus Überzeugung, dass dies zum Besseren führt, wird ihr deshalb angeraten, sich zurückzuziehen, das Rechtsetzen anderen zu überlassen und sich insofern davon zu verabschieden, regelnd auf das gesellschaftliche Geschehen Einfluss zu nehmen; kurzum eine Staatlichkeit, die nur noch Ausputzer gesellschaftlicher Verwerfungen, nur noch Streitschlichter zwischen privaten Personen und Institutionen ist. Nun muss man nicht Mitleid mit dem Staate haben ob des so argen Zurückstutzens seiner Funktion. Doch was bedeutet dies für seine Bürger, für jeden Einzelnen? Im freien Spiel der Kräfte, die in den gesellschaftlichen Teilbereichen zur Entfaltung kommen, vermögen die meisten Menschen nicht aktive Mitspieler zu sein, vielmehr wird ihnen mitgespielt. Denn wer hier das Wissen, vor allem aber die Macht besitzt, bestimmt die Regeln, denen die anderen unterworfen werden und ausgeliefert sind. Das gilt nicht nur, aber besonders im Ökonomischen. Von einem Wechselspiel zwischen verschiedenem gesellschaftlichem Engagement, aus dem heraus sich die Verfasstheit der Weltwirtschaft entwickeln soll, ist hier, entgegen der Theorie, in Praxis nur wenig zu erkennen. Zwar mag es NGO s, die sich auf diesem Felde tummeln, in ein paar Fällen gelungen sein, dem einen oder anderen Unternehmen ge-
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wisse Konzessionen abzutrotzen. Doch das ändert nur wenig daran, dass es das Kapital ist, das hier seine Macht ausspielt und maßgeblich das Sagen hat. Es sind die Konzernglobalplayer, die Banken und Börsen, die ihre Interessen verabsolutieren und mit zunehmendem Erfolg mittlerweile den Staaten wie den Einzelnen diktieren, unter welchen Bedingungen sie Standorte goutieren oder verlassen, Arbeitsplätze schaffen oder abbauen, Produkte erzeugen oder wieder vom Markt nehmen. Hauptsache, es rechnet sich. Was kann der einzelne Bürger dagegen schon ausrichten? Er ist als Arbeitnehmer abhängig davon, seine Arbeitskraft feilzubieten, um für seinen Lebensunterhalt sorgen zu können, und gerät dabei immer mehr in weltweite Konkurrenz zu seinesgleichen. Das drückt seinen Preis und schmälert seine Rechte. Denn auch die einzelnen Nationalstaaten erliegen häufig dem Druck des Kapitals und bauen ihre schützenden Arbeitnehmerrechte Stück für Stück ab oder gar nicht erst auf, um Arbeitsplätze zu halten und sich für neue als attraktiv, also billig zu erweisen, damit sie nicht selbst von den sozialen Folgekosten der Arbeitslosigkeit erdrückt werden. Längst funktioniert auch nicht mehr mit durchschlagendem Erfolg, sich als Arbeitnehmer zusammenzuschließen und dem Kapital gemeinsam die Stirne zu bieten. Die Macht der Gewerkschaften verfängt sich im Nationalen, wird im weltweiten Konkurrieren um Arbeit zermürbt und nimmt so stetig ab, auch weil das Vertrauen der Arbeitnehmer in sie aus Enttäuschung über ihre mangelnde Durchschlagskraft mehr und mehr sinkt. Und die Vorstellung, die Bürger könnten als Verbraucher der ökonomischen Dominanz Macht entgegensetzen, ist schöner Wunschtraum, doch Illusion, nicht Realismus. So ist schon eine Kampagne, die ein bestimmtes Produkt zu boykottieren versucht, um damit bei lediglich einem Unternehmen Verhaltensänderungen herbeizuführen, nur schwer zu organisieren, zumal wenn sie grenzüberschreitend angelegt sein soll. Spätestens aber, wo es um Güter geht, auf die die Menschen angewiesen sind, ist es mit ihrer Verbrauchermacht zu Ende. Da sind sie wieder dem Angebot ausgeliefert, das ihnen unterbreitet wird. Unter solchen Umständen verwundert nicht, dass die Interessen der Bürger im derzeitigen Prozess der Konstituierung einer Weltwirtschaftsverfassung auf der Strecke zu bleiben drohen und kaum mehr Berücksichtigung finden. Wer aber schützt die Bürger vor der Übermacht des Kapitals, einer Macht über Menschen, die sich durch nichts außer sich selbst legitimiert? An wen sollen sie sich halten, um mit ihren Bedürfnissen Beachtung zu finden? Nach wie vor dient ihnen hier der Staat als vornehmlicher Adressat, an den sie sich mit ihren Wünschen und Ansprüchen nach auskömmlicher Arbeit, nach menschenwürdiger Behandlung, nach Hilfe in der Not wenden und angesichts der ungleichen Verteilung von Chancen wie Ressourcen und einer zunehmenden Distanz zwischen Arm und Reich immer dringlicher mehr Gerechtigkeit einfordern, wie hierzulande unüberhörbar zu vernehmen ist. Hier zu konstatieren, die Gerechtigkeit sei zwar ein brennendes
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Problem, jedoch eines ohne Aussicht auf Lösung, was mit aller Härte ausgesprochen werden müsse, mag theoretischer Erkenntnis entspringen, hilft aber nicht weiter, sondern schürt mit dem Defätismus, der daraus spricht, nur den Unmut der Menschen noch weiter. Denn ihnen geht es nicht um eine abstrakt-philosophische Debatte über das, was Gerechtigkeit bedeutet, sondern um die Beseitigung konkreter, von ihnen als ungerecht empfundener gesellschaftlicher Zustände. Und hier erwarten sie Abhilfe vom Staat – von wem auch sonst. Abhilfe, die der einzelne Staat zwar bei weltweiten ökonomischen Handlungszusammenhängen allein nur schwerlich mehr leisten kann. Doch er kann sich auf supranationaler Ebene mit anderen Staaten zusammenschließen, dort mit gemeinsamer Kraft der ökonomischen Macht pari bieten und versuchen, durch rechtliche Vorgaben und Sanktionen das weltwirtschaftliche Agieren in soziale und gemeinwohlverträgliche Bahnen zu lenken. Das geht, wie man sieht, gewiss nicht einfach vonstatten und zeitigt nicht immer den Erfolg, den so mancher sich wünscht, ermöglicht es aber, ökonomischer Selbstherrlichkeit vorbeugend Schranken zu setzen und dafür Sorge zu tragen, dass neben den Renditeinteressen auch die sozialen Bedürfnisse der Menschen hinreichend Berücksichtigung finden. Legt der Staat dagegen resigniert seine Hände in den Schoß, überlässt die wirtschaftlichen Kräfte sich selbst und tritt nur noch dann in Erscheinung, wenn es durch Machtdominanz und deren egoistischer Durchsetzung zu schweren Autonomieverletzungen bei den Unterlegenen gekommen ist, dann entmachtet der Staat nicht nur sich selbst. Dadurch, dass er nicht für Ausgleich sorgt, sondern seine Bürger in die Niederlage eines Kampfes um den Erhalt ihrer Entfaltungsräume entlässt, den sie gegen das Freiheitsstreben des übermächtigen Kapitals nicht gewinnen können, dadurch, dass er sich lediglich aufs Richten im Nachhinein beschränkt, ob alles denn rechtens zugegangen ist, riskiert der Staat vor allem auch, die Akzeptanz seiner Bürger zu verlieren und sich damit zu delegitimieren. Ansehensverlust aber lässt ihm die lenkenden Zügel selbst dort entgleiten, wo ihm noch eigene Aktionsfelder verblieben sind. Das gilt auch für die Streitschlichtung. So besteht die Gefahr, dass Rücksichtslosigkeit aller gegen alle immer mehr Oberhand gewinnt; eine Entwicklung, die dem Staat wie den Bürgern nur Angst machen kann. Hinzu kommt, dass es bei selbstregulierender Autonomie gesellschaftlicher Funktionsbereiche nicht leichter, vielmehr eher schwieriger wird herauszufinden, wer eigentlich für die Folgen der Verletzung von Grundrechtsgarantien zur Verantwortung gezogen werden kann. Angesprochen sind damit nicht nur pekuniäre Einbußen, sondern vor allem auch Gesundheitsschäden und Folgen von Ausbeutung. Erniedrigung oder Arbeitslosigkeit, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, Entstehen Grundrechtsverletzungen durch Verfahrensweisen gesellschaftlicher Teilsysteme, kann dem jeweiligen System staatlicherseits zwar aufgegeben werden, seine Regeln so
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zu ändern, dass solche Verletzungen künftig vermieden werden. Wer aber kommt für einen durch die Verletzungen entstandenen Schaden auf? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn gesellschaftliche Teilsysteme sind nicht fest umgrenzt und zeichnen sich zudem durch eine nur schwer überschaubare Vielzahl von Akteuren aus. Soll es hier eine gesamthänderische Verantwortung geben, die man, in welcher Form auch immer, zur Folgenbeseitigung bzw. Entschädigung heranziehen kann? Oder hat der einzelne Betroffene mangels Zuordnungsmöglichkeit des Schadens zu einzelnen Verursachern letztendlich doch das Nachsehen und bleibt auf seinem Schaden sitzen? Was nutzt ihm dann, festgestellt erhalten zu können, dass zwar nicht einzelne Personen, Institutionen oder Unternehmen, aber das Agieren des gesellschaftlichen Teilsystems insgesamt seine Rechte verletzt hat? Auch hier werden sich die Bürger weiterhin an den Staat wenden; zunächst, damit er ihnen hilft, ihre Ansprüche gegen das Teilsystem durchzusetzen, das ihre Rechte verletzt und ihnen Schaden zugefügt hat. Wenn dies aber nicht gelingt, dann mit dem Begehren, dass der Staat ihnen den Schaden ausgleicht und Hilfe gewährt. Dem kann sich der Staat schwerlich entziehen. Das aber führt zu einer merkwürdigen Arbeitsteilung. Einerseits soll der Staat nicht regelnd Einfluss auf die jeweiligen, sich selbst konstituierenden gesellschaftlichen Prozesse nehmen, soll sich nicht einmischen, damit sich die dort zusammenfindenden Interessen frei entfalten und optimieren können. Andererseits wird er aber für die Folgeschäden, die hierbei entstehen, haftbar gemacht. Das erinnert an Aschenputtel: den Profit ins Kröpfchen der Selbstregulierer, den Schaden ins Töpfchen des Staates. Kein faires Spiel, bei dem letztlich die Bürger die Zeche zahlen, denn sie sind es, die zu Schaden kommen, und sie sind es, die über ihre Steuern und Sozialabgaben an den Staat, der den Betroffenen mit Sozialleistungen zu Hilfe kommt, die Folgenlasten zu tragen haben. Und wie ist es bei alledem um die Demokratie bestellt? Wie können die Bürger mit ihrer Stimme auf gesellschaftliche Entwicklungen und das, was sie betrifft, noch Einfluss nehmen, wenn der Staat sich zurücknimmt und es den jeweiligen gesellschaftlichen Teilsystemen überlässt, welche Entwicklung sie nehmen, der einzelne Bürger aber selbst kaum Chancen hat, sich in die jeweiligen gesellschaftlichen Teilprozesse einzubringen und seinen Interessen Gehör zu verschaffen? Nun sollte man keineswegs so blauäugig sein, um nicht zu sehen, dass die Vorstellung von gleichen Rechten und Chancen der Bürger, mit ihren Wahlstimmen staatliches Handeln zu lenken und so auf gesellschaftliche Zustände einzuwirken, auch unter bisherigen Vorzeichen staatlicher Rechtsetzungsdominanz idealistisch ist und sich an der Wirklichkeit bricht. Da gibt es Beraterstäbe, die Regierungen und Parlamente um sich scharen, deren Meinungen oft für gewichtiger erachtet werden als das, was aus der Bevölkerung zu hören ist. Da verabschieden sich
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Partei- und Regierungsspitzen von ihren Wahlversprechen und folgen ihren eigenen politischen Vorstellungen. Da mischen die Medien mit und nehmen Einfluss auf das politische Geschäft. Da machen sich nicht zuletzt private Einzelinteressen und ihre Lobbies breit, die ihre Macht ausspielen und nicht ohne Erfolg zu erreichen versuchen, dass Gesetze nach ihrem Gusto entstehen. Solch Diskrepanz von Sein und Sollen ist zu beklagen, wenn auch nicht ganz zu beheben, wird politische Willensbildung doch immer ein Kräftemessen bleiben, bei dem auch über die Bande gespielt wird. Doch die Demokratie deshalb als Partizipationsromantik abzutun, wird ihrem Anspruch und den Bürgern nicht gerecht. Denn für diese ist sie die ehedem heiß und lang erkämpfte Möglichkeit, den Staat zu bewegen, nicht nur seinen eigenen oder privaten Einzelinteressen zu frönen, sondern auch den Interessen und Bedürfnissen der breiten Mehrheit der Bevölkerung mit der Macht seiner Gesetze Geltung zu verschaffen und damit gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewirken. Diese Möglichkeit, dieses Instrumentarium der Beteiligung aller an der staatlichen Willensbildung, stößt zwar auf ihre Grenzen und führt oft nicht zu Ergebnissen, die sich die Bürger wünschen. Aber ihren Unmut darüber können sie zumindest dadurch Ausdruck verleihen, dass sie Regierungen abwählen und so anderen der Auftrag zufällt, die Geschicke aller zu lenken; vielleicht dann in einer Weise, die die Bürger zufriedener stellt. Die Chance jedenfalls besteht. Was aber nutzt die Wählerstimme, wenn im Staate zur Wahl steht, wer gar nicht mehr die Regeln bestimmt, nach denen sich das Miteinander auszurichten hat, wenn an seiner Stelle ganz andere die Ruder in der Hand halten und die jeweilige Richtung bestimmen? Sie verliert dann gänzlich ihre Wirkung und ist nur noch ein unmaßgebliches Kreuz auf dem Papier. Und nicht nur das. Auch der Anspruch auf Grundrechtsverwirklichung, der mit dem Partizipationsanspruch der Demokratie einhergeht, läuft dann leer. Denn Grundrechte sind nicht nur Freiheitsverbürgungen in dem Sinne, dass sie Freiräume abstecken und dem Einzelnen als Schutzschild gegenüber Eingriffen des Staates oder anderer Mächte dienen. Es waren die Demokratie und die Sozialstaatsidee, die den Freiheitsgedanken emanzipierten und ihm zusätzlichen Gehalt gaben: den sozialen Gehalt, dass zur Sicherung von Freiheit gehört, alle in die Lage zu versetzen, ihre Freiheit auch nutzen und leben zu können, und den demokratischen Gehalt, dass jedem die Möglichkeit eröffnet wird, als Teil des Gemeinwesens an dessen Entwicklung teilzuhaben und auf seine Geschicke Einfluss zu nehmen. Freiheit bedarf also zur Entfaltung einer materiellen Basis, muss befördert und gesichert werden, damit sie jedermann zukommt. Dies zu gewährleisten, die Grundrechte auch als Teilhaberechte zu verwirklichen, ist Auftrag unserer Verfassung an den Staat, dem er sich nicht einfach entledigen kann und dessen Erfüllung die Bürger von ihm zu Recht erwarten. Um dies aber zu bewerkstelligen, darf er nicht das gesellschaftliche Feld räumen und sich seines
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Rechts als Handlungsinstrument entledigen, um privaten Rechtsregimen freien Lauf zu lassen, sondern muss ins gesellschaftliche Geschehen regelnd eingreifen, muss Grenzen setzen, Chancen geben, Rechte und Pflichten zuweisen, Lasten angemessen verteilen, kurzum, er muss mit Hilfe des Rechts sozialgestalterisch tätig sein. Und wo dies dem Nationalstaat nicht mehr gelingt, weil der Arm seiner Rechtsmacht zu kurz reicht, um die zu binden, die ins Globale abgehoben sind, bleibt ihm, um seinem Auftrag nachzukommen und seine Bürger nicht zu enttäuschen, nichts anderes übrig, als den wenn auch steinigen und mühseligen Weg zu gehen, sich zusammen mit anderen Staaten im Supranationalen zu etablieren und dort mit einem weiter zu entwickelnden Völkerstaatenrecht dafür zu sorgen, dass Zivilisation und Menschlichkeit nicht unter die Räder der Globalisierung geraten. Denn sonst verlieren die Bürger immer mehr ihr Vertrauen in die Staatlichkeit – dies aber könnte nicht nur ihr, sondern uns allen zum Verhängnis werden, es könnte in Chaos und Unfrieden enden. „Ach, dass es noch wie damals wär! Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her.“ Mit diesem Stoßseufzer, dieser Erkenntnis endet Kopisch’s Gedicht von den Kölner Heinzelmännchen. Sie gilt auch für den Staat und das Recht – darin sind wir uns einig, Gunther Teubner und ich. Nur wie können die Menschen- und Bürgerrechte in die neuen, globalisierten Zeiten hinübergerettet, wie ihnen dort Achtung verschafft werden? Hierauf die richtige Antwort zu finden, fällt nicht leicht. Eines aber sollte man auf der Suche danach nie aus dem Auge verlieren: die Menschen und ihre Bedürfnisse. Sie sehen, dass die Welt näherrückt, sich immer schneller dreht, fürchten, dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren, fühlen sich unbekannten Mächten ausgesetzt und suchen Orientierung und Halt; Halt, den sie bei allem Schimpfen über die Politik und die Politiker letztlich immer noch bei ihrem Staat suchen. Die Europäische Union ist dafür beredtes Beispiel. Die Skepsis, die ihr entgegengebracht wird, rührt aus der Angst, sich und seine Interessen dort nicht wiederzufinden. So klammert man sich an die eigene Staatlichkeit, die einem Schutz vor Ungemach bieten soll. Und was für Europa gilt, gilt noch mehr für die globalisierte Welt. Zu beobachten ist: mit zunehmendem weltweiten Agieren und damit zunehmender Notwendigkeit, im Supranationalen die Geschicke zu lenken, wächst zugleich der Stellenwert, den die Menschen dem Nationalstaat zumessen. Das gilt es bei allen Überlegungen zu bedenken. Deshalb muss sich der Staat auch in Zukunft als stark erweisen, sich das Vertrauen seiner Bürger erhalten, sie überzeugen, dass er sie nicht im Stich lässt, wenn er sich ins Supranationale aufmacht und dort mit anderen verbündet, sondern gerade hierdurch dafür sorgt, dass sie auch in Zeiten der Globalisierung Schutz und Hilfe erfahren. Nur so kann es gelingen, den Bürgern die Zukunftsangst zu nehmen und sie in die globalen Welten mitzunehmen. Am Staat führt insofern kein Weg vorbei.
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Der Beitrag setzt sich mit folgenden Schriften von Gunther Teubner auseinander: Gunther Teubner, Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“ transnationale Akteure, in: Der Staat, 45. Band 2006 Heft 2 S. 161 Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner, Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, Frankfurt am Main 2006 Gunther Teubner, Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats, in: Forschung Frankfurt, Heft 1.2007, S. 30
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Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II Die kollisionsrechtliche Form einer legitimen Verfassung der post-nationalen Konstellation Christian Joerges und Florian Rödl
I. Einleitung In den avancierteren Diskussionen um die Lage und die Zukunft des Rechts überschneiden sich zwei Diskussionskreise, die ganz wesentlich von Gunther Teubner inspiriert worden sind und nach wie vor von seinen Anregungen in Bewegung gehalten werden. In dem einen, älteren, geht es um soziale Funktionen des modernen Rechts: Mit seiner Idee eines „reflexiven“ Rechts hat Gunther Teubner seinerzeit eine Brücke zwischen Habermas und Luhmann und posthum auch noch zu Weber geschlagen.1 In dem zweiten, den Gunther Teubner seit mehr als einem Jahrzehnt bearbeitet, 2 geht es um das post-interventionistische und post-nationale Recht zugleich: Wieder beobachten wir eine Auseinandersetzung mit den Diagnosen der beiden großen Zeitgenossen, diesmal handelt es sich freilich eher um eine Absetzbewegung als einen Brückenschlag. In beiden Strängen seines Werkes hat Gunther Teubner das kollisionsrechtliche Denken von seiner Herkunft aus dem Internationalen Privatrecht gelöst und es zu einem Paradigma der Form rechtlicher Vermittlungsprozesse schlechthin entwickelt. Dieses Paradigma kommt bei ihm gleichsam ubiquitär zur Geltung, in den pluralistischen Konfliktlagen staatlich organisierter Demokratien ebenso wie in der transnationalen und der postnationalen Konstellation. Den Kerngehalt seines Denkens möchten wir so zusammenzufassen: Die für die gesellschaftliche Moderne grundlegende gesellschaftliche Arbeitsteilung lässt sich nicht mehr nationalstaatlich rahmen. Vielmehr drängen die arbeitsteilig ausdifferenzierten und schon innerstaatlich allenfalls noch reflexiv steuerbaren gesellschaftlichen Sphären ihr jeweiliges Recht über die Grenzen des Nationalstaats hinaus. In diesen Prozessen entstehen funktionale transnationale Rechtsregime öffentlichen, privaten oder 1 2
Reflexives Recht, ARSP 69 (1982), 13–59. Globale Bukowina, RJ 15 (1996), 255–290.
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hybriden Charakters, die sich in Gestalt autonomer Rechtsverfassungen stabilisieren. Nach der Erosion der Ordnungskraft des Staates und aufgrund des Solipsismus der ausdifferenzierten Teilsysteme kommen in dieser Lage als Foren und Akteure die Gerichte ins Spiel. Sie werden mit den Kollisionen der Rechte jener funktionalen Regime (deren Verfassungen) konfrontiert, die sie als bloße Rechtskonflikte wahrnehmen und entscheiden, obgleich es um Kollisionen zwischen inkommensurablen Rationalitäten der ausdifferenzierten funktionalen Teilsysteme geht. Die gerichtliche Konfliktschlichtung darf nun – und hier kommt ihre kollisionsrechtliche Form zum Tragen – nicht etwa der einen gesellschaftlichen Rationalität Vorrang vor der anderen einräumen, um so gesellschaftliche Hierarchien zu konstituieren; vielmehr kommt es gerade darauf an, dass keine der konkurrierenden Rationalitäten einen unbedingten Vorrang erhält, sondern dass allen auch im Konflikt möglichst weitgehende Geltung verschafft wird. Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von mit Gunther Teubner geteilten Perspektiven und Überzeugungen wollen wir uns im Folgenden ebenfalls um das kollisionsrechtliche Paradigma bemühen. Es geht uns dabei nicht so sehr um die Diskussion und Klärung von Übereinstimmungen und Differenzen als vielmehr um eigene theoretische Akzente und deren beispielhafte Veranschaulichung. Die Akzente betreffen die gesellschaftliche Grundlage der Rechtskollisionen, die zur kollisionsrechtlichen Schlichtung berufenen Akteure und die hierarchische Ordnung der kollidierenden Rechtsmassen untereinander. Erstens wollen wir vorbringen, dass es auch das Recht in der post-modernen Konstellation vielfach mit Konflikten zu tun hat, die sich immer noch sehr treffend als sozioökonomische Konflikte begreifen lassen, welche sich weniger über widerstreitende Rationalitäten, als über widerstreitende Interessen konstituieren. Hier sehen wir mehr Kontinuitäten als Brüche zwischen der nationalen und der postnationalen Konstellation, zwischen Webers Diagnosen der Bedrohung der formalen Rationalität des nationalstaatlichen Rechts durch „soziale“ Rechtsinteressenten und den Reformalisierungs- und Entrechtlichungstendenzen der postnationalen Konstellation. 3 Dies wollen wir anhand der offenbar immer konfliktreicher werdenden Spannung innerhalb des europäischen Integrationsprozesses zeigen, die aus der Disjunktion der im Nationalstaat des „goldenen Zeitalters“ noch vereinten Sphären des Wirtschaftlichen und des Sozialen resultiert ( II .). Zweitens möchten wir dafür werben, Recht nicht exklusiv als Produkt der Rechtsprechung von Gerichten zu begreifen. Vielmehr wollen wir das Legitimität stiftende Moment seiner Genese in demokratischen Verfahren nicht nur als Idee festhalten, sondern auch in den Rekonstruktionen vernünftiger Wirklichkeit zum Tragen bringen. Das bedeutet für die Arbeit am und im 3 Dazu J.P. McCormick Weber, Habermas, and Transformations of the European State, 2007, 104–125.
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kollisionsrechtlichen Paradigma, dass auch für die Generierung von rechtlichen Kollisionslösungen nicht vordringlich Gerichte berufen sind, sondern Raum für Akteure und Prozeduren geschaffen werden muss, die andere Lösungen ermöglichen als diejenigen, die sich als Ergebnisse von Rechtsanwendung darstellen lassen. Zur Veranschaulichung wollen wir an dieser Stelle den europäischen Umgang mit Problemlagen der Risikogesellschaft in eine kollisionsrechtliche Perspektive bringen ( III .). Unser drittes Anliegen betrifft das normative Verhältnis ziviler und öffentlicher Verfassungen. Die Herausbildung von „Zivilverfassungen“4 namentlich im transnationalen Kontext erscheint uns empirisch durchaus unbestreitbar. Wir meinen aber, dass das Nebeneinander ziviler und öffentlicher Verfassungen nicht als echter Pluralismus autonomer und gleichwertiger Ordnungen begriffen werden sollte. Vielmehr möchten wir an dieser Stelle eine Asymmetrie einziehen, die im Verhältnis zwischen ziviler und öffentlicher Verfassung bestehen muss. Sie liegt darin, jede zivile Verfassung und ihr Recht den Auflagen und der Beobachtung öffentlicher Verfassung zu unterstellen. Dies illustrieren wir am Beispiel der europäischen Normung ( IV ). Gunther Teubner hat sich, auch hierin Luhmann 5 verpflichtet, vom europäischen Integrationsprojekt nicht beeindrucken lassen, um stattdessen globale Problemzusammenhänge in den Blick zu nehmen. Demgegenüber entstammen unsere Beobachtungen dem Feld des Europarechts, dem wir freilich eine grundsätzliche Bedeutung zumessen. Auf den Fall des Europarechts bezogen versuchen wir, das provozierende und sicher auch kontraintuitive Verständnis vom „Europarecht als Kollisionsrecht“ anstelle des geläufigen Verständnisses vom Europarecht als Suprematierecht weiterzuentwickeln, 6 ohne zu beanspruchen, mit dieser Programmatik alle Bereiche europäischer Rechtsentwicklung entschlüsseln zu können. Vielmehr geht es darum, die Grundproblematik der europäischer Verrechtlichungsprozesse angemessen zu konzeptualisieren, bei der es, entgegen verbreiteter Ansicht, eben nicht um eine föderale Staatswerdung Europas geht, sondern um die rechtliche Vermittlung von Unterschieden zwischen modernen sozial- und steuerungsstaatlichen Rechtsordnungen, die sich wirtschaftlich und gesellschaftlich immer enger miteinander verschränken. 7 Diese Konstellation 4 G. Teubner Globale Zivilverfassungen? Alternativen zum staatszentrierten Konstitutionalismus, ZaöRV 63 (2003), 1–28. 5 N. Luhmann Die Weltgesellschaft, ARSP 57 (1971), 1–35; zu Europa in größter Knappheit: Europa als Problem der Weltgesellschaft, Berliner Debatte INITIAL , 2 (1994), 3–7. 6 Freilich könnte man auch im Suprematiegrundsatz eine Kollisionsnorm sehen. Aber damit verfehlte man den essentiellen Zug des Kollisionsrechts, das gerade unter der Bedingung des Fehlens klarer vertikaler Hierarchien operiert. Zum Folgenden auch Ch. Joerges Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs, in FS Rehbinder, 2007, 719–747. 7 Diese Verschränkung hat J. Habermas (Faktizität und Geltung, 1992, 646) in terminologischer Anlehnung an Luhmann, aber in demokratietheoretischer Absicht, als „Öff-
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erfordert ein supranationales Kollisionsrecht neuen Typs, das auf eine Akkommodierung der mitgliedstaatlichen demokratischen Autonomien abzielt. Dieses Recht muss sich freilich den von Gunther Teubner analysierten Dilemmata allen regulativen Rechts 8 stellen, insbes. den Überforderungen öffentlich-demokratischer Institutionen. Wir meinen allerdings, dass auch deren Bearbeitung sich gerade im supranationalen Kontext am besten im kollisionsrechtlichen Paradigma bewerkstelligen lässt.
II. Gesellschaftliche Grundlagen von Kollisionen – die Rüffert-Entscheidung des EuGH Die gegenwärtige Krise des Prozesses europäischer Integration, die im Scheitern des Verfassungsprozesses und den erneuten Widrigkeiten der Ratifizierung des Lissabonner Vertrages anschaulich wurde, hängt unseres Erachtens wesentlich mit einem Defizit der Institutionalisierung des Integrationsprojekts zusammen, nämlich der Disjunktion der wirtschaftlichen von der sozialen Sphäre. 9 Hieran hat sich ungeachtet einer geradezu bedrückenden Vielzahl von gegenteiligen Beteuerungen sogar im Text der europäischen Verträge substanziell wenig geändert. Danach ist die europäische Ebene für die Einrichtung und Erhaltung eines europäischen Marktes zuständig, die mitgliedstaatliche Ebene kümmert sich um die sozialen Verteilungsfragen. In der Gründungsphase der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, mitten im „goldenen Zeitalter“ des Nationalstaates westlicher Prägung, konnte man von einer friedlichen Koexistenz beider Sphären ausgehen: Während der Gemeinsame Markt allen Beteiligten Wachstumsgewinne bescheren würde, bliebe die (Um-) Verteilung dieser Gewinne Sache der Mitgliedstaaten. Wesentliche Voraussetzung dieser optimistischen Erwartung war, dass es trotz der Grenzöffnungen für Güter- und Faktormärkte innereuropäisch nicht zu einem Wettbewerb auf der Basis von Arbeitskosten kommen würde. Man hatte nämlich herausgefunden, dass der Preis menschlicher Arbeitskraft, sofern man ihn produktivitätsbezogen berechnete, in allen Gründungsstaaten der Gemeinschaft auf vergleichbarem Niveau lag. Etwaige Störungen dieses ursprünglichen Gleichgewichts sollnung der Schere zwischen Betroffensein und Teilnahme“ bezeichnet Dies trifft sich mit unserer These, das supranationale europäische Kollisionsrechtrecht habe strukturellen Demokratiedefiziten des Nationalstaats entgegenzuwirken: seiner Unfähigkeit, die von nationalstaatlichen Entscheidungen Betroffenen an deren Herstellung zu beteiligen. 8 Verrechtlichung, in F. Kübler (Hg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, 1984, 289–344. 9 Ch. Joerges & F. Rödl Social Market Economy” as Europe’s Social Model?, in L. Magnusson & B. Stråth (eds.), A European Social Citizenship, 2004, 125–157.
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ten durch Anpassungen der seinerzeit noch flexiblen Wechselkurse behoben werden.10 Es ist kein Wunder, dass die Möglichkeit eines Wettbewerbs auf der Basis von Arbeitskosten von Anfang an Besorgnisse auslöste. Denn es ist das Kennzeichen, mutmaßlich sogar eine Möglichkeitsbedingung moderner Sozialstaaten, dass sie die Lohnkonkurrenz der Beschäftigten untereinander begrenzen, sei es durch gesetzliche Mindestarbeitsbedingungen, sei es durch die rechtliche Sanktionierung von Tarifautonomie. Offene Grenzen für Wirtschaftsgüter bedrohen diese historisch gewachsene, aber auch erkämpfte Begrenzung, wann immer die Öffnung gegenüber Staaten erfolgt, deren Begrenzungsmechanismen weniger effektiv oder auf ein niedrigeres Niveau eingestellt sind. Beides ist im Verhältnis der alten zu den neuen Mitgliedstaaten der Union gegeben, weshalb die Erweiterung absehbare soziale Spannungen erzeugt hat, die auch nicht hinreichend mit Transferzahlungen abgemildert wurden – anders als im Falle der Süderweiterungen zu Beginn der 80er Jahre.11 Nun ist es eine Sache, dass in stärkeren Sozialstaaten die Mechanismen der Begrenzung der Lohnkonkurrenz durch supranationale Marktintegration an Effektivität verlieren. Es geht aber nicht mehr bloß um eine solche Faktizität, wenn darüber hinaus die EU die mitgliedstaatlichen Mechanismen direkt auf der Rechtsebene dergestalt aushebelt, dass sie nicht nur zunehmend praktisch leer laufen, sondern für rechtswidrig erklärt werden. Genau darum ging es jüngst vor dem Europäischen Gerichtshof in dem Verfahren Rüffert 12: Im Zuge abnehmender Bindungswirkung der deutschen Flächentarifverträge hat die – freilich stets umstrittene – politische Suche nach Alternativen auf Länderebene verschiedentlich zur Verabschiedung von Tariftreuegesetzen im Bereich öffentlicher Auftragsvergabe geführt.13 Tariftreuegesetzen zufolge müssen Unternehmer, soweit sie öffentliche Aufträge erfüllen, ihren Beschäftigten Entlohnung nach den örtlich einschlägigen Tarifverträgen gewähren. Mit diesem Instrument, das treffend auch die „kleine Allgemeinverbindlicherklärung“ genannt wird, lässt sich zumindest im Bereich öffentlicher Aufträge die Bindungskraft von Flächentarifverträgen stärken und in bestimmten Branchen wie etwa im Bau nahezu wieder herstellen. Diesen neuen, im deutschen Kontext aber sehr plausiblen Ansatz zur Bekämpfung von Lohnkonkurrenz hat der EuGH nun rundheraus für rechts10 Ausführlich: F. Rödl Arbeitsverfassung, in A. v.Bogdandy (Hg.), Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl., im Erscheinen. 11 Vgl. G. Ross Das „Soziale Europa“ des Jacques Delors, in St. Leibfried & P. Pierson (Hg.), Standort Europa, 1998, 327–368 (336). 12 EuGH , Rs. C-346/06, Rüffert ./. Land Niedersachsen, U. v. 3. 4. 08. 13 Überblick bei Th. Schulten & M. Pawicki Tariftreueregelungen in Deutschland, WSI Mitteilungen 2008, 184–190.
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widrig erklärt. Tariftreuegesetze verstießen gegen die in Art. 49 EGV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und die Entsende-Richtlinie.14 Diese schreibt vor, dass bestimmte Kernarbeitsnormen, sofern sie gesetzlich oder für den Bausektor tarifvertraglich mit erga omnes-Wirkung festgelegt sind, auch für kurzfristig entsandte Beschäftigte gelten müssen. Der EuGH interpretierte sie aber zugleich als eine Regel, die alle übrigen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, interne Arbeitsbedingungen auf entsandte Beschäftigte zu erstrecken, verbietet, die also alle übrigen Formen ausschließt, interne Mechanismen zur Begrenzung von Lohnkonkurrenz gegen den europäischen Marktdruck zu effektivieren.15 Der deutsche Modus einer auf den öffentlichen Sektor beschränkten Allgemeinverbindlicherklärung sei, so befand der EuGH , derart abwegig, dass er den Rechtsfertigungstest für Grundfreiheitsbeschränkungen schon auf der ersten Stufe nicht bestand: Dass es hier tatsächlich um den Schutz von Arbeitnehmern gehe, sei nicht vorstellbar.16 Wie die juristische Herleitung dieser Ergebnisse lege artis durch den EuGH zu beurteilen ist, mag hier dahin stehen; sicherlich aber war sie alles andere als zwingend.17 Jedenfalls hat er in der Kollision der europäischen Ordnung des Marktes und der mitgliedstaatlichen Ordnung des Sozialen für den rechtlichen Vorrang der Marktordnung votiert. Damit hat der Gerichtshof durchaus einer Rationalität effektiven wirtschaftlichen Wettbewerbs einen ausschließenden Vorrang gegenüber einer Rationalität sozialen Ausgleichs verschafft. Darüber hinaus aber hat er dabei präzise einen Punkt getroffen, der für das Überleben moderner Sozialstaatlichkeit unter Bedingungen grenzüberschreitender Märkte von zentraler symbolischer und praktischer Bedeutung ist. Freilich handelt es sich um ein Feld, das immer schon politisch und gesellschaftlich umkämpft war und ist. Der Schutz vor Lohnkonkurrenz durch Gesetz oder durch gewerkschaftliche Organisation und Ausübung gewerkschaftlicher Rechte war Ergebnis politischer und sozialer Kämpfe und seine je konkrete Ausgestaltung ist es bis heute.18 Indem das europäische Recht bestimmte Regulierungen, die nichts anderes als Zwischenstände dieser gesellschaftlichen Kämpfe auf mitgliedstaatlicher Ebene darstellen, für rechtswidrig erklärt, wirkt es darum parteilich zugunsten derjenigen Seite, der ohnehin an keiner oder möglichst geringer Regulierung der Lohnkonkurrenz gelegen ist. Richtlinie 96/71/ EG , ABl . L 18/1996, 1. Dies gegen das Votum zweier Generalanwälte: GA Bot, Rs. C-346/06, Rüffert (Fn. 12), Rn. 83 zum einen und GA Mengozzi, Rs. C- 341/05, Laval un Partneri, U. v. 17. 12. 07, Rn. 197 f. 16 EuGH , Rs. C-346/06 (Fn. 12), Rn. 40. 17 Vgl. nur das entgegen gesetzte Votum des französischen Generalanwalts: GA Bot, C-346/06, Schlussanträge v. 20. 9. 2007. 18 Vgl. die umfassende Darstellung von M. Kittner Arbeitskampf, 2005. 14 15
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Die Rüffert-Entscheidung macht besonders anschaulich, wie hinter Kollisionen unterschiedlicher – in diesem Falle: wirtschaftlicher und sozial(staatlich)er – Rationalität gesellschaftliche Konflikte stehen können, die gerade die konkrete Art der Auflösung jener Kollisionen zu ihrem Gegenstand haben. Eine scheinbar neutrale Anrufung der am föderalstaatlichen Vorbild orientierten rechtlichen Regel, die einen generellen Vorrang des Europarechts durchsetzen will, ist in dieser Art von Konflikten sicher deplaziert. Nicht weit genug trüge aber auch ein allgemeines Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme. Denn wie gerade die Rüffert-Entscheidung zeigt, würde dessen Befolgung gerade zu Landnahmen des wirtschaftlichen Wettbewerbs in solchen Sphären führen, um deren Schutz vor dem Durchgreifen wettbewerblicher Imperative gerade gerungen wird. Stattdessen wäre es dringend geboten, dass sich das europäische Recht und seine Institutionen verständig zeigten für die gesellschaftlichen Hintergründe des Zuschnitts der Kompetenzen der Union, denen zufolge die Artikulation sozialer Rechte sehr weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen bleiben muss.
III. Rechtliche Verfassung politischer Kollisionsnormbildung – das europäische Ausschusswesen Während Europa mit der Entwicklung einer transnationalen Arbeits- und Sozialverfassung nicht zurechtkam, hat es in den Feldern der sogenannten Sozialregulierung, das heißt der Regulierung des Schutzes von Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherbelangen, progressiv-modernisierend gewirkt. Als sich alle institutionellen Akteure Mitte der 80er Jahre darauf verständigt hatten, die Integration durch eine „Vollendung des Binnenmarktes“ voranzutreiben, stellte sich rasch heraus, dass hierfür umfängliche regulative und institutionelle Reformen in Angriff genommen werden mussten. Dies hat viele Beobachter, namentlich die Protagonisten eines neo-liberalen MarktEuropas irritiert, war aber schon deshalb nicht wirklich überraschend, weil Europa bei seinem market building auf in den nationalen Gesellschaften fest etablierte regulative Praktiken traf, die es nicht einfach abschaffen konnte: Umfassende regulatorische Reformen erschienen von daher als die attraktivere Alternative. Nun muss regulative Politik überall, bei der ökonomischen ebenso wie bei der sozialen Regulierung, auf Expertenwissen zurückgreifen. Sie benötigt darüber hinaus eine administrative Infrastruktur und ist schließlich auf das Wissen und die Kooperation gesellschaftlicher Akteure angewiesen. In all diesen Hinsichten war die europäische Ebene des Regierens auf die Aufgaben, die sie mit ihrem Großprojekt in Angriff nahm, schlecht gerüstet. Aus eben dieser Schwäche ergaben sich innovatorische Zwänge, Chancen und Risiken. Für die Architekten des europäischen Binnenmarktes kam der
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Aufbau einer hierarchisch strukturierten Verwaltung oder die Einrichtung europäischer Agenturen nach amerikanischen Vorbildern nicht wirklich in Frage. Es lag nahe, stattdessen auf jene Handlungsform zurückzugreifen, mit der Europa schon einmal eine Ebenen übergreifende, kontinuierlich tätige „politischen Verwaltung“ aufgebaut hatte, nämlich das in der Agrarpolitik entstandene Ausschusswesen. Hierfür erfand der amtliche Sprachgebrauch den schönen Terminus „Komitologie“.19 Sein obskurer Klang entspricht der Komplexität der Aufgabe, die funktionalen und strukturellen Spannungen des Binnenmarktprojekts klein zu arbeiten. Dabei geht es gerade bei der „Durchführung“ der neuen regulativen Politiken oft genug nicht bloß um technische, sondern auch um politisch sensible Themen. Die Komitologie muss dann zwischen funktionalen Erfordernissen und normativen Belangen vermitteln. Die jeweils unterschiedliche Zusammensetzung der Ausschüsse ergibt sich aus der Aufgabe, die verschiedenen Bestände an Fachwissen und regulativen Anliegen gegeneinander abzuwägen und zu einer Synthese zu bringen. Sie spiegelt aber auch die Interessenvielfalt und die politischen Differenzen wider, die im Implementierungsprozess ausgetragen werden müssen. In unseren einführenden Bemerkungen haben wir die Komitologie als einen Modus der Konfliktvermittlung bezeichnet, der sich nicht als „Rechtsanwendung“, also auch nicht als konventionelles Kollisionsrecht begreifen lässt. Gewiss lassen sich die Konflikte, die in den Ausschüssen behandelt werden, als Kollisionen wirtschaftlicher mit unterschiedlichen Versionen sozialregulativer Rationalität beschreiben. Aber die im internationalen öffentlichen Recht tradierten und in der amerikanischen conflicts revolution von Brainerd Currie erneuerten Einwände erweisen sich als triftig. 20 Eine exklusiv judikative Bearbeitung dieser Kollisionen stünde vor einem unlösbaren Dilemma, denn hier bestünden nur zwei gleichermaßen untaugliche Möglichkeiten: Gerichte könnten entweder der Tradition des öffentlichen Kollisionsrechts entsprechend 21 die territoriale Reichweite einer mitgliedstaatlichen Regulierung zur Geltung bringen und würden so den Binnenmarkt konterkarieren; oder sie könnten nach dem Vorbild eines liberalistisch konzipierten Kollisionsrechts 22 ein reines Herkunftslandprinzip etablieren und hätten dann in Kauf zu nehmen, dass die Bürger der Union solchen Vorstel19 Details bei J. Falke Komitologie – Entwicklung, Rechtsgrundlagen und erste empirische Annäherung, in Ch. Joerges & J. Falke (Hg.), Das Ausschußwesen der Europäischen Union. Praxis der Risikoregulierung im Binnenmarkt und ihre rechtliche Verfassung. Baden-Baden, 2000, 43- 159. 20 Hierzu: Ch. Joerges Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts, 1971, bes. 154 ff. 21 G. Kegel & I. Seidl-Hohenveldern Zum Territorialitätsprinzip im internationalen öffentlichen Recht, in FS Ferid, 1978, 233–277. 22 St. Grundmann Das Internationale Privatrecht der E-Commerce-Richtlinie, RabelsZ 67 (2003), 246–297.
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lungen wegen ihrer deregulativen Implikationen die Anerkennung versagen. Gefordert sind mithin letztlich Sachnormen, die jedoch nicht als Sachnormen einer übergeordneten föderalen Rechtsebene auftreten, sondern als „Sachnormen im Kollisionsrecht“ 23 funktional Kollisionsnormen bleiben. Anders als die Normen öffentlichen oder liberalistischen Kollisionsrechts können regulative Sachnormen aber von vorne herein nur schlecht als Erkenntnis von Rechtsanwendung auftreten, weshalb Gerichte als ihre Produzenten eigentlich ausscheiden. Vielmehr müssen jene Normen in politischen Verfahren generiert werden, die ihre kollisionsrechtliche Funktion spiegelt. Wer sich all dies vor Augen führt, wird der Komitologie einiges abgewinnen können. Deren „Regelungsausschüsse“ agieren nach der Art von „Miniräten“, so dass sie die Legitimation ihres Tuns aus der Delegation von demokratisch legitimierten mitgliedstaatlichen Regierungen ableiten. Mit der Rücksichtnahme auf konkurrierende Belange und der Einbeziehung von wissenschaftlicher und praktischer Expertise hat sich auf europäischer Ebene ein „Entdeckungsverfahren der Praxis“ 24 institutionalisiert, das auf die Produktivität kooperativer Bearbeitungen komplexer Konfliktlagen setzt, und tragfähige Indizien weisen darauf hin, dass jene Problemerörterungen in aller Regel sachlich-deliberativ, wenngleich unter weitgehender Abschottung vor der Öffentlichkeit, verlaufen. 25 Nun ist es kein Spezifikum der europäischen Konstellation, dass der Vorsprung der Verwaltung an Wissen und Macht die für die moderne Demokratie essentiellen hierarchischen Verhältnisse zwischen Gesetzgebung, Regierung und Verwaltung zu konterkarieren droht. 26 Auch in supranationalen Zusammenhängen kommt es darauf an, sich gegen die Risiken einer Verselbständigung europäischer und internationaler Funktionsbürokratien und Expertenzirkel zu wappnen. 27 Ansätze hierfür sind bereits gegeben mit der Transparenz des Ausschusswesens gegenüber dem Europäischen Parlament und subjektiven Informationsansprüchen der Bürger 28, sowie mit priSiehe schon E. Steindorff Sachnormen im Internationalen Privatrecht, 1958. Zum Terminus vgl. Ch. Joerges Verbraucherschutz als Rechtsproblem, 1981, 111 ff. 25 Ch. Joerges & J. Neyer Von intergouvernementalem Bargaining zur deliberativen Politik, in B. Kohler-Koch (Hg.), Regieren in entgrenzten Räumen, PVS Sonderheft 28 (1998), 207–233. Eine Ausnahme zur außerordentlich hohen Konsensorientierung in den Ausschüssen besteht bei Fragen der Zulassung gentechnisch veränderter Produkte. 26 W. Schluchter Aspekte bürokratischer Herrschaft, 1985; H. Häußermann Die Politik der Bürokratie, 1977. 27 Darin bestünde, wie R. Schmalz-Bruns es treffend ausdrückt, die „normative Pointe von Konstitutionalisierung“ supranational-administrativer Verrechtlichung: An den Grenzen der Entstaatlichung, in P. Niesen & B. Herborth (Hg.), Anarchie der kommunikativen Freiheit, 2007, 269–294 (290). 28 Art. 5 Abs. 5, 7 Abs. 3 des Beschlusses des Rats zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse v. 28. 6. 1999, ABl . L 184/23 einerseits und EuG, Rs. T-188/97, Rothmans International gegen Kommission, Slg. 1999 II -2463 andererseits. 23 24
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mär- und sekundärrechtlichen Schutzklauseln, die keine dauerhaften Ausstiegsoptionen gewähren, aber immerhin politisch wahrzunehmende Rechte auf erneute Beratung und Entscheidung einräumen. 29 Weitergehende Vorstöße zu einer umfassenden und im Wesentlichen prozedural angelegten Konstitutionalisierung der Komitologie haben freilich zwei Schwierigkeiten zu bedenken. Die eine betrifft die Verständnisbarrieren zwischen Experten und allgemeiner Öffentlichkeit. Die andere ergibt sich aus den sozioökonomischen und kulturellen Abhängigkeiten der Risikopolitik. Die Konstitutionalisierung der Komitologie muss deshalb zum einen die Pluralität der Expertise gewährleisten, die in den Entscheidungsprozessen zum Tragen kommen soll, zum anderen aber auch der sozialen und politischen Pluralität Europas Rechnung tragen und deshalb dafür sorgen, dass die europäischen Öffentlichkeiten sich wechselseitig beobachten und die Besorgnisse der jeweils anderen ernst nehmen. 30 Wenn all diese Rücksichtnahmen einheitliche Entscheidungen erschweren, so ist dies, jedenfalls normativ gesehen, kein Nachteil, sondern entspricht der Pluralität der EU . Um die praktischen Realisierungschancen entsprechender Vorschläge ist es indessen nicht gut bestellt. Auf eine Vermehrung regulativer Aufgaben einerseits und die Steigergung sozioökonomischer Divergenzen, letzteres allem voran Folge der Ost-Erweiterung, reagiert die regulative Politik mit einer zentralisierenden „Verwissenschaftlichung“ von Entscheidungsprozessen, in der grundsätzlich nur solche Einwände gegen Umwelt- und Gesundheitsrisiken relevant sein sollen, für die es wissenschaftlich abgesicherte Belege gibt. Der Wirkungsbereich der Komitologie wird dabei zurückgedrängt. An ihre Stelle treten zunehmend Europäische Agenturen, die sich mit kognitiv verstandenen Risikoanalysen befassen, während das risk management politisch verantwortlichen Akteuren zugewiesen wird – als ob sich die kognitiv-wissenschaftlichen und die praktisch-politischen Dimensionen der Risikoregulierung säuberlich voneinander trennen ließen. Sind die hier zu entscheidenden Konfliktlagen zureichend als Ungleichgewichte zwischen verschiedenen funktional ausdifferenzierten Kommunikationsformen erfassbar?31 Wir nehmen andere Antriebskräfte mit in den Blick und kommen darum auch zu einer anderen institutionellen und rechtlichen Problemsicht: Die faktische Stärkung wissenschaftlicher Beratung in der europäischen Risikopolitik kommt den Interessen an gemeineuropäischen einheitlichen Entscheidungen entgegen; sie erleichtert die Einbindung der europäischen Politik in globale Abstimmungen; dies kommt schließlich den Art. 95 Abs. 4–8 und Abs. 10 EGV. Zum hier in Bezug genommenen Verständnis europäischer Öffentlichkeit insbesondere K. Eder Zur Transformation nationalstaatlicher Öffentlichkeit in Europa, BJS 10 (2000), 167–184. 31 Vgl. am Bsp. europäischer Chemikalienregulierung P.F. Kjaer Between Governing and Governance, PhD-Thesis EHI Florenz 2008, 190 ff. 29 30
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Vermarktungsstrategien global agierender Unternehmen entgegen, die sich nicht darum kümmern wollen, wie sich die rechtlichen Anforderungen an das Wohlbefinden von Hausschweinen oder gentechnologische Innovationen auf die Beschäftigungszahlen in der polnischen Landwirtschaft auswirken. In dieser Tendenz zur Abschottung der regulativen Politik Europas von ihren distributiven Implikationen reproduziert sich die Disjunktion von Marktintegration und Sozialintegration.
IV. Asymmetrische Kollision öffentlicher und privater Verfassung – die europäische Normung Auch wenn die governance-Arrangements, mit denen Europa seine ökonomische und soziale Regulierung des Binnenmarktes organisiert, vielfach nicht-gouvernementale Akteure einbeziehen, so dominiert dort doch, jedenfalls in der eben besprochenen „alten“ Komitologie, die administrative Komponente. In der praktisch ungemein wichtigen, alle Bereiche von Produktion und Konsum durchdringenden Normung ist dies umgekehrt. Hier haben sich Staat, Verwaltung und Europäische Kommission zwar keineswegs abgemeldet, aber doch auf eine Förderer- und Beobachterrolle zurückgezogen. In Europa geschah dieser Positionswechsel im Jahre 1983 durch die „Neue Konzeption für technische Harmonisierung und Normung“. Deren (Erfolgs-)Geschichte ist geradezu provokant: 32 Nachdem die Bemühungen um die Beseitigung von sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen, mit der die EWG seit 1969 planmäßig befasst war, sich als ein aussichtloses Unterfangen erwiesen hatte, ersann Lord Cockfield im Auftrag der Kommission ein Bündel klug aufeinander abgestimmter Maßnahmen: Die europäische Rechtsetzung entlastete sich dadurch wesentlich, dass sie sich von nun an damit begnügte, wesentliche Sicherheitsanforderungen festzulegen. Deren Konkretisierung wurde an die europäischen Normungsorganisationen CEN , CENELEC und ETSI unter Zwischenschaltung von Normungsmandaten delegiert. Die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure bedeutete de facto eine Delegation gesetzgeberischer Kompetenzen. Auf den ersten Blick mag es geradezu paradox erscheinen: die Verregelung dieses „privaten Transnationalismus“ (Schepel) ist weitaus intensiver ausgefallen als die der vormals öffentlich-rechtlichen, jetzt von den neuen governance-Arrangements erfassten Politikfelder. Es haben sich allgemein akzeptierte und stabile Prozeduren herausgebildet, die Rechtsprinzipien, professionelle Standards und Partizipationschancen synthetisieren und immer wieder zu konsentierten Problemlösungen führen. 32
H. Schepel, The Constitution of Private Governance, 2005, bes. 35 ff.
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Bezeichnenderweise weist die europäische Normung viele Merkmale der Komitologie auf. Sie hat insbesondere auf eine Zentralisierung verzichtet und stellt durch eine nicht-unitarische Netzwerkstruktur sicher, dass nationale Delegationen ihre jeweiligen Perspektiven einbringen können. Verwaltungen und auch Gerichte sind zuweilen aktuell und stets latent präsent. Die Normung operiert in ihrem Schatten. Sie hat sich vom staatlichen Recht gelöst, bleibt aber transparent und hält Kontakt mit gouvernementalen Akteuren. Für Schepel liegt das Erfolgsgeheimnis der Normung darin, dass sie ihre Verfahren keinen ökonomischen oder wissenschaftlichen, sondern politischen Maßstäben unterstellt: Transparenz, Offenheit und ausgewogene Interessenrepräsentation sind die Maßstäbe, nach denen sich die einschlägigen Beratungen innerhalb der berufenen Institutionen ausrichten. Sie befördern weder wissenschaftliche Erkenntnis noch ökonomisch Effizienz, sondern zielen auf die Anerkennung ihrer Ergebnisse im staatlichen Recht. 33 Mithin haben wir es hier mit einer Konstellation zu tun, in der das zwingende staatliche Recht und die Norm-Fertigung nicht-staatlicher Akteure sich produktiv ergänzen. Die Behauptung, dass die Normung derartige Sensibilitäten entwickelt und pflegt – und zwar auf allen Ebenen des Regierens – erscheint uns zumindest plausibel. Denn Schepels Bebachtungen treffen sich mit historischen Untersuchungen, die Transformationen des eindimensional konstruierten Verbrauchers zum politisch agierenden Marktbürger rekonstruieren, 34 mit soziologischen Analysen, die eine Moralisierung von Märkten diagnostizieren, 35 und mit einer Vielzahl wirtschaftssoziologischer Studien, die Märkte als soziale Institutionen begreifen. 36 Um dies zu verallgemeinern: Das Recht kann und sollte darauf bauen, dass die moderne Wirtschaft und ihre Märkte eben nicht automatengleich nach dem geldvermittelten Steuerungsmodus von Angebot und Nachfrage funktionieren. Vielmehr müssen sie politisch wichtige Festlegungen treffen. Das Recht darf davon ausgehen, dass den Produzenten dieser Normen grundsätzlich an deren Anerkennung insbesondere durch verfassungsstaatliches Recht gelegen ist. Deshalb kann und soll jenes Recht auf das Zustandekommen dieser Festlegungen Einfluss nehmen. Ebenso wie im Falle der Komitologie müssen wir uns der Frage stellen, inwiefern solche Interaktionen kollisionsrechtlich begreifbar sind. Im Unterschied zu den Anerkennungsfragen, die dem überkommenen Kollisionsrecht im Verhältnis zu fremdem Recht und fremder gerichtlicher Entscheidung begegnen, haben wir es hier mit para-legalen Alternativen zu 33 34 35 36
AaO, 223. K. Soper & F. Trentmann (eds.), Citizenship and Consumption, 2007. N. Stehr Die Moralisierung der Märkte, 2007. J. Beckert Grenzen des Marktes, 1997.
