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German Pages 477 [496] Year 1986
WEISE, SÄMTLICHE WERKE XII/2
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AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR DES XV. BIS X V I I I . J A H R H U N D E R T S
herausgegeben von Hans-Gert Roloff
C H R I S T I A N WEISE SÄMTLICHE WERKE
W A L T E R DE G R U Y T E R • B E R L I N • N E W YORK 1986
CHRISTIAN WEISE SÄMTLICHE WERKE herausgegeben von
J O H N D. L I N D B E R G
ZWÖLFTER BAND, ZWEITER TEIL LUSTSPIELE III
WALTER DE G R U Y T E R • B E R L I N • NEW YORK 1986
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen Bibliothek
Weise, Christian: Sämtliche Werke / Christian Weise. Hrsg. von John D. Lindberg. — Berlin ; New York : de Gruyter NE: Weise, Christian: [Sammlung] Bd. 12. Lustspiele. - 3. Teil 2 (1986). (Ausgaben deutscher Literatur des XV. [fünfzehnten] bis XVIII. Jahrhunderts ; 116) ISBN 3-11-010395-8 NE: GT
ISSN 0179-0900
© Copyright 1986 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz Sc Bauer, Berlin 61
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DER POLITISCHE
QUACKSALBER
IN EINEM L U S T I G E N SPIELE VORGESTELLET.
(2C4' = 60i)
INNHALT.
ETliche Marckschreyer werden ihres Betruges wegen vor den .¿ESCULAPIUM crnret. Diese können ihre Sache nicht juSTiFiciren / drum sagen sie / es würde im politischen Leben 5 so viel Quacksalberey getrieben / welche nimmermehr könte durchgehend zur Straffe verdammet werden / wolten dannenhero der allgemeinen Freyheit mit geniessen. Es bekommen etliche COMMISSION, die Sache zu erforschen. Wie auch das Werck dem /ESCULAPIO allzu weitlaufftig wird / muß er 10 alles in STATU QUO verbleiben lassen / doch mit dem Anhange / daß die eigennutzigen Praler als untüchtige Personen jederzeit von hohen Gemüthern sollen verachtet werden. Also werden ( 2 C 4 V = 602) die ersten Beklagten auff gewisse CONDITIONES loßgesprochen / und vergnügen sich über ei15 ner gedoppelten Heyrath. (Strich)
PERSONEN. ^ESCULAPIO, d e r R i c h t e r i m M E D i c i N i s c h e n SIRUPO, GALATINO, } MORSULO,
1
PILULO,
/
PARNASS.
dessen Beysitzer. zwey Gerichts-SECRETARII.
SAL, SULFUR, MERCURIO, TARTARO, ALKALI,
kleine Knaben / als MEDiciNische Bedienten.
PAN, PHLEGMA, AMICO, HUMANO, PLACIDO, BENIGNO,
kleine Knaben als Politische Bedienten.
BLANDO, CIVILE,
(2 C 5" = 603)
AMCENO, C A P U T MORTUUM,
Thür-Knecht.
LIKARSKY, ein Artzt. MISCHMASCH, sein lustiger Diener. MAZ, sein Murmelthier. CHINACHINE, eines Artztes Wittwe. RIZARIZE, ihre M a g d . LEX, ihr CmNESischer Meeraffe. RAISON, ein A o v o c A t e . SOLIPSO, ein
Staats-Mann.
6
Christian
Weise
AFFLITTO,
I
SIMPLICIO,
J
>
zwey Bgeplagte Manner. R B
FAPESMO, ^ CAJETI,
1 F I
zwey
c
I
ME
'
T
INFORMATORES.
J
FRISESOMORUS, ein junger Studente. CAPULO, ein Pachtmann / hernach Verwalter zum Schiefersitz. MISERO, sein Bedienter. PARAPIRIDUROMUROFORCIDES,
I
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES,
J
D
JOSQUINO, ADAGIO,
ein
ViRTuóser.
ein eingebildeter
ViRTuóser.
COLORATURO,
ein
RODOMONTADO, BAGATELLO,
zwey gereisete Personen.
(2C5V =
ein STUDIOSUS
THEOLOGLE.
OUERULO,
ein STUDIOSUS
POLITICES.
Kauffmann.
LEVANTE, ) PONENTE, J POSTO,
Z W E
SEVERENS
Y 7
PATRICII
von Zippelquesitz. RR
I
Sohn.
FABULLE, eine Sechswóchnerin. GRACULE, ihre Wärterin. LAMBINULO, ihr kleiner Sohn. CORNICE, VOCALE, POCOPIANE,
ihre bekandte Weiber.
PRESTOFORTE, BLANCA, der VOCALEN
Tochter.
ROBINETTO, LANGUETTO,
ein A l t e r /
FLAVIO, SECURO,
ein
,
Capell-Knabe.
| J
MODESTO,
SEVERO, ein
„
'
Capell-Meister.
ein MUSicALischer
ALLEGRO,
„
I zwey Großsprecher. R
Weinschencke.
AQUARIO, sein J u n g e .
in BLANCEN
verliebt.
604)
7
Politischer Quacksalber URBINO, ein MINIO, ein
Kunst-Mahler. Brieff-Mahler.
BRAVADO, b e y SOLIPSEN FAUBTO°;
1
z w e
y
M R G E R S
bedient. -KINDER-
(2C6'=
605)
QUINDÉCIMO, SCHILDO,
vornehme R a t h s - G l i e d e r aus Schiefersitz.
ABDERITO, CARSEOLO, CONTENTE, ein REPETE, ein
Handwercks-Mann.
Holtzhacker.
MIRAMIREMIRIMIRO, d e r
Schulmeister.
PROFUNDO, sein Widerpart. VIRGULTO, sein Sohn. Eine COMPAGNIE Schul-Jungen. Eine COMPAGNIE Schul-Madgen. (.Kleines
Ornament)
(2C6V
=
606)
ERSTER HANDLUNG ERSTER AUFFZUG. Das Theatrum pnesentiret auff beyden Seiten zwey Quacksalber-Buden / auff dem Platze befinden sich hinten P L A C I D O , B E N I G N O , H U M A N O , C I V I L E , B L A N D O , AMCENO, A M I co. PAN.
Vorher S A L , S U L F U R , M E R C U R I O , T A R T A R O , Hernach kömmt M I S C H M A S C H , des Artztes Diener.
ALKALI,
lustiger
SAL. Hochwertheste Anwesende. Der Schau-Platz wird nunmehr / GOtt Lob / zum drittenmal eröffnet / und wie sich ihrer viel noch besinnen werden / daß vor einem Jahre bey der verkehrten Welt der inbrünstige Wunsch abgeleget worden: GOtt wolle nichts Verkehrtes so wohl in dem gesamten Vaterlande / als auch in dieser lieben Stadt erfolgen lassen: Also nehmen wir die erwiesene Wolthat mit danckbarem Hertzen an / und leben des guten Vertrauens / es werde der vorgenommene {2C7r = 607) Schertz bey dem Politischen Quacksalber dergestalt ausgeführet werden / daß man am Ende sich gleicher gestalt erkühnen dürffte / mit neuen und eben so krafftigen Wünschen zu beschliessen. Wir stehen hier als getreue Freunde von dem M E D i c i N i s c h e n Richter T E S C U L A P I O . Ich heisse SAL, das ist / ich PR^SENTire das Politische Saltz / denn wer nichts Scharffsinniges bey sich erwegen kan / der mag zuforderst mit seiner Politischen Artzney zu Hause bleiben / er mag auch alle Pralerey etwas klüger und genauer einziehen.
Politischer
Quacksalber
I, 1
9
SULFUR. Recht so / mein Bruder / du heissest SAL, was in Politischen Dingen vorgenommen wird / das muß gesaltzen seyn / es muß einen guten Geschmack haben / oder daß ich recht sage / es muß mit der gesunden und schmackhafften Vernunfft überein kommen. Allein ich heisse SULFUR, und was durch mich oPERiret wird / das muß sich durch den Geruch erweisen / und durch das Feuer erleuchten lassen / ich sage / was mit guter Vernunfft vorgenommen wird / das muß ( 2 C7V = 608) bey der erbaren Welt durch einen guten Nahmen gefallig / und zu Erlangung gebührender DiGNiTaten tüchtig seyn. MERCURIUS. Ich heisse MERCURIUS, ich bin flüchtig /
und
weiß mich fast an keinem Orte zu behalten / ich führe auch einen heimlichen Gifft / daß ich mich bey dieser Flüchtigkeit sehr annehmlich DEFENDiren kan. Denn was ist ein POLITICUS, wenn er in seinen Verrichtungen allzu langsam ist? O d e r wenn er in seiner Schwachheit dem hereinbrechenden Feinde nicht widerstehen kan? TARTARUS. Ich heisse TARTARUS, wenn gleich in der Natur etwas erfodert wird / welches mit einer zähen und anhaltenden Natur / Stein / Bein / und dergleichen harte Dinge zusammen packen kan: Also bin ich auch bißhero in der Politischen MEDICIN darzu gebrauchet worden / wenn jemand sein Politisches Glücke hat befestigen / und also zu reden / in einen Stein verwandeln wollen. ALKALI. Ich heisse ALKALI, und je unbekandter mein Nähme ist / je weniger meine N a - ( 6 0 9 ) tur von einem jedweden darff erkennet werden: So diene ich gleichwohl in der Politischen MEDICIN darzu / daß ich zu gewisser Zeit einen heimlichen Zanck mit dem andern anfange / und dasjenige desto eher zur Ruhe bringen kan / welches sonst in dem allgemeinen Cörper lose Händel mochte gemacht haben.
10
Christian
Weise
PAN. Ich heisse PAN, denn was die andern nicht begreiffen / das bin ich / und wer die Politische Kranckheit recht bedacht hat / dem wird das Politische Mittel schon bewust seyn / das wider alles hilfft / und dem die andern alle müssen zu Gebote stehen. (Kommt gelauffen.) Ihr Leute / macht Platz / ich soll auff den Gassen herum M A R C H i r e n / und soll den Jahrmarckt ausblasen / wenn mir nun solche geputzte Mannergen im Wege stehen / so will ich entschuldiget seyn / wenn jemand an seinem Taffent-Mantel einen Fleck kriegt.
MISCHMASCH.
PAN. Wir wollen sehen / wer das beste Recht hat. ALKALI.
Und ehe es uns gefallt / so wollen wir nicht gehen.
(610) TARTARUS.
len?
Siehe / da stehe ich / was hast du mir zu befeh-
Soll ich mit meiner Comödie nicht anfangen / biß ihr eure Narren-Comodie habt zu Ende gebracht?
MISCHMASCH.
PAN. Ich halte / unsre Comodie wird nichts beschämen. Und du wirst uns das letzte mal den Marckt verboten haben.
ALKALI.
Oder wir wollen Gelegenheit suchen / daß wir dich bey dem grossen Richter verhaßt machen. Auff ihr Bruder / der Bube soll nicht so gut seyn / daß er uns noch mehr verächtliche Reden an den Hals wirfft.
TARTARUS.
(Diese sechse gehen
ab.)
Politischer Quacksalber
I, 1
11
MISCHMASCH. Geht immer hin / ich weiß doch wol / daß die Leute böse werden / die mir weichen müssen / unterdessen hab ich mich desto lieber / wenn ich den Platz behalte. (Die Kleinen kommen
näher heran / und umringen
ihn.)
MISCHMASCH. Aber wie geht mirs? Zur Rechten kleine Männerchen / zur Lincken kleine Mannerchen / ehe ich mich aus dem Volcke finden werde / so werde ich den (611) Jahrmarckt verschlaffen / und meinem P R I N C I P A L E werden die Artzeneyen zu Schanden werden. AMICO. Guter Freund / ihr kommt zu zeitlich / ihr müst uns aus dem Wege gehen. MISCHMASCH. Junggesellgen / wo ihr warten wollet / biß ihr in meine Grosse kommt / so will ich hoffen / ihr habet euch etwas zu zeitlich eingestellt. AMICO. Der grosse ^ESCULAPIO hat uns vergönnet / auff dem Marckt zu spatzieren / ihr sehet nicht so aus / als wenn ihr uns den Paß verbieten wollet. MISCHMASCH. Ihr lieben grossen Herrn zu thun gesehen habe / so mögt halten. Aber was wolt
Kinder / habt ihr mit einem so / den ich zwar mein Lebtag nicht ihr euren Jahrmarckt vor euch beihr denn?
AMICO. Wir haben etwas zu verkauffen / und das soll den Liebhabern angeboten werden. / nu / wenn es darum zu thun ist / ich will euch helffen / seht ihr könnt nicht über das Volck weg sehen / ich will euch an statt einer Cantzel dienen.
MISCHMASCH. N U
(Er ergreifft
HUMANO,
und halt ihn in die Hohe.)
(612)
12
Christian
Weise
HUMANO. Guter Freund / laßt mich gehen / ihr stinckt nach ungesunden Dingen. MISCHMASCH. Ich stincke nach Bratwürsten und nach Pfannkuchen / mich dünckt / sie seyn mir gar gesund. Schwatzt nur weiter. HUMANO. Ich will aber / ihr solt mich gehen lassen. MISCHMASCH. Ich will aber / mein liebes Gold-Manngen soll seine Waare nun ausbieten. HUMANO. Wie muß doch bißweilen das Laster selbst der Tugend forthelffen! Ihr Leute kommt / wir haben die Politische Annehmligkeit zu verkauffen / sie giebt zwar kein vollständiges MEDICAMENT, doch dienet sie zu einer guten
CONVERSATION.
(Setzt ihn nieder.) Manngen / ihr seyd mir zu schwer / die Leute wissen schon / daß ihr was zu verkauffen habt / daran euch viel gelegen ist.
MISCHMASCH.
HUMANO. Weistu auch / daß wir dich bezwingen können? MISCHMASCH. Ich habe ein Gelübde gethan / daß ich mich gegen solche Leute nicht wehren will. Habt ihr was zu thun / so macht (613) bald / oder so wahr als ich StateGeld geben muß / so wahr soll mein Herr solch unnütze Volck von der Bude wegschaffen. AMICO
Herr ¿ESCULAPIO wünscht allen Glück und Heil / Und beut durch unsern Mund die Liebe selber feil.
Politischer Quacksalber
I, 1
13
HUMAN o
Wenn manche nur ein Theil von solcher Freundschafft hatten / Sie würden sich und euch aus mancher N o t h erretten. PLACIDO
D a ß alle Pralerey den Jahrmarckt enge macht / So daß ein Künstler stets des andern Kunst veracht / D a kan ein kluger Mensch den Schlüssel leichtlich finden / So wollen ihren Sinn durch keine Liebe binden. Derhalben leget euch den Safft der Freundschafft bey / So werdet ihr verwahrt vor aller Pralerey. BENIGNO
Die rechte Liebe wird im Leben nicht betrogen / ( 614 ) Sie hat auch keinen gern in Fallstrick hingezogen. U n d wer sich etwas rühmt / das er nicht leisten kan / D a giebt sich ein DEFECT der wahren Freundschafft an. BLANDO
Ach laßt die liebe Zeit nicht gar umsonst verlauffen / Ihr könnet ohne Geld die besten Schatze kauffen. N u r glaubet / daß ein Mensch den andern lieben soll / Hiermit so geht es euch und eurem Nechsten wol. CIVILE
Zwar falsche Liebe will die Larve kostlich schmücken. Sie giebt ein gutes W o r t / sie kan sich artig bücken / Sie redet / was man hofft / sie lobet / was man will / N u r in dem Ende kommt das schnöde Widerspiel. AMCENO
Wolan die Liebe muß nach einer Tugend schmecken / Sonst wird sie bald den Schmack der Süßigkeit verstecken / (615) Weise X I I / 2
14
Christian
Weise
Kommt her und nehmt von uns die TugendWaaren an / Sonst ist bey uns und Euch die Freundschafft ausgethan.
ERSTER HANDLUNG ANDERER AUFFZUG. LIKARSKY, d e r A r t z t .
MISCHMASCH, sein Diener. MAZ, das Murmelthier. (.Auff der rechten Seiten zeigen sich in der
Bude.)
LIKARSKY. Hastu alles fertig gemacht? MISCHMASCH. Höre / was ich machen soll / das ist vor zwey Stunden fertig gewesen. LIKARSKY. Hastu auch das Ziegel-Meel recht klar und schon CALCiNiret?
ist mir so gut gerathen / ich wolte euch und euren Lehrmeister damit betrügen.
MISCHMASCH. E S
LIKARSKY. Was sagstu von dem Lehrmeister / ich bin ein Mann / dessen Meister sich niemand in E U R O P A schreiben darff. MISCHMASCH. Es wird seyn / wie mit mir / ich bin (616) ein Narr / und niemand ist mein Meister / ich habe alles von mir selber gelernet.
Politischer Quacksalber I, 2
15
LIKARSKY. Hastu auch das Schmeer mit dem Kümmel-Oel in acht genommen? MISCHMASCH. Herr nehmt euch in acht / wenn ihr ausschreyen solt: Das müst ihr vor den Leuten thun / meine Arbeit bestehet in einer Mühe / da ich keine Zeugen darzu nehme. LIKARSKY. NU du hat deine Person wol LEGiTiMiret / Aber du Murmelthier wirstu wol mit deiner Person fortkommen? MAZ. So gut als unser LABORANte die Artzeney macht / so gut will ich mein Murmelthier AGiren / die Leute müssen an beyden Orten was glauben / das nicht wahr ist. LIKARSKY. Junge / Junge / in unserer COMCEDIE mustu eine stumme Person bedeuten / du bist zu grob mit der Warheit. MAZ. Ich rede nur die Warheit / wenn ich die Leute VExiren will / sonst habe ich schon vor acht Tagen einen kostlichen Grund zum Lügen geleget. LIKARSKY. Warum vor acht Tagen?
(617)
MAZ. SO lange bin ich euer Murmelthier. LIKARSKY. O du Bösewicht / du fangest deine Narren-Possen an dem unrechten O r t e an. D o c h halt das Maul / und verschnappe dich nicht mit deiner menschlichen Stimme / sonst wird mir die Bude gestürmet / und wir sind des todes.
MAZ. (Brummt poßierlich.)
16
Christian
MISCHMASCH.
sammen
Weise
( K r i e g t ein Horngen
/ und wil die Leute
zu-
pfeiffen.)
LIKARSKY. K u n d und zu wissen sey jedermanniglich / daß allhier ein frembder DOCTOR ankommen ist / ein Meister ü b e r alle M e i s t e r / v o n CAPO FINIS TERRAE an / b i ß z u
dem Wasser / daraus die Sonne alle Tage zu k o m m e n pflegt. Dieser hat nun mitgebracht allerhand kostliche Proben von MEDiCAMENten euserlich und innerlich zu gebrauchen. Inmassen keine Kranckheit auff der W e l t anzutreffen ist / welche nicht durch den blossen N a h m e n dieses MEDiCAMENtes könne gelindert oder gar vertrieben w e r d e n . U n d w e r m e i n e TESTIMONIA u n d PRIVILEGIA
und alle andere Briefe durchlesen solte / der müste so viel Zeit haben / (618) als ein Mensch / der zu Fusse die gantze W e l t durchreisen wil. W i e w o l ich bin nicht gewohnt viel Wesens von meiner Kunst zu machen / wer mich kennen wil / der brauche meine kostbare MEDICAMENTA. Ist jemand / der meinen W o r t e n keinen Glauben zustellt / der habe das Unglücke für sich / und bleibe ein gebrechlicher Patiente biß in den T o d . Meine Sachen sind mir lieber als euer Geld / daß ich aber den Nechsten um etliche kahle Groschen so kostliche Sachen zusammen lasse / das thut die Christliche Liebe. Ist jemand der meine W o l t h a t verlanget / heute bin ich hier / morgen zehn Meilen weiter / und die Stadt / die ich einmal betrete / die sehe ich Zeit meines Lebens nicht wieder.
{Kleines
Ornament)
(2Dr = 619)
Politischer
Quacksalber
ERSTER DRITTER
17
I, 3
HANDLUNG AUFFZUG.
Die vorigen. zwey geplagte Manner. In der Bude gegen über prasentiret sich: C H I N A C H I N E , eines Artztes Wittwe. R I Z A R I Z E , ihre Magd. LEX, ihr CmNESischer Meeraffe. AFFLITTO, SIMPLICIO,
AFFLITTO.
Gluckseligen guten Tag mein Herr
DOCTOR.
Grossen Danck dem Herrn. So viel ich mercke / so haben sie von meiner Ankunfft etwas erfahren.
LIKARSKY.
Es ist an dem / daß mir des Herrn D O C T O R S Person ist gerühmet worden / und wenn er seine hülffreiche Hand gegen mich ausstrecken wolte / so dürffte er an guter Bezahlung nicht zweiffein.
AFFLITTO.
Ey sagt mir nicht vom Bezahlen / ich bin ein Diener des gantzen menschlichen Geschlechts / und das sind rechte S c h e l - ( 2 D 1 ' = 620) men / die um des kahlen Geldes willen im Lande herum ziehen. E r nehme meine MEDICAMENTA, und wenn sie das ihre nicht OPERiren / so bring er sie wieder / er soll sein Geld haben.
LIKARSKY.
Mein Herr D O C T O R , ich weiß wol / daß man solche Wolthaten mit keinem Gelde bezahlen kan. Doch will ich auch gerne das meinige thun / und danckbar seyn.
AFFLITTO.
Wenn ihr meynet / daß euch die Undanckbarkeit ein bose Gewissen macht / so wil ich wol eure Freygebigkeit nicht verachten. Aber ich will kein ehrlicher Mann
LIKARSKY.
18
Christian Weise seyn / dem ersten Bettler /der mir auff der Land-Strassen begegnen wird / dem will ichs zu einer frolichen Fastnacht schencken.
AFFLITTO. NU nu / es stehet in des Herrn DOCTORS Belieben / ich bezahle das meinige / denn solche herrliche Artzeneyen werden doch Geld kosten. LIKARSKY. Mein Freund haltet mir doch ein Wort zu gute / ihr seyd hier zu Lande schreckliche Phantasten / daß ihr meine Wolthat nicht erkennen wollet. Ein (2D2r = 621) jedweder Stücke Artzeney kostet mich zwar einen Ducaten. Aber was fragt ein Mann nach 100000. Ducaten / der sein Geld selber machen kan. AFFLITTO. Ach ist es um die Zeit / so ist unserm Lande ein groß Heyl wiederfahren / daß ein solcher Mann mit seinem herrlichen Artzeneyen kommt. LIKARSKY. Ihr könnt davon nichts reden. Laßt mich zuvor eine Probe an eurem Leibe thun / darnach sagt / was ich vor einen Titul gegen den andern DOCTORN verdienet habe. Immittelst worinne bestehet eure Kranckheit? AFFLITTO. Mein Herr DOCTOR ich bin zu schamhafftig / ich kan mein Anliegen bey so einem vornehmen Herrn nicht von mir geben / da ist ein guter Freund / der soll mein Beystand seyn / ich will unterdessen etwas auff die Seite treten. (Er tritt etwas auff die andere Bude
zu.)
LIKARSKY. Nun mein Freund / es muß eine possirliche Kranckheit seyn / die man gegen dem MEDICO selber verschweigen will?
19
Politischer Quacksalber I, 3 SIMPLICIO. J a
Hocherleuchter
Herr
DOCTOR,
(2D2
V
=
622) der gute M a n n ist blöde / und mit Verlaub zu reden / die Kranckheit ist auch nicht zum besten. LIKARSKY. E s hat b e y mir nichts zu bedeuten / natürliche Sachen sind keine Schande. SIMPLICIO. E r hat mit Züchten zu melden o Herr DOCTOR verzeiht mirs doch / daß ichs vor mein Maul bringe/er hat das heimliche Leiden. LIKARSKY. Ich mercke wol / in diesen Landen haben die Kranckheiten andere N a h m e n . SIMPLICIO. Ich wolte dem garstigen D i n g e ein fein Mantelgen umgeben / wir heissen es mit REVERENZ ZU melden die Hüneraugen. LIKARSKY. H a ha die L u m p e n - D i n g e r will ich wegblasen / rufft ihn nur her / dem D i n g e soll Rath geschaffen werden / ehe der Seiger noch einmal schlagt. C H I N A C H I N E . ( K o m m t heraus
/ und macht sich zu A F F L I T TO.) G u t e r Freund was verlangt ihr?
AFFLITTO. Ich frage nur dorte den Herrn DOCTOR um einen Rath. CHINACHINE. J a d e r L e u t e - B e t r ü g e r / d e r L a n d - ( 2 D 3
r
=
6 2 3 ) B e s c h e i s s e r / was soll der helffen? Ich wolte ihn nicht eine krancke L a u ß anvertrauen / geschweige denn / einen vernünfftigen Menschen / der in seinem Leibe eine vern ü n f t i g e Seele wohnen hat. LIKARSKY. N u n mein Freund / wolt ihr nicht naher k o m men / eurem heimlichen Leiden soll gerathen werden.
20
Christian
Weise
Ey was habt ihr in meine Bude zu schreyen / ich habe euch noch keinen Kunden abgehalten / so laßt mir auch meine Leute mit frieden.
CHINACHINE.
LIKARSKY. Seht doch die Frau hat gewiß Ziegel-Meel gestampt / die Krafft ist ihr in den Kopf gestiegen. O ich bedarff der Schelmerey nicht. Meine Kunst hat einen güldenen Boden / was ich verkauffe / das gebe ich mit gutem Gewissen weg.
CHINACHINE.
LIKARSKY. Thut mirs doch zu gefallen / und pralet nicht mit eurem guten Gewissen. Wenn die Otter-Salbe / die WeisWurtzel / und das Schweinfett verboten wird / so will ich gerne sehen / was ihr in eurer Bude behalten werdet. O du Narr / es wäre mir nicht lieb / daß ich nicht mehr Sachen berechnen konnte / da ist ein blosser Brandtewein / darzu kommen 1 3 0 . S P E C I E S . Da ist eine Salbe / da kommen 9 9 . S P E C I E S dazu / und kaum 3. werden hier zu Lande gefunden.
CHINACHINE. (2D3V
= 624)
LIKARSKY. Die Frau rede doch etwas lauter. Vielleicht werden kaum drey Leute im Lande gefunden / denen es geh o l f e n hat. Ich sage dirs / du Katzenbart / laß mich zu frieden / du weist wol / daß ich kurtz angebunden bin.
CHINACHINE.
Kurtz angebunden / ja ja schlechte dürffen kurtze Stricke.
LIKARSKY.
BESTIEN
be-
Was? Bin ich eine B E S T I E ? D U solt mir es beweisen. Aber aus deinen Zetteln wil ich beweisen / daß du ein Schelme bist.
CHINACHINE.
Politischer Quacksalber / , 3
21
LIKARSKY. Meine schone Frau Nachbarin / sie macht Bruderschafft mit mir / wenn ich nun ein Schelme bin / was hat denn sie vor einen N a h m e n ? CHINACHINE. Ich deine Schwester? Ich müste nicht wissen / was in deinem Brieffen steckt / hastu nicht neulich stinckend (2D4r = 625) Schopsen-Fett vor CrocodillSchmaltz verkaufft? LIKARSKY. Meine Frau / in meinem Laden war es CrocodillSchmaltz / aber da es zu euch hinüber kam / da ward es meines Behalts gar zu Schwein-Schmaltze denn wie die Frau DOCTORIN ist / so sind auch die Salben. CHINACHINE. O du Stümper / warestu in deines Vaters Fußstapffen getreten / und wärest ein Rattenfänger blieben / das D o c T O R - H a n d w e r c k ist dir was zu künstlich. LIKARSKY. Ich wolte gerne ein Rattenfänger seyn / wenn ich alle Ratten eures gleichen aus der Welt fangen konnte. CHINACHINE. T h u e mirs doch zu gefallen / und gehe auff Lemmerswalde / und laß dir ein Zeugniß geben / wegen der 27. Kinder / die du mit deiner gepfefferten Backenbirn-Suppe ums Leben gebracht hast. LIKARSKY. Ihr solt die Kinder noch zur Welt bringen / die von meinen Artzneyen sterben sollen. CHINACHINE. O du H u n d / meine Kinder sollen gleich von deinem Q u a r g e fressen. Krz-(2D4V = 626)ize zuvor deinen N a h m e n von dem Galgen zu Rumpeiskirche / da hastu 10. Magden die Wassersucht an den Hals cuRiRet. LIKARSKY. U n d ihr versoffene Schwester helfft den Leuten zur Branteweinsucht.
22
Christian
Weise
CHINACHINE. Was? Bin ich eine Brantewein-Schwester? so magstu meine Treber fressen / und noch was darzu / das ich vor züchtigen Ohren nicht nennen mag. LIKARSKY. W e r sich an einen Kohl-Sack reibet / der beschmutzt sich. D u lieber getreuer MISCHMASCH sihe doch / ob du der BESTIE die Warheit sagen kanst. CHINACHINE. Ich habe die Briefe davon / daß ich mich mit dem Narren zancke / schäme ich mich doch / daß ich gegen so einen Lumpenhund mehr Worte verlohren habe / als mir lieb ist. D u RIZARIZE gehe doch hinaus und wasche dem Hunde-Jungen das Maul. {2DV = 627)
ERSTER
HANDLUNG
VIERDTER AUFFZUG. MISCHMASCH, der Artztes lustiger Diener. RIZARIZE, der Artzt-Frauen Magd. Die vorigen. MISCHMASCH. Kund und zu wissen sey jedermanniglich / daß allhier ist ankommen eine ausgepauckte / ausgestrichene Land-Bestie / die sich vor eine D o c r o R S - F r a u ausgiebt / und dreyerley Artzneyen mitgebracht hat. Eine wider die Liebe / eine wider die Freundligkeit / und die dritte wider die Lustigkeit. Denn wer das heßliche Bild einmal gesehen hat / dem vergehet alles vierzehn Tage nach einander / und noch 11. Stunden drüber. RIZARIZE. Kund und zu wissen sey jedermanniglich / daß allhier ist ankommen ein ungehangener Land-Lauffer / der hat in seiner Bude viel Büchsen / und eine Artzney:
Politischer
Quacksalber
I, 4
23
Denn alle haben die Uberschrifft: Tod in der Büchse. {2D5V
=
628)
MISCHMASCH. Ja den DOCTORIN ist nicht
Tod dir in die Büchse / deine elende einmal so künstlich / daß sie die Leute ums Leben bringen kan / sie last es dabey bewenden / daß sie ein bißgen kranck davon werden. Je du kunstreicher Rattenfänger / sprich doch dein Herr soll den gestohlenen Stein wieder in die Kirche schaffen / den er neulich vor einen Donner-Keil verkaufft hatte.
