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German Pages 1362 [1332] Year 2018
Schahname Das Buch der Könige Band 1
Abu'l-Qasem Firdausi
Schahname
Das Buch der Könige Aus dem Persischen übersetzt von
Robert Adam Pollak
Bearbeitet und herausgegeben von
Nosratollah Rastegar
Band I Bücher XX–XXXIV
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Kulturvertretung der Botschaft der I.R. Iran in Wien.
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© 2018 by Klaus Schwarz Verlag GmbH Berlin Erstausgabe 1. Auflage Cover, Konzept & Layout: Henrik Jeep Gesamtherstellung: J2P Berlin Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-87997-461-0
Inhaltsverzeichnis Zur Einleitung (Florian Schwarz) ..................................................vi Vorwort (Nosratollah Rastegar) ...................................................xiv Zur Herausgabe von Pollaks Übersetzungstext (Nosratollah Rastegar) .....................................................xx Tafel der Abkürzungen ...............................................................xxiii XX
Regierung des Iskandar ......................................................1
XXI
Regierung der Aškanier ..................................................121
XXII
Herrschaft der Sasaniden. Regierung des Ardašîr Bâbakân .....................................167
XXIII
Regierung des Šâpûr, Sohn Ardašîrs ..............................208
XXIV
Regierung des Ôrmuzd, Sohn Šâpûrs ............................214
XXV
Regierung des Bahrâm-i Ôrmuzd ..................................220
XXVI
Regierung des Bahrâm-i Bahrâm ...................................224
XXVII Regierung des Bahrâm-i Bahrâmîjân ............................227 XXVIII Regierung des Narsî-i Bahrâm .......................................229 XXIX
Regierung des Ôrmuzd-i Narsî .......................................231
XXX
Regierung des Šâpûr ḏu’l Aktâf .....................................233
XXXI
Regierung des Ardašîr-i Nîkôkâr ....................................274
XXXII Regierung des Šâpûr ibn Šâpûr ......................................276 XXXIII Regierung des Bahrâm, Sohn des Šâpûr ........................279 XXXIV Regierung des Jazdgird Bazegar (des Verbrechers) .......282
Zur Einleitung Robert Adam Pollak und seine Übersetzung des Buchs der Könige Florian Schwarz
1
Wie auch der Sinn nach Ehre sehnt und süchtet, Nichts, was dir selber innig nicht entstammt, gedichtet! (Schließlich kannst du aber auch der Welt Von Zeit zu Zeit was hinschmeißen, was ihr gefällt.) Robert Adam [Pollak], Sprüche, Die Fackel, Heft 246-247 (12.3.1908), S. 26 2
Erstmals wird hier eine vollständige deutsche Versübersetzung der sogenannten historischen Teile des Schahname von Firdausi vorgelegt. Das Schahname oder „Buch der Könige“, verfasst um das Jahr 1000 n. Chr. im Osten Irans, ist ohne Zweifel das bedeutendste epische Werk in persischer Sprache und darf zu den wichtigsten epischen Werken der Weltliteratur gezählt werden. Es erzählt die Geschichte der Herrscher Irans seit den mythologischen Anfängen bis zur Eroberung des Sasanidenreichs durch die muslimischen Araber im 7. Jahrhundert n. Chr. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert erschienen Versübersetzungen des Schahname in mehreren europäischen Sprachen, darunter eine vollständige italienische Versübersetzung des Orientalis1 2
Vollständig im Sinne der jeweils verfügbaren Standardausgaben. Pollak arbeitete auf Grundlage der Editionen von Jules Mohl, Le Livre des Rois, Paris 1838–1878 und Turner Macan, The Shah Nameh, Calcutta 1829. s. zu Firdausi und zum Schahname das Vorwort von Nosratollah Rastegar.
VI
Zur Einleitung
ten Italo Pizzi (Turin 1886–1888) und die ebenfalls vollständige englische Übersetzung der Brüder Arthur und Edmund Warner (London 1905–1925). Deutsche Versübersetzungen wie diejenigen von Adolf Friedrich von Schack und durch den Orientalisten und 3 Poeten Friedrich Rückert blieben jedoch Torsos. Im November 1994 erreichte die damalige Kommission (seit 2002 Institut) für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ein Hinweis auf ein unveröffentlichtes Typoskript einer deutschen Versübersetzung, die mit dem Kapitel zu Alexander dem Großen beginnt und bis zum Ende des Schahname führt. Sie schließt damit weitgehend die Lücke, die Rückerts Nachdichtung gelassen hatte. Der Urheber dieser meisterlichen Übersetzung ist der österreichische Schriftsteller und Jurist Robert Adam Pollak (1877–1961). Er entstammte bedeutenden jüdischen Familien in Böhmen. Unter seinen Urgroßvätern findet man väterlicherseits Leopold Juda Porges von Portheim (1784–1869, in den Adelsstand erhoben 4 5 1841), mütterlicherseits Jakob Jerusalem (1798–1857). Pollak wuchs in Wien auf, wo sein Vater Emil und sein Onkel Alfred in 6 Wien-Meidling eine namhafte Möbelfabrik betrieben. 3
4
5 6
A.F. von Schack, Heldensagen des Ferdusi, 3 Bde., Stuttgart 1877. F. Rückert, Firdosi’s Königsbuch (Schahname), Berlin 1890-95. Eine neuere Unternehmung zu einer deutschen Nachdichtung des Schāhnāme ist Helmhart Kanus-Credé, Das Königsbuch, Glückstadt 2002 ff. Alexander Fischel, Stammbaum der Familien Porges und Porges von Portheim, Cassel 1906; Zu L. Porges von Portheim s. Österreichisches Biographisches Lexikon 8:209.
Die „Vienna Sitzmöbel und Tischfabrik Emil und Alfred Pollak“ in WienMeidling existierte nach zeitweiliger Enteignung während des Nationalsozialismus auch nach dem Zweiten Weltkrieg für einige Zeit weiter; u.a. produzierte sie den berühmten „Stadthallensessel“, die 1952 von Roland Rainer entworfene Bestuhlung für die neue Wiener Stadthalle. Zur „Arisierung“ der Firma s. Ulrike Felber, Ökonomie der Arisierung: 2. Wirtschaftssektoren, Branchen, Falldarstellungen, Wien/München 2004, S. 636.
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Zur Einleitung
Anders als seine Vorgänger war Pollak kein hauptberuflicher Orientalist. Das Interesse an orientalischen Sprachen und literarischen Stoffen lässt sich allerdings in seine Studienzeit in den 1890er Jahren zurückverfolgen. Robert Adam Pollak wurde am 20. April 1877 in Wien geboren. Schon früh entwickelte er literarische Aktivitäten. Während seines Jurastudiums gehörte er einem größeren Kreis literarisch interessierter und aktiver Personen an; er kann zum weiteren Umfeld der Gruppe „Jung-Wien“ im Café Griensteidl gerechnet 7 werden. Bis in die 1930er Jahre stand er in brieflichem und persönlichem Kontakt mit zahlreichen Protagonisten der „Wiener Moderne“, darunter die Schriftsteller Arthur Schnitzler, Alfred Polgar und Richard Beer-Hoffmann. Briefe aus dieser Zeit lassen die Intensität des literarischen Schaffens Pollaks erahnen. Unter anderem erwähnt er in Briefen von 1898 an einen Freund, den 8 Frankfurter Eduard Strauß, ein „sehr schönes, dickes, großes 9 Heft“ Lyrik und ein „Roman-Drama“ mit dem Titel „Eva“. Im folgenden Jahr allerdings klagt Pollak seinem Freund, er „leide unter Skriptenanhäufung und unter dem vergeblichen Bemühen, literarische Selbstüberschätzungen bei andern und bei mir krampfhaft 10 abzuwehren. Insbesondere bei mir.“ Seine erste größere Arbeit erschien 1905 in Wien bei einem Karl Kraus nahestehenden Verleger: In aeternum: Eine Phantasie 7
Z.B. seine Briefe an Eduard Strauß vom 8.5.1898, 7.11.1898 und 25.2.1899. Die Digitalisate der hier und im Folgenden zitierten Briefe an Eduard Strauß sind unter zu finden (letzter Zugriff 3.2.2014). 8 Der Biochemiker Eduard Strauß (1876–1952) machte sich in der Weimarer Republik als Mitarbeiter von Franz Rosenzweig am Freien jüdischen Lehrhaus in Frankfurt am Main einen Namen als jüdischer Intellektueller. Nach der erzwungenen Emigration begründete er neben seiner wissenschaftlichen Forschungstätigkeit ein Lehrhaus in New York. Die im Leo Baeck Institute verwahrten Briefe von Pollak an Strauß zwischen 1898 und 1931 zeugen von einer engen Freundschaft. S. Michael Brenner, Jüdische Kultur in der Weimarer Republik, München 2000, 93ff. 9 Briefe an Eduard Strauß, 8.5., 24.5. und 7.11.1898. 10 Brief an Eduard Strauß vom 31.4.1899.
VIII
Zur Einleitung
(Wien: C.W. Stern 1905). Mit einer Veröffentlichung in Karl Krausʼ Fackel, zu deren begeisterten Lesern er seit ihrer Gründung im 11 Jahr 1899 zählte, erreichte er 1908 ein großes Publikum, doch den Durchbruch brachte sie so wenig wie im Jahr darauf die Komödie Geschichte des Alî ibn Bekkâr mit Schams an-Nahâr (Wien & Leipzig: Hugo Heller 1909), die ebenfalls von einem Verleger herausgebracht wurde, der eine wichtige Rolle in der „Wiener Moderne“ spielte. Alle Veröffentlichungen zeichnete Pollak mit dem Pseudonym Robert Adam. Als Höhepunkt seiner öffentlichen Wirkung als Schriftsteller darf vielleicht die Aufführung der Komödie „Margot und das Jugendgericht“ am Frankfurter Schauspielhaus angesehen werden. Der Direktor des Burgtheaters Anton Wildgans hatte sie im April 1931 am neugegründeten Akademietheater, dem „Studiotheater“ des Burgtheaters, angesetzt, doch 12 scheint es hier nicht zu einer Aufführung gekommen zu sein. Im Vorfeld und in Erwartung dieser (Nicht-)Aufführung zog Pollak 13 jedoch einige Aufmerksamkeit auf sich. Schließlich gelangte das Stück am 27. Mai 1931 am Schauspielhaus in Frankfurt/Main zur 14 Aufführung. Mit dem 1909 erschienenen Alî ibn Bekkâr, an dem er seit 1904 15 gearbeitet hatte, tritt Pollak erstmals mit einem orientalischen Thema (in diesem Fall 1001 Nacht) an die Öffentlichkeit. Orientalistische Interessen lassen sich mindestens in die Studienzeit zurückverfolgen. Im Sommer 1899, kurz vor dem Abschluss des Ju11 Sprüche, Die Fackel, Heft 246-247 (12.3.1908), S. 25-26. Zur Fackel s. seinen Brief an Eduard Strauß vom 31.4.1899. 12 Die täglichen Theaterprogramme der Wiener Zeitungen für 1931 verzeichnen keine Aufführung von „Margot und das Jugendgericht“. 13 Eine kuriose Meldung dazu brachte das Algemeen Handelsblad, Avonblad–Derde blad (Amsterdam) vom 15. April 1931, das die Autorschaft einem 15-jährigen Wunderkind namens R. Adam zuschrieb. 14 Die Neue Literatur 32 (1931), S. 388. Deutsches Bühnenjahrbuch 43 (1932), S. 67. Vgl. William Grange, Comedy in the Weimar Republic: a chronicle of incongruous laughter, Santa Barbara CA 1996, S. 112. Zur Aufführung und den für Pollak teilweise verstörenden Reaktionen s. seinen Brief an Eduard Strauß vom 31.5.1931. 15 Brief an Eduard Strauß vom 31.5.1904.
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Zur Einleitung
rastudiums, nennt er in einem Brief an Eduard Strauß seine Leseliste für die Sommerfrische in Aussee: Das neue bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1001 Nacht, Montesquieu, Nationalökonomie (sowie Gemächlichkeit und Flirt als weitere Som16 merpläne). Für die Zeit nach dem Examen trug er sich mit Plä17 nen, in Berlin „meine Orientalia … zu betreiben.“ In einem Brief vom November 1898 berichtet er seinem Freund Eduard Strauß, dass er „Italienisch, [und] ein bischen [sic] Orientalia“ lerne. „Nur als Übung“ überträgt er anlässlich einer Koran-Vorlesung an der Universität einige Koransuren „in mein geliebtes Deutsch“ (um allerdings im gleichen Briefzusammenhang anzudeuten, dass er eine Voltaire-Übersetzung aufgegeben habe, denn: „Ich bin kein 18 Übersetzer, ich seh’s ein.“) Als weitere Übersetzungen – offenbar alle aus dem Arabischen und im Rahmen orientalistischer Lehrveranstaltungen – erfahren wir von „Maverdij“ (wohl der Jurist und Staatstheoretiker Abū l-Ḥasan al-Māwardī, lebte 972–1058). Auch später, neben seiner beruflichen Tätigkeit, schrieb er sich als Hospitant für orientalistische Lehrveranstaltungen ein, unter anderem im Sommersemester 1937 für die Vorlesung „Neupersi19 sche Dichter“ bei Bernhard Geiger. Geiger bot bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 auch regelmäßig Übungen zum Schahname an. Pollak hatte gleich im Anschluss an sein Jurastudium eine erfolgreiche Richterlaufbahn überwiegend in Wien eingeschlagen. 1930 wurde er zum Vizepräsidenten des Handelsgerichts Wien ernannt. Schon wenige Tage nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde er am 15.3.1938 aufgrund der Nürnberger Rassengesetze seines Amtes enthoben und kurz darauf pensioniert. Die 1911 geschlossene Ehe mit Mimi (Maria) Patzner, im Sinne der Nürnberger Rassengesetze eine „Mischehe“, ermöglich16 17 18 19
Brief an Eduard Strauß vom 8.7.1899. Brief an Eduard Strauß vom 31.5.1904. Brief an Eduard Strauß vom 8.11.1898. Auskunft des Archivs der Universität Wien vom Juni und Juli 2006.
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Zur Einleitung
te es Pollak, auch während der Naziherrschaft in Wien wohnhaft zu bleiben. Seine noch weitgehend unerschlossenen Tagebücher geben interessante Einblicke in dieses Leben in behördlicher Duldung unter ständigen Schikanen und der ständigen Bedrohung durch Deportation, vor allem seit Anfang 1944, und der Präsenz des Krieges und der Nachkriegsnot im Alltag. Kurz vor Kriegsbeginn hatte Pollak den bedeutenden Althistoriker Edmund Groag (1873–1945) durch Vermittlung einer Bekannten kennengelernt, die ihn „eingeladen hatte, um zwei Zurückbleibende einander näher zu bringen. Er ist auch mit einer 20 Arierin verheiratet…“. Aus dieser Bekanntschaft entstand ein Freundeskreis, der sich regelmäßig an Sonntagen in der Wohnung von Groag traf und zu dem unter anderen der Orientalist und 21 Geograph Hans von Mžik (1876–1961) zählte. Im Mai 1945 wurde Pollak wieder in Dienst gestellt, bis er 1948 endgültig die Pension antrat. Am 23.2.1949 wurde ihm der 22 Titel eines Handelsgerichtspräsidenten verliehen. Am 26. Okto23 ber 1961 verstarb Robert Adam Pollak in Baden bei Wien. Nach Auskunft seiner Tagebücher beschäftigte sich Pollak schon 1938 mit einer intensiven Schahnamelektüre. Mit der Versübersetzung begann er im Frühling 1948, kurz nach dem Tod seiner Frau. Vermutlich schloss er die Übersetzung 1952, spätestens 1953 ab. 20 Robert Adam Pollak, Tagebücher, Österreichische Nationalbibliothek, hier zitiert nach Klaus Wachtel, „Arthur Stein (1871–1950) und Edmund Groag (1873–1945): Zwei jüdische Gelehrtenschicksale in Wien und Prag“, in: Karel Hruza (Hrsg.), Österreichische Historiker: Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Bd. 2, Wien 2012, S. 158. 21 Wachtel S. 157-159. Groag und von Mžik hatten, wie auch andere Mitglieder dieses Kreises, vor ihrer Zwangspensionierung in leitenden Positionen der Österreichischen Nationalbibliothek angehört. 22 Die Angaben zu seiner Laufbahn laut Personalblatt des Justizministeriums wurden freundlicherweise vom Österreichischen Biographischen Lexikon zur Verfügung gestellt. 23 Auskunft von Marianne Stern, Österreichisches Biographisches Lexikon, vom 28.08.1998.
XI
Zur Einleitung
Um Robert Adam Pollak gerecht zu werden, bedürfte es einer eigenen Studie, die hoffentlich einmal von berufenerer Seite unternommen werden wird. Handschriftliche Tagebücher von Pollak befinden sich in der Österreichischen Nationalbibliothek und in Privatbesitz, zahlreiche Briefe, die seine Verbindungen mit Protagonisten der „Wiener Moderne“ und darüber hinaus dokumentieren, sind in Privatbesitz und in öffentlichen Sammlungen (z.B. dem Schnitzler-Nachlass) erhalten. Diese einleitenden Bemerkungen sollen nur einer ersten Einordnung der SchahnameÜbersetzung und ihres Verfassers dienen. Dass wir nun endlich alle Teile des Schahname in zuverlässigen deutschen Versübersetzungen lesen können, ist für sich schon bedeutsam. Robert Adam Pollaks Übersetzung zeugt von seinen exzellenten philologischen Qualitäten und seiner großen wissenschaftlichen Sorgfalt, die den Text zu einem weiteren Meilenstein in der Erforschung und Rezeption des Schahname macht. Ich möchte zugleich unterstreichen, dass die Übersetzung von Robert Adam Pollak auch eine bemerkenswerte dichterische Leistung in deutscher Sprache ist. Sie verdient es, für sich und als Zeugnis der literarischen und kulturellen Umbrüche der „Wiener Moderne“ gelesen und gewürdigt zu werden. Wir sind den Erben und besonders Robert Patzner, dem Enkel von Robert Adam Pollak, zu großem Dank für den ersten Hinweis auf diese Übersetzung sowie für die Übertragung der Rechte an die Kommission bzw. das Institut für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verpflichtet. Der Großnichte Pollaks, Monika Rauer, sei für wichtige Hinweise gedankt, die bei der Einordnung des Übersetzers und seines Werkes halfen. Der Stiftungsverwaltungskommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sei für die der Kommission für Iranistik 1996 zur Verfügung gestellten Mittel für eine erste Digitalisierung des Typoskripts gedankt. Der Kulturvertretung der Botschaft der I.R. Iran in Wien gebührt besonderer Dank für den 2010 dem Institut für Iranistik zur Verfügung gestellten Druckkostenzuschuss. XII
Zur Einleitung
Seit 1996 konnte Nosratollah Rastegar, ein ausgewiesener Kenner des Schahname, an der Kommission für Iranistik (seit 2002 Institut für Iranistik) der ÖAW an der Herausgabe von Pollaks Übersetzung arbeiten. Für seine beharrliche und sorgfältige Arbeit gebührt ihm besonderer Dank. Im Lauf der Zeit ist ihm dabei eine Reihe von Personen zur Hand gegangen. Velizar Sadovski, Ewa Lewandowska und Hannes Hofmann ist für die Mitarbeit in verschiedenen Phasen der elektronischen Erfassung und Bearbeitung des Typoskripts zu danken, ebenso wie dem ehemaligen Obmann der Kommission für Iranistik Heiner Eichner und dem ersten Direktor des Instituts für Iranistik Bert G. Fragner für ihre stete Unterstützung und Förderung des Vorhabens in seinen früheren Phasen. Für die Ermöglichung der Publikation ergeht Dank an den Klaus Schwarz Verlag Berlin und seinen Geschäftsführer Gerd Winkelhane.