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staatlichem Recht zu tun. Gleichzeitig geht es aber, nicht anders als in entsprechenden nationalen Konstellationen auch, um Regelungsprobleme, für deren Bewältigung dem staatlichen Recht die Ressourcen und die Expertise fehlen. 37 Dem Übergang zu prozeduralen Regelungsformen im nationalen Recht entspricht dann die Bereitschaft zur Anerkennung der Ergebnisse gesellschaftlicher Normproduktion, die erstens an sachliche Voraussetzungen geknüpft ist, die zweitens prozedurale Vorgaben einlöst oder zumindest anerkannten Praktiken entspricht und deren Ergebnisse drittens von staatlichen Rechtsordnungen, mit deren ordre public sie unvereinbar sind, nicht hingenommen werden müssen. Diese Vorstellung einer kollisionsrechtlichen Anerkennung nicht-staatlichen Rechts unter Bedingungen und Auflagen repräsentiert nicht etwa eine radikale Innovation kollisionsrechtlichen Denkens. Vielmehr wird eine Figur aufgenommen und verallgemeinert, die sich „seit jeher“ im Kollisionsrecht für private Rechtsverhältnisse findet, nämlich die Anerkennung von Sprüchen privater Schiedsgerichte durch das staatliche Recht (§§ 1059 ff. ZPO ) 38, die gleichfalls sachlichen Voraussetzungen sowie prozeduralen und materiellen Anforderungen unterliegt, die insbesondere gehaltvoller sind als diejenigen einer Anerkennung fremden Rechts (Art. 6 EGBGB ) oder der Anerkennung fremder gerichtlicher Entscheidungen (§ 328 ZPO ). Mit dieser Analogie wird auch die Asymmetrie unterstrichen, die im bisher Gesagten schon angesprochen war: Private Normsetzung sucht die Anerkennung durch staatliches bzw. europäisches Recht, ist auf sie angewiesen und operiert darum in dessen Schatten. 39 Nach unserem Verständnis liegt genau hierin ein abweichender Akzent gegenüber Gunther Teubners Zeichnung von „Zivilverfassungen“. 40 Denn wir können auf diese Weise (und wollen es auch), um es abstrakt-alteuropäisch zu fassen, der Vorstellung verhaftet bleiben, dass Recht nur dann Geltung beanspruchen kann, wenn sich alle ihm rechtlich oder faktisch Unterworfenen auch als seine gleichberechtigten Autoren verstehen können – und dies erscheint nicht anders denkbar als in Verfahren unter öffentlicher Verfassung.
37 E. Schanze International Standards – Functions and Links to Law, in P. Nobel (ed.), International Standards and the Law, 2005, 84–103, 90 f.; H. Schepel Sources and Legal Recognition of Standardisation, in Ch. Joerges & E.-U. Petersmann (eds.) Constitutionalism, Multilevel Trade Governance and Social Regulation, 2006, 397–409. 38 Hierzu im Kontext der Diskussionen um ein „Privatrecht jenseits des Staates“: F. Rödl Private Law Beyond the Democratic Order?, Am. J. Comp. L. 56 (2008), 743–766 (764 ff.). 39 Dieser Aspekt erscheint uns auch zentral bei M. Herberg Globalisierung und private Selbstregulierung, 2007. 40 Ähnliche Intentionen verfolgen nach unserem Verständnis K. Günther (Zivil-)Recht, in Ch. Joerges & G. Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 295–311 (305 ff.) und Ch. Möllers Transnational Governance without a Public Law?, in Ch. Joerges, I.-J. Sand & G. Teubner (eds.), Constitutionalism and Transnational Governance, 2004, 329–337.
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V. Beschluss Mit unserem „Beschluss“ wollen wir weder eine anglo-amerikanische „conclusion“ noch eine deutsche „Zusammenfassung“ liefern, sondern an jenen Sprachgebrauch anknüpfen, der weitere Aufklärung zwar für notwendig erklärt und ankündigt, dies aber nicht als Grund für eine Verweigerung praktisch relevanter Auskünfte gelten lässt. Gewiss haben wir unseren kollisionsrechtlichen Ansatz in seinen drei Dimensionen weiter zu erproben und zu konkretisieren. Gewiss müssen wir seine Anschlussfähigkeit in der Rechtstheorie, der Integrationstheorie und der Theorie internationaler Beziehungen genauer belegen. Aber es sollte doch deutlich geworden sein, von welchen Orientierungen wir uns bei all dem leiten lassen wollen. Am wichtigsten ist uns das Verhältnis des Rechts zu den Herausforderungen der post-nationalen Konstellation. Es geht uns hier um die Fortschreibung seiner Aufgabe der Gewährung und Gewährleistung individueller und sozialer Freiheit. Sie erfordert, dass die Formen individueller Freiheit in öffentlich-demokratischen Verfahren artikuliert werden. 41 Die post-nationale Konstellation führt einerseits zu Kollisionen von gesellschaftlich generierten Normbeständen mit öffentlich verfasstem Recht und zu Kollisionen dieser Normbestände untereinander. In diesem Pluralismus kann das Recht seine demokratische Legitimität nur bewahren, wenn gesellschaftliche Normproduktion als verliehene Autonomie öffentlich angeeignet wird. Andererseits kommt es zu Kollisionen von öffentlich verfassten Rechtsordnungen im inzwischen globalen fragmentierten Mehrebenensystem. Hier kann das Recht seine demokratische Legitimität nur bewahren, wenn es errungene demokratische Autonomie schützt und demokratische Defizite der Fragmentierung 42 ausgleicht. Für ein Verständnis und die Bewältigung beider Aufgaben empfehlen wir eine Orientierung am kollisionsrechtlichen Denken, das Gunther Teubner wie kein anderer vorangetrieben hat. Nicht nur liefert es, wie wir beispielhaft zu zeigen versuchten, das fruchtbarste theoretische Paradigma. Vor allem repräsentiert das Kollisionsrecht die Form der legitimen Verfassung der post-nationalen Konstellation.
J. Habermas (Fn.7), 109–165. J. Bast Das Demokratiedefizit internationaler Fragmentierung, erscheint in: Soziale Welt; Ch. Möllers Gewaltengliederung, 2005, 223. 41
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I. Das Erbe der „bleiernen Jahre“ „In Konkretisierung Unseres festen Königlichen Willens, voranzuschreiten bei der Förderung der Menschenrechte – in der Praxis und als Kultur –, richten Wir heute die Kommission Gerechtigkeit und Versöhnung ein. Damit setzen Wir die letzte Marke auf dem Weg, der zum definitiven Abschluss eines heiklen Kapitels führen soll – am Ende eines Prozesses, der Anfang der 1990er Jahre begonnen hat und dessen Festschreibung Gegenstand Unserer allerersten Verfügung nach Unserer Inthronisation gewesen ist“ (zitiert nach Dennerlein 2005: 11). Der König von Marokko Mohamed VI . hat mit dieser feierlichen Ansprache am 7. Januar 2004 die Einsetzung einer Untersuchungskommission nach dem Vorbild der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission angekündigt. Am 10. April desselben Jahres wurde durch königliches Dekret die Kommission mit dem offiziellen Namen „Instance Equité et Réconciliation: Commission Nationale pour la Vérité, l’Èquité et la Réconciliation“ ( IER ) eingesetzt.1 Bereits die Zusammenstellung der beteiligten Persönlichkeiten war von großer gesellschaftlicher Symbolkraft, da sie aus unabhängigen Intellektuellen, Historikern, Ärzten sowie Menschenrechtsaktivisten aus den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen des Landes bestand. Der unerwartet im Frühjahr 2007 verstorbene, hoch angesehene ehemalige Präsident der Kommission, Driss Benzekri, und fünf weitere Mitglieder der Einrichtung waren selbst Opfer staatlicher Verfolgung und verbüßten zum Teil langjährige Haftstrafen in Marokko. Das Untersuchungsziel der Kommission bestand vornehmlich darin, schwere Menschenrechtsverletzungen, die in der Zeit während der so genannten „bleiernen Jahre“ (Daoud 2007) seit der Unabhängigkeit Marokkos von 1956 bis 1 Zum Entstehungskontext, Verfahren und Abschluss der Kommissionsarbeit siehe die hierfür eigens eingerichtete Website der IER unter www.ier.ma/.
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1999 begangen wurden, aufzudecken, zu dokumentieren und den Opfern bzw. deren Hinterbliebenen Entschädigungsleistungen zukommen zu lassen. 2 Dieser Schritt war – für ein als eher konservativ geltendes, arabisch-islamisches Land – aus zweierlei Gründen ein unglaublicher Skandal. Zum einen ist dieses von Mohamed VI . in Gang gesetzte Verfahren mit dem ausdrücklichen Ziel der Förderung der Menschenrechte „in der Praxis und als Kultur“ in der arabischen Welt – bisher jedenfalls – einzigartig. Keiner der Machthaber in Ägypten, Saudi-Arabien, Syrien oder gar im Iran würde derzeit eine derartige Kommission zur Untersuchung von Staatsverbrechen bei sich dulden. Darüber hinaus handelt es sich auch und vor allem um einen unerhörten Tabubruch, denn der marokkanische König gilt laut Verfassung als unantastbare Person. 3 Und mit dem „heiklen Kapitel“, von dem der Monarch spricht und das als Untersuchungsgegenstand der Kommissionsarbeit fixiert worden ist, ist nicht weniger als von den massiven Menschenrechtsverletzungen die Rede, die sein eigener Vater, König Hassan II ., während seiner Regierungszeit zu verantworten hat. „Wird man nun über Hassan II . richten und dessen Regime den Prozess machen?“ so fragte die Wochenzeitung „Maroc Hebdo“ als Reaktion auf die königliche Ankündigung. Eine Aufklärungskommission berge nach Ansicht des Blattes und anderer konservativer Stimmen im Land die Gefahr, dass die gesamte Monarchie und damit das derzeitige konstitutionelle Legitimationsmodell des Staates in Frage gestellt werden würde. Der Hintergrund dieser Befürchtungen: König Mohamed VI . hat den Thron 1999 von seinem Vater nach dessen Tod geerbt. In Ländern wie in Südafrika war der Einberufung einer Wahrheitskommission jedoch ein Regimewechsel vorausgegangen. In Marokko aber gab es einen solchen historischen Bruch nicht. Nur der König ist ein anderer. Die entscheidende Frage, die sich hier stellt, ist: Warum riskiert der junge Monarch diese Konfrontation mit einer blutigen Vergangenheit und damit vielleicht auch seinen eigenen Kopf? Und warum soll das von staatlichen Funktionsträgern systematisch begangene Unrecht, darunter zahllose Fälle von willkürlichen Festnahmen, politischer Verfolgung, Vergewaltigung und Folter in Geheimgefängnissen, nicht mit den strengen Mitteln des nationalen oder gar globalen Strafrechts 4, sondern mit einer Anhörungs- und Narrationseinrichtung bewältigt werden? Warum votiert er für Erinnerung und Gedächtnis und nicht – was ja durchaus auch mit den vorhandenen Mitteln 2 Zum Mandat sowie dem rechtlichen Status der Kommission vgl. Dahir Nr. 1.04.42 Du 19 safar 1425 (10 April 2004). 3 Der König ist qua Verfassung Regierungschef, Oberbefehlshaber der Armee, Führer der Gläubigen und laut Artikel 23 als Person heilig und unantastbar. 4 Immerhin hat Marokko das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs unterzeichnet, wenn auch noch nicht ratifiziert.
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des nationalen Rechts erreichbar wäre – nämlich für das Vergessen, etwa durch Amnestien oder schlicht durch Verbote von entsprechenden Themen und Thesen? Und was hat das alles mit der angekündigten Förderung der Geltungskraft und Einhaltung der universalen Menschenrechte „in der Praxis und Kultur“ zu tun? Eine politikwissenschaftliche Einschätzung der Lage würde wohl folgende Antwort bereit halten: Dass nämlich die angekündigte Absicht der Förderung der Menschenrechte gar nicht ernst gemeint ist. Wie eine Analyse der kulturellen, politischen und ökonomischen Situation des Landes leicht zeigen könnte, erschiene in der Tat eine derartige Selbstbindung an westliche Standards, die ja zugleich einen massiven Eingriff in die islamische Identität und damit eine Einschränkung und Unterminierung der Souveränität der de facto absoluten Monarchie nach sich ziehen würde, nicht nur für den hoffnungslos korrupten Mahkzen (Herrschaftsapparat) als illegitime Einmischung in innere Angelegenheiten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, würde es sich bei den Ankündigungen des Königs lediglich um einen diplomatischen „cheap talk“, oder schärfer formuliert, um eine bewusst „organisierte Heuchelei“ (Krasner 1999) handeln. Eine zwar bestimmte, aber letztlich folgenlose „folklore d’etat“ 5, deren Zweck allein darin bestünde, die langjährige und systematische, über transnationale NGO ’s wie Human Rights Watch und Amnesty International mobilisierte Anklage und Kritik über Menschenrechtsverletzungen in Marokko zu entschärfen, ohne dass die eigene repressive innenpolitische Situation geändert oder gar die eigentliche Beendigung solcher Praktiken tatsächlich anvisiert werden würde. Die Einrichtung der Wahrheits- und Versöhnungskommission wäre demnach lediglich eine taktische Konzession an Forderungen der westlichen „Welt“Öffentlichkeit, um einerseits nicht als „Schurkenstaat“ aus der Gemeinschaft der so genannten „zivilisierten“ Welt verstoßen zu werden und andererseits mit Blick auf das globale Menschenrechtsregime internationale Abkommen, denen sich auch Marokko unterworfen hat, ohne Reputationsverlust zu umgehen. In dieser Lesart ginge es der Regierung wohl primär um die weitere Aufrechterhaltung des Zugangs zu den finanziellen Ressourcen und Zuwendungen des Entwicklungsförderungs- und Kooperationssystems internationaler Organisationen und um die Sicherung der Verhandlungsgrundlagen für weitere bilaterale Abkommen, wie dies beispielsweise die Spezialverträge zwischen Marokko und den USA und Marokko und der EU belegen, die vorrangig den ökonomischen und militärischen, bzw. sicherheitspolitischen Interessen der Vertragsparteien dienen. Aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive könnte man demgegenüber zu bedenken geben, dass womöglich die Ausgangsfragen selbst eine 5 So, gezielt abschätzend, die Formulierung des ehemaligen Innenministers, Driss Basri. Siehe: http://www.yabiladi.com/forum/read-2–885178–885252.html.
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andere Akzentuierung erfahren müssten, weil es zunächst weniger um das in der Tat zu beklagende faktische Gefälle zwischen dem Anspruch globaler Menschenrechtsnormen einerseits und lokaler Einhaltung andererseits ginge, denn vielmehr um die Hervorbringung und Institutionalisierung eines dialogischen Prozesses, der es einer islamischen Gesellschaft zunächst einmal überhaupt erst ermöglicht, einen entlang der eigenen Wertsysteme ausgerichteten Menschenrechtsdiskurs in Gang zu setzen und zu führen. Vor diesem Hintergrund erschiene dann die IER über ihre Funktion als Aufarbeitungsinstrument von staatlichem Systemunrecht im engeren Sinne hinaus, vor allem als ein Medium für einen gewissen kommunikativen Wandel zu fungieren. Ihre entscheidende Rolle bestünde quasi darin, als ein Kommunikationsvervielfältigungsinstrument zu wirken, in dem der Umgang mit einer Pluralität von unterschiedlichen Deutungen und Referenzen zwischen globalen Interpretationsschemata – wie die der Menschenrechte – einerseits und lokalen Problemlagen – wie die Frage nach der Art und Weise des kollektiven Umgangs mit massiven Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit – andererseits gleichsam experimentell simuliert werden kann. Aus dieser Perspektive würde die IER als ein Pufferinstrument fungieren, mit dem die marokkanische Gesellschaft auf eine wachsende Erosion und Zersplitterung ihrer kulturellen Einheit reagiert, indem sie diesem Aufkommen unterschiedlicher Beschreibungsweisen zwar einen Artikulationsraum gewährt, zugleich aber über ein spezifisches Kommissionsverfahren kanalisiert und eingrenzt. Dadurch würde es einem repressiven Regime wie Marokko, das letztlich zunehmend sein Deutungsmonopol auf allen sozialen Ebenen nicht nur mit nationalen Oppositionsgruppen, sondern auch mit transnational organisierten zivilgesellschaftlichen Akteuren teilen werden muss, möglich, mit dieser Explosion von Deutungsweisen umzugehen, ohne als soziokulturelle Einheit überfordert zu werden oder gar den gesellschaftlichen Kollaps zu riskieren. Eine systemtheoretische Lesart wiederum würde die Deutung des Falles von einer primär makrosoziologischen Perspektive aus vornehmen: Aus der Blickrichtung des Konzepts der Weltgesellschaft betrachtet erschiene dann der Prozess des sich etablierenden Menschenrechtsdiskurses sowie die Einsetzung der Wahrheitskommission weniger als Instrument oder als Indiz für eine wie auch immer geartete, nachholende gesellschaftliche Neuorientierung oder gar Modernisierung der Region, denn vielmehr als das direkte Korrelat der funktionalen Ausdifferenzierung der Weltgesellschaft. Für Luhmann besteht die Besonderheit der Weltgesellschaft darin, dass sie, trotz Ähnlichkeiten in den Strukturmerkmalen, wesentlich bestimmt ist durch die segmentäre Zweitdifferenzierung des weltpolitischen Systems in Staaten. Genau diese Ausprägung souveräner Nationalstaaten aber, die das weltpolitische System als Andockstellen für seine Kommunikationen nutzt, unterminiert zugleich die Koordination der globalen Systeme, so dass die
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Welt(rechts)ordnung „eher den Ordnungsformen tribaler Gesellschaften gleicht, also auf organisierte Sanktionsgewalt und auf authentische Definition der Rechtsverstöße an Hand bekannter Regeln verzichten muss“ (Luhmann 1995: 234). Mit der weltweiten Aufmerksamkeit für Menschenrechtsverletzungen und mit dem sich damit global etablierenden Diskurs der Menschenrechte reagiert demnach die Weltgesellschaft auf diesen Funktionsund Koordinationsmangel von Politik und Recht. Nach systemtheoretischer Lesart hatte die Menschenrechtsidee zunächst im Kontext der Entstehung des modernen Verfassungsstaates ein innerstaatlich wirksames Inklusionsmoment dargestellt. Als institutionelle Bedingung für die Individualisierung der Bevölkerung innerhalb der entstandenen territorial begrenzten Nationalstaaten, ermöglichte und stärkte sie damit die dominante Sozialstruktur der modernen funktional ausdifferenzierten Gesellschaft. Ihre zentrale Funktion bestand demnach darin, das Individuum vor den Folgewirkungen der Inklusions- und Exklusionseffekte der funktionalen Ausdifferenzierung zu schützen. Diese Funktion gegen Ausdifferenzierungsprozesse wandelt sich auf der Ebene der Weltgesellschaft zur Schutzfunktion gegen Fragmentierungs- und De-differenzierungsprozesse (Fischer-Lescano & Teubner 2006; Teubner 2008; kritisch Kreide 2008). Auf dieser Ebene, in der die rigiden Kopplungsverhältnisse von Politik und Recht nicht wie auf der nationalstaatlichen Ebene evoluieren können (Luhmann 1993: 440 ff.), hat die Menschenrechtsnorm daher weniger eine regulativ-inkludierende als vielmehr eine symbolische Wirkmacht (Bonacker 2003). Symbolisch wirkt die Menschenrechtsnorm, weil sie gleichsam als zirkulär angelegte Formel einen gewissen Variationsspielraum für unterschiedliche inhaltliche Bestimmungen eröffnet. Deshalb können sich an ihr unterschiedliche Akteure 6 mit unterschiedlichen Bezugnahmen 7 und in unterschiedlichen lokalen Kontexten 8 orientieren, ohne dass die Weltgesellschaft, wie die heftigen Debatten um asiatische, afrikanische und islamische Menschenrechtskonzepte belegt haben, auf eine homogene Weltrechtskultur im eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. auf identische Werte oder Normverständnisse, zurückgreifen kann. Die Menschenrechtsnorm vereint paradox formuliert unvereinbare Zugriffs- und Instrumentalisierungsweisen. Diese Unvereinbarkeit der Handhabung muss freilich in einer Einheit repräsentiert werden. Und genau diese zugleich Pluralität ermöglichende wie verdichtende Funktion übernimmt die Menschenrechtsformel. Damit avanciert sie zum globalen Fixstern der Weltgesellschaft, nicht weil sie als spezifische Norm die rechtliche Grundlage der Weltgesellschaft bildete, sondern weil 6 Kollektive Akteure wie Staaten, internationale Organisationen, transnationale NGOs , individuelle Akteure. 7 politische, rechtliche, universale, kulturelle, religiöse, ethnische. 8 Ein südafrikanischer Bischof, eine argentinische Mutter, ein marokkanischer König oder eine guatemaltekische Nobelpreisträgerin.
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sie als Kontingenz aushaltende Worthülse für ganz unterschiedliche Akteure Selbstbeschreibungsmöglichkeiten offen hält. Diese dekontextualisierte Symbolisierung gleichzeitig über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg zu ermöglichen und für die Teilnehmer der weltgesellschaftlichen Kommunikation zur Verfügung zu halten, leistet nach systemtheoretischer Lesart die Leerformel der Menschenrechte. Daher kann auf lokaler Ebene die Menschenrechtsidee „in der Praxis und als Kultur“ operationalisiert und kommunikativ auf der Ebene der Weltgesellschaft entfaltet werden (vgl. Luhmann 1995: 229–236). Entscheidend in Bezug auf das Geschehen in Marokko – unabhängig der drei möglichen Lesarten – ist das Faktum der nachhaltigen Institutionalisierung eines Rahmens für den Diskurs über Universale Rechte. Rechte also, die nicht nur dem marokkanischen Staatsbürger zukommen, sondern der gesamten Menschheit. Damit ist im Zuge des Prozesses der kollektiven Auseinandersetzung mit Verbrechen in der jüngsten Vergangenheit die Grundlage für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess gelegt, der, indem er sich auf globale Normreferenzen bezieht, nationalstaatliche Rechtsstrukturen sowohl rechtskulturell als auch institutionell einem kaum mehr rückgängig zu machenden Restrukturierungsprozess unterwirft (vgl. hierzu Risse 1999). Im Sinne eines Trojanischen Pferdes erfüllt somit die IER , vordergründig zunächst als gesellschaftliches Aussöhnungsinstrument getarnt, tatsächlich – unabhängig davon, ob dies nun von den staatlichen Initiatoren beabsichtigt wurde oder nicht – eine innergesellschaftliche Sozialisations- und Angleichungsfunktion an weltgesellschaftliche Verhältnisse (Kastner 2008 b). Als Teil eines allgemeinen Sozialisierungsprozesses könnte also die IER durchaus zu einem Prozess der Systemtransformation führen, indem sie, über die nachhaltige Etablierung eines öffentlichen Diskurses über globale Normen, entsprechende normative Erwartungen zur gesellschaftsweiten Ausbreitung verhilft. Wenn diese normativen Erwartungen tatsächlich Teil individueller, wie gesellschaftlicher Selbstbeschreibung werden, können sie an politischer Sprengkraft gewinnen und somit auch den Weg ebenen für eine genuin juridische Aufarbeitung der begangenen Menschenrechtsverletzungen. Und das, obwohl die heutige Regierung die Aufdeckungs- und Dokumentationsarbeit der IER ursprünglich explizit als Ersatz für die Klärung individueller Schuld, also der gerichtlichen Verfolgung der Täter, vorgesehen hat. 9 Freilich sollte man das mögliche pädagogische Potential in seiner soziokulturellen Breitenwirkung nicht überschätzen, aber eben auch nicht unterschätzen.
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Vgl. Dahir Nr. 1.04.42 Du 19 safar 1425, Artikel 6.
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II. Globalatinisierung Für diese Überlegungen spricht eine weitere erstaunliche Beobachtung: Marokko ist mit der Inanspruchnahme einer Wahrheitskommission zur Bewältigung von staatlich zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen kein exotisches Einzelphänomen. Ganz im Gegenteil, seit etwa Mitte der 80er Jahre rekurrieren weltweit Gesellschaften, die sich mit ihrer blutigen Vergangenheit konfrontiert sehen, auf das Konzept von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen. Gleichsam im Windschatten der Evolution des nationalen wie internationalen Strafrechtssystems erblüht, scheinen sie, sowohl auf lokaler wie auf globaler Ebene, für das jeweilige gesellschaftliche Konfliktpotenzial weitaus überzeugendere und anschlussfähigere Konfliktlösungsinstrumente zur Verfügung zu stellen, als das in der Folge der Katastrophe im 20zigsten Jahrhundert so mühevoll errichtete Strafverfolgungssystem globaler und lokaler Gerichtsbarkeit bereit halten kann. In einem kurzen Zeitraum von nur knapp 30 Jahren lassen sich in der Tat über 50 Fallbeispiele in zahlreichen Ländern Lateinamerikas (Oettler 2004), Afrikas, Asiens, Mittel- und Osteuropas und derzeit nun auch in einem arabischen Land wie Marokko (vgl. hierzu Slyomovics 2005) anführen, in denen postkonfliktionäre Gesellschaften bei der Bewältigung von Unrecht weder nationale, noch internationale Strafgerichte angerufen haben, sondern stattdessen auf das Konzept der Errichtung von Wahrheitskommissionen setzen (Hayner 2001; Freeman 2006). Weitere Wahrheitskommissionen sind dabei gebildet zu werden, wurden angekündigt oder befinden sich in der Diskussion.10 Ganz offenbar steht man der Leistungsfähigkeit des Systems nationaler wie internationaler Strafgerichtsbarkeit eher skeptisch gegenüber, sobald man es mit umfassenden Menschenrechtsverletzungen zu tun hat, die auf eine jeweils jüngst zurückliegende Vergangenheit staatlicher Massengewalt, auf Repression und Bürgerkrieg verweisen. Es lässt sich also weltweit das unerwartete Phänomen beobachten, dass einer nicht-juridischen Konfliktlösungsform, die eine kollektive Aufarbeitung entstandenen Unrechts im Sinne einer „restorative justice“ (Ash 1997; Weitekamp 2002) mit dem gesellschaftlichen Ziel der Vergebung und Versöhnung, der Vorzug gegenüber den strengen rechtlich organisierten Mechanismen einer reinen Strafjustiz eingeräumt wird. Mit dieser globalen Ausbreitung eines Vergangenheitsbewältigungsinstruments das nicht Recht, sondern ein Schauspiel der Vergebung und Versöhnung als Mittel der Bewältigung von Unrecht nutzt, verändert sich für die jeweiligen Gesellschaften nicht nur die Perspektive auf die eigene Vergangenheit und Geschichte und die Art und Weise, diese kollektiv zu erinnern, son10 Ein Überblick findet sich auf der Website des United States Institute of Peace: http:www.usip.org/library/tc.
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dern sie verschafft damit einer genuin christlich-religiösen Semantik einen globalen Legitimations- und Geltungsraum, den sie, bisher jedenfalls, nicht eingenommen hat (vgl. hierzu Wieviorka 1998). Es ist genau diese erstaunliche Entwicklung, die Derrida mit dem Begriff der „Globalatinisierung“ (Derrida 2000: 10) zu fassen sucht. Das weltweite „Wuchern der Szenen um Vergebung“ (Derrida 2000: 10) hat nach dieser Auffassung lateinische Wurzeln. Das heißt, das lateinische Christentum der römisch-katholischen Kirche steht an der Wiege dieses „Welttheater des Pardons“ (Kastner 2008 a), in dem sich in der „Sprache Abrahams“ (Derrida 2000: 10) der globale Versöhnungs- und Vergebungsdiskurs abspielt und an dessen Inszenierung, auch Gesellschaften, wie Japan und China teilnehmen, die selbst weder europäische noch christliche Ursprünge aufweisen. Was aber heißt Vergebung? Warum wird gegenwärtig weltweit in völlig unterschiedlichen Konfliktlagen, unterschiedlichen gesellschaftspolitischen und ethnisch-kulturellen Kontexten – ob nach dem Fall der Mauer und dem Verschwinden der Sowjetunion in Osteuropa, nach dem Sturz der Militärdiktaturen in Lateinamerika, dem Ende der Apartheid in Afrika, oder derzeit aktuell, wie eingangs angeführt, in einem arabischen Land wie Marokko – in der „Sprache Abrahams“ vergeben? Fragen dieser Art reichen tief in jene weit gefächerten Diskussionen hinein, die man unter jeweils unterschiedlichen Disziplin- und Theorieperspektiven im Rahmen der laufenden Konflikt-, Friedens-, Transitions- und Vergangenheitsbewältigungsdebatte kontrovers führt. Gemeinsam ist jedoch allen Problematisierungsperspektiven der Fokus auf eine gesamtgesellschaftliche Zäsur, da die Gegenwarten der betroffenen Gesellschaften, die sich zumeist in der Peripherie der Weltgesellschaft befinden, in aller Regel das Resultat eines gerade zurückliegenden gesamtgesellschaftlichen Zusammenbruchs darstellt und das soziale Interagieren in der Tat zerrüttet und noch durch zerstörte Institutionen, Gewalt, Misstrauen und moralische Verwahrlosung geprägt ist. Aber diese Engführung der Blickrichtung auf Systembruch und die damit einhergehende Beurteilung der Einsetzung von Kommissionen als Folge von Überlastung, bzw. eines Kollaps staatsgarantierter Rechtspflege, verkennt, dass auch wohl organisierte Nationalstaaten in den zentralen Knotenpunkten der Weltgesellschaft, wie die Länderbeispiele Australien (Vijeyarasa 2007) und Kanada 11 illustrieren, sich dieses Instruments bedienen. So wie die globale Ausbreitung der Kommissionen das Faktum religiöser, ethnischer und kultureller Indifferenz der Einrichtungen belegt, so werden sie als Konfliktlösungseinrichtung auch unabhängig von der jeweiligen Staatsverfasstheit in Anspruch genommen. Das verweist auf die Universalität eines zentralen Problems, dass ganz offensichtlich mit Hilfe von Wahrheits- und Versöhnungskom11 Vgl. hierzu den Royal Commission Report on Aboriginal Peoples 1996. Unter: http://www.ainc-inac.gc.ca/ch/rcap/index_e.html
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missionen gelöst wird. Auf welches soziale Problem reagieren Gesellschaften mit der Einrichtung von Wahrheitskommissionen? Was ist ihre spezifische Funktion?
III. Zweierlei Inszenierungsformen des Rechts Das Rechtssystem hat es mit sozialen Konflikten zu tun, in denen Rechte reklamiert werden. Im Zentrum des Systems wird in Bezug auf geltende Normen darüber entschieden wer recht und wer unrecht hat. Damit ist eine zentrale Funktion des Rechts benannt: Es regelt das Verhalten der beteiligten Konfliktparteien im Streitfall. Man kann jedoch mit guten Gründen bestreiten, dass die Funktion des Rechts damit ausreichend bestimmt sei. Recht, so die geläufige Vorstellung, gewährleiste gesellschaftlichen Konsens, soziale Integration und die Kontrolle individuellen Verhaltens. Anders die systemtheoretische Lesart: Das Recht löst nicht die Konflikte der Gesellschaft, sondern lediglich jene Konflikte, die es selbst generiert hat. Es realisiert damit weder gesellschaftliche Einigkeit über das was rechtens ist oder sein sollte, noch soziale Steuerung des Interagierens, sondern garantiert Akzeptanz und Hinnahme der Entscheidungen und das auch dann, wenn weder von der sachlichen Richtigkeit noch von einer persönlich geglaubten Wahrheit der Urteile die Rede sein kann. Anhand des stark regulierten Verlaufs der Urteilsfindung vor Gericht lässt sich dies kurz erläutern: Verfahren beginnen mit der von allen Beteiligten geteilten Annahme, der anfänglichen Ungewissheit oder Offenheit der Entscheidung (Luhmann 1993: 297 ff.). In der zeitlichen Sequenzierung des Verfahrens (Klage/Antrag; geregelte Verfahrensschritte, Entscheidung des Richters) wird die Offenheit der Urteilsfindung von der Eröffnung bis zur abschließenden Entscheidung laufend kommuniziert, die allen Beteiligten suggeriert, dass eine Entscheidung auch zu ihren Gunsten ausgehen könne. Man folgt also einer nicht zur Disposition stehenden Inszenierung mit eindeutiger Rollenverteilung und strikten Schranken des jeweiligen Verhaltens und Argumentierens. Was sich dabei institutionalisiert, sofern sich die Prozessparteien auf dieses Verfahrensspiel einlassen, ist, dass sie, ob nun bewusst oder nicht, sich dem Verfahrensritus unterwerfen und so jeweils ein Kapitel des Entscheidungsdramas mitinszenieren. Mithin sind die Streitparteien fortan nicht mehr in der Lage, dem Verfahren selbst die Legitimität zur Entscheidung zu entziehen, dies auch dann nicht, wenn sie konfligierende normative Erwartungen an das Verfahren binden. Der soziale Sinn des Entscheidungstheaters besteht dabei darin, auch bei der unterlegenen Partei die Akzeptanz des Urteils, unabhängig der persönlichen Motivlage zu erreichen oder aber im Extremfall (Selbstjustiz), diese derart zu diskreditieren, dass sie in aller Regel ohne weitere soziale Unterstützung dasteht. Damit wird zweierlei erreicht: 1. Dass Betroffene
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die Entscheidung des Gerichts als Prämisse ihres eigenen Verhaltens übernehmen. Und 2. Im Falle der Enttäuschung ihre normativen Erwartungen entsprechend umstrukturieren, d. h.: Lernen! Nach dieser Sichtweise geht es weder um das tatsächliche Auffinden der „Wahrheit“ noch um die „Recht-Fertigung“ der Entscheidung als solcher, als vielmehr darum, dass über die Institutionalisierung eines gesellschaftlichen Lernprozesses ein Streitfall auch im Falle hoher ökonomischer, moralischer oder politischer Kosten zunächst einmal überhaupt zu einem Abschluss kommt (vgl. Luhmann 1993: 333). Auf der Interaktionsebene fungiert die Entscheidung des Falles dann als Impulsgeber für eine Änderung der Prämissen, nach denen der einzelne Betroffene seine weiteren individuellen Erlebnisse verarbeiten, seine Handlungen auswählen und sich entsprechend selbst darstellen kann. Auf der Ebene der Operationen des Rechtssystems verändert sich damit die Rechtsgeltungslage, die dann als Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts zelebriert und als Vorlage für weitere Rechtsoperationen genutzt werden kann. Mithin nährt und koordiniert der Entscheidungsprozess die jeweilige Operativität der beteiligten Systeme, indem im Hinblick auf die Frage, wer der Beteiligten an seiner Erwartung festhalten darf und wer „lernen“ muss, eine punktuelle Synchronisation der autopoietischen Systeme erzwungen wird; und dies unabhängig davon, ob derjenige, der seine Erwartungen ändern muss, zustimmt oder nicht. Im Kern geht es also um operative Orientierungs- und soziale Zeitbindungseffekte. In Bezug auf den Abschluss der Entscheidung heißt das: Das, wovon alle Beteiligten als Geltungsgrundlage des Rechts gleichzeitig ausgehen müssen. Indem also der Geltungsanspruch des Rechts trotz Indifferenz des Rechts gegen individuelle Motivationslagen im sozialen Leben realisiert wird, löst das System zugleich sein gesellschaftliches und sein innersystemisches Problem: Über eine Verstrickung der Beteiligten im szenischem Ablauf der Verfahrensepisode erzwingt es ein „Stillhalten“ und die „Hinnahme“ der Entscheidungen. Über die zur Schaustellung der Ungewissheit des Ausgangs der Entscheidungsfindung stilisiert es prinzipiell kontingentes Entscheiden als nicht-kontigentes Ergebnis richterlicher Urteilsfindung: „Autorität, Dekoration, Begrenzung des Zugangs zum Geheimnis, Texte, auf die man sich beziehen kann, Auftritt und Abtritt des Gerichts – all das tritt an den Platz, an dem verhindert werden muss, dass das Paradox der Entscheidung als Paradox erscheint und damit verrät, dass die Voraussetzung, es könne mit Recht über Recht und Unrecht entschieden werden ebenfalls eine Paradoxie ist und dass die Einheit des Systems überhaupt nur als paradox beobachtet werden kann“ (Luhmann 1993: 309–310). Daraus ergibt sich die soziologische Relevanz der „mysteriösen“ Verdeckungsformen der Paradoxie des Entscheidens vor Gericht. Sie erst garantieren die sozial „verträgliche“ permanente Änderbarkeit und damit die Positivität des Rechts. Mit anderen Worten: Das eigentliche Mysterium
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besteht darin, dass die Teilnehmer weiterhin davon ausgehen, dass es mit „rechten Dingen“ zugeht! Lediglich dieser Unterstellung ist es zu verdanken, dass trotz permanenter Enttäuschung, normative Erwartungen stabil bleiben. Selbstverständlich ist das ein äußerst artifizielles soziales Arrangement, also eine völlig unwahrscheinliche Konstellation sozialen Verhaltens. Deren Unwahrscheinlichkeit und zivilisatorische Errungenschaft erst dann augenfällig wird, wenn Gesellschaften sich in unheilvoller Auflösung und Zusammenbruch befinden. In Phasen massiver Gewalt, des Verlustes öffentlicher Sicherheit und der damit einhergehenden Auflösung von Konventions-, Verhaltens- und Erwartungsroutinen wird sich wohl kaum jemand mehr ernsthaft an die lokal geltende Rechtsordnung wenden wollen/können. In solchen dramatischen Situationen erleben Menschen, wenn sie den überleben, einen Zustand der Unbestimmtheit und Potentialität in dem bisher gegebene soziale und psychologische Strukturen auseinander fallen und reorganisiert werden müssen. Während das Recht in Bezug auf seine Funktionsfähigkeit auf ein spezifisches Leistungsangebot einer Vielzahl strukturell gekoppelter Systeme abhängig ist, gleichsam im Hobbesschen Sinne auf „normale“, d. h. befriedete Zustände angewiesen ist, fangen Wahrheitsund Versöhnungskommissionen genau diese Wucht des gesellschaftlichen „Chaos“ auf und können bei entsprechender Konstellation sogar diese Dynamik in Richtung einer Rekonstruktion und Erneuerung der Gesellschaft kanalisieren. Doch wie realisieren sie das? Wahrheits- und Versöhnungskommissionen haben es mit sozialen Konflikten zu tun, die eine Gesellschaft als Ganzes betreffen. Es handelt sich um Institutionen, die sich in Bezug auf spezifisch lokale, regionale und internationale Problemkonstellationen jeweils unterschiedlich, d. h. individuell konstituieren. Daher gibt es keinen allgemein gültigen Kriterienkatalog, der festlegt, wie eine Kommission gestaltet sein sollte. Jede Wahrheitskommission unterscheidet sich von der anderen in der Art und Weise ihrer Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, ihrer personellen und administrativen Zusammensetzung, dem zu bewältigenden gesellschaftspolitischen Aufgabenbereich, den Befugnissen, den Ausführungsfristen, ihren rechtlichen Grundlagen, ihrer finanziellen und institutionellen Ausstattung, den historischen und gesellschaftsstrukturellen Ausgangslagen, und vielen anderen Merkmalen mehr (Vgl. hierzu Ash 1997; Oettler 2004; Kastner 2007 b). Gemeinsam ist allen Kommissionen jedoch das Bestreben, den Opfern Gehör zu verschaffen. Sie erhalten Gelegenheit, ihr je persönliches Schicksal mitzuteilen. Eine wichtige Frage ist dabei, wie diese Enthüllungen der Opfer publik gemacht werden. Dies kann über öffentliche Anhörungen geschehen, oder wie im Falle von Südafrika und Marokko, sogar live in Fernsehen und Radio übertragen werden. Wahrheits- und Versöhnungskommissionen sind demnach primär Anhörungs- und Narrationseinrichtungen. Ihre ge-
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sellschaftliche Leistung liegt daher weniger in Bezug auf die (Re-)Strukturierung normativer Erwartungen, als auf zeitgeschichtlichem, d. h. erinnerungspolitischem Gebiet. Für eine solche Deutung spricht das stark ritualisierte, an „Schauprozesse“, ohne verbindliches Urteil, angelehnte Verfahren der Kommissionen. Es zielt darauf ab, einem zutiefst existentiellen, gefühls- und moralbelasteten Geschehen durch ein zum „Erinnerungsmanagement“ zwingendes Verfahren (Landkammer et al. 2006) seine zerstörerische Brisanz zu nehmen. Über ein bestimmtes Set von szenischen Abläufen werden individuelle – also im Wortsinne unmöglich mitteilbare – menschliche Ab-grunderfahrungen in „be-greifbare“ sprachliche Akte sequentiert. Auf diese Weise wird zweierlei erreicht: Zum Einen eine künstliche Distanznahme, die Kommunikation an die Stelle von Gewalt und Terror setzt, zum Anderen wird ein Diskurs, ein „Schauplatz des Verzeihens“ ausgebreitet, dank dessen die Traumatisierungen einzelner Individuen artikulationsfähig werden, ohne damit die Gesellschaft als ganze zu überwältigen. Damit sind die Grenzen des Vergebungs- und Versöhnungsschauspiels bestimmt: In kommunikativer Hinsicht kann ein „Theater des Pardons“ einen semantischen Raum der Versöhnung eröffnen, der sich jenseits der geschlossenen Operationslogik von Politik und Recht bewegt und eine gesellschaftsweite „Trauerarbeit“ ermöglicht. Daraus kann ein kollektives Narrativ über das Unrecht in der Vergangenheit entspringen. Freilich hat dies nicht zur Folge, dass die Vergangenheitsrekonstruktionen einzelner Betroffener (Opfer/Täter) oder der beteiligten Systeme synchronisiert werden. Ganz im Gegenteil! Aber die Kommissionen „erspielen“ eine vorläufig sozial „gültige“ Vergangenheitskonstruktion, auf die dann soziale Systeme im Rahmen ihrer Operationen zurückgreifen können. Zu denken ist hier an: Umschreiben der nationalen Historie im Wissenschafts- und Erziehungssystem (Schulbücher), entsprechende Entscheidungsvorlagen des politischen Systems, Individualisierung der Fälle im Rechtssystem. All diesen Strukturentwicklungen aber muss ein kollektiv ausgetragener Deutungskampf über vergangene Ereignisse voraus gehen. Kommissionen ermöglichen und strukturieren diesen Kampf um divergierende Vergangenheitsversionen. Sie werden also dann eingesetzt, wenn soziale Grenzerfahrungen zur Debatte stehen, wenn normale Verhaltensund Erwartungsroutinen scheitern und die Kommunikation auf eine ritualisierte Ebene verlagert werden muss, um gesellschaftliche Selbstbeschreibungen zu reorganisieren oder gänzlich neu zu „erfinden“. Ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion besteht demnach darin, selbstdestruktive soziale Dynamiken in strukturaufbauende Kommunikation zu transformieren. Um abschließend auf das eingangs eingeführte Länderfallbeispiel Marokko zurück zu kommen: Inwieweit im Rahmen des gegenwärtigen Vergangenheitsaufarbeitungsprozesses die möglichen transformativen und strukturaufbauenden Effekte der Kommissionsarbeit nachhaltige Auswirkungen auf
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eine innergesellschaftliche Sozialisation an rechtstaatliche Verhältnisse haben wird, d. h. eine juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen ermöglichen könnte, ist aus heutiger Sicht schwer einzuschätzen. Denn das Land hat neben seinen entwicklungspolitischen und sozialstrukturellen Schwierigkeiten vor allem ein ethnisch bestimmtes Exklusionsproblem: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind, anders als die Königliche Familie und die Eliten des Landes, keine Araber, sondern Berber. Sie bilden, zusammen mit anderen Minderheiten im Land, die entrechtete Masse in Marokko und fristen, wenn ihnen die Flucht nach Europa oder anderswo nicht gelungen ist, ihr buchstäblich zukunftsloses Dasein in den Bergen des Atlas oder in wild wuchernden Barackensiedelungen an den Rändern der großen Städte, wie in Casablanca. Die Exklusion eines Großteils der Bevölkerung aus dem gesellschaftlichen Geschehen ist denn auch der Grund dafür, dass bisher jeder Reformversuch von einem patriarchalischen hin zu einem demokratischen System gescheitert ist. Erst wenn es gelingt, politische Entscheidungszentren jenseits des Palastes und der Adelsfamilien zu etablieren, kann realiter von einem Transformationsprozess de-funktionaler Verhältnisse die Rede sein. Immerhin darf eingeräumt werden, dass dieser Wandlungsprozess sich bisher in einigen zaghaften Verfassungsreformen nieder geschlagen hat und tatsächlich, trotz der Wiederkehr repressiver Praktiken wie Folter und willkürliche Verhaftung im Rahmen der so genannten „Anti-Terrormaßnahmen“ im Anschluss an 9/11 und den Anschlägen in Casablanca vom 16. Mai 2003, noch nicht beendet worden ist; sondern durch einen steten Kommunikationsfluss und kontinuierlich ausgelöste Infragestellung des Menschenrechtsdefizits durch transnationale NGO ’s, internationalen Organisationen und lokal angesiedelten Menschenrechtsgruppierungen laufend neue Präsenz erfährt. Marokko wird also angesichts des weltgesellschaftsstrukturell erzeugten Anpassungsdrucks in den kommenden Jahren vor einer bedeutenden gesellschaftlichen Herausforderung stehen, für deren Meisterung auch und gerade die kollektive Auseinandersetzung mit der blutigen Vergangenheit von entscheidender Bedeutung sein wird. Allein schon die nachhaltige Sensibilisierung des öffentlichen Bewusstseins über vergangenes Unrecht und die sich daraus möglicherweise entwickelnde gesellschaftsweise Forderung der lokalen Durchsetzung globaler Normen, würde dann post festum das Königreich Marokko eventuell sozialstrukturell transformiert und vielleicht sogar die Berber im Atlas mit dem Königshaus „versöhnt“ haben.
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Legal Fragmentation(s) An Essay on Fluidity and Form Martti Koskenniemi 1
There is much talk about fragmentation in the law – the move from stable, unitary systems to a complex pluralism in which different social problems are “managed” by reference to highly specialised rules, institutions and forms of professionalism. The most helpful sociological readings of this phenomenon have been produced by Gunther Teubner with his friends. 2 They have noted how fragmentation breaks down familiar legal classifications such as “private law” and “public law”, “national law” and “international law” into increasingly fluid and ambivalent “regimes” that are geared to the regulation of subjects such as “trade”, “security”, “environment”, “intellectual property”, “sports”, and so on and how even the apparently fundamental coding between “legal” and “illegal” has began to seem too simple to respond to the problems of (post)modern societies. A behaviour may, for example, appear completely lawful but socially unacceptable. While it might be economically or otherwise impossible to brand it “illegal”, action might nevertheless need to be taken to phase it out. As a consequence, law appears today increasingly in terms of soft, often economically inclined techniques or best practices that are used with the view of “balancing the interests” of the “stakeholders” so as to attain socially optimal effects. From clear-cut categories and bright-line concepts law appears to turn into a shifting repository of often obscure notions the main point of which seems to be to “reflect” the fluidity of the social world rather than to pose requirements on it.
1 Academy Professor, University of Helsinki, Arthur Goodhart Professor of Legal Science (2008–9) University of Cambridge. This text is based on a presentation made at the conference on ”Catégories et catégorisations: Une perspective interdisciplinaire”, organised by the Université Paris Descartes (19–20 May 2008). 2 See especially Gunther Teubner & Andreas Fischer-Lescano Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts (Suhrkamp, Frankfurt, 2006) and id. ‘Regime-Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law’ 25 Michigan Journal of International Law (2004), 999–1046.
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My intention here is not to add to the sociological analyses of the phenomenon. Instead, I want to focus on the conceptual politics involved, the use by different actors of the moment’s fluidity so as create novel classifications and concepts through which to first stabilise, and thereafter to master, the social world. Think about the on-going debate about trade in genetically modified organisms. What vocabulary would serve best to grasp that novel phenomenon? Economics or environment? Much is at stake in the choice. Once we know what language is used we already know how it will be dealt with. If “ GMOs ” are understood as an economic issue, perhaps because they have to do with influencing the conditions of competition in the market for agricultural products, then one group of professional men and women is empowered, and one set of preferences will win the day. If, again, the matter is examined through an environmental vocabulary, another set of professionals and preferences is activated. How to make the choice? This would necessitate the presence of a master-vocabulary that could tell us whether the GMOs are “really” an economic or an environmental problem. But as we have learned from Teubner and his friends, there is no such “third”. All we have are incommensurate professional languages and preferences clashing against each other, each trying to attain a position where every other vocabulary would have to be translated to it, where the only legitimate forms of professionalism, and the only right preferences, would be those of the native language-speakers of the ruling vocabulary, the hegemonic tribe. Yet the situation is seldom that clear. Think about an everyday issue such as the transport of chemicals at sea. This can be conceptualised at least through half a dozen vocabularies accompanied by the same number of forms of expertise and types of preference: law of trade, law of transport, law of the environment, law of the sea, “chemical law” and the law of human rights. Each would have something to say about the matter. Each would narrate it as part of a different set of human pursuits, values and priorities. Trade law might focus on trade agreements between the countries and their relations with third parties. Transport law might highlight the legal-technical relationships between the different parties to a single contract of carriage. Environmental law might examine the nature of the cargo and the properties of the environment through which it is passing. Law of the sea might fix on the jurisdiction of the coastal state and the port state, or perhaps on the relevant I MO standards, while “chemical law” would examine it from the perspective of the best practices, standard operation forms and the economic position of the industry. And finally, the law of human rights might concentrate on the dangers of the voyage to the persons involved in it, the conditions on board the ship and during the offloading of the cargo to the local populations. And so on. Imagination is the only limit.
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Each such vocabulary involves a “structural bias” in favour of some solutions, some actors, some interests. 3 None of them is any “truer” than the others. Each renders some aspect of the carriage visible, while pushing others in the dark, preferring certain ways to deal with it, at the cost of other ways. What is being put forward as significant, and what gets pushed into the background is determined on the choice of concepts and categories though which the matter is looked at, and which provides the basis for the application of a particular kind of law and legal expertise. That this choice is not usually seen as such – that is as a choice – by the vocabularies, but instead something natural, renders them ideological. I will not examine today’s politics of fragmentation once again. 4 Instead, I would like to provide a quick overview of moments in legal history when traditional legal classifications and categorisations – and thereby the world – changed. My interest is in the way change takes place in a structure that juxtaposes the authority of formal legal concepts and categories with a sense of fluidity of the social world. Formal understandings prevail at moments of confidence, when the stability of legal hierarchies resonates with entrenched social hierarchies. Formalism is threatened when those hierarchies begin to seem problematic. Old concepts and categories lose their authority. Even as they become increasingly complex – adding exceptions to rules, counterprinciples to principles – this rarely salvages their persuasiveness. At some point, a new architecture will emerge – either as a new “regime” alongside the old, or then as a completely new mainstream whose concepts are now admired for their ability to (finally) grasp the real manifoldness of contemporary experience. 5 “Fragmentation” marks a moment of uncertainty, a border-line between the old and the new. This is what I would like to look at through four moments of European legal history. 6
3 On “structural bias”, see my From Apology to Utopia. The Structure of International Legal Argument. Reissue with an Epilogue (Cambridge University Press, 2005), 600–615. 4 See Martti Koskenniemi & Päivi Leino ‘Fragmentation of International Law? Postmodern Anxieties’, 15 Leiden Journal of International Law (2002), 553–579 and ‘Fragmentation of International Law. Problems caused by the Diversfication and Expansion of International Law, Report of the Study Group of the International Law Commission’ Finalised by Martti Koskenniemi A/ CN 4/L.682 (13 April 2006). 5 For an inspired history of the transformations of 20 th century international law, see David Kennedy ‘When Renewal Repeats: Thinking Against the Box’, 32 N.Y.U. J. Int’ l L. & Pol. (2000), 335–500. 6 See further (and with much greater detail) Anne-Charlotte Martineau ‘The Rhetoric of Fragmentation: Fear and Faith in International Law’, to be published in 22 Leiden Journal of International Law No. 1/2009.