RIZARIZE.
Sprich doch deine Frau soll der Wirthin die Katze wiederschaffen / die sie geschunden hat. Gelt wir sind Narren / und sehen den Katzen-Kopff vor einen Kinder-Kopff an.
MISCHMASCH.
du Lumpenhund / wer doch deine gedorrete Morcheln vor ein Gewächse ansähe / das du im Schlaraffen-Lande einem von der Nase geschnitten hast.
RIZARIZE. O
Binde doch einmal zwey Endten-Flügel an ein Eichhorngen / und berede die Bauern / es wäre ein fliegender Fisch aus Ost-Indien.
MISCHMASCH.
Wir haben noch keine Katze grün an(2D 6T = 629)gestrichen / und haben sie vor eine Moscovitische Eydexe ums Geld gewiesen.
RIZARIZE.
Ich wolte dich grüne anstreichen / und wolte dich vor einen Ißländischen Mo'lch verkauffen.
MISCHMASCH.
Und dir wolte ich ein schwartz Creutze auff den Rücken mahlen / so giengstu vor einen Arabischen Esel.
RIZARIZE.
24
Christian
Weise
Schweig stille / der bald verflossen seyn.
MISCHMASCH.
TERMIN
zur Gute wird
RIZARIZE. O du armer Hunds. K. du fahrest gar stumpff / dein T E R M I N zur Scharffe wird nicht weit her seyn. MISCHMASCH. Du Brandtewein-Bulle / wirstu den Rausch bald ausschlaffen? RIZARIZE. Ja wenn ich dir die Augen werde ausgekratzet haben / so will ich mich niederlegen / daß du deine Lust an meinem Schlaffe sehen kanst. ( L I K A R S K Y und C H I N A C H I N E schreyen beyderseits che nicht / gieb ihm gut.)
zu: Wei-
Hundefell / flugs bekenne mir / wie viel Ziegeln hastu aus dem Pferde-Stalle gestolen / oder ich stampfe dich zu Ziegel-Meele. (2D6V = 630)
MISCHMASCH. D U
RIZARIZE. Höre doch / wie viel Speckseiten hastu dem Wirthe aus der Rauch-Kammer gestolen / gib mir Antwort / oder ich kratze dich / daß dir dein wilder KatzenSchmaltz aus allen Gliedern springen soll. MISCHMASCH. Geh und sage deiner Frauen / ich habe noch ein bisgen Katzen-Schmaltz übrig. RIZARIZE. Und sage du deinem Narren / wir haben noch ein gantz Stücke Ziegel / damit wollen wir seinem Barte eine Tinctur anstreichen.
25
Politischer Quacksalber I, 5
ERSTER HANDLUNG FÜNFFTER AUFFZUG. AFFLITTO, SIMPLICIO,
Die vorigen.
zwey geplagte Minner.
Ihr lieben Leute / seyd doch gebeten und fanget auff dem freyen Marckte keine Händel an / die liebe Obrigkeit mochte die Vexirerey nicht verstehen.
AFFLITTO.
Wer öffentliche Handel anfangt / (2D7r der kriegt gerne das heimliche Leiden davon.
SIMPLICIO.
=
631)
Und ich weiß wol / der Streit hat sich meinet halben erhoben / ich konte auch mit zur Straffe kommen.
AFFLITTO.
Und ich müste Zeuge seyn. Fürwar ich bin der Richter-Stube so feind / ich gehe nicht gerne hinein / wenn ich ein Zeugniß ablegen soll.
SIMPLICIO.
Wer nicht in die Handel kommen wil / der weiche bey Seite.
MISCHMASCH.
Geht doch flugs aus dem Wege / Narren-Spiel muß Raum haben.
RIZARIZE.
(Halt M I S C H M A S C H . ) Laßt euch halten / der Theil handelt am klügsten / der nachgeben kan.
AFFLITTO.
(Hält R I Z A R I Z E . ) Ach schone Jungfer / last doch das beste bey euch beruhen / wenns zur Schlagerey kommt / so schlagt das liebe Frauenzimmer gemeiniglich einen blossen.
SIMPLICIO.
26
Christian
Weise
Ey wer zum Frieden reden wil / der schere sich vom Marckte. Schlag zu M I S C H M A S C H .
LIKARSKY.
Und du R I Z A R I Z E spitze deine Nagel / weiche nicht / entweder unsere Bude (2D7V = 632) muß gestürmet werden / oder der Schelm muß vom Marckte lauffen. Husch - - LEX faß an / faß an.
CHINACHINE.
(LEX springt hervor / MAZ ingleichen.) Nun wiltu deine leichtfertige Worte wieder in den Hals hinein fressen?
MISCHMASCH.
Komm her / wir wollen sehen / wer eiander fressen wird.
RIZARIZE.
(Sie stellen sich / als wolten sie einander angreiffen /und machen poflirliche Minen gegen einander / ingleichen wollen die Murmelthiere auch aneinander / und legen sich in eine lacherliche Positur.) (Kleines Ornament)
(633)
ERSTER HANDLUNG SECHSTER AUFFZUG. (Die mittelste Scene öffnet sich / da prx sentiret sich
ESCULA-
P I O , d e r R i c h t e r i m M E D i c i N i s c h e n PARNASS. S I R U P O , LATINO,
GA-
dessen Beysitzer. Etwas davon M O R S U L O , P I L U L O ,
zwey G e r i c h t s - S E C R E T A R I I . Am Ende C A P U T M O R T U U M , der Thür-Knecht. Die streitenden Personen fahren aus einander / und schmieget sich eine jedwede Person an ihren Ort.)
Wer ist so unverschämt / daß er durch unnóthiges Gezancke in unser Gerichte verfallen soll? Ist es
ESCULAPIO.
Politischer Quacksalber I, 6
27
nicht genug / daß die Welt durch falsche MEDiCAMENte betrogen wird / soll sie noch darzu durch unbescheidene Zanckerey geärgert werden? Halt Friede / du unnützes Gesinde / biß unser Thron die gebührende Straffe wird beschlossen haben. CAPUT MORTUUM. Hort ihrs nicht / ihr Leute / ihr solt her{634)treten / wer sich sperren will / der soll unsern Soldaten in die Hände kommen. LIKARSKY. Ich habe gerechte Sache / vor diesem Richterstul will ich mit Freuden treten. CHINACHINE. Ich will sehen / wer mir was thun wird. MISCHMASCH. Ich bleibe bey meinem Herrn. Wo mich der Richter wegjagen will / so muß er doch so lange warten / biß mich mein Lehr-Herr loßgesprochen hat. RIZARIZE. U n d ich halte mich an meine Frau / die ist mir noch ein Vierteljahr Lohn schuldig. .¿ESCULAPIO. Wer seyd ihr? LIKARSKY. Ich bin ein Liebhaber der natürlichen Heimligkeiten. CHINACHINE. U n d mein Hertze brennt vor Liebe / wenn mir etwas MEDiciNisches vors Gesichte kommt. ^ESCULAPIO. Aber wie weit ists mit eurer Liebe kommen? Es giebet auch Liebhaber / die sich mit einem Korbe vergnügen müssen.
28
Christian Weise
LIKARSKY. Meine PRAXIS liegt am Tage / und wers nicht glauben will / dem kan ichs tausendmal geschrieben geben. (635) SIRUPO. D a s ist ein glückseliger MEDICUS, d e s s e n PATiENten
noch geschriebene Zeugnisse geben können. G A L A T I N O . A b e r w o d e r M E D I C U S d a s PATENT v o n d e n E r -
ben kriegt / so ist der PATIENT unglücklich. ^SCULAPIO. A b e r was habt ihr vor Proben? CHINACHINE. Mein H e r r / in dem grossen Brande sind wir u m die meisten PRIVILEGIA k o m m e n / doch das sprechen alle Leute / daß meine Sachen bewahrt seyn. SIRUPO. Die Frau tragt ihre Kunst im K o p f f e / auff dem Brieffe wäre alles mit verbrannt. GALATINO. Wer schlimme Sachen hat / der freuet sich / wenn der Plunder im Brande drauff geht / so kan es niemand RECOGNOSCiren / und die Betrieger bleiben in geruh i g e r POSSESSION.
JESCULAPIO. WO habt ihr diese Wissenschafft erlanget? LIKARSKY. Etwas habe ich von meinen Eltern / etwas von vielen Reisen / auch etwas von mir selber. CHINACHINE. Was ich weiß / das habe ich meinem seligen Herrn zu dancken / der hat deucht (636) mich gar studieret. Denn da ich ihm die Leich-Predigt z u m Läuschübel thun ließ / so gab ihm der Schulmeister im Lebenslauffe den Titul Hochgelahrt. JESCULAPIO. So habt ihr nichts studieret?
Politischer Quacksalber
I, 6
29
LIKARSKY. Meine PRAXIS hat mir bessern Nutzen geschafft / als das Studieren. VESCULAPIO. Was sind vor Säulen in eurer MEDICIN? LIKARSKY. Meine erste Säule ist Wachs / die andere Honig / die dritte Zucker. SIRUPO. Und die vierdte gewiß ein Esels-Kopff in Milch gesotten. GALATINO. Ach nein / ein Butterfladen mit Romischen Kümmel. CHINACHINE. Meine erste Säule ist Brandtwein / meine andere das edle Ganß-Fett. SIRUPO. Und die dritte gewiß das kostliche Ohrenschmaitz. GALATINO. Warum nicht das Zibet von einem wohlriechenden Marderdrecke? ESCULAPIO. Aus euren Reden mercke ich schon / daß meine tugendhafften Sohne nicht vergebens über eure Boßheit geklaget haben. Gleich itzo sollen eure Waaren besichtiget werden / und so ferne sich (637) die Probe nicht erweiset / so mögt ihr auch den Schaden euer Lebenlang an dem Halse tragen. Auff ihr Herren SECRETARII, befüget euch in die Buden / erkundiget alles gar genau / und was ihr als beeydigte Diener befinden werdet / darnach soll mit dem Richterlichen Ausspruche gehandelt werden. (Die mittelste Scene fdlt zu / und verbirget den ^ESCULAPIO mit seinen Bey sitzern.) 3
Weise XII/2
30
Christian Weise ERSTER
HANDLUNG
SIEBENDER MORSULO, PILULO, z w e y
AUFFZUG. Gerichts-SECRETARII,
und die vorigen. MORSULO. Ihr M a n n / wie heist ihr? LIKARSKY. M e i n N ä h m e ist
LIKARSKY.
MORSULO. Ein zierlicher N ä h m e / er macht einen guten APPETIT z u r
Artzney.
LIKARSKY. W e r die Sprachen versteht / der lacht die deutschen Michel aus / wenn sie das Maul an unbekandten N a h m e n zerreissen wollen. (638) MORSULO. Ich PROTESTire / daß mein Maul mit diesem schonen N a h m e n nichts wird zu thun haben. D o c h was ist dieses rothe Wasser? LIKARSKY. H e r r / es ist eine A r t von dem Indianischen A u gen-Wasser / welches sehr gut wider den weissen / gelben und schwartzen Staar zu gebrauchen ist. D a sieht der H e r r ein grün Wasser wider die natürliche Blindheit / da e i n s c h w a r t z e r S a f f t w i d e r d a s DONUM IMPUDENTI^E.
Da
ist auch ein weisses Pulver wider die schwermüthigen G e dancken. Ich wolte dem H e r r n auch einen SPIRITUM wider das PODAGRA weisen / aber gleich itzo habe ich den letzten C e n t n e r davon verkaufft. MORSULO. W u n d e r - D i n g e / sonderlich da einem
die SPIRITUS zu gantzen Centnern abgehen.
MEDICO
Politischer
Quacksalber
/, 7
31
PILULO. Ach mein Herr COLLEGE, er sey doch um der heiligen M E D I C I N willen gebeten / und helffe mir die MEDICAMENTA betrachten. MORSULO. Ich habe hier zu sehen genug. Doch was gibts? (639) PILULO. Da ist eine grüne Salbe / in Leibe / wider die Hertz-Wurmer / und aussen wider die Sommersprossen. Und da ist eine C O N F E C T I O N wider die bösen WeiberKranckheiten / alle Morgen etliche Fingerspitzen um die Schlaffe geschmieret. CHINACHINE. Der Herr darff meine Artzeneyen nicht so hohnisch halten / wer tadelt mir das geschabte Einhorn? Es habe einer Hertzens-Angst so groß / als er will / zwey Messerspitzen davon eingenommen / die sollen ihn darzu bringen / daß er in zwey Stunden tantzen und springen kan. D U Schandgeist / wilstu mir die Augen verkleistern / hier liegt noch ein halbes Bockhorn / und da weiß ich / daß du die andere Helffte vor Einhorn geschabet hast.
PILULO.
MORSULO. Und hier finde ich eine Speckschwarte / du ErtzBetrieger / hast du nicht dein auslandisches Schmaltz davon genommen? LEX. DU Bruder MAZ, es wird um unsre Bude gar windicht / wir werden bey Zeiten davon wandern. (640) MAZ. DU halts Maul dort / weist du nicht / daß wir nicht reden sollen?
32
Christian Weise
MORSULO. W i e gehet das zu / sollen das wilde Bestien seyn / und sie haben gleichwohl eine Menschen-Sprache? H ö r e / du Murmelthier / w o bist du zu diesen rauchen Peltze k o m m e n ?
MAZ. (Will brummen.) MORSULO. Ich will dir bald die grobe Music verbieten / laß sehen / ist dir das Leder fest angewachsen? MAZ. O gnadiger H e r r / seyd nur barmhertzig / ich will alles bekennen. MORSULO. W e r bist du? MAZ. Ach wer werd ich seyn? Ich bin Mause-Michels Sohn in der Bettelgasse. MORSULO. W e r treibt dich zu dieser Leichtfertigkeit? MAZ. ES ist mir befohlen worden / und ich dachte / wenn ich unter die unvernünfftigen Thiere käme / so wurde ich klüger seyn / denn unter den Leuten bin ich gantz ein Narr. MORSULO. DU bist gleich auff dem rechten W e g e . A b e r was gilts / unter jenem (641) M e e r - A f f e n wird auch ein solcher B u b e verborgen seyn. PILULO. Solche Thiere kennet man am besten / wenn das Fell über die O h r e n gezogen wird. LEX. O gnadiger H e r r schämt euch. PILULO. W a r u m soll ich mich schämen / wenn ein solcher Galgenvogel seines Bubenstückes überwiesen wird?
Politischer
Quacksalber
33
I, 8
LEX. Ach schämt euch nur / ich bin unter dem Peltze gar nackt. PILULO. W e r bist du
aber?
LEX. Ach Herr / ich will alles bekennen: Ich bin gar aus einem ehrlichen Geschlechte. Mein Vater hieß Grütze Hansel / er hatte Graupen Jockels Tochter. Meine Schwester hatte Gurcken-Toffel gefreyt / sie fieng vorm Jahre einen Gewandtschnitt mit rothen Rüben an. PILULO. Aber was hast du vor einen Gewandtschnitt angefangen? LEX. Unschuldige Kinder wissen nicht / was sie thun / ich dachte / was vornehme Leute haben wolten / da dürffte ich nicht ungehorsam seyn. PILULO. Laß dir die vornehmen Leute helffen. {642) Doch wir thun am besten / daß wir die Wunder-Thiere vor dem Richterstul ziehen / dieser Betrug soll die gantze Quacksalberey über den Hauffen werffen. (MORSULO
und
PILULO
schleppen die Thiere
hinein.)
ERSTER H A N D L U N G ACHTER AUFFZUG. LIKARSKY, d e r
Artzt.
CHINACHINE, eines Artztes Witwe. MISCHMASCH, des Artztes lustiger Diener. RIZARIZE, ihre
Magd.
AFFLITTO, SIMPLICIO,
zwey geplagte Manner.
LIKARSKY. Das haben wir von der Zanckerey / wenn ein Nachbar den andern nicht leiden kan / so müssen alle beyde verderben.
34
Christian
Weise
CHINACHINE. W e r aller Dinge Ausgang wüste / der thäte keinmal unrecht / ich habe mich offte mit meinen Nachbarn gezancket / ( 2 Er = 643) und wenn ich alle mal hätte sollen um das Meinige kommen / so hatte ich vor 10. Jahren müssen betteln gehen. LIKARSKY. Unterdessen haben wir den Schaden noch zeitlich genug erlebet. CHINACHINE. Ihr seyd ein Mann / ihr hattet sollen klüger seyn / oder wo ihr noch als ein Mann handeln wollet / so versuchet euer Heil und gebt einen guten Rath. MISCHMASCH. Mein Rath wird wol der beste seyn / sackt eure Waaren auff den Puckel / und laufft zum Lande hinaus. Wollen sie das Murmelthier zum Pfände behalten / so mag es seyn. W o wir hinkommen / da wollen wir bald ein ander Murmelthier fangen. SIMPLICIO. Hochgelehrter Herr / irgend so davon zu reden / wie ein einfaltiger Mann reden mochte / wie wäre es / wenn er sich mit etlichen 1000. Ducaten loß kauffte? Wenn die Herren so gar straflich seyn / so ists gemeiniglich darauff angesehen / daß die Leute spendiren sollen. LIKARSKY. D a sitzen mir die 1000. Ducaten. SIMPLICIO. SO um Verzeihung / ich dachte er konte sein Geld selber machen. (2 Ev = 644) LIKARSKY. U n d wenn ich Gold machte / wo hatte ich die Müntze? ich sehe wol / daß ihr mich zum Narren habt. AFFLITTO. Wenn ich meines heimlichen Leidens konte loß werden / ich wolte wol einen guten Rath mittheilen.
Politischer Quacksalber /, 8
35
LIKARSKY. D a habt ihr ein bißgen grüne Wachs / laßt es so lange drauff liegen / biß es selber herunter falt / hilffts nicht / so laßt euch eine K ü m m e l - S u p p e machen / und thut was von grünen geschabten Hollunder nein / hilfft es nicht zum Hünerauge / so hilffts zu sonst was. AFFLITTO. Grossen D a n c k vor den guten R a t h . LIKARSKY. ES heist nicht grossen D a n c k / es heist W u r s t wieder W u r s t . AFFLITTO. J a ich bin bereit / ich hielte davor / wenn ein A d vocate angenommen würde / da w o h n e t einer / der hat wol zwantzig Dieben v o m Galgen geholffen / ich meynte er solte die zwey Kerlen bald zu andern Gedancken bringen. LIKARSKY. D e r Advocate wil bezahlet seyn. AFFLITTO. O nein / er ist gar willig / und manchen Leuten dienet er nur zur Lust / daß (2 E 2r = 645) er E h r e davon hat / wenn er die Sachen so stattlich gewinnen kan. LIKARSKY. NU SO geht doch / und weist mir den Patron zu / wenn ich sehe wie mir geholffen wird / so wil ich weisen / was ich vor einen weitern D a n c k schuldig bin.
36
Christian ERSTER
Weise
HANDLUNG
NEUNDTER
AUFFZUG.
Die vorigen. RAISON, e i n ADVOCATE.
LIKARSKY. Wie stehts Frau Nachbarin / wir müssen zusammen treten / w o der ADVocAte was verrichten soll.
Ich hielt davor / ihr triebt die Sache alleine / ich bin eine Frau / wenn ich mir einen Kriegischen Vormund bestellen soll / so gehen auch Unkosten drauff / der Herr Richter hat gar einen güldenen Bart / wer was vorbringt / der wird wol müssen einen Bart haben.
CHINACHINE.
Ich wolte mich wol zum Kriegischen Vormund bestätigen lassen / ich würde deßwegen kein Geld begehren (2 E 2V = 646) wenn mir die Jungfer Magd einmal ein Hembde davor wüsche / so wäre ich zufrieden.
MISCHMASCH.
Wer es vor diesem besser gemacht hätte / der hätte sich nunmehro bessere Freunde zu getrosten. Doch was will ich thun? Wo ich meine Bude nicht will zerstören lassen / so muß ich vor das gemeine Beste mit sorgen helffen.
LIKARSKY.
RAISON.
(Kommt.)
Mein Herr / ich höre er verlanget mei-
ner. ist nicht ohne / ich verlange einen rechtschaffenen Mann / der mir helffen kan. Ob ich aber den Herrn davor ansehen soll / dasselbe kan ich als ein unbekandter nicht wissen.
LIKARSKY. E S
Politischer
Quacksalber
I, 9
37
RAISON. WO mich die ehrlichen Leute anders recht berichtet haben / so hat der Herr einen rechtschaffenen ADVOCAten begehret. Sie haben ihre C O M M I S S I O N gar wol ausgerichtet. Hier steht ein Mann der so viel Zeit und Jahre andern geholfen hat / nun muß er andere Leute ansprechen / wo ihm soll geholfen werden.
LIKARSKY.
RAISON. In solchen PROCESS-Handeln darff ( 2 E 3 r = 647) man den Muth nicht sincken lassen. Wie offt ist es früh morgens windig / und zu Mittage haben wir das schönste Wetter. LIKARSKY. Der Herr weiß vielleicht mein Anliegen nicht. RAISON. Ich kan es leicht gedencken. Der Mann in dem güldenen Barte / wil eine I N Q U I S I T I O N anstellen / wider des Herrn MEDICAMENTA, und nun wird er nicht wissen / wie man die garstige Sache mit reinen Händen angreiffen soll. LIKARSKY. Der Herr ist künstlich im rathen / kan er die Kunst im helffen beweisen / so muß man ihn vor dem stattlichsten Mann PASSiren lassen. An meiner Hülffe darff niemand zweiffein / allein ich halte mich gerne nach der PROCESS-Ordnung / da geht es so nach einander: {Er zehlet es an Fingern ab.) Erstlich weise ich meinem CLiENten / wo der Schade sitzt / darnach höre ich / was er spendiren wil / wenn ich nun mercke ob er meine Kunst aus dem schwartzen oder aus dem güldenen Buche haben will / so gebe ich meinen Rath/ ( 2 E 3 V = 648) daß er entweder gülden oder schwartz heraus kommt.
RAISON.
38
Christian
Weise
LIKARSKY. Wenn ich aber was aus dem güldenen Buche verlangte / wie theuer müste ich wol ein Loth bezahlen? RAISON. Laßt mich doch meine PROCESS-Ordnung ausführen / wenn ich aber sehe / daß der CLiENte rechte Sache hat / und daß ihm gleichwol das beste zu den Unkosten fehlt / so thue ich ein Werck der Barmhertzigkeit / und führe die Sache der ungerechten Wider-Part zum Possen aus. Könnt ihr nun zusammen ein JURAMENT ablegen / daß ihr nichts am Vermögen habt / seht / so will ich in eurem Nahmen vor Gerichte gehen / und wegen der Sache keinen Heller fordern. LIKARSKY. Wenn ich meinen Bart und meine Nase verschweren solte / so wüste ich keinen Heller aufzubringen / als was mir rechtschaffene Leute von einem Jahrmarckte biß zum andern zu losen geben. CHINACHINE. Und ich kan auch mit gutem Gewissen schweren / daß ich den Jahr-{2 E4r = 649)marckt nicht zwey Kreutzer eingenommen habe. (Zeucht eine Tite aus dem Schubsacke.) Da hab ich zwar ein gutes Pulver wider die Flohe. Man darff den Floh nur haschen / und ihm eine halbe Messerspitze davon in den Halß schütten / so wird er gewiß davon sterben. Aber das Geld macht sich bey dem lieben Frauenzimmer gar seltzam: So bleibt mir die Waare über dem Halse / und ich weiß auch von keinem Gelde.
MISCHMASCH.
RAISON. Nu / nu / vielleicht wird das Werck so verglichen / daß wir am Ende den Unkosten gewachsen seyn. Nur bekennet alles / sagt / daß ihr die ärgsten Land-Betrüger seyd / das übrige lasset mich machen.
39
Politischer Quacksalber I, 10
LIKARSKY. W e n n wir w a s b e k e n n e n w o l l e n / s o d ü r f f e n wir keinen ADVOCAten. RAISON. A b e r w e n n ihr gleichwol keine S t r a f f e s o m ü s t ihr einen ADVOCAten m i t b r i n g e n . n o c h einmal / f a s s e t nur einen guten M u t h Zeit solt ihr erfahren / w a s an (2 E4V = 650) s c h a f f e n e n ADVOCATen gelegen ist.
leiden w o l t / Ich s a g e es / in w e n i g e r einem recht-
ERSTER H A N D L U N G ZEHENDER AUFFZUG. CAPUT MORTUUM, der Thür-Knecht.
Die vorigen. CAPUT MORTUUM. Ich soll fragen / ob ihr da seyd? RAISON. W e r hats b e f o h l e n ? CAPUT MORTUUM. Das weiß ich wol / wers befohlen hat /
ich frage noch einmal / ob ihr da seyd?
RAISON. Ihr thut gar recht und wol daran / daß ihr den Be-
fehl in acht nehmet / wir wollen Zeuge seyn / daß ihr gefraget habt.
CAPUT MORTUUM. Ich frage zum dritten mal?
RAISON. Hat euch denn eure Herrschafft befohlen / daß ihr
dreymahl fragen sollet?
CAPUT MORTUUM. Aber ihr sollet antworten.
40
Christian
Weise
RAISON. Ihr habt Befehl / daß ihr fragen sollet / wir haben keinen Befehl / daß wir antworten sollen. CAPUT
MORTUUM.
Ey
Herr
./ESCULAPIO
sitzt
gleichwol
(2E y = 651) Gerichte / und wer mich als einen wolbestalten Thürknecht schimpffen wil / der mag es bei meinem Herrn verantworten. RAISON. Ihr lieber Mann / ihr habt das eurige gethan / es begehrt euch niemand zu beschimpffen. Was hat denn der Herr ^ESCULAPIO gesagt? CAPUT MORTUUM. E r sagte / ich solte euch fragen. RAISON. Sagte er denn auch / daß wir solten antworten? CAPUT MORTUUM. E r sagte wol nichts vom antworten. Aber ich vermeynte / es verstünde sich wol selber / daß meine Frage nicht dürfte vergebens seyn. RAISON. Euren Gedancken nach verstehts sich selber / habt ihr was gehöret und gesehen / so thut auch den Bericht / so gut ihr könnt / wir wissen wol / wenn das Reden wird an uns kommen. CAPUT MORTUUM. Was giebt es vor harte Köpffe in der Welt. Wenn ich doch nur von einem Menschen eine Antwort erhielte. Harr' / ich wil mich an den geringsten machen. Seyd ihr da? MISCHMASCH. Ach nein / ich bin nicht da. (2E5V
=
652)
CAPUT MORTUUM. Aber wen ich höre / der muß da seyn. MISCHMASCH. Ists möglich / bin ich da?
Politischer Quacksalber I, 11
41
CAPUT MORTUUM. Freylich seyd ihr d a ?
MISCHMASCH. Aber seyd auch ihr da? CAPUT MORTUUM. Darum hat sich niemand zu bekümmern. MISCHMASCH. N u n so bleibts dabey / ein jedweder Narr bekümmert sich um sich allein. CAPUT MORTUUM. A c h Schade / daß ein Thürknecht bey
dem Richter nicht mehr zu reden hat / ich wolte euch eines einschencken. ERSTER H A N D L U N G EILFFTER AUFFZUG.
Die mittelste
Scene eröffnet sich / und
daselbst
E S C U L A P I O , d e r R i c h t e r i m M E D i c i N i s c h e n PARNASS.
dessen Beysitzer. zwey G e r i c h t s - S E C R E T A R I I . Her aussen bleiben die vorigen. SIRUPO, GALATINO,
MORSULO, PILULO,
¿ESCULAPIO Wir haben aus dem getreuen (2 E6r = 653) Berichte so viel befunden / daß uns kaum das wenigste von dieser haßlichen Landbetrügerey bekandt gewesen. Ach soll sich die edle MEDICIN, als das edelste Kleinod des menschlichen Geschlechtes so haßlich beschimpffen lassen? sind 2. nothdringende Ursachen / daß man dem Wercke mit einer schweren Hand begegnen muß. Vor eins werden unsere Tugendhaffte geschimpfet / und vors andere werden so viel ehrliche Menschen in grossen Schaden gesetzet.
SIRUPO. ES
42
Christian
Weise
GALATINO. ES wird auch allerdings von nothen seyn / daß erstlich zwar eine empfindliche Straffe auff die Betrüger geleget wird / hernach aber eine allgemeine Verordnung ergehet / daß kein Zeugniß in dergleichen Fallen sol angenommen werden / welches nicht in unserm Gerichte besiegelt oder gestämpelt wird. ¿ESCULAPIO. Wir wollen kein Urtheil machen / ehe die Partheyen zu einem öffentlichen Bekanntnisse ihres Bubenstuckes gebracht werden. (Sehreyet laut.) (2E6V = 654) Heran ihr Feinde der edlen Gesundheit / und gebet Rechenschafft / aus wessen Antrieb habt ihr diese Bosheit vorgenommen? RAISON. Hocherleuchter Richter - ¿ESCULAPIO. Wer hat euch erfodert / wir haben mit andern Personen zu thun. RAISON. Hocherleuchter Richter / so viel hab ich hier zu thun / als ein ADVOCAT, der sich dieser bedrängten Personen anzunehmen hat. ¿ESCULAPIO. Wie kan diese Rechts-Wolthat Buben wiederfahren?
öffentlichen
SIRUPO. Die AüvocAten sollen sich bedrängter und n o t l e i dender CLiENten annehmen. GALATINO. U n d wo sich öffentliche Betrüger anmelden / da sollen sie den Richter bitten / daß er die boßhafften Leute noch harter straffen möge. RAISON. Es ist wahr / wer gesündiget hat / der muß entweder die Gesetze einer Ungerechtigkeit beschuldigen / oder
Politischer
Quacksalber
43
I, 11
er m u ß die Straffe ergehen lassen. Immittelst weil offtmals eine geringe Sunde mit einer unerträglichen Straffe beleget wird / so kan die Gerechtigkeit gar wol ( 2 E 7 r = 655) zugeben / daß man den höchsten Gebrechen mit einer billigen DEFENSION an die H a n d gehet. TESCULAPIO. So werden wir vielleicht nicht wissen / wie dergleichen Laster sollen gestraffet werden? SIRUPO. Es ist nicht anders / der H e r r hat eine SUPPLICATION i m S c h i e b s a c k e / d a r i n n e e r u m e i n e ASSESSUR in u n -
serm Gerichte anhalten will. GALATINO. O d e r wir werden zum Herrn sollen in die Schule kommen / daß wir lernen Urtheil machen? RAISON. Ich stehe hier / und trotze auff meine gerechte Sachen / ich sage auch mit ausdrücklichen Worten / wer die guten Leute gar zu sehr bestraffen wil / dem ist das Verbrechen schandlicher abgemahlet worden / als man in der T h a t befinden wird. SIRUPO. Die W o r t e klingen unverschämt. GALATINO. U n d ein solcher M a n n verdienet / daß ihm ein SILENTIUM IMPONIH
wird.