XIII
Vorwort Nosratollah Rastegar Vor etwas mehr als eintausend Jahren vollendete Abu'l Qasem mit dem Künstlernamen Firdausi nach fünfunddreißigjähriger ununterbrochener Arbeit sein monumentales poetisches Erzählwerk Schahname, ein Werk, das im Laufe seiner Rezeptions- und Wirkungsgeschichte wie kein anderes Werk der iranischen Dichtkunst immer wieder, und ganz besonders seit dem 19. Jahrhundert, das kulturgeschichtliche Verständnis der Iraner vom antiken Iran geprägt hat. Es ist so zu dem „iranischen Nationalepos“ geworden, als das es bereits vor mehr als 100 Jahren der Orientalist 1 Theodor Nöldeke bezeichnete. Es war nach Jahrzehnte langer Arbeit, um mit Worten Heinrich Heines zu sprechen, ein Märchen aus alten Zeiten in poetischem Hochglanz entstanden, das keinem Persischsprachigen mehr aus dem Sinne gehen sollte: S 60 basī ranǧ burdam darīn sāl sī ʿaǧam zinda kardam ba-dīn pārsī Viel Mühsal habe ich in diesen dreißig Jahren ertragen (und) habe die Iranier (ʿaǧam) mit diesem Persisch (wieder) zum 2 Leben erweckt 1
2
Theodor Nöldeke: Das Iranische Nationalepos, in: Grundriss der Iranischen Philologie, Straßburg 1896–1904, Bd. 2, 130-211. Persische Übersetzung: Ḥamāsa-i millī-i Īrān / Tiʼūdūr Nūldika. Tarǧuma-i Buzurg ʻAlawī. Bā muqaddama bi-qalam: Saʻīd Nafīsī, Našr-i Ǧâmî, Teheran Našr-i Sipihr 1369 [1990]. Übersetzung von Helmhart Kanus-Credé: Das Königsbuch. Augustin, Glückstadt Buch 1-9: 2002-3, ISBN 3-87030-127-9, ISBN 3-87030-128-7, ISBN 3-87030-130-9.
XIV
Vorwort
Firdausi, der Verfasser des „Buchs der Könige“ Über Firdausis eigentlichen Namen oder über die Identität seiner Familie ist uns nichts Sicheres bekannt, außer den wenigen autobiographischen Informationen, die er im Text des Schahname hier und da eingestreut hat. Abu'l Qasem Mansur (als Name ist statt Mansur auch Ḥasan oder Aḥmad überliefert), kurz Firdausi („der Paradiesische“), wurde zwischen 932 und 940 n. Chr. wohl im Dorf Wāž oder Bāž im Bezirk Tūs in der Nähe der heutigen Stadt Mashhad im Nordosten Irans als Sohn einer wohlhabenden Landadelsfamilie (dihqān) geboren. Er starb um 1020 n. Chr. in seiner Geburtsstadt Tūs und ist dort begraben. Anfangs war Firdausi finanziell unabhängig und konnte sich schon sehr früh in der Kulturstadt Tūs ein großes Wissen über die Geschichte und Legenden des alten Iran, aber auch über die noch junge Tradition der neupersischen Dichtung aneignen, weshalb man ihn um 975 einlud, das mittelpersische Xvadāynāmag („Königsbuch“) aus der spätsasanidischen Zeit in poetischer Form ins Neupersische zu übertragen. Diese Übertragung aber hatte eine Vorgeschichte, über die auch Firdausi Bescheid wusste. Vor ihm hatte nämlich ein Abu'l Muʾayyad aus Balkh eine neupersische prosaische Teil-Übersetzung des Xvadāynāmag unternommen. Nach Abu'l Muʾayyad entstand eine ebenfalls fragmentarische Übersetzung durch den Dichter Abū Manṣūr Muḥammad b. Aḥmad Daqīqī, der vor seinem jähen Tod nur die ersten 1000 Verse aus dem 15. Buch Guštāsp in lyrischer Form ins Neupersische übertragen konnte. Diese 1000 Verse hat Firdausi unverändert in sein Werk integriert. Vor Daqīqī gab es bereits eine erste arabische, allerdings zusammenfassende Übersetzung von Abū Muḥammad ʿAbd Allāh Rūzbih ibn Dādūya, bekannt als Ibn al-Muqaffaʿ (ca. 721–757 n. Chr.). Leider sind weder das genannte mittelpersische Xvadāynāmag noch die arabische Übersetzung von Ibn al-Muqaffaʿ oder die neupersische Prosaübersetzung XV
Vorwort
des Abu'l Muʾayyad erhalten geblieben. Insofern stellt das Schahname Firdausis innerhalb der iranischen epischen Überlieferung das einzig erhalten gebliebene neupersische poetische Erzählwerk über den antiken Iran dar. Abgesehen von einer Reise nach Bagdad verbrachte Firdausi sein gesamtes Leben in Chorasan, wo er viel umherreiste, um dabei Material für seine Arbeit zu sammeln. Er genoss zunächst die Gunst von vier wohlhabenden Gönnern (Amīrak Abū Manṣūr ibn ʿAbd-ar-Razzāq, Statthalter von Tūs, nach dessen Tod ʿAlī Dailamī Abū Dulaf sowie Abū Naṣr Warrāq und schließlich Ḥusain, Sohn von Qutaib). Durch die zunehmende Beschäftigung mit seinem Lebenswerk geriet Firdausi jedoch allmählich in finanzielle Not. Er wollte sich notgedrungen unter den Schutz des damals mächtigsten Herrschers in der östlichen islamischen Welt, Sulṭān Maḥmūd von Ghazna, stellen. So reiste er in seinem 65. Lebensjahr nach Ghazna (im Osten des heutigen Afghanistan), um dem Sulṭān sein Werk vorzulegen. Dieser hatte zwar zahlreiche Künstler und Literaten an seinem Hof in Ghazna versammelt, galt selbst aber als wenig kunstsinnig. Jedenfalls schenkte er dem Werk Firdausis kaum Beachtung. Firdausi beklagte sich, Maḥmūd habe es nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Der eigentliche Grund für die Ablehnung des Werkes lag wohl im mangelnden literarischen Verständnis des Herrschers, aber auch in den religiösen Differenzen des orthodox sunnitischen Maḥmūd mit dem sich offenbar zur Schiʿa bekennenden Firdausi. Aus diesem Grunde soll Firdausi – einer anderen Legende zufolge – nach seinem Tod auch die Beisetzung auf einem muslimischen Friedhof verweigert worden sein.
Das „Buch der Könige“: Aufbau und Charakter des Werkes Der Schahnametext beginnt mit der Einleitung Firdausis (ca. 237 Doppelverse), gefolgt von 50 überlieferten Königsbüchern (52.000 –55.000 Doppelverse), die man inhaltlich einteilen kann in a) prähistorischer, mythischer Teil (Bücher 1–13), b) halbhistorischer Teil XVI
Vorwort
(Bücher 14–19) und c) historischer Teil (Bücher 20–50). Dieser letztere Textteil, den Pollak als Vorlage für seine Übersetzung nahm, umfasst die überlieferte Geschichte der Herrschaft Alexanders über den Iran (331–323 v. Chr.), die Herrschaftsperiode der Parther-Arsakiden (247 v. Chr.–226 n. Chr.) und die umfangreiche Geschichte der Sasaniden (226–651 n. Chr.), schließend mit einer in ihrer Echtheit und ihrem Umfang strittigen Satire gegen den ghaznavidischen Herrscher, Sulṭān Maḥmūd (reg. 999 bis 1030 n. Chr.). Dieses „glorreiche Gedicht“ (nāmvar nāme), wie sein Verfasser 3 es nennt, ist von der Textsorte her eine Maṯnawī, also eine dichterische Form, in der die einzelnen Halbverse nach dem Schema AA, BB usw. gereimt sind. Sie eignet sich besonders für lange epische Gedichte. Der gesamte Schahnametext ist im Metrum mutaqārib geschrieben. In diesem dem bacchischen Vers ähnlichen Versmaß folgt jeder der beiden symmetrisch gebauten Halbverse dem rhythmischen Schema – – – – – – – (gelegentlich mit leichten Abweichungen). Über den Umfang des Schahname herrscht in der Forschung keine einheitliche Meinung. Nach einigen – allerdings in der Forschung strittigen – Versen am Ende des Schahname soll es 60.000 Doppelverse umfassen (be šiš bēvar abyātaš āmad šumār: „Seine Doppelverse zählen sechsmal zehntausend“), aber die meisten erhalten gebliebenen Handschriften bieten zwischen 50.000 bis ca. 4 56.000 Doppelverse. 3
4
ču īn nāmvar nāme āmad bi bun, Wie ans Ende gelangt mein glorreich Gedicht, zi man rōy-i kišvar šuvad pur saḫun bin ich’s, von dem das ganze Land spricht namīram az īn pas ki man zende-am, Ich sterbe fortan nicht, denn ich bin lebendig, ki tuḫm-i saḫun rā parākande-am. die Samen der Worte verstreut’ ich beständig. har ān kas ki dārad huš o rāy o dīn, Wer Verstand hat und Glauben und Wissen erworben, pas az marg bar man konad āfarīn der wird mich segnen, wenn ich verstorben. (übers. R.A. Pollak) Eine Londoner Handschrift beinhaltet dagegen sogar mehr als 70.000
XVII
Vorwort
Nicht nur in der Einleitung und in der Satire, sondern auch in den 50 überlieferten Königsbüchern finden wir immer wieder längere Abschnitte, die Firdausis eigene Meinung und Wertung der überlieferten Geschichten sowie seine philosophischen, politischen und ethischen Auffassungen wiedergeben, sodass das Schahname keineswegs als eine bloße Wiedergabe der vorislamischen Überlieferungen gelten kann. Gerade seine lehrhaften Kommentare und pointierten Stellungnahmen unterstreichen die Bedeutung dieses einzigartigen poetischen Erzählwerkes. Mit der vorliegenden Übersetzung Robert Adam Pollaks wird der umfangreiche historische Teil des epischen Meisterwerkes Firdausis (Bücher 20-50) erstmalig den deutschsprachigen Interessenten in poetischer Form zugänglich gemacht. Florian Schwarz hat in seiner Einleitung zu dieser Ausgabe dankenswerterweise die Biographie Pollaks rekonstruiert, so auch an Hand seiner Tagebücher die Entstehungszeit der hier vorgelegten Übersetzung Pollaks (1948–1952/53). Allerdings hat es außer Pollaks Werk weitere deutsche Übersetzungen aus den mythischen und den halbhistorischen Teilen 5 des Schahname gegeben. Zwar fehlt es immer noch an einer deutschen Gesamtübersetzung des Schahname, aber mit den 2010 aus dem Nachlass Friedrich Rückerts durch E.A. Bayer herausgegebenen Übersetzungen der Bücher 1-26 und dem jetzt vorliegenden Text Pollaks (Bücher 20-50) sind nunmehr die Grundsteine für eine vollständige deutsche Ausgabe gelegt worden, die neben 6 Rückerts und Pollaks poetischen Übersetzungen auch die poeti-
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6
Doppelverse, da sie auch Texte anderer im Umkreis des Schahname liegender Kleinepen wie Kok-e Kōhzād, Barzūnāme etc. einschließt. Vgl. Add. 21,103 (Rieu II, p. 533), Or. 11.842 u. 11.843 (Meredith Owens: Handlist of Persian manuscripts, London 1968). Für einige deutsche Übersetzungen siehe: Īraj Afshār: Ketābshenāsī-ye Ferdousī va Shahname („Bibliography on Firdowsi and Shahname“), Miras Maktoob, Teheran 1390 (2010/11) sowie:
Friedrich Rückert: Firdosi's Königsbuch (Schahname). Aus dem Nachlass herausgegeben. Vol. I: Sage I-XIII. Berlin 1890; Vol. lI: Sage XV-XIX, Berlin
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Vorwort
sche Übertragung Adolf Friedrich Graf von Schacks Heldensagen 7 des Firdusi (1851) berücksichtigen könnte. Dass die vorliegende Ausgabe ermöglicht wurde, verdanken wir dem Einsatz und der Unterstützung mehrerer Kolleginnen, Kollegen und Institutionen, und vor allem Robert Patzner, Enkel von Robert Adam Pollak, dem wir für die Überlassung des vierbändigen Typoskripts und der Publikationsrechte an das Institut für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu großem Dank verpflichtet sind. Mein Dank gilt auch der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die alle zum Druck erforderlichen Rechte an diesem Werk durch den Lizenzvertrag vom 14.3.2016 an mich übertrug. Ich schließe mich den weiteren Danksagungen von Florian Schwarz vorbehaltlos an, möchte aber an dieser Stelle zunächst einmal ihm selbst danken für seinen umfassenden persönlichen Einsatz bei diesem Projekt. Mein Dank gilt ebenso seinen Vorgängern als Leiter der Kommission (seit 2002 Institut) für Iranistik, Jochem Schindler (†), Heiner Eichner und Bert G. Fragner, für die Jahrzehnte lange Betreuung und Unterstützung meiner Arbeit seit 1996. Auch meinem Sohn Keyvan Rastegar und meiner Schwiegertochter Katharina Rastegar, die in den letzten 7 Jahren mich und mein Schāhnāme-Projekt juristisch bestens betreut haben, danke ich ganz herzlich. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich dem Klaus Schwarz Verlag und seinem Geschäftsführer Gerd Winkelhane und besonders seinem Mitarbeiter Henrik Jeep für die hervorragende Betreuung bei der Vorbereitung des vorliegenden Textes zum Druck und für die sorgfältige und qualitätsvolle Herstellung der nun vorliegenden vier Bände.
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1894; Vol. III: Sage XX-XXVI, Berlin 1895. Neuausgabe 3 Bde., epubli, Berlin 2010 Adolf Friedrich Graf von Schack: Heldensagen des Firdusi. Zum ersten Male metrisch aus dem Persischen übersetzt nebst einer Einleitung über das Iranische Epos. Berlin, Wilhelm Hertz, 1851, 1865, 2. Aufl.
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Zur Herausgabe von Pollaks Übersetzungstext Nosratollah Rastegar
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Die Übersetzung Pollaks beruht auf der in Paris erschienenen persisch-französischen Ausgabe von Jules Mohl, Le Livre des Rois (7 Bände, 1838–1878), und dem Calcuttaer Steindruck von Turner Macan, The Shah Name (4 Bände 1829). Am Beginn eines jeden Unterkapitels ist die Seitenzahl der Pariser Ausgabe Mohls angegeben und mit der Sigle M gekennzeichnet. Die Verszählung folgt ebenfalls der Pariser Ausgabe. Abweichungen zwischen den Ausgaben Paris (P) und Calcutta (C) sind durch Einklammerung der betreffenden Verse und mit folgenden Siglen am Rand gekennzeichnet, wobei die Verszählung von Mohl beibehalten wurde: C Diese(r) Vers(e) zusätzlich in der Ausgabe Calcutta C für (Versnummer). Dieser Vers in der Ausgabe Calcutta anstelle des entsprechenden Verses in der Ausgabe Paris P Dieser Vers nur in der Ausgabe Paris Wie aus den Anmerkungen hervorgeht, hat Pollak auch die unvollendet gebliebene Textausgabe von August Vullers und Samuel 2 Landauer sowie Fritz Wolffs Glossar zum Schahname benutzt. Ihm lagen darüber hinaus die französische Übersetzung Mohls in 1 2
J. A. Vullers, S. Landauer: Firdusii liber regum qui inscribitur Schahname. 3 Bd., Lugduni Batavorum 1877-1884, zitiert mit den Siglen (V). F. Wolff: Glossar zu Firdosîs Schahname, Berlin 1935, zitiert mit den Siglen (Wolff/W).
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dessen Pariser Ausgabe sowie die italienische Übersetzung von 3 Italo Pizzi vor. Bei der Herausgabe der maschinenschriftlich mit handschriftlichen Ergänzungen vorliegenden Übersetzung von Robert Adam Pollak (des 4-bändigen Typoskripts) wurden von mir und in der Endphase auch vom Klaus Schwarz Verlag (Henrik Jeep) mehrere Eingriffe in seinen Text vorgenommen. Zum einen wurden Inkonsistenzen hinsichtlich der Interpunktion und der Kennzeichnung verschachtelter direkter Rede (bis zu drei Ebenen) behoben. Zum anderen wurde die Schreibung der Eigennamen und anderer direkt transkribierter persischer Ausdrücke in ihren frühneupersischen Lautungen, die zum Gutteil von der heutigen modernen persischen Lesung (oder der im 19. Jahrhundert üblichen osmanisierenden Transkription, der Pollak teilweise noch treu blieb) abweichen, vereinheitlicht und moderner Transkriptionspraxis angenähert. Zugunsten einer wissenschaftlichen, philologischen Zitierbarkeit wurden richtige frühneupersische Lesungen Pollaks beibehalten, während alle anderen in Übereinstimmung mit den frühneupersischen Lesungen von Fritz Wolff in seinem Glossar, denen auch Pollak zum Teil gefolgt war, vereinheitlicht wurden. So z.B. Iskandar (Pollak: Eskender), Âzarmduḫt (Pollak: Âzerm Docht), Muḥammad (Pollak: Mohammed) etc. Wo abweichende Schreibungen für den Reim im deutschen Text notwendig sind, wurden sie beibehalten, z.B. ʿArôs / gereimt mit bloss, sonst aber ʿArûs. Pollaks prosodisch oder durch Reim bedingte und daher hier und da variierende Lesungen der Lemmata wurden soweit wie irgend möglich in der von ihm gewählten Form belassen bzw. vorsichtig angepasst, um den poetischen Klang seiner Übersetzung nicht zu zerstören. Der Rhythmus der an Firdausis Reimschema, dem Mathnavī, orientierten deutschen Doppelversübersetzungen von Pollak entspricht den prosodischen Schnitten, wie sie aus der 3
I. Pizzi: Il Libro dei Re (Shâhnâmeh), 8 Bd., Turin, 1886–1888.
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klassischen deutschen Dichtung bekannt sind, also vorwiegend Jambus oder Trochäus, seltener Anapäst und Daktylus. Dadurch bedingt schreibt Pollak (besonders an manchen Reimstellen) z.B. statt Âfrȇdûn: Âferîdûn (in der vorliegenden Aus gabe zu Âfǝrȇdûn angepasst) oder statt Afrâsjâb: Afrâsiâb (angepasst zu Afrâsǝjâb). Auch fehlerhafte Zählungen der Buchüberschriften, die Pollak von J. Mohl und F. Wolff übernommen hatte, wurden korrigiert: Buch XXIIb erscheint hier als Buch XXIII, Buchnummer XXX wurde hinzugefügt. Die Buchnummern XXXV und XXXVb wur4 den in XXXV/1 und XXXV/2 geändert. Nur an ganz wenigen Stellen sind Versteile in der Übersetzung von Pollak ausgefallen, wohl durch Versehen. Sie wurden durch eigene Nachdichtungen { } von mir (R) ergänzt. Unten sind diese ergänzten Textstellen zusammengestellt: XXXV/1 Regierung des Bahrâm Gôr Vers 165 a: {wär᾿st} (R): 165b: {hätt᾿} (R) XXXV/2 Regierung des Bahrâm Gôr Vers 201b: {das Böse auch nichts vermehren} (R) Vers 276 b: {gebrestenbefallen} (R) XXXVIII Regierung des Pêrôz, des Sohnes Jazdgirds Vers 18: {weg?} (R)
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Vgl. die Richtigstellungen Fritz Wolffs, Glossar, VI-VII.