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I. Roman Law Categories The origins of Roman law lie in the Law of the Twelve Tables that formalised old customary laws the fifth century BC . Legal science, however, emerged only towards the end of the Republican era. The peak of Roman legislative activity was attained in the great codification by Emperor Justinian I in the Byzantium in 530–533 that resulted in the Corpus juris civilis, the basis of all law in the West. It is impossible to speak about the forms and practices of Western law without reference to Civil Law. The starting-point must, however, lie in an acknowledgment of the haphazard nature of the great formalisation itself. The code consists of four parts, Institutes, Digest, Codex, and Novellae – a compilation of the world’s first legal textbook, an anthology of opinions by famous Roman jurists, a set of older imperial decrees and enactments well as newer constitutional acts by Justinian himself. The most important part of it, the Digest, contains a collection of declarations and points of view of lawyers such as Ulpinian, Papinian, Gaius, and others, embodying their pragmatic and casuistic spirit. Civil law did not emerge from philosophical speculation but from a set of responses by jurists (praetors) to legal cases brought to them, as well as interpretative statements given in the name of emperors to legal questions. This was law written in the spirit of adjudication, not legislation. It was not an instituted system, although this is how it was made to seem in the Institutes for the purpose of teaching young lawyers. Pushing pragmatic directives into formal categories would obviously create difficulties and provide opportunities for argument that lawyers would continue to benefit from in the different periods. Thus for example, the system incorporated both the threefold classification of laws by the third-century jurist Ulpian into jus naturae / jus gentium / jus civile and the earlier classification of laws by Gaius into jus naturae and jus civile. This left the middle term – jus gentium – oscillating uncertainly between natural law and human positive law in a way that would count for much of the resources for doctrinal argument and political manoeuvring that would in due course develop into a notion of “law of nations” or “international law” that would be held binding even on such (perfect) political communities as formal states. 7 Another principle of classification – also taken from Ulpian – separated between public law and private law, or jus publicum and jus civile. Of these, by far the more important for the Romans was private law, the law applicable between the citizens. The patrician hierarchies of Roman society were articulated in a vocabulary that focused on fathers of families – paterfamilias, their legal actions, and their rights on other humans and goods while it was 7 See especially Jan Schröder ‘Die Entstehung des modernen Völkerrechtsbegriffs im Naturrecht der frühen Neuzeit’, Jahrbuch für Recht und Ethik (1993), 47–71.
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their “will” that stood in its centre. 8 In Roman times, these concepts were applied flexibly, as parts of a legal practice in which emphasis tended to shift between different values and in which the profession of law had constantly to form its argumentation so that it would hark back to practical considerations, equity and customary law. Cicero, for example, used this vocabulary as an orator and not as a technical magistrate. It was a supple vocabulary that made room for innovation as social circumstances changed. For example, in principle the relations inside the family remained completely unregulated by the law. The father – as paterfamilas – related to his children as property as long as he was alive. They could not, for example, own property in their own name. This created obvious difficulties for the economic system, however, that were aggravated by the fact that there was no procedure whereby the father could have renounced his position – except by way of selling them. And so the legal practice developed a technique in which the father would “sell” his adult children to a friend of his as slaves, and the latter would then “liberate” them so that they could enter the world of economic exchanges as freemen. 9 This was a pragmatic response by the Roman jurists to the circumstances – but it was a response that put to question both the authority of the formal juridical categories and the economic system it described. At the middle of the 11 th century Roman law was “rediscovered” at the University of Bologna where it was subjected to careful analyses, growing into a science and a formal technique. The point of view was adopted that Roman law would possess a response to every legal problem that would arise. This, and Justinian’s prohibition to “interpret” his laws, led the jurists in Bologna to treat it as untouchable – as providing the “truth” of the matters it dealt with, that it would be “the law applicable at all times and in all places”.10 Yet it was impossible to take the Roman forms as such in wholly changed world of the later Middle Ages. The Bolognese jurists were themselves children of the 12 th century renaissance – a period of great social, economic and cultural change in the West. So even as the first generation of glossators sought to perfect a fixed system of concepts and categories, their followers, lead by Bartolus of Saxoferrato (1313–1357) developed a number of techniques that allowed them to use the Civil Law in the changed circumstances. For example, Roman law provided a strong emphasis on the power of the emperor. In terms of the Lex Regia, he was not only legibus solutus, that is to say, above law. He was also dominus mundi, the Lord of the World. 8 See e.g. Max Weber On Law in Economy and Society (Max Rheinstein ed., New York, Simon & Schuster 1954), 232–234. 9 Uwe Wesel Geschichte des Rechts. Von Frühformen bis zur Gegenwart (2. Aufl. München Beck, 2001), 204. 10 Harold J. Berman Law and Revolution. The Formation of the Western Legal Tradition (Harvard University Press, 1983), 122.
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By the middle of the 14 th century, however, any claim by the emperors to such overlordship was anachronistic and although the Staufen emperors Frederick I (Barbarossa) and Frederic II occasionally made it, this was more to buttress their superiority towards European princes and the Byzantium than a prologue for world empire.11 To cope with this, Bartolus developed the famous distinction between de jure and de facto arguing that although it may have been true that the emperor was the “Lord of the World” de jure (because that is what civil law said) this was not so de facto – instead the real power lay with the national monarchs who – de facto – should be considered to exist as emperors in their own realm.12 To deal with the ever-present risk of “tyranny” Bartolus and his colleagues also rehearsed the resources of the Digest to argue on the strength of the Lex Regia that the ruler was unlimited by law as well as on the basis of the so-called Digna vox by Emperor Theodosius hat he should usually follow the law that he has enacted.13 The distinctions between the “directive” and “coercive” force of the law were invoked to square the circle of how a prince could be both above the law and bound by it simultaneously. Equivalent or parallel distinctions such as those between “immutable” and “normal” natural law, between the prince’s “ordinary” and his “absolute” power as well as between his power to legislate and to give “dispensations” from natural law were likewise employed to liberate or to bind the ruler, whatever seemed necessary for the attainment of the desired objectives.14 The jurists of the 14 th and 15 th centuries became masters of interpreting Roman law in any number of innovative ways. Their recognition that they were applying a law that had emerged in another period liberated their creativity – at the same time emerging increasing opposition to what was seen their arbitrary use of power in the guise of law-application. The perceived gap between the Civil Law and its contemporary applications gave rise to the stereotype of the lawyer as the professional cynic who would twist and
11 See Anthony Pagden Lords of All the World. Ideologies of Empire in Spain, Britain and France c. 1500-c. 1800 (Yale University Press, 1995), 24–27. 12 On the “realism” of Bartolus, see e.g. Francesco Maiolo Medieval Sovereignty. Marsilius of Padua and Bartolus of Saxoferrato (Delft, Eburon 2007), 235–249. 13 “It is a saying worthy of the majesty of the ruler that the prince should profess himself to be bound to the laws. So much does out authority depend upon the authority of the law. And in fact it is nobler for the emperor to submit to the principate of the laws”. Corpus Juris Civilis. C.1, 14, 4. For the text of the translation, see Francis Oakley ‘Jacobean Political Theology. The Absolute and Ordained Powers of the King’, 29 Journal of the History of Ideas (1968), 330. 14 For the “potestas absoluta” / “potestas” ordinata” distinction, adopted by lawyers from medieval theologians, see Kenneth Pennington The Prince and the Law 1200–1600. Sovereignty and Rights in the Western Legal Tradition (University of California Press 1990), 106–118.
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turn the law so as to help his rich client.15 William of Ockham, for example, attacked the canon lawyers in his battle against the church hierarchy as “non intelligentes, praesumptuosos, temerarios, fallaces, deceptores, cavillatores et ignaros in cordibus suis valde despiciunt”.16 For Ockham and for others sharing his agenda, the superior vocabulary to speak about matters of hierarchy was a political theory of natural rights, not (canon) law 17 – a contrast that lay the groundwork for the battle of normative disciplines until the seventeenth century. In the conditions of the Ständestaat the position of Roman law as expression of universal truth no longer seemed terribly plausible – not least because it always seemed to mean what the contemporary lawyers made it to mean. The legal humanists preferred to think about it as the law of a particular people of a particular time, a “brand of literature” that was to be studied by seeking out the “‘historical sense’ of legal texts”.18 It would not consist of eternal verities applicable everywhere. Instead, contextual studies of its formation would be needed so as to determine to what extent it might be reasonable to apply it in the novel social conditions. The new generation emphasised the contextuality of the law, highlighting the role of the “ancient constitution” and customary law as more authentic expressions of particular political or economic systems.19 Montaigne struggled to give a sense of naturalness to relativism as the real font of social wisdom while Paolo Sarpi made the point about the non-essential nature of all classification: order is what we see in the world, not a natural but a human construct. 20 Of course Roman law continued to provide the basis for law teaching and a technical vocabulary for the ius commune that would enshrine the social status and political influence of lawyers all around Europe. But the way it was used to accommodate social and economic developments took place through reading local traditions and interests into its broad categories. This did not take place without controversy. The more “formalistically” inclined insisted on the application of the received Roman law as it stood and bitterly attacked the unscrupulous modifiers of the “elegant school” that used philological 15 See e.g. Gerald Strauss Law, Resistance and the State. The Opposition to Roman Law in Reformed Germany (Princeton University Press, 1986). 16 William of Ockham, as quoted by Janet Coleman A History of Political Thought. From the Middle Ages to the Renaissance (London, Blackwell, 2000), 191. 17 See e,g, Brian Tierney The Idea of Natural Rights. Studies on Natural Rights, Natural Law and Church Law 1150–1625 (Eerdman, Grand rapids 1997), 97–103. 18 Donald Kelley The Human Measure. Social Thought in the Western Legal Tradition (Harvard University Press, 1990), 135–6. 19 For a recent account of the role of lawyers in the creation of the modern “ars historica”, see Anthony Grafton What was History? The Art of History in Early Modern Europe (Cambridge University Press, 2007), 62–122. 20 William Bouwsma The Waning of the Renaissance 1550–1640 (Yale University Press 2000), 45.
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and historical studies so as to unearth the real meaning of the Roman law categories in order to assess their applicability in later conditions. Both sides were concerned over what we would now terms the “fragmentation” and gradual collapse of the medieval social and political world. But they differed in their grasp towards the vocabularies and forms of expertise that would be suggested to articulate that which was “new” and so far without a formal articulation.
II. Natural Law Categories The hegemony of Roman law was challenged by a legal humanism that no longer treated it as the expression of a universal reason but as the law of a particular people at a particular time. Historical jurisprudence could still use its vocabulary – but no longer as a series of ready-made responses to contemporary social problems. It was necessary to find a new explanation for its authority and the meaning of its concepts. 21 The pastoral message of a universalistically oriented Christianity provided little guidance for the government of increasingly autonomous territorial units. Now Roman law categories began to be used to articulate domestic experiences and historically embedded values, better equipped to support the economic and political institutions of new territorially organised regimes. If the objective of that government was a secular good – bonum commune – then law could be understood in an instrumental way as whatever was needed to bring this about in the context of each community. To highlight the autonomy of governmental ethos from religion, it would be articulated in terms of nature and reason – understood no longer in terms of what was shared and universal but what was “natural” to the particular community and “reasonable” in view of the requirements of governance. 22 Recourse to the vocabulary of natural law in the late-16 th and early 17 th century became useful to ground and to explain the authority of the territorial ruler while simultaneously responding to the intellectual crisis generated by a scepticism propagated by Machiavellism, Tacitism and raison d’état. 23 It was precisely for this purpose that the “second scholastic” in Spain turned to Aquinas in separating the spiritual and the temporal power from each other while still insisting on the ultimate superiority of the former 21 For the classic, see Donald R. Kelley Foundations of Modern Historical Scholarship. Language, Law and History in the French Renaissance (Columbia University Press 1970). 22 For the transformation of Western techniques of government in the late middle ages and early modernity, see Michel Senellart Les arts de gouverner. De régimen médiéval au concept do gouvernement (Paris, Seuil 1995), especially 111–209. 23 See e.g. Richard Tuck Philosophy and Government 1527–1651 (Cambridge University Press, 1993).
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over the latter. For Jesuits such as Francisco Suárez, natural law provided the basis for the autonomy of temporal communities and extensive powers to secular rulers while still allowing or even calling for papal intervention in cases where the two orders clashed. 24 On the Protestant side, seeking inspiration from to the scientific categorisations by Petrus Ramus and Descartes, jurists began to seek a more formal notion of law that might share the “hardness” and universality of the truths of natural science – perhaps like those of geometry, as Hugo Grotius explained – so as to attain workable compromises between relativism and certainty. This way of thinking was applied axiomatically by the most important follower of Grotius, Samuel Pufendorf in his early work Elements of universal jurisprudence (1660). 25 Hoping to emulate the mathematical explorations of his teacher Erhard Weigel, Pufendorf used what he called “postulates” and “axioms” to derive a code of leges juris naturalis. In constructing his logical system of inferences he began with “definitions” that identified the subject-matter to which certain “principles” would apply. These latter would then be classified into a) “common axioms” derived from philosophy; b) “axioms” whose truth derived from “reason itself” or “intuition”, and c) “observations” whose truth is received from perception of empirical details when compared to each other. These would give a basis for “propositions” that would provide the relevant normative direction needed. But Pufendorf soon found it impossible to combine rational axioms with empirical observations so as to reach conclusions whose persuasiveness would be anywhere near that enjoyed by mathematical propositions. As long as the end-point of the inferences was something everybody could agree upon, Pufendorf seemed to do a good job. But this was not enough. If the result provided no direction in situations of disagreement, what use did it have for legal practice? Pufendorf himself soon saw his early formalism as too abstract and “immature”. 26 In the Jus naturae et gentium (1672) he organised the materials differently. Instead of a system of deductive inferences, law now began to speak about what was necessary to uphold social life. “Nature” was now less universal principles than what was “natural” for each community. If the old Reich was a “monster” as Pufendorf famously ex24 See Francisco Suárez ‘Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus Anglicanae sectae errores’, parts of which are translated in Suarez, Selections from Three Works: de legibus, ac deo legislatore, 1612. Defensio fidei catholicae … 1613. De triplici virtute … 1621. Vol 1–2 (Oxford: Clarendon 1944). For the 16 th and early 17 th century Jesuit position in regard to the relations between spiritual and temporal power, see Harro Hoepfl Jesuit Political Thought. The Society of Jesus and the State 1540–1630 (Cambridge University press 2004). 25 Samuel Pufendorf Two Books of the Elements of Universal Jurisprudence (W.A. Oldfather, trans Oxford University Press, 1931. 26 For Pufendorf’s turn away from formalism and into a “sociological jurisprudence”, see e.g. Leonard Krieger The Politics of Discretion. Pufendorf and the Acceptance of Natural Law (The University of Chicago Press, 1965), 53–68.
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plained, this meant that it did not fit the categories of old Aristotelian constitutionalism. Its structures were the – fragmented – product of history and politics that lawyers ignored at their peril. 27 The new natural law presented self-love as the engine of social and political life which, coupled with the natural weakness of humans, dictated “sociability” as a necessary predisposition. “Law” would now be what would be dictated by “sociability”. With his later work, Pufendorf gave articulation to the natural legitimacy of a strong central power that would manage the public realm with an iron hand while providing room for a structure of autonomous contractual exchanges in the private realm. The enlightenment of the absolutist ruler would reside precisely in his seeing to the “natural” flow of human relations according to the principle of self-love. 28 This sociological vocabulary was developed in a much more formal and rationalist direction in a series of unreadable volumes on the law of nature and of nations by Christian Wolff from the University of Halle. His universalism was expressed in a view of the world as a Civitas Maxima which, however well-founded rationalistically, failed to convince readers witnessing an increasingly nationalistic re-organisation of the international political world around them. 29 But the real 18 th century innovator was the Swiss diplomat Emer de Vattel whose Droit des Gens ou principes de la loi Naturelle appliqués à la conduite et aux attaires des nations et des Souverains (1758) achieved an ingenious combination of formality and flexibility, rationalism and realism, that responded to the period’s liberal political trends (contra Pufendorf) while respecting and extending the cooperative and freedomgenerating governmental ethos into an international language of sovereign power. 30 The formal classification of the different types of the law of nations that stood in its centre was both rigid enough to allow the emergence of autonomous jurisdictions while sufficiently open-ended so as to conceive “rule” in terms of whatever was necessary for the salus populi. Vattel’s three categories of law, “necessary”, “voluntary” and “arbitrary”, were both openended and overlapping in such a way that whatever behaviour came between the “absolutely necessary” and the “absolutely arbitrary” (and could thus be classified as “voluntary law”) could be justified both as a contextually appropriate response to the situation and a reflex of popular will sim27 Samuel von Pufendorf Severinus de Monzambano. Über die Verfassung des deutschen Reiches (H. Breslau transl., Berlin, Hobbing 1922). 28 This is the turn Foucault depicts as that from governmentality to “bio-power”, see e.g. his Sécurité, territoire, population. Cours au Collège de France 1977–1978 (Paris, Gallimard, 2004) with special reference to Pufendorf, 101 and generally 91–134. 29 Christian Wolff Jus gentium methodo scientifica pertractatum (Vol II , The Translation, Oxford, Clarendon 1934) Prolegomena § 12 (14). 30 For a critique, see especially Philip Allott The Health of Nations. Society and Law Beyond the State (Cambridge University Press 2002),
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ultaneously. 31 In this way, “reason” and “will”, the objective and the subjective, were accommodated as part of a novel, and hugely successful legal vocabulary of statehood. With such a language, however, anything could be argued into and out of the law. By mid-18 th century natural law had reached it apogee at German universities. The painstaking studies on jus naturae et gentium undertaken by the followers of Grotius and Pufendorf at Halle and Göttingen ended up in a series of thick volumes that sought to deduce the directives for the practical government of early modern societies from a few generalisations about “sociability”. The abstract and somehow random nature of these works – the fact that they were more articulations of a particular cultural and political sensibility that always left to the (enlightened) ruler the power to decide on how the functional necessities ought to be realised, undermined the formal vocabulary of naturalism, fragmenting it in three directions: work on Polizeiwissenschaft and political economy, “legal philosophy”, and a concern over Menschenrechte in the different branches of the law. 32
III. Positivist Systems Once thought as a relatively uniform and solid centre for derivations of particular laws, the languages of “nature” and “reason” had by the end of the 18 th century lost much of their persuasive power: too subjective and “political” to be of assistance in the formation of the administrative state. They were followed by the great national codifications that would express what was appropriate for ruling the nation as a scientific system. The Prussian Allgemeine Landesrecht ( ALR ) of 1794 had a painful birth history of almost 90 years. Its main author, Carl Gottlieb Svarez, regarded the code above all as an instrument to educate the citizens of Prussia about the true ends of the State and the beneficent maxims whereby it is governed. 33 The interest here concerns the contrast that emerged during its preparation concerning the nature of the law as either (mere) Gesetze (lois) or the justifications of the laws in Recht (droit). For Svarez, law did emanate from nature in the sense that its foundation lay in reason. But the vocabulary of reason, he recognised, was too abstract; the judges needed concrete starting-points for their 31 See Martti Koskenniemi From Apology to Utopia. The Structure of International Legal Argument. Reissue with a New Epilogue (Cambridge University Press, 2005), 112–122. 32 See J. Schröder and I. Piehlmeyer “Naturrecht als Lehrfach an den deutschen Universitäten des 18 und 19 Jahrhunderts”, in O. Dann and D. Klippel (eds), Naturrecht – Spätaufklärung – Revolution (1995), 255–269. 33 See Roger Berkowitz The Gift of Science. Leibniz and the Modern Legal Tradition (Harvard University Press 2005), 72.
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deliberations. These would be the Gesetze, legislated by the King. A good Landesrecht (in contrast to mere Gesetzbuch) would then narrate the Gesetze as logical instruments for attaining the objective of security and welfare of the nation. The projects of codification led to systematisation activity of great intensity that suggested to do two things: to separate the legal and ethico-political languages from each other and found the authority of lawyers as faithful organisers of the (fragmented) “wills” of the legal subjects into an organic “system”. 34 The fluidity of the political world – oscillation between revolution and reaction – would be caught as the law of the nation-State. In his The Province of Jurisprudence Determined (1836) the Englishman John Austin attacked vigorously the naturalist constructions whose very plurality seemed to show that they were only proposals of desired laws – that is, “politics”. The real law was found in verifiable social patterns – “habits of obedience” – induced by commands of the sovereign. Ideologically, this kind of positivism embodied Max Weber’s idea of Die legale Herrschaft – the rule of laws rather than justice. Lawyers and legislators worked in tandem to solidify the unity of the legal system against political critics unable to view legislation as anything but an instrument of the hegemony of the ruling class. This was not necessarily expressed in Begriffsjurisprudenz but would include many different styles of analytical and hermeneutic jurisprudence. 35 If the specific modernity of early 20 th century European world was reflected in the fragmentation of its traditional social structures then law and jurisprudence provided a narrative platform that could always explain public coercion in terms of the unified “system” of national law. The collapse of social hierarchies was juxtaposed with the establishment of legal hierarchies, a neomedieval reductio ad unum best exemplified in Hans Kelsen’s ambitious efforts to invite his colleagues to imagine a single “basic norm” from which everything else in the legal world flowed in smooth hierarchical procession. But even as it was possible to create apparently logical linkages between parts of the legal vocabulary, it was unclear what effect this had in the practice of law-application. Even Kelsen recognised that the meaning of legal rules was not a question of science but of policy: as “system”, the law may be coherent while as “practice” completely fragmented. 36 Some lawyers gave up the ideological commitment to a single, unified “system” and the connected formal languages and instead developed a “pluralistic” vocabu34 See e.g. Jean-Louis Halpérin Entre nationalisme juridique et communauté de droit (Paris, PUF 1999), 52–56. 35 The best account of this is Duncan Kennedy A Critique of Adjudication. (fin-de siècle) (Harvard University Press 1997). See also idem ‘Legal Formality’, 13 Encyclopaedia of the Legal and Behavioral Sciences (Elsevier 2001), 8635–6. 36 See Hans Kelsen Introduction to the Problems of Legal Theory, (Paulson & Paulson ed. Oxford University Press, 1992), 82–84.
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lary that would capture the heterogeneity of the social. Mainstream jurisprudence responded by increasingly complex narratives about law’s “coherence”. The profession itself diverged – was its cutting edge now in jurisprudence or in legal sociology? Globalization studies or law and literature? Most 20 th century law is permeated by the opposition of more or less “formalistic” ideas about the operation of a relatively autonomous legal concepts and anti-formal views that stress the dependence of law on some more fundamental aspect of the social – perhaps economic structures, or socially embedded moralities, interdependence or some structure of “interests”. Both sides were able to provide solutions to some problems in the government of late-modern liberal society while remaining vulnerable to objections they generated against each other. The idea of a nation ruled by legislation (“the will theory”) responded to liberal society’s need to explain itself as responsive to popular will. It was subjected to anti-formal critiques for which such a will was myth and law-application simply judicial policy. But social law was no more able than its formal counterpart to draw deductive inferences from the “policies” or “interests” that it saw in the world; giving up the search for autonomy, it lost its critical stand towards anything that seemed to work. The dichotomies of 20 th century legal thought – naturalism and positivism, voluntarism and functionalism, formalism and anti-formalism, constitutionalism and pluralism, ratio and voluntas 37 – led often to the isolation of academic law from the world of legal practice and government where the law was understood as a part the management of an increasingly complex society, a tool in the toolbox of rule. Even rights tended to become an aspect of management inasmuch as they conflicted with each other and called for “balancing”, cost-benefit analyses in terms of what might seem socially optimal. I studied law in the 1970’s and the slogan then was that “law is a social phenomenon”. It is not clear what this meant – apart from the fact that it was meant to counter the “formalistic” idea that law could be just a matter of deriving things (judgments, conclusions, preferences) from concepts. The “real” social world was, after all, a world of interminable fluidity. But once it was captured in language, the novel vocabularies tended to look indistinguishable from the old “principles” or “rules”. In some odd way, the rhetoric of social fluidity, once it was captured in legal vocabularies – however functionally sophisticated and anti-formal, tended to look no different from the logical categories of Begriffsjurisprudenz, perhaps with a socialdemocratic tilt.
37 Recently explored in Kaarlo Tuori Oikeuden ratio ja voluntas (Helsinki, WSOY, 2008).
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IV. The Politics of Fragmentation(s) Today, the debates on fragmentation of the national legal system are accompanied by similar concerns regarding the fate of its twin sister, the international legal system, or public international law. In both, specialised rule-systems and professional orientations take the place of the “general system” and the traditional ways of the profession. How should we look upon all this? Let me offer just two conclusions. First, the emergence of new legal regimes and institutions is not a technical issue, something compelled by the overwhelming complexity of the “real world”. It arises from manoeuvres taken by well-placed professional men and women who seek to influence the world by replacing the preferences associated with the “old” formal system by new priorities that accompany the novel vocabulary and the expertise it represents. Despite popular rhetoric to the contrary, there is nothing inherent in the “old” systems of national or international law that would make it impossible for them to deal with problems of the environment, or of international terrorism, of human rights or human health. The retort by unrepentant traditionalists that there is no “law of human rights”, only law applied to a human rights problems is absolutely correct. Likewise, natural law could once upon a time have dealt with the problems of industrial society – but it would have done this differently from positive legislation. The same is true with “law” and “human rights law”. They are not identical in their consequences but come with different professional tendencies. It is the very point of new legal languages (such as “human rights”) to challenge the preferences associated with the old languages (in this case too associated with “sovereignty”) and to seek out a new distribution of material and spiritual values. If the new is modest, it will merely present itself as an “exception”; if it feels strong enough, it will challenge the old directly. New legal regimes and languages such as “energy law”, “foreign investment law” or “sports law” emerge precisely to give effect to the preferences of people and groups associated with those regimes – professionals who, working in the formal mainstream, might not have the degree of influence they have in the institutions of their “own” regimes. Second, fragmentation and coherence are phenomenological claims and not claims about what there “really” is in the social world. They invoke “feelings of fragmentation” or “sentiments of coherence” that refer back to how confidently the subject moves around in the world, how alien or familiar the world seems, how easy or difficult it is to operate in one’s (professional) environment. The topos of fragmentation was much used by the sociological classics – Marx, Durkheim, Weber – to analyse the break-down of tradition in the modern world and the resulting sense of alienation and loss of control. Yet, the same world appears differently for different individuals and groups: where one feels disconnected or out of control, another feels
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perfectly at home. Looking at a Kandinsky painting in 1911 observers had completely different experiences: where one experienced an unrelated set of lines, colours and forms, another saw a typical work by a leader of the “Blue Rider” group. The way we feel fragmentation or coherence refers back to education, cultural and social backgrounds and the hierarchies of preference that we have internalised. Fragmentation and coherence are narrative experiences, present in the effect we find vocabularies to have in the world. Here formality plays at least a twofold role. It may embody a well-entrenched and familiar classification of the world that professionals find full of information about the world and how to deal with it. To engage in “formalism” is to be confident in the world’s coherence: there is no need to look “behind” the formal system. But it may also have the opposite effect to appear as “arid formalism”, invoking a negative experience of something rigid and inflexible, preventing us from connecting with a dynamic world and suspect of buttressing old social hierarchies, intellectually shallow and politically objectionable. Most calls for renewal in the socio-legal profession in the 20 th century have been to taking account of the “dynamics” of pluralist society, giving expression to the diversity of human experience against some excessively “formalistic” (and therefore “superficial”) account upheld by the tradition. But there is no reason why pluralism and diversity could not be expressed in the most rigidly formal languages: we do that all the time as we operate the algorithm of 0/1 in our laptops. Again, fluidity and form are less about the world than our experience of it. Law as a formal system is inherently capable of extending to whatever problems may emerge – but we may not want to deal with those problems precisely in the way that the law suggests. Therefore, instead of engaging in a political critique of the law’s embedded preferences, we resort to a sociological language: that law is “off”, it does not see the world “correctly”; it is too “formalistic”. Now this is a mistake. Not thinking of these phenomena as political and harking back to subjective experiences of the world buttresses the sort of non-political expert culture through which much of the world is ruled today. That culture is, as I have elsewhere written, structurally parallel to the culture of 18 th century enlightened absolutism. 38 The autonomous operation of the “regime” corresponds to the sovereignty of the “State” and in both, there is just one “truth” that its sovereign possessor lets descend to the populace to coerce it in view of its own interest, salus populi. And how then to decide between different regimes and systems of decision, patterns of making what is “fluid” into what is “formal”? As Teubner and his colleagues have shown, there is no hope of a super-regime or a uni38 Martti Koskenniemi ‘The Fate of International Law: Between Technique and Politics’, 70 The Modern Law Review (2007), 27.
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versal system that would enable to us to make the right choice. “Law’s constructive identities change chameleon-like with the change of observationpoints, each of which has an equally valid claim to truth”. 39 The social world is contingent and heterodox; acting there, we cannot be sure of the consequences, of who will benefit and who will be hurt. This is an excellent basis for stressing the temporary nature of all (legal) regimes, the need to change perspective and to seek out the shadows legal regimes cast as they illuminate the path forward. Fluidity and form map a field of experiences and not problems that should be resolved; wherever we find ourselves on that map as we think about a particular problem, it will never do us harm to try to imagine the opposite experience. In fact, not being able to imagine it now, one can be sure that a time will come when the complex coherence of one’s narrative will in due course appear as its “arid formalism”.
39 Gunther Teubner ‘The King’s Many Bodies: The Self-Deconstruction of Legal Hierarchies’, 31 Law and Society Review (1997), 765.
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I. Einleitung Mit seinen Arbeiten zum Recht jenseits des Nationalstaats hat Gunther Teubner die Grundlage für breite juristische Diskussionen gelegt. Wir wollen seine Ideen mit diesem Beitrag in ein weiteres Gebiet einführen, in dem sie bislang nur wenig rezipiert wurden: Das Seehandelsrecht. Uns geht es dabei insbesondere darum, Emergenzen eines Seehandelsrechts jenseits von Nationalstaaten darzustellen. Begrifflich ist in diesem Zusammenhang bisweilen von einem International Private Maritime Law bzw. einem Internationalen Seehandelsrecht die Rede, das die seehandelsrechtlichen Beziehungen zwischen privaten Parteien unterschiedlicher Staaten betreffe.1 Diese Begrifflichkeit ist jedoch in ihrer staatszentrierten Beschränkung auf ein Recht ‚inter nationes‘ für die „postnationale Konstellation“ zu eng, weshalb wir den Begriff eines transnationalen Rechts für angemessener halten. Transnationales Recht verstehen wir dabei als ein Tertium neben internationalem öffentlichen Recht (Völkerrecht) einerseits, das Verhältnisse zwischen Staaten regelt, und dem internationalen Privatrecht andererseits, das anzuwenden ist auf Konflikte über die Anwendbarkeit nationalen Rechts im Rahmen grenzüberschreitender Transaktionen. 2 Phillip C. Jessup hatte 1956 den Begriff des transnationalen Rechts geprägt, 3 den wir hier verwenden werden, um Emergenzen neuer Formen von Normbildungs- und Normanwendungsprozessen zu kennzeichnen, an denen private oder hybride, d. h. weder klar der privaten noch der staatlichen Sphäre zuordenbare, Akteure beteiligt sind. 4 Wegen des originär grenzüberschreitenden Charakters des Seehan1 Siehe bspw. Tetley, W. International Maritime Law, (2000) 24 Tulane Maritime Law Journal 775–856, 782. 2 Calliess, G.-P. Reflexive Transnational Law, (2002) 23 Zeitschrift für Rechtssoziologie 185–216, 186. 3 Jessup, P. C. Transnational Law, (New Haven 1956), 2 ff. 4 Hanschmann, F. Theorie transnationaler Rechtsprozesse, Buckel, S., R. Christensen und A. Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, (Stuttgart 2006) 347–369, 352 f. Im Einzelnen und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet siehe Zumbansen, P. Transnational Law, Smits, J. (Hrsg.), Encyclopedia of Comparative Law, (Cheltenham 2006) 738–754.
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delsrechts spielen Fragen um das Verhältnis von staatlichem Recht zu privat oder hybrid erzeugten Normen sowie privater Streitschlichtung dort eine zentrale Rolle, so dass wir im Folgenden vor dem Hintergrund von Privatisierungstendenzen im grenzüberschreitenden Seehandel und dessen Recht von transnationalem Seehandelsrecht sprechen werden. Wir werden versuchen, hier eine Brücke zu schlagen zwischen Teubners Ideen zur Transnationalität und juristischen Diskursen im Bereich des Seehandelsrechts und beginnen – in guter Tradition – mit einem Fall: Im Herbst 1977 transportierte das Schiff ‚Nordholm‘ knapp zwei Tonnen Profileisen. In der Biskaya geriet das Schiff in schweres Wetter mit Windstärken von 7 bis 8 bft. Es kam zu Torsionen des Schiffskörpers, die wiederum zu Undichtigkeiten der Luken führten. Seewasser trat in den Laderaum ein und führte zu Rostschäden an den Profileisen. 5 Die Klägerin verlangte aus abgetretenem Recht der Befrachterin der Profileisen Schadensersatz von dem Reeder des Schiffes und dem Verfrachter gemäß § 485 S. 1 HGB , wonach der Reeder für den Schaden verantwortlich ist, den die Schiffsbesatzung einem anderen schuldhaft zufügt. Die Beklagten verteidigten sich unter Berufung auf eine Haftungsfreizeichnungsklausel zu ihren Gunsten im Chartervertrag. Der BGH hatte im Jahr 1983 in dem hier geschilderten ‚Nordholm‘-Fall entschieden, dass eine solche Haftungsfreizeichnungsklausel im Chartervertrag wegen eines Verstoßes gegen deutsches AGB -Recht unwirksam gewesen sei. 6 Hintergrund der AGB Prüfung war, dass der Chartervertrag unter Verwendung eines Einheitsformulars, der Gencon C/ P, geschlossen wurde, das von der Baltic and International Maritime Conference ( BI MCO ) für Reisecharterverträge entworfen wurde und von Reedern und Charterern regelmäßig verwendet wird. Interessant erscheint dabei die Kritik, die an dieser Entscheidung geübt wurde. Es wurde beanstandet, dass der BGH den Chartervertrag, dem das Gencon C/P Einheitsformular zu Grunde lag, als allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert hatte mit der Folge, dass eine Inhaltskontrolle durchgeführt und die streitgegenständliche Klausel letztlich für unwirksam erklärt wurde. 7 Über diesen Punkt wurde reichlich gestritten. Dabei interessierte die beteiligten Rechtswissenschaftler und Praktiker vor allem die Frage, ob ein Chartervertrag überhaupt eine allgemeine Geschäftsbedingung darstellen könne, ob, wenn ja, ein Chartervertrag als eine Vertragsbedingung zu sehen ist, die eine Partei stellt und schließlich auch, ob eine einzelne Partei 5
BGH VersR 1983, 549–550.
Ebd. Zu dieser Kritik siehe insbesondere, Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“, (1985) Versicherungsrecht 206–210, Rabe, D. Inhaltskontrolle von Charterverträgen, Betrachtungen zum „Nordholm“-Fall, (1985) Versicherungsrecht 1010–1017. 6 7
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überhaupt als ‚Verwender‘ identifiziert werden könne. 8 Diese rechtstechnischen Fragekomplexe, die den Schwerpunkt der Diskussion im Anschluss an die Nordholm-Entscheidung bilden, dürfen aber den Blick auf die tiefer liegende Fragestellung nicht verdecken. Vielmehr handelt es sich hier juridisch verfremdet um die Frage, inwieweit eine nationale Rechtsordnung zentrale Gepflogenheiten, Bräuche und etablierte Standardverträge und Formulare des grenzüberschreitenden Seehandels für ungültig erklären darf. Oder abstrakter: In welche Maße enthält die transnationale Seehandelspraxis eigenständige Ordnungsmuster für die Lösung von Konflikten in diesem Bereich und in welchem Verhältnis stehen diese dann zu nationalem Recht?9 Oder noch genereller formuliert: Gibt es eine Lex Maritima, ein transnationales Seehandelsrecht, das auf Bräuchen, Gepflogenheiten und Übungen der globalen Seekaufmannschaft fußt, und welche Konsequenzen hat das für nationales Recht und nationale Gerichte?
II. Lex Maritima – ein autonomes Seehandelsrecht jenseits des Staates? 1. Die Rechtsquellen des Seehandels Wenn nach den Rechtsquellen des Seehandelsrechts gefragt ist, verweist der deutsche Jurist schnell auf das fünfte Buch des Handelsgesetzbuchs.10 Doch so einfach ist es nicht, denn das Seehandelsrecht ist inter- und transnational von Gemüt, das HGB national von Geblüt. Das Gros der Konflikte im grenzüberschreitenden Seehandel – das liegt auf der Hand – kann gerade nicht von einem einzelnen nationalen Gesetzgeber geregelt werden, denn jedes Subjekt des Seehandelsrechts ist wegen seines grenzüberschreitenden Charakters immer zugleich mehreren nationalen Gesetzgebern unterworfen.11 Selbst die Anhänger einer nationalen Kodifikation des Seehandels8 Rabe, D. Inhaltskontrolle von Charterverträgen, Betrachtungen zum „Nordholm“-Fall, (1985) Versicherungsrecht 1010–1017; Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“, (1985) Versicherungsrecht 206–210; Fischer-Zernin, C. Der Chartervertrag – Formularvertrag im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG oder zwingende Individualvereinbarung, (1986) Versicherungsrecht 418–425. 9 Dies erkennt Trappe zwar wenn er dem BGH vorwirft, dieser habe statt der von den Parteien gewählte Anspruchsgrundlage aus dem Gencon C/P Formular eine Anspruchsgrundlage aus dem HGB gewählt, nähert sich der Frage aber dann doch wieder auf dem rechtsdogmatischen Weg, indem er das Vorliegen der Voraussetzungen von AGBen untersucht, Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“, (1985) Versicherungsrecht 206–210. 10 So z. B. Herber, R. Seehandelsrecht: Systematische Darstellung, (Berlin / New York 1999), 20 („Im Mittelpunkt des Seehandelsrechts steht das 5. Buch des Handelsgesetzbuchs, …“). 11 Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 413.
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rechts betonen, dass dies kein nationaler Sonderweg sein dürfe, sondern dass eine solche Kodifikation das „internationale Patchwork“ des Seehandelsrechts zu einem konsistenten Regelwerk integrieren müsse.12 Bereits im Jahr 1930 konstatierte Hans Großmann-Doerth: „Das staatliche Recht ist diejenige Rechtsquelle, welche für den Überseekauf die geringste Bedeutung hat.“ 13 Daran zeigt sich bereits das Dilemma des Seehandelsrechts. Einerseits wird auch heute noch in großen Teilen der Rechtswissenschaft der Nationalstaat als der originäre Ort der Rechtsentstehung gesehen.14 Andererseits entsteht Seehandelsrecht im weit überwiegenden Maße gerade nicht im Rahmen nationaler Gesetzgebung. Vielmehr sind es internationale Übereinkommen, internationale Modellgesetze, standardisierte Verträge, Standardklauseln, transnationale Handelsbräuche und schließlich die Literatur zum internationalen und transnationalen Seehandelsrecht, in denen dessen Regeln gebildet und fortgebildet werden.15 Politische Einflussnahme und Steuerungsfähigkeit, die der nationalen Kodifikation innewohnen, sind vor diesem Hintergrund illusorisch. Einer staatlichen Regelung jedenfalls entzieht sich das Seehandelsrecht weitgehend durch seinen grenzüberschreitenden Charakter. 2. Die Entstaatlichung des Seehandelsrechts In der Tat scheint die Beobachtung einer „Entstaatlichung des Seehandelsrechts“ 16 plausibel. So erfolgt die Rechtsprechung im Seehandel überwiegend durch private Akteure. Die Gesamtzahl der gerichtlichen Entscheidungen im Bereich des gesamten Seehandelsrechts liegt in Deutschland im einstelligen bzw. unteren zweistelligen Bereich im Jahr.17 Demgegenüber erscheint die Zahl der seehandelsrechtlichen Konflikte, die in Großbritannien vor der London Maritime Arbitrators Association ( LMAA ), einer Organi12 Schmidt, K. Gesetzliches Seehandelsrecht: Hat das HGB noch eine Chance?, (Hamburg 2006), 11. 13 Großmann-Doerth, H. Das Recht des Überseekaufs, (Mannheim 1930), 40. 14 Siehe statt vieler nur Böckenförde, E.-W. Freiheit und Recht, Freiheit und Staat, Böckenförde, E.-W. (Hrsg.), Recht, Staat, Freiheit, (Frankfurt 1991) 42–57, 51. Mit der Einschränkung, dass zwar außerstaatliche Rechtssetzung möglich sei, der Staat aber in der Normsetzung das „letzte Wort“ behalten müsse siehe Ossenbühl, F. Gesetz und Recht – Die Rechtsquellen des demokratischen Rechtsstaats, Isensee, J. und P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 3, Das Handeln des Staates, (Heidelberg 1988) 281–313, Rn. 31. 15 Tetley, W. International Maritime Law, (2000) 24 Tulane Maritime Law Journal 775–856, 782 ff.; siehe auch Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 413. 16 Basedow, J. Perspektiven des Seerechts, (1999) 54 Juristenzeitung 9–15, 12. 17 Die Durchführung einer Juris-Recherche zu Entscheidungen im Seehandelsrecht (§§ 476–900 HGB ) ergab eine Gesamtzahl der entschiedenen Fälle in den Jahren 1950–2008 von 576. Auf den BGH entfallen dabei 171 Entscheidungen, 264 auf alle OLGs , 55 auf die Landgerichte und 8 auf Amtsgerichte. Der verbleibende Rest wurde vor Arbeits- oder Finanzgerichten verhandelt. Siehe hierzu auch Basedow ebd.
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sation, die private Streitschlichtung in seehandelsrechtlichen Angelegenheiten anbietet, überwältigend groß.18 Zwar ist die Zahl der seehandelsrechtlichen Konflikte, die von der LMAA bearbeitet werden, tendenziell rückläufig, was möglicherweise auch auf die Verringerung des Streitstoffs auf Grund höherer Sicherheit auf See oder aber auf eine Risikoverlagerung auf Versicherungen zurückzuführen sein mag 19, aber eine Gesamtzahl von durchweg etwa 3000 Verfahrenseröffnungen und etwa 500 Entscheidungen pro Jahr (der Rest der Verfahren endete in Vergleichen) vor der LMAA sprechen eine eindeutige Sprache. 20 Ähnliche Einrichtungen zur privaten Streitschlichtung im grenzüberschreitenden Seehandel gibt es in Deutschland (German Maritime Arbitrators Association – GMAA ), in den USA (Society of Maritime Arbitrators – SMA ) sowie in einer ganzen Reihe anderer Länder. So sind die Konfliktparteien im grenzüberschreitenden Seehandel nicht auf nationale Gerichte angewiesen. Und die Zahl der Verfahren vor privaten Streitschlichtungsorganisationen zeigt, dass diese deutlich stärker angerufen werden als staatliche Gerichte. 21 Neben einer Regelbildung, die sich weitgehend außerhalb staatlicher Gesetzgebung vollzieht, verfügt die Seekaufmannschaft also über eine gut etablierte private Schiedsgerichtsbarkeit in Seehandelssachen. Weder die Rechtsetzung noch die Rechtsprechung spielen sich in nennenswerten Teilen im staatlichen Bereich ab, sondern sind bei privaten Akteuren institutionalisiert. Aus der Perspektive des staatlichen Rechts gestaltet sich die Regulierung des grenzüberschreitenden Seehandels also vielmehr an dessen Peripherie. 22 Dort aber entwickeln sich Autonomiestrukturen, die bemerkenswert sind.
18 Auf diese Verlagerung der Streitschlichtung von staatlichen Gerichten auf private Organisationen weist Marella, F. Unity and Diversity in International Arbitration: The Case of Maritime Arbitration, (2005) 20 American University Law Review 1055–1100, 1077, hin („It […] reveals the widespread turn to arbitration and, therefore, the spinning off from domestic jurisdiction in the main sectors of the shipping business.”). 19 Derartige Gründe führt Basedow für einen Rückgang der Judikatur im Seehandelsrecht in Deutschland an, Basedow, J. Perspektiven des Seerechts, (1999) 54 Juristenzeitung 9–15, 13. 20 Die Zahlen stammen aus McKenzie, D. Maritime Services, (2007) International Financial Services London Research 1–12, 8 f. 21 Zwar werden seehandelsrechtliche Konflikte auch in England vor staatlichen Gerichten ausgetragen, die Anzahl der Fälle vor staatlichen Gerichten macht aber nur einen Bruchteil der Fälle vor der LMAA aus, McKenzie ebd., 8. 22 Zur Unterscheidung von Zentrum und Peripherie siehe Luhmann, N. Das Recht der Gesellschaft, (Frankfurt am Main 1993), 320 ff.; Insbesondere im Kontext transnationaler Privatregimes Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 48 ff.
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3. Autonomisierungstendenzen des Seehandelsrechts An diese Beobachtungen schließt sich die Frage an, ob die Regeln und Streitschlichtungsmechanismen des grenzüberschreitenden Seehandels als eigenständiges autonomes Rechtsregime anzusehen sind. Auf die hohen Anforderungen, die an ein autonomes Recht jenseits des Nationalstaats zu stellen sind, haben Gunther Teubner und andere Vertreter der an Niklas Luhmanns Systemtheorie des Rechts anschließenden rechtssoziologischen Literatur mehrfach hingewiesen. 23 Es reiche nicht allein aus, dass der binäre Rechtscode von nichtstaatlichen Institutionen angewendet werde, hinzukommen müsse auch, dass die Anwendung dieses Rechtscodes wiederum einer Beobachtung zweiter Ordnung nach dem Code Recht/Unrecht unterworfen werde. 24 Erst durch eine solche Beobachtung zweiter Ordnung könne es gelingen, die operative Geschlossenheit des Rechtssystems zu sichern. 25 Das bedeutet nichts anderes, als dass Recht außerhalb eines staatlichen Rechtssystems in der Lage sein muss, sich seiner Operationen zu vergewissern und diese in Frage zu stellen. Das gelingt durch Verbalisierung und Erinnerung. 26 Erst wenn Urteile veröffentlicht und damit als Kommunikation dem Rechtssystem zugänglich gemacht werden und dann im Wege der weiteren Beurteilung (Rechtsprechung) entweder konfirmiert oder zurückgewiesen werden, erlangt Kommunikation unter den Vorzeichen des binären Rechtscodes den Charakter eines Rechtssystems, das dann aus der rekursiven Verknüpfung von Normsetzung und Rechtsprechung besteht, Harts secundary rules. Gralf-Peter Calliess präzisiert dies dahingehend, dass nicht nur die Normschaffung in Form einer Kodifikation durch Private in Form von allgemeinen Prinzipien- und Regelkatalogen, standardisierten Vertragsformularen oder Verhaltenskodizes erfolgen müsse, sondern dass transnationales Recht jenseits des staatlichen Rechts auch darauf angewiesen sei, dass die Anwendung, Interpretation und Fortbildung derart kodifizierter Normen ebenfalls durch private Anbieter alternativer Streitschlichtungsmechanis-
23 Luhmann, N. Das Recht der Gesellschaft, (Frankfurt am Main 1993), 61; in Bezug auf die Emergenz eines globalen Rechtssystems siehe Teubner, G. Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, (1996) 15 Rechtshistorisches Journal 255–290, 269 und neuerdings in gleicher Richtung Calliess, G.-P. und M. C. Renner Between Law and Social Norms: The Evolution of Global Governance, 22 Ratio Juris 2 (2009), 260–280. 24 Siehe z. B. Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 51 f. Zuletzt auch in Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 42–43. 25 Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 48 ff. 26 Calliess, G.-P. und M. C. Renner Between Law and Social Norms: The Evolution of Global Governance, 22 Ratio Juris 2 (2009), 260–280.
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men zu erfolgen habe. 27 So muss ein Seehandelsrecht jenseits des Staates also sowohl die Rechtsetzung sowie auch die Rechtsprechung durch private Institutionen gewährleisten können. a) Die Entstehung von autonomem Seehandelsrecht am Beispiel der Charter Derartige Entwicklungen lassen sich im Seehandelsrecht gut beobachten. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Schiffscharter. Bemerkenswert daran ist, dass für sie fast ausnahmslos und in langer Tradition 28 Formularverträge verwendet werden. 29 Die Gencon C/P ist ein solches Standardformular. Sie wurde im Jahr 1922 entworfen und 1976 sowie 1994 erweitert. Herausgeber ist die Baltic and International Maritime Conference ( BIMCO ), die eine ganze Reihe unterschiedlicher Standardverträge unter Beteiligung von Vertretern verschiedenster Interessen entworfen hat und zur Verfügung stellt. Eine entscheidende Rolle beim Entwurf solcher Vertragsformulare nimmt das Documentary Department der BIMCO ein. Das Documentary Department ist diejenige Stelle, die innerhalb der BIMCO Arbeitsgruppen und Ausschüsse koordiniert, die an der Entwicklung der standardisierten BIMCO Charterverträge, Klauseln und Vereinbarungen beteiligt sind. 30 An den Entwürfen sind Interessenvertreter beteiligt, darunter Vertreter verschiedener Staaten, Vertreter von Protection and Indemnity Versicherungen (P&I), das sind Zusammenschlüsse von Schiffseignern und Charterern zur Selbstversicherung von Schiffen, Vertreter von Schiffshandelsvereinigungen, die Vertreter von internationalen Schifffahrtsvereinigungen wie der International Chamber of Shipping oder der Federation of National Associations of Ship Brokers and Agents (FONASBA) sowie Vertreter des BIMCO Sekretariats. Diese Vertreter repräsentieren eine große Zahl der am Seehandel beteiligten Interessengruppen, für die die zu entwickelnden Regeln verbindlich sein sollen. Der eigentliche Entwicklungsprozess erfolgt in Arbeitsgruppen, in denen auf die gleichmäßige Vertretung dieser Interessengruppen geachtet wird und in denen Juristen die erzielten Ergebnisse in die späteren Formularverträge fassen. 31 Es handelt sich hierbei also nicht um 27 Calliess, G.-P. Transnationales Verbrauchervertragsrecht, (2004) 68 Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 244–287, 254 f. 28 Standardchartern wurden bereits im 15. Jahrhundert verwendet, Raiser, L. Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, (Bad Homburg 1935), 26. 29 Gorton, L., R. Ihre und A. Sandevärn Shipbroking and Chartering Practice, (London / Hong Kong 1999), 105; Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 147. 30 Hunter, G. Standard Forms – The BIMCO Experience, Thomas, D. R. (Hrsg.), Legal Issues Relating to Time Charterparties, (London 2008) Chapter I, 2 ff. Die folgenden Ausführungen beziehen sich hierauf. 31 Hunter ebd. 4.
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ein „Willkürrecht der Unternehmen“ 32, das seinen Niederschlag in BIMCO Formularen findet, sondern um ausgehandelte und ausgewogene Vereinbarungen, an denen alle beteiligten Interessengruppen mitgewirkt haben. So stellt die Vereinbarung von Standardverträgen zwar keinen Akt der Gesetzgebung dar. Dennoch wird Generalisierbarkeit der so entstandenen Regeln bei den Normadressaten dadurch erreicht, dass ihre Beteiligung an Normentstehungs- und Entscheidungsprozessen gesichert wird. Hier kann man gerade nicht von einer Gesetzgebung im Sinne eines legislativen Aktes sprechen, sondern es handelt sich um Normbildungsprozesse, die explizit nicht in einem nationalstaatlichen Zusammenhang stattfinden. Die Regeln einer Lex Maritima bilden sich nicht in den staatlichen Gerichten, die im Zentrum des Rechts stehen, sondern entstehen an der Kontaktstelle der Rechtsperipherie zu den autonomen Gesellschaftssektoren. 33 Außerhalb des Nationalstaates werden Rechtsentstehungsprozesse nachgebildet, die offensichtliche Parallelen zu nationalstaatlichen Gesetzgebungsprozessen aufweisen. Charterformulare stabilisieren aus soziologischer Perspektive auch normative Verhaltenserwartungen, an deren Formulierung die Parteien zwar nicht notwendigerweise persönlich mitgewirkt haben, in denen aber ihre jeweiligen Interessen zum Ausdruck gebracht werden, und an denen auch im Enttäuschungsfall festgehalten wird. Bereits ihre langjährige und fortwährende Verwendung zeigt, dass Charterformulare zu einer Generalisierung und Stabilisierung von Verhaltenserwartungen zumindest beitragen und damit erste Anforderungen, die aus soziologischer Sicht an das Recht gestellt werden, erfüllen. 34 All das deutet darauf hin, dass mit den standardisierten Charterverträgen des grenzüberschreitenden Seehandels privates Recht geschaffen wird. Um aber von einem autonomen Recht jenseits des Staates sprechen zu können, muss das Seehandelsrecht noch eine weitere Anforderung erfüllen: Seine Anwendung, Interpretation und Fortbildung muss ebenfalls durch private Institutionen gewährleistet sein. b) Streitschlichtung im transnationalen Seehandelsrecht durch private Institutionen Dass die Streitschlichtung im grenzüberschreitenden Seehandel weitgehend den staatlichen Gerichten entzogen ist, zeigen statistische Daten überzeugend. Das gilt insbesondere auch für Streitigkeiten aus Charterverträgen. Als Ursache für diesen Umstand sind die Verträge selbst zu sehen. Sie enthalten Schiedsklauseln, die von den Parteien standardisiert angewählt 32 Großmann-Doerth, H. Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, (Freiburg 1933), 25–26. 33 Siehe hierzu Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 48 ff. 34 Vgl. hierzu Luhmann, N. Rechtssoziologie, (Opladen 1987), 94 ff.