RAISON. Sie iMPONiren m i r SILENTIUM, w e n n ich m e i n e U r -
sachen werde ausgefuhret haben. (2E7V
=
656)
SIRUPO. Sind das nicht die ärgsten Betrieger? RAISON. Ich begehre es nicht zu laugnen. GALATINO. Haben sie nicht den schandlichsten Unflath vor Artzney verkaufft?
44
Christian "Weise
RAISON. Ich weiß alles wol / und was sie gethan haben / davon können die Herren nicht einmal den zehenden Theil wissen. SIRUPO. So haben sie eine leichtfertige That begangen. RAISON. Ich sage auch nicht / daß man ihre Stücke unter die sieben freyen Künste zehlen soll. Sie haben allerdings wider ihr Gewissen gehandelt / sie haben ihren Segen auff das Spiel gesetzet / mit einem W o r t e : Sie haben den CREDIT u n d RESPECT v e r l o r e n .
SIRUPO. Ein kostlicher AüvocAte / damit sind sie ohn allen Zweiffei in die scharffste Straffe verfallen. RAISON. Ich sage nein darzu: Es wäre denn / daß man bey diesem hohen Gerichte der Gewalt mißbrauchen wolte. GALATINO. Ich frage / ist es nicht wahr / nachdem einer sündiget / nachdem muß er leiden? (657) RAISON. Alle Leute sündigen nicht aus Boßheit. Etliche sündigen aus Schwachheit. SIRUPO. W e r die Leute mit geschabtem Bockshorn betrieget / und etwas Veil-Wurtzel drunter PULVERisiret / daß es einen Geruch bekommt: D e r auch wol gar heßliche EXCREMENTA mit untermischt / dessen Sünde wird gewiß vor keine Schwachheit auffzunehmen seyn. RAISON. Was in der gantzen Welt geschiehet / das muß als eine Schwachheit entschuldiget werden: W o sie an diesen Personen allzuscharff verfahren wollen / so will ich gerne sehen / wer in der Welt wird leben bleiben.
Politischer Quacksalber
I, 11
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SIRUPO. Wenn wir den betrieglichen Quacksalbern werden die Hälse gebrochen haben / so wollen wir den ehrlichen Leuten gutes Leben wünschen. RAISON. Wir handeln zwar nicht alle mit Ziegel-Meele / aber das ist doch wahr: D i e Welt ist voller Q u a c k s a l b e r . yEscuLAPio. D a s Wort hören wir zum erstenmale. Gehet in euch / und REvociret mit gutem Willen / ehe die REVOCATION e t - ( 6 5 # ) w a s schimpfflich mochte gesuchet werden. RAISON. Hocherleuchter Richter / die helle Warheit laßt sich nicht REVOCiren / indem die gantze Welt mit Betrugerey umgehet. So hoffen sie doch mit der Straffe so lange verschonet zu seyn / biß der Ausgang erfolget / wie hoch man das allgemeine Laster verdammen soll. TESCULAPIO. Wer die gantze Welt beschimpffet / der wird diesen Feinden nicht gewachsen seyn. RAISON. Ich rede vor einem gerechten Richter / der meine Warheit vor keinen Schimpff auslegen wird / wofern auch meine Reden noch zu dunckel seyn / so wird das hocherleuchte Gerichte so gutig gegen die beklagten Personen handeln und durch gewisse COMMISSARIEN genaue N a c h richt einziehen lassen / ob nicht die gantze Welt mit lauter Q u a c k s a l b e r n erfüllet sey. yfiscuLAPio. Ihr suchet Zeit zu gewinnen / allein die (KOMMISSION kan euch in die höchste Gefahr sturtzen. RAISON. Hier stehe ich / w o die Gerechtigkeit {659) die geringste Gefahr auff mich bringen kan / so will ich alles Unglücke mit Freuden über mich nehmen. Ich bitte nur / 4
Weise
XU/2
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Christian
Weise
sie wollen sich selbst diesen hohen Ruhm nicht mißgönnen / daß sie ein wichtiges Werck mit kluger Bedachtsamkeit ausgeführet haben. VESCULAPIO. So verziehet doch / und erwartet den Bescheid / der schleunig erfolgen soll. (Die mittelste Scene fallt zu / und verbirgt die
Gerichte.)
ERSTER HANDLUNG ZWÖLFFTER AUFFZUG. Die vorigen. RAISON. Mein Herr / habe ich nicht eine gute Probe abgelegt? LIKARSKY. Die Probe wird so lange den Stich halten / biß uns die COMMISSION ZU Lügnern macht. RAISON. Still / still / wir müssen auch dabey seyn. Was ich im Hertzen habe / das (660) darff niemand wissen / biß die Sache in den Ausschnitt gebracht wird. LIKARSKY. Aber wo bleiben wir unterdessen mit unserer Bude? RAISON. Ich will euch einen sichern Platz weisen / da euch niemand antasten soll; Nur gebt mir die Versicherung / daß ihr unter einander selbst nicht wollet Handel anfangen. LIKARSKY. Ich weiß von keiner Feindschafft / also werde ich auch an keine Handel gedencken.
Politischer
Quacksalber
I, 12
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CHINACHINE. Und ich bin froh / daß die lieben Herren meine Gläser nicht zubrochen haben / ich will gerne nichts zerbrechen helffen. RAISON. Nun so folget mir / und lasset eure Bedienten die Buden wieder abnehmen. (Gehen
ab.)
MISCHMASCH. Hort doch / junges Mensch / was hatten wir denn einander gethan? RIZARIZE. Ich bin so ehrlich / und auff wen meine Herrschafft einen Groll hat / den halte ich auch vor meinen Feind. wißt ihr gleichwohl nichts Böses in eurem Hertzen wider mich? {661)
MISCHMASCH. SO
RIZARIZE. Ach nein / so gut ich mit andern Leuten verlieb nehme / so gut solt ihr mir auch seyn. MISCHMASCH. Ey / wie solte mich das thauren / wenn ich euer schönes Gesichte zerschmissen hatte. RIZARIZE. Und es wäre mir leid / wenn meine Nägel in eurem Gesichte stecken solten. MISCHMASCH. Nu / nu / was sich zeckt / das nimmt sich / wir wollen einander helffen abräumen / was darnach vorgehet /davon wollen wir in keinem Gerichte reden lassen. (Die Scene wird
zugezogen.)
ANDERER HANDLUNG ERSTER AUFFZUG. RAISON, der AovocAte. LIKARSKY, der A r t z t .
MISCHMASCH, sein lustiger Diener. CHINACHINE, eines Artztes Wittwe. RIZARIZE, ihre Magd. LIKARSKY. Es verlanget mich von Hertzen / was {662) in dem Gerichte unsertwegen muß beschlossen seyn. RAISON. Es verlanget mich gar nicht. Eben darum / weil es langsam hergehet / kan ich abnehmen / daß die Herren Beysitzer einen wichtigen Floch in die Ohren bekommen haben. Denn sie merckten wol / daß alle Stande wider sie mochten auftreten / wenn die eigennützige Pralerey / und der Herr verzeihe mir / daß ich so deutlich rede / die eitle Auffschneiderey solte bestrafft werden. LIKARSKY. Der Herr darff nicht um Verzeihung bitten / denn ich habe mich der Auffschneiderey bißhero geschamet. N u n ich aber zum Erkantnisse komme / daß ich so vornehme Mit-Meister in meinem Handwercke habe / so mag mir einer ein CARMEN machen / und mag den EhrenTitul gleich neben meinem Nahmen setzen. MISCHMASCH. U n d ich werde mich schämen sollen / daß ich mein Auffschneiden nicht recht gelernet habe. Lügen kan ich wohl / aber ich kan die Leute noch nicht bereden / die
Politischer Quacksalber
II, 1
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besten Gedancken verderben mir im (663) Zuschneiden / wie Meister Lammer-Barteln / da er mir neulich meinen Ehren-Titul machen solte. gehören NATURALIA darzu / das ist / der Kopff m u ß witzig / die Zunge geschwinde / und das Gesichte unverschämt seyn. W o diese drey Haupt-Tugenden nicht beysammen sind / da lasse man sich zu keinem Auffschneider gebrauchen. D r u m w o jemand an der Auffschneiderey unschuldig ist / so darff es vor keine Frömmigkeit ausgeleget werden. Denn das Gemüthe ist zu blöde / oder die Zunge zu langsam / oder man wird dreymal roth / ehe man eine Lügen halb zu Marckte gebracht hat.
RAISON. ES
Roth werde ich nicht / denn wie meine natürliche Farbe beschaffen ist / das gebe ich allen hochgeschätzten Anwesenden zu erkennen. Mit der Zunge bin ich verwarloset worden / denn die ist mir nicht recht geloset. Dem Kopffe weiß ich auch nicht zu helffen. Ich sauffe der lieben Weißheit zu Gefallen alle Tage drey Seitel Brandtewein / und blei-(664)be einmal wie das andere / auff recht Hochteutsch zu reden ein Narr.
MISCHMASCH.
RAISON. Wer von seinem Fehler so gut jUDiciren kan / der ist kein Narr. D o c h siehe da / das Richterliche C O L L E GIUM wird sich über dem Urtheile verglichen haben.
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Christian
Weise
ANDERER HANDLUNG ANDERER AUFFZUG. Die vorigen. MORSULO, PILULO, C A P U T MORTUUM,
zwey SECRETARII. der Thür-Knecht.
MORSULO. Sie thun wol / daß sie hier verzogen haben. LIKARSKY. E S
ist unsre Schuldigkeit.
MISCHMASCH. Und das beste Theil meines Gehorsams. Warten und müßig stehen kan ich: Aber auffwarten und arbeiten / das thut mir bange. MORSULO. D e r hocherleuchtete H e r r ^ESCULAPIO hat vor
nothig erachtet / sie gnadigst nach einander vor seinen Richterlichen Thron zu fordern / alldieweil sich (665) ihre DEFENSION auff etliche Dinge bezogen hat / derowegen man nothdürfftige INFORMATION zuvor einholen muß. Wenn denn ich nebst meinem lieben Herrn CoLLEGen von hoher Hand die COMMISSION habe / die rechte Warheit zu erkundigen / als werden sie nicht allein den Ausgang solches Wercks erwarten / sondern werden uns auch beystehen / damit die Zeit im Nachforschen nicht allzu sehr mochte verlängert werden. RAISON. Der hocherleuchtete /ESCULAPIO thut ein Werck der hochgepriesenen Gerechtigkeit / welches allemal mit unterthanigem Dancke soll erkennet werden. Immittelst mochten wir wissen / in was vor TERMINIS diese COMMISSION bestehen soll? MORSULO. Mein Herr hat sich auff Personen beruffen / die in der Welt / auch ausser dem Marckte / ihre Quacksal-
51
Politischer Quacksalber II, 2
ber-Buden auffschlagen sollen. Sind sie nun diese Reden nochmals geständig / so schaffen sie nur / daß dergleichen Personen uns bald in das Gesichte k o m m e n . (666) RAISON. O h n e Maßgebung wäre der Sache leicht geholffen / wenn wir uns theileten / H e r r MORSULO Hesse sich von Herrn LIKARSKY den W e g weisen / ich wolte mich zu der Frau DOCTORIN schlagen / und hatte die E h r e / Herrn PiLULO zu b e g l e i t e n . MISCHMASCH.
( E r g r e i f f t CAPUT
MORTUUM.)
WO
komme
denn ich hin? Ich hoffe / der H e r r wird meine COMPAGNIE nicht verschmähen. MORSULO. D e r Vorschlag gefält mir wol / doch mit dem B e dinge / daß wir über den andern Tag allzeit eine Zusamm e n k u n f t haben / und der Sache aus dem G r u n d e nachdencken. PILULO. Ich will die Meinigen dazu anhalten. Sein CxiENte wird sich gleicher Gestalt weisen lassen. MORSULO. N u n wolan / wir gehen / H e r r LIKARSKY, wird er viel suchen / so werde ich viel finden. LIKARSKY. W i r werden in beyden nicht unglückselig seyn. (MORSULO
und
LIKARSKY
gehen ab.)
PILULO. Ich mercke wohl / wir müssen einen andern W e g gehen. ( 2 P = 6 6 7 ) RAISON. Gar wol / aber was beliebt meiner Frauen / will sie mit uns spatzieren / oder will sie unterdessen vor ihre B u de sorgen?
52
Christian Weise
CHINACHINE. Ich mochte ihrer Geselischafft nicht anstehen / ich werde wol indessen mit meiner lieben Getreuen zu Hause bleiben / es wäre denn / daß mir indessen etwas Nachdenckliches begegnete / da wolte ich bey der Zusammenkunft das Meinige gerne beytragen. PILULO. Sie soll in diesem Stücke ihren freyen Willen haben. (Gehet mit
RAISON
ab.)
CHINACHINE. Mein Kind siehe doch / die Leute wollen Auffschneider fangen / aber gib Achtung drauff / ob ich die Kunst nicht eben so gut werde gelernet haben. RIZARIZE. Ja wol / wer hinter dem Strauche gesteckt hat / der weiß die andern zu suchen. CHINACHINE. Merckstu was? RIZARIZE. Ach nein / ich rede von was / das ich vor drittehalb Vierteljahren gemercket habe. {2F" = 668) CHINACHINE. Nun so behalt die Klugheit vor dich / mercke viel / und rede wenig. CAPUT MORTUUM. Aber mit wem soll ich gehen? MISCHMASCH. Ich wolte fein fragen: Wenn ich zur Hochzeit gehe / so komme ich gemeiniglich unter die Bauern / da paaren sich die Narren selber. CAPUT MORTUUM. Was heist aber das? MISCHMASCH. Was solts heissen / es heist / wir sollen in einem Paar gehen / wo wir zwey Narren sind / so gehet der vornehmste oben an.
Politischer Quacksalber II, 2
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Aber was wird denn draus / wenn wir eine Gasse auff / die andere nieder gehen?
C A P U T MORTUUM.
MISCHMASCH. Ich habe mein Tage viel gethan / und weiß die Stunde noch nicht / was draus worden ist. Die Herren wüsten aber wol / warum der Weg angestellet wird.
C A P U T MORTUUM.
5
MISCHMASCH. Was die Herren wissen / das weiß ich auch. C A P U T MORTUUM.
Gleichwol laßt ihr euch so lange fragen.
MISCHMASCH. Der Richter will einen neuen Beysitzer haben / darum sollen wir in der ( 2 F 2 r = 669) Welt herum 10 MARCHiren / und die klugen Leute auskosten. Versteht ihr mich? C A P U T MORTUUM.
Wir werden sie ausnehmen.
MISCHMASCH. Kommt nur / und sucht das Nest / es wird schon jemand da seyn / der die Vogel ausnimmt. (Ad 15 spectatores.) Fürwar der Schelm ist mir zu thum / wo ich mich seiner schämen muß / so setze ich den Schelmen auff ein Fuhder Heu / und frage / ob mir jemand den Indianischen Narren-Vogel mit dem Neste will abkauffen.
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Christian
ANDERER
HANDLUNG
DRITTER FAPESMO, ein
Weise
AUFFZUG.
INFORMATOR.
FRISESOMORUS, ein junger Studente. FAPESMO. W i e gesagt / ein junger Mensch kan wenig lernen / wenn es an guten PR/ECEPTORIBUS fehlt. U n d doch wird mancher von ungewissenhafften Leuten betrogen / daß er an statt seiner Weißheit einen Sack voll T h o r h e i t mit nach Hause bringet. Derowegen dancket (2F2V = 670) dem lieben G O t t / daß ihr zu mir k o m m e n seyd / denn alle hundert Thaler / die euer H e r r Vater auff euch wendet / die sollen sich in kurtzer Zeit mit tausend Thaler veriNTERESsiren. FRISESOMORUS. A c h mein hochgelahrter H e r r / ich habe gedacht mein voriger Lehrmeister solte mir was G u t s gerathen haben / allein es ist mir doch lieb / daß mir die A u gen bey Zeiten auffgethan werden. FAPESMO. E y der Stümper / w o solte er doch zu der W e i ß heit k o m m e n seyn? E r müste die Sachen seinem G r o ß Vater aus den Buchern gestolen haben / sonst wüste ich nicht / wie er nur einen krancken SYLLOGISMUM schmieden solte. A b e r ich habe etwas andere AUTORES, die in Italien / Franckreich und Niederland / ja gar in der M o s cowitischen Grantze ihre B ü c h e r geschrieben haben. E r gewehne sich nur dazu / daß er bey mir aus und eingehet / er soll NOTITIAM AUTORUM b e k o m m e n / die er b e y
manchem DOCTOR nicht wird beysammen finden. FRISESOMORUS. (2F3r= 671)
An meiner gehorsamen Auffwartung soll es keinmal fehlen. Mein H e r r Vater
Politischer Quacksalber II, 3
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wird auch allemal mit einer ansehnlichen DISCRETION zu erscheinen wissen. A b e r was werde ich wol vor B ü c h e r im Anfange haben müssen / wenn ich seiner vornehmen INFORMATION mit N u t z e n gemessen will? FAPESMO. Was sagt er mir von B ü c h e r n ? W a r e n solche B ü cher schon geschrieben / daraus man etwas lernen könte / so hatte ich nichts zu thun. Bleibt ihr bey meinen DICTATIS und laßt euch dieselben RECOMMENDiret seyn / so habt ihr so viel / daß ihr alle ScRiBENten hoffmeistern könnet. FRISESOMORUS. Ich habe zwar bey meinem vorigen H e r r n ziemlich viel Papier verschrieben. FAPESMO. D a will ich euch was G u t s rathen. G e h t und verkaufft das Schmierwerck in einem W ü r t z k r a m / denn also k o m m e n sie zu ihrem grösten RESPECT. FRISESOMORUS. Ich weiß nicht / der K r a m e r thut Pfeffer hinein. FAPESMO. Weil Pfeffer hinein gethan wird / so (2F3V = 672) darff man das Papier nicht an einem garstigen O r t tragen. FRISESOMORUS. A c h ja / ich verwundere mich über den V e r stand.
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Christian Weise
ANDERER HANDLUNG V I E R D T E R AUFFZUG. Die vorigen. C A J E T I , ein ander
INFORMATOR.
Siehe da / mein Herr / ist er unpaß gewesen / daß ich ihn etliche Tage nicht in dem C O L L E G I O gesehen habe?
CAJETI.
(Ein jedweder / wenn er redet / zeucht den Untergebenen auff die Seite / und redet gleichsam heimlich.) Ach nein / es hat etwan sonst zu thun geben / daß ich bin verhindert worden.
FRISESOMORUS.
Ich sehe wol / bey wem er stehet. Er traue dem liederlichen Manne durchaus nicht / wenn er alle Pralerey konte zur Warheit machen / so wäre seines gleichen in der Welt nicht zu finden.
CAJETI.
Wie stehts wird dem Kerlen bange / ( 2 F 4 r — 673) daß er einen rechtschaffenen Kunden verlieren soll? Er lasse sich den Schmier-Flegel um Gottes willen nicht betriegen. Was er auff 6. Bogen macht / das will ich allemal auff ein Quartblat bringen.
FAPESMO.
solte mir leid seyn / wenn er meine C O L L E G I A gleich itzo verlassen solte. Itzo kommen wir gleich auff die Frage: Q U I D S I T PONS A S I N O R U M ? Und wo er die Sache nicht mit meinen P R I N C I P I I S lernet / so wolte ich vor seine gantze Wissenschafft nicht einen Pfifferling geben. Der Kerl ist nicht so gut / daß er einmal einen P H I L O S O PHischen Esel bedeuten soll / geschweige denn / daß ihn der heilige A R I S T O T E L E S auff seine Bancke treten Hesse.
CAJETI. ES
57
Politischer Quacksalber / / , 4
FAPESMO. Mein H e r r / er k o m m e mit nach Hause / ich werde gleich den Spruch erklaren: D E MODALIBUS NON GUSTABIT ASINUS. U n d das wird so viel auff deutsch heissen: D e r Flegel dorte hat von den Künsten nicht viel vergessen. CAJETI. H ö r e t doch noch ein W o r t / ich habe die gantze PHILOSOPHIE auff ein B l a t - { 2 F 4 V = 674)gen zusammen gebracht / das man in der H a n d bedecken k a n : U n d wer so viel weiß / der kan getrost in alle EXAMINA gehen / und wenn er einen Blick in die H a n d thut / so ist die A n t w o r t da. FAPESMO. D e r H e r r lasse sich noch was erzehlen: D e r Kerl r ü h m e t sich / er kann DispuTiren / und sein gantz T h u n b e s t e h e t a u f f d e r D I S T I N C T I O N LATE & weiß / was
CATAPODIALITER
und
STRICTE. W o
REFLEXIVE,
in
er AB-
STRACTO & CONCRETO heist / so soll Meister H a n s ein ABSTRACTUM aus mir machen / und den K o p f f vor die F ü s s e legen. CAJETI. Ich weiß wohl / w o der Kerl seine Künste her hat / er lasse nur einmal eine Zeile drucken / ich will ihm die N a s e in das B u c h stecken / daß er als ein ander Schelm ausgeschrieben hat. Ich sage es noch einmal / will der H e r r was studieren / so studiere er was Rechts. W e r einen H ü m p l e r zum Meister hat / der ist die Zeit seines Lebens betrogen / er sehe nur die Leute in Aemptern an / die ich zu vornehmen Mannern gemacht habe. (2Fi" = 675)
Christian Weise
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ANDERER FUNFFTER
HANDLUNG AUFFZUG.
D i e vorigen. M O R S U L O , ein
Gerichts-SECRETARius.
(Die beyden Informatores stehen weit von einander / weil die beyden Personen zusammen reden.) MORSULO. G l ü c k zu ihr H e r r e n / so viel ich sehe stehen sie in tieffen Gedancken / ich will nicht hoffen / daß meine Ankunfft zu den widerwärtigen Minen solte Anlaß gegeben haben. FRISESOMORUS. A c h mein H e r r / w o das G e m u t h e verunruhiget wird / da sind die frolichen Minen gar seltsam. MORSULO. Ein vernünfftiger Mensch soll sein durch keine U n r u h e verstoren lassen.
Gemuthe
FRISESOMORUS. A b e r wenn mir Anlaß dazu gegeben wird? MORSULO. Vielleicht nimmt er Anlaß von einer nichtigen Einbildung. FRISESOMORUS. D a stehen zwey hochgelehrte M a n n e r / die schwatzen mir viel grosse Dinge ( 2 F 5 V = 676) von ihrer Weißheit vor / und weil ein jeder den andern verachtet / so weiß ich nicht / zu welchem ich greiffen soll. U n t e r dessen vergehet meine Jugend / mein Geld / und meiner lieben Eltern H o f f n u n g . MORSULO. E r lasse sich weisen. Vielleicht gilt einer einen Pfifferling / und der andere einen Fliegen-Schwamm. W o
Politischer Quacksalber II, 5
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man sich bey der Warheit zancken will / da lauffet der Plunder gemeiniglich auff eigennutzige Pralerey hinaus. Allein ich will nicht urtheilen / ehe mir die lieben Herren bekannt werden. B O N A DIES, ihr lieben Herren / hat ihr Diener nicht die Ehre etliche Worte zu sprechen? (Kommt gelauffen.) D E O GRATIA ihre Gestrengigkeiten. Haben sie etwan einen vornehmen Untergebenen anzubringen /ich stehe zu dero Diensten.
CAJETI.
sie werden mir geruffen haben. Sie können gar wol mit mir reden / ich weiß von keiner Verhinderung.
F A P E S M O . ILLUSTRISSIME D O M I N E ,
MORSULO. Ich höre / die Herren sind hochgelehr{2 F 6r = 677) te Leute und Nachfolger der sieben Weisen aus Griechenland. CAJETI. Ja ja / ihr Gestrengigkeiten / unwürdig sind wir derselben. Der Herr C O L L E G E bemühe sich nicht / ich werde reden. Es ist an dem / daß ich von der Weißheit PROFESSION mache.
FAPESMO.
MORSULO. Allein wenn ihr wolt gelehrte Leute seyn / so stünde euch die Einigkeit besser an. Denn derselbe heisset ja gelehrt / der in allen Dingen die Warheit erforschen kan. Und weil die Warheit nicht zweyerley ist / denn ein Pferd kan nicht zugleich ein Esel seyn / ein Kind das Nickel heißt / kan nicht zugleich Ließgen heissen: Also beweist ihr durch euere Zanckerey / daß zum wenigsten einer der Warheit müsse verfehlet haben.
60
Christian Weise
CAJETI. Ihre Gestrengigkeiten bleiben doch bey der Meynung. W o die Warheit eine Jungfer ist / so kommt der Kerle nimmermehr zu ihr auff die Freyt. FAPESMO. Und wo die Jungfer zur Frau wird / so seyd ihr nimmermehr der Bräutigam darzu. (2F6V = 678) MORSULO. Ihr lieben Leute / lasset euch was erzehlen. Ich kam neulich in ein Wirthshaus / da lag ein Kind in der Wiegen / zwey Narren zanckten sich / einer sagte es hiesse Hanßgen / der andere sagte / es hiesse CAROLUS M . und da die Mutter dazu kam / so war es ein Madgen / und hieß Magdalena. Versteht ihr wohl / wohin ich ziele? Wenn sich zwey Leute zancken / so können alle beyde gar wohl neben der Warheit vorbey spatzieren. Und sie sagen mir doch / worinne besteht denn ihre grosse Uneinigkeit? CAJETI. E y der halt mir gleichwohl ein COLLEGIUM
LOGI-
CUM zum Possen / und spricht / es waren sieben PR^EDICABILIA, und weil ich dawider strebe / so darff er mir zum Possen sprechen: LOGICA EST ARS. MORSULO. Wichtige Sachen! D o c h gleich wie R o m auff sieben Bergen gestanden hat / so konten wohl sieben PR^DICABILIA s e y n .
FAPESMO. Aber gleichwie die sieben Berge nicht {2F7r = 679) alle bebauet sind / also müssen wir auch die Zahl weniger machen. MORSULO. Die Antwort ist nicht zu tadeln. Aber hört doch / was wird denn draus / wenn sich alle Welt bekehrte / und aus den sieben PR^EDICABILIBUS sieben freye Künste machte? U n d wenn nun von der Obrigkeit ein
Politischer
Quacksalber
II, 5
61
L E X heraus käme / daß L O G I C A ARS hiesse / was hatte denn die kluge Welt vor Schaden oder vor Nutzen davon zu gewarten?
CAJETI. Die Warheit muß gleichwol untersuchet werden. MORSULO. Ach mein lieber Herr / es ist viel Warheit in der Welt / die man nicht wissen darff. Wenn sich 2. Bauern um einen Gold-Kafer zancken wolten / ob er aus einer Ochsen-Blume / oder aus einer Kuh-Blume gewachsen wäre / so würde ich mich um die garstige Warheit nicht viel bekümmern. Seyd versichert / wenn mit Gunst zu melden eure Mist-Kafer ehrlichen Leuten vor den Ohren herum summen / so sind sie am vergnügtesten / wenn die 680) D I S P U T A T I O N ein Ende hat. ( 2 F 7 V = CAJETI. Wir wollen hoffen / das Gleichniß wird uns nicht angehen. FAPESMO. Und der Herr sage mir nicht viel / ich werffe ihm einen S Y L L O G I S M U M in den Bart / daran er wird zu klauben haben. (Halt die Hände vor den Mund.) Ich brauche kein Bart-Wachs / der Herr verschone mich mit dem
MORSULO.
PRÄSENT. F A P E S M O . E G O SIC A R G U M E N T O R : A U T H O M O NON EST RATION ALIS, AUT L o G I G I C A EST ARS ARTIUM. W O ihr mit dem Latein kommt / so will ich schweigen. Denn ich spreche / wie bey dem Babylonischen Thurme die Sprachen sind verwechselt worden / so hat der Rumor-Meister Lateinisch geredt: Denn es kriegt
MORSULO.
5
Weise XII/2
62
Christian Weise kein Mensch in der Sprache ein gut Wort / es muß alles gezanckt und gekieffen seyn.
FAPESMO.
worten.
Aber so kan ich auch auff alle
SYLLOGISMOS
ant-
Wer solche Dinge vorbringet / der hat sich selber REFUTiret. Ihr nennets eine Kunst / die man als ein edel Kleinod annehmen soll: Aber sollen wir eure jun- ( 681) ge Dolen vor Rebhüner annehmen? Das ist: Soll eure Phantasterey mit dem schonen Nahmen bezeichnet werden? Sagt mir doch / welch vornehmer T H E O L O G U S welch stattlicher Jurist / in Summa / welch Gelehrter hat den geringsten Schaden davon / wenn er euren Plunder versäumet hat? Unsere Seligkeit / unsere Gerechtigkeit / unsere Klugheit bleibet in gutem Lauffe / da wir offt nicht wissen / ob die Sconsten oder THOMisten einander haben von der Catheder geworffen.
MORSULO.
Wer uns mit solchen Worten beschimpffet / den sollen unsere A U D I T O R E S mit Stecknadeln zu Tode martern.
CAJETI.
Nicht so trotzig. Seht das Mahlzeichen auff meiner Brust / und RESPECTiret den Nahmen des hocherleuchteten Richters / der als ein hochvernünfftiger MEDIcus diejenigen bestraffen kan / welche entweder am Leibe / oder im Gemüthe so unverantwortliche Kranckheiten entspinnen.
MORSULO.
CAJETI.
Ich weiß von der Sache nichts.
(682)
Ihr solt aber was darvon erfahren. Und ich befehle es / daß ihr euch von diesem Orte nicht weg begebet / biß euch der hochst-erwehnte Richter als unver-
MORSULO.
Politischer Quacksalber II, 6
63
schämte Quacksalber vor seinem T h r o n e wird entschieden haben. Ich führe eine PROCEss-Ordnung / dabey sich kein Mensch zweymal darff erinnern lassen.
{Geht ab.) FRISESOMORUS. Ihr Herren / so lange wir keine Gewißheit haben / so wil ich einen Spatzier-Weg auffs Land thun / da kan ich mir Feyertage machen.
(Gehet ab.) CAJETI. WO die Sache verspielet ist / so weis ich / über wen ich Ach und W e h schreyen wil.
(Gehet ab.) FAPESMO. Ich dencke / was von viel hundert Jahren her Klugheit geheissen hat / das wird mir kein Richter heute zu Tage als eine Narrheit verdammen dürffen.