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Tafel der Abkürzungen bay. C:
bayerisch Turner Macan, (Calcuttaer Ausgabe): The Shah Nameh, Calcutta 1829 dtsch. deutsch franz. französisch griech. griechisch lat. lateinisch M (Pagina) Jules MOHL (Pariser Ausgabe): Le Livre des Rois, Paris 1838–1878 (pers. Text mit vollständiger franz. Übersetzung) mhd. mittelhochdeutsch österr. österreichisch P (Verszahl) Jules MOHL, Pariser Ausgabe pers. persisch S Schluss-Satire in manchen Schahname-Handschriften bzw. -Ausgaben S. Seite s. siehe scil. scilicet = also, nämlich ugs. umgangssprachlich V VULLERS, J. A. Firdusii Liber Regum qui inscribitur Schahname. 3 Bd., Lugduni Batavorum. 1877–1884 vgl. vergleiche W/Wolff Fritz WOLFF, 1935: Glossar zu Firdosis Schahname [mit Supplementband: Verskonkordanz]. Olms Verlagsbuchhandlung [reprogr. Nachdruck Berlin 1935], Hildesheim, 1965 W wörtlich. In der jew. Anmerkung mit W: zitierte wörtliche Übersetzung Pollaks. wien. wienerisch
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XX Regierung des Iskandar Sie währte vierzehn Jahre.
Anfang der Erzählung. Iskandar besteigt den Thron von Îrân Preis sei ihm, der die Welt schuf, in Ewigkeit, der die Erde schuf und schuf Raum und Zeit! Von ihm kommt die Ruhe, von ihm die Bewegung, von ihm die erste und endliche Regung. Der Himmel ist sein und die Zeit und die Erde, ihm gehorcht das Weltall, was immer da werde. Vom wertlosen Halm bis zum Throne, dem wahren, dient alles, sein Sein uns zu offenbaren. Nur ihn sollst du Schöpfer der Welten nennen, nur er kann, was klar, was geheim ist, erkennen. Muḥammads Geist von ihm Segen und Ehrung und seinen Gefährten des Segens Mehrung! Den Führer aus allen Gefährten ʿAlî ernannte der grosse Prophet zum Walî. Alle waren enthaltsam mit reinen Seelen und ihre Worte sind nicht zu zählen. Jetzt wollen die Worte wir doch noch vermehren, indem wir den Weltenschöpfer verehren. Und wir ehren den König, der herrlich thront, dessen Glück hell erstrahlen lässt den Mond, den gnädig-gerechten und glanzvollen Herrn – die freudige Welt gehorcht ihm gern, dem Herrn der Keule, des Schwerts und der Hetze, dem Herrn des Behagens, der Krone, der Schätze, 7.2 Walî: Nachfolger
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dem Weisheit und Wissen und Wort in Gewalt ist der jung zwar an Jahren, an Wissenschaft alt ist, dem Weltenherrn, würdig und gütig-weis’, der Gott für die Krone zu danken weiss; sein Glanz lässt am Himmel Planeten strahlen und seine Fittiche Schatten uns prahlen. Der Grosskönig Maḥmûd, der Gold ausspendet – der Himmel sah nie einen Schah so vollendet – im Kriege macht er den Himmel erschallen, kommt ein Festtag, verstreut er Juwelen allen. Es zerrinnt das Gebirg, wenn sein Zorn entbrennt, und erzittern macht er das Firmament. Von den Vätern her ist er das Herrschen gewohnt; seiner rühmt sich die Wölbung von Sonne und Mond. In Ewigkeit bleibe sein Name erhalten! Bis zum Ende möge er machtvoll walten! Mein Gedicht beginne mit seinem Preise, wie gross er und wie gerecht und wie weise. Auf der Welt geniesst er den Ruf der Güte; Dass ihn bis zum Ende das Schicksal behüte! Sein Anblick – der Krone verleiht ihren Glanz er; vor dem Bösen ist gutes Glück ihm der Panzer. Es rühmen sich seiner die Lautern und Reinen, alle, die auf der Welt als Fürsten erscheinen. Durch sein fruchtbringend’ Glück wird der Himmel erhellt und die Erde gerühmt, weil sein Thron draufgestellt. Im Krieg ein gewaltiger Elefant, wird beim Fest er der Himmel der Treue genannt, und leuchtet am Festtag sein kluger Sinn, hebt sein Meer das Gewoge allüberallhin. Seine Beute sind Löwen im Jagdreviere, um Erbarmen flehn Raub- und andere Tiere. Am Schlachttag zerreisst seiner Keule Laut das Herz des Leun und des Panters Haut. Sein Haupt möge frisch sein, sein Herz voll Gerechtigkeit,
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die Welt nie entbehren den Glanz seiner Prächtigkeit! – Doch zurück zur Geschichte! Wir müssen dies lassen, um die alte Sage in Verse zu fassen. Iskandar bestieg seinen Thron und sprach: »In der Seele des Schahs sei Vernunft stets wach! Gott allein verleiht den Sieg auf der Welt; der König ist schlecht, dem die Gottesfurcht fehlt. Unser Gutes und Böses geht sicher vorbei, aus den Klauen des Schicksals kommt niemand frei. Wer immer zu diesem Empfangsaal sich kehrt, weil er von uns gegen uns Recht begehrt, zur Empfangszeit sei’s, sei’s um Mitternacht, es wird ihm Bescheid, wie den Mund er aufmacht. Wer Siege erringend uns brachte in Flor und erschloss des siegreichen Glückes Tor, als Untertan hat auch Anteil er an Gebirg und Wüste, an Land und an Meer. Fünf Jahre lang fordern wir keinen Tribut, es sei denn wenn wer als Rival sich auftut. Der Arme erhält von uns zahlreiche Gaben und wir fordern von denen nichts, die etwas haben.« Als Iskandar die gütigen Worte sprach, war Gerechtigkeit in dem Könige wach. Zum Preise vereinigte Îrân sich ganz des Gerechtigkeit übenden Fürsten des Lands. Die Versammlung ging hierauf auseinander. Und mit seinen Räten sass Weltherr Iskander.
Brief Iskandars an Dilârâj, Mutter der Rôšanak Auf seinen Befehl trat ein Schreiber hervor mit Seide von Čîn und romäischem Rohr. Als der Schreiber das Rohr zum Schreibrohr gespitzt, an die Mutter der Rôšanak schrieb er itzt: »Gott geb’, dass der Lohn dir der Guten nicht fehle, nach dem Leid geb’ er dir die Ruhe der Seele! Ich hab’ dir schon vordem ein Schreiben gesandt,
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in dem sich eine Menge von Ratschlägen fand, als aus dem Leben geschieden dein Gatte, den sein eigener Diener ermordet hatte. Nach Königsbrauch macht’ ich das Totenkleid. Vom Schmerz um den Weltenherrn bin ich befreit. Vor dem Kriege verlangte ich oft den Frieden; 50 er schloss ihn nicht mehr, weil ihm Frist nicht beschieden. Selbst sein Feind scheute vor seinem Blut zurück. Gott weis ihm den Weg nun zu Edens Glück und lass ihn am Orte der Guten verweilen und treff’ seine Feinde mit giftigen Pfeilen! Aus den Klauen des Tods findet niemand den Retter, denn er ist der Herbststurm und wir sind die Blätter. Die Welt muss sich gänzlich vor euch jetzt beugen. Für Dârâs Verfügung gibt’s zahlreiche Zeugen, dass er Rôšanak mir gab und dass er sprach: 55 ›So ein Mädchen gehört in dein Frauengemach.‹ Nunmehr mit den Dienerinnen und Ammen, die von Îrâns Grossen und Reichen stammen, schickt sie eilig mir zu, dass ich sie mir vermähle; ihr läutert dadurch meine dunkele Seele. Seid achtsam, bis Isfahân kommt in Sichtung, versendet Späher in jegliche Richtung sowie auch Beamte mit Recht und Verstand, die von Dârâ, Sohn Dârâbs, einst wurden ernannt. Wenn ihr dorthin nicht wollt, gebt Befehle nur: 60 euch liegt offen die ganze îrânische Flur. Mit Friedlichkeit erfüllt euer Herz! Lasst als Dârâ mich gelten allerwärts!« Auch an Rôšanak schrieb er so einen Brief, da das Wort von der Spitze des Rohrs ihm lief. Zum Ersten sagt’ er dem Schöpfer Preis, der die Welt hält und aufzieht und der alles weiss; und zweitens schrieb er: »Der Fürstennatur entstammen ganz reine Menschen nur, herzerfreuender, kluger, bescheidener Art, 65
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deren Rede sehr schön ist, die Stimme sehr zart. Dein Vater hat dich unserer Hut übergeben; mit dem Rufe der Güte schied er aus dem Leben. Kommst du erst in mein Frauengemach hinein, sieh zu, du wirst meine Eroberin sein, das Haupt aller Frauen, der Schmuck meiner Krone, Erleuchtung dem Armreif und Elfenbeinthrone. Wir schrieben der Mutter, dass sie auf die Reise zu uns dich sende in würdiger Weise nach dem Brauche bei Königskindern: voran geh’ dem Zuge der Mȏbad von Isfahân, Elefantensitz und Krondienerschaft und aus der du dir einst Milch und Honig beschafft. In den Frauengemächern hab hell-frohen Sinn, im Schlafgemach bist du die Herrscherin. Immer seien dir Liebe und Scham gesellt und mein Schlafgemach sei dir die heimliche Welt.« C für 73 (Mein Wunsch ist, dass dich des Schicksals Gnaden in Zukunft bewahren vor Feind und Schaden«) Ein Philosoph kam daher wie der Wind und verlas des Weltkönigs Worte geschwind.
Antwortschreiben an Iskandar von Dilârâj
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Als Dilârâj all diese Worte vernahm, 75 war’s wie kalter Schauder, was sie überkam. Aus den Augen regnete ihr das Blut wegen Dârâs, der unter der Erde nun ruht’. Einen Briefschreiber rief sie zu sich heran, indes Blut von den Wimpern zur Wange rann. Auf jenen Brief schrieb sie Antwort zurück und setzte die Worte mit Sinn und Glück. Sie begann erst den Weltenherrn zu preisen, den Herrn aller Ruhe, den Guten und Weisen. Zweitens schrieb sie: »Vom kreisenden Schicksal getrieben, 80 von welchem der Kampf kommt wie Frieden und Lieben, haben Dârâs Glanz wir sämtlich begehrt,
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XX Regierung des Iskandar
seinen Namen mit unseren Reden geehrt. Doch jetzt, da sein Leben gekommen zur Ruhe und zu seinem Palast ward die hölzerne Truhe, jetzt wünsch’ alles Gute der Welt ich dir ganz, so Grösse wie Sieg und des Königstums Glanz. Die Welt möge nach deinem Wunsch sich gestalten; was offenbar ist, will geheim ich nicht halten. Ich vernahm alles, was du geschrieben mit Liebe – dass der Himmel lang deiner froh verbliebe! – vom Grabmal des Dârâ und von Mâhjâr, der Bestrafung des Bösewichts Ǧânûsjâr: wenn jemand vergiesst das Blut seines Herrn, dem sei seines Lebens Ende nicht fern! Nach Frieden, sagst du, ging stets dein Streben und du hättest viel Friedensratschläge gegeben: bei Königen suche nie Fügsamkeit noch bei Gekrönten Knechtsschmiegsamkeit. Jetzt bist du’s, der an Stelle des Dârâ thront; die Sonne ging unter, du bist uns der Mond. Auf der Welt gescheh’ alles nach deinem Gefallen; dein Name steh’ stets auf den Königshallen! Wenn zweitens von Rôšanak spricht dein Brief, so rührte dein Wunsch mich freudig und tief. Sie ist deine Dienerin, wir sind Knechte, wir beugen uns, was auch dein Wille sein möchte. Sie sendet dir Grüsse und schrieb überdies einen Antwortbrief wie das Paradies. Da dich nun erwählt hat der Herrscher der Welt, wagt’s niemand, dass dir er entgegen sich stellt. Einen Brief schrieben wir an alle Vasallen, dem Adel des Lands und den Kriegern allen, dass Dârâs Befehlsmacht jetzt deine sei und dass keiner der Pflicht gegen dich sei frei.« Gar viel aus dem Schatze und Beutel mit Geld und Sklaven bekam, der den Brief bestellt. Kaum war der zu Iskandar zurückgekommen,
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so erzählt’ er, was er gesehn und vernommen, vom Thron und vom Brauch und vom Königsgemach, du meintest, es lebe am Ort noch der Schah. Iskandar hörte ihm freudenvoll zu und setzte die Krone auf’s Haupt sich in Ruh’.
Iskandar nimmt Rôšanak zur Frau
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Aus ʿAmmûrîje rief seine Mutter er her, dann sagte ihr Dârâs Verfügung er. Er sagte ihr: »Reise zu Dilârâj! Zur Schönheit forme die Worte neu! Besuch Rôšanak in dem Frauenhaus! Siehst du sie, richt ihr tausend Grüsse aus! Bring ihr Halsband und Armreif und Ohrgehänge 105 und ein Diadem voll Juwelen in Menge, hundert Mäuler, beladen mit Teppichlasten, zehn Kamele voll Goldbrokat und Damasten; bring auch dreissigtausend Dinar zur Versendung aus dem Schatze in Beutel zum Zwecke der Spendung; bring dreihundert Mägde aus Rûm ungefähr und brauchst du noch mehr, nun, so bring eben mehr; in der Hand einer jeden ein Becher, ein schwerer, nach dem Brauche der guten Chosrau-Verehrer; du selber nimm Diener mit auf die Reise; 110 weich nicht ab von altbräuchlicher Königsweise.« (Wie er alles geordnet, so ward es getan; sodann trat die Mutter die Reise an.) Sie nahm Dolmetscher mit, die sie aufgedungen, und zwar zehn Philosophen mit süssen Zungen. Als zur Stadt Isfahân sie gekommen war, zog von Edlen entgegen ihr eine Schar; aus der Halle trat Dilârâj in die Mitte ihrer Edelleute nach heimischer Sitte. In dem Vorsaal ward Geld so verschwenderisch beschert, dass im Auge der Leute tief sank sein Wert. In der Halle sassen sie dann mit den Räten; 115
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alle Edlen waren zusammengetreten. Eine Brautausstattung wurde bestellt; das erregte sämtliche Märkte der Welt. Ein Zug farasangenweit von Dromedaren mit goldenen, silbernen, färbigen Waren, mit Kleidern und Decken, den aufzubreitenden, mit Schleiern und Teppichen, hinzuspreitenden; mit goldenem Zaum manch arabisches Pferd, in goldner Scheide manch indisches Schwert; und Panzer und Helme und Rüstung der Rosse, gewichtige Keulen und Dolch und Geschosse; noch nicht und schon zugeschnittne Gewänder – so viele sahn niemals noch alle die Länder! (an Holz und an Ambra und Moschus so viel, dass Glut alle Feinde davon überfiel). Sie liessen die Dienerschaft vor dem Palast vierzig goldene Sänften rüsten in Hast, eine Sänfte mit Schirm und mit Dienerin – da sass Rôšanak frohen Herzens darin. Vom Palast der Dilârâj den halben Weg weit gab es Seide und Ross, Diadem und Geschmeid’. Wie zur Stadt Isṭachr kam Rôšanak, ging entgegen, wem an seinem Ansehen lag. In der Stadt wand Guirlanden man allerwärts, die Lippen voll Lächeln, voll Blut das Herz. Auf den Seidenschirm streute man Gold zuhauf und goss dann den reinsten Moschus darauf. Als die Schöne trat in das Frauengemach, da blickte sie lang an Iskandar der Schah, dieses schöne Gesicht und die hohe Statur, als erzog sie mit Liebe die weise Natur. Als die Mutter sie setzt’ auf den goldenen Thron, da floss dem Iskandar die Seele davon. Sie sassen zusammen nun volle acht Tage und er beriet mit ihr Frage auf Frage. Nichts als Milde und edelste Züchtigkeit,
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als Würde, Verstand und Bescheidenheit bemerkt’ er bei ihr, soviel er auch schaute, sodass er in Liebe mit ihr sich traute. Man brachte zur Spendung aus Îrân Dinare und viele Juwelen, fast unschätzbare. Und Îrân und Tûrân und Čîn, alle Länder wünschten Glück zu der Frau dem Kaiser Iskander. Mit Gerechtigkeit wurde die Welt behandelt, was wüstes Land war, in Kulturland verwandelt.