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werden können und die den Konflikt an eine private Streitschlichtungsorganisation, oft die London Maritime Arbitrators Association ( LMAA ) oder die Society of Maritime Arbitrators ( SMA ) verweisen. 35 Im Falle der G encon C/P ist für die Parteien vorbehaltlich einer individuellen Vereinbarung die Anwahl eines New Yorker oder Londoner Schiedsgerichts möglich. Wird nichts vereinbart, gilt London als Schiedsgerichtsstand, und englisches Recht findet Anwendung. Aufgrund der großen Nachfrage haben sich dann auch eine ganze Reihe hochspezialisierter Schiedsgerichte etabliert, die einen Großteil der weltweiten Streitschlichtung in seehandelsrechtlichen Konflikten bewältigen. Dabei liegen die Schiedsgerichte der LMAA und der SMA in New York mit einem Volumen von 70 % bzw. 20 % der weltweiten seehandelsrechtlichen Streitschlichtungsfälle weit vor weiteren ähnlichen Institutionen. 36 Insgesamt geht es um ca. 4000–5000 Verfahren jährlich weltweit, in denen seehandelsrechtliche Streitigkeiten durch private Streitschlichtungsorganisationen bearbeitet werden. Stellt man dem die etwa 500 Verfahren vor englischen staatlichen Gerichten gegenüber, so ergibt sich selbst dann ein eindeutiges Bild, wenn man die Bearbeitung derartiger Fälle in anderen staatlichen Jurisdiktionen noch hinzurechnet. Ein Großteil von seehandelsrechtlichen Streitigkeiten wird vor privaten Streitschlichtungsinstitutionen ausgetragen. So zeigt sich am Beispiel der Charter, dass der grenzüberschreitende Seehandel in der Tat in der Lage ist, sowohl sein Recht in privaten Organisationen zu setzen als auch im Rahmen privater Schiedsgerichtsbarkeit Rechtsprechung zu organisieren. Verbalisierung und Erinnerung von früheren Entscheidungen finden nicht ausnahmslos statt, gewährleisten aber in großem Umfang Anschlussfähigkeit für juristische Kommunikation. 37 Danach aber stellt sich im Hinblick auf das eingangs geschilderte Nordholm-Urteil die Frage, wie das staatliche Recht mit privaten Regelordnungen umgehen kann und sollte. Immerhin entstehen enorme Selbstordnungskräfte, die zu ignorieren zu einem weitgehenden Verlust staatlichen Einflusses auf wichtige Wirtschaftszweige zur Folge hätte und den bereichsspezifischen normativen Ordnungsleistungen nicht gerecht würde. Auf diese Frage suchen wir im Sinne Gunther Teubners zu antworten: Mit einem Kollisionsrecht. 35 Marella, F. Unity and Diversity in International Arbitration: The Case of Maritime Arbitration, (2005) 20 American University Law Review 1055–1100, 1077 ff. 36 Tassios, P. N. Choosing the Appropriate Venue: Maritime Arbitration in London or New York?, (2004) 21 Journal of International Arbitration 355–366, 355, 359. 37 Nach den LMAA Schiedsregeln entscheiden die Schiedsrichter nach der ‚stare decisis doctrine‘ und die Schiedssprüche müssen eine Begründung enthalten, werden aber nur veröffentlicht, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Bei der SMA gibt es zwar keine Präzedenzen, dennoch folgen die Schiedsrichter oft früheren Schiedssprüchen, und alle Schiedssprüche werden ausnahmslos veröffentlicht. ebd., 360; siehe auch: SMA FAQ , http://www.smany.org/sma/maritimefaq.html#20 (zuletzt besucht am 30. 09. 2008).
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III. Kollisionen von Rechtsmassen Wenn es stimmt, dass die Regeln des grenzüberschreitenden Seehandels zumindest in weiten Teilbereichen als autonomes Regelsystem angesehen werden können, darf staatliches Recht diese nicht ignorieren. Der BGH aber hat in der Nordholm-Entscheidung staatlichem Recht in Form von Regeln über die inhaltliche Gestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen den Vorrang vor privat gesetzten Normen eingeräumt. Diese Lösung ist unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten kritisiert worden. Die darüber hinaus gehende Problematik der Entscheidung liegt aber vielmehr in der Nichtbeachtung der starken privaten Regelbildungstendenzen im grenzüberschreitenden Seehandel. Diese Nichtbeachtung privater Selbstregulierungsleistungen führt in einem mobilen Wirtschaftssegment wie der Seeschifffahrt dazu, dass die Parteien von ihrer Exit-Option 38 Gebrauch machen und staatliches Recht, das ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird, nicht anwählen, sondern sich in private Streitschlichtung flüchten.39 Darauf deutet unseres Erachtens das große Gefälle zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Streitschlichtung im Seehandel hin. Die maritime Schiedsgerichtsbarkeit, aber auch einige staatliche Gerichte verhalten sich in Bezug auf die Existenz eines Systems des transnationalen Seehandelsrechts weitsichtiger als der BGH im Fall ‚Nordholm‘. So hat das OLG Düsseldorf im Rahmen der Auslegung einer Chartervertragsklausel sowohl die Auslegung dieser Klausel durch Schiedsgerichte wie auch durch staatliche Gerichte anderer Länder herangezogen und so eine Verkehrssitte identifiziert, der es sich nicht entgegengestellt hat. 40 Und auch das Deutsche Seeschiedsgericht Hamburg hat in der Frage, ob eine Klausel eines Standardchartervertrages gemessen an AGB -Recht unwirksam sei, zwar eine entsprechende Prüfung vorgenommen, ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass ein eindeutiger „Verwender“ der AGB nicht identifizierbar sei und so den Gepflogenheiten des Seehandels und der Entstehungsgeschichte der Charterklauseln Rechnung getragen. 41 Es wird vielmehr klargestellt, dass die Aushandlung der CharSiehe hierzu Hirschmann, A. O. Exit, Voice, and Loyalty, (Cambridge 1970). Großmann-Doerth, H. Das Recht des Überseekaufs, (Mannheim 1930), 51 („Über die Bedeutung dieser mehr und mehr ausschließlichen Zuständigkeit der privaten Schiedsgerichtsbarkeit für die Entwicklungen des Rechtes des Überseekaufs läßt sich mit Sicherheit nur sagen, dass sie kaum überschätzt werden kann.“); siehe auch die empirische Studie von Kohler, K. Die moderne Praxis des Schiedsgerichtswesens in der Wirtschaft, (Berlin 1967), 117; aus jüngerer Zeit beispielhaft nur Hausmann, R. Schiedsvereinbarungen, Reithmann, C. und D. Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, (Köln 2004) 2206–2427, 2212. 40 OLG Düsseldorf VersR 1982, 1139–1141; hierzu auch Trappe, J. Maritime Schiedsgerichtsbarkeit, Plantey, A. (Hrsg.), Festschrift für Ottoarndt Glossner zum 70. Geburtstag, (Heidelberg 1994) 459–476, 467. 41 Deutsches Seeschiedsgericht Hamburg, VersR 1985, 56–57. 38 39
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terbedingungen nach den allgemeinen Gebräuchen der Seeschifffahrt eine Diskussionsgrundlage für die Vertragsverhandlungen darstellt und in der Regel nicht von einer Partei zur Disposition gestellt wird. Anhand dieser Entscheidungen lassen sich verschiedene Tendenzen ausmachen und so stellt sich die Frage: Entsteht beim Aufeinandertreffen von staatlicher Rechtsordnung und gesellschaftlicher Quasi-Rechtsordnung ein Prozess, in dem sich das staatliche Recht durchsetzt oder umgekehrt an Bedeutung verliert oder gibt es ein Tertium? 1. Rechts-Kollisionsrecht Wenn staatliches Recht und Regeln einer privaten ‚Rechtsordnung‘ aufeinandertreffen, bedarf es einer übergeordneten Kollisionsnorm, um den Konflikt aufzulösen. Der Gedanke eines Kollisionsrechts zur Bearbeitung von Konfliktlagen zwischen gesellschaftlichen Teilbereichen ist von Rudolf Wiethölter bereits im Jahr 1977 entwickelt worden. 42 Gunther Teubner hat diese Idee aufgegriffen und präzisiert, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie ein solches Kollisionsrecht aussehen könnte. 43 Er identifiziert dabei drei Konfliktlinien: (1) Kollisionen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen, (2) Kollisionen zwischen staatlichem Recht und pluralen gesellschaftlichen Quasi-Rechtsordnungen und (3) Kollisionen zwischen Teilrechtsordnungen innerhalb des staatlichen Rechts. 44 In unserem Fall um die Frage, wie Normen des grenzüberschreitenden Seehandels, die außerhalb staatlichen Einflusses entstehen, von staatlichem Recht rezipiert werden können, 42 Wiethölter, R. Begriffs- oder Interessenjurisprudenz – falsche Fronten im IPR und Wirtschaftsverfassungsrecht, Lüderitz, A. und J. Schröder (Hrsg.), Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts. Bewahrung oder Wende? Festschrift für Gerhard Kegel, (Frankfurt am Main 1977) 213–263. Siehe auch Wiethölter, R. Materialisierungen und Prozeduralisierungen von Recht, Brüggemeier, G. und C. Joerges (Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionistischen Rechts, (Bremen 1982) 25–64. Instruktiv auch: Becker, D. C. Von Namen und Nummern. Kollisionen unverträglicher Rechtsmassen im Internet, (Baden-Baden 2005), 1 ff. und Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Prozedurale Rechtstheorie: Wiethölter, Buckel, S., R. Christensen und A. Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, (Stuttgart 2006) 79–96, 81 ff. 43 Siehe nur exemplarisch: Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 123ff; Teubner, G. Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer Universalitätsansprüche, Pawlowski, H.-M. und G. Roellecke (Hrsg.), Der Universalitätsanspruch des demokratischen Rechtsstaates. Die Verschiedenheit der Kulturen und die Allgemeinheit des Rechts. ARSP Beiheft Nr. 65, (Stuttgart 1996) 199–220, 205 ff.; jüngst: Teubner, G. und A. Fischer-Lescano Regime-Kollisionen, (Frankfurt 2006), insbesondere 57 ff.; in der Betrachtung dogmatischer Entscheidungen: Teubner, G. Ein Fall von struktureller Korruption – Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken, (2000) Kritische Vierteljahresschrift 388–404. 44 Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 133 ff.
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interessiert insbesondere die Auflösung von Kollisionslagen zwischen staatlichem Recht und gesellschaftlichen Quasi-Rechtsordnungen. Wir sind also auf der Suche nach einem Rechts-Kollisionsrecht. Hierarchische Konfliktlösungsansätze sind wenig aussichtsreich, denn sie berücksichtigen die Eigenrationalitäten der jeweils kollidierenden Ordnungen nicht hinreichend. Aus diesem Grund ist die Nordholm-Entscheidung letztlich auf breite Ablehnung gestoßen. Es ging den Kritikern nicht um die Frage, ob in der Gencon C/P nun eine AGB zu sehen sei, die von einer Vertragspartei im Sinne des AGB -Rechts verwendet wurde, sondern es ging letztlich um den Schutz der Eigenrationalität eines autonom entstehenden und bestehenden transnationalen Seehandelsrechts, einer Lex Maritima. Ein Recht, das derartige Eigenrationalitäten pluraler Quasi-Rechtsordnungen (an-) erkennen soll, muss einige Voraussetzungen akzeptieren. Hierzu gehört, dass erstens gesellschaftliche Fragmentierung und die Autonomisierung gesellschaftlicher Teilbereiche und deren Eigenproduktion von Normen zur Lösung innersystemischer Konflikte den Universalitätsanspruch staatlichen Rechts untergraben. Transnationalisierung und Internationalisierung verschärfen zweitens diese Tendenz zusätzlich. 45 Jeder Teilbereich der Gesellschaft bildet drittens Konfliktlösungsnormen aus und kämpft um deren Absolutheitsanspruch. 46 Werden diese Voraussetzungen akzeptiert, was angesichts der gesellschaftlichen Realität unumgänglich scheint, muss das staatliche Recht liebgewonnene Universalitätsansprüche in Bezug auf Konfliktlösungskompetenzen aufgeben. 47 Wenn aber keine Konfliktlösung möglich ist, muss das Rechtsprogramm auf Konfliktbewältigung umgestellt werden. Das Recht wird dann zum gentle civilizer of legal orders. Eine kollisionsrechtlich verstandene Konfliktbewältigung muss in der Berücksichtigung außer- oder peripherrechtlicher Umstände bestehen, soweit die Eigenlogik der konfligierenden Rechtsordnung Normativität innerhalb ihres spezifischen sozialen Teilbereichs beansprucht. Das Privatrecht bietet mit seinen Generalklauseln und den Verweisen auf Verkehrssitten Institute zum Anschluss privater
45 Vgl. Teubner, G. Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, (1996) 15 Rechtshistorisches Journal 255–290; Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006). Hierzu auch Berman, P. S. Global Legal Pluralism, (2007) 80 Southern California Law Review 1155–1237. 46 Teubner, G. Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer Universalitätsansprüche, Pawlowski, H.-M. und G. Roellecke (Hrsg.), Der Universalitätsanspruch des demokratischen Rechtsstaates. Die Verschiedenheit der Kulturen und die Allgemeinheit des Rechts. ARSP Beiheft Nr. 65, (Stuttgart 1996) 199–220, 204 f. 47 Differenziert zum Verhältnis von wirtschaftlichen Prozessen und staatlichen Gerichtsentscheidungen schon Stein, U. Lex Mercatoria. Theorie und Realität, (Frankfurt am Main 1995), 23 ff.
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Rechtsordnungen und deren Eigenlogiken. 48 Die Unbestimmtheit der Normen bietet ein Einfallstor für Betrachtungen, Erwägungen und Argumente, die dem jeweiligen Sozialbereich gerecht werden – Billigkeit als Argument und Reaktion des Rechtssystems auf veränderte Gesellschaftsbedingungen wird damit Bestandteil der Rechtsentscheidung. 49 Die Argumentation der Entscheidung bleibt den rechtlichen Kategorien treu und bewegt sich damit innerhalb des eigenen Systems, wahrt so seine Kontingenz. 50 Aber auch die Auslegung erlaubt dem Richter, Kollisionsnormen in der Rechtsentscheidung zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass staatliches Recht die kollidierende Ordnung in einem ersten Schritt überhaupt erkennt und in einem zweiten Schritt als gleichwertiges Gegenüber anerkennt. Erst unter diesen Voraussetzungen können Rationalitätenkonflikte überhaupt ins Recht übersetzt und dort friedlich ausgetragen werden.51 Bislang aber, und das zeigen die Statistiken über die Verteilung seehandelsrechtlicher Streitverfahren von privaten Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten deutlich, ist es staatlichem Recht nicht gelungen, eine Abwanderung zu privaten Gerichten wirksam zu verhindern. Das liegt nicht zuletzt auch an fehlender Rechtssicherheit im transnationalen Handelsverkehr. Die Entscheidung, welches Gericht nach welchen Maßstäben entscheidet, ist häufig zufällig 52 und die jeweiligen nationalen Handelsrechtsordnungen finden nur begrenzt Anwendung. 53 Hinzu kommen die oben im Zusammenhang mit dem Nordholm-Fall beschriebenen Unsicherheiten in Bezug auf nationale Sonderrechte, nationales zwingendes Recht und lange Verfahrensdauern vor nationalen Gerichten, die staatliche Gerichte im Wettbewerb mit privaten Gerichten deutlich benachteiligen, zumindest dann, wenn der Instanzenzug einbezogen wird. Letztlich verhilft die New York Convention über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen der obsiegenden Partei
48 Teubner, G. Standards und Direktiven in Generalklauseln, (Frankfurt 1971), 61. Siehe hierzu auch die Teubnersche Kommentierung von § 242 BGB : Teubner, G. § 242, Wassermann, R. (Hrsg.), Alternativkommentar zum BGB , (Neuwied 1980) insbesondere Rn. 93 ff. 49 Hierzu ausführlich: Calliess, G.-P. Billigkeit und effektiver Rechtsschutz, (2005) 26 Zeitschrift für Rechtssoziologie 35–55, 50. 50 Luhmann, N. Juristische Argumentation. Eine Analyse ihrer Form, Teubner, G. (Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, (Baden-Baden 1995) 19–37, 25 f. 51 Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 170. 52 Calliess, G.-P. Billigkeit und effektiver Rechtsschutz, (2005) 26 Zeitschrift für Rechtssoziologie 35–55, 50. 53 Calliess, G.-P. Transnationales Handelsrecht, Zürn, M. und B. Zangl (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance, (Bonn 2004) 160–178, 162 f., Grundlegend auch: Stein, U. Lex Mercatoria. Theorie und Realität, (Frankfurt am Main 1995), 19, 215 ff. Aus der Perspektive der Wirtschaft: Schmidtchen, D. Lex Mercatoria und die Evolution des Rechts, Ott, C. und H.-B. Schäfer (Hrsg.), Vereinheitlichung und Diversität des Zivilrechts in transnationalen Räumen, (Tübingen 2002) 1–32, 13 f.
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in 142 Ländern der Erde zu einer Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs 54, wohingegen die Vollstreckung der Urteile staatlicher Gerichte unter dem Brüssel oder dem Lugano Abkommen allenfalls in Europa problemlos verläuft. Unter diesem Gesichtspunkt muss es aus Perspektive der Nationalstaaten auch darum gehen, ihr staatliches Recht wettbewerbsfähig mit privaten Rechtsprechungs- und Normsetzungsinstitutionen zu halten, wenn nationalstaatlicher Einfluss nicht vollständig verloren gehen soll. 55 Vor diesem Hintergrund ist es für das Recht erforderlich, sich auf bereichsspezifische Normordnungen seiner gesellschaftlichen Umwelten einzustellen, um einerseits kompatibel mit diesen zu bleiben, um aber andererseits auch seinen Einfluss nicht gänzlich einzubüßen, wenn diese Umstellung nicht gelingt. 2. Lex Maritima und staatliches Recht Anders als noch Großmann-Doerth im Jahr 1933 meinte, kann also heute nicht mehr gelten, dass das staatliche Recht das „Willkürrecht von Unternehmen und Unternehmensverbänden“ nicht dulden dürfe sondern die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter seine Kontrolle“ nehmen müsse.56 Vielmehr müssen genau im Gegenteil die standardisierten Vertragsbedingungen als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“ (Großmann-Doerth) in den Entscheidungen staatlicher Gerichte Berücksichtigung finden. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich bei den privaten Normordnungen gerade nicht um ein „Willkürrecht“ handelt, sondern diese Regeln in Kooperation aller späteren Normadressaten entwickelt werden. Nur in Form einer wechselseitigen Beobachtung von staatlicher Rechtsordnung und privater Normordnung wird es auf Dauer gelingen können, beide zu kompatibilisieren. Das staatliche Recht wird die Eigenrationalitäten privat erzeugter Normordnungen anhand rechtlicher, aber bereichsspezifischer Maßstäbe überprüfen müssen. 57 Ebenso aber wird es erforderlich sein, dass sich im Rahmen privater Streitschlichtungsinstitutionen neben einem transnationalen Recht auch ein transnationaler ordre public herausbildet, der einerseits die Entstehung und Anwendung des von Großmann-Doerth beschriebenen Willkürrechts der Wirtschaft unterbindet und andererseits Kollektivinteres54 Siehe hierzu http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NY Convention_status.html 55 Calliess, G.-P. und H. Hoffmann Effektive Justizdienstleistung für den globalen Handel, 2009 Zeitschrift für Rechtspolitik 1–4. 56 Großmann-Doerth, H. Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, (Freiburg 1933), 25–26. 57 Dies sieht z. B. auch Walter, wenn er regimespezifische (menschen-)rechtliche Kontrollen fordert: Walter, C. Constitutionalizing (Inter)national Governance – Possibilites for and Limits to the Development of an International Constitutional Law, (2002) 44 German Yearbook of International Law 170–201, 197.
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sen im transnationalen Recht ebenso wirksam verteidigt, wie staatliche Gerichte dazu in der Lage sind.
IV. Schluss Dass solche wechselseitigen Beobachtungen nur langsam und unter großen Vorbehalten auf der Seite der staatlichen Gerichte stattfinden, zeigt, wie sehr das staatliche Recht noch in regionalen Identitäten und territorialen Grenzen verhaftet bleibt. Die Umstellung des Rechts von seiner grundsätzlich nationalen Ausrichtung auf die Herausforderungen, die von einer globalisierten Gesellschaft ausgehen, sind schwierig 58, und schmerzhaft ist der Prozess einer Auseinandersetzung mit einem veränderten Verständnis von Staat und Gesellschaft 59. Mit seinem Werk hat Gunther Teubner den Finger einerseits stets in genau diese Wunde gelegt, zugleich aber andererseits gezeigt, dass das Recht noch zu retten ist. Diesen grundsätzlichen Optimismus teilen wir gerne.
58 Hierzu Rogowski, R. Aufbruch in das Weltrecht, (2004) IABLIS , www.iablis.com These IV. 59 Teubner, G. Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrischen Verfassungstheorie, (2003) 63 Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1–28.
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I. Among all of the themes to which Gunther Teubner devotes his studies, one of the most interesting and intriguing of his observations and conclusions seems to relate to the impact of globalization on law and the differentiation of transnational legal orders beyond the States, such as the lex mercatoria, lex digitalis, and lex financiaria.1 With the increasing discussion on the fragmentation of international law 2, i.e., issues are addressed by different self-contained regimes, the rules and rulings of which may conflict with each other, Teubner’s arguments seem to enlighten the discussion both on legal theory and on international law in a whole new way. With respect to the fragmentation of law, Teubner’s argument suggests that such a phenomenon is a consequence of fragmentation of world society, with its different social rationalities organized in a heterarchical manner, i.e., without an overarching social rationality to which all others are submitted. Conflicts arising out of colliding social rationalities, in that 1 Fischer-Lescano, Andreas, & Teubner, Gunther ‘Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law’, Michigan Journal of International Law vol. 25, 2004, pp. 999–1046; Fischer-Lescano, Andreas, & Teubner, Gunther Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006; Teubner, Gunther ‘Global Bukowina: Legal Pluralism in the World Society’ in: Teubner, Gunther (ed.), Global Law without a State, Dartmouth, Aldershot, 1997, pp. 3–28; Teubner, Gunther ‘Des Königs viele Leiber: Die Selbstdekonstruktion der Hierarchie des Recht’ in: Brunkhorst, Hauke, & Kettner, Matthias (eds.), Globalisierung und Demokratie. Wirtschaft, Recht, Medien, Suhrkamp, Frankfurt, 2000, pp. 240–273; Teubner, Gunther ‘Die zwei Geschichte des Janus: Rechtspluralismus in der Spätmoderne’ in: Schmidt, Eike, & Weyers, Hans-Leo (eds.), Liber Amicorum Josef Esser. Zum 85. Geburtstag am 12. März 1995, C. F. Müller Juristischer Verlag, Heidelberg, 1995, pp. 191–214; Teubner, Gunther ‘Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus’, Rechtshistorisches Journal vol. 15, 1996, pp. 255–290; Teubner, Gunther ‘Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft?’ in: Simon, Dieter, & Weiss, Manfred (eds.), Nomos, Baden-Baden, 2000, pp. 437–453. 2 Koskenniemi, Martti ‘Fragmentation of International Law: Difficulties arising from the diversification and expansion of International Law. Report of the Study Group of the International Law Commission’, 2006,
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sense, cannot be resolved by referring to a superior rationality. Thus, global law differentiates itself in several legal regimes, each of which is oriented to a specific demand from the society, which means that different social demands arise out of the influx of different social rationalities and the development of the normative content of such legal regimes follows, in a way, the underlying social rationality of the specific social issue. As a result, the underlying conflict of social rationalities is incorporated into law and could be translated into a collision of laws 3 contributing to legal fragmentation 4. This structural condition of world society has to be taken into consideration, so claims Teubner, in order to allow legal theory to understand how law can cope with these new conflicts arising out of colliding social rationalities and not exclusively from colliding legal authorities.5 Accordingly, Teubner suggests that this can be achieved if we give up some traditional assumptions, such as the hierarchical unity of law and the connection between lawmaking and the State (thus, the attribution of law to a specific territory)6, and starts to work with ideas like compatibility instead of unity, a heterarchical network-like procedure of lawmaking occurring discretely in the interplay of different social institutions, including dispute resolutions mechanisms, a shift in conflict-of-law method from territory to function and so on7. Following these suggestions, there is a particular consequence drawn by Teubner on which I would like to focus: “common legal principles”, from a heterarchical perspective of law, are nothing more than an operative fiction8, a common reference point for the mutual and reciprocal observation and irritation of autonomous legal orders.9 I propose to explore this concept a little further through the observation of how praxis and the doctrine of international arbitration address a specific dogmatic problem, concerning the question of whether arbitrators shall apply mandatory rules contradicting the contract and “concerning” the use of the concept of transnational ordre public.10 3 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law, pp. 1013–1014. 4 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, p. 24. 5 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law. 6 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts. 7 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts. 8 Ibid., p. 1033. 9 Ibid., p. 1018. 10 Arfazadeh, Homayoon ‘In the Shadow of the Unruly Horse: International Arbitration and the Public Policy Exception’, The American Review of International Arbitration vol.
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This is a particular legal question, within the context of lex mercatoria, which is well suited to show how legal regimes refer to those common legal principles as an instrument of internal construction of their normative semantics, including their “version” of a global ius non dispositivum.11 Not only because the new lex mercatoria, in the second half of last century, sought its development and legitimacy by relying upon some of those common legal principles, but also due to the manner in which doctrine and arbitrators appraise their duty to apply mandatory rules notwithstanding the contract, or to declare void and set aside a given contractual prescription without a particular legal rule from a State giving support and effect to such a decision. This discussion in arbitration doctrine is directly connected with the debate about the concept of transnational public policy, one of those “common legal principles” upon which arbitrators and doctrine rely to justify the non-applicability of a mandatory rule or to set aside a contract. If it is indeed an operative fiction, it is as real for arbitration doctrine and arbitral awards as a delusion would be for someone suffering from schizophrenia. And that is so because such a term as “transnational public policy” serves not only as a reference point for legal orders, as the lex mercatoria, to share normative semantics with other legal orders, but also as an internal representation of its own ius non dispositivum.12 In the first sense, a operative fiction. In the second, it is a real part of lex mercatoria which is disguised in a somewhat external, universally recognized principle.13 My objective is to show this dynamic through the analysis of a recent award issued by an arbitral tribunal formed under the International Centre for Settlement of Investment Disputes ( ICSID ) Rules of Procedure for Arbitration Proceedings and, by doing that, to point out the network character in legal systems, as observed and proposed by Teubner.14 13, 2002, pp. 43–64; Barraclough, Andrew & Waincymer, Jeff ‘Mandatory Rules of Law in International Commercial Arbitration’, Melbourne Journal of International Law vol. 6, 2005, pp. 205–244; Derains, Yves ‘Public Policy and the Law Applicable to the Dispute in International Arbitration’ in (ed.), ICCA Congress series n o 3, Nova York, 1986, pp. 227–256; Lalive, Pierre ‘Transnational (or Truly International) Public Policy and International Arbitration’ in: (ed.), ICCA Congress Series n. 3 (New York/1986), 1986, pp. 258–318; Voser, Nathalie ‘Mandatory Rules of Law as a limitation on the law applicable in International Commercial Arbitration’, The American Review of International Arbitration vol. 7, 1996, pp. 319–357. 11 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law, p. 1037. 12 Ibid., p. 1034. 13 Mayer, Pierre ‘Effect of International Public Policy in International Arbitration?’ in: Mistelis, Loukas A., & Lew, Julian D. M. (eds.), Pervasive Problems in International Arbitration, Kluwer Law International, Alphen aan den Rjin, 2006, p. 69. 14 Teubner, Gunther ‘Das Recht hybrider Netzwerke’, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht no. 165, 2001, pp. 550–575; Teubner, Gunther ‘Netzwerke –
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Following that, I will turn my attention to how this dynamic can help in understanding the manner through which lex mercatoria addresses the question of whether to apply mandatory rules. My argument here is that such a dynamic will force lex mercatoria to develop its own conflict-of-law rules, being the transnational public policy is, just one step into this direction.
II. In the case World Duty Free Company Ltd. vs. The Republic of Kenya,15 the arbitral tribunal was requested to decide whether a contract entered into by a company and the Republic of Kenya was obtained through bribery and, if so, under which circumstances and, in any case, whether that would render the contract void due to violation of transnational public policy. This question was raised by the Republic of Kenya as a defense against World Duty Free Company Ltd’s (“ WDF ”) claim, by means of which this company sought compensation for expropriation of its investment in Kenya, several breaches of the contract and fraud. The Republic of Kenya argued that such a contract violated transnational public policy, as the WDF claims were based on the contract having been obtained through the payment of a “personal donation” to the former president, and therefore it should be deemed unenforceable and all claims should be dismissed. Neither party disputed the occurrence of the personal donation. The disagreement was on its qualification as bribery and also on the relation between the personal donation and the main contract. As the tribunal decided that such a fact was, indeed, corruption for the purpose of obtaining the main contract, the remaining question is whether the concept of transnational public policy is relevant to the case and, if so, whether bribery is banned by transnational public policy. The tribunal considered the concept of transnational public policy, “signifying an international consensus as to universal standards and accepted norms of conduct that must be applied in all fora” ( ICSI D Case n o ARB /00/7, § 139), as something relevant to the dispute. It also referred to a pattern in arbitral awards, according to which tribunals base their decisions on universal values in using various formulations such as “good morals”, “bonas mores”, “ethics of international trade” or “transnational public policy”( ICSID Case n o ARB /00/7, § 141). Notwithstanding this fact, the tribunal stressed that the assessment of the content of such “universal values” Binnenstruktur und Externalitäten. Eine Debatte zwischen Ökonomie und Rechtswissenschaft’ in: Schreygg, Georg (ed.), Duncker & Humblot, Berlin, 2000, pp. 125–157. 15 ICSID Case n o ARB /00/7, International Centre for Settlement of Investment, October 4th 2006.
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should be carried out very carefully, verifying its “objective existence” through its recognition in international conventions, comparative law and arbitral awards ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 141). Following this advice, the tribunal considered laws from different countries, including Kenya, qualifying corruption as a crime ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 142); a number of international conventions as the InterAmerican Convention against Corruption, the OCDE Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials and the United Nation Declaration against Corruption and Bribery in International Commercial Transactions ( ICSID Case n o ARB /00/7, §§ 143–146); judicial decisions considering corruption against their own international public policy in their countries, but also referring in some cases to a transnational public policy ( ICSID Case n o ABR /00/7, § 147); and finally, several arbitral awards, including the leading award issued by Judge Lagergren ( ICC Case n o 1110, 1963), also relying upon transnational public policy to deny enforceability to a contract, when corruption was proved ( ICSID Case n o ARB /00/7, §§ 149–156). After this investigation the tribunal concluded: “In light of domestic laws and international conventions relating to corruption, and in light of the decisions taken in this matter by courts and arbitral tribunals, this Tribunal is convinced that bribery is contrary to international public policy of most, if not all, States or, to use another formula, to transnational public policy. Thus, claims based on contracts of corruption or on contracts obtained by corruption cannot be upheld by this Arbitral Tribunal” ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 157). The tribunal found for the Republic of Kenya, dismissing all claims submitted by the WDF. Indeed, the legal argument for such a finding was not exclusively based on transnational public policy, as the tribunal addressed the question regarding the applicable law to the merits, since the contract had a choice-of-law clause establishing Kenya Law as the applicable law, and in the arbitration clause set forth that the tribunal should apply English Law ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 158). This question was relevant not because the statutes would result in different consequences (this was not the case, since both English and Kenya Law would render the contract unenforceable) 16, but because of the possibility of a local custom which would render the contract, even if obtained through corruption, enforceable. However, by observing how the tribunal has concluded, it seems that it has addressed the question through the lenses of a “non disclosed lex fori – lex mercatoria”, a conclusion that transpires from the hesitating manner 16 Specially because as per Section 2 of the Kenyan Law of Contract act 1961, the common law of England relating to contract applies in Kenya, save as modified by Kenya’s written laws, which was not the case – ICSID Case n o ARB /00/7, § 159.
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through which the tribunal expressed its view on how the banning of corruption in international commercial contracts should prevail: “It is thus unnecessary for this Tribunal to consider the effect of a local custom which might render legal locally what would otherwise violate transnational public policy or the foreign applicable law chosen by the contractual parties for their transaction. Nonetheless the Tribunal notes the approach taken by the English House of Lords in Kuwait v Iraqi Airways (Nos 4&5)[2002] AC 883 at 1100ff, as expressed by Lord Steyn in paragraphs 111–116. The House of Lords there declined to recognise as a matter of English public policy a local Iraqi law (as part of the applicable law) which formed part of flagrant breaches of international law by Iraq. Lord Steyn, invoking “l’ordre public véritablement international ” relied on, inter alia, the “magisterial paper” by Professor Pierre Lalive cited by the Tribunal earlier in this Decision (at paragraph 139 above). If it had been necessary, therefore, the Tribunal would likewise have been minded to decline in the present case to recognise any local custom in Kenya purporting to validate bribery committed by the Claimant in violation of international public policy and (if different) English public policy as part of English Law” ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 172). The tribunal made it clear that, in any event, it would fall back on any concept, principle, rule or argument leading to the conclusion that bribery was banned and, therefore, the contract was unenforceable. Transnational public policy was clearly the resource of choice but, if its use does not help in arriving at this conclusion, the tribunal would rely upon English public policy, with the tacit hope that such content (banning of bribery) would be incorporated into transnational public policy. Indeed, transnational public policy was the main standard against which the facts and law were evaluated by the tribunal. The paragraph of the award quoted above emphasizes the second aspect of the term “transnational public policy”, namely, the internal ius non dispositivum of transnational investment law/lex mercatoria, according to which bribery would not be permitted in this context even if allowed by a local Kenyan custom. But there is also a first aspect of the term, the reference point, which is interesting to observe in the award. In order to determine that corruption would violate transnational public policy, the tribunal conducted research on how the question of corruption was addressed by international conventions, state law, domestic judicial decisions and arbitral awards. The concept of “transnational public policy” was expressly invoked as an “international consensus as to universal standards and accepted norms of conduct that must be applied in all fora” ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 139). In this sense, transnational public policy permitted a close “conversation”, including a “judicial dialogue” 17, among 17 Berman, Paul Schiff ‘From International Law to Law and Globalization’, Columbia Journal of Transnational Law vol. 43, no. 2, 2005, pp. 485–556; Berman, Paul Schiff ‘Glo-
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legal orders on how corruption should be considered. The sequence of the analysis carried out by the tribunal (conventions, state law, judicial decisions and arbitral awards) shows a process of internalization of a normative semantic, in the sense of an internal reconstruction, culminating in the reflexive stabilization of this content through reliance on precedents (arbitral awards) 18 in a kind of informal stare decisis. Thus, if in international public law bribery is condemned through a variety of international conventions, such normative content constitutes a relevant meaning for the legal system and can potentially be communicated to other legal orders, not necessarily through formal proceedings of ratification, but through a discursive mechanism of double attribution 19 of such meaning both at the level of the particular legal order and at the level of the legal system as a whole. This has also occurred with respect to statutory laws of different countries, as well as judicial decisions, which where invoked by the tribunal in the WDF vs. Kenya award precisely for that purpose – identification of a legal meaning (corruption as an illegal act) which could be of relevance to the tribunal and incorporated into international investment law through this double attribution, facilitating the construction of the ratio decidendi. By acknowledging the acceptance of the normative content in international and national law, the tribunal performed a similar exercise, this time not specifically related with the identification of “shared” normative semantics through double attribution, but with the reflexive construction of a normative content within lex mercatoria, gathering and confronting arbitral precedents on the question of how corruption is treated in international commercial arbitration ( ICSID Case n o ARB /00/7, §§ 148–156). This is particularly interesting because during some point in time bribery was not repudiated in international commercial relations, as recognized by some arbitral awards and pointed out by the tribunal ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 150, § 156). Actually, not that long ago arbitrators were inclined to honor balization of Jurisdiction’, University of Pennsylvania Law Review vol. 151, no. 2, 2002, pp. 311–529; Michaels, Ralf ‘The Re-state-ment of Non-State Law: The State, Choice of Law, and the Challenge from Global Legal Pluralism’, The Wayne Law Review vol. 51, 2005, pp. 1241–1244; Slaughter, Anne-Marie ‘A Global Community of Courts’, Harvard International Law Journal vol. 44, 2003, p. 191; Slaughter, Anne-Marie ‘Judicial Globalization’, Virginia Journal of International Law vol. 40, 2000, p. 1103; Slaughter, Anne-Marie A New World Order, Princeton University Press, Pricenton, 2004. 18 For precedents in international arbitration, Berger, Klaus Peter ‘The International Arbitrators’ Application of Precedents’, Journal of International Arbitration vol. 9, no. 4, 1992, pp. 5–22. 19 For this concept in contractual networks, whose underlying theoretical concept is also helpful here, see Teubner, Gunther Netzwerk als Vertragsverbund. Virtuelle Unternehmen, Franchising, Just-in-Time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht, Nomos, Baden-Baden, 2004.
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contracts that probably were obtained through corruption, relying on the autonomy of the parties 20, which is considered “the” founding principle in international arbitration and arguably satisfying the needs of international commercial relations, as if bribery would be considered as a “necessary evil”. The awards cited by the tribunal show a reaction against corruption, moving from denying jurisdiction to arbitrate contracts in violation of public policy (Arbitral Award by Judge Lagergren, ICC Case n o 1110, 1963) to affirming such jurisdiction and denying enforceability to the contract on grounds of violation of transnational public policy ( ICC Case n o 7047, Westacre v. Jugoimport). 21 To a great extent, this particular reaction was possible by recourse to the concept of transnational public policy – which became not just a set of “universal values” but an internal mechanism of a transnational legal regime, in our case the lex mercatoria, to filter legal and social normativity for the purpose of creating its own mandatory “non-negotiable” normative content. In international arbitration doctrine, this is exactly the understanding on transnational public policy which is being gradually accepted 22, and violation of this standard is well recognized as a ground for disregarding a provision both of any given applicable law and of the relevant contract, although arbitrators are usually very careful to expand the substantive content of the term. 23 Thus, the concept of transnational public policy can perform a similar function for lex mercatoria as the one usually ascribed to the concept of ordre public in domestic private law, i.e., a mechanism to filter irritations from the environment, which can communicatively be constructed as having a political and ethical nature 24 aiming at the “protection of order in society” 25, which today could be understood not as a manner of carrying the dominant political conception through for modeling society 26, but as a filter 20 According to Pieth, “this may be understandable under the circumstances: extortionate conditions exist in many developing and emerging economies, and there is widespread tolerance of foreign bribery by countries of the North” Pieth, Mark ‘Transnational commercial bribery: challenge to arbitration’ in: Karsten, Kristine, & Berkeley, Andrew (eds.), Arbitration. Money Laundering, Corruption and Fraud, ICC Publishing, Paris, 2003, p. 41. 21 See Cremades, Bernardo & Cairns, David ‘Transnational public policy in international arbitral decision-making: The cases of bribery, money laundering and fraud’ in: Karsten, Kristine, & Berkeley, Andrew (eds.), Arbitration. Money Laundering, Corruption and Fraud, ICC Publishing, Paris, 2003, pp. 65–91. 22 Mayer Effect of International Public Policy in International Arbitration?, pp. 63–64. 23 Gaillard, Emmanuel & Savage, John Fouchard, Gaillard, Goldman on International Commercial Arbitration, Kluwer Law International, Haia, 1999, pp. 860–861. 24 Esser, Josef Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts. Rechtsvergleichende Beiträge zur Rechtsquellen- und Interpretationslehre, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübigen, 1990, pp. 59–60. 25 Simitis, Konstantin Guten Sitten und ordre public. Ein kritischer Beitrag zur Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB , N. G. Elwert Verlag, Marburg, 1960, p. 93. 26 Ibid.
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of normative expectations formed in the society, without giving up a basic idea of justice. 27 In view of that, the substantive content of public policy is necessarily contingent. 28 And here is where Teubner’s “polycontextural” perspective of transnational public policy is especially useful: as each transnational legal regime can be primarily oriented to a specific social rationality, for example lex mercatoria being primarily oriented to an economical rationality, the reflexive construction of a substantive content to be attributed as part of the transnational public policy can and eventually will be highly influenced by irritations from the social system to which the relevant legal regime is primarily oriented. On the one hand, this is the reason behind some claims, according to which “in the field of international arbitration, however, public policy often functions as a means of promoting the interests of international trade” 29 and, on the other hand, this explains the careful conduct of arbitrators, fearing that a particular normative content, notwithstanding being possibly ascribed as part of transnational public policy, could negatively impact international trade or, at least, the reasonable expectations of participants in international trade. The mutual observation by the legal regimes, through the lenses of transnational public policy, helps us to achieve the “weak normative compatibility” mentioned by Teubner 30, although, as its history shows, “transnational public policy” will be somewhat restricted to those normative content deemed to be “fundamental” to society.
III. What can all this discussion on transnational public policy tell us about the question of whether arbitrators shall apply mandatory rules? First of all and as already mentioned, transnational public policy will work similarly to public policy in private international law and, thus, if a mandatory rule violates transnational public policy, the arbitrator can refuse to apply those
27 Völker, Christian Zur Dogmatik des ordre public. Die Vorbehaltsklauseln bei der Anerkennung fremder gerichtlicher Entscheidungen und ihr Vehältnis zum ordre public des Kollisionsrechts, Duncker & Humblot, Berlim, 1998, pp. 56–57. 28 Baptista, Luiz Olavo ‘O direito estrangeiro nos tribunais brasileiros’, Revista Forense vol. 355, 2001, p. 95; Simitis Gutten Sitten und ordre public. Ein kritischer Beitrag zur Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB , pp. 99–100. 29 Arfazadeh In the Shadow of the Unruly Horse: International Arbitration and the Public Policy Exception, pp. 46–47. 30 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts.
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mandatory rules. 31 However, as the concept of transnational public policy cannot encompass all cases where the application of mandatory rules by arbitrators comes into question, any solution on the development of criteria to help arbitrators decide if and when to apply mandatory rules should not rely solely on such a concept. Nonetheless, the particular dynamic presented above can shed some light on this effort. The question about mandatory rules in arbitration law literature is still influenced by a territorial conception of traditional private international law, inducing the analysis to be differentiated in accordance with the territorial origin of the relevant mandatory rule, and so debating whether the mandatory rules of the seat of arbitration should be treated differently, for instance, from the mandatory rules of lex contractus. Usually, three “groups” of mandatory rules are considered: mandatory rules of the seat of arbitration (lex arbitri), mandatory rules of lex contractus and mandatory rules from other countries.32 And for each of those groups one can develop a particular conception as to whether the arbitrator has a duty to apply the mandatory rules, varying in accordance with the underlying understanding following the discussion on the “nature of arbitration”33, which can be organized by means of the distinction contract/jurisdiction: that is, if arbitration is a product of the contract, so the arbitral tribunal would have a contractual nature 34 or if the arbitration is a product of the law of its seat, what implies that arbitral tribunal has a jurisdictional nature. 35 In the “spectrum” going from the contract to jurisdiction, arbitration law literature developed a “third position”, according to which arbitration has both jurisdictional and contractual elements – the so called “hybrid” theories of arbitration. 36 31 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Arbitration, pp. 218–219; Gaillard & Savage Fouchard, Gaillard, Goldman on International Commercial Arbitration, pp. 860–861; Mayer Effect of International Public Policy in International Arbitration? 32 Blessing, Marc ‘Mandatory Rules of Law versus Party Autonomy in International Arbitration’, Journal of International Arbitration vol. 14, no. 4, 1997, pp. 25–26; Derains Public Policy and the Law Applicable to the Dispute in International Arbitration, p. 242. 33 Grigera-Naon, Horacio Choice-of-law Problems in International Commercial Arbitration, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 1992, pp. 14–15; Lew, Julian D. M., Mistelis, Loukas A. & Kröll, Stefan M. Comparative International Commercial Arbitration, Kluwer Law International, Haia, 2003, p. 70. 34 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Arbitration, p. 209; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbitration, pp. 76–78. 35 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Arbitration, p. 210; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbitration, pp. 73–76. 36 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Arbitration, p. 210; Grigera-Naon Choice-of-law Problems in International Commercial Arbitration, pp. 17–18; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbitration, pp. 78–79.
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The solution exclusively oriented to “one side” of the distinction contract/jurisdiction does not help much with the question of mandatory rules nor does it reflect the praxis of international arbitration: on the jurisdiction side, the arbitrator shall rely upon the laws of the seat of arbitration to decide whether to apply a mandatory rule, exactly as a judge would do – lex facit arbitrum. 37 In this sense, the arbitrator would have no choice other than to apply mandatory rules of the seat of arbitration, which does not sound necessarily reasonable to arbitration praxis, since the “seat of arbitration” is nothing more than a legal fiction 38, not bearing any necessary relation with the contract, the parties or the dispute itself. On the contract side, however, the arbitrators would not have any duty to apply mandatory rules, save for the mandatory rules of lex contractus and, even in this case, just if the parties had not agreed otherwise. This kind of understanding is what justifies the concern that parties could escape from mandatory rules by agreeing to arbitrate, transforming them into “default rules.” 39 The hybrid perspectives on arbitration try to overcome those difficulties, questioning if there is a reason besides the nature of contract which would justify the applicability of mandatory rules, including those from lex contractus. 40 And as those perspectives advance, the distinction contract/jurisdiction loses its importance 41, which should force arbitration doctrine to search for clarification somewhere else, sometimes claiming for an “autonomous” nature of arbitration, more in the direction of legal regimes 42, as lex mercatoria. With this gradual movement in arbitration law literature from hybrid to autonomous, the search for criteria to orient arbitrators towards applicability of mandatory rules can give us some hints about the dynamics of lex mercatoria. Above all, a particular characteristic of international arbitration, which Pierre Mayer has indicated as one of the main difficulties in dealing with the issue of mandatory rules, has to be considered, namely that arbitrators, when faced with the question of applying a mandatory rule and, 37 Mann, F. A. ‘Lex Facit Arbitrum’, Arbitration International vol. 2, no. 3, 1986, pp. 241–260. 38 Kaufmann-Kohler, Gabrielle ‘Globalization of Arbitral Procedure’, Vanderbilt Journal of Transnational Law vol. 36, 2003, pp. 1328–1330. 39 Guzman, Andrew ‘Arbitrator Liability: Reconciling Arbitration and Mandatory Rules’, Duke Law Journal vol. 49, 2000, pp. 1280–1334; Ware, Stephen J. ‘Default Rules from Mandatory Rules: Privatizing Law Through Arbitration’, Minnesota Law Review vol. 83, 1999, pp. 704–754. 40 Gaillard & Savage, Fouchard, Gaillard Goldman on International Commercial Arbitration, p. 337. 41 Grigera-Naon Choice-of-law Problems in International Commercial Arbitration, p. 18. 42 Lew, Julian D. M. ‘Achieving the Dream: Autonomous Arbitration’, Arbitration International vol. 22, no. 2, 2006, pp. 179–203.
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thus, possibly rejecting the contract and the will of the parties, from where their authority derives, such a question has to be considered “from two points of view: for the purposes of his own forum, but also taking into account an external forum.” 43 The circumstance that international arbitration orients itself towards two levels (internal and external fora) is an evidence of the network-like dynamics of lex mercatoria. One of the mechanisms of the institutionalization of such network logic is the “duty to render an enforceable award.” This is an obligation imposed on arbitrators, implicitly at least, but sometimes derived from the rules of arbitration incorporated, by reference, into the contract (e.g. International Chamber of Commerce Rules of Arbitration, Article 35) 44, whereby arbitrators shall consider and avoid most possibilities under which the award could be considered unenforceable in the jurisdictions where the parties might seek enforcement. The main focus of attention is usually the hypothesis set forth by the New York Convention, 45 under which state courts can refuse enforcement of an award. As to the issue relating to mandatory rules, the relevant hypothesis is if the award would be contrary to the public policy of the country in which one seeks enforcement of the award (New York Convention, Article V, 2, “b”). Thus, if an arbitral tribunal refuses to apply a given mandatory rule from a certain country in which one can seek enforcement of the award, it may well be the case that the court from that country may find that the award, by not applying the mandatory rule, is contrary to its public policy. This is without doubt an incentive for arbitrators to consider the views of domestic courts about the public policy of their own legal order. However, this does not mean that arbitral tribunals will only consider the views of the state law. The communicative context of international arbitration compels arbitral tribunals to consider the impact of their award on the reasonable expectations formed with respect to international commercial transactions, disregarding any perspective based exclusively on local 43 “(…) He must thus first decide the issue by reference to the contractual freedom which in arbitration is the cornerstone of the process of resolving conflicts of law; this is his own forum. But at the same time, he should concern himself with what may happen to his award, and in particular with the risk that if he does not apply a mandatory rule of law the award will not be recognised in the country having passed the law. The relevant considerations are thus very complex, and all the more so since it is often difficult to antecipate what will happen to an award; there may be several potential execution jurisdictions, and one cannot always predict the attitude of judges who may be called upon to examine the award” – Mayer, Pierre ‘Mandatory rules of law in international arbitration’, Arbitration International vol. 2, no. 4, 1986, p. 275. 44 “In all matters not expressly provided for in these Rules, the Court and the Arbitral Tribunal shall act in the spirit of these Rules and shall make every effort to make sure that the Award is enforceable at law.” 45 Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, 1958.
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concerns. So, any deliberation on the question of whether to apply mandatory rules is likely to consider both perspectives, namely the orientation towards reasonable commercial expectations and the possibility to refuse enforcement of an award due to violation of domestic public policy. 46 It is through this distinction, oriented towards reasonable negotiable expectation/violation of domestic public policy, that lex mercatoria couples the internal and external fora. Something that also has to be considered is the possibility granted to the parties to seek enforcement of the award in more than one jurisdiction, as it is not unusual for the parties to have assets and operations in more than one country. This circumstance may also force state courts to reconsider how to address this question of enforcement and nullity of the award, as it can be declared null by the court of a particular country and, notwithstanding this fact, be enforced by the court of another country. 47 Thus, in the dynamics of international arbitration and in the interplay of arbitral tribunals and state courts, the mutual observation is very complex and, as regards to the issue of application of mandatory rules, both arbitral tribunals and state courts are in a difficult position when deciding whether to apply mandatory rules or to deny enforcement of an award, as they cannot just consider their “own forum”, but they have to perform a very complex exercise in observing both arbitral tribunals and other state courts, how they deal with transnational issues and, also important, how they reaffirm their normative identity, their ordre public. This is likely to be done in a very careful way, according to which both arbitral tribunals and state courts are likely to consider each other as equals, and hopefully observing more closely how and when to give up a more “provincial” view of protection of domestic values and move forward to a cosmopolitan (but not necessarily universal) perception, under which transnational interests could be made compatible with domestic interests. Notwithstanding this hope, it is very likely that a possibility to reaffirm “domestic values”, or even normative demands from other social spheres, will be retained by state courts, as such possibility is retained by arbitral tribunals with respect to the “expectations of transnational commercial relations.” This is the kind of dynamics in which a network logic, as claimed by Teubner, has to be observed in connection with this issue of mandatory rules and arbitration and, especially, of relations between arbitral tribunals and state courts. 46 Mendes, Rodrigo Octávio Broglia Entre o global e o local: uma perspectiva de análise de conflitos ortogonais no direito transnacional – o exemplo da lex mercatoria, 2008, Dissertation, University of São Paulo, p. 93 ff. 47 See for example the decision from the French Cour de Cassation n o 05–18053, as of June 29th 2007.
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IV. This possibility would probably lead to the differentiation of normative criteria to guide the application of “foreign” rules by and to arbitral tribunals arising out of the interplay, the mutual observation of arbitral tribunals and state courts, thus based on the network dynamics of such relations. That is the main reason behind which we should consider the development by lex mercatoria of its own conflict-of-law rules. The main function of transnational public policy, in international commercial arbitration, suggests exactly that. The conceptual framework developed by Teubner will without a doubt help us to take a step into the direction of a private transnational law within each transnational legal regime.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen in der Weltgesellschaft * * Marcelo Neves*
I. Ich werde im Folgenden der Frage nachgehen, ob und wie transversale Vernetzungen von Rechtsordnungen mit den Asymmetrien der Rechtsformen in der Weltgesellschaft zusammen hängen. Dies zielt letztendlich darauf ab zu fragen, in welchem Verhältnis die transversalen Rechtsvernetzungen zu der Beobachtung stehen, dass die betreffenden Rechtsordnungen gegenüber den jeweils korrespondierenden Gesellschaftssphären nur mangelhaft autonom sind. Es handelt sich dabei um paradoxe Funktionsprobleme, die auf Leistungs- und Legitimationsgrenzen des Rechts in der Weltgesellschaft hinweisen. Die transversale Vernetzung zwischen Rechtsordnungen setzt sowohl die rationale Reproduktion von autonomen Einzelrechtsordnungen als auch die rationale Kopplung zwischen ihnen voraus. Obwohl diese Kopplung sich als orthogonal erweist, ist sie auf einen bestimmten Grad an Symmetrie zwischen den vernetzten Rechtsordnungen und -formen angewiesen. Wenn die Einzelrechtsordnungen den gesellschaftlichen Teilbereichen unmittelbar untergeordnet sind oder wenn eine einseitig asymmetrische Überordnung einer Rechtsform über die andere besteht, dann verliert die Vorstellung einer transversalen Vernetzung im entsprechenden Gesellschaftskontext an Bedeutung. Im Folgenden werde ich zunächst von der semantischen Vorstellung einer transversalen Vernunft zur sozialstrukturellen Auffassung der transversalen Teilrationalitäten zwischen Teilsystemen einer multizentrischen bzw. polykontexturalen Gesellschaft übergehen ( II ). Im Anschluss daran werden transversale Teilrationalitäten zwischen Rechtsordnungen in einem Weltrechtsmehrebenensystem untersucht ( III ). Auf dieser Basis werde ich auf die Störungen bzw. Behinderungen der transversalen Rechtsvernetzungen durch die Asymmetrien der Rechtsformen eingehen ( IV ). Zuletzt suche ich die These zu plausibilisieren, dass das Weltrechtsmehrebenensystem nicht * * Franz von Weber, Emil Sobottka und Tobias Maaßen bin ich für die sorgfältige Lektüre des Manuskripts und für kritische Hinweise sehr dankbar.
