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German Pages 317 Year 2018
Schriften zum Prozessrecht Band 249
Schiedsspruch und staatliche Gerichtsbarkeit Rolle und Funktion des staatlichen Gerichts bei der Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen
Von Angelika Ruth Tafelmaier
Duncker & Humblot · Berlin
ANGELIKA RUTH TAFELMAIER
Schiedsspruch und staatliche Gerichtsbarkeit
Schriften zum Prozessrecht Band 249
Schiedsspruch und staatliche Gerichtsbarkeit Rolle und Funktion des staatlichen Gerichts bei der Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen
Von Angelika Ruth Tafelmaier
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Jahr 2016 als Dissertation angenommen.
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Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-15463-0 (Print) ISBN 978-3-428-55463-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-85463-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Meinen lieben Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg im Wintersemester 2016/2017 vorgelegt. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Dezember 2016 berücksichtigt; darüber hinaus wurde die entsprechende Kommentarliteratur nachträglich auf Stand Februar 2018 aktualisiert. Zunächst möchte ich mich herzlich bei meinem Doktorvater Prof. Dr. Hanno Merkt für die Anregung und gemeinsame Entwicklung des Themas sowie die Betreuung und Förderung dieser Arbeit bedanken. Des Weiteren danke ich Herrn Prof. Dr. Jan Felix Hoffmann für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens. Mein größter Dank gebührt meinen Eltern für ihre vorbehaltslose Unterstützung und ihren stetigen Rückhalt und Zuspruch, wodurch sie wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Hamburg, im Februar 2018
Angelika Tafelmaier
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 §2 Problemstellung: Rolle und Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
A. Ausgangspunkt: § 1026 ZPO und § 1062 ZPO – Umfang staatsgerichtlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Abgrenzung der staatsgerichtlichen „Hilfs- und Unterstützungs-“ zur „Kontrollund Überprüfungsfunktion“– Klärung der Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Legislatorische Grundvorstellung: Gleichwertigkeit von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Vertragliche Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Jurisdiktionelle Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Vermittelnde Ansätze und Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Definitionsmerkmale von Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 E. Folgen der Gleichwertigkeitsthese für die Herangehensweise der Untersuchung und Festlegung des Gegenstands der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 § 3 Grundlagen für das Verständnis des Verhältnisses zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . 43 I. Zur Frage der Geltung von Grundrechten im Schiedsverfahren, insbesondere von Verfahrensgrundrechten – Grundrechtsverpflichtung auch der Schiedsgerichte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Zur Vereinbarkeit der Schiedsgerichtsbarkeit mit einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere mit Art. 92 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Debatte um TTIP – Verfassungsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 IV. Herleitung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit aus den Freiheitsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
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Inhaltsverzeichnis B. Verhältnis von staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit in rechtsgeschichtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 C. Die Schiedsvereinbarung als „Schnittstelle“ zur Schiedsgerichtsbarkeit – Umfang und Grenzen der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Interessen der Schiedsparteien – Umfang der Parteiautonomie . . . . . . . . . . . 58 1. Nachteilige Auswirkungen einer staatlichen „Rahmenkontrolle“ für die Interessen der Schiedsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Größtmöglicher Einfluss auf das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Rasche, kostengünstige und vertrauliche Entscheidung . . . . . . . . . . . 59 c) Verbindlichkeit des Schiedsspruchs und rasche Durchsetzung . . . . . . 60 2. Interessen der Schiedsparteien, die eine staatliche „Rahmenkontrolle“ erfordern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Beachtung der Parteivereinbarung durch das Schiedsgericht . . . . . . . 60 b) Beachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Staatliche Interessen – Grenzen der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Schutz besonders sensibler Bereiche – Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . 61 2. Sicherung des Rechtsfriedens und Interesse an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 III. Interessen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht – einzelne Möglichkeiten einer „Rahmenkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Verfassungsrechtlich gebotene „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Verfassungsrechtlich gebotene „Rahmenkontrolle“ von Schiedssprüchen wegen Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 II. Gebot einer „Rahmenkontrolle“ aus Art. 6 Abs. 1 EMRK? . . . . . . . . . . . . . . 69 III. Beschränkung auf eine repressive „Rahmenkontrolle“ der Schiedsgerichtsbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Möglichkeit der Vereinbarung eines Instanzenzuges im Schiedsverfahren . . 70 V. Abgrenzung des schiedsinternen Instanzenzugs von staatlichen Rechtsmitteln und der „Aufhebungskontrolle“ i. S. v. § 1059 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 72 VI. Fazit und Hinweis für die Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 B. Abgrenzung zwischen inländischen und ausländischen Schiedssprüchen . . . . . . 73
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I. Bedeutung der Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 C. Inländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 I. Notwendigkeit eines Aufhebungsverfahrens bei inländischen Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 II. Aufhebung des Schiedsspruchs, § 1059 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Vorrang der Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht, § 1058 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Der Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Zulässigkeit des Aufhebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Antragserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Frist gemäß § 1059 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Wirkung der Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 c) Geltendmachung von Aufhebungsgründen außerhalb des Aufhebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Verhältnis zum Vollstreckbarerklärungsverfahren . . . . . . . . . . . . 87 bb) Negative Feststellungklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 cc) Wiederaufnahme des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Einzelne Aufhebungsgründe (§ 1059 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Auf Rüge zu beachtende Aufhebungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO: Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) § 1059 Abs. Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO: Allgemeine Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Exkurs: Fälschlicherweise verneinte Zuständigkeit des Schiedsgerichts als Aufhebungsgrund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 dd) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO: Gehörsmängel . . . . . . . . . . . . . . . 93 ee) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO: Überschreitung des Streitgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 ff) § 1059 Abs. 2 Nr. lit. d: Prozessmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 1 ZPO i. V. m. §§ 1034 ff. ZPO: Konstituierungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (2) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO: Prozessablaufmängel . 97 b) Von Amts wegen zu prüfende Aufhebungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO: Fehlende objektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO: Verstoß gegen die öffentliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
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Inhaltsverzeichnis (1) Verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher ordre public . 100 (2) Restitutionsgründe des § 580 Nr. 1–6 ZPO und Aufhebung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (3) Exkurs: Missachtung des anwendbaren materiellen Rechts . 102 4. Rolle der staatlichen Gerichte im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO 103 III. Exkurs: Vergleich mit den staatlichen Rechtsmittelverfahren . . . . . . . . . . . . 108 1. Begriffsdefinition und Merkmale von staatlichen Rechtsmitteln . . . . . . . 108 2. Statthaftigkeit der Rechtsbehelfe und Umfang und Ausgestaltung der Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Berufung, §§ 511 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Prüfung des Berufungsgerichts – Tatsachen – oder Rechtsinstanz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 cc) Konkrete Ausgestaltung und Umfang der Prüfung des Berufungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Berufungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (2) Bindung an die Berufungsbegründung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (3) Beachtung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel . . . . . . . 115 dd) Entscheidung des Berufungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Revision, §§ 542 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Statthaftigkeit der Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Gegen Urteile des Berufungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Sprungrevision gegen erstinstanzliche Urteile . . . . . . . . . . . . 118 (3) Zulassung der Revision auch bei materiellen oder formellen Rechtsfehlern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Abgrenzung des Prüfungsumfangs zwischen Berufung und Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (1) Festlegung des Prüfungsumfangs des Revisionsgerichts . . . . 121 (a) Revisibles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (b) Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO . . . . . . . . . . . 122 (c) Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen, § 559 ZPO; Abgrenzung Tat- und Rechtsfrage . . . . . . . . 123 (d) Ursächlichkeit der Rechtsverletzung und absolute Revisionsgründe, § 547 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (e) Umfang der Revisionsprüfung und Beschränkung auf die Revisionsanträge, § 557 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (2) Entscheidung des Revisionsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Vergleich mit dem Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO . . . . . . . . . . . 127 a) Zwecke der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
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c) Vergleich der Anforderungen an die Begründung des Antrags und die Bindung des Gerichts an die Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Vergleich hinsichtlich des Prüfungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Allgemeine Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Gehörsmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 132 dd) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO: Überschreitung des Streitgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 ee) Konstituierungsmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 1 ZPO i. V. m. §§ 1034 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 ff) Prozessablaufmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO . . . . . 133 gg) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 hh) Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 IV. Vergleich mit der Verfassungsbeschwerde, §§ 90 ff. BVerfGG . . . . . . . . . . . 136 1. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Beschränkung der Überprüfung auf „spezifisches Verfassungsrecht“ . 139 b) Folge: Eingeschränkte Überprüfbarkeit einfachen Rechts . . . . . . . . . 140 c) Überschreitung der verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Die Bedeutung der Eingriffsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 e) Grundrechtsverstoß durch das Entscheidungsergebnis: Willkürkontrolle im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Vergleich mit dem Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen, §§ 1059 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Zwecke der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Vergleich des Prüfungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) „Einfaches Recht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) „Spezifisches Verfassungsrecht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (1) „Kontrolle“ des gerichtlichen Verfahrens, vor allem die Gewährung rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (2) Intensität des Eingriffs und Willkürkontrolle als „Notkompe tenz“ – Vergleich zur ordre public „Kontrolle“ im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
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Inhaltsverzeichnis V. Vollstreckbarerklärung des inländischen Schiedsspruches, § 1060 ZPO . . . . 154 1. Exkurs: Verbindlichkeit von Schiedssprüchen – formelle und materielle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Ausgangspunkt der Untersuchung: § 1055 ZPO – Gleichwertigkeit der Rechtskraft von staatlichem Urteil und Schiedsspruch? . . . . . . . . . . . 155 b) Verbindlichkeit bei staatlichen Urteilen – formelle und materielle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Formelle Rechtskraft i. S. v. § 705 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Materielle Rechtskraft i. S. v. § 322 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 cc) Folgen formeller und materieller Rechtskraft bei staatlichen Urteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 dd) Durchbrechung der Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Verbindlichkeit bei inländischen Schiedssprüchen – formelle und materielle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Formelle Rechtskraft von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 bb) Vollstreckbarerklärung als Voraussetzung für den Eintritt materieller Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 cc) Materielle Rechtskraft i. S. v. § 1055 ZPO – Gleichwertigkeit mit materieller Rechtskraft von staatlichen Urteilen? . . . . . . . . . . . . . 165 (1) Umfang der materiellen Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Abdingbarkeit der Rechtskraft und Beachtung nur auf Einrede? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (a) Darstellung der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . 167 (b) Darstellung der Mindermeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche, § 1060 ZPO . . . . . . 175 a) Voraussetzungen und Verfahren: § 1060 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Endgültiger, wirksamer Schiedsspruch i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO . . 176 bb) Antrag nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Verfahren und Festlegung des Gegenstands des Vollstreckungstitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 dd) Begründetheit des Antrags – Prüfung der Aufhebungsgründe . . . 178 (1) Anforderungen an die begründete Geltendmachung bei § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (2) Ausschluss durch rechtskräftige Abweisung des Aufhebungsantrags, § 1060 Abs. 2 S. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (3) Ausschluss durch Ablauf der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO . . 180 (4) Erweiterung des Prüfungsmaßstabes auf Einwendungen nach § 767 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Entscheidung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
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aa) Positive Sachentscheidung und Wirkung der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Abgrenzung zwischen Feststellungs- und Gestaltungswirkung zur Vollstreckungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (2) Ausnahme: Fiktion der Abgabe der Willenserklärung gemäß § 894 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (3) Übrige Vollstreckungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 bb) Negative Sachentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Inhalt der Entscheidung – Rolle der staatlichen Gerichte bei der Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 D. Ausländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Anerkennung ausländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, § 1061 ZPO . . . . . . . 189 1. Anwendbarkeit: Ausländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Vollstreckbarerklärung nach dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Konkurrenz des Verfahrens nach § 1061 ZPO und anderen Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Vollstreckbarerklärung ausländischen Exequaturs . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Systematik der Verweisung in das UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Art. I UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Art. II UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Art. III UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 dd) Art. IV UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 ee) Art. V UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (1) Präklusion und Verbindlichkeit einzelner Versagungsgründe 199 (a) Unterschiedliche Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (b) Fallgruppe (α): Rügelose Einlassung im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (c) Fallgruppe (β): Keine Teilnahme am Schiedsverfahren . 202 (d) Fallgruppe (γ): Unterlassen eines Anfechtungsrechtsbehelfs im Erststaat trotz Rüge im Schiedsverfahren . . . 203 (aa) Streitstand und aktuelle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . 204 (bb) Kritische Würdigung der Kehrtwende des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (e) Fallgruppe (δ): Materiellrechtliche Einwendungen gegen den Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (f) Präklusion bei allen Aufhebungsgründen? . . . . . . . . . . . 212 (g) Verbindlichkeit von Art. V UNÜ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (2) Einzelne Versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
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Inhaltsverzeichnis (a) Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ: Nichtvorliegen bzw. Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (b) Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ: Verletzung rechtlichen Gehörs 215 (c) Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ: Kompetenzüberschreitung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (d) Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ: Fehler bei der Bildung des Schiedsgerichts oder im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . 217 (e) Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ: Fehlende Verbindlichkeit des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (aa) Schiedsspruch i. S. d. § 1061 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 218 (bb) Zeitpunkt der Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (cc) Sonderfall: Aufhebung des Schiedsspruchs im Ausland – Auswirkungen auf die Verbindlichkeit . . . . . 219 (dd) Exkurs: Gefahr der Doppelkontrolle von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (f) Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ: Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (g) Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ: Verstoß gegen den ordre public 223 (aa) Besonderheiten von ordre public Verstößen bei ausländischen Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (bb) Unterscheidung ordre public interne und ordre public international . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (3) Entscheidung des Gerichts bei Bestehen / Nichtbestehen eines Versagensgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 ff) Art. VI UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 gg) Art. VII UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (1) Völkerrechtliches Verhältnis zu anderen bi- und multilateralen Staatsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (2) Meistbegünstigungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (3) Verhältnis zum Genfer Protokoll über Schiedsklauseln von 1923 sowie zum Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1927 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 hh) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 d) Prüfungsumfang des Gerichts bei ausländischen Schiedssprüchen . . . 230 III. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach anderen Staatsverträgen . . . 232 1. Multilaterale Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 a) Verhältnis zum UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Einzelne Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Genfer Abkommen vom 26.09.1927 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 bb) Das Europäische Übereinkommen vom 21.04.1961 (EuÜ) . . . . . 233 (1) Anwendungsvoraussetzungen, Art. I EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . 233
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(a) Personenbezogene Anwendungsvoraussetzung . . . . . . . . 233 (b) Sachbezogene Anwendungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . 233 (c) Anwendung des EuÜ im Verhältnis zum UNÜ . . . . . . . . 234 (2) Besonderheiten bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (a) Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ, Art. VI Abs. 2 EuÜ . . . . . . . . . . 235 (b) Art. V EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (aa) Präklusionsvorschriften des Art. V EuÜ . . . . . . . . . 235 (bb) Ausnahmen von der Präklusion . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (c) Art. VIII EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (d) Art. IX EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (e) Art. X EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Das Washingtoner Weltbankübereinkommen vom 18.03.1965 . . 239 dd) COTIF vom 09.05.1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 ee) Londoner Auslandsschuldenabkommen vom 27.02.1953 . . . . . . 240 2. Bilaterale Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 a) Verhältnis zum UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 b) Bilaterale Abkommen mit eigenständiger Regelung . . . . . . . . . . . . . . 242 aa) Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertragvom 29.10.1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen vom 30.06.1958 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 cc) Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag vom 19.06.1966 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 IV. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile . . . . . . . . . . 243 1. Wirkungserstreckung oder Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Prinzip der Anerkennung von Gesetzes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nach der EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Verstoß gegen den ordre public, Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO . . . . . 248 b) Nicht ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung, Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung im Anerkennungsstaat, Art. 45 Abs. 1 lit. c und d EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 d) Zuständigkeitsprüfung, Art. 45 Abs. 1 lit. e, Abs. 3 EuGVVO . . . . . . 251 e) Keine Sachüberprüfung / Verbot der révision au fond, Art. 52 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Anerkennung und Vollstreckung nach deutschem autonomen Recht . . . . 252 a) Anerkennung ausländischer Urteile, § 328 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile, §§ 722, 723 ZPO . . . . . 253
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Inhaltsverzeichnis aa) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Vollstreckungsfähiges und vollstreckbares Urteil . . . . . . . . . . . . . 254 c) Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungshindernisse . . . . . . . . . . 255 aa) Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates, § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO 255 bb) Nichteinlassung des Beklagten, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO . . . . . . . 256 cc) Kollision unvereinbarer Entscheidungen, § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO 257 dd) Verstoß gegen den ordre public, § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO . . . . . . . 258 ee) Verbürgerung der Gegenseitigkeit, § 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 ff) Verbot der révision au fond, § 723 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 259 5. Fazit: Prüfungsumfang bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile und Vergleich mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 a) Umfang der Prüfung im Rahmen der Anerkennungshindernisse des § 328 ZPO und Art. 45 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 aa) „Überprüfung“ der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts 260 bb) Ordre public Widrigkeit der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Übrige Anerkennungshindernisse im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Präklusion von Einwänden im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren – ein Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
§ 5 Schlussfolgerungen für das Verhältnis zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 A. Gleichwertigkeitspostulat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 B. Notwendigkeit einer „Rahmenkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C. Ausgestaltung der Synthese zwischen der Privatautonomie und dem Sicherungsinteresse rechtsstaatlicher Mindeststandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 I. Möglichkeiten einer präventiven „Rahmenkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Möglichkeiten einer repressiven „Rahmenkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Aufhebungsverfahren von inländischen Schiedssprüchen, § 1059 ZPO . . 272 2. Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche, § 1060 ZPO . . . . . . 272 3. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, §§ 1061 ZPO i. V. m. UNÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 III. Grenzen einer „Rahmenkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Abschließende und verbindliche Aufzählung der Aufhebungs- und Anerkennungs- versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Verbot der révision au fond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 3. Präklusion einzelner Aufhebungs- bzw. Versagungsgründe . . . . . . . . . . . 277
Inhaltsverzeichnis
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D. Vergleich zum staatlichen Rechtsmittelverfahren, der Bundesverfassungsbeschwerde und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 I. Vergleich zum staatlichen Rechtsmittelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 II. Vergleich zur Bundesverfassungsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 III. Vergleich mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
§ 1 Einleitung Als eines der juristischen Modethemen gilt die alternative Streitbeilegung: Mediation und Alternative Dispute Resolution deuten bereits darauf hin, dass es sich um Importprodukte aus anderen Rechtsordnungen handelt. Hinsichtlich der in Deutschland recht kurzen Prozessdauer in erster und zweiter Instanz und der Effizienz der deutschen Rechtsprechung in Zivilsachen besteht zwar keine dringende Notwendigkeit, Formen alternativer Streitbeilegung zu übernehmen.1 Angesichts der stetigen Globalisierung und der zunehmenden internationalen Verflechtung von Handel und Wirtschaft2 verzichten jedoch auch in Deutschland Handels- und Gewerbetreibende immer häufiger auf den nach Art. 101 GG verfassungsrechtlich garantierten, gesetzlichen Richter und vereinbaren stattdessen die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts.3 Die Gründe für ein „Justiz-Outsourcing“4 können vielfältig sein:5 Schiedsgerichte gewährleisten ein Optimum an Privatautonomie, was Ort, Verfahren und die fehlende Bindung an nationale Vorschriften betrifft.6 Ebenso ermöglichen diese – im Gegensatz zur vergleichsweise geringen Markt- und Fachkenntnis der staatlichen Richter – häufig eine kompetentere Beurteilung eines Sachverhalts durch die Berufung von Experten als Schiedsrichter.7 Zudem kommt bei internationalen Verfahren oft ausländisches Recht zur Anwendung, das den staatlichen Richtern regelmäßig unvertraut ist. Bei internationalen Verfahren wäre stets das Gericht des Wohnsitzes oder Sitzes des Beklagten zuständig – viele Parteien wollen ihre Streitigkeiten jedoch von einem neutralen Spruchkörper entscheiden lassen, gerade bei Verfahren, in denen ein Staat direkt oder indirekt selbst beteiligt ist und Einfluss auf den staatlichen Richter nehmen könnte.8 Letztlich ist das Verfahren grundsätzlich nichtöffentlich und der Schiedsspruch in der Regel endgültig und kann nur ausnahmsweise angefochten werden.9 Während sich Schiedsverfahren unter anwaltlicher Mitwirkung zunehmender Beliebtheit erfreuten und die private Schiedsgerichtsbarkeit stets als ein wichtiges Bedürfnis des Wirtschaftslebens anerkannt war, erreichten innerhalb der letzten 1
Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 1, 13. Kilgus, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 21. 3 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 6; ebenso Möller, Schiedsgerichts barkeit im Verwaltungsrecht, S. 17. 4 Vgl. Banzer / Merk, ZRP 2007, 103, 103. 5 Bischoff, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Schiedsrichtern, S. 23. 6 Eisenmenger, Privatisierung der Justiz, S. 1. 7 Kilgus, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 22. 8 Kilgus, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 22–23. 9 Vgl. Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 3. 2
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§ 1 Einleitung
Jahre viele kritische Stimmen Medien und Gesellschaft in Deutschland.10 Eben jene, stets als positiv empfundene, prägende Elemente des Schiedsverfahrens gerieten in den Fokus der Kritik. Hintergrund dieser Debatte waren die kontroversen Verhandlungen der Europäischen Union über das Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) mit den USA und das Comprehensive Economic Trade Agreement (CETA) mit Kanada.11 In Hinblick auf die Schiedsgerichtsbarkeit und insbesondere die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sprach man zunehmend von einer „Privat-“,12 „Schatten-“13 oder „Paralleljustiz“, die angeblich verfassungswidrig sei14 und die Demokratie gefährden würde.15 Nachdem CETA nach 10 Kritisierend: Doll / Greive / Sturm, Freihandel muss Menschen dienen, Die Welt vom 29.01.2015, S. 22; Endres, TTIP stirbt langsam, ZEIT ONLINE vom 02.05.2016, http:// www.zeit.de/wirtschaft/2016-05/ttip-leaks-usa-druck-europa-verbraucherschutz, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Fischer-Lescano, Rechtswidrig – Schiedsgerichte verstoßen gegen das Grundgesetz, DIE ZEIT, Nr. 45/ 2014, 13. November 2014, S. 33; Flessner zitiert nach Steger, IPrax 2015, 285, 285; Joly / De Masi / Maurel, Ein schlechter Deal für Europa, ZEIT ONLINE vom 14.10.2016, http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-10/ceta-freihandelsabkommenkanada-eu-schiedsgerichte-ttip-verbraucherschutz, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Müller, Streit um Ceta – Lasst die Bürger handeln, SPIEGEL ONLINE vom 23.10.2016, http:// www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ceta-und-ttip-buerger-sollten-an-verhandlungen-beteiligtwerden-a-1117844.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Prantl, TTIP und die Froschlurche, Süddeutsche Zeitung Nr. 90, 26. Juli 2015, S. 17; differenzierend Kubitza, CETA im Kommen, TTIP im Koma, BR vom 29.10.2016, http://www.br.de/nachrichten/inhalt/ttip-ceta-100.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Nienhaus, Falscher Gegner, ZEIT ONLINE vom 09.11.2016, http:// www.zeit.de/2016/44/ceta-ttip-globalisierung-armut, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Rudloff, Nach der Unterzeichnung ist vor der Ratifizierung, in: ZEIT ONLINE vom 06.11.2016, http:// www.zeit.de/wirtschaft/2016-11/ceta-freihandelsabkommen-ratifizierung, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Sackmann, Von Schiedsgerichten und Lobbyisten – Sieben Mythen über CETA und TTIP, die ihr bitte nicht mehr glauben solltet, Artikel vom 26.10.2016, https://www.finanzen100. de/finanznachrichten/wirtschaft/von-schiedsgerichten-und-lobbyisten-sieben-mythen-ueberceta-und-ttip-die-ihr-bitte-nicht-mehr-glauben-solltet_H1259951169_338247/, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Schill, EuZW 2015, 105, 105; Wilske / Markert / Bräuninger, SchiedsVZ 2015, 49, 63 f.; die Schiedsgerichtsbarkeit befürwortend: Jung, Vor Schiedsgerichten gewinnt auch mal der Staat, FAZ vom 31.10.2016, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ttip-undfreihandel/ceta-ttip-schiedsgerichte-benachteiligen-staaten-nicht-14505945.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; ders., Schiedsverfahren sind besser als ihr Ruf, FAZ vom 09.11.2016, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ttip-und-freihandel/ttip-ceta-schiedsverfahren-sindbesser-als-ihr-ruf-14519068.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Merz, Warum wir Schiedsgerichte brauchen, FAZ vom 08.02.2015; Risse, SchiedsVZ 2014, 265, 266 f. 11 Sackmann, SchiedsVZ 2015, 15, 15. 12 BGH-Präsidentin Bettina Limperg kritisiert Schiedsgerichte als „private Paralleljustiz“, zitiert aus Die Welt Online, BGH Präsidentin kritisiert private Schlichtungsstellen, 02.10.2014, http:// www.welt.de/regionales/baden-wuerttemberg/article132866642/BGH-Praesidentin-Limpergkritisiert-private-Schlichtungsstellen.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018. 13 Härder / Hielscher / Henryk / Kroker, Justitia verzieht sich ins Hinterzimmer, Wirtschaftswoche, Ausgabe 18/2013, 29.04.2013, S. 46–51, gesprochen wird von einer „Schattenjustiz“ „im Hinterzimmer“. 14 Fischer-Lescano, Rechtswidrig – Schiedsgerichte verstoßen gegen das Grundgesetz, DIE ZEIT, Nr. 45/ 2014, 13. November 2014, S. 33 ff. 15 Schiessl, Der Freifahrtschein, Spiegel-Magazin 4/21014, S. 60 ff., die Autorin spricht von einer „Entmachtung der Justizsysteme“.
§ 1 Einleitung
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einem „diplomatischen Eklat“16 zwar auf den Weg gebracht werden konnte und alle 28 EU-Staaten das umstrittene Abkommen einstimmig beschlossen haben, dieses aber am 21. September 2017 nur vorläufig in Kraft getreten ist und alle Staaten es zunächst in ihren Parlamenten ratifizieren müssen, wurde auch eine Neujustierung der TTIP Verhandlungen gefordert.17 Im Vordergrund standen dabei vor allem die gefürchteten privaten Schiedsgerichte, an denen die USA jedoch weiterhin festhalten wollten.18 Auch in CETA gibt es zwar eine „Paralleljustiz“, allerdings ohne private Schiedsgerichte, sondern mit einem ständigen Gerichtshof, dessen Richter von Kanada und der EU ernannt werden. Obgleich einige der Auffassung sind, das Verhältnis zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit sei längst geklärt, zeigt die aktuelle Debatte, dass gerade das „Wechselspiel“19 beider Gerichtsbarkeiten trotz einiger unternommener Klärungsversuche bis heute weitgehend im Unklaren bleibt. Andernfalls würde man kaum eine Gerichtsbarkeit, die eine lange Tradition vorweisen kann, plötzlich als „Paralleljustiz“ fürchten und die Demokratie als gefährdet ansehen. Möchte man in den Kern der Problematik vordringen, kommt man nicht an der Feststellung vorbei, dass die Schiedsgerichtsbarkeit eine international anerkannte Alternative zur staatlichen Justiz darstellt. Staatliche Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit sind zwei selbstständige Rechtsprechungsquellen. Das Schiedsverfahren stellt ein eigenes und in sich geschlossenes Verfahren dar, welches kein Bestandteil des staatlichen Zivilprozesses ist20 oder gar ein bloß vorgeschaltetes 16
Doll / Tauber, Erste EU-Staaten fordern jetzt den TTIP-Neustart, WeltN24 vom 30.10.2016, https://www.welt.de/wirtschaft/article159135227/Erste-EU-Staaten-fordern-jetzt-den-TTIPNeustart.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018. 17 Seit Amtsantritt des US-Präsidenten Donald Trump Anfang 2017, welcher sich ausdrücklich gegen TTIP ausgesprochen hatte, lagen die TTIP-Verhandlungen auf Eis; nachdem im März 2017 noch über einen Neuanlauf für die Verhandlungen diskutiert wurde, hat Kanadas Premierminister Justin Trudeau Anfang 2018 angekündigt, dass es ein neues Handelsabkommen mit dem Namen CPTPP ohne die USA geben soll. Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam halten an den CPTPP-Plänen weiterhin fest; siehe dazu SZ Online vom 23.01.2018, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/handelsabkommentpp-wird-ohne-die-usa-fortgesetzt-1.3838489, zuletzt abgerufen am 06.02.2018; zum vorherigen Streit über die Neujustierung der TTIP-Verhandlungen: Endres, TTIP stirbt langsam, ZEIT ONLINE vom 02.05.2016, http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-05/ttip-leaks-usa-druckeuropa-verbraucherschutz, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Hofreiter / Keller, Nur fairer Handel ist guter Handel, ZEIT ONLINE vom 10.11.2016, http://www.zeit.de/politik/2016-11/cetaabkommen-freihandel-handelspolitik-globalisierung-datei-ceta-abkommen-freihandel, zuletzt abgerufen am 11.01.2018; Kubitza, CETA im Kommen, TTIP im Koma, http://www.br.de/nach richten/inhalt/ttip-ceta-100.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018. 18 Otto, Nach CETA-Unterzeichnung – Forderungen nach Neustart der TTIP-Verhandlungen, in: Deutschlandfunk vom 31.10.2016, http://www.deutschlandfunk.de/nach-ceta-unterzeichnungforderungen-nach-neustart-der-ttip.1773.de.html?dram:article_id=370028, zuletzt abgerufen am 11.01.2018. 19 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54 ff.; Kerameus, in: FS Fasching (1988), S. 257 f.; Nagel, ZZP 100 (1987), 90, 90. 20 Baumbach / Lauterbach ZPO, Grundz § 1025 ZPO, Rdn. 6; Saenger, in: Saenger ZPO, Vor §§ 1025–1066 ZPO, Rdn. 6.
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§ 1 Einleitung
Teilstück der staatlichen Gerichtsbarkeit bilden soll. Vielmehr stellt die Schiedsgerichtsbarkeit eine „echte Jurisdiktion“ dar, die der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht nachsteht, denn anders wäre sie auch nicht in der Lage, Streitigkeiten mit hohen Streitwerten zu entscheiden und eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Streitentscheidung herbeizuführen.21 Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Schiedsgerichtsbarkeit einen Handlungs- und Entscheidungsfreiraum für sich beanspruchen, der weitgehend der staatsgerichtlichen „Nachprüfung“ entzogen ist, ansonsten wäre die rechtliche Qualität des Schiedsspruches gleich Null und stünde das Schiedsverfahren außer Verhältnis zu den mit ihm verbundenen Kosten.22 Aus der Exklusivität beider Rechtsprechungsalternativen folgt, dass staatliche Gerichte grundsätzlich daran gebunden sind, sich bei Vorliegen einer wirksamen Schiedseinrede einer materiellen Sachentscheidung zu enthalten. Nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen, welche im Gesetz genau geregelt sind, darf das staatliche Gericht tätig werden.23 Die im Gesetz geregelten Interventionsmöglichkeiten müssen sich in klaren Grenzen halten und vorhersehbar sein, weil die Parteien sich insbesondere in international gelagerten Fällen für ein Schiedsverfahren entscheiden, da sie die Besonderheiten nationaler Prozessrechte fürchten.24 Indes ist trotz der Feststellung, dass die Schiedsgerichtsbarkeit ohne einen ihr zugestandenen Freiraum bedeutungslos ist, ebenso unbestritten, dass dies keinen vollkommenen Verzicht auf den staatlichen Rechtsschutz nach sich ziehen darf.25 Vielmehr bestehen weiterhin eine Fülle an Berührungspunkten, da die den Parteien zugestandene Privatautonomie nicht grenzenlos gewährleistet wird und die staatlichen Gerichte dazu berufen sind, die Einhaltung dieser Grenzen sicherzustellen.26 Andernfalls würde eine in keinem Maße kontrollierte Schiedsgerichtsbarkeit zu Rechtlosigkeit führen. Jedenfalls die Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen erscheint unter diesem Gesichtspunkt ohne staatliche „Rahmenkontrolle“ als unvorstellbar.27 Während also einerseits dem Bedürfnis und dem Willen der Schiedsparteien auf privatautonome Rechtsstreitentscheidung Rechnung zu tragen ist,28 sind weiterhin die rechtsstaatlichen Anforderungen an die schiedsrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen: die ZPO enthält eine Reihe an Bestimmungen zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, wie die Beachtung rechtlichen Gehörs oder die gerichtliche Aushilfe bei der Durchführung des Schiedsverfahrens.29 Seitens der staatlichen Gerichte bestehen zwei methodisch verschieden Wege der „Überwachung“ des Schiedsverfahrens, welche sich nicht gegenständig ausschlie-
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Lionnet / Lionnet, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, S. 41. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 6. 23 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 1. 24 Haas, in: Oberhammer, S. 19, 21. 25 Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 7. 26 Haas, in: Oberhammer, S. 19, 21; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 6. 27 Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 7. 28 Münch, in: MüKo ZPO, Vor §§ 1025 ff. ZPO, Rdn. 9. 29 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 1. 22
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ßen, sondern ergänzen. Teils besteht die Möglichkeit einer „Rahmenkontrolle“ des Schiedsspruches in repressiver Sicht, gerade in Staaten, denen es nicht um eine „richtige“ Streitentscheidung geht, sondern um die Einhaltung gewisser Mindeststandards. Ein mit „groben Mängeln behafteter Schiedsspruch“ kann daher von staatlichen Gerichten wieder aufgehoben werden. Andererseits kann ein Staat auch präventiv tätig werden, wenn er der Schiedsgerichtsbarkeit auf gewissen Gebieten skeptisch gegenübersteht und etwaige Fehlentscheidungen für so gravierend halten würde, als dass er die private Streitentscheidung grundsätzlich für diese Gebiete ablehnt. In diesem Fall kann er die objektive Schiedsfähigkeit auf gewissen Gebieten einschränken und sich so ein Rechtsprechungsmonopol bewahren.30 Auf Dauer dient die Ausübung von partieller staatlicher „Kontrolle“ dem Vertrauen in die private Schiedsgerichtsbarkeit als Institution, welche die ihr übertragenen Rechtsstreitigkeiten unter rechtsstaatlichen Bedingungen entscheidet und für Willkür keinen Raum lässt.31 Unter Berücksichtigung der liberalen Natur unseres Rechtsstaats wollte bereits der historische Gesetzgeber nur eindeutige Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip verhindern, ohne zu stark in das Schiedsverfahren einzugreifen, sei dies in Bezug auf die Gestaltung des Verfahrens, als auch die „Überprüfung“ des Entscheidungsinhalts („ordre public“ „Kontrolle“).32 Die Schnittstellen zwischen staatlicher und privater Gerichtsbarkeit bergen für das Schiedsverfahren nämlich gewisse Gefahren: die der Schiedsgerichtsbarkeit zugeschriebenen Vorteile, insbesondere die Schnelligkeit des Verfahrens, hängen in besonderem Maße von der Ausgestaltung der Wechselbeziehung zwischen staatlicher und privater Schiedsgerichtsbarkeit ab. Zu weitreichende Kontrollmöglichkeiten tendieren eher dazu, die Schiedsgerichtsbarkeit zu stören und zu verzögern und bergen die Gefahr, das Schiedsverfahren zu einem teuren „Vorverfahren“ des staatsgerichtlichen Instanzenzuges verkümmern zu lassen.33 Gerade wegen des Wechselspiels und des notwendigen Ausgleichs zwischen Privatautonomie einerseits und dem Sicherungsinteresse hinsichtlich rechtsstaatlicher Mindestanforderungen andererseits unterliegen die Rechtsbeziehungen zwischen staatlicher und privater Schiedsgerichtsbarkeit seit jeher gewissen Spannungen. Während manche das „Kooperationsverhältnis“ beider Gerichtsbarkeiten im Vordergrund sehen,34 bezeichnen andere das Verhältnis eher als „Zwangskohabitation“35
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Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 8–19. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 7–8. 32 Münch, in: MüKo ZPO, Vor §§ 1025 ff. ZPO, Rdn. 11. 33 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55; Haas, in: Oberhammer, S. 19, 21; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 21; Schlosser, ZZP 92 (1979), 125, 150. 34 s. Darstellung bei Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 1; in diesem Sinne Redfern / Hunter, Law and Practice, Rdn. 7–01; ebenso Goldman, in: ICC, Arbitrage international, S. 271, 272: „la fructeuse idée de collaboration“. 35 Begriff benutzt von Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 1; in diesem Sinne Fortier, in: FS Böckstiegel (2001), S. 177; ders., International Arbitration, S. 69 ff. 31
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und erkennen staatliche Gerichte und Schiedsgerichte ohnehin nicht als gleichwertige Partner an.36 Bei der Feststellung, woher dieses Spannungsverhältnis rührt und in welchem Verhältnis staatliche Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit zueinanderstehen, kommt man nicht an der Einsicht vorbei, dass es Aufgabe der nationalen Rechtsordnungen ist, eine klare Aufgabenzuweisung sicherzustellen und für einen angemessenen Ausgleich beider Positionen zu sorgen. Eine ausführliche wissenschaftliche Auseinandersetzung des Verhältnisses, vor allem im Bereich der Funktion und Rolle der staatlichen Gerichte bei der Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, fehlt bisher. Die schiedsrechtliche Literatur hat sich in der Vergangenheit darauf konzentriert, einzelne Befugnisse einer staatsgerichtlichen „Aushilfe“ oder „Kontrolle“ abstrakt darzustellen oder das Verhältnis beider Gerichtsbarkeiten unter einem spezifischen Gesichtspunkt, wie etwa die Verfassungsmäßigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit in Bezug auf einzelne Bestimmungen des Grundgesetzes, zu untersuchen. Eine umfassende, dogmatische Aufbereitung des Verhältnisses der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit, vor allem im Stadium der rechtlichen Durchsetzung eines Schiedsspruches (postarbitrale Phase), fehlt jedoch. Zu beleuchten sind insbesondere die Unterschiede beider Gerichtsbarkeiten, sowohl in Bezug auf die Ausgestaltung der staatsgerichtlichen „Rahmenkontrollmechanismen“ im Gegensatz zu staatlichen Rechtsmittelverfahren, als auch die jeweiligen Interessen der beteiligten Akteure. Eine Herleitung der dogmatischen Grundprinzipien, welche sowohl der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche und Urteile eigen sind, ist dabei ebenso unerlässlich. Das Ziel dieser Arbeit besteht maßgeblich darin, das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit zu definieren und einzelne „Schnittstellen“ einschließlich darin liegender Chancen und Gefahren für das Schiedsverfahren zu beleuchten. Dabei ist aber weder die Befürwortung umfassender „Kontrollbefugnisse“, noch die Anweisung strenger richterlicher Zurückhaltung sinnvoll. Vielmehr soll ein Ausgleich zwischen der notwendigen Autonomie einerseits und der notwendigen „Kontrolle“ über die Schiedsgerichtsbarkeit andererseits erreicht werden.37 Strebt die Schiedsgerichtsbarkeit an, eine gleichwertige Alternative und nicht ein bloß vorgeschaltetes Teilstück zur staatlichen Gerichtsbarkeit darzustellen,38 so muss ihr weitgehende Autonomie unter minimaler staatsgerichtlicher „Kontrolle“ zuteil werden. Inwiefern diese Synthese auszugestalten ist, wird sich im Rahmen dieser Arbeit klären. 36
Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 2; ebenso Fortier, International Arbitration, S. 69: „So if arbitrators don’t have the last word (…) – who does? The answer, naturally enough, is the national courts“; ebenso Redfern / Hunter, Law and Practice, Rdn. 7–03: „National courts could exist without arbitration, but arbitration could not exist without the courts.“ 37 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 2. 38 s. auch Herrmann, in: Van Den Berg, S. 73: „raising this spectre makes it fairly obvious that that would be the end of arbitration.“
§ 2 Problemstellung: Rolle und Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit In der vorliegenden Arbeit soll das Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit nach dem Erlass von in- und ausländischen Schiedssprüchen bei deren Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckung untersucht werden. Das Ausmaß staatlicher Kompetenzen bei Aufhebungs- bzw. Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren soll herausgearbeitet und daraus die Funktion des staatsgerichtlichen Verfahrens in der postarbitralen Phase abgeleitet werden. Bei der Untersuchung ist insbesondere auf das Wechselspiel zwischen Schiedsgericht und staatlichem Gericht, wie auch auf die Wesensverschiedenheit beider Rechtsprechungsquellen einzugehen.
A. Ausgangspunkt: § 1026 ZPO und § 1062 ZPO – Umfang staatsgerichtlicher Tätigkeit Gemäß § 1026 ZPO verdrängt das Schiedsgericht das staatliche Gericht in den §§ 1025 bis 1061 ZPO geregelten Angelegenheiten. Jenes ist alleine dazu befugt, den Rechtsstreit zu entscheiden und das staatliche Gericht darf nur eingreifen, soweit dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.1 Liegt eine wirksame Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) oder eine wirksame Schiedsanordnung (§ 1066 ZPO) vor, hat sich das Staatsgericht einer Sachentscheidung zu enthalten.2 § 1026 ZPO wurde nach dem Vorbild des Art. 5 UNCITRAL-ModellG3 konstruiert und sollte die bis dahin in manchen Ländern4 sehr breit gefächerten Eingriffsbefugnisse der staatlichen Gerichte einschränken.5 Diese sog. „hands-offdoctrine“6 war eine Reaktion auf eine bis dahin vorherrschende, übermäßige 1
Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 1. Geimer, in: Zöller ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 2. 3 s. BT-Drucks. 13/5274, S. 32, li. Sp. 4 Dies galt vor allem für das englische Recht; s. Entscheidung des House of Lords in Lesotho Highlands Development Authority v. Impregilo Spa and others (2005), UKHL 43 (H. L.), Rdn. 26: „a major purpose of the new Act was to reduce drastically the extent of intervention of courts in the arbitral process“. 5 Redfern / Hunter, Law and Practice, Rdn. 7–04; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 43. 6 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 1. 2
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§ 2 Problemstellung
Kontrollrechtsprechung nationaler Gerichte.7 Als „Magna Charta“8 der Schiedsgerichtsbarkeit stellt § 1026 ZPO die Gleichwertigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit mit der staatlichen Gerichtsbarkeit klar und zieht die Grenze zwischen den jeweiligen Zuständigkeiten.9 Als „Schnittstelle“10 zwischen Schieds- und staatlicher Gerichtsbarkeit muss § 1026 ZPO in systematischer Hinsicht stets im Zusammenhang mit § 1062 ZPO gesehen werden: während § 1026 ZPO abstrakt und negativ als Grundsatznorm den staatlichen Gerichten ihre Zuständigkeit entzieht, zählt § 1062 ZPO positiv die Anwendungsfälle staatlicher Gerichtstätigkeiten auf.11 Systematisch konsequent schließt sich die nähere Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens in den §§ 1062–1065 ZPO an. Bereits äußerlich ist das Schiedsverfahrensrecht demnach zweigeteilt, einerseits in das eigentliche Schiedsverfahren selbst und andererseits in das sich anschließende staatliche Verfahren.12 Darüber hinaus kommt der Vorschrift auch eine Klarstellungs-13 und Rechtssicherheitsfunktion14 zu: vor allem ausländischen Lesern soll signalisiert werden, dass sich auch in anderen Gesetzen keine weitergehenden Eingriffsbefugnisse der staatlichen Gerichte befinden, sondern diese abschließend in § 1062 ZPO aufgezählt werden.15 Damit einhergehend ergibt sich, dass die Parteien die staatliche Gerichtsmacht nicht beschränken können und diese allenfalls durch Übertragung von Zuständigkeiten des Schiedsgerichts auf das staatliche Gericht im Rahmen ihrer Parteiautonomie erweitern können.16
7 Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 453; diese Lehre hat ihren Ausdruck in Art. 5 UNCITRALModellG gefunden, staatliche Maßnahmen sollen danach nur aufgrund ausdrücklicher, im nationalen Schiedsverfahrensrecht enthaltener Rechtsgrundlagen ergehen können; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 124 und 586; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 44. 8 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3. 9 „Numerus clausus von Handlungs- und Eingriffsermächtigungen“, vgl. Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 12. 10 Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 82. 11 Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 2. 12 Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 4. 13 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 2; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 259. 14 In diesem Sinne Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1062 ZPO, Rdn. 1; Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 1; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 2. 15 Németh, in: FS Ishikawa (2001), S. 371, 372; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 1. 16 Dies wird kontrovers diskutiert; für eine Möglichkeit der Erweiterung der staatlichen Zuständigkeit bei Parteivereinbarung sprechen sich aus: Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 13; a. A. Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1026 ZPO, Rdn .3; Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 1.
B. Klärung der Begrifflichkeiten
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Den Ausgleich zwischen der Selbstständigkeit des Schiedsgerichts und der staatlichen Autorität alleine in § 1026 ZPO anzusiedeln, wäre jedoch verfehlt. Vielmehr ist die Synthese aus den einzelnen staatlichen Vorbehalten zu entwickeln. Solche Vorbehalte sind sowohl anerkannt für die staatliche „Unterstützung“ („assistance“), als auch die „Kontrolle“ („intervention“) durch das staatliche Gericht,17 welche sogleich voneinander abzugrenzen und im Einzelnen zu erläutern sind. Wortlautgemäß ist die Sperrwirkung des § 1026 ZPO auf die „geregelten Angelegenheiten“ beschränkt. Das zehnte ZPO-Buch strebt daher eine abschließende Kodifikation des Schiedsverfahrensrechts an;18 soweit nicht eine explizite Kompetenzzuweisung erfolgt, darf das staatliche Gericht nicht tätig werden.19 Dies schließt jedoch nicht aus, dass planwidrige Regelungslücken denkbar sind.20 Daher ist es möglich, zur Interpretation und Lückenfüllung auf allgemeine Verfahrensvorschriften wie die §§ 128 ff., 253 ff. ZPO zurückzugreifen. Zudem bilden die UNCITRAL-Regeln das Vorbild des zehnten ZPO-Buches, welche jedoch selbst nicht ganz vollständig sind und einige Rechtsfragen offenlassen. Nur in diesem engen Rahmen ist von weiteren Funktionen des staatlichen Gerichts außerhalb der §§ 1025 ff. ZPO auszugehen.21
B. Abgrenzung der staatsgerichtlichen „Hilfs- und Unterstützungs-“ zur „Kontroll- und Überprüfungsfunktion“– Klärung der Begrifflichkeiten Hinsichtlich der einzelnen Vorbehalte ist zwischen staatsgerichtlicher „Hilfsund Unterstützungsfunktion“ und „Kontroll- und Überprüfungsfunktion“ zu unterscheiden.22 Die genauen Begrifflichkeiten sollen im Folgenden erläutert werden: Unter „staatsgerichtlicher Unterstützung“ i. S. d. § 1050 ZPO sind verschiedene Formen gerichtlicher Hilfstätigkeiten zur Förderung eines Schiedsverfahrens zu verstehen, wodurch die Effektivität der schiedsgerichtlichen Streitbeilegung gesichert werden soll.23 Eine unterstützende Tätigkeit liegt beispielsweise in der 17
Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3. Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 259. 19 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 12. 20 Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 83; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 2; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 260. 21 Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 7. 22 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 7; ebenso Goswani, in: Van Den Berg, S. 111 f.; Haas, in: Oberhammer, S. 19, 20; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 19 ff.; Knöfel, RIW 2007, 832, 833; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 9 ff. 23 Vgl. Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 7, 11; Schlosser, RIW 2006, 486, 489. 18
30
§ 2 Problemstellung
Mitwirkung bei der Bildung eines Schiedsgerichts – mithin der Ernennung von Schiedsrichtern.24 Im Laufe des Schiedsverfahrens kann es ebenso zu unterstützender Tätigkeit in Form von Beweismaßnahmen kommen, da Schiedsgerichte keine rechtsverbindlichen Maßnahmen gegenüber Dritten treffen können.25 Grundlegend handelt es sich um Fälle, in denen die schiedsrichterlichen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind und nur durch staatliche Intervention die Strukturdefizite des Schiedsverfahrensrechts ausgeglichen und eine ordnungsgemäße Streitentscheidung sichergestellt werden kann.26 Eine Vorschrift nach Art des § 1050 ZPO gibt es in fast jeder Rechtsordnung, neu ist jedoch, dass das staatliche Gericht nicht ohne Zustimmung des Schiedsgerichts tätig werden kann.27 Der Begriff der staatsgerichtlichen „Kontroll- und Überprüfungsfunktion“ ist schwieriger zu definieren. Wie eingangs erwähnt, sind die „Befugnisse“ des staatlichen Gerichts abschließend in § 1062 ZPO geregelt. Während Schlosser 1979 noch von „Rechtsmitteln“ sprach, „die gegen die Entscheidungen der Schiedsrichter statthaft sind“,28 ist die „Kontrolle“ von Schiedssprüchen heute eindeutig in einem engeren Rahmen auszulegen: Manche verstehen darunter die „Überprüfung der Wirksamkeit des Schiedsspruchs in einem gerichtlichen Aufhebungs- bzw. Anerkennungs- oder Vollstreckungsverfahren“,29 Andere sprechen von einer „Kontrolle des Verfahrens und der Rechtsanwendung in beschränktem Umfang“30 und wieder Andere sehen eine „Überwachungsaufgabe“31 des Gerichts vor, aber nur in Hinblick auf die öffentliche Ordnung. In welchem Umfang das staatliche Gericht den Schiedsspruch tatsächlich „überprüfen“ darf, ist im Rahmen dieser Arbeit zu klären. Im Sinne einer einheitlichen Terminologie und um nicht bereits ein mögliches Ergebnis vorwegzunehmen, soll im Folgenden jedoch stets von einer „Rahmenkontrolle“ gesprochen werden. Da es sich bei den dem staatlichen Gericht zugewiesenen Aufgaben damit nicht um Befugnisse im engeren Sinne handeln soll, 24
Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 225. Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 12; Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 226. 26 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 13; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 586 f. 27 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1050 ZPO, Rdn. 1. 28 Schlosser, ZZP 92 (1979), 125, 126; diese Terminologie täuscht jedoch darüber hinweg, dass es „nirgendwo (..) Rechtsbehelfe, die normalerweise gegen Urteile staatliche Gerichte statthaft sind, deren man sich aber auch zur Anfechtung von Schiedssprüchen bedienen kann“ gibt, S. 142. 29 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 11; so auch Habscheid, JZ 1959, 173, 175, der von einer „Kontrollfunktion des staatlichen Gerichts“ spricht und „auch nur die entfernteste Bindung des Richters an eine Feststellung des Schiedsgerichts“ verneint; ebenso Kornblum, ZZP 86 (1973), 215, 221, der von einer „gewisse(n) inhaltlichen(n) Kontrolle der Sprüche privater Schiedsgerichte durch die staatlichen Gerichte“ spricht, S. 217; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 10. 30 Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 226. 31 BGH, Urteil vom 23.04.1959 – VII ZR 2/58 (Celle) = BGHZ 30, 89, 95; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 24; Geimer, in: Zöller ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 4: Schiedsgerichtsbarkeit als „private Rechtsprechung unter Aufsicht der staatlichen Gerichte“. 25
B. Klärung der Begrifflichkeiten
31
werden die Maßnahmen des staatlichen Gerichts im Folgenden „Rahmenkontrollmechanismen“ genannt. Letztlich sind die „staatsgerichtliche Unterstützung“ und die „staatsgerichtliche Rahmenkontrolle“ voneinander abzugrenzen. Dabei ist festzustellen, dass die Abgrenzung wesentlich auch durch ein zeitliches Element bestimmt wird: die staatsgerichtliche Unterstützung findet insbesondere vor oder während eines Schiedsgerichtsverfahrens statt (präarbitrale Phase), während sich die „Rahmenkontrolle“ zeitlich einem abgeschlossenen Schiedsverfahren anschließt (postarbitrale Phase). Diese grundsätzliche Feststellung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Mitwirkungsformen eng miteinander verknüpft bleiben.32 Beispielsweise bei der Neubesetzung eines Schiedsgerichts durch die gerichtliche Abberufung und Ersatzbestellung eines Schiedsrichters liegt sowohl eine „Rahmenkontrolle“, als auch eine unterstützende Intervention durch den staatlichen Richter vor. Auch die staatsgerichtliche „Überprüfung“ der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bereits zu Beginn eines Schiedsverfahrens hat sowohl kontrollierende, als auch unterstützende Funktion.33 Staatliche Vorbehalte sind anerkannt für die „staatsgerichtliche Unterstützung“ in den §§ 1033, 1035 Abs. 3 u. Abs. 4 Var. 2 u. 3, 1038 Abs. 1, 1050 ZPO und für die „Rahmenkontrolle“ in den §§ 1032 Abs. 2, 1034 Abs. 2, 1035 Abs. 4 Var. 1, 1037 Abs. 3, 1040 Abs. 3 S. 2, 1041 Abs. 2 und 3, 1059–1061 ZPO.34 In der folgenden Dissertation liegt der Augenmerk auf der „staatsgerichtlichen Rahmenkontrolle“, welche sich an ein abgeschlossenes Schiedsverfahren anschließt, also vor allem bei der Aufhebung inländischer und der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung inund ausländischer Schiedssprüche (postarbitrale Phase). Die §§ 1032 Abs. 2, 1034 Abs. 2, 1035 Abs. 4 Var. 1, 1037 Abs. 3, 1040 Abs. 3 S. 2, 1041 Abs. 2 und 3 ZPO betreffen „kontrollierende“ Maßnahmen vor und während des Schiedsverfahrens. Im Fokus der folgenden Untersuchung stehen jedoch die Maßnahmen der postarbitralen Phase, welche ihren Niederschlag in den §§ 1059 – 1061 ZPO gefunden haben. Die staatlichen Vorbehalte für die „staatsgerichtliche Unterstützung“ sollen bei der Bearbeitung in den Hintergrund treten.
32
Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 13. Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 13. 34 Münch, in: MüKo ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 5; Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3. 33
32
§ 2 Problemstellung
C. Legislatorische Grundvorstellung: Gleichwertigkeit von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit Bedeutend für die Bestimmung des Verhältnisses beider Gerichtsbarkeiten zueinander ist auch die legislatorische Grundvorstellung ihrer Gleichwertigkeit. Besonders seit der ZPO-Reform von 1997/1998, welche zur ersatzlosen Streichung von § 1025 Abs. 2 Var. 1 ZPO a. F., der Erweiterung des Kreises der objektiv schiedsfähigen Rechtsstreitigkeiten gemäß § 1030 Abs. 1. S. 1 ZPO n. F. und herabgesetzten Formanforderungen des § 1031 Abs. 1 bis 4 ZPO n. F. geführt hat, hat sich diese Grundidee der Gleichwertigkeit beider Gerichtsbarkeiten auch im Gesetz niedergeschlagen.35 Bereits die Begründung zum Gesetzesentwurf wies darauf hin, dass die Schiedsgerichtsbarkeit „einen der staatlichen Gerichtsbarkeit grundsätzlich gleichwertigen Rechtsschutz“ bieten müsse.36 Das rasche Vordringen dieser These war dennoch überraschend, da insbesondere das Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG zu diesem Zeitpunkt kaum geklärt war. Dennoch war diese Entwicklung folgerichtig, da sie die Schiedsgerichtsbarkeit einer „echten“ Gerichtsbarkeit annäherte.37 Vor diesem Hintergrund muss man sich aber die Frage stellen, wie das staatliche Gericht dem Schiedsgericht bei einer tatsächlichen Gleichwertigkeit beider Gerichtsbarkeiten überhaupt „reinreden“ darf? Gesteht man der Schiedsgerichtsbarkeit nämlich einen grundsätzlich gleichen Rang wie der staatlichen Gerichtsbarkeit zu, ist fraglich, inwiefern ein Eingreifen staatlicher Gerichte überhaupt geboten sein kann. Bevor man sich jedoch mit der Gleichwertigkeit beider Rechtsprechungsalternativen auseinandersetzen kann, ist in diesem Zusammenhang zu klären, welche Definition man der Schiedsgerichtsbarkeit zu Grunde legt und ob diese überhaupt Rechtsprechung im engeren Sinne darstellt. Nur dann kann überhaupt eine Gleichwertigkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit hergestellt werden. Rechtsschutz gewähren setzt materiell die Ausübung von Rechtsprechung voraus.38
D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit In diesem Zusammenhang ist die Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit zu klären.39 Hierbei stehen sich zwei Grundthesen gegenüber, die weiterhin für das Verständnis der Schiedsgerichtsbarkeit Bedeutung haben, obgleich sie in ihrer ur 35
Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 10. s. BT-Drucks. 13/5274, S. 34. 37 So auch Ramm, ZRP 1989, 136, 143. 38 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 29 ff. 39 Übersicht bei Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 13–23; David, L’arbitrage, S. 106–116; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 65–68; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, 36
D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit
33
sprünglichen Form nicht mehr vertreten werden.40 Die Theorie der „vertraglichen“, „materiellen“ oder „privatrechtlichen“ Natur der Schiedsgerichtsbarkeit41 steht dabei der Theorie der „jurisdiktionellen“, „prozessualen“ oder „öffentlich-rechtlichen“ Natur gegenüber.42 Diese Thesen wurden durch neuere Ansätze, die in der Schiedsgerichtsbarkeit ein „gemischtes“ Rechtsinstitut sehen, ergänzt.43
S. 118 ff.; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 40–53; v. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 35–37; Wagner, Prozessverträge, S. 40 f., 578 ff. 40 Solomon, Verbindlichkeit, S. 288 ff. 41 Die Deutung des Schiedsspruchs als Vertrag geht zurück auf eine Äußerung Merlins Anfang des 19. Jahrhunderts in Frankreich: „Une décision arbitrale rendue en pays étranger, est-elle autre chose qu’un contrat?“, s. Merlin, Questions de droit, S. 145, zitiert nach Solomon, Verbindlichkeit, S. 290, Fn. 9; so auch das RG, Urteil vom 10.12.1892 – Rep. I 297/92 = RGZ 30, 368, 369; RG, Urteil vom 28.01.1927 – VI 468/26 = RGZ 116, 76, 77; RG, Urteil vom 01.07.1927 – VI 13/27 = RGZ 117, 386, 387; RG, Urteil vom 09.03.1934 – VII 262/33 = RGZ 144, 96, 98; RG, Urteil vom 02.11.1937 – VII 120/37 = 156, 101, 104; BGH, Urteil vom 30.01.1957 – V ZR 80/55 = BGHZ 23, 198, 200; BGH, Urteil vom 28.11.1963 – VII ZR 112/62 = BGHZ 40, 320, 322; BGH, Urteil vom 29.02.1968 – VII ZR 102/65 = BGHZ 49, 384, 386; in der Literatur: Blomeyer, FS Rosenberg (1949), S. 51–71; Lorenz, AcP 157 (1958/59), 265, 269 f.; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 47 u. 52, der sich zumindest gegen eine rein prozessuale Einordnung ausspricht. 42 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1029 ZPO, Rdn. 3 („Prozessvertrag“); Bülow, ZZP 31 (1903), 191, 219; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1029 ZPO, Rdn. 15; Habscheid, KTS 1955, 33, 34 (hier aber noch vermittelnde Position); ders., KTS 1959, 113, 114 und 116/117; ders., NJW 1962, 5, 7; ders., KTS 1970, 132, 133/134; Littauer, ZZP 55 (1930), 1, 6 u.7; Oertmann, ZZP 47 (1918), 105, 125; Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1025 ZPO, Rdn. 1; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 119 f.; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 2 u. 3; ders., § 1029 ZPO, Rdn. 1; Wagner, Prozessverträge, S. 578 ff. 43 BGH, Urteil vom 03.12.1986 – Ivb ZR 80/85 (OLG Köln) = BGHZ 99, 143,147 (= ZZP 100 (1987), 452, 454) mit zust. Anmerkung Schwab, ZZP 110 (1997), 456 ff., dieser sieht in der Schiedsvereinbarung einen materiell rechtlichen Vertrag über einen prozessrechtlichen Gegenstand; zustimmend Breetzke, NJW 1968, 1113, 1113; David, L’arbitrage, S. 109: „ les discussions relatives à la nature juridique de l’arbitrage ne peuvent mener à des conclusions sûres car l’arbitrage a une nature hybride, et la réglementation qu’il comporte va de ce fait être elle-même composite“, „que l’arbitrage avait une nature mixte, à la fois juridictionnelle et contractuelle“; „mi- contractuelle et mi- juridictionnelle“; Kisch, ZZP 51 (1926), 321, 321 f.: vertritt eine echte gemischtrechtliche Theorie: der Schiedsvertrag sei ein privatrechtlicher Feststellungsvertrag, der sich dem Vergleich gegenüber dadurch unterschiede, dass ein Dritter die streitbeilegende Regelung treffen solle; im Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten (S. 325) und der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (S. 326) läge die prozessrechtliche Wirkung; ebenso Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 266; wohl auch Münch, in: MüKo ZPO, § 1029 ZPO, Rdn. 12 f.; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1029 ZPO, Rdn. 4 ff.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 1 („nicht nur eine materiellrechtliche, sondern eine prozessual-jurisdiktionelle Institution“; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1029 ZPO, Rdn. 1; Solomon, Verbindlichkeit, S. 289; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 559.
34
§ 2 Problemstellung
I. Vertragliche Theorie Nach der vertraglichen Theorie wird die Schiedsvereinbarung als privatautonome, materiell-rechtliche Vereinbarung der Parteien und als Grundlage des Schiedsverfahrens qualifiziert, woraus die Schiedsrichter als „mandataires communs“ ihre Befugnis in Form einer Vertretungsmacht ableiten, den ebenfalls materiell-rechtlich zu qualifizierenden Schiedsspruch zu fällen.44 Dieser entspräche seiner Rechtsnatur nach nicht dem Urteil eines staatlichen Gerichts, sondern würde als ein von den Schiedsrichtern für die Parteien geschlossener Vertrag qualifiziert. Ein urteilsgleicher Akt läge erst nach der Verleihung des Exequaturs vor, welches dem Schiedsspruch „autorité de la chose jugé“ zukommen lasse.45 Davor sei ein Schiedsspruch leichter angreifbar als das staatliche Urteil, zumal die Wiederaufnahmegründe beim staatlichen Urteil im Vergleich zu den Aufhebungsgründen beim Schiedsspruch wesentlich enger seien. Um einen jurisdiktionellen Akt könne es sich somit nicht handeln.46 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass es Aufgabe der Schiedsrichter ist, den zwischen den Parteien bestehenden Rechtsstreit zu entscheiden und nicht, für die Parteien schiedsrichterliche Vereinbarungen zu treffen. Darüber hinaus weist diese Theorie Probleme auf hinsichtlich der Weisungsgebundenheit der Beauftragten im Gegensatz zum Gebot der Neutralität der Schiedsrichter.47 Entscheidend muss daher der Aspekt sein, dass die Verbindlichkeit des Schiedsspruchs in der privatautonomen Gestaltung des Schiedsspruches gründet: die Schiedsrichter üben demnach keine hoheitliche Gewalt aus, sondern entscheiden den Rechtsstreit aufgrund ihrer vertraglichen Ermächtigung durch die Parteien.48 Den Schiedsvertrag könnte man somit allenfalls als Vertrag sui generis und den Schiedsspruch als einen auf vertraglicher Ermächtigung beruhenden Gestaltungsakt begreifen, da die Parteien 44 So auch im römischen Recht, vgl. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 14; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 65; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 119; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 2. 45 Vgl. Erläuterung bei Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 119; so auch Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265, 275; diese Ansicht vertritt vor allem der Cour de Cassation in Frankreich, Cass. Com. 22.12.1959, Rev.arb. 1960, 17; Paris 28.06.1960, Rev.arb. 1960, 103; im Gegensatz dazu vertritt der Cour de Paris uneingeschränkt die jurisdiktionelle Theorie, Urteil vom 30.10.1958 = Rev.arb. 1959, 18; ders., Urteil vom 27.03.1962 = Rev.arb. 1962, 45. 46 Vgl. Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265, 276; ebenso Darstellung bei Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 16. 47 Solomon, Verbindlichkeit, S. 291; teilweise wird jedoch vertreten, dass Schiedsrichter den Parteien gegenüber aufgrund eines zumindest geschäftsbesorgungsähnlichen Verhältnisses verpflichtet und an gemeinsame Weisungen der Parteien gebunden seien und dies den Grundsatz der Neutralität der Schiedsrichter nicht tangiere; vgl. auch Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, S. 161; Münch, in MüKo ZPO, Vor § 1034 ZPO, Rdn. 4; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 13; Schütze, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 108 u. 224; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 11, Rdn. 9; Voit, in: Musielak ZPO, § 1035 ZPO, Rdn. 24. 48 Solomon, Verbindlichkeit, S. 294.
D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit
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in der Schiedsvereinbarung nicht nur die Streitentscheidung durch staatliche Gerichte ausschließen, sondern auch vereinbaren, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts für sie verbindlich sein soll.49
II. Jurisdiktionelle Theorie Im Gegensatz dazu ist Ausgangspunkt der rein jurisdiktionellen Theorie nicht die Schiedsvereinbarung, sondern die Funktion der Schiedsrichter, den Rechtsstreit der Parteien zu entscheiden. Damit wird der Schwerpunkt auf den Schiedsspruch als Ergebnis des Schiedsverfahrens verlegt, welcher als jurisdiktioneller Akt den jurisdiktionellen Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit begründe. Die Schiedsgerichtsbarkeit sei als Rechtspflege, der Schiedsvertrag als prozessualer Vertrag und der Schiedsspruch als Urteil zu begreifen, dem bereits ohne Exequatur Rechtskraft zukomme.50 Unterstützt wird diese These einerseits durch die Terminologie, welche etwa in Frankreich durch Ausdrücke wie „litige“, „parties“ oder „tribunal arbitral“ die für Gerichtsverfahren üblichen Begriffe enthält.51 Andererseits spricht für sie, dass die Schiedsgerichtsbarkeit gesetzessystematisch traditionell im Rahmen der Zivilprozessgesetze geregelt wird und der Schiedsspruch grundsätzlich geeignet ist, wie ein Urteil Rechtskraft zu entfalten (§ 1055 ZPO) und Grundlage der Zwangsvollstreckung zu sein.52 Ebenso müssten gegen einen Schiedsspruch als Produkt eines privatrechtlichen Vertrages privatrechtliche Einwendungen zulässig sein, insbesondere die Berufung auf Willensmängel; im Gegenteil stellt das Recht jedoch regelmäßig nur Aufhebungsmöglichkeiten zur Verfügung.53 Im Unterschied zur vertraglichen Theorie erstreckt sich bei der rein jurisdiktionellen Theorie die jurisdiktionelle Natur der Schiedsgerichtsbarkeit auch auf ihre Legitimationsgrundlage, also die Schiedsvereinbarung.54 Grundlage dieses Verständnisses ist dabei die „These vom vorgegebenen Rechtsprechungsmonopol des Staates“, welches die Ausübung von Rechtsprechung durch Private allenfalls dann dulde, wenn der zur Streitentscheidung berufene Staat seine Befugnis an die Schiedsrichter delegiere.55 Als Schlussfolgerung wären Schiedssprüche als Akt der rechtsprechenden Gewalt in das Recht und in die Gerichtsbarkeit des Staates integriert, in dem das Schiedsgericht seinen Sitz hat. Dies hätte aber zur Folge, dass 49
Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 47. Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 120–121; so auch Habscheid, NJW 1962, 5, 8. 51 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 34. 52 Mezger, AWD 1970, 258, 259; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 46; Solomon, Verbindlichkeit, S. 294. 53 Sieht man das vertragliche Element in der Schiedsvereinbarung, so können Willensmängel der Parteien sehr wohl zur Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung führen, indem sie einen Aufhebungsgrund darstellen, so z. B. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO; siehe Solomon, Verbindlichkeit, S. 295–296. 54 Solomon, Verbindlichkeit, S. 296. 55 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 51. 50
36
§ 2 Problemstellung
ausländische Schiedssprüche hinsichtlich ihres Bestandes und ihrer Wirksamkeit im Wesentlichen auch so zu behandeln wären wie ausländische Urteile.56
III. Vermittelnde Ansätze und Entscheidung Aufgrund der Mängel beider reiner Theorien wurden in neuerer Zeit vermittelnde Ansätze befürwortet, welche versuchen, sowohl dem vertraglichen Charakter der Schiedsvereinbarung, als auch dem jurisdiktionellen Charakter der Schiedsvereinbarung Rechnung zu tragen.57 Dabei wird insbesondere versucht, die Erkenntnis, dass einerseits das Schiedsverfahren auf einem kraft Privatautonomie geschlossenen Vertrag der Parteien beruht und andererseits die Schiedsrichter einen Rechtsstreit als neutrale Instanz entscheiden, miteinander in Einklang zu bringen.58 1. Definitionsmerkmale von Rechtsprechung Um eine sachgerechte und systematische Lösung des Streits zu erreichen, muss das Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit funktionell bestimmt werden.59 Die Schiedsgerichtsbarkeit ist nämlich dann als Rechtsprechung zu qualifizieren, wenn ihr die Definitionsmerkmale von Rechtsprechung zukommen. In Anlehnung an Roth sind hierbei folgende Faktoren zu berücksichtigen:60 1. Rechtlich bindende Entscheidung 2. am Maßstab des objektiven Rechts 3. durch ein neutrales richterliches Organ 4. im Prinzip Streitentscheidung; Ob dazu jedoch auch 5. die Ausübung von Hoheitsgewalt61 gehört, ist umstritten.
56
Solomon, Verbindlichkeit, S. 312. Solomon, Verbindlichkeit, S. 289; ebenso David, L’arbitrage, S. 109; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1 Rdn. 1 („nicht nur eine materiellrechtliche, sondern eine prozessual-jurisdiktionelle Institution“). 58 Vgl. Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 122. 59 Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 123. 60 Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 124. 61 Zustimmend und zur Bestimmung eines Begriffs der Rechtsprechung: Arndt, NJW 1959, 605, 607; ebenso Zinn, DÖV 1949, 278; Zippelius / Würtenberger, Staatsrecht, § 47, Rdn. 1 ff. 57
D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit
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Bezüglich der ersten vier Merkmale ist Folgendes festzustellen: 1. Der Schiedsspruch ist für die Parteien eine rechtlich bindende Entscheidung, vgl. § 1055 ZPO. In welchem Umfang dies genau der Fall ist, soll an späterer Stelle genauer beleuchtet werden.62 2. Ebenso verwirklichen Schiedsrichter das objektive Recht. Bezüglich der Möglichkeit einer „amiable composition“,63 einer Billigkeitsentscheidung durch den Schiedsrichter, meint Billigkeit zwar die gesetzesfreie Gerechtigkeit des Einzelfalles; damit geht jedoch nicht die Loslösung jeglicher Normbindung einher, sondern ist lediglich eine rechtliche Ergebnisprüfung unter gesetzlichem Bezugspunkt nach Einzelfallumständen gemeint. Das Gesetz wird nur dort unangewandt gelassen und durch schiedsrichterliches Ermessen ergänzt oder ersetzt, wo eine strenge Befolgung der gesetzlichen Normen im Einzelfall zu einer unbilligen Entscheidung führen würde.64 3. Beim Schiedsgericht handelt es sich um ein neutrales richterliches Organ; die Prinzipien der Unparteilichkeit und Neutralität der Schiedsrichter sind an vielen Stellen geregelt.65 4. Die endgültige Feststellung subjektiver Rechte ist Sinn und Zweck des Schiedsverfahrens; es handelt sich mithin um eine endgültige Streitentscheidung.66 5. Was die Ausübung von Hoheitsgewalt betrifft, ist festzustellen, dass diese nicht den Charakter eines Aktes als Rechtsprechung qualifiziert. Die Gleichsetzung der Rechtspflegefunktion mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt und die Beschränkung der Ausübung dieser Gewalt auf staatliche Institutionen käme einer absolutistischen Staatsauffassung gleich, welche mit einer liberalen und demokratischen Konzeption, zivilrechtliche Streitigkeiten in einem gewissen Rahmen selbst zu regeln und zu bereinigen, nicht vereinbar wäre.67
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Siehe dazu § 4 C. V. 1. Oder auch Entscheidung „ex aequo et bono“ genannt, vgl. Art. 28 Abs. 3 UNCITRALModellG; im deutschen Recht § 1051 Abs. 3 ZPO; Hellwig, RIW 1984, 421, 426; v. Heymann, Ordre Public, S. 196; Riedberg, Der amiable Compositeur, S. 5. 64 Münch, in: MüKo ZPO, § 1051 ZPO, Rdn. 46, 52, 56; zustimmend auch Habscheid, KTS 1955, 33, 34. 65 So beispielsweise in § 1036 ZPO die Ablehnung von Schiedsrichtern; diesen kommt eine dauerhafte Offenbarungspflicht hinsichtlich aller Verhältnisse zu, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit begründen können, vgl. Münch, in: MüKo ZPO, § 1036 ZPO, Rdn. 14. 66 Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 18, Rdn. 6, 9; so auch Bötticher, ZZP 51 (1926), 201, 229 f. 67 Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 124; so auch Bruns, ZZP 70 (1957), 7, 20: „daß nahezu jede Funktion, die wir geneigt sind, der öffentlichen Hand zuzuerkennen, mit den Mitteln privater Gestaltung bewirkt werden kann“; Blomeyer, FS Rosenberg (1949), S. 51, S. 59: „Die heutige Auffassung vom Wesen und den Aufgaben des Staates fordert kein staatliches Rechtssetzungs-und Rechtsprechungsmonopol.“ 63
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§ 2 Problemstellung
2. Entscheidung Der jurisdiktionellen Theorie ist in diesem Sinne insofern zu folgen, als dass diese richtig erkennt, dass es sich bei der Schiedsgerichtsbarkeit um Rechtsprechung handelt. Letztlich verkennt sie aber, dass eben nicht die staatliche Delegation den Grund für die Tätigkeit der Schiedsrichter darstellt, sondern die Vereinbarung der Parteien die Grundlage der Schiedsgerichtsbarkeit bildet. Unterscheidet man zwischen der Grundlage des Vertrags und dem Schiedsspruch als solchem, wird der Unterschied zur Hoheitsgewalt eines staatlichen Urteils besonders deutlich. Ein staatliches Gericht übt bei der Entscheidung eines Rechtsstreits hoheitliche Gewalt in dem Sinne aus, als die Entscheidung unabhängig davon verbindlich wird, ob die Parteien mit der Ausübung der Entscheidungsgewalt einverstanden sind. Der Kläger kann auf die Art und Weise der Entscheidungsfindung durch das staatliche Gericht überwiegend keinen Einfluss nehmen, sowie die Grundlage für die Verbindlichkeit des Urteils in der Hoheitsgewalt des Staates liegt.68 Diese muss zwingend auf eben jenes Hoheitsgebiet begrenzt bleiben, weil in einem anderen Staat die Souveränität jenes anderen Staates entgegen stehen würde. Bei ausländischen Urteilen ist nicht entscheidend, dass das jeweilige staatliche Gericht im Ausland entschieden hat, sondern dass es sich um eine Entscheidung eines anderen Trägers hoheitlicher Gewalt handelt.69 Im Unterschied dazu erfolgt die Streitentscheidung durch das Schiedsgericht, weil die Parteien dies vereinbart haben. Dies tangiert zwar nicht den Grundsatz, dass Schiedsgerichte an Stelle staatlicher Gerichte ihre Entscheidungen treffen.70 Die Parteien schließen jedoch mit der Schiedsvereinbarung jede staatliche Gerichtsbarkeit aus und nicht nur die eines bestimmten Staates.71 Der Schiedsspruch ersetzt nur insofern die staatliche Entscheidung, als jener aufgrund eines eigenständigen Streitentscheidungssystems ergeht, welches von den Parteien vereinbart wurde.72 Zwar mag das Schiedsgericht Rechtsprechung im materiellen Sinne ausüben.73 Da ein Schiedsspruch jedoch hoheitlicher Qualität entbehrt, kann er 68 Solomon, Verbindlichkeit, S. 320–321; ebenso Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 19. 69 Solomon, Verbindlichkeit, S. 322; so auch Haeger, Vollstreckung, S. 40: „Bei der Vollstreckung ausländischer Urteile nimmt der inländische Staat grundsätzlich eine reservierte Haltung ein und gewährt die Exekution nur unter bestimmten Voraussetzungen, weil es sich um Hoheitsakte einer fremden Staatsgewalt handelt.“ 70 Diese Feststellung ist unbestritten; vgl. Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 98; Habscheid, ZZP 70 (1957), 25, 32; ders., JZ 1998, 445, 446; Lorenz, AcP 157 (1958/1959), 265, 266 u. 267; Schütze, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 35; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 1. 71 David, L’arbitrage, S. 103: „L’arbitrage n’écarte pas seulement … la compétence d’une juridiction nationale; il fait aussi échec à celle de juridictions étrangères qui, souvent, pourraient aussi se déclarer compétentes“; ebenso Solomon, Verbindlichkeit, S. 319. 72 Solomon, Verbindlichkeit, S. 319–320. 73 So auch Münzberg, Parteivereinbarungen, S. 22.
D. Festlegung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit
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nicht einem Staat direkt zugeordnet werden, dessen hoheitliche Gewalt ausgeübt worden sei.74 Während ein Urteil für den jeweiligen Erlassstaat per se verbindlich ist, ordentliche Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen und ausländische Urteile zur Entfaltung ihrer Wirksamkeit der Anerkennung und Vollstreckung bedürfen, ist ein Schiedsspruch für keinen Staat eine verbindliche Streitentscheidung.75 Soll der Schiedsspruch rechtlich durchgesetzt werden, ist eine gewisse „Überprüfung“ zumindest hinsichtlich der Legitimationsgrundlage in jedem Staat erforderlich. Auch für den Sitzstaat ist der Schiedsspruch eine fremde Streitentscheidung in dem Sinne, als dass die mit einem inländischen Urteil einhergehende hoheitliche Verbindlichkeit fehlt.76 Bei der Anerkennung in- und ausländischer Schiedssprüche stellt sich demnach gleichermaßen die Frage, ob der aufgrund der Schiedsvereinbarung ergangenen Entscheidung rechtliche Wirkung zuerkannt werden soll.77 Der betreffende Staat stellt den privaten Parteien durch die §§ 1060, 1061 ZPO seine Organe nur zur Verfügung, wenn er jene Entscheidung mit der Wirkung anerkennt, dass aus ihr die Vollstreckung erfolgen soll. Ein solcher „Anerkennungsbefehl“ ist wegen der öffentlich-rechtlichen Natur der Zwangsvollstreckung erforderlich.78 Die geltenden Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile im UNÜ sind somit misslich, weil je nach Rechtsordnung nicht zwingend Wirkungen, wie etwa die Rechtskraft oder Präklusionswirkung, bestehen, die „auf das Inland“ erstreckt werden könnten.79 Wie ein Staat die Wirkungen eines Schiedsspruches qualifiziert, steht diesem offen: einerseits können die Wirkungen eines Schiedsspruchs rein schuldrechtlich qualifiziert werden. Als Klage zur Durchsetzung des Leistungsanspruchs ist so-
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Solomon, Verbindlichkeit, S. 324; ebenso Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 23 f.; v. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 18 f.; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 129. 75 Solomon, Verbindlichkeit, S. 326; vgl. auch Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 133. 76 Solomon, Verbindlichkeit, S. 326; ebenso Haeger, Vollstreckung, S. 33–34: „denn er beruht nicht auf öffentlich-rechtlicher, dem Schiedsgericht zustehender Autorität, sondern auf der Privatvereinbarung der Parteien….weil er aber nicht einen Staatsakt darstellt, kann trotz seiner Rechtskraft auch eine Exekution durch staatliche Behörden aus ihm nicht staatfinden. Es fehlt ihm also gerade die wichtigste Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, die Vollstreckbarkeit“; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 15, 133. 77 So auch Haeger, Vollstreckung, S. 40: „dementsprechend kann es bei der Vollstreckung keinen Unterschied machen, ob der Schiedsspruch ein ausländischer oder ein inländischer ist, die Vollstreckung muss dem einen unter denselben Bedingungen gewährt werden wie dem anderen“. 78 Haeger, Vollstreckung, S. 38. 79 Solomon, Verbindlichkeit, S. 327; vgl. auch Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 155: „ es geht…nicht darum, die Wirkungen des Schiedsspruchs, die ihm nach seinem Heimatrecht zukommen, auf das Inland zu erstrecken, es geht also nicht um eine Anerkennung in dem in Bezug auf das ausländische Urteil beschriebenen Sinne“; gegenteilig Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 130.
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§ 2 Problemstellung
dann Klage gegen den Beklagten „aus dem Schiedsspruch“ zu erheben.80 Ebenso besteht jedoch die Möglichkeit, dem Schiedsspruch die aus der endgültigen Entscheidung fließenden Wirkungen zuzuerkennen, mitunter materielle Rechtskraft und Vollstreckungswirkung.81 Im Wesentlichen geht es bei beiden Möglichkeiten um die Wahrung der privatautonomen Grundlage der Schiedsgerichtsbarkeit, was auch daraus hervorgeht, dass bei Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung oder wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht von der Schiedsvereinbarung gedeckt ist, eine Aufhebungsmöglichkeit besteht. Im Falle der zweiten Möglichkeit ist aber Vorsicht geboten: nur die Wirkungen von Schiedssprüchen und staatlichen Urteilen sollen gleichgestellt werden, nicht aber ihre rechtlichen Grundlagen. Losgelöst von der vertraglichen Grundlage kann auch der jurisdiktionelle Aspekt der Schiedsgerichtsbarkeit nicht betrachtet werden, da es sich um keine hoheitliche Entscheidung handelt, aus der ihre Verbindlichkeit abgeleitet werden könnte. Der Staat erkennt nur den Willen der Parteien zur verbindlichen Rechtsentscheidung an. Durch Regeln wie § 1050 ZPO wird dieses Bild verwischt, da der Schluss naheliegt, dass es sich um Wirkungen handeln soll, die einer hoheitlichen Streitentscheidung zukommen.82 Vielmehr geht es jedoch darum, dass ein Schiedsspruch wie ein Urteil ein jurisdiktioneller Akt ist, an den ein Staat Entscheidungswirkungen knüpfen und zu dessen Durchsetzbarkeit er Zwangsmittel zur Verfügung stellen kann.83 Es ist jedoch strikt zu unterscheiden zwischen dem Grund der Verbindlichkeit und den daraus entstehenden Rechtsfolgen. Die Wirkungen des Schiedsspruches richten sich allenfalls nach seiner Rechtsnatur, nicht die Rechtsnatur nach seiner Wirkungen.84 3. Fazit Für die Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit ergibt sich somit Folgendes: Die Schiedsgerichtsbarkeit ist als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit ein eigenständiges, auf der Privatautonomie der Parteien beruhendes Streitentscheidungssystem, welches als gemischtes Institut sowohl vertragliche, als auch jurisdiktionell-prozessuale Aspekte enthält. Diesem kann der Staat entsprechend der aufgrund der Vereinbarung ergangenen Entscheidung die gleichen Wirkungen wie einem 80
RG, Urteil vom 10.12.1892 – Rep. I 297/92 = RGZ 30, 368, 370; Hay, in: FS Geimer (2002), S. 325, 327; Neuner, RabelsZ 3(1929), 37, 47; so auch in den USA bei einer action „upon the award“, vgl. Florasynth, Inc. v. Pickholz, 750 F.2d 171, 176 (2nd Cir. 1984), siehe Darstellung bei Solomon, Verbindlichkeit, S. 134 ff., 329 f. 81 RG, Urteil vom 10.12.1892 – Rep. I 297/92 = RGZ 30, 368, 370 f.: „durch das Vollstreckungsurteil spricht der Staat als Inhaber der Gerichtsbarkeit aus, dass er den Schiedsspruch als geeignete Grundlage für die Zwangsvollstreckung anerkenne“; in diesem Sinne auch Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 18, Rdn. 1; Solomon, Verbindlichkeit, S. 330. 82 Solomon, Verbindlichkeit, S. 331; ebenso Haeger, Vollstreckung, S. 38 f., 40. 83 Solomon, Verbindlichkeit, S. 332. 84 Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 20.
E. Herangehensweise und Gegenstand der Untersuchung
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rechtskräftigen Urteil zuerkennen, mithin materielle Rechtskraft und Vollstreckungswirkung.85 Hinsichtlich Funktion und Wirkungen lässt sich die Schiedsgerichtsbarkeit als jurisdiktionelles Institut begreifen.86 Dabei entscheidend ist jedoch, dass gerade die prozessuale Funktion des Schiedsgerichts auf der vertraglichen Vereinbarung der Parteien gründet. Eine notwendige Anbindung an das Rechtssystem des Ursprungstaates ergibt sich daraus nicht.87
E. Folgen der Gleichwertigkeitsthese für die Herangehensweise der Untersuchung und Festlegung des Gegenstands der Untersuchung Die Frage der Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit spielt nicht nur bei den im Zusammenhang mit dem für das Schiedsverfahren geltenden Regeln, wie für die Bestimmung des anwendbaren Rechts oder der Nationalität des Schiedsspruchs, eine Rolle. Bedeutsam ist sie vor allem hinsichtlich des angesprochenen Gleichwertigkeitspostulats von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit. Während man durchaus behaupten kann, dass die Schiedsgerichtsbarkeit in der Lage ist, Rechtsschutz, und das auch im verfassungsrechtlichen Sinne, zu gewähren, kristallisiert sich gleichwohl heraus, dass lediglich die Wirkungen von staatlichen Urteilen und Schiedssprüchen gleichgestellt werden, ihre rechtlichen Grundlagen aber dennoch unterschiedlicher Natur sind und bleiben.88 Im Rahmen einer umfassenden Aufarbeitung der Funktion der staatlichen Gerichte im an das Schiedsverfahren anschließenden, staatlichen Verfahren (postarbitrale Phase) ist es nicht nur erforderlich, die einzelnen „Rahmenkontrollmechanismen“ darzustellen, aus welchen sich der Umfang und die Schranken staatlicher „Rahmenkontrolle“ erschließen lassen.89 Vielmehr ist es unerlässlich, das Schiedsverfahren und das staatliche Verfahren grundsätzlich miteinander zu vergleichen, sei dies hinsichtlich ihrer Legitimationsgrundlage (wie soeben dargestellt) oder den unterschiedlichen Verfahren ihrer Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Funktion von Schiedsgericht und staatlichem Gericht, wie auch der gegebenenfalls unterschiedlichen rechtlichen Qualität von Schiedsspruch und staatlichem Urteil. Während ein besonderer Augenmerk der Untersuchung selbsterklärend auf den §§ 1059 – 1061 ZPO, also den einzelnen „Rahmenkontrollmechanismen“ gegen den Schiedsspruch, liegt, sind die Möglichkeiten einer Aufhebung inländischer 85
Solomon, Verbindlichkeit, S. 333. Solomon, Verbindlichkeit, S. 341. 87 Solomon, Verbindlichkeit, S. 333. 88 So auch Herrmann, in: Van Den Berg, S. 73: „ As regards the principle of equal treatment, we can learn (..) that it does not mean formal equality, because that may result in very unequal treatment. (…) that is not formal equality but it must be something like functional equality. “ 89 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4. 86
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§ 2 Problemstellung
Schiedssprüche mit den Rechtsmittelverfahren bei staatlichen Urteilen zu vergleichen (dazu § 4 C. III.). Zur Herausarbeitung der Rolle des staatlichen Gerichts bei der „Rahmenkontrolle“ von Schiedssprüchen sollen gewisse Parallelen zur sachlichen und rechtlichen Überprüfbarkeit von staatlichen Urteilen gezogen werden. Die Aufgaben des Berufungs- und Revisionsgerichts als Rechtsmittelinstanz sind jeweils von der „staatsgerichtlichen Rahmenkontrolle“ von Schiedssprüchen abzugrenzen. In Hinblick auf den im Schiedsverfahrensrecht nicht vorhandenen Instanzenzug durch den Ausschluss von Rechtsmitteln im Schiedsverfahren und die bloße Möglichkeit einer gerichtlichen „Rahmenkontrolle“, soll an gegebener Stelle auch ein Vergleich zur Überprüfung letztinstanzlicher staatlicher Gerichtsentscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht angestellt werden (dazu § 4 C. IV.) Was die Anerkennung und Vollstreckbarkeit von in- und ausländischen Schiedssprüchen betrifft, ist in Hinblick auf inländische Urteile ein Exkurs zum Vergleich der unterschiedlichen Rechtskraft von Schiedssprüchen und staatlichen Gerichtsurteilen anzustellen (dazu § 4 C. V.) In Bezug auf ausländische Schiedssprüche ist zudem ein Vergleich zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile vorzunehmen, da tragende Rechtsprinzipien wie das Verbot der révision au fond und der ordre public Vorbehalt beiden Verfahren eigen sind. (§ 4 D. IV.) Vorab sind einzelne Grundlagen des schiedsgerichtlichen Verfahrens, mitunter dessen verfassungsrechtliche Zulässigkeit (§ 3 A.) und das Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit in rechtsgeschichtlicher Sicht (§ 3 B.) darzustellen. Sodann sind die Bedeutsamkeit der Schiedsabrede als Kernstück des Schiedsverfahrens und staatliche und individuelle Interessen beim Ausgleich der Synthese zu berücksichtigen (§ 3 C.). Im letzten, abschließenden Teil der Arbeit soll unter Berücksichtigung des Erarbeiteten die Rolle und Funktion der staatlichen Gerichte im Wechselspiel mit der privaten Schiedsgerichtsbarkeit zusammengefasst werden (§ 5).
§ 3 Grundlagen für das Verständnis des Verhältnisses zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit Zunächst sollen die Grundlagen des Verhältnisses zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit behandelt werden. In diesem Kontext sind die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit und ihr Verhältnis zur staatlichen Gerichtsbarkeit in rechtsgeschichtlicher Perspektive zu untersuchen. Ebenso ist auf die Schiedsvereinbarung als Grundlage des schiedsrichterlichen Verfahrens und auf die in diesem Zusammenhang zu untersuchenden, verschiedenen Interessen der Schiedsparteien, den Interessen Dritter und den öffentlichen Interessen für und gegen eine staatliche „Kontrolle“ einzugehen. Erst im darauffolgenden Schritt können die einzelnen staatlichen „Rahmenkontrollmechanismen“ untersucht werden und daraus Schlüsse zum Verhältnis der privaten zur staatlichen Gerichtsbarkeit gezogen werden.
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit Grundsätzlich ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit unbestritten: diese ist im 10. Buch der Zivilprozessordnung geregelt,1 ebenso hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden2 und das Schrifttum pflichtet diesem größtenteils bei.3 Während die französische Verfassung von 1791 der Schiedsgerichtsbarkeit noch einen hohen Rang zugestand und in Art. 5 des Kapitels V bestimmte: „Das Recht der Bürger, auf schiedsrichterlichem Weg ihre Streitsachen endgültig zu entscheiden, kann durch Verfügungen der gesetzgebenden Gewalt nicht eingeschränkt werden“, sind neuere Verfassungen oft weniger schiedsfreundlich.4 Mit Ausnahme von Art. 24 Abs. 3 GG, der die internationale Schiedsgerichtsbarkeit betrifft, wird die Schiedsgerichtsbarkeit im Grundgesetz an keiner anderen Stelle angesprochen. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit findet hier also ihren Ausgangspunkt.5 Einfachgesetzlich beruht das Schiedsverfahren 1
Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 9. BGH, Urteil vom 04.07.1975 – I ZR 27/74 = BGHZ 65, 59, 69. 3 Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 2; ders., in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1025 ZPO, Rdn. 10; ebenso Geimer, Schiedsgerichtbarkeit und Verfassung, S. 113, 118 f. 4 Schütze, Ausgewählte Probleme, S. 1. 5 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 41. 2
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§ 3 Grundlagen
auf den Normen der §§ 1025 ff. ZPO. Gemäß Art. 74 Nr. 1 GG sind diese Normen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Als altes Recht sind die Vorschriften gemäß Art. 125 Nr. 1 GG aus der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes Bundesrecht geworden und gelten nach dem 23.05.1949 gemäß Art. 123 Abs. 1 GG fort, sofern sie dem Grundgesetz nicht widersprechen.6 In Hinblick auf die zu erreichende Gleichwertigkeit von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit stellt sich die Frage, ob die Grundrechte im Schiedsverfahren in gleichem Umfang wie beim staatlichen Gericht gelten. Bei reinprivatrechtlichen Konfliktlösungsmechanismen, wie etwa der Vermittlung oder Schlichtung, stellt sich die Frage der Verfassungsrechtlichkeit nämlich nicht, da sie weder bei erfolgreichem Abschluss, noch bei Scheitern einer Einigung einen Bezug zu einer öffentlichen Stelle aufweisen können. Da das Schiedsverfahren aber gleichberechtigt neben das staatliche Gerichtsverfahren tritt und diesem nicht nur vorgeschaltet ist, sondern seine Stelle einnimmt, wird Einfluss auf das Verhalten öffentlicher Stellen genommen. Das Schiedsverfahren kann deshalb wegen der Bindung der staatlichen Gewalt an die Grundrechte gewissen Einschränkungen unterliegen.7 Seit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts in den Neunzigerjahren sind auch Ansprüche schiedsfähig, über die sich die Parteien nicht vergleichen können – dementsprechend wurden Stimmen laut, dass eine angebliche Gleichwertigkeit von privater und staatlicher Schiedsgerichtsbarkeit nicht verfassungsgemäß sei8 und die Schiedsgerichtsbarkeit in diesem Umfang nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Als Ansatzpunkte hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zu- bzw. Unzulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit kommen insbesondere die Art. 2 Abs. 1 GG, 19 Abs. 4, 20 Abs. 2 und 3, 92, 97, 101 Abs. 1 S. 2 und 103 Abs. 1 GG in Betracht.
I. Zur Frage der Geltung von Grundrechten im Schiedsverfahren, insbesondere von Verfahrensgrundrechten – Grundrechtsverpflichtung auch der Schiedsgerichte? Bevor zu erörtern ist, ob die Schiedsgerichtsbarkeit verfassungsrechtlich zulässig ist, ist danach zu fragen, ob Grundrechte im Schiedsverfahren überhaupt unmittelbare Geltung beanspruchen. Die Grundrechte und sonstigen verfassungsmäßigen Rechte richten sich gegen den Gesamtstaat der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG sind die Gerichte von Bund und Ländern dazu verpflichtet, diese Rechte und Garantien zu verwirklichen. Fraglich ist daher, ob gewisse Gewährleistungen auch für das Verfahren vor privaten Schiedsgerichten gelten
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Kiesow, KTS 1962, 224, 225. Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 191–192. 8 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 13 ff., 26 ff. 7
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Zulässigkeit
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müssen. Sind Schiedsrichter nur grundrechtsberechtigt oder auch grundrechtsverpflichtet?9 Ob die Auslegung von Art. 92 Abs. 1 GG, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG oder Art. 103 Abs. 1 GG in diesem Kontext weiterzuhelfen vermögen, ist umstritten. Einerseits wird befürwortet, dass sich diese Vorschriften des Grundgesetzes lediglich auf die staatliche Rechtsprechung beziehen, sodass auch Art. 97 Abs. 1 GG nicht betroffen sei, da Schiedsrichter keine staatlichen Richter sind.10 Andere vertreten die Ansicht, dass die Vorschriften, insbesondere Art. 101 GG und Art. 103 GG direkt Anwendung auf den Schiedsrichter finden, da es in beiden Fällen um die Wahrung der gesetzlichen Vorschriften geht, die sicherstellen, dass das Gericht den Grundsätzen der Unabhängigkeit, Neutralität und dem Grundsatz rechtlichen Gehörs ausreichend Rechnung trägt.11 Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Schiedsrichter nicht unmittelbar an das Grundgesetz gebunden sind, verpflichtet die Verfassung den deutschen Gesetzgeber und die deutschen staatlichen Gerichte, die gemäß Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Verfassung gebunden sind. In Bezug auf die Verfahrensgarantien bedeutet dies, dass das Grundgesetz den Gesetzgeber verpflichtet, auf einfachgesetzlicher Ebene dafür zu sorgen, dass beispielsweise der Grundsatz der Unabhängigkeit der Schiedsrichter durchgesetzt wird oder rechtliches Gehör in ausreichendem Umfang zu gewähren ist. In diesem Zusammenhang sind die Regelungen in § 1034 Abs. 2 S. 1 ZPO oder § 1036 Abs. 1 und 2 ZPO zu nennen. Anstelle von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG treten die Normen der §§ 1036 Abs. 1 S. 1 ZPO bzw. § 1042 Abs. 1 S. 2 ZPO.12 Es folgt bereits aus dem Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit als echte Rechtsprechung, dass das Gebot der Unparteilichkeit der Schiedsrichter aus dem Rechtsstaatsprinzip i. S. d. Art. 20 Abs. 3 GG zu folgen hat.13 In welchem genauen Umfang das Grundgesetz aber bei ausländischem Bezug einen Geltungsanspruch haben soll, wird wiederum kontrovers beurteilt. Eine Grundrechtsverantwortung Deutschlands ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn ein ausländisches Schiedsverfahren im Ausland stattfindet. Wie verhält es sich aber, wenn im Ausland nach deutschem Verfahrensrecht prozessiert wurde oder im 9
Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 126 f. Kornblum, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit, S. 116; ebenso Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung S. 113, S. 130; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Vorb. v. Art. 92 GG, Rdn. 105, 110 ff. 11 Schwab, in: FS Gaul (1997), S. 729, 735; hinsichtlich Art. 103 GG ist anerkannt, dass an das rechtliche Gehör bei Schiedsverfahren gleiche Anforderungen zu stellen sind wie bei staatlichen Gerichten, vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1959 – VII ZR 87/58 (Düsseldorf) = BGHZ 31,43,45 = NJW 1959, 2213; ebenso BGH, Urteil vom 11.11.1982 – III ZR 77/81 (Köln) = BGH NJW 1983, 867, 867–868: „Allgemein ist anerkannt, daß Schiedsgerichte rechtliches Gehör im wesentlich gleichen Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben“. 12 Schwab, in: FS Gaul (1997), S. 729, 735. 13 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 130; Wolf, Institutionelle Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 172; a. A. Habscheid, KTS 1959, 113, 117. 10
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§ 3 Grundlagen
Inland nach ausländischem Verfahrensrecht prozessiert wird? Eine Grundrechtsverantwortung gewinnt vor allem in Hinblick auf die im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchende Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen vor dem staatlichen Gericht an Bedeutung. In dieser postarbitralen Phase ist das staatliche Gericht an Recht und Gesetz und insbesondere auch an die Grundrechte gebunden, sodass eben jene Anerkennung und Vollstreckbarerklärung dann zu versagen ist, wenn der rechtsstaatliche Kern des Schiedsspruchs nicht mehr gewahrt ist.14 Obgleich die einschlägigen Artikel des Grundgesetzes nicht direkt anwendbar sind, ist deren Wesensgehalt in einfachgesetzlicher Ausprägung umzusetzen und sind grundlegende Verfahrensprinzipien aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten.15 Eine grundsätzliche Loslösung der Schiedsgerichtsbarkeit vom Grundgesetz ist nicht vertretbar. Denn will man die Schiedsgerichtsbarkeit als modernes Institut begreifen, welche eine echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit darstellen soll, so kann und will diese auf gewisse rechtsstaatliche Garantien mit Sicherheit nicht verzichten. Ein „Weniger an Rechtsstaatlichkeit“ würde der Schiedsgerichtsbarkeit lediglich schaden.16
II. Zur Vereinbarkeit der Schiedsgerichtsbarkeit mit einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere mit Art. 92 GG Nach der Feststellung, dass die Grundrechte zumindest in ihrem Wesensgehalt auf die Schiedsgerichtsbarkeit Anwendung finden, ist nun zu hinterfragen, ob die Schiedsgerichtsbarkeit selbst verfassungsrechtlich zulässig ist. Bedenken ergeben sich in Hinblick auf Art. 92 ff. GG. Gemäß Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut. Ob die Schiedsgerichtsbarkeit mit Art. 92 GG vereinbar ist bzw. durch ein Rechtsprechungsmonopol ausgeschlossen ist, ist lediglich bei Qualifizierung der Schiedsgerichtsbarkeit als Rechtsprechung relevant, da nur in diesem Fall ein Konflikt zur Rechtsprechung als Staatsfunktion entstehen kann.17 Da es sich aber bei der Schiedsgerichtsbarkeit dem Wesen nach um Rechtsprechung handelt (siehe § 2 D. III. 2.), stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit Art. 92 GG und insbesondere dessen Reichweite. 14
Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113 ff., insbesondere S. 128; bzgl. der Parallele zu staatlichen Urteilen, siehe ders., IZPR, Rdn. 256, 2774; ebenso Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 219. 15 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, S. 135–136; Haas, Anerkennung und Vollstreckung S. 227; anders Böckstiegel, NJW 1977, 463, 466, der behauptet, dass an Schiedsrichter nicht die gleichen Anforderungen an Überparteilichkeit zu stellen seien. 16 Schwab, in: FS Gaul (1997), S. 729, 734. 17 Vgl. Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 13.
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Zulässigkeit
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Nach einer Meinung stelle Art. 92 GG als Grundprinzip der staatlichen Gerichtsbarkeit eine Schranke zu der in Art. 2 Abs. 1 GG manifestierten Privatautonomie dar. Schiedsrichterliche Tätigkeit sei allenfalls als Ausübung delegierter staatlicher Jurisdiktionsgewalt erklärbar. Insbesondere in Hinblick auf die Loslösung der objektiven Schiedsfähigkeit von der Vergleichsfähigkeit seit der ZPO-Neuregelung werden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.18 Auch wenn private Schiedsgerichtsbarkeit als solche nicht geboten ist und der Staat nicht verpflichtet ist, eine private Schiedsgerichtsbarkeit zu erlauben,19 steht es dem Gesetzgeber zu, eine solche zuzulassen. Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebietet kein absolutes, staatliches Rechtsprechungsmonopol,20 ebenso wenig begründet Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG eine Verpflichtung, die Dienste der staatlichen Gerichte in Anspruch zu nehmen.21 Bereits eine grammatikalische Auslegung des in Art. 92 GG benutzten Begriffes der „rechtsprechenden Gewalt“ ergibt zudem, dass es sich hierbei um Staatsgewalt handeln muss. Diese kann jedoch von Natur aus nur hoheitlicher und damit staatlicher Art sein, sodass das Schiedsgericht nicht unter Art. 92 GG fallen kann. Im Sinne einer teleologischen Auslegung ergibt sich zudem, dass sich Art. 92 GG gegen die Anmaßung von Rechtsprechungsfunktionen seitens der Exekutive richtet und somit ein Richtermonopol, nicht aber ein Rechtsprechungsmonopol unter Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit aufstellt.22 Auf den verfassungsrechtlich garantierten Zugang zu Gericht (Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG) können die Parteien im Zivilrecht privatautonom zugunsten eines Schiedsrichters verzichten,23 sodass dieser dann zum gesetzlichen Richter wird,24 solange dies auf freiwilliger Unterwerfung beruht.25 Schließlich können die Parteien auch vertraglich auf jegliche Anrufung der
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Voit, JZ 1997, 120 ff.; ebenso Schwab, in: FS Henckel (1995), S. 803, 813 f.; ders., in: FS Gaul (1997), S. 729, 733; Smid, DZWiR 1995, 397, 403. 19 Im Ergebnis zustimmend Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 126; a. A. Stober, NJW 1979, 2001, 2008, wonach der Staat ein elementares Interesse daran habe, dass sich Privatpersonen im Streitfalle selbst durch Einberufung eines Schiedsgerichts helfen, während ein staatliches Gericht bei privaten Streitigkeiten nur dann angerufen werden solle, wenn einer private Streitschlichtung scheitere; ebenso Stürner, in: FS Baur (1981), S. 647, S. 656, wonach bei völlig unverhältnismäßiger Beschränkung oder völliger Abschaffung die Grenze der Verfassungswidrigkeit erreicht wäre; ein Verbot der Schiedsgerichtsbarkeit bedeute, dass die obsiegende Partei letztlich nicht geschützt sei; ein solches Gebot auf Rechtssetzung wegen einer Schutzpflicht wird jedenfalls von Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 126, abgelehnt. 20 Vgl. Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 47; anders Baur, JZ 1965, 163, 164; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 92 GG, Rdn. 2, 25, 26; Stern, Staatsrecht, § 43 II 3, S. 920, der zumindest eine mittelbar staatliche Absicherung der Schiedsgerichte fordert. 21 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 118. 22 Vgl. Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 47, S. 51; so wohl auch Detterbeck, in: Sachs GG, Art. 92 GG, Rdn. 28. 23 Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1025 ZPO, Rdn 3. 24 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 10. 25 BGH, Urteil vom 04.07.1975 – I ZR 27/74 = BGHZ 65, 59, 61; Saenger, in: Saenger ZPO, Vor §§ 1025–1066 ZPO, Rdn. 7.