(Geht ab.) (Kleines Ornament) ANDERER SECHSTER CAPULO, der
(683)
HANDLUNG AUFFZUG.
Pachtmann.
PARAPIRIDUROMUROFORCIDES,
zwey G r o ß s p r e c h e r .
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES,
CAPULO. ES ist mir lieb / daß ich zwey rechtschaffene Leute vor mir sehen soll / da ich gezweiffeit hatte / ob ich nur einen antreffen solte. W i e heist der H e r r ?
64
Christian
PARAPIRIDUROMUROFORCIDES.
Weise Meine
COURAGE
erweist
sich alsobald / wenn man den Nahmen nennt. Ich heisse PARAPIRIDUROMUROFORCIDES.
CAPULO. D e r Nähme ist grausam genug / ehe ich ihn tausendmal nennen horete / ehe wolte ich mich gefangen geben. D o c h mit PERMISSION, daß ich den Herrn um seinen Nahmen frage. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Mein Nähme wird den andern in vielen Stücken übertreffen. E r fasse einen Muth / daß er ihn ohne Entsetzen hören kan. Ich heisse BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
CAPULO. Ich wolte / ich wäre in ihrer COMPA-(6£4)GNIE, ich gebe mir den Nahmen RASLIPRASLISCHNURRIPURRILAUSIDES.
PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. D e r Herr schertze nicht. Zum wenigsten sihet er an den Nahmen / daß unsers gleichen nicht viel zu finden ist. CAPULO. Ich muß es bekennen / die Leute scheinen mir trefflich vornehm / ich trage Bedencken / ob ich sie mit der geringen Bemühung nur einmal belistigen darff. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
Ey
man
sage uns
von
keiner Bemühung. Deßwegen führen wir lange Nahmen / daß wir bey dem Aussprechen der Bemühung gewohnen. E r sage vielmehr / worinn weiß er unsere Tapferkeit zu EMPLOYren?
CAPULO. Ich bin ein armer Landtmann / ich habe ein Gut gepacht / und wenn mir das bißgen Armuth auff dem Felde verderbet wird / so bleib ich meinem Herrn das Pacht-
Politischer Quacksalber II, 6
65
geld schuldig / das heist um geliebter K ü r t z e willen / ich m u ß so lange im T h u r m e sitzen / biß ich den letzten H e l ler bezahle. N u n geht es itzo gegen den J a h r m a r c k t / da schleudert mir S. VELTEN eine gantze COMPAGNIE Bettler in meinen Garten / die sind zwar am {685) Tage gar elende / aber auff den Abend / da lernen alle Lahmen gehen / alle Blinde sehen / und wenn ich dencke ich habe ein Aepffelgen auff dem B a u m e / oder eine Schote auff dem A c k e r / so haben mir die Bettler das Meinige weggewischt. Also wolte ich gerne jemanden ansprechen / der das unnütze V o l c k entweder wegjagen k o n n t e : oder der es doch besser im Zaume hielte / daß mir gleichwol so viel Schaden nicht gethan würde. O vor 6. Jahren war ich ein ehrlicher M a n n / seither bin ich um alles k o m m e n . PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. Ich wolte unlängst in einem D o r f f e Kirschen stehlen / damit k o m m e n 120. Bauern - -
CAPULO. D e r H e r r vergesse seiner Rede nicht / waren ihrer gleich 120? PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. N i c h t anders / als ich sage: D e n n so viel Steine kamen mir auff den Puckel geflogen; Allein ich wolte meinen Vortheil ersehen / und ein L o c h durch den Zaun machen / und that so einen gewaltigen S t o ß / daß der Zaun mit 6. Bauer-Hausern über den H ä u f - ( 6 8 6 ) fen fiel / damit wurden die Schelmen selber uneins / und ein jedweder wolte unter dem D a c h - S c h o ben der erste hervor seyn. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. A c h w a s ist das? N e u -
lich that ich eine bessere P r o b e : Ich hatte in der Schencke 2 6 . Tische voll Bauern heraus gejaget / damit wil ich auff den T h u r m gehen und nach dem W e t t e r sehen.
66
Christian
Weise
CAPULO. D a werden die Bauern den Thurm belagert haben? BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
Der Herr
kan gut
ra-
then. Denn die Schelmen kamen mir vor dem Thurm / und kamen Mann vor Mann die Treppe hinauff. Ich wüste in meiner Furie nicht / was ich machen solte / und fahre mit dem Kopffe unter die Glocke / daß der Glockenstul und aller Plunder über den Hauffen fiel. D a stund ich nun / und wolte die Glocke nicht fallen lassen / und die Schelme wolten mich gleichwol mit ihren Stangen schon an die Beine kützeln. CAPULO. D e r Mantel wäre vor mich zu schwer gewesen. (687) BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Ach nein / hatten mich sonst die Lumpen Leute nicht bose gemacht / ich hatte so ein Lumpending von etlichen 70. Centnern nicht achten wollen. CAPULO. ES muß ein groß D o r f f seyn / da die Gemeine so viel auff grosse Glocken spendiren kan. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Die grosse Glocke mag noch aus der alten Kirche seyn herkommen. Denn die Jahr-Zahl gabs / daß sie wol um Konig Davids Zeiten wäre gegossen worden. CAPULO. Das wäre eine schone RARitlt in eine Kunst-Kammer. D o c h wie lieffs ab? BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Ich ließ die Glocke auff meinem Kopffe stehen / und zwickte den Klöppel gar zierlich mit den Nageln ab. Und wie mir der Schultze mit einer Mandel-Keule eines wider das Knie geben wolte / so
Politischer Quacksalber
67
II, 6
dachte ich / der gute Morgen mit dem Klöppel wird ihm hinter dem Ohre zierlich anstehen. CAPULO. Der Klöppel wird doch etliche Centner gewogen haben? BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Ich weiß nicht / der Schmid muste nichts gutes gemacht haben / denn (688) der Quarck zerbrach zwischen den Fingern / als wenn ich faul Holtz angegriffen hatte. CAPULO. Aber dem Scholtzen wird es nicht wie faul Holtz hinter die Ohren geflogen seyn? BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
Ach
der
Berenheuter-
sche Kerl war nicht werth / daß er von einer so RAISONNABLEN Ohrfeige sterben solte / denn da ich mich buckete / so kriegte die Glocke den Schwang / und druckt mit mir den Boden ein / da fiel die Glocke / da fiel ich / da fielen die Bauern 27. Ellen in den Erdboden hinein. CAPULO. So wird ihm treflich übel seyn zu muthe gewesen? BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. ES ist wahr / der unverhoffte Possen hatte mich bald erschreckt / aber so tieff ich gefallen war / so einen starcken Satz machte ich CONTRA, daß ich mit der Glocke wieder bis auff den Kirch-Thurm flog / und weil der Pfarrherr dazu kam / und um schon Wetter bath / so hielt ich so lange / biß der Glocken-Stuel wieder gebauet ward. CAPULO. Nein Herr / vor mein Hauß ist er zu {689) grimmig. Ich konte im Bette liegen und schlaffen / und ein ander Schelm konte ihn bose machen / damit flöge er oben
68
Christian Weise
nauß / und meine Hütte stunde früh morgends auff einer alten Eiche. Starcke Leute können auch sanfftmüthig seyn. Meinetwegen sol sein Hauß zwischen den 4. Pfalen wol unversehret bleiben.
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
ANDERER
HANDLUNG
SIEBENDER AUFFZUG. Die vorigen. LIKARSKY, der A r t z t .
LIKARSKY. Ich habe den Leuten etwas zugehöret / es scheinet fast / als wenn es mit meiner Auffschneiderey lauter Kinder-Werck gewesen wäre. Doch weil ich gerne hinter die Warheit kommen wolte / so muß ich doch die Kerlen bose machen. Wo er mich nicht in die Lufft schmeisset / so muß ich schwerer seyn / als 70. Centner. Wie stehts guter Freund / habt ihr nicht gestern in unserer Gasse ein Kind zu tode geritten? (690) Der Herr verzeihe mir / ich pflege nicht zu reiten / es muß jemand anders gewesen seyn.
PARAPIRIDUROMUROFORCIDES.
L I K A R S K Y . SO
an?
sehe ich den Herrn vor den rechtschuldigen
Ach nein / ich weiß nicht / daß ich in die Gasse kommen wäre.
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
Politischer
Quacksalber
II, 7
69
LIKARSKY. E y ihr Hunde macht mir einen Thater / oder der Hertz-Bengel sol euch drey quer Finger zum Halse raus stehn. PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. E r sehe uns doch vor ehrliche Leute an. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. U n d wir sind nicht herkommen / daß wir eine Schlagerey wollen anfangen. LIKARSKY. Was frag ich darnach / warum ihr herkommen seyd / schaffet mir den Thater / der mir das Kind zu Tode geritten hat / oder ich will euch drücken / daß kein Mensch sehen soll / was ein Kopff oder ein F u ß gewesen ist. CAPULO. Ach mein liebster H e r r / er nehme sich doch in acht / er weiß nicht / was das vor grimmige Leute seyn. LIKARSKY. E y laßt sie ankommen. Sind sie keine Baren / so sind sie Barenheuter. ( 2 G r = 691} CAPULO. Sie können Stahl und Eisen zerdrücken wie faul Holtz. LIKARSKY. E y nicht doch / mein Vetter ist ein MesserSchmidt / es wird ihm gar zu sauer / wenn er das Eisen gleich machen sol / die Kerlen konnten einen grossen Danck bey mir verdienen / wenn sie mit reiseten. CAPULO . W o alles wahr ist / was sie geredt haben / so wird er wol auff dem Abend keinen Menschen mehr ahnlich sehen.
70
Christian Weise
LIKARSKY. Ich wil mein Ebenbild wol behalten. H ö r e du Lumpenpackt / wilstu mir keinen Anlaß geben / daß ich recht bose werde? PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. D e r H e r r schone seiner selbst / das Schwerd / das ich an meiner Seite trage / hat gleich neun und neuntzig tausend neun hundert und neun und neuntzig Todschlage begangen / der H e r r ist sonst so ein lieber Mann / es wäre mir leyd / wenn ich das erste hundert tausend mit ihm solte vollmachen. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. H a t der H e r r nicht von der güldenen Kunst gehöret? Ich zerknirsche nur die Leute / wenn ich anfange. LIKARSKY. D u 99000facher 2C. D u must mirs (2GV = 692) zu gute halten / daß ich dir Frist lasse. D e r Kerle m u ß mir zuvor eine P r o b e thun / und m u ß mich zerknirschen. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. E r begehre es nicht zu erfahren. Meine H ä n d e wil ich ihm weisen / aber ich schone seines Lebens. LIKARSKY. D i r was anders in die Hände / ich will zerknirschet seyn. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES. Ich kan aber so großmüthig seyn / und den Befehl verachten /daß ihrs eben wisset / euer Wille soll nicht geschehen / ich will euch nicht zerknirschen. LIKARSKY. Wilstu nicht thun / was ich befehle? Greiff an / oder ich greiff.
Politischer
Quacksalber
ANDERER ACHTER
71
II, 8
HANDLUNG AUFFZUG.
D i e vorigen. PILULO, ein
Gerichts-SECRETARius.
PILULO. Herr LIKARSKY, habt ihr euer selbst vergessen? Wer eine schlimme Sache vor Gerichte hat / der muß sich nicht mit neuen Handeln schwartz machen. (2G2r = 693) LIKARSKY. E y wer kan sich auch besinnen / wenn die Welt so gar liederlich auffgezogen k o m m t . Ich dachte / ich solte nun als der ärgste Betrieger und Auffschneider z u m abscheulichsten T o d e verdammet werden / so find ich da Kerlen / die wollen alles zerbrechen und zerknirschen / und da sie eine Probe thun sollen / so ist die COURAGE ZU einem abscheulichen Q u a r g e worden. PILULO. Sachte / sachte / wir sollen nur RECOGNOSCiren. Wer H a n d anlegen wil / der hat es bey dem durchlauchtigsten Richter zu verantworten. PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. Mein H e r r / er nehme uns in Schutz / wir haben ihm nichts gethan. BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
Und
ich bin n o c h
be-
reit / daß ich ihm alle INJURIEN vergeben wil / w o er mich nur ins künfftige zufrieden last. PILULO. Aber weßwegen habt ihr so heßlich gepralet / da ihr gleichwol eines andern Schutzes benothiget seyd? PARAPIRIDUROMUROFORCIDES. Wir haben wol keine Lügen geredet. Ich habe viel K o p f f e verdrehet / aber es waren
72
Christian
Weise
junge Sperlinge / kan ich ( 2 G 2 V = 694) davor / daß mein Widersacher denckt / ich habe von Menschen geredet? Und ich sagte vom faulen Holtze. Kan ich davor / daß die Leute dencken / ich habe vom Stahl und Eisen geredt?
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
LIKARSKY.
Aber was solten wir bey der grossen Glocke ver-
stehen? Die Erzehlung war noch nicht auß / sonst hatte ich wollen sprechen / es war ein Traum.
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
O nichtswürdige Gattung von allen Pralern! Seht ihr mein Zeichen auf der Brust?
PILULO.
Wir sehen etwas / aber wir sind zu einfaltig / daß wir das schone Zeichen verstehen solten.
PARAPIRIDUROMUROFORCIDES.
solt ihr auch zur Zeit noch nicht werth seyn / daß ihrs erfahret. Doch im Nahmen desjenigen / dem ich das Merckmahl zu dancken habe / wird euch aufferlegt / nicht von dannen zu weichen / biß ihr das Urtheil von einem hohen Richter empfangen habt.
PILULO. SO
(Gehet ab.) Und ich werde mich auff ein paar böse Hunde befleißigen / die sollen mit (2 G3r = 695) den Bettlern besser zu rechte kommen.
CAPULO.
(Gebet ab.)
Politischer Quacksalber II, 9 PARAPIRIDUROMUROFORCIDES.
langen Nahmens. {Gehet
73
Ich schäme mich meines ab.)
Ach schäme dich / daß nicht langer gewachsen ist.
BOMBAGRANITYMPOTARATANTIDES.
dir die
COURAGE
ANDERER HANDLUNG NEUNDTER AUFFZUG. JOSQUINO,
ein Capellmeister. ein junger Studente.
FRISESOMORUS,
Ich trage Mitleiden mit eurem Zustande / und mochte wünschen / ihr hattet bessere Freunde angetroffen.
JOSQUINO.
Ja wol hat mirs an rechten Freunden gefehlet / es heist / ich habe nun etliche Jahr studiret / ich habe mich da und dorte mit gelehrten Leuten bekand gemacht / und da mein Geld sich einmal mit den richtigen INTERESSEN einstellen sol / so habe ich einen Sack voll Narheit / und einen Kober voll Armuth zum besten / deßwegen wolte ich nur vernehmen / ob der Herr Capellmeister nicht (2 G3V = 696} wolte so gütig seyn / und mir den Weg zur Music / und hiernechst zur C O M P O S I T I O N weisen / ich wolte hoffen / es solte sich noch ein geschickt INGENIUM bey mir finden / daß mein Patron an mir / als an einem demüthigen S C H O L A R E N keine Schande erleben würde.
FRISESOMORUS.
JOSQUINO. Mein lieber Freund / ich höre wol / w o ihr hinzielet; D o c h wer in unser PROFESSION ein ViRTuoser heis-
74
Christian Weise sen wil / der m u ß das W e r c k bald in der zarten J u g e n d angreiffen / und muß darneben eine gute MusiCALische N a t u r haben. Was das erste belangt / so ist es schon versehen / und um das andere stehet es auch mißlich.
FRISESOMORUS. Man hat doch Exempel / daß versäumte Leute noch zu was k o m m e n sind / wenn sie darnach doppelten Fleiß angewendet haben. JOSQUINO. Man hat auch Exempel / daß die guten Kerlen sind betrogen worden. FRISESOMORUS. D a s müssen arme Stumper gewesen seyn / derer sich die ViRTuôsen Meister geschamet haben. Ich verspreche dem Herrn Capellmeister 500. Reichs(2G4T = 697)Thaler überhaupt / wofern er die B a r m hertzigkeit an mir thut / und mich unter seine CLiENten annehmen will; J a ich verspreche noch eine gute DISCRÉTION beyzutragen / so bald ich etwas richtiges werde begriffen haben. Es mangelt mir nicht am Gelde / es verdreust mich nur / daß ich nichts rechtes gelernet habe / und wenn ich itzund in die Compagnien k o m m e / so heist es: D e r Kerle ist nichts / er weiß nichts / er wird nichts / er verdienet nichts. JOSQUINO. J a freylich ist es ein grosser J a m m e r / wenn man bey rechtschaffenen Leuten seine Person nicht wol AGiren kan / und ich verstehe des H e r r n gute M e y n u n g gar wol / allein ich kan dem Herrn nicht verhalten / daß ich gar schlechte Zeit habe und fast nicht wisse / wenn ich das ansehnliche G e l d recht verdienen solte. Mein gnadigster H e r r hat sich in die OPERN verliebt / und damit wird mir die beste Zeit genommen / daß mir also dergleichen INFORMATION fast unmöglich fallen wurde.
Politischer Quacksalber
75
II, 10
FRISESOMORUS. Ach so werde ich ohne Trost gelassen!
(2G4V
=698)
JOSQUINO. E r gebe sich zu frieden / ich habe einen Sohn in Italien / wil er die Unkosten nicht ansehen / und dahin reisen / so wil ich hoffen / er sol seine Vergnügung bey ihm antreffen. FRISESOMORUS. D e r Vorschlag ist nicht uneben / ich konte was lernen / und zugleich frembde Lander besehen / doch eins betrübet mich sehr / ich weiß den Weg nicht. JOSQUINO. O da kan bald Mittel gefunden werden / es sind Leute / genug / die sich zu Wegweisern gebrauchen lassen / gleich itzo habe ich zwey gute Freunde bey mir / die wünschen mit ehrlichen Leuten in die Lander zu gehen / ist es nun sein Ernst / wolan so wil ich ihm die Wahl lassen / welcher ihm am besten anstehen mochte. FRISESOMORUS. Wil mein Patron so bemühet seyn / so nehm ichs zu Danck an.
(.Kleines Ornament)
ANDERER ZEHENDER
{2G5r
= 699)
HANDLUNG AUFFZUG.
Die vorigen. RODOMONTADO, BAGATELLO, zwey gereisete Personen. JOSQUINO. Siehe da die Herren kommen mir gleich entgegen / da man ihrer verlangt.
76
Christian
RODOMONTADO.
Weise
M O N S I E U R VOSTRE TRES HUMBLE
SERVI-
TEUR, Ich erfreue mich / wenn meiner verlanget wird. B A G A T E L L O . M A FOY S'IL VOUS PLAIT. I c h w i l m i c h z u a l l e r D E V O T I O N v e r s t e h e n PLUS QUE PERSONNE. RODOMONTADO.
C E ME SERA UN GRAND CONTENTEMENT,
w o i c h a l s e i n TRESOBEISSANT S E R V I T E U R v o r i h m e r s c h e i -
nen konte. B A G A T E L L O . C ' EST UN PERFAITEMENT BEAU PLAISIR, w e n n
man bey solchen rechtschaffenen Leuten seine Dienste EMPLOYren k a n .
L E S GENS DE BIEN, SONT TOUS
JOURS
B I E N , ONT T O U S - - J O U R S B I E N , FONT TOUS J O U R S B I E N .
JOSQUINO. Ihr Herren laßt mich mit eurem TOus JOURS ZU frieden / ich bin auch in einem (2 G5V = 700) Lande gewesen / da die Leute so schwatzen / aber itzund ist es um einen H e r r n zu thun / der die Reden nicht versteht. N u n müssen wir gleich wegen der Sprache einig werden / oder der Handel gehet zurücke / ehe der Vortrag geschehen ist. RODOMONTADO. Ein Gastwirth ist kein geschimpfter M a n n / wenn er sein Zeichen vor die T h ü r e setzet / und gereisete Personen werden nicht zu verachten seyn / wenn sie auch an der euserlichen Sprache sehen lassen / in welchem Lande und Königreiche sie das innerliche G e müthe PERFECTiONiret haben. JOSQUINO. W i r wollen uns nicht mit Gleichnissen auffhalten / hier ist ein stattlicher Mensch / von ehrlichen Eltern und ziemlichen Vermögen / der sich gerne in frembden Landern umsehen mochte / und der in etlichen W o c h e n gerne auff der Post nach R o m reisete. Weil nun die H e r ren aus vielen Umstanden mercken lassen / daß sie die
Politischer
Quacksalber
II, 10
77
W e l t ziemlich mögen durchstrichen haben / so wollen wir zusammen vernehmen / o b sich einer ( 2 G 6 r =701) zum Wegweiser oder im Fall der N o t h gar zum H o f f m e i ster wolle brauchen lassen? RODOMONTADO. Ich habe mich des Dinges in der W e l t sehr müde gesehen / und da ich weiß / daß immer ein Land an dem andern hangt / so durffte ich meiner PLAISIR halben keinen F u ß vor die T h ü r e setzen; D o c h w o ehrlichen und rechtschaffenen Leuten ein Dienst geschiehet / so will ich mich leichte bereden lassen. BAGATELLO. Sie haben die freye Wahl / doch wenn ich rathen solte / so mochten sie mich erwehlen. Ich bin viermal durch die Lander gereiset. Einmal bin ich gefahren / das andre mal geritten / das dritte mal bin ich einem guten Freunde zu gefallen zu Fusse gelauffen. JOSQUINO. W i e denn das vierdte mal? BAGATELLO. D a ist nicht viel davon zu reden. Ich ward unschuldig gefangen / und ich weiß selber nicht / o b ich von einer Stadt zur andern bin getragen oder geschleppet w o r den. D o c h dessen kan ich mich rühmen / ich wolte die W e g e und die (2 G6V = 702) Stege durch die gantze W e l t blintzende finden. JOSQUINO. Man fragt nicht allemal / w o einer gewesen ist / sondern was er gesehen hat. RODOMONTADO. Recht so / ich bin in den Canarischen Insulen gewesen / und habe da gesehen / wie das faule H o l t z in A m b r a verwandelt wird. 6
Weise
Xll/2
78
Christian
Weise
BAGATELLO. U n d ich bin in d e r Insul S. MALTA g e w e s e n /
und da hab ich gesehen / wie sich das Fischlein in Corallenbaumgen verwandelt. RODOMONTADO. Ich habe in den PYREN.iischen Bergen gesehen / w o der grosse RONZEFAX begraben liegt. BAGATELLO. U n d ich habe im Schweitzer-Gebürge dem alten PONTIUS PILATUS z u g e s p r o c h e n ; I c h w a r f f i h m
ein
Stucke H o l t z in sein Wasser / und da machte er mir z u m Elemente ein Wetter / daß ich meynte / ich würde in dem Regen ersauffen müssen. RODOMONTADO. Hier im Schiebsacke habe ich ein Blat / das habe ich in der EscuRiALischen BIBLIOTHEC aus einem griechischen MANUSCRIPTO gerissen. E s k o m m e ein an(2G7r = 703)der / und sage nur / daß er an die Thüre gerochen hat / da ich etliche Jahr nach einander an dem vornehmen O r t e aus und eingegangen bin. BAGATELLO. Wenn ich meinen R u h m im Diebstahl suchen wolte / so konte ich noch einen silbernen Becher auffweisen / den ich in Pariß an einem vornehmen Panquet von der Taffei PROMOviret habe. RODOMONTADO. Ich habe gesehen / w o die Welt zwischen EUROPA u n d AFRICA v o n einander
geht.
BAGATELLO. U n d ich habe gesehen / wie die Welt zwischen EUROPA u n d ASIA z u s a m m e n
geht.
RODOMONTADO. Ich habe einmal eine geschwinde Reise durch die Welt gethan / daß mir 6. Tage im Calender fehlten.
Politischer Quacksalber
II, 11
79
BAGATELLO. Gleich vor 6. Jahren hatte ich 5. Tage überley. RODOMONTADO. Ich habe in Spanien das Stiergefechte gesehen. BAGATELLO. U n d ich habe zu Venedig eine Ochsen-Jagd gesehen. RODOMONTADO. (2G7V
=
Ich
habe
schon
Wallfische
gefangen.
704)
BAGATELLO. Und ich habe sehen Austern fressen. RODOMONTADO. Was ist das? Ich habe 24. Konigen die Hände geküst. BAGATELLO. U n d noch einmal so viel Konige haben mir Dienste anbieten lassen.
ANDERER
HANDLUNG
EILFFTER
AUFFZUG.
Die vorigen. RAISON, der
ADVOCATE.
RAISON. Wie stehts ihr Herren / wer schwatzt von 24. K o nigen / ich will nicht hoffen / daß jemand mit 6. Charten zugleich spielet? RODOMONTADO. Wir entwerffen nur etwas von unserer Reise-Beschreibung / weil ein lieber Mensch unter unserm GOUVERNO die vornehmsten Lander besuchen wil.
80
Christian
Weise
der liebe Mensch seine F U N D A M E N T A hat / so kan ihm diese R E C O M M E N D A T I O N seiner übrigen Q U A L I taten wegen nicht mißgegonnet werden.
RAISON. W O
Die F U N D A M E N T A sollen sich in der Frembde schon finden / ich habe noch zur (705) Zeit vor einen braven Menschen PAssiret / und gleichwol habe ich mein Fundament in der Frembde geleget.
RODOMONTADO.
RAISON. Wir wollen uns wegen des Fundaments gerne vergleichen / ich mochte nur wissen / wo die 24. Konige herkamen / denen er die Hände geküsset hat. RODOMONTADO. Ich bin 4. mal durch 6. Königreiche gereiset / allemal war ein neuer Konig / nun ist T O U T Ä FAIT 4 . mahl 6. 24. Es ist mir leid / daß ich eine falsche C H R O N O L O G I E gelernet habe / denn innerhalb 30. Jahren sind nicht mehr als sieben Konige gestorben.
RAISON.
RODOMONTADO. Der Herr weiß gewiß nicht / was ausser Europa vor Konige sind. RAISON. Gleichwol wird mir kein Mensch ausser Europa 6. Königreiche nennen / darinne alle 4. Jahre ein Konig gestorben ist. RODOMONTADO. Ich beziehe mich auff meine Beschreibung / wenn solche D O C U M E N T A nicht gelten solten / so mochte ein ehrlicher Mensch den ersten Schuch verfluchen / den er in frembden Landern zerrissen hat. (706) RAISON. Ich wolte das Geld verfluchen / das die überflüßigen Schuhe gefressen haben. Doch wie viel Konige hat der Herr gesehen?
Politischer Quacksalber
/ / , 11
81
BAGATELLO. Ich binde mich nicht an die Zahl / in solchen Dingen rechne ich gerne in Pausch und Bogen. RAISON. Aber doch ohngefehr wird die Zahl bekandt seyn. BAGATELLO. Ich will nur sagen / wo und wie lange ich an jedem Orte gewesen bin. RAISON. (Ad spectatores.) Und ich will die Jahre in meine Schreib-Taffel einschreiben. BAGATELLO. Mein erster Ausflug war nach Straßburg / da lebte ich 2. Jahr. RAISON. (Ad spectatores.)
Zwey.
BAGATELLO. Da ich meine FUNDAMENTA geleget hatte / gieng ich auff LYON, und ward bey einem Königlichen Capitain deutscher Sprachen-Meister / da blieb ich 4. Jahr. RAISON. S e c h s .
BAGATELLO. Ferner gieng ich auff Paris / und begab mich u n t e r die GRANDS MUSQUETAIRES, d a b l i e b i c h 3 . J a h r .
(707) RAISON.
Neune.
BAGATELLO. Weiter begab ich mich in Hollandische Dienste / und reisete zu Schiffe erstlich in die Türckey / darnach zurücke in West-Indien / über West-Indien gieng ich zu Lande / biß ich auff der andern Seite gegen die Philippinischen Inseln / und ferner in Ost-Indien fahren kunte / damit brachte ich 13. Jahr zu.
82
Christian Weise
RAISON. Zwey und zwantzig. Hierauff that ich eine T O U R in Schweden / Dennemarck / Engeland / aber ich werde mich über ein Jahr daselbst nicht auffgehalten haben.
BAGATELLO.
RAISON. Drey und zwantzig. BAGATELLO. Hierauff kam mich eine Lust an / die Fürstlichen Hofe in Deutschland zu besehen / und wenn ich dazu rechne / was mir an dem Käyserlichen Hofe vor Zeit darauff gegangen ist / so sind es gar gerne 7. Jahr. RAISON.
Dreyßig.
BAGATELLO. Polen und Ungarn haben mir über ein Jahr nicht weggenommen / denn ich hatte in Cracow etliche W e y w o d e n erstochen / so verfolgete mich die gantze {708) Nation / daß ich ein Loch z u m Lande hinaus suchen muste. RAISON. E i n u n d
dreyßig.
BAGATELLO. Hernach kam ich in das hochgelobte Italien / da verliebte ich mich in die P O M I R A N C I , L I M O N I , S I R B I L A T - W u r s t / PARMisAN-Kase / i n d i e VERNACER, CER, M A R C E M I N , i n d i e s c h o n e C A R N E V A L , i n d i e
ROSAneue
CURTISANI, daß mir 12. Jahr vergiengen / wie ein eintzeler Tag. RAISON. Vier und viertzig. BAGATELLO. Hierauff kriegte ich einen Brieff von meines seligen Herrn Vaters Tode / und wolte zu Wasser / und darnach über Franckreich nach Hause gehen. Allein ich
Politischer Quacksalber II, 11
83
ward von den Türcken gefangen / und weil ich keine Post nach Hause bringen konte / so muste ich 6. Jahr in der Dienstbarkeit aushalten / biß mich des Bassa von Cairo wunderschone Tochter erlosete. RAISON.
Funfftzig.
BAGATELLO. Hierauff bin ich des Reisens müde worden / und lebe ohngefehr ein Jahr im Vaterlande. D o c h wer mir etwas von Italianischen SARDELLen fürschwa-( 709 )tzen wolte / der mochte mir leicht einen APPETIT erwecken / daß ich mich zu einer Spatzier-Reise bewegen Hesse. RAISON. Mein Herr / ich habe groß Vergnügen über seinen Reisen / und ich wolte ihm leicht zu einer anstandigen CONDITION helffen / wenn mir nicht ein kleiner Knoten im Wege stünde. BAGATELLO. D e r Knoten wird vielleicht auffzulosen seyn. RAISON. Der Hofemeister soll sich auff zwolff Jahr verdingen / und also dürffte er nicht viel über 20. Jahr seyn / damit er an seinem zukünfftigen Ehestande nicht allzu sehr gehindert würde. BAGATELLO. M e i n H e r r / PATIENCE, i c h w i l l a u s d e m
Kir-
chen-Buche beweisen / daß ich vor 8. Tagen 23. Jahr gewesen bin. RAISON. Wie unverschämter Auffschneider? Bist du erst 23. Jahr alt / und hast gleichwol etliche 50. Jahr im Reisen zugebracht? Ich kenne dich und deinen Cameraden / du solst in weniger Zeit vor einem hohen Richterstul R e chenschafft geben.