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nur durch transversale Rechtsvernetzungen zu charakterisieren ist, sondern auch in weitem Umfang durch das destruktive Durcheinander vom Rechtcode und anderen gesellschaftlichen Codes sowie durch die unterdrückende Überlagerung von schwachen durch starke Rechtsformen zu kennzeichnen ist (V).
II. (1) Welsch betrachtet im Anschluss an Lyotard die Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Heterogenität der Sprachspiele1 und schlägt die Idee einer „transversalen Vernunft“ vor, die „nicht den Status eines Hyper-Verstandes, sondern präzis den Status von Vernunft – den Status eines Vermögens nicht von Dekreten, sondern von Übergängen – hat“. 2 Das heißt, es geht um eine Vernunft, die nicht den einzelnen Sprachspielen oktroyiert wird, sondern sich mit Verflechtungen befasst, die ihr „als Brücken des Übergangs“ zwischen Heterogenen dienen. 3 Dementsprechend spricht Welsch von einer „postmodernen Meta-Erzählung“. Anders als die „ältere“, sich der entsprechenden Einzelerzählungen durch Unterdrückung durchsetzende MetaErzählung, ist ihre Wirkung auf die Einzelerzählungen „nicht eine gewollt oder ungewollt unterdrückende, sondern eine bewusst freisetzende“. 4 Aber Welsch negiert nicht, dass die „postmoderne Meta-Erzählung“ eine übergeordnete Stelle gegenüber den Einzelerzählungen hat: „Eine Metaerzählung ist per definitionem eine Erzählung, die strukturell über den Einzelerzählungen steht und sich implizit oder explizit auch auf diese bezieht und für deren Zuschnitt und Verhältnis Konsequenzen hat.“ 5 Welsch bezieht sich auf eine Meta-Erzählung, die „hochgradig formal, nicht inhaltsgebunden wie die Einzelerzählungen“ ist. 6 Nichtsdestotrotz erweisen sich seine Konzepte einer umfassenden transversalen Vernunft und einer übergeordneten postmodernen Meta-Erzählung unter den Bedingungen der Reproduktion der multizentrischen, polykontexturalen Weltgesellschaft der Moderne als fragwürdig. Verschiedene Differenzen, Autonomieansprüche und Selbstbeschreibungen der Gesellschaft stehen in sehr unterschiedlichen Beziehungen zueinander. Somit ist die Idee einer umfas1 Lyotard 1979: 20 ff.; Welsch 1991; 1996: 401 ff.; Teubner 1996; Ladeur 1992: insbes. 41–45. Vgl. dazu Wittgenstein 1997 [1945–1949]: 250, § 23; 2 Welsch 1996: 759. 3 Welsch 1996: 754. 4 Welsch 1991: 178. Welsch fügt hinzu: „Man könnte geradezu sagen: Sie ist die einzige wirkliche Meta-Erzählung – die anderen waren eben bloß zu Meta-Erzählungen umfunktionierte Einzelerzählungen“ (ebd.). 5 Welsch 1991: 177. 6 Welsch 1991: 178.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen
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senden Vernunft und einer entsprechenden Meta-Erzählung für die differenzierten Kommunikationszusammenhänge zu formal, als dass sie einer adäquaten Beobachtung und Beschreibung der Weltgesellschaft dienen kann. Jeder Kommunikationsbereich kann, wenn er sich mit einem anderen in Verbindung setzt, eigene dauerhafte Mechanismen des wechselseitigen Lernens und Beeinflussens entwickeln. In diesem Zusammenhang ist es möglich von transversalen Teilrationalitäten zu sprechen, die dem konstruktiven Verhältnis zwischen den Rationalitäten der sich miteinander konfrontierten Einzelsysteme bzw. -sprachspiele dienen können. Jede transversale Teilrationalität ist an die entsprechenden Einzelrationalitäten strukturell gebunden, um als partikulare „Brücke des Übergangs“ zwischen ihnen zu wirken. Obwohl beide Begriffe verwandt sind, kann eine transversale Teilrationalität nicht mit einer strukturellen Kopplung im systemtheoretischem Sinne gleichgesetzt werden. Eine strukturelle Kopplung kommt zustande, wenn Mechanismen von zwei autonomen Systemen auf eine dauerhafte und ständige Weise einander beeinflussen und irritieren, ohne dass sie ihre jeweilige Autonomie verlieren. Die strukturellen Kopplungen sind Filter, die bestimmte Einflüsse ausschließen und andere erleichtern. Es gibt wechselseitige Irritationen, die mit der gleichzeitigen Beziehung von Unabhängigkeit und Abhängigkeit zwischen den gekoppelten Systemen zusammenhängen. Es handelt sich nicht um eine bloß operative, momentane Kopplung, sondern um kontinuierliche, andauernde Interpenetrationen. Durch die entsprechende strukturelle Kopplung werden die Strukturen eines Systems für die Reproduktion der Strukturen eines anderen Systems relevant und sogar unabdingbar – und umgekehrt. 7 Im hier gemeinten Sinne birgt die transversale Teilrationalität die strukturelle Kopplung in sich, geht aber noch darüber hinaus. Während bei struktureller Kopplung dauerhafter, konzentrierter Interpenetrationen die Komplexität eines Systems unfassbare Komplexität, also Unordnung für das andere, bildet, 8 wird bei transversaler Teilrationalität das dauerhafte, wechselseitige Lernen ermöglicht: Dies geschieht dadurch, dass die „vorgeordnete Komplexität“ 9 und die eigene verarbeitete Rationalität der Systeme einander zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden. Hierbei handelt es sich nicht um operative „Interferenz“ im Sinne Teubners,10 sondern um die strukturelle Einrichtung zur Ermöglichung des konstruktiven Austauschs von Erfahrungen mit den Einzelrationalitäten, die nach der Art der Eigenschaft der entsprechenden Systeme bzw. Sprachspiele und ihrer spezifischen Verhältnisse sehr stark in Form und Inhalt variieren Luhmann 1997: 108 ff. u. 781 ff. Luhmann 1987 [1984]: 291. 9 Teubner 1989: insbes. 110; 1988: 55 ff. 10 Ebd. 7 8
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(2) Das Konzept der transversalen Teilrationalitäten war in den vormodernen, hierarchischen Gesellschaftsformationen unvorstellbar. In diesen herrschte das Amalgam vor, das aus der politischen Herrschaftsstruktur, die sich auf der Basis der Differenz von überlegener und unterlegener Macht 11 reproduzierte. Es ging aus der religiös-moralischen Semantik hervor, wobei diese durch die moralische, von der religiösen Differenz von Transzendenz und Immanenz nicht zu trennende Unterscheidung von Gutem und Schlechtem bzw. von Tugend und Laster 12 gebildet wurde. Dieses Amalgam hatte den Vorrang vor allen anderen Kommunikationsbereichen, die undifferenziert blieben und sich also heteronom bestimmen ließen. Gegenüber dem vormodernen Amalgam aus Herrschaftspolitik und religiöser Moral auf der Spitze der sozialen Pyramide entsteht die moderne Weltgesellschaft als multizentrische bzw, polykontexturale Gesellschaftsformation,13 in der sich die Autonomie von verschiedenen Kommunikationsbereichen als funktionales Erfordernis bzw. normativer Anspruch durchzusetzen versucht hat. Das galt zunächst in der Frühneuzeit für den Wirtschaftsbereich (der ökonomische Profit unterscheidet sich vom Bösen und vom politisch Herrschenden), für die Wissenschaft (der Anspruch auf eine von der religiösen Moral und der Macht unabhängige Wahrheit) und für die Kunst (der Anspruch auf die Autonomie des „Schönen“ bzw. des ästhetisch Stimmenden gegenüber dem religiös gegründeten moralischen Guten und der herrschenden Macht). Erst mit dem revolutionären Konstitutionalismus des späten 18. Jahrhunderts begann der moderne Prozess des Kampfes des Rechts um die Autonomie gegenüber der Politik. In dieser neuen gesellschaftlichen Konstellation werden dann die transversalen Teilrationalitäten zwischen Kommunikationsbereichen bzw. entsprechenden Sprachspielen für die Reproduktion der Gesellschaft entscheidend. Die multizentrische, heterarchische Gesellschaft impliziert Verflechtungen, die als „Brücken des Übergangs“ zwischen den gesellschaftlichen Einzelrationalitäten der Teilbereiche die den jeweiligen transversalen Teilrationalitäten zwischen diesen förderlich sein können. Ohne die Polykontexturalität der Gesellschaftsformation und die entsprechenden Autonomieerfordernisse und -ansprüche der Sozialsphären könnten die transversalen Teilrationalitäten nicht vorhanden sein. Man muss aber beachten, dass diese Transversalität nicht selbstverständlich aus jener Polykontexturalität hervorgeht: Es gibt verschiedene Situationen innerhalb der multizentrischen Weltgesellschaft, in denen sich statt transversaler Teilrationalitäten das destruktive, irrationale Durcheinander von sozialen Sphären und jeweiligen Kommunikationscodierungen durchsetzt. 11 12 13
Luhmann 1986: 199. Luhmann 1997: 939 f. u. 1036. Vgl. Luhmann 1987 [1984]: 284; 1997: 36 f.
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III. Die transversale Rechtsvernetzung in der Weltgesellschaft bezieht sich nicht nur auf das Außenverhältnis von Recht zu anderen Teilsystemen („transversale Verfassungen“) 14, sondern auch auf das Innenverhältnis des Weltrechtmehrebenensystems, nämlich, auf die Verhältnisse zwischen Rechtsordnungen bzw. Rechtsformen. Auf verschiedene Weise treten rechtsinterne Verflechtungen auf, die unterschiedlichen Formen der transversalen Teilrationalität als „Brücke des Übergangs“ zwischen Rechtsordnungen dienen können. (1) Im Rahmen der neuen völkerrechtlichen Ordnung tauchen immer mehr Regulierungen auf, deren Konkretisierung gleichzeitig von internationalen und nationalen Gerichten abhängig ist. Das fordert die Entwicklung von Formen des „re-entry“ in den wechselseitigen Beobachtungsperspektiven. Gehen einerseits die internationalen Gerichtshöfe primär von der zwischenstaatlichen Ordnung aus, sind sie dennoch immer mehr mit den partikularen Auffassungen konfrontiert, die die entsprechenden Institutionen der staatlichen Rechtsordnungen von Problemen haben. Eine einseitige Oktroyierung zeigt sich immer problematischer, nicht weil man dabei auf die herkömmlichen Prinzipien der Selbstbestimmung oder Souveränität zurückgreifen kann, sondern weil man ohne Selbstinstitutionalisierung auf der staatlichen Ebene nicht von einer rechtlichen Einzelrationalität ausgehen kann, die für die Herausbildung der jeweiligen transversalen Teilrationalität notwendig ist. Gehen andererseits die nationalen Gerichte von der internen verfassungsrechtlichen Ordnung aus, so können sie immer weniger – besonders wenn es sich um ius cogens handelt – die neuen völkerrechtlichen Regulierungen und Institutionen im Namen der Souveränität außer Acht lassen. Diese ist nicht mehr nur als Autonomiekonzept regionaler Art, sondern auch immer mehr als Vorstellung „einer regionalen Politikverantwortung unter weltgesellschaftlichen Rahmenbedingungen“ zu legitimieren.15 Aus den beiden Perspektiven ist immer mehr das wechselseitige Lernen und Austauschen von Erfahrungen mit Einzelrationalitäten erforderlich. Zwei Beispiele möchte ich hier anführen, in denen die verschiedenen Verständnisse von Institutionen die Konstruktion einer transversalen Teilrationalität unentbehrlich machen. Zunächst ist eine Kollision zwischen dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und der brasilianischen Verfassung hervorzuheben. Während der Art. 77 I b des Römischen Statuts die lebenslängliche Freiheitsstrafe als anwendbar vorsieht („when justified by the extreme gravity of the crime and the individual circumstances of the convicted person“), ist diese Strafe laut Art. 5. XLVII b der brasilianischen Verfassung 14 Neves 2009. Dazu gehört der von Teubner (2003, 2000) vorgeschlagene Begriff der „zivilen Verfassungen der Weltgesellschaft“. 15 Luhmann 1995a: 118.
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verboten. Man muss auch betonen, dass nach dem Art. 60 § 4. IV der brasilianischen Verfassung diese Garantie als unantastbare Klausel nicht aufzuheben ist. Einerseits geht das völkerrechtliche Menschenrechtsverständnis von den Sorgen mit den eklatanten Verbrechen gegen die Menschheit aus, andererseits ist der Ausgangspunkt des brasilianischen Grundrechtsverständnisses die Vorstellung des menschenrechtswidrigen Charakters der lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Eine einseitige Lösung ist in diesem Fall nicht angebracht. Nach den Präzedenzfällen bestehen die Tendenzen in der brasilianischen Gerichtsbarkeit, eine spezifische Bedingung für die Auslieferung der im internationalen Strafgerichtshof zu verurteilenden bzw. verurteilten Verbrechern zu stellen: Diese sind nur auszuliefern, wenn die lebenslängliche Freiheitsstrafe auf eine höchstens dreißigjährige Strafe umgewandelt wird. Dies ist eine Zwischenlösung, die mit dem Römischen Statut nicht ganz vereinbar ist, die aber durch den Internationalen Strafgerichtshof im Wege konstruktiver, lernfähiger Abwägung kompatibilisiert werden kann. Die Frage wird aber problematischer, wenn die brasilianische Gerichtsbarkeit laut Art. 5. LI der brasilianischen Verfassung auf dem verfassungsgemäßen Verbot der Auslieferung von Brasilianern besteht. In diesem Fall ist der Normenkonflikt nicht einfach zu lösen. Ein möglicher Ausweg wäre dann eine semantische Abgrenzung dieser Vorschrift in dem Sinne vorzuschlagen, dass dieses Verbot nur für die Auslieferung an einen anderen Staat gelte. Dabei stößt man aber wieder auf den Art. 60. § 4. IV der Verfassung, der die Aufhebung grundrechtlicher Garantien nicht erlaubt (unantastbare Klauseln). Die Richtung der Entwicklung in diesem Regulierungskontext bleibt offen, aber die lernfähige Orientierung auf beiden Seiten durch die Herausbildung konstruktiver, transversaler Rechtsvernetzung ist für einen positiven Erfolg im Kollisionsbereich entscheidend. Ein weiteres Beispiel ist die Kollision zwischen dem Art. 7. VII der Amerikanischen Menschenrechtskonvention und dem Art. 5. LXVII der brasilianischen Verfassung. Während die Verfassungsbestimmung die Freiheitsentziehung des ungetreuen Verwahrers erlaubt, wird diese von der Konventionsvorschrift verboten. Im Rahmen der Recurso Extraordinário Nr. 466343/ SP ist der brasilianische oberste Gerichtshof mit dieser Frage konfrontiert. Diese Situation hat sogar bereits zu einer Verfassungsänderung geführt (Emenda Constitucional Nr. 45, von 2004), nach der die völkerrechtlichen Verträge Verfassungsrang haben, wenn sie durch eine qualifizierte Mehrheit, wie sie im Verfahren der Verfassungsänderung vorgesehen ist, ratifiziert worden sind (Art. 5. § 3. der brasilianischen Verfassung). Das hat jedoch auf das vorliegende Problem keine Auswirkung. Die Diskussion bleibt dem Obersten Gerichtshof nicht erspart, besonders weil es um einen Vertrag geht, der noch vor der erwähnten Verfassungsänderung ratifiziert wurde. In der Tendenz könnte eine Lösung im Sinne der unbeschränkten internen Geltung der erwähnten Norm der ratifizierten Amerikanischen Menschen-
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rechtskonvention denkbar sein, weil diese Norm zur Erweiterung der Menschenrechte führt, so dass das in ihr enthaltene Recht auf dem Art. 5. § 2. der brasilianischen Verfassung beruht. Aber auch in der gegenüber der Konventionsvorschrift einschränkenden Interpretation ist eine positive Lösung für die Erweiterung des internen Grundrechtskatalogs nicht auszuschließen: Die Auffassung, die einen übergesetzlichen, aber unterverfassungsrechtlichen Geltungsrang der ratifizierten Konvention vertritt, führt zu einer Lösung in dem Sinne, dass die Verfassung die Freiheitsentziehung des ungetreuen Verwahrers nur erlaubt habe. Das Unterverfassungsrecht könne darüber frei entscheiden, und in diesem Fall habe der völkerrechtliche Vertrag den Vorrang vor dem neuen, später in Kraft gesetzten, brasilianischen Zivilgesetzbuch. In der Diskussion zeigt sich sehr klar, dass die Mühe im Hinblick auf die Herausbildung einer transversalen Teilrationalität, die sich für beide Rechtsordnungen als verträglich erweist, im Mittelpunkt steht. (2) Auch auf der Ebene der Supranationalität oder der regionalen Integration wird die transversale Verflechtung von Rechtsordnungen im Rahmen des Weltrechtsmehrebenensystems immer relevanter. Dazu gehören besonders die europäischen Erfahrungen mit der rechtlichen Integration. Die europäische Rechtsvernetzung lässt sich aus zwei Perspektiven betrachten. Aus der europainternen Perspektive bezieht sich die Frage auf das Verhältnis zwischen dem europäischen Recht und den nationalstaatlichen Rechtsordnungen. Hier geht es nicht nur um das EU -Recht, sondern auch um regionale Rechtsregulierungen wie vor allem die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle. Die europäischen Gerichtshöfe, besonders der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ( EGMR ) und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), sind mit den konsolidierten Kulturen der Rechts- und Verfassungsordnungen verschiedener Mitgliedstaaten konfrontiert. Obwohl eine gleiche und harmonische Anwendung des europäischen Rechts anzustreben ist, erweist sich eine reine Oktroyierung des Integrationsrechts gegen die Nationalrechtsordnungen nicht als selbstverständlich und plausibel 16. Auch die europäischen Gerichtshöfe müssen über transversale Teilrationalitäten gegenüber den partikularen Rechts- und Grundrechtsverständnissen der Mitgliedstaaten lern- und anpassungsfähig sein. Das Gegenteil würde gerade im Widerspruch zur Leistungsfähigkeit und Legitimationskraft des Integrationsrechts stehen. Nichtsdestoweniger sind die Gerichte der Mitgliedstaaten nicht nur für die Anwendung des entsprechenden nationalstaatlichen Rechts zuständig, sondern auch immer mehr mit der Anwendung des europäischen Rechts 16 In diesem Sinne behauptet zu Recht Weiler (1999: 322): „The Constitutional discourse in Europe must be conceived as conversation of many actors in a constitutional interpretative community, rather than a hierarchical structure with ECJ at the top.“
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konfrontiert. Zwar können sie nicht einfach auf die Konkretisierung ihrer eigenen Rechtsordnungen im Namen des europäischen Rechts verzichten. So hat zum Beispiel das deutsche Bundesverfassungsgericht in den Urteilen „Solange 1“. ( BVerfGE 37, 271) und „Solange 2“ ( BVerfGE 73, 339) bei aller Kritik der europafreundlichen Juristen Erträglichkeitsgrenzen für die Durchsetzung des Integrationsrechts gegen das Nationalrecht gesetzt und so eingeräumt, dass andere Mitgliedstaaten auf dieselbe Weise entscheiden können. Jedoch ist eine narzisstische Verkennung des europäischen Rechts seitens der nationalstaatlichen Gerichte für den sehr entwickelten Integrationsprozess nicht erträglich. Deswegen ist auch für die zwischen dem europäischen Recht und den jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen verflochtenen Nationalgerichtshöfe die Entwicklung von transversalen Teilrationalitäten zwischen Allgemeinheit und Partikularitäten unentbehrlich. Jede Einseitigkeit kann in diesem Zusammenhang auf das Integrationsrecht zerstörerisch, irrational wirken. Aus der europaexternen Perspektive liegen die Probleme der transversalen Rechtsvernetzung in der Kollisions- und Harmonierungsbeziehung zwischen dem regionalen Integrationsrecht und dem Völkerecht. Hier sind die neuen Regulierungen der Welthandelsorganisation besonders relevant. Selbstverständlich ist die Einseitigkeit einer vorgewählten Lösung für das Welthandelsorganisationsrecht oder für das europäische Recht im Fall der Kollision dem Weltrechtsmehrebenensystem nicht angebracht. Das würde eher Zerstörungen auf beiden Seiten auslösen. Der Reichtum und die Mannigfaltigkeit der Rechtsfälle erfordern auch in diesem Kontext die Entwicklung einer transversalen Teilrationalität durch lernfähige, falladäquate Lösungen, die nicht nur der (interessenbezogenen) Gesellschaftsadäquatheit des Weltrechtsmehrebenensystems, sondern auch dessen (rechtsbegriffsbezogener) Konsistenz dienen kann. Und das gilt auch für andere Ebenen des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Europarecht. Im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses erweitern sich die Rechtsverflechtungen, wenn die innerstaatlichen Regions- bzw. Gliedstaatsautonomien berücksichtigt werden. Rechtliche Ansprüche der regionalen und lokalen politischen Gebietseinheiten innerhalb von Staaten werden nicht nur vor den zuständigen staatlichen Gerichten erhoben, sondern auch vor den europäischen Gerichten zur Geltung gebracht. Auch rechtliche Klagen gegen diese unterstaatlichen Rechtseinheiten werden vor die europäischen Gerichte gebracht. So kann man im europäischen Kontext eine rechtliche Vierebenenverflechtung feststellen, in der das Integrationsrecht sowohl mit dem Völkerrecht und den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten als auch mit dem Recht der innerstaatlichen autonomen Gebietseinheiten verflochten ist. Obwohl die Erfahrung der Europäischen Union mit der rechtlichen Supranationalität bzw. Integration weiter entwickelt ist, gibt es weltweite Er-
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fahrungen mit Rechtsvernetzungen im Rahmen von Integrationsprozessen. In Südamerika z. B. ist auf die steigende Bedeutung des Rechts der AndenGemeinschaft hinzuweisen, deren Gerichtshof zahlreiche Rechtsfälle als zuständige Instanz entscheidet und auch in der Lage ist, die entsprechenden Urteile durchsetzen zu lassen.17 In Lateinamerika besteht die Tendenz zu einer weit reichenden Rechtsvernetzung, weil auch die Ureinwohner auf ihre normativen Ordnungen zurückgreifen und vor den jeweiligen Integrationsgerichten Ansprüche gegen die Mitgliedstaaten erheben können. (3) Nicht zuletzt ist für die transversalen Rechtsvernetzungen im Weltrechtsmehrebenensystem die Bedeutung der transnationalen Rechtsordnungen zu betonen, die sich primär über private und halböffentliche Akteure entwickeln. Hier stehen die von Gunther Teubner und Andreas FischerLescano analysierten Regime-Kollisionen im Vordergrund.18 Die Verflechtungen können sowohl zwischen verschiedenen transnationalen, nichtterritorialen, primär funktionsbestimmten Rechtsordnungen als auch zwischen diesen und den territorial bestimmten (supranationalen, staatlichen, lokalen) oder den auf die Bestimmung von Territorialgrenzen angewiesenen (völkerrechtlichen) Ordnungen auftreten. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Interregime-Vernetzungen im Rahmen eines neuen Kollisionsrechts.19 Unter anderen beziehen sich Teubner und Fischer-Lescano auf das transnationale Copyright, den Patentschutz auf Medikamente, die Lex Constructionis, das transnationale Strafrecht, die Lex Financiaria und das transnationale Cybercrime. 20 (4) Bezieht man also die transnationalen Privatregimes in das Weltrechtsmehrebenensystem ein, so resultiert eine mehrdimensionale transversale Vernetzung zwischen Rechtsordnungen: Internationale, supranationale, transnationale, zentralstaatliche und territoriallokale Rechtsformen sind immer mehr verflochten und erfordern die Herausbildung verschiedenartiger transversaler Teilrationalitäten, die das wechselseitige Lernen und den Austausch von Erfahrungen mit eigenen Einzelrationalitäten fördern können. Besonders im Bereich der Menschenrechte werden alle Ebenen der rechtlichen Reproduktion überschritten: Lokale, staatliche, internationale, supranationale und transnationale Rechtsordnungen. Daraus folgt eine vierdimensionale Transversalität der Menschenrechte. Das impliziert einen stetigen Wechsel zwischen verschiedenen, instanzgebundenen Menschenrechtsbegriffen, ohne dass eine bestimmte Instanz das letzte Wort hat. Men17 Zur Behauptung des Vorrangs der Anden-Gemeinschaftsrecht vor dem nationalem Recht vgl. Tribunal de Justicia de la Comunidad Andina, http://www.tribunalandino. org.ec, Jurisprudencia, Proceso 001- IP-1987 (Proceso Interno Nr. 491, Decisión 311, Tema 1.1.4. Supremacía). 18 Fischer-Lescano/Teubner 2006. 19 Fischer-Lescano/Teubner 2006: 57–65. 20 Fischer-Lescano/Teubner 2006: 66 ff.
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schenrechte stehen im Mittelpunkt der transversalen Vernetzung zwischen den verschieden Rechtsordnungen in einem weltgesellschaftlichen Mehrebenensystem. Die transversale Teilrationalität entwickelt sich in dem Maße, in dem die verschiedenen Gerichte miteinander Dialoge führen können, die zur Maximierung der Menschenrechtsgarantien beitragen können. 21
IV. Die Grenzen der transversalen Rechtsvernetzungen in der Weltgesellschaft ergeben sich nicht nur aus den Überlagerungen von Rechtsordnungen durch die das Recht instrumentalisierenden sozialen Systeme, 22 sondern auch aus den Asymmetrien der Rechtsformen. Obwohl diese Asymmetrien von jenen Überlagerungen nicht zu trennen sind, beziehen sie sich auf die im letzten Abschnitt betrachteten, rechtsinternen Verflechtungen von Rechtsordnungen. Die Entwicklung transversaler Teilrationalitäten wird dadurch behindert bzw. beeinträchtigt, dass eine bestimmte Rechtsform gegenüber einer anderen zu stark ist und somit deren Ansprüche und Anforderungen ganz außer Acht lassen kann. Diese Art einseitiger Überordnungen einer Rechtsform über eine andere impliziert keine Herausbildung einer hierarchischen Struktur bzw. Organisation im traditionellen Sinne eines Stufenbaus. Vielmehr führt dies zu diffusen Mechanismen der Unterdrückung oder Negation der Autonomie von Rechtsformen durch andere. (1) Im Rahmen der internationalen Beziehungen hängt die Expansion der Machtcodierung zum Schaden der Rechtscodierung mit der Immunisierung und Unantastbarkeit der Rechtsordnungen der Großmächte gegenüber dem Völkerrecht zusammen. Ein bedeutsames Beispiel stellt die Ohnmacht der völkerrechtlichen Gerichte und der zuständigen internationalen Organisationen im Hinblick auf die Kontrolle und Sanktionierung der Rechtspraxis der Vereinigten Staaten dar. So wird völkerrechtliche Rüstungskontrolle von den USA (auch von China und Russland) insofern als unakzeptabel zurückgewiesen, als dass sie einen illegitimen Eingriff in interne Angelegenheiten darstelle. Dieselbe Rüstungskontrolle wird – vor allem von den USA – gegenüber den in der internationalen Konstellation schwachen Ländern verlangt und durch die zuständigen internationalen Organe durchgesetzt. Und was die Rechtsprechungsbefugnis anbelangt, so zeigen sich die US -Gerichte nicht bereit, eine allgemeine Anerkennung der Zuständigkeit völkerrechtlicher Gerichtshöfe für die Fälle zuzulassen, in denen Völkerrechtsansprüche gegenüber amerikanischen Behörden, Organisationen und sogar Bürgern erhoben werden. Dafür ist das Guantánamo-Gefängnis exemplarisch: Die 21 22
Vgl. Teubner 2006. Hierzu Neves 2009.
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interne US -Gerichtsbarkeit hat sich gegenüber jeder möglichen Entscheidung eines völkerrechtlichen Gerichts durchgesetzt, obwohl vieles dafür spricht, dass der Fall nicht eine interne Frage der Verfassungs- bzw. Rechtsstaatswidrigkeit bildet, sondern auch eine wichtige Frage der Völkerrechtswidrigkeit aufwirft. (2) In einem engen Zusammenhang damit steht das Problem der Asymmetrien der Rechtsformen zwischen staatlichen Rechtsordnungen. Über die Feststellung, dass die operative Autonomie des Rechts gegenüber seiner gesellschaftlichen Umwelt nur in wenigen konsolidierten Verfassungsstaaten realisiert wurde, 23 ist hier hinauszugehen. Vielmehr muss der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Rechtsordnungen und Rechtskulturen der in der weltgesellschaftlichen Konstellation starken Staaten auf die Entwicklung der Rechtsformen anderer Staaten destruktiv wirken. Dabei steht das Problem der „neokolonialen“ und „postkolonialen“ Unterdrückung positiver Erfahrungen mit dem Recht der peripheren Länder im Vordergrund. Entstehen abweichende Formen des Rechtsverständnisses von Markt, Machtverteilung, kultureller Identität, Ausbildung usw., dann werden sehr oft umgehend Maßnahmen für den Eingriff vorgeschlagen und in Anspruch genommen, um das Rechtsverständnis des herrschenden Staates wieder zur Geltung zu bringen. Das impliziert eine sehr asymmetrische Auffassung der Souveränität: Während diese auf eine absolute Weise für die Träger bestimmter Rechtsformen gilt, so wird sie im Fall der Erfahrungen mit abweichenden Rechtsformen der Macht, des Gelds und des Wissens zusammen zu stark relativiert. (3) Auch die Beziehung der privaten Rechtsregime zu den Rechtsformen der peripheren Länder entfernt sich regelmäßig stark vom Muster der Rechtsverflechtungen als „Brücke des Übergangs“, die den transversalen Teilrationalitäten dienen. Die systematische Korruption der Rechtsformen der schwachen Staaten durch die instrumentalen, transnationalen Privatregulierungen zugunsten der großen multinationalen Konzerne ist nicht nur aus der linken Perspektive einer Kritik des Kapitalismus zu berücksichtigen. Auch im Hinblick auf die Anforderungen an die Anerkennung bzw. Verstärkung der Diskursautonomien pluraler sozialer Bereiche der Weltgesellschaft ist dies ernst zu nehmen. Die als rechtliches Medium der Wirtschaft zu verstehenden transnationalen Privatrechtsordnungen entwickeln eine Art instrumenteller Rationalität im Bereich des Rechts, die alle normativen Ansprüche der Rechtsformen der schwachen Länder als Störung für ihre „dynamische“ Expansion beurteilt. Infolgedessen tendieren sie dazu diese Ansprüche außer Acht zu lassen und auf die entsprechenden Rechtsformen destruktiv zu wirken. Im Bereich des Patentschutzes erweist sich dieses Pro-
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Neves 2009, 2007, 2006.
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blem am Beispiel der Biopiraterie als besonders beeindruckend. 24 Geht man von der Vermutung des Universalitätsanspruchs des Patentrechts aus, werden traditionelle Formen der Aneignung von Wissen und Technik als rechtlos betrachtet und unterdrückt. Dieses gravierende Problem geht über das Verhältnis zwischen transnationalen Rechtsformen der großen Konzerne und zentralstaatlichen Instanzen der so genannten Entwicklungsländer hinaus und betrifft lokale, anthropologische Rechtsformen traditioneller und sogar archaischer Bevölkerungen, insbesondere von Ureinwohnern. (4) Im Anschluss daran ist auch zu betonen, dass die zentralstaatlichen Instanzen häufig im Namen der internen Souveränität nicht in der Lage sind, lokale Rechtsformen zu dulden und mit diesen konstruktiv zusammenzuarbeiten. Daraus folgt die Unterdrückung der lokalen Rechtsansprüche im Namen der Einheit des Staates. Das Gegenteil ist nicht selten: blinder Separatismus lokaler Gemeinschaften, die nicht bereit sind, mit der Volksheterogenität und Öffentlichkeitspluralität eines demokratischen Rechtsstaates zusammenzuleben. Manchmal entstehen die wechselseitigen zerstörerischen Wirkungen im Rahmen der Konflikte zwischen dem Einheitsanspruch eines Bundes-, Regional- oder Einheitsstaats und den Autonomieansprüchen seiner jeweiligen Gliedstaaten, Regionen oder Provinzen bzw. Departements. Aber auch in Bezug auf nichtoffizielle, lokale Rechtsformen werden Ansprüche auf rechtliche Selbstbestimmung immer stärker und stehen oft mit Unterdrückungsmaßnahmen seitens des Staates sowie mit blinden, aus den lokalen Anforderungen hervorgehenden Auseinandersetzungen um Autonomie in Zusammenhang. Dabei ist hier eher von negativen Verflechtungen zu sprechen, da einer transversalen Vernetzung durch das wechselseitige Lernen mit Erfahrungen kein Spielraum zugeschrieben wird. Eher beherrschen Intoleranzen das Geschehen, die letztendlich nicht über Rechtsformen ausgetragen werden können, sondern in letzter Konsequenz zur bewaffneten Beilegung rechtsfeindlicher, gewalttätiger Auseinandersetzungen führen. (5) Nicht zuletzt ist hier auf die Asymmetrien von Rechtsformen in Bezug auf die unterschiedlichen Funktionsbereiche des Rechts hinzuweisen. Es gibt Rechtsformen, die durch stark konsolidierte, strukturelle Kopplungen mit anderen Teilbereichen der Gesellschaft herrschend werden: So dienen z. B. Vertrag und Eigentum als strukturelle Kopplungen des Rechts mit der Wirtschaft und bilden starke – wenn auch nicht die stärksten – Rechtsformen der Weltgesellschaft. In anderen Bereichen bleiben die Kopplungen auf der operativen Ebene oder sind, wenn sie sich auf die strukturelle Ebene ausdehnen, noch sehr schwach.
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Vgl. hierzu Teubner/Fischer-Lescano 2008.
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In diesem Sinne kann man die Bereiche des an der Beziehung von Menschen und Natur orientierten Umweltrechts und des personeninklusionsbezogenen Sozialrechts in der Weltgesellschaft charakterisieren. Die Rechtsformen des Vertrags und des Eigentums setzen sich expansiv gegenüber den Rechtsformen der Umwelt und der Inklusion durch. Und im Rahmen der neuen Entwicklungen der Weltgesellschaft erweisen sich die primär funktionsbestimmten Wirtschaftsrechtsformen immer stärker als die territorialbedingten, politischen Rechtsformen des Verfassungsstaates. Aber das Umweltrecht und das inklusionsbezogene Recht bilden sekundäre Rechtsformen im Verhältnis sowohl zu den wirtschaftlichen als auch zu den staatspolitischen Rechtsformen der Weltgesellschaft. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass gegenüber den machtpolitischen und wirtschaftlichen Rechtsformen auch die Rechtsformen der Menschenrechte sehr schwach bleiben: Ihre lose und diffuse Kopplung mit den moralischen Diskursen der Personeninklusion oder Menschenexklusion 25 wird durch die Macht- und Marktdiskurse so regelmäßig und systematisch überlagert, dass sie nach wie vor zu den vorwiegend symbolischen Rechtsformen auf der weltgesellschaftlichen Ebene gehören. 26
V. Aus all dem lässt sich folgern, dass die transversalen Rechtsvernetzungen knappe Ressourcen der Weltgesellschaft sind. Transversale Teilrationalitäten zwischen unterschiedlichen Rechtsordnungen bzw. Rechtsformen haben sich bisher in sehr begrenzten Bereichen des Weltrechtsmehrebenensystems herausgebildet, sei es unter dem territorialen oder unter dem funktionalen Gesichtspunkt. Die Aussichten auf positive Entwicklungen sind nicht gut. Es wäre eine Illusion, die Erfahrungen mit transversalen, rationalen Rechts25 Bringt man die Menschenrechte mit dem Anspruch auf Inklusion der Menschen als Person in Zusammenhang (vgl. Luhmann 1993: insbes. 574 ff.), lässt sich die „Verfassung“ der Menschenrechte als Mechanismus der transversalen Teilrationalität zwischen dem Rechtssystem und einer an Inklusion orientierten Dissensmoral begreifen (Neves 2005: 164 ff.). Betrachtet man die Menschenrechte aus der Perspektive der Exklusion der Menschen aus der Gesellschaft, also als „Garantien der Integrität der Psyche und Körper“ (Teubner 2006: 175), so lässt sich die „Verfassung“ der Menschenrechte als Mechanismus der transversalen Teilrationalität zwischen einer an der „Leib/Seele-Integrität der Einzelmenschen“ (Teubner 2006: 180) orientierten Moral und dem Rechtsystem verstehen. Beide Perspektiven sind bei allen Spannungen für die transversale Verfassung der Menschenrechte entscheidend und wirken komplementär. Personeninklusion und Menschenexklusion setzen einander voraus. Hier werden zwei Arten der Moral der Modernen Weltgesellschaft mit dem Recht verflochten. Teubner (2006: 175) unterscheidet zwischen „personellen Grundrechten und Menschenrechten“. 26 Cf. Neves 2005.
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vernetzungen zu verallgemeinern. Diese gehören zu den Privilegien von einigen Rechtsbereichen einer sehr asymmetrischen Weltgesellschaft. Es lässt sich feststellen, dass unterdrückende Überlagerungen von schwachen durch starke Rechtsformen innerhalb des Weltrechtsmehrebenensystems bestehen. So bleiben die staatlichen Rechtsformen der „Großmächte“27 vom Völkerrecht unantastbar bzw. gegenüber diesem immunisiert. Auch diese Rechtsformen verhalten sich unterdrückend gegenüber den Rechtsformen der schwachen Länder in der internationalen Konstellation. Besonders ist dies festzustellen, wenn in diesen abweichende Maßnahmen in Richtung sozialer Transformationen getroffen werden. Ebenso wirken die transnationalen, instrumentalisierten Rechtsordnungen der Großkonzerne destruktiv gegenüber den Rechtsformen der Entwicklungsländer und der nichtstaatlichen lokalen Gemeinschaften. Auch im Rahmen der Konflikte zwischen der Staatseinheit und Lokalautonomien bestehen häufig einerseits Unterdrückung der lokalen durch die zentralen Rechtsformen und andererseits destruktive, intolerante, blinde Reaktionen der lokalen gegen die zentralstaatlichen Rechtsformen. Nicht zuletzt führen die Asymmetrien der Rechtsformen in Bezug auf die Funktionsbereiche des Rechts dazu, dass z. B. die schwachen Rechtsformen des Umweltrechts, des Sozialrechts und der Menschenrechte stetig von den starken wirtschaftlichen Rechtsformen des Vertrages, des Eigentumes und des Marktes unterdrückt werden. Für alle diese Fälle gilt es: Keine transversale Rechtsvernetzung ohne eine relative Symmetrie der Rechtsformen. Transversale Rechtvernetzungen gehören selbstverständlich zu den funktionalen Erfordernissen und damit zusammenhängend zu den normativen Ansprüchen der Weltgesellschaft. Aus einer empirischen Betrachtungsweise setzen sich jedoch die beharrenden Ausbeutungen von Rechtsdiskursen im Rahmen asymmetrischer Rechtsformen noch sehr stark gegen diese Erfordernisse und Ansprüche durch. Diese Rechtsausbeutungen fördern die Ausweitung der Exklusionsbereiche der Weltgesellschaft.
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Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts Property Rights and the Globalization of the Power System Jean- Philippe Robé
I. In the Wesphalian construction of the world, jurisdiction over the Earth is divided among States sharing one distinguishing characteristic: sovereignty. States’ constitutions define how their domestic political systems operate. Constitutions also usually specify fundamental rights preserving a sphere of autonomy for individuals outside of the reach of public institutions. This translates into summa divisios within official legal systems between public/ private, power/property, objective competence/subjective rights and norm/ contract. This is the classical, top-down, view of the structuring of the world power system. In this article, I will analyze the world power system from the bottom up. I will view the global economy as a world wide web of contracts connecting property rights holders. Some of the contracts in this world wide web are pure sale and purchase contracts: a product is sold and purchased instantaneously for a price. Buyer and seller accept no obligation with respect to their future conduct. A property right is exchanged against a price; but there is no relationship. We have a pure market transaction. These contracts are numerous – probably the most numerous ones. But the pure market transaction is just one extreme of the spectrum of economic exchange. There are many other types of contracts in the economy. Actually, the most interesting contracts serving as a conduit for economic exchange are probably those having duration. They connect contracting parties through time in connection with property rights. A lease connects a landlord and a tenant trough time; a distribution contract connects a manufacturer and a distributor through time. At the time of execution of the contract, the rent and the commission of the distributor are set taking into account what “market prices” exist then. Subsequently though, for the duration of the contract, they evolve in accordance with contractual and/or regulatory
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rules – not market prices set outside of the contractual relationship or the regulatory environment in which they take place. Rents, salaries, and many other forms of remuneration of the use of assets through time, are all subject to contractual and, often, regulatory rules constraining their evolution. Further, whereas the pure market transaction is one extreme of economic exchange in the world wide web of contracts, at the other extreme, there are clusters of contracts having duration serving as the legal conduits of continuous economic exchanges among numerous parties. Some of these clusters are “households”. Others are “firms”, the significant ones in terms of size being gathered around corporations. Households. Each reader of this article, as a rights and liabilities bearing individual, is both (a) the holder of property rights and (b) the center of a nexus of contracts connecting her to other property rights holders to satisfy many of her needs (hopefully not all of them). In the morning, she wakes up in an apartment or house she either owns or leases, i.e. she either has a property right over an apartment (say) or has a contract with a landlord – who owns the property right over the apartment – allowing her to use it against a rent. To make her life more comfortable, she has contracts with utilities companies supplying her with water, gas, electricity, phone services, and so forth. These contracts allow her to have her morning shower, preferably hot. Then she goes on having breakfast, eating the object of her property right over her morning croissant. If she is among those of us cursed with the need to work to make a living, then she goes to work. She takes her bicycle or car or scooter (she either owns or rents from the owner). And at work, she delivers the services she has been hired for under an employment contract; in exchange for which she gets a paycheck allowing her to pay for (hopefully) all of the above. In some cases, she makes a surplus which she can save. She (maybe with a partner and children) is a “household” entangled in a nexus of contracts with other property rights holders. We are all in the same position as individuals. Of course, the sets of property rights and nexuses of contracts around us are all different. But we are all integrated in the economic system in this fashion. And all of our contracting parties are themselves at the center of nexuses of contracts and we are all somewhat connected to each other via the world wide web of contracts. Individuals have always been connected to other individuals located in the known world of their time in this way: when coffee was introduced in Europe in the sixteenth century, coffee drinkers were contractually connected to the coffee shop owners who were contractually connected to the coffee roasters who were contractually connected to the coffee importers who were contractually connected to the coffee exporters who were contractually connected to the coffee growers. And so on. Globalization in this perspective appears like being just more of the same thing. What is new is that now (almost) everyone is connected to (almost) everyone in respect of
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(almost) every decision of allocation of the household’s resources. Each household is closely contractually connected to the world economy – via the world wide web of contracts. As a consequence, each decision relating to the allocation of the resources of the household affects countless interests located in many corners of the world. Robert Reich has made a powerful case that in the present economy, the power of the individuals (the households) has been aggregated at both ends of the allocation of their resources: purchases and savings.1 Purchases are made from retailers using the aggregated bargaining power of households to get the lowest prices from suppliers, ultimately found in low costs jurisdictions; savings are made in mutual or pension funds in which professionals mobilize the households’ savings to get the highest returns – maximize “shareholder value”. In both cases, when household purchase goods, services or investment products, in the main they indirectly purchase normative environments. And they (we) want to buy and invest in cheap environments (ensuring low prices for the purchases and high returns for the investments). And they (we) want to live in expensive ones providing them (us) with high income and social rights. Firms. One of the other forms of clusters of contracts in the world wide web of contracts is the one allowing firms to operate. One of the key elements in the analysis of the (large) firm is that the legal persons serving as the contracting party opposite the contributors of property rights to the firm are corporate persons, creatures of the law. They are usually disregarded in the economic analysis as mere “legal fictions” of no importance because only individuals are deemed to be “real”. 2 A crude understanding of methodological individualism leads to a neglect of this “metaphysical lawyers’ invention”. The corporation is reduced to a set of “contracts” among shareholders and managers. No one has ever seen any of these “contracts”, but with this theoretical construction, firms/corporations can then be deemed to be operating like markets. 3
1 Robert B. Reich Supercapitalism – The Transformation of Business, Democracy and Everyday Life, Alfred A. Knopf, New York (2008), at 71. 2 See Michael C. Jensen & William H. Meckling Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure, Journal of Financial Economics, V.3, No. 4, 305 (1976). 3 See the efforts by Alchian and Demsetz to demonstrate that “the firm and the ordinary market [are] competing types of markets” (Armen A. Alchian & Harold Demsetz Production, Information Costs and Economic Organization, 62 Am. Econ. Rev. 777 (1972), at 795) and those of Jensen & Meckling for who “the “behavior” of the firm is like the behavior of a market” (Michael C. Jensen & William H. Meckling Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure, Journal of Financial Economics, V.3, No. 4, 305 (1976), at 8–9). Or see also Cheung for who “it is futile to press the issue of what is or is not a firm”; see Steven N. S. Cheung The Contractual Nature of the Firm, Journal of Law and Economics, 26(1):1–21 (1983), at 17–18).
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The existence of corporations, however, plays a fundamental role in the structuring and operation of the economy. Because a corporation has legal personality, real rights and liabilities are allocated by the legal system to these legal fictions. Corporations – and more appropriately groups of corporations for large firms – around the globe are the tools used for the creation of the relatively stable clusters of contracts connecting property rights holders in the world wide web of contracts allowing firms to operate. As a consequence of the neglect of the role of corporations – and for some other reasons as well – there is a widespread confusion in the economic (but also legal and political) literature between the concept of “corporation” and the concept of “firm”. The two words are often used interchangeably, “company” or “enterprise” being also sometimes used as synonyms. The consequences of this linguistic and conceptual confusion are endless. In my analysis, the two have to be distinguished sharply: the corporation is a legal person owning property rights and at the center of a cluster of contracts; the firm is the economic activity existing as a consequence of the control over property rights obtained via the cluster of contracts. Because we live in a world in which ownership and binding obligations are defined by law, firms’ legal structure cannot be disregarded. The builders of firms structure them using legal instruments: contracts, property rights and corporations. It is immediately obvious that firms are structured using corporations; they are not corporations. Why is it that the legal structure of every firm of some significance is built around corporations? The reasons are numerous: 4 (1) At the outset, creating a legal person to own or control key assets used in the business avoids having to agree on detailed contracts among the shareholders to specify who will do what in what circumstances and get what in return. This is made possible by the fact that when a corporation is created to hold the assets of a business, the residual control rights in connection with the various assets contributed are owned by the “artificial” legal person, not by any of the contracting parties – who would have ex post bargaining advantage in the absence of a separate legal person to own the assets and operate the business – for as long as the corporation exists. (2) Limited liability protects the investors in equity from the company’s misfortune. As a consequence, they can give up residual control rights to professional managers in a better position than them to manage the firm.
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See Jean-Philippe Robé New Foundations in the Theory of the Firm, forthcoming.
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(3) The strong legal personality of the corporation isolates its own assets from the shareholders and their misfortunes. The corporation’s legal personality therefore strongly partitions assets. Shareholders do not own the assets operated by the corporation and do not have access to them. The only ones having access to the corporation’s assets are the managers. (4) The corporation, as the owner or controller of strategic property rights used in the firm’s operation, is the contracting party purchasing the inputs required in the operation of the firm, selling the output and pocketing the difference. It may, for example, lease an office to install desks, chairs and computers to be in a position to hire employees who will produce a service distributed by a network of franchisees, etc. Each corporation is therefore at the center of the cluster of contracts with contributors of resources needed but not owned by the corporation, be they employees, financiers, landlords, etc. Firms are thus legally structured around corporations via semi autonomous clusters of contract allowing the exercise of power over a set of property rights. All the firms in the world are interconnected via the world wide web of contracts. Firms, as semi-autonomous power systems, have loose boundaries because the cluster of contracts connecting property rights over which they exercise their authority does not end abruptly like the limits of a State’s territory. In between, there are all sorts of arrangements, extending through time, in particular when the matching, both qualitative and quantitative of individual enterprise plans is necessary. This is the case, in particular, for certain suppliers of inputs and certain distributors of output. This is the case for joint-ventures. But at the core of any firm, there is a cluster of contracts allowing the exercise of economic power over the resources (including individuals) connected. Those in control of the corporations have power over the allocation of the property rights connected to the corporations via the clusters of contracts. One such cluster allows operating the firm called “Microsoft” (for example); and another one allows operating the firm called “Toyota”. The denial of the significance of the existence of firms has severe consequences. John Kenneth Galbraith goes as far as considering it a fraud to talk about a “market economy” while neglecting what he calls the “corporate system”: “Reference to a market system is … without meaning, erroneous, bland, benign. … No individual firm, no individual capitalist, is now thought to have power; that the market is subject to skilled and comprehensive management is unmentioned even in most economic teaching. Here is the fraud. Another name for the system does come persuasively to eye and ear: “the corporate system”. None can doubt that the modern corporation [Galbraith means the
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“firm”] is a dominant force in the present day economy … Nonetheless allusions to it are used with caution or not at all. … Better the benign reference to the market.” 5 To understand the significance of the firm and its mode of relationship with the rest of society (markets, other firms, political institutions, individuals, etc.), it is necessary to go beyond a superficial understanding of the notions of “contracts”, “property rights” and “corporations” which lie at its core. In this effort, not only do we have to take into account how these instruments allow firms to effectively operate in the social system. It is also necessary to go one step further and understand the position of these instruments in the overall system of regulation of society, and what has changed with their concentration within large global firms.
II. An effective method of understanding the global ordering of the economy is actually to start at the bottom. Each sovereign State – whether liberal or not – sees its authority limited at the border: by other sovereign States. But within its borders, the liberal sovereign States see its sovereignty effectively limited by holders of property rights. Of course, we have all learned from Bodin, Austin, Montesquieu, etc. not to confuse sovereignty and property, imperium and dominium. In a global world built on liberal principles, however, this is a taboo which is preventing a proper understanding of the world power system. The liberal system, which apparently strictly separates spheres of social life into public/private, political/economic, etc., has always been a comprehensive political system, from the ground to the top. Property rights are a part of what was supposed to be a coherent system in which property rights holders were to build society via contracts, with a limited residual role left for the Night Watchman State. An invisible hand was supposed to do most of the job. Things actually worked out differently with the surge of the large firm and the need to deal with the vast ancillary “externalities”; but to understand it, we have to take property rights seriously … We have to understand them as a decentralization of sovereignty. The definition of strong, supposedly “sacred” and “natural” property rights has been one of the instruments used to implement the movement from a holist to an individualist society. They were tools to increase individuals’ autonomy; means to move from a society of status to a society of free 5 John Kenneth Galbraith The Economics of Innocent Fraud – Truth for our Time, Houghton Mifflin Company, Boston NY (2004), at 7–9.
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contracting individuals. 6 Combined with the acknowledgement of freedom of contract, strong property rights allow the highest level of decentralization of decisions. But large corporations, by concentrating property rights via contracts, allowed building “private” firms, in fact, the constitution of private political and legal orders. The corporate governance debate – which has concentrated on issues in the governance of the public corporation – has almost totally ignored the more fundamental issue of the firm as a governance system. It is the firm, however, as an “organized economic activity”, which is the governance system, of a peculiar kind. It is due to the properties of the property rights it concentrates under a unified command through contracts executed with the owners of the property rights via corporations. Although firms have always been part of the constitutional system of allocation of power within liberal States, this was hardly apparent as long as firms were small and the economy was predominantly national. Firms’ political decisions and normative production could somehow be misunderstood or misinterpreted as “national”, in the same fashion that there are still people believing France exports wine and the United States softwares (of course, States or nations don’t export; corporations do, either through the market or through distribution contracts within their cluster of contracts). When analyzing a global economy, these shortcuts lead to errors in the reasoning which have dramatic consequences. Contracts. Each contract concluded is a part of the governance system of a liberal society. In liberal societies, there is a (usually constitutional) principle of freedom of contract: contracting parties are free to agree among themselves on the definition and content of obligations they will privately define and which then will be applicable to their relationship. Contracting parties are free to agree or not on an exchange. But once they have reached a binding agreement, they are bound by it and the State enforcement system (courts and police forces) may be triggered to force the respect of agreements freely entered into. A contract is therefore a serious thing. It is a manifestation of freedom; but once entered into, it is strongly binding. Its breach can lead to the use of public force, at the request of private parties. All contracts are thus inherently linked to the system of governance in our societies. This allows many things and, in particular, planning by the contracting parties. Regulatory constraints, which limit the contracting parties’ autonomy to regulate their own affairs, are only exceptions to the principle of freedom of contract. For example, as long as there is no regulation on working hours, an employer and an employee are free to “agree” that the employee will work 12 hours a day, 6 days a week for an agreed weekly consideration. It is only if a statute is constitutionally adopted to limit this “freedom” that they 6
Henry Stuart Maine Ancient Law, NuVision Publication LLC (2008, 1 st edition, 1861).