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§ 3 Grundlagen
Gerichte wirksam verzichten oder über den Gegenstand eines Schiedsverfahrens einen Vergleich schließen, § 1030 ZPO.26 Schiedsgerichte sprechen daher Recht, aber nicht aufgrund staatlicher Delegation, sondern aufgrund staatlicher Zulassung.27 Dass ein Schiedsgericht Rechtsprechung ausübt, ändert nichts daran, dass diese zumindest nicht unter den Begriff der staatlichen Rechtsprechung i. S. v. Art. 92 GG fällt, welche vornehmlich die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit und die Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen meint.28 Wenn feststeht, dass beide Parteien die zivilprozessuale Hilfe der staatlichen Gerichte nicht in Anspruch nehmen wollen und keine der Parteien gegen ihren Willen dem staatlichen Rechtsschutzsystem entzogen wurde, hat der Staat kein übergeordnetes Interesse daran, seine eigenen staatlichen Gerichte entscheiden zu lassen.29 Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ist ebenso nicht tangiert, weil sich die Parteien ihre Schiedsrichter selbst ausgesucht haben und Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG weder einen Justizgewährungsanspruch gewährleistet, noch ein staatliches Rechtsprechungsmonopol festschreibt oder den staatlichen Richter als obligatorischen Streitentscheider festschreibt.30 Lediglich wird durch Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG geregelt, dass „niemandem sein gesetzlicher Richter“ entzogen werden darf. Ein solcher Entzug kommt aber weder durch Parteivereinbarung zustande, weil eine Privatperson schon begrifflich gar nicht gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verstoßen kann, noch findet ein Entzug durch die Regelung der §§ 1025 ff. ZPO durch den Gesetzgeber statt, da diese keinen Einfluss auf die Besetzung staatlicher Gerichte haben. Durch die Abweisung einer Klage als unzulässig auf die Schiedseinrede hin findet auch kein Entzug durch ein staatliches Gericht statt, da dieses nur dem Parteiwillen entspricht, ein Entzug aber begrifflich ohne oder gegen den Willen der Parteien zu erfolgen hat.31 Art. 103 Abs. 1 GG ist zudem nicht verletzt, da dieser nach einhelliger Meinung nur das rechtliche Gehör im laufenden Gerichtsverfahren, nicht aber das Recht zur Einleitung eines Verfahrens gewähre, um sich in einem solchen äußern zu können.32 Ohnehin setzt das Recht auf rechtliches Gehör nicht zwingend eine mündliche An-
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Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1025 ZPO, Rdn 3. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 123. 28 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 13; Maunz, in: Maunz / Dürig GG, Art. 101 GG, Rdn. 17, 22; Prütting, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1025 ZPO, Rdn. 3; Stober, NJW 1979, 2001, 2003 f. 29 Geimer, in: Zöller ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 3–4. 30 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 123. 31 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 59–63. 32 Degenhart, in: Sachs GG, Art. l03 GG, Rdn. 3, 4; Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 73; Lerche, ZZP 78 (1965), 1, 6 ff.; Remmert, in: Maunz / Dürig GG, Art. 103 Abs. 1 GG, Rdn. 5; anders Baur, AcP 153 (1954), 393, 396 ff.; Nakano, ZZP 79 (1966), 99, 107 ff.; offengelassen von Däubler, BB 1969, 545, 550. 27
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Zulässigkeit
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hörung voraus, sondern lässt die Möglichkeit der Stellungnahme im schriftlichen Verfahren ausreichen.33 Mit Art. 6 Abs. 1 EMRK ist die Schiedsgerichtsbarkeit auch vereinbar, wie der Menschengerichtshof in Straßburg mehrfach entschieden hat,34 solange eine effektive „Missbrauchskontrolle“ durch staatliche Gerichte sichergestellt ist.35 Ohnehin wird die Schiedsgerichtsbarkeit als echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit angesichts ihrer hohen Rechtsprechungsqualität bereits dadurch legitimiert, dass Urteile ausländischer Gerichte in Deutschland selbst dann anerkannt und vollstreckt werden, wenn sie aus Ländern mit gegenüber Deutschland wesentlich geringeren rechtsstaatlichen Standards entstammen.36
III. Debatte um TTIP – Verfassungsrechtliche Dimension In den letzten Jahren geriet die Schiedsgerichtsbarkeit angesichts der Verhandlungen über das Transatlatic Trade and Investment Partnership (TTIP) mit den USA und das Comprehensive Economic Trade Agreement (CETA) mit Kanada in den Fokus der Kritik. In Hinblick auf die Schiedsgerichtsbarkeit und insbesondere die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit spricht man von einer „Privat-“,37 „Schatten-“38 oder „Paralleljustiz“, die angeblich verfassungswidrig sei39 und die Demokratie gefährden würde.40
33 BVerfGE, Beschluss vom 13.11.1956 – 1 BvR 513/67 = BVerfGE 6,19, 20; Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 123. 34 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 11; vgl. Entscheidung 1197/61 vom 5.3.1962, Yearbook Commercial Arbitration V, (1980) 95; Entscheidung Nr. 8588/79 und 8589/79 vom 12.10.1982, EuGZZ 1983, 428; Nr. 18479/91 vom 02.12.1991. 35 Geimer, in: Zöller ZPO, Vor § 1025 ZPO, Rdn. 4. 36 Saenger, in: Saenger ZPO, Vor §§ 1025–1066 ZPO, Rdn. 7. 37 BGH-Präsidentin Bettina Limperg kritisiert Schiedsgerichte als „private Paralleljustiz“, zitiert aus: Die Welt Online, BGH Präsidentin kritisiert private Schlichtungsstellen, 02.10.2014, http://www.welt.de/regionales/baden-wuerttemberg/article132866642/BGH-PraesidentinLimperg-kritisiert-private-Schlichtungsstellen.html, zuletzt abgerufen am 11.01.2018. 38 Haerder / Hielscher / Kroker / Heinrich, Justitia verzieht sich ins Hinterzimmer, Wirtschaftswoche, Ausgabe 18/2013, 29.04.2013, S. 46–51, gesprochen wird von einer „Schattenjustiz“ „im Hinterzimmer“. 39 Fischer-Lescano, Rechtswidrig – Schiedsgerichte verstoßen gegen das Grundgesetz, DIE ZEIT, Nr. 45/2014, S. 33 ff. 40 Hofreiter / Keller, Nur fairer Handel ist guter Handel, ZEIT ONLINE vom 10.11.2016, http:// www.zeit.de/politik/2016-11/ceta-abkommen-freihandel-handelspolitik-globalisierung-dateiceta-abkommen-freihandel, zuletzt abgerufen am 06.12.2016; Joly / De Masi / Maurel, Ein schlechter Deal für Europa, ZEIT ONLINE vom 14.10.2016, http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-10/ ceta-freihandelsabkommen-kanada-eu-schiedsgerichte-ttip-verbraucherschutz, zuletzt abgerufen am 06.12.2016; Kubitza, CETA im Kommen – TTIP im Koma, BR vom 29.10.2016, http://www.br.de/nachrichten/inhalt/ttip-ceta-100.html, zuletzt abgerufen am 06.12.2016; Mül-
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§ 3 Grundlagen
Unter dem Gesichtspunkt der „Privat- und Schattenjustiz“ wird der Aspekt der Intransparenz kritisiert, Schiedsverfahren sind nämlich grundsätzlich nichtöffentlich. Hinsichtlich der TTIP-Verhandlungen ist jedoch anzumerken, dass seit Anfang 2015 die bisherigen Verhandlungstexte online abrufbar sind.41 Bezüglich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist zudem festzustellen, dass die meisten Investitionsschiedsverhandlungen vor dem International Center for Settlement of Investment Disputes (ICSID) stattfinden und die Parteien nur in wenigen Fällen die Zustimmung zur Publikation verweigern. Daraufhin werden nicht nur die Schiedssprüche selbst, sondern auch die Beschlüsse, Verfügungen und Schriftsätze der Parteien und ihre Anträge veröffentlicht.42 Die einschlägigen ICSID Arbitration Rules sehen außerdem vor, dass jedes Schiedsgericht dritten Personen die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gestatten kann.43 Zudem finden Schiedsverfahren nach den neuen UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration44 grundsätzlich öffentlich statt.45 Vergleicht man dies mit europäischen oder amerikanischen Gerichten, ist festzustellen, dass im Rahmen eines staatlichen Zivilprozesses der freie Zugang dritter Personen zur mündlichen Verhandlung keinerlei Transparenz ermöglicht.46 Zwar werden Urteile und Beschlüsse veröffentlicht, die Namen der Parteien dabei aber geschwärzt und die Schriftsätze der Parteien bleiben unbekannt.47 Akteneinsicht ist gemäß § 299 Abs. 2 ZPO nur zu gewähren, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird,48 welches nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
ler, Streit um Ceta – Lasst die Bürger handeln, in: SPIEGEL ONLINE vom 23.10.2016, http:// www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ceta-und-ttip-buerger-sollten-an-verhandlungen-beteiligtwerden-a-1117844.html, zuletzt abgerufen am 06.12.2016; Prantl, TTIP und die Froschlurche, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 90, 26. Juli 2015, S. 17; Sackmann, Von Schiedsgerichten und Lobbyisten – Sieben Mythen über CETA und TTIP, die ihr bitte nicht mehr glauben solltet, Artikel vom 26.10.2016, https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/vonschiedsgerichten-und-lobbyisten-sieben-mythen-ueber-ceta-und-ttip-die-ihr-bitte-nicht-mehrglauben-solltet_H1259951169_338247/, zuletzt abgerufen am 06.12.2016; Schill, EuZW 2015, 105, 105; Schiessl, Der Freifahrtschein, in: Spiegel-Magazin 4/21014, S. 60 ff., die Autorin spricht von „Entmachtung der Justizsysteme“; Wilske / Markert / Bräuninger, SchiedsVZ 2015, 49, 63 f. 41 Mayer / Ermes, Rechtsfragen zu den EU-Freihandelsabkommen CETA und TTIP, ZRP 2014, 237, 237; das Verhandlungsmandat für das TTIP, Rats-Dok. 11103/13 vom 17.06.2013, wurde am 09.10.2014 vom Rat freigegeben, abrufbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/ PDF/S-T/ttip-mandat,property=pdf,bereich=bwi2012,sprache=de,%20rwb=true.pdf, letzter Abruf am 06.12.2016. 42 Sandrock, RIW 2015, 625, 637. 43 Prütting, AnwBl 2015, 546, 549. 44 Am 01.04.2014 in Kraft getreten; abrufbar unter http://www.uncitral.org/uncitral/en/ uncitral_texts/arbitration/2014Transparency.html, letzter Abruf am 03.02.2018. 45 Krajewski, ZUR 2014, 396, 401. 46 Prütting, AnwBl 2015, 546, 549. 47 Sandrock, RIW 2015, 625, 637. 48 Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 299 ZPO, Rdn. 3.
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Zulässigkeit
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nur unter sehr engen Voraussetzungen zu bejahen ist.49 Die grundsätzliche These, Schiedsgerichte seien intransparent und staatliche Gerichte transparent ist demnach nicht haltbar.50 Das Stichwort „Paralleljustiz“ meint die Besorgnis, dass die kontinuierliche Zunahme von Schiedsverfahren in eine grundlegende Verlagerung weg vom staatlichen Zivilprozess resultiere, welche wiederum zu einem massiven Rückgang der Einnahmen aus Gerichtsgebühren führe und eine negativen Entwicklung des Justizhaushalts begünstige.51 Zwar sind die von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) betreuten Schiedsverfahren in den vergangenen Jahren auf knapp 200 Verfahren pro Jahr gestiegen, was national auf etwa 400 bis 500 Schiedsgerichtsverfahren pro Jahr schließen lässt. Vergleicht man diese Zahl jedoch mit etwa 1,5 Millionen erstinstanzlichen staatlichen Gerichtsverfahren pro Jahr vor der Amts- und Landgerichten und etwa 6 Millionen Mahnverfahren pro Jahr, bleibt die zahlenmäßige Diskrepanz eindeutig.52 Gerade in Hinblick auf internationale Schiedsverfahren, und damit auch die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, ist anzumerken, dass die Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten zwischen Parteien mit unterschiedlicher Sprache und Nationalität durch Schiedsgerichte eine lange Tradition aufweisen kann. Von einer „Flucht zu den Schiedsgerichten“53 kann nicht die Rede sein. Insoweit ist auch fraglich, inwiefern die aktuellen Entwürfe eines „Permanent International Investment Tribunal“ sinnvoll sind.54 Letztlich kann auch der Einwand, Schiedsgerichte stünden im Widerspruch zum Demokratieprinzip i. S. v. Art. 20 Abs. 1 GG, nicht greifen. Zwar bezieht sich Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG nur auf die Staatsgewalt, aus welchem Grund sonstige nichthoheitliche Rechtsprechung sicherlich nicht uneingeschränkt zulässig ist. Da die Freiheit vor dem Staat aber durch das Gewaltenteilungsprinzip eingeschränkt wird und die Funktionsfähigkeit einer dritten staatlichen Gewalt voraussetzt, die gemäß Art. 92 GG besonderen staatlichen Organen zugewiesen ist,55 kann die private Rechtsprechung aus dieser staatlichen Funktionenordnung nicht komplett ausgegliedert werden. Schließlich tritt diese an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit und entscheidet damit über Streitigkeiten, die von einer anderen Gewalt, der legislativen Gesetzgebung, geregelt wurden. Art. 20 Abs. 1 GG stellt zwar kein Freiheitsgrundrecht dar, sondern ist in erster Linie als Strukturentscheidung zu be-
49 BGH, Beschluss vom 22.01.1952 – IV ZB 82/51 (Münster) = NJW 1952, 579; KG, Beschluss vom 09.02.1988 – 1 VA 5/87, OLGZ 1988, 190 = NJW 1988, 1738, 1739; OLG Hamm, Beschluss vom 28.08.1996 – 15 VA 5/96 = NJW-RR 1997, 1489, 1490. 50 Prütting, AnwBl 2015, 546, 547. 51 Prütting, AnwBl 2015, 546, 547; genaue Zahlen in Graf / Schlicker, AnwBl 2014, 537 ff. 52 Prütting, AnwBl 2015, 546, 547. 53 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 93. 54 Eingehende Darstellung in Sandrock, RIW 2015, 625, 625 ff.; befürwortend Leibfried, TTIP: Von Gewinnern und Verlierern, in: FAZ vom 13.07.2015. 55 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 36.
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§ 3 Grundlagen
greifen.56 Dadurch, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen soll, kann es jedoch geboten sein, die private Schiedsgerichtsbarkeit zuzulassen. Für die Freiheit des Einzelnen und die Demokratie ist es schließlich wesenstypisch und notwendig, dass man den Einzelnen nicht vor staatliche Gerichte zwingen kann.57 In Anbetracht der Sicherstellung gewisser rechtsstaatlicher Mindeststandards und die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit durch den Gesetzgeber, verstößt diese somit nicht gegen das Demokratieprinzip. Auch die Verhandlungen über TTIP und CETA haben die Bürger grundsätzlich demokratisch beteiligt, indem diese ihre nationalen Parlamente gewählt und die Regierungsgewalt an diese abgegeben haben, die wiederum Regierungen und die EU-Kommission gebildet haben.58 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schiedsgerichtsbarkeit als solche, auch in Hinblick auf TTIP und CETA, bestehen somit nicht.
IV. Herleitung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit aus den Freiheitsrechten Rechtsschutz – und Rechtsprechungsvorschriften des Grundgesetzes stehen der Schiedsgerichtsbarkeit demnach nicht entgegen. Woher leitet ein Schiedsgericht aber seine Befugnisse ab und erhält seine positive verfassungsrechtliche Zulässigkeit? Das Schiedsgericht erhält seine Befugnis zum Tätigwerden durch die Schiedsvereinbarung der Parteien. Diese bildet das Kernstück und die Legitimationsgrundlage der Schiedsgerichtsbarkeit. Deren verfassungsrechtliche Begründung kann aus den dem Privatrechtsgeschäft zugrundeliegenden Freiheitsgrundrechten des Art. 2 GG, Art. 4 GG i. V. m. Art. 140 GG, Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, Art. 12 GG, Art. 14 GG und Art. 21 GG erfolgen.59 Art. 2 Abs. 1 GG kommt als Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit im System der Grundrechte eine Auffangfunktion zu.60 Sind keine Spezialgrundrechte, wie für die Vereinsschiedsgerichtsbarkeit Art. 9 GG und Art. 12 GG, für die Parteischiedsgerichtsbarkeit Art. 21 GG oder für 56
Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 35 ff. So auch Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 155; Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 35; Kiesow, KTS 1962, 224, 229; Schiffer, JZ 1953, 1, 5; Stober, NJW 1979, 2001, 2008. 58 Sackmann, Von Schiedsgerichten und Lobbyisten – Sieben Mythen über CETA und TTIP, die ihr bitte nicht mehr glauben solltet, Artikel vom 26.10.2016, https://www.finanzen100.de/ finanznachrichten/wirtschaft/von-schiedsgerichten-und-lobbyisten-sieben-mythen-ueber-cetaund-ttip-die-ihr-bitte-nicht-mehr-glauben-solltet_H1259951169_338247/, zuletzt abgerufen am 03.02.2018. 59 Stober, NJW 1979, 2001, 2005; so auch Classen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 92 GG, Rdn. 41; Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 87. 60 BVerfG, Beschluss vom 15.03.1967 – 1 BvR 575/62 = BVerfGE 21, 227, 234; BVerfG, Beschluss vom 23.01.1968 – 1 BvR 708/66 = BverfGE 23, 50, 55; BVerfG, Beschluss vom 21.10.1981 – 1 BvR 52/81 = BVerfGE 58, 358, 363; Di Fabio, in: Maunz / Dürig GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Rdn. 21; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 2 GG, Rdn. 79 f. 57
A. Schiedsgerichtsbarkeit und ihre Zulässigkeit
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den Ausschluss der Arbeitsschiedsgerichtsbarkeit Art. 12 GG einschlägig, findet Art. 2 Abs. 1 GG für die allgemeine Vertragsfreiheit Anwendung.61 Im Bereich der Schiedsrechtsprechung ist Art. 2 Abs. 1 GG das am Häufigsten genannte Freiheitsgrundrecht. Als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit ist darin auch die Vertragsfreiheit verankert.62 Diese umfasst neben der positiven Abschlussfreiheit eine inhaltliche Gestaltungsfreiheit, den Vertragsinhalt im Rahmen einer vorgegebenen gesetzlichen Ordnung privatautonom festzulegen.63 Als „homo oeconomicus“64 soll der Einzelne seine Rechtsverhältnisse nach seinem Willen selbst und eigenverantwortlich gestalten dürfen.65 In Art. 2 Abs. 1 GG ist damit nicht nur eine formell-rechtliche, sondern auch eine materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis über den Vertragsgegenstand eingeschlossen. Im Falle von Auslegungs- und Durchführungsschwierigkeiten können Abreden über die streitweise Erledigung des Vertragsverhältnisses getroffen und Rechtsschutzbedingungen festgelegt werden. Wenn nämlich bereits die völlige materielle Disposition über ein Recht möglich sein soll, so muss es den Parteien als Minus auch gestattet sein, Abreden über Form und Umfang des Rechtsschutzes zu treffen und damit staatliche Rechtsschutzformen zu ersetzen.66 Nur auf diesem Wege lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der seit jeher privatrechtlich anerkannten Schiedsgerichtsbarkeit durch die allgemeine Freiheitsvermutung des Grundgesetzes67 erklären. Eine nichtstaatliche Schiedsgerichtsbarkeit ist verfassungsrechtlich aber auch nur unter einem doppelten Vorbehalt haltbar: die auf Vertragsfreiheit beruhende Schiedsgerichtsbarkeit unterliegt im Rahmen ihrer Zulässigkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG einer grundrechtsimmanenten Begrenzung durch die Schrankentrias.68 Insbesondere sind in diesem Zusammenhang die verfassungsmäßige Ordnung, das Prinzip der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung und die damit einhergehende Derogation des Zugangs zu den staatlichen Gerichten zu nennen.69 Jede Einschränkung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit muss zudem auf gesetzlicher Grundlage beruhen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.70
61
Di Fabio, in: Maunz / Dürig GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Rdn. 101 ff.; Stober, NJW 1979, 2001, 2006 f. 62 BVerfG, Beschluss vom 12.11.1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57 = BVerfGE 8, 286, 328; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 2 GG, Rdn. 43. 63 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 2 GG, Rdn. 43; Vahle, DVP 2002, 487, 487. 64 Spiess, DVBl. 1994, 1222, 1222. 65 BVerfG, Beschluss vom 19.10.1993 = BVerfGE 89, 214, 231; Canaris, JZ 1987, 993, 994 ff.; Di Fabio, in: Maunz / Dürig GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Rdn. 101. 66 Stober, NJW 1979, 2001, 2005. 67 Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 87. 68 Di Fabio, in: Maunz / Dürig GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Rdn. 39 ff.; Kunig, in: v. Münch / Kunig GG, Art. 2 GG, Rdn. 19; Murswiek / Rixen, in: Sachs GG, Art. 2 GG, Rdn. 89 ff. 69 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 161. 70 Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 87; Stober, NJW 1979, 2001, 2005.
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§ 3 Grundlagen
Einerseits ist die Möglichkeit des Gesetzgebers zu nennen, gewisse Gebiete von der Möglichkeit der Schiedsgerichtsbildung auszuschließen, sofern dies aus rechtsstaatlichen, sozialstaatlichen oder anderen Gemeinwohlgründen in Abwägung mit der Privatautonomie und dem Interesse der Parteien geboten ist. Die Privatautonomie hat dann im Wege praktischer Konkordanz zurückzutreten, wenn schutzwürdige Belange der vom Rechtsstreit Betroffenen entgegenstehen oder die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren ist. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang kartellrechtliche, mietrechtliche oder arbeitsrechtliche Streitigkeiten.71 Da die Art. 92 ff. GG auf die Schiedsgerichtsbarkeit nicht anwendbar sind, muss der Gesetzgeber andererseits wegen seiner „rechtsstaatlichen Letztverantwortung für die Verwirklichung des Rechts“72 Regelungen dafür treffen, dass bei der Durchführung von Verfahren vor privaten Gerichten ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf den Prozessablauf gewährleistet ist. Insbesondere die Unabhängigkeit und Neutralität der Richter sind zwingende Voraussetzungen für ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit, ebenso die Gewährung rechtlichen Gehörs.73 Um sicherzustellen, dass sich die grundrechtliche Selbstbestimmung, welche sich letztlich in der freiwilligen Unterwerfung unter die private Schiedsgerichtsbarkeit äußert, nicht in grundrechtswidrige Fremdbestimmung umwandelt, hat sich der Gesetzgeber die Möglichkeit einer „Missbrauchskontrolle“ privatgerichtlicher Entscheidungen zumindest im Umfang einer gewissen „Rahmenkontrolle“ vorbehalten. Des Weiteren kann der Gesetzgeber Privaten keine grundrechtswidrige Zwangsgewalt verschaffen, weshalb die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ohnehin beim staatlichen Gericht verbleiben muss, welches gemäß Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist.74 Hinsichtlich der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung und der damit einhergehenden Derogation des Zugangs zu den staatlichen Gerichten muss der Staat von Verfassung wegen sicherstellen, dass dieser Grundsatz der Freiwilligkeit auch effektiv durchgesetzt wird.75 Im deutschen Recht ist gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO ein inländischer Schiedsspruch aufzuheben, wenn diesem kein gültiger Schiedsvertrag zugrunde liegt. Bei ausländischen Schiedssprüchen finden gemäß § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO die Vorschriften des UNÜ Anwendung, sodass die Anerkennung des Schiedsspruches gemäß Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ bei fehlender gültiger Schiedsvereinbarung zu versagen ist. Seit der Erweiterung des Wirkungskreises der Schiedsgerichtsbarkeit und der nicht mehr vorhandenen Anknüpfung der Schiedsfähigkeit an die Vergleichsbefugnis, stellt sich die Frage, ob eine intensive „Rahmenkontrolle“ bereits auf Ebene der objektiven Schiedsfähigkeit erfolgen
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Stober, NJW 1979, 2001, 2005; ebenso Burmeister, DÖV 1978, 1 ff. Stober, NJW 1979, 2001, 2006. 73 Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 88; ebenso Claussen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 92 GG, Rdn. 44; Wolf, ZZP 89 (1976), 260, 275 u. 280 ff. 74 Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 88. 75 Claussen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 92 GG, Rdn. 44. 72
B. Staatliche Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit
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soll.76 Fraglich ist in diesem Zusammenhang der Umfang und Anlass der Prüfung der Wirksamkeit des Schiedsvertrages seitens der staatlichen Gerichte. Einigkeit herrscht darüber, dass die Gerichte im Ernennungs- und Aushilfeverfahren die Wirksamkeit des Schiedsspruches nicht exakt überprüfen müssen, sondern zur Mitwirkung auch bei Zweifelhaftigkeit des Schiedsvertrages verpflichtet sind.77 Im Falle der Erteilung der Parteien einer Kompetenz-Kompetenz an das Schiedsgericht könne das staatliche Gericht lediglich nachprüfen, ob materiell eine Schiedsvereinbarung vorliege und ob die Parteien eine derartige Ermächtigung ausgesprochen haben.78 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Kompetenz-Kompetenz werden aber ausgeräumt, indem die Entscheidung des Schiedsgerichts dann als eine Art zweite Schiedsabrede über die Frage der Gültigkeit des Schiedsvertrages qualifiziert wird, über dessen Wirksamkeit und Umfang wiederum das staatliche Gericht vollumfänglich entscheiden dürfe.79
V. Fazit Zusammenfassend steht fest, dass die Schiedsgerichtsbarkeit weder eine traditionelle Ausnahme vom staatlichen Gerichtssystem, noch eine Durchbrechung des staatlichen Rechtsprechungsmonopols darstellt, sondern letztlich eine in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde und von Verfassung wegen anerkannte Rechtsschutzmöglichkeit darstellt. Die Vorschriften in der ZPO konkretisieren die in Art. 2 Abs. 1 GG konstitutiv enthaltene Vertragsfreiheit in Form echter Rechtsprechung.
B. Verhältnis von staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit in rechtsgeschichtlicher Sicht In Hinblick auf die Gleichwertigkeitsthese ist auch das geschichtliche Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit zu beleuchten. Die Regelungen in der Zivilprozessordnung von 1877, als auch das französischen Recht und das common law zeigen, dass die Wurzeln der Schiedsgerichtsbarkeit eine lange Tradition genießen.80 Die Ursprünge der Schiedsgerichtsbarkeit sind älter als 76
Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 18. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 162; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 75; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit, S. 37, 56. 78 Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 75; zum ausländischen Schiedsspruch Mezger, NJW1962, 278, 280. 79 BGH, Urteil vom 05.05.1977 – III ZR 177/74 (OLG Hamburg) = ZZP 91 (1978), 470, 478; Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 163; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 75; Habscheid, KTS 1964, 146, 152 ff.; Habscheid / Calvaros, KTS 1979, 1, 8; Mann, in: FS Flume (1978), S. 593, S. 607 f.; ablehnend Leipold, ZZP 91 (1978), 479, 482 u. 483. 80 Pohl, Doppelte Rechtshängigkeit, S. 30–31; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 4–5. 77
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§ 3 Grundlagen
die staatliche Gerichtsbarkeit selbst, wie Überlieferungen aus ptolemäischen Papyri und insbesondere aus dem antiken römischen Recht zeigen.81 Als Grund für die Entwicklung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit im römischen Recht gilt allgemein der Zerfall der kaiserlichen Jurisdiktionsgewalt, welcher das Bedürfnis nach einer neuen, übergeordneten Gerichtsbarkeit hervorrief.82 Im klassischen römischen Recht wurde der Schiedsvertrag als compromissum bezeichnet; im Gegensatz zum modernen Schiedsvertrag stellte dieser jedoch gerade keine den ordentlichen Gerichtsprozess hindernde Einrede dar, sowie auch keine Vollstreckung aus dem Schiedsspruch möglich war.83 Vielmehr mussten die Parteien erneut vor ein staatliches Gericht, weshalb sich die Parteien für die Beachtlichkeit von Schiedssprüchen durch wechselseitige Strafversprechen, sog. Stipulatio poenae, absicherten. Nach einer Reform unter Kaiser Justitian war die Vollstreckung aus dem Schiedsspruch zwar möglich, von einer Gleichstellung von Schiedsspruch und Urteil war jedoch zu keinem Zeitpunkt die Rede.84 Schon damals war die private Schiedsgerichtsbarkeit auf die unterstützende Rolle der staatlichen Gerichte angewiesen, wie auch in der geltenden Fassung gemäß § 1060 Abs. 1 ZPO eine Vollstreckbarerklärung vor dem staatlichen Gericht notwendig ist.85 Gleiches galt nach der sog. gemeinrechtlichen Lehre, welche dem Schiedsspruch allenfalls vertragliche Wirkungen zubilligte.86 Im Gegensatz dazu nahm die Schiedsgerichtsbarkeit im Mittelalter einen höheren Stellewert ein. In dem 1204 von Peter II. von Argona bestätigten Statut von Montpellier wurden Schiedssprüche staatlichen Urteilen gleichgestellt: „Confessiones, testificationes et omnia coram arbitris actitata proinde valeant ac si in curia essent acta“.87 Ebenso schien die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch in manchen Städten möglich zu sein. Gleichermaßen kannte die Reichszivilprozessordnung vom 30.01.1877 die Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs. Aus der Begründung geht sogar hervor, dass eine Gleichstellung mit dem staatlichen Urteil gewollt war. Diese unmissverständliche Gleichstellung wurde zudem durch den Entwurf des § 754 der damaligen ZPO aus dem Jahre 1931 bestätigt. Zwar lautete dieser Entwurf wie folgt: „Der gültige Schiedsspruch hat die Wirkung eines Vertrags, der das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis feststellt. Gegenüber einem gültigen Schiedsspruch kann sich keine Partei ohne Zustimmung der anderen auf die ursprüngliche Rechtslage
81
Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 1–2. Zieren, Schiedsverfahrensrecht, S. 37. 83 Zieren, Schiedsverfahrensrecht, S. 38. 84 Pohl, Doppelte Rechtshängigkeit, S. 32. 85 Pohl, Doppelte Rechtshängigkeit, S. 33. 86 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 546. 87 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 546; ebenso Altenrath, Wirkung des Schiedsspruchs, S. 28. 82
C. Die Schiedsvereinbarung
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berufen“. Dieser Entwurf wurde jedoch nicht wie geplant Gesetz; im Gegenteil sah die Begründung des angenommenen Gesetzes vor, dass der Schiedsspruch Urteilswirkungen entfalten müsse und wie ein Urteil im Prozesswege beseitigt werden und als Vollstreckungstitel dienen können müsse.88 Auch die Neugestaltung des Schiedsverfahrensrechts durch das Gesetz vom 22.12.1997 im Zuge der Umsetzung des UNCITRAL-Modellgesetzes ging bei der Neuregelung der §§ 1025 ff. ZPO von einer „der staatlichen Gerichtsbarkeit im Prinzip gleichwertigen Rechtsschutzmöglichkeit“ aus.89 Der kurze geschichtliche Überblick zeigt anschaulich, dass Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Gerichtsbarkeit seit jeher in einem sich wandelnden Verhältnis zueinander betrachtet wurden. Aussagen über eine heutzutage vorherrschende, tatsächliche Gleichwertigkeit beider Gerichtsbarkeiten lassen sich daraus zwar nicht ableiten, verdeutlichen aber umso mehr das Hin-und Her zwischen den unterschiedlichen Ansichten über Rechtsnatur und Wirkungen des Schiedsspruches und das Verhältnis beider Gerichtsbarkeiten zueinander.
C. Die Schiedsvereinbarung als „Schnittstelle“ zur Schiedsgerichtsbarkeit – Umfang und Grenzen der Privatautonomie Die „Grenze“ zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit bildet gewissermaßen die Schiedsvereinbarung. Sobald diese von den Parteien wirksam mit dem Inhalt abgeschlossen wurde, Konflikte in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vor einem Schiedsgericht klären zu wollen,90 ist das staatliche Gericht nicht mehr dazu befugt, den Rechtsstreit zu entscheiden. Die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen bildet einerseits die Voraussetzung zur Begründung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts und ist andererseits erforderlich zum Betreiben der Zwangsvollstreckung, Art. IV Abs. 1 lit. b UNÜ i. V. m. Art. II UNÜ. Prozessrechtlich begründet sie eine prozesshindernde Einrede, § 1032 Abs. 1 ZPO.91 Ebenso haben die Parteien die Möglichkeit, den Sitz und das anwendbare Schiedsverfahrensrecht in der Schiedsvereinbarung festzulegen, mittelbar wird dadurch auch bestimmt, welche Nationalität der Schiedsspruch hat und welches staatliche Gericht während des Verfahrens zuständig ist.92 Im Zweifel werden sich die Parteien nicht für die lex fori eines Landes entscheiden, in denen ein staatliches Gericht die Möglichkeit hat, nach langen und schwierigen Auseinandersetzungen die Ver-
88
Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 551. BGBl. 1997 I, S. 3224; BT-Drucks. 13/5724, S. 34. 90 Hamman / Lennarz, JA 2012, 801, 802. 91 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 316 ff.; ders., IPrax 2006, 442, 443. 92 Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 52–53. 89
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§ 3 Grundlagen
bindlichkeit des Schiedsspruches wieder leicht zu durchbrechen. Vielmehr werden sie sich für einen Ort entscheiden, in denen die Eingriffsmöglichkeiten der staatlichen Richter in das Schiedsverfahren begrenzt sind und eine möglichst einfache Anerkennung und Vollstreckbarerklärung sichergestellt wird.93 Da die Schiedsgerichtsbarkeit auf der Privatautonomie beruht, kann sie nicht weitergehen als diese. Nur in Bereichen, die es dem Bürger gestatten, frei über seine Rechte zu verfügen, kann der Staat nichts gegen die Schiedsgerichtsbarkeit einwenden. Das Bild Habscheids, die Privatautonomie folge der Schiedsgerichtsbarkeit „wie ein Schatten“94 ist insofern zutreffend. Obgleich ein Verzicht auf staatliche „Kontrolle“ also nicht gänzlich möglich ist,95 um die Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit zu gewährleisten, so besitzt sie als solche keinen Selbstzweck. Vielmehr ist sie nur soweit gerechtfertigt, als schützenswerte Interessen an der Einhaltung gewisser Grenzen bestehen. Bevor der Umfang der staatlichen „Rahmenkontrolle“ und damit das Verhältnis zwischen staatlicher und privater Gerichtsbarkeit geklärt werden können, müssen die zu berücksichtigenden Interessen ermittelt und gegeneinander abgewogen werden.96
I. Interessen der Schiedsparteien – Umfang der Parteiautonomie Zunächst sollen die Interessen der sich durch die Schiedsvereinbarung der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehenden Schiedsparteien beleuchtet werden. Zu unterscheiden ist dabei mit Sonnauer97 zwischen Interessen, die durch die staatliche „Kontrolle“ nachteilig beeinträchtigt werden und solchen, die eine staatliche „Kontrolle“ erforderlich machen.
93
Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 17. Habscheid, KTS 1959, 113, 114. 95 BGH, Entscheidung vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 = NJW 1986, 1436; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.12.1983 – 21 U 2/83 = KTS 1985, 377, 379; so auch Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 57; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 53 f. spricht sich für die Möglichkeit eines Verzichts auf den Aufhebungsantrag nach Erlass des Schiedsspruchs aus; anfängliche Rechtsmittelverzichte, wie sie etwa Art. 24 Abs. 2 der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer in Paris kennt, erfassen nach deutscher Auffassung nicht die Aufhebungsklage nach § 1059 Abs. 2 ZPO, da sie gegen den ordre public verstoßen; anders beispielsweise in England, Art. 3, 4 Arbitration Act 1979. 96 Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 9 ff. 97 s. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 9 ff. 94
C. Die Schiedsvereinbarung
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1. Nachteilige Auswirkungen einer staatlichen „Rahmenkontrolle“ für die Interessen der Schiedsparteien a) Größtmöglicher Einfluss auf das Verfahren Die Schiedsgerichtsbarkeit ist als Streitentscheidungsmechanismus konzipiert, welcher auf eine endgültige und verbindliche Streitbeilegung unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit gerichtet ist. Bei der Entscheidung der Parteien für ein Schiedsverfahren steht notwendig die Parteiautonomie im Vordergrund. Schließlich entscheiden sich die meisten Schiedsparteien deshalb für ein Schiedsverfahren, weil sie ein Interesse daran haben, einen möglichst großen Einfluss auf die Gestaltung des Verfahrens nehmen zu können, sei dies in Bezug auf die Wahl des anwendbaren Verfahrensrechts oder einer bestimmten Schiedsorganisation. Dieser größtmögliche Einfluss auf das Verfahren kann durch zu weitgehende staatliche Kontrollmechanismen nachteilig beeinflusst werden. b) Rasche, kostengünstige und vertrauliche Entscheidung Ein weiterer wichtiger Faktor für die Wahl eines Schiedsverfahrens ist der Aspekt der möglichst schnellen und kostengünstigen Herbeiführung einer Entscheidung. Der Faktor Zeit wird aber maßgeblich auch vom Umfang der Möglichkeiten staatlicher Intervention beeinträchtigt. Ebenso weist Schütze98 darauf hin, dass für eine möglichst schnelle, abschließende und bindende Entscheidung auch das Interesse beider Parteien an einer möglichst raschen Streitbeilegung erforderlich ist. Verzögerungstaktiken einer Partei und zu weitgehende staatliche „Kontrollen“ des Schiedsverfahrens können einem raschen Abschluss des Schiedsverfahrens entgegenstehen. Damit einhergehend können Verzögerungstaktiken auch höhere Kosten als ursprünglich veranschlagt verursachen.99 Ebenso wesentlicher Grund für den Rückgriff auf die schiedsrichterliche Entscheidung ist der Ausschluss der Öffentlichkeit und die Vertraulichkeit des Verfahrens, sowohl in Bereichen, in welchen die Parteien um ihren guten Ruf bangen, als auch bei sensiblen Geschäftsgeheimnissen.100 Sobald staatliche Gerichte mit der Sache befasst werden, droht eine Veröffentlichung der Gerichtsentscheidung, die den Vorteil der Vertraulichkeit des Verfahrens wieder aushebeln würde.
98
Schütze, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 4. Schwytz, BB 1974, 673, 673 f.; ebenso Jagenburg, in: FS Oppenhoff (1985), S. 147, 164 ff.; Schütze, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 10 und 11. 100 Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 11; im Bereich des Kartellrechts erfolgt bei Schiedsverfahren keine Benachrichtigung des Bundeskartellamts nach § 90 GWB. 99
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§ 3 Grundlagen
c) Verbindlichkeit des Schiedsspruchs und rasche Durchsetzung Natürlich muss ein Schiedsspruch eine verbindliche und abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darstellen, das Schiedsgericht muss „statt und nicht nur neben dem staatlichen Gericht“101 Recht sprechen. Je größer aber das Maß staatlicher Intervention ist, desto geringer ist das Maß an Verbindlichkeit des Schiedsspruches. Gleiches gilt für die rasche rechtliche Durchsetzbarkeit. Je umfangreicher das Oberlandesgericht die Streitigkeit aufrollen kann, desto mehr verzögert sich die Durchsetzung des Schiedsspruches. 2. Interessen der Schiedsparteien, die eine staatliche „Rahmenkontrolle“ erfordern Auf der anderen Seite gibt es auch Interessen der Schiedsparteien, welche eine staatliche „Rahmenkontrolle“ erfordern. Schließlich erwarten die Schiedsparteien auch, dass das Schiedsverfahren rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, weshalb eine gewisse staatliche „Kontrolle“ erforderlich ist. a) Beachtung der Parteivereinbarung durch das Schiedsgericht Zunächst haben die Parteien ein wesentliches Interesse daran, dass das Schiedsgericht nur dann tätig wird, wenn eine gültige Parteivereinbarung vorliegt und das Schiedsgericht Umfang und Inhalt dieser Parteivereinbarung bei seinem Tätigwerden berücksichtigt. Dies erfordert eine gewisse „Rahmenkontrolle“ seitens des staatlichen Gerichts. b) Beachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards Weiter liegt es im Interesse der Schiedsparteien, dass gewisse rechtsstaatliche Mindeststandards auch im Verfahren vor dem Schiedsgericht beachtet werden. Die „Überprüfung“ der Einhaltung wesentlicher Verfahrensgrundsätze durch das staatliche Gericht, wie etwa die Gewährung rechtlichen Gehörs, ist damit unerlässlich. Ebenso soll dadurch ein Schutz vor willkürlichen schiedsgerichtlichen Handlungen und Entscheidung gewährleistet werden.
II. Staatliche Interessen – Grenzen der Privatautonomie Auf der anderen Seite stehen der Privatautonomie staatliche Interessen gegenüber. 101
Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 12.
C. Die Schiedsvereinbarung
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1. Schutz besonders sensibler Bereiche – Schiedsfähigkeit Ein staatliches Interesse besteht auch und vor allem im Zusammenhang mit dem weiter oben erörterten staatlichen Rechtsprechungsmonopol. Beispielsweise auf dem Gebiet des Verwaltungs- und Strafrechts und dem Gebiet der Ordnungspolitik handelt es sich um politische Normen, die nicht privaten, sondern staatlichen Interessen zu dienen bestimmt sind. Bestimmte Rechtsbereiche sind aufgrund ihrer Sensibilität von der Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen, sodass insbesondere bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten die Schiedsunfähigkeit geregelt werden kann.102 2. Sicherung des Rechtsfriedens und Interesse an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit Weiterhin besteht ein Interesse des Staates, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Sobald die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs jenen Rechtsfrieden beeinträchtigen würde, muss dass staatliche Gericht eingreifen, was wiederum gewisse Möglichkeiten einer „Rahmenkontrolle“ voraussetzt. Auf der anderen Seite ist jedoch auch seitens des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit zu beachten, dass nur in begründeten Ausnahmefällen ein staatliches Eingreifen geboten ist und ansonsten eine möglichst rasche Klärung unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit Rechtsfrieden begünstigt. In diesem Zusammenhang hat der Staat auch ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit und der Schaffung eines internationalen Schiedsmarktes im Inland, welche insbesondere deren Autonomie und die Begrenzung staatlicher Intervention auf ein Minimum erfordern.103
III. Interessen Dritter Letztlich sind auch noch Interessen Dritter zu beachten. Insbesondere geht es dabei um solche Dritte, die sich nicht der schiedsrichterlichen Streitentscheidung unterworfen haben. Diese Personen haben sowohl ein Interesse daran, nicht einem Schiedsverfahren ausgesetzt zu sein, welches sie nicht gewollt haben, als auch ein Interesse daran, vor Drittwirkungen von Schiedssprüchen geschützt zu werden. Eine staatliche „Kontrolle“ der Zuständigkeitskompetenz des Schiedsgerichts und von Verträgen zu Lasten Dritter ist damit unerlässlich.104
102
Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 15; ebenso Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 19. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 15, 16; ebenso Bühler, IPrax 1987, 253, 256. 104 Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 14; ebenso Ahrendt, Zuständigkeitsstreit, S. 1; Bülow, KTS 1970, 125, 129. 103
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§ 3 Grundlagen
IV. Fazit Die unterschiedlichen Interessen der Schiedsparteien, das öffentlichen Interesse des Staates und die Interessen Dritter haben gezeigt, dass bei der Ermittlung des Ausmaßes der staatlichen „Kontrolle“ über die Schiedsgerichtsbarkeit eine einseitige Perspektive fehl am Platz ist. Somit ergibt sich für das Interesse aller beteiligter Akteure, dass weder der Verzicht, noch eine vollumfängliche staatliche „Rahmenkontrolle“ geboten ist, sondern vielmehr ein Ausgleich beider Positionen zu erreichen ist.
§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht – einzelne Möglichkeiten einer „Rahmenkontrolle“ Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die Parteien des Schiedsverfahrens wegen der Freiwilligkeit ihrer Unterwerfung unter das Schiedsgericht im Sinne einer neutralen Bereinigung auftretender Probleme nicht gegen den Schiedsspruch wehren und diesen erfüllen und rechtlich anerkennen.1 Gleichwohl gibt es Ausnahmen, in denen ein Schiedsspruch nicht erfüllt wird und dessen Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung begehrt wird. Zu betonen ist zwar, dass es sich hierbei erfreulicherweise um Ausnahmen handelt: nach der Statistik der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) waren in den Jahren 2000–2010 insgesamt 1393 deutsche Unternehmer als Kläger oder Beklagte an Schiedsverfahren des ICC beteiligt. In Deutschland gab es in diesem Zeitraum jedoch nur 15 Verfahren, in denen es um die Anerkennung eines ausländischen ICC-Schiedsspruchs ging.2 Kommt es zu einem solchen Streit um die rechtliche Anerkennung, gibt es einzelne staatliche „Rahmenkontrollmechanismen“ in den §§ 1059 - 1061 ZPO, welche wichtige Schlüsse für das Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit enthalten. § 1055 ZPO bestimmt, dass dem Schiedsspruch die Wirkungen eines rechtskräftigen staatsgerichtlichen Urteils zukommen. Während Letztgenanntes jedoch nur schwer in seiner Rechtskraft zu durchbrechen ist, ist bei einem Schiedsspruch fraglich, ob dieser nicht verschiedenen Angriffsmöglichkeiten ausgesetzt ist. In § 1059 ZPO werden eine Reihe von Aufhebungsgründen aufgezählt, die beim staatlichen Gericht geltend zu machen sind. § 1060 ZPO regelt die Vollstreckbarerklärung von inländischen Schiedssprüchen durch das staatliche Gericht und in § 1061 ZPO wird auf das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche verwiesen. Dem staatlichen Gericht kommen demnach einige „Rahmenkontrollmechanismen“ zu, die im Folgenden darzustellen sind. Ob und welche Gefahren von den Möglichkeiten staatlicher Invention für das Institut der Schiedsgerichtsbarkeit ausgehen, hängt nicht nur davon ab, welche möglichen Schnittstellen zwischen privater und staatlicher Schiedsgerichtsbarkeit bestehen, also welche Aufhebungsgründe in concreto zur Aufhebung des Schiedsspruches führen können. Vielmehr ist von Bedeutung, wie das Verfahren vor den staatlichen Gerichten selbst ausgestaltet ist und welcher Umfang dem staatlichen 1
Ahrendt, Zuständigkeitsstreit, S. 4. Samtleben, ZZPInt 16 (2011), 425, 426.
2
64
§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Gericht bei der „Rahmenkontrolle“ von Schiedssprüchen zukommt.3 Wie Schlosser bereits 1979 zutreffend feststellte, sind die zur Aufhebung von Schiedssprüchen bereitgestellten „Rechtsmittel“ stets von den Rechtsbehelfen, die gegen die Urteile staatlicher Gerichte statthaft sind, zu unterschieden. Diese grundsätzliche Feststellung zieht jedoch einige Folgefragen nach sich, sei dies hinsichtlich der Ausgestaltung des „Rechtsbehelfs“, der Verzahnung des „Anfechtungsrechtsbehelfs“ mit dem Vollstreckbarerklärungsverfahren, der Ausgestaltung eines möglichen Verlustes von Rechtsbehelfsmöglichkeiten, wie auch des genauen Schicksals des Verfahrens nach der Aufhebung eines Schiedsspruches.4 Wie eingangs erwähnt, können weder die Darstellung einzelner, gegebenenfalls widerstreitender Interessen, noch die bloße Darstellung der einzelnen Aufhebungsgründe zur Herausarbeitung der Rolle der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit genügen. Diese ergibt sich vielmehr aus der konkreten Ausgestaltung des Aufhebungs-, Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens und dem Verhältnis dieser Verfahren zueinander. Darüber hinaus ist das staatliche Rechtsmittelverfahren darzustellen und mit dem Aufhebungsverfahren gemäß § 1059 ZPO zu vergleichen. Angesichts der ordre public Kontrolle ist ein Vergleich zur Überprüfung letztinstanzlicher, staatlicher Gerichtsentscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht angezeigt. Im Folgenden ist auch die Untersuchung der Rechtskraft von inländischen Schiedssprüchen der Darstellung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 1060 ZPO voran zu stellen. In Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist zudem ein Vergleich zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile angezeigt.
A. Verfassungsrechtlich gebotene „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen Zunächst ist zu klären, inwiefern die „Rahmenkontrolle“ schiedsrichterlicher Entscheidungen durch das staatliche Gericht verfassungsrechtlich geboten sein kann. Eine solche gebotene „Nachprüfbarkeit“ könnte sich nämlich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergeben.
I. Verfassungsrechtlich gebotene „Rahmenkontrolle“ von Schiedssprüchen wegen Art. 19 Abs. 4 GG In Art. 19 Abs. 4 GG wird der Rechtsweg garantiert, soweit jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wurde. Fraglich ist, ob sich ein so zu verstehendes „Grundrecht auf Verfahren“ lediglich hinsichtlich des Schutzes vor 3
Vgl. auch Haas, in: Oberhammer, S. 19, 22. Schlosser, ZZP 92 (1979), 125, 148 f.
4
A. „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen
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Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt ergibt oder ob Art. 19 Abs. 4 GG auch in Bezug auf Rechtsverletzungen durch Schiedsgerichte Relevanz erlangen kann.5 1. Meinungsstand Eine Meinung vertritt, dass aus Art. 19 Abs. 4 GG ein allgemeiner Justizgewährungsanspruch abzuleiten sei.6 Dieser beinhalte den Anspruch des Bürgers gegen den Staat auf Gewährung von Rechtsschutz zur Durchsetzung eigener Ansprüche auch und gerade auf dem Gebiet des Privatrechts.7 Als Ergebnis zu einem dem Bürger auferlegten Selbsthilfeverbot8 und dem damit einhergehenden staatlichen Gewaltmonopol müsse durch den Anspruch auf Zugang zu einem Gericht der grundgesetzlich zum Minimum erhobene Rechtsschutzstandard gewahrt werden, was lediglich durch den Zugang zu einem staatlichen Gericht sichergestellt sei.9 Schiedsgerichte müssten erst durch Parteivereinbarung und Bestellung der Schiedsrichter konstituiert werden; ein Rechtsweg, der „offensteht“ würde aber die Existenz eines entsprechenden Spruchkörpers voraussetzen.10 Da der Justizgewährungsanspruch zudem überwiegend im öffentlichen Interesse stehe, sei dieser von vorneherein der Parteidisposition entzogen. Wenn der durch die Schiedsvereinbarung gebundene Bürger verpflichtet sei, bei Rechtsstreitigkeiten nicht das staatliche Gericht, sondern das Schiedsgericht anzurufen, entstünde eine Kollision zum Justizgewährungsanspruch gegenüber den staatlichen Gerichten.11 Aus diesem Grund vertreten einige die Meinung, dass zumindest ein zweistufiges Verfahren vorausgesetzt würde, um den sekundären „Kontrollanspruch“ auf „Überprüfung“ erstinstanzlicher Rechtsakte zu garantieren.12 Da das schiedsrichterliche Verfahren in der Regel nur eine Instanz kenne, gebiete Art. 19 Abs. 4 GG eine „Überprüfung“ durch das staatliche Gericht als zweite Instanz.13 In den §§ 1059 ff. ZPO würde dieses Verfassungsgebot erfüllt durch die Möglichkeit zur 5
Lorenz, NJW 1977, 865, 870. So etwa Klein, JZ 1963, 591, 592. 7 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 81. 8 Ausnahmen kennt das Gesetz in §§ 229, 904 BGB und §§ 32, 33, 34 StGB. 9 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82; Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 32; Kiesow, KTS 1962, 224, 233; Rapsch, NVwZ 1993, 534, 535 f. 10 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 34. 11 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 83–85; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 158–159. 12 Bauer, Gerichtsschutz als Verfassungsgarantie, S. 100 f.; Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; Lorenz, Rechtsschutz des Bürgers, S. 244; Krebs, in: Münch / Kunig GG, Art. 19 GG, Rdn. 63, 64, 69; in diesem Sinne wohl auch Haas, in: Oberhammer, S. 19, 22, der davon ausgeht, dass die staatlichen Gerichte „mithin funktional gesehen vielfach bereits zweitinstanzlich tätig werden“; ebenso wohl Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 442; Rupp, JZ 2005, 157 f.; Ule, NJW 1968, 967, 971 f.; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 198, 255 f. 13 Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 242; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 255 f. 6
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
gerichtlichen „Rahmenkontrolle“ im Rahmen der Aufhebung und Vollstreckbarerklärung inländischer und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, sofern nicht eine gerichtliche „Überprüfung“ anderorts vorgesehen sei, wie z. B. bei der Ablehnung von Schiedsrichtern.14 Eine andere Meinung vertritt hingegen, dass die in Art. 19 Abs. 4 GG enthaltene Garantie einer Gerichtsbarkeit nicht institutionsbezogen sei, also nicht zwangsläufig ein staatliches Gericht entscheiden müsse. Die Rechtsweggarantie orientiere sich nur an Organisation und Verfahren der Entscheidungsinstanz, welche materiell Rechtsprechung ausüben und unparteiische Streitentscheidung gewährleisten müsse.15 Da Schiedsgerichte aufgrund ihrer Organisation durchaus diesen Kriterien entsprechen können, würden auch diese Rechtsschutz i. S. v. Art. 19 Abs. 4 GG gewähren.16 Die Frage einer „Überprüfung“ durch das staatliche Gericht als zweite Instanz stelle sich nach dieser Ansicht nicht, da der Justizgewährungsanspruch auch durch die Anrufung eines Schiedsgerichts gewahrt sei. Ohnehin sei fraglich, inwiefern Art. 19 Abs. 4 GG oder das Rechtsstaatsprinzip einen Instanzenzug gewährleisten.17 Wieder andere erkennen einen allgemeinen Justizgewährungsanspruch zwar an, halten diesen aber jedenfalls für die Schiedsgerichtsbarkeit unproblematisch, da die Parteien vollständig auf diesen verzichten könnten.18 Lediglich im Bereich des Strafrechts könne ein öffentliches Interesse an der „Herrschaft des Rechts“ bestehen, wohingegen Grundlage des Zivilrechts die Privatautonomie der Rechtssubjekte sei. Ein öffentliches Interesse bestünde zwar allgemein aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass die Parteien die Möglichkeit hätten, vor dem staatlichen Gericht ihre Ansprüche einzuklagen. Würden sie jedoch parteiautonom auf diese Möglichkeit verzichten, bestehe ein allgemeines Interesse nicht mehr.19
14
Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 5. Smid, DZWiR 1996, 52, 54 f.; ebenso Bender, DB 1998, 1900, 1901 (Fn. 16). 16 Walter, JZ 1989, 590, 591; ebenso Ramm, ZRP 1989, 136 ff. 17 Verneinend jedenfalls BVerfG, Beschluss vom 22.06.1960 – 2 BvR 37/60 = BVerfGE 11, 232, 233; BVerfG, Beschluss vom 18.02.1970 – 1 BvR 226/69 = BVerfGE 28, 21, 36; BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980 – 1 PBvU 1/79 = BVerfGE 54, 277, 291 f.; BVerfG, Beschuss vom 07.07.1992 – 2 BvR 1631, 1728/90 = BVerfGE 87, 48, 61; BVerfG, Urteil vom 04.07.1995 – 1 BvR 1421/96 = BVerfGE 92, 365, 410; BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 – 2 BvR 527/99 = BVerfGE 104, 220, 231; BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 = BVerfGE 125, 104, 136; BVerwG, Urteil vom 15.02.1956 – BVerfG II C 129.54 = BVerwGE 3, 145, 147; BVerwG, Urteil vom 22.01.2004 – BVerwG 4 A 32.02 = BVerwGE 120, 87, 93. 18 Dafür sprechen sich aus Schlosser, Einverständliches Parteihandeln, S. 66 ff.; ebenso Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 1 ff.; wieder andere befürworten die Möglichkeit des Ausschlusses der Klagbarkeit, sehen den allgemeinen Justizgewähranspruch durch die Schiedsabrede als Klagemöglichkeit aber als nicht betroffen an, vgl. Baumgärtel, ZZP 75 (1962), 385, 394; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz, S. 159 f.; Wagner, Prozessverträge, S. 397, 421 ff. 19 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 86–87. 15
A. „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen
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2. Stellungnahme Allgemein anerkannt ist zwar, dass dem Bürger ein Justizgewährungsanspruch dahingehend zusteht, dass der Staat diesem eine funktionsfähige Justiz zur Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung stellt.20 Grundlage dessen ist jedoch ein autonom handelnder Bürger, der selbst darüber entscheiden kann, ob und in welchem Umfang er Verpflichtungen eingeht oder auf deren Einhaltung bzw. Durchsetzung besteht. Ginge man irrtümlich von einer Verpflichtung der Parteien aus, ihre Konflikte gerichtlich zu lösen, so bliebe ein gerichtliches Verfahren auch nicht ultima ratio. Vielmehr ginge man dann eher von einer Justizgewährungspflicht des Staates aus. Da ein Justizgewährungsanspruch des Bürgers aber auch nur in dem Umfang bestehen kann, den die Parteien bestimmt haben, wäre eine Justizgewährungspflicht gegen den Willen der Bürger inhaltslos.21 Weiter ist festzustellen, dass dieser Justizgewährungsanspruch des Bürgers nicht zwingend aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten ist. Wenn dessen Existenz nämlich auf das Selbsthilfeverbot und das damit einhergehende, staatliche Gewaltmonopol zurückzuführen sei, also Prinzipien des allgemeinen Rechtsstaatsprinzips, so kann es nur folgerichtig sein, den Justizgewähranspruch als Korrelat beider Prinzipien ebenfalls dem Rechtsstaatsprinzip statt Art. 19 Abs. 4 GG zu unterstellen.22 Was die Rechtsweggarantie des Grundgesetzes in Hinblick auf eine Verpflichtung zur Bereithaltung eines Instanzenzuges betrifft, ist mittlerweile wohl herrschende Ansicht, dass eine solche Pflicht weder aus Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 103 Abs. 1 GG, noch dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip zu entnehmen ist.23 Dieser Ansicht ist zu folgen. Unabhängig von der Anerkennung eines Justizgewährungsanspruches im Generellen und dessen Zuordnung zum Rechtsstaatsprinzip oder Art. 19 Abs. 4 GG im Besonderen, kann der Gesetzgeber aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit entscheiden, ob er „Rechtsmittelzüge einrichtet, welche Zwecke er damit verfolgt wissen will und wie er sie im einzelnen regelt.“24 Eine Ausgestaltung ist zwar in vielfältiger Weise möglich: so kann die Befassung einer höheren Instanz sowohl von der Parteiinitiative, als auch von einer Vorlagebefugnis des Ausgangsgerichts abhängig gemacht werden. Ebenso können Mindestwerte des Streitgegenstands verlangt werden, um das Verfahren in einer höheren Instanz zu gewähren. 20
Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; ebenso Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 87. Siehe Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 87–88; von einer Justizgewährungspflicht spricht beispielsweise Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; s. auch Groh, ZZP 51 (1926), 145, 148 und 149. 22 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 83; Geimer, in: FS Nagel (1987), S. 36, 39; Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 35, welche den Zugang zum staatlichen Gericht als „allgemeiner rechtsstaatlicher Fundamentalsatz“ kennzeichnet. 23 BVerfG, Beschluss vom 26.03.1987 – 2 BvR 284/85 = BVerfGE 74, 358, 377; Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; Schmidt- Aßmann, in: Maunz / Dürig GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 179. 24 BVerfG, Entscheidung vom 11.06.1980 = BVerfGE 54, 227, 291; zustimmend Bethge, NJW 1991, 2391, 2393 und 2394; anders Krugmann, ZRP 2001, 306, 307; Jachmann, in: Maunz / Dürig GG, Art. 95 GG, Rdn. 99 f. 21
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Andererseits kann der Gesetzgeber einen bestehenden Instanzenzug aber auch verkürzen.25 Alleine aus der Gewährleistung umfassenden Rechtsschutzes folgt keine Gewährleistung von Rechtsmittelzügen; diese folgt ebenso nicht aus Art. 95 GG.26 Das in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument, Art. 19 Abs. 4 GG gewähre lediglich Rechtsschutz gegen die öffentliche Gewalt, nicht aber „gegen den Richter“, kann nicht überzeugen.27 Vielmehr gelten vor dem Bundesverfassungsgericht bei der Urteilsverfassungsbeschwerde auch Rechtsprechungsakte als Akte hoheitlicher Gewalt.28 Entscheidender für die Beurteilung sind die Grundanliegen, welche mit der Einrichtung von Rechtsbehelfssystemen verfolgt werden: auf der einen Seite steht das Bedürfnis nach einer Gewähr von richtigen Einzelentscheidungen, auf der anderen die Einheit der Rechtsordnung und die damit einhergehende Einheit der Rechtsprechung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass allein die mehrfache Befassung von Gerichten mit einem Streitgegenstand keine Gewähr für eine materiell „richtigere“ Entscheidung darstellt. Anzubringen sind ebenso die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, sowie die Überlastung staatlicher Gerichte.29 Die Frage von Instanzverkürzungen wird zutreffend mit rechtspolitischen Argumenten geführt, welche gegeneinander abzuwägen sind.30 Ohnehin ist anzumerken, dass allein die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers hin zu einem Rechtsmittelsystem beim staatlichen Gerichtsverfahren keinen Rechtsmittelzug bei privaten Schiedsgerichtsverfahren gewährleistet. Eine Selbstbindung des Gesetzgebers an das von ihm statuierte Rechtsmittelsystem im Sinne einer Kontinuitätspflicht ist abzulehnen.31 Ein solches Gebot folgt auch nicht aus dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da es dem Gesetzgeber freisteht, aus sachlichen Gesichtspunkten Rechtsmittel für einzelne Fallgruppen oder Sachgebiete unterschiedlich zu regeln.32 Indes haben sich die Parteien bewusst gegen ein staatliches Gerichtsverfahren und die damit einhergehenden Rechtsmittelmög 25 BVerfG, Beschluss vom 12.07.1983 – 1 BvR 1470/82 = BVerfGE 65, 76, 90; BVerfG, Beschluss vom 07.07.1992 – 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 = BVerfGE 87, 48; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 179. 26 BVerfG, Entscheidung vom 11.06.1980 = BVerfGE 54, 227, 292; zustimmend Bethge, NJW 1991, 2391, 2394. 27 Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 438; a. A. Schenke, JZ 2005, 116 f., 117. 28 Zustimmend Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 96; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 147 ff.; ders., NJW 2003, 2193, 2193 f. 29 BVerfG, Entscheidung vom 11.06.1980 = BVerfGE 54, 227, 292. 30 Hofmann, UPR 1984, 73, 84; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rdn. 179; ders., Art. 95 GG, Rdn. 103; Redeker, DVBl. 1982, 805, 807 f.; Rudisile, in: Schoch / Schneider / Bier VwGO, Vorb. § 124 VwGO, Rdn. 73. 31 Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 198. 32 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.07.1983 – 1 BvR 1470/82 = BVerfGE 65, 76, 91: „Der Gesetzgeber hat zwar weitgehende Freiheit, den Zugang zum Rechtsmittelgericht wie den Verfahrensgang nach seinen Zweckmäßigkeitsvorstellungen auszurichten; dabei hat er aber bestimmte Anforderungen aus den Grundrechten, zumal den Gleichheitssatz zu beachten. Dieser ist
A. „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen
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lichkeiten entschieden. Aus der Gleichwertigkeit beider Rechtsprechungsalternativen folgt nicht deren Gleichartigkeit, da lediglich deren Rechtsfolgen, nicht aber deren Rechtsgrundlagen gleichgestellt sind.
II. Gebot einer „Rahmenkontrolle“ aus Art. 6 Abs. 1 EMRK? Darüber hinaus ergibt sich auch kein „Überprüfungsgebot“ schiedsrichterlicher Entscheidungen aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Zwar muss danach die Möglichkeit bestehen, eine Entscheidung, die aufgrund eines fehlerhaften Verfahrens ergangen ist, also beispielsweise das Gebots des fairen Verfahrens verletzt hat, aufzuheben oder zu korrigieren. Diesen Geboten, welche bei der Auslegung des Inhalts und der Tragweite der Grundrechte zu berücksichtigen sind,33 wird jedoch ausreichend im Rahmen der vorgesehenen Vorschriften der ZPO, also § 1059 Abs. 2 ZPO für inländische und § 1061 Abs. 1 S. 1. ZPO i. V. m. UNÜ für ausländische Schiedssprüche Rechnung getragen. Ein Gebot für die Notwendigkeit einer zweiten Instanz ergibt sich daraus nicht.
III. Beschränkung auf eine repressive „Rahmenkontrolle“ der Schiedsgerichtsbarkeit? Wie soeben festgestellt, ergibt sich eine „Überprüfung“ des Schiedsspruches durch das staatliche Gericht weder aus Art. 19 Abs. 4 GG, noch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Die Pflicht staatlicher Behörden, rechtsstaatlich i. S. v. Art. 1 Abs. 3 GG zu handeln, zieht aber zweierlei nach sich: einerseits sind rechtsstaatliche Anforderungen an das Schiedsverfahren, andererseits inhaltliche Anforderungen an den Schiedsspruch selbst zu beachten.34 Dem Gesetzgeber stehen bei der Erfüllung dieser Pflichten zwei Wege offen: einerseits kann er die Schiedsgerichtsbarkeit oder einzelne Teile präventiv ausschließen, indem er manchen Streitigkeiten die objektive Schiedsfähigkeit abspricht; andererseits kann er eine repressive „Kontrolle“ des Schiedsspruches vorsehen und dessen Anerkennung und Vollstreckbarkeit unter bestimmten Voraussetzungen verweigern.35 Der enge Regelungszusammenhang zwischen präventiver und repressiver „Kontrolle“ wird vor allem in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a und lit. b ZPO deutlich. Durch die präventive „Rahmenkontrolle“ in Form der Schiedsunfähigkeit und die repressive „Rahmenkontrolle“ durch den ordre public Vorbehalt hat sich das deutsche Recht für eine Doppelkontrolle entnicht verletzt, wenn der Gesetzgeber aus sachlichen Gesichtspunkten Rechtsmittel für einzelne Fallgruppen oder Sachgebiete unterschiedlich regelt.“ 33 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 6. 34 Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 204. 35 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 110; dazu auch Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18–19; ebenso Schlosser, ZZP 92 (1979), 125, 139.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
schieden.36 Teilweise wird daher vertreten, ein Minus bei der Regelung der objektiven Schiedsfähigkeit könne durch ein Plus bei der nachträglichen „Kontrolle“ des Schiedsspruches ausgeglichen werden.37 Nachdem die objektive Schiedsfähigkeit vermögensrechtlicher Ansprüche seit der Neuregulierung des Schiedsverfahrensrechts keinen Einschränkungen mehr unterliegt, tendiert ein Großteil der Literatur sogar dazu, eine rein repressiv ausgestaltete, postarbitrale „Rahmenkontrolle“ für ausreichend zu erachten.38 Inwiefern dies aber zweckmäßig ist, ist fraglich. Schließlich ergibt sich bereits aus der Eigenheit des Schiedsverfahrens als gleichwertige Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit, dass ein unbeschränktes gesetzgeberisches Ermessen hinsichtlich Art und Ausgestaltung einer „Rahmenkontrolle“ abzulehnen ist.39 Eine Akzeptanz der Schiedsgerichtsbarkeit, die anstelle von staatlichen Gerichten als selbstständige Entscheidungsinstanz tätig wird, setzt eine eingeschränkte „Kontrolle“ insofern voraus, als die Schiedsgerichtsbarkeit sonst ihren Charakter als „echte Gerichtsbarkeit“ verlöre. Vielmehr würde sie in diesem Fall zur bloßen Vorinstanz degradiert, was letztlich die Vorteile des Schiedsverfahrens wieder aushebeln würde.40 Hinzuweisen ist auf die weiterbestehende Notwendigkeit der präarbitralen „Kontrolle“ in dem Ausmaß, als dass die objektive Schiedsfähigkeit bereits vom Gesetzgeber zu kontrollieren ist. Bei der Bestimmung des Umfangs einer „eingeschränkten repressiven Rahmenkontrolle“ ist die Eigenständigkeit des Schiedsverfahrens zu beachten.
IV. Möglichkeit der Vereinbarung eines Instanzenzuges im Schiedsverfahren Auch wenn, wie eben festgestellt, ein staatliche „Kontrolle“ von Schiedssprüchen als zweite Instanz nicht geboten ist, besteht weiterhin die Möglichkeit der Parteien, einen Instanzenzug für das Schiedsverfahren selbst zu vereinbaren.41 Eine Parallele zu Rechtsmitteln innerhalb des gerichtlichen Instanzenzugs kommt nur insoweit in Frage, als ausnahmsweise schiedsinterne Rechtmittel vorgesehen sind. Dabei kann es sich im Sinne eines „ordentlichen Rechtsbehelfs“ gegen einen 36
Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 19. Epping, Die Schiedsvereinbarung, S. 176; Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 110; Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18 f. 38 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 157; ebenso Bork, ZZP 100 (1987), 249, 258; Detterbeck, in: Sachs GG, Art. 92 GG, Rdn. 29; Kornmeier, ZZP 94 (1981), 27, 34 f.; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 149; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 37, 57, 94 ff.; dagegen Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 243 f.; ders., in: Oberhammer, S. 19, 26. 39 Epping, Die Schiedsvereinbarung, S. 190; Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Grundgesetz, S. 114. 40 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113, 140; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 99; ders., in: Oberhammer, S. 19, 21; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 94; Wolf, RabelsZ 1993, 643, 654 u. 660. 41 Die Rechtsprechung hat die Vereinbarung eines Instanzenzuges bisher nicht beanstandet. 37
A. „Rahmenkontrolle“ schiedsgerichtlicher Entscheidungen
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Schiedsspruch allenfalls um die Fortsetzung des Verfahrens vor einem Oberschiedsgericht handeln;42 die Möglichkeit der Vereinbarung einer Berufung an das staatliche Gericht steht den Parteien nicht zu.43 Wesensmerkmal der Schiedsgerichtsbarkeit ist, dass die Parteien unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einen privaten Dritten zur Streitentscheidung berufen. Die Vereinbarung einer staatlichen Berufungsinstanz wiederspräche diesem Grundsatz. Namentlich sehen Schiedsgerichtsordnungen ständiger Schiedsgerichte nicht selten solche schiedsinternen Instanzenzüge vor,44 ein Oberschiedsgericht kann als Berufungs- oder Revisionsinstanz vereinbart werden, also zur vollen Tatsachennachprüfung oder lediglich zur reinen Rechtsnachprüfung.45 Auch dreistufige Instanzenzüge finden sich in der Praxis.46 Nur die Schiedsvereinbarung oder die von ihr in Bezug genommene Schiedsordnung können eine weitere Instanz vorsehen; die Vorschriften über die Einlegung des Rechtsmittels oder über das Verfahren in der höheren Instanz ergeben sich somit ausschließlich aus dieser. Fehlen solche Vorschriften, so bestimmt das Oberschiedsgericht nach § 1042 Abs. 4 ZPO sein Verfahren nach freiem Ermessen. Ist kein Rechtsmittel vorgesehen, so ist der Schiedsspruch lediglich im Rahmen des § 1059 Abs. 1 ZPO anfechtbar.47 Das Schiedsverfahren erster und höherer Instanz bildet ein einheitliches Schiedsverfahren, sodass erst mit der Bekanntmachung des Schiedsspruches letzter Instanz das Schiedsverfahren abgeschlossen wird und erst dann ein Schiedsspruch im Sinne des § 1055 ZPO vorliegt.48 Inwiefern ein solcher Instanzenzug aber dem Sinn und Zweck des Schiedsverfahrens widerspricht, im Sinne von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit eine möglichst schnelle, abschließende Entscheidung herbeizuführen und damit nicht letztlich die Vorzüge des Schiedsverfahrens aushebelt, ist wiederum eine andere Frage.
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Solomon, Verbindlichkeit, S. 368; ebenso Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 42; Schottelius, Die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit, S. 196 ff. zu den Instanzen der Bremer Baumwollbörse. 43 RG, Urteil vom 29.04.1885 = RGZ 13, 430; RG, Urteil vom 07.03.1887 = RGZ 17, 434; Haas, in: Oberhammer, S. 19, 25; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 4. 44 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 1 ff.; Übersicht bei Schottelius, Die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit, Anhang; so beispielsweise die GAFTA Arbitration Rules (appeal innerhalb von 30 Tagen), die FOSFA Rules (appeal innerhalb von 42 Tagen), die American Fur Arbitration Rules (appeal innerhalb von 6 Tagen); der Prüfungsumfang der einzelnen schiedsinternen Rechtsmittel kann variieren. 45 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 5. 46 So etwa auch die Bremer Baumwollbörse, vgl. Schottelius, Die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit, S. 129 ff.; ebenso Nagel, ZZP 101 (1988), 477, 479. 47 Dies gilt auch im Falle der Vereinbarung einer höheren Instanz nach Beendigung des Schiedsverfahrens, vgl. Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 3. 48 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 1, 2, 5.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
V. Abgrenzung des schiedsinternen Instanzenzugs von staatlichen Rechtsmitteln und der „Aufhebungskontrolle“ i. S. v. § 1059 Abs. 1 ZPO Nur soweit es um die Vereinbarung eines schiedsinternen Instanzenzuges geht, können tatsächlich Parallelen zum staatlichen Rechtsmittelverfahren gezogen werden. Geht es indes um das staatliche Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen, ist fraglich, inwiefern ein staatliches Rechtsmittelverfahren und das Aufhebungsverfahren miteinander vergleichbar sind. Innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit handelt es sich nämlich um ein einheitliches System der Streitentscheidung, auch in Hinblick auf den Instanzenzug. Verbindlich ergangen ist damit nur die letzte, unangefochtene Entscheidung, sodass auch nur diese als Gegenstand der Anerkennung oder Vollstreckung in Frage kommt.49 Beim Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor staatlichen Gerichten geht es aber nur um die rechtliche Anerkennung (bzw. Versagung) eines Produkts, das aufgrund eines parteiautonomen Streitentscheidungssystems ergangen ist. Durch die Aufhebung des Schiedsspruchs bringt das staatliche Gericht zum Ausdruck, dass es diesem die rechtliche Anerkennung versagt. Nicht heißt dies jedoch, dass der Schiedsspruch keinen Bestand mehr als Entscheidung haben soll, da es ja um die Beurteilung eines außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit begründeten Rechtsverhältnisses geht. Eine gegen den Schiedsspruch gerichtete Aufhebungsklage hat damit eine andere Funktion als ein gegen eine unterinstanzliche Entscheidung gerichtetes Rechtsmittel.50 Inwiefern dennoch Parallelen oder Unterschiede bestehen, wird an späterer Stelle noch Gegenstand der Untersuchung sein.51
VI. Fazit und Hinweis für die Bearbeitung Als eigenständige Alternative tritt die Schiedsgerichtsbarkeit an Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit. Bei der „Beurteilung“ eines Schiedsspruchs geht es nicht um die in das eigene Streitentscheidungssystem integrierte und hierarchisch untergeordnete Entscheidung, sondern alleine darum, ob der Schiedsspruch rechtlich anzuerkennen ist in dem Sinne, als er ordnungsgemäß ergangen ist und damit den Rechtsstreit der Parteien wirksam entschieden hat. Gleichwohl soll an späterer Stelle eine kurze Darstellung des staatlichen Berufungs- und Revisionsverfahrens erfolgen, um die Unterschiede deutlich herauszuarbeiten. Zunächst sind aber die Besonderheiten des Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahrens von Schiedssprüchen und die sich daraus ergebende Rolle der staatlichen Gerichten zu erarbeiten. In diesem Rahmen müssen zunächst inländische und ausländische Schiedssprüche voneinander abgegrenzt werden. 49
Solomon, Verbindlichkeit, S. 336. Solomon, Verbindlichkeit, S. 337. 51 Dazu § 4 C. III. 50
B. Inländische und ausländische Schiedssprüche
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B. Abgrenzung zwischen inländischen und ausländischen Schiedssprüchen Nach der Grundkonzeption sowohl des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ), als auch des UNCITRAL – Modellgesetzes ist hinsichtlich der gerichtlichen „Rahmenkontrolle“ und der Durchsetzung von Schiedssprüchen grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Schiedsspruch handelt.52 Darüber, dass nur inländische Schiedssprüche aufgehoben werden können, während bei ausländischen Schiedssprüchen lediglich die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung versagt werden kann, herrscht weitgehend Einigkeit.53 Kontroverser zu beurteilen ist jedoch die Frage nach dem Kriterium der Einordnung von Schiedssprüchen als in- oder ausländische, wobei manche Staaten, wie auch Deutschland, bis zur Reform auf das anzuwendende Schiedsverfahrensrecht abstellten.54 Dieser Ansicht stand international weit überwiegend die sog. Sitztheorie gegenüber.55
I. Bedeutung der Unterscheidung Bedeutung gewinnt diese Abgrenzung in Hinblick auf die bereits weiter oben erläuterte Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit.56 Betrachtet man den Schiedsspruch als Produkt der Vereinbarung der Parteien, kann dieser keinem Staat als ihm angehörig zugeordnet werden. Dann gäbe es aber auch keine in- oder ausländischen Schiedssprüche, wie es auch keine in- und ausländischen Verträge gibt.57 Diese fehlende Unterscheidung würde dazu führen, dass man in- und ausländische Schiedssprüche gleich behandeln müsste58 und die Unterscheidung, dass inländische Schiedssprüche aufgehoben werden können, während ausländischen nur die Anerkennung oder Vollstreckbarkeit versagt werden kann, keine Grundlage hätte. Gemäß der jurisdiktionellen Theorie ist der Schiedsspruch in das Recht des Ursprungsstaats eingegliedert, da die Schiedsrichter anstelle der Richter des je 52
Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 110. Lionnet / Lionnet, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, S. 408. 54 BGH, Urteil vom 03.10.1956 – V ZR 32/55 (Hamburg) = NJW 1956, 1838, 1838; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 43; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23; a. A. vor der Reform v. Beringe, NJW 1959, 77, 78; Mann, in: FS Flume (1978), S. 593, 598; ders., in: FS Oppenhoff (1985), S. 215, 218. 55 Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 110–111; bereits vor der Reform v. Beringe, NJW 1959, 77, 78; Mann, in: FS Flume (1978), S. 593, 598; ders., in: FS Oppenhoff (1985), S. 215, 218. 56 Siehe dazu § 2 D. 57 Solomon, Verbindlichkeit, S. 305–306. 58 Solomon, Verbindlichkeit, S. 306–307. 53
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
weiligen Staates hoheitliche Befugnisse ausüben würden. Dies ist aber überaus zweifelhaft. Vereinbaren zwei deutsche Parteien, dass das Schiedsverfahren nicht in Deutschland stattfinden soll, träfe der Schiedsrichter die Entscheidung ja auch nicht mehr anstelle der deutschen Gerichte, sondern anstelle des jeweiligen Rechts des Sitzstaates. In dem betreffenden Rechtsstreit hätte aber nie eine Entscheidungszuständigkeit des Sitzstaates bestanden.59 Ebenso würde dies dazu führen, dass man ausländische Schiedssprüche wie ausländische Urteile behandeln müsste. Die Abgrenzung zieht zudem weitere Folgefragen nach sich, wie etwa das Problem, ob ein im Inland aufgehobener Schiedsspruch, der an sich im Ausland keine Wirkung mehr entfalten kann, dennoch im Ausland anerkannt und vollstreckt werden kann oder ob aufgrund der Kassation kein anerkennungsfähiger Schiedsspruch mehr vorliegt.60 Beispielsweise in Frankreich61 oder in den USA62 ist die Anerkennung trotz Kassation durchaus möglich.
II. Entscheidung Auf ersten Blick erscheint es paradox, dass gerade die Wirksamkeit des Schiedsspruchs vom Recht und der „Kontrolle“ des jeweiligen Sitzrechts abhängen soll, da viele Parteien den Schiedsort aufgrund dessen Neutralität und keiner bestehenden Beziehung zum jeweiligen Staat wählen.63 Ebenso wenig lässt sich für die Sitztheorie anführen, dass die Aufhebung eines im Ausland ergangenen Schiedsspruches die Souveränität des Ursprungstaates berühren würde, da der Schiedsspruch wie bereits festgestellt mangels Hoheitscharakter in kein nationales Recht eingegliedert ist und damit für keinen Staat eine verbindliche Streitentscheidung darstellt. Nach der bis zur Schiedsverfahrensreform geltenden prozessualen Theorie wäre ein in Frankreich unter Anwendung deutschen Schiedsrechts zustande gekommener Schiedsspruch als inländischer Schiedsspruch in Deutschland aufhebbar gewesen, wobei diesem unter Souveränitätsgesichtspunkten die Souveränität Frankreichs entgegenstehen müsste.64 Die Aufhebungszuständigkeit lediglich bei inländischen Schiedssprüchen und die zugrunde gelegte Sitztheorie lassen sich nicht aus entgegenstehenden Souveränitätsgründen erklären.65
59
Solomon, Verbindlichkeit, S. 316–317. Nienaber, Anerkennung und Vollstreckung, S. 3–5. 61 Frankreichs Reform von 1982. 62 Entscheidung Chromalloy Aeroservices v. Arab Republic of Egypt 1996, 936 F. Supp. 907 (D. D. C. 1996). 63 Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 110–111; ebenso Lionnet, in: FS Sandrock (2000), S. 603, 605; Solomon, Verbindlichkeit, S. 665, dieser erwähnt auch die „Zufälligkeit“ bei der Auswahl des Schiedsortes; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 387. 64 Solomon, Verbindlichkeit, S. 340. 65 Solomon, Verbindlichkeit, S. 341–342. 60
B. Inländische und ausländische Schiedssprüche
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Die Notwendigkeit einer Unterwerfung der schiedsrichterlichen Streitentscheidung unter das Recht am Sitz des Schiedsgerichts kann sich allenfalls aus anderen Gesichtspunkten als dem Souveränitätsgedanken ergeben. In Betracht kommt die Überlegung, dass das Schiedsverfahren als Streitentscheidungsverfahren wie das staatliche Verfahren in kollisionsrechtlicher Hinsicht der lex fori unterliegt.66 Diese Frage stellt sich, soweit das ordnungsgemäße Zustandekommen eines Schiedsspruchs im Zusammenhang mit der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung durch das staatliche Gericht zu prüfen ist. Für Verfahrensfragen gilt im internationalen Zivilverfahrensrecht nämlich der Grundsatz der lex fori.67 Das für die Anwendung des Territorialitätsprinzips angeführte Argument der öffentlich-rechtlichen Natur der Regeln des Zivilprozesses lässt sich aber nicht auf das Schiedsverfahren übertragen, da dieses wie bereits eingehend dargestellt, nicht hoheitlicher Natur ist und auch die bei staatlichen Prozessen geltenden Praktikabilitätserwägungen hinsichtlich der Ordnung des Verfahrens nicht in gleichem Maße auf Schiedsverfahren übertragbar sind.68 Eine Anbindung an das Recht des Ursprungstaates lässt sich aus den angeführten Gesichtspunkten nicht ableiten. Die jeweiligen Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im UNÜ sind insoweit misslich formuliert, schließlich gibt es keine „Wirkungen“ die tatsächlich auf das Inland erstreckt werden könnten. Ebenso ist fraglich, inwiefern inländische und ausländische Schiedssprüche tatsächlich unterschiedlich behandelt werden. Im UNCITRAL-Modellgesetz wird sogar von der Gleichbehandlung inund ausländischer Schiedssprüche ausgegangen, da es der im Schiedsverfahren unterlegenen Partei freisteht, ob sie den Schiedsspruch aktiv durch Erhebung der Aufhebungsklage angreift oder sie ihre Einwendungen nur als Verteidigung im Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren vorbringen möchte. Die deutsche Reform ist dahingehend von dieser grundsätzlichen gleichen Entfaltungswirkung in- und ausländischer Schiedssprüche abgewichen, als sie in § 1055 ZPO dem inländischen Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils zuspricht, während der ausländische Schiedsspruch urteilsgleiche Wirkungen nur dann entfaltet, wenn die Voraussetzungen für seine Anerkennung erfüllt sind, § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. UNÜ. Die unterschiedliche Behandlung lässt sich nicht unter Außerachtlassung der Besonderheiten des Aufhebungsverfahrens begründen. Schließlich beruht jenes nicht darauf, dass grundsätzlich unterschiedliche Anforderungen an die Wirksamkeit inbzw. ausländischer Schiedssprüche gestellt würden, sondern beinhaltet lediglich eine unterschiedliche Regelung des jeweiligen Verfahrens und der Entscheidungszuständigkeit des jeweiligen Gerichts. Dieser unterschiedlichen Ausgestaltung der 66
So auch UN-Doc. A / CN.9/WG.II / WP.49, Tn. 6, gedruckt bei Holtzmann / Neuhaus, UNCITRAL Model Law; s. S. 100 für die Niederlegung des Territorialitätsprinzips im UNCITRALModellgesetz auf die allgemeine Geltung der lex-fori Regel im internationalen Verfahrensrecht. 67 Solomon, Verbindlichkeit, S. 342. 68 Solomon, Verbindlichkeit, S. 344.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
jeweiligen Verfahren liegen vor allem Praktikabilitätserwägungen zu Grunde,69 obgleich ein ausreichender Rechtsschutz alleine durch die Möglichkeit von Einwendungen anlässlich der Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gewährleistet wäre.70 Im Sinne einer möglichst raschen Klärung der Wirksamkeit des Schiedsspruchs müssen Einwendungen gegen den Schiedsspruch gemäß § 1059 Abs. 3 ZPO innerhalb der Dreimonatsfrist vorgebracht werden, andernfalls bleibt es bei der Wirksamkeit nach § 1055 ZPO, die danach nicht mehr entfallen kann. Während sich die Aufhebungsklage gegen den Bestand des Schiedsspruchs im Allgemeinen richtet und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches im Ausland entgegenstehen soll, soll die bloße Versagung der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung für andere Staaten grundsätzlich unerheblich sein. Im Vordergrund steht somit die verfahrensrechtliche Erwägung, dass im Rahmen des Aufhebungsverfahrens eine Partei aus eigenem Antrieb gegen den Schiedsspruch vorgehen kann, welches einerseits den Vorteil birgt, dass auf diese Art und Weise Zeugen und Unterlagen aufgrund des nahen zeitlichen Zusammenhangs zum Schiedsverfahren noch leichter verfügbar sind.71 Andererseits ist anzubringen, dass Parteien den „neutralen Sitzstaat“ oft auch danach auswählen, welche Rechtsbehelfe gegen einen Schiedsspruch nach dem am Schiedssitz geltenden Schiedsverfahrensrecht statthaft sind.72 Eine vollkommene Loslösung des Schiedsspruches von jeglicher nationaler Rechtsordnung wäre den Interessen der Schiedsparteien zuwiderlaufend, da das Interesse an einer endgültigen, notfalls zwangsvollstreckbaren Entscheidung ihrer Streitigkeit zumindest die Einhaltung einiger grundlegender Vorschriften eines nationalen, materiellen Rechts erfordert.73 Auch kann ein Schiedsgericht zur Durchführung seines Verfahrens auf die Unterstützung staatlicher Gerichte angewiesen sein;74 die Vorstellung der Parteien von „richtig“ und „gerecht“ sind ohnehin meist an nationale Rechtsordnungen geknüpft.75 Weiterhin räumt das Aufhebungsverfahren der unterlegenen Partei das Privileg ein, die Wahl des Vollstreckungsstaates nicht der Gegenpartei überlassen zu müssen, sondern direkt in dem von den Parteien häufig wegen des Gesichtspunkts der Neutralität gewählten Ursprungsstaates gegen den Schiedsspruch vorzugehen. Unabhängig von einer nicht vorhandenen Eingliederung des Schiedsspruches in das Recht des Ursprungsstaates wird dies dem Prinzip der „Sachnähe“ gerecht. Weiter birgt das Aufhebungsverfahren den Vorteil, dass durch das Fristerfordernis hinsichtlich der vorzubringenden Einwendungen und der danach einzutretenden Prä 69
Darstellung bei Solomon, Verbindlichkeit, S. 479 ff., 666; ebenso Berger, RIW 1993, 8, 9. Solomon, Verbindlichkeit, S. 479–486. 71 Park, in: FS Böckstiegel (2001), S. 595, 599. 72 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 40; ebenso Berger, RIW 1993, 8, 9; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 783. 73 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 238. 74 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 240. 75 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 238. 70
B. Inländische und ausländische Schiedssprüche
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klusion beiden Parteien alsbaldige Rechtssicherheit und damit auch Rechtsfriede zu teil wird: beide Parteien wissen fortan um die Wirksamkeit des Schiedsspruches, die danach grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden kann.76 Letztlich ist zudem der Vorteil der im Rahmen des Aufhebungsverfahrens erfolgten Kassation des Schiedsspruches nicht zu vernachlässigen. Erst durch das Wiederaufleben der Schiedsabrede wird die erneute Befassung eines Schiedsgerichts mit dem Streitgegenstand ermöglicht.77
III. Fazit Obgleich aus materiell-rechtlichen Gesichtspunkten eine unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Schiedssprüchen weder zwingend, noch notwendig erscheint, da in beiden Verfahren überprüft werden soll, ob dem Schiedsspruch Entscheidungswirkungen zukommen sollen oder nicht,78 ist wie eben dargestellt eine unterschiedliche verfahrensrechtliche Handlung geboten. Die „Aufhebungskontrolle“ als einziger „wahrer Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch“ liegt im Interesse der Parteien zur möglichst schnellen, abschließenden Klärung des Sachverhalts und begünstigt die Rechtssicherheit. Auch wenn die Sitztheorie nicht anhand entgegenstehender Souveränitätsinteressen anderer Staaten erklärbar ist und keine notwendige Eingliederung des Schiedsspruches in das Recht des Ursprungsstaates vornimmt, begünstigt sie unter dem Gesichtspunkt der „Rechtsnähe“79 und Effizienz des schiedsrichterlichen Verfahrens auch den internationalen Entscheidungseinklang, vermeidet positive und negative Kompetenzkonflikte80 und vermittelt die von den Parteien gewollte Beziehung zu der Rechtsordnung und dem Umfeld eines bestimmten Staates. Im Bereich verschiedener „Unterstützungsoder Rahmenkontrollmaßnahmen“ des staatlichen Gerichts ist die Anbindung an die Justizhoheit eines bestimmten Staates unerlässlich, sodass die Sitztheorie als rechtlicher Bezugspunkt im Gegensatz zum gewählten Verfahrensrecht diese Funktion zu erfüllen vermag.81 Mit der Schiedsverfahrensreform von 01.01.199882 ist der deutsche Gesetzgeber dieser Sitztheorie gefolgt, § 1025 Abs. 1 ZPO. Danach gilt das deutsche Schiedsverfahrensrecht grundsätzlich nur für Schiedsverfahren mit deutschem Schiedsort 76 Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 61, 91; Schlosser, ZIP 1987, 492, 495; Solomon, Verbindlichkeit, S. 487. 77 Park, in: FS Böckstiegel (2001), S. 595, 601 f.; Solomon, Verbindlichkeit, S. 488. 78 So auch Borges, ZZP 111 (1998), 487, 487. 79 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 40; Solomon, Verbindlichkeit, S. 666 f. 80 Berger, RIW 1993, 8, 9. 81 v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, S. 7–8; der Nachweis anationaler Schiedssprüche konnte bisher nicht geführt werden, vgl. Geimer, IZPR, Rdn. 3718. 82 Gesetz vom 25.11.1997 – SchiedsVfG, BGBl. 1997 I, S. 3224 = BT-Drucks. 13/5274, S. 26 li. Sp.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
(sog. Territorialitätsprinzip).83 Bei der Bestimmung des Sitzes ist auf den effektiven Schiedsort abzustellen.84
C. Inländische Schiedssprüche Hinsichtlich der verschiedenen „Rahmenkontrollmechanismen“ ist gesetzessystematisch mit dem Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO und dem Vollstreckbarerklärungsverfahren inländischer Schiedssprüche gemäß § 1060 ZPO zu beginnen.
I. Notwendigkeit eines Aufhebungsverfahrens bei inländischen Schiedssprüchen Wie bereits festgestellt, ist eine unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Schiedssprüchen aus verfahrensrechtlichen Gründen geboten. Allgemein anerkannt ist für inländische Schiedssprüche die Möglichkeit einer Aufhebung, während bei ausländischen Schiedssprüchen nur die Versagung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung möglich ist. Gekennzeichnet ist das Aufhebungsverfahren im Wesentlichen dadurch, dass es auf die Beseitigung des Bestands des Schiedsspruchs im Allgemeinen gerichtet ist und dieser dann nach herkömmlicher Auffassung nicht mehr im Ausland anerkannt und vollstreckt werden kann. Während die bloße Versagung der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung für andere Staaten keinerlei Auswirkungen hat, soll die Aufhebungsentscheidung abschließend eine Entscheidung über die Unwirksamkeit des Schiedsspruchs herbeiführen.85 Ein Bedürfnis für diese gesonderte „Kontrolle“ des Schiedsspruchs ergibt sich nicht bereits daraus, dass diese als notwendiges Mittel zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Entscheidungen des Schiedsgerichts angesehen wird.86 Selbst in Ländern wie der Schweiz87 oder Belgien,88 in denen die Parteien 83
Hierzu Berger, DZWir 1998, 45, 45; ders., in: Raeschke-Kessler, Recht und Praxis, Rdn. 131 ff.; Geimer, IZPR, Rdn. 3718; Kronke, RIW 1998, 257, 260; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 24 f.; Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren S. 22. 84 Schütze, in: FS v. Hoffmann (2011), S. 1077 ff.; ders., in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 26. 85 Solomon, Verbindlichkeit, S. 476–477. 86 Solomon, Verbindlichkeit, S. 479; ebenso Schlosser, RIW 1982, 857, 863. 87 In der Schweiz können nur ausländische Parteien nach dem IPRG die Anfechtung vor Erlass ausschließen, Art. 193 Abs. 1 IPRG; nach § 598 Abs. 1 ist in der österreichischen ZPO das Verbot des Verzichts auf die Aufhebungsklage ausdrücklich geregelt. 88 Zur Frage der Ausschließbarkeit Berger, RIW 1989, 850 ff.; für Belgien gilt durch den seit 27.03.1985 geltenden Art. 1717 Abs. 4 der belgischen Zivilprozessordnung eine Radikallösung, die jede Anfechtung kraft Gesetzes ausschließt, wenn keine der Parteien eine Beziehung zu Belgien hat.
C. Inländische Schiedssprüche
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gesondert auf die Möglichkeit einer Aufhebung vor dem staatlichen Gericht verzichten können, wird kaum von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.89 Keinen zwingenden Grund für die Existenz einer Aufhebungsmöglichkeit stellen zudem die Gesichtspunkte dar, dass diese geeignet ist, Fehler bei der Durchführung des Schiedsverfahrens vorzubeugen, indem präventiver Druck auf die Schiedsrichter durch die Anknüpfung rechtlicher Sanktionen im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Schiedsverfahrens kreiert wird.90 Sowohl unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes für die Parteien, als auch dem gesteigerten, präventiven Druck auf die Schiedsrichter darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch im Rahmen der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung den Parteien effektiver Rechtsschutz zukommt und der Schiedsrichter ebenso die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung im Falle eines fehlerhaften Schiedsspruches fürchten muss.91 Zudem steht die Behauptung, der Ursprungstaat müsste Verantwortung dahingehend übernehmen, dass das Schiedsgericht die ihm übertragenen Befugnisse ordnungsgemäß ausübe, im Widerspruch dazu, dass das Schiedsgericht keine hoheitlichen Befugnisse ausübt und eine echte Rechtsprechungsalternative zu den staatlichen Gerichten darstellen soll.92 Die Effizienz der Schiedsgerichtsbarkeit und die Gefahr einer Doppelkontrolle könnten dem Bedürfnis der Aufhebungsmöglichkeit entgegen stehen.93 Schließlich erlaubt das Aufhebungsverfahren der unterlegenen Partei jedoch, aus eigenem Antrieb gegen den Schiedsspruch vorzugehen und trägt somit zur Rechtssicherheit bei. Ohne die Möglichkeit einer Aufhebung wäre die unterlegene Partei letztlich darauf angewiesen, abzuwarten, ob die andere Partei die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung betreibt.94 Zudem wäre die unterlegene Partei darauf angewiesen, der gegnerischen Partei die Wahl des Vollstreckungsstaates zu überlassen. In manchen Ländern wird die Möglichkeit einer Rückverweisung an das Schiedsgericht zur Fehlerbehebung stets an die Aufhebung oder zumindest die zeitweise Aussetzung des Aufhebungsverfahrens geknüpft. Im Rahmen einer Aufhebungsmöglichkeit ist es dahingegen möglich, der unterlegenen Partei eine Frist aufzuerlegen, bei deren Ablauf sie mit ihren Einwendungen präkludiert ist. Die dadurch geschaffene Rechtssicherheit kommt auch der siegreichen Partei zugute, indem sich diese nach Ablauf der Frist sicher sein kann, in Zukunft keinen Einwendungen mehr ausgesetzt zu sein.