Traumgeschichte des Kaid, des Herrschers von Qannûǧ Der Pahlawî-Sänger fährt also nun fort – Erstaunen erfasst dich, vernimmst du sein Wort –: Einen Schah gab’s der Inder mit Namen Kaid, voll Klugheit und Güte und Fröhlichkeit, mit dem Herzen der Klugen, der Edlen Witz, der Würde der Priester, der Könige Sitz. Zehn Nächte hindurch hat ihm Nacht für Nacht ganz erstaunliche Traumgeschichte gebracht. Die in Indien Männer der Wissenschaft waren, wer immer in Wissen und Wort war erfahren, die sollten, befahl er, zusammentreten zur Versammlung von Wissenschaftlern und Räten. Seine sämtlichen Träume legt’ er ihnen dar, was geheim war, das machte er offenbar. Doch auf eine Deutung kamen sie nicht, voll Gedanken ihr Herz und ganz fahl ihr Gesicht. Einer sprach da zu Kaid: »Oh König, verständig, und bei dem das Gedächtnis der Fürsten lebendig, ist einer der Edlen, Mihrân mit Namen, dessen Wünsche durch Wissen zum Ziele kamen. In der Stadt hat er weder Nahrung noch Bette; bei den wilden Tieren hat er seine Stätte; die Pflanzen der Berge nur müssen ihn nähren, mit Leuten wie uns will er gar nicht verkehren. 9
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Umgang sind ihm Gazellen und wilde Ziegen so Heimat wie Menschen lässt links er liegen. Von den Dingen der Welt kann ihn gar nichts gefährden; er verehrt seinen Gott und ist glücklich auf Erden.« Also sprach Schah Kaid zum Gelehrten: »Den Frommen zu übergehn, das könnt’ uns nicht frommen.« Und der Schah bestieg auch sein Ross sofort; der Ruf des Mihrân trieb ihn weg vom Ort. Die Gelehrten machten sich ihm zu Begleitern, um den Heerführer etwas aufzuheitern. Als der Feldherr kam zum gelehrten Mihrân, bracht’ er seine Fragen geziemlich an; er sprach: »Teurer Mann, der du Gott verehrst und im Gebirg unter Schafen verkehrst, leih du meinen Träumen genauest dein Ohr und raff deinen Geist zu der Deutung empor! So wiss: eines Nachts ganz vernünftig und rein schlief ich ohne Bangen und Furcht ruhig ein. (keine Sorge im Herzen noch Eile im Sinn, es war niemand mit mir in dem Schlafzimmer drin; mehr als die Hälfte der Nacht war verstrichen, doch die Nacht noch nicht dem Morgen gewichen). Ein palasthohes Zimmer erblickt’ ich, drin stand ungeheuer, ergrimmt, ein Elefant; keine Zimmertür sah ich noch Schlossestor, wie ein enger Spalt nur klaffte davor, wie der Wutelefant aus dem Spalt heraus kam, ohne dass durch die Enge er Schaden nahm, wie sein greulicher Leib passierte das Loch, im Zimmer zurückblieb sein Rüssel jedoch. In der zweiten Nacht schaut’ einen Thron ich, der bar des glückhaften Herrschers gelassen war; einer setzte sich auf den Elfenbeinthron und sich auf das Haupt die strahlende Kron’. In der dritten erwartet’ den Schlaf ich kaum; ein schön-weisses Laken erblickt’ ich im Traum;
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vier Männer sah ich an dem Laken hangen, vom Zerren waren ganz blau ihre Wangen; doch nirgends zerriss das Laken vom Zerren noch wurden vom Zerren ermüdet die Herren. Und viertens sah ich, oh Edler: es stand ein Mann voller Durst an des Stromes Rand, ein Fisch aber goss das Wasser auf ihn und der Durstige schien vor dem Wasser zu fliehn; der Mann sprang davon, ihm nach lief die Flut; was sagst zu dem Traum du, der uns es meint gut? Das Fünfte, das ich im Traume ersah, das war eine Stadt, die dem Wasser ganz nah; aller Leute Augen waren dort blind, keiner war ob der Blindheit doch trübe gesinnt; von Geben und Nehmen und Kauf und Verkauf meintest du, die ganze Stadt leuchte auf. Sechstens sah eine Stadt ich, drin sämtliche Leute, verehrtester Meister, der Krankheit Beute; wie sie einen Gesunden zu fragen sannen und mit ihrer Fragestellung begannen, der sprach: ›Wie gerietst du inmitten der Schmerzen, der Leib voller Krankheit, Blutfülle im Herzen?‹ Da ergoss sich die Seele der Kranken in Fragen; sie wollten, er solle ein Heilmittel sagen. Als die siebente Nacht zur Hälfte verfloss, sah ich auf dem Gefilde ein weidendes Ross mit Füssen, Händen und Köpfen zweenen und Gras scharf haltend mit seinen Zähnen; zum Fressen benützt’ es ein doppeltes Maul, doch besass keinen Weg zur Ausfuhr der Gaul. In der achten, oh Frommer, sah ich auf dem Feld drei Gefässe der Reihe nach aufgestellt, voll Wassers zwei, doch das mittlere leer; drüber zogen mit Dürre die Jahre daher; zwei Brave liessen sich’s nicht verdriessen, kaltes Wasser aus den zwei vollen zu giessen;
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doch wurde dadurch nicht vermindert das Wasser noch auch der Rand des trocknen Krugs nasser. In der neunten sah ich im Schlaf eine Kuh am Wasser im Gras in der Sonne in Ruh; davor stand ein ganz kleines Kälbelein, den Leib ganz mager und dürr ohne Schein; von dem saugte die Milch jene Kuh, obwohl stark und gross und das Kalb ohne Kraft und Mark. Willst dem zehnten Traum du das Ohr auch leihn und bist du’s nicht müde, gedenk’ ich auch sein: eine Quelle sah ich auf weiter Fläche; allüberallhin entströmten ihr Bäche; das Gefild war ganz nass vom Wassergefälle, doch vor Trockenheit dürr war das Ufer der Quelle. In der Deutung sei klar das Verborgne gestellt, das hernach sich ereignen wird auf der Welt.«
Mihrâns Antwort an Kaid
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Als Mihrân diese Worte des Kaid vernahm, da sprach er: »Der Traum schaff dem Herzen nicht Gram! Dein Ruhm wird geringer nicht, als er war, noch auch droht diesem Königreiche Gefahr. Ein gewaltiges Heer führt Iskandar heran, auserlesene Helden aus Rûm und Îrân. Willst du Ehre bewahren in künftiger Zeit, sei Verstand dein Freund und den Krieg vermeid. Auf der Welt sind dein Eigen vier Wunderdinge, 195 wie keiner sie sah, weder gross noch geringe: Vorerst deine Tochter, die, ein Paradies, deine Krone auf Erden hell leuchten liess. Ein Geheimphilosoph ist das zweite, der stet dir alles Geheime der Welt verrät. Das dritte ein Arzt, der hochverehrt ist und grossen Ruf geniesst, weil er gelehrt ist. Das vierte ein Becher: giesst du Wasser hinein, so erwärmt’s weder Feuer noch Sonnenschein
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und es wird auch durch das Trinken nicht minder. Durch die Dinge da mach seinen Zorn gelinder. Wenn er kommt, denk nicht an kriegrische Pläne, wenn du willst, dass den Aufenthalt er nicht dehne. Du hieltst seinem Heere nicht lange stand, seinen Mitteln und Schätzen und ganzem Land. Diesen Plan halt für glücklich ich in deiner Lage. Nun erledig ich weiter die Traumgesichtsfrage. Du erblicktest ein Zimmer; aus engem Spalt kam ein Elefant ohne Aufenthalt. (Allein dass der Rüssel verblieb am Ort; hör die Deutung vom Träumedeuter sofort.) Nun wisse: die Welt bedeutet dies Zimmer, der Elefant ist ein Schah, ein undankbarschlimmer, der stets ungerecht handelt und Unwahres spricht; er hat ausser dem Namen was Schahhaftes nicht. Was zweitens von Krone und Thron sah dein Blick, einer schwand, einen andern bracht’ das Geschick: so ist’s, dass der Lauf der unseligen Welt den einen hinwegträgt, den anderen hält; im Herzen gemein und der Leib ohne Kraft und heftig und wirr in der Leidenschaft – sind die Untertanen freudiggesinnt, wird das Herz des Schahs gramvoll, die Lippe voll Wind. Was du drittens sahst, das rein-weisse Laken, das vier reine und kluge Gestalten packen, wobei weder das Laken zerriss durch das Zerren noch auch müde wurden die zerrenden Herren: wiss, das weisse Tuch ist der Gottesglaube und jene vier zerren, dass niemand ihn raube; der erste, des Dihqâns, verehrt das Feuer, den Priesterstab fasst nur mit murmelnder Scheu er, der zweite ist jüdisch, des Mûsâ Lehre, der befiehlt, dass man ihn nur lobe und ehre, der dritte der jonische Glaube, der rein Gerechtigkeit flösste dem Herrscher ein,
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der vierte ein reiner arabischer Glaube, das Haupt der Vernünftgen hebt er aus dem Staube; sie zerren und ziehn nach verschiedenen Seiten, ob des Glaubens beginnen sie feindlich zu streiten; hernach aber naht ein wohledeler Mann aus der Wüste speerschwingender Reiter heran, ein Mann voll gütigen Wesens und Reinheit, der dem Glauben gibt vierseitige Einheit. Nun der Dürstende, der vor dem Wasser flieht und den ein Fisch mit Wasser versieht: dereinst wird ein Reiner in Missachtung sinken, sowie er das Wasser des Wissens wird trinken; er wird dann so sein wie ein Fisch im Meer – und sein Haupt hebt der Böse zum Sternenheer – alle Dürstenden ruft er zur Wasserflut worauf keiner mit Wissen Bescheid ihm tut; sie fliehn vor dem Wissenschaftsprüfer und öffnen insgesamt zum Bösen den Mund. Und fünftens schautest du eine der Städte, errichtet darin eine Arbeitsstätte, mit Kauf und Verkauf, Geben und Verzehren, als ob vom Geschick sie geblendet wären; aus Blindheit hat einer des andern nicht acht und zieht auch den andern nicht in Betracht; eine Zeit wird kommen, und wenn sie erschienen, wird der Weise als Knecht dem Unwissenden dienen; wer gelehrt, wird bei ihnen von Not heimgesucht, denn der Baum der Vernunft trägt bei ihnen nicht Frucht; der Unwissenden Lobredner wird er sein und die Lobenden stellen bei ihnen sich ein; doch es weiss um den Trug wohl jener, der spricht, und jener Verehrung gibt Glanz ihm nicht. Und sechstens: einer, den Siechtum plagt und der deshalb den Gesunden befragt: es wird kommen die Zeit, da der Arme in Pein
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im Auge des Reichen wird niedrig sein; doch wie hilflos er um den Besitzenden streicht, wird ihm trotzdem von diesem garnichts gereicht; er wird ihm dann gratis Dienste präsentieren oder aber als wertloser Sklav’ existieren. Und siebtens sahst du zweiköpfig ein Ross, dessen Leib für die Nahrung war ausgangslos: eine Zeit wird kommen, da jedermann hat an den Gütern Lust und wird niemals satt; weder findet ein Armer Anteil daran noch ein Wissenserforscher und ruhmvoller Mann; sie haben Genüge an sich allein und suchen auch niemandem hilfreich zu sein. Achtens nahmst du drei Wassergefässe wahr; eines davon blieb leer immerdar, zwei mit klarem Wasser gefüllt, in der Mitte war hingegen ganz trocken und dürr das dritte: das Schicksal bringt es mit sich hernach, dass der Arme wird niedrig werden und schwach; wenn die Wolke den Frühling mit Wasser füllt und dem Armen die Sonne am Himmel verhüllt und der Regen geht nieder nur anderwärts, dann wird wund von Schmerzen der Armen Herz; die Reichen schenken nicht anderweitig, sondern süss-glatter Zunge nur gegenseitig; der Arme mit trockener Lippe schmachtet und verbringt seinen Tag, wie wenn es nachtet’. Und neuntens jenes gesund-kräftige Rind, das vom mageren Kalbe die Milch gewinnt: wenn der Kȇwân im Sternbild der Waage hält und unter die Kraft des Arms kommt die Welt, will die Sache des Kranken und Armen nichts taugen und es weiss der Gesunde ihn auszusaugen; er eröffnet ihm nie seines Schatzes Tür, jener müht sich, aber er kriegt nichts dafür. 249 Kȇwân: Saturn
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Und zehntens sahst du eine trockene Quelle und ringsum wie Moschus ein Wassergefälle; weder lief aus ihr irgendein Wasser hell noch war der Wasserlauf irgendwie schnell: zu derartigen Zeitläuften kommt es hernach: da wird auf der Welt hier leben ein Schah, dem die Wissenschaft immerzu bleibt verborgen und dessen finstere Seele voll Sorgen; die Welt wurde düster, da er sie so mühte, seine Schatzkammer ist Jahr und Mond leer von Güte; er erneuert dabei sein Heer allezeit, auf dass es der Krone Glorie verleiht; schliesslich bleibt weder Heer noch der König auch und es kommt ein Herrscher mit neuem Brauch; durch ihn wird die Welt vor dem Bösen gefeit und durch ihn erstrahlt Gottes Herrlichkeit. Nun ist’s die Zeit, da Iskandar lebt, überm Scheitel der Fürsten als Krone schwebt. Die vier Dinge magst du, wenn er kommt, ihm verehren; er wird, glaub ich, weiterhin nichts mehr begehren. Er zieht sicherlich ab, stellst du ihn zufrieden, da nach Wissen er forscht und Verstand ihm beschieden. Von den Königen der Welt kennst du keinen der Art noch von Priestern und solchen, die klug und gelahrt, der durch Sinn und Wissen und Tugend und Würde allüberall immerzu siegreich sein würde.« Als von Mihrân vernahm diese Worte Kaid, da erblühte frisch ihm die alte Zeit; er versetzte ihm Küsse auf Augen und Wangen und ist froh-beruhigt dann weggegangen. Als der Schah von dem Weisen reiste weiter, da waren Gelehrte seine Begleiter.
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Iskandar führt ein Heer gegen Kaid
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Als Iskandar Îrân gut ins Auge gefasst, da wusst’ er, sein Eigen sei dieser Palast. Gegen Kaid den Inder führt’ er ein Heer, auf Wegen und Schleichwegen zog er einher. Wo nun immer Iskandar auch eingetroffen, standen alle Tore der Städte offen; nichts Mannhaftes fand er in all diesen Städten; sein Helm überragte den Venusplaneten. Einer grossen Stadt war er schliesslich genaht, die Kaid der Starke nannte Mîlâd; hier führte das Heer hinab er, es waren übers ganze Land verbreitet die Scharen. Auf den Sitz vor dem Throne Iskandars beriefen sie sodann einen kundigen Schreiber von Briefen. Einen Brief schrieb er nun, an Kaid gerichtet, wie ein Löwe, den es nach Beute süchtet: »Von Iskandar dem König, der sieggewohnt als Herr des Schwerts mit Juwelen thront«. Den Brief leitet’ erstlich das Lob jenes ein, der durch Wissenspflege sein Herz wäscht rein, »der die minder gefährliche Handlung erwählt, wenn er will, dass er Frucht durch die Mühe erhält. Er möge zum reinen Gotte sich wenden, denn Hoffnung wie Furcht kommt aus seinen Händen. Er wiss, dass der Thron durch uns Macht gewinnt und dass wir des Weltenherrn Schatten sind. Es sei dieser Brief dir nun zugestellt, dass er deine düstere Seele erhellt. Hast du ihn vom Schreiber dir vorlesen lassen, hüte dich, einen falschen Entschluss zu fassen. Kommt die Nacht, so erwart nicht, es werde hell. Zu rechter Zeit neige dich meinem Befehl. Tust du nicht, was ich sagte, so wiss, ich tu’s. Haupt, Thron und Krone zertritt dir mein Fuss.«
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Antwortschreiben an Iskandar von Kaid dem Inder durch Botschaftssendung der vier Wunderdinge Als der Brief ankam, der an Kaid geschickte, und als dieser des Königs Gesandten erblickte, begann zu begrüssen er ihn und zu preisen und ihm einen Sitz bei sich anzuweisen. Er sprach: »Ich bin froh über sein Verlangen; vom Vertrag wird von mir niemals abgegangen. Doch unvorbereitet komm’ ich nicht gerannt solcher Weise, den Nacken emporgewandt. Es gefiele auch nicht dem Schöpfer der Welt, sowie’s jenem Herrscher der Erde missfällt.« Zur selbigen Zeit rief den Schreiber er vor, begehrt Seide von Čîn und indisches Rohr; der Antwortbrief, den er schreiben liess, war ausgeschmückt wie ein Paradies. Als Erstes pries er den Schöpfer der Welt, der den Sieg und das Schicksal in Händen hält, der die Rechte lenkt und der Gnade schenkt und mit Mannheit und Recht und mit Tugend bedenkt. Und zweitens: »Vom hochedlen König seh’ keinen ich wenden das Haupt von allen den Reinen. Es möge uns niemals ein Leid widerfahren vom Herren des Throns und des Schwerts und der Scharen! Ich habe vier Dinge, die sonst auf der Welt offen oder geheim niemand eigen hält, noch wird solcher Art auf der Welt nach mir irgend jemand besitzen der Dinge vier. Befiehlt es der König, will ich sie ihm schicken und damit sein ganzes Wesen erquicken; hernach, ist solches des Königs Begehren, komm’ ich selbst, um ihn wie ein Sklav’ zu verehren.«
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Iskandar schickt den Abgesandten zurück, um die vier Wunderdinge zu holen Der Gesandte, der wie der Wind so schnell lief, sagte, was er gehört, und bestellte den Brief. Iskandar sprach zum Gesandten: »Kehre sofort zurück zu dem Manne der Ehre und frage: ›Was ist’s denn, was auf der Welt offen oder geheim niemand eigen hält? Wir sahn alle Wesen, wo immer sie wären; der Weltallschöpfer will sie nicht vermehren.‹« Der Gesandte, vom König zurückgesandt, legt den Weg zurück wie ein Feuerbrand. So sprach er zu Kaid: »Die vier Dinge, die auf Erden besessen jemand noch nie, der König möcht’ wissen, was die wohl sei’n; denn Nichtgesehnhaben ist gleich Nichtsein.« Als Kaid dies vernahm, liess vom Saal er abtreten alle Fremden und setzte sich zu den Räten; vorne liessen sie sitzen den Abgesandten, dem sie allerlei Höflichkeiten zuwandten; worauf zum Gesandten der Schah schliesslich sprach: »Ich hab’ eine Tochter im Frauengemach; ihr Gesicht ist so herrlich, dass vor seinem Glanz sich verdunkelt die Mittagssonne ganz; eine teerfarbne Fangschnur ihr Lockenhaar, und Milchduft entströmt ihrem Lippenpaar. Die Zypresse vor ihrem Wuchs erscheint krumm; wenn sie spricht, so streut sie Perlen herum; ihr Anblick macht den Verstand entfliehn, ihr Wissen vermag den Verstand zu erziehn; die Seele der Scham ist sie, wenn sie schweigt; so etwas hat nie auf der Welt sich gezeigt; sie ist Gottesverehrerin, königsentsprossen; bescheidene Keuschheit ist in ihr beschlossen. Ich hab dann einen Becher: füllst den du mit Wein
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und schüttest du kaltes Wasser hinein und sitzt du zwei Tage im Kreise der Zecher, so wird nicht vermindert der Wein im Becher. Der Becher gibt dir kaltes Wasser und Wein; durch Trinken tritt keine Verminderung ein. Das dritte, das ist ein Arzt neuer Art; er stellt Krankheiten fest, wenn den Harn er bestarrt. Wenn er Jahre lang bei dem Herrscher sich findet, kommt’s nicht vor, dass dieser vor Schmerzen sich windet. Den Leuten geheim halt’ ich als Nummer vier einen Philosophen; der lebt bei mir; er erklärt dem Schah alles künftige Sein, das Kreisen der Sonne, des Mondes Schein.« Es kehrte zurück der Gesandte, der werte, (er war auf dem Wege des Windes Gefährte. Er erstattet Bericht dem Herrscher der Länder); wie die Rose erblühte das Herz des Iskender. Er sprach: »Die vier Dinge, hast wahr du erzählt, wären soviel wert wie die ganze Welt. Wenn er die wirklich mir überstellte und so meine dunkle Seele erhellte, dann trät’ ich mit Füssen nicht sein Reich, sondern in Güte verliesse ich’s gleich.«
Iskandar schickt neun Sachverständige zur Besichtigung der vier Wunderdinge Von Romäern erwählte er einige Männer, verständige und ganz harmlose Kenner. Drauf schrieb einen Brief der König an Kaid voll Farbe, Duft, Bildern und Höflichkeit: »Neun meiner eignen hochedlen Getreun, welterfahrne geheimnisbewahrende Neun, voll Einsicht, Erfahrung, Verstandeskraft, voll Würde und Rates und Wissenschaft, diese send’ ich hiemit dir zu alle neun, 20
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die deinen feinscharfen Geist nicht scheun. Warte, bis sie an Ort und Stelle erschienen, dann zeig die vier Wunderdinge ihnen. Bekomm’ einen Brief ich von meinen bestallten Historikern, diesen verlässlichen Alten: ›Unsern Augen sahn wir vorübergehn die vier Dinge, die niemand noch je hat gesehn‹, alsdann schreibe ich einen Brief auf Seide: 335 ›Lebenslang gehört Indien König Kaide‹«. Die neun romäischen Wahrheitsfinder verliessen Iskandar und kamen zum Inder. Als die vornehmen Männer erblickte Kaid, da fragte er viel und vernahm den Bescheid. Nachdem sie geziemende Ehrung empfahn, wies er ihnen sehr reiche Gemächer an. Andern Tags, als den Himmel Gelb überflog und die Sonne ihr mächtiges Schlachtschwert zog, da schmückte die Tochter des Königs man herrlich – 340 doch den Mond zu schmücken war höchst entbehrlich –, in’s Zimmer stellte den Goldthron man hin und ringsum ordnet’ man Schmuck von Čîn. Auf den Thron setzte sich das Sonnengesicht; so strahlend ist Venus am Himmel nicht. Da kamen die neun klugen höflichen Alten, die alles sehr gut im Gedächtnis behalten; es sandte sie zu der bräutlichen Maid über Wunsch des Iskandar der König Kaid. Wie die Greise erblickten die Tochter vom Schah – 345 von ihr glänzten Krone, Thron und Gemach – da waren vom Anblick sie einfach paff und die alten Füsse vollkommen schlaff. Die neun alten Kenner die blieben dort, Gott pries ihre Zunge in einem fort; von ihr wegzugehn mochte keiner lernen noch den Blick von ihr etwas zu entfernen. Die Sachkundigen blieben sehr lange Zeit.