(Gehet ab.)
84
Christian
Weise
ist kein ehrlich Stücke / daß man (710) einem die Jahre nachrechnet / wollen mich die Leute nicht besser verstehen / so kan ich wol andre Gesellschafft suchen.
BAGATELLO. ES
(Geht ab.) Ich dencke immer / ich werde der 5 1 . Jahr mit entgelten müssen.
RODOMONTADO.
Und ich werde in Deutschland bleiben müssen / denn meine Reise dürffte über Jahr und Tag nicht wahren. Ach ist niemand in der Capelle / der mich haben will?
FRISESOMORUS.
Der Herr sey heute mein Gast / wenn man etliche Glaser Wein ausgetruncken hat / so kommt man zu bessern Einfallen.
JOSQUINO.
Und wo ich Wein trincke / so schlag ich noch mit etlich 100. Thlr. loß.
FRISESOMORUS.
ANDERER H A N D L U N G ZWÖLFFTER AUFFZUG. MISCHMASCH,
des Artztes lustiger Diener.
Ach ihr Herren / wie leichte wird mir um das Hertze! Ich dachte mein Herr und (711) ich würden der Auffschneiderey wegen gar an die Galeen geschmiedet werden; Aber so viel ich sehe / so werden wir gar in eine langsame Classe kommen / und wenn die Ruderbancke sechsfach solten besetzet werden. Ich komme gleich itzo aus der Kirche /
Politischer Quacksalber II, 13
85
da zanckte sich der Organist mit dem Blasebalgtreter / einer sagte / das CLAVIR wäre das edelste Theil der Orgel / der andre lobte seinen Blasebalg / und da der Streit lange wahret / so hatte bald der Organist von der PEDAL Banck weggemust / und der andere hatte den Glauben aus dem B geschlagen. Ich muß bekennen / meine Schreib-Taffel ist voll / wo mir ein neuer Quacksalber begegnet / so muß ich meine Hosen umwenden / und muß seinen Nahmen auff die weisse Leinwand schreiben. Und ich halte immer davor / die ehrlichen Leute dort werden mir mit Gewalt einen Platz in meinen Hosen einnehmen. (712)
ANDERER
HANDLUNG
DREYZEHENDER AUFFZUG. MISCHMASCH, des Artztes lustiger Diener. AFFLITTO, SIMPLICIO, zwey geplagte Manner. SECURO, der Weinschencke. SECURO. Wollen die Herren nicht bey mir verziehen? Ich weiß nicht / wenn mir so MELANCHOLische Gaste waren vorkommen / sie haben gleichwol fast 2. Kannen ausgestochen / und wollen doch keine froliche Mine machen. Ach wer in den Wein-Keller kommt / der muß seine Sorgen auff den breiten Stein vor der Thüre legen / kan er sie doch wieder nehmen / wenn er nach Hause geht. Denn das weiß ich / kein Mensch wird daran zum Diebe werden. AFFLITTO. Ach wenn ich meine Sorgen auff einen breiten Stein legen solte / so müste er so groß seyn / als die gantze Stadt.
86
Christian
Weise
SIMPLICIO. U n d meiner müste so groß seyn als die gantze Welt. (713) AFFLITTO. Ich bin der unglückseligste Mensch. SIMPLICIO. U n d ich bin noch tausendmal unglückseliger. SECURO. Was haben wir mit dem Unglücke zu thun? Wer die MELANCHOLischen Grillen vertreiben kan / der hat die beste Artzney wider alles Unglücke. AFFLITTO. Ach Herr / wenn ich einen spitzigen Stein im Schuhe habe / so thut mirs allgemach wehe / und wenn ich den Schmertzen verachten will / oder wenn ich die Gedancken davon kehre / so bin ich allemal betrogen. SIMPLICIO. U n d mein Elend liegt mir im Hertzen / soll ich das vergessen / so muß ich das Hertze aus dem Leibe reissen. SECURO. Mancher macht sein Creutz grosser / als es in der Warheit ist / sie lassen doch hören / wo ich kein Mittel davor weiß / so will ich eine Kanne Wein / und ein Stücke Hollandischen Kase Straffe geben. AFFLITTO. Ach in bin unglückselig / ich habe mir neulich ein heimliches Leiden mit grünem Wachse vertrieben / nun habe ich mein öffentliches Leiden / und kriege die (714) Schuld-Zettel auff allen Seiten mit rothem Wachse besiegelt. SECURO. Wenn ich schuldig bin / so bin ich lustig / der andere mag sorgen / wo seine Zahlung herkommt. SIMPLICIO. Gar recht. Ich wolte viel tausend Thaler davor schuldig seyn / daß ich keine bose Frau hatte.
Politischer
Quacksalber
II, 13
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AFFLITTO. Ich kan meiner Frauen kein Kleid / und meinen Kindern kein Brodt schaffen. SIMPLICIO. Ich schaffe meiner Frauen zu Fressen und zu Sauffen genug / und dennoch kriege ich wol zum NachGerichte an statt des Käses einen Barnheuter / und an statt des Radises gar einen 2C. AFFLITTO. Ach Armuth ist wol die groste Plage / sonderlich wenn man in so guten Mitteln gesessen hat. SIMPLICIO. Ach Weiber-Angst ist doch die groste Plage / sonderlich wenn man im Junggesellen-Stande so frey gelebet hat. SECURO. Wie sind denn die Herren dazu kommen? AFFLITTO. Mich haben bose Leute dazu gebracht / (2Hr = 715) ich bin zu gutwillig gewesen / und habe zu viel getrauet / daher kommt mein RUIN. SIMPLICIO. U n d mich haben fromme Leute darzu gebracht / denn wer hätte sichs können einbilden / daß aus einer freundlichen Jungfer / und aus einem leibhafften Engel so ein Rabenaas werden solte. AFFLITTO. Ach wie bange wird mirs thun / wenn ich werde in den Schuld-Thurm kriechen müssen. SIMPLICIO. U n d wie wehe thuts / daß ich ohne der Frauen Willen keinen Schritt über die Thüre thun darff. AFFLITTO. Ich lebe anderer Leute Gnade. SIMPLICIO. Und ich habe meine gnadige Obrigkeit im Hause.
88
Christian
Weise
AFFLITTO. Ich habe das Hauptküssen verwechselt / darauff ich so gut schlaffen konte. SIMPLICIO. Und wenn es in meiner Kammer unruhig wird / so muß ich wol das Bette gar verwechseln / und muß auff der Banck vorlieb nehmen. AFFLITTO. Ich erschrecke / wenn es Tag wird. SIMPLICIO. Ja gegen Morgen kan meine Frau am besten fluchen. Denn so bald (2HV = 716) sie mit andern Leuten geredt hat / so bleibet sie zwar noch böse genug / aber es ist doch / als wenn die bestialische Natur ein bißgen nachliesse. AFFLITTO. Und wenn ich alle meine Schulden vergessen wolte / so habe ich einen bösen Nachbar / der halt ein halbschock Katzen / die mir alle Tage das Fleisch aus dem Topffe heraus naschen. SIMPLICIO. Und wenn mir mein Nachbar einen Stein in den Garten wirfft / so hört meine Frau nicht eher auff zu keiffen / als biß ich ihn wieder hinaus trage. SECURO. Ihr Herren / sonst weiß ich wol ein Sprichwort: Bier und Barmhertzigkeit kommt zusammen. Aber warum mein Wein soll geschimpffet werden / daß er mit einer Betrübniß sol zusammen kommen / das will mir nicht in Kopff. {Kleines
Ornament)
{2H2r=717)
Politischer Quacksalber II, 14
ANDERER
89
HANDLUNG
VIERZEHENDER
AUFFZUG.
MISCHMASCH, des Artztes lustiger Diener. Die vorigen. MISCHMASCH. Glück zu ihr Herren Quacksalber. SECURO. Guter Freund / verschonet mich mit dem Titul / ich bin zwar den Quacksalbern von Hertzen gut / wenn sie fein fleißig in meinen Keller kommen / aber der Nähme steht mir nicht an. mag der Herr heissen / wie er will / doch Glück zu / ihr Herren Quacksalber.
M I S C H M A S C H . SO
AFFLITTO. Ach laßt mich unvexiret. SIMPLICIO. Und redet nicht zu laut / es ist ohndem kein Zunahme in der Welt / den ich von meiner Frau nicht einfressen muß: Sol ich noch unschuldiger Weise ein Quacksalber heissen / ach so kräncke ich mir noch heute zehn Wochen vom Leben ab. Herr Wirth / ich ruffe ihn zum (2H2V = 718) Zeugen an / daß die MELANCHOLischen Sauertopffe Quacksalber seyn.
MISCHMASCH.
SECURO. Ich weiß nicht. Einer müste seine Schuld-Brieffe vor T E S T I M O N I A ausgeben / und der andere müste seine Frau vor ein Murmelthier in die Bude setzen / sonst weiß ich nicht / was einem Quacksalber ahnlich wäre. MISCHMASCH. Ich weiß noch was bessers. Die Leute handeln mit Unglücke. Und wie ein jeder Schreyhals auff
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Christian Weise
dem Marckte die beste Artzney haben will / so wollen die Herren das vornehmste Creutze haben. Es ist nicht wahr / daß ihnen was wehe thut / es ist nur die liebe Hoffarth / daß sie gerne wollen mit ihrem unvergleichlichen Unglücke gesehen seyn. Wenn sich nur jemand wolte hinsetzen / und wolte das Elend beweinen helffen / was würde bey den Leuten vor eine Einbildung wachsen? SECURO. Ich hatte mich der klugen Reden nicht versehen. AFFLITTO. Mit betrübten Leuten ist leicht zu schertzen. SIMPLICIO. U n d w e m der n a g e n d e W u r m an { 2 H 3
r
=
719)
der Seiten liegt / der muß bey fremden Leuten ein Auge zudrücken. MISCHMASCH. Bleibt mir mit dem Geprale vom Leibe. Seht ihr das Kleinod / das ich am Hertzen trage? SECURO. Das Kleinod ist bald vornehmer als die Person. MISCHMASCH. I c h b i n b e y d e m v o r n e h m e n COMMISSARIO in
Diensten. Und Herr Wirth / ich sage ihm das zur Nachricht / er lasse die Kerlen nicht zu weit verlauffen / sonst werden meine PRiNciPAlen ungeduldig. SECURO. Ich kan sie nicht halten / ich kan sie nicht verjagen. AFFLITTO. Es soll mich niemand wegjagen / wenn mir die Schuld-Leute alles wegnehmen / so habe ich noch das zum besten / was ich mit dem Maule davon bringe.
(Geht ab.) SIMPLICIO. U n d hier im Keller habe ich bessere A u f w a r tung als zu Hause. ( 2 H 3 V = 720)
Politischer
Quacksalber
II, Ii
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ANDERER HANDLUNG FUNFFZEHENDER AUFFZUG. SECTJRO, der Weinschencke. MISCHMASCH, des Artztes lustiger AQUARIO,
Diener. des Weinschenckens Junge.
Ich sehe gleichwol / meine Gaste sind mir gehorsamer / als mancher Obrigkeit die Unterthanen.
SECURO.
Ich habe die Art / wo ich hinkomme / da ist lauter Gehorsam; Er setze mich auff die Probe / und nehme mich mit in den Keller / da mag er mich sechsmal trincken heissen / ehe ich einmal ungehorsam wolte seyn / so wolte ich das siebende mal dazu trincken.
MISCHMASCH.
Die Beschwerung habe ich nicht / daß die Leute im Trincken ungehorsam seyn / aber im Zahlen gibts viel Rebellen und Malcontenten.
SECURO.
{Kommt gelauffen.) Ach! Herr / wo er ein Unglücke verhüten will / so komm er zu Hülffe.
AQUARIO. (2H4r
=
721)
Ich werde nun ein Meister über alles Unglück
SECURO.
seyn.
Fürwar / es geschiehet ein Todschlag / wo der Herr nicht selber kommt. Ich habe meine Ohrfeige schon weg / da ich zum Frieden wolte reden.
AQUARIO.
SECURO.
Wer sind denn die grausamen Tyrannen?
Herr / seht nur selber / wer sie seyn: Ehe ich eine grosse Beschreibung anfange / so ist einer todt.
AQUARIO.
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Christian Weise
MISCHMASCH. Junge / du bist mit deinen Lebens-Beschreibungen gar sparsam / du denckst / wenn sie einander todt schlagen / so werden die PERSONALIA wol beschrieben werden. SECURO. NU / nu / des lieben Haus-Friedens wegen will ich doch sehen / wie zu helffen sey. (.Kleines Ornament)
ANDERER
(2H4V
= 722)
HANDLUNG
SECHZEHENDER
AUFFZUG.
Die vorigen. M O D E S T O , ein STUDIOSUS
THEOLOGIE.
Q U E R U L O , ein STUDIOSUS
POLITICES.
MODESTO. Ich habe sie von einander gebracht / er thue mir doch die Liebe / und halte Friede. QUERULO. Was? Warum soll ich Friede halten? Ich kan nicht leben als ein Barnheuter. Der iGNORANte hat mich geschimpfft / und ich muß ihm seinen Kopff von einander hacken / daß man nach dem Unverstände sehen kan. SECURO. Wie wills / ihr Herren / was regieret heute vor ein Planete? Will der Wein nicht mehr schmecken? MODESTO. Ich halte / der Wein hat gar zu gut geschmecket / und da er im Bauche nicht Raum hat / so ist er in den Kopff getreten. QUERULO. Wer saget / daß ich voll bin? Das redt mir kein rechtschaffener Kerle nach / und gesetzt / ich hatte ein
Politischer Quacksalber
II, 16
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gantz Faß ( 2 H V = 723) Wein im Leibe / so wolte ich in meiner vollen Weise mehr verstehen / als die iGNORANten bey ihrem nüchternen Munde. SECURO. Was giebt es denn vor einen geringen Mißver. stand / der nicht kan beygeleget werden? MODESTO. Herr Wirth / er lasse es gut seyn / ich will schon mit ihm zurechte kommen. QUERULO. Ich lasse mir mein Studieren nicht vorwerffen / ihr selber seyd gegen mir wie ein Schatten zu rechnen. MODESTO. N u n / nun / Bruder / je mehr ich studiere / desto mehr wird mir meine Unwissenheit bekannt. Ich fange deßwegen keinen Streit an / wenn mir jemand die Warheit sagt. QUERULO. Sage mir doch / warum hitte ich so viel 100. Thaler mehr verzehrt als du / wenn ich nicht wolte besser seyn? MODESTO. J a / ja / das Geld / das ein ander verthan hat / das hab ich noch im Beutel. QUERULO. Ich habe die Bücher gelesen / da ein ander nicht den Titul davon gesehen hat. MODESTO. Ich lese viel / aber ich mercke alle (2Hy = 724) Tage besser / daß ich vor meinem Ende das wenigste werde gelesen haben. QUERULO. Meine MANUSCRIPTA sind weitlaufftiger / als eines andern seine BIBLIOTHEC. 7
Weise X I I / 2
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Christian Weise
MODESTO. Ich bin zufrieden / denn ich habe wenig Zeit mit Abschreiben verderbet. QUERULO. U n d was ists mit euch Kerlen / wenn einer meinesgleichen mit neuen PRINCIPIIS auffgezogen kommt. Und deßwegen erhub sich der Streit / daß mir der Lumpenhund nicht antworten kunte: AN JUS NATURA CADAT IN BRUTA? M O D E S T O . I c h h a t t e l i e b e r D i s P U T i r e t : A N BRUTALITAS CADAT IN HOMINES?
QUERULO. Ach wenn ich an meine COLLECTANEA gedencke / da ein ander Stümper nicht ein Blatgen ExcERPiret hat / da er auch nicht weiß / wie er die Griffe nach dem güldenen A . B . C . einrichten sol. H a ! so darff er doch im DiscuRse thun / als wenn er was verstehen wolte. MODESTO. Ich bete alle Morgen: Lieber Gott / wilstu mir kein JUDICIUM geben / so behüte mich doch vor den CoLLECTANEIS.
QUERULO. U n d wo bleibt denn meine CORRESPONDENZ, da ich manchmal ein Buch (2H6r = 725) vor 20. Thaler bezahle / das hernach ein ander Hungerleider um kahle anderthalb Thaler kauffen kan. MODESTO. O b ich die Ganse um Pfingsten esse / oder ob ich um Martini die rechte Zeit erwarte / das gibt meinem ApPEtit eine schlechte Hinderniß. QUERULO. Bruder / laß mich wieder hinein / ich habe noch was vergessen / das ich dem Schurcken noch vorwerffen muß.
Politischer Quacksalber II, 16
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MODESTO. Bruder / es ist kein Mensch mehr da / spar es doch auff andre Gelegenheit. QUERULO. Ich kan nicht / der Kerle m u ß noch heute h ö ren / was ich vor RARitaten in Händen habe. Einen F o LiANten voll PASQUILLE, ein Q u a r t - B u c h abgemahlte M u t z e n / H o s e n und Schuhe / die in der gantzen W e l t getragen werden. U n d da ich so viel M ü h e auff die frembden Sachen geleget habe / soll ich nicht um den V o r z u g mit einer solchen Distel-Fincke streiten? MODESTO. Ich lobe ein B u c h / daraus mir die Bauern eine Zeile vor 16. Groschen bezahlen. QUERULO. Bruder / was murmelst du? Ich (2H6V = 726) sehe doch wol / es verdreust alle / daß ich gelehrter bin / als sie; A b e r ich hoffe / ihr solt mich in kurtzer Zeit als einen PATRON um eine Beförderung ansprechen.
{Geht
ab.)
SECURO. WO der Mensch neue Handel im Keller anfangt / so werde ich mit der schweren H a n d auff den Tisch schlagen.
{Geht
ab.)
MODESTO. Hilff G o t t / wohin zielet doch der eitel R u h m ? U n d warum suchen wir die E h r e so gar hefftig / die sich doch am liebsten finden laßt / wenn sie nicht gesuchet wird? O d e r warum will einer alles verstehen / da gleichwol der liebe G O t t einem jedweden sein Theil am Verstände zugemessen hat? MISCHMASCH. H e r r / ich habe eures Kopffs viel / wer sagt / daß ich der Ehre mein Tage nachgelauffen bin / der thut
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Christian
Weise
mir Gewalt und Unrecht / drum hoffe ich immer / die Zeit wird noch bald kommen / da mir die Ehre nachlaufft. kan seyn. Denn wer die Ehre nicht suchet / der bekümmert sich auch selten / wie andere die Ehre fin-
MODESTO. ES
den. {2H7r=
727)
MISCHMASCH. Aber das ist wohl wahr / der Kerle war ein Auffschneider vom Hause aus. MODESTO. Wir wollen von abwesenden Leuten nichts Übels reden. MISCHMASCH. Muß ichs doch leiden / daß mir das lincke Ohr manchmal klingt. Und dazu / was kan ich vor Sünde thun / wenn ich die Warheit rede? MODESTO. Die Warheit / die dem Nechsten zu Schimpff und Schaden geredet wird / die soll man lieber verschweigen. MISCHMASCH. Ich werde zum Element keinen Narren in seiner Phantasie starcken. MODESTO. Mit solchen Mitteln wird ihm auch nicht von der Phantasie abgeholffen. Wird sich einmal ein ^ESCULAPIUS angeben / der mag was gutes in der Sache thun. ich langer mit euch rede / so werde ich klüger als es meine P R O F E S S I O N erfodert / doch in etlichen Tagen gedenckt an das Zeichen / das ich auff meinem Hertzen getragen habe.
MISCHMASCH. W O
{Gehet ab.)
{2H7V = 728)
MODESTO. Ich habe meine Gedancken nicht darzu gewohnet / daß ich mich solcher Handel lange erinnern soll.
DRITTER HANDLUNG ERSTER AUFFZUG. Der Schauplatz prxsentiret eine
Wochen-Stube.
FABULLE, eine Sechswochnerin. GRACULE, ihre Wärterin. FABULLE. Die Frauen solten sich nun bald einstellen / so viel ich weiß / so hat es 2. geschlagen. GRACULE. Ich wolte / es hatte schon 6. geschlagen / daß sie wieder nach Hause giengen / man weiß darnach nicht / wer dem Kinde die Ruhe mitgenommen hat. FABULLE. Was hilffts / es geschiehet mir zu Ehren / und so darff ich eine kleine Verdrießlichkeit nicht achten. GRACULE. Ich bin zu thum / solcher Ehre will ich gerne entbehren. FABULLE. Ja ich fürchte mich schon / wie heute (729) in meiner Stube das Gerichte über Todte und Lebendige ergehen wird. GRACULE. Ach Jungefrau / wenn ihr dazu kommt / ihr machts eben so arg als die andern. FABULLE. Je nun G O t t verzeihe es den Leuten / die mich auff die Sprünge bringen.
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Christian Weise
GRACULE. W e r Lust zum tantzen hat / dem ist leicht gepfiffen. Aber ich werde wol die Stüle müssen zurechte setzen? FABULLE. Ach ja seht nur / daß nichts fehlt / die rechten Schwestern werden zusammen kommen / wenn sie werden weg seyn / so wird meine Wochen-Stube dran müssen.
trägt die Stule zu rechte / nahe bey dem eusersten Theatro, daß man die Discurse desto besser hören kan.)
(GRACULE
{Kleines Ornament) DRITTER ANDERER
{730)
HANDLUNG AUFFZUG.
Die vorigen. CORNICE, VOCALE, der
Sechswochnerin
bekante Weiber. CORNICE. Wir wollen immer unhöflich seyn / und gleiche zugehen. Einen glückseligen guten Tag Frau Gevatterin. FABULLE. J e grossen Danck / sie sey gar schone willkommen. CORNICE. Ich habe einen schonen Gruß von meinem Herrn / der last fragen / was das liebe Pathgen macht. FABULLE. Grossen Danck der Nachfrage. Wir müssen uns ja noch so mit einander behelffen. Wenn wir es so machen / daß keines von dem andern entlaufft / so muß es immer gut seyn. N u n Frau Muhme / sie sey auch willkommen.
Politischer Quacksalber III, 2
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VOCALE. Ich habe von H e r t z e n Glück zu wünschen wegen der Freude / die sie in ihrem Hause erfahren hat. G O t t helffe / daß sie das liebe Kind f r o m m und groß ziehen mag. (731) FABULLE. Grossen D a n c k vor den Wunsch / wenn es in ihrem Hause wieder so k o m m t / so will ich auch so sprechen. VOCALE. Grossen Danck von meinet wegen / ich wolte wol sprechen / mein H e r r Hesse sie grüssen / aber er ist f ü r wahr den gantzen Tag nicht zu Hause gewesen / er hat itzt so viel zu thun / daß ich in 8. Tagen nicht eine Viertelstunde mit ihm reden kan. FABULLE. WO es viel zu thun giebt / da giebt es auch was zu verdienen. VOCALE. ES s o l t e w o l s e y n .
FABULLE. N u n sie seyn doch gebeten / und setzen sich nieder. CORNICE. Es wird nicht vonnöthen seyn. FABULLE. Sie dürffen mir doch nicht die R u h e mit hinaus nehmen. CORNICE. Es kamen noch ein paar die Gasse her / wir werden wol warten / biß sie darzu k o m m e n . FABULLE. Ich weiß schon / wer sie seyn. CORNICE. Ihr zwey kante ich wol / aber sie hatten die dritte angepackt / die gieng gar wie eine Frembde. (732)
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Christian
Weise
Je Frau Gevatter / es war die dem Marckte feil hatte.
VOCALE.
CORNICE.
DOCTORIN,
die auff
Je nein Botz-Quarck / was wird die wollen?
Was wird sie wollen? Frembde Weiber sehen gleichwol gerne / wie es anders wo zugehet.
VOCALE.
Je nu / laßts immer seyn / wenn sie komt /so seyn wir schon da.
FABULLE.
DRITTER HANDLUNG D R I T T E R AUFFZUG. Die vorigen.
der Sechswochnerin bekandte Weiber. C H I N A C H I N E , eines Artztes Witwe. PRESTOFORTE, POCOPIANE,
Ich halte / man wird dürffen gleiche zugehen / viel Glücks meine Frau Schwagerin.
PRESTOFORTE.
{Fällt in die Rede.) Ich wünsche auch viel Glücks meine Frau Nachbarin. (Sie fangen alle drey zusammen an zu reden.) Viel Glücks und Segen / (733) daß sie das liebe Kind from und groß ziehen kan / und daß ihr der liebe Herr noch lange lebet. Wir kommen daher / und wollen auch sehen / was sie mit dem lieben Kleinen macht K.
POCOPIANE.
(Welche inzwischen das ihrige mit geredt hat.) Sie seyn doch gebeten / und setzen sich nieder / sie müssen mit einer schlechten Stube verlieb nehmen.
FABULLE.
Politischer Quacksalber III, 3
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CHINACHINE. Ich weiß nicht / wie ich meine Kunheit entschuldigen werde / daß ich als eine U n b e k a n d t e / so getrost mit einspreche. FABULLE. O sie sage davon nichts / es ist uns gar lieb / wenn wir von hübschen Leuten besuchet werden. Sie seyn doch n o c h einmal gebeten / und setzen sich. N u n Frau Gevatter / sie setze sich hin / w o sie hin will. CORNICE. E y ich werde ja nicht den Anfang machen / sie wissen doch wol / wem die E h r e gebühret. FABULLE. O in einer W o c h e n - S t u b e darff man nicht viel C e remonien machen / ein jedweder hat den freyen Willen. {734)
(Sie setzen sieb.) FABULLE. K i n d e r - F r a u / w o habt ihr denn den Becher? CORNICE. A c h Frau Gevatter was macht sie? W i r sind deswegen nicht h e r k o m m e n . Sie mache sich keine Ungelegenheit. FABULLE. A c h es ist keine Ungelegenheit. Ich solte wol einen T r u n c k Wein vorsetzen / aber der DOCTOR hat mir ihn verboten / und ich dencke immer / es schmeckt den Gasten nicht so wol / wenn die Wirthin nicht mittrinkt. CORNICE. O ists doch gar ein fein T h u n u m b einen reinen T r u n c k Bier. In unserm Hause trincken wir uns des Weins so überdrüßig / daß ich manchmal lieber Bier davor nähme. W i r haben immer frembde vornehme Leute / und w o man auff einmal 5 0 . 60. Thaler Profit machet / so kan man wol etliche Kannen Wein dagegen spendiren. Frau Gevatter auff Gesundheit des kleinen Pathens.
102
Christian
Weise
VOCALE. Grossen Danck Frau Gevatter. FABULLE. Ihre eigne gute Gesundheit. (Hier mögen sie in wdrenden Re-(735)den ein ander zutrincken.)
nach
Belieben
FABULLE. Frau Gevatter / sie vergesse doch ihre Rede nicht / können sie denn so viel fremde Leute in ihrem Hause beherbergen? CORNICE. Was hilffts? Sie nehmen vorlieb. Sind die Logiamenter schlecht / so wissen sie / daß sie eine gute Küche bey uns antreffen. FABULLE. Ich weiß / sie befleißiget sich immer auff eine gute Kochin? CORNICE. Ach die armen Narren: Wer sich auff das Volck verlassen solte! Wenn ich hinten und forne dabey bin / so können wir bestehen. Neulich kam einer / der gab sich vor einen Fürstlichen Koch aus / und da es um und um kam / so muste ich ihm weisen / wie er die SchneckenTuncke machen solte. Und hätte ich nur Zeit / ich wolte einen Spritz-Kuchen backen / daran alle Koche ihre Schande sehen solten. FABULLE. Je ja / wem GOtt ein solch tugendsames Weib beschert / der muß etliche Jahr langer leben / denn er kriegt lauter guts zu essen. {736) CORNICE. Ja das ist wahr / es wird meinem Herrn sauer / aber / er wird auch wieder ausgequechelt. Denn das Wildpret ist bey uns wie das Zugemüse. Ich solte wol nicht so viel sagen / die Leute sprechen ohne das / es geht bey
Politischer Quacksalber
III, 3
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uns / wie beym reichen Manne; Aber wenn nun die liebe Gabe GOttes da ist / so darff mans auch nicht wegwerffen. Wenn nur die Leute bißweilen zu mir schickten / ich wolte ihnen gerne mit was aushelffen. VOCALE. Nein / in unserm Hause haben wir den WildpretZahn gar ausgeschlagen. Wenn mein Herr einen hübschen Eyer-kuchen oder ein Gerichte klein Fleisch hat / so ist er gar wohl zu frieden. FABULLE. J e der liebe Herr Schwager hatts ja wol zu bezahlen. VOCALE. Ihr sehet wol / die Männer seyn so eckel / was die Frau nicht selber macht / das schmeckt nicht. FABULLE. Sie würde ja so viel Zeit abbrechen können. VOCALE. Ach Frau Muhme / wo wolte das (737) möglich seyn? Wer unsre weitlaufftige Haußhaltung weiß / da hab ich was zu keiffen / da hab ich was zu bestellen / da soll ich buttern / da laß ich säen / da laß ich dreschen / mit Züchten zu reden / ich dürffte bald sagen / da laß ich Mist führen / denn es liegt mir doch alles auff dem Halse. FABULLE. Solche Sachen bringen Geld ein. VOCALE. J a ja ich kans nicht leugnen / es ist ein gesegneter Pfennig / der von solchen Gütern einkommt. O ja / wer die Sachen so in Schwang bringt / dem wird die Müh endlich bezahlet. Das Schock hat mir heuer 16. Scheffel gegeben. Wir fischten einen kleinen Teich / und ich wil die Wahl haben / ob wir funffzig Centner Karpen daraus kriegten. Das Seydel Butter verkauffe ich nicht anders / als vor 2. Groschen / und ihr wists / ich kan alles Q u a r c k -
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Christian Weise
molcken zu Gelde machen. Es ist ein geringe Ding umb die Bienen. Frau Muhme / ich will keine ehrliche Frau seyn / wo wir nicht das Jahr 60. Thal, daraus gelöset haben. Mit (738) dem Bißgen Wolle machts wol kein groß Wesen / aber 200. Thaler seyn mir gleichwol besser als nichts. FABULLE. Ja / ja / ordentlich Haußhalten macht alle Kammern voll. VOCALE. Ja wol Frau Muhme / ich predige es meinen Kindern alle Tage vor / sie solten sich an meinem Exempel bespiegeln. Ich will nichts verderben. Ich wolte was anders auff den Stein thun / es solte mir zu Golde werden. FABULLE. Ach botz tausend sie gedenckt mir ans Gold. Wie stehts um die güldene Kette / Frau Schwagerin ist sie fertig? PRESTOFORTE. Ach Frau Schwägerin / es ist nicht viel zu thun / eine Frau muß sich doch halten / daß sie dem Manne gefalt. Weil nun mein Herr seine Augen-Lust an solchem Schmucke sieht / so muß ich ihm was zu gute halten / wenn er mir was feines Spendiren last. FABULLE. Ich halte / die Kette hat sie auff den Nahmens-Tag kriegt? PRESTOFORTE. Ja er machte mir eine Freude / ich habe wol des Zeuges ohn dem genung. Sie weiß meine Erbs-Kette / und die ( 2 I r = 739) Block-Kette dreymal umb den Halß / und die Stroh-Frantz-Kette / aber das ist gar eine neue Mode / die noch niemand hat / drum kan ich mich ein bißgen breit machen.