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Gegen die grundsätzliche Ausschlussmöglichkeit: BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 (Frankfurt) = NJW 1986, 1436; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.1983 = NJW 1984, 2768; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 79; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 53; Solomon, Verbindlichkeit, S. 484. 90 Schlosser, ZIP 1987, 492, 492. 91 Solomon, Verbindlichkeit, S. 485–486. 92 Solomon, Verbindlichkeit, S. 496. 93 Solomon, Verbindlichkeit, S. 497. 94 Vgl. auch Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 113.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Notwendige Voraussetzung für die Rechtssicherheit ist aber auch, dass die Aufhebungsentscheidung und die Präklusion auch in anderen Ländern anerkannt werden, da ansonsten das Aufhebungsurteil ins Leere geht und von Neuem entschieden werden muss, ob der Schiedsspruch anerkannt und die Vollstreckbarerklärung erteilt werden soll.95 Eng mit dem Nutzen der Aufhebungsentscheidung verbunden ist daher die kassatorische Wirkung der Aufhebungsentscheidung, da nur diese eine erneute Entscheidung durch das Schiedsgericht ermöglicht. Gerade im Falle der Aufhebung des Schiedsspruchs ist es unerlässlich, dass der fehlerhafte Schiedsspruch beseitigt wird, die Schiedsvereinbarung gemäß § 1059 Abs. 5 ZPO wieder auflebt und ein Schiedsgericht erneut zur Entscheidung berufen ist.96
II. Aufhebung des Schiedsspruchs, § 1059 ZPO Inländische Schiedssprüche können auf Antrag nach § 1059 ZPO aufgehoben werden.97 Nicht etwa kann jedoch Berufung oder Revision bei den staatlichen Gerichten eingelegt werden, da wie bereits festgestellt das schiedsrichterliche Verfahren nicht in den staatlichen Instanzenzug eingegliedert ist.98 Der Aufhebungsantrag gilt als „einziger wirklicher Rechtsbehelf“99 gegen einen Schiedsspruch, da dadurch eine vollständige Befreiung vom Schiedsspruch geschaffen wird (Argument „nur“ in Abs. 1) und dieser die einzige selbstständige Angriffsnorm im Sinne staatlicher „Kontrollzuständigkeit“ begründet (Exklusivitätsprinzip). Während Abs. 1 systematisch als Programmnorm dient, ist Abs. 2 als Erlaubnis staatsgerichtlicher „Rahmenkontrolle“ von zentraler Bedeutung für den Umfang und die Schranken der Schiedsgerichtsbarkeit. § 1026 ZPO erlaubt staatsgerichtliche Eingriffe schließlich nur dort, wo sie im Gesetz vorgesehen sind. Das Wort „nur“ deutet darauf hin, dass die Aufzählung der Aufhebungsgründe abschließend und erschöpfend ist (Enumerationsprinzip).100 Allein wegen sachlicher Unrichtigkeit ist eine Aufhebung nicht möglich, da das Gericht mit Ausnahme des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO an die tatsächlichen Feststellungen und die rechtliche Beurteilung durch das Schiedsgericht gebunden bleibt. Eine révision au fond soll nicht stattfinden. Aus der Tatsache, dass nur schwerwiegende Mängel zur Aufhebung führen, folgt ebenso, dass die Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit 95
Solomon, Verbindlichkeit, S. 487. Solomon, Verbindlichkeit, S. 488, 490; ebenso Bühler, IPrax 1987, 253, 255. 97 Ausländische Schiedssprüche können nicht Gegenstand des Aufhebungsantrags nach § 1059 ZPO sein, so auch Kröll, SchiedsVZ 2013, 250, 259. 98 Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 342. 99 Siehe auch Art. 34 UNCITRAL-ModellG und dessen Überschrift „Aufhebungsklage als ausschließlicher Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch; § 1059 ZPO stimmt weitestgehend mit Art. 34 UNCITRAL-ModellG überein, mit Ausnahme von § 1059 Abs. 5 ZPO. 100 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 1, 3, 4, 6; ebenso Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 344: es gibt weder parteiautonom vereinbarte Zusatzgründe, noch eine inhaltliche staatsgerichtliche Überprüfung jenseits der ordre public Klausel. 96
C. Inländische Schiedssprüche
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eine eigenständige Alternative darstellt. Abs. 3 regelt das Aufhebungsverfahren und Abs. 4 und 5 widmen sich der Wirkung der Entscheidung.101 Aufhebungsgründe können mit dem Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO und einredeweise im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden.102 Nach altem Recht erfolgte die Aufhebung von Schiedssprüchen noch durch Beschluss oder Urteil des Landgerichts (§ 1046 i. V. m. § 1045 ZPO a. F.), die mit Berufung zum Oberlandesgericht oder durch die Revision zum Bundesgerichtshof nach den allgemeinen Vorschriften anfechtbar war. Häufig schloss sich daher an das Schiedsverfahren ein kostspieliges und langwieriges Verfahren an. Im Gegensatz dazu ist die Eingangszuständigkeit für den Aufhebungsantrag nun beim Oberlandesgericht konzentriert, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, was zu einem schnelleren Abschluss des Verfahrens und damit einhergehender Rechtssicherheit und Rechtsfrieden führen soll.103 Eingriffe seitens der staatlichen Gerichte sind nur in einem nötigen Mindestmaß auszugestalten, da eine funktionsfähige Schiedsgerichtsbarkeit zwingend einen größtmöglichen Bereich an Autonomie voraussetzt. Die Bedeutung als eigenständige Entscheidung wäre jedoch ohne praktische Relevanz, wenn jeder Schiedsspruch erneut durch ein staatliches Urteil ersetzt werden könnte.104 1. Vorrang der Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht, § 1058 ZPO Bevor der Weg zum Aufhebungsverfahren durch das staatliche Gericht i. S. v. § 1059 ZPO offen steht, muss die Möglichkeit der Berichtigung, Auslegung oder Ergänzung des Schiedsspruchs i. S. v. § 1058 ZPO durch das Schiedsgericht selbst genutzt werden.105 Während eine Berichtigung des Schiedsspruches durch das Gesetz ausdrücklich bei Rechen-, Schreib- und Druckfehlern vorgesehen ist und vom Schiedsgericht gemäß § 1058 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 ZPO auch ohne Antrag vorgenommen werden kann, sind die Auslegung bestimmter Teile des Schiedsspruches und ein Ergänzungsschiedsspruch über geltend gemachte Ansprüche, die im Schiedsspruch nicht behandelt wurden, nur auf Antrag einer Partei möglich. Es ist jedoch zu beachten, dass nur im Falle eines Ergänzungsschiedsspruches ein selbstständiger Schiedsspruch vorliegt; Auslegungs- und Berichtigungsschiedssprüche sind Bestandteile des ursprünglichen Schiedsspruches.106 101
Münch, in: MüKO ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3. Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 1. 103 Vgl. Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 594. 104 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 98 f.; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 114. 105 Die Vorschrift übernimmt die Grundsätze des Art. 33 UNCITRAL-ModellG, jedoch mit dem von der Reformkommission vorgeschlagenen übersichtlichen Aufbau; eine Auslegung wird „als Klarstellung von Teilen des Schiedsspruches, die Missverständnisse erwecken können“ qualifiziert. 106 Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 335–336; 339. 102
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Das Begehren auf Auslegung bestimmter Teile des Schiedsspruches ist deshalb von Bedeutung, weil die deutsche Zivilprozessordnung hierfür keine Rechtsgrundlage kennt. Die gesetzliche Regelung des § 1058 ZPO soll dazu beitragen, Aufhebungsverfahren zu vermeiden.107 § 1058 ZPO ist dem gerichtlichen Aufhebungsverfahren somit zeitlich vorgeschaltet: Erst wenn das Schiedsgericht einen Antrag nach § 1058 ZPO zurückgewiesen hat oder bei einer Ergänzung teilweise stattgegeben hat, steht der Weg zum staatsgerichtlichen Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO offen. Dabei ist der Antragsteller mit allen Einwendungen präkludiert, die er im Berichtigungs- und Ergänzungsverfahren nach § 1058 ZPO hätte vorbringen können.108 Der Vorrang der Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruches steht in engem Zusammenhang mit dem Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit als echte Rechtsprechungsalternative. Nur wenn die Schiedsgerichtsbarkeit nicht in den staatlichen Instanzenzug eingegliedert und keiner vollen „Überprüfbarkeit“ ausgesetzt ist, kann sie ihre Aufgaben als selbstständige Rechtsprechungsquelle auch erfüllen.109 2. Der Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO a) Zulässigkeit des Aufhebungsverfahrens aa) Antragserfordernis Die Aufhebung eines Schiedsspruches erfordert einen Antrag beim zuständigen Oberlandesgericht. Die sachliche110 und örtliche Zuständigkeit111 ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, hilfsweise ist das Kammergericht Berlin örtlich zuständig. Mit dem Schiedsverfahrensneuregelungsgesetz wurde die Zuständigkeit für Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren beim Oberlandesgericht konzentriert und der „Instanzenzug“ verkürzt, was eine zügigere, kosteneffizientere und die staatliche Justiz entlastende, als gleichwertige Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit zu betrachtende private Schiedsgerichtsbarkeit fördert.112 107 Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 337; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 13. 108 Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 245 und 246. 109 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3; ebenso Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 114. 110 Sachlich zuständig ist das Oberlandesgericht. 111 Diese bestimmt sich gemäß § 1062 ZPO nach der Parteivereinbarung; bei deren Fehlen nach dem Sitz des Schiedsgerichts; bleibt der Ort des Schiedsverfahrens unklar (§ 1043 ZPO), stellt das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2000 – 6 Sch 2/99 = EWiR 2000, 795 auf den Ort der letzten mündlichen Verhandlung ab, ebenso für die Frage, ob ein inländischer Schiedsspruch vorliegt; vgl. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 1b. 112 Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 454; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 617.
C. Inländische Schiedssprüche
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Der Aufhebungsantrag ist nur zulässig bei einem i. S. d. § 1025 Abs. 1 ZPO inländischen Schiedsspruch, der die Förmlichkeiten des § 1054 ZPO erfüllt.113 Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen.114 Antragsberechtigt ist nur, wer durch die prozessualen Wirkungen des Schiedsspruches beschwert ist, nicht also der siegreiche Kläger;115 ein Rechtsschutzbedürfnis seitens des Antragstellers wird demnach vorausgesetzt.116 Dieses dürfte fehlen, wenn ein Vollstreckbarerklärungsverfahren anhängig ist, da es dem Schuldner zumutbar ist, die Aufhebung im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu betreiben. Die Einrede der Rechtshängigkeit greift jedoch nicht durch, da die Streitgegenstände von Aufhebungsantrag und Vollstreckbarerklärungsantrag nicht identisch sind.117 War das Aufhebungsverfahren bereits anhängig und wird ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt, ist das Aufhebungsverfahren analog § 148 ZPO auszusetzen.118 Zu richten ist der Antrag gegen den, der Rechte aus dem Schiedsspruch herleiten kann. Wenn ein schiedsrichterlicher Instanzenzug vereinbart wurde und die Frist für die Anrufung des Oberschiedsgerichts noch nicht verstrichen ist, ist der Aufhebungsantrag nicht statthaft;119 ebenso wenig kann die Aufhebung beantragt werden, wenn der Schiedsspruch im Zeitpunkt der Antragstellung bereits durch ein deutsches Gericht oder einen deutschen Notar gemäß § 1053 Abs. 4 ZPO vollstreckbar erklärt wurde. Über die Zulässigkeit des Aufhebungsantrags kann analog § 280 ZPO gesondert verhandelt werden; gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde (§ 1065 ZPO) statt.120 113 BGH, Beschluss vom 27.05.2004 – III ZB 52/03 (OLG Köln) = SchiedsVZ 2004, 205, 206 f; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3. 114 BGH, Beschluss vom 27.05.2004 – III ZB 52/03 (OLG Köln) = SchiedsVZ 2004, 205, 206; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 3; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3; kritisch Schröder, SchiedsVZ 2005, 244, 246 f., der sich für die Aufhebung auch von Scheinschiedssprüchen ausspricht. 115 Die Beschwer im Kostenpunkt ist dabei ausreichend, vgl. RG, Urteil vom 04.09.1940 =RGZ 165, 35, 40; ebenso OLG Saarland, Beschluss vom 29.05.2008 – 4 Sch 2/08 = SchiedsVZ 2008, 313, 315; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 77. 116 Schlosser, in: FS Geimer (2002), S. 947, 963; ders., JZ 1996, 1020, 1022; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO § 1059 ZPO, Rdn. 77; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 11; Triebel / Hafner, SchiedsVZ 2009, 313, 320; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 547. 117 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 615; ebenso Haas, in: FS Rechberger (2005), S. 187, 189; differenzierend Van De Sande / Folter, SchiedsVZ 2016, 72 ff.; a. A., für die Aussetzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens: Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 4. 118 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 23; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 186; Wighardt, SchiedsVZ 2010, 252, 253. 119 RG, Urteil vom 25.06.1926 – VI 79/26 = RGZ 114, 165; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 78. 120 BGH, Beschluss vom 20.09.2001 – III ZB 57/00 (Frankfurt a. M.) = NJW 2001, 3787, 3787; BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06 (LG Dortmund), SchiedsVZ 2007, 160, 162.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
bb) Frist gemäß § 1059 Abs. 3 ZPO Das erklärte Ziel des Schiedsverfahrens, eine möglichst rasche und endgültige Streitentscheidung zwischen den beteiligten Parteien herbeizuführen, kann nur durch möglichst schnelle und endgültige Klarheit über die Anfechtbarkeit des Schiedsspruchs nach dessen Erlass erreicht werden.121 Dementsprechend sieht § 1059 Abs. 3 S. 1 ZPO122 vor, dass der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht einzureichen ist.123 Diese beginnt mit dem Tag, an dem der Antragsteller den Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 1054 Abs. 4 ZPO empfangen hat. Die Parteien können eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist vereinbaren oder den Aufhebungsantrag unbefristet zulassen.124 Findet ein Verfahren nach § 1058 ZPO statt, verlängert sich die Dreimonatsfrist – soweit diese bei Zugang der Entscheidung bis auf weniger als 1 Monat abgelaufen ist – auf einen vollen Monat nach Zugang der Entscheidung nach §§ 1058, 1059 Abs. 3 S. 3 ZPO. Der Fristablauf des § 1059 Abs. 3 ZPO präkludiert die Geltendmachung von Aufhebungsgründen im Vollstreckbarerklärungsverfahren, § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO.125 Bereits davor ist der Kläger aber verpflichtet, von den in §§ 1027, 1040 ZPO vorgesehenen Nachprüfungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, sonst ist er auch im Aufhebungsverfahren präkludiert.126 Sinn und Zweck des Schiedsverfahrens sind gerade der möglichst schnelle Abschluss und die endgültige Klärung des Rechtsstreits, um Rechtsfrieden und Rechtssicherheit gewährleisten zu können. § 1027 ZPO stellt eine allgemeine Präklusionsregelung dar, die auf disponible Vorschriften begrenzt bleibt; betroffen sind daher vor allem Zuständigkeitsmängel, wohingegen die Formvorschriften und die §§ 1036, 1037 ZPO zwingendes Recht betreffen und nicht von § 1027 ZPO erfasst werden.127
121
Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 158. Vorbild ist Art. 34 Abs. 3 UNITRAL-ModellG. 123 Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 2. 124 Siehe auch BT-Drucks. 13/9124, S. 47, 60; ebenso Borges, ZZP 111 (1998), 487, 497 f.; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 10; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 159; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO § 1059 ZPO, Rdn. 85; inwiefern dies hinsichtlich des Gedankens des möglichst schnellen Abschlusses des Schiedsverfahrens jedoch sinnvoll ist, ist fraglich; für eine Verkürzung: Berger, DZWir 1998, 45, 53; ders., in: Raeschke-Kessler, Recht und Praxis, Rdn. 929; dies ist jedoch zweifelhaft insbesondere mit Hinblick auf die Unzulässigkeit eines Ausschlusses der Anfechtungsmöglichkeit. 125 Strittig ist aber, ob z. B. der ordre public Vorbehalt auch der Präklusion unterliegt, v. a. im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens; dies ist aber an späterer Stelle zu erörtern. 126 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4. 127 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 159–160. 122
C. Inländische Schiedssprüche
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b) Wirkung der Aufhebung Liegt ein Aufhebungsgrund vor und wird dieser begründet vom Antragsteller geltend gemacht,128 so spricht das Oberlandesgericht die Aufhebung aus. Andernfalls weist es den Aufhebungsantrag zurück; eine Abänderung des Schiedsspruchs oder eine sonstige Entscheidung in der Sache kann durch das Gericht nicht erfolgen.129 Der Aufhebungsantrag ist ein Rechtsgestaltungsantrag: der Schiedsspruch gilt nach der Aufhebung von Anfang an als rechtsunwirksam. Die Aufhebung des Schiedsspruchs stellt daher den stärksten Eingriff staatlicher Gerichte in das Schiedsverfahren dar.130 Wie auch bei staatlichen Urteilen führen Mängel nur zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruches; bis diese aber nicht durch rechtsgestaltende Entscheidung des Gerichts erfolgt, entfaltet der inländische Schiedsspruch gemäß § 1055 ZPO seine Wirkungen.131 Betrifft die Aufhebungsentscheidung nur einen nach § 301 ZPO abtrennbaren Teil, darf das Oberlandesgericht nur diesen Teil aufheben.132 Stellt sich eine Entscheidung aus anderen Gründen als richtig dar bzw. hat sich der Aufhebungsgrund nicht auf den Schiedsspruch ausgewirkt, ist der Schiedsspruch nach dem Rechtsgedanken des § 561 ZPO trotz Vorliegens eines Aufhebungsgrundes nicht aufzuheben; die Darlegungs- und Beweislast diesbezüglich trifft den Antragsgegner.133 Die Entscheidung über den Aufhebungsantrag erfolgt durch Beschluss, gegen den die Rechtsmittel gemäß §§ 1065 Abs. 1 S. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO gegeben sind.134 Danach ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Aufhebung des Schiedsspruches mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof anfechtbar, wenn bei einem Endurteil die Revision statthaft wäre. Im Sinne von § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwere ausdrücklich im Gesetz geregelt, damit der Zugang zum Bundesgerichtshof unabhängig von einer Zulassung durch das Oberlandesgericht in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung oder zum Zwecke der richterlichen Rechtsfortbildung oder der Sicherung einheitlicher Rechtsprechung ermöglicht wird.135 128 Die Begründung muss den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügen, vgl. OLG München, Beschluss vom 22.06.2005 – 34 Sch 10/05 = SchiedsVZ 2005, 308, 309; KG, Beschluss vom 17.12.2007 – 20 Sch 5/07 = SchiedsVZ 2009, 179, 180; Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 457; nur soweit es unmittelbar um die Wahrung von Staatsinteressen geht, hat das staatliche Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu untersuchen. 129 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 6; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 612; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 20. 130 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 162. 131 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 501; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 18; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 594. 132 BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 (Frankfurt) = BGHZ 96, 40, 49; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 19; Bühler / v. Eschen, IPrax 1990, 62, 64 (Fn. 26); Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 14 a. 133 BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 (Stuttgart) = SchiedsVZ 2003, 39 (mit Anm. Münch, S. 41 f.). 134 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 89. 135 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 168.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
In „geeigneten Fällen“ kann das Oberlandesgericht die Sache auf Antrag einer Partei an das bisher zuständige Schiedsgericht zurückverweisen, § 1059 Abs. 4 ZPO. Der Schiedsspruch ist jedoch auch in diesem Falle aufzuheben;136 nur hat das Schiedsgericht, dessen Amt mit Erlass des Schiedsspruchs dann nicht beendet ist, § 1056 Abs. 3 i. V. m. § 1059 Abs. 4 ZPO,137 unter Vermeidung desselben Fehlers erneut den Schiedsspruch zu fällen. Eine solche Geeignetheit liegt nur dann vor, wenn der Mangel behebbar ist, z .B. Gehörsmängel beseitigt werden können, und die Parteien nicht das Vertrauen in das Schiedsgericht verloren haben.138 Die Möglichkeit der Zurückverweisung birgt den Vorteil, dass zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand für die Neukonstituierung des Schiedsgerichts vermieden wird und diesem aufgrund der vorherigen Befassung alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt sind.139 Nach § 1059 Abs. 5 ZPO lebt die Schiedsvereinbarung im Zweifel mit der Aufhebung des Schiedsspruchs wieder auf. Diese im UNCITRAL-Modellgesetz nicht vorgesehene Regelung beruht auf dem Gedanken, dass das Wiederaufleben der schiedsrichterlichen Entscheidungskompetenz wohl dem mutmaßlichen Parteiwillen am Ehesten entspricht, da sich diese ja gegen die Entscheidung vor den staatlichen Gerichten und für eine schiedsrichterliche Streitentscheidung entschieden haben.140 Dadurch sind die Parteien nicht dazu gezwungen, erneut eine Schiedsvereinbarung treffen zu müssen, um die Entscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte auszuschließen.141 Ebenso dient diese Regelung dem Interesse der Entlastung der staatlichen Justiz. Zu beachten ist jedoch, dass nicht das bisher zuständige Schiedsgericht zur Entscheidung berufen ist, sondern dieses neu besetzt werden muss.142 Im Falle des § 1059 Abs. 5 ZPO ist das Amt der bisherigen Mitglieder des Schiedsgerichts nämlich mit Abschluss des schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1056 Abs. 3 ZPO beendet.143
136 Anders als in Art. 34 Abs. 4 UNCITRAL-ModellG, wonach das staatliche Gericht den Schiedsspruch vor der Zurückverweisung nicht aufheben, sondern das Aufhebungsverfahren lediglich für eine bestimmte Zeit aussetzen soll. 137 OLG München, Beschluss vom 03.01.2014 – 34 SchH 7/13 = SchiedsVZ 2014, 45, 47; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 165; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 613; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2391; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 117; Wolff, SchiedsVZ 2007, 254, 254 f. 138 So OLG München, Beschluss vom 29.01.2007 – 34 Sch 23/06 = NJW 2007, 2129, 2130; ebenso Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 94. 139 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 165. 140 BT-Drucks. 13/5274, S. 60; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 162; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 2. 141 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 17; differenziert Glossner / Bredow / Bühler, Das Schiedsgericht, Rdn. 553; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 548; s. auch Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 248. 142 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 02.11.2007 – 26 SchH 3/07 = NJW-RR 2008, 590, 591; Berger, in: Raeschke-Kessler, Recht und Praxis, Rdn. 450; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 23; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 88. 143 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 614.
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c) Geltendmachung von Aufhebungsgründen außerhalb des Aufhebungsverfahrens Aufhebungsgründe können auch außerhalb des Aufhebungsverfahrens geltend gemacht werden. aa) Verhältnis zum Vollstreckbarerklärungsverfahren Nach § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs abzulehnen, wenn ein Aufhebungsgrund i. S. v. § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt. Es stellt sich somit die Frage nach dem Verhältnis des Aufhebungsverfahrens zum Vollstreckbarerklärungsverfahren. Ist ein Vollstreckbarerklärungsverfahren bereits anhängig, so ist dieses als vorrangig einzustufen, da es dem Schuldner zumutbar ist, die Aufhebung im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu betreiben.144 War das Aufhebungsverfahren bereits anhängig und wird ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt, ist das Aufhebungsverfahren analog § 148 ZPO auszusetzen.145 § 1060 Abs. 2 ZPO sieht zudem Präklusionsvorschriften vor. Gemäß § 1060 Abs. 2 S. 2 ZPO sind Aufhebungsgründe nicht mehr zu berücksichtigen, sofern ein auf sie gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Des Weiteren sollen auf Rüge zu beachtende Aufhebungsgründe im Vollstreckbarerklärungs verfahren keine Berücksichtigung mehr finden, wenn diese bereits im Aufhebungsverfahren nicht vorgebracht wurden oder wegen Fristablaufs nicht mehr vorgebracht werden können. Diese Regelungen stimmen das Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren aufeinander ab, was einerseits aufgrund der jeweiligen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zweckmäßig ist und andererseits eine möglichst schnelle, abschließende Klärung der Bestandskraft des Schiedsspruches fördert.146 bb) Negative Feststellungklage Darüber, dass eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Schiedsspruches unzulässig ist, herrschte nach altem Recht (§ 1041 ZPO a. F.) Einigkeit, da die Aufhebungsklage unbefristet erhoben werden konnte. Trotz oder gerade wegen 144
Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 22; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 615; Haas, in: FS Rechberger (2005), S. 187, 189; a. A. für die Aussetzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens: Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 25, Rdn. 4. 145 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 23; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 186; Wighardt, SchiedsVZ 2010, 252, 253. 146 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 614.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
der Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO ist aber weiterhin von der Unzulässigkeit einer negativen Feststellungsklage auszugehen, da der Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 2 ZPO als einziger Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch anzusehen ist. Allenfalls könnte eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Schiedsspruches auf solche Aufhebungsgründe gestützt werden, die nach Ablauf der Frist im Vollstreckbarerklärungsverfahren berücksichtigt werden könnten, namentlich § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a und b ZPO.147 cc) Wiederaufnahme des Verfahrens Neben der Aufhebung des Schiedsspruches im Verfahren nach § 1059 ZPO ist zudem eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 578 ZPO analog nicht zulässig, da § 1059 ZPO die Aufhebung von Schiedssprüchen abschließend regelt.148 Dafür spricht einerseits der Wortlaut des Gesetzes und zudem das Ergebnis, dass vor der Reform die Restitutionsgründe des § 580 Nr. 1 – 6 ZPO Aufhebungsgründe waren. 3. Einzelne Aufhebungsgründe (§ 1059 Abs. 2 ZPO) Die einzelnen Aufhebungsgründe in § 1059 Abs. 2 ZPO folgen sowohl strukturell, als auch im Wortlaut Art. V UNÜ.149 Da diese als abschließend und erschöpfend zu verstehen sind, gibt es weder parteiautonom vereinbarte Zusatzgründe, noch eine inhaltliche „Kontrolle“ jenseits des ordre public Vorbehalts.150 Ein Schiedsspruch lässt sich nur dann aufheben, wenn einer oder mehrere Aufhebungsgründe vorliegen151 und davon auszugehen ist, dass sich diese auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben. Eine Aufhebung aus rein formalen Gründen und die daraus folgende Durchführung eine neuen Verfahrens mit gleichem Ergebnis soll verhindert werden.152 Obgleich das Gesetz in § 1059 ZPO die Möglichkeit einer Aufhebung vorsieht, wird diese nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen; im Allgemeinen soll das Schiedsverfahren nämlich kein zweites Mal vor den staatlichen Gerichten
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Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 583, 616; ebenso Borges, ZZP 111 (1998), 487, 500 f. So Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 30; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 83; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 97; offenlassend Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 11c; a. A. Schlosser, in: FS Gaul (1997), S. 679, 680 ff.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 12; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 26, der sich nach Ablauf der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO für einen schadensersatzrechtlichen Ausgleich nach § 826 ZPO ausspricht. 149 Ebenso enge Anlehnung an die Aufhebungsgründe des Art. 34 Abs. 2 UNCITRAL-ModellG, die aber gleichfalls wörtlich aus Art. V UNÜ übernommen wurden. 150 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 7; ebenso Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 9. 151 BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 = NJW 2002, 3031, 3032. 152 Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 347. 148
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aufgerollt werden können.153 Zudem steht die Rechtskraft des Beschlusses über einen Aufhebungsgrund der Geltendmachung eines weiteren Grundes entgegen.154 Es ist bei den Gründen zwischen solchen zu unterscheiden, die eine Partei schlüssig vortragen muss, und solchen, die von Amts wegen zu beachten sind.155 Diese Unterscheidung dient erneut der Effektivierung und Beschleunigung des Schiedsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der Parteien als Ausdruck der Privat- bzw. Parteiautonomie im Schiedsverfahren und der größtmöglichen Minimierung staatlichen Einflusses.156 Im Folgenden sollen die einzelnen Aufhebungsgründe erläutert werden. a) Auf Rüge zu beachtende Aufhebungsgründe Zunächst ist gesetzessystematisch mit den Aufhebungsgründen zu beginnen, die lediglich auf Rüge vom staatlichen Gericht zu beachten sind. aa) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO: Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO ist ein Schiedsspruch aufzuheben, wenn eine der Schiedsparteien nach dem für sie maßgebenden Recht zum Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht fähig war. Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Vertragspartner ist unbedingte Voraussetzung für den Abschluss einer gültigen Schiedsvereinbarung.157 Das für die Rechts- und Geschäftsfähigkeit maßgebende Recht bestimmt sich dabei weder nach dem Schiedsvertragsstatut, noch der lex fori des staatlichen Gerichts, sondern nach dem Personalstatut der Parteien;158 im deutschen Recht sind daher die §§ 104 ff. BGB maßgebend. Weiter ist erforderlich, 153
Sandrock, BB 2001, 2173, 2173. Saenger, in: Saenger ZPO § 1059 ZPO, Rdn. 40; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 9; a. A. Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 56. 155 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 5; Henkel, Rechtsbehelfe im schiedsrichterlichen Verfahren, Rdn. 378; Kröll, SchiedsVZ 2008, 112, 115; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2175. 156 Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 458. 157 BGH, Urteil vom 23.04.1998 – III ZR 194/96 = NJW 1998, 2452, 2453; Epping, Die Schiedsvereinbarung, S. 173; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2178. 158 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 596; ebenso Borges, ZZP 111 (1998), 487, 489; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 126; Kronke, RIW 1998, 257, 257; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2179; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 325 ff., 333; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 4; zur Bestimmung des Personalstatuts ist bei natürlichen Personen das Heimatrecht, Art. 7 EGBGB, bei juristischen Personen das Recht des effektiven Verwaltungssitzes heranzuziehen; offenlassend BGH, Urteil vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09 (OLG Düsseldorf) = BGHZ 184, 365, 371 f. = ZIP 2010, 786, 787. 154
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dass die Parteien in Hinblick auf den Streitgegenstand auch dispositionsbefugt sind. Dafür müssen sie Gläubiger bzw. Schuldner des behaupteten Anspruchs bzw. Rechtsverhältnisses sein, für das die Schiedsvereinbarung geschlossen wurde.159 bb) § 1059 Abs. Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO: Allgemeine Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung Gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO ist ein Schiedsspruch ferner aufzuheben, wenn überhaupt keine gültige Schiedsvereinbarung besteht oder diese im Zeitpunkt der Entscheidung unwirksam oder erloschen ist.160 Niemand darf schließlich an den Spruch eines Schiedsgerichts gebunden werden, dem er sich nicht freiwillig unterworfen hat.161 Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung richtet sich nach dem von den Parteien vereinbarten Recht, andernfalls nach deutschem Recht.162 In Betracht kommen zwei mögliche Fallgruppen: Einerseits können prozessuale Hindernisse bestehen, die zumeist aus §§ 1029, 1031 ZPO163 herrühren; andererseits sind materielle Hindernisse möglich, die allgemein aus der bürgerlich-rechtlichen Sphäre entstammen. „Überprüft“ werden können Zugangserfordernisse (§§ 116 - 118, 130 - 132, 145 - 155 BGB) inklusive die Auslegung der §§ 133, 157 BGB, die Unwirksamkeit aufgrund von Willensmängeln (§§ 119 ff. BGB), wie auch die inhaltliche Statthaftigkeit (§§ 134, 138, 305 ff. BGB).164 Im Gegensatz zur „Rahmenkontrolle“ des Schiedsspruches unterliegt die „Überprüfung“ der Schiedsvereinbarung im Aufhebungsverfahren einer weitergehenden „Kontrolle“. Nach § 1040 Abs. 1 ZPO kann das Schiedsgericht zwar über seine eigene Zuständigkeit entscheiden. Das staatliche Gericht ist jedoch an diese Entscheidung nicht gebunden,165 sondern kann diese in einem eigens dafür vorgesehenen Verfahren über die sog. Kompetenz-Kompetenz als Zwischenentscheidung kontrollieren, § 1040 Abs. 3 ZPO.166 Die Entscheidung über die Zuständigkeit des
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Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 141. Siehe auch Schlosser, ZZP 92 (1979), 125, 132. 161 BGH, Urteil vom 09.03.1978 – III ZR 78/76 = NJW 1978, 1744, 1745; Hammer, in: FS Schütze (2015), S. 141, 142; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 596. 162 Wie § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO klarstellt, kann im Rahmen des Aufhebungsverfahrens nur das deutsche Recht Anwendung finden aufgrund des Übergangs zum Territorialitätsprinzip gemäß § 1025 Abs. 1 ZPO; zustimmend Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 127; ebenso Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2183; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 7. 163 § 1030 ZPO fällt explizit unter § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO. 164 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2186; Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 15. 165 BGH, Urteil vom 05.05.1977 – III ZR 177/74 = BGHZ 68, 356; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 9. 166 BGH, Urteil vom 05.05.1977 – III ZR 177/74 = BGHZ 68, 356; Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 226. 160
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Schiedsgerichts und die darauf basierende Entscheidung über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bleibt damit dem staatlichen Gericht vorbehalten.167 In diesem Zusammenhang stellt die schiedsgerichtliche Entscheidung eine für das staatliche Gericht unverbindliche Vorprüfung dar, weshalb das staatliche Gericht im Rahmen der „Kontrolle“ der Schiedsabrede nicht nur rechtliche Mindestanforderungen überprüfen, sondern selbst Tatsachen ermitteln und eigene rechtliche Würdigungen vornehmen kann.168 Unter Umständen können bzw. müssen die Parteien jedoch, um nicht das Rügerecht zu verlieren, schon im Vorhinein nach § 1040 Abs. 2 und 3 ZPO vorgehen,169 also die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klageerwiderung rügen.170 Die rügelose Einlassung kann zudem Mängel der Schiedsvereinbarung heilen bzw. soll in ihr ein Neuabschluss der Schiedsvereinbarung liegen,171 vgl. § 1027 ZPO172 und § 1031 Abs. 6 ZPO.173 Außerdem kann die Berufung auf die mangelnde Schiedsvereinbarung gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die sich hierauf berufende Partei das Schiedsverfahren veranlasst hat. Für den Fall der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit ist § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO lex specialis und von Amts wegen zu prüfen. cc) Exkurs: Fälschlicherweise verneinte Zuständigkeit des Schiedsgerichts als Aufhebungsgrund? In § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO sieht das Gesetz die Aufhebung des Schiedsspruchs für den Fall vor, dass das Schiedsgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit bejaht und einen Schiedsspruch in der Sache erlassen hat.174 Fraglich ist jedoch, ob auch im umgekehrten Fall, wenn das Schiedsgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit verneint hat, ein Aufhebungsantrag gegen den „Prozessschieds-
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Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 226. Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 226; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 598. 169 So auch Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 597; danach ist die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen, § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO, nur bei genügender Entschuldigung kann unter Umständen eine spätere Rüge zugelassen werden, § 1040 Abs. 2 S. 4 ZPO; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 39. 170 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 227; ebenso BT-Drucks. 13/5274, S. 44. 171 Hammer, in: FS Schütze (2015), S. 141, 142; ebenso Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2187; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 35; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 9. 172 § 1027 ZPO regelt nur die Präklusion in Hinblick auf einzelne Verfahrensvorschriften, im Fall der fehlenden Zuständigkeit ist jedoch die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens als Ganzes betroffen, sodass § 1027 ZPO nicht anwendbar ist; siehe BT-Drucks. 13/5274, S. 32 f.; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 129. 173 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2187; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 31. 174 Elsing, JR 2003, 244, 245; dazu auch Bülow, KTS 1970, 125, 131. 168
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
spruch“175 statthaft ist.176 Für die Möglichkeit des Aufhebungsantrags spricht sich insbesondere der Bundesgerichtshof aus,177 ebenso befürwortet Rasechke-Kessler de lege ferenda eine Lückenschließung durch die Ergänzung des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO.178 Der abschließende Charakter der Aufhebungsgründe des § 1059 ZPO darf aber nicht außer Acht gelassen werden, ebenso steht den Parteien die Möglichkeit zu, Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten zu suchen. Wenn Deutschland international wegen Art. 4 ff. EuGVVO bzw. §§ 12 ff. ZPO nicht zuständig ist, müssten die Parteien jedoch gegebenenfalls ein staatliches Gericht in einem Staat anrufen, deren Justiz sie gerade durch die Schiedsvereinbarung ausweichen wollten.179 Auch in einem reinen Inlandsfall kann ein legitimes Interesse bestehen wegen der Sachkunde der Schiedsrichter oder der Vertraulichkeit des Verfahrens den Prozessschiedsspruch anzufechten und damit den Weg zu einer neuen Entscheidung durch das Schiedsgericht zu eröffnen.180 Schlossers Weg, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO im Wege der Umkehrung anzuwenden, oder gar die Möglichkeit einer Analogie im Sinne von Münch sind angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit beider Fälle der Unzuständigkeitserklärung des Schiedsgerichts zweifelhaft, da gerade eine „Aufweichung der Aufhebungsgründe“181 nicht mit dem Gesetz vereinbar ist. Ebenso liegt kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vor.182 Dass § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO nicht entsprechend für den Fall der unberechtigten Unzuständigkeitserklärung des Schiedsgerichts anwendbar sein soll, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung klargestellt, da es bereits an einer planwidrigen Regelungs 175 BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2003, 39 (Münch); OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 17.01.2013 – 26 Sch 24/12 = SchiedsVZ 2013, 341, 342; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 4; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 11; Huber, SchiedsVZ 2003, 73, 74; Kröll, NJW 2003, 791, 793; Laschet, in: FS Nagel (1987), S. 167, 187; Lionnet / Lionnet, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 6 II, S. 402; Münch, in: MüKo ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 29, 30; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 9; Thiel / Pörnbacher, SchiedsVZ 2007, 295, 298; offenlassend Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 719, 2067, 2191; ablehnend Voit, in: Musielak ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 8, der in dem Beschluss nach § 1056 Abs. 2 Nr. 3 ZPO gerade keinen Schiedsspruch sieht und daher auch kein Anfechtungsverfahren zulassen will. 176 Vgl. Darstellung von Geimer, in: FS Elsing (2015), S. 147 ff. 177 BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2003, 39, 41 (Münch) = NJW 2002, 3031 = JR 2003, 243 (Elsing); OLG Naumburg, Beschluss vom 20.05.2005 – 10 Sch 01/05 = SchiedsVZ 2006, 103, 104; BT-Drucks. 13/5274, S. 44; ebenso Bülow, KTS 1970, 125, 131; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 11 ff.; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 12; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2067; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 19; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 7; a. A. Voit, in: Musielak ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 8. 178 Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 20. 179 Laschet, in: FS Nagel (1987), S. 167, 187; ebenso Sponheimer, Gestaltungsfreiheit, S. 63. 180 So auch Münch, SchiedsVZ 2003, 39, 42. 181 Münch, SchiedsVZ 2003, 39, 42. 182 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 17.01.2013 – 26 Sch 24/12 = SchiedsVZ 2013, 341, 342.
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lücke fehle und auch keine vergleichbare Interessenlage zur Überschreitung der Schiedsabrede gegeben sei.183 Die Lösung Geimers, bei Unzuständigkeitserklärung des Schiedsgerichts und abweichender Rechtsansicht einer der Schiedsparteien einen Zwischenentscheid vorzusehen und den Parteien gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit der Anrufung des staatlichen Gerichts zu gewähren, ist somit lobenswert.184 Auch steht dieser erweiterten Anwendung des § 1040 Abs. 3 ZPO nicht die Regierungsbegründung zum Schiedsverfahrensneuregelungsgesetz entgegen, da diese die Möglichkeit eines Aufhebungsantrags bei falscher Unzuständigkeitserklärung des Schiedsgerichts erwogen hat185 und das Schiedsgericht einen Verfahrensfehler i. S. d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO186 begeht, wenn es den Parteien nicht ermöglicht, vor Erlass eines Prozessschiedsspruchs das Oberlandesgericht im Zwischenentscheidungsverfahren entsprechend § 1040 Abs. 2 S. 2 ZPO anzurufen.187 Diese Lösung begünstigt die Rechtssicherheit bereits bei Beginn des Schiedsverfahrens, um den Parteien ein langes, kostspieliges staatliches Verfahren zu ersparen.188 dd) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO: Gehörsmängel Ebenso liegt ein Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. lit. b ZPO vor, wenn das rechtliche Gehör einer Partei verletzt wurde.189 Angesprochen damit ist vor allem die Erforderlichkeit passiver Verfahrenskenntnis (Var. 1),190 wie auch der aktive Verfahrenseinfluss (Var. 2). Erstgenannte erfordert die gehörige Kenntnis von der Verfahrenseinleitung, sowie der sich daran anschließenden Richterbestellung,191 Letztgenannte zielt auf die Möglichkeit ab, im tatsächlichen Prozessablauf Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen zu können.192 Erfasst sind ein 183 BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 (OLG Stuttgart) = JR 2003, 243 f. mit zustimmender Anmerkung von Elsing, JR 2003, 243, 246; differenzierend Münch, in: MüKo ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 30, der sich für eine Gesamtanalogie zu Nr. 1 lit. a, Nr. 1 lit. c und Nr. 2 lit. a ausspricht. 184 Zustimmend Bülow, KTS 1970, 125, 131; ebenso Laschet, in: FS Nagel (1987), S. 167, 187. 185 BT-Drucks. 13/5274, S. 44, 58; ebenso Münch, SchiedsVZ 2003, 39, 41, 42. 186 Eine „Bestimmung dieses Buches“ ist auch eine entsprechend anzuwendende Bestimmung, vgl. Geimer, in: FS Elsing (2015), S. 147, 151; zum gleichen Ergebnis käme man über den ordre public Vorbehalt des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO. 187 Geimer, in: FS Elsing (2015), S. 147, 151. 188 Laschet, in: FS Nagel (1987), S. 167, 188. 189 Dazu OLG München, Beschluss vom 11.04.2012 – 34 Sch 21/11 = SchiedsVZ 2012, 156, 159; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.04.2014 – 26 Sch 13/13 = SchiedsVZ 2014, 154, 156; Kröll, SchiedsVZ 2010, 213, 215; ders., SchiedsVZ 2011, 210, 212. 190 Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 30.07.1998 – 6 Sch 3/98 = BB 1999, Beilage 4, S. 13 ff.; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2194 ff. 191 Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 12. 192 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 491; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 773 ff.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 11 ff.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
zelne Mittel von Klagebegründung und -erwiderung (§ 1046 Abs. 1 S. 1 ZPO), die Benennung und Vorlage von Beweisen (§§ 1046 Abs. 1 S. 2, 1042 Abs. 4 S. 2 ZPO), die Kenntnisgabe von Beweisterminen und -mitteln (§ 1047 Abs. 2 und 3 ZPO), sowie spezielle Angriffs- und Verteidigungsmittel, die auf die Geltendmachung von Kompetenzmängeln abzielen.193 Grundsätzlich sind an die Gewährung rechtlichen Gehörs die gleichen Anforderungen wie im staatlichen Gerichtsverfahren zu stellen.194 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist Ausdruck des allgemeinen Grundrechts in Art. 103 Abs. 1 GG und zudem in § 1042 Abs. 1 S. 2 ZPO verankert. Nachdem die Grundrechte nach der Begründung des Schiedsverfahrensneuregelungsgesetzes „zum Kern“ des ordre public gehören, stellt eine Verletzung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör häufig gleichzeitig einen Verstoß gegen den ordre public dar.195 Daraus folgt erstens, dass sich die Schutzbereiche des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO und des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO nach den von der Rechtsprechung zu Art. 103 Abs. 1 GG entwickelten Grundsätzen zu richten haben.196 Zweitens ist eine Überschneidung beider Aufhebungsgründe gewissermaßen unausweichlich;197 zudem kann § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO einschlägig sein,198 da nach der Bestimmung des § 1042 Abs. 1 ZPO Parteien gleich zu behandeln sind und Ihnen rechtliches Gehör zu gewähren ist. Darüber hinaus enthalten die §§ 1047 Abs. 2 und 3, 1049 Abs. 2 ZPO spezialgesetzliche Ausprägungen des Gebots auf rechtliches Gehör.199 Gehörsmängel des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO werden meist im Rahmen des ordre public Vorbehalts geprüft, da das Gericht diese von Amts wegen und nicht nur auf Rüge der unterlegenen Partei prüfen muss. Eigenständige Bedeutung behält § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO nur bei solchen Verletzungen des rechtlichen Gehörs, die die Schwelle des ordre public Vorbehaltes nicht überschreiten.200 Dafür muss die Partei aber darlegen, was sie bei Kenntnis vorgetragen und welche Folgen es 193
Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 25–26. BGH, Urteil vom 11.11.1982 – III ZR 77/81 (Köln) = NJW 1983, 867, 867; BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 (Frankfurt) = BGHZ 96, 40, 49; BGH, Entscheidung vom 14.05.1992 – III ZR 169/90 = BGH NJW 1992, 2299; BayObLG, Beschluss vom 15.12.1999 – 4 Z Sch 23/99 = BB 2000, RPS-Beil. 12 zu H. 50, 16, 18; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 133. 195 Siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23.06.2004 – 1 BvR 496/00 = NJW 2004, 3551, 3552. 196 BayObLG, Beschluss vom 15.12.1999 – 4 Z Sch 23/99 = BB 2000, Beilage 12 zu H. 50, 16, 18; Sandrock, BB 2001, 2173, 2172. 197 So auch Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 11. 198 BGH, Urteil vom 21.10.1971 – VII ZR 45/70 (Hamburg) = NJW 1972, 449, 449; BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2008, 40, 42; BGH, Beschluss vom 15.01.2009 – III ZB 83/07 (OLG Frankfurt / Main) = SchiedsVZ 2009, 126, 127; Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 22; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 44; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anhang § 1061 ZPO, Rdn. 81–82; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 13, 27. 199 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 133. 200 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 599; ebenso Borges, ZZP 111 (1998), 487, 491; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2106 ff. 194
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für den Schiedsspruch gehabt hätte.201 Die Kausalität des Verfahrensverstoßes wird wörtlich zwar nur bei Verfahrensmängeln nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO vorausgesetzt, gilt aber für die in lit. b genannten Verfahrensmängel entsprechend.202 ee) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO: Überschreitung des Streitgegenstandes203 Im Falle, dass ein Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die von der Schiedsvereinbarung nach § 1029 Abs. 2 ZPO nicht erfasst ist, oder eine Entscheidung enthält, welche die Grenzen der Schiedsvereinbarung überschreitet,204 liegt ebenso ein Aufhebungsgrund vor. In Anlehnung an Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ wird zwischen einer Überschreitung der Zuständigkeit und einer Überschreitung der Entscheidungsbefugnis unterschieden.205 Im Gegensatz zu § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO geht es hierbei um die ganz konkrete Schiedsbindung, also den genauen Umfang der Parteiermächtigung im Sinne von § 1029 Abs. 1 ZPO.206 Eine Überschreitung der Zuständigkeit liegt vor, wenn zwar eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt, diese aber den Streitgegenstand des Schiedsspruches nicht erfasst; eine Überschreitung der Entscheidungsbefugnisse liegt hingegen vor, wenn das Schiedsgericht für die Entscheidung zuständig war, aber ultra petita gesprochen hat.207 Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Schiedsgericht trotz fehlender Ermächtigung nach § 1051 Abs. 3 ZPO eine Entscheidung nach Billigkeit getroffen hat208 oder bewusst nach einem 201 OLG München, Beschluss vom 28.01.2009 – 34 Sch 22/08 = SchiedsVZ 2009, 127, 127; OLG München, Beschluss vom 23.01.2012 – 34 Sch 33/11 (2) = SchiedsVZ 2012, 107, 110; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.04.2014 – 26 Sch 13/13 = SchiedsVZ 2014, 157. 202 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 599; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 134. 203 Die normierte Kompetenzüberschreitung war im alten Schiedsverfahrensrecht nicht als eigenständiger Aufhebungsgrund geregelt; vielmehr wurde diese teils als Fall des Fehlens einer gültigen Schiedsvereinbarung, teils als Verfahrensverstoß erfasst. 204 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 8; Eberl, SchiedsVZ 2003, 109, 111; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2243. 205 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 599. 206 Anders insoweit Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 53, der davon ausgeht, dass das Schiedsgericht, das außerhalb der Grenzen der Schiedsvereinbarung entscheidet, insoweit auch ohne wirksame Schiedsvereinbarung i. S. v. lit. a entscheidet. 207 Bühler / v. Eschen, IPrax 1990, 62, 63; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 44 c; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 128 f.; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 600; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 15; anders Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 54. 208 BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 = RIW 1985, 970, 972; OLG München, Beschluss vom 22.06.2005 – 34 Sch 10/05 ) = SchiedsVZ 2005, 308 f.; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 60; für den umgekehrten Fall gilt dies jedoch nicht, ein zur Billigkeitsentscheidung beauftragtes Schiedsgericht kann auch eine Rechtsentscheidung treffen, vgl. Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 600; v. Heymann, Ordre public, S. 196 f., fordert auch bei Billigkeitsent-
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anderen materiellen Recht als dem von den Parteien gewählten Recht entscheidet.209 Die Kompetenzüberschreitung in Hinblick auf die Zuständigkeit führt jedoch nicht zu einer Totalaufhebung des Schiedsspruchs, sondern lediglich zur Reduktion um den „überschüssigen“ Bestandteil des Schiedsspruchs, sofern dieser teilbar ist.210 Auf diesem Wege wird die schiedsrichterliche Souveränität größtmöglich unter kleinstmöglichem staatlichen Einfluss gewahrt und die restliche Schiedsbindung respektiert.211 Zu beachten bleiben ferner ebenso die Rügeobliegenheiten gemäß § 1042 Abs. 2 und 3 ZPO.212 ff) § 1059 Abs. 2 Nr. lit. d: Prozessmängel Die nicht bereits unter Nr. 1 lit. a bis c abgedeckten sonstigen Verfahrensmängel sind schlichte Mängel, sofern diese nicht den verfahrensrechtlichen ordre public berühren. Dabei ist zwischen Konstituierungsmängeln einerseits und Mängeln des schiedsrichterlichen Verfahrens andererseits zu differenzieren. (1) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 1 ZPO i. V. m. §§ 1034 ff. ZPO: Konstituierungsmängel Mängel im Vorfeld des Schiedsverfahrens, insbesondere bei der Bildung des Schiedsgerichts, sind als Aufhebungsgrund rügefähig. Die Konstituierung des Schiedsgerichts muss sich im Rahmen der §§ 1034 – 1039 ZPO halten,213 die mit Ausnahme der §§ 1034 Abs. 2, 1036, 1037 Abs. 3 ZPO dispositiv sind, sodass abweichende Vereinbarungen der Parteien vorrangig zu berücksichtigen sind. Zudem ist zu beachten, dass Fehler im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit d. Var. 1 ZPO nur dann zur Aufhebung des Schiedsspruches führen, wenn wenigstens die Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung ohne den Verfahrensverstoß anders ausgefallen wäre.214 Zur Aufhebung berechtigen insbesondere das Übergewicht einer Partei hinsichtlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts (§ 1034 Abs. 2 ZPO), wie scheidungen die Grenze des ordre public; für die Einordnung als Verfahrensfehler i. S. d. lit. d: Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 13. 209 Entscheidend ist aber nur, dass das Schiedsgericht das richtige Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht auch ob es dieses Recht richtig ausgelegt hat, siehe BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 = RIW 1985, 970, 972; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 62; Sandrock, BB 2001, 2173, 2179; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 13. 210 So auch Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2244; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 17. 211 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 21. 212 Die Rügeobliegenheit hinsichtlich der Unzuständigkeit ist bereits in der Klagebeantwortung vorzubringen; die Überschreitung der Entscheidungsbefugnis muss in dem Zeitpunkt gerügt werden, in dem die Angelegenheit zur Erörterung gelangt, § 1040 Abs. 2 S. 3 ZPO. 213 Vgl. einzelne Konstellationen bei Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 18. 214 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 602.
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auch die Mitwirkung eines Schiedsrichters, in dessen Person Ablehnungsgründe vorgelegen haben (§§ 1036, 1037 ZPO). Alleine die fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts reicht nicht aus, um einen Aufhebungsgrund darzustellen, da das Kausalitätserfordernis eine Aufhebung aus rein formalen Gründen verhindern soll. Zu beachten ist bei Nichtrüge i. S. v. § 1027 ZPO der Eintritt der Präklusion, vgl. § 1034 Abs. 2 ZPO und § 1037 Abs. 2 ZPO:215 der Antragsteller des Aufhebungsantrags muss also seine verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, bereits im Schiedsverfahren die fehlerhafte Konstituierung zu rügen.216 (2) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO: Prozessablaufmängel Indes sind auch Prozessablaufmängel rügefähig. Solche können beispielsweise darin liegen, dass das Verfahren als Ganzes217 oder einzelne Verfahrenshandlungen inkorrekt waren, d. h. entweder gesetzlichen Vorschriften i. S. v. §§ 1026–1058 ZPO oder parteiautonomen Vorgaben i. S. d. § 1042 Abs. 3 ZPO nicht entsprochen wurde.218 Unter § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO kann lediglich ein Mangel des Verfahrens (in procedendo), nicht ein Mangel des Entscheidens (in iudicando) fallen,219 dieser ist vielmehr von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO erfasst.220 Beispiele für relevante Prozessablaufmängel sind etwa Gehörverstöße, sofern diese nicht bereits von Nr. 1 lit. b erfasst werden, die Beteiligung Dritter an der Rechtsfindung,221 Zweierentscheid bei Dreierbesetzung,222 die abredewidrige Nichtanordnung einer mündlichen Verhandlung,223 die Substanzänderung durch Berichtigungsakt224 oder die vollkommen fehlende Begründung.225 Ein Verfahrensfehler stellt nur dann einen relevanten Aufhebungsgrund dar, wenn derjenige, der die Aufhebung begehrt, auch nachweisen kann, dass der Schiedsspruch auf diesem
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Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 30. OLG Frankfurt / Main, Beschluss vom 24.11.2005 – 26 Sch 13/05 = SchiedsVZ 2006, 220, 222; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.10.2009 – 26 Sch 12/09 = SchiedsVZ 2010, 52, 52; OLG München, Beschluss vom 16.06.2014 – 34 Sch 15/13 = SchiedsVZ 2014, 257, 260; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2253. 217 Dies ist nur der Fall, wenn die Schiedsvereinbarung als Ganzes unwirksam ist oder ein unzuständiges Schiedsgericht entschieden hat. 218 Dazu auch Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 55. 219 Jedoch aber die Begründungspflicht, vgl. Borges, ZZP 111 (1998), 487, 493. 220 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 22. 221 OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.1975 = BB 1976, 251, 252; ebenso Stürner, SchiedsVZ 2013, 322, 325. 222 BGH, Beschluss vom 21.05.2008 – III ZB 14/07 = NJW 2008, 2718. 223 BGH, Urteil vom 19.05.1994 – III ZR 130/93 (München) = NJW 1994, 2155, 2156; OLG Naumburg, Beschluss vom 21.02.2002 – 10 Sch 8/01 = NJW-RR 2003, 71, 72. 224 OLG Stuttgart vom 20.12.2001 – 1 Sch 13/01 = OLGR 2002, 166, 167. 225 BT-Drucks. 13/5274, S. 59/60; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.9.2002 – 17 Sch 3/01 = IHR 2003, 93, 96. 216
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Verstoß beruhen kann (Kausalität).226 Dies soll eine Aufhebung aus rein formalen Gründen verhindern. Nur wenn ohne den Verfahrensfehler mit Gewissheit gleich entschieden worden wäre, scheidet eine solche Ursächlichkeit aus.227 b) Von Amts wegen zu prüfende Aufhebungsgründe Während die soeben genannten Aufhebungsgründe lediglich auf Rüge der Parteien zu beachten sind, hat das staatliche Gericht den Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO von Amts wegen aufzuheben, wenn der Gegenstand des Streits nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist (lit. a) oder wenn die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das mit der öffentlichen Ordnung nicht vereinbar ist (lit. b). Da hierbei unmittelbar staatliche Interessen berührt sind, können die Parteien auch nach Erlass des Schiedsspruchs nicht auf diese beiden Aufhebungsgründe verzichten. Gleichsam scheidet insoweit eine Heilung durch rügelose Einlassung nach § 1027 ZPO aus.228 aa) § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO: Fehlende objektive Schiedsfähigkeit Auch die objektive Schiedsunfähigkeit stellt einen Aufhebungsgrund dar. Diese ist lex specialis zum allgemeinen Ungültigkeitseinwand gegen Schiedsvereinbarungen (Nr. 1 lit. a). Während die fehlende objektive Schiedsfähigkeit unter altem Recht zwar zur Nichtigkeit der getroffenen Schiedsvereinbarung i. S. v. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F. führte, stellte sie keinen eigenständigen Aufhebungsgrund dar und konnte lediglich im Rahmen des ordre public Vorbehalts gemäß § 1041 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. berücksichtigt werden. Da ein Rechtsprechungsmonopol des Staates aber gerade in Hinblick auf besonders schützenswerte Rechtsgüter besteht, um bei besonders gravierenden Eingriffen das Interesse der Parteien und der Öffentlichkeit an der Einhaltung besonderer Voraussetzungen zu sichern und durch richterlichen Akt Rechtsklarheit zu schaffen,229 ist der Fall der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit vom staatlichen Gericht nun von Amts wegen zu über-
226 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2008, 40, 42; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.10.2009 – 26 Sch 12/09 = SchiedsVZ 2010, 52, 55; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 17.01.2013 – 26 Sch 24/12 = SchiedsVZ 2013, 341, 343. 227 BGH, Beschluss vom 11.12.2014 – I ZB 23/14 = NJW-RR 2015, 1087, 1088; Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 33–35; Kröll, SchiedsVZ 2004, 113, 119; kritisch Aden, DZWiR 2013, 149, 150 f. 228 Regierungsbegründung zu § 1059 Abs. 2 ZPO, siehe BT-Drucks. 13/5274, S. 59; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 605; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 50; allenfalls kann eine Einschränkung bei solchen Aspekten des ordre publics erfolgen, die lediglich dem Individualschutz dienen. 229 Bork, ZZP 100 (1987), 249, 252.
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prüfen.230 Der Staat kann insofern eine präventive „Kontrolle“ ausüben, indem er gewisse sensible Rechtsbereiche für nicht schiedsfähig erklärt und eine Schiedsvereinbarung bezüglich der betreffenden Streitgegenstände nicht wirksam geschlossen werden kann.231 Die objektive Schiedsfähigkeit beurteilt sich dabei stets nach deutschem Recht als der lex fori, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO und § 1030 ZPO.232 Durch die Vereinbarung eines großzügigeren ausländischen Rechts in der Schiedsvereinbarung kann diese „Rechtsschutzeffizienz“233 hinsichtlich der Schiedsfähigkeit bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten i. S. v. § 1030 ZPO nicht unterlaufen werden.234 Vermögensrechtliche Ansprüche sind grundsätzlich schiedsfähig, während bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen235 auf die Vergleichsfähigkeit abzustellen ist; Einschränkungen durch besondere gesetzliche Vorschriften bleiben jedoch unberührt, § 1030 Abs. 3 ZPO.236 Beispiele dafür sind § 1822 Nr. 12 BGB, § 37 h WpHG, §§ 101 ff. ArbGG und § 1030 Abs. 2 ZPO.237 bb) § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO: Verstoß gegen die öffentliche Ordnung Am Bedeutendsten für die Rolle der staatlichen Gerichte ist der letzte Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO. Einen Aufhebungsgrund stellt jeder Verstoß gegen den ordre public und die public policy dar.238 Der Begriff des ordre public stimmt im Wesentlichen mit jenem in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und Art. 6 EGBGB überein,239 gemeint ist die bundesdeutsche Binnenordnung, also Regelungen, die die „Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens in einer freien Gesellschaft berühren und aus bestimmten staatspolitischen, sozial- oder wirtschaftspolitischen Zielsetzungen heraus erlassen worden sind“.240 230
Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 15; Borges, ZZP 111 1998), 487, 494; Bork, ZZP 100 (1987), 249, 250 u. 272; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 253; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 605; Kröll, SchiedsVZ 2010, 213, 217; Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 22, 23; Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 11; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 4, Rdn. 1; ebenso Regierungsbegründung, BT-Drucks. 13/5274, S. 59. 231 Epping, Die Schiedsvereinbarung, S. 175. 232 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 494; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 606. 233 Begriff, der von Bork, ZZP 100 (1987), 249, 253 benutzt wird. 234 Regierungsbegründung, siehe BT-Drucks. 13/5274, S. 59; zustimmend Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 46; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 606; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 31; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 15. 235 Dies sind vor allem Scheidungs- sowie Sorgerechtsstreitigkeiten. 236 Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 592, 606. 237 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 142. 238 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 38; ebenso Baumert, SchiedsVZ 2014, 139, 139 f.; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 145; Pfeiffer, NJW 2012, 1169, 1172; Samtleben, ZZPInt 16 (2011), 425, 457 ff. 239 Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 16. 240 BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538; Schlosser, in: Stein / Joans ZPO, Anhang § 1061 ZPO, Rdn. 135.
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Eingeschlossen darin sind auch die Grundrechte der deutschen Verfassung,241 wie die in Deutschland herrschenden Vorstellungen bezüglich der Erfordernisse der öffentlichen Ordnung. Dies gilt auch dann, wenn der inländische Rechtsspruch aufgrund eines anderen materiellen Rechts ergangen ist.242 Im Gegensatz zur Summe aller zwingenden Normen des deutschen Rechts, welche durch die Wahl eines anderen materiellen Rechts ausgeschlossen werden können, beanspruchen ordre public Normen trotz einer solchen Klausel Geltung.243 Ausführungen zum ordre public international sind erst an späterer Stelle vorzunehmen, da es hier lediglich um inländische Schiedssprüche geht.244 (1) Verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher ordre public Da § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO nicht nur auf die Aufhebung, sondern auch auf die Anerkennung und Vollstreckung abstellt, muss das erzielte Ergebnis letztlich selbst den ordre public Verstoß darstellen, sei es das materielle Ergebnis oder das prozessuale Verfahren. Allgemein am Treffendsten ist somit die Unterscheidung zwischen materiellem und verfahrensrechtlichem ordre public.245 Einige argumentieren zwar, dass sich die ordre public Prüfung allein auf eine materiell-rechtliche „Ergebniskontrolle“ beschränken müsste, da viele Verfahrensfehler bereits unter § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO fallen würden. Richtigerweise muss sie aber auch prozessuale Mängel erfassen als eine Art Auffangklausel für besonders schwerwiegende 241 BT-Drucks. 13/5274, S. 59; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 147; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 606. 242 Voit, in: Musielak, § 1059 ZPO, Rdn. 25. 243 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 146; ebenso Sandrock, in: FS Glossner (1994), S. 281, S. 290 ff. 244 Für die Unterscheidung der BGH, Urteil vom 15.05.1986 – III ZR 192/84 (Hamburg) = NJW 1986, 3027, 3028; BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2199; BGH, Urteil vom 01.02.2001 – III ZR 332/99 = NJW-RR 2001, 1059, 1060 f.; BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 (OLG Karlsruhe) = NJW 2007, 772, 774; BGH, Beschluss vom 29.01.2009 – III ZB 88/07 (OLG Köln) = NJW 2009, 1747, 1748; BGH, Beschluss vom 20.12.2012 – III ZB 8/12 = BeckRS 2013, 01579; ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 2/09 = BeckRS 2012, 09444; Altenmüller, KTS 1974, 150, 156; Baumert, SchiedsVZ 2014, 139, 140; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 47; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 67; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 221 f.; Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 18, 19; Mezger, NJW 1970, 368, 369–370; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 741; ders., aber gegen die Notwendigkeit: IPrax 1991, 218, 220; ders., in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 135; v. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 72 f.; gegen die Unterscheidung von ordre public interne und ordre public international sprechen sich aus: Borges, ZZP 111 (1998), 487, 495; ebenso Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 145, 155 f.; Leipold, ZZP 123 (2010), 90, 94; Pfeiffer, NJW 2014, 1597 = LMK 2014, 356293; Sandrock, in: FS Sonnenberger (2004), S. 617, S. 619 f.; Schütze, in: Wieczorek / Schütz ZPO § 1059 ZPO, Rdn. 58; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 21; v. Winterfeld, NJW 1987, 3059, 3059 f. 245 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 44; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 146; Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 13.
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Verfahrensmängel bzw. fundamentale Prozessregeln auch ohne den erforderlichen prozessualen Kausalitätszusammenhang.246 Zu beachten ist, dass nicht schlechthin jeder Widerspruch zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen ordre public Verstoß begründet, sondern es sich um eine unabdingbare Norm handeln muss, die Ausdruck einer für den Gesetzgeber grundliegenden Werteentscheidung ist.247 Meinungen, die es befürworten, zur öffentlichen Ordnung alle in der Bundesrepublik geltenden Vorschriften mit zwingendem Charakter zählen zu lassen, sind daher abzulehnen.248 Vielmehr ist der ordre public stets eng auszulegen, da eine Aufhebung des Schiedsspruches als ultima ratio dienen soll. Das staatliche Gericht soll nur dann eingreifen, wenn die Parteiautonomie zu Willkür, Gesetzesumgehung und Unterdrückung missbraucht worden ist.249 Wann genau die „Schmerzgrenze“ hin zu einem ordre public Verstoß erreicht ist, wird kontrovers beurteilt. Manche sehen die Schwelle erreicht, wenn vertretene Rechtsmeinungen nicht mehr vertretbar sind;250 Andere sehen einen ordre public Verstoß erst dann, wenn die Verletzung der Grundlagennorm offenkundig ist.251 Da die genannten Kriterien aber weiterer Erläuterung bedürfen, macht sie das zur Bestimmung eines ordre public Verstoßes untauglich.252 Ebenso geht daraus die Schwammigkeit des Begriffs hervor, welche vor Augen führt, dass weder eine klare Definition auffindbar, noch eine abschließende Aufzählung von ordre public Verstößen möglich ist.253 Nichts desto trotz gibt es eine Reihe an Beispielen, die in Literatur und Rechtsprechung ständig wiederkehren.254 Als wesentliche Grundsätze des Verfahrensrechts gelten beispielsweise das Gebot der überparteilichen Rechtspflege, die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter und die unzureichende Gewährung rechtlichen Gehörs, die gegen Art. 103 Abs. 1 GG als grundliegenden Gedanken unseres Grundgesetzes verstoßen. Wenn also das schiedsrichterliche Verfahren an einem schwerwiegenden, die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel leidet, ist der Schiedsspruch aufzuheben.255 Ein Verstoß gegen die materielle deutsche öffentliche Ordnung liegt vor, wenn ein Schiedsspruch zu einer strafbaren Handlung256 oder einer unmöglichen Leis-
246
Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 44. BGH, Beschluss vom 28.01.2014 – III ZB 40/13 = NJW 2014, 1597. 248 So aber v. Heymann, Ordre public, S. 166, 183, 196. 249 Altenmüller, KTS 1974, 150, 153. 250 Habscheid, KTS 1973, 232, 235. 251 Möhring, NJW 1968, 369, 370. 252 Altenmüller, KTS 1974, 150, 154. 253 Altenmüller, KTS 1974, 150, 152; ebenso v. Heymann, Ordre public, S. 19. 254 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 146. 255 BGH, Urteil vom 15.05.1986 – III ZR 192/84 (Hamburg) = NJW 1986, 3027, 3028; BGH, Urteil vom 14.04.1988 – III ZR 12/87 (Stuttgart) = NJW 1988, 3090, 3092; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 147. 256 OLG Hamburg, Urteil vom 11.03.1953 – 2 U 487/52 = NJW 1953, 1309, 1309. 247
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tung257 verurteilt.258 Der materiell rechtliche ordre public erfasst vor allem Verstöße gegen wichtige staats- oder wirtschaftspolitischen Interessen dienende Preisvorschriften, Devisenregelungen, Import- oder Exportvorschriften oder den Kulturgüterschutz.259 Ebenso unter den materiellen ordre public einzuordnen ist die Schiedsunfähigkeit des Streitgegenstandes, welche aber durch separate Nennung in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO eigenständigen Niederschlag im Gesetz gefunden hat.260 (2) Restitutionsgründe des § 580 Nr. 1–6 ZPO und Aufhebung gemäß § 826 BGB Umstritten ist, inwiefern die Restitutionsgründe des § 580 Nr. 1–6 ZPO die Aufhebung des Schiedsspruches begründen können und ob eine Aufhebung gemäß § 826 BGB wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung möglich ist. Während in § 1041 Abs. 1 Nr. 6 ZPO a. F. ausdrücklich auf die in § 580 Nr. 1 – 6 ZPO genannten Restitutionsgründe Bezug genommen wurde, enthält § 1059 Abs. 2 ZPO dahingehend keine Regelung. Allenfalls kann man sie daher nun als Bestandteil des verfahrensrechtlichen ordre public qualifizieren.261 Was die Aufhebung des Schiedsspruches wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 ZPO betrifft, herrscht keine Einigkeit. In einem Fall hat der Bundesgerichtshof einen Schiedsspruch im Rahmen eines Vollsteckbarerklärungsverfahrens teilweise aufgehoben, da der Antragsteller den Antragsgegner durch Vorlage unrichtiger Bilanzen über erzielte Geschäftsergebnisse zur Zustimmung zu einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut veranlasst hatte. Nach Auffassung des Gerichts könne ein Schiedsspruch auch unter den Umständen aufgehoben werden, unter denen ein staatliches Urteil wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 ZPO aufgehoben werden könnte.262 (3) Exkurs: Missachtung des anwendbaren materiellen Rechts Während die Zugrundelegung des unrichtigen anwendbaren materiellen Rechts und die Begehung eines Anwendungsfehlers lediglich im Falle des gleichzeitigen 257
OLG Hamm, Entscheidung vom 28.05.1990 – 8 U 223/89 = OLGZ 1991, 347, 349. Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 607. 259 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 47; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 41 f. 260 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 147. 261 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 97; ebenso Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 30; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 83 ff.; offenlassend Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 11c; a. A.; Schlosser, in: FS Gaul (1997), S. 679, 680 ff.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 12; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 26. 262 BGH, Beschluss vom 02.11.2000 – III ZB 55/99 (Düsseldorf) = NJW 2001, 373, 374; so auch Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 12; ders., § 1059 ZPO, Rdn. 26; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 11c. 258
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Verstoßes gegen den ordre public eine Aufhebung der Entscheidung rechtfertigen können, ist fraglich, inwiefern staatliche Gerichte einen Schiedsspruch aufheben können, wenn das Schiedsgericht das anwendbare materielle Recht nicht nur fehlerhaft bestimmt, sondern bewusst übergangen oder seiner Entscheidung gar keine oder eine andere Rechtsordnung zugrunde gelegt hat.263 Diese Missachtung kann einerseits als Verstoß gegen materielles Recht eingeordnet und damit nur im Rahmen der ordre public Prüfung des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO als Aufhebungsgrund in Frage kommen. Andererseits ist eine Wertung als Überschreitung der Grenzen der Schiedsvereinbarung i. S. d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO oder als Verfahrensfehler i. S. d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO möglich. Die erste Möglichkeit führt stets zur Aufhebung des Schiedsspruches, wie sich aus § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO ergibt. Bei einer Einordnung als Verfahrensfehler kann der Schiedsspruch vom staatlichen Gericht zwar vollständig überprüft werden, sodass dieser aufzuheben ist, wenn sich die festgestellte Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Zu klären ist jedoch auch, ob die betroffene Partei mit der Geltendmachung nicht präkludiert ist.264 4. Rolle der staatlichen Gerichte im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO Fraglich ist nun zusammengefasst die Rolle und Funktion der staatlichen Gerichte im Aufhebungsverfahren gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO. Diese ist maßgeblich nicht nur aus den einzelnen Vorbehalten des Gesetzes zu schließen, sondern hat vor allem den Umfang der „Rahmenkontrolle“ des staatlichen Gerichts zu berücksichtigen. Wie eingangs erwähnt, kann es sich dabei um keine umfassende „Kontrolle“, sondern allenfalls um eine „Rahmenkontrolle“ des staatlichen Gerichts handeln. Einigkeit herrscht darüber, dass eine sogenannte révision au fond grundsätzlich ausscheidet, eine tiefgehende sachliche „Überprüfung“ des Schiedsspruches demnach bei allen Aufhebungsgründen ausgeschlossen ist.265 So formulierte der Bundesgerichtshof eindeutig: „Dem ordentlichen Gericht steht eine Nachprüfung der schiedsgerichtlichen Entscheidung auf ihre Richtigkeit nicht zu. Die Feststellung des Sachverhalts, die Auslegung des Inhalts und der Tragweite vertraglicher Bestimmungen und die Rechtsanwendung in Ansehung der Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag für die Beteiligten ergeben, ist ausschließlich Sache des Schiedsgerichts.“266
263
Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 271. Siehe eingehend auch zu den verschiedenen Fallgruppen Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 271 ff. 265 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 56, dieser bezeichnet Fehler der Schiedsrichter als „meist irreparabel“; v. Heymann, Ordre public, S. 152 f.; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 15. 266 BGH, Urteil vom 03.10.1956 – V ZR 32/55 = WM 1956, 1432, 1435. 264
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Für die auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgründe bedeutet dies, dass das Gericht grundsätzlich an die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen des Schiedsgerichts gebunden ist.267 Während viele Länder268 die Aufhebung des Schiedsspruches bei offensichtlichen Rechtsfehlern gestatten, kennt das deutsche Recht eine solche Aufhebung bei bewussten Rechtsfehlern oder der gewollten Verletzung zwingenden Rechts ebenso wenig wie bei offenbaren Unbilligkeiten des Schiedsspruches.269 Vielmehr ist der Schiedsspruch hinzunehmen, sei er falsch oder richtig; dies gilt auch uneingeschränkt, wenn das Schiedsgericht einer anderen als der staatlichen, gleichwohl aber vertretbaren Rechtsauffassung gefolgt ist.270 Das Prinzip der Gebundenheit an die Ausführungen des Schiedsgerichts findet jedoch dort seine Grenze, wo wesentliche verfassungsmäßig gebotene Standards zu wahren sind.271 Trotz des grundsätzlichen Verbots einer révision au fond gibt es daher vier Ausnahmen, die indirekt oder direkt zu einer gewissen materiellrechtlichen „Nachprüfung“ des Schiedsspruchs führen können. Eine Ausnahme besteht zunächst für die „Überprüfung“ der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung. Bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts ist das Oberlandesgericht nämlich nicht an die Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden, sondern prüft selbstständig Wirksamkeit und Jurisdiktionsumfang der dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Schiedsvereinbarung, sodass das Prinzip der révision au fond in diesem Zusammenhang eine Einschränkung erfährt.272 Ebenso muss das Gericht bei der Prüfung eines möglichen Versagens rechtlichen Gehörs in gewissem Maße zumindest indirekt „inhaltlich“ prüfen, ob die unzulässig verwertete Tatsache kausal für die Entscheidung des Schiedsgerichts war.273 Bei allen Aufhebungsgründen, die die Kausalität des Verstoßes für den Schiedsspruch voraussetzen, ist daher eine gewisse „Inhaltskontrolle“ seitens des staatlichen Gerichts unvermeidbar.274 Hinsichtlich der Verletzung einer Rechtsnorm bzw. der Einhaltung des Umfangs der Schiedsvereinbarung seitens des Schiedsgerichts muss das staatliche Gericht zur Feststellung eines Verstoßes und der Bejahung eines Aufhebungsgrundes 267
So auch v. Brunn, NJW 1969, 823, 824 ff.; Kroitzsch, GRUR 1969, 387, 396; Möhring, NJW 1968, 369, 370; a. A. gerade in Hinblick auf die ordre public Kontrolle Kornblum / Heymann, BB 1968, 1456, 1458; Schwartz, NJW 1969, 296, 301. 268 Z. B. Kanada (Kos-Rabceqitz-Zubkowski, YCA II (1977), S. 16, 24); Australien (Goldring, YCA II (1977), 3, 12; Neusseland (Kennedy-Grant, YCA VIII (1983), 34, 56); Indien (Krishnamurthy, YCA II (1977), 31, 44; alle zitiert nach Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 58. 269 BGH, Urteil vom 25.10.1966 = NJW 1967, 1178; BGH, Beschluss vom 28.01.2014 – III ZB 40/13 = NJW 2014, 1597, 1598. 270 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 59. 271 Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 241. 272 Vgl. Geimer, in: FS Elsing (2015), S 147 148. 273 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 59. 274 v. Hoffmann, IPrax 1984, 106 108; ebenso Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 65.
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gleichsam in indirektem Maße in die Sachprüfung einsteigen.275 Gerade wenn das Schiedsgericht aufgrund einer anderen als der von den Parteien gewählten Rechtsordnung oder nach Billigkeit entscheidet, ist dies schließlich eine Frage des materiellen und nicht des Verfahrensrechts.276 Obgleich das von der Rechtsprechung und Literatur festgelegte Verbot der révision au fond uneingeschränkte Geltung beanspruchen und das staatliche Gericht im Aufhebungsverfahren stets an die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Schiedsgerichts gebunden sein soll, wird klar, dass sich die tatsächliche Sachlage nicht so einfach wie gedacht gestalten kann. Jedenfalls in Bezug auf letzteres Beispiel ist darauf hinzuweisen, dass das staatliche Gericht selbstverständlich keine tiefgreifende Sachprüfung unternehmen darf, sondern auf die Prüfung beschränkt bleiben muss, ob willkürlich von einer ausdrücklichen Rechtswahl der Parteien abgewichen wurde. Allein eine andere Ansicht des staatlichen Gerichts als des Schiedsgerichts kann eine Aufhebung aufgrund eines Verfahrensfehlers selbstverständlich nicht legitimeren.277 Neben der „Überprüfung“, ob rechtliches Gehör gewährt wurde, der Streitgegenstand schiedsfähig war und sich das Schiedsgericht an seine Ermächtigung gehalten hat, zählt zu den „Ausnahmen“ des Verbots der révision au fond auch der ordre public.278 Es wäre misslich, wenn der Staat einen Schiedsspruch anerkennen und bei seiner Vollstreckung die eigene Zwangsgewalt zur Verfügung stellen müsste, obgleich in dem Schiedsspruch ein Ergebnis verwirklicht würde, welches mit seinen Gesetzen nicht vereinbar wäre.279 Der ordre public Vorbehalt des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO fungiert daher als „Notbremse staatlicher Kontrolle“.280 Auf der einen Seite des ordre public steht die Macherhaltungs-, auf der anderen die Gerechtigkeitsfunktion, die Zielrichtung des ordre public ist damit janusköpfig.281 In diesem Zusammenhang ist danach zu fragen, ob das staatliche Gericht im Zuge der Ermittlung der Tatsachen, die zur Feststellung eines ordre public Verstoßes erforderlich sind, ebenso an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden ist oder ob hier etwas anderes gelten muss.282 Hinsichtlich der rechtlichen Ausführungen des Schiedsgerichts herrscht weitgehend Einigkeit, dass das Gericht bei der ordre public „Kontrolle“ nicht an diese 275
Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 61. Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 62. 277 OLG Frankfurt a. M., 21.12.1983 – 21 U 2/83 = KTS 1985, 377, 379; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 62; a. A. Aden, RIW 1984, 934, 934 f. 278 Vgl. Darstellung bei Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 57 f. 279 Altenmüller, KTS 1974, 150, 151; ebenso v. Heymann, Ordre public, S. 176 f. 280 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 41. 281 BGH, Beschluss vom 30.10.2008 – III ZB 17/08 = NJW 2009, 1215 = SchiedsVZ 2009, 66. 282 Für Ungebundenheit an die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen: Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 67; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 12 und § 1063 ZPO, Rdn. 8a; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 46; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 16; a. M. OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2004 – 9 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2005, 163, 165; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 53; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 26 ff. 276
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gebunden ist.283 Streit herrscht somit maßgeblich darüber, ob das staatliche Gericht die Subsumptionstätigkeit des Gerichts nachprüfen darf284 oder das Gericht zudem an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden ist.285 Dabei besteht von manchen Seiten die Befürchtung, dass das staatliche Gericht auf diesem Weg den gesamten Streitstoff neu aufrollt und es zu einer révision au fond unter dem Deckmantel des ordre public komme. Das Aufhebungsverfahren sei gerade kein Rechtsmittel zur „Überprüfung“ der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruches.286 Spräche man den staatlichen Gerichten nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht eine volle „Überprüfungskompetenz“ zu, liefe es auf eine solche révision au fond“ hinaus. Ohnehin könnte das staatliche Gericht dann den Vorwand des ordre public vorschieben, wenn es in tatsächlicher Hinsicht den Fall noch einmal voll überprüfen wollte. Zudem werden auch dogmatische Bedenken vorgebracht: nach Auffassung des Gesetzgebers wurde der Sachverhalt vom Schiedsgericht hinreichend aufgeklärt, die Sachaufklärung als Teil des Verfahrens sei demnach unangreifbar, solange kein Verfahrensmangel vorliege. Das staatliche Gericht könne nur überprüfen, ob das Verfahren, auf dem die Tatsachenfeststellung beruht, mit Mängeln behaftet und das Schiedsgericht zu einem rechtlich nachvollziehbaren Ergebnis gelangt sei und sei ansonsten an die Tatsachenfeststellung gebunden.287 Dies gelte zumindest insoweit, als es nicht um die Durchsetzung unmittelbar staatlicher Interessen gehe.288 Den Befürchtungen hinsichtlich des Ergebnisses einer révision au fond ist jedoch entgegenzuhalten, dass alleine die Feststellung eines anderen als des entschiedenen Sachverhalts noch keine Aufhebung durch das staatliche Gericht rechtfertigt. Ebenso wie die sachliche „Überprüfung“ weitgehend ausgeschlossen ist, wenn der Schiedsspruch zulässigerweise keine Gründe enthält, bleiben Irrtümer und Fehler der Schiedsrichter meist ohne staatliche Sanktion.289 So muss man sich stets vor Augen halten, dass lediglich in den seltensten Fällen die Parteien nicht freiwillig den Schiedsspruch erfüllen und es nur in Ausnah 283
BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 49; v. Heymann, Ordre public S. 153; a. A. Habscheid, KTS 1973, 232, 234 f., der Bedenken äußert, dass die Rechtsprechung im Bereich der zum ordre public gehörenden Vorschriften seine eigene Rechtsansicht an die Stelle der Rechtsansicht des Schiedsgerichts setze, auch wenn diese durchaus vertretbar erschiene, ebenso spricht er von einer „révision au fond, wie man sie gründlicher kaum denken kann“; ders., KTS 1970, 1, 6 f. 284 BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538; dagegen OLG Hamburg, Urteil vom 1. 10. 1954 – 1 U 66/54 = NJW 1955, 390. 285 Gegen die Bindung an die tatsächlichen Ausführungen des Schiedsgerichts BGH, Beschluss vom 23.04.1959, VII ZR 2/58 = BGHZ 30, 89, 95; ebenso Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 66; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rdn. 46. 286 OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2002 – 1 Sch 8/02 = SchiedsVZ 2003, 84, 85; Kröll, SchiedsVZ 2010, 213, 217. 287 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 53. 288 Horn, SchiedsVZ 2008, 209, 217. 289 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 56.
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mefällen zum Aufhebungsverfahren kommt. Dazu ist es in den Fällen, wo eine ordre public Verletzung tatsächlich vorliegt, auch geboten, den Sachverhalt genau aufzuklären.290 Dem Streit ist dogmatisch die Unterscheidung zwischen dem Machterhaltungsinteresse des Staates und der Gerechtigkeitsfunktion des ordre public Vorbehaltes zugrunde zu legen. Im Sinne des Machterhaltungsinteresses sollen im Schiedsspruch enthaltene Verletzungen staatlicher Normen nicht hingenommen werden, wenn dadurch die staatliche Macht in Mitleidenschaft gezogen wird.291 Die Normen, an denen der Staat ein solch unmittelbares machtpolitisches Interesse hat, gehören in erster Linie zum öffentlichen Recht, besonders zu nennen sind dabei die Strafgesetze und die wirtschaftsdirigistischen Gesetze, von deren Einhaltung die soziale Ordnung abhängt. Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes ist daher zu unterscheiden: dienen gewisse Rechtsprinzipien einem überindividuellen, allgemeinen Interesse oder handelt es sich vielmehr um Normen, welche die Privatautonomie und den Schutz des Einzelnen bezwecken? Die Unterscheidung wird besonders deutlich in Hinblick auf die Gerechtigkeitsfunktion des ordre public Vorbehaltes, wonach dem staatlichen Gericht auch die Aufgabe zukommt, den Einzelnen vor einem Missbrauch durch die Schiedsgerichtsbarkeit zu schützen. Dieses Einzelinteresse, was sich jedoch bewusst dem staatlichen Rechtsschutz entzogen hat, erscheint nicht gleich schutzbedürftig wie bei einem überindividuellen Interesse, weshalb der Staat hier bei Verletzungen nicht in gleichem Maße eingreifen muss.292 Vielmehr muss ein so eklatanter Verstoß vorliegen, der „das Vertrauen weiter Kreise auf die allgemeine Rechtssicherheit und die Zuverlässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens im einzelnen Fall zu erschüttern geeignet ist.“293 Dem Staat geht es demnach gerade nicht um eine révision au fond,294 eine sachliche „Nachprüfung“ soll nicht erfolgen, insbesondere wenn nicht unmittelbare Staatsinteressen betroffen sind. Die sachliche Unrichtigkeit stellt keinen Aufhebungsgrund dar.295 Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts werden ebenso hingenommen wie bei Entscheidungen ausländischer staatlicher Gerichte.296 Einzig und allein soll ein Missbrauch der den Schiedsrichtern zugestandener Rechtspre-
290
Vgl. Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 30. BGH, Urteil vom 11.10.1956 – II ZR 305/55 = BGHZ 22, 24, 29. 292 So auch Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 24, der nur bei ordre public Verstößen, die unmittelbar staatliche Interessen betreffen, eine Prüfung von Amts wegen für geboten erachtet und bei den übrigen Verstößen eine Rüge weiterhin für erforderlich hält. 293 OLG Dresden, Beschluss vom 20.04.2005 – 11 Sch 01/05 = SchiedsVZ 2005, 210, 213; zustimmend Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 62. 294 OLG München, Beschluss vom 02.03.2011 – 34 Sch 06/11 = SchiedsVZ 2011, 167, 168. 295 BGH, Beschluss vom 15.07.1999 – III ZB 21/98 = NJW 1999, 2974; BGH, Beschluss vom 06.06.2002 – III ZB 44/01 = SchiedsVZ 2003, 39; BT-Drucks.13/5274, S. 58, 59. 296 OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2011 – 19 Sch 11/ 10 = SchiedsVZ 2012, 161, 165. 291
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chungsbefugnis verhindert werden. Der tiefere Sinn im Verbot der révision au fond liegt im Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit als gleichwertige Rechtsprechungsalternative. Da diese an Stelle der staatlichen Gerichte Recht sprechen, kann es nicht angehen, dass das staatliche Gericht den Schiedsspruch schlechthin „nachprüfen“ darf. Dadurch würde das Schiedsgericht zur bloßen Vorinstanz degradiert.297 Wenn der Staat Schiedsgerichte zulässt, muss er auch Schiedssprüche zulassen, die möglicherweise zwingendes Recht verletzen. Aus der bloßen Möglichkeit einer Verletzung kann demnach nicht ein umfassendes Prüfungsrecht des Staates folgen, welches letztlich die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit wieder aushebeln würde.298
III. Exkurs: Vergleich mit den staatlichen Rechtsmittelverfahren Im Folgenden sollen das staatliche Rechtsmittelverfahren, vor allem in Form von Berufung und Revision dargestellt und deren Zulässigkeit, Ausgestaltung und Prüfungsumfang mit jenem des Aufhebungsverfahrens bei Schiedssprüchen verglichen werden. Die Darstellung gebietet sich an dieser Stelle, da ein Aufhebungsverfahren nur bei inländischen Schiedssprüchen statthaft ist – so wie Berufung und Revision lediglich bei inländischen Urteilen statthaft sein können. Inwiefern das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor dem staatlichen Gericht eher einem Berufungs- oder einem Revisionsverfahren oder keinem der beiden Verfahren entspricht, soll im Folgenden geklärt werden. Aus einzelnen Gemeinsamkeiten wie auch Unterschieden sollen Schlüsse für das Verhältnis zwischen privater und staatlicher Gerichtsbarkeit gezogen werden. 1. Begriffsdefinition und Merkmale von staatlichen Rechtsmitteln Während im gemeinen Recht unter einem Rechtsmittel die Zulässigkeit der Anfechtung einer Entscheidung für bestimmte Ansprüche zu verstehen war,299 sind nach der ZPO darunter nur solche Rechtsbehelfe zu verstehen, mit denen sich eine Partei gegen eine ungünstige, noch nicht formell rechtskräftig gewordene Entscheidung durch Fortsetzung des Verfahrens vor einem höheren Gericht wehren kann. Dabei geht es nicht um ein bloßes kassatorisches Anfechtungsverfahren der Entscheidung, sondern um die reformatorische Fortsetzung des Verfahrens.300 Rechts 297 So auch Altenmüller, KTS 1974, 150, 158; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55; v. Heymann, Ordre public, S. 153; Möhring, NJW 1968, 369, 369; Voit, in: FS Musielak (2004), S. 595, 611. 298 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 75. 299 Ballon, Zulässigkeit des Rechtswegs, S. 121. 300 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 133, Rdn. 2–3.
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mittel zeichnen sich deshalb durch drei Merkmale aus: den Suspensiveffekt, welcher den Eintritt der Rechtskraft hemmt und der Fortführung des Rechtsstreits dient,301 den Devolutiveffekt, der den Rechtsstreit in die nächst höhere Instanz hebt,302 und die Möglichkeit einer neuen Sachentscheidung.303 Bereits hier lässt sich erahnen, dass gerade im Vergleich zum eben dargestellten Aufhebungsverfahren beträchtliche Unterschiede bestehen – das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen dient nämlich nicht der Fortsetzung des Verfahrens. Vielmehr handelt es sich beim Schiedsverfahren um ein abgeschlossenes Verfahren, welches auch zunächst bis zur Aufhebung des Schiedsspruches dessen Rechtskraft nicht beseitigt oder aussetzt. Ebenso soll keine neue Sachentscheidung ergehen; es wird vielmehr die kassatorische Aufhebung des Schiedsspruches begehrt, um sodann den Weg zu einem neuen Schiedsverfahren zu eröffnen. Auch stellt das staatliche Gericht im Vergleich zum Schiedsgericht keine höhere Instanz dar – aus der Gleichwertigkeit von staatlicher und privater Gerichtsbarkeit muss vielmehr folgen, dass diese auf gleicher Stufe stehen. 2. Statthaftigkeit der Rechtsbehelfe und Umfang und Ausgestaltung der Rechtsmittel Rechtsmittel im Sinne der ZPO sind die Berufung, die Revision, die sofortige Beschwerde und die Rechtsbeschwerde.304 Im Zuge der bisherigen Darstellungen, auch zum Instanzenzug und der Vergleichbarkeit zum Aufhebungsverfahren vor dem staatlichen Gericht, soll vorliegend lediglich eine „Gegenüberstellung“ zu den Rechtsmitteln der Berufung und Revision erfolgen. a) Berufung, §§ 511 ff. ZPO aa) Statthaftigkeit Die Statthaftigkeit der Berufung ist in § 511 ZPO geregelt. Danach findet die Berufung gegen die Endurteile der ersten Instanz (Amtsgericht oder Landgericht) statt, § 511 Abs. 1 ZPO.305 Eingelegt werden kann die Berufung von der Partei der ersten Instanz, jedem Streitgenossen und Nebenintervenienten gegen die gegnerische Partei der ersten Instanz, sofern der Berufungskläger durch das anzufechtende
301
Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, Vorbem § 511 ZPO, Rdn. 1, 2. Gilles, ZZP 91 (1978), 128, 160 ff.; ders., Rechtsmittel im Zivilprozess, S. 3–4; Münch, in: MüKo ZPO, Vorbem. § 511 ZPO, Rdn. 1. 303 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 133, Rdn. 10. 304 Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, Vorbem § 511 ZPO, Rdn. 1. 305 Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, § 511 ZPO, Rdn. 6 f. 302
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Urteil beschwert ist.306 Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung von den Anträgen nachteilig abweicht.307 Bezüglich des Beschwerdewerts muss gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR übersteigen308 oder das Ausgangsgericht die Berufung bei einem Wert unter 600 EUR bei Fragen von allgemeiner Bedeutung309 i. S. v. §§ 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen haben.310 Form (§ 519 ZPO) und Frist (§ 517 ZPO) sind zu wahren.311 bb) Prüfung des Berufungsgerichts – Tatsachen – oder Rechtsinstanz? Während die Zivilprozessordnung des Jahres 1877 noch bestimmte, dass vor dem Berufungsgericht „der Rechtsstreit in den durch die Anträge bestimmten Grenzen von neuem verhandelt“ wird, ist seit der am 01.01.2002 in Kraft getretenen ZPORG312 ein Funktionswandel von einer zweiten Tatsacheninstanz (§ 525 ZPO a. F.) hin zu einer Rechtskontrolle im Sinne von Fehlerkontrolle und -beseitigung unter eingeschränkter Tatsachenprüfung vollzogen worden.313 Die Regierungsbegründung zum ZPO-RG Entwurf314 formuliert daher, dass „die unökonomische und rechtsstaatlich nicht gebotene Ausgestaltung der Berufung als volle zweite Tatsacheninstanz“ aufgegeben wird und das Berufungsrecht „den spezifischen Erfordernissen der Kontrolle erstinstanzlicher Verfahren und Entscheidungen angepasst“ würde. Funktion der Berufung sei nun vielmehr, „das erstinstanzliche Urteil auf die korrekte Anwendung des materiellen Rechts sowie auf Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen hin zu überprüfen und etwaige Fehler
306
Bettermann, ZZP 82 (1969), 24, 27. BGH, Urteil vom 02.02.1999 – VI ZR 25–98 (Hamm) = NJW 1999, 1339, 1339; BGH, Urteil vom 02.10.2001 – VI ZR 356/00 (München) = NJW 2002, 212, 213; Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, Vorbem § 511 ZPO, Rdn. 18. 308 Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, § 511 ZPO, Rdn. 44; zur sozialen Ungerechtigkeit des alten Rechtsmittelrechts und der niedrigen Zulassungsquote von erstinstanzlichen Urteilen DäublerGmelin, ZRP 2000, 33, 34; ebenso Kahlke, ZRP 1981, 268, 269 f; Lüke, NJW 1979, 2049, 2049; Schmidt, ZZP 108 (1995), 147, 148; Waldner, NJW 1980, 217, 218. 309 Die Zulassungsgründe sind am Revisionsrecht orientiert, vgl. Heßler, in: Zöller ZPO, § 511 ZPO, Rdn. 36; grundsätzliche Bedeutung ist gegeben bei der den Einzelfall überschreitender Gewichtigkeit der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts oder der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. 310 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 136, Rdn. 4–6; Roth, JZ 2006, 9, 9; Heßler, in: Zöller ZPO, Vor § 511 ZPO, Rdn. 2; ders., § 511 ZPO, Rdn. 35. 311 Reichold, in; Thomas / Putzo ZPO, Vorbem § 511 ZPO, Rdn. 34. 312 Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001, BGBl. 2001 I Nr. 40, S. 1887. 313 Baumann, Prüfungsprogramm im Berufungsverfahren, S. 21; Roth, JZ 2006, 9, 9; Heßler, in: Zöller ZPO, Vor § 511 ZPO, Rdn. 1. 314 BT-Drucks. 14/4722, S. 64. 307
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zu beseitigen“,315 daher solle die Berufungsinstanz sich in aller Regel auf den vom Eingangsgericht festgestellten Sachverhalt stützen.316 Obgleich die ursprüngliche Ausgestaltung möglichst optimalen Rechtsschutz im Interesse von Einzelfallgerechtigkeit zu gewähren versuchte,317 barg die vollumfängliche Kontrolle seitens des Berufungsgerichts unter vollständiger Neuverhandlung nicht nur einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand mit sich,318 sondern auch die Gefahr von Nachlässigkeiten der ersten Instanz. Im Interesse der Entlastung staatlicher Gerichte319 ist zudem darauf hinzuweisen, dass eine mehrfache Befassung von Gerichten beziehungsweise die Behandlung der ersten Instanz als „Versuchs- oder Durchgangsstation“320 nicht zwingend eine richtigere oder gerechtere Entscheidung hervorbringt.321 Die rasche Herstellung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit gebieten es ebenso, die erste Instanz zu stärken und an eine Einschränkung der Berufungsmöglichkeiten zu denken.322 Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann eine Berufung daher nur noch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.323 Damit wird das Verfahren vor dem Berufungsgericht mit revisionsähnlichen Elementen angereichert:324 erstens wird klargestellt, dass das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz nur dahingehend zu überprüfen hat, ob eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewandt wurde;325 dies umfasst die Heranziehung und Auslegung des Gesetzes unter der Subsumption des Sachverhalts.326 Zweitens soll eine Neufeststellung des Sachverhalts nur insofern erfolgen, als die Tatsachenfeststellung des ersten Rechtszuges verfahrensfehlerhaft war oder eine Neueinführung von Prozessstoff zulässig ist.327 315
BT-Drucks. 14/4722, S. 64; dazu rückblickend Nasall, NJW 2012, 113, 113 ff. Baumann, Prüfungsprogramm im Berufungsverfahren, S. 45. 317 Dazu Wächter, ZZP 119 (2006), 393, 407. 318 Nasall, ZZP 98 (1985), 313, 317; ders., NJW 2012, 113, 113; ebenso Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 329. 319 Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 50. 320 Baumann, Prüfungsprogramm im Berufungsverfahren, S. 47; so auch Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 33, 34, der die erste Instanz als „Durchgangs- oder Filterstation“ bezeichnet; ebenso Schmidt, ZZP 108 (1995), 147, 149; Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 331. 321 Anders Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 329, der von einer Erhöhung der „Treffsicherheit“ durch die Möglichkeit von Rechtsmitteln ausgeht, aber nur wenn keine vollumfängliche Kontrolle stattfindet, sondern eine zweite Instanz lediglich auf Fehlerkontrolle beschränkt bleibt. 322 Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 33, 35; Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 51; Greger, JZ 1997, 1077, 1081; ders., JZ 2004, 805, 808; Heiderhoff, JZ 2003, 490, 491; Schmidt, ZZP 108 (1995), 147, 149; Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 335. 323 Vgl. Gaier, NJW 2004, 110, 110; ebenso Gehrlein, MDR 2003, 421, 426. 324 Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 70. 325 Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, § 513 ZPO, Rdn. 10. 326 Ball, ZGS 2003, 49, 49; Gaier, NJW 2004, 110, 110; Krüger, in: MüKo ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 13; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1899. 327 Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 70. 316
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Im Gegensatz zu den weitgehenden Einschränkungen, welchen das Revisionsgericht unterliegt, bleibt das Berufungsgericht aber weiterhin zumindest eingeschränkte Tatsacheninstanz und dem Gebot der materiell richtigen Entscheidung des Einzelfalls verpflichtet.328 Trotz der Verweisung des § 513 Abs. 1 Var. 1 ZPO auf § 546 ZPO ist das Berufungsgericht daher nicht an das Modell der Fehlerkontrolle gebunden.329 Ebenso ist es nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur an die Tatsachen des vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und daher eine erneute Feststellung gebieten. Damit ist es nicht nur auf die Überprüfung von Rechtsfehlern im Sinne von Lückenhaftigkeit, Widersprüchlichkeit oder der Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beschränkt, sondern kann bei Zweifeln an der Beweiswürdigung der Vorinstanz eine eigene Beweiswürdigung setzen330 oder seine überzeugende Auslegung gegen ein lediglich vertretbares Auslegungsergebnis des Gerichts des ersten Rechtszuges setzen.331 Selbst wenn die Feststellungen nicht auf Verfahrensfehlern beruhen, hat das Berufungsgericht eine neue Tatsachenfeststellung zu treffen, wenn die Entscheidung der ersten Instanz nicht überzeugt.332 In diesem Licht ist auch das grundsätzliche Novenverbot zu sehen, welches in § 531 Abs. 2 ZPO seinen Niederschlag findet. Unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise geltend gemacht und die Berufung darauf gestützt werden.333 Eine Bindungswirkung des Berufungsgerichts an den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist damit abzulehnen.334 Lediglich sollen § 513 ZPO und § 529 ZPO 328 BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 2004, 1876, 1877; BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2753; BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 1583, 1584; Ball, ZGS 2003, 49, 49; Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Deubner, JuS 2005, 797, 800; Gaier, NJW 2004, 110, 110; Gehrlein, MRD 2003, 421, 427; Roth, JZ 2006, 9, 10; ders., JZ 2005, 174, 176; für eine Annäherung an die Revisionsinstanz hingegen OLG München, Urteil vom 12.03.2003 – 21 U 4945/02 = MDR 2003, 952. 329 BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2752; BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 1583, 1584; zustimmend Roth, JZ 2005, 174, 176 ff.; ders. JZ 2006, 9, 12. 330 BGH, Urteil vom 09.03.2005 – ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = JZ 2005, 1059, 1061; mit ablehnender Anmerkung Rimmelspacher, JZ 2005, 1061, 1061 f.; ebenso Greger, NJW 2003, 2882, 1883. 331 BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2752; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2004 – 22 U 37/04 = MDR 2005, 532; Roth, JZ 2006, 9, 12. 332 BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2752; Manteuffel, NJW 2005, 2963, 2964; Roth, JZ 2006, 9, 12; Stöber, NJW 2005, 3601, 3602. 333 Heßler, in: Zöller ZPO, § 513 ZPO, Rdn. 4. 334 BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 2004, 1876, 1876; BGH, Urteil vom 19.03.2004 – V ZR 104/03 (OLG Brandenburg) = NJW 2004, 2152, 2154; BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03 (OLG Köln) = NJW 2004, 2825, 2826; BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03 (OLG Koblenz) = NJW 2004, 2828, 2829; BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2754; BGH, Be-
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unnötige neue Beweisaufnahmen im Berufungsverfahren verhindern; das Gebot materieller Einzelfallgerechtigkeit geht diesem aber vor.335 cc) Konkrete Ausgestaltung und Umfang der Prüfung des Berufungsgerichts (1) Berufungsbegründung Gemäß § 520 Abs. 3 ZPO ist in der Berufungsbegründung in ausreichender Weise einer der Gründe der Nrn. 2–4 hinreichend darzulegen. Einer der Gründe kann dabei ausreichen, solange dadurch das gesamte Urteil in Frage gestellt wird.336 Wird als Berufungsgrund eine Rechtsverletzung i. S. v. § 513 Abs. 1 Var. 1 i. V. m. § 546 ZPO dargelegt, sei diese materieller oder verfahrensrechtlicher Art, so fordert § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich diese nach Auffassung des Berufungsklägers ergeben soll;337 die genau verletzte Rechtsnorm muss hingegen nicht benannt werden, sondern lediglich die Umstände bezeichnet werden, aus denen sich der Rechtsfehler ergibt.338 Ebenso muss die Entscheidungskausalität dargelegt werden (Arg. § 561 ZPO), also die Begründung der Umstände aus denen sich diese hinsichtlich eines materiellen Rechtsverstoßes oder eines Verfahrensfehlers ergibt.339 Bei Angriffen gegen die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung sind gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO die Umstände darzulegen, aus denen sich die Zweifel des Berufungsklägers an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ergeben und auf eine abweichende oder weitergehende Feststellung durch das Berufungsgericht hinzuwirken, § 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO. Beruhen die Zweifel an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachenfeststellung auf einem Verfahrensfehler, so ist gleichwohl § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 schluss vom 02.07.2013 – VI ZR 110/13 = NJW 2014, 74, 74; Büttner, in: FS Eichele (2013), S. 61, 70 f; Greger, JZ 2004, 805, 805; Heßler, in: Zöller ZPO, Vor § 511 ZPO, Rdn. 1; Rimmelspacher, JZ 2005, 1059, 1061, 1063; Roth, JZ 2006, 9, 10. 335 BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2753; BGH, Urteil vom 18.11.2004 – IX ZR 229/03 (OLG Düsseldorf) = NJW 2005, 291, 293; BT-Drucks. 13/4722, S. 59 f.; ebenso Deubner, JuS 2005, 797, 799; Heßler, in: Zöller ZPO, § 529 ZPO, Rdn. 1. 336 BGH, Urteil vom 13.11.2001 – VI ZR 414/00 (Frankfurt a. M.) = NJW 2002, 682, 683; BGH, Beschluss vom 18.05.2003 – XII ZB 165/02 (LG Köln) = NJW 2003, 2531, 2532; BGH, Beschluss vom 28.02.2007 – V ZB 154/06 (OLG Rostock) = NJW 2007, 1534, 1534; BGH, Beschluss vom 27.01.2015 – VI ZB 40/14 = NJW-RR 2015, 511, 511; Heßler, in: Zöller ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 27. 337 BGH, Beschluss vom 10.03.2015 – VI ZB 28/14 = NJW 2015, 1458, 1459; Gerken, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 70, 75; Heßler, in: Zöller ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 27. 338 BT-Drucks. 14/4722, S. 95; Ball, ZGS 2003, 49, 50; Stackmann, NJW 2003, 169, 170. 339 Ball, ZGS 2003, 49, 51.
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ZPO einschlägig.340 Eigenständige Bedeutung kommt § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO daher nur in den Fällen zu, in denen trotz ordnungsgemäßen Verfahrens Zweifel an der Tatsachengrundlage des angefochtenen Urteils geltend gemacht werden, wie etwa im Rahmen einer unvollständigen oder unrichtigen Beweiswürdigung; gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO hat der Berufungskläger „konkrete Anhaltspunkte“ darzulegen.341 Diese liegen nach der Regierungsbegründung jedoch bereits dann vor, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung keinen Bestand haben wird, wozu schlüssige Argumente ausreichen.342 (2) Bindung an die Berufungsbegründung? Fraglich ist aber, ob das Berufungsgericht an die in der Berufungsbegründung angeführten Anhaltspunkte gebunden ist, sodass nur das rechtzeitig und konkret angezweifelte Beweisergebnis erster Instanz vom Berufungsgericht überprüft werden kann.343 Gemäß § 529 Abs. 2 S. 1 ZPO wird das angefochtene Urteil auf einen Mangel des Verfahrens, welcher nicht von Amts wegen zu prüfen ist, nämlich nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht wurde, ansonsten läuft der Berufungskläger Gefahr nach § 530 ZPO präkludiert zu werden.344 Jedenfalls soll die Rechtsauffassung des Erstrichters auch dann zu überprüfen sein, wenn in der Berufungsbegründung lediglich Zweifel an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachenfeststellungen dargelegt werden.345 Ob aber im umgekehrten Fall, wenn lediglich die rechtliche Bewertung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt wird, das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zu überprüfen hat, ist umstritten.346 Die herrschende Meinung befürwortet dies unter Durchbrechung des Beibringungsgrundsatzes dahingehend, dass das Berufungsgericht von Amts wegen auch konkrete Anhaltspunkte aus eigener Kenntnis unabhängig vom Parteivortrag berücksichtigen dürfe.347 Die Rüge nach
340 BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 2004, 1876, 1878; BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03 (OLG Koblenz) = NJW 2004, 2828, 2829; Heßler, in: Zöller ZPO, § 529 ZPO, Rdn. 2. 341 Ball, ZGS 2003, 49, 51; Heßler, in: Zöller ZPO, § 529 ZPO, Rdn. 1. 342 BT-Drucks. 14/6036, S. 123; Gerken, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 79; Heßler, in: Zöller ZPO, § 529 ZPO, Rdn. 3. 343 In diesem Sinne Lechner, NJW 2004, 3593, 3595; Schellhammer, MDR 2001, 1141, 1145; wohl auch Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 340. 344 Rixecker, NJW 2004, 705, 706. 345 Gerken, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 71. 346 Dagegen Gerken, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 71; ebenso Lechner, NJW 2004, 3593, 3595; Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 340. 347 BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/=3 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 2004, 1876, 1878; BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 1583, 1584; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 138, Rdn. 32.