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Da ging wer und holte herbei König Kaid. Der sagte, zu jenen Romäern gewandt: »Wozu brauchtet ihr so grossen Zeitaufwand? Gab’s ein menschliches Wesen mit solchem Gesicht? Welch Gestirn lieh ihm etwelche Schönheit nicht?« Zu ihm sprach ein Romäer: »In keinem Falle sah, oh Fürst, man solch Bild noch in einer Halle! (Wir sahn sie nicht ganz noch, so wie man’s muss; das ist kein menschliches Wesen. Schluss!) Nun ergeht über jeglichen Körperteil dieses Monds ein Brief an den Kaiser. Heil!« Sie setzten zusammen sich; es ergriff jeder der Philosophen Papier, Tinte, Feder; jeder Mȏbad schrieb nieder, was er entdeckt; das Papier wurde ganz unter Tinte versteckt. Sodann ward ein Reiter von ihnen entsandt, der kam zu Iskandar nach Mîlâd gerannt. Als der Weltenherr ihre Briefe las, erstaunte er ob ihrer Worte bass; denn in jedem war jedweder Körperteil genau geschildert bis ins Detail. Und zur Antwort schrieb der Kaiser an jeden: »Da sah’n, bravo! die Alten den Garten Eden! Jetzt bringt die vier Dinge nur schön nachhaus und verlangt nichts mehr darüber hinaus. Übergebt das Vertragsinstrument: dann weg! und ladet die Schöne zum andern Gepäck! Hernach ärgert niemand mir mehr den Kaid; damit fand ich von ihm mir Gerechtigkeit.«
Die neun Sachverständigen bringen die vier Dinge von Kaid dem Inder zu Iskandar Der Bote verliess drauf die Blüte des Lands und kam zu den Alten aus Byzanz. Als die Antwort des Königs sahen die Weisen und den Reiter nach seinem mühseligen Reisen 22
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und dann aus der Halle zum König kamen in den Audienzsaal von Ruf und Namen, da verlasen das Antwortschreiben sie laut, was ihnen als Botschaft der Herr anvertraut. Sehr erfreut war der König von Hindûstân Kaid, denn er sah von Iskandars Drohn sich befreit; er wählt’ hundert Männer aus seinen Indern, von den klugen süsszungigen Wortefindern; gern öffnete er der Schatzkammer Tor, wo er Halsband und Thron und Krone erkor; auch von ungeschittnem Stoff und Juwelen wusst’ er vieles Passende auszuwählen. Es trugen dreihundert Kamele die Lasten, die Gewänder und teure Juwelen umfassten. Zehn Kamele belastet’ er ganz mit Dinaren, indes zehn bepackt mit den Dirham waren. Eine reiche Sänfte: im Holz, dem nassen, waren Edelsteine und Gold eingelassen. Von zehn Elefanten mit goldenem Throne sass auf dem reichsten der Schönheit Krone, aus deren Aug eine Blutträne troff; mit ihr gingen der Arzt und der Philosoph, in der Hand jenen Becher, den wunderbaren, von des Wein alle Edlen betrunken waren. Als die Schöne im Frauengemach nun war, eine Krone im dunkelen Moschushaar, wie ein Netz auf der Blüte der Purpurrose umhingen Haarsträhne die Wangen lose; wie die schlanke Zypresse, die Mondscheibe drüber – blickst du hin, so gehen die Augen dir über – (zwei dunkle Narzissen, zwei Brauen im Bogen und das Haar in natürliche Locken gezogen) zwei Augen wie dunkle Blüten aus Eden; du möchtest von Mischung aus Feuer da reden; Ihren Wuchs sah Iskandar Sohn Failaqûs’, sah ihr Haar, ihr Gesicht, sah vom Kopf bis zum Fuss:
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»Die Leuchte ist sie, die die Welt erhellt,« so sprach er und pries still den Schöpfer der Welt, den gerechten Schöpfer von Himmel und Erden, der solche Gestalt, solches Antlitz liess werden. Er befahl den Gelehrten, zusammenzukommen, vom Romäerheer allen Mȏbads, den frommen; sie sassen; er tat seine Werbung kund nach Messias’ Gesetz und zu echtem Bund. Aus dem Schatz goss er auf sie soviel Dinar, dass der Schönen das Gehen mühselig war.
Iskandar prüft den Philosophen, den Arzt und den Becher des Kaid Das Zypressengeschäft war erledigt sonach und bereitgestellt ein entsprechend Gemach. Nunmehr kam der Philosoph an die Reih und die Prüfung, wie’s mit seiner Wissenskraft sei. Dem gewaltigen Denker schickt’ demgemäss voll mit Rinderfett er ein grosses Gefäss: »Deine Körperteile bestreich mit dem Schmalz, Haupt, Mitte und Brust und Rücken und Hals; ruh dann aus, bis du dich von Ermüdung befreist, dass mit Wissen du füllst mir so Seele wie Geist.« Beim Anblick des Fetts sagte der Philosoph: »Dieses Rätsel ist lösbar wohl, wie ich hoff ’.« Ins Gefäss warf von Nadeln er tausend Stück und sandte es drauf an den König zurück. Als die Nadeln der Weltenherr wahrgenommen, liess sofort einen Eisenschmied er kommen; er befahl: man bringe sie zum Zerfliessen, um sodann daraus einen Ring zu giessen; den liess er zurück zum Gelehrten reisen. Als dieser ihn sah, da schliff er das Eisen. Aus dem dunkelfarbigen Eisen war nun ein Spiegel entstanden, vom Roste klar. Wie man den des Nachts zu Iskandar trug, 24
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verriet das Geheimnis kein Atemzug. Dieser legt’ unter Nässe die Spiegelplatte, bis dass sie Schwärze und Trübung hatte; So sandt’ er sie dem Philosophen zurück als Eisenrätsels-Fortsetzungsstück. Der scheuert’ den Spiegel wie Wasser so hell und sandte dem König zurück ihn schnell: »Bewahr ihn vor Nässe und halte ihn rein, so wird er nicht bald schwarz und trübe sein.« Iskandar besah ihn und liess jenen rufen, befragt’ ihn und setzt’ ihn an Thronesstufen. Zuerst sprach er ihm vom Gefässe mit Fett, dass er eine Probe der Weisheit hätt’. Also sprach zum König der Philosoph: »Die Glieder durchdringt nicht der fette Stoff. Du meinst, von den Philosophen der Stadt dass keiner mehr Anteil am Wissen hat. Grosser König, nun hör meine Antwort an: ein wissendes Herz und ein reiner Mann dringen wie eine Nadel, tritt auf sie ein Bein, durch den Knochen hindurch, und wär davor Stein.« (Dem Weisen gab Antwort der Schah: »Jedes Herze, das hineingeraten ist in die Schwärze durch Fest und durch Kampf, wenn Blut wird vergossen oder sonst mit dem Feinde zusammengestossen – des verständigen Manns Worte, noch so fein, ist das Herz erst verdunkelt, wie dringen sie ein?«) »Mein höfliches Wort hab ich kund dir getan, meinen Geist und mein Herz und verständigen Plan: das Wort ist feiner noch als ein Haar, wie das Erz ist dein Herz aller Helligkeit bar. Du sagst: ›In den Jahren, die mir verflossen, ward mein Herz voll Rosts vom Blut, das vergossen; wie bring’ ich die Dunkelheit nun wieder fort? und bei dieser Blindheit wie wend’ ich das Wort?‹ Ich sag’ dir: ›von bösen Glaubens Schwärze
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mach’ durch Himmelswissen ich rein dein Herze; ist es dann wieder wasserhell geklärt, wer wagt’ es, dass er wie Rost es versehrt?‹« An der schönen Darlegung fand er Gefallen und sein Herz begann wärmer zur Tat zu wallen. Den Schatzmeister hiess er Gold, Silber, ein Kleid 420 ihm bringen sowie ein Gefäss voll Geschmeid. Der Gelehrte sprach, dem man’s händigte ein: »Ich hab’ auch geheim einen Edelstein, der Güter verschafft, und er hat keinen Feind und ist nicht wie ein Schatz dem Ahrîman vereint; keinen Nachtwächter brauch’ ich, der Lohn will empfangen, noch auch auf dem Wege vor Dieben zu bangen; denn das Wissen dient mir als der Wächter zur Nacht und es krönt meine Seele Vernunft, die wacht. Vernunft braucht’s und Wahrheit und Wissenschaft, 425 da die Unwahrheit schliesslich nur Schädigung schafft. Mir wird Nahrung und Kleidung auf dieser Welt besser als einem Könige beigestellt; weshalb sollte mich Überfluss freudevoll machen? wozu sollte ich über die Schätze wachen? Heiss es ihn zurück wieder tragen, oh Kaiser! Verstand sei dir immerdar Wegeweiser!« Iskandar erstaunte darüber gewaltig und machte Gedanken sich vielgestaltig. »Der Herr von Sonne und Mond wird vom Frischen«, 430 so sprach er, »mich nicht mehr beim Sündigen erwischen; ich nehme dir Ratschlag und Lösung ab, die dein Geist so nützlich dem Rätsel gab.«
Iskandar prüft den indischen Arzt Sodann liess den Arzt zur Audienz er gehn, der die Krankheit nennt, wenn den Harn er besehn. »Was mag«, sprach er, »Krankheitsursach erscheinen und lässt uns die Schmerzen so mancher beweinen?«
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Der Arzt sagte: »Wenn jemand allzuviel isst und bei Tisch seine Speisen nicht zählt und nicht misst. Der gesunde Körper braucht nicht viel Nahrung, wer stark ist, zeigt dies durch Gesundheitsbewahrung. Du sollst jetzt ein Heilmittel kennen lernen, das aus Kräutern ich mische, aus nahen und fernen. Dann wird niemals mehr eine Krankheit dich pein’gen und es unnötig sein, deinen Leib zu rein’gen. Vieles Essen führt zur Begierdenvermehrung und zugleich zu einer Verdauungserschwerung. Diese schönen Worte da merke dir gut, so steigerst im Körper du Mark und Blut. Dein Körper wird dann deinen Wünschen willfahren und dein Herz wie der liebliche Lenz sich gebaren; dein Angesicht wird sich gehörig färben, du wirst Willen zu edlen Taten erwerben; deine Haare hindert es am Erbleichen; weisses Haar lässt alle Hoffnung uns streichen.« Iskandar sagte: »Ich hab’ nie vernommen, ein Geheimnis wie dies sei je vorgekommen. Bringst du mir dieses feine Mittel zur Stelle und wirst du zu guten Taten mir Quelle, so will um mein Leben ich’s von dir erkaufen und du sollst nicht Gefahr von den Feinden laufen.« Er gab ihm ein Kleid und von Werten das Wertste und macht ihn zum Haupt der gelehrtesten Ärzte. In’s Gebirg ging der Redner-Arzt und es war mit ihm kein einziger aus jener Schar. Er kannte viel medizinischer Schriften und unterschied gut Gifte von Gegengiften. An Gebirgspflanzen schnitt er gar vielerlei ab und warf davon weg, was nicht Nutzen ergab. Daraus wählte er reinsten Heilkräutersaft und mischte ein Mittel geziemender Kraft. Er purgierte den Leib mit der Bergmedizin und erhielt ihn gesund über Jahre hin.
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So kam’s, dass er nachts kaum der Ruhe pflag, sondern freudig bei jeglichem Weibe lag; in Sachen der Weiber war seine Brust schnelle, sein Haupt suchte gern eine weiche Stelle. Da geschah’s, dass die Kraft des Königs sich senkte, da dem Leib nicht genügend Beachtung er schenkte, und der Arzt, der bei ihm eines Tages erschien, fand Verfallsanzeichen in seinem Urin. Da sprach er: »Durch dieses Getu’ mit den Weibern werden zweifellos junge zu alten Leibern. Du verbrachtest drei Nächte gewiss ohne Schlaf; tu die Lippen nur auf und gesteh, dass ich’s traf.« Da sagte Iskandar: »Ich bin kerngesund, meine Schwäche hat nicht Depression zum Grund.« Der geschätzte Arzt aus den indischen Landen war keineswegs damit einverstanden; er mischte, wie nachts in den Büchern er’s fand, ein Heilmittel gegen den Schwächezustand. Die ganze Nacht schlief Iskandar allein, ohne einer Schönen gesellt zu sein. Der Arzt kam auf’s neue nach der Übernachtung, unterzog seinen Harn sehr genauer Betrachtung, goss weg dann den Heiltrank, nahm Platz auf einmal und griff sehr vergnügt nach einem Pokal; er befahl sodann, einen Tisch zu beschicken und rief nach Wein und nach Saitenmusiken. Da sagte der König: »Dich muss es verdriessen, was du mühsam gebraut einfach auszugiessen?« Jener sprach: »Diese Nacht hat der Herrscher der Welt keine Freundin gesucht und er schlief ungesellt. Dadurch, dass diese Nacht du allein verbracht, hast den Heiltrank, oh Schah, du unnötig gemacht.« Iskandar lachte, zufriedengestellt, und sprach: »Ohne Inder sei niemals die Welt! 452 er: Iskandar
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Alle Mediziner und Astrologen haben, scheint’s, sich in Indien zusammengezogen.« Er liess einen Rappen mit goldenen Schellen, einen Beutel Dinare in Ausgabe stellen und sprach, wie dem weisen Arzt er sie gab: »Deinem reinen Verstand geh die Sprache nie ab!«
Iskandar prüft den Becher des Kaid
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Dann befahl er: »Man bringe den Becher, den gelben, und fülle mit kaltem Wasser denselben!« worauf jedermann aus diesem Becher trank von Aufgang der Sonne bis dass sie sank. Und durch dieses fröhliche Wassertrinken kam die Wassermenge doch nicht zum Sinken. Jetzt sagte der König zum Philosophen: 475 475.2 (»Nie wird doch ein Mann wie der Kaid angetroffen! In Zukunft wird Indien von uns nur genannt: ›Der Wohnsitz des Kaid, das Wunderland.‹ Nach aussen scheint alles gewöhnlich bloss, doch Wunder und Zauber birgt es im Schoss.« Der Schah sprach damals zum Philosophen:) 475.2 (»Die Ursach der Wasservermehrung leg offen:) ob astrologisch sie vor sich geht oder als indische Spezialität?« worauf des Philosophen Antwort erging: »Oh Schah, schätz den Becher nur nicht gering! Es hat Jahre gedauert, bis man ihn vollendet, und es wurde darauf viele Mühe verwendet. Wo immer ein edler Berühmter sich fand, der sich auf die Deutung der Sterne verstand, die waren bei Kaid, der den Becher gemacht, 480 am hellichten Tag und in dunkeler Nacht; sie suchten die Wirkung der Sterne zu kennen und liessen viel Tage vorüberrennen. Der Magnet ist dem Becher ganz analog: jemand machte den so, dass er Eisen anzog:
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der Becher ist wasseranziehender Natur, er zieht aus dem Himmel das Wasser pur. Wenn es weniger wird, vermehrt er es schnelle: des Menschen zwei Augen sehn nicht in’s ganz Grelle.« Da die Worte des Weisen ihm richtig schienen und geeignet, nützlichen Zwecken zu dienen, sprach also er zu den Mîlâder Alten: »Ich will den Vertrag mit Kaid aufrecht erhalten, der Gerechtigkeit halber, solang ich im Land, so bleib alles für ihn hier im gleichen Bestand. Da ich solche vier Dinge bekam als Bescherung, verlang ich darüberhin keine Vermehrung.« (Iskandar nahm drauf, was an Köstlichkeit ihm in seinem Schatze lag bereit). Er lud Wertsachen auf zweihundert Kamelen, obendrauf hundert Schmuckstücke mit Juwelen. In den Berg füllt die Schätze er, die da waren, an Rohedelsteinen und an Dinaren. Als der Schatz so unter dem Berg verschwand, dass niemand die Spur des Gehäuften mehr fand, da ward aller Schatz, den er so versteckt, von keinem mehr auf der Welt entdeckt; vom Schatz, verborgen im Bergesinnern, verblieb nur ihm selber das Erinnern.