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will not be able to agree on a working week longer than – for example – 40 hours. Of course, irrespective of certain unreal theories, the content of agreements is heavily dependent on the allocation of property rights in society. It is easily observable that individuals with no property other than their right to lease their services rarely hire wealthy individuals to work for them. Because contracts are binding and those in control of property rights are in a better position to impose the terms of contracts on those devoid of property, many laws in effect are nothing but a reduction of the authority of property rights holders, by prohibiting certain contractual clauses (in my example, 12 hours of work per day 6 days a week). Contracting parties are still free, as a matter of example, to agree on the content of the agreement which will bind them. But there are norms creating, as an exception to this principle of freedom, limits to what they can agree on. Whether or not the State could interfere in this auto regulation of society has actually been a major constitutional issue, and many early “social laws” have been declared “unconstitutional” as excessive infringements of constitutional rights. 7 It was unconstitutional to move the frontier of the “public” into what was perceived as purely private matters, left to individuals’ sovereignty. But even in this “interventionist” scheme, in which there are limits to what can be agreed on, and therefore on what a party in a stronger bargaining position can impose on the other, the controllers of property rights still have the ability to contractually convert their authority over property into an authority over people. This ability may be reduced; it can’t be eliminated. It remains as a matter of principle. This is inherent to the liberal constitutional scheme, because of property rights’ properties. It is important to understand this because firms (as the organized activities deriving from nexuses of contracts centered on corporations) are major autonomous organizations built on the basis of the freedom of contracts originally contemplated to benefit the individual only. 8 Like individuals, they are not forced to contract with anyone. But unlike most individuals, they can now escape most regulatory environments and contract in territorial jurisdictions affording less protection to their contracting parties. Property rights. The contracts used to legally build the firm transfer the control over property rights to its corporate structure. Contrary to the common wisdom, a property right is not a right over a thing. It is more appropriate to understand a property right as a right against others in connection with an object of right (which is not necessarily a “thing”). Having a property See Lochner v. New York 198 U.S. 45 (1905): 102–3. As a matter of example, the U.S. Constitution was drafted in 1787, promulgated in 1789 and amended with the Bill of Rights in 1791. But it is in 1886 only that the U.S. Supreme Court asserted that corporations are “persons” within the meaning of the fourteenth amendment (Santa Clara County v. S. Pac. R.R., 118 U.S. 394 (1886)). 7 8
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right means having the decision making authority in principle in connection with the object of the property and having the possibility to trade it. A property right is not a bundle of rights, something finite. What are finite – although they change through time – are the restrictions on property rights. As rights against others in connection with their objects, property rights are part of the governance system of a liberal society. The owner may request judges to order bailiffs and police forces to protect his rights against violators. Property rights are a means to decentralize authority – an authority which may be supported by the use of official force. The content of what can be done with a property right is always dependent on the content of the rules of society, e.g. in liberal systems, first of all upon law. But the restrictions deriving from legal rules are the exceptions to a principle of free decision making with regards to the objects of the rights. Property rights are constitutional rights protected by fundamental norms at the roots of liberal legal orders. They are authority decentralized to its highest extent (originally, to the individual) to its highest degree (an unrestricted authority as a matter of principle). They give authority in principle, legal norms reducing the autonomy of decision making in connection with them being the exception. They are, in reality, a decentralization of sovereignty. And it is not possible to reverse this decentralization and remain within a liberal system. That property is a source of autonomy is also true, of course, for the property rights concentrated within firms via contracts and corporations: those in charge within the firm are legally entitled to be the decision makers in connection with the property rights the firm controls through its corporate structure, either because it owns them or via the contracts executed with contracting parties (other property rights holders). The only constraints the firm faces as a governance system are (a) the contractual constraints found in the various contracts transferring the control over the property rights and (b) the various constraints deriving from applicable laws, regulations or case law. Contracts and laws create constraints; but otherwise, those in charge of the firm management are the ultimate decision makers in connection with the concentrated property rights. This is always true. In all firms. Whatever their size. But when property rights are concentrated on a large scale, the great constitutional divisions of our society between public/private, power/property, and norm/contract simply do not work anymore. When concentrated, property rights give birth to deterritorialized powers – sovereign powers – agglomerating the autonomy granted by property rights. The institutional setting of our liberal societies has been put in place in a world totally different from ours. In a society where large firms did not exist, in a society in which there were almost no business corporations, freedom of contracts and absolute property rights were devices used to decentralize decision making authority to the highest extent to individuals. But these very same instruments – which were sup-
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posed to free the individual and give him autonomy from public power –, have been used to build large “private” organizations around corporations benefiting from legal personality (that mere “legal fiction” …). Those in control of large concentrations of property rights through contracts enjoy the degree of autonomy originally designed for the individual only – not to protect the autonomy of the holders of large private powers. The corporate revolution – now having led to globalization – is therefore an enormous challenge to our whole global system of allocation of jurisdiction over the Earth. It is based on the official constitutional structure of liberal States but led to a mode of operation of the global economy in total contradiction with it. The contradiction is all the more severe that a proper theory of the firm is lacking and corporations are misunderstood as the property of shareholders, the managers being the servants of these masters. Corporations. Corporations are at the center of the global constitutional revolution. At the time when liberal principles were enshrined in our sacred texts (the United States Constitution and its Amendments, the French déclaration des droits de l’homme et du citoyen, and the like), there was no business corporation to speak of. Their future importance, role and impact on society were not envisaged in the slightest way – how could they? In America, despite their great wisdom, the Founding Fathers did not contemplate them; and in Europe, there was a clear resistance against corporations (in Great Britain, the Bubble Act of 1720 forbade all joint-stock companies not authorized by an Act of Parliament. In France, all corporations were prohibited in 1791, in the aftermath of the 1789 French Revolution, by the décret Lagarde and the loi Le Chapelier, etc.). With the industrial revolution and the development of modern transportation, local clusters of contracts (firms) could technologically spread above State borders. Competition among firms led to a competition among States to supply firms with favorable legal norms. In corporate law, this translated into the well-known “race to the bottom” in the United States. The State of Delaware soon established for itself an improbable competitive advantage in the competition for the supply of flexible corporate law. In the course of a few decades, almost unlimited freedom of incorporation was available to structure firms. The United States were first in the race for a number of reasons, including an absence of historical resistance against corporations, an expanding and young economy making it necessary to facilitate the concentration of capital and virtually free trade within the United States territory. In Europe, it took more time for the corporate revolution to take momentum; it was first necessary to reverse decades of opposition to the creation of corporations and it is only in the wake of free trade treaties, towards the last third of the nineteenth century, that freedom of incorporation spread from one country to the next (1856 in England, 1867 in France, 1869 in Spain, 1870 in Germany, 1873 in Belgium, etc.).
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State competition, the corporate revolution and, of course, technological progresses have led to the development of large firms and to globalization. The process of globalization of the economy now translates into global competition. The States are now part of a competitive system of a new kind in which many States are commercializing their sovereignty via low regulation, low taxation, high bank secrecy, and so forth. 9 War is not the medium of this new competitive game; the production of rules favorable to firms is. We are witnessing the autopoiesis of a new constitutional system, in which firms are an essential component, in a very peculiar way. The development of modern corporate law has allowed developing firms to the gigantic organizations some of them are but without any legal recognition of their existence as such. The social organization which can be developed via the gigantic clusters of contracts connecting property rights used in production and distribution is the firm, but it has no legal existence. It is not a positive single legal concept. It is not a legal “entity”. In the classical view of governance, firms are equated with corporations, themselves treated as “property”, the shareholders being the “owners”. Managers are their agents. Management of the firm is then logically for the benefit of the “owners” only.10 Other interests are left either to fend for themselves via contracts or are to be defended via regulations adopted by the State. And although we live in a world of divided, competing States facing difficulties to adopt norms internalizing so-called “externalities”, the dominant ideology of corporate governance assumes a perfect functioning of the political system.11 This assumption is of course excessively bold in the face of a rapid devaluation of the States’ ability to influence economic outcomes. The widely accepted agency theory of the firm, and the (at times, disastrous) corporate governance principles deriving from it, is fundamentally wrong. It is based on significant errors in the legal analysis of what a firm really is in the world wide web of contracts: (1) Notwithstanding a widespread confusion, shareholders do not own firms and nor do they own corporations: they own shares issued by corporations. The notion of “share” is difficult to understand and easy to mischaracterize, which opens the door to ideological manipulation. But the shareholders enjoy the privileges of the owner only towards what they 9 See generally Ronen Palan Tax Havens and the Commercialization of State sovereignty, 56 International Organization, no 1, at 151–176 and Ronen Palan The Offshore World – Sovereign Markets, Virtual Places and Nomad Millionaires, Cornell U. Press (2003, 2006). 10 See generally Henry Hansmann & Reiner Kraakman The End of History for Corporate Law, 89 Georgetown Law Journal (2001) pp. 439–68. For these authors, “there is no longer any serious competitor to the view that corporate law should principally strive to increase longterm shareholder value”; at 439. 11 Jean Tirole The Theory of Corporate Finance, Princeton U. Press (2006), at 57–60.
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own: the shares; they don’t and can’t have these privileges towards the corporation having issued the shares. Shareholders do not own corporations or firms; no one does! There is no duality of the corporation as both “person” and “thing”.12 The corporation is a legal “person”; but it is not a “thing” which could be “owned”. The “things” owned are the shares issued by the corporation. Owning a share gives rights: a right to dividends; and the right to participate in shareholders assemblies and vote on rare decisions. These rights derive from the shareholders’ residual claimants’ position in firms’ constructions. But owning shares does not give title to the corporation or to a portion of the corporation. Owning 100 % of the shares is not akin to owning the corporation and owning one share is not being a “co-owner” of a corporation. A shareholder owning 15 of the 100 shares issued by a corporation does not own 15 % of each share: she owns 100 % of 15 shares and is totally autonomous in her decisions relating to her shares from the other shareholders. She is not co-exercising any rights. (2) The assets managed by the managers of the firm are not owned by the shareholders: they are owned by a separate legal entity, the corporation (or a group of corporations). The partitioning of the assets and liabilities deriving from the interposition of the corporation’s legal personality between the assets and the shareholders has very significant consequences: the shareholders’ assets are isolated from the corporation’s misfortunes by limited liability; equally, the corporation’s assets are isolated from the shareholders by its legal personality. In the normal course of business, the bundles of assets and liabilities owned by the shareholders, on the one hand and by the corporation, on the other, are totally separate thanks to the corporation’s strong form of legal personality. It is of paramount importance to understand the significance of the corporations’ legal personality in the operation of these organizations structured around clusters of contracts connecting property rights we call multinational firms. (3) In their role as managers of the corporation’s assets, the officers are the agents of the assets’ owner – the corporation itself. They are appointed by the board of directors but neither directors not officers are the shareholders’ agents because the shareholders own neither the firm nor the assets controlled by the managers via the firm’s corporate structure. (4) The managers – who are not owners – exercise power in the management of the firm. They are the only ones having access to the corporation’s assets. In their managerial role, they are not automatic machines concluding and enforcing perfect contracts in a perfectly regulated world 12 See Katsuhito Iwai Persons, Things and Corporations: The Corporate Personality Controversy and Comparative Corporate Governance, 47 Am. J. Comp. L. 583 (1999).
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internalizing all externalities. They make unilateral decisions thanks to the property rights controlled by the corporate structure which are having effects towards the firm’s constituents and its environment. As holders of powers, they have fiduciary duties towards those subject to the consequences of their unilateral actions. Shareholders are understood by all as being among the beneficiaries of fiduciary duties. Because the corporate managers, as a consequence of the authority they get under corporate law, manage the firm – the organization built via contracts transferring control over property rights to the corporations used to legally structure the firm – the managers’ fiduciary duties extend beyond those they have towards shareholders. It is the concept of fiduciary duty and not the concept of agency which has to be further researched and extended to broaden our understanding of the firm and the adequacy of corporate governance (or lack thereof) to society’s needs. An agency relationship is a pure private one in which the agent represents the principal in the sole principal’s interest. The agent owes a duty of obedience to the principal (which gives a further incentive to shareholders to misrepresent themselves as principals – owners). A fiduciary is in a totally different position. He is not a subordinate. He has a wide discretion to make decisions, but in furtherance of interests other than his own. All political officers are fiduciaries. Officers in large firms hold an office which clearly has more similarities with them than with heavily restricted and constrained agents. Global governance will never improve unless we understand firms along those lines and adapt firms’ governance to fit the needs and constraints of a global polity. This is not to say that understanding the functioning of a globalized polity based on divided competing States hosting multinational competing firms is easy. And addressing the systemic market, legal and political failures of this global polity is a titanic task. I merely claim that the effort is hopeless with a false economic and legal theory of the firm whereas global firms are at the origin of many of the issues raised by globalization.13 A revision of the theory of the firm explaining its existence as the result of a nexus of contracts connecting property rights holders, and leading to the creation of an unofficial political and legal order is available and can be further developed. But to do so, social scientists must abandon their ideological understanding of liberal society as a market society. 13 Today even more than fifty years ago, “what we need among other things is a twentieth [make that twenty-first] century Hobbes or Locke to bring some order into our thinking about the corporation and its role in society”; in: E.S. Mason (ed), The Corporation in Modern Society, Cambridge, Harvard U. Press (1959), at 19. See also Adolf A. Berle, Jr. Power Without Property – A New Development in American Political Economy, Hartcourt, Brace and company, NY (1959), at 23.
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Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change Inger- Johanne Sand
“The latin word hybrid or hibrida, a hybrid or mongrel, is commonly derived from Greek ibris, an insult or outrage, with special reference to lust, hence, an outrage on nature, a mongrel” 1
Introduction* Modern societies consist of communication, continuously being differentiated in its forms, distinctions and semantics. Communicative differentiation, based on self-reference and distinctions, with no specific direction is then the basic form of how modern society evolves. 2 Niklas Luhmann maintained that the core function of law is the production and stabilization of counterfactual/normative expectations in specific institutionalized forms.3 Normative expectations have the effect of socially integrating relations in society. In line with this functionality Luhmann maintains conditional programs as the main programs of law, whereas purposive programs go beyond the rationality of law. They are too uncertain. 4 Beyond this he does not propose classifications of the forms of law. The openness of the positivity of law and the development and degrees of differentiation of late modern society do however constitute challenges to Luhmann’s restrictive view on legal programs. 5 It seems that law can no longer escape the complex and ever changing scenery of modern society. 1 * I am indebted to Asmund W. Born for long discussions on this theme and valuable comments. 1 The quotation is from Encyclopaedia Britannica; here quoted from “Notes On the Etymology of Hybrid (Lat. Hybrida) by Minton Warren in The American Journal of Philology, vol 5, No 4 (1884) pp. 501–502; published by: The Johns Hopkins University Press. http://www.jstor.org/stable/287370. All subsequent quotes on the etymology of Hybrid are from the same source. 2 Niklas Luhmann “Soziale Systeme”, Frankfurt: Suhrkamp, 1984, ch.1. 3 Niklas Luhmann “Das Recht der Gesellschaft”, Frankfurt: Suhrkamp, 1993, p.131 et seq. 4 Niklas Luhmann ibid., p.195–204. 5 Niklas Luhmann ibid., p.512–515, 554–556.
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Highly specialized function systems and technologies interact and interdepend in complex ways while continuously changing and oscillating. The reliance on continuously new knowledge and technologies, with an intensive reflexivity and with interaction between highly specialized communications, implies a future orientation rather than past reflection on experience, and changeability and unpredictability rather than stability and control. With a consistent future orientation, experimental technologies, continuous learning processes and reflexivity as vital social dynamics predictability and normative expectations may be difficult to sustain in their present formations. 6 The conceptual and epistemological structure of law is thus challenged and also the forms of rationality often presumed to be part of law, even the function of law. Gunther Teubner and many others have however pursued the question of the evolution of law and discussed new forms and programs with regard to the social transformations which law inevitably is part of in an increasingly socially differentiated society. 7 Departing from the categories of formal, material, procedural and reflexive law both Teubner and others have suggested the concept of hybridity when confronted with some of the recent developments in law where the established legal concepts seem to have met their boundaries or end up in obvious contradictions or paradoxes. Networks, social contracts, expertise contracts, societal constitutionalism, soft law, risk regulation, ecological law, corporate social responsibility etc., are examples of new communicative constructs which have been characterized as hybrids or hybrid law because they are applied in legal contexts and at the same time seem to escape categorization under existing legal concepts. 8 It is also 6 Niklas Luhmann “Modern Sciences and Phenomenology” in “Theories of Distinctions”, ed. William Rasch, Stanford: Stanford University Press, 2002, p.34–37. 7 Gunther Teubner “Reflexives Recht”, Archiv für Recht- und Sozialphilosophie, vol. LXVIII , no.1, 1982, p.13 et seq; Philippe Nonet and Philip Selznick “Law and Society in Transition”, New York: Harper and Row, 1978; Duncan Kennedy “Three Globalizations of Law and Legal Thought: 1850 – 2000”, in ”The New Law and Legal Devlopment”, eds. David Trubek and Alvaro Santos, Cambridge: Cambridge University Press, 2006; Rudolf Wiethölter “Materialization and Proceduralization in Modern Law”, and Helmuth Willke “Three Types of Legal Structure: The Conditional, the Purposive and the Relational Program”, both in “Dilemmas of Law in the Welfare State”, ed. Gunther Teubner, Berlin: de Gruyter, 1986; Helmuth Willke “Die Ironie des Staates”, Frankfurt: Suhrkamp, 1992. 8 Gunther Teubner “Double Bind: Hybrid Arrangements as De-Paradoxifiers”, in Journal of Institutional and Theoretical Economics, vol.152, 1996; “Hybrid Laws: Constitutionalizing Private Governance Networks”, in “Legality and Community”, eds. Robert Kagan, Martin Krygier, Kenneth Winston, Berkeley: Public Press, 2002; “Coincidentia Oppositorum: Hybrid Networks Beyond Contract and Organization”, Storrs Lectures, Yale, 2003/4; “In the Blind spot. The Hybridization of Contracting”, in Theoretical Inquiries in Law, 2006; “Societal Constitutionalism”, in “Transnational Governance and Constitutionalism”, eds. Christian Joerges, Inger-Johanne Sand, Gunther Teubner, Oxford: Hart, 2004; Inger-Johanne Sand “Polycontextuality as an Alternative to Constitu-
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hinted that some of the mentioned examples defy dominating legal categories or binaries such as public/private, rule-of-law, predictability etc. Instead, these new constructs are described in terms of being ambiguous, polyvalent, polycontextual and even paradoxical scenarios. They point to different forms of normativity and legality. They could also be described as analytic borderlands, leaving open the questions of forms of normativity and legality. 9 In the following I will contribute to a further analysis of the concept of hybridity when applied in relation to law. I have no doubt that the concept of hybridity is productive when applied in the analysis of specific social interactions and operations, where it directs our attention towards ambiguities and complex situations which we have problems defining and conceptualizing. I will however also ask the question of whether the examples of hybrid law may not point to a broader tendency in the evolution of law, where hybridity may be a productive category more generally in law. The ambition is not to create a new conceptual heaven of hybrid law, but to focus on three questions directed towards the field of legal self-description. First: do the present categories of law represent the actual and practiced forms of law adequately? Second: do – what is here labeled as – hybrid interactions display some common (diagrammatic) characteristics challenging the categories of legal self description? Third, and most importantly: what are the performative consequences of meeting these challenges through the concept of hybrid on the level of reflexive self-description in the legal system? The point of departure is that the concept of hybridity has a potential as an observation tool due to its immanent critique of well accepted truths and its references to ambiguities within legal systemic observation. As a tool for legal self-description of the legal system hybridity hardly meets systems theory’s requirements.10 On the other hand it might carry the seeds for a new type of self-description in law, in which the very societal volatility and many forms of differentiation are reflected on the reflexive level of law.
tionalism”, also in “Transnational Governance and Constitutionalism”, Oxford: Hart, 2004. 9 Saskia Sassen ”Territories, Authorities, Rights. From Medieval to Global Assemblages”, Princeton: Princeton University Press, 2006, p.222 et seq and 380. 10 See the various discussions on this in Niklas Luhmann ibid., 1993, ch.3, 11 and 12.
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Hybridity and more “The English dictionaries give the same derivation [of hybrid] with more or less confidence.”
Hybrids are defined as “the combination of both sides of a difference” or as the combination of being and not being something.11 It is a combination of a contradictory difference, marked not by either/or, but by both-and. It is this both-and that will guide the search for new tendencies in law and society, thus going beyond the more formal definition of hybrids. Networks have been mentioned in several connections as examples of hybrid law: “Network is not a legal concept”.12 Teubner discusses it partly as a hybrid between contract and organization, and partly as a hybrid between law and non-law. A contract may be limited and short-lived. It allows for flexibility in the cooperation between parties. An organization is usually rather characterized by long term commitments and inflexible. Networks may be defined as an obligation to cooperate and to enter into contracts over time, but without reference to specifically binding obligations. Networks may be said to oscillate between the legal and the non-legal. The obligation to cooperate may be meant as binding, but primarily in a social and symbolic sense. Networks are thus meta-contracts about cooperation where the legally binding cooperation must be agreed upon in every subsequent contract. Networks regulated by contracts are typically characterized by being open to continuous negotiation and ambiguous as to the more exact nature of cooperation. Networks position themselves between law and non-law, profiting from the symbolic association with law, but without inflexible legally formalized positions. Networks are functional regulations and provide coordination between partners in continuously learning processes as well as institutional responses to social change. The practical relevance and success of network-contracts is beyond doubt. Their legal status remains ambiguous. They are legal and non-legal at the same time and may then contribute to a whole new type of short time and more volatile social processes. Networks have also been used to characterize the new forms of cooperation among sovereign states, “government networks”, in a global world with an increasing need of cooperation and mutual obligations, but also with a need to avoid international bureaucratic hierarchies.13 Hybrid concepts or references emerge in the new world of international law and its combinations of international and national law, hard law and soft law, and its new constellations of politics, law, economics and science: governance, Gunther Teubner ibid., 2006, p.10. Gunther Teubner ibid., 2003/4, p.1. 13 Anne-Marie Slaughter “A New World Order”, Princeton: Princeton University Press, 2004. 11 12
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multi-level, transnational, mutual recognition, global, analytic borderlands, postnational international constitutionalism etc.14 Social contracts represent a slightly different type of hybridity. Here contracts are used for contradictory purposes: the freedom of the parties to enter into the contracts and the inclusion of the force of public law, behind the curtain of freedom. The symbolic sense of freedom and voluntary participation in a contract is used to “sugar the pill” of the use of public authority. The mutuality of it becomes blurred or re-defined as multi-dimensional mutuality. The various forms of public/private partnerships and cooperation have come so far that we often do not react to even quite obvious contradictory forms. Social contracts illustrate the pluralization of the use of contracts. Soft law is another example for attempts to combine law and non-law.15 It is directed at the use of new texts and new concepts where there seems to be an ambiguity in relations to the legal, and where “hard law” rules still have not been defined. The usage of the concepts of sustainability and precaution may, at least in many instances, be examples of this.16 When sustainability is mentioned in the preamble of the WTO treaties, and not duly supported with operative articles in the treaty itself, it remains unclear what the legal contents and consequences should be. Sustainability is an example of a political and social purpose about which there is some basic kind of consensus, but its legal application and operability still is often unclear and contested.17 It is exemplary for many forms of soft law which are agreed to be transferred into law. The means, however, are contested. It also exemplifies how ambiguous concepts become part of the legal language even if they do not meet its usual standards of clarity. There is a need to introduce new con14 The list of references could be endless, some examples are: J.H.H.Weiler “The Constitution of Europe”, Cambridge: Cambridge University Press, 1999; Christian Joerges/ Ellen Vos eds., “ EU Committees: Social Regulation, Law and Politics”, Oxford: Hart, 1999; Kenneth W. Abbott/Robert O. Keohane/Andrew Moravcsik/Anne-Marie Slaughter/Duncan Snidal “The Concept of Legalization”, in International Organization, vol.54, no.3, 2000, p.401; Christian Joerges/Inger-Johanne Sand/Gunther Teubner eds., “Transnational Governance and Constitutionalism”, Oxford: Hart, 2004; Anne-Marie Slaughter ibid., 2004; Charles Sabe/Oliver Gerstenberg “Directly – Deliberative Polyarchy: An Institutional Ideal for Europe” manuscript, 2000; Andreas Fischer-Lescano “Globalverfassung: Verfassung der Weltgesellschaft” in Archiv für Recht- und Sozialphilosophie, 2002, p.340–378; David Held “A Global Covenant”, London: Polity Press, 2005; Kalypso Nicolaidis/Gregory Shaffer “Transnational Mutual Recognition Regimes: Governance without Global Government” in Law and Contemporary Problems, vol.68, 2005, p.263. 15 David M. Trubek/Patrick Cottrell/Mark Nance ”Soft Law”, “Hard Law” and European Integration: Toward a Theory of Hybridity”, Jean Monnet Working Paper, no.2, NYU , New York, 2005. 16 Patricia Birnie/Alan Boyle “International Law and the Environment”, Oxford: Oxford University Press, 2002, p.26 et seq. 17 Patricia Birnie/Alan Boyle, ibid., 2002.
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cepts or principles even if their more exact implementation remains unclear. The concept of soft law has been produced by both public and private law in formulating more or less specific guidelines, but with an unclear legal status. There seems to be no doubt about its practical relevance, but it may also be an open invitation to an unresolved and suppressing ambiguity where the concept remains symbolic. Combinations of public and private law, for example public-private partnerships, social contracts, social corporate responsibility and public corporations may be examples of this. The conflict between public authority and private autonomy can not be eradicated by rhetoric. The intertwining of different legal forms and of practical rationalities is also found in public legislation and regulation where the semantics of legal texts rely heavily on or become parasitic to the semantics of other function systems. The texts of legal regulations may contain references not only to political purposes, but also to scientific and economic concepts and rationalities. The same texts and concepts may oscillate between political, legal, economic, and scientific meanings and semantics. This may create close structural couplings between the different communicative systems and also legal hybrids. There may be legal semantics or texts with the use of concepts emanating from other rationalities and applied very closely to their meanings. Texts may then appear as hybrids between law and science, or law and economics etc. In international trade law and in competition law there are references to the semantics of liberal economics referring to the market as the decisive standard in law. There are also references to the concept of “scientific evidence” as a standard for the question whether social values, health protection, or environmental issues are deemed necessary and proportionate or seen as obstacles to free trade. The semantics of science or economics or other function systems may be so dominant that they are applied directly and apparently without any modification in the legal texts. The close structural couplings between law, politics, science, and economics challenge the previous models of how function systems work and relate to each other. The implication of this may be that the legal system may slide from normative to cognitive expectations. The difference between the counterfactual and the factual may tend to be obscured. Legal regulation of new technologies with potential and comprehensive risks, such as bio- and genetic technologies, are examples of legal regulation moving from securing predictability and rule-of-law to being part of a regulatory regime where there are systematic factual uncertainties and unpredictability in the field to be regulated. Legal regulation may then be used to avoid some risks, but by enabling the application of the technologies, they may also enable other risks due to unavoidable consequences of experimental and partly unpredictable technologies. Legal predictability may appear as a too difficult and ambiguous concept to be applied in areas of systematic and
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comprehensive factual unpredictability. Legal semantics will emerge very close to the social and political discourses of the field. Legal regulations may then appear more as structural couplings between law, politics, economic, and science, and thus as a hybrid form of regulation where other rationalities may dominate parts of the production of meaning in the process.
The emergence of hybridity Skeat adds, “ The Greek origin of the Latin word is somewhat doubtful.”
If it is acceptable to characterize the examples given above as hybridity in some sense, hybridity is not only significant to particularly paradoxical situations. It also points to a more general tendency of change in the forms, the semantics and even in the function of law. These are part of changes which are not particular to law, but are also part of more general changes in society and in the self-description of society. In the following it will be argued that the term hybridity may be useful in the processes of description and selfdescriptions of these changes as it points to ambiguities, polyvalence, transition, and contradictory situations. It is thus well suited for us to reflect more closely on situations of transitional change and of situations we have difficulty in defining. A vast variety of legal concepts, forms of contracts, organizations, legislation, mediation etc., seem to contradict classical legal categorizations by being more open, fluid and paradoxical than the legal proprium usually would demand. Current modernity seems to be characterized by the expansion of most social function systems to an increasing number of areas and social themes. At the same time social communication is increasingly differentiated and specialized.18 Highly specialized communication in the different social functions may at one and the same time stabilize and destabilize social processes and self-descriptions. Internally the systems may become highly differentiated and stabilized. Externally, on the societal level and between function systems, the degree of differentiation and specialization within the various systems may create extreme forms of hyper-complexity and unbridgeable gaps between the systems and thus destabilize communication. Returning to the general changes in the conditions of social communication which legal communications are part of, we may focus on three operating dimensions of communication: the time, the social and the object dimensions, and how they are affected by the changing conditions in ways which are also relevant for law. 18 Gunther Teubner ”The King’s Many Bodies”, Law and Society Review, vol.31, no.4, 1997, p.763–787, see p.778.
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Most important are probably the changes in the temporal modality from past/present through present/future to future’s present.19 Society today is increasingly based on new knowledge and technologies which are also continuously reconsidered and reflected on in the light of new experience and knowledge. Society has become fully reflexive: “Reflexivity subverts reason”. 20 Past practices and norms will not be sufficient, even for law. Luhmann writes in his Husserl lecture on how economic, ecological and scientific problems partly are heavily intertwined and partly have become exceedingly complex so that their future paths are increasingly unpredictable. 21 Sciences and politics are increasingly self-reflexive. Legal regulation is often necessary and vital for its application in society. Its continuous and intensive self-reflexivity is then part of the conditions of law. This may imply closer organizational and institutional links between semantics and operations of different systems, cfr. above. Normative expectations and their relative stability will still be needed, but they will have to adapt to or be part of increasingly changing and destabilized social communications. The relations between normative and cognitive expectations may become extremely close. The legal semantics will also increasingly refer to political, economic, scientific and other social semantics. 22 Learning processes are used in stead of “blind” norms. Hybridity may be a way of describing situations with close relations between normative and cognitive expectations where the specific function of the normative is challenged. Changes in the modality of the temporal in society and in law do, however, not seem to reduce the relevance of law. Legal norms and regulations have expanded into most areas of society, and they seem to have become increasingly vital parts of the social infrastructure. Predictability is, however, increasingly linked to topical knowledge of current social practices, not to formal principles and general norms. The social dimensions of communication have changed towards an increasingly polycontextual, heterarchical and multi-dimensional society. In a functionally differentiated society the different functions produce different semantics and different contexts. The hierarchy of the state and the focal point of the state in society is challenged in favour of more heterarchical structures with a multitude of institutions, organizations and actors. 23 The 19 Niklas Luhmann “Risiko und Gefahr”, in “Soziologische Aufklärung 5”, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1990. 20 Niklas Luhmann ibid., 1993, ch.11, p.519–522; “The Modern Sciences and Phenomenology” in “Theories of Distinction”, ed. Michael Rasch, Stanford: Stanford University Press, 2002, p.34–36; Anthony Giddens “The Reflexivity of Modernity” in “Consequences of Modernity”, Stanford: Stanford University Press, 1990, p.36–45. 21 Niklas Luhmann ibid., 2002. 22 Gunther Teubner ibid., 2002/03, p.5. 23 See references in footnote 14 above.
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public/private divide is duly influenced by this and supplemented by a variety of combinations and interactions between the two sides of the distinction. The focal point of the nation-state has further been replaced in international society by the combination of the global, transnational and international, where also both public and private actors participate. The social dimension is then increasingly characterized by a multitude of organizations and actors relating to each other in different and changing contexts. On the macro level there may be many competing regulatory organizations (local, national, private, NGOs , EU , UN or the WTO ). On the micro level networks provide the context and the social reference for connections and legal validity, ad hoc and case oriented or long term and field oriented, be they first order or hypercyclic. The third and object-oriented dimension of the semantics of legal regulation and of the forms of argumentation is duly influenced by the two former. Social reflexivity and multiple contexts and actors imply equivalently multiple perspectives on the object dimension. There is no privileged point of observation, not even for law. There are competing courts and legislators who will have their different contexts and without any clear formal legal order between them. 24 The law/fact divide may be observed from many different points in the same cases and conflicts. These contexts are, however, not necessarily institutionally separated. They interact. Concepts and semantics are used beyond their boundaries and original contexts of meaning. The dynamic interaction between the different contexts and their self-descriptions may lead to situations of combinations of differences and of hybridity. The general changes in the conditions of communication with an increased future-orientation, reflexively changing technologies, polycontextuality, a variety of actors and perspectives imply that the law operates in a different society, on some qualitative points, since classical legal positivism with formal law and the welfare state law emerged. There is more social instability. There is a variety of legal, political and economic actors. Teubner has written that the main tasks of law have changed from controlling the state as a repressive political power to regulating and disciplining a variety of complex and new technologies and thus a variety of forms of social power. 25 The factual side of law has become much more complex and thus also the evaluations of the forms of power exerted and the decisions on what predictability and proportionality may be in specific cases. The closer and more intricate relations between law and the factual areas it regulates may chal24 Gunther Teubner ibid., 2004; Inger-Johanne Sand ibid., 2004. Martti Koskenniemi “Global Legal Pluralism: Multiple Regimes and Multiple Modes of Thought”, manuscript, Harvard, 2005. 25 Gunther Teubner ibid., 2004.
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lenge the possibilities of predictability and autonomy, and may draw law towards more hybrid constructions where the function of law is challenged. Legal norms applying semantics of other social systems may combine social semantics and predictability within a legal form, and at the same time retaining a third position oscillating between the normative and cognitive expectations. Hybridity may here be used to irritate and raise questions to both the self-description within the legal system itself and to external descriptions.
The self-description of law under pressure “. . ( ) . . . the Romans understood under hybrida, strictly
speaking, the progeny of a wild boar and a sow.” Law emerges from its own self-referential self-descriptions. Partly law is observing itself continuously as a part of the ongoing legal operations. 26 Here the consistency between the different legal operations is created on a first order level. Secondly, there is the self-description of the legal system where it describes and constructs itself, still in internal operations, but as a presentation of the unity of the system within the system with concepts and classifications. The categories of formal, material, procedural and reflexive law may be examples for this. The self-description is a reflection within the system to be used as premises for further communications within the system. Concepts and classifications may be vital for the further emergence and for the unity of the system. The categorization of legal forms is a major element in legal self-description, and our question is whether there is in fact a new self-description under way, implicitly, and whether there is then a need for new categories. Even if self-descriptions are results of internal processes, they are also influenced by the regulatory tasks which are given to law as other social and communicative processes evolve. External irritations may contribute to new categories of self-description. Risk technologies, global trade, networks, public/private cooperations etc., have recently challenged legal self-description. Formal and material law are well known internal categories, applied in many taxonomies of legal form and legal rationalities in “classical legal positivism”. 27 They include the classical conditional programs and the early ages of the substantive and more purposive programs of the various stages of welfare societies. Formal law uses the conditional form. It presumes that the legal norms contain sufficient text for the application of the norms to be preNiklas Luhmann ibid., 1993, p.497–503. Teubner “Reflexives Recht”, 1982; Nonet/Selznick ibid., 1978; Duncan Kennedy, ibid., 2003; Kaarlo Tuori “Classical Legal Positivism”, Aldershot: Ashgate, 2004. 26 27
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dictable and according to rule-of-law. Formal law also presumes a relative stability concerning the relations between law and its factual references. Material law in the welfare state era with its purposes and use of goal-oriented concepts opens law up to a much more dynamic relation between law and its facts. The concepts and references used link law directly to other social processes. Purposes like “environmental protection”, “fair competition”, “sound working environment” etc., will have to be interpreted according to their status and content at the given moment, but they clearly refer to dynamic processes. Law thus becomes much more directly involved in social processes and is at the same time given the possibility of intervening in them. Much of the welfare state legislation and its use of standards and purposes does however presume some kind of stability between law and fact. It is known that social purposes are changeable, but not to the degree of a continuous social reflexivity which Giddens, Luhmann and others later have thematized. 28 The polycontextuality of law is also not or very insufficiently thematized under the “classical” period of welfare state law in Europe in the 1960s. Many of the dimensions or preconditions of law mentioned in the above: – a relative law – fact stability, a classical public/private law divide, a more limited number of contexts and legal actors and a notion of cultural and social consensus etc., are all challenged by the dynamics of a differentiated and global society. Reflexive law was proposed by Teubner as a new form and rationality of law and as a response to how law could deal with the increasing complexity of its environment and the many demands on the effectiveness of law. The idea of reflexive law was to accept the operative and necessary autonomy of law in relation to other communicative function systems, and to create links between the systems by second order communication, by procedures and by organizational couplings. 29 The focus was directed towards the internal reflexive mechanisms of the systems involved, and on how these could be designed in order to coordinate between external and internal dynamics. Self-regulation and procedural design were seen as possible tools to deal with the lacking effectiveness and adequacy of substantive and purposive legal programs and to improve the qualities of reflection between the systems. By realizing the very specific forms of self-reference, rationality and highly and increasingly developed differentiation and specialization of the various social systems of late modernity it was accepted that more indirect tools of coordination between them were needed. The ideas of reflexive law triggered new ways of conceiving law, internally as well as in its relation to society. First, self-reference was identified as the vital dynamic of a social system. New information must be elaborated and trans28 29
Anthony Giddens ibid., 1990; Niklas Luhmann ibid., 1993, p.505–522. Gunther Teubner ibid., 1982.
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formed within the system. Secondly, there was a focus on the internal reflexive learning processes of the systems and on their polycentricity and complexity. Third, procedural regulations and organizational designs were proposed as indirect forms of regulation between the different social areas and purposes. Implicit in the programs of reflexive law is an admission of a greater complexity both in each function or organization system and in the landscape to be regulated, with consequences for the self-description of law and for forms of regulation applied. Several tendencies in the recent evolution of law do, however, not seem to be sufficiently described by the forms of formal, material and reflexive law, or the conditional and purposive programs. They even challenge the production and stabilization of normative expectations as basic functions of law. Hybridity has thus been brought forward more as a mode of challenging and questioning existing legal categories and presumptions of legal thinking than as a new category of law. Hybridity is a transitory and a boundary concept, but well suited to address situations at a certain stage. Hybridity, ambiguity and polyvalence may also have a longer lasting place in legal and in other semantics due to the social changes discussed above of more intensive forms of complexity and continuous change. Hybridity does, however, as a concept function quite differently on the three levels of communication: self-observation on the first order, self-description on the second order, and external descriptions. On the first order level of the given examples hybridity also seems to indicate a disruption of what was to be expected. We do not find one of the well known forms, but then what do we find? Hardly hybrid law as a mongrel of tame sow and wild boar or a mongrel of formal law and reflexive experimentalism. Nor is there a new recognizable third. What we find and label is the obscure haze of argumentations which may form a new third. As a first order connector the concept of hybrid even has the productive courtesy to leave the multitude and variety of structural couplings, what Luhmann labels the “countless direct and indirect structural couplings” in peace. With hybrid the observer accepts that interaction involves structural couplings in the legal, the political, the economic or any other system, and even in organizational systems with their own and temporary constitutional conditions. Applied in observation of first order phenomena hybrid thus pursues the unpolluted unity (of systems) at the same time as it accepts the mongrels on the operational level. With the concept of hybridity we even accept that counter factual expectations (norms) are manyfold, incompatible, and even contradictory. Thus hybridity provides ample ground for local practices, willingness to learn, temporary constitutions, flexibility and dynamic development, and, last but not least, connectivity through hybridity provides a permanent challenge to the legal self description.
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What then are the performative implications when applied on the level of self description, where hybrid law should designate a new type of law? It is difficult to see a meaningful function, if the concept shall fulfill the function forwarded by Luhmann, where self-description performs the “presentation of the unity, function and autonomy and also the indifference of the legal system”. 30 According to Luhmann this is a creative presentation making new operations and development possible at the same time as it provides a paradox-stopper in the form of autological communication, e.g. legal communication about the legal system on the basis of the rules for legal communication within the legal system. And hybridity certainly has a problem here, as self-descriptive communication operates through reentry of the very difference between system and environment in the system itself in order to define valid argumentation. With hybridity as guideline this would imply reentry of a system/environment distinction the main characteristic of which is its opaque, temporary, polysemic, polyvalent, and oscillating nature. This would be in strict opposition to Luhmann’s restrictive ideas of legal abstention. It would on the other hand be in accordance with the general ironic attitude of Luhmann’s oeuvre. Then self-description is no longer the provider of jurisprudential comfort, but the source of challenges and irritations from legal theory in the learning processes of the legal system. It might even be the functional answer to Luhmann’s wish for observation of the risk connected to legal solutions on the level of self-descriptions.31 If this kind of selfobservation is to be integrated into a legal system with dynamic and volatile environments, it is necessary to establish an internal “outside” from where to evaluate risk at the same time as it remains impossible to generalize the calculative formulas.
The necessity of an external observation of law: How to convey and apply external observations in the programs of the systems In his discussions on the evolution of law Luhmann seems to be ambiguous towards the relation of law to increasing dynamics of society and the relevance of an increasing future orientation and of more uncertain conditions. He maintains that on the level of self-description the programs of the legal system are always conditional programs in order to secure sufficient linkage and stability between the self-reference of law and its external (factual) references. 32 The function of law is and can only be the production and 30 31 32
Niklas Luhmann ibid., 1993, p.499. Nikals Luhmann ibid., 1993, p.558–562. Niklas Luhmann ibid., 1993, p.195–200.
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stabilization of normative (counterfactual) expectations. Purpose-oriented programs can not sufficiently ensure the stability between law and facts. 33 Luhmann has even been quite direct and consequent in his criticism of many of the comprehensive and ambitious regimes of welfare state law, claiming that they would go beyond the function of counterfactually stabilized expectations, and that they should rather be seen as politics. Observing law from the outside however Luhmann emphasizes that the forms and even the relative function of law may be challenged by the complex and contingent processes of differentiation, by the changes in the temporal mode and the interaction between the different function systems. 34 Law has expanded to most areas of society and emerges often as extremely specialized semantics. Structural and institutional couplings between law, politics, science, economics etc., are applied to link the different specialized semantics, and there will be a high degree of complexity and contingency in the interaction between the systems. Luhmann accepts that in a society which increasingly sees itself as the cause of what was previously accepted as fate, the expectations directed to law will change, and will become increasingly reflexive on itself and continuously in change in relation to both itself and its environment. 35 Both legal change and the legitimacy of law have become continuously reflexive in a way which implies that uncertainty and change have become vital elements in the dynamics of law. The increased focus on social differentiation, reflexivity and change as modalities implies an increased social instability and the use of institutional couplings to link the different communicative systems. If change, constant reflexivity and uncertainty are the conditions of law today then the legal function of stabilizing normative expectations is at least modified. In other words: normative predictability will function in a different way or under different conditions. When the context becomes unstable and fluid, this has consequences for the function and the forms of law. This may lead to a change in the forms and function of law from a focus on stabilizing material norms to creating, reproducing and changing procedural and organizational structures for the various tasks of society. Law has become an increasingly active part in social change relating closer to cognitive expectations more than securing normative stability. The relations between cognitive and normative expectations are in play because of the increased ability of society to learn from its experiences. 36 The latter has, however, not made normative structures obsolete or unnecessary. The complexity of functionally differentiated societies seems to produce rather than reduce the Niklas Luhmann ibid., 1993, p.196. Niklas Luhmann ibid., 1993, p.555 et seq; ibid.,1990; “Risk: A Sociological Theory”, Berlin: de Gruyter, 1992, p.145 et seq; ibid, 2002, p.34–36. 35 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.558 et seq. 36 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.555. 33 34
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relative significance of norms and normative procedures, standards and organizations. Reflexivity and change have increasingly and intensively become core parts of legal argumentation and rationality. Teubner makes, on the other hand, a more radical attempt to include the insights from the external description of law and of society in his proposal for a self-description of law. He is, more than Luhmann was, willing to identify new forms of law, also hybrid law, as parts of the self-description of law. He is more active in the processes of the self-description of law. He does not only observe it. He wants to participate in conceptual and organizational design, and he wants to include terms of ambiguity, polyvalence and hybridity in the self-description of law. He analyzes existing legal hybrids such as networks, social contracts, expertise contracts, societal constitutionalism, private governance networks etc., and he includes them in law, not outside. 37 Networks, social contracts etc are referred to as law and non-law at the same time. They are referred to as transcending or challenging the legal qualities of certainty, de-limitation, public-or-private, predictability etc. Teubner asks for a more sociological jurisprudence as a third way of the self-description of law, in addition to the judicial and the legislative construction. Reflexive social practices are proposed as an increasingly relevant context for identifying legal change. 38 Teubner points to a crucial aspect of the evolution of modern law which shifted its focus from primarily regulating the relations between the state and the citizen to disciplining and regulating a great variety of technologies. This implies the emergence of a great variety of authoritative actors and institutions as well as a multitude of perspectives. Social relations become more complex and heterarchical than they were conceived of in the public/private divide era. 39 Hybridity has in the above been put forward as a productive tool for questioning and challenging the self-observation, self-description and external descriptions of law in a highly differentiated, reflexive and changing society. This has been motivated by the increasing number of hybrid concepts also applied in law, by the use of boundary institutions and by the challenges towards vital principles or qualities of the function and the forms of law, such as predictability, the rule-of-law, stability of facts, limitation of facts, possibilities of justice etc. Both law and politics are deeply affected in their forms and operations of increasingly differentiated and specialized semantics of the other systems and of an increasingly intense reflexivity. 40 The temporal change towards the future and the intensity of change makes the 37 See references in footnote 8. See also Gunther Teubner ”Dealing with Paradoxes of Law: Derrida, Luhmann, Wiethölter”, in “On Paradoxes and Inconsistencies in Law”, eds. Oren Perez and Gunther Teubner, Oxford: Hart, 2006. 38 Gunther Teubner ibid., 2003/4. 39 Gunther Teubner ibid., 2004. 40 Niklas Luhmann ibid., 1992, p.145, 165–167.
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production of meaning more fluid and instable. The degrees of specialization and differentiation imply that law and politics become increasingly dependent on the semantics of the specialized areas they regulate. They use and lean on each other in attempts to create sufficient communicative stability. Many of the traditional and vital qualities of modern law are challenged or changed in ways which makes it more uncertain whether or how legal norms really perform and function. Law, normative expectations and legal institutions are however increasingly vital and significant in the modernity we live in. In this paradoxical situation boundary concepts, ambiguous concepts, polyvalence and hybrid concepts may be applied to question and challenge the institutions, processes and concepts of law. Hybridity brings with it a more comprehensive acceptance of the complexity, fluidity and uncertainty of society and of its legal regulation, but without the answers to situations which are transitional and difficult to define. Also Luhmann remarked that “the law of modern society must make do without a certain future”. 41 The most significant changes of law currently are probably found in its conditions and contexts. The democratically constituted political discourse is troubled by the dynamics of globalization. Teubner thus defines the most fundamental social conditions of the world today as “the double fragmentation of cultural polycentrism and functional differentiation”. 42 The complexity, the fluidity, and multi-perspectivism of this must slowly be built into law and its concepts of self-description. Hybridity, ambiguity and polycontextuality must probably be part of those processes of instability and change.
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Niklas Luhmann ibid., 1993, p.558. Gunther Teubner ibid., 1997, p.780.
Das Recht der Weltgesellschaft Schwarze Ritter, weiße Elefanten und Gunther Teubner Helmut Willke
Wer mit den Paradoxien des Rechts und des Lebens so souverän umgeht wie Gunther Teubner, der wird einen Titel verkraften, an dem nichts stimmt: „Das Recht der Weltgesellschaft“ ist ein doppelter Euphemismus insofern, als es weder die Weltgesellschaft gibt noch, a fortiori, ein Recht der Weltgesellschaft. Solche kleinen Mängel dürfen niemanden daran hindern, über das Recht der Weltgesellschaft nachzudenken, und Gunther Teubner hat dies in seinen vielen Rollen als Jurist, Rechtstheoretiker, Rechtssoziologe, Rechtsdogmatiker, Systemtheoretiker und Rechtsphilosoph nachhaltig getan. Seit unseren gemeinsamen Studien- und Assistententagen in Tübingen im Nachhall der 1968er Jahre verbindet uns eine Leidenschaft für theoretische Spekulation und systemtheoretisches Grenzgängertum. Gunther Teubner hatte und hat darüber hinaus die Kraft, dies mit juristischer Disziplin und rechtsdogmatischer Stringenz zu verknüpfen und daraus einen fulminanten Entwurf der Grundlinien eines globalen Rechts zu entwickeln. Dem Entwurf möchte ich in dieser hommage nachspüren und die Paradoxien herausarbeiten, die das Denken von Gunther Teubner so anspruchsvoll und anregend machen.
I. Der Schwarze Ritter oder: Wer rettet das Recht vor der Globalisierung? Die anhaltende Globalisierungsdynamik drängt den Nationalstaat in die Defensive und setzt seine Institutionen unter Veränderungsdruck. Nach über zwei Jahrzehnten Globalisierungsdebatte darf aber als Minimalkonsens angesehen werden, dass dies weder das Ende des Staates bedeutet, wie etwa Ohmae oder Guéhenno etwas zu werbewirksam formuliert haben (Guéhenno 1995; Ohmae 1995), noch dass dies für den Nationalstaat einfach „business as usual“ bedeutet kann. Das fundamentale Spannungsfeld, das Globalisierungsprozesse aufbauen und in welchem sich die neuen Steue-
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rungsformen globaler Governanz zu beweisen haben, lässt sich durch zwei Konfliktdimensionen bezeichnen: Zum einen die vielschichtige Auseinandersetzung zwischen den Gewinnern und den Verlierern der Globalisierung, sowie zum anderen die vielschichtigen Konstellationen des Zusammenspiels von Nationalstaaten und globalen Kontexten. Dabei gerät vor allem das klassische Recht des Nationalstaates unter Druck. Dieses Recht ist in der Tradition des demokratischen Rechtstaates dadurch gekennzeichnet, dass es als Zweitcodierung politisch organisierter Macht seine Legitimität aus dem zugrunde liegenden Prozess demokratischer Willensbildung bezieht. Nimmt man hinzu, dass – in einer systemtheoretischen Sichtweise – die Politik einer nationalstaatlich organisierten Gesellschaft die Funktion hat, kollektiv verbindliche Entscheidungen zu treffen (Luhmann 2000), dann wird deutlich, dass das Recht gleich in mehreren Hinsichten den Boden unter den Füssen verliert: x
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Das „Kollektiv“, für das kollektiv verbindliche Entscheidungen zu treffen sind, löst sich von den starren Grenzen nationalstaatlicher Territorialität und verschwimmt zu komplexen Konstellationen transnationaler Zugehörigkeit und Betroffenheit. Die durch Entscheidungen zu behandelnden Probleme lassen sich gerade in besonders drastischen Fällen nicht mehr nationalstaatlich-territorial begrenzen (Terror, Umwelt, Finanztransaktionen, Energieströme, Migrationsströme, Pandemien, etc.). Transnationale Interdependenzen und Risikokontexte verlangen Regelungen, welche die Reichweite formal demokratischer nationalstaatlicher Legislative überschreiten. Die vom Recht etablierten Erwartungsstrukturen sind primär normativ ausgerichtet. Dies wird dann unzureichend, wenn die zu behandelnden Problemfelder gar nicht auf normativ stilisierte Erwartungen reagieren, sondern primär oder ausschließlich kognitiver Steuerung zugänglich sind. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn Problemkontexte durch internationalen Vergleich, „best practice“, Evaluierung, Ratingverfahren oder ähnliches nach Kriterien der Effizienz und Effektivität optimiert oder gesteuert werden sollen. Die Ausbildung globaler Funktionssysteme – wie etwa das globale Finanzsystem, Handelssystem, Wirtschaftssystem, Mediensystem, Wissenschaftssystem, Sportsystem, Gesundheitssystem – konfrontiert die Nationalstaaten mit einem entterritorialisierten Netz globaler Relevanzen und funktional spezialisierter Kompetenzen. Das Recht der Nationalstaaten erreicht diese lateralen Weltsysteme weder mit formalen noch mit inhaltlichen Kompetenzen.