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§ 520 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 ZPO solle nur die Zulässigkeit der Berufung begründen, welche § 529 ZPO aber bereits voraussetzt.348 (3) Beachtung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel Während der Regierungsentwurf die Funktionsverlagerung von einer umfassen den zweiten Tatsacheninstanz zur Fehlerkontrolle betont, bleibt die zweite Instanz dahingehend Tatsacheninstanz, als dass bei konkreten Anhaltspunkten für Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen das erstinstanzliche Urteil überprüft und jedenfalls im Rahmen von § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4, 531 Abs. 2 ZPO neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden können.349 In Zusammenhang mit der Zulassung dieser neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ist jedoch die Verschärfung der Präklusionsregeln zu beachten, welche die Parteien letztlich dazu zwingt, die Sachaufklärung bereits in der ersten Instanz ernst zu nehmen oder zumindest im Rahmen der Berufungsbegründung sämtliche in Frage stehenden Berufungsgründe vorzutragen.350 Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nämlich nur zuzulassen, wenn ihre Geltendmachung aufgrund eines vom Gericht zu vertretenden Umstandes (§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO)351 oder sonst ohne Verschulden der Partei (§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO)352 unterblieben sind; ansonsten werden neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel der Parteien für das Berufungsverfahren generell ausgeschlossen. Dies gilt nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO sogar dann, wenn das verspätete Vorbringen nicht zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führt.353 Daraus ersichtlich ist die Verfahrensbeschleunigung aber nicht primäres Ziel der Präklusionsregeln. Vielmehr soll die Bestimmung dazu führen, dass die Präklusionsvorschrift der ersten Instanz (§ 296 ZPO) nicht ausgehöhlt wird und die Parteien sich ihre Angriffs- und Verteidigungsmitteln für die zweite Instanz aufbewahren („Flucht in die Berufung“).354 Dadurch wird auch der neuen Funktion des Berufungsverfahrens als Fehlerkontrolle- und 348
Manteuffel, NJW 2005, 2963, 2965. Ball, ZGS 2003, 49, 51; BT-Drucks. 14/4722, S. 96; Fellner, MDR 2003, 721, 723. 350 BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03 (OLG Köln) = NJW 2004, 2825, 2826; dazu auch Gounalakis, Die Flucht vor Präklusion, S. 21 f.; ebenso Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 70; die Nachteile herausarbeitend Wächter, ZZP 119 (2006), 393, 409. 351 Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Angriffs- und Verteidigungsmittel in der ersten Instanz aufgrund eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht werden konnten, z. B. wenn ein richterlicher Hinweis nach § 139 ZPO unterblieben ist oder gewisse Punkte vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich waren; BT-Drucks. 14/4722, S. 101. 352 Darunter fallen alle Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden sind oder der Partei erst danach bekannt geworden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit des Berufungsklägers beruht; Ball, ZGS 2003, 49, 52. 353 BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 24.01.2005 – 1 BvR 2653/03 = NJW 2005, 1768, 1769; Roth, JZ 2006, 9, 15. 354 Ball, ZGS 2003, 49, 52. 349
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Beseitigung, wie auch der Konzentration der Tatsachenfeststellung in erster Instanz Rechnung getragen.355 Im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit ist aber ein neuer, unstreitiger Tatsachenvortrag selbst dann zu berücksichtigen, wenn dies eine Beweisaufnahme erfordert. Von einer Entschärfung der Vorschrift in gewissem Ausmaß ist daher auszugehen.356 dd) Entscheidung des Berufungsgerichts Wenn die Berufung unzulässig ist, wird sie gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO verworfen,357 wenn sie zulässig aber unbegründet ist, wird sie zurückgewiesen, § 522 Abs. 2 ZPO. Wenn das Rechtsmittel zulässig und begründet ist, erfolgt die Aufhebung der Entscheidung erster Instanz, soweit diese unrichtig ist. Als weitere Entscheidung kann das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, damit dieses neu verhandelt und entscheidet, oder seine eigene Entscheidung an Stelle der erstinstanzlichen setzen, § 538 Abs. 1 ZPO. b) Revision, §§ 542 ff. ZPO Während das Berufungsverfahren in stärkerem Maße der Durchsetzung von Einzelfallgerechtigkeit dient, steht beim Revisionsverfahren die Klärung von Rechtsfragen von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung,358 die Wahrung der Rechtseinheitlichkeit,359 sowie die Rechtsfortbildung im Vordergrund.360 aa) Statthaftigkeit der Revision (1) Gegen Urteile des Berufungsgerichts Das unter altem Recht vorherrschende Mischsystem von Zulassungs-und Wertrevision wurde zugunsten einer allgemeinen Zulassungsrevision aufgegeben, § 543 ZPO.361 Danach ist die Zulassungsrevision gegen jedes in der Berufungsinstanz erlassene Endurteil statthaft, § 542 Abs. 1 ZPO,362 wenn der Entscheidung über 355
Ball, ZGS 2003, 49, 52. Roth, JZ 2006, 9, 15. 357 Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, § 522 ZPO, Rdn. 12. 358 Dazu auch BVerfG, Beschluss vom 08.01.2004 – 1 BvR 864/03 = NJW 2004, 1371, 1372. 359 Goebel, ZZP 113 (2000), 49, 51. 360 Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 33, 37; Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 327; ebenso Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 333; anders jedoch Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 918, die weiterhin das Parteiinteresse der Einzelfallgerechtigkeit im Vordergrund sehen. 361 Büttner, MDR 2001, 1201, 1202; BT-Drucks. 14/4722, S, 103. 362 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 141, Rdn. 2. 356
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eine Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)363 oder die Fortbildung des Rechts364 oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung in der Sache erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).365 Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Begründungsfrist die Zulassungsgründe, § 544 Abs. 2 S. 3, 543 Abs. 2 ZPO darzulegen, § 551 Abs. 1, Abs. 1 S. 1 ZPO. Die bloße Behauptung reicht dabei nicht aus,366 vielmehr sind die Zulassungsgründe zu benennen und die Voraussetzungen so substantiiert vorzutragen, § 551 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ZPO,367 dass das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung prüfen kann. Der Prüfungsumfang wird von der beschwerdeführenden Partei festgelegt, Aufgabe des Revisionsgerichts ist es nicht, über die genannten Zulassungsgründe hinaus das angefochtene Urteil zu untersuchen.368 Über die Zulassung entscheidet zugleich mit dem Berufungsurteil das Berufungsgericht von Amts wegen, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO,369 woran das Revisionsgericht gebunden ist, § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO. Bei Nichtzulassung besteht die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Revisionsgericht, § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO,370 allerdings bis zum 31.12.2016 nur, wenn der Wert der mit der Revision 363
BGH vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 (Stuttgart) = NJW 2003, 65, 67; BGH vom 04.07.2002 – V ZR 75/02 = NJW 2002, 2957, 2957; BGH vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 (KG) = NJW 2002, 3029, 3029; BGH vom 19.12.2002 – VII ZR 101/02 (Braunschweig) = NJW 2003, 831, 831 f.; im Gegensatz dazu wiesen vor der Reform 80 % der Revisionen weder grundsätzliche Bedeutung noch einen durchgreifenden Rechtsfehler auf; vgl. Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 344; grundsätzliche Bedeutung liegt dann vor, wenn eine entscheidungserhebliche, für die Zukunft klärungsbedürftige Frage auftritt, die sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann und über die bisher nicht höchstrichterlich entschieden wurde, vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Gehrlein, MDR 2003, 547, 549; ebenso Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 141, Rdn. 5. 364 Für die Fortbildung des Rechts kann eine Revision zugelassen werden, wenn Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufgestellt werden müssen oder Gesetzeslücken zu füllen sind, vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 = NJW 2002, 3029, 3030; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 141, Rdn. 5- 6. 365 BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 = NJW 2002, 3029, 3029 f.; BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 31/02 (LG Potsdam) = NJW-RR 2003, 132 132; BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; ebenso Prütting, in: FS Schütze (2015), S. 449 ff.; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 141, Rdn. 4; dazu auch Seiler, MDR 2003, 785, 786. 366 Siehe BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 (Stuttgart) = NJW 2002, 65, 66; „darlegen bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr soviel wie „erläutern“, „erklären“, oder „näher auf etwas eingehen.“ 367 BGH vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 (Stuttgart) = NJW 2003, 65, 67; Gehrlein, MDR 2003, 547, 550. 368 Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 678. 369 BT-Drucks. 14/4722, S. 104. 370 Büttner, MDR 2001, 1201, 1202; Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 33, 37; Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 327; ausführlich zur Nichtzulassungsbeschwerde Gehrlein, MDR 2003, 547, 547 f.
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geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).371 Diesbezüglich gelten dieselben Zulassungsgründe, § 543 ZPO. (2) Sprungrevision gegen erstinstanzliche Urteile Des Weiteren besteht die Möglichkeit einer Sprungrevision gegen erstinstanzliche Urteile. Wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), der Gegner einwilligt und das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt (§ 566 Abs. 1 S. 1 ZPO), ist gegen ein erstinstanzliches Urteil ebenso die Revision statthaft, § 566 Abs. 1 ZPO.372 Die Sprungrevision ist weiterhin eine Zulassungsrevision; es muss demnach ein Zulassungsgrund dargelegt werden, § 566 Abs. 4 S. 1 ZPO. Auf einen Verfahrensmangel kann die Sprungrevision explizit nicht gestützt werden, § 566 Abs. 4 S. 2 ZPO.373 (3) Zulassung der Revision auch bei materiellen oder formellen Rechtsfehlern? Im Falle der Zulassungsrevision durch das Berufungsgericht liegt es auf der Hand, dass alleine die unrichtige Anwendung des materiellen oder des Verfahrensrechts keinen Zulassungsgrund darstellen kann, da das Berufungsgericht zumindest hypothetisch von der Richtigkeit der eigenen Sachentscheidung auszugehen hat.374 Alleine im Falle der Nichtzulassungsbeschwerde und der daraus folgenden Zulassung der Revision durch das Revisionsgerichts stellt sich demnach die Frage nach der Zulassung der Revision bei formellen oder materiellen Rechtsfehlern. Während die Zulassungsgründe „grundsätzliche Bedeutung“ sowie die „Rechtsfortbildung“ unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit auf ersten Blick keinerlei Relevanz erzeugen können, ist fraglich, ob bei der letzten Alternative der „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ ein interpretatorischer Spielraum hinsichtlich der Richtigkeit der Entscheidung nur für den Einzelfall gegeben ist, sodass auch in diesem Fall die Revision zuzulassen ist.375 Eingeschlossen hinsichtlich der „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ sind zumindest die Fälle 371 Die Übergangsfrist soll eine Überlastung des BGH infolge der Verbreiterung des Zugangs zur Revisionsinstanz vorbeugen; vgl. Ball, in: Musielak ZPO, § 544 ZPO, Rdn. 3. 372 Büttner, MDR 2001, 1201, 1207; Gehrlein, MDR 2003, 547, 551. 373 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 141, Rdn. 33; ebenso Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 566 ZPO, Rdn. 12. 374 Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 913; so auch Rimmelspacher, in: FS Schumann (2001), S. 327, 347; aus dieser Erwägung folgt auch die Unterscheidung der grundsätzlichen Zulassung durch den iudex a quo und der Entscheidung über die Nichtzulassung durch den iudex ad quem. 375 Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 327; dafür Ball, in: FS Musielak (2004), S. 27, 30; dagegen jedenfalls Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 913; ebenso dagegen Rimmelspacher, in: FS Schumann (2001), S. 327, 347.
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der Divergenz, d. h. wenn in einer vorangegangenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wurde, der einem entsprechenden Rechtssatz einer anderen Entscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts widerspricht.376 Indem der Gesetzgeber aber eine so unscharfe Formulierung wählte, ist fraglich, ob auch wegen materieller oder formeller Fehler allein bei der Anwendung oder Auslegung revisiblen Rechts die Revision zuzulassen ist.377 Dies ist nach herrschender Ansicht nur dann zu bejahen, wenn ein so gravierender Fehler vorliegt, der geeignet ist, schwere unerträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen zu lassen und damit das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.378 Ansonsten seien Verfahrensfehler unabhängig vom Kriterium der Einzelfallgerechtigkeit lediglich bei grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, auch im Falle „offensichtlicher Unrichtigkeiten“.379 Eine Ausnahme bestünde nur im Falle der Wiederholungsgefahr („symptomatische Bedeutung des Rechtsfehlers“)380 und bei verfassungsrechtlicher Relevanz des Fehlers bei gleich-
376
Vgl. BGH, Beschluss vom 12.11.1970 – 1 StR 263/70 = BGHSt 24, 15, 21 f.; BGH vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 (Stuttgart) = NJW 2003, 65, 66 = JZ 2003, 263, 263 f. mit Anmerkung Schlosser, JZ 2003, 266, 266 f.; BGH, Beschluss vom 08.04.2003 – XI ZR 193/02 (München) = NJW 2003, 2319, 2320; so auch Seiler, MDR 2003, 785, 786; BT-Drucks. 14/4722, S. 104. 377 Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 328; in diesem Sinne zumindest Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 918; ebenfalls befürwortend Ball, in: Musielak ZPO, § 543 ZPO, Rdn. 9j; Nasall, NJW 2003, 1345, 1348; Scheuch / Lindner, NJW 2003, 728, 729; v. Gierke / Seiler, JZ 2003, 403, 410; ablehnend Krüger, in: MüKo ZPO, § 543 ZPO, Rdn. 17 ff.; Rimmelspacher, JZ 2003, 797, 798; offenlassend Heßler, in: Zöller ZPO, § 543 ZPO, Rdn. 14 f. 378 BGH, Beschluss vom 25.11.1999 – IX ZB 95/99 (Braunschweig) = NJW 2000, 590; BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZR 75/02 = NJW 2002, 2957, 2957; BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Ball, in: FS Musielak (2004), S. 27, 37; Baukelmann, in: FS Erdmann (2002), S. 767, 773; Büttner, MDR 2001, 1201, 1203. 379 Auf Art und Gewicht des Rechtsfehlers kommt es dabei nicht an, allein entscheidend ist die nachhaltige Berührung der Interessen der Allgemeinheit über die Einzelfallentscheidung hinaus; vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2002 – V ZB 11/02 (Chemnitz) = NJW 2002, 2473, 2474; BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 = NJW 2002, 3029, 3030; Baukelmann, in: FS Erdmann (2002), S. 767, 777, 779; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3355 ff.; anders Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 918; widersprüchlich BT-Drucks. 14/4722, S. 67 zur Zulassung von Verfahrensmängeln und der Zurechnung zum erweiterten Bereich der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO), „die zwar eine Leitentscheidung nicht erfordern, gleichwohl aber eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit …geboten erscheinen lassen“ und andererseits die Einzelbegründung zu § 543 ZPO (S. 104), welche „offensichtliche Unrichtigkeiten“ unter den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Var. 2 ZPO) fasst, es aber nicht ausreichen lässt, wenn „ein Gericht in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen hat, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist“; ohnehin sei je offensichtlicher der Fehler auch umso geringer die davon ausgehende Wiederholungsgefahr; vgl. Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 918; so auch Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 662. 380 BGH, Beschluss vom 29.05.2002 – V ZB 11/02 = NJW 2002, 2473, 2474; BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 = NJW 2003, 65, 66; BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 1943, 1945.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
zeitiger Entscheidungskausalität und Offenkundigkeit,381 in verfahrensrechtlicher Hinsicht etwa bei Verstößen gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG)382 und in materiellrechtlicher Hinsicht bei Verstößen gegen das Willkürverbot.383 Andernfalls bliebe in diesen Fällen eine Korrektur innerhalb der Fachschiedsgerichtsbarkeit aus und dem Betroffenen bliebe allein die Abhilfe durch Einlegung einer Verfassungsbeschwerde,384 was jedoch im Widerspruch zur Zuständigkeitsverteilung zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und den Fachgerichten stünde.385 Ohnehin ist darauf hinzuweisen, dass der besagte Meinungsstreit oft ein Scheinproblem betrifft, da sich angesichts der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsanwendungsgleichheit Individual- und Allgemeininteresse an der richtigen Entscheidung des Einzelfalles häufig decken.386 Zusammenfassend ist stets eine klärungsfähige, entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufzuwerfen, die die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berührt,387 da die Revision nach § 545 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden kann, dass die Entscheidung auf der Verletzung von Bundesrecht oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.388 Die Kriterien der „offensichtlichen Unrichtigkeit“ einer Entscheidung oder der „Schwere des Rechtsfehlers“ stellen für sich betrachtet keine tauglichen Abgrenzungsmaßstäbe dar und stellen ohne Berücksichtigung der Allgemeininteressen alleine auf den Einzelfall ab, was zum typischen im ZPO (RG) beschriebenen Aufgabenbereich des Revisionsgerichts aber nicht passt, sondern allenfalls dessen spezifische Funktion überlastet.389
381 BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 = NJW 2002, 3029, 3030; BGH, Beschluss vom 25.07.2002 – V ZR 118/02 (Hamburg) = NJW 2002, 3180, 3181. 382 BVerfG, Beschluss vom 20.04.2003 – 1 PBvU 1/02 = NJW 2003, 1924, 1927; BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 1943, 1946; siehe auch Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 329; ebenso Rimmelspacher, in: FS Schumann (2001), S. 327, 340. 383 BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 1943, 1947; BGH, Beschluss vom 07.10.2004 – V ZR 328/03 (OLG Celle) = NJW 2005, 153, 153: danach liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot dann vor, wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung „sachlich schlechthin unhaltbar ist,(..) unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar erscheint und sich deshalb der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht“. 384 BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 = NJW 2003, 65, 68; Rimmelspacher, in: FS Schumann (2001), S. 327, 340. 385 Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 660; ebenso Voßkuhle, NJW 2003, 2193, 2194 u. 2198. 386 Ausführliche Darstellung zu allen Meinungen Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 680. 387 Baukelmann, in: FS Erdmann (2002), S. 767, 777. 388 Vgl. Baukelmann, in: FS Erdmann (2002), S. 767, 777. 389 Rimmelspacher, in: FS Schumann (2002), S. 327, 346–347; ebenso Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 668.
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bb) Abgrenzung des Prüfungsumfangs zwischen Berufung und Revision Da in § 513 ZPO, welcher die Berufungsgründe regelt, auf § 546 ZPO verwiesen wird, stellt sich die Frage nach dem unterschiedlichen Prüfungsumfang zwischen Berufungs- und Revisionsverfahren, insbesondere in rechtlicher Hinsicht. Während im Berufungsverfahren nach dem achten Senat390 das Berufungsgericht auch bei Rechtsverletzungen i. S. v. § 546 ZPO nicht auf eine revisionsrechtliche Vertretbarkeitskontrolle beschränkt sei, diene das Revisionsverfahren der Leitbildfunktion der Rechtsprechung.391 Allein die in den §§ 545, 557 und 559 ZPO geregelten revisionsrechtlichen Bestimmungen, auf welche das Berufungsrecht nicht verweist, führen zu einem eingeschränkten Prüfungsumfang des Revisionsgerichts und verdeutlichen, dass die Revisionsinstanz keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsprüfungsinstanz ist.392 (1) Festlegung des Prüfungsumfangs des Revisionsgerichts Damit die Revision begründet ist, muss das angefochtene Urteil auf einer Gesetzesverletzung von revisiblen Rechtsnormen beruhen, §§ 545 i. V. m. 546 ZPO. Gemäß § 545 ZPO eröffnet eine einmal zugelassene Revision eine volle rechtliche Nachprüfung des Berufungsurteils am Maßstab des revisiblen Sach- und Verfahrensrechts, mit den Einschränkungen der §§ 557, 559 ZPO.393 Zu differenzieren ist zwischen den Erfordernissen der Zulassung der Revision, welche sich lediglich auf öffentliche Interessen zu stützen vermögen, und der nach erfolgter Zulassung vorzunehmenden Prüfung des vorinstanzlichen Urteils, welche einem weitergehenden Prüfungsmaßstab unterliegen kann.394 Während bei der Prüfung der Zulassungsgründe das Individualinteresse hinter dem Allgemeininteresse zurückzutreten hat, soll das Revisionsverfahren selbst auch dem Interesse der Parteien dienen, was sich auch in der unbeschränkten Parteiherrschaft über das Rechtsmittelverfahren zeigt.395
390
BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2754. Unberath, ZZP 120 (2007), 323, 341. 392 BGH, Urteil vom 09.07.1998 – IX ZR 272–96 = NJW 1998, 2972, 2974; so auch Mattern, JZ 1963, 649, 653; ebenso Krüger, in: MüKo ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 1. 393 Ball, in: Musielak ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 4. 394 Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 919. 395 Siehe BT-Drucks. 14/4722, S. 66; Ball, in: FS Musielak (2004), S. 27; ebenso Nasall, NJW 2003, 1345, 1349; Piekenbrock / Schulze, JZ 2002, 911, 918; Prütting, ZZP 95 (1982), 76, 78; anders Rinkler, NJW 2002, 2449, 2450, der die Erweiterung der Rücknahmemöglichkeiten im Rahmen der Revision als systemwidrig ansieht; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3354. 391
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(a) Revisibles Recht Revisible Rechtsnormen können formelle Gesetze, Verordnungen und Satzungen sein, wie auch europäische Rechtsnormen, Staatsverträge oder Übereinkommen, nicht aber ausländisches Recht.396 Weiter nicht revisibel ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO die Rüge der Unzuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges unabhängig von einer erfolgten Rüge in erster Instanz.397 Unter Beachtung des Ziels der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Revisionsgerichte sollen Rechtsmittelstreitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage verhindert werden und die in den Vorinstanzen geleistete Arbeit nicht hinfällig werden.398 Überprüft wird dagegen die internationale Zuständigkeit, da diese Souveränitätsrechte anderer Staaten betrifft und über das internationale Privatrecht und das anwendbare Verfahrensrecht entscheidet.399 (b) Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO Eine Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO liegt vor, wenn das Berufungsgericht das Recht in entscheidungserheblicher Weise objektiv entweder gar nicht oder unrichtig angewandt hat.400 Eine unrichtige Anwendung kann auf einem Übersehen oder einer Verkennung der tatsächlichen oder rechtlichen Merkmale der richtigen Norm beruhen oder auf der Subsumption der richtig erkannten Merkmale unter eine falsche Norm oder eine nicht erfolgte Subsumption unter eine etwa verkannte richtige Norm.401
396 BGH, Urteil vom 14.01.2014 – II ZR 192/13 = NJW 2014, 1244, 1245; Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 2; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 5; Heßler, in: Zöller ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 8; Jacobs / Frieling, ZZP 127 (2014), 137, 168; ebenso Krüger, in: MüKo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 11 ff.; Roth, NJW 2014, 1224, 1226; anders: Eichel, IPrax 2009, 389, 390; Hess / Hübner, NJW 2009, 3132, 3133; Riehm, JZ 2014, 73 78; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 2–4. 397 BGH, Urteil vom 22.02.2005 – KZR 28/03 = NJW 2005, 1660, 1662; Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 12 f.; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 15 f.; Krüger, in: MüKo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 15. 398 BT-Drucks. 14/4722, S. 106. 399 Für die Überprüfbarkeit der internationalen Zuständigkeit vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002 – III ZR 102/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 426, 426; BGH, Urteil vom 30.10.2008 – I ZR 12/06 (OLG Düsseldorf) = NJW 2009, 1205, 1205; BGH, Urteil vom 12.02.2013 – I ZR 131/12 = NJW 2014, 2504, 2505; Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn 13; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 17; Heßler, in: Zöller ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 15; Krüger, in: MüKo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 17; Leible, NJW 2003, 407, 408; Oberhammer, ZZP 117 (2004), 87, 92 f.; Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 11, 13. 400 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 4. 401 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 4; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1899.
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(c) Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen, § 559 ZPO; Abgrenzung Tat- und Rechtsfrage Das Revisionsgericht überprüft die Entscheidung des Berufungsgerichts nur auf Rechtsfehler, bei deren Überprüfung es den vom Berufungsgericht festgestellten Sach- und Streitstand zugrunde zu legen hat und grundsätzlich auch an dessen Tatsachenfeststellung gebunden ist, § 559 ZPO. Die Nachprüfung der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachenfeststellung ist dem Revisionsgericht daher entzogen, § 559 Abs. 2 ZPO, ebenso können keine neuen Tatsachen mehr vorgetragen werden, § 559 Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine Ausnahme der Bindung an die Tatsachenfeststellung kommt nur in Betracht, wenn die Tatsachenfeststellung ihrerseits auf einer Verletzung materiellen Rechts beruht oder von einem Verfahrensfehler beeinflusst wird, gegen den eine ordnungsgemäße Revisionsrüge erhoben ist.402 Weiter lässt die Rechtsprechung die Berücksichtigung neuer Tatsachen zu, die für die Beurteilung der sachlichen Rechtslage erheblich, aber erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingetreten sind, wenn diese allein das Revisionsverfahren betreffen, amtswegig zu beachten403 oder unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegen stehen.404 Die Offenkundigkeit oder das Zugeständnis neuer Tatsachen alleine reicht nicht für die Berücksichtigung aus.405 Soweit im Revisionsverfahren neu zu berücksichtigende Tatsachen beweisbedürftig sind, kann das Revisionsgericht entweder selbst Beweis erheben oder die Sache zur Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurückverweisen.406 Schwierigkeiten bereiten kann in diesem Zusammenhang die Abgrenzung zwischen revisibler Rechtsfrage und irrevisibler Tatfrage.407 Zur Gesetzesanwendung gehören die Auslegung der Rechtsbegriffe und die Subsumption des festgestellten Sachverhalts unter die Anwendung des den revisiblen Obersatz bildenden Rechtssatzes oder Rechtsbegriffs;408 eine Einzelfallsubsumption kann jedoch in bestimmten Bereichen einer Tatsachenfeststellung gleichkommen. Die Beweiswürdigung ist beispielsweise zwar Teil der Tatsachenfeststellung, unterliegt aber selbst rechtlichen
402
Ball, in: Musielak ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 2; Heßler, in: Zöller ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 1. Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 19. 404 BGH, Urteil vom 19.06.1958 – VII ZR 158/57 (Nürnberg) = NJW 1958, 1683, 1683; BGH, Urteil vom 17.12.1969 – IV ZR 750/68 (Saarbrücken) = NJW 1970, 1007, 1007; BGH, Urteil vom 03.04.1998 – V ZR 143–97 (Bremen) = NJW-RR 1998, 1284, 1284; BGH, Urteil vom 14.10.2009 – XII ZR 146/08 = MDR 2009 1392, 1394; BGH, Urteil vom 23.09.2014 – VI ZR 358/13 (LG München I) = GRUR 2014, 1229, 1230; Ball, in: Musielak ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 10; Heßler, in: Zöller ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 7; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 559 ZPO, Rdn 27. 405 BGH, Urteil vom 17.12.1969 – IV ZR 750/68 (Saarbrücken) = NJW 1970, 1007, 1007; BGH, Urteil vom 05.02.1974 – VI ZR 71/72 (OLG Hamm) = ZZP 87 (1974), 460, 461; Mattern, JZ 1963, 649, 652. 406 Ball, in: Musielak ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 11. 407 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 1. 408 So auch Krüger, in: MüKo ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 13. 403
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Regeln, die insoweit auf Rechtsfehler überprüft werden können.409 In materieller Sicht hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen, ob der Richter der vorigen Instanz die Anforderungen an eine schlüssige und substantiierte Behauptung eingehalten und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat.410 Während das Revisionsgericht also die Aufgabe hat, den Rechtsstreit unter Zugrundelegung der unangreifbaren Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts zu entscheiden, hat es dies nach Maßgabe des jetzt auf den geltend gemachten Anspruch anwendbaren Rechts zu beurteilen. Eine Bindung des Richters an die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung ist dabei abzulehnen.411 (d) Ursächlichkeit der Rechtsverletzung und absolute Revisionsgründe, § 547 ZPO Weitere Voraussetzung für den Erfolg der Revision ist weiterhin die Ursächlichkeit der Rechtsverletzung, also dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Verletzung revisiblen Rechts „beruht“. Es ist nicht Aufgabe der Revision, losgelöst über abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden, sondern neben Allgemeininteressen der Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung auch dem Interesse der Parteien an einer im Ergebnis richtigen Entscheidung zu dienen.412 Während bei verfahrensrechtlichen Verstößen die Möglichkeit genügt, dass das Berufungsgericht ohne den Verstoß zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre,413 liegt im Falle des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Vorschriften nur dann Kausalität vor, wenn die Entscheidung ohne den Gesetzesverstoß im Ergebnis für den Revisionskläger günstiger ausgefallen wäre.414 Da die Ursächlichkeit bei Verstößen gegen Verfahrensvorschriften häufig nicht festgestellt werden kann, sieht § 547 ZPO bei bestimmten Verfahrensverstößen eine unwiderlegbare Vermutung für die Ursächlichkeit der Gesetzesverletzung vor, sog. absolute Revisionsgründe.415 Die Vermutung des § 547 ZPO erfasst nicht die Zulässigkeit der Revision, sondern nur seine Begründetheit.416 Absolute Revisions 409
Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 19. Krüger, in: MüKo ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 15. 411 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 10; ebenso Birk, JZ 1974, 735 ff. 412 Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 543 ZPO, Rdn. 28. 413 BGH, Entscheidung vom 20.05.1995 – II ZR 198/94 = NJW 1995, 1841, 1842; Wenzel, in: MüKo ZPO (4. Aufl.), § 545 ZPO, Rdn. 14; ebenso Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 11. 414 Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 11; Krüger, in: MüKo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 14; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 34–35; Jacobs, in; Stein / Jonas ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 23; Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 12. 415 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 1; Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 2; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 1; Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 1; Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO § 547 ZPO, Rdn. 1; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 142, Rdn. 37. 416 Heßler, in: Zöller ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 1. 410
C. Inländische Schiedssprüche
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gründe sind die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO),417 die Mitwirkung eines i. S. v. § 41 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossenen Richters (§ 547 Nr. 2 ZPO) oder eines wegen der Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 42 ff. ZPO abgelehnten Richters (§ 547 Nr. 3 ZPO),418 die nicht vorschriftsmäßige Vertretung einer Partei im Verfahren (§ 547 Nr. 4 ZPO),419 die Verletzung des Vorschriften über die Öffentlichkeit i. S. d. §§ 169 ff. GVG (§ 547 Nr. 5 ZPO) und die nicht ordnungsgemäße Begründung der Entscheidung (§ 547 Nr. 6 ZPO).420 Die absoluten Revisionsgründe werden vom Revisionsgericht nur auf ordnungsgemäße Verfahrensrüge § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. b ZPO geprüft,421 mit Ausnahme von § 547 Nr. 4 ZPO422 und § 547 Nr. 6 ZPO, da das Berufungsgericht durch den Ausspruch von Rechtsfolgen ohne Begründung eine unverzichtbare Verfahrensnorm verletzt.423 Bei dessen Vorliegen ist das Revisionsgericht zur Aufhebung (§ 562 Abs. 2 ZPO) und Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 ZPO) verpflichtet, eine Ausnahme besteht lediglich für Nr. 6.424 (e) Umfang der Revisionsprüfung und Beschränkung auf die Revisionsanträge, § 557 ZPO In § 557 ZPO wird bestimmt, in welchem Umfang das mit der Revision angegriffene Urteil überprüft wird. Ist die Revision zulässig und insbesondere gemäß § 551 Abs. 2 ZPO ausreichend begründet, so hat das Revisionsgericht in den Grenzen der Anfallwirkung (§ 547 Abs. 1 ZPO) und der gestellten Anträge (§ 547 Abs. 3 ZPO) die von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmängel (absolute Verfahrensmängel) und Fehler im materiellen Recht in vollem Umfang nachzuprüfen. Aufgrund der grundsätzlich nicht vorhandenen Bindung an die Anträge (§ 557 Abs. 3 S. 1 ZPO) gilt dies unabhängig von einer Rüge der entsprechenden Verfahrensfehler mit Ausnahme der nicht von Amts wegen zu prüfenden Verfah 417
BGH, Entscheidung vom 26.03.1986 – III ZR 114/85 = NJW 1986, 2115, 2115; BGH, Urteil vom 20.06.1991 – VII ZR 11/91 (Köln) = NJW 1992, 512, 513; BGH, Beschluss vom 09.06.1993 – BLw 61/92 (KreisG Salzwedel) = NJW-RR 1993, 1339, 1339; BGH, Beschluss vom 29.04.2004 – V ZB 46/03 (OLG Karlsruhe) = NJW-RR 2004, 1294, 1294. 418 BGH, Urteil vom 09.11.1992 – II ZR 230/91 (Bremen) = NJW 1993, 400, 400. 419 BGH, Urteil vom 22.04.1991 – II ZR 151/90 (Düsseldorf) = NJW-RR 1991, 926, 926; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 15; Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 13. 420 BGH, Urteil vom 13.06.1995 – IX ZR 121/94 (München) = NJW 1995, 2551, 2552. 421 BGH, Beschluss vom 06.12.2006 – XII ZR 97/04 (OLG Köln) = NJW 2007, 909, 911; Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 2. 422 Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 19; Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 3, 14. 423 So noch Wenzel, in: MüKo ZPO (4. Auflage), § 547 ZPO, Rdn. 3; anders nun Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 3; weiterhin jedoch Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 11. 424 BGH, Urteil vom 13.06.1995 – IX ZR 121/94 (München) = NJW 1995, 2551, 2552; Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 23.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
rensfehler, § 547 Abs. 3 S. 2 ZPO.425 Absolute Verfahrensmängel können deshalb auch nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden.426 Zur Abgrenzung der von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler zu den nur auf Rüge zu beachtenden haben Rechtsprechung und Literatur Fallgruppen und Beispiele entwickelt. Eine abstrakte Abgrenzung ist danach möglich, ob die jeweilige Voraussetzung eher im allgemeinen Interesse oder allein im Parteiinteresse steht.427 Von Amts wegen zu prüfen sind daher etwa die deutsche Gerichtsbarkeit, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, ferner Sachurteilsvoraussetzungen,428 die Zulässigkeit des vorangegangenen Berufungsverfahrens429 und dessen inhaltliche Mängel, wie etwa die Bestimmtheit und Widerspruchsfreiheit430 der Urteilsformel und dessen Einklang mit den Entscheidungsgründen.431 Sofern eine ordnungsgemäße Sach- oder Verfahrensrüge vorliegt, wird das materielle Recht einschließlich inhaltlicher Sachprüfung und materiellem Prozessrecht umfassend geprüft.432 Nicht von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler sind innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 551 Abs. 2 S. 2 ZPO) zu erheben und in der Revisionsbegründungsschrift ordnungsgemäß zu rügen; das gilt auch für solche Verfahrensfehler, die absolute Revisionsgründe i. S. d. § 547 ZPO darstellen,433 mit Ausnahme der §§ 547 Nr. 4 und 6 ZPO. Revisionsrügen, die auf Verfahrensfehler in der Berufungsinstanz gestützt werden und bereits im Berufungsverfahren hätten gerügt werden können, sind nach § 556 ZPO präkludiert, mit Ausnahme solcher Fehler bei der Urteilsfällung, die nicht nach § 295 ZPO durch die vorangegangene mündliche Verhandlung geheilt werden konnten.434 Die Vorschrift entspricht der für das Berufungsverfahren geltenden Vorschrift des § 534 ZPO.435 Verstöße erster Instanz können ohnehin nicht mehr angegriffen werden, weil diese erstinstanzlich nach § 295 ZPO geheilt wurden beziehungsweise in der Berufungsinstanz nicht gerügt wurden.
425
Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 21. Krüger, in: MüKo ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 22. 427 Grunsky, ZZP 80 (1967), 55, 68 ff.; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 22. 428 Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 24. 429 Ball, in: Musielak ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 15; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 25. 430 BGH, Urteil vom 08.06.1988 – VIII ZR 105/87 (München) = WM 1988, 1500, 1502; Ball, in: Musielak ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 15; Krüger, in: MüKo ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 27. 431 BAG, Urteil vom 14.02.1967 – 1 AZR 494/65 (Frankfurt) = NJW 1967, 843, 846; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 27–28. 432 Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 29. 433 Ball, in: Musielak ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 19. 434 BGH, Urteil vom 18.03.1992 – VIII ZR 30/91 = NJW 1992, 1966, 1967; Ball, in: Musielak ZPO, § 556 ZPO, Rdn. 1; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO § 556 ZPO, Rdn. 1–2. 435 Ball, in: Musielak ZPO, § 556 ZPO, Rdn. 1. 426
C. Inländische Schiedssprüche
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(2) Entscheidung des Revisionsgerichts Wenn eine Revision aus Sicht des Revisionsgerichts grundlos zugelassen wurde, also der Senat einstimmig der Ansicht ist, dass ein Zulassungsgrund entweder nicht vorliegt oder die Revision aus anderen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, kann die Revision ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen werden, § 552 a S. 1 ZPO.436 Ist die Revision zulässig, aber unbegründet, wird diese durch Endurteil zurückgewiesen; dies kann der Fall sein, wenn die Revision nur auf die Verletzung irrevisiblen Rechts gestützt ist oder die gerügte Rechtsverletzung nicht besteht.437 Ist die Revision begründet, so ist das angefochtene Urteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Das Revisionsgericht hat die Sache dann zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO) oder eine eigene Entscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eine eigene Entscheidung des Revisionsgerichts kann nur dann ergehen, wenn alle entscheidungserheblichen Tatsachen geklärt sind, also keine neuen Tatsachen festgestellt werden müssen. Im Falle der Zurückverweisung ist das Berufungsgericht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, § 563 Abs. 2 ZPO.438 Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Revision zurückzuweisen, § 561 ZPO.439 3. Vergleich mit dem Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO Nach eben erfolgter Darstellung der Rechtsmittel Berufung und Revision sollen diese nun mit dem Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor staatlichen Gerichten nach den §§ 1059 ff. ZPO verglichen werden. a) Zwecke der Verfahren Während sowohl die staatlichen Rechtsmittelverfahren, als auch das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor staatlichen Gerichten auf die Beseitigung des Bestands des vorinstanzlichen Urteils bzw. des Schiedsspruches gerichtet sind, liegt ein wesentlicher Unterschied beider Verfahren bereits darin, dass bei staatlichen Rechtsmittelverfahren eine für den Kläger ungünstige, noch nicht for 436 BVerfG, Beschluss vom 17.03.2005 – 1 BvR 308/05 = NJW 2005, 1485, 1486; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 144, Rdn. 2. 437 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 145, Rdn. 2–3. 438 Musielak / Voit, Grundkurs ZPO, Rdn. 996. 439 Dazu auch Bettermann, ZZP 88 (1975), 365, 372 ff.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
mell rechtskräftig gewordene Entscheidung durch die reformatorische Fortsetzung des Verfahrens vor einem höheren Gericht angefochten werden soll,440 während bei der Aufhebung von Schiedssprüchen die Kassation eines per se rechtskräftigen Schiedsspruches im Vordergrund steht. Die wesentlichen Merkmale staatlicher Rechtsmittel, namentlich Suspensiveffekt,441 Devolutiveffekt442 und die Möglichkeit einer neuen Sachentscheidung443 zeigen daher deutlich die unterschiedliche Natur des Aufhebungsverfahrens nach den §§ 1059 ff. ZPO. Durch das Aufhebungsverfahren wird weder das Verfahren fortgeführt, da es sich beim Schiedsverfahren um in sich geschlossenes Verfahren handelt, noch die Rechtskraft des Schiedsspruches gehemmt. Vielmehr entfaltet dieser gemäß § 1055 ZPO seine Wirkungen bis zur rechtsgestaltenden Aufhebung durch das staatliche Gericht.444 Ebenso tritt kein Devolutiveffekt ein, da der Schiedsspruch nicht in eine nächst höhere Instanz gehoben wird, sondern vom staatlichen Gericht „begutachtet“ werden soll. Aus der Gleichrangigkeit von staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit muss folgen, dass diese auf gleicher Stufe stehen. Letztlich soll auch keine neue Sachentscheidung ergehen, sondern das staatliche Gericht lediglich prüfen, ob ein Aufhebungsgrund im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt. Liegt ein Aufhebungsgrund vor und wird dieser begründet vom Antragsteller geltend gemacht, so spricht das Oberlandesgericht die Aufhebung aus; andernfalls wird der Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Eine Abänderung des Schiedsspruchs oder sonstige Entscheidung in der Sache kann durch das staatliche Gericht nicht erfolgen.445 b) Statthaftigkeit Während bei staatlichen Rechtsmitteln die Berufung sowohl als Wert-, als auch als Zulassungsberufung (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und §§ 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 und 2 ZPO)446 und die Revision lediglich als allgemeine Zulassungsrevision ausgestaltet ist (§ 543 ZPO),447 ist der Aufhebungsantrag statthaft bei jedem im Sinne von § 1025 Abs. 1 ZPO inländischen Schiedsspruch, der die Förmlichkeiten des § 1054 ZPO erfüllt.448 Während staatlichen Rechtsmittelverfahren stets bereits mindestens ein vorinstanzliches staatliches Verfahren vorausgeht und die Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausreichend sichergestellt ist, sollen bei 440
Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 133, Rdn. 2–3. Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, Vorbem § 511 ZPO, Rdn. 1, 2. 442 Gilles, ZZP 91 (1978), 128, 160 ff. 443 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 133, Rdn. 4, 10. 444 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 501; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 18; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 592, 594. 445 Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 457. 446 Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, § 511 ZPO, Rdn. 44; ebenso Heßler, in: Zöller ZPO, § 511 ZPO, Rdn. 36. 447 Büttner, MDR 2001, 1201, 1202; BT-Drucks 14/4722, S. 103. 448 Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3. 441
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fehlerhaften Entscheidungen von Schiedsgerichten ein Aufhebungsverfahren und dadurch eine neue Entscheidung durch das Schiedsgericht ermöglicht werden. Auf eine grundlegende Bedeutung der Rechtssache über den Einzelfall hinaus kommt es nicht an. Das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen dient vorrangig der Einzelfallgerechtigkeit. Des Weiteren trägt es zur Rechtssicherheit bei, dass die Parteien aus eigenem Antrieb gegen den Schiedsspruch vorgehen können, da die unterlegene Partei nicht abwarten muss, ob die siegreiche Partei die Anerkennung und Vollstreckung betreibt und ihr damit die Wahl des Vollstreckungsstaates überlassen muss. Durch die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO und die damit einhergehende Präklusion von Aufhebungsgründen wird der möglichst schnelle Abschluss und die endgültige Klärung des Rechtsstreits begünstigt.449 c) Vergleich der Anforderungen an die Begründung des Antrags und die Bindung des Gerichts an die Anträge Gemäß § 520 Abs. 3 ZPO muss in der Berufungsbegründung einer der Gründe der Nr. 2–4 ausreichend dargelegt werden.450 Während die genaue Rechtsverletzung nicht benannt werden muss, sollen die Umstände, aus denen sich diese ergibt, genau bezeichnet werden451 und die Entscheidungskausalität452 und / oder Umstände dargelegt werden, aus denen sich Zweifel des Berufungsklägers hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung ergeben.453 Eine Bindung des staatlichen Gerichts an die Berufungsanträge ist mit der herrschenden Meinung abzulehnen,454 die Präklusionsvorschriften sind dennoch zu beachten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel. Bei der Revision müssen die Zulassungsgründe genau benannt werden und die Voraussetzungen so substantiiert vorgetragen werden (§ 551 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ZPO), dass das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung prüfen kann.455 Der Prüfungsumfang wird demnach von der Partei festgelegt, Aufgabe des Revisionsgerichts ist es nicht, über die genannten Zulassungsgründe hinaus das angefochtene Urteil zu untersuchen, § 557 ZPO.456 Eine Ausnahme besteht nur für die von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmängel und Fehler im 449
Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 158. Heßler, in: Zöller ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 27. 451 Gerken, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 70, 75; Heßler, in: Zöller ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 27. 452 Ball, ZGS 2003, 49, 51. 453 Heßler, in: Zöller ZPO, § 520 ZPO, Rdn. 33. 454 BGH, Urteil vom 12.03.2004 – V ZR 257/03 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 2005, 1876, 1878; BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 1583, 1584; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 138, Rdn. 32. 455 BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02 (Stuttgart) = NJW 2002, 65, 66. 456 Musielak, in: FS Gerhardt (2004), S. 653, 678. 450
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
materiellen Recht. Eine Abgrenzung der von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmängel ist anhand des öffentlichen Interesses möglich.457 Dies entspricht auf ersten Blick eher der im Rahmen des Aufhebungsverfahrens gewählten Konstruktion. Im Aufhebungsantrag sind Aufhebungsgründe i. S. d. § 1059 Abs. 2 ZPO vom Antragsteller begründet geltend zu machen, die Begründung muss dabei den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügen.458 Während die in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufgezählten Aufhebungsgründe nur auf Rüge zu beachten sind, werden die in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufgezählten Gründe von Amts wegen überprüft.459 Bei den auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgründen ist das staatliche Gericht demnach nur gehalten diese zu untersuchen, wenn diese im Aufhebungsantrag hinreichend gerügt wurden und nicht präkludiert sind. d) Vergleich hinsichtlich des Prüfungsumfangs Während das Berufungsgericht trotz des durch die ZPO-RG460 einhergehenden Funktionswandels von einer zweiten Tatsacheninstanz zu einer Rechtskontrolle im Sinne von Fehlerkontrolle und – Beseitigung unter eingeschränkter Tatsachenprüfung461 weiterhin zumindest eingeschränkte Tatsacheninstanz bleibt462 und nur insoweit an die Tatsachen des vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden ist, als nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen,463 ist die Revisionsinstanz nicht als Tatsachen-, sondern als Rechtsprüfungsinstanz ausgestaltet und auf die Überprüfung revisiblen Sach- und Verfahrensrechts beschränkt.464 Auf ersten Blick ähnelt das Aufhebungsverfahren aus diesem Grunde mehr dem Prüfungsumfang des Revisionsgerichts. Schließlich ist das staatliche Gericht im Aufhebungsverfahren an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden, mit eingeschränkten Ausnahmen im Rahmen der ordre public Prüfung. Eine neue Beweiswürdigung kann es nicht durchführen465 oder eine 457
Grunsky, ZZP 80 (1967), 55, 68 ff.; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 22. OLG München, Beschluss vom 22.06.2005 – 34 Sch 10/05 = SchiedsVZ 2005, 308, 309; KG, Beschluss vom 17.12.2007 – 20 Sch 5/07 = SchiedsVZ 2009, 179, 180; Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 457. 459 Henkel, Rechtsbehelfe im schiedsrichterlichen Verfahren, Rdn. 378; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2175. 460 Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 – BGBl. 2001 I Nr. 40, S. 1887. 461 Baumann, Prüfungsprogramm im Berufungsverfahren, S. 21; Roth, JZ 2006, 9, 9. 462 BGH vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 1583, 1584; Ball, ZGS 2003, 49, 49; Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Deubner, JuS 2005, 797, 800. 463 Greger, NJW 2003, 2882, 2883. 464 BGH, Urteil vom 09.07.1998 – IX ZR 272–96 = NJW 1998, 2972, 2974; Krüger, in: MüKo ZPO, § 559 ZPO, Rdn. 1; Mattern, JZ 1963, 649, 653. 465 Siehe zum Berufungsgericht BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 (OLG Oldenburg) = JZ 2005, 1059, 1061; Greger, NJW 2003, 2882, 2883. 458
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eigene Auslegung anstelle eines lediglich vertretbaren Auslegungsergebnisses des Schiedsgerichts setzen, wie das Berufungsgericht es kann.466 Allein wegen sachlicher Unrichtigkeit ist eine Aufhebung nicht möglich, da das Gericht mit Ausnahme des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO an die tatsächlichen Feststellungen und die rechtliche Beurteilung durch das Schiedsgericht gebunden bleibt. Das Revisionsgericht kann nach erfolgreicher Zulassung eine volle rechtliche Nachprüfung des Berufungsurteils am Maßstab des revisiblen Sach- und Verfahrensrechts mit den Einschränkungen der §§ 557, 559 ZPO vornehmen.467 Im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO sind die Aufhebungsgründe dagegen abschließend und erschöpfend zu verstehen. Deshalb gibt es weder autonom vereinbarte Zusatzgründe, noch eine inhaltliche „Kontrolle“ jenseits des ordere public Vorbehalts.468 Im Folgenden sollen die einzelnen Aufhebungsgründe kurz mit den Revisionsgründen verglichen werden. aa) Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO Im staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen ist die fehlende subjektive Schiedsfähigkeit ein lediglich auf Rüge zu beachtender Aufhebungsgrund.469 Im Gegensatz dazu prüft das Revisionsgericht von Amts wegen gemäß § 56 ZPO die Partei- und Prozessfähigkeit, wie auch die Rechtsfähigkeit der Parteien.470 bb) Allgemeine Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO Ebenso ist die allgemeine Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung nur auf Rüge der Parteien hin beachtlich. Darunter fällt auch die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, § 1040 ZPO. Im Revisionsverfahren ist dagegen gemäß § 545 Abs. 2 ZPO die Rüge der Unzuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszugs unabhängig von einer erfolgten Rüge nicht revisibel.471 Von Amts wegen überprüft wird dagegen die internationale Zuständigkeit des Gerichts.472
466 Siehe zum Berufungsgericht BGH, Urteil vom 14.07.2004 – VIII ZR 164/03 (LG Aachen) = NJW 2004, 2751, 2752; Roth, JZ 2006, 9, 12. 467 Ball, in: Musielak ZPO, § 546 ZPO, Rdn. 4. 468 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 7. 469 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2178; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 39. 470 BAG, Urteil vom 13.04.1967 – 5 AZR 426/66 (Düsseldorf) = NJW 1967, 1437, 1437; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 24. 471 Ball, in: Musielak ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 12 f.; Krüger, in: MüKo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 15. 472 Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 545 ZPO, Rdn. 11, 13.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Grund für die unterschiedliche Handhabung ist die Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit als Alternative zur staatlichen Streitbeilegung. Um die staatliche Rechtsprechung wirksam auszuschließen, müssen sich beide Parteien wirksam einer Schiedsvereinbarung unterworfen haben. Haben sie dies nicht getan, dürfen Sie auch nicht an den Spruch eines Schiedsgerichts gebunden werden, dem sie sich nicht freiwillig unterworfen haben.473 Diese Gefahr besteht im staatlichen Instanzenzug gerade nicht, da im ersten Rechtszug bereits ein staatliches Gericht mit der Sache befasst war und die staatliche Gerichtsbarkeit ohnehin nicht ausgeschlossen werden sollte. Unter Beachtung des Ziels der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Revisionsgerichte sollen Rechtsmittelstreitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage vermieden werden und die in den Vorinstanzen geleistete Arbeit nicht überflüssig werden.474 Im Falle der internationalen Zuständigkeit sind jedoch unter Umständen Souveränitätsrechte anderer Staaten betroffen, weshalb eine Prüfung im Revisionsverfahren unentbehrlich ist. cc) Gehörsmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO Gehörsmängel stellen einen auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgrund im staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen dar, können aber von Amts wegen Beachtung finden, sofern sie die Schwelle eines ordre public Verstoßes erreichen. Im Revisionsverfahren zählt die Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu den absoluten Revisionsgründen i. S. d. § 547 ZPO,475 welche eine abschließende Regelung darstellen. Daher sind Gehörsmängel nur nach § 545 Abs. 1 ZPO revisibel476 und erfordern eine Rüge, § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.477 In der Regel stellen Gehörsverletzungen aber ohnehin Grundrechtsverletzungen dar, welche für die Entscheidung bereits deshalb kausal sind, weil die Ursächlichkeit zumindest möglich ist.478
473 BGH, Urteil vom 09.03.1978 – III ZR 78/76 = NJW 1978, 1744, 1745; Haumann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 596. 474 BT-Drucks. 14/4722, S. 106. 475 Siehe BGH, Urteil vom 08.10.1959 – VII ZR 87/58 (Düsseldorf) = BGHZ 31, 43, 46 ff. = NJW 1959, 2213. 476 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 17; ebenso Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 19; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 7; a.A: Henckel, ZZP 77 (1964), 321, 349 f. 477 Wolff, ZZP 116 (2003), 403, 406 und 411. 478 Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 21; ebenso Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 7.
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dd) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO: Überschreitung des Streitgegenstandes Ein Aufhebungsgrund liegt ebenso dann vor, wenn das Schiedsgericht seine Zuständigkeit und / oder seine Entscheidungsbefugnisse überschritten hat. Ein Pendant zur Überschreitung der Zuständigkeit im staatlichen Rechtsmittelverfahren fehlt; eine Überschreitung der Entscheidungsbefugnis liegt aber dann vor, wenn das Gericht entgegen § 308 Abs. 1 ZPO ultra petita gesprochen hat.479 Darin liegt ein Verfahrensmangel, der von Amts wegen vom Revisionsgericht zu prüfen ist.480 ee) Konstituierungsmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 1 ZPO i. V. m. §§ 1034 ff. ZPO Mängel im Vorfeld des Schiedsverfahrens, insbesondere bei der Bildung des Schiedsgerichts, sind als Aufhebungsgrund rügefähig. Darunter zählen insbesondere das Übergewicht einer Partei hinsichtlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts (§ 1034 Abs. 2 ZPO), wie auch die Mitwirkung eines Schiedsrichters, in dessen Person Ablehnungsgründe vorgelegen haben (§§ 1036, 1037 ZPO). Auch wenn es sich im Revisionsverfahren bei der Mitwirkung eines i. S. v. § 41 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossenen Richters (§ 547 Nr. 2 ZPO) oder eines wegen der Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 42 ff. ZPO abgelehnten Richters (§ 547 Nr. 3 ZPO) um absolute Revisionsgründe handelt, deren Kausalität vermutet wird, ist eine Rüge erforderlich. ff) Prozessablaufmängel, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO Prozessablaufmängel sind rügefähig, liegen diese darin, dass das Verfahren als Ganzes oder nur einzelne Verfahrenshandlungen inkorrekt waren. Rügefähig sind nur Mängel des Verfahrens (in procedendo), nicht des Entscheidens (in iuicando).481 Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Revision, in der lediglich Verfahrensmängel in procedendo nicht aber in iudicando gerügt werden können.482 Während aber auch die vollkommen fehlende Begründung einen rügefähigen Prozessablaufmangel darstellt,483 sofern die Kausalität nachgewiesen werden kann, ist die nicht ordnungsgemäße Begründung der Entscheidung nach § 547 Nr. 6 ZPO ein absoluter 479
Zum Schiedsverfahren: Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 600; siehe auch Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 128 f.; Schwab / Walter, Schiedsverfahrensrecht, Kap. 24, Rdn. 15. 480 BGH, Urteil vom 12.12.2012 – X ZR 134/11 = BeckRS 2013, 02369, Rdn. 23; Musielak, in: Musielak ZPO, § 308 ZPO, Rdn. 19. 481 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 493. 482 BFH, Beschluss vom 26.02.1970 – IV B 93/69 = NJW 1971, 168, 168. 483 BT-Drucks. 13/5274, S. 59/60; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25.09.2002 – 17 Sch 3/01 = IHR 2003, 93, 96.
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Revisionsgrund, dessen Kausalität demnach unwiderleglich vermutet wird und sogar von Amts wegen zur prüfen ist.484 Ebenso von Amts wegen zu beachten ist die nicht vorschriftsmäßige Vertretung einer Partei im Verfahren (§ 547 Nr. 4 ZPO).485 Die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) und die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit i.S.d §§ 169 ff. GVG (§ 547 Nr. 5 ZPO) sind absolute Revisionsgründe, aber nur auf i. S. v. § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. b ZPO entsprechende Rüge zu beachten.486 gg) Fehlende objektive Schiedsfähigkeit, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO Die im staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen von Amts wegen zu prüfende objektive Schiedsfähigkeit hat im staatlichen Instanzenzug kein Pendant. hh) Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, sei dieser prozessualer oder materiellrechtlicher Natur, begründet einen von Amts wegen zu prüfenden Aufhebungsgrund im staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen. Fraglich ist das Pendant auf staatlicher Seite, da in der Vorinstanz kein Schiedsgericht, sondern ein staatliches Gericht geurteilt hat, welches gemäß Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG ohnehin an die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik gebunden ist. Unstreitig sind aber auch in Urteilen staatlicher Gerichte Verstöße gegen die öffentliche Ordnung denkbar, wie etwa Verstöße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG)487 oder Verstöße gegen das Willkürverbot.488 Da nach herrschender Meinung die Revision zumindest zuzulassen ist, wenn ein so gravierender Fehler vorliegt, der geeignet ist, schwere unerträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen zu lassen und damit das Vertrauen in die Rechtsprechung zu
484 So noch Wenzel, in: MüKo ZPO (4. Auflage), § 547 ZPO, Rdn. 3; anders nun Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 3. 485 BGH, Urteil vom 31.05.1995 – VIII ZR 267/94 (Frankfurt a. M.) = NJW 1995, 2563, 2564; Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 11; Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 19; Krüger, in: MüKo ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 3, 14. 486 BGH, Beschluss vom 06.12.2006 – XII ZR 121/94 (München) = NJW 1995, 2551, 2552; Ball, in: Musielak ZPO, § 547 ZPO, Rdn. 2. 487 BVerfG, Beschluss vom 20.04.2003 – 1 PBvU 1/02 = NJW 2003, 1924, 1927; BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 1943, 1946; siehe auch Gummer, in: FS Vollkommer (2006), S. 325, 329; Rimmelspacher, in: FS Schumann (2001), S. 327, 340. 488 BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 (Düsseldorf) = NJW 2003, 1943, 1947; BGH, Beschluss vom 07.10.2004 – V ZR 328/03 (OLG Celle) = NJW 2005, 153, 153.
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beschädigen,489 was jedenfalls bei verfassungsrechtlicher Relevanz des Fehlers bei gleichzeitiger Entscheidungskausalität und Offenkundigkeit zu bejahen ist,490 sind diese Fehler jedenfalls auch als Revisionsgründe i.S.d § 545 Abs. 1 ZPO revisibel. Während materielle Fehler im Revisionsverfahren einschließlich inhaltlicher Sachprüfung und materiellem Prozessrecht umfassend von Amts wegen zu prüfen sind, sind Verfahrensmängel auch verfassungsrechtlicher Art nur bei Ursächlichkeit der Gesetzesverletzung zu bejahen und stets lediglich auf Rüge beachtlich.491 e) Fazit Das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor dem staatlichen Gericht ähnelt grundsätzlich in seinen Wesensmerkmalen nicht jenen staatlicher Rechtsmittel, namentlich Suspensiveffekt, Devolutiveffekt und der Möglichkeit einer neuen Sachentscheidung. Während im Rechtsmittelverfahren der Rechtsstreit in einer höheren Instanz fortgesetzt wird und eine neue Sachentscheidung ergehen soll, liegt mit dem Schiedsspruch ein abgeschlossenes Schiedsverfahren vor. Der Schiedsspruch wird lediglich einer „Rahmenkontrolle“ vor dem staatlichen Gericht unterzogen, um rechtliche Mindeststandards zu wahren. Während ein gegen eine unterinstanzliche Entscheidung gerichtetes Rechtsmittel als Bestandteil eines einheitlichen Streitentscheidungssystems anzusehen ist, geht es bei der Aufhebung von Schiedssprüchen um die Anerkennung bzw. Versagung einer außerhalb des staatlichen Rechtsprechungssystems ergangenen Entscheidung.492 Was die Anforderungen an die Begründung des Antrags, die Bindung des Gerichts an die Anträge und den Prüfungsumfang betrifft, ist das Aufhebungsverfahren keineswegs mit dem Berufungsverfahren vergleichbar. Letztgenanntes bleibt zunächst weitgehende Tatsacheninstanz ohne Bindung an die Anträge. Allenfalls lässt sich daher ein Vergleich mit dem Prüfungsumfang des Revisionsgerichts anstellen. Die Begründung des Aufhebungsantrags muss zunächst den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügen. Auch ist die Revisionsinstanz lediglich als Rechtsprüfungsinstanz ausgestaltet und in seinem Prüfungsumfang beschränkt. Die Revisionsgründe sind teils mit den Aufhebungsgründen identisch, jedoch nicht deckungsgleich auf Rüge oder von Amts wegen zu beachten. Materiellrechtliche Mängel, die im Revisionsverfahren umfassend überprüfbar sind, wenn eine ordnungsgemäße Sach- oder Verfahrensrüge vorliegt,493 sind im Aufhebungsverfahren
489 BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZR 75/02 = NJW 2002, 2957, 2957; BT-Drucks14/4722, S. 104; Baukelmann, in: FS Erdmann (2002), S. 767, 773. 490 BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02 = NJW 2002, 3029, 3030; BGH, Beschluss vom 25.07.2002 – V ZR 118/02 (Hamburg) = NJW 2002, 3180, 3181. 491 Krüger, in: MüKo ZPO, § 557 ZPO, Rdn. 28. 492 Solomon, Verbindlichkeit, S. 337. 493 Jacobs, in: Stein / Jonas ZPO, § 551 ZPO, Rdn. 24.
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gerade nicht überprüfbar, sondern allenfalls in den eng gesteckten Grenzen der ordre public „Kontrolle“. Die unterschiedliche Funktion von Rechtsmitteln und des Aufhebungsverfahrens verdeutlichen erneut die eigenständige Natur des Schiedsverfahrens im Gegensatz zum staatlichen Verfahren. Dieses stellt keinen Teil des staatlichen Zivilprozesses dar,494 sondern bildet eine eigene, echte Rechtsprechungsquelle, die in der Lage ist, Rechtsstreitigkeiten endgültig zu entscheiden. Alleine zur Sicherung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen unter gleichzeitiger Beachtung eines ausreichenden Handlungs- und Entscheidungsfreiraums darf das staatliche Gericht die Einhaltung gewisser, eindeutig festgelegter Rahmenbedingungen „überprüfen“.495 Eine Ähnlichkeit zu den staatlichen Rechtsmittelverfahren ergibt sich daraus jedoch gerade nicht.
IV. Vergleich mit der Verfassungsbeschwerde, §§ 90 ff. BVerfGG Es wäre weiterhin anzudenken, das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor dem staatlichen Gericht mit der (Urteils-) Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu vergleichen. Die Verfassungsbeschwerde ist explizit aus der Fachgerichtsbarkeit und dem staatlichen Instanzenzug ausgegliedert, stellt kein Rechtsmittel dar,496 findet erst nach Erschöpfung anderer Rechtsbehelfe statt und kennt keinen Suspensiv- und Devolutiveffekt.497 Ebenso ist sie dem Ziel der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtet498 und als außerordentlicher Rechtsbehelf konzipiert, der eine fachgerichtliche Entscheidung nur ausnahmsweise in Frage stellen soll.499 Ungeachtet der Grundrechtsbindung der Fachgerichte nach Art. 1 Abs. 3 GG ist es die Aufgabe der Verfassungsgerichtsbarkeit, einen im Ergebnis lückenlosen Grundrechtsschutz gegenüber allen staatlichen Akteuren aktiv durchzusetzen.500 Kernstück dessen bildet die Individualverfassungsbeschwerde, welche als „Emanation 494
Saenger, in: Saenger ZPO, Vor §§ 1025–1066 ZPO, Rdn. 6. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 6. 496 So auch Winter, in: FS Merz (1992), S. 611, 612. 497 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 194; ebenso Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 93 GG, Rdn. 398. 498 BVerfG, Beschluss vom 28.02.1989 – 1 BvR 1291/85 = BVerfGE 79, 365, 367; BVerfG, Beschluss vom 19.11.1991 – 1 BvR 1521/89 = BVerfGE 85, 109, 113; BVerfG, Urteil vom 14.07.1998 – 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218, 243; BVerfG, Urteil vom 06.02.2001 – 1 BvR 12/92 = BVerfGE 103, 89, 100. 499 BVerfG, Beschluss vom 17.10.1967 – 1 BvR 760/64 = BVerfGE 22, 287, 290 f.; BVerfG, Beschluss vom 08.01.1985 – 1 BvR 700/1141/83 = BVerfGE 68, 376, 379 f.; BVerfG, Urteil vom 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 348/99 = BVerfGE 107, 299, 311; so auch Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 59. 500 BVerfG, Urteil vom 24.09.2003 – 2 BvR 1436/02 = BVerfGE 108, 282, 294 f.; Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 4, 15; Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 60. 495
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der Verfassungsstaatlichkeit“501 sicherstellt, dass der betroffene Grundrechtsträger auf eigene Initiative gegen mögliche Grundrechtsverletzungen vorgehen kann.502 Obgleich es keinen „Rechtsschutz ad finitum“503 geben darf, stellt die Verfassungsbeschwerde „die letzte Zuflucht des Bürgers“504 dar, mit welcher dieser die Verletzung „spezifischen Verfassungsrechts“ rügen kann. Aus diesem Grund werden die Zulassungskriterien vom Bundesverfassungsgericht nicht allzu streng gehandhabt, um sich nicht unter Umständen der Prüfung bedeutsamer, materieller Verfahrensverstöße zu begeben.505 Gleichwohl ist die verfassungsrechtliche Limitierung und strikte Gesetzesdeterminierung der dem Bundesverfassungsgericht übertragenen Kompetenzen zu beachten:506 das Enumerationsprinzip verdeutlicht eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, dass nicht jede Entscheidung justiziabel ist.507 1. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde Das mit der Individualverfassungsbeschwerde verfolgte Rechtsschutzbegehren ist an strenge formelle Voraussetzungen zu knüpfen.508 Namentlich die Zulässigkeitsvoraussetzungen „Beschwerdefähigkeit“ und „Beschwerdebefugnis“ korrelieren mit der Funktion der Verfassungsbeschwerde, Einzelfallgerechtigkeit herbeizuführen.509 Die Verfassungsbeschwerde kann unmittelbar gegen Akte der öffentlichen Gewalt statthaft sein, mithin also gegen Maßnahmen aller drei Staatsfunktionen.510 Hauptanwendungsfälle sind die gesetzesunmittelbare Rechtssatzverfassungsbeschwerde,511 die sich allein gegen Normsetzungsakte richtet, und Urteilsverfassungsbeschwerden.512 Letztgenannte stellen die Geltung der Grundrechte bei 501
Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 4. BVerfG, Beschluss vom 28.02.1989 – 1 BvR 1291/85 = BVerfGE 79, 365, 368 f.; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 204. 503 Voßkuhle, NJW 2003, 2193, 2193; ebenso kann sie aber auch als „spezifisches Rechtsschutzmittel des objektiven Verfassungsrechts“ bezeichnet werden, da ihr auch die Funktion zukommt, objektives Verfassungsrecht zu wahren, vgl. Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 205. 504 BT-Drucks. I/788, S. 35. 505 BVerfG, Urteil vom 30.07.2003 – 2 BvR 508/01, 2 BvE 1/01 = BVerfGE 108, 251, 266 f.; Stürner, JZ 1986, 526, 527. 506 Bethge, in: FS Klein (1994), S. 179, 182; ders., in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 34; Rozek, in: FS 100 Jahre sächsisches OVG (2002), S. 385, 397. 507 Bethge, Jura 1998, 529, 529; ders., in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 34; siehe allerdings Maurer, Staatsrecht I, § 20, Rdn. 20: obwohl das Enumerationsprinzip gilt, sind die Zuständigkeitsbereiche des BVerfG so weitgezogen, dass es praktisch keine verfassungsrechtliche Streitigkeit gibt, die von vornherein dem BVerfG entzogen wäre. 508 BVerfG, Beschluss vom 19.11.1991 – 1 BvR 1521/89 = BVerfGE 85, 109, 113. 509 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 123; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 93 GG, Rdn. 403. 510 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 204. 511 Dazu Gusy, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 641, 657 ff. 512 Dazu Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 58 f. 502
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der Rechtsanwendung durch die Fachgerichte sicher und betreffen somit Rechtsprechungsakte.513 Die Rechtskraft einer fachgerichtlichen Entscheidung hindert die Befassung des Bundesverfassungsgerichts mit der Sache nicht. Im Gegenteil ist diese Voraussetzung für die nach § 90 Abs. 2 BVerfGG notwendige Rechtswegerschöpfung.514 Alle ordentlichen515 als auch außerordentlichen516 Rechtsmittel müssen erschöpft sein, ehe das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann. Ebenso ist der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten. 2. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde Das Bundesverfassungsgericht gibt der Verfassungsbeschwerde statt, wenn es zum Ergebnis kommt, dass die angegriffene Maßnahme verfassungswidrig ist und die Verletzung eines in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG aufgezählten Grundrechts darauf beruht oder beruhen kann.517 Bei der Kontrolle richterlicher Rechtsanwendung bleibt das Bundesverfassungsgericht zwar stets auf die Überprüfung „spezifischen Verfassungsrechts“518 beschränkt. Dabei ist das Verfassungsgericht im Rahmen seiner Begründetheitsprüfung aber nicht auf die gerügten Grundrechtsverletzungen beschränkt, sondern kann als Hüter der Verfassung und wegen der Funktion der Verfassungsbeschwerde als „spezifisches Rechtsschutzmittel des objektiven Verfassungsrechts“ vollumfassend alle in verfassungsrechtlicher Hinsicht aufkommenden Gesichtspunkte berücksichtigen.519 Inwiefern eine Überprüfung einfachen Rechts anstelle des Fachgerichts stattfinden kann ist jedoch umstritten, insbesondere hinsichtlich der fachgerichtlichen Feststellung und Würdigung des Tatbestandes.520 Mit Blick auf die §§ 26, 33 513 BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92; BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998 – 1 BvR 1531/96 = BVerfGE 99, 185, 195; BVerfG, Urteil vom 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 348/99 = BVerfGE 107, 299, 315. 514 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 194. 515 Dazu gehören Berufung, Revision und Beschwerde: BVerfG, Beschluss vom 23.10.1958 – 1 BvR 458/58 = BVerfGE 8, 222, 225/226; BVerfG, Beschluss vom 24.04.1979 – 1 BvR 787/78 = BVerfGE 51, 150, 154/155; BVerfG, Beschluss vom 08.01.1985 – 1 BvR 700/1141/83 = BVerfGE 68, 376, 380. 516 Darunter zählen Widerspruch, Einspruch, Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme, siehe BVerfG, Beschluss vom 17.01.1973 – 2 BvR 335/72 = BVerfGE 34, 204, 204; BVerfG, Beschluss vom 30.06.1976 – 2 BvR 217/76 = BVerfGE 42, 252, 256. 517 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 279. 518 BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 – 2 BvR 878/74 = BVerfGE 52, 131, 157. 519 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 205. 520 Grundsätzlich BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92; Durchbrechung in BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991 – 1 BvR 1555/88 = BVerfGE 85, 1, 14; ebenso BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995 – 1 BvR 1476, 1980/91 und 102, 221/92 = BVerfGE 93, 266, 296 mit abweichender Meinung Haas, BVerfGE 93, 313 f.; zur Problematik: Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1031; ebenso Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 63 f.; siehe auch Stürner, JZ 1986, 526, 530; kritisch Bertrams, DVBL. 1991, 1226, 1226 f., 1229; Depen-
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Abs. 2 BVerfGG ist dieser Schluss nicht verfassungsprozessual zwingend, weshalb sich das das Bundesverfassungsgericht in Fällen hoher Eingriffsintensität dazu befugt angesehen hat.521 Ist die Verfassungsbeschwerde begründet, so kann das Bundesverfassungsgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG das Urteil aufheben und die Sache an das zuständige Gericht zurückverweisen.522 a) Beschränkung der Überprüfung auf „spezifisches Verfassungsrecht“ In Hinblick auf die Urteilsverfassungsbeschwerde ist das angegriffene, fach gerichtliche Urteil lediglich auf die Verletzung „spezifischen Verfassungsrechts“523 zu untersuchen. Danach sind „Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall … allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das BVerfG entzogen; nur bei einer Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch die Gerichte kann das BVerfG auf Verfassungsbeschwerde hin eingreifen … Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen.“524 Die Funktion des Verfassungsgerichts besteht nicht in der vollständigen Überprüfung des fachgerichtlichen Urteils, da es sich nicht um eine „Superrevisionsinstanz“525 handelt, sondern die Verfassungsbeschwerde einen außerordentlichen Rechtsbehelf darstellt. Hinsichtlich seiner Richtigkeit nach dem einfachen Recht wird das Urteil nicht überprüft. Es wird lediglich untersucht, ob der Richter des Fachgerichts bei der Anwendung des Rechts die Bedeutung der Grundrechte, insbesondere den Umfang desjeweiligen Schutzbereichs, erkannt hat und die betreffenden Vorschriften im interpretationsleitenden Lichte der Grundrechte ausgelegt
heuer, NJW 1993, 2035, 2561 ff.; Herdegen, NJW 1994, 2933, 2934; Hillgruber / Schemmer, JZ 1992, 946, 949; Kiesel, NVwZ 1992, 1129, 1131/1132; Krey, JR 1995, 221, 226 f.; Ossenbühl, JZ 1995, 633, 640; Röllecke, NJW 1992, 1649 ff.; Rüthers, NJW 1993, 2587 f.; Sendler, NJW 1994, 709 ff. 521 Siehe Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1031; befürwortend Sonnenschein, NJW 1993, 161 ff. 522 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 279. 523 Zur Schwammigkeit dieses Begriffes siehe Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 281; in neuerer Zeit ist der Erste Senat von dieser Formulierung stillschweigend abgewichen, der zweite Senat hält daran weiterhin fest. 524 BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92 f.; BVerfG, Beschluss vom 07.12.1982 – 2 BvR 900/82 = BVerfGE 62, 338, 343; BVerfG, Beschluss vom 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 = BVerfGE 80, 81, 95. 525 BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 = BVerfGE 7, 198, 207; in diesem Sinne BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
und im konkreten Fall verfassungskonform angewandt hat.526 Aufgrund des objektiven Grundrechtsgehalts gelten die Grundrechte schließlich in allen Bereichen der Rechtsordnung.527 Wurde der verfassungsrechtliche Einfluss auf das einfache Recht vom Richter verkannt und beruht das Urteil auf diesem Verkennen (Erwägungsausfall),528 so liegt sowohl ein Verstoß gegen objektives Verfassungsrecht, als auch eine Grundrechtsverletzung des Bürgers vor.529 Andernfalls kann die Auslegung und Anwendung des Rechts auf einer grundsätzlichen Fehleinschätzung in der Anwendung oder Abwägung von Grundrechten beruhen (Erwägungsdefizit),530 wenn es sich auch hinsichtlich der materiellen Bedeutung um einen Grundrechtsverstoß von einigem Gewicht handelt.531 In beiden Fällen ist die Wiederherstellung der dem Bürger zustehenden Einzelfallgerechtigkeit Aufgabe des Verfassungsgerichts. b) Folge: Eingeschränkte Überprüfbarkeit einfachen Rechts Ungeachtet dessen, dass einfaches Recht durch die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte zum Gegenstand der Urteilsverfassungsbeschwerde werden kann,532 unterliegen Fehlauslegungen einfachen Rechts („error in procedendo“) lediglich einer Evidenzkontrolle.533 Die Verfassungsbeschwerde soll schließlich keine beliebige Kontrolle ermöglichen, sondern hat unter Entgegenwirkung der Gefahren eines Jurisdiktionsstaates die Eigenständigkeit der Kompetenzen anderer staatlicher Organe zu berücksichtigen.534 Im Gegensatz zur Rechtssatzungsbeschwerde, bei der eine strenge Inhaltskontrolle stattfindet, hat bei der Urteilsverfassungsbeschwerde lediglich eine Evidenz- bzw. Vertretbarkeitskontrolle stattzufinden.535 526 BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 = BVerfGE 7, 198, 206; BVerfG, Beschluss vom 04.10.1989 – 1 BvL 32/82, 6/83 = BVerfGE 81, 40, 52; BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998 – 1 BvR 1531/96 = BVerfGE 99, 185, 196; BVerfG, Beschluss vom 19.04.2005 – 1 BvR 1644/00, 188/03 = BVerfGE 112, 332, 358; BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 – 1 BvR 1696/98 = BVerfGE 114, 339, 348; BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 – 1 BvR 1905/02 = BVerfGE 115, 51, 70; BVerfG, Beschluss vom 19.07.2011 – 1 BvR 1916/09 = BVerfGE 129, 78, 102. 527 BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 = BVerfGE 7, 198, 205; BVerfG, Beschluss vom 08.08.1978 – 2 BvL 8/77 = BVerfGE 49, 89, 141/142; BVerfG, Beschluss vom 23.04.1986 – 2 BvR 487/80 = BVerfGE 73, 261, 269; BVerfG, Beschluss vom 17.06.2004 – 2 BvR 383/03 = BVerfGE 111, 54, 84. 528 Siehe Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1036. 529 Sog. Hecksche Formel, siehe BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92 f. oder auch Mephisto-Formel, BVerfG, Beschluss vom 24.02.1971 – 1 BvR 435/68 = BVerfGE 30, 173, 188; Herzog, in: FS Dürig (1990), S. 431, 432 f.; Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 14; ebenso Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 281, 293. 530 Siehe Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1036. 531 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 295. 532 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 21; ebenso Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 138. 533 Stürner, JZ 1986, 526, 531. 534 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 22. 535 Stürner, JZ 1986, 526, 531; ebenso Gusy, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 655, 662 f.
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Dieser unterschiedlichen Behandlung liegt der verfassungsrechtliche Funktionsschutz der Fachgerichtsbarkeit zugrunde, die allein für die authentische Interpretation des einfachen Rechts zuständig ist.536 Diese Aufgabenteilung zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit ist auch unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit einzuhalten.537 Gleichfalls soll der Grundrechtsschutz grundsätzlich auf Ebene der Fachgerichtsbarkeit verwirklicht werden, insofern herrscht „Aufgabenparallelität“.538 Dieser Gedanke spiegelt sich im Grundsatz der Rechtswegerschöpfung gemäß § 90 Abs. 2 S. 1 GG und dem Subsidiaritätsgrundsatz wider.539 c) Überschreitung der verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung Fließend verwischen die Grenzen zwischen einer Aufhebung von Urteilen wegen der Unhaltbarkeit des Auslegungsergebnisses einerseits und der Verkennung des Anwendungsbereiches des Gesetzes oder der Reichweite des Gesetzesvorbehalts andererseits. Letztgenannte werden meist unter den Stichpunkten „unzulässiges Richterrecht“ beziehungsweise „unzulässige richterliche Rechtsfortbildung“ zusammengefasst, um zu vermeiden, dass im Ergebnis ein neuer Anwendungsfall eines Gesetzes oder Grundrechtseingriffstatbestand geschaffen wird, ohne dass für diesen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bestanden hätte.540 Den Gerichten ist es schließlich „von Verfassungs wegen verwehrt, die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Auslegung zu unterlaufen und das Grundrecht über das vom Gesetzgeber vorgesehene Ausmaß hinaus einzuschränken“,541 da „der mögliche Wortsinn des Gesetzes (…) die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation“542 markiert. Die gesetzgeberische Grundentscheidung ist durch das Fachgericht somit stets zu respektieren, weshalb sich die Auslegung nach anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu richten hat.543 536
BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 1516/93 = BVerfGE 94, 166, 216; BVerfG, Urteil vom 06.02.2001 – 1 BvR 12/92 = BVerfGE 103, 89, 100; Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1029; Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 23; Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 57 ff.; Robbers, NJW 1998, 935, 938. 537 In diesem Sinne Gusy, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 655 f.; ebenso Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 130. 538 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 285; ebenso Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1030. 539 BVerfG, Beschluss vom 30.04.2003 – 1 PBvU 1/02 = BVerfGE 107, 395, 414; BVerfG, Beschluss vom 09.11.2004 – 1 BvR 684/98 = BVerfGE 112, 50, 61. 540 BVerfG, Beschluss vom 14.07.2007 – 2 BvR 1447/136/05 = BVerfGE 118, 212, 243; BVerfG, Beschluss vom 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07 = BVerfGE 122, 248, 258; ebenso Pieroth / Aubel, JZ 2003, 504 ff.; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 301; Wank, JuS 1980, 545, 551 f. 541 BVerfG, Beschluss vom 08.03.1983 – 1 BvR 1978/80 = BVerfGE 63, 266, 289. 542 BVerfG, Beschluss vom 11.10.1978 – 1 BvR 84/74 = BVerfGE 49, 304, 318; BVerfG, Beschluss vom 23.10.1985 – 1 BvR 1053/82 = BVerfGE 71, 108, 115 f. 543 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 303.
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d) Die Bedeutung der Eingriffsintensität Obgleich dem Bundesverfassungsgericht eine eingeschränkte Prüfungsdichte auf Verstöße von „spezifischem Verfassungsrecht“ zukommt, sind die Grenzen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nicht gleichbleibend und starr. Dem Verfassungsgericht muss vielmehr ein Spielraum zugestanden werden, der es ermöglicht, besondere Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und in die Kontrolldichte mit einzubeziehen.544 In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz entwickelt, je intensiver der Grundrechtseingriff sei, desto eingehender könne auch die verfassungsrechtliche Prüfung ausfallen.545 Demnach könne sich der Eingriff in die Rechtsprechung des Fachgerichts durch verfassungsrechtliche Prüfung an der Schwere des Eingriffs in das Grundrecht des Bürgers orientieren, sodass es bei hoher Eingriffsintensität geboten sei, dass das Bundesverfassungsgericht an Stelle des Fachgerichts den Fall bewertet und abschließend entscheidet. So formulierte das Bundesverfassungsgericht wie folgt: „Von Bedeutung ist namentlich die Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung … Je nachhaltiger ferner ein zivilgerichtliches Urteil im Ergebnis die Grundrechtssphäre des Unterlegenen trifft, desto strengere Anforderungen sind an die Begründung dieses Eingriffs zu stellen und desto weiterreichend sind folglich die Nachprüfungsmöglichkeiten des Bundesverfassungsgerichts; in Fällen der höchsten Eingriffsintensität ist es durchaus befugt, die von den Zivilgerichten vorgenommene Wertung durch seine eigene zu ersetzen.“546
Diese „prozedurale Gleitklausel“547 sieht drei unterschiedliche Stufen vor: bei geringer Eingriffsintensität ist lediglich eine einfache Vertretbarkeitskontrolle vorzunehmen,548 bei hoher Eingriffsintensität werden auch die Feststellung und Würdigung des Tatbestands überprüft, sodass einzelne Auslegungsfehler relevant sein können.549 Wenn durch das Verfahrensrecht der Schutzbereich bürgerlicher Frei 544 BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 93; BVerfG, Beschluss vom 22.06.1982 – 1 BvR 1376/79 = BVerfGE 61, 1, 6; Henke, DÖV 1984, 1, 10; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 306. 545 BVerfG, Beschluss vom 11.05.1976 – 1 BvR 163/72 = BVerfGE 42, 163, 168; BVerfG, Beschluss vom 18.06.1986 – 1 BvR 857/85 = BVerfGE 72, 122, 138; BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101, 313/84 = BVerfGE 76, 1, 51. 546 BVerfG, Beschluss vom 11.05.1976 – 1 BvR 671/70 = BVerfGE 42, 143, 148; BVerfG, Beschluss vom 13.05.1980 – 1 BvR 103/77 = BVerfGE 54, 129, 135; BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 – 1 BvR 797/78 = BVerfGE 54, 208, 215; BVerfG, Beschluss vom 18.06.1986 – 1 BvR 857/85 = BVerfGE 72, 122, 138; BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998 – 1 BvL 15/87 = BVerfGE 97, 169, 181; BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 – 1 BvR 1554/89, 963, 964/94 = BVerfGE 98, 365, 389; BVerfG, Beschluss vom 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05 = BVerfGE 119, 1, 29; ebenso Hesse, in: FS Huber (1981), S. 261, 266. 547 Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1039. 548 BVerfG, Beschluss vom 13.01.1982 – 1 BvR 848 = BVerfGE 59, 231, 256 f.; BVerfG, Beschluss vom 20.04.1982 – 1 BvR 426/80 = BVerfGE 60, 234, 239; BVerfG, Beschluss vom 31.10.1984 – 1 BvR 752/83 = BVerfGE 68, 226, 230. 549 BVerfG, Beschluss vom 11.05.1976 – 1 BvR 163/72 = BVerfGE 42, 163, 169; BVerfG, Beschluss vom 09.02.1982 – 1 BVR 799/78 = BVerfGE 59, 330, 334.
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heitsrechte betroffen ist, so liegt ein Eingriff „höchster Intensität“ vor; daraufhin muss eine strenge Inhaltskontrolle anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen.550 Das Bundesverfassungsgericht ist dann befugt, die instanzgerichtliche Wertung durch seine eigene zu ersetzen und Sachverhaltsfeststellungen in vollem Umfang zu überprüfen.551 Beispiele dafür sind Eingriffe in die körperliche Freiheit, die in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 GG eingreifen, wie auch eine mögliche Verletzung der Justizgrundrechte, wie etwa von Art. 103 Abs. 1 GG.552 Als Verfassungsverstöße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs zu qualifizieren sind beispielsweise die unzulässige Ablehnung von Beweiserhebungen,553 die Verwendung von Prozessstoff ohne Kenntnis und Gehör einer Partei,554 die unrichtige Präklusion,555 oder das Übersehen von schlüssigem Sachvortrag oder schlüssigen Beweisanträgen.556 In diesem Zusammenhang zu beachten ist jedoch der Vorrang der fachgerichtlichen Abhilfemöglichkeit. Erst nach der fachgerichtlichen Anhörungsrüge557 ist der Rechtsweg im Sinne von § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft.558 Andernfalls verkäme das Bundesverfassungsgericht zu einer Art der fachgerichtlichen Revisionsinstanz angenäherten „Pannenjudikatur“.559
550
Stürner, JZ 1986, 526, 531. Beschluss vom 09.10.1991 – 1 BvR 1555/88 = BVerfGE 85, 1, 14; ebenso BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995 – 1 BvR 1476, 1980/91 und 102, 221/92 = BVerfGE 93, 266, 296; Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 70. 552 So auch Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 135 f. 553 BVerfG, Beschluss vom 08.11.1978 – 1 BvR 158/78 = BVerfGE 50, 32, 35 f.; BVerfG, Beschluss vom 20.04.1982 – 1 BvR 1429/81 = BVerfGE 60, 250, 252; BVerfG, Beschluss vom 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82 = BVerfGE 65, 305, 307. 554 BVerfG, Beschluss vom 21.04.1982 – 2 BvR 810/81= BVerfGE 60, 305, 310; BVerfG, Beschluss vom 03.11.1983 – 2 BvR 348/83 = BVerfGE 65, 227, 233; BVerfG, Beschluss vom 05.06.1984 – 1 BvR 29/84 = BVerfGE 67, 154, 155. 555 BVerfG, Beschluss vom 09.02.1982 – 1 BvR 1379/80 = BVerfGE 60, 1, 5; BVerfG, Beschluss vom 24.04.1985 – 2 BvR 1248/82 = BVerfGE 69, 248, 253 f. 556 BVerfG, Beschluss vom 21.10.1981 – 1 BvR 1024/79 = BVerfGE 58, 353, 356; BVerfG, Beschluss vom 10.07.1984 – 1 BvR 608/84 = BVerfGE 67, 199, 201 f.; Stürner, JZ 1986, 526, 531. 557 In diesem Zusammenhang ist das zum 01.01.2005 in Kraft getretene Anhörungsrügengesetz vom 09.12.2004 zu beachten, BGBl. 2004 I, S. 3220; für die ZPO gilt § 321 a ZPO; zudem sind die Vorschriften des § 152 a VwGO, § 178 a SGG, § 78 a ArbGG, § 44 FamFG, § 133a FGO, §§ 331, 356 a StPO zu beachten. 558 BVerfG, Beschluss vom 25.11.2008 – 1 BvR 848/07 = BVerfGE 122, 190, 198; BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 – 1 BvR 216/07 = BVerfGE 126, 1, 17. 559 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 253; ebenso BVerfG, Beschluss vom 10.10.1978 – 1 BvR 475/78 = BVerfGE 49, 252, 258; vgl. auch Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 64; Maurer, in: FS 50 Jahre BVerfG II (2001), S. 467, 483, 501 ff. 551
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
e) Grundrechtsverstoß durch das Entscheidungsergebnis: Willkürkontrolle im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG In Fällen, in denen die bisher dargestellten Kriterien trotz ihrer Flexibilität keine verfassungsgerichtliche Prüfung ermöglichen, hat das Bundesverfassungsgericht ein subsidiäres Auffangkriterium mit der Willkürkontrolle im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG entwickelt.560 Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt jedoch nicht bereits im Falle jeder fehlerhaften Rechtsanwendung oder fehlerhaftem Verfahren vor, sondern erfordert, dass „diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen.“561 Ob eine sachfremde Erwägung vorliegt bestimmt sich maßgeblich nach den im Grundgesetz konkretisierten Gerechtigkeitsvorstellungen und deren Bezug zum Lebenssachverhalt und Regelungsbereich.562 Durch den Rückgriff auf das Willkürverbot im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG überschreitet das Bundesverfassungsgericht selbst seine gesteckten Grenzen des Prüfungsumfangs und behält sich im Sinne einer „allgemeinen Gerechtigkeitsjudikatur“563 eine Art „Notkompetenz“564 zur Beseitigung offenbarer Unrichtigkeiten vor.565 3. Vergleich mit dem Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen, §§ 1059 ff. ZPO Im Folgenden sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen i. S. v. § 1059 ZPO herausgearbeitet werden. a) Zwecke der Verfahren Hinsichtlich des Verfahrenszwecks weisen beide Verfahren deutliche Ähnlichkeiten auf. Während das staatliche Aufhebungsverfahren nach den §§ 1059 ff. ZPO der Kassation eines rechtkräftigen Schiedsspruches dient, ist auch die Urteilsverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht i. S. d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 560 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 72; ebenso eingehend Winter, in: FS Merz (1992), S. 611 ff. 561 So in BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 – 2 BvR 878/74 = NJW 1979, 1925, 1925; ebenso BVerfG, Beschluss vom 09.11.1987 – 2 BvR 808/82 = NJW 1988, 1456, 1456 f. 562 Ebenso BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 – 2 BvR 878/74 = NJW 1979, 1925, 1925. 563 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 300; ebenso Kirchberg, NJW 1987, 1988, 1990; Winter, in: FS Merz (1992), S. 611, 624. 564 Berkemann, DVBL. 1996, 1028, 1037; ebenso Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 141. 565 Siehe dazu auch Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 134 f., dieser befürwortet den möglichen Zugriff auf die Tatsachengrundlagen und neues grundrechtsrelevante Vorbringen.
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lit. a GG, §§ 90 ff. BVerfGG auf die Beseitigung eines rechtskräftigen, verfassungswidrigen Urteils gerichtet. Im Gegenteil zu staatlichen Rechtsmitteln weisen weder das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen, noch die Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht Suspensiv- und Devolutiveffekt auf.566 Beide Verfahren dienen somit nicht der Fortsetzung des Rechtsstreits vor einem höheren Gericht, da auch im Falle der Verfassungsgerichtsbarkeit deren strikte Aufgabenverteilung mit der Fachgerichtsbarkeit zu beachten ist. Der Grundrechtsschutz ist trotz der Stellung des Verfassungsgerichts als Hüter der Verfassung maßgeblich auf Ebene der Fachgerichtsbarkeit zu verwirklichen, Art. 1 Abs. 3 GG.567 Staatliche Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit sind aufgrund der Gleichwertigkeitsthese ohnehin auf gleiche Stufe zu stellen. Weiterhin tritt auch einheitlich kein Suspensiveffekt ein, da weder durch die Einlegung eines Aufhebungsantrags die Rechtskraft des Schiedsspruchs,568 noch durch die Einlegung der Verfassungsbeschwerde die Rechtskraft des fachgerichtlichen Urteils gehemmt wird. Indes ist im Falle der Verfassungsbeschwerde die Rechtskraft des Urteils sogar unbedingte Voraussetzung für ihre Zulässigkeit, was durch die Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 BVerfGG und den Subsidiaritätsgrundsatz zum Ausdruck kommt.569 Beide Verfahren sind explizit aus der Fachgerichtsbarkeit und dem staatlichen Instanzenzug ausgegliedert, finden erst nach Erschöpfung anderer Rechtsbehelfe statt und sind als außerordentliche Rechtsbehelfe konstruiert, die die fachgerichtliche Entscheidung bzw. den Schiedsspruch nur ausnahmsweise in Frage stellen sollen.570 Nach Aufhebung der fachgerichtlichen Entscheidung bzw. des Schiedsspruches sollen beide Entscheidungen wieder zurückverwiesen werden, im Falle der Verfassungsbeschwerde an das Fachgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG,571 im Falle des Schiedsspruchs an das bisher zuständige, § 1059 Abs. 4 ZPO, oder an ein neues Schiedsgericht, § 1059 Abs. 5 ZPO. b) Statthaftigkeit In Hinblick auf ihre Statthaftigkeit unterliegen beide Verfahren einer strengen Gesetzesdeterminierung in Form eines Enumerationsprinzips, welches deutlich zum Ausdruck bringt, dass weder vor dem staatlichen Aufhebungsgericht, noch
566
Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 93 GG, Rdn. 398; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 194. 567 Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1030. 568 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 501; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 594. 569 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 194. 570 BVerfG, Beschluss vom 17.10.1967 – 1 BvR 760/64 = BVerfGE 22, 287, 290 f.; BVerfG, Beschluss vom 08.01.1985 – 1 BvR 700/1141/83 = BVerfGE 68, 376, 379 f.; BVerfG, Urteil vom 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 348/99 = BVerfGE 107, 299, 311; Sandrock, BB 2001, 2173, 2173. 571 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 279.
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vor dem Bundesverfassungsgericht jede Entscheidung justiziabel sein soll.572 Sowohl die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 ZPO, als auch die Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 lit. a GG, §§ 90 ff. BVerfG sind abschließend und erschöpfend zu verstehen und jeweils vom Antragsteller beziehungsweise Kläger begründet geltend zu machen.573 Der Aufhebungsantrag von Schiedssprüchen ist statthaft bei jedem im Sinne von § 1025 Abs. 1 ZPO inländischen Schiedsspruch, der die Förmlichkeiten des § 1054 ZPO erfüllt.574 Die Individualverfassungsbeschwerde ist vor allem an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 90 ff. BVerfGG zu knüpfen und statthaft gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt, mithin aller drei Staatsfunktionen, vornehmlich somit auch gegen rechtskräftige Urteile der Fachgerichte. Eine Beschwer ist bei beiden Verfahren ausreichend darzulegen. Als weitere Gemeinsamkeit sind sowohl der Aufhebungsantrag, als auch die Individualverfassungsbeschwerde als Rechtsbehelfe ausgestaltet, welche ein Vorgehen auf eigene Initiative gegen das Urteil bzw. den Schiedsspruch ermöglichen. Auf eine grundlegende Bedeutung der Rechtssache über den Einzelfall hinaus kommt es in beiden Fällen nicht an; beide Verfahren dienen der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit.575 Sowohl die Einmonatsfrist des § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG als auch die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO dienen dem möglichst schnellen Abschluss und der endgültigen Klärung des Rechtsstreits.576 c) Vergleich des Prüfungsumfangs Hinsichtlich des Prüfungsumfangs ist systematisch zwischen der Überprüfung „einfachen Rechts“ und „spezifischen Verfassungsrechts“ zu unterscheiden. aa) „Einfaches Recht“ Das Bundesverfassungsgericht darf „einfaches Recht“, wie die „Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall“577 grundsätzlich nicht 572 Bethge, 1998, 529, 529; ders., in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 34; siehe allerdings Maurer, Staatsrecht, § 20, Rdn. 20: obwohl das Enumerationsprinzip gilt, sind die Zuständigkeitsbereiche des BVerfG so weitgezogen, dass es praktisch keine verfassungsrechtliche Streitigkeit gibt, die von vornherein dem BVerfG entzogen wäre: Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 6. 573 Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 457. 574 Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3. 575 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 123; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke GG, Art. 93 GG, Rdn. 403. 576 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 158. 577 BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 92 f.
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prüfen, da es sich nicht um eine Superrevisionsinstanz handelt, die gerichtlichen Kapazitäten dafür nicht ausreichen und sich das Bundesverfassungsgericht auch kaum besser für diese Aufgabe eignet als die Instanzgerichte.578 Es ist gerade nicht „Sache des Verfassungsgerichts, Urteile des Zivilrichters in vollem Umfang auf Rechtsfehler zu prüfen; das Verfassungsgericht hat lediglich die bezeichnete „Ausstrahlungswirkung“ der Grundrechte auf das bürgerliche Recht zu beurteilen und den Wertgehalt des Verfassungsrechtssatzes auch hier zur Geltung zu bringen.“579 Nur bei Verletzung von „spezifischem Verfassungsrecht“ und den einschlägigen Fallgruppen Erwägungsausfall (der Fachrichter hat nicht erkannt, dass es sich um eine Abwägung widerstreitender Grundrechtsbereiche handelt), Erwägungsdefizit (die Entscheidung beruht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Bedeutung der Grundrechte) und unzulässiger richterlicher Rechtsfortbildung darf eine Kontrolle der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts erfolgen.580 Fehlauslegungen einfachen Rechts („error in procedendo“) unterliegen lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle.581 In Einzelfällen hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Feststellung und Würdigung des Tatbestandes Ausnahmen gemacht und den Sachverhalt unter Hinweis auf die „höchste Eingriffsintensität“,582 das allgemeine Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG oder die unzureichende Gewähr rechtlichen Gehörs „ aus einer Gesamtanschauung des Einzelfalles unter Beachtung aller wesentlichen Umstände“583 selbst ermittelt oder seine eigene Auslegung an Stelle jene der Instanzgerichte gesetzt.584 Wie dieser Umstand zu bewerten ist, soll an späterer Stelle behandelt werden. Für das Aufhebungsverfahren nach den §§ 1059 ff. ZPO sieht das Gesetz eine klare, enumerative Regelung der Aufhebungsgründe vor, welche einerseits „auf Rüge zu beachtende“, andererseits „von Amts wegen zu beachtende“ Aufhebungsgründe vorsieht. Bei den in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geregelten Aufhebungsgründen wird auf entsprechende Rüge hin einfaches Recht in seiner Anwendung und Auslegung überprüft; sei dies im Falle fehlender subjektiver Schiedsfähigkeit (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 1 ZPO) die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Vertragspartner585 oder bei der allgemeinen Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Var. 2 ZPO) materielle Hindernisse des bürgerlichen
578
Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 64. BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 = BVerfGE 7, 198, 207. 580 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 66 f. 581 Stürner, JZ 1986, 526, 531. 582 BVerfG, Beschluss vom 11.05.1976 – 1 BvR 671/70 = BVerfGE 42, 143 f. 583 BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 = BVerfGE 7, 198, 212. 584 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 64; zustimmend Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 134 f. 585 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2178; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 39. 579
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Rechts.586 Ein „error in procedendo“ ist nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d Var. 2 ZPO rügefähig. Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen des Schiedsgerichts sind dem Aufhebungsgericht hingegen vollständig seiner Prüfung entzogen. Während die Anwendung und Auslegung einfachen Rechts vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Verfassungsbeschwerde somit grundsätzlich nicht überprüfbar ist, werden diese im staatlichen Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen in den strengen Grenzen der enumerierten Aufhebungsgründe auf entsprechende Rüge überprüft. Dieser unterschiedlichen Behandlung liegt die Aufgabenteilung zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit zugrunde, wonach die authentische Interpretation des einfachen Rechts und die Verwirklichung des Grundrechtsschutzes grundsätzlich auf Ebene der Fachgerichtsbarkeit zu verwirklichen sind.587 Bei der Schiedsgerichtsbarkeit handelt es sich zwar um eine eigenständige Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit, welcher zu ihrer Funktionsfähigkeit ebenso ein größtmögliches Maß an Autonomie zuzusprechen ist. Dennoch ist ein völliger Verzicht auf staatlichen Rechtsschutz nicht möglich, weshalb das staatliche Gericht im Aufhebungsverfahren die Einhaltung gewisser Mindeststandards – auch des einfachen Rechts – zu überprüfen hat. Bei der Verfassungsbeschwerde liegt jedoch durch den staatlichen Instanzenzug bereits eine mehrfache Befassung „höchster und hochqualifiziert besetzter Gerichte“ vor, „die eine Entscheidung für verfassungsrechtlich einwandfrei gehalten haben.“588 Der Prüfungsumfang ist deshalb auf die Verletzung von „spezifischem Verfassungsrecht“ zu beschränken. Jeder Rechtsstreit muss irgendwann zur Erreichung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit ein Ende finden. Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen und der Würdigung des Einzelfalles ist im Falle der Urteilsverfassungsbeschwerde darauf zu verweisen, dass gerade die selbst auferlegte, für notwendig befundene Einzelfallabwägung häufig eine Gesamtanschauung erforderlich macht, die nur durch eine intensive Tatsacheneruierung unter Beachtung aller wesentlicher Umstände getroffen werden kann.589 Inwiefern dies dem Bundesverfassungsgericht dann aber nicht tatsächlich die Rolle einer „Superrevisionsinstanz“ zukommen lässt und diese zur „Pannenjudikatur“ verkommen lässt, wird kontrovers beurteilt.590 Jedenfalls hinsichtlich der Abgrenzung der Auslegung und Anwendung „einfachen Rechts“ von der Auslegung und Anwendung „spezifischen Verfassungsrechts“, auch unter dem Stichwort der „höchsten Eingriffsintensität“, ist sogleich noch einmal auf die Möglichkeit neuer Tatsachenfeststellungen einzugehen. 586 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 15; ebenso Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2186. 587 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 285. 588 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 60; ebenso Schulze-Fielitz, AöR 122 (1997), S. 1, 9 ff. 589 Siehe Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 135. 590 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 64; ebenso Schumann, NJW 1985, 1134 f.; befürwortend jedoch Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 135.