Brief Iskandars an Fôr den Inder Von Mîlâd führte das Heer er fort nach Qannûǧ wie der Wind; der Schatz blieb dort. Als dem Fôr er genähert hatte das Heer, befahl einen Brief voller Kriegswirren er: »Von Kaiser Iskandar Sohn Failaqûs’, von Wissen leuchtend, höflichen Gruss 496 Failaqûs: Es kommt neben Failaqûs (Spiegel II, 585 spricht von Filiqûs, ich folge aber dem Wolff’schen Glossar) auch Failafûs (Filifûs?) vor.
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an den Inder Fôr, den Feldherrn von Hind, den gewaltigen Stern und Heerordner von Sind!« Gottes Preis war am Anfang des Briefes zu lesen, »der immer allgegenwärtig gewesen. Nicht verlassen, wem er Sieg und Glück verliehn, jemals Land und Thron und Krone ihn, doch wem er nicht wohlwill, bleibt elend zurück, ihn bestrahlt nicht die hohe Sonne mit Glück. Was vom reinen Gott wir haben bekommen auf der düsteren Welt, hast du wohl vernommen, an Sieg und an Glück und an Majestät, an Diadem und Thron, der königlich steht. Unser Tag ist nicht ständig, vielmehr er verfliesst, und es kommt jemand andrer, der ihn geniesst; dann sei guter Name, nicht Schmach uns verblieben in dem engen Zirkel, vom Monde beschrieben. Wenn sie dieses Schreiben an dich bestellen, lass Gerechtigkeit deinen Geist erhellen! Verlass deinen Thron und besteige das Ross, berate nicht lang mit der Räte Tross; ohne Ausflüchte bitt’ uns um Sicherheit; denn wer Ausflüchte sucht, der vergeudet nur Zeit. Handelst einmal zuwider du meinen Befehlen, um dir Macht und beharrlichen Stolz zu wählen, 509 (erschein’ mit dem Heer ich wie Feuer geschwind, in dem auserlesene Tapfere sind,) siehst du mit den Rittern zum Kampfe mich nahn, dann fällt ob der Säumnis die Reue dich an.« Als die Worte in dieser Weise gesetzt und der Brief vom Schreiber beendet jetzt, da gaben Iskandars Siegel sie drauf; einen kundigen Boten suchte man auf. Dieser Bote gelangte zum Hof des Fôr; bald kommt Krieg, bald fröhliche Festlichkeit vor. Der Erfahrne wurde zu ihm berufen und bekam seinen Sitz an des Thrones Stufen.
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Antwortschreiben an Iskandar von Fôr Der gewaltige Fôr las diesen Brief und ergrimmte über den Kaiser tief. Grob schrieb er die Antwort und zögerte kaum; er pflanzte im Garten des Kriegs einen Baum. Mit dem reinen Gott wurde angefangen, vor dem wir zittern müssen und bangen: »Wir sagen nicht viel der törichten Dinge, da beim Herrn das Prahlen ja doch nichts verfinge. Du wagst’s, ohne Scham vor dich mich zu laden; bei deinem Gehirn steht Verstand nicht in Gnaden. Hätte Failaqûs dem Fôr dies geschrieben, wärst du Stifter von Krieg und Verwirrung geblieben. Durch Dârâ kam Mut dir solcher Art, als der kreisende Ring seiner müde ward. Will das Schicksal vernichten ein Königsgeschlecht, so hören auf weisen Rat sie nicht recht. Dir erscheint der Kampf mit dem Kaid als ein Spiel, auf der Jagd sind die Könige jetzt dein Ziel. Von den alten Königen niemals lief mit solcher Aufschrift und Text ein Brief. Ich bin Fôr und ich stamme von lauter Fôren; um die Kaiser hat keiner von uns sich geschoren. Als Dârâ mich einst zum Verbündeten wollte, sahn wir Herz und Glück mit ihm nicht wie es sollte; ich hab ihm Elefantenriesen gesandt, indem ich in Freundschaft mich ihm verband. Als ihn mordeten jenes Knechtes Hände, hatte das Glück der Îrânier ein Ende. Wie von Dârâ das Antlitz der Erde ward rein, wurden schneidende Gifte dir Arzenein. Wenn vom bösen Wesir ihm Böses geschah, weshalb kam nicht Vernunft in den Schädel dir da? Und tu nicht so tapfer mit deinen Fehden, denn mit uns da darfst du nicht also reden.
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Elefanten kannst du und Heer jetzt sehn, die den Weg versperren des Windes Wehn. Deine Sucht geht auf Machtvergrösserung nur; Ahrîmans gleichfärbig ist deine Natur. Lass ab, Raffgiersamen umherzustreun; du tust besser, Schade und Unglück zu scheun. Nur dein Bestes beabsichtigt dies unser Schreiben; wir wollen dein Herz nur zum Guten treiben.«
Iskandar rüstet ein Heer zum Krieg mit Fôr
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Als Iskandar erhielt diese Antwort des Fôr, geschah’s, dass er Helden vom Heer erkor, die ihm tauglich schienen, von kühnem Schwung, an Erfahrung alt und an Jahren jung. Gegen Fôr den Inder führt’ er ein Heer, dass das Antlitz der Erde nun glich einem Meer; dieses Heer das lenkte er überallhin, dass das Land keinen Weg mehr zu haben schien. Berge, widrige Wege und Meeresfluten erstickten im Herzen die Kriegslust-Gluten; vom Marsche wurde das ganze Heer müde, durch den weglosen Weg, der so schwierig und rüde. Sobald sie am Halteplatz angelangt waren, da kamen zum Herrscher sie hin in Scharen: »Oh Kaiser von Rûm und Herrscher von Čîn, deinem Heer ist die Herrschaft der Erde verliehn; mit dir sucht Krieg weder Fôr von Hind noch der Faġfûr von Čîn noch der Herrscher von Sind. Was vernichtest dein Heer du, oh Kaiser Iskender, durch solcherlei Märsche ob wertloser Länder? Im Heer sehn gesund wir keins mehr von den Rossen; wer wollte zum Kampf drauf ziehn unverdrossen? Wenn das Heer aus dem Kriege zurückekehrt, findet keiner den Weg, noch zu Fuss noch zu Pferd. Wir waren allüberall siegreich bis heute und die Heere der Feinde stets unsre Beute;
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wenn jetzt Berge vor uns stehn und Ströme fliessen, soll uns da nicht das eigene Leben verdriessen? Stürz aus Ruhm uns nicht in die Schande hinein! Keiner führte noch Krieg mit Wasser und Stein!« Der Gram überkam ob der Reden Iskander, er ergrimmte und brach ihren Plan auseinander. Er sprach: »Im Krieg ward des Volks von Îrân von Romäern keinem noch Schaden getan. C für 552 (»Dürfen stolze Männer«, so sprach er zu ihnen, »sich der Worte von solcher Art bedienen? Als aus Rûm wir einst zogen nach Îrân, war Garten und fruchtbares Land was wir sahn. Von hundert Romäern fand nicht einer den Tod, Ausgaben zu machen tat fast nicht not. Das ganze Land Îrân ist in euren Händen; welch Besseres sollte da Gott euch noch spenden?«) Von den Dienern ist Dârâ das Üble geschehn; euer keiner hat wund einen Freund gesehn. Ohne euch will ich auf den Heimweg mich machen. Mit dem Fusse zertret’ ich den Schwanz des Drachen. Ihr sollt hierauf sehn, dass in Kampf und Fest euer Kaiser von Fôrs Bezwingung nicht lässt. Auf dem Rückweg von ihm gehe ich nach Byzanz, mit Mannheit bezwingend das Volk dieses Lands. Denn Gott steht mir bei und das Heer von Îrân; auf Romäer wohlwollen steh’ ich nicht an.« Da den Schah sie sahn ob der Reden ergrimmen, suchten sie durch Bitten ihn umzustimmen: »Die Knechte des Kaisers sind wir Mann für Mann; wir treten die Erde nur, ordnet er’s an. Gehen die Pferde zugrunde, so gehn wir einher, zu Fuss in die Schlacht zieht alsdann das Heer. Macht mit unserem Blut man die Erde zur See, wächst die Tiefe durch Leichen hinauf zur Höh’, keiner sieht doch am Tage der Schlacht unsern Rücken, tobt der Himmel im Kampf, fällt Gebirge zu Stücken;
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wir sind deine Knechte, dein ist das Befehlen; was ärgerst du dich? Dein sind unsere Seelen.« Als Iskandar dies hörte aus ihrem Mund, legte er zum zweiten Kriege den Grund. Dreissigtausend Îrânier liess vor er treten, alle ausgerüstet mit Kampfgeräten, (aus der Sippe des Dârâ, von edelstem Mut, sie sämtlich aus königlichem Blut) hinter ihnen kamen Romäerstreiter, gepanzerte kriegsmuterfüllte Reiter; vierzigtausend Geübte im Kampf traten an im Rücken der Kriegsleute von Îrân; hinter ihnen kamen dann die Chazaren, lauter goldglänzende edele Scharen; für 568–569 (nach ihnen kamen ägyptische Männer, dolchzückende edele Weltberenner; aus Rûm, aus Ägypten, der Berberei zog er ein geziemendes Heer herbei) eine zahllose Arabermenge auch kam von Ḥiǧâz und aus Jemen sowie aus Šâm. Zwölftausend erwählte der Kaiser vom Heere, alle namhafte Helden und Träger der Speere, sodass hinter ihm durch all diese Scharen Tal und Ebene gleich so wie Berge waren. Von den Mȏbads und denen, die Sterne deuten, weltkundgen und sehr verständigen Leuten, liess er sechzig in seiner Nähe bleiben, um die Forschung des Kriegsverlaufs zu betreiben. Als nun Fôr vernahm, es komme ein Heer, da wählte den Ort zum Schlachtfeld er. Er massierte sein Heer im ebnen Bezirk, durch die Elefanten ward der zum Gebirg. Vier Meilen weit dehnte sich hin das Heer, Elefanten voran, Krieger hinterher. Von Hindûstân her kamen zahlreiche Späher Zum weltbeherrschenden Schah der Romäer;
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sie sagten: »Er hat Elefanten in Mengen, die zwei Meilen weit ihm die Pferde zersprengen. Die Reiterei wagt’s nicht heranzukommen, und tät’ sie’s, so wär’ ihr der Rückweg genommen. Ihr Rüssel schwingt über den Himmel hoch, vor dem Schwunge bewahrt nur Kȇwân uns noch.« Elefanten malte man auf ein Papier, dass dem Welterob’rer man sie demonstrier’. Er befahl, dass Rûms Philosophen des Fachs einen Elefanten modellierten aus Wachs; zu den Reingesinnten sagte er dann: »Wer ist’s, der hier Abhilfe schaffen kann?« Da setzten die Forscher der Wissenschaft sich zusammen und suchten mit aller Kraft. Nun berief er von Eisenschmieden in Scharen, die in solchen Künsten die Meister waren, aus Ägypten, Persien, Rûm; es summiert sich (ihre Gesamtzahl auf dreissig mal vierzig). Sie formten das Bild eines ehernen Pferds, aus Erz einen Reiter, den Sattel aus Erz. Mit Kupfernägeln vernäht’ man die Spalten und gab Glanz von Reiter und Ross den Gestalten; auf Rädern dann schleppt’ man’s zum König hin; in Menge war schwarzes Nafta darin. Iskandar besah’s, es befriedigte ihn, da’s dem Klugen äusserst zweckmässig schien. Mehr als tausend Stück sollten hergestellt werden, so befahl er, an ehernen Reitern und Pferden, und zwar Schimmel und Fuchs und gescheckt und von Schwärze – wer hat jemals geschaut solch ein Heer aus Erze? Am Monatsbeginn war das Werk vollbracht und von diesen Erfindern fertiggemacht. Ein ehernes Heer lief auf Rädern einher, äusserst ähnlich berittenem Militär.
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Kampf des Iskandar mit den Indern und Tod des Fôr durch seine Hand
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Als nun in Fôrs Nähe gelangte Iskender, sah Reiter und Heer im fernen Geländ’ er. Hier und drüben gab’s Kampfstaub und schallte Geschrei, kriegslustige Helden eilten herbei. An Rosse und Nafta legten sie Flammen; überm Kopf schlug der Inder die Hände zusammen. Von dem Feuer verbrannte des Naftas Schwärze; es bewegte dadurch sich das Heer von Erze. Vom Heer erhob sich Getös allerwege; die Elefanten erregt’ man durch Schläge. (Kaum hatten sie jenes erblickt, so wandten mit dem Heere zur Flucht sich die Elefanten) Als ihre Rüssel erfasste das Feuer, erstaunten die Wärter ganz ungeheuer, worauf alle Inder den Rücken wandten mit den stolzragenden Elefanten. Wie die andern wurden der Flucht gewahr, verliess rasch ihre Stellung die ganze Schar. Iskandar gleich einem stürmenden Wind verfolgte das Heer der Feinde geschwind. Als den Himmel umzog die Farbe der Nacht, blieb dem Heer keine Möglichkeit einer Schlacht. Der Erobrer mit seinen Romäern zumal Kam zwischen zwei Bergen hinab in ein Tal; allüberallhin sandte er Posten zur Wacht, das Heer aber gab auf die Feinde gut acht. Als die Goldkrone hob der Sonnenball und die Welt erglänzte wie weisser Kristall, da geschah’s, dass ihr Getöse die Tuben, die Hörner und indischen Schellen anhuben; 598 Nafta: schwarzes Rohöl, Erdöl
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es begann nun der Kampf des Heers mit dem Heere; zu den Wolken erhoben sie hoch ihre Speere. Ein Romäerschwert in der Hand kam inmitten beider Fronten Iskandar einhergeschritten; einen Reiter sandte er ab zu Fôr, dass von fern dessen Rufen ihm käme zu Ohr: »Es trat Iskandar vor die Armee, er sucht einen Weg, damit er dich seh’; er will reden und was du redest vernehmen, bereit, billige Vorschläge anzunehmen.« Da kam, als er solches vernahm, Fôr von Hind aus dem Zentrum des Heeres nach vorn geschwind. Iskandar sprach zu ihm: »Glorreicher Held, zwei Heere hat nun schon der Kampf zerschellt; wilde Tiere verzehrten das Hirn der Männer, ihre Knochen zertraten die Hufe der Renner. Weshalb wird der Mord diesen Kriegern zuteil? Darf denn keiner von ihnen heimkehren heil? Zwei Männer sind wir, beide tapfer und jung, beredt und klug, edler Abstammung: wir wollen uns gürten, den Zweikampf beginnen und sehn, wer die Macht übers Land mag gewinnen. Wem der Sieg von uns zufällt, dem werden zum Lohn so Heer, Elefanten wie auch der Thron.« Als Fôr des Romäers Worte vernommen, war das Kampfangebot ihm äusserst willkommen; er sprach: »Dies ist Brauch und soll Ausweg uns sein; ohne Heer lass uns also kämpfen allein.« Er war sich bewusst seiner Löwenkraft und das Ross unter ihm schien ihm drachenhaft und Iskandar kam ihm schwank wie ein Rohr, die Bewaffnung leicht, sein Pferd müde vor. Ein jeder griff nach der Dolche zwein und so standen sie zwischen den Heeresreihn. Iskandar schien er wie ein Elefant, unter ihm ein Berg und ein Drache zur Hand.
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Er stand, von Verwunderung ganz übermannt, vor Sorge das Herz aus dem Leib wie gebannt. Zum Kampfplatz schritt er mit ihm einher, da erscholl eine Stimme hinter dem Heer. Ob der Stimme erfüllt Schmerz den Fôr, zu ihr zogen ihn Kopf sowie Auge und Ohr. Wie der Wind kam Iskandar an ihn heran, schlug mit scharfem Schwerte den leunhaften Mann und zerhieb bis zur Brust ihm den Kopf und den Hals; sein Leib sank herab in den Staub tiefen Falls. Bis zum Himmel erhob sein Heer das Geschrei und die Helden von Îrân stürmten herbei. Eine Trommel war da mit Löwenfell, deren Schall durchdrang die Wolken grell; da war Trommelgeschmetter und Paukengezeter, die Erde ward Erz, Ebenholz der Äther. Da drängten die Inder, auf Krieg erpicht, gleichgesinnt ganz nahe Gesicht zu Gesicht. Eine Stimme erscholl vom Gefild: »Ihr, die reich und edel ihr seid aus dem Inderreich, Fôr des Inders Haupt fiel zur Erde hinab, sein Elefantenleib gehört nun dem Grab. Weswegen verharrt ihr jetzt noch in dem Streit, wozu Schwertschläge noch und Vergeudung der Zeit? Iskandar ist euch jetzt dasselbe wie Fôr: bei ihm sucht nun Lust wie bei jenem zuvor.« Da gingen die Helden aus indischen Landen und erklärten sich laut damit einverstanden. In Blut und in Staub war Fôrs Haupt zu erblicken, seine Brust und sein Leib durch den Schwerthieb in Stücken. Eine Stimme der Trauer erscholl aus dem Heer; sie warfen zu Boden ihr Kampfgewehr. Zum Kaiser gingen sie schmerzensvoll mit Staub auf dem Haupt und ihr Klagruf erscholl. Iskandar gab ihnen die Waffen zurück
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und bezeigte sich gütig in jeglichem Stück. Also sprach er: »Zwar ist Fôr der Inder nun tot, doch dem Schmerz euch zu weihen, das habt ihr nicht not. Wir wollen euch mehr noch des Freundlichen sagen und Kummer und Angst aus dem Herzen euch jagen. (Seine Schätze verteil ich euch Mann für Mann, für mein Heer sind sie in den Bann getan; alle Inder will ich mit Reichtum begaben, ein jeder soll Thron auch und Krone haben).« Und sofort bestieg er den Thron des Fôr. Hier Schmerz und Klage, dort Fest und Flor! So ist es Gesetz der vergänglichen Welt, dass du bald beglückt bist, bald Schmerz dich befällt. Geniess, was du hast und schiebe nichts auf! 650 Was mühst du dich viel? Ist doch alles im Lauf. – Zwei Monate blieb der Kaiser am Platz und verschenkte ans Heer seinen sämtlichen Schatz. Einen Edelmann gabs, der Sawurg sich nannte und den Hindûstân als Helden kannte; dem gab er den Vorsitz im Lande und sprach: »Das Geld halte nie verborgen im Fach; was an dich herankommt, verschenk und verzehr, auf vergängliche Herrschaft sei stolz nimmermehr. Denn bald ists Iskandar und bald ist es Fôr, 655 bald ists Schmerz und Ärger, bald Fest und Flor.« Er beschenkte sein Heer mit Dirhams und Dinaren und er rüstete Land und Heldenscharen.