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POCOPIANE. Frau Nachbarin / ich weiß nicht / sie hat sie um / sie lasse sie doch sehen. PRESTOFORTE. Ach nein / es ist nur das elende geschlagene Kettgen / ich kriegts noch von meiner seligen Frau Mutter / so muß ichs manchmal zum Gedachtnisse umbinden. Das ander Geschmeide nam mir mein Geschwister weg. Aber itzo wolte ich mit keinem tauschen: Wenn ich nur die neulichen Perlen nicht hatte gehen lassen / ich kriege sie die Zeit meines Lebens nicht so gut wieder. D e r Jude wolte vors Stucke 2. Thaler haben / und ich hatte meinen Herrn schon beredt / daß er 40. Groschen willigte. J e ja wenn uns der liebe G O t t noch 10. Jahr so gute Zeit giebt / ich wil noch was zusammen bringen / daß ich vor eine ehrliche Frau bestehen kan. POCOPIANE. Wir vergessen der Ketten und ( 2 I V = 740) Perlen gar in unserm Hause / die lieben Kinder nehmen zu viel weg. FABULLE. NU / was machen sie / seyn sie auch auff der UNIvERSitat noch fein gesund? POCOPIANE. Grossen Danck der Nachfrage / wenn sie nur fein viel Geld kriegen / so hören wir nicht / daß sie über eine Kranckheit klagen. Und ich dencke / das Geld geben soll am längsten gewahret haben; D e r älteste hat schon sollen an etlichen Orten Hofemeister werden / er mag aber das grosse Buch das CORDE JURIS noch nicht gantz ausgelesen haben / darnach wirds wol rutschen. Ich schrieb ihm neulich / er solte sich nicht übereilen / er hat gleichwol sein fechten / tantzen und TRENCHiren weg / lateinisch kunte er schon gar hübsch in der Schule. Nun gehet er bey einem vornehmen Manne zu Tische / da hat er eine gantze Stube voll Bücher / und wie die Leute spre-
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Christian
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chen / so hat er alle gelesen / ach es wird müssen ein grosser Herr seyn / der ihn wegschnappt. FABULLE. Aber sie verzeihe mir Frau N a c h b a - ( 2 / 2 r = 741) rin / mich deucht / der jüngste war daheime gar eine wilde Hummel. POCOPIANE. Ach die Jugend war noch bey ihm. Itzund kan ihn der Bote nicht genug loben / wenn er kommt und sein Geld holet / aber im Studieren wird er nichts thun / er denckt in den Krieg / und unser Geschlechte ist wol noch so vornehm / daß man einen Obersten darinnen haben kan. CORNICE. Und wer Oberster wird / der kan leicht zum General werden. POCOPIANE. O Frau Gevatter / sie behalte ihre Spitzgroschel immer selber / das weiß ich ohne dem wol / daß er bey unserm Leben nicht ein General wird. Aber was er nach unserm Tode werden mochte / das können wir nicht wissen. E r hat seinen Mann keinmal gescheuet / er war noch ein kleiner Junge / da schmieß er sich wol mit zehen Jungen auff der Gasse rum / und ich dencke noch immer an unsern Holtzschlager / der war 18. Jahr im Kriege gewesen / und wüste wol / wie ein Officier aussahe / der (2I2V = 742) sagte offt / der Junge käme ihm eben so vor / als wie Hans von Werth. CORNICE. Frau Gevatter / sie muß nicht so empfindlich seyn / ein andermal wil ich gerne still schweigen. Ich habe immer gedacht / die Frau Muhme würde eine Tochter in ihrem Hause verthun; Aber wenn sie in der Frembde bleiben / so muß ich das Hochzeit-Geschencke auch in meinem Beutel behalten.
Politischer Quacksalber
III, 3
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Ach die armen Madgen / sie dürffen noch nicht einmal daran gedencken. Die älteste ist erst 14. Jahr. Aber / ja ja / mit der Zeit gedencke ich gleichwol einen ehrlichen Kerlen damit zu versorgen. Was ihre Augen sehen / das können die Hände. Ich dencke manchmal sie solle was anfangen / so ist sie schon damit fertig. Ach es ist nicht zu beschreiben / was sie vor einen witzigen Kopff hat. Ich habe in dreyen Jahren keine Magd dürffen schelten / sie hat mich allezeit der Arbeit überhoben. Denn das kan sie nicht leiden / wenn im Hause was ungeschicktes vorgehet. Es ist nur tausendmal Schade / daß sie (2I3r= 743) nicht sol singen lernen / denn wir sitzen manchmal auff dem Abend / und singen ein Tisch-Lied. Ja Frau Muhme / bey meiner armen Treue / wenn ich die Augen zumache / so dencke ich / es sitzt ein leibhaffter Engel in der Stube. Mein Herr spricht offte / es hat sollen ein Junge werden / und wir hatten zu thun genung / daß sie nicht mit lateinisch lernte / wie sie klein war.
VOCALE.
So wird sie schon den Preiß vor der Stieff-Schwester wegnehmen.
CORNICE.
Ach das elende Mensch / wir dancken dem lieben GOtt / daß wir sie aus dem Hause kriegten. Ich sagte auch an der Hochzeit wider die Gaste / ihr Leute nehmt vorlieb / dasmal speise ich Borstorffer-Aepffel / wenn es wieder so kommt / daß ich Hochzeit mache / so müssen die Marcipane raus.
VOCALE.
Ja wenn ein solch Midgen 1 4 . Jahr alt ist / so mag man immer die Marcipan-Formen auswaschen.
CORNICE.
Nein sie muß mir zuvor im Hause was nütze seyn / es heißt: Ehestand / Wehestand. Solche junge Dinger ( 2 I 3 V = 744) können sich nicht ins Unglücke
VOCALE.
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Christian
Weise
schicken / darnach wenns ein bißgen widerwärtig hergehet / so weiß man nicht / wie man sie trösten soll. Aber wenn sie wird 16. Jahr alt seyn / ja ja / da hab ichs nicht verredt / da sol sie keinem versagt seyn / und ich mercke schon einen / der vettert sich bey meinem Herrn trefflich zu / und ich sage immer / er sol ihn bey den Gedancken behalten / kommt ein ander / der uns besser anstehet / wol gut / kommt keiner / so behalten wir den zum Stichblat. FABULLE. Frau D o c r o R i n / sie sitzt gar stille /das Gespräche ist ihr vielleicht nicht angenehm. CHINACHINE. Ach sie spreche doch nicht so / wir armen einfaltigen Wittweiber haben nicht viel Ursache / daß wir reden sollen. FABULLE. E y ist sie schon eine Wittwe / wie lange ists / daß ihr seliger Herr gestorben ist? CHINACHINE. Es ist irgend anderthalb vierthel Jahr / und das ist mein groster Kummer / daß ich ihn nicht recht betrauren kan. W e r im Lande rumzeucht / der kan in {214r=745) den schwartzen Kleidern nicht wol fort kommen. Ach ja / der liebe selige Herr / er war wol meine rechte Krone / ich kriege ihn nimmermehr so gut wieder und wenn ich noch sechsmal freyen solte. Ach er war so fromm / er brachte mir flugs die Biersuppe ins Bette / und wenn ich einmal auff den Marckt in die Bude gehen solte / so suchte er mir alles zurechte / da sähe ers flugs / wenn mir ein Bandgen die Quere war / in Summa / er war so gut / daß ich sage / die Frömmigkeit ist gar mit ihm gestorben. FABULLE. Sie gebe sich zufrieden / daß Glucke wird wol wiederkommen. Sie ist noch nicht so alt / übers Jahr wird sie die Thranen wol abgewischet haben.
Politischer Quacksalber
III,J
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CHINACHINE. Ach nein / sagt mir davon nicht / ja den lieben seligen Herrn wolte ich gerne mit Stecknadeln ausgraben / aber daß ichs mit einem neuen wagen sol / da werde ich heute und morgen Bedenckzeit nehmen. E s fehlt mir zwar nicht an Freyern. A n des seligen Herrn Leich-Begangniß war ein Studente / (214V — 746) der etwan die Abdanckung thun solte / mich deucht immer / er hatte lieber gesehen / wenn ich die Ehestifftung mit in den Lebens-Lauff hatte lassen einrücken: D i e Leute hatten sich auch das Maul prave drüber zurissen / daß ich ihn irgend einmal angelachet hatte. U n d was war es denn / er that gleichwol dem lieben Herrn den letzten Ehren-Dienst / ich durffte ihn wol nicht anflennen. Studenten sind prave Leute: Eine Witt-Frau weiß nicht / w o sie jemanden bedarff / der in ihrem N a h m e n z u m Richter gehet. Ich sagte es ihm / aber zwey Tage nach dem Leich-Begangnisse / er mochte nach seinem Gefallen zu mir k o m m e n wie er wolle / aber daß er etwan Heyraths-Gedancken fassen solte / so mochte er nur wissen / daß ich in den nechsten zehen Jahren nicht austrauren würde. GRACULE. Frau DocTORin haltet mir doch als einem thummen Narren was zu gute. Ich hatte einen Schwager / der war ein Schneider / der hatte in seinem H a u ß Jahre / die wahreten nur vierzehn T a - ( 2 / 5 r = 747)ge / denn alle Gesellen nahm er wol auff ein Jahr an / aber in 14. Tagen war die Zeit um. CHINACHINE. Pfui Kinder-Frau / schämt ihr euch nicht? In einer Wochen-Stube sol man nicht lügen / man sol auch nicht die Leute durchziehen / es ist nicht gut / die Elben spielen bald mit dem Kinde. GRACULE. N u / nu / Frau DocTORin / ich will gerne stille schweigen / ehe ich mein Kind verwahrlose. 8
Weise X I I / 2
110
Christian
Weise
FABULLE. Ihr thut am besten / bleibt ihr nur bey eurem Kinde. Aber Frau Schwagerin was gabs denn neulich in ihrem Hause vor Handel? POCOPIANE. Es war eine schone Sache / die kluge stoltze Frau / wist ihrs doch wol / die wolte vor meiner HaußThür der Magd Ohrfeigen geben / und was sie gethan hatte / das hatte ich alles geheissen. Aber es thauert mich / daß unser Haußmann nicht daheime war / ich hatte ihr ein Lied wollen von Ohrfeigen schwatzen. CORNICE. E y es war auch so eine Sache / wenn man auch den Magden solch {2I5V = 748) Ding nicht befehle; Es ist doch eine ehrliche Frau / man hatte sie wol können mit jemand anders beschicken lassen. POCOPIANE. E y nicht doch / so ein Nickel hatte wol Ceremonien verdienet. Wer ist sie denn wol? Es wäre mir leyd / wenn mein Sonnabend nicht besser wäre als ihr Sonntag. CORNICE. Deßwegen darff sie doch andern Leuten nicht zu Fusse fallen / und hatte nur die Sache länger gewahret / hatte sich niemand wollen drein legen / so hatte es müssen mein Herr thun. POCOPIANE. Ihr Herr wird auch allen Staaren die Eyer ausnehmen. Wenn er etwan an der Lumpen-Sache was zu verdienen weiß / kan er sie doch noch annehmen. Sie mags eben wissen / daß ihn mein Herr list obenan gehen / das thut er nur aus gutem Willen. CORNICE. Meine liebe Frau / thut denn ihrs aus bösem Willen / wenn ich obenan gehe?
Politischer Quacksalber III, 4 POCOPIANE. meine
O
es liegt n i c h t a l l e m a l a m
Kinder wolte u m b
auch vor { 2 I 6
r
= 749)
111
Pralen / w e n n
das ihrige b r i n g e n / ich
d e r W e l t ein b i ß g e n a n d e r s
herge-
h e n / so d e n c k e ich / ein gantzes H e m b d e auff d e m ist b e s s e r / als ein z e r r i s s e n e s
PRESTOFORTE.
Ihr
Weiber
unter
kommt
Leibe
einem Tafft-Kittel.
einander
nicht
bis
H e m b d e . Ich will euch was erzehlen / aber ihr m ü s t lassen
ich
wolte
s
ans mich
ausreden.
DRITTER
H A N D L U N G
V I E R D T E R Die
,o
vorigen.
LAMBINULO, LAMBINULO. ter / w o
A U F F Z U G .
der Sechswochnerin
(Kömmt
gelauffen.)
sind meine
kleiner
Sohn.
Frau Mutter/Frau
Mut-
MARCIPANE?
FABULLE. N U d u g r o b e r S c h e l m e / siehest d u n i c h t / w e r d a ist /
ich lasse dich
in die Schule
gehen /
und
wenn
dencke / du hast was gelernet / so weist du nicht einmal wie du
das Pfotgen geben
schelten.
K o m m
kleiner Vetter türckischen
laßt
Hahn
kan / so beiß ihm
LAMBINULO.
her dich von
den
/
solst.
CORNICE. A c h F r a u G e v a t t e r / sie m u ß d a s liebe K i n d so
15
ich
(216V
= 750)
grussen / und Zucker / Kopff
Ich bedancke mich
wo
Manngen / schickt dir er
nicht
nicht dein
20
einen
haudern
ab.
gar s c h o n e / ich will
ihm
brave d e n K o p f f abbeissen / ein a n d e r m a l bringt m i r eine H a u d e r - H e n n e / die m i r alle T a g e ein E y v o n Z u c k e r legt.
25
112
Christian Weise
VOCALE. Das liebe Kind kan seine Nothdurfft gar fein vorbringen. Sieh da hast du einen Pfeffer-Kuchen / nimm ihn mit in die Schule / und sprich wider deinen Herrn PR^CEPTOR, es ist ein Brieff / er soll dich allemal den Brieff lesen lassen.
LAMBINULO. In unserer Schule fressen wir die Bucher nicht mit. POCOPIANE. Mein liebes Schatzgen / ich solte euch was mitbringen / da hat mir der heilige Christ ein Pfeiffgen auffzuheben gegeben / laß doch sehen / ob du pfeiffen kanst?
LAMBINULO. Warum solte ich nicht pfeiffen können / das habe ich lange gekonnt / ich kan auch fiedeln / itzo bin ich im Brumeisen / {2I7r = 751) wenn es ein bißgen hinkommt / so lerne ich den TRIANGEL, daß ich kan mit zum heiligen Christe gehen. PRESTOFORTE. J e du loser Lecker / kennest du schon den heiligen Christ / je was wird doch itzt aus der Jugend / wenn ich dencke / was wir vor albere Dinger waren / ich dachte / ich wolte dir ein Stecken-Pferd mitbringen / ich sehe wohl / ich komme nicht mit an. D a / da / hast du einen schonen Pfennig davor / daß du auff den Jahrmarckt was kauffen kanst. LAMBINULO. Grossen Danck / ich kans wol ausgeben / wenn gleich kein Jahrmarckt ist. Ich weiß schon / wo hübsche Leute wohnen / da ich Kümmel-Kuchen / PIPERLEPAPERLE, Meelweissel / und Nonnenfürtzgen kriegen kan.
Politischer Quacksalber
III, 4
113
FABULLE. Ach Frau Nachbarin / was macht sie denn vor Handel? Gewiß ich gebe es nicht zu. Du grober Schelm / du wirst ja nicht Geld nehmen. (Sie will es nicht wiedernehmen / also wehren sie sich mit einander: Ey nicht doch / Frau Nachbarin / gewiß ich werde b o s e / iC.) (2I7V
=
752)
FABULLE. Je nun / was will ich machen / so nims doch immer / du Lecker / wenn du groß wirst / so kanstu ihren Tochtergen schone Verse auff die Hochzeit machen. CHINACHINE. Kleiner Vetter / wolt ihr nicht auch zu mir kommen? Seht da habt ihr ein schon Balsam-Büchsgen / hebt es euch auff / biß ihr zur Jungfer geht. LAMBINULO. Stincken denn die Jungfern so / daß man muß Balsam-Büchsgen mitnehmen? CHINACHINE. Ach ihr loses Mannchen / ich sehe es euch an / ihr werdet einmal die Jungfern brav vexiren können. FABULLE. Nun sie giebt meiner zukünfftigen Frau Schwieger-Tochter einen schlechten Trost. CHINACHINE. Aber was hat das arme Kind vor eine Beule hinter dem Ohre? FABULLE. Ich weiß nicht / es fiel gestern von der Banck / und im Schrecken wüsten wir nicht flugs / was wir anfangen solten. Ach es ist ein leichtfertig Thun um die Jungen / sie klettern wie die Ziegenbocke / die Mldgen lassen sich noch bezwingen / aber die muthwilligen Dinger {753) lassen einen singen und sagen / und einen Quarck vernehmen sie.
114
Christian Weise
CHINACHINE. Ach hatten sie nur meine Salbe flugs darauff geschmieret / es hatte sollen in anderthalb Stunden alles gut seyn. CORNICE. Ich habe ein Messer / da ist drey Marien-Tage nach einander eine schwartze Henne mit geschlachtet worden / da mache ich nur drey Creutze damit auff die Beule / und drücke sie / mich deucht / es ist allemal gar hübsch darnach worden. VOCALE. Ich weiß ein Mittel / aber die leibliche Mutter muß es selber thun. Wenn das Kind gefallen ist / so muß die Mutter eine Handvoll Bruderwurtzel im Maule kauen / und den Safft davon auff den Schaden schmieren. Ich kan nicht sagen / wie es hilfft / aber es schmeckt elementisch leichtfertig. PRESTOFORTE. Meine Groß-Mutter hatte gar ein leichte Haus-Mittel / wenn ein Kind gefallen war / so muste es mit Züchten zu reden / sein Wasser abschlagen / und muste sich den Ort mit waschen / es glaubt kein Mensch / wie solch Wasser anzeucht / ich halte auch / ein Mensch tragt ( 7 5 4 ) alle seine Artzney bey sich / wenn ers nur wüste. POCOPIANE. Da meine Kinder kleine waren / da hatte ich ein gut Hausmittel / wenn sie sich an einem Orte zustossen / oder zu Schanden gefallen hatten / so kam ich mit der Ruthe auff einen gesunden Ort / damit nahmen sie sich in acht / und thaten es nicht mehr.
(Ad spectatores.) Ich mercke wol / die Weiber waren alle tüchtig genug in einer Quacksalber-Bude zu stehen / denn sie wissen viel von Artzneyen und HausMitteln zu predigen.
CHINACHINE.
Politischer
Quacksalber
III,
4
115
LAMBINULO. Hertze Frau Mutter / ich kriege wol nicht mehr spendiret / ich werde wol mögen hinaus lauffen. FABULLE. NU SO lauff doch immer hin / Kinder seyn ohnedem in der W o c h e n - S t u b e nicht viel nütze. Man verschnappt sich manchmal mit einem einigen W o r t e / da fangts das junge V o l c k wie der Zunder. A b e r Frau N a c h barin / wie stehts denn um ihren Possen? D e r lose Schelm hat sie in der Rede verstoret. PRESTOFORTE. O es ist noch nichts versiumet/ neu{755)lieh hatten wir gewaschen / so war das Wetter ein bißgen unfreundlich / so meynte ich wieder meinem M a n n / wir wurden wol in der Stube treugen. Ich weiß aber nicht / wie er einmal so wirthlich seyn will / denn wie ich draussen bin / so gehet er / und hanget seine H e m b d e um den O f e n / die Magd bekümmert sich auch nicht viel drum / und heitzt starck ein / und er hat auch was auff der Gasse zu thun / damit wie ich in die Stube k o m m e / so finde ich die Herrligkeit. FABULLE. E y die H e m b d e sind doch alle verbrandt? PRESTOFORTE. J a freylich / wir haben Zunder kriegt / wir und unsere Kindes-Kinder behelffen uns damit. FABULLE. J e was sagt denn der H e r r darzu? PRESTOFORTE. E y laßt euch nur den Possen weiter erzehlen. Die Frau Gevatter Bürstenbindern gieng vorbey / und horets / wie ich im Hause rum schalt / damit k o m m t sie flugs / und erzehlets meinem Herrn / der weiß nicht / wie er mich wieder gut machen soll / und kaufft mir sie(756)ben Stein Flachs. J a fürwahr / ihr mogts glauben / sieben geschlagene Stein Flachs / und schicket sie mir zur
116
Christian Weise
Verehrung / daß ich ihm derweil mein Muderhembde leihen solte / biß das neue fertig wäre. Je müst ihr in eurem Hause den Flachs selber kauffen? Ich habe gantze Kammern voll. Auff Leingerathe halte ich nicht viel / aber Flachs / Flachs / das ist ein edel Kleinod / wenn Leinwand lange liegt / so wird sie zu Drecke / aber wenn ich Flachs liegen lasse / so wird er mir zu Seide.
VOCALE.
vor etlichen Jahren wüsten wir auch / was Flachs war; Aber da er nun 3. Jahr nacheinander verdorben ist / so müssen wir freylich andern Leuten in die Hände sehen.
PRESTOFORTE. O
CORNICE.
mich.
GRACULE.
saen.
Ich sae alle Jahr sieben Viertel / damit behelffe ich Meine Frau wird heuer müssen
6.
Viertel mehr
{Hier fangen sie alle zugleich an zu reden / eine rin gegen die andere.) (757)
Nachba-
Meiner Nachbarin Flachs ist in der Roste verdorben. Das thue ich nicht / daß ich vor das Brechen den Tag 6. Groschel gebe. Mein Mann wills nur nicht lassen in Backofen setzen / sonst dürfften wir dem Topffer nicht gute Worte geben. Gewiß / mit dem Sae-Flachse ist nichts gethan / er bleicht sich nimmermehr so weiß / als der andere. (Und andere Sachen / die sie selber ausdencken mögen. Wenn nun das Geschnatter etwas gewahret hat / so geht die Scene zu / und verbirgt die Weiber.)
Politischer Quacksalber
DRITTER
117
III, 5
HANDLUNG
FÜNFFTER AUFFZUG. M O R S U L O , d e r Gerichts-SECRETARius.
CAPULO, der Verwalter zum Schiefersitz. MORSULO. SO hat der Herr gleichwol so eine schwere Last auff dem Halse liegen? CAPULO. Ich muß bekennen / was die Arbeit anbelanget / so bin ich ein Edelmann. {758) Es fehlt mir nur an dem Einkommen / so wolte ich vor einen gantzen Juncker PASsiren. MORSULO. Hier wird aber das Stamm-Haus seyn? CAPULO. Gar recht / hier habe ich meine Wohnung / die andern Aemter sind nur DEPENDENTIEN davon. Deßwegen führe ich auch in öffentlichen PATENten den Titul: ASCHEN
CAPULO
von
Kappenfeld /
Ober-Amtmann /
Auffseher und Einnehmer zu Schiefersitz. MORSULO. Heist dieser Ort Schiefersitz? CAPULO. Ja den Nahmen führet er: Denn vor alten Zeiten hat jemand gedacht Alabaster zu finden / und hat den Ort Alabastersitz wollen nennen; Doch wie sich die Ader gar bald verlohren hatte / daß man auff die Stunde nichts anders / als solchen Schiefer graben kan / damit unsere Hauser gedecket sind / so ist ein Warheit liebender Mensch darzwischen kommen / und hat den Ort mit Recht und Ehren Schiefersitz genennet.
118
Christian
Weise
MORSULO. Was vor ein Nähme wäre heraus (759) men / wenn man einen Quarck gefunden hatte?
kom-
CAPULO. Ware das ein schlechter Titul: Ober-Verwalter zu Quarcksitz? W i r haben eine Muhle im Niederdorffe / die heist die Quarck-Mühle / ich wolte / das Grundstücke wäre meine / der wäre ein Lauer / der sich nicht eine güldene Hutschnure Hesse machen. MORSULO. Aber ist der Schiefersitz nur ein schlechtes Dorff / oder hat es zugleich Marckgerechtigkeit? CAPULO. E y der Herr verzeihe mir / es ist ein Stadtchen / es hat seinen Gerichts-Scholtzen / drey Viertel-Herren / fünff Raths-Herren / drey Beysitzer / zwey Land-Schoppen / und den Schulmeister als ACTUARIUS, das sind zusammen funffzehen Personen. MORSULO. ZU R o m hatten sie TRIUMVIROS: Ich sehe / diese REPUBLIQUE k a n gar QUINDECIMVIROS z u s a m m e n
brin-
gen. CAPULO. Ich mercke wohl / wo der Herr hin zielet / es haben sich freylich lose Leute gelüsten lassen / die lieben Herren als {760) funffzehen Manner auszulachen. Aber nun ist der Sache gerathen worden. MORSULO. Ich hatte sechzehen Manner daraus gemacht. CAPULO. Es ist allerdings geschehen. D e r älteste von der Bürgerschafft mag allemal frey mit sitzen / aber ohne Besoldung. MORSULO. Wie hoch erstreckt sich die Besoldung?
Politischer Quacksalber III,
i
119
CAPULO. Vor dem dreyßig jahrigen Kriege mag sie besser gewesen seyn; Itzo kriegt ein jedweder aus der Q u a r c k Muhle des Jahrs eine Saue. MORSULO. U n d gleichwol da der sechzehende nichts kriegt / so darff niemand sprechen / wenn die Besoldung ausgetheilet wird: So viel Vater des Vaterlandes / so viel Saue. CAPULO. O sie haben ihr eigen Siegel / und wenn sie einen Geburts-Brieff schreiben sollen / so steht oben an: Wir Gerichts-Scholtze / drey Viertels-Meister / Beysitzer / Land-Schoppen / und sämmtliche R a t h m a n n e des Stadtlein Schiefersitzes. (761) MORSULO. Sie mochten den Titul nicht so groß machen / meinen Gedancken nach kam es besser: Wir GerichtsScholtzelein / drey Viertels-Meisterlein / Beysitzerlein / Land-Schöppelein u n d sämmtliche R a t h m ä n n e lein des Städtlein Schieffersitzes. CAPULO. Man muß vornehmen Leuten ihre Lust im Schertzen gönnen. MORSULO. Doch wie dem allen / giebt es auch Fried und Einigkeit unter den Leuten? CAPULO. Etliche Jahre dahero sind die Zeiten gar klemm gewesen / es hat meinem Vorfahren an Straff-Geldern gar wenig eingetragen / aber itzo laßt sichs / G O t t L o b besser an. MORSULO. ES ist eine Sache / derentwegen man G O t t loben und dancken soll. Doch ist der Herr nicht lange bey dem Ampte?
120
Christian
Weise
Nein / ich habe sonst ein Gut in Pacht gehabt / und nun bin ich kaum zwey Tage in dem Ehren-Ampte / und also wissen meine Untergebene noch nicht / was sie mit mir anfangen sollen. (762)
CAPULO.
MORSULO. CAPULO.
Aber was geht itzo vor ein Streit für?
Der Herr sehe / der Gerichts-Scholtze / als der im C O L L E G I O ist gestorben.
PILESIDENTE MORSULO.
Also wird er auch seyn begraben worden.
Die Kirchen-Ordnung bringts so mit. Wer die Leiche im Hause behalten will / muß zwey Schock Straffe geben. Nun sind ihrer vier im Rathe / die wolten gerne den andern vorfischen; Also laßt sich die Sache gar zur lieben Uneinigkeit an. Nun ist es an dem / daß ich die Sache etwas in Erkantniß ziehen sol / damit zwar im Nahmen meines Junckers / doch alles auff meinem eigenen Befehl / zu der Axt der Stiel könne gefunden werden.
CAPULO.
MORSULO.
Es werden wichtige Dinge vorgehen.
Will der Herr so gut seyn / und will eine halbe Stunde dabey verderben / so steht ihm ein Sitz in meinem Richterstul offen.
CAPULO.
MORSULO.
(2Kr=763) seyn.
Ich
lasse mich behandeln / denn die Versaumniß wird wol zu entschuldigen
Politischer Quacksalber III, 6
DRITTER
121
HANDLUNG
SECHSTER AUFFZUG. Die vorigen. MISERO, des Verwalters-Bedienter. QUINDECIMO, SCHILDO,
ABDERITO,
CARSEOLO, vornehme Raths-Glieder aus Schiefersitz. MISERO. Hochgeehrter Herr Ober-Verwalter / die Herren drey Viertels-Meister / und der Herr Gevatter LandSchoppe sind draussen / und lassen fragen / ob es bald Zeit ist / daß sie mögen erscheinen. CAPULO. Sind sie alle beysammen? MISERO. Ja / ich zehlte die Kopffe / so waren ihrer vier / ich zehlete die Beine / so waren ihrer achte. CAPULO. Haben sie auch die Ehren-Kleider angezogen? MISERO. Ich kan die Kleider vor den Mänteln nicht sehen / aber sie sehen eben so aus / als wie neulich / da der Stunden- (2KV = 764)ruffer Herr Friedrich des Schulmeisters Tochter freyete. CAPULO. Haben sie dich gebeten / daß du sie anmelden solst? MISERO. Einer gab mir wohl gar einen Groschen / daß ichs that. CAPULO. Nun so gehe nur / und ruffe sie.
122
Christian Weise
MISERO. Die Zeit war den ehrlichen Leuten gar lange / ich werde ein guter Bote seyn. CAPULO. Der Herr setze sich / und nehme sich nur in acht / an der Amts-Stelle hier darff man nicht lachen. MORSULO. Ich werde den vornehmen Ort nicht beschimpffen. Doch warum sind denn nur drey Viertels-Meister? Ist etwan das vierdte Viertel mit dem Meister auff dem Plockersberg gefahren? CAPULO. Ach nein / der Ober-Verwalter hat allemal einen Sitz im COLLEGIO, als der vierdte Viertels-Meister. MORSULO. So gehöret ihm billich auch eine Sau aus der Quarck-Mühle. CAPULO. Stille / stille / davon wird künfftig zu reden seyn. (Sie kommen / und stellen sich zu beyden Seiten.) (2K2r
= 765)
QUINDÉCIMO. Dem Herrn Ober-Verwalter einen gehorsamen guten Tag. CAPULO. Nu / nu / wir sind coMPLiMENTirens halben nicht zusammen kommen. Wer das Beste davon kriegen wird / der soll seinen guten Tag ungebeten haben. Doch was ist euer Anbringen? QUINDÉCIMO. Großgünstiger Herr Ober-Verwalter / zuversichtlicher Herr Gevatter - CAPULO. Stille mit dem Titul / an dem Orte bin ich kein Gevatter. Itzo bin ich meines Junckers Stadthalter.