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Eine solche révision au fond des Schiedsspruchs durch das staatliche Gericht verbietet sich jedoch: „Dem ordentlichen Gericht steht eine Nachprüfung der schiedsgerichtlichen Entscheidung auf ihre Richtigkeit nicht zu. Die Feststellung des Sachverhalts, die Auslegung des Inhalts und der Tragweite vertraglicher Bestimmungen und die Rechtsanwendung in Ansehung der Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag für die Beteiligten ergeben, ist ausschließlich Sache des Schiedsgerichts.“591 Für die auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgründe bedeutet dies, dass das Gericht grundsätzlich an die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen des Schiedsgerichts gebunden ist, mit Ausnahme der „Überprüfung“ der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung und einer mit dem Kausalitätserfordernis einhergehenden notwendigen, beschränkten „Inhaltskontrolle“. bb) „Spezifisches Verfassungsrecht“ Die Formel vom „spezifischen Verfassungsrecht“ soll die Grenze zur Auslegung und Anwendung einfachen Gesetzesrechts markieren. Zum „spezifischen Verfassungsrecht“ gehören nicht nur die Grundrechte i. S. d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 lit. a GG, sondern auch die grundrechtsgleichen Rechte des § 90 Abs. 1 BVerfGG, mitunter also die Verfahrensgrundrechte der Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 104 GG. Als Vergleichsmaßstab seitens des staatlichen Aufhebungsverfahrens von Schiedssprüchen kommt alleine der ordre public Vorbehalt in Betracht. (1) „Kontrolle“ des gerichtlichen Verfahrens, vor allem die Gewährung rechtlichen Gehörs Insbesondere bei der möglichen Verletzung der Verfahrensgrundrechte prüft das Bundesverfassungsgericht mit besonderer Intensität.592 Dies gilt vor allem bei einer Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, welches sich im Inhalt nach der einschlägigen Prozessordnung zu richten hat, dessen Rüge aber stets unter dem Vorbehalt der Ausschöpfung sämtlicher prozessualer Möglichkeiten steht.593 Als Verfassungsverstöße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs zu qualifizieren sind beispielsweise die unzulässige Ablehnung von Beweiserhebungen,594 die Verwendung von Prozessstoff ohne Kenntnis und Gehör einer Partei,595 591
BGH, Urteil vom 03.10.1956 – V ZR 32/55 = WM 1956, 1432, 1435. Siehe Korioth, in: 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 68. 593 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 68. 594 BVerfG, Beschluss vom 08.11.1978 – 1 BvR 158/78 = BVerfGE 50, 32, 35 f.; BVerfG, Beschluss vom 20.04.1982 – 1 BvR 1429/81 = BVerfGE 60, 250, 252; BVerfG, Beschluss vom 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82 = BVerfGE 65, 305, 307. 595 BVerfG, Beschluss vom 21.04.1982 – 2 BvR 810/81= BVerfGE 60, 305, 310; BVerfG, Beschluss vom 03.11.1983 – 2 BvR 348/83 = BVerfGE 65, 227, 233; BVerfG, Beschluss vom 05.06.1984 – 1 BvR 29/84 = BVerfGE 67, 154, 155. 592
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die unrichtige Präklusion,596 oder das Übersehen von schlüssigem Sachvortrag oder schlüssigen Beweisanträgen.597 Gehörsmängel können im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen vor dem staatlichen Gericht dreierlei Art sein. Einerseits können diese einen auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgrund im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO darstellen; weiterhin ist es möglich, dass diese als prozessualer Mangel wegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO i. V. m. § 1042 Abs. 1 ZPO einen rügefähigen Aufhebungsgrund begründen können. Zudem können diese wegen des Ausdrucks des allgemeinen Grundrechts in Art. 103 Abs. 1 GG im Rahmen des ordre public Vorbehalts von Amts wegen Beachtung finden. Dem Grundsatz rechtlichen Gehörs als Verfahrensgrundrecht ist damit sowohl in der Urteilsverfassungsbeschwerde, als auch im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen eine bedeutende Stellung eingeräumt worden. Das Bundesverfassungsgericht nimmt eine intensive Prüfung vor, wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs möglich erscheint, setzt aber die vorangegangene Anhörungsrüge voraus, um den Grundsatz der Subsidiarität und Rechtswegerschöpfung zu wahren. Im Aufhebungsverfahren sind zwei mögliche „Intensitäten“ von Gehörsverletzungen möglich; einerseits solche, die nur auf Rüge Beachtung finden, andererseits solche, die geeignet sind, die Schwelle des ordre public zu überschreiten und damit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darzustellen. (2) Intensität des Eingriffs und Willkürkontrolle als „Notkompetenz“ – Vergleich zur ordre public „Kontrolle“ im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen Obgleich das Bundesverfassungsgericht auf die Prüfung „spezifischen Verfassungsrechts“ beschränkt ist, lassen sich die Grenzen der Kontrolle fachgerichtlicher Entscheidungen nicht starr und gleichbleibend ziehen. Dem Bundesverfassungsgericht ist ein gewisser Spielraum bei der Berücksichtigung von Umständen des Einzelfalls zu gewähren,598 sodass eine Prüfung mit gleitender Intensität durchzuführen ist. Je stärker die Grundrechtsbetroffenheit des Bürgers ist, desto eingehender kann auch die verfassungsrechtliche Prüfung ausfallen.599 Kommt zudem 596 BVerfG, Beschluss vom 09.02.1982 – 1 BvR 1379/80 = BVerfGE 60, 1, 5; BVerfG, Beschluss vom 24.04.1985 – 2 BvR 1248/82 = BVerfGE 69, 248, 253 f. 597 BVerfG, Beschluss vom 21.10.1981 – 1 BvR 1024/79 = BVerfGE 58, 353, 356; BVerfG, Beschluss vom 10.07.1984 – 1 BvR 608/84 = BVerfGE 67, 199, 201 f.; Stürner, JZ 1986, 526, 531. 598 BVerfG, Beschluss vom 10.06.1964 – 1 BvR 37/63 = BVerfGE 18, 85, 93; BVerfG, Beschluss vom 22.06.1982 – 1 BVR 1376/79 = BVerfGE 61, 1, 6; Henke, DÖV 1984, 1, 10; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 306. 599 BVerfG, Beschluss vom 11.05.1976 – 1 BvR 163/72 = BVerfGE 42, 163, 168; BVerfG, Beschluss vom 18.06.1986 – 1 BvR 857/85 = BVerfGE 72, 122, 138; BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101, 313/84 = BVerfGE 76, 1, 51.
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eine Verletzung von „spezifischem Verfassungsrecht“ unter der dargestellten Systematik per se nicht in Betracht, aber ist das Ergebnis der instanzgerichtlichen Rechtsanwendung oder Rechtsauslegung schlechthin unerträglich, so kann das Bundesverfassungsgericht über die „Hintertür“ der Willkürkontrolle nach Art. 3 Abs. 1 GG vorgehen.600 Diese Schwelle ist jedoch nicht bereits bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gegeben, sondern setzt voraus, dass diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und es sich daher aufdrängt, dass diese auf sachfremden Erwägungen beruht.601 Das Bundesverfassungsgericht, welches nicht als „Superrevisionsinstanz“ ausgestaltet ist, muss sich -um offenbare Unrichtigkeiten zu beseitigen und seiner Rolle aus Hüter der Verfassung gerecht zu werden – bei besonders groben Grundrechtsverstößen eine „Notkompetenz“602 vorbehalten.603 Insofern verwischt zwar die „Aufgabenparallelität“604 zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit und wandelt sich zur „Aufgabenkonkurrenz“.605 Dieses Ergebnis ist aber gerade noch hinnehmbar, handelt es sich doch weiterhin um eine staatliche Gerichtsbarkeit, welche nach wie vor wie die Fachgerichte an Recht und Gesetz gebunden bleibt und die Grundwerte der Verfassung zu verteidigen hat. Im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen nach den §§ 1059 ff. ZPO lässt sich eine Parallele allenfalls in Hinblick auf den ordre public Vorbehalt ziehen. Der Begriff des ordre public meint die bundesdeutsche Binnenordnung, also Regeln, die die „Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens in einer freien Gesellschaft berühren und aus bestimmten staatspolitischen, sozial- oder wirtschaftspolitischen Zielsetzungen heraus erlassen“606 wurden, mitunter also auch die Grundrechte der deutschen Verfassung.607 Hinsichtlich der gleitenden Intensitätskontrolle lässt sich durchaus eine Parallele zum Aufhebungsverfahren ziehen. Einerseits ist festzustellen, dass sich gerade im Bereich von Gehörsverletzungen die Intensität der Beeinträchtigung insofern auf unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe auswirkt, als dass diese bei Überschreiten einer gewissen Schwelle von Amts wegen im Rahmen der ordre public Prüfung geprüft werden. Weiterhin kann aber auch der Grundsatz des Verbots der révision au fond, also dass das Aufhebungsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden ist, durchbrochen werden, wenn verfassungsmäßig gebotene
600 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 72; ebenso eingehend Winter, in: FS Merz (1992), S. 611 ff. 601 Siehe BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 – 2 BvR 878/74 = NJW 1979, 1925, 1925; ebenso BVerfG, Beschluss vom 09.11.1987 – 2 BvR 808/82 = NJW 1988, 1456, 1456 f. 602 Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1037; ebenso Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 141. 603 Ossenbühl, in: FS Ipsen (1977), S. 129, 134 f. 604 Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 285; ebenso Berkemann, DVBl. 1996, 1028, 1030. 605 Korioth, in: FS 50 Jahre BVerfG I (2001), S. 55, 70. 606 BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538. 607 BT-Drucks. 13/5274, S. 59; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 147; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 606.
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Standards zu wahren sind.608 Die objektive Fehlerhaftigkeit des Schiedsspruches alleine reicht aber für einen ordre public Verstoß nicht aus. Vielmehr muss die Parteiautonomie zu Willkür und Gesetzesumgehung missbraucht worden sein.609 Ein Eingriff von gewisser Intensität – gerade auch in Grundrechte – kann daher eine höhere Kontrolldichte rechtfertigen. Insofern fungiert das Aufhebungsgericht hier wie das Bundesverfassungsgericht in Hinblick auf Grundrechtsstandards als „Notbremse staatlicher Kontrolle“.610 Die „Notbremse“ in der Verfassungsbeschwerde, sei dies auch durch die Hintertür der Willkürkontrolle, greift unabhängig davon, ob lediglich Individualinteressen oder öffentliche Belange berührt werden, schließlich dient sie als „Emanation der Verfassungsstaatlichkeit“611 vor allem dem Grundrechtsschutz des Einzelnen.612 Im Gegensatz dazu verfolgt die „Notbremse staatlicher Kontrolle“613 im Aufhebungsverfahren einen anderen Zweck. Solange lediglich individuelle Interessen betroffen sind, bleibt das Aufhebungsgericht weiterhin an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden. Im Unterschied zur Verfassungsbeschwerde, welcher mehrere staatliche Instanzen vorausgegangen sind, hat sich derjenige, der sich freiwillig einer Schiedsvereinbarung unterworfen hat, ja gerade dieses staatlichen Rechtsschutzes entzogen, weshalb ein anderes Maß an Schutzbedürftigkeit besteht.614 Während das Bundesverfassungsgericht stets die Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit bezweckt und umfassend den Grundrechtsschutz als Hüter der Verfassung zu verwirklichen hat, geht es bei der „Aufhebungskontrolle“ von Schiedssprüchen primär um die Einhaltung rechtlicher Mindeststandards.615 Obgleich dazu auch die Verletzung von Grundrechten gehört, muss für einen ordre public Verstoß und die Aufhebung eines Schiedsspruchs „das Vertrauen weiter Kreise auf die allgemeine Rechtssicherheit und die Zuverlässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens im einzelnen Fall zu erschüttern geeignet“ sein.616 Eine Aufhebung aus rein formalen Gründen soll gerade nicht stattfinden. Der Aufhebungsgrund bzw. die Grundrechtsverletzung muss sich vielmehr im Schiedsspruch niedergeschlagen haben. Während eine „Aufgabenkonkurrenz“ zwischen den Fachgerichten und der Verfassungsgerichtsbarkeit in gewissem Maße hinnehmbar ist, handelt es sich bei der Schiedsgerichtsbarkeit um eine Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit, deren parteiautonome Vereinbarung Letztgenannte gerade ausschließen soll. Diese „Aufgabenalternativität“ ist somit zu respektieren, 608
Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 241. Altenmüller, KTS 1974, 150, 153. 610 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 41. 611 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu BVerfGG, § 90 BVerfGG, Rdn. 4. 612 BVerfG, Beschluss vom 28.02.1989 – 1 BvR 1291/85 = BVerfGE 79, 365, 368 f.; Schlaich / Korioth, Das BVerfG, Rdn. 204. 613 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 41. 614 Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 24. 615 Vgl. Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 241. 616 OLG Dresden, Beschluss vom 20.04.2005 – 11 Sch 01/05 = SchiedsVZ 2005, 210, 213; zustimmend Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 62. 609
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andernfalls würde das Schiedsgericht tatsächlich zur bloßen Vorinstanz degradiert und die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit würden wieder ausgehebelt. d) Fazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das staatliche Gericht im Aufhebungsverfahren nach den §§ 1059 ff. ZPO in vielerlei Hinsicht mit der Rolle des Bundesverfassungsgerichts bei der Prüfung von Urteilsverfassungsbeschwerden vergleichbar ist. Die Zwecke der Verfahren, ihre Ausgliederung aus dem staatlichen Rechtsmittelzug und ihre Ausgestaltung als außerordentliche Rechtsbehelfe, wie auch die Intention, einen Rechtsbehelf zur Verfügung zu stellen, der ein eigenständiges Vorgehen ermöglicht, decken sich. Ebenso lassen sich hinsichtlich der Berücksichtigung der Eingriffsintensität und der Willkürkontrolle Parallelen zur ordre public „Kontrolle“ im Aufhebungsverfahren ziehen. Beide Gerichte fungieren gewissermaßen als „Notbremse“ zur Einhaltung grundrechtlicher Mindeststandards. Während jedoch im Falle der Urteilsverfassungsbeschwerde die Rüge der Verletzung eines einzigen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts ausreicht und das Bundesverfassungsgericht daraufhin das Urteil vollumfassend unter jedem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt überprüft, sind im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen die auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgründe stets einzeln begründet geltend zu machen. Ansonsten prüft das staatliche Aufhebungsgericht lediglich die von Amts wegen zu prüfenden Aufhebungsgründe der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit und mögliche ordre public Verstöße. Was jedoch den Umfang dieser ordre public Prüfung im Gegensatz zur Grundrechtsprüfung des Bundesverfassungsgerichts betrifft, ist Vorsicht geboten. Eine im Rahmen der Überprüfung der Tatsachenfeststellung entstehende „Aufgabenkonkurrenz“ zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit ist nämlich hinzunehmen, während im Falle der ordre public „Kontrolle“ von Schiedssprüchen etwas Anderes gelten muss. Eine „Überprüfung“ der Tatsachenfeststellungen im Aufhebungsverfahren ist nur in strengsten Ausnahmefällen zuzulassen, da die „Aufgabenalternativität“ zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit einzuhalten ist. Diese verfolgt schließlich nicht nur das Ziel, das Vertrauen in die Schiedsgerichtsbarkeit und deren Funktionsfähigkeit zu schützen, sondern bezweckt auch die Anerkennung einer vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, welche bei der Ausgestaltung ihrer Synthese zu respektieren ist.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
V. Vollstreckbarerklärung des inländischen Schiedsspruches, § 1060 ZPO Im Folgenden soll die Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche im Fokus der Bearbeitung stehen. Diese ist in § 1060 ZPO geregelt. § 1055 ZPO verleiht dem Schiedsspruch zwar die Wirkungen eines gerichtlichen Urteiles, es kann jedoch nie aus einem Schiedsspruch direkt vollstreckt werden. Dieser ist schließlich kein Titel im Sinne von § 794 Abs. 1 ZPO, dem steht § 1060 Abs. 1 ZPO explizit entgegen. Beim staatlichen Urteil ist die Verfassungskonformität des staatlichen Gerichtsverfahrens, das dem Endurteil vorausgeht, sichergestellt und das staatliche Gericht direkt an das Grundgesetz gebunden (vgl. Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG). Von der inhaltlichen Vereinbarkeit des Urteils mit den Wertungen des Grundgesetzes ist daher auszugehen. Ein Schiedsspruch ist hingegen durch rein private Initiative ohne staatliches Tätigwerden entstanden. Soweit dieser zur Grundlage der staatlichen Vollstreckung wird und mit staatlicher Hilfe durchgesetzt werden soll,617 muss die Schiedsgerichtsbarkeit in gewissem Umfang „Rahmenkontrollmechanismen“ in Hinblick auf rechtsstaatliche Mindeststandards in Kauf nehmen. Schließlich kann der Staat die Zwangsvollstreckung eines Schiedsspruches nur dann zulassen, wenn dieser selbst rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt und damit nicht inhaltlich im Widerspruch zu den grundlegenden Werten des eigenen Rechtssystems steht.618 Darüber hinaus steht im Gegensatz zu §§ 797 Abs. 4, 767 Abs. 2 ZPO nicht mehr vollumfänglicher nachträglicher Rechtsschutz offen.619 Dem Schiedsspruch muss also durch staatlichen besonderen Kontrollakt die Vollstreckbarkeit eigens verliehen werden, da ihm sonst jegliche rechtsstaatliche Legitimation fehlen würde. Erst durch die Verleihung des Exequaturs erhält der Schiedsspruch die volle rechtliche Qualität eines Urteils. Jeder einzelne Schiedsspruch, dem jedoch die Anerkennung oder Vollstreckung versagt wird, stellt auch die Schiedsgerichtsbarkeit per se in Frage. Die Bedeutung dieser alternativen Rechtsprechungsquelle ist nämlich auch daran zu messen, ob ein Schiedsspruch notfalls zwangsweise durchgesetzt werden muss oder die Parteien dieses Ergebnis umsetzen.620 Aus der Vollstreckbarerklärung lassen sich somit auch wichtige Schlüsse für das Verhältnis zwischen Schieds- und staatlicher Gerichtsbarkeit ziehen.
617
Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 197 ff. Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 99; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 7. 619 Münch, in: Müko ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 3. 620 Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 225. 618
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1. Exkurs: Verbindlichkeit von Schiedssprüchen – formelle und materielle Rechtskraft Bevor das genaue Vollstreckungsverfahren inländischer Schiedssprüche zu beleuchten ist und daraus die Rolle der staatlichen Gerichte im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu schließen ist, soll ein Exkurs zur Rechtskraft von Schiedssprüchen im Vergleich zur Rechtskraft von staatlichen Urteilen erfolgen. Obgleich ein inländischer Schiedsspruch mit Erlass in Rechtskraft erwächst, stellt dieser im Gegensatz zu einem staatlichen Urteil keinen vollstreckbaren Titel dar. Während bereits ausführlich im vorangegangenen Teil das Aufhebungsverfahren mit staatlichen Rechtsmittelverfahren verglichen und dadurch Schlüsse für das Verhältnis von privater zu staatlicher Schiedsgerichtsbarkeit gezogen werden konnten, ist es unerlässlich, im Rahmen der Darstellung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens inländischer Schiedssprüche die Besonderheiten der Rechtskraft von Schiedssprüchen im Vergleich zur Rechtskraft von staatlichen Urteilen zu erläutern. Aus der Rechtsbeständigkeit und Verbindlichkeit beider Institutionen lassen sich schließlich Schlussfolgerungen hinsichtlich ihrer Funktion und Rolle ableiten. Die Wirkungen des Schiedsspruches und ihre Abhängigkeit vom Exequatur stellen dabei eine entscheidende „Kreuzung“ bzw. „Weichenstellung“ im Verhältnis zur staatlichen Gerichtsbarkeit dar.621 a) Ausgangspunkt der Untersuchung: § 1055 ZPO – Gleichwertigkeit der Rechtskraft von staatlichem Urteil und Schiedsspruch? Da das Schiedsgericht anstelle der staatlichen Gerichtsbarkeit den Rechtsstreit verbindlich entscheiden soll, geht einerseits damit einher, dass nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der jeweilige Rechtsstreit nicht erneut aufgerollt werden kann und andererseits die Entscheidung selbst rechtlich durchsetzbar sein soll, was dadurch zu erreichen ist, dem Schiedsspruch dieselben Wirkungen zuzu erkennen, wie der Entscheidung eines staatlichen Gerichts.622 § 1055 ZPO623 zielt damit auf Funktionsidentität von in- und ausländischen Schiedssprüchen mit staatlichen Urteilen ab und begründet dadurch auch den Ausschluss sachlicher Nachprüfung.624
621
Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 542. Solomon, Verbindlichkeit, S. 351. 623 Für das arbeitsrechtliche Schiedsverfahren findet sich eine entsprechende Regelung in § 108 Abs. 4 ArbGG. 624 Jedenfalls bis zur möglichen Aufhebung i. S. v. § 1059 ZPO; BGH, Beschluss vom 17.06.1952 – V BLw 5/52 = BGHZ 6, 248, 261 = NJW 1952, 1057, 1057; BGH, Urteil vom 03.07.1975 – III ZR 78/73 (München) = BGHZ 65, 59, 61= NJW 1976, 109, 110; BGH, Urteil vom 05.05.1986 – III ZR 233/84 (Hamburg) = BGHZ 98, 32, 36 = NJW 1986, 3077, 3078; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2. 622
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Seit jeher wirft jedoch auch die Rechtskraft von Urteilen eine Vielzahl von Problemen auf. Durch § 1055 ZPO kann daher allenfalls eine Zielrichtung vorgegeben werden. Angesichts der vielfältigen Unterschiede zwischen Schiedsspruch und staatlichem Urteil ist ohnehin fraglich, ob tatsächlich eine Funktionsidentität von in-und ausländischen Schiedssprüchen mit staatlichen Urteilen erreicht werden kann. Schließlich ordnet § 704 ZPO die Vollstreckbarkeit von Endurteilen im staatlichen Zivilprozess an, während ein Schiedsspruch gemäß §§ 1060, 1061 ZPO für vollstreckbar erklärt werden muss. Letztlich können Entscheidungen aber allgemein nur dann vollstreckt werden, wenn sie das Verhältnis der Parteien definitiv regeln, also wenn sie endgültig bzw. rechtskräftig geworden sind.625 Angesichts weiterer bestehender Unterschiede zum staatlichen Urteil, soll im Folgenden eine Untersuchung dahingehend erfolgen, ob und inwieweit Folgen und Wirkungen der formellen und materiellen Rechtskraft beim Schiedsspruch und beim Urteil unterschiedlich ausgestaltet sind.626 b) Verbindlichkeit bei staatlichen Urteilen – formelle und materielle Rechtskraft Für den Eintritt von Urteilswirkungen beim staatlichen Urteil wird vorausgesetzt, dass es sich um eine in diesem Verfahren endgültige, also nicht mit ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbare oder angefochtene Entscheidung handelt oder dass ausnahmsweise an eine noch nicht in diesem Sinne endgültige Entscheidung Urteilswirkungen, vor allem die vorläufige Vollstreckbarkeit, geknüpft werden.627 Der Staat kann seinen Entscheidungen daher verbindlichen und endgültigen Charakter zukommen lassen, indem er ihnen hoheitliche Wirkungen als Ausdruck staatlicher Hoheitsgewalt verleiht.628 Bei ihrem Vorliegen stehen etwaige Fehler im Entscheidungsprozess dem Eintritt der Urteilswirkungen nicht mehr entgegen. Die Voraussetzungen der Verbindlichkeit von staatlichen Urteilen sind formelle Rechtskraft i. S. v. § 705 ZPO und materielle Rechtskraft i. S. v. § 322 Abs. 1 ZPO. aa) Formelle Rechtskraft i. S. v. § 705 ZPO § 705 ZPO legt den Zeitpunkt des Eintritts der formellen Rechtskraft von Urteilen fest.629 Danach ist eine Entscheidung formell rechtskräftig, wenn sie unangreifbar geworden ist.630 Dies ist der Fall, wenn sie mit ordentlichen Rechtsmittel 625
So zumindest Haeger, Vollstreckung, S. 38. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 1. 627 Solomon, Verbindlichkeit, S. 352; im deutschen Recht die §§ 322, 704, 705 ZPO. 628 Lühmann, Die Rechtskraft des Schiedsspruchs, S. 1. 629 Götz, in: MüKo ZPO, § 705 ZPO, Rdn. 1. 630 Baumbach / Lauterbach ZPO, Einf. §§ 322 bis 327 ZPO, Rdn. 1; Seibel, in: Zöller ZPO, § 705 ZPO, Rdn. 1; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 705 ZPO, Rdn. 1a. 626
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nicht mehr angefochten werden kann, also jede Änderung im Rechtsmittelzug ausgeschlossen ist.631 Während die Einlegung des Rechtsmittels bzw. des Einspruchs den Eintritt der Rechtskraft hemmt,632 hindert die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO, die Möglichkeit einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage i. S. v. § 578 ff. ZPO oder die Möglichkeit des Widerspruchs gegen Mahnbescheid und Arrestbefehl (§§ 694, 924, 936 ZPO) den Eintritt formeller Rechtskraft nicht. Kontradiktorische Urteile werden daher mit ihrer Verkündigung bzw. Zustellung i. S. v. § 310 Abs. 3 ZPO rechtskräftig, sofern gegen sie ein ordentlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist bzw. mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. dem Wirksamwerden des Rechtsmittelverzichts. Versäumnisurteile werden rechtskräftig mit dem Ablauf der Einspruchsfrist oder bei Verzicht auf den Einspruch, Beschlüsse hingegen mit ihrem Erlass, § 329 ZPO, wenn sie unanfechtbar sind, sonst mit dem Ablauf der Frist der sofortigen Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde.633 Zusammenfassend meint formelle Rechtskraft daher die Unanfechtbarkeit des Urteils mit einem fristgebundenen ordentlichen Rechtsbehelf. Sie ist Voraussetzung für den Eintritt materieller Rechtskraft. bb) Materielle Rechtskraft i. S. v. § 322 ZPO Während die formelle Rechtskraft verhindern soll, dass eine Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird, soll die materielle Rechtskraft eine zweite, widersprechende Entscheidung in einem neuen Verfahren verhindern.634 Als notwendige Folge des Rechts auf Rechtsschutz durch die Gerichte findet sie ihre verfassungsrechtliche Grundlage im Rechtsstaatsprinzip und bezweckt vor allem Rechtsfrieden und Rechtssicherheit.635 Um auch das Ansehen und die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu wahren, soll durch die materielle Rechtskraft jede neue Verhandlung
631 RG, Urteil vom 19.11.1903 – Rep. VI 315/03 = RGZ 56, 31, 35; BGH, Urteil vom 14.07.1967 – IV ZR 84/66 (Stuttgart) = MDR 1968, 135, 136; BGH, Urteil vom 24.02.1988 – IV b ZR 45/87 (Düsseldorf) = NJW-RR 1988, 1465; Seibel, in: Zöller ZPO, § 705 ZPO, Rdn. 1. 632 Sie erfasst insbesondere auch diejenigen Teile, die ausweislich der Berufungsanträge nicht angefochten werden; RG, Urteil vom 19.11.1903 – Rep. VI 315/03 = RGZ 56, 31, 34; BGH, Urteil vom 14.07.1952 – IV ZR 81/52 = BGHZ 7, 143, 144 = NJW 1952, 1295; BGH, Urteil vom 13.12.1962 – III ZR 89/62 = NJW 1963, 444; BGH, Beschluss vom 04.07.1988 – II ZR 334/87 (München) = NJW 1989, 170; BGH, Urteil vom 12.05.1992 – VI ZR 118/91 (Hamm) = NJW 1992, 2296; OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.04.1983 – 4 U 131/81 = MDR 1983, 676; in Bezug auf die Revisionsinstanz siehe BGH, Urteil vom 19.11.1957 – VI ZR 249/56 = NJW 1958, 343; vgl. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 35. 633 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 150, Rdn. 4–18. 634 v. Olshausen, JZ 1988, 584, 584. 635 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 2; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 151 Rdn. 1.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
und Entscheidung über die rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge ausgeschlossen sein.636 Einen einheitlichen Begriff der materiellen Rechtskraft zu bestimmen, gestaltet sich nicht einfach. Über die Einordnung der materiellen Rechtskraft als materiellrechtrechtliches oder prozessuales Gebilde herrscht nämlich keine Einigkeit. Nach der materiellrechtlichen Theorie637 gestaltet das Urteil selbst die materielle Rechtslage: res iudicata ius facit inter partes.638 Ein richtiges Urteil bestätige daher die bisherige Rechtslage, indem es einen zusätzlichen Tatbestand schaffe; ein falsches Urteil beseitige hingegen das aberkannte Recht, während das irrtümlich zuerkannte Recht entstehe. Gerade die common-law Länder folgen dieser Ansicht und nehmen an, der ursprüngliche Anspruch gehe mit Urteilserlass unter und verschmelze mit dem Anspruch aus dem Urteil – sog. Merger.639 Im deutschen Recht ist dieser materiell-rechtliche Ansatz jedoch weitgehend aufgehoben worden, sodass man davon ausgeht, die Parteirechte und -pflichten bestünden unabhängig von ihrer gerichtlichen Feststellung.640 Nach der mittelweile überwiegend vertretenen prozessualen Rechtskrafttheorie wirke das Urteil rechtsschöpfend: die materielle Rechtslage würde durch das Urteil nicht verändert, sondern bilde lediglich eine Sperre für eine weitere Entscheidung, anders zu befinden. Wie diese Sperre auszugestalten sein soll, wird wiederum kontrovers beurteilt.641 Während ein Teil der Literatur davon ausgeht, dass bei ent 636
Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 149 Rdn. 2–3; ebenso Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 3. 637 So auch früher das RG, Urteil vom 20.01.1900 – Rep. VI a. 395/99 = RGZ 46, 334, 336: „mit der Wirkung, dass selbst ein bis dahin in Wirklichkeit nicht vorhanden gewesenes Recht von nun an zu einem bestehenden Rechte wird“; RG, Urteil vom 29.06.1909 – Rep. II 641/08 = RGZ 71, 309, 311; RG, Urteil vom 09.02.1911 – Rep. IV 119/10 = RGZ 75, 213, 215; RG, Urteil vom 29.02.1912 – Rep. VI. 205/ 11 = RGZ 78, 389, 395; in der Literatur: Blomeyer, JR 1968, 407, 409; Martens, ZZP 79 (1966), 404, 407 ff. spricht ebenso von dem „so geschaffene(n) materielle(n) Recht“ und der „ durch das rechtskräftige Urteil geschaffene(n) Rechtslage“ (S. 427) und leitet die Bindung anderer Gerichte durch „die Bindung des Richters an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG)“ her, da „der „Feststellungsgehalt des Urteils eine materielle Rechtslage betrifft“ (S. 436); ebenso v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, der die Rechtskraft als nichts anderes als die „Fiktion der Wahrheit“ sieht, wodurch es geschehen kann, „dass ein vorher nicht vorhandenes Recht neu erzeugt, oder dass ein vorhandenes Recht zerstört, vermindert oder in seinem Inhalt verändert wird“, S. 263; zustimmend in Anlehnung an Mendelssohn-Bartholdys Theorie der „Absoluten Wirkung der relativen Feststellung“: Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 132, der die Bindungswirkung der Gerichte durch die Drittwirkung der Rechtskraft erklärt; ebenso für die materiellrechtliche Theorie Habscheid, ZZP 78 (1965), 401, 424 ff.; Kohler, ZZP 29 (1901), 1, 38; Leipold, in: Stein / Jonas ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 31 ff.; Neuner, ZZP 54 (1929), 217, 217; Pagenstecher, ZZP 37 (1908), 1 ff. 638 Vgl. Darstellung bei Vollkommer, in: Zöller ZPO, Vor § 322 ZPO, Rdn. 15. 639 Vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 7. 640 Vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 7; Vollkommer, in: Zöller ZPO, Vor § 322 ZPO, Rdn. 16 f. 641 Siehe auch Darstellung der Meinungen bei Blomeyer, Zivilprozessrecht, S. 449–473; Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 35 ff.
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sprechendem Interesse eine Entscheidung gleichen Inhalts erfolgen darf, sog. Bindungstheorie bzw. Widerspruchsverbot,642 geht die herrschende Meinung davon aus, das Gericht dürfe die Verhandlung und Entscheidung über die einmal festgestellte Rechtsfolge nicht wiederholen (ne-bis-in-idem-Theorie, Wiederholungsverbot).643 Da der Prozess dazu dient, die Sachlage zu ermitteln und die Rechtslage zwischen den Parteien festzustellen, nicht aber eine vorher nicht bestehende Bindung zu konkretisieren oder die Rechtslage neu zu gestalten, ist im Wesentlichen der nebis-in-idem Theorie zu folgen. Auch wird diese eher dem Umstand gerecht, dass auch unrichtige Entscheidungen durch Gerichte ergehen – was nicht notwendigerweise aber die Umgestaltung der tatsächlichen materiellen Rechtslage nach sich ziehen muss. Zudem stößt die prozessuale Rechtskrafttheorie auf keinen Widerspruch bei erfolgreicher Wiederaufnahme des Verfahrens und dem daraus folgenden Rückgriff auf das ursprüngliche materielle Recht, da es die Parteien auch nach erfolgtem Urteil in einer Art doppelten Rechtsordnung leben lässt. Nutzlose Arbeit für das neu angerufene Gericht wird zudem vermieden, was dem Umstand der Entlastung der staatlichen Gerichte dient.644 cc) Folgen formeller und materieller Rechtskraft bei staatlichen Urteilen Das Verbot ne-bis-in-idem beinhaltet eine positive und eine negative Rechtskraftwirkung: bei demselben Streitgegenstand in einem späteren Prozess ist einerseits eine neue Sachentscheidung unzulässig, andererseits wirkt sich die Rechtskraft des früheren Urteils in einem späteren Prozess um einen anderen Streitgegenstand
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In diese Richtung gehen die Formulierungen des Reichsgerichts, Urteil vom 15.03.1939 – II 80/38 = RGZ 160, 163, 165: „das damit ausgesprochene Verbot anderweitiger rechtlicher Beurteilung beschränkt sich auf die Rechtsfolge…der zweite Richter ist durch die frühere Entscheidung gebunden“; ebenso RG, Urteil vom 10.10.1941 – VII 42/41 = RGZ 167, 328, 334 u. 335; BGH, Beschluss vom 10.07.1951 – II ZR 30/51 = BGHZ 3, 85 = NJW 1951, 886: „Die Rechtskraft verändert nicht die materielle Rechtslage, sie ist keine causa für den Erwerb und Verlust von Rechten, sondern besteht in der bindenden Kraft der im Urteil enthaltenen Feststellung“; für die Literatur Blomeyer, JR 1968, 407, 410; Hellwig, in: FS Luitpold von Bayern (1901), S. 45, 51 f.; Mahle, Jur. Blätter 57, 111, 113; Pohle, in: Stein / Jonas ZPO (18. Aufl., 1953), § 322 ZPO, Anm. II 3. 643 BGH, Urteil vom 18.01.1985 – V ZR 233/83 (Hamm) = NJW 1985, 1711, 1712; BGH, Urteil vom 07.07.1993 – VIII ZR 103/92 (München) = NJW 1993, 2684; BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93 (Hamm) = NJW 1995, 1757; BGH, Urteil vom 19.11.2003 – VIII ZR 60/03 (LG Frankfurt / Oder) = NJW 2004, 1252, 1253; BGH, Beschluss vom 03.03.2004 – IV ZB 43/03 (OLG Düsseldorf) = NJW 2004, 1805, 1806; BGH, Urteil vom 12.01.2011 − IV ZR 230/09 (OLG Karlsruhe) = NJW 2011, 1353, 1353 f.; für die Literatur: Baumbach / Lauterbach ZPO, Einf §§ 322 - 327 ZPO, Rdn. 2; Musielak, in: Musielak ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 5; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 151 Rdn. 7; Saenger, in: Saenger ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 10; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 36 f. 644 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 13; vgl. auch Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 150, Rdn. 8.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
präjudiziell aus.645 Dies gilt nach herrschender Meinung auch für eine auf das kontradiktorische Gegenteil gerichtete Klage.646 Ob über den Streitgegenstand schon entschieden wurde, ist vom Gericht daher von Amts wegen zu prüfen.647 Als Gründe hierfür werden maßgeblich die Sicherung der staatlichen Rechtsordnung und die Entlastung der staatlichen Gerichte angeführt; die materielle Rechtskraft dient also nicht nur dem Schutz der Parteien.648 Aus gleichem Grund unterliegt die Rechtskraft auch nicht der Parteidisposition.649 dd) Durchbrechung der Rechtskraft Da die materielle Rechtskraft Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sicherstellen soll, ist von einer generellen Bindung auch an unrichtige Entscheidungen auszugehen. Mit diesem Zweck ist es unvereinbar, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Urteils in einem weiteren Verfahren zu überprüfen, unabhängig davon, ob der Mangel auf fehlerhafter Tatsachenfeststellung oder fehlerhafter Rechtsanwendung beruht.650 Durch die Eingliederung einer umfassenden Kontrolle in den ordentlichen Instanzenzug wird sichergestellt, dass das fehlerhafte Urteil entweder im Wege der Berufung überholt oder im Wege der Revision aufgehoben wird und dadurch der Weg für eine neue, fehlerfreie Entscheidung eröffnet wird. Stets erfolgt die gerichtliche Kontrolle aber vor Eintritt der Endgültigkeit. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist können dem staatlichen Urteil Urteilswirkungen zuerkannt werden, ohne dass es weiterhin auf Fehler im Entscheidungsprozess ankäme – schließlich können diese wegen formeller und materieller Rechtskraft dann nicht mehr geltend gemacht werden. Nur in Ausnahmefällen führen Fehler noch zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des endgültigen Urteils.651 Zu solchen Ausnahmefällen gehören 645
BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93 (Hamm) = NJW 1995, 1757; BGH, Urteil vom 22.10.2013 – XI ZR 42/12 = NJW 2014, 314, 315; Brox, JuS 1962, 121, 121 f.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 40. 646 BGH, Urteil vom 07.07.1993 – VIII ZR 103/92 (München) = NJW 1993, 2684; BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93 (Hamm) = NJW 1995, 1757; BGH, Urteil vom 20.10.1995 – V ZR 263/94 (Celle) = NJW 1996, 295, 396; Leipold, in: Stein / Jonas ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 186; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 151, Rdn. 10; Vollkommer, in: Zöller ZPO, Vor § 322 ZPO, Rdn. 21. 647 BGH, Urteil vom 14.02.1962 – IV ZR 156/61 (Hamm) = NJW 1962, 1109, 1109; BGH, Urteil vom 24.06.1993 – III ZR 43/92 (Frankfurt a. M.) = NJW 1993, 3204, 3205; Leipold, in: Stein / Jonas ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 211. 648 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 58. 649 BGH, Urteil vom 11.03.1983 – V ZR 287/81 (Frankfurt) = NJW 1984, 126, 127; BGH, Urteil vom 06.03.1985 – IV b ZR 76/83 (Hamm) = NJW 1985, 2535, 2536; BGH Urteil vom 15.11.1989 – IV b ZR 95/88 (OLG Hamm) = FamRZ 1990, 280, 281; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 59; Leipold, in: Stein / Jonas ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 212; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 151, Rdn. 17. 650 BGH, Urteil vom 06.03.1985 – IV b ZR 76/83 (Hamm) = NJW 1985, 2535; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 204; Vollkommer, in: Zöller ZPO, Vor § 322 ZPO, Rdn. 71. 651 Solomon, Verbindlichkeit, S. 352.
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die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 233 ff. ZPO und das Wiederaufnahmeverfahren gemäß §§ 578 ff ZPO.652 Besonders ist auf die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 lit. a GG, § 90 BVerfGG) zu verweisen, welche die Rechtskraft von Gesetz wegen entfallen lässt.653 Der Umkehrschluss zu den gesetzlich geregelten Ausnahmen zeigt jedoch, dass insbesondere der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Rechtsbeständigkeit und Rechtsfrieden den Abschluss von Rechtsstreitigkeiten erfordern, um deren willen die Möglichkeit einer im Einzelfall unrichtigen Entscheidung hinzunehmen ist.654 c) Verbindlichkeit bei inländischen Schiedssprüchen – formelle und materielle Rechtskraft Um endgültige Wirkungen zu entfalten muss auch ein Schiedsspruch verbindlich sein.655 Hintergrund dessen ist die Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zwischen den Parteien.656 Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die Schiedsgerichtsbarkeit eine taugliche Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit darstellt. Da dem Schiedsspruch aber die Titelwirkung fehlt und eine zusätzliche Vollstreckbarerklärung notwendig ist, ist fraglich, ob eine Gleichwertigkeit zur Rechtskraft von staatlichen Urteilen erreicht werden kann. In § 1055 ZPO wird die materielle Verbindlichkeit geregelt, welche zwar notwendigerweise formelle Rechtskraft voraussetzt,657 in § 1055 ZPO aber nicht eigens angesprochen wird.658 Unter formeller oder äußerer Rechtskraft versteht man daher mit Blick auf die allgemeine Regel des § 705 ZPO bei staatlichen Urteilen die Unanfechtbarkeit
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Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 206, 207, 210. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 212; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 17, Rdn. 27; eine eigene Sachentscheidung ist dem BVerfG dennoch verwehrt. 654 BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980 – 1 PBvU 1/79 = BVerfGE 54, 277, 291 u. 293; BVerfG, Beschluss vom 08.10.1992 – 1 BvR 1262/92 = NJW 1993, 1125; so auch der BGH, Beschluss vom 23.11.1983 – IV b ZB 6/82 (München) = NJW 1984, 438, 440 unter Hinweis auf das Urteil des BVerfG vom 01.07.1952 – 1 BvL 23/51 = BVerfGE 2, 381, 403; ebenso BGH, Urteil vom 03.07.1990 – XI ZR 302/89 (Frankfurt) = NJW 1991, 30, 31; BAG, Urteil vom 26.08.1993 – 2 AZR 159/93 (Niedersachsen) = NJW 1994, 473, 475; Geimer, in: Zöller ZPO, Vor § 322 ZPO, Rdn. 71. 655 Solomon, Verbindlichkeit, S. 352. 656 Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 1; ebenso Lühmann, Die Rechtskraft des Schiedsspruchs, S. 21, 22. 657 Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 1; ebenso Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 1. 658 Bei einem Verständnis der formellen Rechtskraft als Unanfechtbarkeit durch einen ordentlichen Rechtsbehelf und einem Vergleich von § 1055 ZPO mit § 705 ZPO ist eindeutig, dass § 1055 ZPO die formelle Rechtskraft nicht betreffen kann. Ansonsten bedeute die Gleichstellung des Schiedsspruchs mit dem staatlichen Gerichtsurteil in § 1055 ZPO auch formell die Unangreifbarkeit eines Schiedsspruches durch jegliche Rechtsbehelfe, welches aber z. B. die Fortsetzung eines Schiedsverfahrens vor einem Oberschiedsgericht gänzlich ausschließen würde; vgl. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 38. 653
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des Schiedsspruchs mit ordentlichen Rechtsmitteln659 dahingehend, dass mit dem Wirksamwerden der Entscheidung des Schiedsgerichts das schiedsrichterliche Verfahren endgültig beendet wird.660 Unter materieller Rechtskraft ist zu verstehen, dass ein Schiedsspruch eine endgültige Entscheidung darstellt, die zwischen den Parteien und den Personen, zwischen denen sich die Rechtskraft erstreckt, maßgeblich ist.661 aa) Formelle Rechtskraft von Schiedssprüchen Formelle Rechtskraft von Schiedssprüchen bedeutet, dass „alle Verfahrensakte vorgenommen wurden, um die das Schiedsverfahren beende, abschließende Entscheidung des Schiedsgerichts zu treffen.“662 Während in § 1055 ZPO die materielle Rechtskraft geregelt wird, findet die formelle Rechtskraft in § 1056 Abs. 1 ZPO Ausdruck: „ Das schiedsgerichtliche Verfahren wird mit dem endgültigen Schiedsspruch beendet“.663 Daneben kann auf die allgemeine Regelung des Eintritts der formellen Rechtskraft von staatlichen Urteilen in § 705 ZPO zurückgegriffen werden. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die materielle Rechtskraft und die daraus folgenden Urteilswirkungen von dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung abhängig zu machen. Da im schiedsrichterlichen Verfahren ein Instanzenzug in der Regel fehlt, fehlt diese Entsprechung im Schiedsverfahren, sodass die formelle Rechtskraft und damit auch die materielle Rechtskraft eintritt, sobald der Schiedsspruch den Anforderungen des § 1054 ZPO genügt.664 Dies ist wegen § 1054 Abs. 4 ZPO der Fall, sobald allen Parteien der Schiedsspruch zugegangen ist.665 Ab diesem Zeitpunkt liegt Unanfechtbarkeit des Schiedsspruchs mit ordentlichen Rechtsmitteln vor; ein Rechtsmittel zu den staatlichen, ordentlichen Gerichten ist bewusst nicht vorgesehen.666 Zu berücksichtigen ist jedoch die Frage, ob ein Schiedsspruch noch innerhalb des Schiedsverfahrens angefochten werden kann, beispielsweise durch eine „Beru-
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Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 39. 661 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 2. 662 Solomon, Verbindlichkeit, S. 390. 663 Vgl. Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2; Gaul, in: FS Sandrock (2000), S. 285 ff., 286. 664 BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 (Frankfurt) = NJW 1986, 1436, 1436; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 1. 665 Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; für das Erfordernis der Übersendung vgl. Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 1; ebenso Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 4. 666 Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; in diesem Rahmen kommt § 1055 ZPO Bedeutung für die formelle Rechtskraft zu, falls man die gegen das staatliche Urteil zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nicht bereits durch die Möglichkeit einer Aufhebungsklage nach § 1059 ZPO für ausgeschlossen hält; vgl. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 38. 660
C. Inländische Schiedssprüche
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fung“ zu einem Oberschiedsgericht.667 Ist dies noch möglich, liegt kein „Schiedsspruch im Sinne der Gesetze“,668 also kein abschließender, endgültiger Schiedsspruch im Sinne des § 1054 ZPO vor. Ist eine Frist abgelaufen oder im Falle einer fehlenden Fristbestimmung eine angemessene Zeit verstrichen669 und kann der Schiedsspruch nur von staatlichen Gerichten aufgehoben werden, liegt Verbindlichkeit durch formelle Rechtskraft hingegen vor. Auch bei staatlichen Urteilen hindert die Möglichkeit einer Wiederaufnahme (§§ 578 ff. ZPO) oder der Wiedereinsetzung (§§ 233 ff. ZPO) den Eintritt der Rechtskraft nicht. Ebenso kann eine nachträgliche Aufhebung i. S. v. § 1059 ZPO den Eintritt der Rechtskraft nicht hindern.670 Dem Aufhebungsurteil kommt Ausnahmecharakter zu und dieses entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Auch die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO verstärke lediglich die Bestandskraft des Schiedsspruchs.671 Gegenüber einer erneuten Einleitung eines Verfahrens vor staatlichen Gerichten ist nicht mehr die Einrede der Schiedsvereinbarung gegeben, da an ihre Stelle die Rechtskraft des Schiedsspruchs tritt.672 Ist eine Aufhebungsklage vor dem staatlichen Gericht erfolgreich, wird die formelle Rechtskraft des Schiedsspruchs rückwirkend beseitigt.673
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Überblick bei Schottelius, Die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit, S. 196 ff.; vor allem üblich bei den Schiedsregeln der GAFTA in London (appeal innerhalb von 30 Tagen), die FOSFA Rules (innerhalb von 42 Tagen), die American Fur Arbitration Rules (innerhalb von 6 Tagen), die Diamond Trade Association of America, Inc. (innerhalb von 5 Tagen) und die American Spice Trade Association; die Bremer Baumwollbörse sieht sogar drei Instanzen vor; Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 42; Kilgus, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 198–200; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1042 ZPO, Rdn. 24; ders., § 1055 ZPO, Rdn. 4; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 8; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22, Rdn. 1 mit Fn. 2, 3. 668 RG, Urteil vom 25.06.1926 – VI 79/26 = RGZ 114, 165, 168 f.; BGH, Urteil vom 07.10.1953 – II ZR 170/52 = BGHZ 10, 325, 326 (obiter dictum); OLG Düsseldorf vom 27.10.1975 – 6 U 2/75 = BB 1976, 251; OLG Hamm vom 26.05.1983 – 24 U 239/82 = RIW 1983, 698, 699; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1042 ZPO, Rdn. 46; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1042 ZPO, Rdn. 24; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 18, Rdn. 13; ders., Kap. 22, Rdn. 1, 11; ders., Kap. 26, Rdn. 5; Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; ders., § 1060 ZPO, Rdn. 5. 669 Bei der Bestimmung können die §§ 516, 552 ZPO herangezogen werden, möglicher Fristbeginn ist dann Empfang des schriftlichen Schiedsspruches, vgl. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 43. 670 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 2 (Fn. 2); Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 1. 671 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2 f.; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; anders jedoch OLG Koblenz, Beschluss vom 17.03.2011 − 2 Sch 11/10, VersR 2011, 1328, 1329; dazu auch BT-Drucks. 13/75274, S. 60 li. Spalte. 672 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 1. 673 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 6.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
bb) Vollstreckbarerklärung als Voraussetzung für den Eintritt materieller Rechtskraft Da der Schiedsspruch im Gegensatz zum rechtskräftigen staatlichen Urteil der Vollstreckbarerklärung bedarf, um vollstreckt werden zu können, gibt es Stimmen, die behaupten, die Vollstreckbarerklärung sei ebenso Voraussetzung für den Eintritt materieller Rechtskraft.674 Diesem ist jedoch nicht zuzustimmen.675 Bereits aus der systematischen Stellung der Regelung der Vollstreckbarerklärung in den §§ 1060, 1061 ZPO hinter § 1055 ZPO kann nicht hergeleitet werden, dass die materielle Rechtskraft von der Vollstreckbarerklärung abhinge.676 Schließlich wird bei staatlichen Urteilen in § 322 Abs. 1 ZPO nur die materielle Rechtskraft geregelt, wohingegen die Vollstreckbarkeit des Urteils allein aus § 704 Abs. 1 ZPO folgt. Alleine aus der unterschiedlichen Regelung der Vollstreckbarkeit in §§ 1061, 1061 ZPO im Gegensatz zu § 70 Abs. 1 ZPO kann keine Aussage über die materielle Rechtskraft getroffen werden.677 Gerade gestaltende und feststellende Schiedssprüche entfalten, wenn sie nicht der Zwangsvollstreckung bedürftig sind, auch ohne Vollstreckbarerklärung ab Wirksamkeit des Schiedsspruches ihre Wirkungen.678 Eine Ausnahme besteht nur für einen Schiedsspruch, der auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist. Die Abgabefiktion gemäß § 894 ZPO tritt daher erst mit Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs ein, da § 894 ZPO nicht an die Rechtskraft, sondern an die Vollstreckbarkeit anknüpft.679 Dies bedeutet aber nicht, dass dem Schiedsspruch eine geringere Rechtskraftwirkung als dem staatlichen Urteil zukomme.680
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Dies lässt sich daraus schließen, dass manche die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches auch dann zulassen, wenn dieser keiner vollstreckbaren Inhalt habe, unter der Begründung, die Unanfechtbarkeit des Schiedsspruches müsse rechtskräftig festgestellt werden; so BGH, Urteil vom 30.11.1961 – VII ZR 12/61 (OLG Hamburg) = ZZP 75 (1962), 119 f., mit Anm. Schwab, S. 123; zustimmend Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, der den Sinn der Vollstreckbarerklärung nicht nur „in der Ermöglichung der Zwangsvollstreckung im engeren Sinn, sondern ganz wesentlich auch in der Feststellung der vollen Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs“ sieht, da erst „mit der Rechtskraft der die Vollstreckbarkeit aussprechenden Entscheidung endgültig die Qualität eines gerichtlichen Urteils“ erreicht werde, Rdn. 531. 675 Ebenso Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3; Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 62; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 1, 2. 676 Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 53. 677 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 543. 678 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 540. 679 Dazu eingehend § 4 C. V. 2. b) aa) (2). 680 Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 61.
C. Inländische Schiedssprüche
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cc) Materielle Rechtskraft i. S. v. § 1055 ZPO – Gleichwertigkeit mit materieller Rechtskraft von staatlichen Urteilen? Unter materieller Rechtskraft ist zu verstehen, dass der Rechtsstreit unwiderruflich und abschließend entschieden wurde681 und der Inhalt der Entscheidung zwischen den Parteien maßgeblich sein soll.682 Gemäß § 1055 ZPO gilt dies prinzipiell auch für Schiedssprüche.683 Inwiefern jedoch unter Umständen dennoch Unterschiede zwischen der materiellen Rechtskraft von staatlichen Urteilen und Schiedssprüchen bestehen, soll im Folgenden geklärt werden. Zunächst soll dabei der Umfang der materiellen Rechtskraft festgestellt werden. Anschließend soll ein besonderer Fokus auf die Hauptstreitpunkte gelegt werden, ob die Rechtskraft abdingbar ist und ob sie von Amts wegen oder nur auf Einrede zu beachten ist. (1) Umfang der materiellen Rechtskraft Zunächst stellt sich die Frage, ob die materielle Rechtskraft von Schiedssprüchen der materiellen Rechtskraft von staatlichen Urteilen i. S. v. § 322 Abs. 1 ZPO vollumfänglich gleichzustellen ist oder gleichwohl Unterschiede bestehen.684 Zwar stellt der Wortlaut des § 1055 ZPO klar, dass die Wirkungen des Schiedsspruchs lediglich inter partes bestehen. Der Schiedsspruch bewirkt aber in einem nachfolgenden Verfahren mit identischem Streitgegenstand, dass der Streit zwischen den Parteien nicht mehr (ne-bis-in-idem-Lehre) oder nicht mehr mit einem anderen Ergebnis (Bindungslehre) entschieden werden darf.685 Für die zweite Ansicht spricht sich zurecht Bosch aus,686 der in diesem Kontext den Unterschied der zusätzlich notwendigen Vollstreckbarerklärung als Begründung heranzieht. Im Falle einer Klage aus dem Schiedsspruch bei möglicher Vollstreckbarerklärung würde ohnehin das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, sodass die Klage als unzulässig abzuweisen wäre. Ist ein Schiedsspruch aber wirksam zustande gekommen, kann jedoch beispielsweise wegen des Verzichts auf die Niederlegung oder mangels vollstreckungsfähig formulierter Entscheidung nicht vollstreckt werden, so könnte vor dem staatlichen Gericht erneut Leistungsklage erhoben werden. In diesem Falle bestünde ein solches Rechtsschutzbedürfnis wohl, sodass die Lösung über das Widerspruchsgebot sachgerechter als die ne-bis-inidem Theorie zu einer Lösung kommt.687 681
Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 1; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 5. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 2. 683 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 2; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 180, Rdn. 1. 684 Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 8. 685 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 10; Schwab / Walter, Schiedsgerichts barkeit, Kap. 21, Rdn. 5. 686 Ebenso Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 6–7. 687 Vgl. Darstellung bei Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 85 ff. 682
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Wird vor dem staatlichen Gericht auch nach Erlass des Schiedsspruchs eine Klage mit einem anderen Streitgegenstand als des Schiedsverfahrens erhoben, wirkt der Inhalt des Schiedsspruchs präjudiziell, sofern der Ausgang der Klage vom Bestehen oder Nichtbestehen der Rechtsbeziehung abhängt, welche im Schiedsverfahren festgestellt wurde.688 Da das Gesetz Aufhebungsgründe auch im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nur bei § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO und § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO von Amts wegen prüft, ist es nicht unzumutbar, den Gegner, der sich gegen die präjudizielle Wirkung des Schiedsspruchs wehren möchte, auf den Weg der Aufhebungsklage zu verweisen.689 Im Sinne der Gleichwertigkeit von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit und der Funktion, Rechtsfrieden zu schaffen, ist das Gleichstellungsgebot von § 1055 ZPO so weit wie möglich durchzuhalten.690 Die Rechtskraft tritt an die Stelle der Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO).691 (2) Abdingbarkeit der Rechtskraft und Beachtung nur auf Einrede? Entgegen der Formulierung des § 1055 ZPO, welche von „den Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils“ spricht und auf die Funktionsidentität von Schiedsspruch und staatlichem Urteil anspielt, geht ein Teil der Rechtsprechung,692 sowie der überwiegende Teil der Lehre693 von der Abdingbarkeit der materiellen Rechtskraft – 688
Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 6. Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 91–92. 690 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 10; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 5. 691 Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 9; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 3. 692 RG, Urteil vom 02.03.1920 – VII 367/19 = JW 1920, 703, 703; RG, Urteil vom 21.12.1934 – VII 247/34 = RGZ 146, 262, 267 u. 268, hier aber mit der Besonderheit, dass lediglich nachträglich eine Abbedingung möglich sein soll, im Vorhinein jedoch nicht: „Die Parteien müssen sich von Anfang an für das eine oder das andere entscheiden. Behalten sie sich die Anrufung der Staatsgerichte für den Fall vor, dass schon das Schiedsgericht gesprochen hat, und zwar ohne dass die besonderen Voraussetzungen des § 1041 ZPO vorliegen, so schließen sie gerade dadurch das schiedsrichterliche Verfahren seinem Wesen nach aus“; ebenso BGH, Urteil vom 11.04.1958 – VIII ZR 190/57 (Hamburg) = NJW 1958, 950; BGH, Urteil vom 22.12.1960 – VII ZR 92/59 (OLG Köln) = BB 1961, 264; BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06 (LG Dortmund) = BGHZ 171, 245 = SchiedsVZ 2007, 160 ff.; OLG Bremen, Urteil vom 14.12.1956 – 1 U 369/55 = NJW 1957, 1035, 1036; BayObLG, Beschluss vom 24.02.1984 – BReg. 3 Z 197/83 = MDR 1984, 496. 693 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 4; Lorenz, AcP 157 (1958/59), 265, 275; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 7, 8, 12, 29 (aber erst nachträglich möglich bis zur Vollstreckbarerklärung; nicht im Vorhinein, da sonst unzulässige staatliche Berufung); Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 6; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 11; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 7; Schultzenstein, ZZP 41 (1911), 351, 354; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2; Triebel / Coenen, BB 2003, 2, 6; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 264. 689
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zumindest bis zur Vollstreckbarerklärung – und von einer dadurch bestehenden Einredeobliegenheit aus.694 Aus der Abdingbarkeit der materiellen Rechtskraft und einer solchen Einredeobliegenheit lassen sich wichtige Schlüsse für das Verhältnis zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit schließen. (a) Darstellung der herrschenden Meinung Als Hauptargument für die Abdingbarkeit der Rechtskraft und die Beachtung der Rechtskraft auf Einrede hin wird angeführt, dass der Schiedsspruch und dadurch auch seine Rechtskraft lediglich auf Parteivereinbarung gründeten.695 Wie die Einrede, dass der Rechtsstreit zwischen den Parteien durch Schiedsrichter zu entscheiden sei (§ 1032 Abs. 1 ZPO), müsse auch die Einrede, dass der Rechtsstreit durch Schiedsspruch entschieden sei, durch die Parteien erhoben werden. Dies sei laut Schütze zwar systemwidrig, aber wegen § 1032 Abs. 1 ZPO sachgerecht.696 Für die Abdingbarkeit der Rechtskraft führt Schlosser zudem aus, dass wenn die Parteien durch die Schiedsvereinbarung die staatliche Gerichtsbarkeit ausschließen und durch Aufhebung der Schiedsvereinbarung zum staatlichen Rechtsschutz zurückkommen könnten, sie auch nach Abschluss des Schiedsverfahrens erneut auf den schiedsrichterlichen Rechtsschutz zurückkommen könnten, sofern beide dies wünschten. Die Schiedsgerichtsbarkeit als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit sei gerade nicht eingeschränkten Ressourcen ausgeliefert und könne daher auch beliebig oft angerufen werden.697 Wagner stimmt diesem zu, da die Parteien auf staatliche Justizressourcen, die ihnen an sich zuständen, verzichten würden. Ohnehin sei ein Vergleich mit Urteilswirkungen staatlicher Gerichtsurteile aber verfehlt, da Schiedssprüche eo ipse überhaupt nicht vollstreckt werden könnten und auch die Verbindlichkeit von Urteilen in § 705 ZPO und den vorgelagerten Vorschriften über Rechtsmittel speziell geregelt seien. Auf die umgekehrte Fallkonstellation, dass die Parteien auf die Rechtskraft eines Urteils verzichten könnten, käme es somit nicht an; ohnehin würden sie damit aber die bereits knappen Justizressourcen doppelt in Anspruch nehmen, was eine Disposition der Rechtskraft von staatlichen Urteilen gänzlich ausschließen müsste.698 694 Andere Meinung: Beitzke, ZZP 60 (1936/1937), 317, 320; Loritz, ZZP, 105, 1, 12; Walter, RIW 1988, 945, 946; wieder anders Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 180, Rdn. 33, für die Beachtung von Amts wegen, aber gleichsam für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Aufhebung durch die Parteien; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1055 ZPO, der von der Beachtung der Rechtskraft von Amts wegen ausgeht (Rdn. 8), aber gleichsam die Derogation der Rechtskraft für möglich hält (Rdn. 10). 695 Loritz, ZZP, 105, 1, 4. 696 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 11. 697 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 5. 698 Wagner, in: FS Schilken (2015), S. 553, 556.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Auch der Bundesgerichtshof musste sich im März 2007 mit der Frage der Abdingbarkeit der Rechtskraft von Schiedssprüchen auseinandersetzen. In der betreffenden Schiedsklausel hieß es, dass das Ergebnis des Schiedsverfahrens von beiden Parteien zwar als bindend anerkannt werde, aber im Falle der Unzufriedenheit einer Partei der Weg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit offen stünde. Der Senat sah diese Vereinbarung als zulässig an.699 Die Parteien könnten im Rahmen ihrer Privatautonomie ihre Bindung an das Schiedsverfahren von gewissen Modalitäten abhängig machen, da die §§ 1025 ff. ZPO keinerlei Bestimmungen enthielten, abweichende, vertragliche Gestaltungen zu untersagen. Insbesondere enthielte § 1029 ZPO kein Gebot des vollständigen Ausschlusses der staatlichen Gerichtsbarkeit.700 Die Rechtskraftwirkung eines Schiedsspruches könne demnach nachträglich wieder beseitigt werden, da ein öffentliches Interesse, einander widersprechende Hoheitsakte zu vermeiden, nicht bestünde.701 Der Streit könne dann neu vor einem staatlichen Gericht702 oder einem Schiedsgericht ausgetragen werden.703 Laut Schlosser704 sei es daher angemessen, der Partei, die sich in einem Folgeprozess vor einem Staatsgericht auf die materielle Rechtskraft berufen wolle, eine Einredeobliegenheit aufzubürden.705 699 Anders noch das RG, Urteil vom 21.12.1934 – VII 247/34 = RGZ 146, 262, 267 u. 268, welches in der vorherigen Vereinbarung eine „verkappte unzulässige staatliche Berufung“ sah. 700 Vgl. auch BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06 (LG Dortmund) = BGHZ 171, 245 = SchiedsVZ 2007, 160 ff.; Anmerkung bei Wagner, in: FS Schilken (2015), S. 553, 557 f. 701 RG, Urteil vom 21.12.1934 – VII 247/34 = RGZ 146, 262, 267; BayObLG, Beschluss vom 24.02.1984 – BReg. 3 Z 197/83 = MDR 1984, 496; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 4; a. A. Habscheid, KTS 1957, 161, 165; Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 12. 702 RG, Urteil vom 02.03.1920 – VII 367/19 = RG JW 1920, 703,704; Anmerkung Kisch, RGZ 146, 262, 268; BGH Urteil vom 22.12.1960 – VII ZR 92/59 = BB 1961, 264; OLG Bremen, Urteil vom 14.12.1956 – 1 U 369/55 = NJW 1957, 1035, 1036; BayObLG, Beschluss vom 24.02.1984 – BReg. 3 Z 197/83 = MDR 1984, 496; zust. Baumbach / Lauterbach ZPO, § 105 5ZPO, Rdn. 4; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 10; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2, 28; a. A.: Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 13; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 7; Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 5, 6; ders., § 1048 ZPO, Rdn. 8; ders., § 1042 ZPO, Rdn 29. 703 RG, Urteil vom 28.09.1934 – VII 29/34 = RGZ 145, 171 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.12.2001 – 1 Sch 13/01 = NJOZ 2002, 2252, 2254; Münch, in: MüKo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 28: „u. U. über § 1040 Abs. 2 i. V. m. § 1031 Abs. 6“. 704 Schlosser / Stein / Jonas ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 5. 705 So auch der BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06 (LG Dortmund) = BGHZ 171, 245 = SchiedsVZ 2007, 160 ff., zumindest für den Schiedsspruch mit vorab vereinbarter eingeschränkter Bindungswirkung: „Der Bestand des Schiedsspruchs war damit weiterhin in das Belieben der Parteien gestellt“; „es liegt schließlich auch – unbestritten – in der Dispositionsfreiheit der Parteien, einem bindend ergangenen Schiedsspruch die Bindungswirkung nachträglich zu nehmen“; OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.07.2008 – 17 U 79/07 = SchiedsVZ 2008, 311, 312; so auch BT-Drucks. 13/5727, S. 56/57; zustimmend auch Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 4; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2; a. A. OLG Koblenz, Beschluss vom 17.06.1999 – 2 Sch 2/99 = NJW-RR 2000, 1365, welches betont, dass bei Vorliegen einer Schiedsvereinbarung im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO gerade der zeitlich unbegrenzte Ausschluss staatlicher Gerichte vorgesehen sei; ebenso Voit, in: Musielak, § 1055 ZPO, Rdn. 5.
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(b) Darstellung der Mindermeinung Ein anderer Teil der Lehre geht davon aus, dass Parteidispositionen über die materielle Rechtskraft von Schiedssprüchen nicht zulässig seien, sondern diese wie auch bei staatlichen Gerichtsurteilen von Amts wegen zu beachten seien.706 Begründet wird dies damit, dass im öffentlichen Interesse eine Notwendigkeit bestehe, den Rechtsfrieden auch dann zu wahren, wenn dieser durch Schiedsrichter hergestellt wurde und die Gleichwertigkeit von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit auch in Hinblick auf die materielle Rechtskraft hergestellt werden müsse, also von einer unbedingten Einhaltung der „Funktionsidentität“ ausgegangen werden müsse. Angeführt werden eine Vielzahl von teils überzeugenden, teils nicht überzeugenden Argumenten: Laut Habscheid sei die Schiedsgerichtsbarkeit zwar eine private Streitentscheidung. Wie die Regelungen in den §§ 1025 ff. ZPO zeigen, sei diese dennoch in die staatliche Rechtspflege eingebaut. Ordne das Gesetz in § 1055 ZPO an, dass dem Schiedsspruch die gleichen Wirkungen wie dem staatlichen Urteil zukommen sollen, müssten dem Schiedsspruch die gleichen negativen und positiven Wirkungen wie einem Urteil zukommen; es handle sich gerade nicht um eine „Rechtskraft minderer Qualität“,707 auch nicht deshalb, weil § 1055 ZPO die Wirkungen des Schiedsspruchs lediglich auf die Parteien beschränke. § 1055 ZPO gewährleiste lediglich, dass niemand ohne seinen Willen vom staatlichen Gericht ausgeschlossen werde (vgl. Art. 101 GG); sobald jemand aber freiwillig an einen Schiedsvertrag gebunden sei, wäre die Nichtbeachtung des Schiedsspruchs nicht erforderlich. Geht der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom März 2007708 davon aus, eine solche Disposition sei eben doch möglich, ist die entscheidende Frage ohnehin, ob § 1055 ZPO zwingender oder dispositiver Charakter zukommt. Diese Frage lässt sich laut Wagner709 gerade nicht, wie der Bundesgerichtshof das getan hat, mit der Privatautonomie der Parteien erklären, da es stets Vorschriften gibt, bei denen die Privatautonomie zugunsten eines zwingenden Charakters der Regelung zurücktreten muss. Ebenso ist nicht erklärbar, wieso die Offenhaltung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten nach Abschluss des Schiedsverfahrens möglich sein soll, also von einem dispositiven Charakter des § 1055 ZPO ausgegangen wird, im 706 OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.08.2006 – 1 Sch 1/06, welches das „Gebot der selbstständigen und abschließenden Entscheidung des Schiedsgerichts“ betont und klarstellt, dass wegen § 1055 ZPO kein Schiedsspruch auf vorläufiger Tatsachengrundlage möglich ist, der die Nachprüfung der Tatsachen dem staatlichen Gericht vorbehält; Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit, S. 75 ff., 82 ff.; Habscheid, KTS 1957, 161, 164 f.; Loritz, ZZP 105 (1992), 1,12 f.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 6.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1055 ZPO, Rdn 6: „denn es ist wenig sachgerecht, wenn die Parteien formlos eine Entscheidung aufheben können, an die das staatliche Gericht wegen § 1055 (noch) gebunden war“. 707 Habscheid, KTS 1957, 161, 165. 708 BGH, Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06 (LG Dortmund) = BGHZ 171, 245 = SchiedsVZ 2007, 160 ff. 709 Vgl. Wagner, in: FS Schilken (2015), S. 553, 559.
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Gegensatz dazu aber eine Modifizierung des in § 1059 Abs. 2 ZPO aufgezählten Aufhebungsgründekatalogs nicht möglich sein soll.710 Ein sachlicher Grund dafür, wieso der Verzicht auf alle Aufhebungsgründe zugunsten einer Disposition der Rechtskraft möglich sein kann, während der Numerus clausus des § 1059 Abs. 2 ZPO zwingend sei, ist nicht ersichtlich. Laut Schwab und Walter sei ohnehin fraglich, inwieweit der Wortlaut des § 1055 ZPO tatsächlich eine Beschränkung der Rechtskraftwirkung vornehmen wollte, da bereits § 866 CPO 1877 den gleichen Wortlaut hatte wie die aktuelle Fassung des § 1055 ZPO, also die damalige CPO auch beim gerichtlichen Urteil nur die Wirkungen des Urteils „zwischen den Parteien“ kannte. Der Schluss, dass der Schiedsspruch anders als das Urteil also tatsächlich nur „zwischen den Parteien“ wirken solle, könne nicht aus § 1055 ZPO gezogen werden.711 Indem das Gesetz zwischen Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO) und Schiedsspruch (§ 1055 ZPO) unterscheide und in § 1055 ZPO keine Einredeobliegenheit anordne, sondern ausdrücklich den Wirkungen eines staatlichen Urteils gleichstelle, gäbe es auch keinen sachlichen Grund, eine solche Einredeobliegenheit aus § 1032 Abs. 1 ZPO herzuleiten.712 Diesem stimmt auch Lindacher zu. Demnach sei die Schiedsgerichtsbarkeit zwar eine private, aber staatlich geduldete Rechtsprechung, welcher streitentscheidende, prozessuale Wirkung zukomme. Die für die Begründung der Einredeobliegenheit angeführte These, nur dem staatlichen Urteil käme Hoheitswirkung zu, während der Schiedsspruch auf Parteivereinbarung gründe, täusche letztlich darüber hinweg, dass es nicht darum ginge, das staatliche Urteil und den Schiedsspruch ihrem Wesen nach gleichzustellen, sondern § 1055 ZPO nur die Gleichstellung der Urteilswirkungen anordne. Möchte man feststellen, ob die gleichen Urteilswirkungen, die einem staatlichen Urteil zukommen, auch dem Schiedsspruch zukommen sollen, ist nach dem Telos der Urteilswirkungen des staatlichen Urteils zu fragen.713 Bei dieser Untersuchung des Rechtskraftgrundes von staatlichen Urteilen stößt man erneut auf weitgehende Uneinigkeit. Einerseits wird befürwortet, die Urteilsrechtskraft diene der Entlastung der staatlichen Gerichte, teils werden Rechtssicherheit und Rechtsfrieden angeführt und andere behaupten, sie bezwecke lediglich die Wahrung der dem Richterspruch innewohnenden Hoheitsgewalt. Betrachtet man lediglich die Gefahr einer Doppelbelastung der Gerichte oder die Stärkung der Hoheitsgewalt, wäre eindeutig, dass diese Gründe und damit der Grundsatz der „Beachtung von Amts wegen“ nicht auf Schiedssprüche übertragbar sind. Zieht man jedoch die Rechtssicherheit und den Rechtsfrieden in die Beurteilung mit ein, so muss dieses Ziel gleichermaßen beim Schiedsspruch verwirklicht werden. Um 710 Vgl. dazu auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/5274, S. 58: „erschöpfende Aufzählung der Aufhebungsgründe.“ 711 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 2. 712 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21, Rdn. 6. 713 Lindacher, KTS 1966, 153, 154.
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den Theorienstreit zu lösen, zieht Lindacher das Beispiel des unrichtigen Urteils heran. Allein die Verfahrensökonomie oder die staatliche Hoheitsgewalt könnten gerade nicht das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit beiseiteschieben – einzig und allein kann dies die Schaffung und Erhaltung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden begründen. Sieht man darin die Grundlage für die materielle Rechtskraft und löst den Konflikt zwischen „Gerechtigkeitsidee und Ordnungszweck des Prozesses“ zugunsten des Rechtsfriedens, geht damit auch die Unabdingbarkeit der Rechtskraft durch Parteivereinbarung einher. Dieses Rechtssicherheitsziel muss gleichermaßen auch bei der materiellen Rechtskraft von Schiedssprüchen gelten, zumal eine erneute Aufrollung infolge der jeder Entscheidung anhaftenden Möglichkeit der Unrichtigkeit kaum eine bessere Gewähr für die Übereinstimmung von Urteilsspruch und wirklicher Rechtslage ist.714 Konsequenterweise müsse die materielle Rechtskraft von Schiedssprüchen damit auch von Amts wegen zu berücksichtigen sein.715 Auch Beitzke verweist darauf, dass es sich bei der Schiedsgerichtsbarkeit um eine echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit handle und die Rechtskraft nach § 1055 ZPO damit ebenso wie die Rechtskraft i. S. v. § 322 ZPO eine staatliche Einrichtung sei und damit, um Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu schaffen, von Amts wegen zu beachten sei.716 Die Meinung, die Rechtskraft des Schiedsspruches gründe auf Parteivereinbarung, sei deshalb falsch, weil der Schiedsspruch dadurch auf eine Stufe mit der Bestimmung der Leistung durch einen Dritten i. S. d. §§ 317 ff. BGB gestellt werde. Folglich könnte aber der Schiedsspruch gar nicht vollstreckt werden; vielmehr müsste Klage aus ihm erhoben werden. Dies stehe aber gerade im Gegensatz zur Systematik des Gesetzes, welches in den §§ 1060, 1061 ZPO die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs dem Gericht überlässt und gerade nicht die Erfüllungsklage aus dem Schiedsspruch vorsieht. Ob dies überzeugen kann ist jedoch fraglich, da der Gesetzgeber durchaus auch bei Bestimmung der Leistung durch einen Dritten die Möglichkeit der Vollstreckung einräumen kann. Als Beispiel kann § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO herangezogen werden, der eine Vollstreckung aus notarieller Urkunde ermöglicht. Diese stellt aber auch eine durch private Willenserklärung des Vollstreckungsschuldners abgegebene Unterwerfung dar.717 Laut Loritz sei es ohnehin nicht logisch zwingend, dass man die Folgen dessen, was man in einer Rechtsordnung vereinbaren darf, auch ohne weiteres wieder durch eine neue Vereinbarung gleicher Art rückgängig machen könne. Ob dies dem öf 714
Lindacher, KTS 1966, 153, 155–157. Lindacher, KTS 1966, 153, 154; Walter, RIW 1988, 945, 946; anders Blomeyer, in: FS Rosenberg (1949), S. 51 ff., S. 61, der feststellt „die materielle Rechtskraft ist von Amts wegen zu beachten, das Vorliegen eines Schiedsspruches nicht, die materielle Rechtskraft kann nicht durch eine Vereinbarung der Parteien, dass das Urteil nicht gelten solle, ausgeschaltet werden, wohl aber ist die Ausschaltung eines Schiedsspruchs durch eine entsprechende Vereinbarung möglich“. 716 Beitzke, ZZP 60 (1936/37), 317, 319 f. 717 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 5 u. 7. 715
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fentlichen Interesse und dem Parteiinteresse gerecht werde, sei fraglich, da Schiedsgerichte oft in besonders schwierigen und komplexen Fällen eingesetzt werden und auch der Staat an der Entlastung der Gerichte ein elementares Interesse habe. Es ginge wohl zu weit, sich über die § 1055 ZPO angeordneten Wirkungen angesichts dieses Hintergrunds völlig hinwegzusetzen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Einsatz der Schiedsgerichtsbarkeit und damit auch der Einsatz von häufig sachkundigeren Schiedsrichtern gerade im öffentlichen Interesse liegen.718 Diesem stimmt auch Gaul zu. Richtigerweise können danach auch im Schiedsverfahren die Parteien nach dem Verfahrenszweck nur einmaligen Rechtsschutz und keinen Rechtsschutz ad finitum beanspruchen. Als echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit könne auch die Schiedsgerichtsbarkeit nicht mehr als eine „gleichwertige Rechtsschutzmöglichkeit“ anbieten. Wenn die Parteien sich aber für die Entscheidung durch ein Schiedsgericht entschieden haben, müssten sie sich auch mit eben jener abfinden.719 (c) Entscheidung Im Rahmen einer Gesamtwürdigung des bisher dargestellten Meinungsstandes ist es unerlässlich, einzelne, für sich stehende Argumente in ein überzeugendes Gesamtbild zu bringen, auch unter der Beachtung der Aufgaben und Zwecke, die dem Schiedsverfahren im Gegensatz zum staatlichen Verfahren zukommen.720 Zunächst ist in diesem Rahmen festzustellen, dass die auf Parteivereinbarung gründende Schiedsvereinbarung stets von dem durch das Schiedsgericht erlassenen Schiedsspruch und dessen durch § 1055 ZPO angeordneten Wirkungen zu unterscheiden ist. Eine Herleitung des Einredeerfordernisses aus § 1032 Abs. 1 ZPO entbehrt einer sachlichen Grundlage und ist damit abzulehnen. Richtigerweise ist die Schiedsgerichtsbarkeit zwar als ein Institut einzuordnen, welches durch Parteivereinbarung zustande gekommen ist. In dem Moment, wo die Parteien jedoch „das Zepter aus der Hand geben“, die Entscheidungszuständigkeit auf ein Schiedsgericht übertragen und das staatliche Gericht von der rechtlichen Beurteilung der Materie ausschließen, wäre es in vielerlei Hinsicht inkonsequent, den Parteien im Nachhinein die Möglichkeit einzuräumen, die Sache erneut vollumfänglich vor einem staatlichen Gericht entscheiden zu lassen. Wenn die Schiedsgerichtsbarkeit eine eigenständige und echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit darstellen soll, kann man sie nicht als reines Versuchsobjekt behandeln, dessen Wirkungen sich im Nachhinein leicht wieder beseitigen lassen. Vielmehr steht den Parteien bei der Einleitung eines Verfahrens, wenn noch kein Schiedsgericht mit der Sache befasst war, die Möglichkeit offen, die Schiedsvereinbarung aufzuheben und das Verfahren 718
Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 6. Gaul, in: FS Sandrock (2000), S. 285, 328; vgl. auch BT-Drucks. 13/5274, S. 34. 720 Vgl. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 6. 719
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vor einem staatlichen Gericht durchzuführen. Allein die Unzufriedenheit der Parteien kann auch beim staatlichen Prozess kein Grund sein, das bisherige Verfahren als nichtexistent zu betrachten und die Rechtskraft aufzuheben.721 Auch vor einem Schiedsgericht ist kein beliebiger Rechtsschutz einholbar, da die Schiedsgerichtsbarkeit als echte Alternative zwar eine „gleichwertige Rechtsschutzmöglichkeit“722 darstellen muss, aber auch nicht mehr. Gerade in Bezug auf die Argumentation des Bundesgerichtshofs und die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts ist festzustellen, dass diesen wohl keine einheitliche Systematik zugrunde liegt. Während einerseits darauf verwiesen wird, bei § 1059 Abs. 2 ZPO handle es sich um einen abschließenden, unveränderbaren Aufhebungskatalog, geht der Entwurf dennoch und vor allem trotz mehrfacher Erwähnung der Gleichstellung von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit von einer bestehenden Einredeobliegenheit aus. Ein Unterschied in der Disponibilität von § 1055 ZPO und § 1059 ZPO ließe sich unter Umständen noch erklären; wieso § 1059 Abs. 2 ZPO jedoch im Ganzen abdingbar, seine einzelnen Teile jedoch zwingend sein sollten, lässt sich nicht erklären. Auch wurde kein Erklärungsversuch dahingehend unternommen. Während einige der bisher dargestellten Argumente alleinstehend für sich überzeugen können, ist bei der Beurteilung der einzelnen Aspekte vor allem zu beachten, dass dem Schiedsspruch als Produkt der Schiedsgerichtsbarkeit, einer eigenständigen Rechtsprechungsalternative, auch ein verbindlicher Charakter zukommen muss. Bei der Entscheidung der Frage, ob diese Verbindlichkeit der materiellen Rechtskraft i. S. v. § 322 ZPO gleichzustellen ist, vermag auch die Feststellung der Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit als Rechtsprechung oder materiell rechtlicher Vertrag nicht zu helfen. Denn selbst bei einer Einordnung als materiellrechtlicher Vertrag könnte der Gesetzgeber prozessrechtliche Rechtskraftwirkungen anordnen. Die Grenze für den Gesetzgeber liegt stets in der Verfassungsmäßigkeit, welche durch die Anordnung prozessualer Wirkungen aber nicht tangiert wird.723 An jener Stelle, wo das Gesetz eine Wertungsfrage offenlässt, ist diese im Rahmen juristischer Methodik aufzulösen. Neben Wortlaut und Historie ist dabei vor allem das Telos der Norm zu berücksichtigen. Die Aussage Habscheids, der Gesetzgeber wollte dem Schiedsspruch die gleichen Wirkungen zuerkennen wie dem staatlichen Urteil, kann dabei nicht weiterhelfen, weil dieser „Wille des Gesetzgebers“ nachträglich nicht aufgeklärt werden kann. Wie bei Loritz eingehend erörtert, ist Telos der Rechtskraftwirkungen vor allem die Schaffung und Erhaltung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Ein staatliches Interesse besteht also auch für die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen für Schiedssprüche. Aufgabe des
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a. A. Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1040 ZPO, Rdn. 5. Gaul, in: FS Sandrock (2000), S. 285, 328. 723 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 8. 722
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Rechtsstaates ist es, für ein möglichst inhaltlich richtiges, aber auch effektives Verfahren zu sorgen. Während der Staat die Möglichkeit hat, gewisse Bereiche der Rechtsordnung, wie Ehe- und Familienrechtsstreitigkeiten oder Teile des Arbeitsrechts, den staatlichen Gerichten vorzubehalten und damit für objektiv und subjektiv nicht schiedsfähig zu erklären, kann er gewisse andere Bereiche für objektiv und subjektiv schiedsfähig erachten. Des Weiteren können gewisse verfahrensrechtliche Voraussetzungen für das schiedsrichterliche Verfahren in den nationalen Zivilverfahrensordnungen getroffen werden, um eine möglichst inhaltlich qualitativ gute Rechtsprechung sicherzustellen. Wie aber auch bei staatlichen Gerichten, kann der Gesetzgeber letzten Endes nie die inhaltliche Richtigkeit jeder einzelnen Entscheidung sicherstellen, wie es eben bessere und schlechtere staatliche Richter gibt. Auch die Schaffung von mehr Gesetzen vermag dieses Ziel nicht zu erreichen, da alleine durch eine Fülle von Gesetzen weder deren richtige Anwendung, noch eine zufriedenstellende Rechtfortbildung sichergestellt sind.724 Indem der Staat die Schiedsgerichtsbarkeit als solche erlaubt und ihr Verfahren in gewissem Umfang in den nationalen Verfahrensordnungen regelt, geht damit zwar immer das Risiko einer inhaltlich fehlerhaften, mit der materiellen Rechtslage nicht im Einklang stehenden Entscheidung einher. Gleichermaßen besteht dieses Risiko aber auch vor den staatlichen Gerichten. Dieses Risiko wird gerade auch von Befürwortern der prozessualen Rechtskrafttheorie (ne-bis-in-idem) akzeptiert, da sie die Parteien bei einem unrichtigen Urteil in einer Art doppelten Rechtsordnung leben lässt und keinerlei Probleme hat, bei erfolgreicher Wiederaufnahme auf die objektive, ohne die falsche Entscheidung bestehende Rechtslage zurückzugreifen.725 Sowohl bei der Auswahl und Ernennung staatlicher Richter, als auch für die Ernennung von Schiedsrichtern sieht das Gesetz oder die jeweilige Verfahrensordnung ein Procedere vor; ebenso geregelt sind die Möglichkeiten eines Ausschlusses bzw. einer Ablehnung von staatlichen Richtern (z. B. §§ 41 ff. ZPO) oder Schiedsrichtern (§§ 1037, 1038 ZPO). Eine inhaltlich richtige Entscheidung kann vor beiden alternativen Gerichtsbarkeiten nicht sichergestellt werden; im Gegenteil sind staatliche Richter gerade bei international gelagerten Sachverhalten nicht so sachkundig, wie die jeweiligen Schiedsrichter, sei dies aufgrund der Materie, mit der sie nicht so vertraut sind, aber auch einer möglicherweise bestehenden Sprachbarriere. Ebenso garantiert die nochmalige Entscheidung vor einem staatlichen Gericht nicht zwingend eine inhaltlich bessere Entscheidung. Die Realität hat oft gezeigt, dass Schiedsrichter vielfach besser judizieren als ihre staatlichen Kollegen. Wenn der Staat darauf beschränkt wird, für ein rechtsstaatliches und inhaltlich richtiges Verfahren die äußeren Voraussetzungen zu schaffen, muss dies auch für das Schiedsverfahren ausreichen.726 In den §§ 1025 ff. ZPO hat der
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Vgl. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 9. Saenger, in: Saenger ZPO, § 322 ZPO, Rdn. 11; ebenso Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 151, Rdn. 8. 726 Vgl. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 10. 725
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deutsche Gesetzgeber zur Sicherung eines hochwertigen, rechtsstaatlichen Verfahrens solche äußeren Verfahrensregeln aufstellt – nur exemplarisch sind z. B. die §§ 1034, 1035, 1036, 1037 ZPO als Voraussetzungen für die Bestellung des Schiedsgerichts und die Auswahl und mögliche Ablehnung der Schiedsrichter zu nennen. Des Weiteren stellt der Gesetzgeber in den §§ 1042 ff. ZPO Regeln für die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens auf. In den §§ 1059 ZPO ff. sind wie weiter oben festgestellt, abschließend die „Rechtsbehelfe“ gegen den Schiedsspruch aufgezählt. d) Fazit Erlaubt der Rechtsstaat für gewisse Materien das schiedsrichterliche Verfahren und stellt gewisse Regeln in der Zivilprozessordnung bereit, ist das Verfahren nach Erlass eines Schiedsspruches – sofern innerhalb des Schiedsverfahrens selbst keine Berufung etwa zu einem Oberschiedsgericht möglich ist – als abschließend und endgültig zu verstehen. Sachliche Gründe dafür, dass die Qualität der schiedsrichterlichen Rechtsprechung als minderwertig zu qualifizieren und auch die materielle Rechtskraft von staatlichen Urteilen und Schiedssprüchen unterschiedlich zu behandeln wären, sind nicht ersichtlich. Konsequenterweise müssen dem aus dem Schiedsverfahren ergehenden Schiedsspruch die gleichen rechtlichen Wirkungen wie dem staatlichen Urteil zukommen, mithin damit auch materielle Rechtskraft im Umfang von § 322 ZPO. Nicht die Gleichstellung, sondern jede unterschiedliche Behandlung von Schiedsspruch und staatlichem Urteil bedarf daher einer teleologischen Rechtfertigung.727 § 1055 ZPO zielt auf eine Funktionsidentität von Schiedsspruch und staatlichem Urteil jedenfalls hinsichtlich der materiellen Rechtskraft ab. Folglich geht damit auch einher, dass die Rechtskraft eines Schiedsspruches von Amts wegen zu beachten ist und gerade nicht abbedungen werden kann. 2. Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche, § 1060 ZPO Im vorangegangenen Exkurs wurde festgestellt, dass die materielle Rechtskraft von Schiedssprüchen i. S. d. § 1055 ZPO stets von der Vollstreckbarerklärung i. S. d. § 1060 ZPO zu trennen ist. Die genauen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche werden in § 1060 Abs. 2 ZPO geregelt und mit § 1059 ZPO sachlich, förmlich und zeitlich in Verbindung gesetzt. Nicht nur wird damit eine mehrfache Befassung des staatlichen Gerichts vermieden und die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO gesichert, sondern auch der gewünschte Entscheidungsein-
727
So Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 11.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
klang erreicht.728 In ihrer Konzeption sind die Vorschriften der §§ 1060, 1061 ZPO denjenigen des UNCITRAL-Modellgesetzes in Art. 35 und 36 sehr ähnlich,729 mit der Ausnahme, dass sich § 1060 ZPO nur auf inländische Schiedssprüche bezieht, während beim ausländischen Schiedsspruch § 1061 ZPO und das UNÜ anwendbar sind. Eine eigene Anerkennung findet bei inländischen Schiedssprüchen wegen § 1055 ZPO nicht statt, welcher dem Schiedsspruch ipso iure die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils verleiht.730 Ist die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO abgelaufen, kommt allenfalls noch die Versagung der Vollstreckbarerklärung in Betracht. Trotz § 1055 ZPO ist eine vollständige Gleichstellung mit den Wirkungen eines staatlichen Urteils wegen § 1060 Abs. 1 ZPO (im Gegensatz zu § 704 Abs. 1 Var. 2 ZPO) erst dann erreicht, wenn dem Schiedsspruch durch staatlichen besonderen Vollstreckungsakt die Vollstreckbarkeit eigens verliehen wurde.731 a) Voraussetzungen und Verfahren: § 1060 Abs. 2 ZPO Das Vollstreckbarerklärungsverfahren zielt auf eine Rechtsgestaltung ab. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist stattzugeben, wenn ein endgültiger,732 wirksamer Schiedsspruch vorliegt und keine Aufhebungsgründe, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind und nicht nach Abs. 2 präkludiert sind, geltend gemacht werden. aa) Endgültiger, wirksamer Schiedsspruch i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO Das Verfahren ist nur statthaft für inländische Schiedssprüche, die von einem Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO erlassen wurden.733 Ist in der Schiedsvereinbarung ein Oberschiedsgericht vorgesehen, so muss die Frist zu dessen Anrufung für die Zulässigkeit des Vollstreckbarerklärungsverfahrens verstrichen sein.734 Ebenso sind die Förmlichkeiten des § 1054 ZPO zu wahren: dafür muss der Schiedsspruch schriftlich abgefasst, datiert, unterschrieben und begründet und den Parteien mitgeteilt worden sein,735 das schiedsgerichtliche Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen sein und einen Anspruch zuerkennen.736 Liegen die Vor 728
Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung, S. 1, 13. 729 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 176. 730 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 1. 731 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 3. 732 Siehe auch Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 12. 733 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; ders., MDR 1999, 662, 663. 734 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 5. 735 Schütze, in; Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6. 736 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 = SchiedsVZ 2008, 40, 43; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 15.
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aussetzungen des § 1054 ZPO nicht vor, so kann das Schiedsgericht nachbessern; es genügt deren Vorliegen im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung.737 Der Schiedsspruch kann sowohl einen verurteilenden, als auch gestaltenden oder feststellenden Inhalt haben, muss also keinen vollstreckbaren Inhalt aufweisen.738 bb) Antrag nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist bei dem i. S. d. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständigen Oberlandesgericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 1063 Abs. 4 ZPO) von der siegreichen Schiedspartei gegen den künftig schiedsrichterlich benannten Vollstreckungsschuldner zu stellen. Er unterliegt keiner Frist.739 Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind vom Gericht von Amts wegen zu prüfen,740 ebenso das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Schiedsspruches und der Eingang eines ausreichenden Antrags.741 Auch bei Schiedssprüchen ohne vollstreckbaren Inhalt ist das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, da somit endgültige Rechtsklarheit über die Frage der Aufhebbarkeit des Schiedsspruches erreicht werden kann.742 cc) Verfahren und Festlegung des Gegenstands des Vollstreckungstitels Beim Verfahren zur Vollstreckbarerklärung handelt es sich um ein dem Klausel erteilungsverfahren vorgelagertes Erkenntnisverfahren,743 diesbezüglich gelten die §§ 1062 ff. ZPO.744 Es ist als Beschlussverfahren ausgestaltet und eine mündliche Verhandlung ist gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO nötig, wenn ein Aufhebungsgrund geltend gemacht wird oder in Betracht kommt.745 737
Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 9. BGH, Beschluss vom 30.03.2006 – III ZB 78/05 (KG Berlin) = NJW-RR 2006, 995; BGH, Beschluss vom 29.01.2009 – III ZB 88/07 = SchiedsVZ 2009, 176, 177; OLG München, Beschluss vom 28.01.2009 – 34 Sch 22/08 = SchiedsVZ 2009, 127, 128; noch offenlassend Kröll, SchiedsVZ 2006, 203, 210; ders., SchiedsVZ 2007, 145, 152; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2402 f.; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 1; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 531; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2, 5; Wolff / Falk, SchiedsVZ 2006, 280, 280 f. 739 Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 531. 740 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 7; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 5; dazu näher auch Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 6 f. 741 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 7. 742 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6. 743 OLG München, Beschluss vom 08.03.2007 – 34 Sch 28/06 = SchiedsVZ 2007, 164, 165; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 3; Hübler, NZI 2014, 494, 498; Kröll, in: FS Schütze (2015), S. 305, 307; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 1. 744 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 3. 745 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 1. 738
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Die Formulierung in § 794 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ZPO („aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären“) könnte nahelegen, Vollstreckungstitel sei alleine die Entscheidung des staatlichen Gerichts.746 Die Vollstreckungsgewalt obliegt nämlich ausschließlich dem Staat,747 während die Verbindlichkeit des Schiedsspruchs lediglich auf der aufgrund von Privatleuten getroffenen Schiedsvereinbarung und der daraus erfolgten Streitentscheidung gründet. Dem Beschluss über die Vollstreckbarerklärung fehlt jedoch ein vollstreckbarer Inhalt, dieser liegt weiterhin im Gegenstand des Schiedsspruches. Ohne § 1060 Abs. 1 ZPO fehlt die Ermächtigungsgrundlage, ohne § 794 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ZPO aber der Titel. Da kein „merger“ im Sinne des common law stattfindet, ist Vollstreckungstitel der Schiedsspruch in Verbindung mit der Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Vollstreckbarerklärung.748 Die Vollstreckbarerklärung ist die nachträgliche Erteilung des staatlichen Leistungsbefehls. dd) Begründetheit des Antrags – Prüfung der Aufhebungsgründe Der Antrag ist begründet, wenn keine Aufhebungsgründe i. S. v. § 1059 Abs. 2 ZPO entgegenstehen. Deren Aufzählung ist abschließend zu verstehen. Es handelt sich nicht um ein Rechtsmittelverfahren,749 sondern um ein besonders ausgestaltetes Erkenntnisverfahren vor dem Klauselerteilungsverfahren.750 Wie im Aufhebungsverfahren lässt sich unterscheiden in Aufhebungsgründe, die von Amts wegen zu prüfen sind (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) oder begründet geltend zu machen sind (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).751 Ebenso reduziert sich die Prüfung auf grobe Mängel des Schiedsspruches, ohne dass eine „Kontrolle“ der inhaltlichen Richtigkeit stattfindet.752
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Siehe auch BT-Drucks. 13/5274, S. 61; so auch Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 2397; Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 358. 747 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 1. 748 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 4; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 26; a. M. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 22 („Vollstreckungstitel ist alleine die Entscheidung des staatlichen Gerichts, welche den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt“). 749 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 18. 750 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 1. 751 BGH, Beschluss vom 15.07.1999 – III ZB 21–98 (Oldenburg) = NJW 1999, 2974, 2974; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 8. 752 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 = SchiedsVZ 2008, 40, 42; OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2010 – 10 Sch 2/10 = SchiedsVZ 2010, 278, 278; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6.