Iskandar besucht das Haus der Kaʿba
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Als Bedürfnis nach Schätzen fehlte dem Heere – ohne dass lange Zeit verflossen wäre – (überfiel sein Herz vor der Zukunft Bangen und nach dem Besuche der Kaʿba Verlangen), da fing morgens die Trommel zu wirbeln an, der Himmel ward gleich dem Auge vom Hahn; von der Lanzen und Seidenbanner Gewimmel
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wurde rot, gelb und lila der Sternenhimmel. Iskandar begann nun zur Kaʿba zu wandern, die einen drob freudig und trübe die andern. Zu Samâîls Stätte die Blicke wandten sie mit Lärmen und Pauken und Elefanten; (von dort zog mit Schatz und Juwelen er aus, um zu besehn des Barâhîm Haus) denn das Kaʿba-Haus hatt’ er aufgeschlagen und dabei gar viele Mühen ertragen; Gott gab ihm den Namen Bait al-Ḥarâm, wo dir Gottes Weg zur Vollkommenheit kam; er nannt’ es das eigene Haus, weil es rein, und alle die Betenden rief er hinein. Kein Bedürfnis nach Wohnung und Nahrung befällt noch nach Ruhe und Rühmen den Herrn der Welt. Ein Ort der Verehrung war es stets, des Gottgedenkens und des Gebets. Sodann kam Iskandar nach Qâdisî, der Eroberer nach Ǧahram-i Pârǝsî. Als Naṣr-i Qutaib die Nachricht davon bekam, durch den Mekka zu Glanz und zu Schönheit kam, zog entgegen er ihm mit der Obersten Heere, mit mutvollen Rittern und Trägern der Speere; aus Mekka kam damals auch unverweilt zu Iskandar ein Reiter herzugeeilt: »Jener Held, der kommt von dem Wege her, (er sucht nicht nach Krone und Schatz und Heer) Enkel Ismâels ist er mit glücklichem Stern, des Sohns Ibrâhîms, Propheten des Herrn.« Naṣr eilte, den Nahenden zu begrüssen, und schuf reichen Ruheplatz seinen Füssen; er legte ihm froh seine Abstammung dar und eröffnete ihm, was verborgen war. Iskandar erwiderte drauf dem Naṣr: »Oh reinherziger Fürst und Lügenhasser, C 661.2 Barâhîm: Ibrâhîm, Abraham
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wer in dieser Familie ist jetzt gross? Wer hat ausser dir ein beglückt-hohes Los?« Zu ihm sprach Naṣr: »Oh, König, es ist Chazâʿa der Herrscher zu dieser Frist. Als Ismâel schied einst aus dieser Welt, kam erobernd Qaḥṭân von Wüste und Feld; mit dem zahllosen Heer, dem schwertschwingenden, besetzte er frevelnd das Land Jemen. Ohne Schuld wurden viele der Unsern erschlagen, und das Ende der Sippe begann zu tagen. Dies fand beim Weltenschöpfer kein Lob und des Himmels Hochbahn ward finster darob. Chazâ‘a kam nun, da er schied aus dem Leben, mit Frevel und Müh, sonder Bangen und Beben. Seine Macht ward vom Haram bis Jemen Gesetz, in das Meer von Ägypten warf er sein Netz, das Haupt von dem Weg des Gerechten gewandt; Erinnrung an Gott und an Güte verschwand. So fasst er die Welt in die Faust allerwärts und Ismâels Sprossen blutet das Herz.« Iskandar vernahm diese Worte des Naṣr; sah nun irgendwen von Chazâ’as Rass’ er, so tötet er alle; Ḥiǧâz und Jemen sperrt er ab mit Verstand und den Schwertschwingenden. (Die tötet er, zog übers Haupt ihre Haut, nicht Freund noch auch Feind ward von ihnen geschaut). Von den Ismâeliten zog er heran, wer da würdig war, dass er Herrschaft gewann. Zu Fusse zog er nach Bait al-Ḥarâm, wovon Ismâels Söhnen viel Freude kam. Wo immer auch haltmachte auf der Reis’ er, liess vom Schatze Dinare ausstreun der Kaiser. Als er aufbrach und als er zur Burghalle schritt, teilte viel von dem Gold er auch Naṣr mit.
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Wer arm war, dem wurde nun Reichtum beschert, hatt’ ihn auch seiner Hände Arbeit ernährt.
Iskandar führt sein Heer gegen Ägypten Von dort aus führt er das Heer in Eile nach Ğedda und blieb dort längere Weile. Viele Schiffe liess er und viele Nachen einen jeden vom Heere dort fertigmachen. Nun wandt’ mit dem Heere, dem marschgeübten, von Ğedda der Herrscher sich gegen Ägypten. Dort war König Qaiṭûn; der Soldaten mehr, als man glauben sollte, zählte sein Heer. Als er hörte, es komm’ vom Ḥarâm geschwind siegreich ein Erobrer wie wehender Wind, ging er ihm entgegen mit mancher Schwadron und mit Sack und Pack und mit Thron und Kron’. Als Iskandar ihn sah, ward er frohgesinnt und der Feinde Gerede war ihm wie Wind. In Ägypten blieb ein Jahr als König er, damit Ruhe fanden so König wie Heer. Eine Frau war in Andalus Königin, mit zahllosem Heer und verständigem Sinn, welterobernd, freigebig, Qaidâfe mit Namen, deren ehrgeizge Wünsche zum Ziele kamen. Einen Maler suchte sie aus der Armee, imstande zu malen ein ähnlich Portrait. Sie sagte zu ihm: »Zu Iskandar reise! Dies Land und uns selbst nenn in keiner Weise! Sieh zu, was für Mann das ist, welcher Gestalt seine Rede, sein Aussehn, sein Aufenthalt, Gesicht, Farbe, Wuchs, und nach Andalus bring sein Bildnis, gemalt vom Kopf bis zum Fuss.« Der Künstler vernahm es und gürtet’ die Mitte zu dem von der Herrin befohlenen Ritte. Von Andalus eilte er nach Ägypten zu dem Kaiser Iskandar, dem vielgeliebten.
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Wie er ihm auf dem Thron, auf dem Sattel erschien, gaben wieder Papier und die Tusch von Čîn. Er formte, Iskandar in jedem Stück ganz ähnlich, das Bild und schnell reist’ er zurück. Als Qaidâfe sah des Iskandar Portrait, ging ihr Atem schwer vor heimlichem Weh; also sprach sie: »Im Kampfe zerstampft die Welt mit sehr reiner Gesinnung dieser Held. Wer ihm da begegnet im Kampfgedräng, dem wird auf der Welt das Leben eng.« Den Qaiṭûn fragte Iskandar: »Wen stellt man Qaidâfe gleich wohl auf dieser Welt?« Und Qaiṭûn sprach also: »Kein Edelmann lebt auf Erden, den ihr man vergleichen kann; die Zahl ihrer Truppen kann keiner wissen, wär er auch des Bücherstudiums beflissen. An Schätzen und Grösse und Tüchtigkeit, an Milde und schicklicher Züchtigkeit, an Verstand und Beredtheit, so liebenswürdig siehst niemand du derzeit ihr ebenbürtig. Eine Stadt, ganz aus Stein gebaut, gehört ihr, die ihr nicht entrisse ein Pantertier; ihr Boden hat vier Farasangen Weite und dem entspricht auch voll seine Breite. Fragst du nach dem Schatz: er ist unermesslich, und der Welt ihre Rede unvergesslich.«
Brief Iskandars an Qaidâfe
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Als Iskandar nun diese Geschichte vernommen, da liess einen Schreiber er zu sich kommen. Man schrieb auf die Seide den Brief: »Von Iskender, dem König der Könige, Erob’rer der Länder, an Qaidâfe, die, einsichtsvoll-klug, ihren Ruhm in Grösse zur Höhe trug. Zuerst Preis des Sonnenherrn Majestät, der den Mond erhellt und den Himmel dreht,
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der Gerechtigkeit und Wahrheit beschert und der jedem mehr gibt, als er begehrt! Nicht mit Ungestüm suchen wir Streit mit dir; deine ruhige Würde erwägen wir. Wenn sie dieses Schreiben da zu dir stellen, mög dein dunkler Sinn sich strahlend erhellen! Sende Steuer uns zu, wie sichs ziemt, und Tribut: wisse, Widerstand-Leisten tut dir nicht gut! Möge Vorsichtigkeit walten, Verstandesfeinheit, sowie Fähigkeit und Glaubensreinheit! Doch brächtest du Wirrnis hinein verblendet, so würdest du sehn, wie das Schicksal sich wendet. Mögen Dârâ und Fôr dir dienen zur Lehre! Sonst wär ich ein Lehrer, der fern nicht wäre.« Als die Anschrift war trocken durch Windeswehen, ward mit schwarzem Siegel der Brief versehen; auf den Weg machte sich ein schnelles Kamel gemäss des berühmten Königs Befehl. Als Qaidâfe dieses sein Schreiben las, verblüffte sein Inhalt sie übers Mass. In dem Antwortbrief ward zunächst sich verbreitet über den Preis des Herrn, der die Erde geweitet, der das kreisende All auf die Füsse gestellt, der das Gute und Böse gesetzt in die Welt: »Dir gab er den Sieg über Fôr von Hind, über Dârâ und alle Edlen von Sind. Doch dieser schwertschwingenden Helden Besiegen Ist – scheint’s – dir nunmehr zu Kopfe gestiegen. Du setzt mich ihnen nun vollständig gleich und die Krone dir auf auch in meinem Reich; doch besitz ich an Glanz und an Macht noch viel mehr, des Königtums Schätze sowie ein Heer. Sollt’ ich eines Kaisers Befehl mich ergeben? ihm weichen und vor seinen Drohungen beben? Mein Heer kann nach tausendmal tausend ich zählen; (ein König mag jedem Fürsten befehlen).
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Ruf ich meine Völker von überallher, bleibt im Lande kein Platz zur Wohnung mehr, und rücken als Heer sie aus diesem Land, bekommt jeder Schätze in seine Hand. Was machst du viel Worte, die torheitsvollen? Wegen Dârâs ist dir der Kamm geschwollen.« Ein Goldsiegel gab man auf diesen Brief, mit dem wie der Wind ein Eilbote lief.
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Der Sohn der Qaidâfe wird von den Romäern gefangen Als Iskandar dieses ihr Schreiben las, setzt’ das Heer er in Marsch unter Tubengeblas. Einen Monat verfolgte er so seinen Pfad, bis das Heer ihrem Grenzlande war genaht. Ein Padischa war dort mit Namen Farjan, mit Heer und mit Schatz, ein ehrgeiz’ger Mann. Er besass eine Stadt, gerüstet zu Kriegen; ihren Wall konnten Kraniche nicht überfliegen. Er brachte ein Heer und nahm ein diese Burg; durch den Festungswall kam der Reiter hindurch. Iskandar befahl, dass mit Schleudermaschinen und Geschossen Geschützmeister dort erschienen; eine Woche umschloss er die hohe Burg, dann drang sein Heer zu der Stadt hindurch. Als Iskandars Truppen zur Stadt hinein stiessen, verbot er drin jedwedes Blutvergiessen. Ein Sohn der Qaidâfe lebt in der Stadt, als Eidam Farjâns, der Freud’ an ihm hatt’. Seine liebwerte Tochter hatte er ihm gegeben; durch Qaidâfe wusst’ er die Krone zu heben, welchem Eidam, den man Qaidǝrôš hiess, Farjân Herz und Auge und Ohr überliess. (Der König des Landes fiel in der Schlacht; so beschied’s ihm die kreisende Himmelsmacht.) Einem Mann, der den Namen Šahrgîr hatte, 46
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fielen zu als Gefangene Frau sowie Gatte. Iskandar war, wer er sei, wohl bekannt; er sann nach, bis ein Aushilfsmittel er fand. Den Wesir beschied er zu seinem Throne, übergab ihm Befehlsmacht und Kissen und Krone – dieser kluge Berater hiess Bîṭaqôn, eine energisch-einsichtige Person – und er sprach: »Man bringe die Frau jetzt vor dich! Dich nenne Iskandar Sohn Failaqûs ich. Du sitzt auf dem Königsthron, wie es Sitte; ich trete vor dich dann, umgürtet die Mitte. Du befiehlst, es solle des Qaidǝrôš Nacken der Henker ihm von der Schulter hacken; ich trete vor dich mit Bittstellerei und bezeuge dir vielerlei Demut dabei. Befiehl nun eine Sitzung, der Zuhörer ledig, und mehr’ ich die Bitten, so zeig dich mir gnädig.« Dem Beamten war äusserst peinlich die Rolle; er wusste nicht, was drunter stecken solle. Da sagte zu ihm der Beherrscher der Erde: »Ein Geheimnis ist’s, das nicht offenbar werde. Ruf mich vor dann, als ob ich Gesandter sei, von Qaidâfes Worten verlies allerlei, mit zehn Reitern schick mich dann fort getrost: ›Geh, bestell diesen Brief, bring rasch Antwortpost! (Gib mir Qaidǝrôš mit dann als Weggenossen; was ich sagte, das halte vor ihm verschlossen.)‹« Bîṭaqûn aber sagte zu ihm: »Ich füge mich deinem Befehl auch zu List und zu Lüge.« Als den Dolch am Morgen die Sonne zückte und die finstere Nacht sich aus Furcht vor ihr drückte, da, die Wangen voll Scham, bestieg Bîṭaqôn und das Herz voller Blut, den Königsthron. Iskandar, gegürtet, stand davor, der Listweg geöffnet, versperrt das Tor. Da bracht’ Šahrgîr der Qaidâfe Sohn
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als Gefangenen weinend vor jenen Thron. Mit Farbe und Duft kam auch neben dem Jungen zum Thron seine Frau, Hand in Hand geschlungen. Bîṭaqûn fragte leichthin: »Wer ist dieser Mann, der aus Schmerz so zu weinen nicht lassen kann?« »Nimm Vernunft an,« erwidert er Bîṭaqôn, »ich bin Qaidǝrôš, bin der Qaidâfe Sohn. Farjâns Tochter hier ist das einzige Wesen, da mir je hinterm Vorhang verborgen gewesen; in die Heimat wollt’ ich mit ihr mich begeben, um sie dort zu hegen wie’s eigene Leben; doch gefangen in Šahrgîrs Hand bin ich jetzt, mein Geist ist gebrochen, mein Leib pfeilverletzt.« Als von ihm Bîṭaqûn diese Worte vernahm, war voll Blut ihm das Herz und die Seele voll Gram. Dem Henker rief er dann zu sehr ergrimmt: »Die beiden da sind für das Grab bestimmt. In Banden leg ihn, seine Frau ebenfalls, und mit indischem Schwert durchschlag seinen Hals!« Da küsste Iskandar vor seinem Thron den Boden und sprach: »Oh des Kaisers Sohn, wie wär’s, wenn du mir zum Geschenke ihn gäbst, wodurch du mein Haupt vor den Leuten erhöbst? Ein unschuldig Haupt, weshalb soll es fallen? Der Schöpfer hätt’ daran kein Wohlgefallen.« Bîṭaqûn sagte drauf voll Umsichtigkeit: »Jetzt hast du dies Paar vom Tode befreit.« Und zu Qaidǝrôš sagt er: »Du trägst ein Haupt, das ich ferne schon von der Schulter geglaubt. Zu deinem Begleiter will ich ihn wählen; er hat deiner Mutter gar viel zu erzählen. Schickt sie mir den Tribut, dann ist alles gut, dann reisst keinem die Haut in des Krieges Wut. An meinen Gesandten da schliesse dich fest; durch ihn hör ich von ihr, ob’s Krieg gibt, ob Fest. Was er Gutes dir tat, das tu du ihm wieder;
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nach Vergeltung strebt, wer im Herzen bieder. Und wird meinem Brief eine Anwort beschieden, so lass ihn den Rückweg finden in Frieden.« Worauf Qaidǝrôš ihm die Anwort gab: »Von ihm wende ich Herz, Aug’ und Ohr niemals ab. Ja, ich will den halten wie’s eigene Leben, der mir Frau, Leben, Welt hat wiedergeben.«
Iskandar kommt als Gesandter zu Qaidâfe Der Eroberer wählte nun aus der Mitte der Romäer zehn Männer, wie es so Sitte, die alle zehn mit ihm gleichsprachig waren und sein Geheimnis wussten zu wahren. Er sagt’ ihnen: »Auf unsrer Reise nun nennt niemals mich anders als Bîṭaqûn.« Mit den ersten zog auch Qaidǝrôš dahin; Iskandar vergab Aug’ und Ohr an ihn. Der Fürst trieb sein Ross nun dahin wie Feuer. Erreicht ward ein Berg mit Kristallgemäuer; auf dem Berg gab es Früchte von allen Sorten und vielerlei Pflanzen wuchsen auch dorten. Über dieses Gebirg zog des Weges die Schar bis in jenes Land, wo die Königin war. Als Qaidâfe Qaidǝrôš’s Kommen vernahm, da war sie ganz Ohr, weil der Sohn wieder kam; sie zog ihm entgegen mit zahlreichen Scharen, die vornehm und glückssternbegünstigt waren. Wie der Sohn das Antlitz der Mutter erschaut, da stieg er vom Ross und huldigt ihr laut. Qaidâfe liess aufsitzen ihn unverwandt und ritt mit ihm weiter dann Hand in Hand. Qaidǝrôš erzählte ihr, was ihm geschehn – seiner Wangen Farbe war nicht zu sehn – was in Farjâns Stadt er für Qual überstanden, wie Krone und Thron, Heer und Schatz ihm verschwanden:
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»Mich hat, der mit meiner Frau im Geleit, von Iskandar Sohn Failaqûs befreit, sonst hätt’ er befohlen, den Kopf mir zu trennen vom Hals und Feuer den Leib zu verbrennen. Was er immer begehrt, das tu ihm zuliebe, dass von seinen Wünschen nichts unerfüllt bliebe.« Als Qaidâfe von ihrem Sohn dies vernommen, ward ihr Herz von Verwirrung ganz überkommen. Aus der Halle rief sie den Gesandten heran, wies ihm einen Thronsitz der Edlen an, befragte ihn viel und begrüsste ihn fein und räumte ein reiches Gemach ihm ein; sie sandte ihm auch allerlei zum Essen und liess Teppiche breiten und Kleider anmessen. Er begab nach der Nacht bei des Morgens Tagen zu der Fürstin Palast sich, um nachzufragen. Die Diener hoben den Vorhang zur Seite, damit er zu Ross aus dem Tore reite. Als er Qaidâfe sah auf dem Elfenbeinthrone, von Rubin und Türkis auf dem Haupte die Krone, viele Dienerschaft vor ihr zu Diensten bereit, goldgewirkt ihr mekkanisches Oberkleid, eine Goldverbrämung auf ihrem Gewand, mit Juwelenaugen besetzt dieser Rand, die Wangen der Königin sonnenhell, kristallene Säulen des Thrones Gestell, die Mägde mit Halsschmuck und Ohrgehänge, an den Füssen Schuh’ mit Juwelengepränge – da geriet Iskandar darob in Erstaunen; er musste geheim Gottes Namen raunen. Einen Thronsaal sah er von solchem Glanz, wie Îrân ihn nicht kannte noch auch Byzanz. Vor der Fürstin küsste den Boden er, als ob er ein schmeichelnder Höfling wär’. Sie befragt’ ihn leutselig und hiess ihn willkommen, nachdem er auf ihr Geheiss Platz genommen.