Politischer
Quacksalber
III, 6
123
QUINDECIMO. J a gnadiger H e r r / und so weiter. E s ist an dem / daß der H e r r Gerichts-Scholtze vor acht Tagen ist der allgemeinen Mutter anvertrauet worden. W e n n denn das wichtige A m t nicht lange kan ledig stehen / so wolte ich fragen / o b sie mich nicht vor eine tüchtige Person erkennen wolten / daß ich nunmehr in der O r d n u n g der erste wäre /gleichwie ich nun gantzer funffzehn J a h r der andere gewesen bin. SCHILDO. Und ich wolte nur fragen / ob man (2K2V = 766) nicht einen überhuppen könte / daß die Reihe an mich käme. ABDERITO. Ich meynte / wenn jemand aus dem Hauffen gen o m m e n würde / daß ich konte bedacht werden. CARSEOLO. Meiner Herren CoLLEgen W o r t in E h r e n / ich habe nun so viel Jahre an einem O r t e gesessen / daß nun einmal der trostliche Spruch konte zugeruffen werben:
Freund rücke hinauff.
CAPULO. Ihr guten Leute / ihr denckt / wir dürffen vier G e richts-Scholtzen / einen vor den Frühling / wenn die H ü ner brüten / den andern vor den S o m m e r / wenn wir die K n o b l o c h s M i t t w o c h e halten / den dritten auff den H e r b s t / wenn wir die M a r t e n s - G a n s e zur K i r m e ß schlachten / und den vierdten auff den W i n t e r / wenn wir Bratwürste machen. QUINDECIMO. Ich will alle vier Jahres Zeiten mein A m t treulich in acht nehmen. SCHILDO. D i e Verrichtungen lassen sich nicht theilen / ich wolte lieber / wie unser Schulmeister spricht / ein D i c TATOR PERPETUUS s e y n .
( 2 K 3
r
=
767)
124
Christian
Weise
ABDERITO. Ich stimme meinem H e r r n CoLLEgen gar bey.
CARSEOLO. Und was er gesagt hat / das wiederhole ich. CAPULO. Ich will aber hören / was ein jedweder vor Ursachen hat / daß er auff den Vorzug trotzen kan. QUINDECIMO. Ich bin der älteste im COLLEGIO, denn da ich
zum ersten Beysitzer war / so war des Kuh-Hirten Frau noch ein klein Madgen / und die hat gleichwol vor acht Wochen ihre älteste Tochter schon vergeben. Ich weiß nicht anders / der gnldige Herr Ober-Amtmann ist selbst / als gewesener Pachtmann / zur Hochzeit gebeten worden. SCHILDO. Ich aber will hoffen / daß ich so viel verstehe / als der Herr da. Denn ich bin im Kriege sechs Jahr ein Page gewest / darnach ward ich bey einem Fürstlichen Hoffrathe vier Jahr ein Reitknecht / auff die letzt hatte ich zehen Jahr nach einander den Kretschem draussen an der Land-Strasse gepacht / ehe ich nunmehr vor sechzehn Jahren unwürdig bin zu der Ehre gezogen ( 2 K 3 V = 768) worden. Man gedencke aber mit was vor Leuten ich muß seyn bekandt worden. ABDERITO. Ach was helffen solche Possen / wer sechs Jahr auffwartet / der krieget sechs Jahr Ohrfeigen. O b ein Reitknecht viel Weißheit zusammen rafft / wenn er den Stall reine macht / das weiß ich auch nicht. Im Kretschen lernen wir ein Glaß Bier austrincken / zwey Kannen Bier vor eine anschreiben / und wenns hoch kommt / so lernen wir ein arm Mutter-Kind mit der Karte und Würffein beschmeissen. Aber ich habe studieret / und der gnadige Ober-Amptmann weiß selber / wäre ich nicht des seligen Herrn Gerichts-Scholtzens Kinder-PILECEPTOR gewe-
Politischer Quacksalber III, 6
125
sen / und hätte ich darnach nicht seine Tochter gefreyet / so wäre ich zu der Ehren-Stelle nicht kommen / die ich nun ohne Ruhm zu melden bald eilff Jahr besessen habe. CARSEOLO. Studieren! Studieren! damit wird man die Narren ausnehmen / wenn man die Nase über ein Buch gehangen hat / da der zehnde nicht weiß / was {2K4T = 769) drinnen stehet. Ich bin ein Haushalter/ ein ehrlicher deutscher Mann / ich bin unter den Schweinen / Ochsen und Kalbern auffgezogen worden / und weiß / was darzu gehöret / wenn unsere Besoldung soll im richtigen Gange bleiben / das thue mir einer nach / oder wenns niemand kan / so lasse man auch mich als den verständigsten Mann zu dieser Ehren-Stelle kommen. QUINDECIMO. Ist das der Danck / daß ich mein Haab und Gut bey der Stadt zugesetzet habe / hätte ich neulich meine zwey Viertel Bier nicht umsonst lassen aussauffen / die Soldaten würden uns ein ander Lied gesungen haben. SCHILDO. Als wenn ich mein Leib und Leben vor das gemeine Vaterland nicht gewaget hätte / da die Bauern von Rummelshausen unser Vieh pfänden wolten / hätte ich nicht unter den Hauffen nein geschmissen / ich wolte gerne sehen / wer einen Butterfladen in der gantzen Stadt zu fressen hatte. ABDERITO. Ey wißt ihr auch / wie ein lateinischer Brieff auffs Rathhaus kam / wäre der (2K4V = 770) Schulmeister wol mit zu rechte kommen / wenn ich die erste Helffte nicht verdeutschet hätte. Die Welt wird immer klüger / und kein Quarck will mehr gelten / wo nicht ein bißgen Lateinischer Pfeffer drauff gestreuet wird. CARSEOLO. Sagt mir doch / wo wolten wir die Säue vor unsere Besoldung hernehmen / wenn ich gethan hätte. Acht 9
Weise X I I / 2
126
Christian Weise
Stücke wären neulich vor die H u n d e gegangen / und da ich gleichwol sagte / ich wolte die anderthalb G r o s c h e n nicht ansehen / die ich deßwegen in die A p o t h e c k e n vor Artzeney bezahlet hatte / so ists doch eine Schande / daß man die Sache keinmal mit D a n c k erkennen will. QUINDÉCIMO. Ich habe gleichwol auff meine Anordnung den ersten Pflaster-Stein lassen fürs Rathhaus anlegen / und nun soll ich denselben mit betrübten Augen ansehen / wenn ich auff meinen A m t s - W e g e n gehen werde? SCHILDO. H a t t e ich nicht was von meiner Beute aus dem Kriege spendiret / so stünde noch kein Wetterhan auff dem T h u r m e . N u n darff ich auff meinen ( 2 K 5 r = 771) A m t s - und Beruffs-Wegen nicht einmal in die H o h e sehen / oder ich m u ß mich des Undancks wegen schämen. ABDERITO. A c h ihr guten Leute / wem habt ihrs zu dancken / als eben mir / daß ihr nun wißt / was Schiefersitz auff lateinisch heist? CARSEOLO. W e r hats denn angegeben / als ich / daß alle W o c h e n der Morast auff der Gassen zusammen gekehret wird / und daß die Kohlgartner die Waare theuer genug bezahlen müssen? Hatten wir die G a r k ü c h e bauen k ö n nen / wenn ich die iNTRAden vom Miste nicht erfunden hatte? QUINDÉCIMO. Ich habe den Rattenfänger / der uns das U n glück vom Halse gezaubert hat / über drey W o c h e n in meinem Hause mit-Fressen und Sauffen unterhalten müssen / nun soll alles vergebens seyn? SCHILDO. U n d ich m u ß allemal meinen G r o ß - K n e c h t herleihen / wenn auff der Pfarre / in der Schule / und auff dem
Politischer
Quacksalber
III,
6
127
Rath-Hause die Feuermauern gek^hret werden / wenn ich sehe / daß kein Danck (2K5V = 772) darbey ist / so kan es ins künfftige wol nachbleiben. ABDERITO. Ich habe mich offt genug zum Verschicken müssen gebrauchen lassen / wenn irgend bey der Nachbarschafft eine Leimfuhre / oder was von Dachschoben ist auszubitten gewest / nun können sie alle das Maul wischen / als wenn mir kein Mensch grossen Danck schuldig wäre. CARSEOLO. Ich habe gewiesen / wie man auff dem Rathhause das Holtz spalten soll / daß wir nun mit einer Klaffter so lange reichen / als sonst mit zweyen / aber nun stehet alles in dem Buche der Vergessenheit. QUINDECIMO. Hort doch / Herr COLLEGE, wie wars / da euch die Bier-Flasche in den Born fiel / wer hatte sie können raus langen / wenn ich mit meinem Feuerhacken nicht wäre zugelauffen? SCHILDO. J a Herr COLLEGE, ihr werdet euch wol besinnen / wie lange es ist / da euer Pferd auff drey Beinen gieng / wer hat wieder ein vierfüßig Thier draus gemacht / als eben ich? ( 2 K 6 r = 7 7 3 ) ABDERITO. Gedencket doch / wie wir die neue Borkirche Hessen bauen / so habe ich Verse dran gemacht / und ihr wißt selber / daß unser Juncker gesagt hat: In der Schrifft bestünde der gantze Zierrath der Kirche. CARSEOLO. Ich that den Vorschlag / daß wir den itzigen Pfarr haben / mich deucht / an dem ist ein bissei mehr gelegen / als an der kahlen Schrifft / die der zehende nicht lesen kan.
128
Christian
Weise
(Stehet auff.) Ihr Leute / je mehr man euch A U giebt / destomehr C O N F U S I O N macht ihr mir im Kopffe. Ich werde zugreiffen / und einen neuen GerichtsScholtzen machen / es treffe den würdigen oder den unwürdigen / was frage ich darnach.
CAPULO. DIENZ
(Fuhrt ihn auff die Seite.) Gnadiger Herr Ober-Amtmann / er kennet mich noch nicht / wo er mich dißmal nicht fallen laßt / so will ich sein Haus drey Jahr mit Butter und Käse versorgen.
QUINDÉCIMO.
(Redet auch heimlich.) Herr / wo ich dißmal kan bedacht werden / so ( 2 K 6 V = 774) will ich ihm einen Kauffmann zu seinem krancken Pferde zuweisen / der ihm das Geld doppelt wieder geben soll.
SCHILDO.
ABDERITO. Herr / wo meine Person den andern vorgezogen wird / so will ich ihm M Ü N S T E R I C O S M O G R A P H I mit hóltzernen Kupfferstücken / und darnach des hochgelobten Hans Sachsens deutsche Reime verehret haben. CARSEOLO. Herr / im Vertrauen geredet / wo ich GerichtsScholtze werde / so will ich ihm eine Kunst weisen / daß er alle Jahr fünff Saue aus der Quarck-Mühle ohne des Müllers und des Junckers Schaden kriegen soll. / so / nun mercke ich erst / wo ihr naus wollet. Es ist an dem / ich mochte bey dem Juncker in grosse Verantwortung kommen / wenn ich mich übereilete. Gebt euch zufrieden / innerhalb fünff Tagen soll der Bescheid erfolgen.
C A P U L O . SO
QUINDÉCIMO. Glückseligen guten--
Politischer
Quacksalber
III,
7
129
CAPULO. Ey habt ihrs schon vergessen / daß ich die COMPLiMENte in meinem Amte nicht leiden kan? Wer seinen Abschied (2K7r = 775) hat / der mag naus gehen. (Sie gehen
ab.)
mein Herr vergebe mir / daß ich Amts wegen Abschied nehmen muß.
CAPULO. N U
MORSULO. Er halte sich nicht auff / er habe vielmehr grossen Danck vor die Freundschafft. CAPULO. Ein vornehmer Mann ist dem andern was schuldig. {Geht
ah.)
MORSULO. Was ist dieses vor ein Volck beysammen? Ein jedweder hat in der Auffschneiderey so viel PROFiciret / als der beste Quacksalber / und ich besorge / sie werden in meinem Register nicht in die letzte Classe gesetzet werden.
DRITTER
HANDLUNG
SIEBENDER BLANCA,
AUFFZUG.
der VOCALEN Tochter. in BLANCEN verliebt.
ROBINETTO,
BLANCA. Die Frau Mutter ist nicht zu Hause. ROBINETTO. Meinetwegen darff sie auch nicht eilen nach Hause zu kommen. {2K7V = 776)
130
Christian Weise
BLANCA. Ich aber soll Rechenschafft geben / was ich gethan habe. Wenn mein Kleppel-Kussen / meine Stricke-Nadel / meine Rahme mit den Bändel-Spitzen nichts neues auffweisen kan / so muß ich ein betrübtes Wetter über mich ergehen lassen. ROBINETTO. Was / sol ein stattliches Frauenzimmer die Hände an solcher Arbeit müde machen / es sind Leute genung in der Welt / die sich um den Lohn zu solcher Arbeit gebrauchen lassen. BLANCA. Wenn die Frau Mutter den Glauben hatte / so wolte ich ihm dancken. sol wenig Zeit vorbey fliessen / so wil ich die Frau Mutter leicht auff meine Seite bringen / sie lasse mich nur in einem Stücke glückselig seyn / und gebe mir die Freyheit / daß ich sie als meine zukünfftige Liebste ansehen darff.
ROBINETTO. ES
BLANCA. Er hat mich offte angesehen. ROBINETTO. Aber nicht als meine Liebste. BLANCA. So muß ich das Wesen nicht verstehen. ROBINETTO. Ach sie wil es nicht verstehen. Weiß sie denn nicht / was einer artigen Jung- {777) fer zu thun ist / wenn sie den Titul einer Liebsten und einer Braut davon tragen will? BLANCA. Ich bin die Zeit meines Lebens keine Braut gewesen / also ist mirs keine Schande / wenn ich in dieser Sache noch ein Kind bin.
Politischer Quacksalber
III,
8
131
ROBINETTO. Ich wil aber Gelegenheit darzu geben / daß sie durch Vermittelung ihrer Frau Mutter dieser Sache nicht mehr ein Kind heissen sol. Ich bin gleichwol bey ansehnlichen Mitteln / die vornehmsten im Lande sind meine gute Freunde / meinen Qualitäten darff ich eine gute Beförderung zutrauen. In Summa / wenn sich eine Jungfer wolte einen galanten Brautigam abmahlen lassen / so dürffte sie nur mein Ebenbild fodern / ich weiß sie wurde an ihrer Hoffnung schlechten oder doch gar keinen Mangel antreffen. BLANCA. Wenn die Sache so beschaffen ist / ach so bin ich viel zu schlecht / daß ich seine Liebste heissen sol / und ich weiß / wenn er eine Jungfer nach seinen Gedancken abmahlen Hesse / es würde nicht ein (778) Punct in meinem Gesichte seyn / der sich in das Bild schicken mochte. ROBINETTO. Schönste BLANCA, wenn ich sie haben sol / so brauche ich neben dem ORIGINAL keine Copie / und an meiner Person sieht sie ein leibhafftiges Ebenbild eines getreuen bestandigen und liebreichen Menschens.
DRITTER ACHTER
HANDLUNG AUFFZUG.
Die vorigen. VOCALE, d e r BLANCEN M u t t e r . T
'
•
»i
,
1 in BLANCEN v e r l i e b t .
LANGUETTO, ein Alter / /
VOCALE. Weil es der Herren guter Wille ist / so mögen sie wol hereinkommen. LANGUETTO. Alle gesegnete Glückseligkeit in dieses Hauß!
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Christian Weise
FLAVIO. Sie haben alle selbst erwünschte Vergnügung / dabey sich ihre vornehme Familie wol befinden kan. ROBINETTO. Unterthaniger Diener / meine hochgeschätzte Frau. (779) VOCALE. Wie komme ich heute zu den Gasten / wo noch einer kommt / so verpachte ich das H a u ß / und da mag der Pachtmann solche Leute auff Polster setzen / oder er mag ihnen die Thüre weisen / ich wil mich darum nichts bekümmern. LANGUETTO. Wir kommen vielleicht zu ungelegener Zeit? FLAVIO. Und sie wird etwan in ihren Verrichtungen von uns DiscoMMomret werden? VOCALE. Ach nein / sie sehen wol / daß ich mich nicht sehr DiscoMMODiren lasse / sie müssen mit meiner Weise vorlieb nehmen / ich dencke / wenn die Stube nicht recht auffgeputzt ist / so schickt sichs auch nicht / daß man gar zu hofflich darinne thun solte. LANGUETTO. ES wird uns mit grosser Hoffligkeit begegnet. FLAVIO. U n d ich komme her / meine Hoffligkeit an sie / als eine vornehme Person abzustatten. VOCALE. (Adspectatores.) Ihr Leute ist das nicht eine Plage / wenn die Kerlen ins H a u ß kommen / und wissen nicht / was (780) sie wollen? Ich mercke wol / daß die Zeit allmahlig k o m m t / da mein Madgen wird daß Gereisse haben. Aber was sol ich allen langweiligen Possen zusehen? Wil das liebe Tochtergen eine Braut werden / so m u ß sie auch der Narren-Possen zuvor gewohnen.
Politischer Quacksalber III, 8
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LANGUETTO. Liebste Frau Mutter befiehlt sie was? VOCALE. Schweigt doch stille / wer wird befehlen / wenn solche vornehme Leute da seyn. ROBINETTO. Ach meine Hochgeehrte Frau / sie wolle doch befehlen. LANGUETTO. Schuldigster und demüthigster Diener / meine hochwertheste Frau. FLAVIO. Sie brauche mich als einen Knecht / sie sol sehen / daß ich ihrem Befehl nicht widerstreben werde. VOCALE. Ach ihr Herren / ich habe nicht Zeit / wenn mirs nicht eine Schande wäre / daß ich vornehme Leute allein Hesse / ich wäre schon fortgegangen. ROBINETTO. Meine Frau darff sich unserthalben nicht auffhalten. (781) LANGUETTO. Sie kan gehen / wir wollen warten / biß sie wiederkommt. FLAVIO. Wir wollen unterdessen was Discutiren. VOCALE. W e n n sie es thun wollen / meine Frau Nachbarin ist gar kranck / und ich habe Parol gegeben / daß ich bey ihr bleiben wil / darum w o ihnen die Zeit nicht lang ist / so kan ich ihnen die Stube wol vergönnen. BLANCA. Liebste Frau Mutter / sol ich nicht mitgehen? ROBINETTO. ES muß ja jemand zurücke bleiben / der die Herrschafft im Hause PR^SENTiret.
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Christian
Weise
VOCALE. Ach das arme Kind weiß noch von keiner Herrschafft. Doch bleib nur immer da / laß sie nieder sitzen / wenn sie auffstehen / und Complimenten machen / so werden sie wol gehen wollen. Nun nochmals um Verzeihung. (Alle zusammen.) Gar wol meine Hochgeehrteste Frau / sie verzeihe unserer Unhofligkeit. (VOCALE
gehet ab.)
(782)
DRITTER HANDLUNG N E U N D T E R AUFFZUG. Die vorigen. BLANCA. Wollen sie nicht gebeten seyn? ROBINETTO. Schönstes Kind sie hat zu befehlen. BLANCA. Sie seyn doch gebeten / und setzen sich. ROBINETTO. Sie mache einen guten Anfang / so will ich bald folgen / und an ihrer Seite sitzen. FLAVIO. Ich wil mich auch darneben setzen. LANGUETTO. Ich wil auch sehen / wo ich eine Ruhe-Stelle bekomme. BLANCA. Ich bitte / sie nehmen die Stellen so gut ein / als sie können / ich weiß nicht / wer der vornehmste ist.
Politischer Quacksalber III, 9
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ROBINETTO. D e r jenige sol der vornehmste seyn / welchen sie ihrer lincken Hand / und ihrer lincken Seite würdigen wird. BLANCA. SO mögen sie beysammen sitzen / ich will den Platz hier nehmen / biß ich den vornehmsten in der G e sellschafft kennen lerne. {783) ROBINETTO. Warum sie mich nicht Verstössen darff / das hab ich schon etlicher massen zuvor gedacht. LANGUETTO. Ach ihr lieben Kinder / ich konte mit Ehren euer Vater seyn / ich habe Geld und Gut / ich habe Ehre und Ansehen / ich habe alles voll auff / und es wäre Schade / daß so ein liebes Kind nichts von meinem Glücke gemessen solte. FLAVIO. Alt bin ich nicht / und ich muß mich etlicher massen unter die INGENIA PR^ECOCIA zehlen / allein meine Schone ist 14. Jahr alt / und ich werde ohngefehr 18. zusammen bringen / damit soll es heissen / gleich und gleich gesellt sich gerne. Mein Reichthum bestehet in einer abscheulichen langen Wiesen / die kan nicht abbrennen / die Erdflohe können mir auch das Graß nicht alles abfressen. Darnach habe ich 60. Acker Holtz / da thun mir die Raupen keinen Schaden drinnen / das O b s t verdirbt mir auch nicht. Zum dritten hab ich des Jahres 300. Reichsthaler Einkommen / ich weiß selber nicht / woher? (784) Das weiß ich / es kommt allemahl ein frembder Mann auff den Jahrmarckt / der muß mir was mitbringen. Also gedachte ich wol meinen Ehrenstand mit der Liebsten auszuführen. ROBINETTO. Herr LANGUETTO, ich wil ihn zu meinen Herrn Vater annehmen / ich weiß die liebe Jungfer wird sich nicht schämen seine Tochter zu heissen.
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Christian
Weise
FLAVIO. Ich wil einen zum Herrn Vater / den andern zum Herrn Großvater annehmen / auff die massen können wir uns alle dreye in die Jungfer theilen. LANGUETTO. O laßt euch die Gedancken vergehen / sie sol meine Liebste seyn. Ich bin nun bey Jahren / wer weiß wie lange es mit mir wahret. Hatte einer darnach Lust meine Witwe zu freyen / so würde es vielleicht sein Schade nicht seyn. Jungfer die erste Nacht wil ich ihr 1000. Reichsthaler in die Schürtze schütten / acht Tage drauff wil ich ihr eine gantze Metze Kayser-Kreutzer verehren / in einem viertel Jahre will ich einen Sack voll Kayser-Groschen geben / so groß / als sie ihn ertragen kan / und wo (785) sie in die Wochen kommt / so wil ich das Maaß vollmachen / daß sie einen gantzen Scheffel voll Geld beysammen hat. Und dieses alles ihrem Schmucke und ihren Kleidern ohne Schaden. ROBINETTO. Jungen Leuten ist nicht viel mit solchen Mannern gedienet / die ihr Geld schon erworben haben / die seyn allezeit besser / die es noch erwerben sollen. Ich gedencke mir noch an einen Dienst zu kommen / da ich des Jahres 3000. Reichsthaler einstreichen kan. FLAVIO. Macht mirs nicht zu bund / sonst bete ich meine Grossemutter todt / und biete allen Trotz / die reicher seyn wollen als ich. Meine Liebste / die Frau Grossemutter hat eine Mühle / ich weiß doch nicht / ob sie alle Stunden oder alle Tage einen Reichsthaler einbringt. BLANCA. Ich weiß wol / was mir am liebsten wäre. ROBINETTO. Meine Schönste / sie erweise sich so gütig und verschaffe / daß ihr Diener etwas hören kan.
Politischer Quacksalber III, 9
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BLANCA. Ich wolte / ich hatte des H e r r n Sack voll Geld / und dieses H e r r n - ( 7 # i > ) D i e n s t vor 3 0 0 0 . R e i c h s t h a l e r / und endlich seine Mühle / die alle Tage 2 4 . Reichsthaler einbrachte / damit wolte ich meine Frau M u t t e r bitten / sie solte mir H o c h z e i t machen. ROBINETTO. Sie heyrathe mich meine Schone / so trifft sie alles beysammen. D e n n erstlich alle J a h r e 3 0 0 0 . Thaler macht in 100. Jahren 3. T o n n e n Goldes. Was die Muhle vor 2 4 . Thaler betrifft / so will ich auff dem Lande so viel Gerichts-Bestallung vor 2 4 . Thaler annehmen / als Tage in J a h r e sind / so meinte ich / sie hatte an meiner Person nichts weiter auszusetzen. FLAVIO. Ich bin noch jung / und kan eher 100. J a h r leben als er. U n d ich spreche immer in 100. Jahren soll mein Sack noch grosser seyn. LANGUETTO. O ihr jungen Streicher um ein paar Thaler wil ich mir einen grossen Sack machen lassen / aber der M ü n t z - M e i s t e r sol noch geboren werden / der die D u c a ten drein machen wird. Heisa / das ist ein Lied / das mir keiner nachsingen kan: (2Lr = 787) Ich lobe / was da ist / U n d was dem Kasten nahe ist. W a s man noch erwerben sol / Das macht die Sacke schwerlich voll. ROBINETTO
E y wer tadelt mir mein Lied: Ich lobe / was jung ist / W e n n es nur genung ist / Fehlt mir etwas noch zur Zeit / Das ersetzt die Freundligkeit.
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BLANCA. Ihr lieben Herren / ich höre viel von Geld und G u te / aber ich meynte / wer ein Madgen gewinnen wolte / der muste auch an seine Frömmigkeit gedencken. ROBINETTO. WO getreue Liebe wohnt / da kan man einander nichts zu leide thun. BLANCA. Die Liebe ist manchmal nicht bestandig / und das Leid kommt gar zeitlich. ROBINETTO. Ich will mich verschreiben nichts zu thun / daß ihr mißfallen mochte. LANGUETTO. Und ich will mich verschreiben / daß mir nichts mißfallen soll / was sie thut. FLAVIO. Bey mir kan sie Herr im Hause seyn. ROBINETTO. Ich habe ein Gemüthe / das immer frolich ist. (2LV
=
788)
LANGUETTO. Ich habe ein Gemüthe / das alles leiden kan. FLAVIO. Meine groste Tugend ist / daß ich kan gehorsam seyn.
DRITTER
HANDLUNG
ZEHENDER
AUFFZUG.
Die vorigen. RIZARIZE, der Artztfrauen Magd. RIZARIZE. Glückseligen guten Tag / die Jungfer sey nicht ungehalten / daß ich so gleiche zugehe / sie werden nicht wissen / was sie vor ein Unglück im Hause haben.
Politischer Quacksalber III, 10
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BLANCA. Ich dachte wol / das Glücke mit so viel Freyern würde mir was von Unglück mitbringen. Ach nein / wir dencken / es ist alles gut. RIZARIZE. Sie erschrecke nur nicht / es ist ein Unglücke da. D e n n sie haben ja Wasche auff den Boden gehanget. BLANCA. J a wir haben dasmal eine starcke Wasche gehabt. RIZARIZE. N u n der Wind hat die grosse Thüre auffgerissen / die H e m b d e / S c h n u p f - ( 2 L 2r = 789)tücher / und alles mit einander fleucht in der Lufft herum / als wenn es Flügel hatte. BLANCA. Ach was werde ich machen / die Magde sind draussen auff dem G u t e ; D i e Kinder-Frau zeucht mit den Kindern auff der Gasse herum. D i e Frau Mutter ist auch nicht da; W e n n nur der Holtzschlager flugs käme / der konte am besten Rath schaffen. ROBINETTO. Meine Schone / sie lebe unbemüht / ich wil meinem Diener gleich befehlen / daß er die Wasche zusammen lesen sol.
(Gehet ab.) LANGUETTO. Was wird der Diener machen / ich wil meine Magde schicken / die sollen die Sache besser angreiffen.
0Gebt ab.) FLAVIO. Das sind elende Diener / die alles durch andre Leute bestellen / ich wil die Probe besser ablegen / denn ich wil die Wasche in eigner Person samlen / und wo was ver-
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Christian
Weise
dorben ist / oder wo ich etwan ein Hembde zu gutem A n dencken behalten mochte / so wil ichs doppelt bezahlen.
{Gehet ab.)
(2L2V = 790)
BLANCA. Nun wird dem Schaden wol geholffen seyn / es geben sich ja Auffseher genung an. RIZARIZE. Sie schwatzen von trefflichen Diensten / wo mir recht ist / so giengen alle drey auff Freyers-Füssen. BLANCA. J a ich habe irgend das Glucke so / daß ich gesuchet werde / wo mich die Frau Mutter biß ins sechzehende Jahr daheime last / so muß sie die Stube grosser bauen lassen / daß alle Freyer darinne Raum haben. RIZARIZE. J a die Freyer bleiben nicht aussen / aber es fehlt immer an dem rechten. BLANCA. O das mögen wol die rechten seyn / sie redten von schrecklichen grossen Mitteln. RIZARIZE. Ach die Auffschneider / ich werde sie nicht kennen. Wenn man die Lügen konte zusammen setzen / wie die Pflastersteine / ich wolte einen Platz zu wege bringen / da alle Leute auff der gantzen Welt solten Raum haben. BLANCA. E y / ey / der zu letzte nauß gieng / der hat eine Muhle zu hoffen / die tragt alle Stunden 1. Thaler.
(2 L3r = 791) RIZARIZE. Der Fantaste hat zu wenig gerechnet / die Mühle tragt den Mühlstein alle Stunden / und der wird ja mehr werth seyn / als einen Thaler.
Politischer
Quacksalber
III,
141
10
Er hat eine Wiese / die kan nicht abbrennen.
BLANCA.
Ja ja GOtt behüte sie fürm Wasser / das Feuer schadet ihr nicht.
RIZARIZE.
BLANCA.
Und er hat ein Holtz / da verdirbt kein Obst drin-
ne. Ja ja / die Tannzapffen mögen dem Narren alle Jahr gar fein gerathen.
RIZARIZE.
Der alte Herr wil mir die erste Nacht in die Schürtze schütten.
BLANCA.
1000.
Thaler
Aber er wird sie auch wieder nehmen / wenn die Leute kommen / da er es geborget hat.
RIZARIZE.
Ey nicht doch / er wil mir nur einen Scheffel Geld vor mich geben / er kan nicht 1000. Thaler schuldig seyn. Er hatte die Kayser-Kreutzer / die Dreyer / die KayserGroschen alle zu gantzen Sacken.