C. Inländische Schiedssprüche
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(1) Anforderungen an die begründete Geltendmachung bei § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO müssen begründet geltend gemacht werden.753 Hinsichtlich der begründeten Geltendmachung wird teils schlüssiger Tatsachenvortrag als ausreichend erachtet,754 teils aber auch gefordert, die Geltendmachung müsse den Anforderungen an eine Revisionsbegründung i. S. d. § 551 Abs. 3 ZPO entsprechen.755 Während Art. 36 Abs. 2 lit. a UNCITRALModellG durch den Wortlaut „at the request of the party“ eine solche rechtlich korrekte Bezeichnung nahelegt, ist der Bundesgerichtshof in seinem Wortlaut unklar.756 Bei der begründeten Geltendmachung ist jedoch eine rechtlich korrekte Einordnung des konkreten Aufhebungsgrundes erforderlich.757 (2) Ausschluss durch rechtskräftige Abweisung des Aufhebungsantrags, § 1060 Abs. 2 S. 2 ZPO Aufhebungsgründe sind nicht zu berücksichtigen, soweit im Zeitpunkt der Zustellung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein darauf gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen wurde.758 Dies ist sachgerecht, da mit Blick auf den Antrag auf Vollstreckbarerklärung das Aufhebungsverfahren meist ausgesetzt oder für erledigt erklärt wird. Geschieht dies nicht, muss die abweisende Entscheidung nach den Regeln der Rechtskraft dennoch präjudiziell wirken, sodass auch in diesem Fall im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung der geltend gemachte Aufhebungsgrund keine Berücksichtigung mehr finden kann.759
753
BGH, Beschluss vom 15.07.1999 – III ZB 21–98 (Oldenburg) = NJW 1999, 2974, 2975; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 7. 754 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 20. 755 OLG München, Beschluss vom 08.05.2006 – 34 Sch 38/05, http://www.dis-arb.de/de/47/ datenbanken/rspr/olg-münchen-case-no-34-sch-38-05-date-2006-05-08-id667, abgerufen zuletzt am 25.01.2018; in diesem Sinne wohl auch Art. 36 Abs. 2 lit. a UNCITRAL-ModellG („at the request of the party“); ebenso Ehricke, ZZP 113 (2000), 453, 458–461; Kröll, SchiedsVZ 2007, 145, 151; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 7; Voit, in: Musielak ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 23; weniger streng Münch, in: MüKo ZPO, § 1050 ZPO, Rdn. 51. 756 BGH, Beschluss vom 15.07.1999 – III ZB 21–98 (Oldenburg) = NJW 1999, 2974, 2975 („zur Nachprüfung gestellt“) bzw. andererseits BGH, Urteil vom 01.02.2001 – III ZR 332/99 (Stuttgart) = NJW-RR 2001, 1059, 1059 („substantiiert berufen“). 757 Lockerer Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 20. 758 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24. 759 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 10; ebenso Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
(3) Ausschluss durch Ablauf der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind zudem präkludiert, wenn die Frist für einen Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 ZPO abgelaufen ist, ohne dass ein Antrag auf Aufhebung gestellt oder diese Gründe im Antrag auf Vollstreckbarerklärung begründet geltend gemacht wurden. Andernfalls könnte der Schuldner einfach abwarten, bis der Gläubiger die Vollstreckbarerklärung beantragt.760 Zudem ist ein Antrag auf Aufhebung unzulässig, wenn das Vollstreckbarerklärungsverfahren anhängig ist. Rechtfertigt ein Grund die Aufhebung sowohl nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, als auch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, tritt keine Präklusion ein.761 (4) Erweiterung des Prüfungsmaßstabes auf Einwendungen nach § 767 ZPO Fraglich ist zudem, ob materielle Einwendungen, die nach Erlass des Schiedsspruches entstanden sind, im Vollstreckbarerklärungsverfahren berücksichtigt werden können, was jedenfalls dann zu verneinen ist, wenn sie im Schiedsverfahren hätten geltend gemacht werden können.762 Ob im Falle nachträglich entstandener Einwendungen oder bei bereits bestehenden Einwendungen, die vom Schiedsgericht jedoch unberücksichtigt blieben,763 eine inzidente Abwehr (§ 767 ZPO analog) möglich ist oder der Schuldner darauf zu verweisen ist, eine separate Vollstreckungsabwehrklage zu erheben, wird kontrovers beurteilt. Während § 1060 ZPO auf die Verleihung der Vollstreckbarkeit abzielt, verfolgt § 767 ZPO deren Beseitigung, setzt damit inzident aber auch einen Titel voraus.764 Nach einer Auffassung müsste für die Berücksichtigung von Einwendungen deshalb die Vollstreckbarerklärung abgewartet werden, weil ansonsten auch die zuständigen Oberlandesgerichte als Eingangsinstanz mit umfassenden Tatsachenermittlungen belastet würden.765 Dieser Mehraufwand für die Oberlandesgerichte soll jedoch hinsichtlich der Entlastung der staatlichen Gerichtsbarkeit insgesamt in Kauf genommen werden:766 um
760
Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 21; s. auch BT-Drucks. 13/5274, S. 61, li. Sp. Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 11; ebenso Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 21. 762 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO Rdn. 8; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 12. 763 BGH, Beschluss vom 18.12.2013 – III ZB 92/12 = SchiedsVZ 2014, 31, 32; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 12. 764 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 33. 765 OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.10.2000 – 1 Sch 13/99 = MDR 2001, 595, 595 f.; dazu auch eingehend Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 34; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 8. 766 OLG Hamm, Urteil vom 20.06.2001 – 8 Sch 2/00 = NJW-RR 2001, 1362, 1363; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 8. 761
C. Inländische Schiedssprüche
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einen unnötigen Kosten- und Zeitaufwand zu vermeiden767 und dem Ziel der Verfahrenskonzentration gerecht zu werden768, sind materielle Einwendungen daher im Vollstreckbarerklärungsverfahren selbst zu beachten.769 Es würde auf eine unnötige Förmelei hinauslaufen, den Schuldner mit diesen Einwendungen auf eine Vollstreckungsgegenklage zu verweisen. Diese bleibt jedoch weiterhin zulässig.770 Zu beachten sind die Einschränkungen des § 767 Abs. 2 ZPO:771 maßgeblicher Zeitpunkt für die Präklusion ist die letztmalige Gewähr rechtlichen Gehörs durch das Schiedsgericht. Unterliegt die Einwendung selbst der Schiedsvereinbarung, kann das staatliche Gericht diese nicht berücksichtigen. Wird eine Aufrechnung geltend gemacht, so kann diese nur dann uneingeschränkt geltend gemacht werden, wenn diese wiederum nicht der Schiedsvereinbarung unterliegt.772 Greift eine Einwendung durch, so ist nur die Vollstreckbarerklärung zu versagen – eine Aufhebung des Schiedsspruches findet nicht statt.773 b) Entscheidung des Gerichts Das Gericht fällt seine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 1063 Abs. 1 ZPO, gegen den die Rechtsbeschwerde gemäß § 1065 Abs. 1 ZPO statthaft ist.774 aa) Positive Sachentscheidung und Wirkung der Vollstreckbarerklärung Der stattgebende Beschluss lautet auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches und ist seinerseits für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 1064 Abs. 2 ZPO. In der Vollstreckbarerklärung ist der Schiedsspruch beizufügen oder seine Formel wortgetreu zu übernehmen.775 767
Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 34. Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 12. 769 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2008, 40, 43; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 8; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27, Rdn. 12; kritisch Kröll, SchiedsVZ 2008, 112, 119. 770 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 54; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 9; a. A. Kröll, in: FS Schütze (2015), S. 305, 319; zur separaten Vollstreckungsabwehrklage auch Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 38; ebenso Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 13. 771 BGH, Urteil vom 21.12.1960 – IV ZR 162/60 (Frankfurt a. M.) = NJW 1961, 1067, 1068; Köhne / Langner, RIW 2003, 361, 364. 772 OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2004 – 9 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2005, 163, 165; Schwab / Walter, Schiedsverfahrensrecht, Kap. 27, Rdn. 17; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 12. 773 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 12; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 10; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 8. 774 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6. 775 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 23. 768
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
(1) Abgrenzung zwischen Feststellungs- und Gestaltungswirkung zur Vollstreckungswirkung Gemäß § 1055 ZPO kommen dem Schiedsspruch die Wirkungen eines staatlichen Urteils zu. Durch § 1060 ZPO wird jedoch die vollkommene Gleichstellung mit den Wirkungen eines staatlichen Urteils zumindest hinsichtlich der Vollstreckbarkeit ausgeschlossen. Deshalb muss geklärt werden, ob dies eine Auswirkung auf die materielle Rechtskraft des Schiedsspruches, mithin auf die Feststellungswirkungen des Schiedsspruches hat und daher auch für die Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne, also etwa zur Herbeiführung der Gestaltungswirkung oder für Registereintragungen, trotz § 1055 ZPO eine Vollstreckbarerklärung notwendig ist.776 Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang die materielle Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen klar voneinander zu trennen.777 Während beim staatlichen Urteil § 322 Abs. 1 ZPO die materielle Rechtskraft regelt und die Vollstreckbarkeit alleine aus § 704 Abs. 1 ZPO folgt, folgt die materielle Rechtskraft beim Schiedsspruch aus § 1055 ZPO, während § 1060 Abs. 1 ZPO den Rückschluss auf § 704 Abs. 1 ZPO verwehrt. Darin liegt jedoch keine Einschränkung der materiellen Rechtskraft des Schiedsspruchs, sondern lediglich eine andere Ausgestaltung der Vollstreckbarerklärung als beim staatlichen Urteil. Ein Schiedsspruch, der auf die Gestaltung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist, kann somit mit Eintritt der Rechtskraft nach § 1055 ZPO seine Wirkungen entfalten,778 wohingegen Akte, für welche auch staatliche Gerichtsurteile eine Vollstreckungsklausel enthalten müssen, der Vollstreckbarerklärung bedürfen.779 Für den Eintritt der Gestaltungswirkungen ist wie beim staatlichen Urteil die materielle Rechtskraft von Schiedssprüchen i. S. d. § 1055 ZPO ausreichend, wie zum Beispiel bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsrechten und handelsrechtlichen Registereintragungen.780 Eine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu staatlichen Urteilen ist bei der Gestaltungswirkung grundsätzlich nicht angezeigt.781 Unabhängig davon können aber auch gestaltende und feststellende Schiedssprüche trotz fehlenden vollstreckbaren Inhalts vollstreckbar erklärt werden, da hiermit zugleich die Unanfechtbarkeit des Schiedsspruchs rechtskräftig festgestellt wird.782
776
Siehe auch Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung, S. 1, 22 f. Siehe dazu § 4 C. V. 1. zum Exkurs zur Rechtskraft von Schiedssprüchen. 778 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 540. 779 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; so auch Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 541. 780 Dazu ausführlich Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 555; ebenso Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 18 f.; anders BayObLG, Beschluss vom 24.02.1984 – Breg. 3 Z 197/83 = BayObLGZ 1984, 45, 48 f. 781 So auch Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 11 ff. 782 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 540; ebenso Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 178; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2532; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 26, Rdn. 7; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 6. 777
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(2) Ausnahme: Fiktion der Abgabe der Willenserklärung gemäß § 894 ZPO Umstritten ist jedoch, ob ein Schiedsspruch, der auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist, mit Eintritt der formellen Rechtskraft nach § 894 ZPO zur Fiktion der Abgabe der Willenserklärung führt783 oder hierfür eine Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO erforderlich ist.784 Während einem gerichtlichen Urteil die Vollstreckbarkeit gleichzeitig mit seiner Rechtskraft zukommt, sind diese Zeitpunkte beim Schiedsspruch nicht simultan. Für die Feststellung des für die Fiktion der Willenserklärung maßgeblichen Zeitpunkts ist danach zu fragen, ob sich die Wirkung des § 894 ZPO nach dem Eintritt der Rechtskraft selbst richtet oder von der in § 704 Abs. 1 ZPO ausgesprochenen Vollstreckbarkeit des rechtskräftigen Urteils abhängig ist.785 Der Grund, die Fiktion nach § 894 ZPO nur bei rechtskräftigen und unangreifbaren Urteilen – und daher mit Ausnahme von § 895 ZPO grundsätzlich nicht bei vorläufig vollstreckbaren Urteilen – greifen zu lassen, liegt in der Schwierigkeit, die Fiktionswirkung des § 894 ZPO wieder rückgängig zu machen. Das Telos des § 894 ZPO liegt in der Vereinfachung der Vollstreckung und ist als Unterfall der Vollstreckung einer Verurteilung auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung zu sehen. Bei der Fiktion der Willenserklärung nach § 894 ZPO ist daher nicht die Rechtskraft nach § 1055 ZPO ausreichend, sondern muss eine Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches vorliegen786 oder zumindest die Frist des § 1059 Abs. 3 S. 1 ZPO verstrichen sein.787 (3) Übrige Vollstreckungsvoraussetzungen § 1060 Abs. 1 ZPO verwehrt nur den Rückschluss auf § 1055 ZPO i. V. m. § 704 Abs. 1 Var. 1 ZPO, stellt aber nicht frei von den übrigen zu erfüllenden Vollstreckungsvoraussetzungen. Die §§ 724 – 793 ZPO gelten deshalb uneingeschränkt, die Zwangsvollstreckung richtet sich im Übrigen nach den §§ 803 ff. ZPO.788 Insbesondere sind die vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen zu beachten: nach deutschem Vollstreckungsrecht muss ein Vollstreckungstitel den durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt und Umfang 783 So OLG Dresden, Beschluss vom 08.05.2001 – 11 Sch 8/01 = BB 2001, Beil. 7, S. 22 ff.; Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 18; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 180, Rdn. 36; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2. 784 BGH, Urteil vom 30.11.1961 – VII ZR 12/61 (OLG Hamburg) = JZ 1962, 287, 288 = ZZP 75 (1962), 119 mit Anm. Schwab, ZZP 75 (1962), 123, 123; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1055 ZPO, Rdn. 2; Gruber, in: MüKo ZPO, § 894 ZPO, Rdn. 7; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 5; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 2; Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 557 f. 785 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 593, 557; ebenso Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 18; a. A. Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 18. 786 Walter, in: FS Schwab (1990), S. 539, 558. 787 Dieser Meinung ist zumindest Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung, S. 1, 24. 788 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 5.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
der Leistungspflicht bezeichnen.789 Offenbare Unrichtigkeiten i. S. v. § 319 Abs. 1 i. V. m. § 1058 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können deshalb durch das staatliche Gericht bereinigt werden.790 Wenn es sich um sicher feststellbare, offenkundige Umstände handelt791 und der Schiedsspruch sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegt,792 kann das staatliche Gericht zudem bei der Konkretisierung unterstützend tätig werden. Berichtigt werden darf aber nur der Vollstreckungstitel, sodass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann, keinesfalls der Schiedsspruch selbst.793 Dies obliegt weiterhin einzig und allein dem Schiedsgericht, § 1058 ZPO.794 Liegt die Vollstreckbarerklärung vor, führt dies zu einer besonderen Bestandskraft des Schiedsspruchs jenseits des § 1055 ZPO, da der Schiedsspruch gegen Aufhebungsgründe gesichert ist, § 1059 Abs. 3 S. 4 ZPO.795 bb) Negative Sachentscheidung Die Verweigerung der Vollstreckbarerklärung ist die Nichtgewährung der Titeleigenschaft und ihrerseits für vorläufig vollstreckbar zu erklären.796 Der Erlass eines ablehnenden Beschlusses kann entweder darauf beruhen, dass der Vollstreckbarkeit materielle Einwendungen entgegen stehen, es an einer Prozessvoraussetzung fehlt oder ein Aufhebungsgrund i. S. d. § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt.797 Bei Vorliegen eines solchen Aufhebungsgrundes ist aber nicht nur die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, sondern der mangelhafte Schiedsspruch von Amts wegen aufzuheben.798 Obgleich für die Aufhebung kein gesonderter Antrag zu stellen 789
BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – III ZB 19/11 = SchiedsVZ 2012, 41, 42. OLG München, Beschluss vom 07.05.2008 – 34 Sch 26/07 = NJOZ 2008, 4808, 4817; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 7 („mechanische Schreibfehler“); Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 532. 791 BGH, Urteil vom 06.11.1985 – Ivb ZR 73/84 (OLG Koblenz) = JZ 1987, 203, 203 f.; OLG München, Beschluss vom 18.11.2004 – 34 Sch 19/04 = SchiedsVZ 2006, 111, 112; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.07.2005 – 2 Sch 4/05 = SchiedsVZ 2005, 260, 262; OLG München, Beschluss vom 22.06.2009 – 34 Sch 26/08 = SchiedsVZ 2010, 169, 172 und 173; OLG München, Beschluss vom 11.04.2012 – 34 Sch 21/11 = SchiedsVZ 2012, 156, 159. 792 BGH, Urteil vom 06.11.1985 – IVb ZR 73/74 = NJW 1986, 1440. 793 BGH, Beschluss vom 21.12.2010 – IX ZB 28/10; OLG München, Beschluss vom 25.09.2006 – 34 Sch 12/06 = BeckRS 2006, 11342. 794 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24a. 795 BGH, Beschluss vom 30.03.2006 – III ZB 78/05 (KG Berlin) = SchiedsVZ 2006, 278, 278 f. mit kritischer Anmerkung Wolff / Falk, SchiedsVZ 2006, 280, 281; s. auch Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 25. 796 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 28. 797 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 10; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 1–3. 798 BGH, Urteil vom 24.04.1958 – VII ZR 437/56 (OLG Hamburg) = MDR 1958, 508, 508; Hausmann, in: FS Stoll (2001), S. 593, 615; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, 790
C. Inländische Schiedssprüche
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ist, ist ein gesonderter Ausspruch der Aufhebung notwendig.799 Dies wird dem Interesse an einer endgütigen Beilegung des Streits gerecht. Dem staatlichen Gericht ist in diesem Zusammenhang auch die Zurückweisungsbefugnis des § 1059 Abs. 4 ZPO zuzusprechen,800 ebenso gilt § 1059 Abs. 5 ZPO (Wiederaufleben der Schiedsbindung).801 c) Inhalt der Entscheidung – Rolle der staatlichen Gerichte bei der Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das staatliche Gericht wie im Aufhebungsverfahren nicht überprüfen darf, ob ein Schiedsspruch inhaltlich zutreffend erscheint und auch nicht grob unbillig ist. Das staatliche Gericht ist auch bei der Vollstreckbarerklärung an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden, Verbot der révision au fond.802 Eine sachliche Nachprüfung verbietet sich damit grundsätzlich in dreierlei Hinsicht: – Die durch das Schiedsgericht getroffene Tatsachenfeststellung darf nicht nachgeprüft werden. Darunter fallen auch die Erhebung von Beweisen und ihre richterliche Würdigung. Die durch Beweisverbote entstehende Beweisverkürzung muss hingenommen werden, unabhängig davon, ob man die Beweiserhebung materiell rechtlich oder prozessrechtlich einordnet. – Das Verfahren, das zum Schiedsspruch geführt hat, darf mit Ausnahme der Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip und den anwendbaren Verfahrensregeln ebenso nicht überprüft werden. – Die richtige Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht ist der gerichtlichen Nachprüfung entzogen.803 Rdn. 2491; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 26; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 10; Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 15. 799 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 26. 800 Siehe OLG Hamburg, Beschluss vom 30.05.2008 – 11 Sch 9/07 = BeckRS 2008, 20097; OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2011 – 19 Sch 11/10 = SchiedsVZ 2012, 161, 166 f.; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 26; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 27; Voit, in: Musielak, § 1060 ZPO, Rdn. 15; Wighardt, SchiedsVZ 2010, 252, 253; anders Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2394. 801 OLG Hamburg, Beschluss vom 30.05.2008 – 11 Sch 9/07 = BeckRS 2008, 20097; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 27. 802 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 (OLG Stuttgart) = SchiedsVZ 2008, 40, 42; OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2010 – 10 Sch 2/10 = SchiedsVZ 2010, 277, 279; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 17.01.2013 – 26 Sch 24/12 = SchiedsVZ 2013, 341, 344; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 180 f. 803 Vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 55.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann wegen des Gleichlaufs mit dem Aufhebungsverfahren lediglich dann erfolgen, wenn Zweifel hinsichtlich der ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs, der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes oder der Existenz oder des Umfangs der Schiedsvereinbarung bestehen.804 In diesem Zusammenhang findet unvermeidbar zumindest indirekt eine gewisse inhaltliche und sachliche „Kontrolle“ statt.805 Gleiches gilt, wenn die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung möglicherweise gegen den ordre public verstößt.806 Problematisch ist dabei, dass sich nur in wenigen Fällen am Tenor eines Schiedsspruches erkennen lässt, ob seine Vollstreckung ordre public widrig ist807 und ein Schiedsgericht selten Tatsachen feststellt oder aufgrund deren Grundlage eine rechtliche Würdigung vornimmt, die unmittelbar einen ordre public Verstoß begründet. Im Gegenteil ist es häufiger der Fall, dass sich ein Schiedsgericht selbst mit einem Einwand auseinandergesetzt hat, der mit dem ordre public des jeweiligen Vollstreckungsstaates kollidieren könnte, diesen Einwand jedoch als unbegründet verworfen hat.808 In diesem Kontext stellt sich die Frage, inwieweit die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts einer staatsgerichtlichen „Kontrolle“ zugänglich sind. Während früher noch überwiegend vertreten wurde, das staatliche Gericht sei bei der „Überprüfung“ von ordre public Verstößen nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Schiedsgerichts gebunden, ist im Sinne eines internationalen Entscheidungseinklangs eine sich im Vordringen befindende, einschränkende Auffassung vorzugswürdig.809 Was die rechtlichen Ausführungen des Schiedsgerichts betrifft, prüft das staatliche Gericht daher wenigstens, ob die von den Parteien vereinbarten Regeln samt ihrer Grundlagen in den §§ 1029–1031 ZPO eingehalten wurden.810 Was die tatsächlichen Feststellungen und die „Überprüfung“ der Subsumptionstätigkeit des Schiedsgerichts bei möglichen ordre public Verstößen betrifft, ist weitgehend auf die für das Aufhebungsverfahren getroffenen Ausführungen zu verweisen. Zu unterscheiden ist zwischen öffentlichen und privaten Interessen, die von ordre public Verstößen berührt werden können.811 Für eine „Überprüfung“ der tatsächlichen Feststellungen muss ein so eklatanter Verstoß vorliegen, der geeignet ist, das „Vertrauen weiter Kreise auf die allgemeine Rechtssicherheit und die Zuverlässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens im einzelnen Fall zu erschüttern“.812 Der Staat kann nämlich insbesondere dann nicht seine 804 Siehe § 4 C. II. 4. zur Rolle der staatlichen Gerichte im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO. 805 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 65. 806 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 181. 807 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 181. 808 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 181. 809 So auch Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 182. 810 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 19. 811 Horn, SchiedsVZ 2008, 209, 217; in diesem Sinne auch Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S. 24. 812 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 62.
C. Inländische Schiedssprüche
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eigene Staatsgewalt zur Vollstreckung zur Verfügung stellen, wenn in dem Schiedsspruch selbst ein Ergebnis verwirklicht wird, das mit den Gesetzen eben jenes Staates nicht vereinbar ist.813 Bei der zwangsweisen Durchsetzung des Schiedsspruchs kann der Staat seine Mithilfe verweigern, solange er nicht den Schiedsspruch auf seine Vereinbarkeit mit den seitens der staatlichen Rechtsordnung vorgesehenen Anforderungen überprüft hat.814 Neben solchen Staatsinteressen, die im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO von Amts wegen auch bei der Vollstreckbarerklärung zu prüfen sind, spielt auch die Parteifürsorge bei diesem staatlichen Vorbehalt eine wichtige Rolle. Eine präventive „Kontrolle“ scheint auch deswegen angebracht, da bei Schiedssprüchen nicht mehr kompletter nachträglicher Rechtsschutz offensteht.815 Wie im Aufhebungsverfahren hat das staatliche Gericht jedoch auch bei der ordre public „Kontrolle“ Zurückhaltung zu üben und das Verbot der révision au fond weitest möglich einzuhalten. Das Verbot der révision au fond führt zwar dazu, dass auch unrichtigen Schiedssprüchen Geltung verschafft wird. Dies kann jedoch auch bei Entscheidungen staatlicher Gerichte eintreten. In Hinblick auf die gewünschte Gleichwertigkeit von staatlicher und Schiedsgerichtsbarkeit ist dies hinzunehmen: res iudicata pro veritare habetur.816 Obgleich inhaltliche Veränderungen unzulässig sind817 und das staatliche Gericht an den Tenor des Schiedsgerichts gebunden ist und dieser auch im Rahmen der Vollstreckbarerklärung unverändert aufzunehmen ist,818 müssen die vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen des § 704 ZPO eingehalten werden: nach deutschem Vollstreckungsrecht muss ein Vollstreckungstitel den durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnen.819 Notfalls kann das Staatsgericht daher in diesem Zusammenhang offenbare Unrichtigkeiten i. S. d. § 319 Abs. 1 i. V. m. § 1058 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bereinigen,820 als auch konkretisierend bei der Auslegung helfen, solange es sich dabei lediglich um sicher feststellbare, offenkundige Umstände handelt821 und der Schiedsspruch sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegt.822 813
Altenmüller, KTS 1974, 150, 151; v. Heymann, Ordre public, S. 176 f. Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 1. 815 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 3. 816 Vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 56. 817 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 14. 818 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2421 ff.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 7. 819 BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – III ZB 19/11 = SchiedsVZ 2012, 41, 42. 820 OLG München, Beschluss vom 07.05.2008 – 34 Sch 26/07 = NJOZ 2008, 4808, 4817; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 7. 821 BGH, Entscheidung vom 25.09.1986 – VII ZR 349/85 = JZ 1987, 203; OLG München, Beschluss vom 18.11.2004 – 34 Sch 19/04 = SchiedsVZ 2006, 111, 112; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.07.2005 – 2 Sch 4/05 = SchiedsVZ 2005, 260, 262; OLG München, Beschluss vom 22.06.2009 – 34 Sch 26/08 = SchiedsVZ 2010, 169, 172 und 173; OLG München, Beschluss vom 11.04.2012 – 34 Sch 21/11 = SchiedsVZ 2012, 156, 159. 822 BGH, Urteil vom 06.11.1985 – IVb ZR 73/74 = NJW 1986, 1440. 814
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Bei dieser Konkretisierung und Berichtigung ist dennoch stets große Zurückhaltung zu üben.823 Berichtigt werden darf nach einer Beweisaufnahme nur der Vollstreckungstitel, sodass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann, keinesfalls der Schiedsspruch selbst.824 Dies obliegt weiterhin einzig und allein dem Schiedsgericht, § 1058 ZPO.825 Schiedssprüche, die keinen hinreichend bestimmbaren oder gar einen widersprüchlichen Inhalt haben, sind aufzuheben. Eine Aufhebung kann zudem erfolgen, wenn aus Sicht der deutschen Gerichte ein ordre public Verstoß vorliegt, während in einem anderen Land eine Vollstreckbarerklärung möglich wäre. Die Aufhebungsgründe stellen schließlich die Grenze dessen dar, was der Gesetzheber an privater Schiedsgerichtsbarkeit als Ersatz zur staatlichen Gerichtsbarkeit toleriert. Das Interesse der Allgemeinheit, solche inländischen Schiedssprüche aufzuheben, die diese Anforderungen nicht erfüllen, falls deren Vollstreckbarerklärung begehrt wird, muss berücksichtigt werden.826
D. Ausländische Schiedssprüche Damit ausländische Schiedssprüche auch im Inland ihre Wirkung entfalten, ermöglicht § 1061 ZPO die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, welcher wiederum auf das UNÜ verweist. Einerseits findet eine Anerkennung des ausländischen Schiedsspruches im Inland statt, welcher selbst staatliche, ausländische Urteile unterliegen (vgl. §§ 328, 722, 723 ZPO). Andererseits erfolgt die Gleichstellung privater Rechtsprechung mit der staatlichen Rechtsprechung, welche auch inländische Schiedssprüche kennen (vgl. §§ 1059, 1060 ZPO).827 Die Anerkennung und Vollstreckung erfolgt im Inland, ohne dass es auf eine eigene Gegenseitigkeitsverbürgerung ankäme, § 1061 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. V UNÜ.828 Regelmäßig wird nur die Vollstreckbarerklärung begehrt, welche aber die Anerkennung des Schiedsspruches impliziert (Arg. § 1061 Abs. 2 ZPO). Eine Aufhebung des ausländischen Schiedsspruches kann nicht erfolgen.829 Anerkennungsfreundlichere Regeln bilateraler Anerkennungsverträge über Schiedssprüche bleiben weiterhin anwendbar, § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO.830
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Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2421. BGH, Beschluss vom 21.12.2010 – IX ZB 28/10; OLG München, Beschluss vom 25.09.2006 – 34 Sch 12/06 = BeckRS 2006, 11342. 825 Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24a. 826 Voit, in: Musielak ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 15. 827 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1. 828 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1. 829 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 830 Nagel / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 16, Rdn. 116–117. 824
D. Ausländische Schiedssprüche
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I. Anerkennung ausländischer Schiedssprüche Ausländische Schiedssprüche müssen wie ausländische Urteile anerkannt werden, um im Inland ihre Wirkung entfalten zu können, da die Wirkungen eines Schiedsspruches auf das Territorium seiner Nationalität beschränkt bleiben.831 Anerkennung bedeutet wie bei der internationalen Urteilsanerkennung Wirkungserstreckung mit Ausnahme der Vollstreckbarkeit.832 Diese bedarf eines besonderen formellen Erstreckungsaktes in Form der Vollstreckbarerklärung. Da dem Schiedsspruch zwischen den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils zukommen, § 1055 ZPO, wird die Wirkung in dem Umfang erstreckt, in dem sie das erststaatliche Recht kennt.833 Liegen die Voraussetzungen des Art. III UNÜ vor, treten ohne gesondertes Anerkennungsverfahren die prozessualen Wirkungen des ausländischen Schiedsspruches, also Rechtskraft, Präklusions- und Gestaltungswirkung ein.834 Es handelt sich somit um eine Inzidentanerkennung; eine separate Anerkennung kennt das neue Recht trotz des Wortlauts in § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO „Anerkennung und Vollstreckung“ nicht.835 Die Vollstreckbarerklärung impliziert die Anerkennung des Schiedsspruches.836 Ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen, werden ausländische Schiedssprüche im Gegensatz zu inländischen nicht aufgehoben. Stattdessen ist feststellend auszusprechen, dass ihnen die Anerkennung fürs Inland versagt wird.837 Diese Rechtsfolge der Nichtanerkennung tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein.838 Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum inländischen Schiedsspruch, der gemäß § 1055 ZPO solange wirksam ist, bis er gemäß § 1059 ZPO aufgehoben wird.839
II. Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, § 1061 ZPO Für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist ein gesondertes Verfahren erforderlich. § 1061 Abs. 1 ZPO verweist auf das Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schieds-
831
Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 3, Rdn. 6. 833 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 4. 834 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 18; ders. § 1060 ZPO, Rdn. 9; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 16; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 91. 835 Im Unterschied zu inländischen Schiedssprüchen; vgl. Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 3; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 836 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 837 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 26; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 838 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 19. 839 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 19. 832
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
sprüche, mithin das UNÜ.840 Dieses stellt das wichtigste Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit dar und regelt nicht nur die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen (Art. II UNÜ), sondern vor allem die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Schiedssprüchen. Das eigentliche Zwangsvollstreckungsverfahren wird vom nationalen Recht geregelt. Für Deutschland trat das UNÜ am 28.09.1961 in Kraft.841 1. Anwendbarkeit: Ausländische Schiedssprüche Das UNÜ ist anwendbar für ausländische Schiedssprüche, also solche, deren Ort des Schiedsverfahrens (§ 1043 Abs. 1 ZPO) nach dem Territorialprinzip gemäß § 1025 Abs. 1 ZPO nicht in Deutschland liegt, Art. I Abs. 1 S. 1 UNÜ.842 Ein Schiedsspruch ist auch dann ausländisch, wenn die Parteien für das Schiedsverfahren im Ausland deutsches Verfahrensrecht vereinbart haben.843 Da das ÜNÜ als multilaterales Übereinkommen selbst keine Definition für den Begriff „Schiedsspruch“ enthält, ist dieser Begriff autonom aus sich heraus auszulegen. Ziel des Abkommens ist schließlich, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen zu ermöglichen. Deshalb ist von einem anerkennungsfreundlichen Begriff des Schiedsspruches auszugehen.844 Es muss sich um einen Schiedsspruch eines ständigen oder Gelegenheitsschiedsgerichts845 handeln, welcher eine Zivil- oder Handelssache zum Gegenstand hat,846 nach zweitstaatlichem Recht847 eine verbindliche Entscheidung darstellt und nicht mehr der oberschieds- oder staatsgerichtlichen „Überprüfung“ unterliegt bzw. staatlichen Exequaturs bedarf.848 Dies folgt nun aus Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ. Die 840
BGBl. 1962 II, S. 102. BGBl. 1962 II, S. 102; Adoplphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1; ebenso Glossner, SchiedsVZ 2009, 39, 39. 842 BGH, Urteil vom 14.04.1988 – III ZR 12/87 (Stuttgart) = NJW 1988, 3090, 3091; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 3; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2, 3; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 4. 843 Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1. 844 Adoplphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3; Geimer, in: Zöller ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Art. I UNÜ, Rdn. 1. 845 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15. 846 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 38. 847 Für zweitstaatliches (im Fall der Vollstreckbarerklärung in Deutschland deutsches) Recht: OLG Rostock, Beschluss vom 22.11.2001 – 1 Sch 3/2000 = IPRax 2002, 401, 404; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2005 – I-26 Sch 5/03 = SchiedsVZ 2005, 214, 215; Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 19; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 3; für eine doppelte Qualifikation: Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 4, 5; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 11; für die Qualifikation nach erststaatlichem Recht: Geimer, IZPR, Rdn. 3892; Haas, in: Weigand, S. 420, Rdn. 47. 848 BGH, Urteil vom 26.06.1969 – VII ZR 32/67 (Hamburg) = NJW 1969, 2093, 2093; BGH, Urteil vom 09.03.1978 – III ZR 78/76 (Düsseldorf) = NJW 1978, 1744, 1744; BGH, Urteil 841
D. Ausländische Schiedssprüche
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potentielle Möglichkeit einer Aufhebung oder Wiederaufnahme des Verfahrens steht der Verbindlichkeit nicht entgegen, da Art. VI UNÜ die Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens vorsieht.849 In einigen Fällen können bei ausländischen Spruchkörpern Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Qualifikation von Schiedsgerichten bestehen. Als taugliche Abgrenzungskriterien können folgende Gesichtspunkte herangezogen werden: – Staatliche Gerichte erhalten ihre Zuständigkeit aus dem Gesetz, während Schiedsgerichte ihre Zuständigkeit aufgrund einer Parteivereinbarung erhalten; – Das staatliche Verfahren eröffnet den Parteien keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Auswahl der Richter, welche der Schiedsgerichtsbarkeit gerade wesenseigen ist.850 Letztlich können auch feststellende und gestaltende Schiedssprüche vollstreckbar erklärt werden.851 2. Vollstreckbarerklärung nach dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Gemäß Art. III UNÜ sind alle ausländischen Schiedssprüche auf Antrag für vollstreckbar zu erklären, sofern kein Versagungsgrund i. S. d. Art. V UNÜ in concreto entgegensteht.852 Im Verhältnis zu Vertragsstaaten gilt das Übereinkommen staatsvertraglich, im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten als nationales Recht,853 da der Vertragsstaatenvorbehalt von der Bundesregierung zurückgenommen wurde.854 Für das Vollstreckbarerklärungsverfahren gelten die §§ 1062 ff. ZPO, ergänzend kommen die Vorschriften für das Erkenntnisverfahren zur Anwendung.855 vom 10.05.1984 – III ZR 206/82 (Karlsruhe) = NJW 1984, 2763, 2764; BGH, Urteil vom 14.04.1988 – III ZR 12/87 (Stuttgart) = NJW 1988, 3090, 3091; BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2199; BGH, Beschluss vom 22.02.2001 – III ZB 71/99 (Rostock) = NJW 2001, 1730, 1730; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 10; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 10; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1–2; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 5. 849 Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 850 Siehe Haas, in: Weigand, S. 399 ff., Art. 1, Rdn. 52; Schütze, RIW 1984, 261, 263; ders., in: FS Bucher (2009), S. 699 ff., 700 ff.; ders., Internationales Zivilprozessrecht, § 1061 ZPO, Rdn. 15;; ders., in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 17. 851 Borges, ZZP 111 (1998), 487, 511 f.; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 18; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 852 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 853 Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 5; s. auch Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2. 854 BGBl. 1999 II, S. 7; siehe auch Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1. 855 BGH, Beschluss vom 27.03.2002 – III ZB 43/00 = NJW-RR 2002, 933; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
a) Konkurrenz des Verfahrens nach § 1061 ZPO und anderen Verfahrensarten Bezüglich des Verhältnisses von § 1061 ZPO zu anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen gilt das sog. Günstigkeitsprinzip.856 Die Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung in anderen bilateralen und multilateralen Abkommen bleiben unberührt, § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO und § 1064 Abs. 3 ZPO.857 In Bezug auf das autonome Recht kann trotz der Umsetzung der Bestimmungen des UNÜ in § 1061 ZPO eine einzelne Regel des nationalen Rechts oft anerkennungsfreundlicher sein. Ist dies der Fall, kann das Gericht auf diese Regel zurückgreifen, sog. Meistbegünstigungsklausel mit Grundlage in Art. VI Abs. 1 UNÜ.858 Auch wenn die Parteien keine „Rosinenpickerei“859 betreiben können, kommt in Hinblick auf § 1061 Abs. 1 ZPO das anerkennungsfreundlichere Regelwerk860 oder das anerkennungsfreundlichere formstrenge nationale Recht des Schiedsvertrags in seiner Gesamtheit zur Anwendung,861 ohne dass sich die Partei darauf berufen müsste.862 Die Wirkungserstreckung und Vollstreckbarerklärung nach anderen Staatsverträgen soll an späterer Stelle untersucht werden. Von Relevanz sind insbesondere das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.04.1961 (EuÜ),863 das Genfer Protokoll über Schiedsklauseln im Handelsverkehr vom 24.09.1923864 und 856 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 (OLG Hamburg) = NJW-RR 2004, 1504, 1504; Mezger, AWD 1971, 322 ff.; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7; Wais, in: Schütze / Tscherning / Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rdn. 638. 857 Siehe auch Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 5. 858 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 (OLG Hamburg) = NJW-RR 2004, 1504, 1504; BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 3499, 3500; BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 (OLG Karlsruhe) = NJW 2007, 772, 774; BGH, Urteil vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08 = SchiedsVZ 2011, 46, 49; BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – III ZB 69/09 = SchiedsVZ 2010, 332, 333; BT-Drucks. 13/5274, S. 62; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2508; Quinke, SchiedsVZ 2011, 169 ff.; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 8; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 24. 859 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn 7; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 25; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7. 860 Somit also nicht das anerkennungsversagungsfreundlichere Regelwerk, da das UNÜ die Anerkennung erleichtern, nicht erschweren soll; dazu BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 (OLG Hamburg) = NJW-RR 2004, 1504, 1504; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7, Fn. 31. 861 BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 3499, 3500; BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – III ZB 69/09 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW-RR 2011, 560, 570; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 2. 862 BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 (OLG Karlsruhe) = NJW 2007, 772, 774; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7. 863 BGBl 1964 II, S. 425; dazu eingehend Gómez Jene, IPrax 2005, 84, 85 f. 864 RGBl 1925 II, S. 47.
D. Ausländische Schiedssprüche
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das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.09.1927,865 sowie bilaterale Verträge.866 b) Vollstreckbarerklärung ausländischen Exequaturs Wenn ein Schiedsspruch im Erststaat durch ein staatliches Gericht für vollstreckbar erklärt wurde und diese Entscheidung den Inhalt des Schiedsspruchs nach der „doctrine of merger“867 in sich aufnahm, sollten Gläubiger nach früherer Ansicht des Bundesgerichthofs868 ein Wahlrecht haben, ob sie die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruches wegen der selbstständigen Verurteilung („judgment upon the award“) nach § 1061 ZPO oder nach §§ 722 ff. ZPO betreiben wollten.869 Dabei kann es aber zu einer Titelvermehrung kommen, wenn der Gläubiger sowohl aus dem Exequatururteil, als auch aus dem Schiedsspruch vollstrecken darf, obwohl das Exequatururteil den Inhalt des Schiedsspruches ja eigentlich in sich aufgenommen hat.870 In einem Urteil vom 02.07.2009 hat der Bundesgerichtshof871 deshalb eine Kehrtwende vorgenommen und hält an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest.872 Exequaturentscheidungen dürfen nicht mehr nach §§ 722, 723 ZPO vollstreckt werden,873 es gilt der Grundsatz „exequatur sur exequatur ne vaut“.874 Die obsiegende Partei kann deshalb nur den Schiedsspruch und nicht das Exequatururteil für vollstreckbar erklären lassen.875 865
RGBl 1930 II, S. 1068. Siehe Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn, 5. 867 Siehe Section 9 US Arbitration Act; dazu auch Dolinar, in: FS Schütze (1999), S. 187 ff.; zum englischen Recht: Kilgus, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 122 ff.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 7. 868 BGH, Urteil vom 10.05.1984 – III ZR 206/82 = NJW 1984, 2763. 869 Baumbach / Lauterbach ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 9; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO Rdn. 11; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6. 870 Dies verkannte jedoch der BGH, Urteil vom 10.05.1984 – III ZR 206/82 (Karlsruhe) = NJW 1984, 2763, 2763; dazu auch kritisch Dolinar, in: FS Schütze (1999), S. 187, 193–195; vgl. auch Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 8 f.; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 139, Fn. 50; Schütze, RIW 1984, 734, 735; ders., in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 15. 871 BGH, Urteil vom 02.07.2009 – IX ZR 152/06 = RIW 2009, 721 ff.; Besprechung von Schütze, RIW 2009, 817 ff.; kritisch Borges, LMK 2010, 308128. 872 Siehe auch Plaßmeier, SchiedsVZ 2010, 82 ff.; ebenso Schlosser, IPrax 1985, 141 ff.; Weller, in: FS v. Hoffmann (2011), S. 1087 ff.; a. A. Solomon, Verbindlichkeit, S. 570 ff., 609, 702, da das Exequatururteil eine Entscheidung über die Wirksamkeit des Schiedsspruchs enthalte, die bei einer Vollstreckbarerklärung im Erststaat wegen dessen internationaler Zuständigkeit anerkennungsfähig sei. 873 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 15; ders., Kap. 42, Rdn. 7; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 8. 874 Vgl. auch Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 58; ders. § 722 ZPO, Rdn. 32 f.; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 12, 21; Lackmann, in: Musielak ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 3; Schütze, in: FS Spellenberg (2010), S. 511 ff.; Solomon, Verbindlichkeit, S. 570 ff. 875 Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 3. 866
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Gleiches gilt für die Anerkennung von Entscheidungen staatlicher Gerichte auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit, etwa, wenn das Urteil eines ausländischen staatlichen Gerichts die Klage wegen Bestehens einer wirksamen Schiedsklausel abweist oder deren Wirksamkeit feststellt. Die Entscheidung in der Sache kann nicht anerkannt werden.876 c) Systematik der Verweisung in das UNÜ Bei der Verweisung in § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt es sich um eine beschränkte Verweisung auf Art. II Abs.1 und Abs. 2 UNÜ, Art. III S. 1 UNÜ und Art. IV–VI UNÜ. Art. III S. 2 UNÜ (prozessuale Gleichbehandlung, geregelt in § 1025 Abs. 4 ZPO mit §§ 1062–1065 ZPO) und Art. VII Abs. 1 UNÜ (materielle Meistbegünstigung, geregelt in § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO) werden national eigenständig geregelt.877 aa) Art. I UNÜ In Art. I UNÜ wird generell das Verhältnis des UNÜ zum autonomen deutschen Schiedsrecht normiert. Art. I Abs. 1 UNÜ regelt, wann ein Schiedsspruch als ausländischer unter das UN-Übereinkommen fällt oder nach dem für inländische Schiedssprüche geltenden autonomen deutschen Recht vollstreckt werden muss.878 Diese Anwendungsvoraussetzungen sind jedoch durch die eigenständige Regelung in § 1061 Abs. 1 ZPO ergänzt worden. Da in Deutschland ergangene Schiedssprüche gemäß § 1025 Abs. 1 ZPO immer als inländische Schiedssprüche zu qualifizieren sind (Territorialitätsprinzip), können diese Schiedssprüche nicht in den Anwendungsbereich des UNÜ fallen. Art. I Abs. 1 S. 2 UNÜ ist deshalb für Deutschland hinfällig.879 Art. I Abs. 2 UNÜ ist als selbstverständliche Klarstellung zu betrachten.880 Gemäß Art. I Abs. 1 UNÜ ist der Anwendungsbereich des Abkommens grundsätzlich universell. Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ sieht daher vor, dass jeder Staat die Anwendung des Übereinkommens auf diejenigen Schiedssprüche beschränken kann, die in einem anderen Vertragsstaat ergangen sind (sog. Vertragsstaatenvorbehalt).881 Nachdem § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO alle ausländischen Schiedssprüche 876
Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 62. Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 16. 878 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 1; ders., Kap. 42, Rdn. 2. 879 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 6; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 1; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2; 880 Zu den Anwendungsvoraussetzungen und der autonomen Qualifikation von Schiedssprüchen, siehe § 4 D. II 1. 881 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 20; den Vertragsstaatenvorbehalt haben folgende Staaten erklärt (zit. nach Fn. 53): Afghanistan, Algerien, Antigua und 877
D. Ausländische Schiedssprüche
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nach dem UNÜ anerkennt882 und Deutschland auch formell den Vertragsstaatenvorbehalt aufgehoben hat,883 kommt Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ in der Bundesrepublik praktisch keine Bedeutung mehr zu. Art. I Abs. 3 S. 2 UNÜ, der eine Beschränkung auf Handelssachen zulässt (sog. Handelssachenvorbehalt),884 ist in Deutschland hinsichtlich der ZPO-Konzeption, welche den Anwendungsbereich des UNCITRAL-ModellG extrem öffnen wollte, ebenso obsolet,885 zumal Deutschland den Anwendungsbereich des UNÜ nicht auf Handelssachen begrenzt hat.886 bb) Art. II UNÜ Art. II UNÜ verpflichtet die Vertragsstaaten einerseits zur Anerkennung von schriftlichen Schiedsvereinbarungen und legt andererseits vereinheitlichte Sachnormen fest, die den Abschluss von Schiedsvereinbarungen betreffen und den Rückgriff auf nationales Sachrecht verhindern.887 In Art. II Abs. 3 UNÜ wird zudem festgelegt, dass jedes staatliche Gericht eines Vertragsstaates sich, wenn es von einer Partei angerufen wird, für unzuständig erklären muss, soweit zwischen den Parteien ein Schiedsvertrag besteht, der den in Abs. 2 beschriebenen Anforderungen genügt.
Barbadu, Argentinien, Armenien, Bahrain, Barbados, Belgien, Bhutan, Bosnien-Herzegowina, Botswana, Bulgarien, Brunei, China (Volksrepublik, einschl. Macau), Dänemark, Ecuador, Frankreich, Griechenland, Guatemala, Heiliger Stuhl, Indien, Indonesien, Iran, Irland, Jamaika, Japan, Kenia, Korea, Kroatien, Kuba, Kuwait, Libanon, Liechtenstein, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Malta, Marokko, Mauritius, Mazedonien, Moldawien, Monaco, Mongolei, Mosambik, Montenegro, Nepal, Neuseeland, Niederlande, Nigeria, Norwegen, Pakistan, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Saudi Arabien, Serbien, Singapur, Slowenien, St. Vincent und Grenada, Tadschikistan, Tansania, Trinidad und Tobago, Türkei, Tunesien, Uganda, Ungarn, Venezuela, Vereinigtes Königreich Großbritannien, Vereinigte Staaten von Amerika, Vietnam, Zentralafrikanische Republik, Zypern. 882 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 8. 883 Dies geschah mit Wirkung zum 31.08.1998, BGBl. 1999 II, S. 7; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 20; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 8. 884 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 9. 885 Geimer, in: Zöller ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 2. 886 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 25; vom Handelssachenvorbehalt Gebrauch gemacht haben folgende Staaten (zit. nach Fn. 59): Afghanistan, Algerien, Antigua und Barbadu, Argentinien, Armenien, Bahrain, Barbados, Bosnien-Herzegowina, Botswana, China (Volksrepublik), Dänemark, Ecuador, Griechenland, Guatemala, Heiliger Stuhl, Indien, Indonesien, Iran, Jamaika, Kanada (alle Provinzen mit Ausnahme Quebecs), Korea, Kroatien, Kuba, Madagaskar, Makedonien, Malaysia, Monaco, Mongolei, Montenegro, Nepal, Nigeria, Philippinen, Polen, Rumänien, Serbien, Slowenien, St. Vincent und Grenada, Trinidad und Tobago, Türkei, Tunesien, Ungarn, Venezuela, Vereinigte Staaten von Amerika, Vietnam, Zentralafrikanische Republik, Zypern. 887 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. II UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1–2.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Insbesondere in Hinblick auf Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ, der eine wirksame Schiedsvereinbarung für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen voraussetzt, wird Art. II UNÜ hinsichtlich der dort in Abs. 2 festgelegten Schriftform relevant. Nach Art. IV Abs. 1 lit. b UNÜ muss nämlich derjenige, der die Vollstreckung aus dem Schiedsspruch betreiben will, den Schiedsvertrag bei der zuständigen Stelle „im Sinne des Art. II UNÜ“ vorlegen. Diesem Schriftformerfordernis ist genüge getan, wenn das Vertragswerk selbst, in dem die Schiedsklausel enthalten ist, unterzeichnet wurde oder aber – soweit die Klausel in einem getrennten Dokument enthalten ist – diese von den Parteien in Briefen oder Telegrammen ausgetauscht wurde.888 Die Möglichkeit einer mündlichen oder stillschweigend abgeschlossenen Schiedsvereinbarung soll durch das Schriftformerfordernis ausgeschlossen werden und dient nicht nur der Beweisfunktion, sondern vor allem dem Schutz und der Warnung der Parteien vor übereiligem Abschluss eines Schiedsvertrags.889 In Hinblick auf das Verhältnis zu anderen Anerkennungsnormen gilt zwar richtigerweise das Günstigkeitsprinzip – in Deutschland gibt es jedoch in der ZPO neben § 1061 ZPO, welcher das UN-Übereinkommen für anwendbar erklärt, keine weitere Anerkennungsregelung für ausländische Schiedsvereinbarungen.890 Dies führt zu dem irreführenden Ergebnis, dass die Anforderungen an die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bei ausländischen Schiedssprüchen strenger wären als bei inländischen.891 Dieses missliche Ergebnis wurde deshalb dahingehend korrigiert, die Einhaltung der Voraussetzungen des § 1031 ZPO oder des Art. 7 UNCITRAL ModellG „in entsprechender Anwendung von Art. VII UNÜ“ genügen zu lassen.892 Ein Rückgriff auf weniger strenge nationale Formvorschriften ist grundsätzlich nicht versperrt, da die Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen durch die Schaffung des UNÜ erleichtert werden sollte.893 cc) Art. III UNÜ Art. III S. 1 UNÜ verpflichtet die Vertragsstaaten völkerrechtlich, ausländische Schiedssprüche anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn die Anforderungen der Art. IV bis VI UNÜ erfüllt werden. Die Versagung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung darf nur aus den in Art. V UNÜ genannten Gründen erfol-
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Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 163, 164. Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 44, Rdn. 7–8. 890 Schütze, in: Wieczorek / Schütze, § 1061 ZPO, Rdn. 40. 891 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22a. 892 BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – III ZB 69/09 = SchiedsVZ 2010, 332; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22a; ders., Anh. § 1061 ZPO, Art. II, Rdn. 1; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1061 ZPO Anh., Rdn. 76, 159. 893 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. II UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 18; dazu ergänzend Hanefeld / Wittinghofer, SchiedsVZ 2005, 217, 219 f. 889
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gen.894 Mangels Vertragsstaatenvorbehalt gilt dies auch für Schiedssprüche, die nicht in einem Vertragsstaat ergangen sind.895 Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann sowohl die Anerkennung (Art. III S. 1 Var. 1 UNÜ), als auch die Zulassung zur Zwangsvollstreckung (Art. III S. 1. Var. 2 UNÜ) begehrt werden. National erfolgt die Anerkennung inzident im Rahmen der Vollstreckbarerklärung.896 Art. III S. 2 UNÜ postuliert zudem, dass die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen, auf die das UNÜ anzuwenden ist, weder wesentlich strengeren Formvorschriften, noch wesentlich höheren Kosten als die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche unterliegen darf.897 Da das UNÜ entgegen ursprünglicher Pläne keine eigenen Bestimmungen zur Regelung des Vollstreckungsverfahrens kennt, bleibt es den nationalen autonomen Rechtsordnungen überlassen, solche Regelungen hinsichtlich eines Vollstreckungsverfahrens bereitzustellen. In Art. III S. 2 UNÜ wird nur die Diskriminierung ausländischer Schiedssprüche verboten. Diese prozessuale Gleichbehandlung findet ihren Niederschlag in § 1025 Abs. 4 ZPO mit §§ 1062–1065 ZPO, da nach deutschem Verfahrensrecht in- und ausländische Schiedssprüche im gleichen Beschlussverfahren für vollstreckbar erklärt werden.898 dd) Art. IV UNÜ Art. IV UNÜ regelt förmliche Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, wobei der Antragsteller die Existenz des Schiedsspruches und der Schiedsvereinbarung nachzuweisen hat. Danach sind die legalisierte Urschrift des Schiedsspruches oder eine ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift und die Schiedsvereinbarung899 in beglaubigter Ur- oder Abschrift900 je mit deutscher Übersetzung gemäß Art. IV Abs. 2 UNÜ901 vom Antragsteller vorzulegen.
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Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. III UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1. Geimer, in: Zöller ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Art. III UNÜ, Rdn. 2. 896 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 18. 897 Vgl. Samtleben, ZZPInt 16 (2011), S. 425, 430. 898 Vgl. Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. III UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3. 899 Wird der Inhalt der Schiedsvereinbarung vom Gegner nicht bestritten, kann auf Vorlage der Schiedsvereinbarung verzichtet werden; vgl. BGH, Beschluss vom 22.02.2001 – III ZB71/99, Rostock = WM 2001, 971, 972; BayObLG, Beschluss vom 11.08.2000 – 4Z Sch 5/00 = BayObLGZ 2000, 233, 235 f.; OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003 – 8 Sch 11/02 = SchiedsVZ 2004, 165, 167; Geimer, in: Zöller ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Art. IV UNÜ, Rdn. 2; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6. 900 Dafür muss durch amtliche Bestätigung die Authentizität der Unterschrift der Schiedsrichter nachgewiesen werden; vgl. Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. 901 Siehe dazu § 142 Abs. 3 Abs. 1 lit. a ZPO; die Vorlage einer deutschen Übersetzung stellt eine bloße Beweismittelregelung für die Existenz und Authentizität des Schiedsspruchs dar; sind diese unstreitig, ist die Vorlage einer beglaubigten, wenn auch nicht von einer legalisierten Ur 895
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
In diesem Zusammenhang ist die Schriftform gemäß Art. II UNÜ902 allerdings im Lichte des Günstigkeitsprinzips auszulegen.903 In Deutschland schwächt § 1064 Abs. 3 ZPO diese Anforderungen deutlich ab, wonach die Schiedsvereinbarung ebenso wenig vorzulegen ist, wie die Übersetzung des Schiedsspruchs.904 Nach § 1064 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 und 2 ZPO ist nur die Vorlage des Schiedsspruchs im Original oder in beglaubigter Abschrift erforderlich.905 Die Schiedsvereinbarung ist lediglich dann vorzulegen, wenn der Gegner den behaupteten Inhalt der Schiedsvereinbarung bestreitet.906 Allerdings kann das Gericht nach den allgemeinen Regeln der §§ 142 ZPO, 184 GVG die Vorlage von Unterlagen und Übersetzungen verlangen.907 Trotz des Verweises in § 1061 ZPO ist die Vorschrift auch auf ausländische Schiedssprüche in Hinblick auf Art. VII UNÜ anzuwenden,908 sodass § 1064 Abs. 3 ZPO Vorrang vor Art. IV UNÜ zukommt, ohne dass sich die Parteien hierauf berufen müssten.909
schrift gefertigten Abschrift ausreichend; vgl. BGH, Beschluss vom 17.08.2000 – III ZB 43/99 (Frankfurt a. M.) = NJW 2000, 3650, 3651. 902 OLG Hamburg, Beschluss vom 30.07.1998 – 6 Sch 3/98 = NJW-RR 1999, 1738, 1739. 903 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = NJW-RR 2004, 1504, 1505; BayObLG, Beschluss vom 11.08.2000 – 4Z Sch 5/00 = BayObLGZ 2000, 233, 235 f.; Seiler, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. 904 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = NJW-RR 2004, 1504, 1505; OLG Schleswig, Beschluss vom 15.07.2003 – 16 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2003, 237, 238; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 26; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11; a. A. OLG Rostock, Beschluss vom 22.11.2001 – 1 Sch 3/2000 = IPrax 2002, 401, 403; wohl auch Münch, in: MüKo ZPO, § 1064 ZPO, Rdn. 4. 905 Die Beglaubigung der Abschrift kann durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgen; BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = SchiedsVZ 2003, 281, 282; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IV UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 5–6; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 26; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. 906 BGH, Beschluss vom 22.02.2001 – III ZB 71/99 (Rostock) = NJW 2001, 1730, 1730; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IV UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9. 907 Kröll, SchiedsVZ 2003, 281, 284; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IV UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. 908 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IV UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3; Haas, IPrax 2000, 432, 433. 909 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = NJW-RR 2004, 1504, 1505; BayObLG, Beschluss vom 11.08.2000 – 4Z Sch 5/00 = BayOLGZ 2000, 233, 236; OLG Schleswig, Beschluss vom 15.07.2003 – 16 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2003, 237, 238; OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2004 – 9 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2005, 163, 165; Kröll, SchiedsVZ 2003, 281, 283; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 153; Reichold, in: Thomas / Putzo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6; ders. § 1064 ZPO, Rdn. 3; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 58, Rdn. 2; a. A. OLG Rostock, Beschluss vom 22.11.2001 – 1 Sch 3/2000 = IPrax 2002, 401, 403, welches von dem in § 1064 Abs. 3 ZPO postulierten Vorrang staatsvertraglicher Regelungen ausgeht und daher das Prinzip der Meistbegünstigung nicht als anwendbar erachtet, wenn anderslautende Bestimmungen in Staatsverträgen bestehen.
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ee) Art. V UNÜ In Art. V UNÜ wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruches versagt werden kann, obwohl die erforderlichen Nachweise nach Art. IV UNÜ vom Vollstreckungskläger erbracht wurden. Dem Parteiantrag zur Anerkennung und / oder Vollstreckbarerklärung wird stattgegeben, wenn keine Versagungsgründe entgegenstehen.910 Dabei sind die in Abs. 1 aufgezählten Versagungsgründe nur auf konkrete Einrede des Vollstreckungsgegners und die in Abs. 2 aufgezählten Versagungsgründe von Amts wegen zu beachten.911 Nachdem der Vollstreckungskläger im Sinne eines prima facie Beweises die Erfüllung der Anforderungen des Art. IV UNÜ nachzuweisen hat, liegt das Beweisrisiko beim Vollstreckungsgegner, deren Vorliegen zu widerlegen.912 Bezüglich der einzelnen Versagungsgründe kann größtenteils auf die Ausführungen zur den einzelnen Aufhebungsgründen im Rahmen des § 1059 Abs. 2 ZPO verwiesen werden. Besonderheiten ergeben sich dennoch in Hinblick darauf, dass es sich um ausländische Schiedssprüche handelt; diese Unterschiede sollen in diesem Abschnitt erläutert werden. (1) Präklusion und Verbindlichkeit einzelner Versagungsgründe Bevor die einzelnen Unterschiede erläutert werden, ist zu klären, inwiefern einzelne Versagungsgründe unter Umständen präkludiert sein können. Unter Präklusion ist der Ausschluss bestimmter Rechte oder Rechtshandlungen zu verstehen, wenn sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist wahrgenommen werden. Sie dient der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensökonomie und erlaubt nur unter gewissen Voraussetzungen die Nachholung der betreffenden Rechtshandlung.913 Das UNÜ selbst enthält anders als Art. V Abs. 1, 2 EuÜ keine Präklusionsregeln, sondern verweist in Art. III UNÜ auf nationales Zwangsvollstreckungsrecht, während Art. V UNÜ einzelne Versagungsgründe normiert. Ob materielle Einwendungen und Zuständigkeitsrügen, die im Schiedsverfahren selbst nicht vorgebracht oder im Heimatland des Schiedsspruchs nicht geltend gemacht wurden, im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren noch vorgebracht werden können, wird kontrovers beurteilt.914
910
Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. Siehe auch Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14. 912 Kröll, SchiedsVZ 2005, 139, 149; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1, 3. 913 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1303. 914 Adolphsen, in: MüKo ZPO Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 6. 911
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
(a) Unterschiedliche Fallgruppen Zur Bestimmung, wann ein Einwand im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren präkludiert ist, müssen zunächst verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet werden. Im Vordergrund steht vor allem der Einwand der fehlenden oder unwirksamen Schiedsklausel, der (1) grundsätzlich im Schiedsverfahren selbst, (2) vor den staatlichen Gerichten im Wege der Aufhebungsklage des Schiedsspruchs oder (3) erst im Exequaturstaat im Rahmen des Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens vorgebracht werden kann. Selbsterklärend ist es im Sinne der Verfahrensökonomie und -beschleunigung umso besser, je früher ein Einwand vorgebracht wird.915 Inwiefern ein zu spätes Vorbringen unter Umständen zur Präklusion des Einwands führen kann, soll im Folgenden geklärt werden. Denkbar sind vier mögliche Fallkonstellationen: (α) Der Schiedsbeklagte lässt sich rügelos auf das Schiedsverfahren ein und rügt erst im Vollstreckungbarerklärungsverfahren die (Un-)Zuständigkeit des Schiedsgerichts; (β) Der Schiedsbeklagte nahm gar nicht am Schiedsverfahren teil, weil er das Schiedsgericht für nicht zuständig hielt und rügt nun im Vollstreckbarerklärungsverfahren die (Un-) Zuständigkeit des Schiedsgerichts; (γ) Der Schiedsbeklagte hat die (Un-)Zuständigkeit zwar im Schiedsverfahren gerügt, das Schiedsgericht hielt sich jedoch für zuständig; daraufhin hat der Schiedsbeklagte einen Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch im Ursprungstaat nicht eingelegt und rügt nun im Vollstreckbarerklärungsverfahren die (Un-)Zuständigkeit des Schiedsgerichts; (δ) Der Schiedsbeklagte macht im Vollstreckbarerklärungsverfahren materielle Einwendungen geltend, die das Schiedsgericht nicht berücksichtigt hat.916 Bei der Lösung der einzelnen Fallgruppen ist vor allem das UNÜ heranzuziehen: daraus folgt zunächst der Vorrang der Art. IV bis VI UNÜ und das sog. Verbot widersprüchlichen Verhaltens als allgemeines Rechtsprinzip.917 Zudem lässt sich die Grundlage des Präklusionsgedankens aus dem Wortlaut des § 1027 ZPO herleiten: diese Regelung findet zwar nur bei inländischen Schiedssprüchen Anwendung, kann aber aufgrund der Meistbegünstigungsklausel des Art. VII UNÜ auch zu Gunsten der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche Anwendung finden.918 915
Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1304. Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 7. 917 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.03.2000 – 16 Sch 5/99 = RIW 2000, 706, 707; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 8; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 483; ders., SchiedsVZ 2007, 145, 155; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 156 f.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 44, Rdn. 10. 918 Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 59; der Rückschluss ist nur auf strengeres nationales Recht verschlossen, siehe Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 157. 916
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(b) Fallgruppe (α): Rügelose Einlassung im Schiedsverfahren Bei Fallgruppe (α), in der sich der Antragsgegner rügelos auf die Verhandlung eingelassen hat, wobei dieser den Anerkennungsversagungsgrund bereits im Schiedsverfahren hätte geltend machen können, ist fraglich, ob dieser auch mit der Geltendmachung von Anerkennungsversagungsgründen im Vollstreckbarerklärungsverfahren präkludiert ist.919 Im inländischen deutschen Schiedsverfahren muss der Schiedsbeklagte, der sich auf die fehlende oder unwirksame Schiedsvereinbarung beruft, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klageerwiderung rügen, um die Präklusion zu vermeiden, § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO. Das Schiedsgericht entscheidet dann gemäß § 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO im Wege des Zwischenentscheids über seine Zuständigkeit, wogegen die schiedsbeklagte Partei binnen eines Monats einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das zuständige Oberlandesgericht stellen kann, § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO. Wird die Frist nach Abs. 2 versäumt, so ist die Partei mit der Rüge in einem späteren Verfahren zur Aufhebung oder Anerkennung und Vollstreckbarerklärung mit diesem Einwand präkludiert.920 Ob § 1040 ZPO für ausländische Schiedssprüche gilt, nachdem das UNÜ keine dem § 104O ZPO entsprechende Regelung enthält,921 kann dahinstehen, da man meist im Rahmen des Schiedsverfahrens aus dem zwischen den Parteien stattfindenden Schriftwechsel wenigstens nachträglich einen formwirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung herleiten kann. Dies gilt insbesondere bei der Unterzeichnung von sog. Terms of Reference oder von schriftlichen Schiedsrichterverträgen, ohne die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts oder eventuelle Mängel der Schiedsvereinbarung zu rügen.922 Ohnehin ist aber auf das international allgemein anerkannte Rechtsprinzip des Verbots treuwidrigen Verhaltens zu verweisen, aus welchem sich eine Heilungsmöglichkeit zumindest bezüglich der fehlenden Form
919 So zumindest der BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2200; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 480 f.; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1305 für die Präklusion nur hinsichtlich Einwänden, die die Form der Schiedsvereinbarung treffen und gegen Präklusion bei Einwänden, die die sonstige materielle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung betreffen: OLG Schleswig, Beschluss vom 30.03.2000 – 16 Sch 5/99 = RIW 2000, 706, 708; ebenso Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 157. 920 BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – III ZB 83/02 = SchiedsVZ 2003, 133, 133; OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003 – 8 Sch 11/02 = SchiedsVZ 2004, 165, 168; BayObLG, Beschluss vom 16.01.2004 – 4Z Sch 22/03 = SchiedsVZ 2004, 163, 164; OLG München, Beschluss vom 24.08.2010 – 34 Sch 21/10 = NJOZ 2011, 413, 417; Borges, ZZP 111 (1998), 487, 490; Kröll, SchiedsVZ 2005, 139, 144 f.; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 156; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1305 f.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 16, Rdn. 11 ff.; ebenso BT-Drucks. 13/5274, S. 44. 921 Verneinend OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003 – 8 Sch 11/02 = SchiedsVZ 2004, 165, 168. 922 Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 482; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 158; Wackenhuth, RIW 1985, 568 ff.
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herleiten lasse.923 Dieses rechtfertige als allgemeines Rechtsprinzip den Ausschluss von Einwendungen trotz des Fehlens einer speziellen dahingehenden Vorschrift im UNÜ, da es seitens des Antragsgegners treuwidrig wäre, sich zunächst auf ein Schiedsverfahren einzulassen und sich nach Ergehen eines für ihn ungünstigen Schiedsspruches im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren auf das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung zu berufen.924 Der Antragsgegner in Fallgruppe (α) ist mit seinen Einwendungen präkludiert. (c) Fallgruppe (β): Keine Teilnahme am Schiedsverfahren Bei Fallgruppe (β), in welcher der Antragsgegner gar nicht am Schiedsverfahren teilgenommen hat, liegt die Rechtslage unter Umständen anders. Es liegt zumindest kein Verstoß gegen das Rechtsprinzip des Verbots widersprüchlichen Verhaltens vor. Fraglich ist jedoch, ob aus dem Sinn und Zweck der Rügepräklusion, welche vorrangig der Verfahrensökonomie und -beschleunigung dient, eine Pflicht abgeleitet werden kann, durch die Teilnahme am Schiedsverfahren eine eventuelle Unzuständigkeit des Schiedsgerichts zu rügen oder Rechtsbehelfe am Schiedsort auszunutzen.925 Als Gegenargument wird angeführt, es sei dem Schiedsbeklagten unzumutbar, sich – wenn er vom Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung überzeugt sei – einem kostspieligen Schiedsverfahren, welches unter Umständen im weit entfernten Ausland stattfinde, aussetzen zu müssen.926 Während der Schiedsbeklagte nach deutschem autonomen Recht das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Schiedsspruchs geltend machen müsse und er ansonsten im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nach §§ 1060 Abs. 2 S. 3, 1059 Abs. 3 ZPO mit seinen Einwendungen präkludiert wäre, würden die §§ 1040, 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO für das ausländische Schiedsverfahren nicht gelten.927 Inwiefern die genannten Vorschriften durch den Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ zur Anwendung kommen, wird an späterer Stelle eingehend erläutert. Grundsätzlich ist der vorgenannten Auffassung jedoch entgegenzuhalten, dass sich der Antragsgegner, obgleich die Schiedsklausel unwirksam sein mag, mit der Wahl des Schiedsortes einverstanden erklärt hat und es ihm aus diesem Grunde auch zumutbar ist, sich 923
OLG Schleswig, Beschluss vom 30.03.2000 – 16 SchH 5/99 = RIW 2000, 706, 707; Haas, IPrax 1993, 382, 384; ebenso Otto, IPrax 2003, 333, 334; dagegen Schütze, in: FS Bucher (2009), S. 699, 705 ff. 924 Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 483. 925 Verneinend BayObLG, Beschluss vom 12.12.2002 – 4Z Sch 16/02 = NJW-RR 2003, 719, 720; OLG München, Beschluss vom 12. Oktober 2009 – 34 Sch 20/08 = SchiedsVZ 2009, 340, 343; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9–10; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 484; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 158; Schütze, RIW 2011, 417, 418. 926 Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 484; Schütze, RIW 2011, 417, 418. 927 Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 481; dagegen Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1314.
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im Erlassstaat dann wenigstens gegen einen erlassenen Schiedsspruch zur Wehr zu setzen bzw. von Anfang an die Unwirksamkeit der Schiedseinrede geltend zu machen.928 Nur, wenn der Antragsgegner gänzlich bestreitet, eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen zu haben, erscheint sein Verhalten hinsichtlich einer Nichtteilnahme am Schiedsverfahren logisch konsequent. Hat man sich keiner Schiedsvereinbarung unterworfen, so besteht auch nicht die Pflicht, ein daraus folgendes Schiedsverfahren zu fördern.929 Unabhängig von einer Präklusion des Einwands der fehlenden oder ungültigen Schiedsvereinbarung wird in einem solchen Fall, in welchem effektiver Rechtsschutz im Erlassstaat gefehlt hat oder es sich um den Fall des Entzugs des gesetzlichen Richters mangels wirksamer Schiedsvereinbarung handelt, jedoch der von Amts wegen zu beachtende Anerkennungsversagungsgrund des ordre public Einwands nach Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ greifen.930 (d) Fallgruppe (γ): Unterlassen eines Anfechtungsrechtsbehelfs im Erststaat trotz Rüge im Schiedsverfahren Bei Fallgruppe (γ) wurde der Anerkennungsversagunsgrund zwar im Schiedsverfahren selbst – allerdings ohne Erfolg – geltend gemacht. Daraufhin hat der Schiedsbeklagte einen Rechtsbehelf im Erlassstaat nicht wahrgenommen und rügt erst im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren den Anerkennungsversagensgrund. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen ausländischem erststaatlichem Recht, welches die Aufhebungsklage unbefristet zulässt, und solchem, nach welchem die Aufhebung des Schiedsspruchs innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen ist. Im Falle einer unbefristeten Aufhebungsmöglichkeit kann der Antragsgegner die nach ausländischem Recht gegebenen Aufhebungsgründe nämlich auch im deutschen Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend machen, sodass der deutsche Richter diese im Verfahren nach § 1061 ZPO zu berücksichtigen hat und den Antragsgegner nicht auf das ausländische Aufhebungsverfahren verweisen darf.931 Fraglich ist jedoch, ob der Schiedsbeklagte mit seinen Einwendungen präkludiert ist, wenn die Aufhebungsklage im Erlassstaat zeitlich befristet ist und jener es versäumt hat, einen Rechtsbehelf fristgerecht trotz erfolgloser Rüge der Unzuständigkeit im Schiedsverfahren einzulegen.
928
Siehe Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1318. Zu diesem Gedanken Kröll, IPrax 2007, 430, 435. 930 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2006 – 9 Sch 2/05 = IPrax 2007, 455 und 456; zustimmend Kröll, IPrax 2007, 430, 436; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20. 931 Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 183; Kröll, NJW 2009, 1183, 1190. 929
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(aa) Streitstand und aktuelle Rechtslage Nach einer Ansicht sollten Anerkennungsversagungsgründe im Vollstreckbarerklärungsverfahren lediglich dann berücksichtigt werden, wenn eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruches nicht verfristet sei.932 Dieser Meinung, folgte auch die alte Rechtsprechung.933 § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a. F. stelle nicht auf einen gültigen Schiedsvertrag (wie § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F.), sondern auf die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruches ab. Zu dem die Rechtswirksamkeit des ausländischen Schiedsspruches bestimmenden ausländischen Recht gehöre auch das Verfahrensrecht, weshalb der Einwand der fehlenden und ungültigen Schiedsvereinbarung, soweit dieser nicht im Ausland mit einem fristgebundenen Rechtsbehelf geltend gemacht wurde, im inländischen Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden könnte.934 Laut dem Bundesgerichtshof sei es sachgerecht, eine Partei grundsätzlich hinsichtlich ihrer Aufhebungsgründe auf die Rechtsschutzmöglichkeiten des Erlassstaates zu verweisen. Diese Argumentation erschien jedoch insoweit denkwürdig, als bei Erlassstaaten, die eine Aufhebungsmöglichkeit unbefristet vorsehen, die Geltendmachung auch im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren weiterhin möglich war.935 Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 ist § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a. F. aufgehoben worden. § 1061 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ beziehen sich nicht auf die Rechtswirksamkeit, sondern auf eine (un-) gültige Schiedsvereinbarung. Die Regelung eines Rügeverlustes ist nicht
932
Für Präklusion: BGH, Urteil vom 01.02.2001 – III ZR 332/99 = RIW 2001, 458, 460; OLG Stuttgart vom 14.10.2003 – 1 Sch 16/02 und 1 Sch 6/03 = BeckRS 2003, 18189; OLG Hamm, Beschluss vom 27.09.2005 – 29 Sch 1 /05 = SchiedsVZ 2006, 106, 108; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 282; KG, Beschluss vom 10.08.2006 – 20 Sch 7/04 = SchiedsVZ 2007, 108, 112; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. September 2007 – 9 Sch 2/07 = SchiedsVZ 2008, 47, 48; OLG Karlsruhe vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 102; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 11 ff.; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 192; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 12; Voit, in: Musielak ZPO § 1061 ZPO, Rdn. 20. 933 BGH, Urteil vom 26.06.1969 – VII ZR 32/67 (Hamburg) = NJW 1969, 2093, 2094; BGH, Urteil vom 07.01.1971 – VII ZR 160/69 (Hamburg) = NJW 1971, 986, 987; BGH, Urteil vom 21.10.1971 – VII ZR 45/70 (Hamburg) = NJW 1972, 449, 450; BGH, Urteil vom 10.05.1984 – III ZR 206/82 (Karlsruhe) = NJW 1984, 276, 2764; in der Literatur dazu befürwortend Mezger, ZZP 83 (1970), 327, 331 ff.; kritisch jedoch Bülow, NJW 1971, 486, 489 f.; ders., NJW 1972, 415, 416; Habscheid, KTS 1970, 1, 8 f.; ders., KTS 1972, 209, 213 f.; ders., KTS 1974, 246, 247; Pfaff, AWD 1970, 55, 56 f.; ders., AWD 1971, 235, 236. 934 Siehe Erläuterung bei Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1307; ebenso Kröll, IPrax 2007, 430, 432. 935 BGH, Urteil vom 01.02.2001 – III ZR 332/99 (Stuttgart) = NJW-RR 2001, 1059, 1061; BGH, Beschluss vom 17.04.2008 – III ZB 97/06 (KG) = NJW-RR 2008, 1083, 1084 zum dänischen Recht, welches keine Frist im Aufhebungsverfahren kennt.
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explizit vorgesehen.936 Es stellte sich somit die Frage nach der Fortgeltung der Präklusionsrechtsprechung, welche kontrovers beurteilt wurde.937 Eine Meinung vertrat, dass Art. V UNÜ im Gegensatz zu der zu § 1044 Abs. 2 ZPO a. F. entwickelten Auffassung keine direkte Regelung eines Rügeverlustes enthalte und demnach der alten Rechtsprechung ihre Grundlage entziehe.938 Im Falle fehlender Zuständigkeit des Schiedsgerichts würde es eine unzumutbare Belastung bedeuten, den Schiedsbeklagten zur Ausschöpfung der Rechtsmittel am Schiedsort zu verpflichten, welchem er nach eigener Auffassung nie zugestimmt habe. Dies stünde auch nicht im Widerspruch zur Geltendmachung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im Exequaturverfahren, sodass eine Präklusion nicht gerechtfertigt sei.939 Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2011, welches seine Auffassung zur Präklusion bestätigt hatte, sei wegen Art. 4 § 1 Abs. 3 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG noch zum alten Recht ergangen.940 Die präklusionsbefürwortende Ansicht ließ die soeben beschriebene, formale Argumentation über das Fehlen von Präklusionsvorschriften im UNÜ jedoch nicht 936 So nun BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290 ff. 937 Für Fortgeltung der alten Rechtsprechung und damit für weitere Präklusion: OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2003, 1 Sch 16/02 = BeckRS 2003, 18189; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2006 – 9 Sch 2/05 = SchiedsVZ 2006, 335, 336; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 282 f.; KG, Beschluss vom 10.08.2006 – 20 Sch 7/04 = SchiedsVZ 2007, 108, 111 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. September 2007 – 9 Sch 2/07 = SchiedsVZ 2008, 47, 48; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 18.10.2007 – 26 Sch 1/07 = BeckRS 2011, 25398; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 11 ff.; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 12; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 182, Rdn. 33; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; gegen Fortgeltung und damit gegen Präklusion nun jedenfalls hinsichtlich der Rüge der Unzuständigkeit BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1291; ebenso BayObLG, Beschluss vom 16.03.2000 – 4Z Sch 50/99 = NJW-RR 2001, 431, 432; OLG Schleswig, Beschluss vom 30.03.2000 – 16 SchH 5/99 = RIW 2000, 706, 708; OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003 – 8 Sch 11/02 = SchiedsVZ 2004, 165, 168; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 480 ff.; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 156 ff.; Nagel / Gottwald, IZPR, § 18, Rdn. 202; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 37 f.; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 75; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 19; offen gelassen in BGH, Beschluss vom 17.04.2008 – III ZB 97/06 = SchiedsVZ 2008, 196, 198; BGH, Beschluss vom 15.01.2009 – III ZB 83/07 = SchiedsVZ 2009, 126, 127; OLG Rostock, Beschluss vom 22.11.2001 – 1 Sch 3/2000 = IPrax 2002, 401, 405; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2545 ff.; differenziert: Kraayvanger, SchiedsVZ 2008, 301, 302; Wolff, LMK 2011, 318374. 938 Siehe Schütze, RIW 2011, 417, 418; ders., in: FS Bucher (2009), S. 669, 706 f.; ebenso Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 19. 939 In diesem Sinne BGH, Beschluss vom 17.04.2008 – III ZB 97/06 (KG) = NJW-RR 2008, 1083, 1084; ebenso BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1291; ebenso Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 485; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 37 f.; Schütze, RIW 2011, 417, 418. 940 Siehe Darstellung des Streits in OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 284.
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gelten. Denn weder die völkervertragliche Regelung des UNÜ, noch seine Geltung als einfaches Recht durch den Verweis in § 1061 ZPO verwehre den deutschen Gerichten eine restriktive Handhabung von Anerkennungsversagungsgründen. Es handle sich vielmehr um eine Lücke, die vom nationalen Gesetzgeber bzw. bei Nichtgebrauch dieser Möglichkeit durch die nationalen Gerichte zu schließen sei. Der deutsche Gesetzgeber habe von dieser Möglichkeit zwar nicht ausdrücklich Gebrauch gemacht.941 Unter Anbetracht der für das Verfahren über die Aufhebung deutscher Schiedssprüche geltenden dreimonatigen Präklusionsregelung in § 1059 Abs. 3 ZPO sei eine teleologische Reduktion des § 1061 ZPO bei ausländischen Schiedssprüchen jedoch im Sinne der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Regelung erforderlich.942 Das Interesse des Erststaates würde dabei besonders berücksichtigt, der internationale Entscheidungseinklang gefördert und dadurch auch in- und ausländische Schiedssprüche gleichbehandelt.943 Dieses Argument der größeren Rechtssicherheit sollte jedoch hinterfragt werden, da eine Gleichschaltung mit deutschen Präklusionsvorschriften nur dann vollständig erreicht werden kann, wenn auch der ausländische Gesetzgeber im Herkunftsstaat eine Fristenregelung vorsieht. Zudem greift dieses Argument nur, insoweit Aufhebungsgründe i. S. d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO betroffen sind, auf die § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO für das Vollstreckbarerklärungsverfahren von deutschen Schiedssprüchen verweist. Für § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO greift die Präklusion nämlich auch bei inländischen Schiedssprüchen nicht. Da die ausländische Rechtslage zunächst erforscht werden muss, führt eine Präklusionsvorschrift eher zu Rechtsunsicherheit, da die Rechtslage komplizierter und die Rechtssicherheit potentiell eher beeinträchtigt wird. Auch ist fraglich, inwiefern ein Beklagter, der einen fristgebundenen Anfechtungsrechtsbehelf im Erststaat nicht eingelegt hat, tatsächlich einen Vertrauenstatbestand dafür geschaffen hat, sich im Vollstreckungsstaat nicht mehr zur Wehr zu setzen.944 In seinem Beschluss vom 16. Dezember 2010 hat der Bundesgerichtshof seine Präklusionsrechtsprechung ausdrücklich aufgegeben, jedenfalls soweit es um den Einwand der fehlenden bzw. unwirksamen Schiedsvereinbarung geht.945 Zur Begründung führte er das Fehlen einer Präklusionsvorschrift in § 1061 ZPO i. V. m. 941
Siehe Kröll, IPrax 2007, 430, 431; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 285; Kröll, IPrax 2007, 430, 430; Solomon, Verbindlichkeit, S. 693, 700; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; Wolff, LMK 2011, 318374 für eine analoge Anwendung des § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO. 943 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 12; so auch Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20. 944 BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1291; zustimmend Kröll, SchiedsVZ 2011, 210, 214 f.; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1316 ff.; Otto, IPrax 2012, 223, 224 f.; Saenger, in: Saenger ZPO § 1061 ZPO, Rdn. 16; Schütze, RIW 2011, 417, 419; Schulze, in: FS Schütze (2015), S. 527, 531 ff.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; Wolff, LMK 2011, 318374. 945 BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1291. 942
D. Ausländische Schiedssprüche
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Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ an, weshalb sich ein Antragsgegner im Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruches auch dann auf eine fehlende oder unwirksame Schiedsvereinbarung berufen könnte, wenn dieser einen ausländischen Rechtsbehelf gegen einen Schiedsspruch nicht wahrgenommen habe. Gleichzeitig verwies der Bundesgerichtshof aber auch auf die Möglichkeit des § 1061 ZPO i. V. m. Art. VII Abs. 1 UNÜ, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe autonomen innerstaatlichen Rechts oder der völkerrechtlichen Verträge des Landes, in welchem dieser geltend gemacht werde, zu berufen (Meistbegünstigungsklausel) Dort enthaltene Präklusionsbestimmungen, wie sie Art. V Abs. 1 S. 1 EuÜ kennt, könnten deshalb die Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners auch im Exequaturverfahren beschränken. § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO könne hingegen nicht auf ausländische Schiedssprüche angewandt werden, da die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein im Ausland ergangener Schiedsspruch aufzuheben und ob dieser Anfechtungsrechtsbehelf befristet oder unbefristet bei einem staatlichen Gericht geltend gemacht werden könne, nicht in die Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers falle.946 Ohnehin sei aber zu beachten, dass nicht in jedem widersprüchlichen Verhalten stets auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorläge, sondern ein solches Verhalten erst dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen würde oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen. Alleine die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im Exequaturverfahren ohne die Ausschöpfung der Rechtsmittel im Erlassstaat genüge für die Annahme eines widersprüchlichen Verhaltens nicht. (bb) Kritische Würdigung der Kehrtwende des Bundesgerichtshofs Während die Kehrtwende des Bundesgerichtshofs in vielerlei Hinsicht problematisch erscheint, gibt es zunächst zwei Punkte, in welchen der Bundesgerichtshof Zustimmung verdient. Einerseits erkennt dieser zutreffend, dass im Rahmen des Gebots des venire contra factum proprium ein Vertrauensschutztatbestand wegen widersprüchlichen Verhaltens stets von der Rügepräklusion wegen Nichteinlegung von Rechtsmitteln im Erlassstaat zu unterscheiden ist. Es ist sich der Meinung anzuschließen, dass beide Rechtsinstitute unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und sich auch in ihrer Wirkungsweise voneinander unterscheiden. „Beim Verbot des widersprüchlichen Verhaltens (geht es) um den aus dem Gebot von Treu und Glauben abgeleiteten Schutz des Vertrauens der Gegenpartei“, während „die Rügepräklusion der Verfahrensökonomie und -beschleunigung“ dient.947 Gerade die 946
Siehe dazu Anmerkung Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1314; ebenso Wolff, LMK 2011, 318374 für eine entsprechende Anwendung des § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO auf ausländische Schiedssprüche. 947 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1312; in diesem Sinne auch Kröll, IPrax 2007, 430, 434; Schütze, in: FS Bucher (2009), S. 699, 703.
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Rügepräklusion ist zudem vielerlei, individuellen Einschränkungen ausgesetzt, insbesondere der zeitlich befristeten Geltendmachung von Versagungsgründen im Erlassstaat, wohingegen dem Verbot des venire contra factum proprium umfassende Geltung zukommt.948 Ebenso setzen Fälle des widersprüchlichen, treuwidrigen Verhaltens ein aktives Tun der Partei voraus, während der Ansatzpunkt bei der Präklusion gerade das bloße Unterlassen der Einlegung von Rechtsbehelfen ist.949 Nicht jedes Absehen von der Geltendmachung von Einwänden im Erlassstaat begründet bei der anderen Partei ohne Weiteres ein schützenswertes Interesse darauf, dass die Rüge später nicht mehr geltend gemacht würde. Dies hat der Bundesgerichtshof zutreffend erkannt. Die Anwendung der Meistbegünstigungsklausel in Art. VII Abs. 2 UNÜ hinsichtlich der daraus folgenden Anwendung von im Vergleich zum UNÜ anerkennungsfreundlicheren Vorschriften des autonomen Rechts, als auch des Völkerrechts, ist richtig erkannt worden. Die Präklusionsvorschriften, insbesondere in Art. V Abs. 1 EuÜ, sind daher in Exequaturstaaten, die sowohl dem UNÜ, als auch dem EuÜ beigetreten sind, zu beachten. Wieso unter Geltung dieses Grundsatzes die Bestimmungen der §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO für ausländische Schiedssprüche im Rahmen des Grundsatzes der Meistbegünstigung in Art. VII Abs. 1 UNÜ keine Anwendung finden könnten, ist jedoch fraglich. Der Bundesgerichtshof führt dazu aus: „Diese Regelungen finden jedoch keine entsprechende Anwendung auf ausländische Schiedssprüche. (…) Jedoch kann das von § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO in Bezug genommene Rechtsbehelfsverfahren (§ 1059 ZPO) auf ausländische Schiedssprüche nicht angewendet werden, wobei dahinstehen kann, ob es sich insoweit überhaupt um eine „anerkennungsfreundlichere“ Regelung handelt. Denn die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein im Ausland ergangener Schiedsspruch aufgehoben und ob ein entsprechendes Rechtsmittel unbefristet oder nur innerhalb einer bestimmten Frist bei Gericht eingereicht werden kann, fällt nicht in die Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers. Gilt § 1059 ZPO aber auch im Rahmen des Art. VII Abs. 1 UNÜ nicht für ausländische Schiedssprüche, entfällt auch die Möglichkeit der Anknüpfung an die Präklusionsregelung in § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO.“950 Im Gegensatz zur Ansicht des Bundesgerichtshof verweist die Meistbegünstigungsklausel jedoch nach ihrem Wortlaut und ihrem Telos ohne weitere Einschränkung auf das innerstaatliche Recht des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung begehrt wird.951 Schließlich bezweckt das Überein 948
Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1312. Kröll, IPrax 2007, 430, 434. 950 BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1292. 951 In diesem Sinne auch Kröll, IPrax 2007, 430, 431; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1314; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 158 f. 949
D. Ausländische Schiedssprüche
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kommen lediglich einen einheitlichen Mindeststandard und steht der Anwendung günstigeren Rechts nicht entgegen.952 Obgleich es sachlich unpassend erscheinen könnte, Vorschriften, die ausdrücklich nur auf inländische Schiedssprüche anwendbar sind, auf ausländische Schiedssprüche über Art. VII Abs. 1 UNÜ anzuwenden, lässt sich eine solche Einschränkung weder der Entstehungsgeschichte, noch dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen.953 Ohnehin kann § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche entsprechend angewandt werden: der Sinn und Zweck des § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO, die Befristung des Aufhebungsantrags abzusichern, ist auch auf ausländische Schiedssprüche übertragbar. Unabhängig vom Schiedsort besteht auch bei ausländischen Schiedssprüchen ein Interesse an einer raschen abschließenden Klärung über den Bestand des Schiedsspruchs.954 In Art. VII Abs. 1 UNÜ hat sich Deutschland zudem völkerrechtlich dazu verpflichtet, den Parteien die Berufung auf günstigeres, innerstaatliches Recht zu gestatten. Dabei ist im Kern jedoch keine Frage der Gesetzgebungszuständigkeit betroffen. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass der Verweis in Art. VII Abs. 1 UNÜ lediglich einen Verweis auf die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zur Vollstreckbarerklärung ausländischer, und nicht auch inländischer Schiedssprüche nach sich ziehen sollte. Vielmehr zöge dies nach sich, dass sich die Parteien nach Art. VII Abs. 1 UNÜ zwar auf autonome Regelungen zur Vollstreckbarerklärung innerstaatlicher Schiedssprüche berufen könnten, dies aber nicht gelten würde, soweit das innerstaatliche Recht zu einer Berücksichtigung ausländischer Präklusionsvorschriften führen würde.955 Eine sachliche Rechtfertigung hierfür lässt sich jedoch nicht finden, zumal sich diese restriktive Linie des Bundesgerichtshofs kaum mit der offenen Linie des Reformgesetzgebers zur Stärkung der Schiedsgerichtsbarkeit als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit vereinbaren ließe.956 Gravierender ist jedoch, dass der Bundesgerichtshof den Sinn und Zweck der Rügepräklusion grundlegend verkennt, indem er als Argument, die Präklusionsrechtsprechung aufzugeben, vorrangig die schützenswerten Belange der unterlegenen Schiedspartei heranzieht und dabei die ebenso schützenswerten Belange der überlegenen Schiedspartei vernachlässigt. Das Argument, durch die Ausschöpfung eines Rechtsbehelfs im Erlassstaat sei wegen der Möglichkeit der Anwendung anerkennungsfreundlicheren Rechts durch Art. VII Abs. 1 UNÜ nicht die Versagung der Vollstreckbarerklärung in sämtlichen Ländern zu verhindern und dadurch das Interesse der unterlegenen Partei an einem Anfechtungsrechtsbehelf ohnehin zu vernachlässigen, verkennt das Telos der Rügepräklusion, welche vorrangig das Ziel der Verfahrensbeschleunigung und -ökonomie verfolgt. Darin miteinzubeziehen 952
Wolff, LMK 2011, 318374. Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1314; a. A. Wolff, LMK 2011, 318374, der sich jedoch für eine entsprechende Anwendung des § 1061 Abs. 2 S. 3 ZPO ausspricht. 954 Wolff, LMK 2011, 318374. 955 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1315; ebenso Kröll, IPrax 2007, 430, 430. 956 Siehe Wolff, LMK 2011, 318374. 953
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
ist das Argument der Steigerung der Effizienz und Schnelligkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens und damit auch des anschließenden staatlichen Verfahrens. Die Gesichtspunkte der Schnelligkeit und Effizienz sind ausschlaggebend bei der Entscheidung zur Vereinbarung eines Schiedsverfahrens. Die durch das Fristerfordernis entstehende Notwendigkeit, die zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten im Herkunftsstaat auszuschöpfen, führt zu einer möglichst frühen, abschließenden Klärung in diesem Sinne.957 Zudem ist die allgemeine Pflicht zur Förderung des Schiedsverfahrens nicht zu vernachlässigen, sodass etwaige Rügen möglichst frühzeitig vorzubringen sind, anstatt auf den Schutz im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu warten.958 Es wäre widersprüchlich, im Exequaturstaat weiterhin die Möglichkeit einer „Überprüfung“ zu haben, wenn man die entscheidende Frist im Erlassstaat bewusst verstreichen ließe.959 Durch die Rügepräklusion soll aber auch eine „Zentralisierung im Herkunftsstaat“960 gewährleitstet werden. Die Dualität des Rechtsschutzsystems steht der Präklusion nicht entgegen, sondern verlangt aufgrund des Vorrangs der Rechtsbehelfe im Herkunftsstaat sich auch an eben jenen zu orientieren.961 Die Sachnähe staatlicher Gerichte zum Schiedsverfahren und zum Schiedsspruch unterstreicht diesen Vorrang, der sich nicht zuletzt auch in der Kompetenz-Kompetenz962 staatlicher Gerichte des Herkunftsstaates widerspiegelt.963 Durch die Wahl des Schiedsortes haben die Parteien dem dortigen Schiedsverfahrensrecht Vertrauen geschenkt und eine gegebenenfalls vorhandene Fristgebundenheit des Aufhebungsverfahrens akzeptiert.964 Die Beschränkung der BGH- Rechtsprechung auf die Fälle der fehlenden oder unwirksamen Schiedsvereinbarung tragen zwar dem Gedanken Rechnung, dass dem Antragsgegner durch eine unwirksame Schiedsvereinbarung nicht der gesetzliche Richter entzogen werden darf. Dies kann auch nur von staatlichen Gerichten geklärt werden. Aber auch im Falle einer (nachträglich) unwirksamen Schiedsvereinbarung hat sich der Antragsgegner schließlich, wenn auch unwirksam, mit der Wahl des Schiedsortes einverstanden erklärt.965 Etwas Anderes kann lediglich in jenen Fällen gelten, in denen der Antragsgegner gänzlich bestreitet, eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen zu haben oder in denen effektiver Rechtsschutz im Herkunftsland gefehlt hat. Diese Einwände führen jedoch ohnehin zur 957 Anmerkung von Gruber zu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06, SchiedsVZ 2006, 281, 285; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 12: „Zwang zum Auswärtsspiel“. 958 Kröll, IPrax 2007, 430, 435 f. 959 Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 13. 960 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1316. 961 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1316. 962 BT-Drucks. 24/5274, S. 44. 963 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1317. 964 Kröll, 2007, 430, 435; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1318; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; a. A. Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 37 f.; Schütze, RIW 2011, 417, 418. 965 s. Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1318.
D. Ausländische Schiedssprüche
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Anwendung des ordre public Einwands nach Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ.966 Durch die Pflicht, Rechtsbehelfe im Erlassstaat auszuschöpfen, entsteht den Parteien kein Nachteil, da jene die Möglichkeit haben, sich bei Auswahl des Schiedsortes über die anwendbaren Fristen zu informieren und ein inhaltlicher Bezug zwischen Herkunftsrecht und Schiedsverfahren besteht. Aus dem Recht des Erlassstaates zieht der Schiedsspruch schließlich seine Wirkung, sowie jenes auch seine verfahrensrechtliche Grundlage bildet und seinen prozessualen Rahmen stellt.967 Aus diesem Grund ist es dem Antragsteller zumutbar, zunächst im Ursprungsland Rechtsschutz zu suchen und ihn nach Ablauf der Frist auch im Exequaturverfahren mit seinen Einwänden zu präkludieren.968 Alleine der Hinweis, das UNÜ enthalte keine entsprechende Regelung eines Rügeverlustes und verbiete daher die Anwendung der Präklusion, vermag daran ebenso nichts zu ändern, da auch die Übernahme des UNCITRAL-Modellgesetzes in die deutsche ZPO, sowie die Regelung in § 1061 ZPO mit Verweis auf Art. V UNÜ darauf hinweisen, dass im Sinne der Stärkung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gewisse Beschränkungen der „Überprüfbarkeit“ des ausländischen Schiedsspruches durch das staatliche Gericht sogar erwünscht sind. Das UNÜ steht der Anwendung des Präklusionsgedankens und einer anerkennungsfreundlicheren Praxis auf nationaler Ebene nicht entgegen. Im Gegenteil finden über Art. VII UNÜ die Vorschriften der §§ 1059 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO Anwendung. Die besseren Argumente sprechen dafür, die Präklusionsrechtsprechung aufrecht zu erhalten. (e) Fallgruppe (δ): Materiellrechtliche Einwendungen gegen den Schiedsspruch Fallgruppe (δ) betrifft materiellrechtliche Einwendungen gegen den Schiedsspruch. Hierbei kann das Schiedsgericht unter Umständen fälschlicherweise befunden haben, dass die materielle Einwendung nicht schiedsfähig oder nicht von der Schiedsvereinbarung erfasst sei. Ebenso kann es sich um nachträglich entstandene materielle Einwendungen handeln.969 Da das Schiedsgericht in jedem Fall den Einwand nicht geprüft hat, scheidet widersprüchliches Verhalten aus, jedenfalls, wenn 966 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2006 – 9 Sch 2/05 = IPrax 2007, 455 und 456; zustimmend Kröll, IPrax 2007, 430, 436; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; nach früherem Recht bei willkürlicher Annahme der Zuständigkeit Ausnahme von der Präklusion, vgl. BGH, Urteil vom 26.06.1969 – VII ZR 32/67 (Hamburg) = NJW 1969, 2093, 2094; BGH, Urteil vom 09.03.1978 – III ZR 78/76 = KTS 1978, 227, 231; dazu auch Kröll, IPrax 2002, 384, 387. 967 Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1316. 968 Otto, IPrax 2012, 223, 224. 969 BGH, Urteil vom 16.2.1961 – VII ZR 191/59 (Schleswig) = NJW 1961, 1067 f.; OLG Hamburg, Urteil vom 27.03.1975 – 6 U 147/74 = RIW 1975, 645, 645; Geimer, IZPR, Rdn. 3906; ders., in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 54.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
die Einwendung nicht schon bei Erlass des Schiedsspruches bestand und dennoch nicht geltend gemacht wurde. Nur in letztgenanntem Fall ist der Antragsgegner präkludiert.970 Im Fall des nachträglichen Entstehens der materiellrechtlichen Einwendung ist umstritten, ob sich die Präklusionswirkung nach der lex fori des mit der Vollstreckbarerklärung befassten Gerichts, dem Heimatrecht des Schiedsspruches oder einer Kombination beider beurteilen soll.971 Die Rechtsprechung wendet § 767 Abs. 2 ZPO analog an.972 Bei Qualifikation der Präklusion als Regel zur Durchführung der Zwangsvollstreckung entscheidet gemäß Art. III UNÜ das nationale Zwangsvollstreckungsverfahren auch über die Frage der Präklusion. Die Präklusionswirkung ist daher dem Recht des Vollstreckungsstaates zu entnehmen, zumal es sonst der Heimatstaat in der Hand hätte, durch Einführung fristgebundener Rechtsbehelfe gegen einen Schiedsspruch Präklusionswirkungen vorzugeben.973 Aufgrund Art. III UNÜ entscheidet auch das Recht des Vollstreckungsstaates über das durchzuführende Verfahren – in Deutschland besteht wahlweise die Möglichkeit einer separaten Vollstreckungsabwehrklage, wie auch die Möglichkeit im Vollstreckbarerklärungsverfahren selbst materielle Einwände geltend zu machen.974 (f) Präklusion bei allen Aufhebungsgründen? Des Weiteren ist fraglich, ob der Präklusionsgedanke bei der Verfristung einer Aufhebungsklage im Herkunftsstaat bei allen Aufhebungsgründen i. S. d. § 1059 ZPO bzw. Art. V UNÜ gelten soll oder ob für § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bzw. Art. V Abs. 2 UNÜ etwas Anderes gelten muss. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1044 ZPO a. F. ist keine Präklusion für die Fälle des Art. V Abs. 2 UNÜ angedeutet worden, zudem sieht auch § 1060 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Präklusion nur in den Fällen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor.975 Hinsichtlich der Präklusion von ordre public Verstößen ist zudem zu beachten, dass die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen sind und auch der Schutz des öffentlichen Interesses einer Präklusion entgegenzustehen scheint.976
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Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 13. Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 14; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20. 972 BGH, Urteil vom 22.11.1962 – VII ZR 55/61 = NJW 1963, 538, 539. 973 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 14; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20. 974 Siehe dazu genauer die Diskussion zu inländischen Schiedssprüchen bei § 4 C. V. 2. a) dd) (3); so auch BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – III ZB 57/10 = SchiedsVZ 2010, 330, 331; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 16. 975 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 285. 976 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 285. 971
D. Ausländische Schiedssprüche
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Jedoch ist zu beachten, dass es sich hier eben nicht um inländische Schiedssprüche handelt. Fraglich ist daher, ob bei ausländischen Schiedssprüchen Anerkennungsversagungsgründe auch des ordre public von der Präklusion ausgeschlossen sein sollen, wenn eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruches verfristet ist.977 Ist vollkommen unstreitig, dass sich beide Parteien der Schiedsvereinbarung unterworfen haben und macht der Antragsgegner an keiner Stelle des Verfahrens Aufhebungsgründe geltend und versäumt es, im Herkunftsstaat rechtzeitig Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch einzulegen, kann der Antragsteller auch hinsichtlich möglichen ordre public Verstößen davon ausgehen, der Antragsgegner werde sich in Deutschland nicht einer Vollstreckbarerklärung widersetzen.978 Eine Präklusion von ordre public Verstößen scheitert jedoch daran, dass der ordre public nicht supranational gilt, sondern sich lediglich für einzelne Jurisdiktionen feststellen lässt.979 Auch wenn der Beklagte es unterlassen hat, nach dem Recht des Erststaates relevante Tatsachen geltend zu machen und darin ein Fall nachlässiger Prozessführung zu sehen ist,980 ändert dies nichts daran, dass das Urteil in verfahrensmäßig anstößiger Weise ergangen ist und einen Widerspruch gegen die Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung darstellt.981 Die Anstößigkeit gegen deutsche Mindeststandards liegt schließlich unabhängig von einem Tätigwerden des Beklagten vor.982 Ohnehin ist zu beachten, dass die Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public häufig in der Rechtsordnung eines individuellen Staates liegen, welche sich durch die Einlegung eines Rechtsmittels oftmals nicht beseitigen lassen. Der ordre public kann stets nur individuell für den betreffenden Anerkennungs- und Vollstreckungsstaat festgestellt werden. Das Interesse einer „Zentralisierung im Herkunftsstaat“ besteht für die Feststellung von ordre public Verstößen demnach nicht. Die Grundsätze der Verfahrensökonomie und -beschleunigung müssen angesichts eines legitimen Interesses des Staates an der Einhaltung rechtlicher Mindeststandards bei der Feststellung von ordre public Verstößen somit zurücktreten. Eine Präklusion tritt bei ordre public Verstößen nicht ein. 977
BGH, Urteil vom 1. 2. 2001 – III ZR 332/99 = NJW-RR 2001, 1059 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 103; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 11 ff. 978 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 104; a. A. Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20; kritisch Kröll, IPrax 2007, 430, 436. 979 Otto, IPrax 2012, 233, 235. 980 BGH, Beschluss vom 21.03.1990 – XII ZB 71/89 (Stuttgart) = NJW 1990, 2201, 2203; BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 (Köln) = NJW 2009, 3306, 3310; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 03.08.1987 – 5 W 102/87 = IPrax 1989, 37, 39; BayObLG, Beschluss vom 08.05.2002 – 3 Z BR 303/01 = FamRZ 2002, 1637, 1639; OLG Koblenz, Urteil vom 16.10.2003 – 7 U 87/00 = RIW 2004, 302, 306; OLG Celle, Beschluss vom 25.04.2013 – 17 W 17/12 = FamRZ 2014, 142, 143; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.01.2014 – 8 W 61/13 = FamRZ 2014, 864, 865; Geimer, JZ 1969, 12, 14 f.; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 227. 981 So auch Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30; Stürner, JZ 1992, 325 ff.; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66. 982 Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
(g) Verbindlichkeit von Art. V UNÜ? Argumentiert man, den deutschen Gerichten sei eine restriktive Handhabung von Anerkennungsversagungsgründen weder durch die völkervertragliche Geltung des UNÜ, noch durch seine Geltung als einfaches Recht durch den Verweis in § 1061 ZPO verwehrt, so stellt sich die Frage, ob die Anerkennungsversagungsgründe des Art. V UNÜ überhaupt für die deutschen Gerichte verbindlich sind. Mache ziehen dabei den englischen Wortlaut in Art. V UNÜ „Recognition and enforcement of the award may be refused“ heran und behaupten, dass es jedem Staat überlassen bliebe, aufgrund autonomen Rechts auch solche Schiedssprüche anzuerkennen, die nach dem UNÜ nicht anerkennungspflichtig seien, und es den Staaten freistünde, den Gerichten ein entsprechendes Ermessen einzuräumen.983 Andere nehmen hingegen an, dass bei Vorliegen eines Anerkennungsversagungsgrundes das zuständige Gericht die Anerkennung und Vollstreckung auch versagen müsse. Der insoweit irreführende Wortlaut „may be refused“ deute gerade nicht auf einen Ermessenspielraum hin, sondern sei völkerrechtlich so zu verstehen, dass die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche durch das UNÜ beschränkt werden kann.984 Durch die Inkorporation der Regelungen des UNÜ in § 1061 ZPO hat der deutsche Gesetzgeber jedoch zum Ausdruck gebracht, dass der staatliche Richter des Vollstreckungsstaates bei Vorliegen eines Versagungsgrundes die Anerkennung verweigern muss.985 Die Versagungsgründe des Art. V UNÜ sind abschließend und verbindlich. (2) Einzelne Versagungsgründe (a) Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ: Nichtvorliegen bzw. Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ setzt einerseits voraus, dass die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben, andererseits dass die Parteien nach dem für sie maßgeblichen Recht zum Abschluss der Schiedsvereinbarung persönlich fähig waren.986 Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestimmt sich primär nach dem Recht des Landes, das der Schiedsvereinbarung zugrunde liegen soll. Fehlt eine 983
Dazu auch Alvarez de Pfeifle, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, S. 30; RaeschkeKessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 33; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anhang § 1061 ZPO, Rdn. 73; ders., Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 761. 984 Denkschrift der Bundesregierung BT-Drucks. 3/2160, S. 26; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 56, Rdn. 3. 985 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 28; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 56, Rdn. 3. 986 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 9.
D. Ausländische Schiedssprüche
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solche Rechtswahl, bestimmt sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach dem Recht am Sitz des Schiedsgerichts.987 Im Wesentlichen ist bezüglich Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ auf die Ausführungen zu § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO zu verweisen. Was die formelle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung betrifft, gelten für die inländische Schiedsvereinbarung §§ 1029, 1031 ZPO, welche sich einer Form begnügen, die den „Nachweis der Vereinbarung“ sicherstellen. Für die ausländische Schiedsvereinbarung ist Art. II UNÜ einschlägig, welcher explizit „Schriftform“ verlangt.988 Entspricht die Schiedsvereinbarung der Form nach nicht den Anforderungen des Art. II UNÜ, liegt darin per se bereits ein Versagungsgrund. Diese Anforderungen sollen die tatsächliche Einigung der Parteien garantieren und diese vor einem übereiligen Abschluss der Schiedsabrede schützen.989 Weniger strenge Formvorschriften des Vollstreckungsstaates können jedoch durch die Meistbegünstigungsklausel des Art. VII UNÜ zur Anwendung kommen, weshalb die Formerfordernisse des § 1031 Abs. 1 ZPO Anwendung finden können.990 Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung muss bereits, wenn der Beklagte am Schiedsverfahren teilnimmt, im ausländischen Schiedsverfahren gerügt werden, andernfalls ist er in Deutschland präkludiert.991 Ebenso liegt ein Versagungsgrund in der fehlenden subjektiven Schiedsfähigkeit der Parteien, diese beurteilt sich nach dem Personalstatut des IPR des Exequaturstaates.992 Im deutschen Recht ist Art. 7 EGBGB maßgebend. (b) Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ: Verletzung rechtlichen Gehörs Einen weiteren Anerkennungsversagungsgrund normiert Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ bei der Verletzung rechtlichen Gehörs. Der unterlegenen Partei993 muss rechtliches Gehör gewährt worden sein, sodass diese in der Lage war, sich angemessen zu verteidigen. Zum Begriff des rechtlichen Gehörs ist größtenteils auf die Ausführungen zu § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO zu verweisen. Darunter fallen ins 987
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 23, 24. Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 18. 989 BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 = IPrax 2006, 266, 268 mit Besprechung Geimer, IPrax 2006, 233, 235; OLG München, Beschluss vom 23.11.2009 – 34 Sch 13/09 = SchiedsVZ 2010, 50, 51. 990 s. Darstellung bei § 4 D. II. 2. c) bb); Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 9. 991 Für den Fall der fehlenden Schiedsvereinbarung laut BGH keine Präklusion: BGH Beschluss vom 16.12.2010 – II ZB 100/09 = NJW 2011, 1290; zur genauen Problematik der Rügepräklusion bei § 4 D. II. 2. C. ee) (1). 992 BGH, Urteil vom 23.04.1998 – III ZR 194–96 = NJW 1998, 2452 f.; BGH, Urteil vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08 = SchiedsVZ 2011, 46, 48; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn 79; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 44, Rdn. 18; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14. 993 Der Kläger kann diesen Versagungsgrund nicht geltend machen, vgl. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 53. 988
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
besondere die ordnungsgemäße Beteiligung der Parteien bei der Besetzung des Schiedsgerichts, die gehörige Information der Parteien über die Bestellung und Bekanntgabe der Namen der Schiedsrichter, die Information der Parteien von der Einleitung des Verfahrens und dem Vorbringen der gegnerischen Partei.994 Die Anforderungen sind nicht geringer als im Verfahren vor den staatlichen Gerichten; Art. 103 GG ist daher auch hier als Maßstab anzusetzen.995 In Hinblick auf ausländische Schiedssprüche ist das für die Verletzung rechtlichen Gehörs maßgebliche Recht zu bestimmen. Zum Teil wird dahingehend die Ansicht vertreten, dass insoweit auf das Recht des Vollstreckungsstaates abzustellen sei; nach anderer Ansicht sei dies mit Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ, wonach es vorrangig auf den Parteiwillen ankomme, das anwendbare Schiedsverfahrensrecht zu bestimmen und nur sekundär auf das Verfahrensrecht des Schiedsortes abzustellen, nicht vereinbar.996 Gegen eine ausschließliche Anknüpfung an das Verfahrensrecht spricht jedoch, das Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ dann gegenüber Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ überflüssig wäre – vorzugswürdig ist demnach eine autonome Auslegung unter Berücksichtigung des nach Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ anzuwendenden Verfahrensrechts997 und des Rechts des Vollstreckungsstaates, um zumindest vom Vollstreckungsstaat als unverzichtbar angesehene Mindeststandards sicherzustellen.998 Bei Vorliegen eines Verstoßes im Sinne von Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ muss zudem die erforderliche Kausalität des Verstoßes für den Schiedsspruch vorliegen.999 (c) Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ: Kompetenzüberschreitung durch das Schiedsgericht Nach Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ liegt zudem ein weiterer Versagungsgrund vor, wenn das Schiedsgericht seine Kompetenzen überschritten hat.1000 Dabei ist insbesondere auf die Ausführungen zu § 1059 Abs. 2 Nr.1 lit. c ZPO zu verweisen und auf die Möglichkeit einer Präklusion, auch wegen Art. V Abs. 2 EuÜ, hinzuweisen. 994
Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 8. 995 BGH, Urteil vom 26.09.1985 – III ZR 16/84 = RIW 1985, 970, 973; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 42. 996 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 28. 997 OLG Hamm, Urteil vom 26.06.1997 – 1 U 1/96 = RIW 1997, 962, 963; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 31; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 211; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, § 1061 ZPO Anh., Rdn. 81, 83a. 998 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 51, Rdn. 1; ders., Kap. 57, Rdn. 9. 999 BGH, Beschluss vom 15.01.2009 – III ZB 83/07 (OLG Frankfurt a. M.) = SchiedsVZ 2009, 126 f.; OLG Hamburg, Urteil vom 03.04.1975 – 6 U 70/74 = RIW 1975, 432, 433; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 32; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 10; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 10; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15. 1000 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 16; ebenso Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 49.