Das Recht steht diesen Entwicklungen nicht völlig hilflos gegenüber, denn es hat im Völkerrecht, im internationalen Privatrecht oder in der rechtlichen Absicherung internationaler Verträge über Jahrhunderte Erfahrungen mit
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der Verbindung von nationalem Recht und internationalen Problemstellungen angesammelt. Der entscheidende Punkt der gegenwärtigen Transformation des Rechts kommt erst zum Vorschein, wenn deutlich wird, dass es im Weltrecht um eine neue Ebene des Rechts in einem erweiterten Mehr-Ebenen-System geht. Das klassische Recht ist auf der Ebene der Nationalstaaten angesiedelt und es sind die nationalen Rechtssysteme, welche auch noch die internationalen Regeln in geltendes Recht umsetzen. Dem gegenüber konstituiert sich das Weltrecht auf der Ebene globaler Funktionssysteme und es regiert im Ernstfall ohne Rücksicht auf nationales Recht in alle Ebenen eines globalen Kontextes hinein. Beispielsweise drohte im Februar 2008 der Präsident der FIFA , Sepp Blattner, den spanischen Fußballklubs den Ausschluss aus allen internationalen Wettbewerben an, gerade weil diese sich nationalen Rechtsbestimmungen unterworfen hatten, welche der FIFA missfielen. Die Frage ist, ob sich hier ein lex sportiva internationalis als Teil eines „global law without a state“ (Teubner 1997b) – oder sogar gegen den Nationalstaat – ankündigt. Ähnliche Entwicklungen lassen sich im lex mercatoria oder in den Regelwerken der WTO , der ILO , der WHO oder der BIZ erkennen. An diesem Punkt wagt Gunther Teubner zwei kühne und für einen Juristen bemerkenswerte Hypothesen: Er distanziert sich vom juristischen Dogma der „Einheit des Rechts“ und sieht statt dessen, dass sich das Recht unter dem Druck der Globalisierung grundlegend wandelt und nur im Rahmen einer „theory of legal pluralism“ (Teubner 1997a: 4) erklärt werden kann. Das Recht sollte daher „focus its attention on a new body of law that emerges from various globalization processes in multiple sectors of civil society independently of the laws of the nation-states“ (Teubner 1997a: 4). Und zweitens erhebt er dieses sich neu konstituierende Recht vom “outlaw” zum Status eines rechtmäßigen Mitglieds der Rechtsfamilie, die dann allerdings als heterogenes Gebilde nicht mehr nur auf die eine Rechtsquelle des formalen staatlichen Rechts begrenzt ist: „The emerging global (not inter-national!) law is a legal order in its own right which should not be measured against the standards of national legal systems“ (Teubner 1997a: 4). Damit sind die beiden Kernelemente der Transformation des Rechts angesprochen, die das Gesicht einer sich bildenden Weltgesellschaft formen werden, die aber zugleich Rückwirkungen auf das Recht der Nationalstaaten haben, die noch wenig begriffen und in ihrer Bedeutung für eine komplementäre Transformation der Demokratie reflektiert sind. Zum einen expandiert die Rechtsbildung aus dem traditionellen Territorium der Politik in die Weite der Zivilgesellschaft. Zum anderen diffundieren die pluralen Regelsysteme, die sich in den gesellschaftlichen Funktionssystemen ausbilden, zurück in das herkömmliche Rechtssystem und setzen dort einen Pluralisierungsprozess in Gang, dem gegenüber die klassische Idee der Ordnungsbildung einen schweren Stand hat. In den folgenden Abschnitten sollen diese
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beiden Bewegungen näher betrachtet und auf einige ihrer Bedingungen hin analysiert werden. (1) In der gesellschaftsgeschichtlichen Konstellation einer nationalstaatlich organisierten modernen Gesellschaft findet sich die Politik und ihr Rechtssystem in einer singulären und paradoxen Situation: Als Teile einer funktional differenzierten Gesellschaft sind sie gegenüber allen anderen Funktionssystemen gleichwertiger und interdependenter Bestandteil einer heterarchischen Ordnung. Zugleich aber ist die Politik durch ihre spezifische gesellschaftliche Funktion – die Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen – mit der singulären Aufgabe betraut, für das Ganze verbindlich zu entscheiden. Als einziges Funktionssystem übt sie eine Kompetenzkompetenz aus, weist also die anderen Funktionssysteme in die von der Politik selbst definierten Schranken. Dies gibt dem innerhalb der Politik ausdifferenzierten Rechtssystem eine komplementär heraus gehobene Rolle, allgemein verbindliche Regeln zu definieren, also für das Ganze der Gesellschaft zu sprechen. Diese in die moderne, demokratische, nationalstaatlich organisierte Gesellschaft eingebaute Anomalie wird in der Praxis durch Selbstbindung überspielt, also durch die komplementären Mechanismen des „political restraint“ und des „judicial restraint“. Tatsächlich aber gibt es keine wirklich unumstößlichen inhärenten Grenzen der Politik, so dass diese mühsam mit den indirekten Mitteln der Selbstbindung und Reflexion errichtet werden müssen. Theoretisch ausgedrückt: Das Recht ist gezwungen, sich über seine Kontingenzformel „Gerechtigkeit“ (Luhmann 1993: 225 f.) vor sich selbst zu schützen und über „Responsivität“ (Teubner 1983) sich gesellschaftlich in eine interdependente Ordnung einzupassen. Mit einer ernster werdenden Globalisierungsdynamik ändert sich diese Konstellation grundlegend. Das vielleicht wichtigste Moment ist die Ausbildung lateraler Weltsysteme (ausführlich dazu Willke 2001: Kapitel 3.3). Dies meint, dass die großen Funktionssysteme moderner nationalstaatlich organisierter Gesellschaften, (insbesondere Ökonomie, Finanzen, Wissenschaft, Massenmedien, Erziehung, Gesundheit etc.) aus den territorialen Bindungen des Nationalstaates ausbrechen und sich zu globalen Kontexten vernetzen. Ihre jeweilige Eigendynamik und Selbstreferenz prägen ihre Operationsweise nachhaltiger als die (bisherige) Anbindung an die „Muttergesellschaften“. Sie orientieren sich weg von den Rücksichten auf ihre Muttersysteme und hin zu einer zyklopischen Einäugigkeit operativ geschlossener Optimierung ihrer je eigenen Logik. Die Folgen sind globale Konkurrenz, Outsourcing, De-Industrialisierung der Ersten Welt, Deregulierung, Privatisierung und insgesamt eine klare Schwächung der Steuerungsfähigkeit staatlicher Akteure und Instanzen. Die Logik der lateralen Weltsysteme ist paradigmatisch verkörpert in der Operationsform der jeweiligen Kommunikationsmedien der Funktionssysteme – Geld für die
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Ökonomie, Kapital für das Finanzsystem, Wissen für das Wissenssystem, Kompetenzen für das Erziehungssystem, Macht für die Politik etc. Entscheidend ist nun, dass die Kommunikationsmedien als Steigerungsformen der Sprache Symbolsysteme darstellen. Als Symbolsysteme formen sie symbolisch konstituierte Ordnungen – die Ordnung des Geldes, die Ordnung des Wissens, die Ordnung der Kompetenzen etc. –, die sich nicht mehr ohne weiteres den Ordnungsmodellen der Politik fügen. Aus der Sicht nationalstaatlich geprägter Vorstellungen von Politik und Recht entziehen sich also die gesellschaftlichen Funktionssysteme dem Einflussbereich und der Steuerungskompetenz der (nationalstaatlichen) Politik, indem sie aus den engen Grenzen der Nationalgesellschaften hinaus ins Globale expandieren. Unterwegs ändern sie ihre Relevanzkriterien von der Rücksichtnahme auf nationalstaatliche Gegebenheiten auf die Beachtung der Bedingungen globaler Chancen und Risiken. Beispielhaft ist dies an Standortentscheidungen globaler Firmen ablesbar oder an den Präferenzen eines global „vagabundierenden“ Finanzkapitals. Aber diese Betrachtung ist nur die eine Seite. Die andere Seite spricht Gunther Teubner als „legal pluralism“ an. In einer soziologischen Sicht steckt dahinter die Ausbildung eigener und eigenständiger Steuerungskompetenzen der lateralen Weltsysteme. Sie übernehmen also für ihren jeweiligen Bereich Steuerungs- und Regulierungsaufgaben und machen sich darin von den nationalen Rechtssystemen unabhängig. Daran ist wenig verwunderlich, denn sie sind zu dieser Entwicklungsrichtung geradezu gezwungen, weil es auf globaler Ebene eine entsprechende Rechtsform schlicht nicht gibt. Darüber hinaus lässt sich diese Entwicklung aber unter steuerungstheoretischer Perspektive als angemessen bezeichnen, weil die lateralen Weltsysteme mit den Bordmitteln der Selbstorganisation ihre Steuerungskompetenz ausbilden und so zu einer dezentralen, verteilten, pluralen Selbststeuerung der Gesamtheit der lateralen Weltsysteme beitragen. Dass in dieser komplexen Architektur nationaler, transnationaler und globaler Referenzen die einfache Ordnung des nationalstaatlichen Rechts auf der Strecke bleibt, muss daher nicht notwendigerweise ein Nachteil sein. Die Politik der modernen Gesellschaft hat sich selbst in eine tiefe Verwirrung dadurch gestürzt, dass sie in ihrer primären Aufgabe der Ordnungsbildung so erfolgreich war, dass sie mit dem nun durch die Emergenz lateraler Weltsysteme herauf beschworenen Problem der Unordnung nicht umzugehen weiß. Die Grundfrage der Soziologie – Wie ist soziale Ordnung möglich? – hat Thomas Hobbes für die Gesellschaft der frühen Moderne mit der Metapher des Leviathan beantwortet. Auf dem Hintergrund der religiösen Bürgerkriege und der Selbstzerstörung der alten Ordnung lag es nahe, nach einem neuen Ordnungsprinzip für eine Gesellschaft zu suchen, die zwar noch nicht so weit war, die Religion als primäre Ordnungsform zu überwin-
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den, die aber aus dem Dilemma der Unentscheidbarkeit unterschiedlicher Religionen den Schluss ziehen musste, dass sie nun auf andere Weise mit ihrer eigenen Diversität umgehen sollte. Die Entzauberung der Religion durch Diversität brachte Hobbes nicht auf die Idee, nach Formen der Erhaltung und Aufhebung von Diversität zu suchen. Vielmehr scheint der Eindruck der Bedrohung von Ordnung als solcher durch Diversität so überwältigend gewesen zu sein, dass das Hobbesche Ordnungsprinzip wiederum nur Einheit sein konnte, die Übertragung aller Einzelwillen auf die absolute Regierungsgewalt des Leviathan: e pluribus unum. Dieser Ausgangspunkt zeigt, wie weit der Weg noch sein würde bis zu einer Gesellschaft, die in der Lage wäre, der Hypothese von „Kontingenz als Eigenwert“ ihrer selbst (Luhmann 1992: 93 ff.) oder der analogen Hypothese einer pluralen Rechtsordnung ins Auge zu sehen. Auf diesem Hintergrund lässt sich heute sehen, dass unter Bedingungen gesellschaftlicher Hyperkomplexität das Ordnungsproblem nicht mehr durch Einheit oder Konsistenz zu lösen ist, sondern nur noch mit „hoher Inkonsistenzbewältigung“ (Luhmann 1992: 115), also mit strukturellen Arrangements und Prozessformen für die Bewältigung hoher Inkonsistenz. Für die UNO überrascht das niemanden mehr. Die Europäische Union stellt sich angesichts vieler unterschiedlicher Aufnahmekandidaten gerade von der Idee der Einheit auf ein Modell der Diversität um und muss darauf hin Verfahren und Institutionen für den Umgang mit Varietät und Inkonsistenz entwickeln. Für die Ebene nationalstaatlich organisierter Gesellschaften dagegen scheint es erhebliche Schwierigkeiten zu machen, sich von einer Ordnung durch Einheit auf eine Ordnung durch Diversität umzustellen. Mit der Säkularisierung der Gesellschaften übernehmen politische Herrschaft und bestimmte Handlungsformen der Politik diese Sicherung einer Ordnung der kontingenten Ordnungsmodelle der Subjekte. Mit der Positivierung des Rechts wird daraus die politische Regierung einer Gesellschaft. Die Regierung hat nicht für Ordnung zu sorgen, das müssen die Bürger schon selbst tun. Aber sie hat eine Ordnung dieser kontingenten und divergierenden Ordnungen hervor zu bringen und dazu Regeln der Kontingenzkontrolle und der Konfliktbewältigung durchzusetzen. Die Hauptlinien von „Regieren“ als reflexiver Ordnungsbildung der Politik verschieben sich im Laufe der Gesellschaftsgeschichte der Moderne von Problemen der Machtkontrolle (Nationalstaat) zu Problemen der Armutskontrolle (Sozialstaat) bis sich heute ein Problem in den Vordergrund schiebt, das als gesellschaftlicher Umgang mit Nichtwissen bezeichnet werden kann (Willke 1996: 211 ff). Immer aber geht es darum, unter Bedingungen hoher Kontingenz eine Ordnung von Diversität zu stabilisieren, die auf Einschränkung und Selbstbindung gründet (etwa Einschränkung von Mächtigen, Selbstbindung von Eigentümern, Tolerie-
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ren von Ignoranten), und die deshalb unwahrscheinlich ist. Die Unwahrscheinlichkeit gelingender Ordnung und funktionierender Regierung bleibt damit Merkmal einer Gesellschaft, die nicht hoffen kann, je eines dieser Grundprobleme „wirklich“ lösen zu können. (2) Dies führt uns zu dem zweiten Aspekt der von Gunther Teubner entwickelten Idee einer „globalen Bukowina“ (Teubner 1997a), in welcher das Zentrum der Rechtsentwicklung nicht in den Aktivitäten des Staates liegt, sondern in den autonomen Rechtsbildungsprozessen der Gesellschaft selbst. Allerdings ist die Lage komplizierter als noch bei Eugen Ehrlich, weil nicht mehr klar ist, was nun unter „Gesellschaft“ zu verstehen ist und wie der Referenzrahmen für Gesellschaft zu konstruieren ist. Bevor wir auf diese Frage im nächsten Abschnitt im Detail eingehen, geht es hier zunächst um den Aspekt der Rückwirkungen globaler Regelbildungen auf die nationalstaatlichen Rechtssysteme. Dieser Aspekt ist praktisch ebenso relevant wie theoretisch intrikat. Denn die Praxis der nationalen Rechtssysteme sieht sich der Herausforderung einer Mehr-Ebenen-Politik globalen Ausmaßes ausgesetzt, die mit den Stichworten „Policy-Netzwerke“ (Benner, Reinicke und Witte 2002; Benner, Reinicke und Witte 2004), „global public policy“ (Reinicke 1998), „private authority“ (Cutler, Haufler und Porter 1999) oder „global legal system“ (Slaughter 2004: 65 ff.) gekennzeichnet ist. Diesen Teil möchte ich hier zugunsten einiger Überlegungen zu theoretischen Implikationen vernachlässigen. Aus theoretischer Sicht ist brisant, dass die Autopoiese der nationalen Rechtssysteme mit neuen Kopplungen rechnen muss, diesmal nicht an rechtlich relevante Entwicklungen der ‚eigenen‘ Gesellschaft, sondern an die Regelbildungsprozesse globaler Funktionssystembildung. Die Frage ist, um welche Art der Kopplung es sich dabei handeln könnte. Luhmann spricht von struktureller Kopplung, zum einen weil er operative Kopplungen zwischen unterschiedlichen Systemen ausschließt, zum anderen weil ein operativ geschlossenes System strukturelle Vorkehrungen dafür treffen muss, um sich von seiner Umwelt irritieren zu lassen: „Es gibt keinen Transport von Informationen aus der Umwelt in das System. Das System reagiert nur auf eigene Zustände, dies allerdings mit einer intern benutzten Unterscheidung von System und Umwelt, also mit einer Bifurkation kausaler Zurechnungen. Die Frage ist dann, welche strukturellen Vorkehrungen die Irritabilität des Systems steigern bzw. abschwächen, wobei auch Irritabilität immer als ein strukturabhängiger Eigenzustand des Systems zu begreifen ist“ (Luhmann 1993: 555). Tatsächlich schafft das Rechtssystem etwa in seinen Kollisionsnormen, aber auch in seinen unbestimmten Rechtsbegriffen, seinen Ermessensspielräumen oder seinen technischen und wissenschaftsbezogenen Klauseln solche strukturellen Bedingungen möglicher Irritation durch Fremdreferenz.
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Fraglich ist allerdings, ob die Figur der strukturellen Kopplung ausreicht, um die verwickelten Interferenzen heterogener Regelsysteme zu beschreiben, in denen nun nicht mehr einfach gesellschaftliche Ereignisse als Irritationen des Rechtssystems eine kontinuierliche Rechtsfortbildung auslösen. Vielmehr stehen sich nun nationale Rechtssysteme einerseits und laterale Weltsysteme mit eigenständiger Steuerungskompetenz andererseits gegenüber. Es geht nicht mehr um inkrementale Anpassung des Rechts an eine laufende gesellschaftliche Evolution, sondern um die Konkurrenz und Interferenz fundamental unterschiedlicher Modi der Selbststeuerung, die sich beispielsweise als Rationalitätenkollisionen oder Interregimekonflikte zeigen (Fischer-Lescano und Teubner 2006). Im Hintergrund dieser Kollisionen spielen paradigmatische Umstellungen der Bedingungen der Möglichkeit der Steuerung hyperkomplexer Systeme. Sie können hier nur skizzenhaft angerissen werden, wobei die Grenzen der Steuerungsleistung des Rechts im Vordergrund stehen sollen. Die einzigartige Steuerungsleistung des Rechts resultiert aus seiner Lernunwilligkeit. Als Funktionssystem der Gesellschaft leistet das Recht „die Stabilisierung normativer Erwartungen durch Regulierung ihrer zeitlichen, sachlichen und sozialen Generalisierung“ (Luhmann 1993: 131). Der springende Punkte ist, dass es sich um normative, also kontrafaktisch stabilisierte Erwartungen handelt, die sich erst in einem voraussetzungsvollen rekursiven Prozess heraus bilden: „Ob eine Norm eine Rechtsnorm ist oder nicht, kann man deshalb nur durch eine Beobachtung des rekursiven Netzwerkes ihrer Erzeugung feststellen … Erst durch diese (im System wiederholte) Benutzung der normativen Seite des Schemas normativ/kognitiv gewinnen normative Erwartungen im Vergleich zu bloßen Projektionen, Vorhaben, Kommunikationsversuchen eine gewisse Sicherheit“ (Luhmann 1993: 137 f.). Es liegt auf der Hand, dass das Recht hier das Erbe alter Symbolsysteme normativer Ordnungsbildung – Tradition, Magie, Religion, Moral – antritt, die allesamt gegen die Variabilität des realen Lebens die Geltung einer richtigen und irgendwie gerechten Ordnung prätendieren. „Lernen oder Nichtlernen – das ist der Unterschied“ (Luhmann 1976: 55). Die Kopplung an die Politik und einen demokratischen Entscheidungsprozess hat dem Recht moderner Gesellschaften eine singuläre Kompetenz der Gesellschaftssteuerung eingebracht, und es zum Kernstück der Institutionen der Moderne gemacht. Diese Glanzzeit hat ihren Zenith überschritten, weil die doppelte Dynamik der Weltgesellschaft und der Wissensgesellschaft Herausforderungen stellt, denen das klassische Recht nicht mehr gewachsen ist. Mit den ersten Regungen einer Wissensgesellschaft gerät die Ausgangs-Bifurkation des Rechts in eine Schieflage: Gegenüber dem normativen Stil des Erwartens setzt sich der kognitive Erwartungsstil deutlicher in Szene und setzt sich in Funktionssystemen und Problemfeldern durch, die gegenüber der Lernun-
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willigkeit des Rechts geradezu die Lernfähigkeit und Veränderungsdynamik der Gesellschaft forcieren. Bemerkenswert früh, nämlich bereits 1971, hat Luhmann diese Thematik unter dem Titel „Weltgesellschaft“ angesprochen, dabei allerdings weniger die Weltgesellschaft behandelt, als luzide Überlegungen zu genau dem Wechsel von einer normativen auf eine kognitiven Orientierung angestellt, welche die am Horizont erahnbare Wissensgesellschaft ausmachen: „Achtet man auf die Erwartungsstrukturen, die jene universell gewordenen Interaktionsfelder der Wissenschaft und der Technik, der Wirtschaft, der öffentlichen Kommunikation von Neuigkeiten und des Reiseverkehrs orientieren, dann fällt ein deutliches Vorherrschen kognitiver, adaptiver, lernbereiter Erwartungen, auf, während normative, Moral prätendierende und vorschreibende Erwartungen zurücktreten“ (Luhmann 1976: 55). Tatsächlich wagt Luhmann auf der Basis dieser Überlegungen zwei weit reichende Hypothesen, die dann auch für die Arbeiten von Gunther Teubner zu einer Art unsichtbarer Richtschnur geworden sind. Die eine Hypothese postuliert einen „Führungswechsel“ von einer rechtsgesteuerten zu einer wissensgesteuerten Gesellschaft, oder vorsichtiger ausgedrückt von einer normativen zu einer kognitiven Orientierung von Erwartungen: „Faßt man auf Grund solcher Überlegungen den Mut zu spekulativen Hypothesen, dann könnte unsere Feststellung, dass weltweite Interaktion primär durch kognitives Erwarten strukturiert wird, im Sinne eines ‚Führungswechsels‘ zwischen beiden Erwartungstypen gedeutet und mit der Evolutionstheorie verknüpft werden“ (Luhmann 1976: 63). Gunther Teubner hat diese Idee sehr früh in der Entwicklung seines rechtstheoretischen Denkens unter dem Stichwort des „reflexiven Rechts“ (Teubner 1982; Teubner und Willke 1984) aufgegriffen und bis heute als Problem der Fragmentierung und Hybridisierung des globalen Rechts verfolgt (Fischer-Lescano und Teubner 2006). Luhmanns zweite Hypothese ist möglicherweise noch radikaler und betrifft die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Rechts, insbesondere die Grenzen seiner Steuerungskompetenz. Zunächst konzediert Luhmann dem Recht eine „evolutionär unwahrscheinliche Hochleistung“ der Stabilisierung hoher Kontingenz und Komplexität in sozialen Beziehungen, allerdings „in Abhängigkeit von regional konsolidierten politischen Mechanismen“. Dann folgt der überraschende Satz: „Es könnte sein, dass diese eigentümliche Kombination von Recht und Politik gerade in ihrer besonderen Leistungsfähigkeit eine Fehlspezialisierung der Menschheitsentwicklung war, die sich, vorläufig jedenfalls, nicht auf das System der Weltgesellschaft übertragen lässt“ (Luhmann 1976: 57). Wow! Genau das ist unser Thema. Und wo bleibt nun der Schwarze Ritter? Er würde dringend gebraucht, denn das (klassische) Recht steckt angesichts der doppelten Bedrohung durch die Weltgesellschaft und die Wissensgesellschaft tief in der Bredouille.
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Allerdings wissen wir, dass der Schwarze Ritter schon an König Arturs Tafelrunde eine eher undurchsichtige Rolle spielte und auch in seiner modernen Version als „corporate raider“ eher auf eine feindliche Übernahme aus ist, als dass er eine wirklich helfende Hand anbieten würde.
II. Weiße Elefanten oder: Weder Recht noch Weltgesellschaft Das Recht der Weltgesellschaft ist ein besonders gelungenes Beispiel für die Konstruktion einer Realität aus der Kombination zweier Virtualitäten. „Das Recht der Weltgesellschaft“ oder „global law“ sind inzwischen etablierte Topoi der globalisierungstheoretisch orientierten juristischen und politikwissenschaftlichen Literatur, obwohl weder eine Weltgesellschaft faktisch existiert noch ein Recht der Weltgesellschaft im klassischen Sinne. Streng genommen müssten die Sozialwissenschaftler klarstellen, dass es eine Weltgesellschaft in einem auch nur minimal anspruchsvollen Sinne von Gesellschaft (noch) nicht gibt, und die beteiligten Juristen müssten darauf beharren, dass unter Recht für den Fall moderner Gesellschaften die (kollektiv verbindlichen) Entscheidungen einer demokratisch legitimierten Legislative zu verstehen ist – woraus folgt, dass es ein globales Recht nicht gibt, weil keine globale Legislative existiert. Sicherlich wird sich die Debatte um das Recht der Weltgesellschaft auch weiterhin nicht von solchen Bedenken aufhalten lassen. Dennoch könnte es ertragreich sein, zunächst einmal die Virtualität ernst zu nehmen, um dann eher sehen zu können, warum dennoch eine Art von Realität des globalen Rechts im Entstehen begriffen ist. Es war Niklas Luhmann, der mit einer rein nominalistischen Definition von Gesellschaft – Gesellschaft als das Ensemble aller für einander erreichbarer Kommunikationen – die auslösende Sünde beging und die Idee einer realen Weltgesellschaft theoretisch untermauert hat: „Gesellschaft ist heute eindeutig Weltgesellschaft, – eindeutig jedenfalls dann, wenn man den hier vorgeschlagenen Begriff des Gesellschaftssystems zu Grunde legt“ (Luhmann 1984: 585). Die heute mögliche Gesellschaft ist für ihn zwingend Weltgesellschaft, weil in der Tat Kommunikationen heute weltweit für einander erreichbar sind. Diese rein definitorische Lösung des Problems des Begriffs der Weltgesellschaft erscheint aus mehreren Gründen als unzureichend. Im Kern beschreibt Luhmanns Begriff „das Soziale“ insgesamt und undifferenziert, nicht aber das Spezifische der Gesellschaft als Ordnungsform im Medium des Sozialen (ausführlich zur Kritik Willke 2000). Von Weltgesellschaft lässt sich in einem soziologisch gehaltvollen Sinn erst dann reden, wenn sie als Form von Gesellschaft begründet ist. Dazu reicht weder aus, dass sie aus allen Kommunikationen oder allen Individuen der Welt besteht – das wäre die Gesamtheit des Sozialen – noch dass sie über
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globale Institutionen verfügt – das wäre eine Begründung für erfolgreiche Globalisierungsprozesse – noch dass sie eine Realität jenseits der Realität der Nationalstaaten darstellt – das wäre eine Begründung für transnationale oder globale Kontexte. Dem gegenüber gehe ich davon aus, dass Weltgesellschaft sich als spezifische Organisierungsform des Sozialen erst dann formt, wenn ein kommunikativ konstituierter Kontext die Fähigkeit der Selbststeuerung ausbildet. Dies meint, dass die Weltgesellschaft in der Lage sein müsste, ihre Ordnungsform als Balance notwendiger Ordnung und möglicher Unordnung selber zu bestimmen. Solange das, was in einem Diskurs als Weltgesellschaft bezeichnet wird, auf allopoietischen Prämissen gründet, seien dies Individuen, Nationalstaaten, spezifische Institutionen der Modern, das Kapital oder was immer, ist die Rede sicherlich zu Recht von einem sozialen Kontext, zu Unrecht aber von einer Gesellschaft. Die soziologische Problematik von Weltgesellschaft und Globalität liegt darin, dass die bislang nationalstaatlich verfassten Gesellschaften durch die Herauslösung bestimmter Funktionssysteme – wie etwa Ökonomie, Finanzsystem, Wissenschaft oder Kunst – aus dem Kontext territorialer Einbindung und gesellschaftlicher Selbststeuerung in ihren Fundamenten erschüttert werden, während neue Formen der Restabilisierung noch nicht erkennbar sind. Insbesondere leistet der entstehende globale Kontext diese Restabilisierung noch nicht, weil auch nicht ansatzweise Kapazitäten der globalen Selbststeuerung institutionalisiert sind. Damit ist es nach der hier zugrunde gelegten Begrifflichkeit bislang zu voreilig, von einer Weltgesellschaft zu sprechen. Was allerdings beobachtbar ist, ist die deutliche Herauslösung lateraler Weltsysteme – etwa für Wirtschaft, Finanzen, Wissen, Medien, Kultur, Sport etc. – aus den Begrenzungen der Nationalstaaten und mithin die Konstituierung globaler Kontexte hochspezifischer Kommunikation, auch wenn diese (noch) nicht die Qualität von „Gesellschaft“ erreichen. Die historisch singuläre Koinzidenz von Gesellschaftlichkeit und Territorialität zerbricht gegenwärtig in der „post-nationalen Konstellation“ (Habermas) einer vielschichtigen und keineswegs homogenen Auflösung nationalgesellschaftlicher Prärogative der Selbststeuerung. Ohne hier ins Detail gehen zu können, lässt sich doch festhalten, dass die etwas fruchtlose Debatte zwischen den Verkündern eines Ende des Nationalstaates einerseits (Guéhenno 1995; Held und McGrew 1998; Ohmae 1995) und den Verfechtern der tragenden Rolle der Nationalstaaten andererseits (Krasner 2001; Weiss 1998) allmählich differenzierteren Analysen Raum gibt, die den Verlust nationalstaatlicher Steuerungskompetenzen und -fähigkeiten auf spezifische Faktoren der Ausbildung transnationaler Steuerungsregime für ganz bestimmte Funktionssysteme zurückführen (Sassen 2002; Teubner 2002). Jedenfalls fordern die sich bildenden lateralen Weltsystemen die territorial gebundenen, nationalstaatlich konstituierten modernen Gesellschaften ge-
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nau in der Kompetenz heraus, die sie zu Gesellschaften macht: in der Souveränität ihrer Selbststeuerung. Ein komplementäres Problem stellt sich beim Begriff des Weltrechts. Es ist unstrittig, dass völlig unterschiedliche Rechtsquellen „Recht“ schaffen, und dass die relevanten Rechtsquellen gesellschaftsgeschichtlich variieren. Ebenso unstrittig dürfte allerdings sein, dass das moderne Recht demokratischer Gesellschaften deutlich enger definiert ist als die kollektiv verbindlichen Entscheidungen einer demokratisch legitimierten Legislative. Insofern ist heute beispielsweise weder das chinesische noch das russische Recht ein modernes Recht, weil dahinter keine plausible demokratische Legitimität steht. Zugleich machen beide Beispiele deutlich, dass es dennoch zu „funktionierenden“ Regelsysteme kommen kann, die in den jeweiligen Gesellschaften die Funktion kollektiv verbindlicher Entscheidungen übernehmen können. Insofern ist die umstandslose Rede von globalem Recht eher irreführend und problematisch. Ich sehe eine besondere Leistung des Denkens von Gunther Teubner darin, anstelle einer solchen umstandslosen Rede eine reiche Konzeption der Ausbildung eines komplexen, hybriden „global law without a state“ entwickelt zu haben. Darauf gehe ich im folgenden Abschnitt näher ein. Zuvor ist zumindest in aller Knappheit anzudeuten, was es mit den weißen Elefanten auf sich hat. Die Idee eines globalen Rechts könnte in der Tat das Danaergeschenk der Nationalstaaten an die lateralen Weltsysteme sein, mit welchem die Nationalstaaten den Fluch einer überholten Form der Systemsteuerung an das globale System weitergeben. Das Megaprojekt eines globalen Rechts könnte aufgrund seiner schieren prima-facie-Plausibilität vergessen machen, dass bereits die Nationalstaaten – auch die entwickelten – an die Grenzen einer Steuerbarkeit durch Recht gestoßen sind. Diese Grenzen sind nicht einmal historisch singulär, wie Max Weber beobachtet: „Der Zerfall des antiken Römerreiches wurde teilweise geradezu durch die Bürokratisierung seines Armee- und Beamtenapparates mitbedingt“ während auf der anderen Seite „zwei der expansivsten politischen Gebilde: das Römerreich und das englische Weltreich (…) gerade in ihrer expansiven Periode nur zum kleinen Teil auf bürokratischer Grundlage (beruhten)“ (Weber 1972: 559 f.). Auch weltgeschichtlich gibt es demnach durchaus Wechsel zwischen primär normativer und primär nicht-normativer Orientierung des politisch-administrativen Handelns. Nimmt man hinzu, dass insbesondere im lex mercatoria, in dem Streitschlichtungsverfahren der WTO oder in den Supervisory Review Processes von Basel II hoch elaborierte kognitive Entscheidungsregeln und Formen des cognitive governance (Willke 2006) erfolgreich etabliert sind, dann könnte einen doch der Verdacht beschleichen, dass die Idee eines Rechts der Weltgesellschaft als das Geschenk eines weißen Elefanten von traditionell expansiv denkenden Rechtswissenschaftlern an die Institutionen von globaler Governanz verstanden werden könnte.
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III. Gunther Teubner oder: Wie man Soziologie und Jurisprudenz kunstvoll verstrickt Den eigentlichen und vermutlich einzigen Nutzen von Interdisziplinarität sehe ich darin, den Bereich der Konfusion der beteiligten Disziplinen so zu forcieren, dass die Fragen möglich werden, die im Normalbetrieb der Einzelwissenschaften unter den Tisch fallen. Gunther Teubner hat zu dieser produktiven Konfusion vielfältig beigetragen, vom „reflexiven Recht“ über das Konzept der „Responsivität des Rechts“ bis zur These der notwendigen Heterogenität des Rechts in einer polyzentrischen Weltgesellschaft (FischerLescano und Teubner 2006: 10 ff.). Auf die Spitze getrieben hat er es gegenüber den Normaljuristen mit der Theorie eines „autopoietischen Rechts“ (Teubner 1989), also eines Rechts, das sich selbst konstituiert, sich selbst legitimiert und seine Regulierungsleistung gegenüber der Gesellschaft dadurch ausübt, dass es sich selbst reguliert (Teubner 1989: 82). Für die Soziologie ist das Ärgernis weitaus größer und die Konsternierung tiefgründiger. Wenn schon das reguläre Denken traurig macht, wie George Steiner überzeugend ausführt (Steiner 2006), dann macht das systemtheoretische Denken den Normalsoziologen todtraurig und erzeugt nicht selten eine perplexe Mischung von Melancholie und Aggression. Einer der Gründe dürfte darin liegen, dass die Systemtheorie Soziologen, die es sich mehr oder weniger gemütlich in ihrer Gesellschaft eingerichtet haben, damit konfrontiert, dass sie gar nicht dazu gehören, dass sie als Menschen uneinholbar von der Gesellschaft getrennt sind und nur als Personen zugelassen sind – dies allerdings nicht zu ihren Bedingungen, sondern zu den Bedingungen der Gesellschaft. Gunther Teubner trägt die Bürde einer Interdisziplinarität gelassen, die in erster Linie auf beiden Seiten Erwartungen enttäuscht und daher Erwartungsenttäuschungsmanagement betreiben muss, um überhaupt gehört zu werden. Aber ist es nicht genau diese Fähigkeit, die einen Juristen auszeichnet, der sich das Recht einer Weltgesellschaft vorstellen kann, welches nicht nur Juristen und Soziologen gleichermaßen zumutbar ist, sondern vor allem einer Gesellschaft, die über sich selbst hinaus ins Globale gewachsen ist?
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Autorinnen- und Autorenverzeichnis Andreas Abegg, Dr. iur., LL. M. (Frankfurt am Main), Privatdozent, Rechtsanwalt, Zürich Christa Allert, dipl. soz., Freiberufliche Soziologin, Frankfurt am Main Tilman Allert, Dr., Universitätsprofessor für Soziologie und Sozialpsychologie an der Universität Frankfurt am Main Marc Amstutz, Dr. iur., LL. M. (Harvard), Universitätsprofessor an der Universität Freiburg i.Ue., Schweiz Dirk Baecker, Dr. rer. soc., Soziologe, Universitätsprofessor für Kulturtheorie und Kulturanalyse an der Zeppelin University in Friedrichshafen am Bodensee Mario Barcellona, Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht an der Juristischen Fakultät der Università di Catania Dietrich Claus Becker, Dr. iur., M. ur. (Oxford); Richter am Amtsgericht Frankfurt am Main; derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht (Dezernat des Vizepräsidenten Prof. Dr. Andreas Voßkuhle) Anna Beckers, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Frankfurt, Referendarin am Landgericht Frankfurt Paul Schiff Berman, Dean and Foundation Professor of Law, Sandra Day O’Connor College of Law, Arizona State University, USA Michael Blecher, Dr. iur. European University Institute, Florence; Senior Legal Counsel and Team Leader in International Legal Cooperation Projects of various donour organizations (German Technical Cooperation, EU, World Bank) Armin von Bogdandy, Dr. iur., Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, Universitätsprofessor an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt, Präsident des OECD Kernenergiegerichts, Mitglied des wissenschaftlichen Rates der europäischen Grundrechteagentur Lasha Bregvadze, M.A., LL. M., Direktor am Institut für Staat und Recht der Akademie der Wissenschaften Georgiens, Assistenzprofessor an der Juristischen Fakultät der Staatlichen Universität Tbilissi, Georgien Gert Brüggemeier, Dr. iur.; Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen Hauke Brunkhorst, Dr., Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Flensburg
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Autorinnen- und Autorenverzeichnis
Sonja Buckel, Dr. phil., Leitung des DFG-Projektes „Die Transnationalisierung des Staates im Prozess der Herausbildung einer gemeinsamen europäischen Migrationskontrollpolitik“, Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main, ZERP-Fellow, Gründungsmitglied der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung Gralf-Peter Calliess, Dr. iur., Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht, internationales und vergleichendes Wirtschaftsrecht, Rechtstheorie an der Universität Bremen, Projektleiter A4 „Rechtssicherheit in globalen Austauschprozessen“ am Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“, geschäftsführender Vorstand der Vereinigung für Rechtssoziologie Jean Clam, Dr. phil., HdR Soc., DEA Psychopatho., Qualif. Professor, Forscher am Centre National de la Recherche Scientifique, CERSES (Centre de recherche Sens, Ethique, Société) Université René Descartes, Paris Hugh Collins, FBA, Professor of English Law, Head of the Department of Law, London School of Economics, UK Sergio Dellavalle, Dr. phil., Universitätsprofessor für Staatstheorie an der Juristischen Fakultät der Universität Turin, Italien, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg Alberto Febbrajo, Ordentlicher Professor für Rechtsanthropologie und Rechtssoziologie an der Universität Macerata, Italien Andreas Fischer-Lescano, Dr. iur., LL. M. (Firenze), Universitätsprofessor für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht, Zentrum für Europäische Rechtspolitik, Universität Bremen Oliver Gerstenberg, Dr. iur., Leeds University, UK Carlos Gómez-Jara Díez, Dr. iur., Associate Professor of Law. Universidad Autónoma de Madrid (Spain). Criminal defense Attorney. Member of the American Bar Association. Criminal Justice Section. White-Collar Crime Committee and of the European Criminal Bar Association. Christoph Beat Graber, PhD, Professor of Law, University of Lucerne, Switzerland, Head of icall (International Communications and Art Law Lucerne) research centre and Director of Lucernaiuris – Institute for the Fundaments of Law at the University of Lucerne; member of the Swiss Federal Arbitration Commission for the Exploitation of Author’s Rights and Neighbouring Rights. Malte-Christian Gruber, Dr. iur., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Frankfurt am Main Cordula Heldt, Rechtsanwältin und Referentin beim Deutschen Aktieninstitut e. V., Frankfurt am Main Isabell Hensel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen und am Sonderforschungsbereich
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597 „Staatlichkeit im Wandel“, Teilprojekt A1; Doktorandin am Zentrum für Europäische Rechtspolitik. Martin Herberg, Dr. rer. pol., Soziologe mit den Schwerpunkten Umwelt-, Organisations- und Rechtssoziologie, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“ an der Universität Bremen Christine Hohmann-Dennhardt, Dr. iur., Richterin des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe Christian Joerges, Dr. iur., Forschungsprofessor der Universität Bremen (Sonderforschungsbereich 597 Transformationen des Staates und Zentrum für Europäische Rechtspolitik) Vaios Karavas, Dr. iur., LL. M., Lehrbeauftragter und Assistent an der Universität Freiburg, Schweiz Fatima Kastner, Dr. phil., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger Institut für Sozialforschung, Forschungsprojekt „Recht und gesellschaft jenseits nationalstaatlicher Souveränität“; Lehrbeauftragte an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg Rainer Maria Kiesow, Dr. iur., Privatdozent, École des Hautes Études en Sciences Sociales, Paris, France, Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main, Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main Poul F. Kjaer, PhD (Law), European University Institute, Florence, BA and MSc in Political Science, University of Aarhus, Denmark, Research Fellow at the Cluster of Excellence „The Formation of Normative Orders“, Universität Frankfurt am Main Peter Korth, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Gunther Teubner, Fachbereich Rechtswissenschaft, Institut für Arbeits-, Wirtschafts- und Zivilrecht, Universität Frankfurt am Main Martti Koskenniemi, Dr. iur., Academy Professor University of Helsinki, Finland, Goodhart Professor of Legal Science (2008–2009), University of Cambridge, UK Karl-Heinz Ladeur, Dr. iur., em. Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg, distinguished Bremen Professor an der Bremen International Graduate School of Social Sciences; External Professor am Europäischen Hochschulinstitut, Florenz, Italien Benjamin Lahusen, Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin Andreas Maurer, LL. M. (Osgoode), Rechtsanwalt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen Rodrigo Octávio Broglia Mendes, Dr. iur., LL. M. (Frankfurt) Christoph Menke, Dr. phil., Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt am Main Antonio Negri, Professor of Philosophy of Public Law and Political Science at the University of Padua and Paris VIII Saint-Denis, France
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Marcelo Neves, Dr. iur., Professor für Staatstheorie an der Rechtsfakultät der Universität São Paulo, Brasilien Richard Nobles, Professor of Law, Queen Mary University of London; formerly Reader in Law, LSE John Paterson, Dr., Reader in Law and Deputy Head of School, School of Law, University of Aberdeen, Scotland, UK Oren Perez, PhD (London School of Economics and Political Science, 2001); Assistant Professor, Bar Ilan University, Faculty of Law, Israel Riccardo Prandini, Associate professor at the University of Bologna, Faculty of Political Sciences, Italy Moritz Renner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am DFG-Sonderforschungsbereich „Staatlichkeit im Wandel“, Bremen Jean-Philippe Robé, Partner, Gibson, Dunn & Crutcher LLP, Los Angeles, California, USA Florian Rödl, Dr. iur., M. A., Zentrum für europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen (ZERP) Ralf Rogowski, Dr. iur., LL. M., Associate Professor and Reader in Law, University of Warwick, UK Annamaria Rufino, Full Professor of Sociology of Law, Director of Dipartimento di Studi Europei e Mediterranei, II Università degli Studi di Napoli, Italia Inger-Johanne Sand; Professor, Dr juris, Faculty of Law, University of Oslo David Schiff, Professor of Law, Queen Mary University of London; formerly Reader in Law, LSE Anton Schütz, Dr. iur., Senior Lecturer Birkbeck School of Law, University of London, UK Achilles Skordas, Dr. iur., Professor of International Law, University of Bristol, UK Fabian Steinhauer, Dr. phil., Dr. iur.; Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Frankfurt am Main Alain Supiot, Professor of Law, Nantes Institute for Advanced Studies Thomas Vesting, Dr. iur., Universitätsprofessor an der Universität Frankfurt am Main Dan Wielsch, Dr. iur., LL. M. (Berkeley), Privatdozent am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main Helmut Willke, Dr. iur., Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Bielefeld, Professor für Global Governance an der Zeppelin-University Friedrichshafen Peer Zumbansen, Dr. iur., Professor, Canada Research Chair, Associate Dean (Research, Graduate Studies and Institutional Relations) Director, Critical Research Laboratory in Law & Society, Osgoode Hall Law School, York University, Toronto, Canada
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner Monographien 1. Regime-Kollisionen: Zur Fragmentierung des globalen Rechts. Suhrkamp, Frankfurt 2006, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano. 2. Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising, just-in-time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht. Nomos, Baden-Baden 2004. 3. Recht als autopoietisches System. Suhrkamp, Frankfurt 1989, 2. Aufl. 1996. Englische Fassung: Law as an Autopoietic System. Blackwell, London 1993. Französische Fassung: Droit – un système autopoiétique. Presses Universitaires de France, Paris 1993. Portugiesische Fassung: O direito como sistema autopoiético. Fundação Calouste Gulbenkian, Lissabon 1993. Japanische Fassung: in: Reihe Poiesis, Mirai-Sha-Verlag, Tokio 1994. Italienische Fassung: Il diritto come sistema autopoietico. Giuffrè, Mailand 1996. Ungarische Fassung (Teilabdruck): A Tardsadolom es a jog autopoieticus felepitese. Tempus, Budapest 1996, 66–112. Chinesische Fassung: Peking University Press, Peking 2004. Georgische Fassung: Samartali rogorc autopoirturi sistema. Meridiani, Tiflis 2008. Koreanische Fassung: Seoul 2008. 4. Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung: Rechtsmodelle für politisch relevante Verbände. Tübinger Habilitationsschrift, Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Band 47, Mohr Siebeck, Tübingen 1978. 5. Gegenseitige Vertragsuntreue: Rechtsprechung und Dogmatik zum Ausschluß von Rechten nach eigenem Vertragsbruch. Band 38, Mohr Siebeck, Tübingen 1975. 6. Public Status of Private Associations. Thesis submitted in partial satisfaction of the requirements for the degree of Master of Arts in Law and Society in the Graduate Division of the University of California, Berkeley. Universitätsbibliothek Berkeley/Cal. 1974. 7. Standards und Direktiven in Generalklauseln: Möglichkeiten und Grenzen der empirischen Sozialforschung bei der Präzisierung der Gute-
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Sitten-Klauseln im Privatrecht. Tübinger Dissertation, 1970. Studien und Texte zur Theorie und Methodologie des Rechts, Band 8, Athenäum, Frankfurt 1971.
Übersetzungen von Aufsatzsammlungen des Autors: 8. Lectio Magistralis: Giustizia autosovversiva. Formula di contingenza o di trascendenza del diritto. Herausgegeben von Annamaria Rufino, La Città del sole, Neapel 2008. 9. Autopoiesis, reflexives Recht und globaler Rechtspluralismus (Koreanisch). Korea Legislation Research Institute, Seoul 2008. 10. La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere delle costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005. 11. Il diritto possibile. Guerini, Mailand 2005, zusammen mit Annamaria Rufino. 12. Dikaio kai Autopoiisi: Sygkrouseis kai Paradoxa (Recht und Autopoiese: Kollisionen und Paradoxien), P. Sakkoulas, Athen-Thessaloniki 2005. 13. Direito, Sistema, Policontexturalidade, Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005. 14. El Derecho como sistema autopoiético de la sociedad global. Herausgegeben von Carlos Gómez-Jara Díez, Universidad Externado de Colombia, Bogotá 2005 und ARA Editores, Lima 2005. 15. Theorie der Verrechtlichung (Koreanisch). Korea Legislation Research Institute, Seoul 2004. 16. Direito e cidadania na Pós-Modernidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2002, zusammen mit José Augusto Alves, Joaqim Alvim und Dorothee Rüdiger. 17. Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999. 18. Droit et réflexivité: L’auto-référence en droit et dans l’organisation. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994.
Herausgegebene Bücher 19. Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit. Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 2008, Heft 1, Lucius & Lucius, Stuttgart 2008. 20. Vertragsnetze: Rechtsprobleme vertraglicher Multilateralität. Schwerpunktheft der Kritischen Vierteljahresschrift 89, Doppelheft 2–3, 2006, 103–290, zusammen mit Marc Amstutz.
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Englische Fassung: Contractual Networks: Legal Issues of Multilateral Cooperation. Hart, Oxford 2008, zusammen mit Marc Amstutz (im Erscheinen). Paradoxes and Inconsistencies in the Law. Hart, Oxford 2005, zusammen mit Oren Perez. Transnational Governance and Constitutionalism. Hart, Oxford 2004, zusammen mit Christian Joerges und Inger-Johanne Sand. Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigung zwischen Privatrechtsdogmatik und Gesellschaftstheorie. Nomos, Baden-Baden 2003, zusammen mit Christian Joerges. Die Rückgabe des zwölften Kamels: Niklas Luhmann in der Diskussion über Gerechtigkeit. Lucius & Lucius, Stuttgart 2000. Japanische Fassung: Minerva-Verlag, Kyoto 2005. Global Law Without A State. Dartmouth, Aldershot 1996. Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe. Folgenorientiertes Argumentieren in rechtsvergleichender Sicht. Nomos, Baden-Baden 1995. Environmental Law and Ecological Responsibility: The Concept and Practice of Ecological Self-Organization. Wiley, Chichester 1994, zusammen mit Lindsay Farmer und Declan Murphy. State, Law and Economy as Autopoietic Systems: Regulation and Autonomy in a New Perspective. Giuffrè, Mailand 1992, zusammen mit Alberto Febbrajo. Paradoxes of Self-Reference in the Humanities, Law and the Social Sciences. Anma Libri, Stanford/Cal. 1990, zusammen mit Jean-Pierre Dupuy. Regulating Corporate Groups in Europe. Nomos, Baden-Baden 1990, zusammen mit David Sugarman. Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society. Schriftenreihe des Europäischen Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/ New York 1988. Französische Fassung (Teilabdruck): Le système juridique. Archives de philosophie du droit, Band 31, Edition Sirey, Paris 1986. Juridification of Social Spheres: A Comparative Analysis in the Areas of Labor, Corporate, Antitrust and Social Welfare Law. Schriftenreihe des Europäischen Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/ New York 1987. Contract and Organisation: Legal Analysis in the Light of Economic and Social Theory. De Gruyter, Berlin/New York 1986, zusammen mit Terence C. Daintith. Dilemmas of Law in the Welfare State. Schriftenreihe des Europäischen Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/New York 1986. Corporate Governance and Directors’ Liability: Legal, Economic and Sociological Analyses of Corporate Social Responsibility. De Gruyter, Berlin/New York 1985, zusammen mit Klaus J. Hopt.
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Aufsätze 2008 36. Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts? In: Gunther Teubner (Hrsg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 2008, Heft 1, Lucius & Lucius, Stuttgart 2008, 9–36 und gekürzte Fassung unter dem Titel: Gerechtigkeit in der Selbstbeschreibung des Rechtssystems. In: Soziale Systeme 13, 2007, 304–316. Englische Fassung: Self-subversive Justice: Contingency or Transcendence Formula of Law? In: Modern Law Review 72, 2009 (im Erscheinen). Italienische Fassung: Giustizia autosovversiva: formula di contingenza o di trascendenza del diritto? In: Annamaria Rufino (Hrsg.), Lectio Magistralis: Giustizia autosovversiva, La Città del sole, Neapel 2008, 15–63. 37. Die Erblast. Editorial. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 2008, Heft 1, Lucius & Lucius, Stuttgart 2008, 3–7. 38. Fragmented Foundations: Societal Constitutionalism Beyond the Nation State. In: Petra Dobner und Martin Loughlin (Hrsg.), The Twilight of Constitutional Law: Demise or Transmutation? (im Erscheinen). 39. Transnationaler Konstitutionalismus – Fünf Thesen. In: Gernot Wilhelm (Hrsg.), Unterwegs zu neuen Weltordnungen? Folgen der Globalisierung, Symposion der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, 22. Februar 2008 (Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, Jahrgang 2008), Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008 (im Erscheinen). 40. Justice Under Global Capitalism? In: Law & Critique 19, 2008, 329–334 und in: European Journal of Legal Studies 1, 2008, Special Conference Issue: „Governance, Civil Society and Social Movements“, 1–8. Italienische Fassung: Giustizia nell’era del capitalismo globale? In: Posse: Politica, Filosofia, Moltitudini 2008 und in: European Journal of Legal Studies 1, 2008, Special Conference Issue: „Governance, Civil Society and Social Movements“, 1–8. 41. State Policies in Private Law? Comment on Hanoch Dogan. In: The American Journal of Comparative Law 56, 2008, 835–844. 42. Zwei Arten des Rechtspluralismus: Normkollisionen in der doppelten Fragmentierung der Weltgesellschaft. In: Matthias Kötter und Gunnar
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Folke Schuppert (Hrsg.), Normative Pluralität ordnen, Nomos, Baden-Baden 2008, zusammen mit Peter Korth (im Erscheinen). 43. Cannibalizing Epistemes: Will Modern Law Protect Traditional Cultural Expressions? In: Christoph Beat Graber und Mira Burri-Nenova (Hrsg.), Intellectual Property and Traditional Cultural Expressions in a Digital Environment, Edward Elgar, Cheltenham 2008, 17–45, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano. 2007 44. Wandel der Rolle des Rechts in Zeiten der Globalisierung: Fragmentierung, Konstitutionalisierung und Vernetzung globaler Rechtsregimes. In: Junichi Murakami, Hans-Peter Marutschke und Karl Riesenhuber (Hrsg.), Globalisierung und Recht: Beiträge Japans und Deutschlands zu einer internationalen Rechtsordnung im 21. Jahrhundert, De Gruyter, Berlin 2007, 3–55 und modifizierte Fassung unter dem Titel: Fragmentierung des Weltrechts: Vernetzung globaler Regimes statt etatistischer Rechtseinheit. In: Mathias Albert und Rudolf Stichweh (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit: Beobachtungen globaler politischer Strukturbildung, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, 37–61, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano. Englische Fassung: Regime-Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law. In: Michigan Journal of International Law 25, 2004, 999–1046, zusammen mit Andreas FischerLescano. Italienische Fassung: Scontro tra regimi: la vana ricerca di unità nella frammentazione del diritto globale. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere dell costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano 2005, 139–190. Japanische Fassung in: Junichi Murakami und Hans-Peter Marutschke (Hrsg.), Recht im Spannungsfeld nationaler, regionaler und globaler Interessen: Deutsche und Japanische Perspektiven, Shinzansha, Tokio 2008. 45. The Private/public Dichotomy: After the Critique? In: Re-public: Reimagining Democracy 2007, abrufbar unter: http://www.re-public.gr/ en/?p=99. 2006 46. Elektronische Agenten und große Menschenaffen: Zur Ausweitung des Akteursstatus in Recht und Politik. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 27, 2006, 5–30 und modifizierte Fassung in: Paolo Becchi und
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Christoph Beat Graber (Hrsg.), Interdisziplinäre Wege in der juristischen Grundlagenforschung, Schulthess, Zürich 2008, 1–30. Englische Fassung: Rights of Non-humans? Electronic Agents and Animals as New Actors in Politics and Law. In: Journal of Law and Society 33, 2006, 497–521 und Max Weber Lecture, abrufbar unter: http://cadmus.eui.eu/dspace/bitstream/1814/6960/1/ MWP _ LS _2007_ 04.pdf. 47. Prozedurale Rechtstheorie: Rudolf Wiethölter. In: Sonja Buckel, Ralph Christensen und Andreas Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, Lucius & Lucius, Stuttgart 2006, 79–96, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano. 48. Die anonyme Matrix: Menschenrechtsverletzungen durch „private“ transnationale Akteure. Plenarvortrag Weltkongress der Rechtsphilosophie und Sozialphilosophie, 24.–29. Mai 2005, Granada. In: Der Staat 45, 2006, 161–187 und in: Winfried Brugger, Ulfrid Neumann und Stephan Kirste (Hrsg.), Deutsche Rechtsphilosophie zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Suhrkamp, Frankfurt 2008, 440–472. Englische Fassung: The Anonymous Matrix: Human Rights Violations by „Private“ Transnational Actors. In: Modern Law Review 69, 2006, 327–346 und unter dem Titel: Globalized Society – Fragmented Justice. In: Manuel Escamilla und Modesto Saavedra (Hrsg.), Law and Justice in a Global Society, Proceedings of the 22nd World Congress of the International Association for Philosophy of Law and Social Philosophy, Anales de la Cátedra Francisco Suárez 39, University of Granada Press, Granada 2005, 547–562. Italienische Fassung: La matrice anonima: Quando „privati“ attori transnazionali vìolano i diritti dell’uomo. In: Rivista critica del diritto privato 24, 2006, 9–38. Spanische Fassung: Sociedad global, justicia fragmentada: sobre la violación de los derechos humanos por actores transnacionales ‚privados‘. In: Manuel Escamilla und Modesto Saavedra (Hrsg.), Law and Justice in a Global Society, Proceedings of the 22nd World Congress of the International Association for Philosophy of Law and Social Philosophy, Anales de la Cátedra Francisco Suárez 39, University of Granada Press, Granada 2005, 529–546. Chinesische Fassung: In: Hongjun Gao (Hrsg.), Tsinghua Journal of Rule of Law, Tsinghua University Press, Tsinghua 2008, 280– 313. 2005 49. Der Wahnsinn der Rechtsenzyklopädien. In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 91, 2005, 587–593.