BLANCA.
Aber ich höre die Sacke seyn gar klein / und es liegen viel Zahlpfennige drunter. (2L3V = 792)
RIZARIZE.
So habe ich doch den dritten / der weiß einen Dienst / dabey man 3000. Reichsthaler einstreichen kan.
BLANCA.
Er darff nur zu Schiefersitz Verwalter werden / so streicht er des Jahrs so viel ein / aber er muß auch so viel wieder berechnen.
RIZARIZE.
Wo das wahr ist / so dürffen sie mir nicht wieder ins Hauß kommen.
BLANCA.
10
Weise XII/2
142
Christian
Weise
Sie mag thun / was sie wil; Aber das ist gewiß / wenn man alle zusammen dreyzehen Tage in einem Morsel stampfete / sie würden nicht einen Sack voll KayserGroschen auffbringen.
RIZARIZE.
N u n ich bedancke mich vor die Nachricht. Kan euch die Frau Mutter was dienen / so wird sie es gerne thun. Doch wir müssen sehen / ob die Wasche bald auffgelesen ist.
5 BLANCA.
(Gehen ab.) 10
{Kleines Ornament)
{2L4r=
793)
VIERDTER HANDLUNG ERSTER A U F F Z U G . Der Schauplatz eröffnet sich / und prasentiret eine Schule. Auff einer Seite sitzen Mägdgen / auff der andern Knaben / und an statt der Bucher haben sie Korbchen / darinne Quirle / Löffel / Schüsseln und allerhand dergleichen seyn. Sie schreyen stattlich / endlich kömt V I R G U L T O , des Schulmeisters Sohn. VIRGULTO. Stille ihr Kinder/ sehet ihr nicht/ wer da komt / ich bin meines Herrn Vaters Vorlauffer / ich komme mit dem losen Maule voran / und er folgt mit der schweren Hand nach. Habt ihr eure Sachen beysammen? (Sie schreyen alle: Ja / ja.) fragt eines nach dem andern / ob sie den Quirl / den Koch-Löffel / den kleinen Teller / ein Thönern Schusselgen bey (2L4V = 794) sich haben / etliche weisen es auf / etliche entschuldigen sich mit der Mutter / oder haben es vergessen.) (VIRGULTO
VIRGULTO. Nun ihr Kinder / was wolt ihr doch lernen/ wenn ihr eure Sachen nicht mit bringt / ihr seyd nicht werth / daß ihr zu einem solchen Manne gehen sollet / der mit seiner INVENTION SO weit kommen ist. Nun schicket euch nur zu eurem Unglücke / wenn der Herr Vater kommen wird.
io 7")handen / und es fehlet nur an
406
Anhang B
dem J U D I C I O , daß sie mit der A P P L I C A T I O N nicht allerdings zurechte kommen / die muß man ins geheim vor sich kriegen / und ihre Narren-Possen recht empfindlich vorstellen / biß sie etwas ablegen / und der M E D i o c R i t ä t gewohnen. XLII. Es gemahnet mich wie mit dem Barte. Wenn derselbe zu groß ist / kan man so viel abschneiden als man will / biß ein Frantzösisches Mode-Bärtgen daraus wird: Aber w o die Haare stehen wie armer Leute Geträyde / da läst sich schwerlich was ansetzen / und der beste Barbierer hat mit seiner Kunst verspielet. XLIII. Nebenst diesem hat ein PR/ECEPTOR auch auff die natürlichen Mängel zu sehen / welchen man in der Zeit begegnen muß. Da sind manche von einem langsamen Ge( [ b i r y)dächtnisse / darinn wollen sie sich helffen / und hängen an alle Worte ein E. Iche wille demme Herrene dasse Gelde schone gebene / oder sie halten mehrentheils in allen COMMATIBUS auff der letzten Sylbe stille / und zerren dieselbe so lange / biß sie wieder ein neues Maul voll beysammen haben. Und wie sich mancher damit verderbet / wie er sich auch zum künfftigen Predigten was schändliches angewehnet / daß kan man leider mit gar vielen Exempeln beweisen. XLIV. Uber dieses sind etliche mit den Flüssen INCOMMODirt / welche der Kehle viel Ungelegenheit machen: Und weil sie nicht gerne wollen ausgelachet seyn / so gedencken sie an ein unglückseliges Kunst-Stückgen / das ist / sie gewehnen sich an das husten und reuspern. XLV. Es können auch etliche chen selber mit einem lebhafften ACCENte PROPONiret / und immer G e l e g e n h e i t sucht / daß sie was reden oder lesen müssen. Denn es heist: Ex MALIS MORIBUS FIUNT BON/E LEGES, d a s ist: W o
man hinter
die
F e h l e r kömmt / da kan man sich auff die L e h r e n gar leicht besinnen.
XLVIII. Sonderlich was den ACCENT betrifft / daß man eine Sylbe gegen der ander etwas lauter und mit erhabener Stimme soll hören lassen; So beruhet solches wol auff dem
410
Anbang B
daß man jungen Leuten dergleichen MATURitdt nicht abfodern kan. Allein der PR^ECEPTOR muß gleichwol mit seiner Geschickligkeit dem JUDICIO zu Hülffe kommen. XLIX. Erstlich ist es ein grosses / wenn man sich in die S I G N A DISTINCTIONUM finden lernet. Denn gleich wie der Leser einen Unter-cke / damit ich vielleicht in Betrachtung meiner Personen nicht bestanden wäre: Sondern alles gieng aus meiner INVENTION: Damit wüste ich vor erst / daß keine Redens-Art vorkäme / die man nicht EX CONSUETUDINE STYLI FAMILIARIS LEGITIMiren könte. Denn daß ich Fürstlichen und hohen Personen einen hohen und nachdencklichen STYLUM beylege / das hat seine Ursachen / und der anständigen CONSTRUCTION geschieht doch nichts zu leide. Ferner kunte ich bey einer jedweden Person das N A T U R E L L EXPLORiren / und wenn i c h i h r e Partey n a c h der PRONUNCIATION, nach ihren Minen A c c O M M O D i R t e / so musten die Leute sprechen / der M e n s c h hätte doch gar zu BLICO & PRIVATO
w o l AGirt.
C. Ob auch wol unterschiedene Bauer- und PickelheringsPossen ([d 11°f ) mit unterlauffen / welche dem euserlichen Ansehen nach einem nützlichen Redner wenig zu statten kommen / so haben dieselben doch etwas Sonderliches zu bedeuten. Vor eins können sie darzu dienen / daß die Leute getrost werden / welche sich sonst mit einer furchtsamen Schamhafftigkeit vor keinen Menschen wollen sehen lassen. Ferner dienen sie zum wenigsten darzu / daß die Leute bey der ATTENTION erhalten werden. Damit haben die P R I N C I PAL-Personen desto bessere Lust / ihren ACCENT und ihre Minen wol auszuführen. Und ich habe allbereit in der PR^EFATION über den Joseph und der unvergnügten Seele von dieser MATERIE gehandelt. CI. Zwar es ist mir nicht unbewust / daß die Comödien ihre Liebhaber und ihre Verfolger finden. scuntur, neque tamen hujus precipitanti« causa tacere jubentur concionatores. OPP. Temporis habenda est ratio. Quamobrem ut in compendio videas, quid me urgeat potissimum, sic argumentor:
Anhang B
451
Q(xióyd cumulât verba otiosa s. pr\jxaxa ô'pyà, id est improbandum. Comadia hoc facit E. Neque crediderim in re luculentissima vos petituros probationem minoris, nam major est ipsius Christi Matth. 12,36.
RESP. Aliud est verba otiosa tanquam sua proferre, aliud ea tanquam aliena referre. Quot enim in sacris Uteris habemus verba otiosa? Caini, Philistaeorum, Regum improborum, mulierum impudicarum, &c. quae tan-3"y OPP. Distinctè procedendum est, ut appareat mirifice nos esse discordes. Si enim per vos aliud est referre, aliud proferre: Comoedia: verba non sunt relativa, ut simpliciter répétant, qua: velut ex lege veritatis omitti nequeunt; sed prolativa, quae non ad historiam, sed ad inanem spectantium delectationem faciunt. RESP. Non video quorsum tendat operosa haec distinctio. OPP. Provoco ad personas in Comoedia Josephi: producuntur ibidem & carcere pessimi captivi, qui non loquuntur nisi verba otiosa. RESP. Quasro an Oratorum amplificationes pertineant ad verba otiosa?
452
Anhang B
OPP. Quid si negaverim? an exinde legitimaretur vestra Comcedia? (¿>4r} RESP. Interludia nihil sunt aliud, quam Comadiarum amplificationes, quae materiam illustrant & spectantium benevolentiam moribus & affectibus captant. OPP. Sic igitur captivorum nugas & facetias Josephi historian! illustrant: ut nesciamus historiam, nisi nunc simul spectarentur insipida ea figmenta? RESP. Ad Josephi historiam pertinet exaggerari carceris molestias: quas nemo perpenderet, nisi, quos socios juxta se habuerit juvenis honestissimus, cognoscatur. Certe qui Christum crucifixum représentât, non poterit omittere latrones, quibus indignissime fuit annumeratus. OPP. Quicquid hujus sit, illustratio, quin & captatio benev o l e n t e quaeri non debet per verba otio-ann (Eljriftopi) Wietzen / unb | 3ot)ann ¡Ttjriftopf) 3tmmermannen. | Anno 1700. Die ersten sieben Blätter dieses Bandes sind unpaginiert und separat signiert. Sie enthalten das Titelkupfer, das Titelblatt und eine Vorrede „Geneigter Leser", die im Anhang wiedergegeben wird (Anhang C). Dann folgt auf den Seiten [1] bis 256, Bogen A —Q, das Schau-Spiel von dem Falle Des Spanischen Favoritens Des Grafen von Olivarez und das dazugehörige Zwischenspiel Vom Großmüthigen und Wunderthdtigen Alfanzo. Dieses Drama wurde in Band II unserer Ausgabe veröffentlicht. Das nächste Drama in diesem Sammelband ist die Misculance vom König Wentzel, das auch separat signiert und paginiert ist
470
Nachwort
(Bogen 2A-2M, 96 Blatt, Seiten [1] 2-192). Es wurde in Band III unserer Ausgabe veröffentlicht. Dann folgt als drittes Drama das Schauspiel vom Niederlindischen Bauer: (Ein | tDurtberlidjes | 3cf)au=SpteI | nom | 9tieberlänbifdjen | Sauer /1 meinem | ber berühmte qSrint31 PHILIPPUS BONUS | 3U einem galanten Iraume | geljolffen i)at. ei Fraktur-Kleinbuchstaben und arabischen Ziffern. Alle Signaturen sind richtig mit Ausnahme von Blatt 315, das irrtümlich 313 signiert ist. Auf Blatt 3C5 fehlt die Signatur. Die Anordnung des Inhalts ist wie folgt: 1. [3Ar]: Titelblatt 2. [3A"—3A2r]: 3nnf)alt. und ^erfonen. 3. 3A3r—3I6v 3Kr—3K6": Text Paginierung: [1—2] 3—156. Alle Seiten sind richtig paginiert mit Ausnahme von Seite 108, die irrtümlich 180 numeriert ist. Auf Seite 28 steht die Seiten^ählung innen. Seitentitel:
Ab Seite 4 tragen die Seiten den Titel Sd)au=Spiel | oont Sftteberl&nbifcfjen S a u e r . . Die Seiten 12, 14, 16, 20, 24, 28, 36, 44, 48, 50, 52, 86, 90, 118 und 130 haben irrtümlich einen Punkt nach dem Wort Scf)au Spiel. Die Seiten 28 und 52 haben scheinbar Sd)au=Sütel, da das p gebrochen ist. Die Seite 47 hat irrtümlich 9iieberdnbifcf)en.
Kustoden:
Alle Kustoden sind richtig mit Ausnahme von Seite 26, auf der die Kustode lebtage ist: Das erste Wort auf Seite 27 ist ßebtage. Auf Seite 131 fehlt in der Kustode die Klammer.
471
Nachwort
Standort:
Österreichische Nationalbibliothek, A. Th.
Die folgenden Exemplare wurden
Sign.: 628. 990
Vergleich herangezogen.
1. Universitätsbibliothek Leipzig, Sign.: Bibl. Soc. Teut. 8° 765/1. 2. Yale University Library, Sign.: Faber du Faur Collection, Nr. 1632b. In diesem Exemplar fehlt der Wentzel, dafür aber ist das Drama Von ... Nachbarskindern beigebunden. 3. Biblioteka Uniwersytecka Wroclaw, Sign.: 322281. 4. British Museum Library. Hier ist das Drama Vom Niederländischen Bauer separat gebunden, Sign.: 11746.b. 38. 5. Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Sign.: P. g. 8° Yq 7221R. 6. Christian-Weise-Bibliothek, Zittau, Sign.: Pg 8° 397/1. Auch hier ist das Drama Von ... Nachbars kindern beigebunden. Stichproben ergaben keine Varianten. Der Satz des Politischen Quacksalbers ist ziemlich nachlässig, aber den des Schauspiels vom Niederländischen Bauer kann man nur als ungewöhnlich liederlich bezeichnen. Mehrere Wörter fehlen, andere sind doppelt gesetzt, und einige Seiten strotzen geradezu von Druckfehlern. Was mehr ist, an einigen Stellen fehlen Teile von Zeilen oder ganze Zeilen, s. diesbezüglich unten V. Bei beiden Dramen ist die Zeichensetzung geradezu chaotisch. Vor allem sind es die Fragezeichen, gegen die die Setzer scheinbar ein Vorurteil hatten. An den folgenden Stellen sah sich der Herausgeber genötigt, in den Text einzugreifen, entweder um offensichtliche Druckfehler zu korrigieren, oder um die Interpunktionszeichen zu verbessern, um für den modernen Leser die Lektüre nicht unnötig Zu erschweren: 2 3 3 , 9 PHILIPPUS] PIHLIPPUS
sehr] seht
246,14 von] w n
237,22 Wehklagen] Wehthagen
248,20 freundlich] freudlich
241,23
249,4
472
Nachwort
COURAGE] CURAGE
253,21 lassen] assen
254,6 ihm von] v o n
ihm
254,25 nicht] nicht nicht 256,11 den] denn 258,7 daheime.] daheime / 262,1 in einen] ineinen 264,23 keine] keinr 266,23 Frauenzimmer] Frauenziemmer 268,10 so] o 269,13 auch] auch auch 270,17 auff] anff 271,8 Zeugen] zeugen 271,21 ihn] Ihn 272,1 Herrligkeit] Heerligkeit 272,7 Andrer] Ander 276,1 auff] anff 277,1 Gnadenreichen Himmel] Gnadenreichen-Himmel 277,8 vorzusehen] vor zu sehen 277,16 genóthiget] geuöthiget 277,30 zu] zn bey
279,25 Engellinder]
281,1 er] er er
Engelläuder
2 8 6 , 1 1 sie] Sie
280,26 bey]
bey
2 8 7 , 1 5 ROBERT] ROBERT,
290,3 wird] wr d 290,16 rasend seyn] rasendseyn 292,11 Nachbarin] Nachbarn 294,19 Zeit] zeit 296,15 dùrffte] durfften 297,26 mir] wir 301,23 zurücke] zu rucke 304,1 verrichten] veerichten 304,13 uns] nns 305,15 wars.] wars 306,14 Achtzehndter] Achzehndter 307,16 Mann /] man 310,16 ein ander] einander 312,16 in] in in 313,1 trefflich] trofflich(P) 313,20 zugegeben] zu gegeben 3 1 4 , 1 8 coNVERSiRen] cONVESiRen 3 1 6 , 2 0 sah] sag 317,26 Gestalt] Gestallt 319,8 Ungelegenheit] Uugelegenheit 323,21 Gespielinnen] Gespielin 324,7, 324,8 und 324,9 S.A.T.B.] C.A.T.B. 324,12 Gespielinnen] Gespielin 327,6 Gespielinnen] Gespielin 327,17
und]
nnd
337,4
3 4 1 , 2 4 g a n t z e n /] g a n t z e n
im]
ihm
341,14
scharren
3 4 3 , 1 1 BACCHUS] BACHUS
/]
scharren
345,11
ihre
Gespielinnen] Ihr Gespielen 250,1 AufFtritt] Auffzug 358,9 Es] Cs 361,15 zugetruncken] zu getruncken 361,19 alle:] alle 362,13 fangen] fange
mahls] offmahls dig nützen]
365,2 es] er
3 6 5 , 1 6 DISCURS] DISCUS
367,20 Auf /] Auf
373,20 Todschlag] Todschalg unützen
3 7 5 , 1 8 PUSE] BUSE
366,3 offt-
370,13 unschuldig] nnschul373,24 nur] n n r 376,21 habt] hat
375,13
un-
377,11
379,15 heute mit können] könnet 378,11 der] dee 379,14 es] er uns] heute mit uns heute 379,19 auch] anch 379,22 einen] eineu 386,16 vergossen] vergessen 389,11 und] nnd 389,21 Trunck] Trunckt. 5. jedoch hierzu auch unten V.
Die Interpunktionszeichen sert:
wurden an den folgenden Stellen verbes-
Fragezeichen statt Punkt: 244,24; 250,9,250,26; 255,23; 260,8; 260,10; 266,11; 266,14; 267,2; 269,20; 273,16; 280,12; 283,25; 286,11; 287,5; 298,13; 300,2; 301,11; 313,20; 319,19; 327,11; 329,15; 354,13; 359,7; 362,14; 362,21; 363,14; 363,17; 366,7; 369,4; 369,12; 369,18; 372,2; 376,17; 376,19; 376,21; 378,7; 378,9; 378,10; 379,7; 379,9; 384,14; 385,8; 385,12.
Nachwort
473
Wo bei den Regieanweisungen eine oder beide Klammern fehlten, wurden diese stillschweigend ergänzt. Ein besonderes Problem bei diesem Drama bildet die sprunghafte Zählung der 9luff3Äge in den §anblungen: In der ersten §anblung folgt auf den dritten 9Iuff3ug der sechste, in der vierten §artblung folgt auf den dritten ?luff3ug der fünfte. Auch im Singspiel fehlt im Sammelband Neue Proben ein 'Wllfftritt. (S. auch diesbezüglich unten V.) Da es sich hier um eine ganze Reihe von Auslassungen handelt, kann die Vermutung nicht von der Hand gewiesen werden, daß es sich wenigstens teilweise um absichtliche Kürzungen handelt, die im Manuskript vorgenommen wurden, wobei übersehen wurde, die Svenen neu zu numerieren. In unserer Ausgabe wurde daher die Originalzählung beibehalten, was das hustspiel selbst anbetrifft, da u. E. eine Umnumerierung diesen möglichen Tatbestand unzulässig verschleiert hätte. Was jedoch das eingelegte Singspiel anbelangt, so wird hier auf V. unten verwiesen. In beiden Dramen wurden die Abkürzungen stillschweigend nach den im ersten Band der Ausgabe aufgestellten Prinzipien aufgelöst. Ein kleines Problem ergab sich bei der Abkürzung £)urcE)l. in dem Schauspiel vom Niederländischen Bauer, ein Titel, der im Text auch ausgeschrieben erscheint und zwar sowohl als £)urcE)= lauert (mehrmals) und als £>urd)Iaud)tigieit (Seite 359, Zeile 9). Hier hat sich der Herausgeber dafür entschieden, diese Abkürzung systematisch zu Durchlaucht aufzulösen. Die Abkürzung 3I)r. hingegen wurde nicht aufgelost, da aus dem Text nicht klar z« erkennen ist, wo diese für 3I)re steht und wo für 3i)ro, die beide im Text vorkommen. IV. Der erste Neudruck des Schauspiels vom Niederländischen Bauer, eines der populärsten Dramen Weises, erschien in der Reihe Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Barock, Band 4, herausgegeben von Willi Fleming (Leipzig: Reclam, 1931; 2. verbesserte [?] Auflage Darmstadt: WBG; 1965).
474
Nachwort
Dieser Druck erweist sich als wissenschaftlich unzulänglich. Die offensichtlichen Druckfehler des Originals wurden nur zum Teil verbessert, dafür aber haben sich eine ganze Reihe von neuen Druckfehlern eingeschlichen, selbst sinnentstellende wie z- B. Seite 228, Zeile 6 (Seite 265, Zeile 16 unserer Ausgabe), wo wir „Consicturen" lesen statt „Conficturen". Aber auch die anderen Druckfehler sind zahlreich genug, um den wissenschaftlichen Wert dieser Ausgabe beeinträchtigen, so z- B: — Seiten- und Zeilenzählung unserer Ausgabe — 258,27 „mein" statt „meine", 279,4 „lieber" statt „liebster", 287,20 „Egmont" statt „EGMUND", 295,16 „wer" statt „werd", 296,6 glückselige" statt glückseligen", 314,5 „Befehel" statt „Befehl", 325,1 „der" statt „Der", 336,28 „dabey" statt „Dabey", 345,4 fingen" statt gelingen", 358,22 „wann" statt „wenn", 372,21 „Lungen" statt „Lunge", 389,15 „nicht" statt „nichts", 389,17 „träume" statt „Träume". Auch wurde völlig unsystematisch und offensichtlich unabsichtlich bei einer ganzen Reihe von Wörtern die Rechtschreibung modernisiert wie z- B.: Seite, Zeile unserer Ausgabe
Original
DLE Ausgabe
237,16 248,1 255,20 259,13 276,20 286,5 289,16 293,9 316,25 316,26 333,25 352,15 354,6 355,4 367,9 372,22 374,14 377,5 387,16
ACCOMODiren
accomodieren sollst einem schönen ruiniert läßt aufstehen nehme Rebhühner nun nunmehr Fürstentum Lustiges Nun wäre Zeugniß schmutziger sehe Herren
solst einen schöne RUINIRT
list auffstehen nehm Rebhüner nu numehr Fürstenthum lustiges Nu wär Zeugnüß schmutzigter seh Herrn
Nachwort
475
Außerdem ist auf Seite 232 der DLE-Ausgabe, Zeile 5 (Seite 272, Zeile 14 unserer Ausgabe) das Wort „es" ausgelassen, und auf Seite 278, Zeile 17 (Seite 356, Zeile 8 unserer Ausgabe) fehlt der Name des Sprechers ( ' K A R S T E N ) . In dem von Harald Burger herausgegebenen Neudruck dieses Dramas in der Reclam-Reihe (1969), der sich als bedeutend originalgetreuer erweist, wurden diese Fehler vermieden. V. Es gibt einen Einzeldruck des in das Drama Vom Niederländischen Bauer eingefügten Zwischenspiels, der bereits im fahre der Aufführung (1685), also fünfzehn fahre vor dem Erscheinen des Sammelbandes Neue Proben, gedruckt wurde: Die | Unbemegltdjc | gür[ten»£iebe / I ehr | Singe= Spiel / | SBorgeftellet | 2Iuff bem 3tttauifd)en THEATRO | [Druckerstock: Vase mit Blumen] | Den 2 5 . OCTOBR. | MDCLXXXV. | [Reihe von 28 kleinen Ornamenten] | 3ittau / \ Drucfts uttb nerlegts SJitcfjael £artmanrt. 4° A — E, 20 Blatt = 40 Seiten. Der Text des Zwischenspiels des Niederländischen Bauer ist auf den Blättern A2r—D3r, dann folgt auf der unteren Hälfte der Seite D3r die Bemerkung: N. B. SBeil ttoci) ettoas $lat3 gelaffen roorbert / | fo töirb i)iebei) mit angefüget /1 Die furtje SERENATE | 23on | Der FATALIFI^en §et)rati); | 2Bte [olcf)e ben 8 . M A R T H 1 6 8 5 auff eben | biefen | THEATRO ift auffgefüljret roorben. (Dieser ^weite Bestandteil dieses Drucks wird von Dünnhaupt nicht erwähnt, so daß er uns in dem Eindruck läßt, der gan%e Druck bestände nur aus der Fürstenliebe. Hierzu ist noch %u bemerken, daß Fulda in der Einleitung %u seiner Ausgabe von %wei Dramen Weises /"KÜRSCHNERS DEUTSCHE N A T I O N A L - L I T T E RATUR, Band 39] irrt, wenn er bemerkt [S. LXIJ: „Sie [die Serenate von der Fatalischen — nicht Fatalistischen — Heirat]
476
Nachwort
war am selben Tag wie der ,Olivare%', wahrscheinlich als Zwischenspiel diesem %ur Darstellung gekommen." Der O L I V A R E Z war bereits am Tag vorher, den 7. März 1685, aufgeführt worden. Die F A T A L I S C H E H E I R A T kam am 8. März 1685 %ur Darstellung, wie Fulda richtig bemerkt, und zwar als Zwischenspiel zum L U S T SPIEL
V O N DER K L U G E N
THORHEIT
/ UND
THÖRICHTEN
wie ja auch schon aus dem Programm der Darbietungen für das Frühjahr 1685 klar ersichtlich ist.) Daß es sich bei der Fürstenliebe um das Zwischenspiel im Niederländischen Bauer handelt, wurde bereits von Metzger (ca. 1930) erkannt, d. h. vor mehr als fünfzig Jahren. Da jedoch die WeiseBibliographie von Metzger (Maschinenschrift) nur schwer zugänglich ist, haben weder die Herausgeber der 2. Auflage der FlemmingAusgabe dieses Dramas (1965) noch Burger (1969) diesen Druck von 1685 berücksichtigen können, der in wichtigen Einzelheiten von dem Druck in den Neuen Proben abweicht. Zwar wurden in dem Sammelband die Fehler verbessert, die in dem Verzeichnis der Errata des Drucks von 1685 aufgeführt wurden, dafür aber wurde in dem Sammelband der achte 'älufftritt ausgelassen, und zwar scheinbar unabsichtlich, da der „achte" älufftritt in den Neuen Proben falsch numeriert ist und dem neunten im Druck von 1685 entspricht, während der nächste älufftritt in den Neuen Proben dann — richtig — der zehnte ist. Außerdem haben sich eine ganze Reihe von neuen Druckfehlern eingeschlichen, von denen die schwerwiegendsten die Auslassung einer Zeile (Seite 339, Zeile 26 unserer Ausgabe), sowie die totale Verstümmelung zweier weiterer Zeilen (349,8 und 349,9) sind. In der vorliegenden Ausgabe, die somit die erste vollständige und verbesserte dieses Singspiels ist, hat der Herausgeber diese fehlenden Teile in spitzen Klammern an den entsprechenden Stellen eingesetzt und zwar in normalem Drucksatz, da es sich ja nicht um Ergänzungen seinerseits handelt. Auch wurden auf Grund des Druckes von 1685 die folgenden sinnentstellenden Druckfehler in den Neuen Proben berichtigt: 325,24 fördern] fodern 332,25 leb'] leb? 331,12 Daß] das 346,12 last] laß 347,17 Freunde] Freude K L U G H E I T DER W E L T ,
Inhalt des Zwölften Bandes, Zweiter Teil Der Politische Quacksalber Schau-Spiel vom Niederländischen Bauer AnhangA:
1 231
Freymüthiger und höfflicher Redner. Erklärung des Kupffer-Blats 391
Anhang B: Freymüthiger und höfflicher Redner. Vorrede 392 Anhang C: Neue Proben von der vertrauten RedensKunst. Vorrede 456 Nachwort des Herausgebers
465
w
\ ^ l t e r de Gruyter Berlin • Newlfork
DE
G
Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts
A D
Herausgegeben von Hans-Gert Roloff
L
Alle Bände sind in Leinen
gebunden
101
Wolfhart Spangenberg, Sämtliche Werke • Band 5: Anmutiger Weisheit Lustgarten I. Hrsg. v. Andräs Vizkelety, bearb. v. Andor Tarnai. IV, 362 S. 1982.
102
Wolfhart Spangenberg, Sämtliche Werke • Band 6: Anmutiger Weisheit Lustgarten II. Hrsg. v. Andräs Vizkelety, bearb. v. Andor Tarnai. IV, S. 363-812. 1982.
103
Wolfhart Spangenberg, Sämtliche Werke. Hrsg. v. Andräs Vizkelety. Band 4, Teil 2: Predigten — Meisterlieder — Krönung Matthiae. Bearb. v. Andräs Vizkelety. IV, 327 S. 1982.
104 Johann Christoph Gottsched, Ausgewählte Werke • Band 11: Kommentar zu Band 1—4. Hrsg. v. P. M. Mitchell. IV, 164 S. 1983. 105
Thomas Naogeorg, Sämtliche Werke • Band 3, Teil 1: Incendia, mit einer zeitgenössischen Ubersetzung. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. IV, 285 S. 1983.
106 Thomas Naogeorg, Sämtliche Werke • Band 3, Teil 2: Hamanus, mit der deutschen Übersetzung von Johannes Chryseus. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. IV, S. 287-681. 1983.
107 Johann Christoph Gottsched, Ausgewählte Werke • Band 5, 1. Teil: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Theoretischer Teil). Hrsg. v. P. M. Mitchell. IV, 642 S. 1983. 108 Johann Christoph Gottsched, Ausgewählte Werke • Band 5, 2. Teil: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Praktischer Teil). Hrsg. v. P. M. Mitchell. IV, 631 S. 1983. 109
Der Patriot • Nach der Originalausgabe Hamburg 1724— 1726 in drei Textbänden und einem Kommentarband kritisch hrsg. v. Wolfgang Martens. Band 4: Kommentarband. VI, 519 S. 1984.
110
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke • Band 13: Wider den Gewissenszwang. Hrsg. v. Ferdinand van Ingen. IV, 310 S. 1984.
111
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke • Band 2: Lyrik II. Hrsg. v. Ferdinand van Ingen. IV, 426 S. 1984.
112 Johannes Riemer, Werke • Band 2: Dramen. Hrsg. v. Helmut Krause. IV, 670 S. 1984. 113 Johannes Riemer, Werke - Band 3: Rhetorik. Hrsg. v. Helmut Krause. IV, 446 S. 1985. 114
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke • Band 12: DeutschLateinische Leiter. Bearb. v. Ulrich Maché und George Schulz-Behrend. Gesellschaftsschriften. Bearb. v. Karl F. Otto, Jr. IV, 493 S. 1985.
115
Christian Weise, Sämtliche Werke • Zwölfter Band, Erster Teil: Lustspiele III. Hrsg. von John D. Lindberg. IV, 263 S. 1986.
116
Christian Weise, Sämtliche Werke • Zwölfter Band, Zweiter Teil: Lustspiele III. Hrsg. v. John D. Lindberg. IV, 477 S. 1986.
117 Christian Weise, Sämtliche Werke • Fünfzehnter Band: Schauspiele II. Hrsg. v. John D. Lindberg. IV, 586 S. 1986.