D. Ausländische Schiedssprüche
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Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ ist einschlägig bei der Überschreitung der Zuständigkeitskompetenz und der Überschreitung der Entscheidungsbefugnis des Schieds gerichts. Das Schiedsgericht hat seine Zuständigkeit überschritten, wenn zwar eine wirksame Schiedsvereinbarung nach Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ vorliegt, diese aber nicht den Streitgegenstand des Schiedsspruchs erfasst. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Inhalt der Abrede und ergänzend nach dem auf den Schiedsvertrag anwendbaren Recht. Die Frage, ob ein Schiedsgericht seine Entscheidungsbefugnisse überschritten hat, beurteilt sich wiederum nach dem anwendbaren Verfahrensrecht.1001 Bei einer Entscheidung über die Anträge der Parteien hinaus (ne eat arbiter ultra petita) liegt zwar ein Verfahrensfehler i. S. d. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ vor, jedoch ist darin keine Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichts zu sehen.1002 Eine Entscheidung nach Billigkeit trotz fehlender Ermächtigung durch die Parteien stellt hingegen einen Versagungsgrund nach Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ dar,1003 ebenso die willkürliche Abweichung des Schiedsgerichts von dem durch die Parteien vereinbarten anwendbaren materiellen Recht.1004 (d) Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ: Fehler bei der Bildung des Schiedsgerichts oder im Schiedsverfahren Ein weiterer Versagungsgrund für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem UNÜ liegt im Vorliegen eines schiedsgerichtlichen Verfahrensfehlers, sowie in der fehlerhaften Konstituierung des Schiedsgerichts. Grundsätzlich ist diesbezüglich auf die Ausführungen zu § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO zu verweisen. Bezüglich des anwendbaren Rechts ist primär auf das Verfahrensrecht, welches von den Parteien vereinbart wurde, zurückzugreifen und nur subsidiär auf das Recht des Landes, in dem das Verfahren stattgefunden hat.1005 Die Rechtswahl der Parteien zugunsten eines bestimmten nationalen Verfahrensrechts, wie auch zugunsten abweichender Vereinbarungen bzw. die Anwendung einer gewissen Verfahrensordnung einer Schiedsorganisation sind dabei zu respektieren.1006 Zwingende Normen des staatlichen Verfahrensrechts des Sitzstaates sind dennoch alleine wegen der 1001
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 37–38. Eberl, SchiedsVZ 2003, 109, 112 ff.; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2608; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 50; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 16; a. A. Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 4. 1003 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 39; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 61; Nagel / Gottwald, IZPR, § 18, Rdn. 210; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 11. 1004 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 41. 1005 Solomon, Verbindlichkeit, S. 60; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 47. 1006 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 50, Rdn. 2; Solomon, Verbindlichkeit, S. 58 f. 1002
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ansonsten drohenden Aufhebung des Schiedsspruches im Heimatstaat zu beachten.1007 Damit die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsstaat auch tatsächlich versagt wird, muss der betreffende Verfahrensfehler auch wesentlich sein, d. h. nach dem nach Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ anwendbaren Verfahrensrecht einen Aufhebungsgrund darstellen.1008 (e) Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ: Fehlende Verbindlichkeit des Schiedsspruchs Die Anerkennung bzw. Vollstreckung ist zudem dann zu versagen, wenn dem Schiedsspruch die Verbindlichkeit i. S. d. Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ fehlt. Dafür muss der Antragsgegner nachweisen, dass der Schiedsspruch noch nicht verbindlich ist, die Verbindlichkeit durch Aufhebung später weggefallen oder einstweilen gehemmt wurde.1009 Da eine entsprechende Regelung in § 1059 Abs. 2 ZPO fehlt, ist auf Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ näher einzugehen. (aa) Schiedsspruch i. S. d. § 1061 ZPO Inhaltlich muss ein Schiedsspruch i. S. d. § 1061 ZPO vorliegen. Dies beurteilt sich nach der lex fori. Da das UNÜ durch § 1061 ZPO zum deutschen Recht wurde, sind Entscheidungen der Gerichte von Vertragsstaaten bei der Auslegung des Begriffes „Schiedsspruch“ mit zu berücksichtigen.1010 (bb) Zeitpunkt der Verbindlichkeit Fraglich ist zudem die Bestimmung des Rechts, aus dem sich der Zeitpunkt ergibt, in dem ein Schiedsspruch verbindlich wird. Zur Bestimmung eignet sich das Verfahrensrecht, das dem Schiedsspruch zu Grunde liegt, vorrangig daher die Rechtswahl der Parteien zugunsten eines nationalen Verfahrensrechts bzw. abweichende Vereinbarungen.1011 Bei Schiedssprüchen institutioneller Schiedsgerichte ist auf die jeweilige Verfahrensordnung abzustellen.1012 1007 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 49; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 46, Rdn. 3. 1008 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 53; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 13; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 17. 1009 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 54. 1010 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 11. 1011 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 24; Voit, in: Musielak ZPO § 1061 ZPO, Rdn. 18. 1012 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 56.
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Verbindlichkeit ist ab dem Zeitpunkt zu bejahen, ab dem der Schiedsspruch nach dem anwendbaren Verfahrensrecht für vollstreckbar erklärt werden kann, da sich die Bindungswirkungen, die einem Schiedsspruch zukommen, gerade nach jenem anwendbaren Verfahrensrecht richten. Andererseits müssen hinsichtlich der Verbindlichkeit im Sinne des UNÜ auch autonome Korrekturen erfolgen, die eine international einheitliche Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gewährleisten. Deshalb ist es unerheblich, ob nach dem anwendbaren Schiedsverfahrensrecht das staatliche Exequatur Voraussetzung für den Eintritt der Verbindlichkeit ist.1013 Ob im Erststaat tatsächlich eine Vollstreckbarerklärung erfolgte, ist ebenso irrelevant (sog. Doppelexequatur).1014 Soweit das maßgebende Recht demnach zwischen der Verbindlichkeit eines Schiedsspruchs und den Voraussetzungen für seine Vollstreckbarerklärung unterscheidet, fordert das UNÜ lediglich die Verbindlichkeit.1015 Die bloße Möglichkeit einer Aufhebung nach nationalem Recht steht dem verbindlichen Charakter ebenso nicht entgegen, da durch Art. VI UNÜ eine Regelung zur Aussetzung des Verfahrens bereit steht.1016 (cc) Sonderfall: Aufhebung des Schiedsspruchs im Ausland – Auswirkungen auf die Verbindlichkeit Während § 1061 Abs. 3 ZPO nur die Wirkung der Aufhebung eines ausländischen Schiedsspruchs im Erststaat nach erfolgter zweitstaatlicher Vollstreckbarerklärung regelt, bleibt der Fall, in dem ein Schiedsspruch von der zuständigen Behörde im Heimatstaat aufgehoben wurde bevor die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung beantragt wird, Rechtsprechung und Literatur vorbehalten.1017 In diesem Fall darf der deutsche Richter die Anerkennung und Vollstreckung nämlich versagen, § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ. Problematisch ist jedoch, dass zahlreiche Staaten, in denen Schiedsverfahren stattfinden, nicht über rechtsstaatliche Verhältnisse verfügen. Manche gestehen dem deutschen 1013
BGH, Beschluss vom 14.04.1988 – III ZR 12/87 = NJW 1988, 3090, 3091; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 126, 127. 1014 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 19; Solomon, Verbindlichkeit, S. 92; a. M. Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6, 19. 1015 Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 4; Solomon, Verbindlichkeit, S. 93 ff., 374; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 19. 1016 BGH, Beschluss vom 14.04.1988 – III ZR 12/87 = NJW 1988, 3090; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 24; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 20; Solomon, Verbindlichkeit, S. 116, 364. 1017 Dazu Übersicht bei Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 125 ff.; ebenso Giardina, in: FS Böckstiegel (2000), S. 205 ff.; Nienaber, Anerkennung und Vollstreckung, S. 2 ff.; Siehr, ZZP 115 (2002), 143 ff.; international diskutiert wurden vor allem die Fälle Radenska v. Kajo, Hilmarton v. Omnium de Traitement et de Valorisation und Chromalloy Aeroservices v. Arab Republic of Egypt.
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Richter daher eine Kompetenz zu, am Maßstab des § 328 ZPO zu prüfen, ob die Aufhebungsentscheidung des ausländischen Gerichts innerhalb des Verfahrens nach § 1061 ZPO anzuerkennen ist.1018 Die Aufhebung im Ursprungstaat bedeute nicht automatisch, dass dieser nicht in einem Drittstaat für vollstreckbar erklärt werden könne. Dies sei sonst das Ende der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.1019 Siehr führt dazu aus: „Der Ursprungsstaat ist nicht Wächter des Schiedsgerichts und bestimmt nicht, was im Einzelfall als gültiger Schiedsspruch zu gelten hat. Nur begrenzt auf den Ursprungstaat kann er einen Schiedsspruch aufheben. Ob die anderen Staaten dem folgen, liegt bei ihnen und bei ihren Regeln über die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche. Soweit der Schiedsspruch mit allgemein anerkannten Fehlern behaftet ist, wird ein Anerkennungsstaat dem Aufhebungsentscheid des Ursprungsstaats folgen. Im übrigen jedoch nicht. Im Endergebnis entfaltet also ein Schiedsspruch seine volle Wirkung mit dem Spruch des Schiedsgerichts und die Parteien können dann versuchen, ihn überall durchzusetzen oder aufzuheben. (…) Insofern ist die Möglichkeit, dass ein Schiedsspruch, der im Ursprungsstaat aufgehoben worden ist, in anderen Staaten vollstreckt wird, eine notwendige, unausweichliche und auch gewollte Folge internationaler Schiedsbarkeit. Wer einen internationalen Schiedsspruch von der staatlichen Billigung im Ursprungsstaat abhängig machen will, gibt diese unabhängige internationale Schiedsgerichtsbarkeit weitgehend auf.“1020
Von einer solchen Kompetenz ist jedoch zumindest im Vollstreckungsstaat Deutschland nicht auszugehen. Während einem Mitgliedsstaat im eigentlichen Anwendungsbereich des UNÜ gestattet wird, einen solchen Anerkennungsversagungsgrund für einen Schiedsspruch vorzusehen, hat der deutsche Gesetzgeber, indem er die Regelungen des UNÜ in § 1061 ZPO inkorporiert hat, deutlich gemacht, dass der staatliche Richter unter den in Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ vorgesehenen Voraussetzungen die Anerkennung und Vollstreckung tatsächlich zu versagen hat. Ein Ermessen des Richters bezüglich der Geltung eines Versagungsgrundes ist dem deutschen Recht fremd.1021 In Frankreich hingegen gestaltet sich die Rechtslage anders, da Art. 1520 Nouveau Code de procédure civil den Versagungsgrund fehlende Verbindlichkeit nicht kennt und dann das günstigere nationale Anerkennungsrecht Frankreichs vorrangig ist.1022 Der deutsche Vollstreckungsrichter ist 1018
So zumindest Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 185; ders., SchiedsVZ 2007, 22, 28; Samtleben, ZZP Int 16(2011), 425, 454; Siehr, ZZP 115 (2002), 143, 145; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 131; Solomon, Verbindlichkeit, S. 156 ff., 581 ff.; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO § 1061 ZPO, Rdn. 24; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 12, 30; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 131 a; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 14; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 18. 1019 Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 34.; ebenso Kühner, SchiedsVZ 2011, 125, 130. 1020 Siehr, ZZP 115 (2002), 143, 154. 1021 BGH, Beschluss vom 21.05.2008 – III ZB 14/07 (OLG Dresden) = NJW 2008, 2718, 2718; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 60; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 14; ders., Kap. 56, Rdn. 3; Solomon, Verbindlichkeit, S. 167; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 28. 1022 Siehe dazu auch Siehr, ZZP 115 (2002), 143, 146.
D. Ausländische Schiedssprüche
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jedoch verpflichtet, die Anerkennung tatsächlich zu versagen.1023 Ist der Schiedsspruch im Ausland aufgehoben, bevor der Gläubiger im Inland die Vollstreckung betreibt, kann dieser auch im Inland nicht mehr wirken: für eine Vollstreckbarerklärung bleibt daher kein Raum.1024 Erfolgt die Aufhebung des Schiedsspruch im Ursprungsstaat jedoch während des Vollstreckbarerklärungsverfahrens, so hat der Antragsteller die Hauptsache für erledigt zu erklären, wenn er nicht eine Zurückweisung seines Antrags provozieren möchte.1025 Liegt ein Versagungsgrund vor, tritt anstelle der Aufhebung nach Abs. 2 die Feststellung, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist. Rechtshängig gewordene Anträge sind nach Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ abzuweisen,1026 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren können wiederaufgenommen werden. Nach § 1061 Abs. 3 ZPO kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.1027 (dd) Exkurs: Gefahr der Doppelkontrolle von Schiedssprüchen Durch Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ und Art. VI UNÜ werden die zwei „Rahmenkontrollmechanismen“, das Aufhebungsverfahren im Erststaat und das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Zweitstaat, miteinander in eine bestimmte Beziehung gebracht.1028 Dadurch entsteht jedoch notwendigerweise auch eine gewisse Doppelkontrolle von ausländischen Schiedssprüchen. Bei inländischen Schiedssprüchen sind Forum- und Exequaturstaat identisch, sodass ein Vollstreckbarerklärungsverfahren nach erfolglosem Aufhebungsverfahren in der Regel nicht mehr angestrengt, aber zumindest schnell entschieden ist. Ohnehin sind nach den geltenden Regeln der ZPO das Aufhebungs- und Exequaturverfahren durch die §§ 1059 Abs. 3 S. 4, 1060 Abs. 2 S. 2, S. 3 ZPO miteinander verkoppelt, sodass etwaige Mängel des Schiedsspruches nur einmal und zwar in demjenigen Verfahren, das zuerst angestrengt wurde, geltend gemacht werden. Eine Doppelkontrolle wird durch die Konstruktion des Gesetzes für inländische Schiedssprüche somit vermieden.1029
1023 BGH, Beschluss vom 21.05.2008 – III ZB 14/07 = NJW 2008, 2718; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 60; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 30; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 56, Rdn. 3. 1024 So auch Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 130; OLG München, Beschluss vom 30.07.2012 – 34 Sch 18/10 = SchiedsVZ 2012, 339, 341. 1025 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 130. 1026 OLG München, Beschluss vom 30.07.2012 – 34 Sch 18/10 = SchiedsVZ 2012, 339, 341; Münch, in: MüKo ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 29. 1027 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 63; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 33. 1028 Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung, S. 1, 13. 1029 Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 228.
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Anders liegt die Sachlage jedoch bei ausländischen Schiedssprüchen, da hier zwingenderweise zwei verschiedene Gerichte über die Aufhebungsklage und Vollstreckbarerklärung entscheiden.1030 Wenn der Schiedsspruch im Erststaat aufgehoben wurde, ist gemäß Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ die Vollstreckbarerklärung zu versagen. Eine Doppelkontrolle scheidet damit aus, da der Schiedsspruch durch die Aufhebung universell in seinem Bestand beseitigt wurde.1031 Wenn die Aufhebungsklage jedoch zurückgewiesen wird, kann es wegen der Identität der Aufhebungs- und Versagungsgründen zu einer Art Doppelkontrolle des Schiedsspruchs kommen.1032 Diese doppelte „Überprüfung“ ist wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände von Aufhebungs- und Exequaturverfahren grundsätzlich möglich. Eine Doppelkontrolle ist auch möglich, wenn die Aufhebungsklage erst nach Erteilung des Exequaturs im Erststaat erhoben wird. Nur wenn die Aufhebungsklage im Erststaat unter Suspendierung der Wirkungen des Schiedsspruches erhoben wurde oder die einstweilige Hemmung der Vollstreckung beantragt wurde, erlaubt Art. VI UNÜ dem Vollstreckungsgericht, die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung auszusetzen, wodurch eine Doppelkontrolle zunächst effektiv verhindert wird.1033 Inwiefern eine Doppelkontrolle tatsächlich vermieden werden kann, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Letztlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine Doppelkontrolle zu einem Teil auch dadurch ausgeschlossen ist, dass dem Aufhebungsverfahren im Erststaat ein anderer Prüfungsmaßstab als dem Vollstreckbarerklärungsverfahren im Zweitstaat zugrunde gelegt wird. Gerade hinsichtlich von ordre public Verstößen scheidet eine solche Doppelkontrolle aus, da jeder Staat angesichts seiner Hoheitsgewalt selbst darüber zu befinden hat, welche grundlegenden Mindeststandards zu wahren sind und wann ein unerträglicher Widerspruch zu den unabdingbaren Normen des betreffenden Staates vorliegt.1034 (f) Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ: Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit Wenn der Streitgegenstand nicht schiedsfähig war, liegt ein Versagungsgrund i. S. d. Art. V Abs. 2 lit. a UNÜ vor. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO zu verweisen. Die objektive Schiedsfähigkeit richtet sich nach dem Recht des Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsstaates1035 und ist vom 1030
v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, S. 33. So zumindest Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 228; dazu eingehend Nienaber, Anerkennung und Vollstreckung, S. 3–5; anders in Frankreich seit der Reform von 1982, ebenso in den USA, vgl. Entscheidung Chromalloy Aeroservices v. Arab Republic of Egypt 1996, 936 F. Supp. 907 (D. D. C. 1996). 1032 Siehe Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 227. 1033 v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, S. 33. 1034 Dazu auch v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, S. 153. 1035 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22. 1031
D. Ausländische Schiedssprüche
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Gericht von Amts wegen zu prüfen, unabhängig davon, ob der Antragsgegner sich hierauf beruft oder nicht. Eine Berücksichtigung des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts findet nicht statt,1036 allenfalls über Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ nach entsprechender Rüge.1037 (g) Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ: Verstoß gegen den ordre public Letztlich ist dem ausländischen Schiedsspruch die Anerkennung und Vollstreckung zu versagen, wenn diese gegen den ordre public des Anerkennungs- und Vollstreckungsstaates verstoßen würde.1038 Grundsätzlich ist dabei auf die Ausführungen zu § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO zu verweisen.1039 Mögliche Verstöße gegen den ordre public sind wie bei § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO von Amts wegen zu prüfen.1040 Der Verfahrensverstoß muss kausal für den Schiedsspruch gewesen sein; dabei genügt, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts auf dem gerügten Verstoß beruhen kann.1041 (aa) Besonderheiten von ordre public Verstößen bei ausländischen Schiedssprüchen Im Folgenden sollen lediglich einige Fallkonstellationen und Beispiele, die für ausländische Schiedssprüche typischerweise einen ordre public Verstoß darstellen können, genannt werden.1042 Ein ordre public Verstoß kann sowohl darin liegen, dass die Anerkennung des Ergebnisses des Schiedsspruches ordre public widrig ist oder dass der Schiedsspruch in einem einen gravierenden Fehler aufweisenden Verfahren gefällt wurde.1043 Dieser ist regelmäßig zu bejahen und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu versagen, wenn eine Norm verletzt wird, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt oder mit deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem unerträglichen Widerspruch steht.1044 So können beispielsweise Verstöße
1036
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 67; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 64. 1037 So zumindest Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14. 1038 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 65 ff. 1039 Siehe auch Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 20 f. 1040 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 66 ff.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 31. 1041 BGH, Beschluss vom 15.01.2009 – III ZB 83/07 = SchiedsVZ 2009, 126, 127; Samtleben, ZZP Int 16 (2011), 425, 458. 1042 Siehe dazu auch Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 80 ff. 1043 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23. 1044 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 21.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
gegen europäisches Recht,1045 die Verletzung grundlegender Normen des Kartellrechts1046 und Punitive damages Verurteilungen1047 Verstöße gegen den deutschen ordre public darstellen. Nicht dagegen ordre public widrig ist die Nichtanwendung des kollisionsrechtlich gebotenen Rechts; deren Prüfung würde gegen den Grundsatz der unzulässigen révision au fond verstoßen.1048 (bb) Unterscheidung ordre public interne und ordre public international Da es hier um die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche geht, ist der Begriff des ordre public unter Umständen anders als bei inländischen Schiedssprüchen zu bestimmen. Der Wortlaut der Normen in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO und § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 2 Nr. 2 lit. b UNÜ ist zwar deckungsgleich. Im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche könne man nach Schlosser jedoch „bei ausländischen Schiedssprüchen ein höheres Maß an Abweichung gegenüber den Normen tolerieren, die unserer eigenen Rechtsordnung zugrunde liegen“, als bei inländischen Schiedssprüchen. „Bei inhaltlicher Anstößigkeit“ könne man deshalb „umso toleranter sein, je weniger intensiv der Inlandsbezug des Verfahrens und des abgeurteilten Rechtsverhältnisses sei.“ Die Nichtanerkennung eines ausländischen Schiedsspruches komme daher nur dann in Frage, „wenn man auch ein mit dem gleichen Fehler behaftetes ausländisches Gerichtsurteil nicht anerkennen würde.“1049 Inwiefern letzter Gedanke überzeugen kann, ist fraglich, da dies voraussetzen würde, dass der ordre public interne weiter als der entsprechende ordre public Begriff in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für die Kontrolle ausländischer staatlicher Urteile sei, was faktisch jedoch nicht zutrifft.1050 Zu beachten ist jedoch, dass der deutsche ordre public interne grundsätzlich wesentlich enger als jener vieler anderer Länder ist. In Frankreich beispielsweise gilt bereits jede Verletzung einer zwingenden Rechtsnorm als Verstoß gegen den ordre public interne,1051 in der Schweiz zählen zum 1045
Siehe dazu EuGH (1. Kammer), Urteil vom 26.10.2006 – C-168/05, Elisa Maria Mostaza Claro v. Centro Móvil Milenium SL = NJW 2007, 135, 136; BGH, Urteil vom 27.02.1969 – KZR 3/68 (München) = NJW 1969, 978, 980; BGH, Urteil vom 31.05.1972 – KZR 43/71 (Hamburg) = NJW 1972, 2180, 2181; Eilmannsberger, SchiedsVZ 2006, 5 ff.; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 27. 1046 BGH, Urteil vom 27.02.1969 – KZR 3/68 = AWD 1969, 230, 231; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.06.1989 – 6 U (Kart.) 115/88 = RIW 1989, 911, 913; Duve / Rösch, SchiedsVZ 2015, 69 ff.; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2684. 1047 BGH, Urteil vom 04.0.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3097; Vorpeil, RIW 1991, 597 ff.; ders., RIW 1992, 405 ff. 1048 Pfeiffer, NJW 2012, 1169, 1172, 1174; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 86; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 43. 1049 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, (19. Aufl.), zu § 1044 a. F. ZPO, Anm. III B 2 a) α. 1050 Siehe Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 147 f.; ebenso die grundsätzliche Unterscheidung verneinend Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 21. 1051 Zum französischen Schiedsrecht auch Mezger, ZZP 94 (1981), 117, 153 f.
D. Ausländische Schiedssprüche
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ordre public der meisten Kantone ebenso „offensichtliche Verletzungen des Rechts oder der Billigkeit“, die „im Ergebnis willkürlich sind“.1052 Gerade in Fällen mit Auslandsbezug wird in solchen Ländern mit weitem ordre public Verständnis aber die Auffassung vertreten, dass für ausländische Schiedssprüche ein engerer Begriff des ordre public international gelten muss.1053 Andernfalls liefe dies auf eine zu weitgehende „Kontrolle“ der staatlichen Gerichte über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit hinaus.1054 Auch dem Bundesgerichtshof ist die Unterscheidung zwischen ordre public interne und ordre public international geläufig. Dieser will damit die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche einem weniger strengen Regime als bei inländischen Schiedssprüchen unterwerfen.1055 Danach soll nicht schon dann ein ordre public Verstoß vorliegen, wenn der Richter aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, sondern erst dann, wenn das „Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelung und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar scheint.“1056 Bei ausländischen Schiedssprüchen sei demnach nicht auf das enge Verständnis des Begriffs der öffentlichen Ordnung, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtliche ordre public international abzustellen.1057 Ein verfahrensrechtlicher ordre public Verstoß liege erst dann vor, wenn das Verfahren nicht mehr den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren entspräche, wobei in diese Beurteilung auch die Rechtsbehelfsmöglichkeiten des anzuwendenden Verfahrensrechts einzubeziehen seien.1058 Ebenso wie bei § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO ist das 1052
Art. 393 lit. e CH-ZPO; siehe auch Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 146. Altenüller, KTS 1974, 150, 156; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 69; Mezger, NJW 1970, 368 f.; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 21. 1054 Vgl. Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 145; ders., NJW 1987, 1105, 1106; v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, S. 17; a. A. Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 177. 1055 BGH, Urteil vom 18.10.1967 – VIII ZR 145/66 (KG) = NJW 1968, 354, 355; BGH, Urteil vom 15. 05. 1986 – III ZR 192/84 (Hamburg) = NJW 1986, 3027, 3028; BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2200; zur Differenzierung bei Urteilen von Staatsgerichten auch BGH, Urteil vom 21.04.1998 – XI ZR 377/97 = IPrax 1999, 466, 467; BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 = NJW 2007, 772, 774. 1056 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 47. 1057 BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2200; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 104; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 42; Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 57; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2651 ff.; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23; Voltz, in: Staudinger BGB, Art. 6 EGBGB, Rdn. 119; v. Winterfeld, NJW 1987, 3059, 3060; a. A. Engelhardt, JZ 1987, 227, 232; Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140 ff.; ders., NJW 1987, 1105, 1106; Roth, Vorbehalt des Ordre Public, S. 178 ff.; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 67; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rdn. 21. 1058 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 24. 1053
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Gericht bei der im Rahmen von Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ zu erfolgenden Prüfung weder an tatsächliche Feststellungen des Schiedsgerichts, noch an dessen Rechtsauffassung gebunden.1059 Denkansätze bezüglich eines allgemeinen ordre public „transnational“,1060 welcher im Sinne eines „minimalen Nenners“ die Grundprinzipien und Grundwerte aller zivilisierten Staaten vereint und nicht nur in internationalen Schiedsverfahren, sondern auch für die staatlichen Gerichte in späteren Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren Geltung beanspruchen soll, sind abzulehnen. Die private Schiedsgerichtsbarkeit ist nicht als isolierte und abstrahierte Institution zu verstehen, sondern im Gegenteil von der Anerkennung und Vollstreckung einer staatlichen Rechtsordnung abhängig, welche wiederum Form, Inhalt und Grenzen der Schiedsvereinbarung und Schiedssprüche eigenständig festlegt und bestimmt.1061 (3) Entscheidung des Gerichts bei Bestehen / Nichtbestehen eines Versagensgrundes Ein Ermessen, die Vollstreckbarkeit zu versagen, kennt das deutsche Recht angesichts der Inkorporation der Regelungen des UNÜ in § 1061 ZPO nicht, weshalb das Gericht bei Vorliegen eines Versagensgrundes die Vollstreckbarerklärung tatsächlich zu versagen hat, den ausländischen Schiedsspruch jedoch nicht aufhebt.1062 An die Stelle der Aufhebung tritt nach § 1061 Abs. 2 ZPO die Feststellung, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.1063 ff) Art. VI UNÜ Gemäß Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ hindert die Aufhebung des Schiedsspruches die Anerkennung bzw. Vollstreckung. Art. VI UNÜ, der dem Exequaturgericht gestattet, die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches auszusetzen, wenn im Erlassstaat ein Antrag auf Aufhebung oder einstweilige Wirkungshemmung gestellt wurde, ist in diesem Zusammenhang zu sehen, da dieser ab der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens bis zur Aufhebung eines Schiedsspruchs versucht, die Interessen der die Vollstreckbarerklärung beantragenden Partei und die Interessen des Antragsgegners auszugleichen. Das Exequatur 1059 BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538; BGH, Urteil vom 23.04.1959 – VII ZR 2/58 = NJW 1959, 1438; BGH, Urteil vom 25.10.1966 – KZR 7/65 = NJW 1967, 1178; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 89. 1060 So zum Beispiel Lalive, Transnational (or Truly International) Public Policy and International Arbitration, zitiert nach Kornblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 141. 1061 Kormblum, in: FS Nagel (1987), S. 140, 141 f. 1062 Siehe auch Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 8, 19. 1063 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 28.
D. Ausländische Schiedssprüche
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gericht kann die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung aussetzen, um widersprechende Entscheidungen der Gerichte im Erlass- und Vollstreckungsstaat zu vermeiden.1064 gg) Art. VII UNÜ Art. VII UNÜ regelt das Verhältnis des UNÜ zu anderen internationalen Verträgen sowie zu nationalen Regelungen des jeweiligen Vollstreckungsstaates, soweit diese ebenfalls die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung betreffen. (1) Völkerrechtliches Verhältnis zu anderen bi- und multilateralen Staatsverträgen Nach § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. § 1064 Abs. 3 ZPO bleiben bi- und multilaterale Vereinbarungen in anderen Staatsverträgen unberührt. Dies entspricht dem völkerrechtlichen Regelungsvorrang gegenüber einfachem Recht, weshalb § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO deklaratorische Funktion zukommt. Da selbst bilateralen Verträgen Vorrang eingeräumt wird, ermöglicht Art. VII UNÜ jedoch leider ein „exequatur shopping“.1065 Art. VII Abs. 1 UNÜ setzt zudem den Grundsatz lex posterior derogat legi priori außer Kraft, wonach sonstige Staatsverträge unberührt bleiben, soweit sie in einem Vertragsstaat vor dem UNÜ in Kraft getreten sind. Dadurch wird sichergestellt, dass Staaten, die dem UNÜ beitreten, nicht geltendes Völkerrecht verletzen.1066 (2) Meistbegünstigungsklausel Nach Art. VII Abs. 1 UNÜ kann sich die Partei, die die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches begehrt, neben dem UNÜ auch auf nationales Kollisions- und Sachrecht oder sonstige vom Vollstreckungsstaat ratifizierte Abkommen berufen.1067 1064
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VI UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1–2. BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 (OLG Hamburg) = NJW-RR 2004, 1504 ff.; BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 (OLG Oldenburg) = NJW 2005, 3499, 3500; BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 (OLG Karlsruhe) = NJW 2007, 772, 774; OLG München, Beschluss vom 11.05.2009 – 34 Sch 23/08 = SchiedsVZ 2009, 343, 344; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1. 1066 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 27. 1067 BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 = SchiedsVZ 2005, 306, 307; a. A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.06.2006 – 28 Sch 28/05, IPRspr Nr. 212, 477, 478; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4. 1065
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Das UNÜ wurde zwar durch § 1061 ZPO in die ZPO übernommen, gleichwohl kann das deutsche Recht insgesamt anerkennungsfreundlicher sein.1068 Zu diesem Meistbegünstigungsgrundsatz führte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.12.2010 aus: „Vielmehr ist der Meistbegünstigungsgrundsatz in Art. VII Abs. 1 UNÜ dahin zu verstehen, dass er – unter Durchbrechung der Rückverweisung des nationalen Rechts auf das UN-Übereinkommen – grundsätzlich auch die Anwendung von im Vergleich zum UN-Übereinkommen anerkennungsfreundlicheren Vorschriften des nationalen Rechts, auch soweit diese an sich für innerstaatliche Schiedssprüche gelten, auf ausländische Schiedssprüche erlaubt.“1069 Nach diesem Günstigkeitsprinzip kommt stets die anerkenungsfreundlichere Regel in ihrer Gesamtheit zur Anwendung, eine Vermengung verschiedener Regelungssysteme nach der Rosinentheorie ist nicht möglich.1070 So ist § 1064 Abs. 3 ZPO zum Beispiel liberaler als Art. IV UNÜ;1071 ebenso kommt das nationale Recht nach Art. VII UNÜ zur Anwendung, wenn das Schiedsvereinbarungsstatut (§ 1029 ZPO) weniger streng ist als Art. II UNÜ (§ 1031 ZPO).1072 Ansonsten käme es wegen der pauschalen Verweisung des § 1061 ZPO auf das UNÜ dazu, dass mangels „Auffangnetz in favorem recognitions“,1073 zumindest was die Anforderungen an die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung betrifft, ausländische Schiedssprüche strenger als inländische behandelt würden.1074 In Vertragsstaaten, in denen der Richter völkerrechtliche Verträge von Amts wegen zu berücksichtigen hat, kann sich der Antragsteller, der die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung begehrt, sowohl auf nationales Recht, als auch das UNÜ berufen, und damit dem Richter die Wahl des günstigeren Rechts, überlassen. Ohnehin kann das staatliche Gericht aber völkerrechtliche Verträge ohne Berufung des Antragsstellers hierauf anwenden, wenn diese anerkennungsfreundlicher sind.1075 1068
Siehe Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7–9. BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 = SchiedsVZ 2011, 105, 107. 1070 OLG Hamm, Urteil vom 02.11.1983 – 20 U 57/83 = IPrax 1985, 218 f.; Haas, IPrax 1993, 382, 383; Quinke, SchiedsVZ 2011, 169, 173; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 160; Walter / Wackenhuth, IPrax 1985, 200, 201. 1071 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = SchiedsVZ 2003, 281, 282. 1072 BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 = IPrax 2006, 266, 267; BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – III ZB 69/09 = SchiedsVZ 2010, 332, 332; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 2; Quinke, SchiedsVZ 2011, 169, 170; a.A: Schütze, Internationales Zivilprozessrecht, § 1061 ZPO, Rdn. 37. 1073 Siehe Geimer, IPrax 2006, 233, 235; ders., in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22a; Otto, IPrax 2003, 333, 335; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 24 f. 1074 Kröll, IPrax 2002, 384, 386; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 22a. 1075 BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – III ZB 68/02 = SchiedsVZ 2003, 281, 282; BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 = SchiedsVZ 2005, 306, 307; BGH, Beschluss vom 23.02.2006 – III ZB 50/05 = SchiedsVZ 2006, 161, 163; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Nienaber, Anerkennung und Vollstreckung, S. 229; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 161; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 26. 1069
D. Ausländische Schiedssprüche
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(3) Verhältnis zum Genfer Protokoll über Schiedsklauseln von 1923 sowie zum Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1927 Art. VII Abs. 2 UNÜ regelt zudem das Verhältnis des UNÜ zum Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln von 1923, sowie zum Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1927, welche beide außer Kraft gesetzt sind, sobald das UNÜ verbindlich wird. Die Abkommen sind nur noch dann anwendbar, wenn der Staat, in dem das Schiedsverfahren stattgefunden hat, diesen Abkommen, nicht aber dem UNÜ beigetreten ist. Die in Art. V des Genfer Abkommens normierte Meistbegünstigungsklausel kann jedoch wiederum zu einer Anwendung des UNÜ führen, jedoch nur für Vertragsstaaten des UNÜ, die nicht den Gegenseitigkeitsvorbehalt i. S. d. Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ erklärt haben und damit nicht für die Bundesrepublik Deutschland, die jenen auch formell aufgehoben hat.1076 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach anderen multi- und bilateralen Staatsverträgen soll an späterer Stelle erläutert werden. hh) Verfahren Das Verfahren ist im Wesentlichen wie bei inländischen Schiedssprüchen, Arg. § 1025 Abs. 4 ZPO, der insgesamt auf § 1061 ZPO und § 1062–1065 ZPO verweist.1077 Das Oberlandesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 u. 3 ZPO, § 1062 Abs. 2 Var. 3 ZPO zuständig. Falls ein deutscher Schiedsort fehlt, ist gemäß § 1062 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit Schiedsklage in Anspruch genommene oder getroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht in Berlin.1078 Das Verfahren besteht gemäß § 1063 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 ZPO aus einem Beschlussverfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung. Soweit nicht unmittelbare Staatsinteressen betroffen sind, liegt es an der beschwerten Partei, den Versagungsgrund geltend zu machen; eine Beachtung von Amts wegen oder auf Antrag des Gegners ohne Rüge der betroffenen Partei ist ausgeschlossen.1079 Dem Beschluss kommt Titelwirkung zu (§ 1064 Abs. 2 mit § 794 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ZPO), da dieser für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist. Aus dem Schiedsspruch kann demnach 1076
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 2. BGH, Beschluss vom 27.03.2002 – III ZB 43/00 (Hamm) = NJW-RR 2002, 933, 933; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 9; ebenso Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 6. 1078 Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 122; ebenso Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 96 f. 1079 Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15. 1077
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
vollstreckt werden, obgleich die Vollstreckbarerklärung der Rechtsbeschwerde nach § 1065 ZPO unterliegt.1080 Die mündliche Verhandlung ist anzuordnen bei ausdrücklicher Antragstellung oder beim Vorliegen von Aufhebungsgründen i. S. d. § 1059 Abs. 2 ZPO. Es besteht die Möglichkeit zur Rechtsbeschwerde gemäß § 1065 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ZPO.1081 Staatsvertragliche Regelungen bezüglich des Verfahrens haben Vorrang, § 1064 Abs. 3 ZPO. d) Prüfungsumfang des Gerichts bei ausländischen Schiedssprüchen Fraglich ist, ob das deutsche staatliche Gericht bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. III UNÜ wie im Verfahren des § 1059 Abs. 2 ZPO an die rechtliche Beurteilung und die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden ist.1082 Problematisch ist das Verhältnis von Art. V Abs. 1 lit d UNÜ (Verfahrensmängel) zur ordre public „Kontrolle“ des Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ. Während Verfahrensverstöße in der Regel alle Fälle der ordre public Widrigkeit des Verfahrens enthalten, Erstgenannte aber geltend gemacht werden müssen und sonst präkludiert sein können, sind ordre public Verstöße von Amts wegen zu prüfen.1083 Teils wird daher nahegelegt, dass die Prüfung des Verfahrens nicht zu einer Prüfung von Amts wegen im Rahmen des ordre public Vorbehalts führen darf bzw. zumindest solche Verfahrensverstöße, die auch unter Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ fallen, bei Nichtvorbringen im Schiedsverfahren dann auch unabhängig vom ordre public präkludiert seien.1084 Ist nämlich vollkommen unstreitig, dass sich beide Parteien der Schiedsvereinbarung unterworfen haben und macht der Antragsgegner erstmalig im Vollstreckbarerklärungsverfahren Anerkennungsversagungsgründe geltend, soll er damit auch hinsichtlich des ordre public Vorbehaltes präkludiert sein.1085 Der Prüfungsmaßstab bei ausländischen Schiedssprüchen ist aber ohnehin weniger streng als jener bei § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b oder lit. d ZPO:1086 ein ordre public Verstoß ist gerade bei ausländischen Schiedssprüchen eng auszulegen und nur dann anzunehmen, wenn der Schiedsspruch im Zeitpunkt der Entscheidung durch das staatliche Gericht in einem untragbaren Widerspruch zu den Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder zu deutschen Gerechtig-
1080
Nagel / Gottwald, IZPR, § 16, Rdn. 124; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 7. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 123. 1082 Dagegen BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 (Celle) = NJW 1958, 1538; BGH, Urteil vom 27.02.1964 – VII ZR 134/62 (Bremen) = MDR 1964, 590, 590; OLG Rostock, Beschluss vom 22.11.2001 – 1 Sch 3/00 = BeckRS 2001, 17668; OLG Celle, Beschluss vom 04.09.2003 – 8 Sch 11/02 = SchiedsVZ 2004, 166, 168; siehe auch Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 20, 22. 1083 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23. 1084 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 106, Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 39a. 1085 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.1.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 104. 1086 Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23. 1081
D. Ausländische Schiedssprüche
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keitsvorstellungen steht.1087 Selbst wenn der Beklagte es unterlassen hat, nach dem Recht des Erststaates relevante Tatsachen geltend zu machen und dadurch ein Fall nachlässiger Prozessführung vorliegt,1088 ändert dies nichts daran, dass das Urteil in verfahrensmäßig anstößiger Weise ergangen ist und einen Widerspruch gegen die Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung darstellt.1089 Die Anstößigkeit gegen die deutsche Rechtsordnung liegt unabhängig von einem Tätigwerden des Beklagten vor.1090 Das Oberlandesgericht darf im Rahmen des Verfahrens nach § 1061 ZPO prüfen, ob ein Aufhebungsgrund nach Art. V Abs. 1 UNÜ vorliegt, den der Antragsteller begründet geltend gemacht hat oder ob ein von Amts wegen zu berücksichtigender Aufhebungsgrund nach Art. V Abs. 2 UNÜ vorliegt. Aufheben darf es den ausländischen Schiedsspruch jedoch nicht.1091 Ob das Schiedsgericht den Streit richtig entschieden hat und es dessen rechtlichen Ansatz teilt, darf das staatliche Gericht nicht entscheiden.1092 Kernpunkt ist somit erneut das Verbot der révision au fond,1093 welches so weitgehend wie möglich durchzuhalten ist. Die unrichtige Rechtsanwendung ist für sich betrachtet kein Grund, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruches zu verweigern. Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts sind damit ebenso hinzunehmen wie solche eines ausländischen staatlichen Gerichts.1094 Das Gericht prüft ausschließlich aus seiner Sicht, ob das im Schiedsspruch erfasste Ergebnis den ordre public verletzt. In diesem Rahmen kann das Oberlandesgericht den ausländischen Schiedsspruch
1087 BGH, Entscheidung vom 26.02.1991 – XI ZR 349/89 = NJW-RR 1991, 757, 758; BGH, Entscheidung vom 04.03.1993 – IX ZB 55/92 = NJW 1993, 1801, 1802; BGH, Urteil vom 21.04.1998 – XI ZR 377–97 = NJW 1998, 2358, 2358. 1088 BGH, Beschluss vom 21.03.1990 – XII ZB 71/89 (Stuttgart) = NJW 1990, 2201, 2203; BGH, Beschluss vom 26.8.2009 – XII ZB 169/07 (OLG Köln) = NJW 2009, 3306, 3310; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 03.08.1987 – 5 W 102/87 = IPrax 1989, 37, 39; BayObLG, Beschluss vom 08.05.2002 – 3Z BR 303/01 = FamRZ 2002, 1637, 1639; OLG Koblenz, Urteil vom 16.10.2003 – 7 U 87/00 = RIW 2004, 302, 306; OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.5.2011 – 4 Sch 03/10 = SchiedsVZ 2012, 47, 48 und 50; OLG Celle, Beschluss vom 25.04.2013 – 17 W 17/12 = FamRZ 2014, 142, 143; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.01.2014 – 8 W 61/13 = FamRZ 2014, 864, 865; Geimer, JZ 1969, 12, 14 f.; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 227. 1089 So auch Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66; Stürner, JZ 1992, 325 ff. 1090 Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30. 1091 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 121. 1092 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 = SchiedsVZ 2008, 40, 42; RaeschkeKessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 36. 1093 OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2004 – 9 Sch 01/03 = SchiedsVZ 2005, 163, 165; Thüringer OLG, Beschluss vom 08.08.2007 – 4 Sch 03/06 = SchiedsVZ 2008, 44, 45; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.11.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 105; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 40. 1094 BGH, Urteil vom 12.05.1958 – VII ZR 436/56 = NJW 1958, 1538; BGH, Urteil vom 23.04.1959 – VII ZR 2/58 = NJW 1959, 1438; BGH, Urteil vom 25.10.1966 – KZR 7/65 = NJW 1967, 1178.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
auch auslegen und rechtlich einordnen.1095 Maßgeblich ist dabei zu beachten, was der Richter erkennbar zum Ausdruck gebracht habe.1096 Der Bundesgerichtshof ist an das Auslegungsergebnis nicht gebunden, sondern kann selbst auslegen.1097 Genügt der Schiedsspruch den Bestimmtheitsanforderungen für Vollstreckungstitel nicht, hat das Gericht nach Beweisaufnahme zum ausländischen Recht zu prüfen, ob dieser konkretisiert werden kann, um die Vollstreckung zu ermöglichen. Dabei darf jedoch keine inhaltliche Veränderung des Schiedsspruchs erfolgen.
III. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach anderen Staatsverträgen § 1061 ZPO verweist bezüglich der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung auf das New Yorker Übereinkommen von 1958 (UNÜ). Gleichzeitig bleiben die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen unberührt, § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO. 1. Multilaterale Staatsverträge a) Verhältnis zum UNÜ Nach Art. VII Abs. 1 UNÜ kann sich eine Partei neben dem UNÜ auch auf das nationale Recht oder sonstige vom Exequaturstaat ratifizierte Vereinbarungen berufen. Dem Anerkennungs- bzw. Vollstreckungskläger steht demnach das ihm günstigere Recht offen. Die Vermengung der verschiedenen Regelungssysteme ist nicht möglich, die Anerkennung kann demnach nur nach dem UNÜ oder dem günstigeren Staatsvertrag abgewickelt werden.1098 b) Einzelne Abkommen aa) Genfer Abkommen vom 26.09.1927 Diesem Abkommen kommt nur insoweit eigenständige Bedeutung zu, als es sich um Staaten handelt, die dem UNÜ nicht beigetreten sind. Da Deutschland dem 1095 BGH, Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06 = SchiedsVZ 2008, 40, 42 für inländische Schiedssprüche; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14. 1096 BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – III ZB 19/11 = SchiedsVZ 2012, 41, 42. 1097 BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – III ZB 19/11 = SchiedsVZ 2012, 41, 42; RaeschkeKessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 14. 1098 BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05 = SchiedsVZ 2005, 306, 307; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 25.
D. Ausländische Schiedssprüche
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UNÜ beigetreten ist, spielt das Genfer Abkommen bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche im Vollstreckungsstaat Deutschland keine Rolle mehr, Art. VII Abs. 2 UNÜ.1099 bb) Das Europäische Übereinkommen vom 21.04.1961 (EuÜ) Während das UNÜ Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche enthält, betrifft das Genfer Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Regelungen zur Anerkennung von Schiedsverträgen und ausländischen Schiedssprüchen,1100 soweit sie auf einer Schiedsvereinbarung i. S. d. Art. I Abs. 1 lit. a UNÜ beruhen. Inwiefern Überschneidungen zum UNÜ bestehen können, beziehungsweise das EuÜ Einfluss auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche nehmen kann, ist im Folgenden zu klären. (1) Anwendungsvoraussetzungen, Art. I EuÜ (a) Personenbezogene Anwendungsvoraussetzung Als personenbezogene Anwendungsvoraussetzung normiert Art. I Abs. 1 EuÜ, dass die Parteien ihren subjektiv – personenbezogenen, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten des Übereinkommens haben. Unter Sitz ist gemäß Art. I Abs. 2 lit. c EuÜ der Ort zu verstehen, an dem sich die Niederlassung befindet, von welcher aus die Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde. Wenn eine der Parteien aus einem Nichtvertragsstaat kommt, ist die Anwendung des EuÜ nicht über die Meistbegünstigungsklausel zu erreichen.1101 Ob das Verfahren selbst in einem Vertragsstaat stattgefunden hat,1102 ist unerheblich, ebenso die Nationalität der Beteiligten.1103 (b) Sachbezogene Anwendungsvoraussetzung In sachlicher Hinsicht muss sich die zwischen den Parteien geschlossene Schiedsvereinbarung (Schiedsabrede oder Schiedsklausel) auf ein internationales Handelsgeschäft beziehen, Art. I Abs 2 lit. a Hs. 1 EuÜ. Die Bestimmung der 1099
Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 140. Mezger, RabelsZ 29, 231, 232. 1101 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 2. 1102 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 15; ebenso Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 169. 1103 Mezger, RabelsZ 29, 231, 239; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 2. 1100
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
„Internationalität“ des Handelsgeschäfts hat nach vertragsautonomen Kriterien zu erfolgen;1104 eine Möglichkeit diesen Vorbehalt, wie etwa im Rahmen des UNÜ, zu beschränken, besteht nicht. Die Zielsetzung des EuÜ liegt darin, die internationale Rechtsverfolgung durch die Schiedsgerichtsbarkeit zu erleichtern, weshalb ein vom nationalen Recht losgelöster, für alle Mitgliedsstaaten einheitlicher Begriff des internationalen Handelsgeschäfts gelten muss.1105 Danach liegt ein internationales Handelsgeschäft vor, wenn Leistungen über Staatsgrenzen hinweg erbracht werden sollen.1106 (c) Anwendung des EuÜ im Verhältnis zum UNÜ Wenn der Exequaturstaat sowohl das UNÜ, als auch das EuÜ ratifiziert hat, ist zu beachten, dass die Anwendung der Übereinkommen geltendes Völkerrecht nicht verletzen darf. Es gilt der Grundsatz, dass das später in Kraft getretene Abkommen Vorrang genießt, lex posterior derogat legi priori. Ist das UNÜ vor dem EuÜ ratifiziert worden, ist nach Art. VII Abs. 1 UNÜ weiterhin eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem UNÜ möglich, wenn etwa die Voraussetzungen des Art. I Abs. 1 EuÜ, nicht aber jene des Art. II UNÜ vorliegen. Erfolgte die Ratifizierung des EuÜ vor dem UNÜ, genießt das UNÜ zwar Vorrang; das EuÜ kann jedoch über die Meistbegünstigungsklausel Anwendung finden.1107 Dem EuÜ kommt im Verhältnis zum UNÜ eine Ergänzungsfunktion zu.1108 (2) Besonderheiten bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen Nachdem das EuÜ überwiegend Regelungen zum Schiedsvertrag und zum Schiedsspruch enthält, sind Überschneidungen mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen nach dem UNÜ grundsätzlich selten. Im Folgenden sollen die Normen des EuÜ herausgegriffen werden, welche sich auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche nach dem UNÜ auswirken können.
1104
Solomon, Verbindlichkeit, S. 172; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 14. 1105 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Mezger, RabelsZ 29, 231, 240; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 14. 1106 Mezger, RabelsZ 29, 231, 240; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 14; Solomon, Verbindlichkeit, S. 173. 1107 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 7–10; ders., Art. I EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9. 1108 Mezger, RabelsZ 29, 231, 233.
D. Ausländische Schiedssprüche
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(a) Art. I Abs. 2 lit. a EuÜ, Art. VI Abs. 2 EuÜ Zunächst stellt das EuÜ geringere Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung als das UNÜ. Einerseits muss sich die Schiedsvereinbarung gemäß Art. I Abs. 2 lit. a Hs. 2 EuÜ nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beziehen,1109 andererseits lässt es zwischen Staaten, die beide bei der Schiedsabrede auf das Schriftformerfordernis verzichten, jede Vereinbarung zu, die nach diesen Rechtsordnungen nach zulässigen Vorschriften geschlossen wurde.1110 Strengeres nationales Recht der Vertragsstaaten wird verdrängt, sodass auch § 1031 ZPO nicht anwendbar ist. Hat ein Staat somit beide Abkommen ratifiziert, muss der Staat die Vereinbarung im Rahmen des UNÜ trotz Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ auch dann anerkennen, wenn es nicht den Anforderungen des Art. II UNÜ entspricht.1111 Art. VI Abs. 2 EuÜ enthält zudem eine Kollisionsnorm, die bestimmt, nach welcher Rechtsordnung sich die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung bestimmt, soweit diese Frage nicht vom EuÜ selbst geregelt wird.1112 Primär gilt danach das von den Parteien gewählte Recht (lit. a),1113 subsidiär das Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergehen soll (lit. b),1114 ansonsten das voraussichtliche Verfahrensrecht.1115 Art. VI Abs. 2 S. 2 EuÜ enthält zudem Bestimmungen zur objektiven Schiedsfähigkeit, welche sich nach der lex fori des angerufenen staatlichen Gerichts richtet.1116 (b) Art. V EuÜ (aa) Präklusionsvorschriften des Art. V EuÜ Art. V EuÜ normiert die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im schiedsgerichtlichen Verfahren. Im Gegensatz zum UNÜ, welches direkt keine Präklusionsvorschriften enthält und dieses Problem weitgehend durch den Grundsatz widersprüchlichen Verhaltens löst, enthalten Art. V Abs. 1 und 2 EuÜ Präklusionsvorschriften.1117 Danach muss die Einrede, dass die Schiedsvereinbarung etwa wegen Formunwirksamkeit oder mangelnder subjektiver Schiedsfähigkeit 1109 Vgl. Art. 1 Genfer Protokoll, Art. II Abs. 1 UNÜ, § 1029 ZPO; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 173. 1110 In diesem Fall gilt das Recht der Vertragsstaaten, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Sitz haben. 1111 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 173; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. II UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 23; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 156. 1112 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VI EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1. 1113 OLG Frankfurt, Urteil vom 24.09.1985 – 5 U 167/84 = RIW 1986, 379, 380 f. 1114 BGH, Urteil vom 20.03.1980 – III ZR 151/79 (Frankfurt) = NJW 1980, 2022, 2023 f. 1115 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VI EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9–11. 1116 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VI EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 12. 1117 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
nicht bestehe, gemäß Art. V Abs. 1 S. 1 EuÜ gleichzeitig mit der Einlassung zur Hauptsache geltend gemacht werden.1118 Die Einrede, der konkrete Streitgegenstand sei von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst, muss hingegen erst bei Erörterung des betreffenden Streitpunktes vorgetragen werden.1119 Durch die Präklusionsvorschriften sollen eine zeitliche Konzentration der Zuständigkeitsrügen und die Beschleunigung des Verfahrens sichergestellt werden.1120 (bb) Ausnahmen von der Präklusion Nimmt eine Partei am Verfahren gar nicht teil, so tritt keine Präklusion ein, da sich diese auf die Einlassung zur Hauptsache bezieht und die Partei dadurch auch keinen Vertrauenstatbestand schafft.1121 Wird eine Einrede im Sinne von Art. V Abs. 1 S. 3 EuÜ verspätet erhoben, hat das Gericht diese Einrede zuzulassen, wenn die Verspätung auf einem von dem Schiedsgericht für gerechtfertigt erachteten Grund beruht.1122 Nach Art. V Abs. 2 S. 1 EuÜ besteht zudem eine Ausnahme von der Präklusion für von Amts wegen zu beachtende Gründe im Schiedsverfahren, da die Präklusion nur für solche Gründe eintreten kann, „die zu erheben den Parteien nach dem vom Schiedsgericht anzuwendenden Recht überlassen ist.“1123 Ebenso ist der Einwand in einem späteren Verfahren über die Hauptsache oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches nur dann präkludiert, wenn die Unzuständigkeitsrüge nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befassten staatlichen Gerichts nur auf Einrede zu beachten ist, Art. V Abs. 2 S. 1 Hs. 2 EuÜ. Eine Präklusion kommt daher nur für Rügen in Betracht, auf die die Parteien verzichten können.1124
1118 BGH, Urteil vom 02.12.1982 – III ZR 85/81 (OLG Hamburg) = NJW 1983, 1267, 1269; Klein, ZZP 76 (1963), 342, 348; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 180. 1119 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 3–4; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 51, Rdn. 5. 1120 Mezger, RabelsZ 29, 231, 262. 1121 So zumindest Bülow, NJW 1972, 415, 419; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 6; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 159; Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, Rdn. 814; ders., in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 183. 1122 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 51, Rdn. 6; ebenso Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 180; aus Rechtssicherheitsgründen ist diese Frage autonom anzuknüpfen; danach kann bei Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels der Schiedsvereinbarung bzw. partieller Unzuständigkeit die Rüge zurückgewiesen werden, vgl. Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 5. 1123 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh .§ 1061 ZPO, Rdn. 9; Klein, ZZP 76 (1963), 342, 348; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 158; Mezger, RabelsZ 29, 231, 265; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 180; das für die Bestimmung der Beachtung von Amts wegen maßgebliche Recht ist das den Schiedsverfahren zugrundeliegende Recht, so auch Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 51, Rdn. 5. 1124 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 10.
D. Ausländische Schiedssprüche
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(c) Art. VIII EuÜ Art. VIII EuÜ enthält Maßgaben zur Begründung des Schiedsspruchs und trägt den unterschiedlichen nationalen Regelungen zur Begründungspflicht von Schiedssprüchen Rechnung. In Deutschland sind Schiedssprüche gemäß § 1054 Abs. 2 ZPO zu begründen, sofern die Parteien nichts Anderes vereinbart haben oder es sich um einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut handelt. Haben die Parteien vereinbart, dass der Schiedsspruch zu begründen ist und fehlt eine solche Begründung, liegt ein Verfahrensfehler i. S. d. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ vor, sodass einem Schiedsspruch ohne Begründung die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu versagen wäre.1125 Auch nach Art. VIII EuÜ besteht grundsätzlich eine Begründungspflicht; der Wortlaut „es wird vermutet“ ist insofern irreführend.1126 Nur wenn eine der Ausnahmen der in Art. VIII lit. a oder lit. b EuÜ einschlägig ist, kann auf eine Begründung verzichtet werden. Dies ist namentlich der Fall, wenn die Parteien hierauf ausdrücklich verzichtet haben (lit. a) oder eine Begründung nach der anwendbaren Verfahrens- oder Schiedsordnung entbehrlich bzw. unüblich ist (lit. b).1127 Fraglich ist, welche Folgen eine fehlende Begründung nach sich zieht, da Art. VIII EuÜ keine dahingehende Aussage enthält. Art. VIII EuÜ findet unmittelbar Anwendung, wenn die Schiedsparteien das Verfahrensrecht eines Vertragsstaates des EuÜ vereinbart haben oder der Exequaturstaat ein Mitgliedstaat des EuÜ ist.1128 Nur wenn die fehlende Begründung nach dem Recht jenes, dem EuÜ angehörigen Exequaturstaates einen Grund zur Nichtanerkennung darstellt, kann sie auch zur Nichtanerkennung oder Versagung der Vollstreckbarerklärung führen.1129 Nach deutschem Verfahrensrecht ist § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ zu beachten, sodass die fehlende Begründung als Verletzung des Verfahrensrechts einen Anerkennungsversagungsgrund darstellen kann.1130 (d) Art. IX EuÜ Das EuÜ regelt grundsätzlich nur mittelbar die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche; Art. IX EuÜ stellt eine Durchbrechung dieses Prinzips dar, indem es die Regel des Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ hinsichtlich der Auf 1125
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VIII EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1. Klein, ZZP 76 (1963), 342, 351; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 201. 1127 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 54, Rdn. 1–2. 1128 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 52. 1129 So auch Mezger, RabelsZ 29, 231, 284. 1130 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VIII EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 15; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 54, Rdn. 4; anders Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anhang § 1061 ZPO, Rdn. 201, der die fehlende Begründung als ordre public Verstoß qualifiziert. 1126
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
hebung des Schiedsspruches und seine Auswirkung auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Exequaturstaat modifiziert.1131 Soweit ein Staat neben dem UNÜ auch das EuÜ ratifiziert hat, ist die Aufhebung eines Schiedsspruches durch eine nach Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ zuständige Behörde nur beachtlich, wenn sie auf einem der in Art. IX Abs. 1 EuÜ genannten Gründe beruht, Art. IX Abs. 2 EuÜ.1132 Die dort aufgezählten Gründe entsprechen im Wesentlichen den Gründen des Art. V Abs. 1 UNÜ.1133 Bei der Prüfung, ob das Aufhebungsurteil anzuerkennen ist, hat sich das Gericht des Exequaturstaates darauf zu beschränken, ob dieses Urteil auf einem der vier in lit. a bis d enthaltenen Gründe beruht. Es prüft nicht nach, ob das staatliche Gericht, das den Schiedsspruch aufgehoben hat, das Gesetz bzw. das EuÜ richtig angewandt hat und die Aufhebungsgründe tatsächlich vorgelegen haben.1134 Für das Exequaturgericht unbeachtlich ist nach Art. IX EuÜ aber die Aufhebung wegen eines ordre public Verstoßes im Aufhebungsstaat, sowie der Mangel der objektiven Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes. Gerade die Frage des ordre public Verstoßes ist vom Exequaturstaat unter Umständen anders zu beurteilen als im Erststaat.1135 Selbstverständlich darf der Schiedsspruch inhaltlich aber nicht gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstoßen.1136 Was die mangelnde objektive Schiedsfähigkeit betrifft, ist zu beachten, dass meist der Aufhebungsgrund des Art. IX Abs. 1 lit. a EuÜ vorliegen wird. (e) Art. X EuÜ Obgleich Art. X Abs. 7 EuÜ selbst nicht den Meistbegünstigungsgrundsatz vorsieht, folgt aus dem Vorbehalt der Gültigkeit anderer Abkommen jedoch der Meistbegünstigungsgrundsatz aus Art. VII UNÜ. Demnach steht es den Parteien frei, sich in toto auf das ihnen im konkreten Fall günstigere Abkommen zu berufen.1137
1131 Gómez Jene, IPrax 2005, 84, 85; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IX EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 2; Nienaber, Anerkennung und Vollstreckung, S. 28 f.; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 204. 1132 Die Wirkung des Art. IX EuÜ auf das UNÜ ergibt sich bereits aus Art. VII UNÜ, wird aber in Art. IX Abs. 2 EuÜ nochmals klargestellt. 1133 BGH, Beschluss vom 23.04.2013 – III ZB 59/12 = SchiedsVZ 2013, 229, 229; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 62; ders., Art. IX EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 4; Klein, ZZP 76 (1963), 342, 352; Mezger, RabelsZ 29, 231, 286; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 204; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57, Rdn. 28. 1134 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IX EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 10. 1135 Klein, ZZP 76 (1963), 342, 352; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. IX EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 11; Mezger, RabelsZ 29, 231, 286; Solomon, Verbindlichkeit, S. 181 ff. 1136 Klein, ZZP 76 (1963), 342, 352; Raeschke-Kessler, in: Prütting / Gehrlein ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 35. 1137 Klein, ZZP 76 (1963), 243, 258; s. auch Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. X EuÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 1.
D. Ausländische Schiedssprüche
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cc) Das Washingtoner Weltbankübereinkommen vom 18.03.19651138 Während sich die bisherigen Abkommen generell mit privatrechtlichen Schiedsverfahren, gegebenenfalls beschränkt auf Handelssachen, befassen, gibt es internationale Übereinkommen, die lediglich einen Teilbereich der Schiedsgerichtsbarkeit über wirtschaftliche Streitigkeiten regeln. Das Bedeutendste unter ihnen ist das Washingtoner Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten.1139 Das Übereinkommen stellt ein Schiedsverfahren für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und privaten Investoren, die anderen Vertragsstaaten angehörig sind, zur Verfügung, Art. 25. Die Art. 53 ff. des Übereinkommens regeln die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, welche für die Parteien bindend sind. Die Anerkennung erfolgt dabei formlos, die Vollstreckbarerklärung bestimmt sich nach zweitstaatlichem Recht. Nach Art. 2 Abs. 2 AusfG1140 finden für die Vollstreckbarerklärung die geltenden Vorschriften über die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche entsprechend Anwendung, es gelten somit die §§ 1061 ff. ZPO. Alleiniger Versagungsgrund für die Vollstreckbarerklärung ist die Aufhebung des Schiedsspruchs nach Art. 51 f. des Übereinkommens durch einen ad hoc Ausschuss; ungeschriebenes Erfordernis ist die Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public.1141
1138
BGBl 1959 II S. 3719; Vertragsstaaten sind Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Australien, Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belarus, Belgien, Benin, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Botswana, Brunei Darussalam, Bulgarien, Burkina Faso, Burundi, Chile, China (Taiwan), China (Volksrepublik), Costa Rica, Côte d’Ivoire, Dänemark, Ecuador, El Salvador, Estland, Fiji, Finnland, Frankreich, Gabun, Gambia, Georgien, Ghana, Grenada, Griechenland, Guatemala, Guinea, Guyana, Honduras, Indonesien, Irland, Island, Israel, Italien, Jamaika, Japan, Jordanien, Jugoslawien, Kamerun, Kasachstan, Kenia, Kolumbien, Komoren, Kongo, Korea, Kroatien, Kuwait, Lesotho, Lettland, Libanon, Liberia, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Mali, Malta, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Mazedonien, Mikronesien, Mongolei, Mosambik, Nepal, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Niger, Nigeria, Norwegen, Oman, Österreich, Pakistan, Panama, Papua-Neuguinea, Paraguay, Peru, Philippinen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Salomonen, Sambia, Samoa, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Slowakei, Slowenien, Somalia, Spanien, Sri Lanka, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Sudan, Swasiland, Tansania, Timor-Leste, Togo, Tonga, Trinidad und Tobago, Tschad, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Uganda, Ukraine, Ungar, Uruguay, USA, Usbekistan, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Zentralafrikanische Republik, Zypern. 1139 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 207. 1140 BGBl 1969 II, S. 369; BGBl 1997 I, S. 3224. 1141 Vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 152.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
dd) COTIF vom 09.05.19801142 Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr, welches im Rahmen seines Geltungsbereiches die internationalen Übereinkommen CIM und CIV ablöste (Art. 24), enthält in Art. 12 ff. des Übereinkommens Bestimmungen über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit. In Art. 16 § 2 heißt es: „Der Schiedsspruch des Schiedsgerichts wird gegenüber Beförderungsunternehmen und Benutzern in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhalts ist nicht zulässig.“ Die Anerkennung erfolgt damit formlos und die Vollstreckbarerklärung richtet sich nach den §§ 1061 ff. i. V. m. UNÜ.1143 ee) Londoner Auslandsschuldenabkommen vom 27.02.19531144 Das Londoner Abkommen über deutsche Auslandsschulden sieht zur Beilegung von Streitigkeiten einen Schiedsgerichtshof vor, der gemäß Art. 28 des Abkommens nur von Regierungen angerufen werden kann und sich von den in einigen Anlagen bestimmten besonderen Schiedsgerichten unterscheidet. Die Anerkennung erfolgt formlos und die Vollstreckbarerklärung richtet sich nach den §§ 1061 ff. ZPO.1145 2. Bilaterale Staatsverträge a) Verhältnis zum UNÜ Nach dem lex posterior Prinzip gilt im Verhältnis zu Vertragsstaaten, die nach Inkrafttreten von bilateralen Abkommen auch das UNÜ ratifiziert haben, vorrangig das UNÜ. Den bilateralen Übereinkommen kommt über die Meistbegünstigungsklausel des
1142
BGBl. 1985 II, S. 130, 166. Vertragsstaaten sind Albanien, Algerien, Belgien Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irak, Iran, Irland, Italien, Jugoslawien (ehemaliges), Kroatien, Lettland, Libanon, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mazedonien (ehem. Jugoslawische Republik), Monaco, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Syrien, Tschechische Republik, ehem. Tschechoslowakei, Tunesien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 147. 1144 BGBl 1953 II, S. 331. 1145 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 148. 1143
D. Ausländische Schiedssprüche
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UNÜ noch Bedeutung zu, sofern sie geringere Anforderungen an die Anerkennung / Vollstreckung von Schiedssprüchen stellen.1146 Folgende Abkommen wurden durch das Inkrafttreten des UN-Übereinkommens ersetzt bzw. verweisen auf das UNÜ, sodass sich auch bilateral die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem UNÜ richtet:1147 – Deutsch-Schweizerisches Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 02.11.1929;1148 – Deutsch-italienisches Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 09.03.1936;1149 – Deutsch-österreichischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 06.06.1959;1150 – Deutsch-griechischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 04.11.1961;1151 – Deutsch-niederländischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivilund Handelssachen vom 30.08.1962;1152 – Deutsch-norwegischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 17.06.1977;1153 – Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.07.1977;1154 – Deutsch-spanischer Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 14.11.1983.1155
1146
Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VII UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 11. Vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 155 ff. 1148 RGBl 1930 II, S. 1066. 1149 RGBl 1937 II, S. 145. 1150 BGBl 1960 II, S. 1246. 1151 BGBl. 1963 II, S. 110. 1152 BGBl 1965 II, S. 27. 1153 BGBL 1981 II, S. 341. 1154 BGBl 1980 II S. 936. 1155 BGBl 1987 II, S. 35. 1147
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
b) Bilaterale Abkommen mit eigenständiger Regelung aa) Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertragvom 29.10.19541156 Nach Art. VI Abs. 2 dieses Abkommens sind Schiedssprüche unter erleichterten Voraussetzungen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Zum Beispiel sind keine besonderen Formerfordernisse für die Schiedsvereinbarung zu beachten.1157 Gegenüber dem UNÜ beschränkt Art. VI Abs. 2 S. 3 des Abkommens die „Rahmenkontrolle“ auf eine reine ordre public „Kontrolle“, andere Versagungsgründe bleiben außer Betracht.1158 Als spezifischer ordre public Verstoß kommt die Verurteilung zu punitive damages1159 in Betracht, wonach der Schiedsspruch in Deutschland nicht anerkennungsfähig ist.1160 Andererseits verlangt das Abkommen die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches, also die vorherige Erteilung des Exequaturs.1161 Für das Verfahren gelten die §§ 1062 ff. ZPO. bb) Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen vom 30.06.19581162 Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen normiert in Art. 13 eigenständig die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen. Anwendbar ist das Abkommen lediglich auf Schiedssprüche, welche nach der Sitztheorie als belgische zu qualifizieren sind und in Belgien vollstreckbar sind. Als Besonderheit muss eine Doppelexequierung nach deutschem und belgischem Recht erfolgen, welche durch die Vollstreckungsklausel (formule exécutoire) nachzuweisen ist.1163 Die Vorschriften des § 1061 Abs. 1 und 2 ZPO und §§ 1063 ff. ZPO kommen entsprechend zur Anwendung.
1156
BGBl 1956 II, S. 488. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 184–185. 1158 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. VI Anh. 6 § 1061 ZPO, Rdn. 3. 1159 Dazu auch Vorpeil, RIW 1991, 597 ff.; ders., RIW 1992, 405 ff. 1160 BGH, Entscheidung vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 = BGHZ 118, 312; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 185. 1161 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anhang § 1061 ZPO, Rdn. 222. 1162 BGBl. 1959 II, S. 766. 1163 Geimer / Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, S. 314; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 170. 1157
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cc) Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag vom 19.06.19661164 Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie die Handelsschiedsgerichtsbarkeit regelt in Art. 51 des Vertrages eigenständig die Wirkungserstreckung von tunesischen Schiedssprüchen in Deutschland. Als Erfordernis muss die Schiedsvereinbarung einerseits eine Handelssache zum Gegenstand haben, andererseits in Schriftform erfolgen. Ebenso muss die Schiedsvereinbarung ein bestimmtes Rechtsverhältnis zum Gegenstand haben und die Parteien ihren Sitz oder Wohnsitz jeweils im anderen Vertragsstaat haben. Darüber hinaus muss der Streitgegenstand schiedsfähig sein, Art. 52 Abs. 1 Nr. 2 des Vertrages i. V. m. § 1030 ZPO. Als Besonderheit ist das Landgericht ausschließlich sachlich zuständig für die Vollstreckbarerklärung. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach Wahl der betreibenden Partei entweder nach dem Wohnsitz des Spruchschuldners oder dem Sprengel, in dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, vgl. Art. 53, 27 Abs. 2 des Vertrages. Im Übrigens gilt § 1063 ZPO.1165
IV. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile Zur Herausarbeitung des Verhältnisses der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche sollen sodann noch die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile näher untersucht und mit Erstgenannten verglichen werden. Der Grundsatz des Verbots der révision au fond entstammt schließlich der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen, sowie es auch hier eine ordre public Prüfung gibt. Die Regeln zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile weisen zwar weltweit ähnliche Charakteristika auf, beruhen jedoch nicht auf Regeln des allgemeinen Völkerrechts. Ein allgemeines multilaterales Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen gibt es nicht,1166 ebenso wenig eine generelle völkerrechtliche Pflicht, ausländische Ent 1164
BGBl 1966 II, S. 890. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 175 ff. 1166 BGH, Beschluss vom 11.07.1990 – XII ZB 113/87 (Stuttgart) = NJW 1990, 3081; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 11; Schütze, JZ 1982, 636, 636; ders., in: FS Geimer (2002), S. 1025, 1025; das Haager Übereinkommen vom 01.02.1971 ist von der BRD nicht unterzeichnet worden, Verhandlungen über ein neues Haager Übereinkommen über gerichtliche Zuständigkeit und ausländische Entscheidungen mit Entwürfen von 1999 und 2001 sind zudem gescheitert; am 30.06.2005 wurde jedoch das Haager Übereinkommen 1165
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
scheidungen anzuerkennen.1167 Durch die Verkündung des Urteils offenbart sich nämlich die Gerichtshoheit eines jeden Staates, welche aber auf das Gebiet innerhalb dessen staatlicher Grenzen begrenzt bleiben muss: extra territorium ius decenti impune non partetur.1168 Nötig ist stets ein innerstaatlicher Rechtsanwendungsbefehl;1169 unter welchen Voraussetzungen ein Staat ein ausländisches Urteil anerkennt, kann dieser selbst bestimmen.1170 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen sind im autonomen Recht in den §§ 328, 722, 723 ZPO und §§ 107–109 FamFG geregelt.1171 Wesentliche Grundlage für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile in Deutschland bilden daneben das sekundäre europäische Unionsrecht und andere staatsvertragliche Regelungen,1172 welche je nach den Bedürfnissen von Politik, Handel und Verkehr Art und Ausmaß der Anerkennung eigenständig regeln.1173 Im Verhältnis der EU – Staaten bzw. den Vertragsstaaten des LugÜ galten bis 2001 vorrangig die Normen des EuGVÜ und des LugÜ.1174 In der EuGVVO (Brüssel-Ia-VO),1175 sowie der EuEheVO (Brüssel-IIa-VO) wurde das zugrundeliegende Prinzip der grundsätzlichen Anerkennung übernommen.1176 Art. 32 ff. LugÜ und Art. 23 ff. KSÜ enthalten darüber hinaus staatsvertragliche Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Urteilen. Die EuGVVO, welche die EuGVVO a. F. zum 10.01.2015 ablöste, sieht zudem eine automatische Vollstreckbarerklärung vor, indem das Exequaturverfahren abgeschafft und dafür die Durchführung eines Verfahrens auf Versagung der Vollstreckung auf Antrag des Schuldners eingeführt wurde, Art. 46 ff. EuGVVO.1177 Art. 41 Abs. 1 EuEheVO, Art. 5 EuVTVO, Art. 19 EuMahnVO, Art. 1 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 EuBagatellVO und Art. 17 EuUnterhVO normieren zudem die Anerkennung und Vollstreckung ohne jeden Vorbehalt.1178 Indem das Regelwerk des Europäischen Zivilprozessrechts umfassend die Anerkennung und Vollstreckbarüber gerichtliche Zuständigkeiten abgeschlossen, welchem auch die EU beigetreten ist; gemäß Art. 8 des Übereinkommens sind in einem vereinbarten Gerichtsstand ergangene Urteile in den Vertragsstaaten anzuerkennen, vgl. Rühl, IPrax 2005, 410, 413 f. 1167 Geimer, IZPR, Rdn. 2757; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 1; Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 102; Nagel, ZZP 75 (1962), 408, 435. 1168 Schütze, in: FS Geimer (2002), S. 1025, 1025. 1169 Vgl. Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 1. 1170 Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 102. 1171 Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 102. 1172 Kallweit, Jura 2009, 585, 585. 1173 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 1. 1174 Das LugÜII vom 30.10.2007 gilt zudem im Verhältnis zu Norwegen, Dänemark, der Schweiz und Island; Kohler, in: FS Geimer (2002), S. 461 ff. 1175 Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Vorbem EuGVVO, Rdn. 1, 5; Wagner, NJW 2009, 1911, 1913. 1176 Rauscher, IPR, Rdn. 2395. 1177 Domej, RabelsZ 78 (2014), 508, 510. 1178 Geimer, IZPR, Rdn. 2765o.; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 14; dazu auch Schack, in: FS Spellenberg (2010), S. 497, 497.
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erklärung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen normiert, gilt das deutsche autonome Recht im Verhältnis der EU-Staaten nur insoweit, als die Verordnungen auf dieses verweisen.1179 Soweit das deutsche autonome Recht anerkennungsfreundlicher ist, ist dieses nach dem Günstigkeitsprinzip gegenüber gewöhnlichen multi- und bilateralen Anerkennungsverträgen vorrangig, da Letztgenannte lediglich Mindeststandards der Anerkennung festlegen, aber keinen Staat daran hindern, über diese Voraussetzungen hinaus Entscheidungen anzuerkennen. Eine Vermischung einzelner, günstigerer Anerkennungsvoraussetzungen im Sinne der Rosinentheorie ist jedoch nicht möglich.1180 Im Verhältnis zu Art. 36 EuGVVO und Art. 22 EuEheVO gilt das Günstigkeitsprinzip zudem wegen deren abschließenden Charakters nicht, sodass die Versagung der Anerkennung bei Vorliegen eines Anerkennungshindernisses nicht zu umgehen ist.1181 Der Hauptanwendungsbereich des Günstigkeitsprinzips beschränkt sich aus diesem Grunde vorrangig auf den Rechtsverkehr zwischen Deutschland und den USA und Kanada.1182 1. Wirkungserstreckung oder Gleichstellung Unter der Anerkennung ausländischer Urteile ist die Erstreckung von Entscheidungswirkungen einer ausländischen Entscheidung auf das Inland zu verstehen (Lehre von der Wirkungserstreckung).1183 Die jeweilige Wirkung der Anerkennung richtet sich deshalb danach, welche Wirkungen das fremde Recht, in welchem das Erkenntnisverfahren stattgefunden hat, seinem Urteil beilegt.1184 Die sog. Gleichstellungslehre (Nostrifizierungstheorie), nach der eine Entscheidung nur mit den Wirkungen anzuerkennen ist, die auch von inländischen Entscheidungen ausgehen können, ist abzulehnen, da nach ihr die Parteien mit unvorhersehbaren Rechtsfolgen belastet werden, auf die sie sich im Verfahren des Entscheidungsstaates nicht einstellen konnten. Eine Gleichstellung ist daher lediglich für die Vollstreckbarkeit geboten.1185 Anerkennungsfähig sind trotz der grundsätzlich unbegrenzten Wirkungs 1179
Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 3. Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 105; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 25; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 3. 1181 Geimer, IZPR, Rdn. 2767 b; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 2, 41; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 3; Wagner, FamRZ 2006, 744, 745; anders Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 105. 1182 Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 41. 1183 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3098; Geimer, IZPR, Rdn. 2776; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 20 f.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 4; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 7. 1184 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3098; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 20. 1185 Geimer, IPZR, Rdn. 2779; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 7; Spellenberg, IPrax 1984, 304, 306 f.; anders Schack, IPrax 1989, 139, 142. 1180
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
erstreckung nur solche Wirkungen, die im Inland nicht gänzlich unbekannt sind oder dem inländischen ordre public widersprechen.1186 Erstreckt werden können somit die Rechtskraft- bzw. Präklusionswirkung,1187 die Gestaltungswirkung1188 und die Interventionswirkung1189 der Entscheidung.1190 2. Prinzip der Anerkennung von Gesetzes wegen Die Anerkennung bedarf keines besonderen förmlichen Verfahrens, sondern erfolgt kraft Gesetzes mit Erlass bzw. Rechtskraft der Entscheidung ipso iure, wenn ihre Voraussetzungen in diesem Zeitpunkt vorliegen,1191 Art. 36 Abs. 1 EuGVVO, Art. 33 Abs. 1 LugÜ II, Art. 21 Abs. 1 EuEheVO, Art. 16 Abs. 1 EuUnterhVO, Art. 39 Abs. 1 EuErbVO, Art. 16 Abs. 1 EuInsVO, §§ 328 ZPO, 108 Abs. 1 FamFG. Bei Bedarf kann selbstständig festgestellt werden, dass eine ausländische Entscheidung anzuerkennen ist, Art. 36 Abs. 2 EuGVVO, Art. 33 LugÜII, Art. 21 Abs. 3 EuEheVO, §§ 256 ZPO, 108 Abs. 3 FamFG.1192 Liegen die Anerkennungsvoraussetzungen nicht vor, so entfaltet die Entscheidung im Inland keine Wirkung.1193 3. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nach der EuGVVO Seit 10.01.2015 ist die EuGVVO a. F. durch die entsprechende Neufassung der EuGVVO in Kraft getreten. Art. 36 Abs. 1 EuGVVO schreibt in Anlehnung an Art. 33 Abs. 1 EuGVVO a. F. den Grundsatz der Inzidentanerkennung aller in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen fest. Sofern die Anerkennung streitig ist, kann die Partei isoliert in einem gerichtlichen Verfahren nach Art. 36 Abs. 2 EuGVVO feststellen lassen, dass die Anerkennung nicht aus den in Art. 45 EuGVVO genannten Gründen zu versagen ist, Art. 45 Abs. 4 EuGVVO.1194 Ist die Anerkennungsfähigkeit Vorfrage in einem anhängigen Verfahren, so ist das Gericht auch zur Entscheidung über die Anerkennung zuständig, Art. 36 Abs. 3 EuGVVO. Die Anerkennung erfolgt nach Vorlage der gemäß Art. 37 EuGVVO
1186
Gottwald, ZZP 103 (1990), 257, 260 ff.; Schurig, IPrax 1986, 221, 223. Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 35, 51; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 35. 1188 Müller, ZZP 79 (1966), 199, 215 ff.; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 39. 1189 Milleker, ZZP 80 (1967), S. 288 ff. 1190 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn 2. 1191 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 76 ff.; Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 106 ff.; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 5; ders., Art. 33 EuGVVO, Rdn. 1. 1192 Geimer, JZ 1977, 145, 146 f.; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 1. 1193 Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 39. 1194 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 13. 1187
D. Ausländische Schiedssprüche
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erforderlichen Urkunden.1195 Zuständig ist ausschließlich das Landgericht, § 1115 Abs. 1 ZPO, für die örtliche Zuständigkeit gilt § 1115 Abs. 2 ZPO.1196 Das Landgericht entscheidet durch Beschluss, § 115 Abs. 4 S. 3 ZPO, gegen den die sofortige Beschwerde gemäß § 1115 Abs. 5 S. 3 i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft ist.1197 Für die Reform kennzeichnend ist der Wegfall des bisherigen Exequaturerfordernisses, Art. 39 Abs. 1 EuGVVO, nachdem Titel aus EU-Mitgliedstaaten zunehmend ex lege Europäische Vollstreckungstitel darstellen, die für eine Vollstreckung in anderen EU-Mitgliedstaaten keiner besonderen Vollstreckbarerklärung mehr bedürfen.1198 In Art. 39 Abs. 1 EuGVVO wird § 794 Abs. 1 Nr. 9 ZPO umgesetzt, wonach ausländische Entscheidungen (Art. 2 lit. a EuGVVO) inländischen Titeln gleichgestellt werden. Während Art. 5 EuVTVO, Art. 19 EuMahnVO, Art. 20 EuBagatellVO und Art. 17 EuUnterhVO jedoch nicht nur die Abschaffung des Exequaturverfahrens vorsehen, sondern die Anfechtung des Urteils im Vollstreckungsstaat gänzlich ausschließen, geht die EuGVVO diesen Schritt nicht.1199 In Anlehnung an das Anerkennungsversagungsverfahren gibt es vielmehr ein Vollstreckungsversagungsverfahren, Art. 47 EuGVVO;1200 Art. 44 Abs. 1 lit. c EuGVVO sieht zudem eine Regelung zur Aussetzung des Verfahrens bei einem Antrag auf Versagung der Vollstreckung vor. Die Vollstreckung richtet sich gemäß Art. 41 Abs. 1 EuGVVO nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates; aus diesem Grund können im Vollstreckungsstaat Deutschland sämtliche formelle (§§ 766, 793 ZPO) und materielle Einwände (§§ 767, 711 ZPO) des deutschen Vollstreckungsrechts geltend gemacht werden.1201 Nach Art. 42 EuGVVO sind die Ausfertigung des Urteils und seine Bescheinigung i. S. d. Art. 53 EuGVVO nach Anhang I unmittelbar dem zuständigen Vollstreckungsorgan (§§ 745, 828 ZPO, § 1 ZVG) vorzulegen, die Zustellung des Titels erfolgt nach Art. 43 Abs. 1 EuGVVO gesondert.1202 Dem Grundsatz, dass die EU (zumindest noch) kein einheitliches Jurisdiktionsgebiet darstellt, wird insofern Rechnung getragen,1203 als Art. 45 EuGVVO Anerkennungsversagungsgründe bzw. Vollstreckungsversagungsgründe normiert, bei deren Vorliegen nach Art. 46 EuGVVO die Versagung der Vollstreckung folgt. Da diese Gründe nur noch im Anerkennungsfeststellungsverfahren nach Art. 36 Abs. 2 EuGVVO oder im Vollstreckungsversagungsverfahren nach Art. 47 EuGVVO zu 1195
Leible, in: Rauscher EuZPR, Art. 36 Brüssel Ia-VO, Rdn. 2. Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 36 EuGVVO, Rdn. 6. 1197 Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 38. 1198 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 8; Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 39 EuGVVO, Rdn. 1; Leible, in: Rauscher EuZPR, Art. 36 Brüssel Ia-VO, Rdn. 1. 1199 Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 39 EuGVVO, Rdn. 2. 1200 Geimer, IZPR, Rdn. 2756 b. 1201 Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 41 EuGVVO, Rdn. 4; ders., kritisch in: JZ 2009, 662 ff. 1202 Domej, RabelsZ 78 (2014), 508 ff. 1203 Rauscher, IPR (3. Aufl., 2009), Rdn. 2179. 1196
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
prüfen sind, trägt die Beweislast für das Hindernis derjenige, der die Anerkennung oder Vollstreckung verhindern will.1204 Ohne entsprechenden Sachvortrag der entscheidungserheblichen Tatsachen findet keine Prüfung der Anerkennungshindernisse von Amts wegen statt.1205 a) Verstoß gegen den ordre public, Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO Die Entscheidung des ausländischen Gerichts ist nicht anzuerkennen, wenn die Anerkennung dem ordre public des Anerkennungsstaates offensichtlich widersprechen würde.1206 Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO greift lediglich dann, wenn keine Sondervorschrift der Art. 45 lit. b – c EuGVVO einschlägig ist.1207 Durch die Anerkennung muss ein konkreter Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorliegen. Das Korrektiv für Notfälle entgegen des prinzipiellen Verbots der révision au fond bezieht sich somit nicht auf die Entscheidung des ausländischen Gerichts, sondern die Wirkungserstreckung der Entscheidung im Anerkennungsstaat.1208 Erforderlich ist ein hinreichender Inlandsbezug, sowie ein ausnahmsweise untragbar erscheinender Verstoß gegen elementare Grundsätze der Rechtsordnung des Anerkennungsstaates im Zeitpunkt der Anerkennung.1209 Ein gemeinschaftsrechtlicher ordre public steht im offenen Widerspruch zu Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO. Es ist auf den deutschen verfahrens- und materiellrechtlichen ordre public alleine abzustellen.1210 Auch, wenn es demnach nicht Sache des EuGHs ist, den Inhalt des ordre public des Anerkennungsstaates zu definieren, hat er über die Grenzen zu wachen, innerhalb derer sich das Gericht eines Mitgliedstaates zur Anerkennungsversagung auf diesen berufen kann.1211 Der ordre public ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.1212
1204 BGH, Beschluss vom 06.10.2005 – IX ZB 360/02 (OLG Düsseldorf) = NJW 2006, 701, 702; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.09.2005 – 3 W 132/05 = NJW-RR 2006, 207, 208. 1205 BGH, Beschluss vom 10.09.2015 – IX ZB 39/13 = NJW 2016, 160, 161; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 2. 1206 BGH, Beschluss vom 24.02.1999 – IX ZB 2/98 (Karlsruhe) = JuS 2000, 95, 95 ff.; BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 = LSK 2009, 420647; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 15. 1207 OLG Köln, Beschluss vom 08.03.1999 – 16 W 32/98 = IPrax 2000, 528, 529; Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 2. 1208 Rauscher, IPR, Rdn. 2426; ebenso Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 8. 1209 Rauscher, IPR, Rdn. 2426. 1210 Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 15; ebenso Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 3; differenzierend Martiny, in: FS Sonnenberger (2004), S. 523 ff. 1211 Geimer, in: Zöller ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 7. 1212 BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 (OLG Köln) = NJW 2009, 3306; BGH, Beschluss vom 140 6.2012 − IX ZB 183/09 (OLG Hamm) = NJW-RR 2012, 1013; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 4.
D. Ausländische Schiedssprüche
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Es sind materiellrechtliche und verfahrensrechtliche ordre public Verstöße denkbar, insoweit kommen Verstöße gegen elementare verfahrensrechtliche Garantien, wie die des rechtlichen Gehörs, der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte und des fairen Verfahrens in Betracht. Hinsichtlich Verstößen gegen den materiellrechtlichen ordre public ist denkbar, dass die Entscheidung Hoheitsinteressen des Anerkennungsstaates durch die Entscheidung verletzt oder das materielle Ergebnis elementare Gerechtigkeitswertungen, insbesondere Grundrechte, verletzt.1213 Obgleich der ordre public Vorbehalt im Rahmen der EuVTVO, EuBagatellVO und EuMahnVO bereits gestrichen wurde, wurde dessen geplante Beseitigung für die EuGVVO nicht durchgesetzt.1214 b) Nicht ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung, Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO Ein weiterer Anerkennungsversagungsgrund liegt vor, wenn dem Beklagten, der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte. Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO schützt das rechtliche Gehör des Beklagten im Stadium der Verfahrenseinleitung und gilt nur, wenn sich der Beklage nicht auf das Verfahren eingelassen hat. Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO betrifft alle Arten von Versäumnisentscheidungen i. w. S. einschließlich der entsprechenden Entscheidungen des Mahnverfahrens;1215 spätere Verletzungen rechtlichen Gehörs können nur über die ordre public Klausel Beachtung finden. Unter Einlassung ist jede Handlung zu verstehen, durch die der Beklagte sich gegen den Angriff der Klage verteidigt, aber auch jede über die bloße Passivität hinausgehende Reaktion des Beklagten, aus der hervorgeht, dass er von der gegen ihn erhobenen Klage Kenntnis erlangt hat, sodass er sich verteidigen kann.1216 Darunter fällt jedoch nicht bereits die Rüge der fehlerhaften oder nicht rechtzeitigen
1213
Rauscher, IPR, Rdn. 2428–2434. Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 9; zur Diskussion um die Beseitigung Beaumont / Johnston, IPrax 2010, 105, 106 ff.; Bruns, JZ 1999, 278, 284 ff.; Leipold, in: FS Stoll (2001), S. 625, 644 ff.; Martiny, in: FS Sonnenberger (2004), S. 523, 529, 541 ff.; Stadler, IPrax 2004, 2, 7 ff.; Stein, IPrax 2004, 181, 182 ff.; Schlosser, IPrax 2010, 101 ff. 1215 Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 16; Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 50; ex parte erlassene Arrestbefehle oder einstweilige Verfügungen fallen wegen der Einseitigkeit des Verfahrens nicht darunter. 1216 BGH, Beschluss vom 05.03.2009 – IX ZB 192/07 (OLG München) = NJW-RR 2009, 1292, 1292; BGH, Beschluss vom 03.08.2011 − XII ZB 187/10 (OLG Karlsruhe) = NJW 2011, 3103, 3104; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 8. 1214
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
Zustellung.1217 Während die ursprüngliche Fassung in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ vorrangig auf die rechtzeitige und ordnungsgemäße Zustellung abstellte und diese Kriterien häufig dazu verwendet wurden, um die Anerkennung an formalen Mängeln scheitern zu lassen (wie auch in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), sind nach der neuen Fassung nicht formale Zustellungsfehler maßgebend,1218 sondern die Information des Beklagten über die Klage in einer Weise, dass er seine Verteidigungsrechte effektiv wahrnehmen konnte.1219 Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO begründet außerdem die Pflicht des Beklagten, sich im Ursprungstaat mit einem Rechtsbehelf gegen die Entscheidung zu verteidigen, wenn ihm dies möglich war. Hat er diese Möglichkeit nicht wahrgenommen, ist dem Beklagten die Berufung auf die nicht rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks verwehrt.1220 c) Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung im Anerkennungsstaat, Art. 45 Abs. 1 lit. c und d EuGVVO Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung muss zudem versagt werden, wenn diese mit einer anderen, zwischen den Parteien im Anerkennungsstaat rechtskräftig erlassenen Entscheidung (Art. 45 Abs. 1 lit. c EuGVVO) oder einer im Inland wegen desselben Anspruchs anzuerkennenden Entscheidung (Art. 45 Abs. 1 lit. d EuGVVO) unvereinbar ist.1221 Unvereinbarkeit besteht, wenn die beiden Entscheidungen Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig ausschließen.1222 Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit sind diese Anerkennungsversagensgründe von Amts wegen zu prüfen, dies zeigt sich auch in der Parallele zu den Vorschriften in Art. 21 EuVTVO, Art. 22 EuMahnVO und Art. 22 EuBagatellVO, die grundsätzlich eine internationale Urteilsvollstreckung ohne Durchführung eines Voll 1217 BGH, Beschluss vom 03.08.2011 − XII ZB 187/10 (OLG Karlsruhe) = NJW 2011, 3103, 3104; Rauscher, IPR, Rdn. 2435 ff.; ebenso Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 49 ff. 1218 Vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.09.2005 – 3 W 132/05 = NJW-RR 2006, 207, 207; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.02.2010 – 5 W 68/09 = NJOZ 2010, 2093, 2093; Bach, IPrax 2011, 241, 244; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 15. 1219 BGH, Beschluss vom 03.08.2011 − XII ZB 187/10 (OLG Karlsruhe) = NJW 2011, 3103, 3103; Geimer, IPrax 2002, 378, 379; Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 16. 1220 BGH, Beschluss vom 17.12.2009 – IX ZB 124/08 (OLG Bamberg) = NJW-RR 2010, 571, 571 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.08.2006 – 3 W 118/06 = NJOZ 2006, 4250, 4251; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.08.2012 – 3 W 53/12 = BeckRS 2012, 19026; Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 77; Roth, IPrax 2014, 49 ff.; Stürner, JZ 1992, 325, 332. 1221 EuGH, Urteil vom 03.07.1990 – Rs C-305/88 = IPrax 1991, 177 ff.; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 17. 1222 EuGH, Urteil vom 04.02.1988 – Rs. 145/86 (Hoffmann / Krieg) = IPrax 1989, 159; Rauscher, IPR, Rdn. 2457.
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streckbarerklärungsverfahrens, jedoch aber unter der Prüfung der Entscheidungskollision i. S. v. lit. c und lit. d vorsehen.1223 Liegt eine Unvereinbarkeit vor, so gilt das Prioritätsprinzip, wobei es auf den Wirksamkeitszeitpunkt der Entscheidungen ankommt.1224 d) Zuständigkeitsprüfung, Art. 45 Abs. 1 lit. e, Abs. 3 EuGVVO Eine Prüfung der Zuständigkeit des Erstgerichts findet grundsätzlich nicht statt, da diese durch die Schaffung eines einheitlichen Systems der internationalen Zuständigkeit entbehrlich sein soll, Art. 45 Abs. 3 EuGVVO.1225 Art. 45 Abs. 3 S. 2 EuGVVO stellt zudem klar, dass eine Zuständigkeitsprüfung auch nicht über das Anerkennungshindernis des ordre public erfolgen kann.1226 Die Verletzung bestimmter Zuständigkeitsregeln steht der Anerkennung jedoch gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. e EuGVVO entgegen, sodass Entscheidungen, welche die Zuständigkeiten in Versicherungssachen (Abschnitt 3 des Kapitels II), Verbrauchersachen (Abschnitt 4 des Kapitels II), individuellen Arbeitssachen (Abschnitt 5 des Kapitels II) oder die ausschließlichen Zuständigkeiten des Art. 24 EuGVVO (Abschnitt 6 des Kapitels II) verletzen, nicht anerkannt werden.1227 Dies geschieht jedoch nur auf Rüge des zum geschützten Personenkreis gehörenden Beklagten, d. h. dem Versicherungsnehmer, Versicherten, Verbraucher, Arbeitnehmer etc.1228 e) Keine Sachüberprüfung / Verbot der révision au fond, Art. 52 EuGVVO Eine Nachprüfung in der Sache selbst findet gemäß Art. 52 EuGVVO nicht statt. Dieses Prinzip entstammt der Wertung der meisten nationalen Rechtsordnungen. Auch § 328 ZPO sieht das Verbot der révision au fond vor, sowie diese auch nicht unter dem Deckmantel der ordre public Prüfung vorgenommen werden darf. Durch die Vorschrift wird der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Justizsysteme der Mitgliedsstaaten und die Idee ihrer Gleichwertigkeit implementiert. Gerade hinsichtlich der gewollten „Urteilsfreizügigkeit“ darf der Grundsatz des Verbots der révision au fond auch nicht durch das Anerkennungs- oder Vollstreckungsversagungsverfahren untergraben werden.1229
1223
Oberhammer, in: Stein / Jonas ZPO, Art. 34 EuGVVO, Rdn. 82. Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 26. 1225 Rauscher, IPR, Rdn. 2415. 1226 Geimer, IZPR, Rdn. 2771 a; a. A. Schlosser, in: FS Heldrich (2005), S. 1007, 1011. 1227 Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 27 ff. 1228 Geimer, IZPR, Rdn. 2771 a. 1229 Mankowski, in: Rauscher EuZPR, Art. 39 Brüssel I-a VO, Rdn. 3 ff.; Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 54 EuGVVO, Rdn. 2. 1224
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
4. Anerkennung und Vollstreckung nach deutschem autonomen Recht Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile richtet sich nur nach deutschem autonomen Recht, soweit nicht vorrangige Rechtsnormen, wie eine EG-Verordnung oder staatsvertragliche Regelungen, greifen.1230 Auch der Rückgriff auf günstigeres autonomes Recht durch die Meistbegünstigungsklausel ist bei der Anerkennung und Vollstreckung nach sekundärem Unionsrecht untersagt.1231 Solch ein Rückgriff auf autonomes, anerkennungsfreundlicheres Recht ist jedoch nach staatsvertraglichen Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen möglich, wie Art. 23 HUVÜ 1973 oder Art. II (3) deutsch-britisches Abkommen 1960 zeigen.1232 a) Anerkennung ausländischer Urteile, § 328 ZPO Anerkennungsfähig sind sämtliche Entscheidungen ausländischer Gerichte unabhängig von ihrer formalen Bezeichnung; der Wortlaut „Urteil“ in § 328 Abs. 1 ZPO ist insofern irreführend.1233 Unter § 328 ZPO bzw. § 109 FamFG fallen nicht nur Urteile und Beschlüsse, sondern alle gerichtlichen Entscheidungen, die einen Rechtsstreit zwischen Parteien in der Sache rechtskräftig entscheiden1234 bzw. eine Gestaltung vornehmen. Ebenso muss die Entscheidung auf einem rechtlich geordneten Verfahren beruhen.1235 Nach der Lehre von der automatischen Wirkungserstreckung entfaltet die Entscheidung ihre Wirkungen im Inland nur, wenn im konkreten Fall kein Anerkennungshindernis i. S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 1–4 ZPO besteht.1236 Diese Anerkennungsvoraussetzungen sind bei jeder gerichtlichen Prüfung von Amts wegen zu prüfen, sofern sie nicht nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur auf Rüge beachtlich sind.1237 Die Beweislast trägt die Partei, die die Anerkennung erreichen will, falls die Anerkennungsvoraussetzungen nicht positiv festgestellt werden 1230 OLG Hamm, Urteil vom 05.07.1978 – 20 U 95/78 = RIW 1978, 689, 689; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 17. 1231 EuGH, Urteil vom 6. 6. 2002 – Rs. C-80/00 – Italian Leather SpA / WECO Polstermöbel GmbH & Co. = NJW 2002, 2087, 2088; Geimer, IZPR, Rdn. 2767 b; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 2, 41; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 3; Wagner, FamRZ 2006, 744, 745; anders Nagel / Gottwald, IZPR § 12, Rdn. 105. 1232 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 19; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 25. 1233 Geimer, IZPR, Rdn. 2851; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 57; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 26. 1234 Unanfechtbarkeit ist entgegen der herrschenden Meinung nicht erforderlich, siehe Geimer, IZPR, Rdn. 2856; ebenso Schlosser, RIW 2001, 81, 89, 90. 1235 Geimer, IZPR, Rdn. 2853. 1236 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 76. 1237 BGH, Urteil vom 5. 7. 1972 – VIII ZR 118/71 (Hamm) = NJW 1972, 1671, 1672; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 10, 76; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 46; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 31; differenzierend: Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 270.