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50. Codes of Conduct multinationaler Unternehmen: Unternehmensverfassung jenseits von Corporate Governance und Mitbestimmung. In: Armin Höland, Christine Hohmann-Dennhardt, Marlene Schmidt und Achim Seifert (Hrsg.), Arbeitnehmermitwirkung in einer sich globalisierenden Arbeitswelt: Liber Amicorum Manfred Weiss, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2005, 109–117 und in: Dieter Gosewinkel, Wolfgang Merkel und Dagmar Simon (Hrsg.), Unternehmen, Staat, Globalisierung: Festschrift für Jürgen Kocka zum 65. Geburtstag, Wissenschaftszentrum Berlin, WZB -Vorlesungen 2007, 36–51. Englische Fassung: The Corporate Codes of Multinationals: Company Constitutions Beyond Corporate Governance and Co-Determination. In: Rainer Nickel (Hrsg.), Conflict of Laws and Laws of Conflict in Europe and Beyond: Patterns of Supranational and Transnational Juridification, Hart, Oxford 2008 (im Erscheinen). 51. Rechtstransfer: Eine Erinnerung an Georg von Belows „Die Ursachen der Rezeption“. In: Rechtsgeschichte 7, 2005, 38–45, zusammen mit Marie-Theres Fögen. 52. Unternehmenskooperationen als verbundene Verträge: Zur rechtsdogmatischen Rekonstruktion privater Ordnungen. In: Reinhard Damm, Peter W. Heermann und Rüdiger Veil (Hrsg.), Festschrift für Thomas Raiser, De Gruyter, Berlin 2005, 769–786. 53. Expertise als soziale Institution: Die Internalisierung Dritter in den Vertrag. In: Gert Brüggemeier (Hrsg.), Liber Amicorum Eike Schmidt zum 65. Geburtstag, Müller, Heidelberg 2005, 303–334. Englische Fassung: Expertise as Social Institution: Internalising Third Parties into the Contract. In: David Campbell, Hugh Collins und John Wightman (Hrsg.), Implicit Dimensions of Contract: Discrete, Relational and Network Contracts, Hart, Oxford 2003, 333–363. 2004 54. Consensus as Fiction of Global Law: Reply to Andreas L. Paulus. In: Michigan Journal of International Law 25, 2004, 1059–1073, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano. 55. Profit sharing als Verbundpflicht? Zur Weiterleitung von Netzvorteilen in Franchise-Systemen. In: Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht 168, 2004, 78–96. 56. Coincidentia oppositorum: Das Recht der Netzwerke jenseits von Vertrag und Organisation. In: Marc Amstutz (Hrsg.), Die vernetzte Wirtschaft: Netzwerke als Rechtsproblem, Schulthess, Zürich 2004, 11–42. Englische Fassung: Coincidentia oppositorum: Hybrid Networks Beyond Contract and Organization Storrs Lecture Series, Yale Law School, 7.–9. Oktober, 2003.
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Japanische Fassung: Hoso Jiho. In: Lawyers Association Journal 57, 2005, 2591–2630 und in: Doshisha Hogaku 2008. 57. Paradoxien der Netzwerke in der Sicht der Rechtssoziologie und der Rechtsdogmatik. In: Michael Bäuerle, Alexander Hanebeck, Carola Hausotter, Matthias Mayer, Jörg Mohr, Michael Mors, Kara Preedy und Astrid Wallrabenstein (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht? Zum Verhältnis von Recht und Wirklichkeit, Nomos, Baden-Baden 2004, 9–31. 2003 58. Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie. In: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 63, 2003, 1–28 und in: Marcelo Neves und Rüdiger Voigt (Hrsg.), Die Staaten der Weltgesellschaft: Luhmanns Staatsverständnis, Nomos, Baden-Baden 2007, 117–146 und in: Leipziger Juristische Seminararbeiten, Jahrbuch 2005, 9–38 und gekürzte Fassung in: Kursbuch 155: Neue Rechtsordnungen, 2004, 81–97. Englische Fassung: Societal Constitutionalism: Alternatives to Statecentred Constitutional Theory? („Storrs Lectures 2003/04“ Yale Law School). In: Christian Joerges, Inger-Johanne Sand und Gunther Teubner (Hrsg.), Constitutionalism and Transnational Governance, Hart, Oxford 2004, 3–28 und in: Ius et Lex 2004, 31–50 und in: Paul Schiff Berman (Hrsg.), Law and Society Approaches to Cyberspace, Ashgate, Aldershot 2007, 143–168. Französische Fassung: Constitutionalisme sociétal et globalisation: alternatives à la théorie constitutionelle centrée sur l’État. In: Revue juridique Thémis 39, 2005, 435–458. Italienische Fassung: Costituzionalismo societario: alternative alla teoria costituzionale stato-centrica. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere dell costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, 105–138. Spanische Fassung: Globalización y constitucionalismo social: alternativas a la teoría constitucional centrada en el Estado“. In: Carlos GómezJara Díez (Hrsg.), Teoría de sistemas y Derecho penal: Fundamentos y posibilidades de aplicación, Comares, Granada 2005, 87–119 und in: Silvima Bacigalupo Saggese und Manuel Canio Meliá (Hrsg.), Derecho penal y política transnacional, Atelier, Barcelona 2005, 1–48 und in: Gunther Teubner, El Derecho como sistema autopoiético de la sociedad global. Herausgegeben von Carlos Gómez-Jara Diez, Universidad Externado de Colombia, Bogotá 2005 und ARA Editores, Lima 2005. Polnische Fassung: Konstytucjonalizm spoleczny: Alternatywy dla teorii konstitucyjnej nakierowanej na panstwo. In: Ius et Lex 3, 2004, 5–27.
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Georgische Fassung: socialuri konstitucionalizmi: saxelmwifoebrivi konstituciuri teoriis alternativebi in globaluri konstitucionalizmni, 2008. Die Perspektive soziologischer Jurisprudenz: Das Recht der Netzwerke. In: Stefan Machura und Stefan Ulbrich (Hrsg.), Recht – Gesellschaft – Kommunikation: Festschrift für Klaus F. Röhl, Nomos, Baden-Baden 2003, 40–50. http://www.CompanyNameSucks.com: Drittwirkung der Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet? In: Karl-Heinz Ladeur (Hrsg.), Innovationsoffene Regulierung des Internet. Neues Recht für Kommunikationsnetzwerke, Nomos, Baden-Baden 2003, 249–272, zusammen mit Vaios Karavas. Englische Fassung: CompanyName.Sucks.Com: In: German Law Journal 4, 2003, 1335–1358, abrufbar unter: http://www.germanlawjournal. com/article.php?id=356 und in: Constellations 2005, 262–282. Italienische Fassung: http://www.CompanyNameSucks.com: Effetti orizzontali dei diritti fondamentali sulle parti private nella legge autonoma di internet. In: Vita e Pensiero 2008. The Autonomy of Law: Introduction to Legal Autopoiesis. In: David Schiff und Richard Nobles (Hrsg.), Introducion to Jurisprudence and Legal Theory, Butterworth, London 2003, Kapitel 19, zusammen mit David Schiff und Richard Nobles. Koreanische Fassung in: Gunther Teubner, Theorie der Verrechtlichung, Korea Legislation Research Institute, Seoul 2004, 105–122. Dreiers Luhmann. In: Robert Alexy (Hrsg.), Integratives Verstehen: Zur Rechtsphilosophie Ralf Dreiers, Mohr Siebeck, Tübingen 2005, 199–211. Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter. In: Christian Joerges und Gunther Teubner (Hrsg.), Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigung zwischen Privatrechtsdogmatik und Gesellschaftstheorie, Nomos, Baden-Baden 2003, 25–45. Englische Fassung: Dealing with Paradoxes of Law: Derrida, Luhmann, Wiethölter. („Storrs Lectures 2003/04“ Yale Law School). In: Oren Perez und Gunther Teubner (Hrsg.), On Paradoxes and Self-reference in Law, Hart, Oxford 2006, 41–64. Italienische Fassung: Sui paradossi del diritto: Derrida, Luhmann, Wiethölter. In: Annamaria Rufino (Hrsg.), Vate Ghibellino: In memoria di Bruno Iorio, 2008. 2002
64. Zur Eigenständigkeit des Rechts in der Weltgesellschaft: Eine Problemskizze. In: Rainer Schweizer, Herbert Burkert und Urs Gasser (Hrsg.), Festschrift für Jean Nicolas Druey, Schulthess, Zürich 2002, 145–151.
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2001 65. Das Recht hybrider Netzwerke. In: Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht 165, 2001, 550–575. Englische Fassung: Hybrid Laws: Constitutionalizing Private Governance Networks. In: Robert Kagan und Kenneth Winston (Hrsg.), Legality and Community: On the Intellectual Legacy of Philip Selznick, Berkeley Public Policy Press, Berkeley 2002, 311–331. Italienische Fassung: Diritti ibridi: costituzionalizzare le reti private di governance private. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere delle costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, 79–104. 66. Rechtsirritationen: Zur Koevolution von Rechtsnormen und Produktregimes. In: Günter Dux und Frank Welz (Hrsg.), Moral und Recht im Diskurs der Moderne: Zur Legitimation gesellschaftlicher Ordnung, Leske und Budrich, Opladen 2001, 351–380 und als gekürzte Fassung unter dem Titel: Rechtsirritationen: Der Transfer von Rechtsnormen in rechtssoziologischer Sicht. In: Jürgen Brand und Dieter Stempel (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift Erhard Blankenburg, Nomos, Baden-Baden 1998, 233–244. Englische Fassung: Legal Irritants: Good Faith in British Law Or How Unifying Law Ends Up in New Differences. In: Modern Law Review 61, 1998, 11–32 und in: Francis Snyder (Hrsg.), The Europeanisation of Law: The Legal Effects of European Integration, Hart, Oxford 2000, 243–267 und unter dem Titel: How Unifying Law Ends Up in New Differences. In: Peter Hall und David Soskice (Hrsg.), Varieties of Capitalism: The Institutional Foundations of Comparative Advantage, Oxford University Press, Oxford 2001, 417–441. Portugiesische Fassung: Irritacoes jurídicas: para a co-evolucao de normas jurídicas e regimes de producao. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade, Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 153–188. Chinesische Fassung: In: Hongjun Gao (Hrsg.), Tsinghua Journal of Rule of Law, Tsinghua University Press, Tsinghua 2008, 314–354. 2000 67. Ein Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken ( BVerf GE 89, 214 ff.). In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 83, 2000, 388–404. 68. Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft. In: Dieter Simon und Manfred Weiss (Hrsg.),
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Zur Autonomie des Individuums: Liber Amicorum Spiros Simitis, Nomos, Baden-Baden 2000, 437–453. Englische Fassung: Global Private Regimes: Neo-Spontaneous Law and Dual Constitution of Autonomous Sectors? In: Karl-Heinz Ladeur (Hrsg.), Public Governance in the Age of Globalization, Ashgate, Aldershot 2004, 71–87. Französische Fassung: Un droit spontané dans la société mondiale? In: Charles-Albert Morand (Hrsg.), Le droit saisi par la mondialisation, Bruylant/Helbing & Lichtenhahn, Bruxelles/Basel 2001, 197–220. Italienische Fassung: Regimi privati globali: Nuovo diritto spontaneo e costituzione duale nelle sfere autonom della società globale. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere delle costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, 57–78. Portugiesische Fassung: Regimes privados: direito neo-espontaneo e constituicoes dualistas na sociedade mundial. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 105–128. Spanische Fassung: Los Regímenes Globales Privados: ¿Derecho Neoespontáneo y Constitución Dual de Sectores Autónomos? In: Laura Saldivia (Hrsg.), Nuevo Pensamiento Juridico, Siglo del Hombre Editores, Bogotá 2008. Georgische Fassung: globaluri samartlebrivi rejimebi: neo-spontanuri samartali da avtonomiuri seqtorebis dualisturi konstruqcia? In: Proceedings of the Georgian Academy of Sciences: Journal of the Institute of State and Law 2, 2006, 5–26. 69. Rechtsentfremdungen: Zum gesellschaftlichen Mehrwert des zwölften Kamels. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 21, 2000, 189–215 und in Gunther Teubner (Hrsg.), Die Rückgabe des zwölften Kamels: Niklas Luhmann in der Diskussion über Gerechtigkeit, Lucius & Lucius, Stuttgart 2000, 189–215, zusammen mit Peer Zumbansen. Englische Version: Alienating Justice: On the Social Surplus Value of the Twelfth Camel. In: David Nelken und Jiri Pribán (Hrsg.), Law’s New Boundaries: Consequences of Legal Autopoiesis, Ashgate, Aldershot 2001, 21–44. Französische Fassung: Les multiples aliénations du droit: Sur la plusvalue sociale du douzième chameau. In: Droit et Société 47, 2001, 75–99. Italienische Fassung: Le molteplici alienazioni del diritto: Sul plusvalore sociale del dodicesimo camello. In: Annamaria Rufino und Gunther Teubner, Il diritto possibile: Funzioni e prospettive del medium giuridico, Guerini, Mailand, 2005, 93–130.
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Polnische Fassung: Sprawiedliwosc alienujaca: O dodatkowej wartosci dwunastego wielblada. In: Ius et Lex 1, 2002, 106–132. Japanische Fassung: Minerva-Verlag, Kyoto 2005. 70. A Collision of Discourses: Foreword. In: David Schiff und Richard Nobles (Hrsg.), Understanding Miscarriages of Justice: Law, the Media and the Inevitability of Crisis, Oxford University Press, Oxford 2000, VII – XI . 1999 71. Drei persönliche Begegnungen. In: Rudolf Stichweh (Hrsg.), Niklas Luhmann – Wirkungen eines Theoretikers, Transcript, Bielefeld 1999, 19–25. 72. Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchungen von System und différance. In: Albrecht Koschorke und Cornelia Vismann (Hrsg.), Widerstände der Systemtheorie: Kulturtheoretische Analysen zum Werk von Niklas Luhmann, Akademie, Berlin 1999, 199–212. Englische Fassung: Economics of Gift – Positivity of Justice: The Mutual Paranoia of Jacques Derrida and Niklas Luhmann. In: Theory, Culture and Society 18, 2001, 29–47 und in: Roger Cotterell (Hrsg.), Law in Social Theory: International Library of Essays in Law and Society, Ashgate, Aldershot 2006, 315–333. Französische Fassung: Économie du don et positivité de la justice: La paranoia réciproque de Jacques Derrida et de Niklas Luhmann. In: Droit et Société 65, 2007, 105–122. Italienische Fassung: Economia del dono, positività della giustizia: la reciproca paranoia di Jacques Derrida e Niklas Luhmann. In: Sociologia e politiche sociali 6, 2003, 113–130. Portugiesische Fassung: Economia da dádiva – posividade da rustica; „assombracao“ mutua entre sistema e différance. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade, Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 55–78. 73. Eigensinnige Produktionsregimes: Zur Ko-evolution von Wirtschaft und Recht in den varieties of capitalism. In: Soziale Systeme 5, 1999, 7–25. Englische Fassung: Idiosyncratic Production Regimes: Coevolution of Legal and Economic Institutions in the Varieties of Capitalism. In: John Ziman (Hrsg.), The Evolution of Cultural Entities: Proceedings of the British Academy, Oxford University Press, Oxford 2002, 161–181. Portugiesische Fassung: Regimes de producao idiossincráticos: sobre co-evolucao da economia e do direito nas varities of capitalism. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 129–152.
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74. Polykorporatismus: Der Staat als „Netzwerk“ öffentlicher und privater Kollektivakteure. In: Peter Niesen und Hauke Brunkhorst (Hrsg.), Das Recht der Republik: Festschrift Ingeborg Maus, Suhrkamp, Frankfurt 1999, 346–372. Englische Fassung: The „State“ of Private Networks: The Emerging Legal Regime of Polycorporatism in Germany. In: Brigham Young University Law Review 1993, 553–575. 1998 75. Nach der Privatisierung? Diskurskonflikte im Privatrecht. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 19, 1998, 8–36 und in: Christian MeierSchatz (Hrsg.), Die Zukunft des Rechts, Helbing & Lichtenhahn, Basel 1999, 128–161. Englische Fassung: After Privatisation? The Many Autonomies of Private Law. In: Thomas Wilhelmsson und Samuli Hurri (Hrsg.), From Dissonance to Sense: Welfare State Expectations, Privatisation and Private Law, Dartmouth, Aldershot 1999, 51–82 und in Current Legal Problems 51, 1998, 393–424. Italienische Fassung: Dopo la privatizzazione? Il ritorno dei conflitti politici nei private governments. In: Gunther Teubner, Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999, 143–175. Portugiesische Fassung: Após a privatizzo: conflitos de discursos no direito privado. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 233–268. 76. Vertragswelten: Das Recht in der Fragmentierung von Private Governance Regimes. In: Rechtshistorisches Journal 17, 1998, 234–265. Englische Fassung: Contracting Worlds: The Many autonomies of Private Law (Annual Lecture Edinburgh 1997). In: Social and Legal Studies 9, 2000, 399–417. Italienische Fassung: Mondi contrattuali. Discourse rights nel diritto privato. In: Gunther Teubner, Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999, 113–142. Portugiesische Fassung: Mundos contratuais: o direito na fragmentação de regimes de private governance. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 269–297. 77. Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis. In: Social and Legal Studies 7, 1998, 451–486, zusammen mit John Paterson und gekürzte Fassung in: Reza Banakar und Max Travers (Hrsg.), Theory and Method in Socio-legal Research, Hart, Oxford 2005, 215–237.
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78. Die unmögliche Wirklichkeit der Lex Mercatoria: Eine Kritik der théorie ludique du droit. In: Manfred Lieb, Harm P. Westermann und Ulrich Noack (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Zöllner, Heymann, Köln 1998, 565–588. Englische Fassung: Breaking Frames: The Global Interplay of Legal and Social Systems. In: The American Journal of Comparative Law 45, 1997, 149–169 und unter dem Titel: Breaking Frames: Economic Globalization and the Emerge of Lex Mercatoria. In: European Journal of Social Theory 5, 2002, 199–217 und in: Paul James (Hrsg.), Globalization and Economy, Sage Publications 2008. Französische Fassung: Briser les cadres: le „jeu“ mondial entre „systèmes“ sociaux et juridiques. In: Philippe Robert, Francine SoubiranPaillet und Michel van de Kerchove (Hrsg.), Normes, normes juridiques, normes pénales: pour une sociologie des frontières (Tome 1), Harmattan, Paris 2000. Italienische Fassung: Breaking frames: la globalizzazione economica e l’emergere della lex mercatoria. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere dell costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, 17–37. 79. Law as an Autopoietic Social System. In: ESRC Business Processes Resource Centre, BPRS Paper Series, LSE Complexity Study Group No. 3, 1998. 1997 80. Im blinden Fleck der Systeme: Die Hybridisierung des Vertrages. In: Soziale Systeme 3, 1997, 313–326. Englische Fassung: In the Blind Spot: The Hybridization of Contract. In: Theoretical Inquiries in Law 8, 2007, 51–71. Italienische Fassung: Nel punto cieco dei sistemi: l’ibridazione del contratto. In: Sociologia e politiche sociali 4, 2001, 60–73. 81. Verrechtlichung – ein ultrazyklisches Geschehen: Ökologische Rekursivität im Verhältnis Recht und Gesellschaft. In: POST – Jahrbuch für politische Steuerung 1997, 9–32 und in: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Evolution des Rechts, Nomos, Baden-Baden 1998, 193–213. Englische Fassung: The Ultracycle of Juridification: Ecological Recursiveness in Law and Society. In: Frank Fleerackers (Hrsg.), Law, Life and the Images of Man: Modes of Thought in Modern Legal Theory: Festschrift for Jan Broekman, Duncker und Humblot, Berlin 1996, 75–93. Japanische Fassung in: Nichi-Doku-Hogaku-kai, Jahrbuch der JapanischDeutschen Gesellschaft für Rechtswissenschaft 21, 2003, 24–46.
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Koreanische Fassung in: Gunther Teubner, Theorie der Verrechtlichung, Korea Legislation Research Institute, Seoul 2004, 9–68. 82. Art and Money: Constitutional Rights in the Private Sphere. In: Oxford Journal of Legal Studies 18, 1998, 61–73, zusammen mit Christoph Graber. Italienische Fassung: Arte e denaro: diritti costituzionali nella sfera privata. In: Gunther Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere dell costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando, Rom 2005, 39–55. 83. Difficulties with Systems: Law and Society. In: Eric Schwarz (Hrsg.), La théorie des systèmes: rapport sur la situation inter- et transdisciplinaire, Bösch, Sion 1997. 1996 84. Des Königs viele Leiber: Die Selbstdekonstruktion der Hierarchie des Rechts. In: Soziale Systeme 2, 1996, 229–256 und in: Hauke Brunkhorst und Matthias Kettner (Hrsg.), Globalisierung und Demokratie: Wirtschaft, Recht, Medien, Suhrkamp, Frankfurt 2000, 240–273. Englische Fassung: The King’s Many Bodies: The Self-Deconstruction of Law’s Hierarchy. In: Law and Society Review 31,1997, 763–787. Französische Fassung: Les multiples corps du roi: l’auto-destruction de la hiérarchie du droit. In: Philosophie du droit et droit économique: Quel dialogue? Mélanges en l’honneur de Gérard Farjat, Frison-Roche, Paris 1999, 309–329. Italienische Fassung: I molteplici corpi del re: L’auto-deconstruzione della gerarchia del diritto. In: Gunther Teubner, Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999, 71–112. 85. De collisione discursuum: Communicative Rationalities in Law, Morality and Politics. In: Cardozo Law Review 17, 1996, 901–918 und in: Michel Rosenfeld und Andrew Arato (Hrsg.), Habermas on Law and Democracy: Critical Exchanges, University of California Press, Berkeley 1998, 173–189 und in: Roger Cotterrell (Hrsg.), Law in Social Theory: International Library of Essays in Law and Society, Ashgate, Aldershot 2006, 269–86. 86. Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus. In: Rechtshistorisches Journal 15, 1996, 255–290 und in: Eric Schwarz (Hrsg.), La théorie des systèmes: une approche inter- et transdisciplinaire, Bösch, Sion 1996, 101–119. Englische Fassung: ‚Global Bukowina‘: Legal Pluralism in the WorldSociety. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Global Law Without A State, Dartsmouth, Aldershot 1996, 3–28.
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Italienische Fassung: La Bukowina globale: il pluralismo giuridico nella società mondiale. In: Sociologia e politiche sociali 2, 1999, 49–80. Portugiesische Fassung: Bukowina global sobre a emergência de um pluralismo jurídico transnacional. In: Direito e Globalização 14, 2003. Georgische Fassung: Globaluri bukovina: samarTlebrivi pluralizmi msoflio sazogadoebaSi. Proceedings of the Georgian Academy of Sciences 1, 2005, 185–214. Chinesische Fassung: in Gao Hongjun (Hrsg.), Tsinghua Journal of Rule of Law, Tsinghua University Press, Tsinghua, 2008, 241–279. 87. Legal Regimes of Global Non-State Actors. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Global Law Without A State, Dartsmouth, Aldershot 1996, XIII – XVII . 88. Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer Universalitätsansprüche. In: Hans-Martin Pawlowski und Gerd Roellecke (Hrsg.), Der Universalitätsanspruch des demokratischen Rechtsstaates, ARSP Beiheft 65, Franz Steiner Verlag Stuttgart 1996, 199–220. Englische Fassung: Altera pars audiatur: Law in the Collision of Discourses. In: Richard Rawlings (Hrsg.), Law, Society and Economy, Oxford University Press, Oxford 1997, 149–176. Italienische Fassung: Altera pars audiatur: Il diritto nella collisione dei discorsi. In: Gunther Teubner, Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999, 27–70. Französische Fassung: Altera pars audiatur: le droit dans la collision des discours. In: Droit et Société 35, 1997, 99–123. Portugiesische Fassung: Altera pars audiatur: o direito na colisao de disursos. In: J.A. Lindgren Alves, Gunther Teubner, Joaquim Leonel de Rezende Alvim, Dorothe Susanne Rüdiger (Hrsg.), Direito e Cidadania na Pos-Modernidade, Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2002, 93–129. Koreanische Fassung in: Gunther Teubner, Theorie der Verrechtlichung. Korea Legislation Research Institute, Seoul 2004, 69–105. 89. Double Bind: Hybrid Arrangements as De-paradoxifiers. In: Journal of Institutional and Theoretical Economics – Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 151, 1996, 59–64. 1995 90. Policorporatismo e la società degli interessi. In: Impresa e Stato 30, 1995, 20–24. 91. Folgenorientierung. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe. Folgenorientiertes Argumentieren in rechtsvergleichender Sicht, Nomos, Baden-Baden 1995, 9–16.
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92. Die zwei Gesichter des Janus: Rechtspluralismus in der Spätmoderne. In: Eike Schmidt und Hans-Leo Weyers (Hrsg.), Liber Amicorum Josef Esser, Müller, Heidelberg 1995, 191–214. Englische Fassung: The Two Faces of Janus: Rethinking Legal Pluralism. In: Cardozo Law Review 13, 1992, 1443–1462 und in: Jyrki Uusitalo, Zenon Bankowski und Kaarlo Tuori (Hrsg.), Law and Power: Critical and Socio-Legal Essays, Deborah Charles, Liverpool 1998, 119–140 und in: Stuart Henry (Hrsg.), Social Control: Aspects of Non-State Justice, Dartmouth, Aldershot 1994. Portugiesische Fassung: As Duas Faces de Janus: pluralismo jurídico na sociedad pós-moderna. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 79–104. 93. Wie empirisch ist die Autopoiese des Rechts? In: Renate Martinsen (Hrsg.), Das Auge der Wissenschaft: Zur Emergenz von Realität, Nomos, Baden-Baden 1995, 137–155. Japanische Fassung in: Shiso (Philosophische Zeitschrift) 1996. 94. Die unsichtbare „Cupola“: Kausalitätskrise und kollektive Zurechnung. In: Weyma Lübbe (Hrsg.), Kausalität und Zurechnung: Über Verantwortung in komplexen kulturellen Prozessen, De Gruyter, Berlin 1994, 91–143 und in: Toru Hijikata und Armin Nassehi (Hrsg.), Riskante Strategien: Beiträge zur Soziologie des Risikos, Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, 157–199. Englische Fassung: The Invisible Cupola: From Causal To Collective Attribution in Ecological Liability. In: Gunther Teubner, Lindsay Farmer und Declan Murphy (Hrsg.), Environmental Law and Ecological Responsibility: The Concept and Practice of Ecological Self-Organization, Wiley, Chichester 1994, 17–47. Französische Fassung: La coupole invisible: de l’attribution causale à l’attribution collective de la responsabilité écologique. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 291–324. Portugiesische Fassung: A cúpula invisível: crise da causalidade e imputatcao coletiva. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 189–232. Japanische Fassung: Toru Hijikata und Armin Nassehi (Hrsg.), Paradox of Risk Control, Shinsensha, Tokio 2002. 1994 95. Ecological Self-Organization. In: Gunther Teubner, Lindsay Farmer und Declan Murphy (Hrsg.), Environmental Law and Ecological Responsibility: The Concept and Practice of Ecological Self-Organization, Wiley, Chichester 1994, 3–13, zusammen mit Lindsay Farmer.
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96. Der Gesellschaft fette Beute: Homo juridicus und homo oeconomicus als kommunikationserhaltende Fiktionen (Wittener Diskussionspapiere 4/94). In: Peter Fuchs und Andreas Göbel (Hrsg.), Der Mensch – das Medium der Gesellschaft, Suhrkamp, Frankfurt 1994, 110–145, zusammen mit Michael Hutter. Englische Fassung: Homo Oeconomicus and Homo Juridicus: Communicative Fictions? In: Theodor Baums, Klaus J. Hopt und Norbert Horn (Hrsg.), Corporations, Capital Markets and Business in the Law: Liber Amicorum Richard Buxbaum, Kluwer, Boston/Den Haag 2000, 569–584, zusammen mit Michael Hutter. Dänische Fassung: Homo oeconomicus og homo juridicus – kommunikative fiktioner. In: Holger Hojlund und Morten Knudsen (Hrsg.), Organiseret kommunikation: Systemteoretiske analyser, Samfundslitteratur, Frederiksberg 2003, 248–265. 97. The Parasitic Role of Hybrids. In: Journal of Institutional and Theoretical Economics – Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 149, 1993, 706–715 und in: David Campbell und Peter Vincent-Jones (Hrsg.), Contract and Economic Organisation: Socio-Legal Initiatives, Dartmouth, Aldershot 1996, 116–124, zusammen mit Michael Hutter. 1993 98. Den Schleier des Vertrags zerreißen? Zur rechtlichen Verantwortung ökonomisch „effizienter“ Vertragsnetzwerke. In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 76, 1993, 367–393 und in überarbeiteter Form unter dem Titel: Netzwerke – Binnenstruktur und Externalitäten: Eine Debatte zwischen Ökonomie und Rechtswissenschaft. In: Georg Schreyögg (Hrsg.), Funktionswandel im Management: Wege jenseits der Ordnung, Duncker & Humblot, Berlin 2000, 125–139. Englische Fassung: Piercing the Contractual Veil? The Social Responsibility of Contractual Networks. In: Thomas Wilhelmsson (Hrsg.), Perspectives of Critical Contract Law, Dartsmouth, Aldershot 1992, 211–238. Französische Fassung: Nouvelle formes d’organisation et droit. In: JeanMarie Doublet und Jean-Claude Tarondeau (Hrsg.), L’echo de la gestion dans les autres sciences, Revue française de gestion, Numero special No. 96, 1993, 50–68 99. „Man schritt auf allen Gebieten zur Verrechtlichung“: Rechtssoziologische Theorie im Werk Otto Kirchheimers. In: Marcus Lutter, Ernst C. Stiefel und Michael Hoeflich (Hrsg.), Der Einfluß deutschsprachiger Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und in Deutschland, Mohr Siebeck, Tübingen 1993, 505–520.
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100. Reflexief recht: De kracht van niet-statelijk recht. In: Nick Huls und Helen Stout (Hrsg.), Reflecties op reflexief recht, Tjeenk Willink, Zwolle 1992, 71–84. 101. Regulatorisches Recht: Chronik eines angekündigten Todes. In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 54, 1992, 140–161. Englische Fassung: Regulatory Law: Chronicle of a Death Foretold. In: Social and Legal Studies 1, 1992, 451–475. Französische Fassung: La Chronique d’une mort annoncée ou les „différends“ du droit régulatoire. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 117–147. Portugiesische Fassung: Direito regulatório: cronica de uma morte anunciada. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturalidade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 19–54. 1992 102. Ist das Recht auf Konsens angewiesen? Zur sozialen Akzeptanz des modernen Richterrechts. In: Hans-Joachim Giegel (Hrsg.), Kommunikation und Konsens in modernen Gesellschaften, Suhrkamp, Frankfurt 1992, 197–211. 103. Die vielköpfige Hydra: Netzwerke als kollektive Akteure höherer Ordnung. In: Wolfgang Krohn und Günter Küppers (Hrsg.), Emergenz: Die Entstehung von Ordnung, Organisation und Bedeutung, Suhrkamp, Frankfurt 1992, 189–216. Englische Fassung: The Many-Headed Hydra: Networks as HigherOrder Collective Actors. In: Joseph McCahery, Sol Picciotto und Colin Scott (Hrsg.), Corporate Control and Accountability: Changing Structures and the Dynamics of Regulation, Oxford University Press, Oxford 1993, 41–60. Französische Fassung: L’hydre à plusieurs têtes: les réseaux comme acteurs collectifs de degré supérieur. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 267–290. Japanische Fassung in: Shiso (Philosophische Zeitschrift) 1995. 104. Autonomy and Regulation in the Autopoietic Perspective. In: Alberto Febbrajo und Gunther Teubner (Hrsg.), State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Giuffrè, Mailand 1992, 3–33, zusammen mit Alberto Febbrajo. 1991 105. L’ouvert s’appuye sur le ferme: Offene Fragen zur Offenheit geschlossener Systeme-Replik auf Klaus von Beyme. In: Journal für Sozialforschung 31, 1991, 287–291.
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Italienische Fassung: L’ouvert s’appuye sur le fermé: Questioni aperte intorno all’apertura dei sistemi chiusi. In: Iride 6, 1991, 248–252. Steuerung durch plurales Recht. Oder: Wie die Politik den normativen Mehrwert der Geldzirkulation abschöpft. In: Wolfgang Zapf (Hrsg.), Die Modernisierung moderner Gesellschaften, Verhandlungen des 25. Deutschen Soziologentages in Frankfurt/Main 1990, Campus, Frankfurt/New York 1991, 528–551. Englische Fassung: Autopoiesis and Steering: How Politics Profits from the Normative Surplus of Capital. In: Roeland In’t Veld, Linze Schaap, Catrien Termeer und Mark van Twist (Hrsg.), Autopoiesis and Configuration Theory: New Approaches to Societal Steering, Kluwer, Boston 1991, 127–141. Französische Fassung: Régulation et pluralité juridique: comment la politique prélève la plus-value normative de la circulation de l’argent. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 149–170. Die Fremdproduktion von Recht: Oder: Wie die Wirtschaft das Recht zur Ko-Evolution überredet. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 12, 1991, 161–169. Introduction In: Jean Pierre Dupuy und Gunther Teubner (Hrsg.), Paradoxes of Self-Reference in the Humanities, Law and the Social Sciences, Anma Libri, Stanford 1990, 1–7, zusammen mit Jean-Pierre Dupuy. Unitas Multiplex: Das Konzernrecht in der neuen Dezentralität der Unternehmensgruppen. In: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 20, 1991, 189–217. Englische Fassung: Unitas Multiplex: Corporate Governance in Group Enterprises. In: Gunther Teubner und David Sugarman (Hrsg.), Regulating Corporate Groups in Europe, Nomos, Baden-Baden 1990, 67–104. Italienische Fassung: Unitas Multiplex: La nuova decentralizzazione dei gruppi di impresa. In: Impresa e Stato 12, 1990, 18–28 und in: Piero Bassetti (Hrsg.), Impresa e Stato: Una istituzione italiana al lavoro verso la Nuova Statalità, Mulino, Bologna 1996, 99–126. 1990
110. Die ‚Politik des Gesetzes‘ im Recht der Konzernhaftung: Plädoyer für einen sektoralen Konzerndurchgriff. In: Jürgen Baur (Hrsg.), Festschrift für Ernst Steindorff, De Gruyter, Berlin 1990, 261–279. 111. ‚Verbund‘, ‚Verband‘ oder ‚Verkehr‘? Zur Außenhaftung von Franchising-Systemen. In: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 154, 1990, 295–324.
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Englische Fassung: Beyond Contract and Organization? The External Liability of Franchising Systems in German Law. In: Christian Joerges (Hrsg.), Franchising and the Law: Theoretical and Comparative Approaches in Europe and the United States, Nomos, Baden-Baden 1991, 105–132. 112. Die Episteme des Rechts: Zu den erkenntnistheoretischen Grundlagen des reflexiven Rechts. In: Dieter Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, Nomos, BadenBaden 1990, 115–154. Englische Fassung: How the Law Thinks: Toward a Constructivist Epistemology of Law. In: Law and Society Review 23, 1989, 727–757 und in: Wolfgang Krohn, Günter Küppers und Helga Nowotny (Hrsg.), Self-Organization: Portrait of a Scientific Revolution, Sociology of the Sciences: A Yearbook, Bd. XIV., Kluwer, Boston 1990, 87–113 und in: Michael Dennis A. Freeman (Hrsg.), Lloyd’s Introduction to Jurisprudence, 6. Aufl., Sweet & Maxwell, London 1995, 636–654. Französische Fassung: Pour une épistémologie constructiviste du droit. In Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 171–204 und veränderte Fassung in: Annales: Economies, Sociétés, Civilisations, Paris 1992, 1149–1169. Italienische Fassung: Il diritto come soggetto epistemico: Per una epistemologia giuridica „costruttivista“. In: Rivista critica del diritto privato 8, 1990, 287–326. Spanische Fassung: El derecho como sujeto epistémico hacia una epistemología constructivista del Derecho. In: DOXA 25, 2002, 533–571. und in: Gunther Teubner, El Derecho como sistema autopoiético de la sociedad global, herausgegeben von Carlos Gómez-Jara Díez, Universidad Externado de Colombia, Bogotá 2005 und ARA Editores, Lima 2005 1989 113. Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm? Autopoietische Geschlossenheit als Problem für die Rechtssetzung ( EUI Working Paper no. 86/207). In: Dieter Grimm und Werner Maihofer (Hrsg.), Gesetzgebungstheorie und Rechtspolitik, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Band XIII , Westdeutscher Verlag, Opladen 1989, 45–64. Englische Fassung: Social Order from Legislative Noise? Autopoietic Closure as a Problem for Legal Regulation. In: Alberto Febbrajo und Gunther Teubner (Hrsg.), State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Giuffrè, Mailand 1992, 609–649.
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Französische Fassung: L’ordre social par le ‚bruit législatif‘? La ferme autopoiétique comme un problème de régulation juridique. In: Archives de la philosophie du droit 32, 1987, 249–275. 114. „And God Laughed“ … Indeterminacy, Self-Reference and Paradox in Law. In: Christian Joerges und David Trubek (Hrsg.), Critical Legal Thought: An American-German Debate, Nomos, Baden-Baden 1989, 399–434 und in: Jean-Pierre Dupuy und Gunther Teubner (Hrsg.), Paradoxes of Self-Reference in the Humanities, Law and the Social Sciences, Anma Libri, Stanford 1990, 15–51. Französische Fassung: Et Dieu rit … Indétermination, autoréférence et paradoxe en droit. In: Archives de philosophie du droit 34, 1989, 269–294. 1988 115. Introduction to Autopoietic Law. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society, De Gruyter, Berlin/New York 1988, 1–11. Japanische Fassung in: Toru Hijakata (Hrsg.), Niklas Luhmann, Neues Wissen, Keiso-Verlag, Tokyo 1990, 265–278. 116. Napoleons verlorener Code. Eigendynamik des Rechts als politisches Problem. In: Arthur Kaufmann (Hrsg.), Rechtsstaat und Menschenwürde: Festschrift für Werner Maihofer, Klostermann, Frankfurt 1988, 587–601. Italienische Fassung: Il codice perduto di Napoleone. La dinamica propria del diritto come problema politico. In: Fenomenologia e sociologia 13, 1990, 41–56. 1987 117. Unternehmenskorporatismus – New Industrial Policy und das „Wesen“ der Juristischen Person. In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 2, 1987, 61–85. Englische Fassung: Enterprise Corporatism – New Industrial Policy and the „Essence“ of the Legal Person (EUI Working Paper Nr. 87/294). In: American Journal of Comparative Law 36, 1988, 130–155, in: Sally Wheeler (Hrsg.), A Reader on the Law of Business Enterprises, Oxford, Oxford University Press 1995, 41–60 und in: R. L. Campbell (Hrsg.) Legal Framework of Business Enterprises Captus Press, Concord 2007. Französische Fassung: Le corporatisme d’entreprise: la nouvelle politique industrielle et l’ „essence“ de la personne morale. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organi-
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saton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 207–233. Chinesische Fassung: Nanjing University Law Review 25, 2006, 21–43. 118. Hyperzyklus in Recht und Organisation: Zum Verhältnis von Selbstbeobachtung, Selbstkonstitution und Autopoiese. In: Hans Haferkamp und Michael Schmid (Hrsg.), Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung: Beiträge zu Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Suhrkamp, Frankfurt 1987, 89–128 und in: Wolfgang Krohn und Günter Küppers (Hrsg.), Selbstorganisation – Aspekte einer wissenschaftlichen Revolution, Vieweg, Braunschweig/ Wiesbaden 1990, 231–263. Englische Fassung: Hypercycle in Law and Organization: The Relationship between Self-Observation, Self-Constitution and Autopoiesis. In: European Yearbook in the Sociology of Law, 1988, 43–79. Französische Fassung: L’hypercycle en droit et dans l’organisation: le rapport entre auto-observation, auto-constitution et autopoièse. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 235–265. 119. Episodenverknüpfung: Zur Steigerung von Selbstreferenz im Recht. In: Dirk Baecker, Jürgen Markowitz, Rudolf Stichweh, Hartmann Tyrell und Helmut Willke (Hrsg.), Theorie als Passion: Festschrift für Niklas Luhmann, Suhrkamp, Frankfurt 1987, 423–446. Französische Fassung: La jonction d’épisodes: le développement de l’autoréférence en droit. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’autoréférence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 99–115. 1986 120. Legal Education and Legal Integration: European Hopes and American Experience. In: Mauro Cappelletti, Monica Seccombe und Joseph Weiler (Hrsg.), Integration Through Law: Europe and the American federal experience, Bd. I, Buch 3, De Gruyter, Berlin/New York 1986, 345–380, zusammen mit Lawrence Friedman. 121. Sociological Jurisprudence and Legal Economics: Risks and Rewards. In: Terence C. Daintith und Gunther Teubner (Hrsg.), Contract and Organisation: Legal Analysis in the Light of Economic and Social Theory, De Gruyter, Berlin/New York 1986, 3–22, zusammen mit Terence Daintith. 122. Industrial Democracy Through Law? Social Functions of Law in Institutional Innovations. In: Terence C. Daintith und Gunther Teubner (Hrsg.), Contract and Organisation: Legal Analysis in the Light of Economic and Social Theory, De Gruyter, Berlin/New York 1986, 261–273.
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Italienische Fassung: Democrazia industriale per legge? In: Gaetano Vardaro (Hrsg.), Diritto del Lavoro e Corporativismi in Europa: Ieri e oggi, Franco Angeli, Mailand 1988, 417–437. 123. Autopoiese im Recht: Zum Verhältnis von Evolution und Steuerung im Rechtssystem. EUI Working Paper Nr. 86/213, Florenz 1985. Englische Fassung: Evolution of Autopoietic Law. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society, De Gruyter, Berlin/New York 1988, 217–241. Italienische Fassung: Evoluzione Giuridica ed Autopoiesi. In: Sociologia del diritto 13, 1986, 199–214. 124. Der Beirat zwischen Verbandssouveränität und Mitbestimmung: Zu den Schranken der Beiratsverfassung in der GmbH. In: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 15, 1986, 565–579. 125. Münchhausen-Jurisprudenz. In: Rechtshistorisches Journal 5, 1986, 350–356. 1985 126. The Transformation of Law in the Welfare State. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Dilemmas of Law in the Welfare State, De Gruyter, Berlin/ New York 1986, 3–10. 127. Unternehmensinteresse – das gesellschaftliche Interesse des Unternehmens „an sich“? In: Zeitschrift für das Gesamte Handels-und Wirtschaftsrecht 149, 1985, 470–488. Englische Fassung: Company Interest – The Public Interest of the Enterprise „in Itself“. In: Ralf Rogowski und Ton Wildhagen (Hrsg.), Reflexive Labour Law: Studies in Industrial Relations and Employment Regulation, Kluwer, Boston 1994, 21–52. 128. Corporate Fiduciary Duties and their Beneficiaries: A Functional Approach to the Legal Institutionalization of Corporate Responsibility. In: Klaus J. Hopt und Gunther Teubner (Hrsg.), Corporate Governance and Directors’ Liability: Legal, Economic and Sociological Analyses on Corporate Social Responsibility, De Gruyter, Berlin/New York 1984, 149–177. Italienische Fassung: Gli obblighi fiduciari nelle imprese ed i loro beneficiari. In: Klaus J. Hopt und Gunther Teubner (Hrsg.), Governo dell’impresa e responsabilità dell’alta direzione, Franco Angeli, Mailand 1986, 219–253.
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1984 129. Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche Selbststeuerung durch reflexives Recht ( EUI Working Paper 1984/93). In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 5, 1984, 4–35, zusammen mit Helmut Willke. 130. Verrechtlichung – Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege ( EUI Working Paper 87/1984). In: Friedrich Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität. Vergleichende Analysen, Nomos, Baden-Baden 1984 und Suhrkamp, Frankfurt 1984, 290–344. Englische Fassung: Juridification: Concepts, Aspects, Limits, Solutions. In: Gunther Teubner (Hrsg.) Juridification of Social Spheres, De Gruyter, Berlin/New York 1987, 3–48 und in: Robert Baldwin, Colin Scott und Christopher Hood (Hrsg.), A Reader on Regulation, Oxford University Press, Oxford 1998, 389–440. Französische Fassung: La juridicisation – concepts, caractères, limites et alternatives. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 51–98. Italienische Fassung: Aspetti, Limiti, Alternative della Legificazione. In: Sociologia del Diritto 12, 1985, 7–30. Portugiesische Fassung: Juridificaçao – Noçoes, caracterìsticas, limites, soluçoes. In: Revista de Direito e Economia 14, 1988, 17–100. 131. Das regulatorische Trilemma: Zur Diskussion um post-instrumentale Rechtsmodelle. In: Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giuridico Moderno, Mailand 1984, 109–149, und in: Gert Brüggemeier und Christian Joerges (Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionistischen Rechts, ZERP-Materialien 4, 1984, 94–160. Englische Fassung: After Legal Instrumentalism? Strategic Models of Post-Regulatory Law ( EUI Working Paper 100/84). In: Gunther Teubner (Hrsg.), Dilemmas of Law in the Welfare State, De Gruyter, Berlin/New York 1986, 299–325 und in: International Journal of Sociology of Law 12, 1984, 375–400. Italienische Fassung: Il Trilemma Regolativo. A proposito della polemica sui modelli giuridici post-strumentali. In: Politica del diritto 18, 1987, 85–118. 132. Autopoiesis in Law and Society: A Rejoinder to Blankenburg. In: Law and Society Review 18, 1984, 291–301. Chinesische Fassung: in Archives for Legal Philosophy and Sociology of Law, Peking 2007. 133. Anmerkungen zum „prozeduralen“ Recht (Wiethölter) und zum „ökologischen Recht“ (Ladeur). In: Gert Brüggemeier und Christian Joerges (Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionistischen Rechts, ZERP-Materialien 4, 1984, 91.
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1983 134. Die Geschäftsgrundlage als Konflikt zwischen Vertrag und gesellschaftlichen Teilsystemen: Zur Fragwürdigkeit ihrer Re-Dogmatisierung. In: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 147, 1983, 625–642. 135. „Corporate Responsibility“ als Problem der Unternehmensverfassung. In: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 12, 1983, 34–56. Englische Fassung: Corporate Responsibility as a Problem of Company Consti-tution ( EUI Working Paper). Florenz 1983/51. 136. Gesellschaftliche Funktionen der Unternehmensverfassung. ZERP – Diskussionspapier 7, Bremen 1983, 95–113. 137. Vom richtigen Umgang mit der Opposition. In: Rainer Walz (Hrsg.), Sozialwissenschaften im Zivilrecht, Luchterhand, Neuwied 1983, 232–244. 1982 138. Integration by Dissent: Towards a Socio-Legal Contingency Model of Voluntary Associations. In: Alessandro Baratta (Hrsg.), The Impact of Sociology of Law on Government Action, Lang, Frankfurt 1982, 348–363, zusammen mit Helmut Willke. 139. Reflexives Recht: Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspektive ( EUI Working Paper 1982/13). In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 68, 1982, 13–59, und in: Werner Maihofer (Hrsg.), Noi si Mura, Schriftenreihe des Europäischen Hochschulinstituts, Florenz 1986, 290–340. Englische Fassung: Substantive and Reflexive Elements in Modern Law. ( EUI Working Paper 1982/14). In: Law and Society Review 17, 1983, 239–285 und in: Kahei Rokumoto (Hrsg.), Sociological Theories of Law, Dartmouth, Aldershot 1994, 415–462 und Neuabdruck in: Carroll Seron (Hrsg.), The Law and Society Canon, Ashgate, Aldershot 2006, 75–122. Französische Fassung: Eléments ‚substantifs‘ et ‚réflexifs‘ dans le droit moderne. In: L’Interdit. Revue de Psychanalyse Institutionelle 1984, 129–132 und unter dem Titel: Droit et réflexivité: une perspective comparative sur des modèles d’évolution juridique. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 3–50. Dänische Fassung: Refleksiv Ret: Udviklingsmodeller for retten i sammenlignende perspektiv. In: Asmund Born, Nils Bredsdorff, Leif Hansen und Finn Hansson (Hrsg.), Refleksiv Ret, Publication Series
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of the Institut for Organisation og Arbeidssociologi, Nytfrasamfundsvidenskaberne, Kopenhagen 1988, 21–79. Spanische Fassung: Elementos Materiales y Reflexivos en el Derecho Moderno. In: Carlos Morales de Setién Ravina (Hrsg.), La Fuerza del derecho. Pensamiento Jurídico Temas, Universidad de los Andes, Ediciones Uniandes; Pontificia Universidad Javariana; Instituto Pensar; Siglo del Hombre Editores, Bogotá, Colombia; 2000, 3. Aufl 2005. Chinesische Fassung: in Peking University Law Review, Peking University Press, 2000, 579–632. 1980 140. Ordnungspolitische Optionen im Recht privater Organisationen. In: Warnfried Dettling (Hrsg.), Die Zähmung des Leviathan: Neue Wege der Ordnungspolitik, Nomos, Baden-Baden 1980, 227–235. 141. Dezentrale Kontextsteuerung im Recht intermediärer Verbände. In: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Verrechtlichung, Athenäum, Königstein 1980, 46–62, zusammen mit Helmut Willke. 142. Die Generalklausel von „Treu und Glauben“. In: Rudolf Wassermann (Hrsg.), Alternativkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, Allgemeines Schuldrecht, Luchterhand, Neuwied 1980, 32–91. 1979 143. Neo-korporatistische Strategien rechtlicher Organisationssteuerung: Staatliche Strukturvorgaben für gesellschaftliche Verarbeitung politischer Konflikte. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen 10, 1979, 487–502. 144. Das Recht der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft. In: Rudolf Wassermann (Hrsg.), Alternativkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Schuldrecht II , Luchterhand, Neuwied 1979, 718–758. 1978 145. Generalklauseln als sozio-normative Modelle. In: Klaus Lüderssen (Hrsg.), Generalklauseln als Gegenstand der Sozialwissenschaften, Nomos, Baden-Baden 1978, 13–35 und in: Herbert Stachowiak, Thomas Ellwein Theo Herrmann und Kurt Stapf (Hrsg.), Bedürfnisse, Werte und Normen im Wandel, Bd. 1, Fink/Schöningh, München 1982, 87–112. 146. Zu den Regelungsproblemen der Verbände: Neo-Korporatismus und inner-verbandliche Opposition. In: Juristenzeitung 33, 1978, 545–548. 147. Mitbestimmung – Gesellschaftliche Steuerung durch Organisationsrecht. In: Arbeit und Recht 26, 1978, 296–299.
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1976 148. Die Falschauskunft des Architekten. In: Juristische Schulung 16, 1976, 798–801. 1975 149. Ziele und Methoden der verbandsrechtlichen Reformdiskussion. In: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 4, 1975, 459–476 und erweiterte Fassung unter dem Titel: Verbandsdemokratie durch Recht? Die Diskussion um ein Verbandsgesetz in demokratietheoretischer Sicht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 1977, 25–35 und unter: Verbandstheorie durch Recht? Die Diskussion um ein Verbändegesetz in demokratietheoretischer Sicht, in: Rudolf Steinberg (Hrsg.), Staat und Verbände, Wege der Forschung, Band 289, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, 256–283. 150. Ausgleichsansprüche deutscher Handelsvertreter im deutsch-englischen Handelsverkehr. In: Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters 21, 1975, 256–263, zusammen mit Georg Sandberger. 151. Folgenkontrolle und responsive Dogmatik. In: Rechtstheorie 6, 1975, 179–204. 1972 152. Handelsrecht. In: Hermann Blei,Dieter Henrich und Roman Herzog (Hrsg.), Wahlfachgruppen, Sonderheft der Juristischen Arbeitsblätter, Nr. 11, 1972, 85–88, 2. Aufl. 1977, 90–96. 153. Factoring-Vertrag. In: Juristische Schulung 12, 1972, 261–267 und in: Eckard Rehbinder (Hrsg.), Vertragsgestaltung, Metzner, Frankfurt 1982, 135–148. 1971 154. Teamwork in der Juristenausbildung. In: Juristische Schulung 11, 1971, 268–271, zusammen mit Hans-Ulrich Schwarzmann. 1970 155. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz freier Meinungsbildung. In: Hubert Armbruster (Hrsg.), Pressefreiheit: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, Luchterhand, Neuwied 1970, 160–220, zusammen mit Wolfgang Fikentscher.
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Buchbesprechungen, Urteilsanmerkungen, Zeitungsartikel, Interviews 156. OLG Oldenburg 4. 6. 1975 – 2 U 51/75 (Scheitern eines PKW-Kaufs mangels Finanzierung). In: Neue Juristische Wochenschrift 28, 1975, 2295–2296. 157. Michael Lehmann, Die Werbung mit Geschenken, Köln 1974. In: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1975, 670–671. 158. Ulrich von Alemann und Rolf Heinze, Verbände und Staat, Opladen 1979. In: Soziologische Revue 3, 1980, 38–40. 159. Karl Heinz Kunz, Das allgemeine Übermaßverbot im bürgerlichen Recht und seine Auswirkungen auf das „überbetriebliche Anlocken“ im Wettbewerbsrecht, Erlangen 1981. In: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 145, 1981, 624–626. 160. Werner Krawietz: Recht als Regelsystem. Wiesbaden, Steiner, 1984. In: Soziologische Revue 8, 1985, 286–287. 161. Interview: Autopoiese an de Maas, ofwel: instrumentele wetgeving reddeloos verdronken (Helen Stout und Josien Stoop). Regelmaat. Kwartaalblad voor Wetgevingsvraagstukken 6, 1991, 5–9. 162. Interview: Droit et Société: La Théorie des Systèmes autopoiètiques (Veronica Munoz-Darde und Yves Sintomer). Mensuel, Marxisme, Mouvement, 1991, 36–40. 163. „Global Villages“ und neue Bukowina. In: Frankfurter Rundschau 3. 12. 1991, 14. 164. Quand la loi émigre: Les lois de demain s’élaborent au sein de multinationales, de fédérations et d’organisations internationales. In: L’actualité. 1er octobre 2000, 68–70. 165. Die globale Zivilgesellschaft und das Recht: Zur Sozialverfassung von Spontaneität und formaler Organisation. In: Frankfurter Rundschau 2001. 166. Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats: Wie Subsysteme der Weltgesellschaft ihre eigenen Rechtsnormen schaffen. In: Forschung Frankfurt 2007, 30–37. 167. Interview: Was kommt nach dem Staat? In: Luca Giuliani (Hrsg.), Köpfe und Ideen 2008, Wissenschaftskolleg Berlin, 36–45.