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können; einen ordre public Verstoß hat dahingegen die Partei darzulegen, die die Anerkennung verhindern möchte.1238 Bei Statusentscheidungen in Ehesachen sieht § 107 FamFG ein formelles Anerkennungsverfahren für ausländische Entscheidungen aus Nicht-EU Staaten und für Dänemark vor, welches alle Gerichte und Verwaltungsbehörden bindet, § 107 Abs. 9 FamFG.1239 Gleiches gilt gemäß § 108 Abs. 2 S. 3 FamFG i. V. m. §§ 2, 4 Abs. 2 AdWirkG für ausländische Adoptionen.1240 b) Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile, §§ 722, 723 ZPO Während die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung automatisch erfolgt, muss dem ausländischen Urteil die Vollstreckbarkeit im Inland eigens nach Prüfung seiner Rechtmäßigkeit verliehen werden. Unter diesem Exequatur ist der Ausspruch der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Urteil im Inland zu verstehen, welcher dem Gläubiger Zugang zu den deutschen Zwangsvollstreckungsorganen verschafft.1241 Das deutsche Vollstreckungsurteil aus der Vollstreckungsklage, nicht der ausländische Titel, ist Grundlage der Zwangsvollstreckung.1242 Wegen des sog. Europäischen Vollstreckungstitels bedürfen Europäische Zahlungsbefehle,1243 Titel über unbestrittene Forderungen,1244 sowie Urteile im europäischen Verfahren über geringfügige Forderungen1245 innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks) nach entsprechender Bestätigung durch den Ursprungsstaat keiner Vollstreckbarerklärung mehr.1246 Ebenso ist in Art. 39 EuGVVO das Exequaturverfahren abgeschafft worden. Das Klauselerteilungsverfahren für Zivil- und Handelssachen ist im Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge (AVAG) geregelt.1247 Nur nach autonomem Recht stellt sich noch die Frage nach der Vollstreckbarerklärung. Diese ist in den §§ 722, 723 ZPO geregelt, einfachere Verfahren gehen diesen Vorschriften jedoch vor, in Familiensachen gilt zudem § 110 FamFG. Relevanz haben die 1238
BGH, Beschluss vom 06.10.2005 – IX ZB 360/02 (OLG Düsseldorf) = NJW 2006, 701; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 105. 1239 Dazu und den Vorteilen eines förmlichen Anerkennungsverfahrens siehe Schack, in: FS Spellenberg (2010), S. 497 ff. 1240 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 12. 1241 Kallweit, Jura 2009, 585, 586; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 6. 1242 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3097; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 1. 1243 VO (EG) Nr. 1896/2006; Sujecki, NJW 2007, 1622, 1624. 1244 VO (EG) Nr. 805/2004; Hüßtege, IPrax 2009, 321 ff. 1245 VO (EG) Nr. 861/2007; Jahn, NJW 2007, 2890. 1246 Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 5; ebenso Rauscher, IPR, Rdn. 2497. 1247 Neue Fassung in BGBl. 2015 Teil I, S. 2146.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
§§ 722, 723 ZPO vor allem für Entscheidungen aus den USA, Kanada, Südafrika, den asiatischen und osteuropäischen Staaten, wie auch für Altentscheidungen eines Mitgliedsstaats aus der Zeit vor seinem Beitritt.1248 aa) Verfahren Die Vollstreckungsklage ist eine Gestaltungsklage gerichtet auf die Verleihung der Vollstreckbarerklärung im Inland.1249 Sachlich zuständig ist bis zur 5000 EUR Grenze des § 23 Nr. 1 GVG das Amtsgericht, ansonsten die Zivilkammer des Landgerichts, § 71 Abs. 1 GVG.1250 Örtlich ausschließlich zuständig ist gemäß § 802 ZPO das Gericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand i. S. v. §§ 13– 19 ZPO hat, hilfsweise das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Beklagten befindet, § 23 ZPO.1251 Zur Vollstreckbarerklärung muss der zu vollstreckbar erklärende Titel in beglaubigter Kopie vorgelegt werden.1252 Der Antrag ist nicht an eine Frist gebunden, im Ausland rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren jedoch gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB in dreißig Jahren.1253 bb) Vollstreckungsfähiges und vollstreckbares Urteil Der Begriff des „Urteils“ ist wie bei § 328 ZPO weit auszulegen und erfasst demnach alle Arten von Entscheidungen eines ausländischen Gerichts, mit Ausnahme gerichtlicher Vergleiche und vollstreckbaren öffentlichen Urkunden.1254 Das ausländische Urteil muss vollstreckungsfähig und vollstreckbar1255 sein, darf nicht nichtig sein1256 und muss auf eine bestimmte Leistung lauten.1257 Der Umfang der 1248 BGH, Urteil vom 14.02.2007 – XII ZR 163/05 (OLG Frankfurt a. M.) = FamRZ 2007, 717, 717; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 7. 1249 BGH, Beschluss vom17.07.2008 – IX ZR 150/05 (OLG Braunschweig) = FamRZ 2008, 1749, 1750; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 34; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, §§ 722, 723 ZPO, Rdn. 7; Lackmann, in: Musielak ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 7; Nagel / Gottwald, IZPR, § 15, Rdn. 216; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 34. 1250 Lackmann, in: Musielak ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 6; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 47. 1251 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 35. 1252 OLG Hamm, Urteil vom 04.06.1997 – 1 U 2/96 = RIW 1997, 960, 961; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, §§ 722, 723 ZPO, Rdn. 12 a. 1253 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 45. 1254 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 23. 1255 EuGH, Urteil vom 29.04.1999 – Rs. C-267/97 – Coursier v. Fortis Bank = IPrax 2000, 18, 20. 1256 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3098; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 30. 1257 Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, §§ 722, 723 ZPO, Rdn. 5a.
D. Ausländische Schiedssprüche
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Leistungspflicht muss sich aus den gesetzlichen Vorschriften des Auslands oder feststellbaren Umständen ergeben, obgleich im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eine Konkretisierung in gewissem Umfang auf Antrag des Gläubigers noch möglich ist, da erst die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung Grundlage der Zwangsvollstreckung bildet.1258 Bis zum Erlass des Vollstreckungsurteils muss der ausländische Titel zudem Rechtskraft erlangt haben, § 723 Abs. 2 S. 1 ZPO. Dafür ist die formelle Rechtskraft im Sinne der Unanfechtbarkeit mit Rechtsbehelfen ausreichend, nach europäischem und Vertragsrecht genügt meist die vorläufige Vollstreckbarkeit.1259 Wegen des Verbots des Doppelexequaturs dürfen ausländische Exequaturentscheidungen nicht nach §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar erklärt werden, da die Vollstreckbarerklärung territorial begrenzt wirkt1260 und keinen neuen Leistungstitel darstellt, dessen Wirkungen auf das Inland erstreckt werden könnten. Das Gegenseitigkeitserfordernis kann demnach nicht über das Doppelexequatur umgangen werden.1261 c) Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungshindernisse Da die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 ZPO wesentliche Voraussetzung für das Vollstreckungsurteil ist, dürfen sowohl für die Anerkennung, als auch für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche keine Anerkennungshindernisse i. S. v. § 328 ZPO vorliegen. Diese Erfordernisse hat das Gericht mit Ausnahme von § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen.1262 aa) Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates, § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Es ist Grundvoraussetzung für die Anerkennung ausländischer Urteile, dass die Parteien und der Streitgegenstand der Gerichtsbarkeit des Erststaates unterlagen.1263 Die Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates wird demnach bei § 328 ZPO im Gegensatz zu Art. 45 Abs. 3 EuGVVO und Art. 24 EuEheVO geprüft. Das ausländische Gericht muss nach deutschem Recht international zuständig gewesen 1258 Zur hinreichenden Konkretisierung BGH, Beschluss vom 04.03.1993 – IX ZB 55/92 (Frankfurt) = NJW 1993, 1801, 1802; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 31. 1259 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 723 ZPO, Rdn. 3. 1260 Dolinar, in: FS Schütze (1999), S. 187 ff. 1261 Anderegg, RabelsZ 53 (1989), S. 171 ff.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 32; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 3; a.A: Schütze, ZZP 77 (1964), 287 ff.; ders., in: FS Spellenberg (2010), S. 511 ff. 1262 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 723 ZPO, Rdn. 5 ff. 1263 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 79; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 98, 106; Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 151; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 73; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 8.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
sein,1264 für die örtliche Zuständigkeit sind die §§ 12 ff. ZPO entsprechend anzuwenden.1265 Ob der ausländische Staat nach seinem eigenen Recht zuständig war, ist irrelevant. Zu beachten sind vor allem die ausschließlichen Zuständigkeiten der BRD in den §§ 24, 29 a, 32 b, 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.1266 Bei Bundesstaaten mit jeweils eigenen Gerichten der Teilstaaten kommt es lediglich auf die Zuständigkeit des Gesamtstaates an.1267 Zudem ist zu beachten, dass sich bei § 109 Abs. 2 FamFG die Anerkennungszuständigkeit nicht nach der deutschen Anerkennungszuständigkeit, sondern nach dem Recht des Erlassstaates beurteilt.1268 Bei der Prüfung der Zuständigkeit des Erststaates ist das Gericht entgegen Art. 45 Abs. 2 EuGVVO nicht an die Feststellungen des ausländischen Gerichts gebunden, dies ergibt sich aus dem anders gelagerten Schutzzweck des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, den Prozessgegner zu schützen. Die Parteien können demnach neue Tatsachen- und Beweismittel vorbringen, um die Anerkennungszuständigkeit nachzuweisen oder zu bestreiten. Wurde trotz einer bestehenden ausschließlichen Zuständigkeit Klage im Ausland erhoben und daraufhin ein Versäumnisurteil erlassen, so ist der Beklagte nicht dazu verpflichtet, mittels Einspruch die Derogation im dortigen Verfahren geltend zu machen.1269 Ob eine rügelose Einlassung vorliegt, kann unter Berücksichtigung des Prozessrechts des Erststaates beurteilt werden.1270 bb) Nichteinlassung des Beklagten, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sieht vor, dass die Anerkennung zu versagen ist, wenn dem Beklagten, der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrensleitende Dokument nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte. Im Gegensatz zu Art. 45 1264 BGH, Urteil vom 26.03.1969 – VIII ZR 194/68 (Nürnberg) = NJW 1969, 1536, 1537; BGH, Urteil vom 29.04.1999 – IX ZR 263–97 (Hamm) = NJW 1999, 3198, 3199; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2007 – I-7-U 228/05 = IPrax 2009, 517, 518; Kern, ZZP 120 (2007), 31, 50; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 30. 1265 BGH, Urteil vom 18.04.1985 – VII ZR 359/83 (Karlsruhe / Freiburg) = NJW 1985, 2090, 2090; BGH, Urteil vom 03.12.1992 – IX ZR 229/91 (Düsseldorf) = NJW 1993, 1073, 1073; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 85. 1266 OLG Hamm, Beschluss vom 14.04.1976 – 15 W 253/75 = NJW 1976, 2079, 2080; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 87. 1267 So beispielsweise in den USA oder Kanada, vgl. BGH, Urteil vom 29.04.1999 – IX ZR 263–97 (Hamm) = NJW 1999, 3198, 3199; OLG Hamm, Urteil vom 04.06.1997 – 1 U 2/96 = RIW 1997, 1039, 1040; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 107; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 86; v. Hoffmann / Hau, RIW 1998, 344, 350 f. 1268 OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.07.1989 – 20 VA 4/89 = NJW 1989, 3101, 3102; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 82. 1269 BGH, Urteil vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93 = RIW 1994, 331, 332; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 91 ff.; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 8a; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 80, 82. 1270 OLG Hamm, Urteil vom 25.03.1987 – 20 U 171/86 = NJW 1988, 653, 654; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 11; Schack, ZZP 107 (1994), 75, 77.
D. Ausländische Schiedssprüche
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Abs. 1 lit. b EuGVVO ist bei § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Zustellung erforderlich,1271 die sich nach dem Prozessrecht des Erststaates beurteilt,1272 bei deren Prüfung das Gericht des Anerkennungsstaates jedoch nicht an die Feststellungen des Erstrichters gebunden ist.1273 Der Anerkennungsversagungsgrund ist im Gegensatz zu den restlichen Anerkennungshindernissen des § 328 ZPO wegen seines Schutzzwecks, den Beklagten zu schützen, nur auf ausdrückliche Rüge hin beachtlich.1274 Ebenso ist eine Heilung von Zustellungsmängeln möglich, wenn das Recht des Erststaates eine solche Heilung vorsieht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beklagte das zuzustellende Schriftstück tatsächlich erhalten hat,1275 für das deutsche Recht kann der Gedanke des § 189 ZPO analog herangezogen werden.1276 Bezüglich der Rechtzeitigkeit ist nicht das Prozessrecht des Erststaates, sondern das deutsche Recht maßgeblich; als Untergrenze kann dafür die in Deutschland geltende zweiwöchige Einlassungsfrist i. S. v. § 274 Abs. 3 S. 1 ZPO herangezogen werden, sodass dem Beklagten genug Zeit verblieb, sich zu verteidigen.1277 Im Gegensatz zu Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO ist der Beklagte nicht dazu verpflichtet, ein im Ausland zulässiges Rechtsmittel einzulegen.1278 cc) Kollision unvereinbarer Entscheidungen, § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO In Anlehnung an Art. 45 Abs. 1 lit. c und d EuGVVO ist die Anerkennung zu versagen, wenn das anzuerkennende Urteil mit einem in Deutschland erlassenen oder anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde 1271 BGH, Beschluss vom 02.12.1992 – XII ZB 64/91 (Frankfurt) = NJW 1993, 598, 599; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 95. 1272 BGH, Urteil vom 29.04.1999 – IX ZR 263–97 (Hamm) = NJW 1999, 3198, 3200. 1273 EuGH, Urteil vom 15.07.1982 – RS 228/81 = IPrax 1985, 25, 27; BGH, Beschluss vom 02.12.1992 – XII ZB 64/91 (Frankfurt) = NJW 1993, 598, 599; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 185; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 110. 1274 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 96; Nagel / Gottwald, IZPR, § 12, Rdn. 161. 1275 BayObLG, Beschluss vom 29.11.1974 – Breg. 2 Z 53/74 = FamRZ 1975, 215, 217; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn 160; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 102; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 75, Rdn. 17. 1276 Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 160. 1277 BGH, Beschluss vom 23.01.1986 – IX ZB 38/85 (München) = NJW 1986, 2197, 2197; OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.1987 – 20 W 24/87 = IPrax 1988, 289, 290; BayObLG, Beschluss vom 13.03.2002 – 3Z BR 371/01 = FamRZ 2002, 1423, 1424; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 103; Van Venrooy, IPrax 1989, 137, 138. 1278 BGH, Beschluss vom 02.12.1992 – XII ZB 64/91 (Frankfurt) = NJW 1993, 598, 600; BGH, Beschluss vom 20.01.2005 – IX ZB 154/01 = NJOZ 2005, 1301, 1303; OLG Bremen, Beschluss vom 15.10.2012 – 4 VA 2/12 = FamRZ 2013, 808, 809; Justizministerium BadenWürttemberg, Entscheidung vom 22.12.2000 – 346 E 557/99 = FamRZ 2001, 1379, 1380; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 11, 12a; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 88; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 16; a. A. Geimer, IZPR, Rdn. 2921; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 163.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
liegende Verfahren mit einem früher in Deutschland rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist. Bezüglich zwei widersprechender Entscheidungen gilt das Prioritätsprinzip mit Ausnahme des Vorrangs inländischer Entscheidungen. Dem früheren ausländischen Urteil kann lediglich durch die Restitutionsklage gegen das inländische Urteil gemäß § 580 Nr. 7 lit. a ZPO Geltung verschafft werden.1279 dd) Verstoß gegen den ordre public, § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Auch das deutsche autonome Recht hat in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO festgeschrieben, dass die Anerkennung eines ausländischen Urteils zu versagen ist, wenn sein Ergebnis offensichtlich grundlegenden Vorstellungen des Inlandes über Minimalanforderungen des Rechtsschutzes oder Grundwerte der Rechtsordnung widerspricht.1280 Diesbezüglich ist größtenteils auf die obigen Ausführungen zu verweisen: eine Verletzung zwingenden deutschen Rechts reicht für die Annahme eines ordre public Verstoßes nicht aus,1281 ebenso nicht die Anwendung des „unrichtigen Rechts“. Der kollisionsrechtliche Vorbehalt wurde somit aufgehoben.1282 Nur bei krassen Ausnahmefällen soll der ordre public Einwand greifen.1283 Bei der Beurteilung eines ordre public Verstoßes ist das Gericht an die tatsächlichen Feststellungen des ausländischen Gerichts gebunden, sofern diese Feststellungen nicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht ordre public widrig sind.1284 Nur soweit es um den Schutz unmittelbarer Staatsinteressen geht, hat das Gericht entsprechende ordre public Verstöße von Amts wegen zu überprüfen; dienen gewisse Vorschriften dem Schutz der Parteien, so sind auch diese ordre public Verstöße lediglich auf Rüge hin beachtlich.1285 ee) Verbürgerung der Gegenseitigkeit, § 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 ZPO hält am politischen Erfordernis der Gegenseitigkeit für vermögensrechtliche Streitigkeiten fest.1286 Unter „Gegenseitigkeit“ i. S. v. 1279
Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 113. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 117 ff.; zum Vergleich des deutschen mit dem amerikanischen ordre public, vgl. Schütze, in: FS Geimer (2002), S. 1025 ff. 1281 Geimer, JZ 1969, 12, 13; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 103. 1282 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 120; ebenso Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 239. 1283 Geimer, JZ 1969, 12, 13. 1284 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 = IPrax 1993, 313, 318; BGH, Urteil vom 21.04.1998 – XI ZR 377/97 = RIW 1998, 626, 628; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 119; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 46; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 106; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 490. 1285 Geimer, IZPR, Rdn. 2990; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 209. 1286 Staatenverzeichnis zur Verbürgerung der Gegenseitigkeit bei Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 135 ff. und Rdn. 129; Schütze, in: FS Martiny (2014), S. 825, 827. 1280
D. Ausländische Schiedssprüche
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§ 328 Nr. 5 ZPO, § 109 Abs. 4 FamFG ist zu verstehen, dass die Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Urteils im fremden Vollstreckungsstaat auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten treffen darf als unter den gleichen Umständen ein Urteil aus dem betreffenden Staat im Vollstreckungsstaat Deutschland.1287 Die „Gegenseitigkeit“ muss „materiell“ vorliegen; dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn der ausländische Staat deutsche Urteile vor einer Anerkennung auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüft, demnach eine révision au fond stattfindet.1288 Aus Gründen prozessualer Gerechtigkeit und zum Schutz deutscher Interessen ist das Erfordernis der „Gegenseitigkeit“ auch von Amts wegen zu prüfen; die Beweislast trägt diejenige Partei, die die Anerkennung bzw. Vollstreckung erreichen möchte.1289 Eine Ausnahme vom Gebot der Gegenseitigkeit ist in § 328 Abs. 2 ZPO für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten festgeschrieben, wenn kein inländischer Gerichtsstand begründet war. ff) Verbot der révision au fond, § 723 Abs. 1 ZPO In § 723 Abs. 1 ZPO ist der Grundsatz der révision au fond festgeschrieben. Danach dürfen grundsätzlich weder das dem ausländischen Urteil vorhergegangene Verfahren, noch die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die das Erstgericht im Urteil getroffen hat, nachgeprüft werden.1290 Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen wäre schließlich zweckentfremdet, wenn im Anerkennungsstaat eine inhaltliche Überprüfung stattfände, die einem neuen Verfahren gleichen würde. Die Ersparnis von Mühe und Kosten, die Prozessökonomie und Arbeitsentlastung der Gerichte als Sinn und Zweck der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile würden durch ein zweites Erkenntnisverfahren weitgehend ins Leere laufen. Die Gefahr widersprechender Urteile schadet zudem letztlich dem Ansehen der Justiz.1291 Es ist somit unerheblich, ob das Erstgericht das nach dem IPR des Anerkennungsstaates richtige Recht angewandt hat oder ob es sein IPR und das nach seinem IPR berufene materielle Recht richtig angewandt hat und von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Aufgrund des Verbots der révision au fond kann die ursprüngliche Richtigkeit des Titels nicht nachgeprüft werden. Fehlurteile ausländischer Gerichte sind somit ebenso hinzunehmen wie Fehlurteile inländischer Gerichte.1292 1287
Geimer, IZPR, Rdn. 2879. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 131; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivil prozessrecht, § 157, Rdn. 41; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 123. 1289 BGH, Urteil vom 29.04.1999 – IX ZR 263–97 (Hamm) = NJW 1999, 3198, 3202; a. A. Pfeiffer, RabelsZ 55 (1991), 734, 751 ff. 1290 Geimer, IZPR, Rdn. 2910; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 116. 1291 Spickhoff, ZZP 108 (1995), S. 475, 484. 1292 KG, Beschluss vom 22.07.2003 – 1 VA 27/02 = FamRZ 2004, 275, 277; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 208; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 23. 1288
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
5. Fazit: Prüfungsumfang bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile und Vergleich mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche Zusammenfassend ist festzustellen, dass der deutsche Richter bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen, wie auch bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung nicht nachprüfen darf. Dieses Verbot der révision au fond wird auch in Art. 52 EuGVVO und § 723 Abs. 1 ZPO normiert. Insbesondere bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile nach den EG-Verordnungen ist dem Grundsatz der révision au fond eine besondere Stellung einzuräumen, da durch die Vorschrift nicht nur der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Justizsysteme der Mitgliedstaaten, sondern auch die Idee ihrer Gleichwertigkeit zu Tragen kommt.1293 Gleichwohl gibt es auch wie bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen in gewissem Maße Durchbrechungen dieses Prinzips, insbesondere bei möglichen ordre public Verstößen. Im Folgenden sollen daher der genaue Prüfungsumfang des Anerkennungsgerichts bei ausländischen Urteilen noch einmal zusammengefasst, die Bindung des staatlichen Richters an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen herausgearbeitet und daraufhin in Bezug zum Verfahren von ausländischen Schiedssprüchen gesetzt werden. a) Umfang der Prüfung im Rahmen der Anerkennungshindernisse des § 328 ZPO und Art. 45 EuGVVO § 723 Abs. 2 S. 1 ZPO verweist auf die Anerkennungshindernisse des § 328 ZPO, so wie auch im Rahmen der EG-Verordnungen auf Antrag eine Prüfung von Anerkennungshindernissen des Art. 45 EuGVVO stattfindet. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit bei der Prüfung der Anerkennungshindernisse des § 328 ZPO und Art. 45 EuGVVO Feststellungen des Erstgerichts im Exequaturverfahren in Frage gestellt werden dürfen und durch neue, eigene Feststellungen des Zweitgerichts ersetzt werden können. Dieser Prüfungsumfang ist sodann mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche in Bezug zu bringen. aa) „Überprüfung“ der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts Die Regelungen in § 328 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO und § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, welche die Prüfung der internationalen Zuständigkeit, sowie der Ordnungsmäßig 1293 Mankowski, in: Rauscher EuZPR, Art. 39 Brüssel I-a VO, Rdn. 3 ff.; s. auch Hess, in: Schlosser / Hess EUZPR, Art. 54 EuGVVO, Rdn. 2.
D. Ausländische Schiedssprüche
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keit der Einleitung des erststaatlichen Verfahrens unter der Überprüfung der Einhaltung des im Erststaat geltenden Zustellungsrechts normieren, kommen einer révision au fond sehr nahe. Gerade in Hinblick auf die internationale Zuständigkeit wird vorgetragen, dass sich diese ohnehin nach dem Spiegelbildprinzip nach eigenem Recht beurteile und eine Bindung an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstrichters aus diesem Grund ausscheide.1294 Anders steht es um die Zuständigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 45 Abs. 1 lit. e, Abs. 3 EuGVVO. Danach findet eine Prüfung der Zuständigkeit des Erstgerichts grundsätzlich nicht statt, da diese durch die Schaffung eines einheitlichen Systems der Zuständigkeit entbehrlich sein soll. Auch kann eine Zuständigkeitsprüfung nicht über das Anerkennungshindernis des ordre public erfolgen. Ausnahmen bestehen lediglich im Rahmen des Art. 45 Abs. 1 lit. e EuGVVO. Dies wird dem Verbot der révision au fond, welche vorrangig der Verfahrensbeschleunigung und Prozessökonomie dient, gerecht und fördert eine schnelle und kostengünstige Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile. Bei ausländischen Schiedssprüchen ist eine gewisse staatliche „Rahmenkontrolle“ der Zuständigkeit zwar unerlässlich.1295 Nach § 1040 ZPO kann bei inländischen Schiedssprüchen das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit entscheiden, woran das staatliche Gericht jedoch nicht gebunden ist, sondern diese vielmehr selbst in einem eigens dafür vorgesehenen Verfahren über die KompetenzKompetenz kontrollieren kann, § 1040 Abs. 3 ZPO.1296 Im Rahmen des Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ trägt die Beweislast für das Zustandekommen einer Willenseinigung den Antragsteller,1297 der Exequaturrichter ist aber auch hier nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstrichters gebunden.1298 bb) Ordre public Widrigkeit der Anerkennung Auch hinsichtlich der im Ergebnis unvereinbaren Anerkennung mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, also der ordre public Prüfung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO, stellt sich die Frage nach einem of-
1294 BGH, Entscheidung vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 1994, 1413, 1415; mit Anmerkung Koch, ZZP 108 (1995), 359, 367, 396; ebenso Geimer, JZ 1969, 12, 14; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 80, 82; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 8a; a. A.; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 486 ff. 1295 Ahrendt, Zuständigkeitsstreit, S. 1; Bülow, KTS 1970, 125, 129; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 14. 1296 BGH, Urteil vom 05.05.1977 – III UR 177/74 = BGHZ 68, 356; Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 226. 1297 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.03.2000 – 16 SchH 5/99 = RIW 2000, 706 ff.; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 74. 1298 Geimer, in: FS Elsing, S. 147, 148; Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 76.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
fenen Widerspruch zum Verbot der révision au fond.1299 Während im Rahmen des § 328 ZPO das Anerkennungsgericht bei der Prüfung der Zuständigkeit nicht an tatsächliche und rechtliche Feststellungen des Erstgerichts gebunden sein soll,1300 wird im Rahmen der ordre public Prüfung eine grundsätzliche Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des ausländischen Gerichts bejaht.1301 Diesem ist zuzustimmen, da gerade im Rahmen des materiellrechtlichen ordre public ein Vorbingen neuer Tatsachen einer umfassenden Aufarbeitung im Sinne einer Korrektur unzulässiger Prozessführung im Erststaat dienen könnte. Tatsächliche Feststellungen, die nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen, sind demnach bindend. Neue Tatsachen können nur zum Nachweis vorgebracht werden, die Anerkennung verstoße jetzt wegen veränderter Umstände gegen den ordre public. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anerkennung ist schließlich nicht der Zeitpunkt des Erlass des Urteils, sondern die Anerkennung selbst, sodass zwischenzeitlich eingetretene Umstände berücksichtigt werden können.1302 Auch Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ normiert für ausländische Schiedssprüche einen ordre public Vorbehalt. Wie bei § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist dieser von Amts wegen zu prüfen (im Gegensatz zu Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO). Da häufig nicht am Tenor eines Schiedsspruches erkennbar ist, ob die Anerkennung desselben einen ordre public Verstoß begründen kann, wird zumindest eine volle Überprüfbarkeit der rechtlichen Würdigung befürwortet.1303 Was die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Erstrichters betrifft,1304 ist dem Grundsatz der révision au fond weitestgehend Geltung zu verschaffen, als auch und gerade im Bereich von Schiedssprüchen die ordre public „Kontrolle“ nicht zum Ausgleich einer nachlässigen Prozessführung genutzt werden darf.1305 Sowohl im Rahmen der Anerkennung und
1299
Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 476. BGH, Urteil vom 26.3.1969 – VIII ZR 194/68 (Nürnberg) = NJW 1959, 1536, 1537; BGH, Entscheidung vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93 (OLG Frankfurt a. M.) = NJW 1994, 1413, 1415. 1301 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 = IPrax 1993, 313, 318; BGH, Urteil vom 21.04.1998 – XI ZR 377/97 = RIW 1998, 626, 628; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 119; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 157, Rdn. 46; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 106; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 490. 1302 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 119; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 24. 1303 BGH, Urteil vom 31.05.1972 – KZR 43/71 (Hamburg) = NJW 1972, 2180 f.; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2539 f.; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 49 ff. 1304 Diese Bindung verneinend BGH, Urteil vom 25.10.1966 – KZR 7/65 (OLG München) = GRUR 1967, 378 ff.; BGH, Urteil vom 26.10.1972 – VII ZR 232/71 (Düsseldorf) = NJW 1973, 98 ff.; Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 66; Habscheid, JZ 1959, 173, 174; Kornblum, ZZP 86 (1973), 221 f.; Bindung bejahend, jedenfalls sofern kein Verfahrensmangel vorliegt: Geimer, in: Zöller ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 53; Haas, Anerkennung und Vollstreckung S. 103; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 199; ders., SchiedsVZ 2007, 22, 25; Trappe, BB 2000, Beil. 8, S. 7 ff. 1305 OLG Saarbücken, Urteil vom 20.05.2011 – 4 Sch 03/10 = SchiedsVZ 2012, 47, 48 und 50. 1300
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Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile, als auch jener ausländischer Schiedssprüche gilt der großzügigere Begriff des ordre public international.1306 cc) Übrige Anerkennungshindernisse im Vergleich § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO normiert zudem als Anerkennungshindernis das rechtliche Gehör des Beklagten im Stadium der Verfahrenseinleitung, Gleiches gilt für Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO sind lediglich auf Rüge hin beachtlich und bei der Überprüfung der Voraussetzungen ist das Gericht nicht an die Feststellungen des Erstrichters gebunden.1307 Während Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO die Pflicht des Beklagten vorsieht, sich im Ursprungstaat mit einem Rechtsbehelf gegen die Entscheidung zu verteidigen,1308 kennt § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO diese Pflicht nicht.1309 Dies stimmt mit Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ nur insofern überein, als das rechtliche Gehör auch im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche auch nur auf Rüge hin beachtlich ist.1310 Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ schützt das rechtliche Gehör des Beklagten jedoch nicht nur im Stadium der Verfahrenseinleitung, sondern umfassend und geht sachlich somit weiter. Darüber hinaus ist das staatliche Gericht grundsätzlich an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden,1311 sofern nicht eine gewisse „inhaltliche Prüfung“ zumindest der Kausalität stattfinden muss.1312 Die Unvereinbarkeit einer Entscheidung im Anerkennungsstaat in Art. 45 Abs. 1 lit. c und d EuGVVO und § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat kein Pendant seitens der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches, wenn 1306 BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2200; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2012 – 9 Sch 02/09 = SchiedsVZ 2012, 101, 104; Geimer, in: Zöller ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 42; Kühn, SchiedsVZ 2009, 52, 57; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 2651 ff.; Saenger, in: Saenger ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 15; Voit, in: Musielak ZPO, § 1061 ZPO, Rdn. 23; v. Winterfeld, NJW 1987, 3059, 3060. 1307 EuGH, Urteil vom 15.07.1982 – RS 228/81 = IPrax 1985, 25, 27; BGH, Beschluss vom 02.12.1992 – XII ZB 64/91 (Frankfurt) = NJW 1993, 598, 599; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 185; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 110. 1308 BGH, Beschluss vom 03.08.2011 – XII ZB 187/10 (OLG Karlsruhe) = NJW 2011, 3103, 3103; Geimer, IPrax 2002, 378, 379; Hess, in: Schlosser / Hess EuZPR, Art. 45 EuGVVO, Rdn. 16. 1309 BGH, Beschluss vom 02.12.1992 – XII ZB 64/91 (Frankfurt) = NJW 1993, 598, 600; BGH Beschluss vom 20.01.2005 – XI ZB 154/01 = NJOZ 2005, 1301, 1303; OLG Bremen, Beschluss vom 15.10.2012 – 4 VA 2/12 = FamRZ 2013, 808, 809; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 11, 12 a; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 88; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 16; a. A. Geimer, IZPR, Rdn. 2921; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 163. 1310 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 74. 1311 Schlosser, in: Stein / Jonas ZPO, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 81. 1312 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 59.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
dieser mit einem früher erlassenen Urteil kollidiert, da das UNÜ keine entsprechende Bestimmung enthält. Dieser Konflikt kann lediglich über die ordre public „Kontrolle“ des Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ aufgelöst werden.1313 Was die Verbürgerung der Gegenseitigkeit i. S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO betrifft, gibt es seitens der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ebenso kein Pendant. Für das Schiedsverfahrensrecht sieht Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ vor, dass jeder Staat die Anwendung des Übereinkommens auf diejenigen Schiedssprüche beschränken kann, die in einem anderen Vertragsstaat ergangen sind (Vertragsstaatenvorbehalt).1314 Nachdem § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO alle ausländischen Schiedssprüche nach dem UNÜ anerkennt1315 und Deutschland auch formell den Vertragsstaatenvorbehalt aufgehoben hat,1316 kommt Art. I Abs. 3 S. 1 UNÜ praktisch keine Bedeutung mehr zu. Art. V Abs. 1 lit. c und d UNÜ können zudem bei ausländischen Urteilen lediglich im Rahmen der ordre public Prüfung Beachtung finden. Es dient gerade der Eigenheit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile unter der Beachtung der Verfahrensziele der Prozessökonomie und Arbeitsentlastung der Gerichte, dass kein zweites Erkenntnisverfahren stattfinden soll. Die Richtigkeit der Entscheidung wird nicht nachgeprüft.1317 In Anlehnung an Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ ist zu klären, inwiefern eine anzuerkennende Entscheidung im Ursprungsstaat formell rechtskräftig sein muss.1318 Einigkeit besteht jedenfalls insofern, als es für unschädlich gehalten wird, wenn eine Entscheidung noch mit außerordentlichen Rechtsbehelfen angegriffen werden kann; in diesem Fall scheidet eine Anerkennung erst aus, wenn die Entscheidung 1313
Lazic, NIPR 2011, 289, 290, zitiert nach Mankowski, SchiedsVZ 2014, 209, 214. Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 20; den Vertragsstaatenvorbehalt haben folgende Staaten erklärt (zit. nach Fn. 53): Afghanistan, Algerien, Antigua und Barbadu, Argentinien, Armenien, Bahrain, Barbados, Belgien, Bhutan, Bosnien-Herzegowina, Botswana, Bulgarien, Brunei, China (Volksrepublik, einschl. Macau), Dänemark, Ecuador, Frankreich, Griechenland, Guatemala, Heiliger Stuhl, Indien, Indonesien, Iran, Irland, Jamaika, Japan, Kenia, Korea, Kroatien, Kuba, Kuwait, Libanon, Liechtenstein, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Malta, Marokko, Mauritius, Mazedonien, Moldawien, Monaco, Mongolei, Mosambik, Montenegro, Nepal, Neuseeland, Niederlande, Nigeria, Norwegen, Pakistan, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Saudi Arabien, Serbien, Singapur, Slowenien, St. Vincent und Grenada, Tadschikistan, Tansania, Trinidad und Tobago, Türkei, Tunesien, Uganda, Ungarn, Venezuela, Vereinigtes Königreich Großbritannien, Vereinigte Staaten von Amerika, Vietnam, Zentralafrikanische Republik, Zypern. 1315 Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 8. 1316 Dies geschah mit Wirkung zum 31.08.1998, BGBl. 1999 II, S. 7; Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. I UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 20; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rdn. 8. 1317 KG, Beschluss vom 22.07.2003 – 1 VA 27=72 = FamRZ 2004, 275, 277; Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 208; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn, 23. 1318 Dies ist umstritten; für ein Rechtskrafterfordernis: BayObLG, Beschluss vom 29.03.1990 – BReg. 3 Z 31/89 = NJW-RR 1990, 842 ff.; Bach, in: Beck OK, § 328 ZPO, Rdn. 13; Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 5; a. A. Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 69. 1314
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tatsächlich aufgrund eines solchen Rechtsbehelfs aufgehoben worden ist.1319 Für die Vollstreckung ausländischer Urteile stellt § 723 Abs. 2 S. 1 ZPO explizit ein Rechtskrafterfordernis auf.1320 b) Präklusion von Einwänden im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren – ein Vergleich Wie bei ausländischen Schiedssprüchen können auch im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen Einwände unter Umständen präkludiert sein. § 328 ZPO trifft zur Frage der Präklusion wie Art. V UNÜ keine Aussage, was auch darauf zurückzuführen ist, dass § 328 ZPO im Jahre 1898 in die ZPO eingefügt wurde und die wissenschaftliche Behandlung der Probleme bei der internationalen Urteilsanerkennung zu diesem Zeitpunkt noch an ihrem Anfang stand.1321 Art. 45 Abs. 1 lit. b EuGVVO enthält eine Präklusionsvorschrift. Allgemein anerkannt ist, dass bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit i. S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine solche Präklusion neuer, im Erstverfahren nicht vorgebrachter Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht stattfindet.1322 Es solle dem Beklagten freigestellt sein, ob er sich vor einem international unzuständigen Gericht einlassen wolle oder nicht, ohne negative Folgen zu befürchten.1323 Bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile ist der Beklagte nach einhelliger Meinung weder dann mit seinen Einwendungen hinsichtlich der Zuständigkeit präkludiert, wenn er sich rügelos auf das Verfahren eingelassen, noch gar nicht am Verfahren teilgenommen hat. Der Beklagte ist auch nicht dazu verpflichtet, mittels Einspruch die Derogation im dortigen Verfahren geltend zu machen.1324 Dies steht in Gegensatz zur Präklusion von Aufhebungsgründen im Schiedsverfahren. Wenn sich der Beklagte ohne Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts auf ein Verfahren einlässt, ist jener auch im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung mit seinen Einwendungen präkludiert.1325 Ebenso ist dieser Beklagte zur Ausschöpfung der Rechtsbehelfe im Erststaat gehalten.1326 1319 BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 (Düsseldorf) = NJW 1992, 3096, 3098; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66. 1320 Bach, in: Beck OK, § 328 ZPO, Rdn. 13, § 723 ZPO, Rdn. 5 ff. 1321 Geimer, JZ 1969, 12, 14. 1322 BGH, Urteil vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93 = RIW 1994, 331, 332. 1323 Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 486 ff. 1324 BGH, Urteil vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93 = RIW 1994, 331, 332; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 91 ff.; Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 8a; Roth, in: Stein / Jonas ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 80, 82. 1325 BGH, Urteil vom 18.01.1990 – III ZR 269/88 (Hamburg) = NJW 1990, 2199, 2200; ebenso Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, Anh. § 1061 ZPO, Rdn. 9; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 480 f.; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1305. 1326 Kröll, IPrax 2007, 430, 435 f.; Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303. 1315; Wolff, LMK 2011, 318374; a. A. BGH, Beschluss vom 16.12.2010 – III ZB 100/09 (OLG München) = NJW 2011, 1290, 1292.
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§ 4 Das postarbitrale Verfahren vor dem staatlichen Gericht
In Hinblick auf ordre public Verstöße ist der Beklagte im Vollstreckbarerklärungsverfahren nur mit materiellrechtlichen Einwendungen präkludiert,1327 in verfahrensrechtlicher Hinsicht liegt demnach keine Bindung an die Feststellungen des Erstrichters vor,1328 insbesondere dann nicht, wenn der Beklagte keine Gelegenheit hatte, das fehlerhafte Verfahren im Erststaat zu rügen.1329 Ausschlaggebender Zeitpunkt für die Feststellung eines ordre public Verstoßes ist schließlich nicht der Erlass der Entscheidung, sondern seine Anerkennung im Zweitstaat.1330 Selbst wenn der Beklagte aber am erststaatlichen Verfahren teilgenommen hat und es gleichzeitig unterlassen hat, nach dem Recht des Erststaates relevante Tatsachen geltend zu machen, tritt keine Präklusion ein. Auch wenn dadurch ein Fall nachlässiger Prozessführung vorliegt,1331 ändert dies nichts daran, dass das Urteil in verfahrensmäßig anstößiger Weise ergangen ist und einen Widerspruch gegen die Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung darstellt.1332 Die Anstößigkeit gegen die deutsche Rechtsordnung liegt unabhängig von einem Tätigwerden des Beklagten vor.1333 Ohnehin ist zu beachten, dass die Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public häufig in der Rechtsordnung des Rechtsstaates liegen, welche sich durch die Einlegung eines Rechtsmittels nicht beseitigen lassen. Außerdem kann der ordre public stets nur für einen betreffenden Anerkennungsstaat individuell festgestellt werden. Auch ordre public Verstöße bei Schiedssprüchen sind nicht präkludiert, auch dann nicht, wenn die Partei die Möglichkeit hatte, eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Erlassstaat zu erheben. Der ordre public lässt sich schließlich nur für einzelne Jurisdiktionen feststellen.1334 Nachträgliche Einwendungen sind bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile mit Beschwerde im Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend zu machen,
1327 Geimer, in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 236; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 119; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475, 489. 1328 Siehe auch Hüßtege, in: Thomas / Putzo ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 15. 1329 Geimer, JZ 1969, 12, 14. 1330 Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 24. 1331 BGH, Beschluss vom 21.03.1990 – XII ZB 71/89 (Stuttgart) = NJW 1990, 2201, 22303; BGH, Beschluss vom 26.8.2009 – XII ZB 169/07 (OLG Köln) = NJW 2009, 3306, 3310; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 03.08.1987 – 5 W 102/87 = IPrax 1989, 37, 39; BayObLG, Beschluss vom 08.05.2002 – 3Z BR 303/01 = FamRZ 2002, 1637, 1639; OLG Koblenz, Urteil vom 16.10.2003 – 7 U 87/00 = RIW 2004, 302, 306; OLG Celle, Beschluss vom 25.04.2013 – 17 W 17/12 = FamRZ 2014, 142, 143; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.01.2014 – 8 W 61/13 = FamRZ 2014, 864, 865; Geimer, JZ 1969, 12, 14 f.; ders., in: Zöller ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 227. 1332 So auch Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30; ebenso Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66; Stürner, JZ 1992, 325 ff. 1333 Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30. 1334 Otto, IPrax 2012, 233, 235; a. A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2006 – 9 Sch 1/06 = SchiedsVZ 2006, 281, 285.
D. Ausländische Schiedssprüche
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§ 14 AVAG. Sie hindern jedoch nicht die isolierte Anerkennung, sondern lediglich die Vollstreckbarerklärung der ausländischen Entscheidung.1335 Die Geltendmachung nachträglicher Einwendungen ist auch im Schiedsverfahren möglich, eine Präklusion liegt lediglich dann vor, wenn die Einwendung schon bei Erlass des Schiedsspruchs bestand.1336 c) Fazit Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile weisen eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche auf. In Bezug auf die Anerkennung findet diese jeweils ipso iure bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen statt. In Bezug auf die Vollstreckbarerklärung kennt zumindest das deutsche autonome Recht noch die Voraussetzung des Exequaturs in §§ 722, 723 ZPO. Die Anerkennungsbzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe in § 328 Abs. 1 Nr. 1–4 ZPO und Art. 45 EuGVVO entsprechen in Teilen den Anerkennungsversagungsgründen in Art. V UNÜ. Trotz bestehender Unterschiede entstammen die ordre public Prüfung und das Verbot der révision au fond der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile. Auch ist beiden Gerichtsbarkeiten das Verbot des Doppelexequaturs eigen. Im Sinne des Gleichwertigkeitsgebots von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit sind ausländische Schiedssprüche im Wesentlichen wie ausländische Urteile zu behandeln. Dieses Gleichwertigkeitsgebot findet insofern Beachtung, als sowohl bei ausländischen Urteile, als auch ausländischen Schiedssprüchen gleichermaßen dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass eine inhaltliche „Zweitüberprüfung“ wegen des dadurch entstehenden, unnötigen Zeitund Kostenaufwands im Sinne der Prozessökonomie und Arbeitsentlastung der Gerichte zweckentfremdet wäre. Während bei ausländischen Urteilen der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Justizsysteme greift, muss in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit das Vertrauen in jene als gleichwertige Rechtsprechungsalternative hervorgehoben und respektiert werden. Nur dort, wo verfassungsmäßige Mindeststandards des ordre public zu wahren sind, kann eine „Rahmenkontrolle“ der jeweiligen, ausländischen Entscheidung stattfinden.
1335 BGH, Urteil vom 26.11.1986 – IV b ZR 90/85 (Nürnberg) = NJW 1987, 1146, 1147; BGH, Urteil vom 15.10.1992 – IX ZR 231/91 (München) = NJW 1993, 1270, 1271; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.1988 – 6 (9) WF 115/87 = FamRZ 1989, 97, 98; AG Singen, Urteil vom 30.05.2000 – 4 F 88/99 = FamRZ 2002, 113, 114; Geimer, in: Zöller ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 80, 101; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 722 ZPO, Rdn. 57. 1336 Adolphsen, in: MüKo ZPO, Art. V UNÜ, § 1061 ZPO, Rdn. 13.
§ 5 Schlussfolgerungen für das Verhältnis zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit Im Folgenden, letzten Abschnitt dieser Arbeit sollen die gewonnenen Ergebnisse zusammengefasst und Schlussfolgerungen für die Rolle und das Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zur staatlichen Gerichtsbarkeit, vor allem im Stadium der postarbitralen Phase, gezogen werden.
A. Gleichwertigkeitspostulat Ausgangspunkt der Untersuchung war das Gleichwertigkeitspostulat zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit.1 Unter Schiedsverfahren sind private Gerichtsverfahren zu verstehen, welche weitgehend die ordentliche Gerichtsbarkeit ausschließen.2 Im Unterschied zu anderen alternativen Streitbeilegungsmechanismen ist der Schiedsrichter voll entscheidungsbefugt und ist die Schiedsgerichtsbarkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht nur zeitlich vorgeschaltet, sondern soll diese ersetzen.3 Die Schiedsgerichtsbarkeit ist als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit ein eigenständiges, auf Privatautonomie beruhendes Streitentscheidungssystem; als echte Rechtsprechung ist sie in der Lage, Rechtsschutz, auch im verfassungsrechtlichen Sinne, zu gewähren.4 Die Schiedsgerichtsbarkeit auf Grundlage der §§ 1025 ff. ZPO lebt daher mit der rechtsprechenden Gewalt des Staates i. S. d. Art. 92 GG in Koexistenz, die Schiedsgerichte sprechen an Stelle der staatlichen Gerichte Recht.5 Vordergründig von Bedeutung ist dabei das Ziel, Rechtsfrieden zwischen den Parteien herzustellen und zwar im selben Umfang, wie ein staatliches Gericht dies täte.6 Um dieser Anforderung gerecht zu werden, muss die Schiedsgerichtsbarkeit einen Handlungs- und Entscheidungsfreiraum für sich beanspruchen, der weitgehend der staatlichen „Nachprüfung“ entzogen ist. Andernfalls wäre die rechtliche Qualität des Schiedsspruches gleich Null und stünde das Schiedsverfahren außer Verhältnis zu dem mit ihm verbun-
1
Siehe BT-Drucks. 13/5725, S. 34, wonach die Schiedsgerichtsbarkeit „einen der staatlichen Gerichtsbarkeit grundsätzlich gleichwertigen Rechtsschutz“ bietet. 2 Hamann / Lennarz, JA 2012, 801, 801. 3 Pohl, Doppelte Rechtshängigkeit, S. 44. 4 Ramm, ZRP 1989, 136 ff. 5 Steiner, SchiedsVZ 2013, 15, 15. 6 Pohl, Doppelte Rechtshängigkeit, S. 42.
B. Notwendigkeit einer „Rahmenkontrolle“
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denem Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.7 Die im Gesetz geregelten Interventionsmöglichkeiten müssen sich in klaren Grenzen halten, gerade da die Parteien ein Schiedsverfahren oft vereinbaren, um nationalen Besonderheiten des Sitzstaates aus dem Weg zu gehen und eine Streitentscheidung durch ein „neutrales Organ“ herbeizuführen.8
B. Notwendigkeit einer „Rahmenkontrolle“ Trotz der angestrebten Gleichwertigkeit zwischen staatlicher und privater Schiedsgerichtsbarkeit, ist ein vollkommener Verzicht auf den staatlichen Rechtsschutz nicht möglich. Die „Rahmenkontrolle“ verfolgt jedoch keinen Selbstzweck, sondern ist nur insoweit gerechtfertigt, als schützenswerte Interessen an der Einhaltung gewisser Grenzen bestehen.9 Während die Schiedsgerichtsbarkeit zwar in ihren Wirkungen, namentlich materielle Rechtskraft und Vollstreckungswirkung, dem staatlichen Urteil gleichgestellt werden kann, sind ihre rechtlichen Grundlagen weiterhin unterschiedlicher Natur. Aus einer funktionellen Gleichwertigkeit folgt nicht zwingend eine formelle Gleichwertigkeit.10 Obgleich beispielsweise die Grundrechte keine unmittelbare Geltung für das Schiedsverfahren beanspruchen, ist deren Wesensgehalt in einfachgesetzlicher Ausprägung umzusetzen und sind gewissen Verfahrensprinzipien aus dem Rechtsstaatsprinzip Geltung zu verschaffen.11 Anhand verschiedener Berührungspunkte, welche die Privatautonomie der Parteien nicht grenzenlos zulassen, hat das staatliche Gericht deshalb die Einhaltung gewisser Mindeststandards sicherzustellen. In §§ 1059–1061 ZPO sind „Rahmenkontrollmechanismen“ durch das staatliche Gericht normiert. Auch wenn kein staatliches Rechtsprechungsmonopol besteht12 und daraus kein sekundärer Kontrollanspruch auf Überprüfung erstinstanzlicher Rechtsakte aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt,13 muss die Übertragung der Zu 7
So auch Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 6. Haas, in: Oberhammer, S. 19, 21. 9 Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 9 ff. 10 In diesem Sinne auch Herrmann, in: Van Den Berg, S. 71, 73: „As regards the principle of equal treatment, we can learn (…) that it does not mean formal equality, because that may result in very unequal treatment (..) that is not formal equality but it must be something like functional equality.“ 11 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113 ff.; Haas, Anerkennung und Vollstreckung, S. 227. 12 Vgl. Distler, Private Schiedsgerichtsbarkeit, S. 47; anders Baur, JZ 1965, 163, 164. 13 So jedenfalls BVerfG, Beschluss vom 22.06.1960 – 2 BvR 37/60 = BVerfGE 11, 232, 233; BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 – 2 BvR 527/99 = BVerfGE 104, 220, 231; BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009 – 2 BVR 758/07 = BVerfGE 125, 104, 136; einen Instanzenzug fordernd jedoch Bauer, Gerichtsschutz als Verfassungsgarantie, S. 100 f.; Krebs, in: Münch / Kunig GG, Art. 19 GG, Rdn. 63, 64, 69; Krugmann, ZRP 2001, 306, 306; Lorenz, Rechtsschutz des 8
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§ 5 Schlussfolgerungen
ständigkeit für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten dort ihre Grenze finden, wo wesentliche verfassungsmäßig gebotene Standards gewahrt werden müssen. Der Gesetzgeber muss wegen seiner „rechtsstaatlichen Letztverantwortung für die Verwirklichung des Rechts“14 Regelungen dafür treffen, dass bei der Durchführung von Schiedsverfahren ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit gewährleistet wird. Um sicherzustellen, dass sich die grundrechtliche Selbstbestimmung, welche sich in der Freiwilligkeit der Unterwerfung unter die private Schiedsgerichtsbarkeit äußert, nicht in grundrechtswidrige Fremdbestimmung wandelt, ist eine gewisse „Rahmenkontrolle“ auch und gerade für die postarbitrale Phase unerlässlich. Da der Gesetzgeber Privaten keine grundrechtswidrige Zwangsgewalt verschaffen kann, ist die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen ohnehin dem staatlichen Gericht zu überlassen.15 Eine gewisse „Rahmenkontrolle“ liegt schließlich auch im Interesse der Schiedsparteien hinsichtlich der Beachtung wesentlicher rechtsstaatlicher Mindeststandards. Auch dient die Ausübung von partieller „Kontrolle“ dem Vertrauen in die Schiedsgerichtsbarkeit als solche, wenn sichergestellt ist, dass diese die ihr übertragenen Rechtsstreitigkeiten unter rechtsstaatlichen Bedingungen entscheidet und willkürlichen Entscheidungen kein Raum gelassen wird.16
C. Ausgestaltung der Synthese zwischen der Privatautonomie und dem Sicherungsinteresse rechtsstaatlicher Mindeststandards Unter Berücksichtigung der liberalen Natur unseres Rechtsstaats wollte bereits der historische Gesetzgeber nur eindeutige Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip verhindern, ohne zu stark in das Schiedsverfahren einzugreifen, welches ja dem Willen der Schiedsparteien, eine privatautonome Streitentscheidung herbeizuführen, Rechnung trägt.17 Die „Schnittstellen“ zwischen staatlicher und privater Gerichtsbarkeit bergen schließlich für das Schiedsverfahren gewisse Gefahren: insbesondere die der Schiedsgerichtsbarkeit eigenen Vorteile, wie die Schnelligkeit des Verfahrens, hängen in besonderem Maße von der Ausgestaltung der Wechselbeziehung beider Gerichtsbarkeiten ab. Um das Schiedsverfahren nicht zu einem teuren Vorverfahren verkümmern zu lassen, ist ein Ausgleich zwischen der Privatautonomie und dem Sicherungsinteresse hinsichtlich rechtsstaatlicher Mindestanforderungen erforderlich.18 Bürgers, S. 244; Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 242; Ule, NJW 1968, 967, 971 f.; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 198, 255 f. 14 Stober, NJW 1979, 2001, 2006. 15 Claussen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck GG, Art. 92 GG, Rdn. 44; Hillgruber, in: Maunz / Dürig GG, Art. 92 GG, Rdn. 88. 16 Sonnauer, Die Kontrolle der staatlichen Gerichte, S. 7–8. 17 Münch, in: MüKo ZPO, vor §§ 1025 ff. ZPO, Rdn. 9. 18 In diesem Sinne Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55; Haas, in: Oberhammer, S. 19, 21; Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte, S. 21.
C. Ausgestaltung der Synthese
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I. Möglichkeiten einer präventiven „Rahmenkontrolle“ Bei der Ausgestaltung dieser Synthese hat der Gesetzgeber grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zunächst kann der Gesetzgeber präventiv tätig werden und gewisse, sensible Rechtsbereiche von der Möglichkeit privater Streitentscheidung ausschließen. Während die fehlende objektive Schiedsfähigkeit unter altem Recht zur Nichtigkeit der getroffenen Schiedsvereinbarung führte, § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F. und im Rahmen des ordre public Vorbehalts nach § 1041 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. berücksichtigt werden konnte, normiert § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. a ZPO n. F. für inländische Schiedssprüche einen eigenständigen Aufhebungsgrund. Ein Rechtsprechungsmonopol des Staates in Hinblick auf besonders sensible, schützenswerte Rechtsgüter besteht, um bei besonders gravierenden Eingriffen das Interesse der Parteien und der Öffentlichkeit an der Einhaltung dieser besonderen Voraussetzungen zu sichern und durch richterlichen Akt Rechtsklarheit zu schaffen.19 Im Rahmen der Festlegung dieser Bereiche steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsfreiraum zu. Gerade auf dem Gebiet des Verwaltungs- und Strafrechts, dem Ehe- und Familienrecht und dem Gebiet der Ordnungspolitik sind politische und öffentliche Interessen betroffen, die einen Ausschluss von der objektiven Schiedsfähigkeit rechtfertigen.20 Erwägungen, die ein Weniger an präventiver „Kontrolle“ durch ein Mehr bei der postarbitralen „Kontrolle“ ausgleichen wollen,21 sind abzulehnen.
II. Möglichkeiten einer repressiven „Rahmenkontrolle“ Ebenso ist ein repressives Tätigwerden des Gesetzgebers möglich, indem der Schiedsspruch nach seinem Erlass gewissen „Rahmenkontrollmechanismen“ unterliegt. Diese sind im deutschen Recht in den §§ 1059 – 1061 ZPO normiert. Diese „Rahmenkontrollmechanismen“ des staatlichen Gerichts müssen sich jedoch in klaren Grenzen halten. Nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen, welche im Gesetz genau geregelt sind, darf das staatliche Gericht tätig werden; ansonsten ist jenes grundsätzlich daran gebunden, sich bei Vorliegen einer wirksamen Schiedseinrede einer materiellen Sachentscheidung zu enthalten. Der Umfang staatsgerichtlicher Tätigkeit findet seinen Ausgangspunkt in den §§ 1026, 1062 ZPO, welche als „Magna Charta“22 die Gleichwertigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit mit der staatlichen Gerichtsbarkeit postuliert und als „Schnittstelle“ die Grenze 19
Bork, ZZP 100 (1987), 249, 252. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 15; ebenso Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 19. 21 Epping, Die Schiedsvereinbarung, S. 176; Hesselbarth, Die Doppelkontrolle, S. 110; Papmehl, Schiedsfähigkeit, S. 18 f. 22 Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rdn. 12; Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1026 ZPO, Rdn. 3. 20
272
§ 5 Schlussfolgerungen
zwischen den jeweiligen Zuständigkeiten zieht.23 Augenmerk der vorliegenden Untersuchung lag nicht auf den unterstützenden Maßnahmen, sondern auf den „Rahmenkontrollmechanismen“ der §§ 1059 bis 1061 ZPO. 1. Aufhebungsverfahren von inländischen Schiedssprüchen, § 1059 ZPO Für inländische Schiedssprüche besteht gemäß § 1059 ZPO die Möglichkeit eines Aufhebungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht. Dieses soll eine abschließende Entscheidung über die (Un-) Wirksamkeit des Schiedsspruches herbeiführen.24 Sein Bedürfnis ergibt sich jedoch nicht bereits daraus, dass jenes als notwendiges Mittel zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Entscheidungen anzusehen wäre oder seine Existenz präventiv durch dadurch entstehenden Druck auf die Schiedsrichter fehlerhafte Entscheidungen zu vermeiden geeignet wäre.25 Diesen Bedürfnissen würde ausreichend Rechnung im Rahmen des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens getragen. Das Aufhebungsverfahren erlaubt es der unterlegenen Partei jedoch, aus eigenem Antrieb gegen den Schiedsspruch vorzugehen und trägt durch die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO und seiner kassatorischen Wirkung zur Rechtssicherheit bei. Dadurch ist die unterlegene Partei nicht gezwungen, abzuwarten, ob die andere Partei die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung betreibt;26 ebenso muss sie der anderen Partei nicht die Wahl des Vollstreckungsstaates überlassen. Der Gesichtspunkt der „Rechtsnähe“ stellt einen sachlichen Grund dafür da, im von beiden Parteien gewählten, „neutralen“ Erlassstaat des Schiedsspruches gegen eben diesen vorzugehen und endgültige Klarheit über die Wirksamkeit des Schiedsspruches zu erhalten.27 2. Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche, § 1060 ZPO In § 1060 ZPO wird die Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche normiert. Zwar verleiht § 1055 ZPO dem Schiedsspruch die Wirkungen eines gerichtlichen Urteiles, dennoch kann aus einem Schiedsspruch nicht sofort vollstreckt werden, da dieser kein Titel i. S. d. § 794 Abs. 1 ZPO ist. Dem steht § 1060 ZPO explizit entgegen. Während beim staatlichen Urteil die Verfassungskonformität des staatlichen Gerichtsverfahrens, das dem Endurteil vorausgeht, sichergestellt ist, zumal das staatliche Gericht über Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG an das Grund 23
Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 82. Solomon, Verbindlichkeit, S. 476–477. 25 Schlosser, ZIP 1987, 492, 492; Solomon, Verbindlichkeit, S. 479. 26 Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 113. 27 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsgerichtsverfahren, S. 40; Solomon, Verbindlichkeit, S. 666 f. 24
C. Ausgestaltung der Synthese
273
gesetz gebunden ist, ist ein Schiedsspruch durch rein privatrechtliches Tätigwerden entstanden. Es muss dem Staat demnach eine „Notbremse“ zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, Schiedssprüchen Geltung zu verschaffen. Da dem Staat in diesem Zusammenhang die Funktion eines Gehilfen zukommt und die Vollstreckung in die alleinige Entscheidungsgewalt des Staates fällt, kann sich der Staat nicht gänzlich einer „Rahmenkontrolle“ verschließen. Dieser kann die Zwangsvollstreckung nur zulassen, wenn der Schiedsspruch selbst rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt und damit nicht inhaltlich im Widerspruch zu den grundlegenden Werten des eigenen Rechtssystems steht.28 In diesem Zusammenhang muss das staatliche Gericht sicherstellen, dass grundlegende Standards der Rechtsstaatlichkeit nicht verletzt werden und die Integrität der öffentlichen und sozialen Ordnung gewahrt bleiben. Erst durch die Verleihung des Exequaturs erhält der Schiedsspruch die volle rechtliche Qualität eines Urteils. Um den vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen des § 704 ZPO zu genügen, kann das staatliche Gericht in diesem Zusammenhang „offenbare Unrichtigkeiten“ i. S. d. § 319 Abs. 1 i. V. m. § 1058 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bereinigen und konkretisierend bei der Auslegung helfen, solange es sich um sicher feststellbare, offenkundige Umstände handelt.29 Berichtigt werden kann jedoch stets nur der Vollstreckungstitel, nicht der Schiedsspruch selbst. Auch wenn die private Schiedsgerichtsbarkeit bei der Vollstreckbarerklärung auf die Mithilfe der staatlichen Gerichtsbarkeit angewiesen ist, darf diese „Rahmenkontrolle“ nicht soweit gehen, dass das Schiedsgericht zur bloßen Vorinstanz degradiert wird.30 Jeder Schiedsspruch, dem die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung versagt wird, stellt schließlich letzten Endes auch die Schiedsgerichtsbarkeit per se in Frage. Die Bedeutung dieser alternativen Rechtsprechungsquelle ist daran zu messen, ob ein Schiedsspruch notfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann und muss.31 Vor diesem Hintergrund ist auch die Unabdingbarkeit der Rechtskraft von Schiedssprüchen und ihre Beachtung von Amts wegen zu sehen. Wenn die Schiedsgerichtsbarkeit eine eigenständige und echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit darstellen soll, kann man sie schließlich nicht als reines Versuchsobjekt behandeln, dessen Wirkungen sich im Nachhinein wieder aus dem Weg räumen ließen und dem staatlichen Gericht die Möglichkeit einer neuen, vollen, umfassenden „Überprüfung“ gewähren würden. Alleine die Unzufriedenheit einer Partei steht auch im staatlichen Zivilprozess der Anerkennung der Urteilswirkungen nicht entgegen.
28
Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 99; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 7. BGH, Entscheidung vom 25.09.1986 – VII ZR 249/85 = JZ 1987, 203; OLG München, Beschluss vom 18.11.2004 – 34 Sch 19/04 = SchiedsVZ 2006, 111, 112; Münch, in: MüKo ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 24; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 28, Rdn. 27. 30 Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 55. 31 Schämann, Schiedsgerichte unter staatlicher Kontrolle, S. 225. 29
274
§ 5 Schlussfolgerungen
3. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, §§ 1061 ZPO i. V. m. UNÜ Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ist in §§ 1061 ZPO i. V. m. UNÜ geregelt. Weiterhin können das EuÜ und andere multi- und bilaterale Abkommen Anwendung finden. Ausländische Schiedssprüche müssen wie ausländische Urteile anerkannt werden, um im Inland ihre Wirkung entfalten zu können. Ansonsten bleiben ihre Wirkungen auf das Territorium ihrer Nationalität beschränkt. Liegen die Voraussetzungen des Art. III UNÜ vor, findet eine Inzidentanerkennung statt. Wie bei ausländischen Urteilen kann ein Staat auch bei ausländischen Schiedssprüchen die Zwangsvollstreckung nur zulassen, wenn der Schiedsspruch selbst rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt und damit nicht inhaltlich im Widerspruch zu den grundlegenden Werten des eigenen Rechtssystems steht.32
III. Grenzen einer „Rahmenkontrolle“ Gerade hinsichtlich des Umfangs der „Rahmenkontrolle“ des Schiedsspruches ist aber Vorsicht geboten. Während Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zwar einerseits voraussetzen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht, muss jeder Rechtsstreit zwingend irgendwann ein Ende finden und die Schiedsgerichtsbarkeit als solche auch funktionsfähig bleiben.33 Es ist darauf hinzuweisen, dass alleine die mehrfache Befassung von Gerichten mit einem Streitgegenstand keine Gewähr für eine materiell „richtigere“ Entscheidung darstellt. Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts müssen genauso hingenommen werden wie Fehlentscheidungen staatlicher Gerichte. Zudem sind staatliche Richter gerade bei international gelagerten Sachverhalten oft nicht so sachkundig wie die entsprechenden Schiedsrichter, sei dies aufgrund der Materie, mit der sie nicht so vertraut sind, oder einer möglicherweise bestehenden Sprachbarriere. Die Praxis hat gezeigt, dass Schiedsrichter vielfach besser judizieren als ihre staatlichen Kollegen. Hat der Gesetzgeber ausreichend Sorge dafür getragen, dass das Schiedsverfahren rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt, so sind auch Fehlentscheidungen von Schiedsgerichten zu akzeptieren und hinzunehmen. Sachliche Gründe dafür, dass die Qualität der schiedsrichterlichen Rechtsprechung der staatlichen Rechtsprechung unterlegen sei, sind nicht ersichtlich.
32
Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 99; Schwab / Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 1, Rdn. 7. Bühler, IPrax 1987, 253, 256; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 15, 16.
33
C. Ausgestaltung der Synthese
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1. Abschließende und verbindliche Aufzählung der Aufhebungs- und Anerkennungs- versagungsgründe Bei der Ausübung der „Rahmenkontrollmechanismen“ der §§ 1059–1061 ZPO ist aus diesem Grunde Zurückhaltung zu üben. Eine funktionsfähige Schiedsgerichtsbarkeit setzt schließlich einen größtmöglichen Bereich an Autonomie voraus, welche nicht mehr gewährleistet wäre, wenn jeder Schiedsspruch erneut durch ein staatliches Gericht vollumfänglich „nachgeprüft“ werden könnte.34 Der Katalog der Aufhebungsgründe, sowohl in § 1059 Abs. 2 ZPO als auch in Art. V UNÜ, ist demnach als abschließend und verbindlich zu verstehen.35 Die Rolle der staatlichen Gerichte bei einer diesbezüglichen „Rahmenkontrolle“ ist auf die jeweiligen Voraussetzungen begrenzt und für die Gerichte bindend, diesen wird demnach gerade kein Ermessen zugebilligt. Andererseits ist zu beachten, dass das staatliche Gericht dort überflüssig ist, wo Abhilfe durch das Schiedsgericht geschaffen werden kann. Gewisse Einwände, die bereits während des Schiedsverfahrens bestehen, in diesem aber nicht geltend gemacht werden, können daher im staatlichen Aufhebungs- und Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren präkludiert sein. Ebenso ist die Möglichkeit der Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs gemäß § 1058 ZPO dem staatlichen Aufhebungsverfahren vorrangig. Dem staatlichen Verfahren steht erst dann der Weg frei, wenn der Antrag beim Schiedsgericht erfolglos geblieben ist.36 2. Verbot der révision au fond Da die einzelnen Aufhebungsgründe abschließend und verbindlich sind und die fehlerhafte Bewertung der Tatsachen keinen in § 1059 Abs. 2 ZPO oder Art. V UNÜ enumerierten Grund für die Aufhebung darstellt, kann und darf diese nicht überprüft werden. Ein fehlerhafter Schiedsspruch ist ebenso zu akzeptieren, wie auch fehlerhafte Urteile nach Abschluss des Instanzenzugs hinzunehmen sind. Diese anerkennungsfreundliche Haltung deutscher Gerichte steht im engen Zusammenhang mit dem Verbot einer révision auf fond, die Gründe für die Aufhebung bzw. Nichtanerkennung sind demnach eng auszulegen und vom Antragsgegner nicht nur hinsichtlich des Vorliegens eines Aufhebungsgrundes, sondern auch der diesbezüglichen Kausalität für den Schiedsspruch darzulegen und glaubhaft zu machen. Grundsätzlich soll das Schiedsverfahren kein zweites Mal vor staatlichen Gerichten aufgerollt werden.37 Eine sachliche „Rahmenkontrolle“ verbietet sich somit grundsätzlich hinsichtlich der vom Schiedsgericht getroffenen Tatsachenfeststel 34
Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 98 f.; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte, S. 114. Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 4–6; Lörcher / Lörcher, Schiedsverfahren, Rdn. 344. 36 Schütze, SchiedsVZ 2009, 241 f. 37 Sandrock, BB 2001, 2173, 2173. 35
276
§ 5 Schlussfolgerungen
lungen, des Verfahrens, das zum Schiedsspruch geführt hat, sowie der richtigen Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht.38 Eine Ausnahme kann lediglich dann erfolgen, wenn Zweifel hinsichtlich der ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs, der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes oder der Existenz oder des Umfangs der Schiedsvereinbarung bestehen. Trotz des Verbots der révision au fond ist in diesem Zusammenhang eine gewisse indirekte inhaltliche „Rahmenkontrolle“ unausweichlich.39 Als gemeinsamen Nenner kennen alle „Rahmenkontrollmechanismen“ zudem den ordre public Vorbehalt. Dieser manifestiert in besonderem Maße die Rolle der staatlichen Gerichte bei der Aufhebung inländischer und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in- und ausländischer Schiedssprüche. Als äußerste Grenze stellt dieser die Wahrung der Grundlagen unseres staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens sicher, welche aus bestimmten staatspolitischen, sozial- oder wirtschaftspolitischen Zielsetzungen heraus erlassen worden sind und damit unabdingbare Normen unserer öffentlichen Ordnung darstellen.40 Vorrangig sind dabei die Grundrechte unseres Grundgesetzes zu beachten. Als „Notbremse staatlicher Kontrolle“41 ist das staatliche Gericht daher zumindest bei der „Rahmenkontrolle“ der rechtlichen Feststellungen nicht an jene des Schiedsgerichts gebunden. Gerade bei ausländischen Rechtssprüchen ist zudem der weitere ordre public international zur Beurteilung eines Verstoßes heranzuziehen. Ein Verstoß wird jedoch stets nur unter besonders engen Voraussetzungen anzunehmen sein. Geht es bei der Rahmenkontrolle nicht um den Schutz überindividueller Interessen, sondern „nur“ um den Schutz des Einzelnen, ist zu beachten, dass dieser Einzelne sich durch die Vereinbarung eines Schiedsgerichts der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehen wollte. Sich auf die Möglichkeit eines „letzten Auswegs“ beim Anerkennungs- oder Aufhebungsverfahren vor dem staatlichen Gericht zu verlassen, obwohl man dieser zuerst den Rücken gekehrt hat, würde dem Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit als selbstständiger Rechtsprechungsalternative nicht gerecht. Nur wenn die Schiedsgerichtsbarkeit keiner vollen „Überprüfbarkeit“ ausgesetzt ist, kann sie ihre Aufgaben als selbstständige Rechtsprechungsquelle auch erfüllen.42 Die Aspekte der Rechtssicherheit und die Effizienz und Schnelligkeit des Verfahrens dürfen dabei ebenso wenig vernachlässigt werden, wie der legitime rechtspolitische Gedanke, dass die private Schiedsgerichtsbarkeit auch die Entlastung der staatlicher Gerichte bezweckt.43 Wenn der Staat Schiedsgerichte zulässt, muss er nämlich auch Schiedssprüche zulassen, die möglicherweise zwingendes Recht verletzten. Eine volle révision au fond kann daher nicht angehen, auch nicht
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Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 55. Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 65. 40 Siehe Gottwald, in: FS Nagel (1987), S. 54, 59. 41 Münch, in: MüKo ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 41. 42 Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1059 ZPO, Rdn. 3. 43 Steiner, SchiedsVZ 2013, 15, 16. 39
C. Ausgestaltung der Synthese
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unter dem Deckmantel der ordre public „Kontrolle“. Nur auf diesem Weg können Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Gerichtsbarkeit als gleichwertige Partner nebeneinander fungieren. 3. Präklusion einzelner Aufhebungs- bzw. Versagungsgründe Dieser Gedanke wird durch die Präklusion einzelner Aufhebungs- bzw. Versagungsgründe ergänzt. Sie dient der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensökonomie und erlaubt nur unter gewissen Voraussetzungen die Nachholung der Rechtshandlung.44 Bei der Aufhebung, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung finden sich aus besagten Gründen eine Vielzahl von Präklusionsregelungen, die die staatlichen „Rahmenkontrollmechanismen“ begrenzen. Beispielsweise die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts muss bei inländischen Schiedsgerichten spätestens mit der Klageerwiderung gerügt werden, ansonsten tritt Präklusion ein, § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO. Auch § 1027 ZPO sieht den Verlust des Rügerechts bei verspäteter Geltendmachung von Verfahrensfehlern vor. Bei ausländischen Schiedssprüchen kennt das UNÜ keine Präklusionsvorschriften, solche finden sich lediglich in Art. V EuÜ. Bei der Lösung verschiedener Fallgruppen ist nicht vorrangig das Verbot treuwidrigen Verhaltens, sondern das Telos der Präklusion, welche vorrangig der Verfahrensökonomie dient, zu beachten. Darüber hinaus soll die Rügepräklusion bei ausländischen Schiedssprüchen zu einer Zentralisierung im Herkunftsstaat führen: die Sachnähe staatlicher Gerichte zum Schiedsverfahren ist zu beachten, da die Parteien durch die Wahl des Schiedsortes dem dortigen Schiedsverfahrensrecht Vertrauen geschenkt und eine gegebenenfalls vorhandene Fristgebundenheit eines Anfechtungsrechtsbehelfs akzeptiert haben. Gewisse Beschränkungen der „Rahmenkontrolle“ durch das staatliche Gericht sind angesichts der Stärkung einer internationalen Schiedsgerichtsbarkeit erwünscht. Etwas Anderes gilt nur für die ordre public „Kontrolle“, da selbst eine unzulässige Prozessführung nichts daran ändert, dass die Entscheidung in verfahrensmäßig anstößiger Weise ergangen ist und einen Widerspruch gegen die Grundprinzipien der jeweiligen Rechtsordnung darstellen kann. Die Anstößigkeit liegt unabhängig von einem Tätigwerden des Beklagten vor. Ein ordre public Verstoß kann stets nur individuell für einzelne Rechtsordnungen festgestellt werden.45
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Merkt, in: FS Stürner II (2013), S. 1303, 1303. Stadler, in: Musielak ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 30; ebenso Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 328 ZPO, Rdn. 66. 45
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§ 5 Schlussfolgerungen
D. Vergleich zum staatlichen Rechtsmittelverfahren, der Bundesverfassungsbeschwerde und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile Im Rahmen der Bearbeitung wurden auch das staatliche Rechtsmittelverfahren inländischer Urteile, die Bundesverfassungsbeschwerde nach Erschöpfung des fachgerichtlichen Instanzenzuges und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile dargestellt und daraufhin wichtige Schlüsse zum Verhältnis der privaten zur staatlichen Gerichtsbarkeit gezogen.
I. Vergleich zum staatlichen Rechtsmittelverfahren Staatliche Rechtsmittelverfahren zeichnen sich durch drei Merkmale aus: den Suspensiveffekt, den Devolutiveffekt und die Möglichkeit einer neuen Sachentscheidung. Während staatliche Rechtsmittel der reformatorischen Fortsetzung des Verfahrens dienen, den Eintritt der Rechtskraft hemmen und den Rechtsstreit in eine höhere Instanz heben, handelt es sich beim Schiedsverfahren um ein abgeschlossenes Verfahren, welches die Kassation des Schiedsspruches bezweckt. Da Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Gerichtsbarkeit als gleichwertige Rechtsprechungsalternativen gleichberechtigt nebeneinanderstehen, wird der Rechtsstreit auch nicht in eine höhere Instanz gehoben. Darüber hinaus entfaltet der Schiedsspruch bis zur rechtsgestaltenden Aufhebung durch das staatliche Gericht weiterhin seine Rechtskraft, § 1055 ZPO. Die Zwecke der Verfahren verfolgen somit bereits unterschiedliche Zwecke. Was die Ausgestaltung der Verfahren betrifft, ähnelt das Aufhebungsverfahren i. S. d. § 1059 ZPO am Ehesten der Revision, bei welcher der Prüfungsumfang durch die Anträge der Partei bestimmt wird und das Gericht nicht als Tatsachen-, sondern als Rechtprüfungsinstanz ausgestaltet und auf die Überprüfung revisiblen Sachund Verfahrensrechts beschränkt bleibt. Die Ausgestaltung des Berufungsverfahrens als Fehlerkontrolle und -beseitigung unter eingeschränkter Tatsachenprüfung steht schließlich im offenen Widerspruch zum Verbot der révision au fond, welche allen „Rahmenkontrollmechanismen“ zugrunde liegt. Der Schiedsspruch wird nur einer „Rahmenkontrolle“ vor dem staatlichen Gericht unterzogen, um rechtliche Mindeststandards zu wahren, hinsichtlich der Begründung des Antrags und den einzelnen Revisionsgründen können Parallelen zum Aufhebungsverfahren gezogen werden. Materiellrechtliche Mängel, die im Revisionsverfahren umfassend überprüfbar sind, sind im Aufhebungsverfahren jedoch gerade nicht überprüfbar, sondern allenfalls in den eng gesteckten Grenzen der ordre public „Rahmenkontrolle“. Die Vergleichbarkeit des Aufhebungsverfahrens von Schiedssprüchen zum staatlichen Rechtsmittelverfahren scheitert letztlich daran, dass ein gegen eine unterinstanzliche Entscheidung gerichtetes Rechtsmittel als Bestandteil eines ein-
D. Vergleich
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heitlichen Streitentscheidungssystems anzusehen ist, während es bei den „Rahmenkontrollmechanismen“ um die Anerkennung bzw. Versagung einer außerhalb des staatlichen Rechtsprechungssystems ergangenen Entscheidung geht.46 Den beiden Verfahren liegen somit unterschiedliche Funktionen zugrunde und verdeutlichen die eigenständige Natur des Schiedsverfahrens als selbstständige Rechtsprechungsquelle, die in der Lage ist, Streitigkeiten endgültig zu entscheiden. Alleine zur Sicherung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen darf das Gericht die Einhaltung gewisser, eindeutig festgelegter Rahmenbedingungen „überprüfen“, eine Ähnlichkeit zum staatlichen Rechtsmittelverfahren ergibt sich daraus jedoch nicht.
II. Vergleich zur Bundesverfassungsbeschwerde Im Gegensatz zum staatlichen Rechtsmittelverfahren weisen das Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen i. S. d. § 1059 ZPO und die Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG i. V. m. §§ 90 ff. BVerfGG weitaus mehr Ähnlichkeiten auf. Beide Verfahren sind auf die Beseitigung einer rechtskräftigen Entscheidung gerichtet, sind aus der Fachgerichtsbarkeit und dem staatlichen Instanzenzug ausgegliedert, stellen keine Rechtsmittel dar und dienen nicht der Fortsetzung des Rechtsstreits. Ebenso sind beide Verfahren dem Ziel der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtet und als außerordentliche Rechtsbehelfe konzipiert, die die Entscheidung nur ausnahmsweise in Frage stellen sollen und erst nach Erschöpfung anderer Rechtsbehelfe stattfinden. Nach Aufhebung der fachgerichtlichen Entscheidung bzw. des Schiedsspruches sollen beide Entscheidungen wieder zurückverwiesen werden, im Falle der Verfassungsbeschwerde an das Fachgericht (§ 95 Abs. 2 BVerfG), im Falle des Schiedsspruchs an das bisher zuständige Schiedsgericht (§ 1059 Abs. 4 ZPO) oder an ein neues Schiedsgericht (§ 1059 Abs. 5 ZPO). Sowohl die Bundesverfassungsbeschwerde, als auch das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO ermöglichen ein eigenständiges Vorgehen gegen das Urteil bzw. den Schiedsspruch; auch die Einmonatsfrist des § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG, sowie die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 2 ZPO dienen der möglichst schnellen, abschließenden Klärung. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs bzgl. der Berücksichtigung der Eingriffsintensität und der Willkürkontrolle lassen sich deutliche Parallelen zur ordre public „Rahmenkontrolle“ im Aufhebungsverfahren ziehen, beide Gerichte funkgieren gewissermaßen als „Notbremse“ zur Einhaltung grundrechtlicher Mindeststandards. Während im Falle der Urteilsverfassungsbeschwerde die Rüge der Verletzung eines einzigen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts ausreicht und das Bundesverfassungsgericht daraufhin vollumfassend das fachgerichtliche Urteil unter jedem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt überprüft, sind im Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen die auf Rüge zu beachtenden Aufhebungsgründe 46
Vgl. Solomon, Verbindlichkeit, S. 337.
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§ 5 Schlussfolgerungen
stets einzeln begründet geltend zu machen, wobei die ordre public Prüfung auch hier von Amts wegen stattfindet. Was jedoch deren Umfang betrifft, ist eine im Rahmen der Überprüfung der Tatsachenfeststellung entstehende „Aufgabenkonkurrenz“ zwischen Fachgerichtsbarkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit hinzunehmen, während bei der ordre public „Kontrolle“ von Schiedssprüchen die „Rahmenkontrolle“ von Tatsachenfeststellungen nur in absoluten Ausnahmefällen zuzulassen ist. Die „Aufgabenalternativität“ zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit ist unbedingt einzuhalten. Diese verfolgt nicht nur das Ziel der Stärkung des Vertrauens in die Schiedsgerichtsbarkeit und den Schutz ihrer Funktionsfähigkeit, sondern bezweckt auch die Anerkennung einer vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, welche bei der Ausgestaltung ihrer Synthese zu respektieren ist.
III. Vergleich mit der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile Zuletzt wurde die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche noch mit ausländischen Urteilen verglichen. Die Anerkennungsbzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe in § 328 Abs. 1 Nr. 1–4 ZPO und Art. 45 EuGVVO entsprechen in Teilen den Anerkennungsversagungsgründen in Art. V UNÜ. Trotz bestehender Unterschiede, entstammen die ordre public Prüfung und das Verbot der révision au fond der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile. Im Sinne des Gleichwertigkeitsgebots von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit sind ausländische Schiedssprüche im Wesentlichen wie ausländische Urteile zu behandeln. Dieses Gleichwertigkeitsgebot findet insofern Beachtung, als sowohl bei ausländischen Urteilen, als auch ausländischen Schiedssprüchen gleichermaßen dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass eine inhaltliche „Zweitüberprüfung“ wegen des dadurch entstehenden, unnötigen Zeit- und Kostenaufwands im Sinne der Prozessökonomie und Arbeitsentlastung der Gerichte zweckentfremdet wäre. Während bei ausländischen Urteilen der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Justizsysteme greift, muss in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit das Vertrauen in jene als gleichwertige Rechtsprechungsalternative hervorgehoben und respektiert werden. Nur dort, wo verfassungsmäßige Mindeststandards des ordre public zu wahren sind, kann eine „Rahmenkontrolle“ der jeweiligen ausländischen Entscheidung stattfinden.
E. Fazit Das Gleichwertigkeitspostulat ist weitgehend durchzuhalten. Obgleich die rechtlichen Grundlagen von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit unterschiedlicher Natur sind und aus einer funktionellen Gleichwertigkeit keine formelle Gleichwertigkeit folgt, muss die Schiedsgerichtsbarkeit als eigenständige
E. Fazit
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Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit einen gewisse Handlungs- und Entscheidungsfreiraum für sich beanspruchen. Nur so ist diese in der Lage, gleichwertigen Rechtsschutz zu bieten. Die „Rahmenkontrollmechanismen“, insbesondere in der postarbitralen Phase, haben sich in klar bestimmten Grenzen zu halten, um nicht die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit auszuhebeln und jenes zu einem unnötigen „Vorverfahren“ zu degradieren. Aus dem Verbot der révision au fond wird dem Gleichwertigkeitspostulat insofern Geltung verschafft, als fehlerhafte Schiedssprüche ebenso wie fehlerhafte Urteile staatlicher Gerichte hinzunehmen sind: res iudicata pro veritare habetur.47 Die ordre public „Kontrolle“ als Durchbrechung dieses Prinzips zur Sicherstellung grundrechtlicher Mindeststandards kommt der „Überprüfung“ fachgerichtlicher Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht am Nächsten. Auch diese soll jedoch ultima ratio bleiben: jeder Rechtsstreit soll und muss ein Ende finden. Haben sich die Parteien bewusst der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen, können diese somit nicht von einer erneuten „Überprüfung“ durch das staatliche Gericht ausgehen, wenn sie mit dem Ergebnis des Schiedsverfahrens unzufrieden sind. Auch vor einem Schiedsgericht ist kein beliebiger Rechtsschutz einholbar, da die Schiedsgerichtsbarkeit als echte Alternative zwar eine „gleichwertige Rechtsschutzmöglichkeit“48 darstellt, aber auch nicht mehr.
47
Vgl. Schütze, in: Wieczorek / Schütze ZPO, § 1060 ZPO, Rdn. 56. Gaul, in : FS Sandrock (2000), S. 328.
48
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Sachverzeichnis Allgemeiner Justizgewährungsanspruch 48, 65 Alternative Streitbeilegung 44 –– Mediation 21 Anerkennung ausländischer Schiedssprüche siehe Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile siehe Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile Anerkennungsversagungsgründe des Art. V UNÜ siehe Versagungsgründe des Art. V UNÜ Aufhebungsgründe –– Abschließende Aufzählung 80, 88, 131, 275 –– Allgemeine Ungültigkeit der Schieds vereinbarung 54, 90, 131, 147 –– Entscheidung nach Billigkeit 95, 105 –– Fälschlicherweise verneinte Zuständigkeit des Schiedsgerichts 91 –– Fehlende objektive Schiedsfähigkeit 98, 134, 271 –– Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit 89, 131, 147 –– Gehörsmängel 93, 132 –– Konstituierungsmängel 96, 133 –– ordre public 134, 150 –– Prozessablaufmängel 97, 133, 148 –– Überschreitung des Streitgegenstandes 95, 133 Aufhebungsklage im Erlassstaat 203 Aufhebungsverfahren 82 –– Antragsberechtigung 83 –– Antragserfordernis 82 –– ausländische Schiedssprüche 78 –– Aussetzung 83 –– Entscheidung des Gerichts 85 –– Enumerationsprinzip 80 –– Frist 84, 272
–– Gehörsmängel 150 –– Notwendigkeit 78 –– Rolle und Funktion des staatlichen Gerichts 103 –– Vergleich mit der Verfassungsbeschwerde 136, 144 –– Verhältnis zum Vollstreckbarerklärungsverfahren 83, 87 –– Verzicht 79 –– Vorrang der Berichtigung 81 Auslegung des Schiedsspruchs 82, 187, 232, 273 Belgien 78 Berichtigung des Schiedsspruchs 81 Berufung –– Berufungsbegründung 113 –– Bindung des Berufungsgerichts 114 –– Entscheidung des Berufungsgerichts 116 –– Prüfungsumfang 110 –– Statthaftigkeit 109 Bilaterale Staatsverträge 240 –– Verhältnis zum UNÜ 240 Bundesverfassungsgericht siehe Verfassungsbeschwerde CETA 22, 49 COTIF 240 Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag 242 Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen 242 Deutsch-griechischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen 241 Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
Sachverzeichnis gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen 241 Deutsch-italienisches Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen 241 Deutsch-niederländischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen 241 Deutsch-norwegischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen 241 Deutsch-österreichischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen 241 Deutsch-Schweizerisches Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen 241 Deutsch-spanischer Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden 241 Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag 243 doctrine of merger 178, 193 Doppelexequatur 193, 219, 242, 255 Doppelkontrolle 69, 79, 221 Einwendungen –– gegen den Schiedsspruch 35, 76, 180, 200, 211 Enumerationsprinzip 80, 275 EuEheVO 244 EuGVÜ 244 EuGVVO 92, 244 Europäischer Vollstreckungstitel siehe Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile Europäisches Übereinkommen (EuÜ) 192, 233 –– Anwendungsvoraussetzungen 233
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–– Begründungspflicht des Art. VIII EuÜ 237 –– Günstigkeitsprinzip 238 –– Modifikation des Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ in Art. IX EuÜ 237 –– Präklusionsvorschrift Art. V EuÜ 235 –– Verhältnis zum UNÜ 234 –– Wirksame Schiedsvereinbarung 235 Frankreich 35, 74, 220, 224 Genfer Abkommen 193, 232 Genfer Protokoll über Schiedsklauseln im Handelsverkehr 192, 229 Gericht –– Derogation 27, 54, 57 –– Hilfs- und Unterstützungsfunktion 26, 29, 31 –– Kompetenz-Kompetenz 55, 90, 210, 261 –– Kontroll- und Überprüfungsfunktion 26, 29, 31, 58, 61, 64, 271 –– Prüfungsumfang bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile 260 –– Rolle und Funktion bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche 226, 230 –– Rolle und Funktion im Aufhebungsverfahren 103 –– Rolle und Funktion im Vollstreckbarerklärungsverfahren bei inländischen Schiedssprüchen 185 –– Überprüfung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung 31, 55, 60, 104, 149 –– Zurückverweisung 86 Gleichwertigkeitspostulat siehe Schiedsgerichtsbarkeit, Gleichwertigkeitspostulat Grundrechte –– Art. 1 Abs. 3 GG 44, 69, 136 –– Art. 2 Abs. 1 GG 53 –– Art. 3 Abs. 1 GG 68, 92 –– Art. 19 Abs. 4 GG 64, 269 –– Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG 51 –– Art. 24 Abs. 3 GG 43 –– Art. 92 GG 46, 54, 268 –– Art. 95 GG 68 –– Art. 101 GG 48 –– Art. 103 Abs. 1 GG 48, 94, 101, 134, 216
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Sachverzeichnis
–– Ausländische Schiedsverfahren 45 –– Demokratieprinzip 51 –– Geltung im Schiedsverfahren 44 –– Verfasssungsbeschwerde 139 Günstigkeitsprinzip 192, 196, 198, 202, 208, 215, 227, 238, 240, 245 Hands-off-doctrine 27 Instanzenzug 66, 70, 82, 83, 132 –– Schiedsinterner Instanzenzug 72 Internationale Handelskammer in Paris (ICC) 63 Investitionsschiedsgerichtsbarkeit 22, 49 –– ICSID Arbitration Rules 50 –– International Center for Settlement of Investment Disputes (ICSID) 50 –– Privat- und Schattenjustiz 50 –– UNCITRAL Rules on Transparency 50 Kanada 49, 245, 254 Kompetenz-Kompetenz 55, 90, 210, 261 Londoner Auslandsschuldenabkommen 240 LugÜ 244 Meistbegünstigungsgrundsatz siehe UNÜbereinkommen, Günstigkeitsprinzip Nationalität des Schiedsspruchs 57, 73 Öffentliche Ordnung siehe ordre public ordre public 25, 69, 94, 99, 150, 186, 203, 211, 223, 230, 248, 258, 261, 277 –– Bindung an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Schiedsgerichts 105, 152, 185 –– international 224, 263, 276 –– interne 100, 224 –– Missachtung des andwendbaren materiellen Rechts 103 –– Präklusion 180, 213 –– Restitutionsgründe und Aufhebung gemäß § 826 BGB 102 –– transnational 226 –– Verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher ordre public 100, 249 ordre public Vorbehalt siehe ordre public
Postarbitrale Phase 26, 27, 31, 46, 70, 270 Präklusion 84, 87, 97, 180, 199, 212, 265, 277 –– bei ordre public Verstößen 180, 212, 213 –– im Anwendungsbereich des EuÜ 236 Privatautonomie 28, 47, 54, 58, 59, 66, 72, 89, 97, 270 –– Grenzen 60, 101 Prüfung von Amts wegen 83, 89, 98, 130, 147, 150, 171, 177, 178, 187, 199 Punitive damages 224, 242 Rahmenkontrolle –– Ausländischer Schiedsspruch 261 –– Begrifflichkeit 30 –– Gebotenheit 24, 54, 61, 64, 69, 78 –– Grenzen 24, 274 –– Inländischer Schiedsspruch 78, 186 –– Interesse der Schiedsparteien an einer Rahmenkontrolle 60 –– Nachteilige Auswirkungen für die Schiedsparteien 59 –– Präventive Rahmenkontrolle 25, 69, 99, 187, 271 –– Repressive Rahmenkontrolle 69, 271 –– Umfang im Aufhebungsverfahren 103 Rahmenkontrollmechanismen siehe Rahmenkontrolle Rechtliches Gehör 24, 45, 54, 60, 93, 101, 105, 132, 149, 215, 249, 256, 263 –– Überschneidung mit ordre public Verstößen 94 Rechtsbeschwerde 83, 85, 109, 181, 230 Rechtskraft 155 –– Abdingbarkeit 166 –– Ausländischer Schiedsspruch 189 –– Ausländisches Urteil 255 –– Einredeobliegenheit 166 –– Formelle Rechtskraft bei Schiedssprüchen 162 –– Materielle Rechtskraft bei Schiedssprüchen 165 –– ne-bis-in-idem-Theorie 159 –– Schiedsspruch 161, 269 –– Urteil 156 Rechtsmittel 108 –– Berufung 109 –– Devolutiveffekt 109, 128
Sachverzeichnis –– –– –– –– ––
Instanzenzug 68 Instanzenzug, schiedsinterner 72 Revision 116 Suspensiveffekt 108, 128 Vergleich mit dem Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen 127, 278 Rechtsprechung 36, 38, 45 –– Ausübung von Hoheitsgewalt 37 Rechtsprechungsmonopol des Staates 35, 46, 98, 271 Rechtsstaatliche Mindeststandards 60, 104, 154, 270 Rechtsweggarantie siehe Allgemeiner Justizgewährungsanspruch Revision –– Absolute Revisionsgründe 124 –– Entscheidung des Revisionsgerichts 127 –– Prüfungsumfang 121, 123, 278 –– Revisibles Recht 122 –– Sprungrevision 118 –– Statthaftigkeit 116 révision au fond 80, 104, 185, 187, 251, 259, 275 Schiedsanordnung 27 Schiedseinrede 48, 57, 163, 166, 167, 170, 203, 271 Schiedsfähigkeit –– Objektive Schiedsfähigkeit 25, 44, 47, 54, 61, 69, 70, 98, 134, 153, 222, 235, 271 –– Subjektive Schiedsfähigkeit 89, 131, 147, 215, 235 Schiedsgericht 37 –– Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG 66 –– Fehler bei der Zusammensetzung 96 –– Grundrechtsverpflichtung siehe Schiedsverfahren, Geltung von Grundrechten –– Kompetenzüberschreitung 95, 96, 133, 216 –– Neubesetzung 31, 86 –– Rüge der Unzuständigkeit 91, 200, 201, 207, 235, 265 –– Zurückverweisung 79, 86 –– Zwischenentscheid über Zuständigkeit 90, 92, 104, 200, 201, 261 Schiedsgerichtsbarkeit 45
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–– Gemischte Theorien 36 –– Gleichwertigkeitspostulat 28, 32, 41, 44, 69, 82, 132, 155, 267, 268 –– Historie 56 –– Jurisdiktionelle Theorie 35, 73 –– Rechtsnatur 32, 40, 73 –– Verfassungsrechtliche Zulässigkeit 43, 52 –– Vertragliche Theorie 34, 73 Schiedsort 58, 74, 78, 190, 202, 210, 229 Schiedsparteien –– Interesse an einer Rahmenkontrolle 60 –– Privatautonomie 59 Schiedsrichter 34 –– Abberufung und Ersatzbestellung 31 –– Ablehnung 66, 97, 133, 174 –– Art. 97 Abs. 1 GG 45 –– Bindung an Grundrechte siehe Schiedsverfahren, Geltung von Grundrechten –– Ernennung 30, 55, 174 –– Neutralität 34, 36, 37, 45, 54 –– Unabhängigkeit 45, 54, 101 –– Unparteilichkeit 37, 45, 101 Schiedsspruch 35 –– Abgrenzung inländischer und ausländischer Schiedsspruch 73, 191, 194 –– Ausländischer Schiedsspruch 188, 190, 194, 218 –– Auslegung 82, 187, 231, 273 –– Begründung 97, 237 –– Berichtigung 81, 97 –– Exequaturerfordernis 39, 176, 242, 273 –– Inländischer Schiedsspruch 78 –– mit vereinbartem Wortlaut 237 –– Prozessschiedsspruch 91, 92, 93 –– Rechtskraft 35, 40, 56, 109, 128, 145, 155, 161, 164, 166, 168, 175, 183 –– Rechtsnatur 34, 73 –– Verbindlichkeit 34, 37, 39, 40, 60, 155, 161, 173, 178, 191, 218 –– Wirkungen 39, 56, 63, 75, 77, 85, 128, 154, 164, 169, 175, 182, 189, 272 Schiedsvereinbarung 27, 34, 35, 38, 57, 203 –– Anerkennung iSv Art. II UNÜ 190 –– Anforderungen im Rahmen des EuÜ 235 –– Anwendbares Recht 214, 223, 228, 235 –– Anwendbares Schiedsverfahrensrecht 57, 99
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Sachverzeichnis
–– Aufhebung 167 –– Begründung durch rügelose Einlassung 91 –– Freiwilligkeit 54, 90, 132, 152 –– Instanzenzug 71, 176 –– Nichtvorliegen bzw. Unwirksamkeit 89, 90, 131, 147, 186, 201, 204, 214 –– Schriftform 196, 197, 215, 228 –– Umfang 95, 103, 211, 217 –– Verfassungsrechtliche Begründung 52 –– Wiederaufleben 80, 86, 185 –– Wirksamkeit 31, 55, 57, 90, 91, 104, 149, 196, 202, 235 Schiedsverfahren –– Abschluss 71 –– Anwendbares Schiedsverfahrensrecht 73, 75, 77, 99, 190, 219 –– Anzahl Schiedsverfahren pro Jahr 51 –– Ausschluss der Öffentlichkeit 50, 59 –– Eigenständigkeit 23, 58, 70, 128, 136 –– Entscheidung nach Billigkeit 37, 95, 105, 217 –– Geltung von Grundrechten 44, 53 –– Instanzenzug 42, 71, 162 –– Kosten- und Zeitfaktor 21, 59, 84, 210 –– Rügelose Einlassung 91, 200, 201 –– Unterstützung durch das staatliche Gericht 24, 30 –– Vertraulichkeit des Verfahrens 59, 92 –– Zweck 37 Schiedsvertrag 34, 35, 54, 55 Schriftform –– Schiedsvereinbarung 196, 198, 215, 228 Schweiz 78, 224, 241 Sitztheorie 73, 74, 77, 242 Südafrika 254 Territorialitätsprinzip 75, 78, 194 TTIP 22, 49 ultra petita 95, 133 UNCITRAL-Modellgesetz 27, 29, 57, 75, 176, 179, 195, 196, 211 UN-Übereinkommen (UNÜ) 191 –– Anwendungsbereich 194 –– Art. I UNÜ 194 –– Art. II UNÜ 195
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Art. III UNÜ 196 Art. IV UNÜ 197 Art. V UNÜ 199 Art. VI UNÜ 226 Art. VII UNÜ 227 Günstigkeitsprinzip 192, 196, 208, 215, 227 –– Handelssachenvorbehalt 195 –– Systematik der Verweisung in § 1061 ZPO 194 –– Verhältnis zu anderen Staatsverträgen 192 –– Vertragsstaatenvorbehalt 191, 194, 197, 264 –– Völkerrechtliches Verhältnis zu anderen bi- und multilateralen Staatsverträgen 227 Urteil –– Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile 243 –– Formelle und materielle Rechtskraft 156 –– Verbindlichkeit 38 USA 22, 23, 40, 49, 74, 222, 245, 254 Verbot der révision au fond siehe révision au fond Verfassungsbeschwerde 136, 279 –– Begründetheit 138 –– Einfaches Recht 146 –– Eingriffsintensität 142, 150 –– Enumerationsprinzip 137 –– Spezifisches Verfassungsrecht 138, 149 –– Überprüfunng einfachen Rechts 140 –– Vergleich zum Aufhebungsverfahren von Schiedssprüchen 144 –– Verhältnis zur Fachgerichtsbarkeit 141 –– Willkürverbot 144, 150 –– Zulässigkeit 137 Versagungsgründe des Art. V UNÜ 88, 199 –– Abschließende Aufzählung 214, 275 –– Entscheidung nach Billigkeit 217 –– Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit 222 –– Fehlende Verbindlichkeit des Schiedsspruchs 218, 264 –– Kompetenzüberschreitung durch das Schiedsgericht 95, 216, 264 –– Konstituierungsmängel 217, 230, 264
Sachverzeichnis –– Nichtvorliegen bzw. Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung 54, 196, 204, 214 –– ordre public 211, 223, 230, 264 –– Präklusion 199, 212 –– Prozessablaufmängel 217, 230, 264 –– Verbindlichkeit und Ermessen des Gerichts 214 –– Verfristung einer zulässigen und inhaltlich einschlägigen Aufhebungsklage im Herkunftsstaat 203 –– Verletzung rechtlichen Gehörs 215, 263 Vollstreckbarerklärung –– Ausländischer Schiedsspruch 188 –– Inländischer Schiedsspruch 154, 175 –– Rechtskraft eines Schiedsspruchs 164 Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche 274 –– Aufhebung des Schiedsspruchs im Erlassstaat 219 –– Ausländisches Exequatur 193 –– Entscheidung des Gerichts 226 –– Inzidente Anerkennung 188, 274 –– Konkurrenz des Verfahrens nach § 1061 ZPO und anderen Verfahrensarten 192 –– nach anderen Staatsverträgen 232 –– Präklusion einzelner Versagungsgründe 199 –– Prüfungsumfang des staatlichen Gerichts 230 –– UN-Übereinkommen (UnÜ) siehe UNÜbereinkommen (UNÜ) –– Verfahren 229 –– Vergleich mit der Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile 267 –– Versagungsgründe des Art. V UNÜ siehe Versagungsgründe des Art. V UNÜ –– Wirkungen des Schiedsspruchs 189 Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile 280 –– Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungshindernisse der §§ 328 ff. ZPO 255 –– Anerkennung von Gesetzes wegen 246 –– Europäischer Vollstreckungstitel 247, 253 –– Gleichstellungslehre 245 –– Kollision unvereinbarer Entscheidungen 257 –– Lehre von der Wirkungserstreckung 245
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Nachträgliche Einwendungen 266 ordre public 258 Präklusion 265 Verbot der révision au fond 259 Verbürgerung der Gegenseitigkeit 258 Verfahren nach §§ 722, 723 ZPO 254 Vollstreckungsversagungsgründe der Art. 45 ff. EuGVVO 247 Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche 154, 272 –– Ablehnender Beschluss 184 –– Antrag 177 –– Aufhebungsgründe 178 –– Aufhebung von Amts wegen 185 –– Einwendungen 180 –– Entscheidung des Gerichts 181 –– Fiktion der Abgabe einer Willens erklärung 183 –– Frist 180 –– Inzidente Anerkennung 176 –– ordre public 186 –– Rahmenkontrolle 186 –– Übrige Vollstreckungsvoraussetzungen 183 –– Verfahren 177 –– Vollstreckungswirkungen 182 –– Voraussetzungen und Verfahren 176 –– Zwangsvollstreckung 183 Vollstreckungsgegenklage 180, 212 Vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung 102 Washingtoner Weltbankübereinkommen 239 Wiederaufnahme des Verfahrens 88, 102, 163 Zuständigkeit –– bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile 247, 256 –– des Schiedsgerichts 21, 28, 57, 61, 90, 104, 191 –– des staatlichen Gerichts 28, 75, 80, 81, 82, 87, 243 –– Fälschlicherweise verneinte Zuständigkeit des Schiedsgerichts 91 –– Internationale Zuständigkeit des Erst gerichts 122, 131, 260
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Sachverzeichnis
–– Überschreitung durch das Schiedsgericht 95, 133, 217 –– Übertragung von Zuständigkeiten 28, 172, 270
–– Unzuständigkeit des Schiedsgerichts 131, 200, 205, 207, 235, 265, 277 –– Zuständigkeit des Erstgerichts 251, 256