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Als vom Himmel die strahlende Sonne gewichen und die Zeit der Fremdenaudienzen verstrichen, da befahl sie, den Tisch zu rüsten zum Mahle und Saitenspieler und Weinpokale. Ins Gemach wurden Eichentische getragen mit Elfenbeinzier und mit Gold beschlagen, und Speise auf Speise kam ungemessen und Wein, wie das Essen war aufgegessen. Gold- und Silbergeschirr verwendete man. Qaidâfes Preis war’s, womit man begann. Beim Weintrinken blickte die Königin mehr als einmal nur zu Iskandar hin. Zum Schatzmeister sprach sie: »Die Seide, bemalt mit der herzgewinnenden hellen Gestalt, die bring mir sofort! Wie sie ist, so lass sie! Nicht allzu derb mit den Händen erfass sie!« Wie der Schatzmeister sie vor sie hingelegt, besah sie das Bildnis unentwegt; dann betrachtete sie Iskandars Gesicht und einen Unterschied fand sie nicht. Da erkannte den Kaiser in ihm Qaidâfe, den adligen Herrn einer grossen Armee, dass er sich selbst zum Gesandten bestellt und sich kühn zu ihrer Gesellschaft gesellt. Sie sprach zu ihm: »Oh du ehrgeiziger Mann, welche Botschaft schickt denn Iskandar? Sag an!« Er erwiderte ihr: »Der Weltherrscher tat mir Folgendes kund in der Grossen Rat: ›Der hochsinnigen Qaidâfe sag: ‹Dein Streben geh nach Wahrheit und Recht nur in diesem Leben! Sieh zu, dass du meinen Befehl nicht missachtest und unsern Vertrag zu beobachten trachtest! Doch drehst du dein Herz ab von deiner Pflicht, so bring ich ein Heer, dass dein Herz dir bricht. (Dein Heer vernichte ich mit dem Schwert, indes Feuer dein sämtliches Land verzehrt).
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Doch zeugt manches für deine Vortrefflichkeit und zum Kriegführen lass ich mir reichlich Zeit. Ich weiss, dass du klug und bescheiden dich weist und sicher die Welt machst durch scharfen Geist. Doch willst der Tributpflicht du nicht dich entwinden – du würdest auch Kraft nicht zum Widerstand finden – dann erfährst du nur Güte und Billigkeit, hältst von Trug und von List du dich ständig beiseit.›‹« Qaidâfe hörte ergrimmt dem zu, Arznei schien ihr einzig Bewahrung der Ruh. Sie sagte ihm: »Geh jetzt zurück in dein Haus und ruh mit dir teuren Männern dich aus! Kommst du morgen, will ich die Antwort dir weisen und glücklichen Rat, wie zurückzureisen.« Iskandar kam wieder in sein Gemach; die ganze Nacht sann einem Mittel er nach. Als das helle Licht übern Berg sich erhob und ein Seidenglanz das Gefild umwob und Iskandar zu jenem Palaste kam, war die Lippe voll Lächeln, das Herz schwarz vor Gram. Der Zeremonienmeister bemerkte ihn und geleitete ihn zur Herrscherin. Voll von Fremden sah er sämtliche Hallen; ihr Wohnungszimmer das war kristallen, zur Verzierung darauf Smaragd und Rubin, ein Juwel in der Mitte, das königswert schien, aus Sandel- und Aloeholz die Fliesen, die Säulen aus Onyxen und Türkisen. Iskandar erstaunte über dies Zimmer, seinen Reichtum und seinen Glanz und Schimmer. »Ein solches Gemach«, war Iskandars Erklärung, »sah man sonst nur als Stätte der Gottesverehrung.« Er schritt nun nahe zur Königin; man stellt einen goldenen Stuhl für ihn hin. Qaidâfe sagte: »Oh Bîṭaqûn, was erstaunt in meinem Palaste dich nun?
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Ist es vielleicht nicht so in Byzanz, dass dich so erstaunt der Reichtum des Lands?« Iskandar sagte: »Oh Königin, schätze gering nicht dieses Palastes Schätze, der dein Haupt über Könige erhaben macht, dein Meer ist ein perlenergiebiger Schacht.« Sie lächelte über Iskandars Verhalten, seine Rede liess Frohsinn im Herzen walten. Die eigenen Leute darauf entliess sie, den Gesandten ganz nah bei sich sitzen hiess sie. Dann sprach sie: »Oh Sohn Failaqûs, Fest und Streit kennst du so wie Demut und Höflichkeit. (Tribut zu fordern, bist kühn du genaht; ich weiss den nicht, der dir wies diesen Pfad.)« Iskandar ward bleich bei den Worten der Frau, der Geist voller Schmerz und die Wangen ganz blau. Er sprach: »Oh Fürstin voll Geistesmacht, solche Worte von dir sind nicht angebracht. Ich danke Gott, der erschuf das All, dass mit mir nicht war ein edler Vasall, der dies hinterbrächte dem Weltenherrn: rasch macht’ er dem Leibe die Seele fern. Oh Herrin der Welt, ich bin Bîṭaqôn, so nenne mich, und nicht Failaqûs Sohn.« Zu ihm sprach Qaidâfe aber: »Oh änder’ deines Mundes Spruch, denn du bist Iskender, und könntest du sehen dein eignes Gesicht, du liessest die List und wärst zornig nicht.« Sie legte die Seide ihm vor, bemalt mit der herzengewinnenden Gestalt: »Wenn im Bildnis irgend Bewegung wär, dann wär es Iskandar, der Weltenherr.« Iskandar, der auf die Lippe sich biss, ward der Tag zur Nacht und zur Finsternis. Er sprach: »Ohne heimlichen Dolch zu tragen, soll keiner in diese Welt hier sich wagen.«
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Qaidâfe sprach: »Trügst du selbstbewusst den Dolch vor mir im Gehenk auf der Brust, dann fehlte die Kraft dir, ein Schwert, es zu ziehn, und das Feld der Schlacht und der Weg zum Fliehn.« Iskandar sagte: »Will einer der Obern mit männlichem Mut sich die Welt erobern, dann darf er vom Weg der Gefahren nicht weichen: denn Feigheit wird hier nichts Grosses erreichen. Und wäre ich jetzt im Besitz meiner Waffen, das Haus würd’ ich gänzlich zum Blutmeer umschaffen; dich tötet’ ich: wenn nicht die Eingeweide ich vor meiner Feindin mir selber zerschneide.«
Qaidâfe gibt Iskandar einen Rat Qaidâfe musste wohl über ihn lachen, seinen Mut und sein wütendes Wortemachen; sie sagte: »Oh Chosrau, so löwenblütig, mach aus Mut dich selber nicht übermütig! Nicht durch deine Macht starben Fôr von Hind und Dârâ Sohn Dârâbs und Helden von Sind. Ihre Zeit war vorbei, die einstmals so gross; dir gewährte das Schicksal ein besseres Los. Deine Mannhaftigkeit machte dich also dreist, als ob über Raum und Zeit Meister du seist. Von Gott stammt alles, was je dir gelang, und ihm wisse Zeit deines Lebens Dank! Du sagst, alles Wissen der Welt sei dein, doch scheint mir dies Reden nicht richtig zu sein. Was willst du dir denn für dein Wissen kaufen, kommst du so in den Rachen des Drachen gelaufen? Du nähtest dir jung schon das Leichengewand, indem du dich selbst zum Gesandten ernannt. Doch Blut zu vergiessen ist nicht mein Brauch, noch grundloser Angriff auf Fürsten auch. Wird zur Tat einem König die Macht gewährt, so übe er Gnad’ und sei rechtsgelehrt.
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Ein König, der Blut vergiesst, der wird dort nur Feuer erschaun an dem endlichen Ort. Du sei in Sicherheit! Froh zieh von hinnen und dann such was Neues zu beginnen. Das Erscheinen als Bote stell aber ein, denn dass du Iskandar bist, weiss jeder Stein. Ich wüsste keinen der Leute von Grösse, von dessen Gesicht kein Portrait ich besässe, auf Seide gemalt in solcher Art und einem vertraut, der es sorgsam wahrt. Eines Sternkenners Urteil hol ich drob ein: ›Bin ich sicher vor ihm? Muss in Angst ich sein?‹ Ist gnädig dieser beratende Mann, sagt Mann und Weib er ihr Schicksal an. Solange du bleibst, heisst du Bîṭaqûn hier und demgemäss setz ich dich weit von mir, damit dein Geheimnis keiner erfährt noch auch den Klang deines Namens hört. Ich will dich in Freundschaft zur Heimat entlassen, doch musst du in Selbstbeherrschung dich fassen. Verpflichte dich auch, dass du nicht meiner Landschaft noch meinen Kindern und weitern Verwandtschaft dich übelgesinnt oder feindlich erweist und dir ebenbürtig im Lande mich heisst.« Dies hörte Iskandar voll Freudigkeit und von Ängsten und Todesfurcht befreit; er schwor beim Gerechten, der ewig währt, beim Messiasglauben und bei seinem Schwert: »Solange du hofhältst oder dein Sohn oder deine Verwandschaft hier sitzt auf dem Thron, will ich nur zum Guten und Rechten mich lenken und an keine Lüge und Falschheit denken.« Qaidâfe sprach, als geschworen der Eid: »Noch ein Rat bleibe dir nicht in Verborgenheit! Wisse denn: auf meinen Sohn Ṭainȏš hat nicht den mindesten Einfluss mein Wille und Rat.
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Ein Windbeutel ist das und Eidam des Fôr. Von nah nicht noch ferne komm ihm zum Ohr, dass du mit Iskandar in einer Haut steckst und dass du als Freund dich ihm fühlst allernächst. Zur Rache für Fôr würde Krieg er ansagen und im Kampfe den Himmel zur Erde tragen. Nun schau, dass du froh zur Halle gelangst, und lass nichts verlauten von Weltenangst.«
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Iskandar findet einen listigen Ausweg betreffs Ṭainȏš Iskandar, das Herz wie ein Berg so schwer, als ein Forscher gedachte des Todes er. Wegen Qaidâfes braucht er die Stirn nicht zu falten und das Herz nicht von Wünschen zurückzuhalten. Er verbrachte die Nacht. Wie der Morgen erschien, ging er aus der Halle zur Königin. Die Gebieterin sass im geschmückten Haus, rings um sie her war ein Blumenstrauss, (die Decke aus Gold und aus Elfenbein,) in das Gold gefasst mancher Edelstein, ein moschusduftender Strauss vor dem Thron und der eine und auch der andere Sohn, Ṭainȏš und Qaidǝrôš, die Rosse bezähmen, um Qaidâfe’s Wort entgegenzunehmen. Da sprach zu der Mutter ihr jüngeres Kind: »Oh Fürstin im Glückstern, gerecht stets gesinnt, verfahre mit Bîṭaqûn solcherweise, dass zufrieden und froh mit dem Führer er reise, auf dem Weg ihn keinerlei Mangel quäle und niemand ihn zu den Feinden zähle. Denn er ist mir der reine Lebensquell und ich glaube, die Welt ist durch ihn mir nur hell.« Die Mutter sprach zu ihm: »Ich will ihn so ehren, 927 ihr jüngeres Kind: Qaidrôš
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dass ich seine Grösse dadurch mag mehren.« Zu Iskandar sprach sie: »Nun leg an den Tag, was geheim bei dir im Verborgenen lag. Was forderst du? Was ist Iskandars Plan? Was weisst du von Iskandar? Und wer ist sein Mann?« Iskandar sprach: »Oh Gebieterin, mein Verweilen bei dir zog sich lange hin. Er sagte mir: ›Geh, den Tribut verlange! 935 Ich führe das Heer hin, verweilst du zu lange; dann lass ich das Land ihr nicht, Krone und Thron, nicht Glanz und nicht Glück, nicht Lust und nicht Lohn.‹«
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Ṭainȏš, der Sohn der Qaidâfe, 1862 M wird gegen Iskandar ergrimmt, und Iskandar wendet gegen ihn eine List an Als Ṭainȏš die Worte Iskandars vernahm, war’s wie brausender Sturmwind, was ihn überkam. Er rief: »Du vernunftloser Niemand du, dich zählt keiner der Männer den Männern zu. Vor wem du jetzt stehst, hast du, scheint’s, nicht bedacht. Thron nicht über der Königin! Prahl nicht mit Macht! Voll Ungestüm und voll Stolz ist dein Geist. 940 Willst du mir nicht sagen, dass selbst Schah du seist? Und gäbe es nicht den Glanz dieser Krone, dein Haupt riss’ ich ab wie vom Stiel die Zitrone, noch heute Nacht wieg’ ich aus Schmerz um Fôr dem Heer das vom Leibe getrennte vor!« Der Mutter entfuhr über ihn ein Schrei; zu wirr erschien ihr die Kriegsraserei. sie sagte zu Ṭainȏš: »Das sprach ja nicht er! Zieh die Haut dem ab, der ihn sandte hierher!« Sie befahl sodann: »Bringt ihn fort aus dem Haus, 945 weg von meinem Sitz ins Gefilde hinaus!« (Dann sprach sie zu ihm: »Überhitziger Schädel, 935 Er: Iskandar
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zeig keinen Charakter, der so wenig edel! Denn dein Bruder Qaidǝrôš wurde doch freigelassen vom König und kam herbei. Du sollst gegen ihn solche Sprache nicht führen, noch will solcher Ungestüm sich gebühren.« Der Sohn ging hinaus voll Schmerz und voll Wut, beide Augen rot von des Herzens Blut.) Sie sprach insgeheim zu Iskandar indessen: »Ṭainȏš, unbeherrscht und dämonbesessen, darf nicht insgeheim eine schädliche List ins Werk setzen, die voller Unheil ist. Du bist ein Mann von Verstand und Erfahrung; hab gehörig acht auf richt’ge Gebarung!« Iskandar sprach drauf: »Am besten wird’s frommen, du lässt den Ṭainȏš zurück wieder kommen.« Die Gebieterin rief drauf zurück ihren Sohn und wies einen Sitz ihm an bei dem Thron. »Wahr Ruh«, sprach Iskandar zu ihm, »wenn du willst, dass deines Herzens Begehren du stillst. Ich will deshalb an dir keine Rache nehmen, allem, was du auch sagst, mich anbequemen. Iskandar gab mir diese Position, der König ist mit Krone und Thron. Als Gesandten schickt er mich zur Fürstin hin, zu fordern Tribut von der Königin, damit, wenn sich üble Folgen ergäben, sie feindlich sich auswirkten an meinem Leben. (Lass ein zweitesmal, Königssohn, oh vernimm, nicht an mir aus deinen Zorn und Grimm! Denn ich selbst bin von ihm sehr beleidigt worden und habe die Absicht gefasst, ihn zu morden. Von mir sei er deiner Hand unterstellt: sie befreit mich, befreit von ihm sie die Welt. Meine Geheimnisse sind dir verborgen und meine nutzenbewirkenden Sorgen.) Ich bring’ den Bescheid sogleich ihm zurück
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und bestimme des Königs Willen mit Glück. Ich bring’ ihn, gerät in die Hand er mir, aus seinem Aufenthalt hin zu dir; es soll dann kein Heer sein um seine Person, kein Schwert sollst du sehn, nicht Krone, nicht Thron. Was wirst du für dieses Reich mir schenken, mit welchem Wohlwollen meiner gedenken?« Ṭainȏš sprach: »Die Rede, die du gehalten und die ich gehört, die darf nicht veralten. Wenn du das, was du sagst, auch wirklich vollbringst, dich bemühst und mit reinem Willen erzwingst, will ich, was es da gibt an Schätzen und Rennern und an den König verehrenden Männern, dir schenken und Dank dir noch wissen dazu; als Held und als Weiser gelte dann du, sei meine vortreffliche rechte Hand und sei mein Schatzmeister in diesem Land!« Iskandar kam von dem Sitze herab, worauf zum Vertrag er den Handschlag gab. Da fragte ihn Ṭainȏš: »Welche Zauberkunst ist denn dir im Sinn gelegen? Was planst du an Listen?« Er sprach: »Kehr ich von der Königin zurück, so begleitest du mich auf der Reise ein Stück. Aus dem Heer nimm mit dir tausend Reiter, durchwegs bekannt kriegserfahrene Streiter; am Wege erseh’ ich dann wo einen Wald, mit dem Heer leg ich dich in den Hinterhalt; ich ziehe vor dir dann zu ihm hin, um zu erspähn seinen freundlichen Sinn. Ich sage: ›Sie schickt soviel Schätze her, dass an Schätze du magst gar nicht denken mehr.‹ (›Zugleich bringt der ältre Sohn namens Ṭainus dem Schah eine Botschaft sowie einen Gruss.‹) Der Gesandte sagt nun: ›Geziemend nicht wär’s, 970 zu ihm: Iskandar 972 Der Gesandte: Ich – der Gesandte – sage dann zu Iskandar.
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käm ich vor den König inmitten des Heers. Beliebt’s wohl dem Schah, mit den Priestern und Weisen Ṭainȏš als dem Boten entgegenzureisen?‹ Diese Kostbarkeiten, wenn er sie erblickt, nimmt er an, alle Schätze, ihm zugeschickt. Er kommt, da dich er sieht ohne Heer, und der Weg steh’ ihm offen zur Wiederkehr. Wenn er meine höflichen Worte vernimmt, errät nicht meinen listigen Plan er bestimmt; er kommt in den Schatten der Bäume gegangen, (um den Thron und die Krone von dir zu verlangen.) Mit dem kriegrischen Heer umringst du ihn nun und kannst von dem Kreisen des Schicksals ruhn. Vergeltung für mich ist’s, erfüllt dein Begehren, deine Ruhe sucht künftighin niemand zu stören. Wenn du ihn ergreifst, will ich ihn bewachen, was du immer befiehlst, das will ich machen. Alsdann wird mein Wunsch in Erfüllung gehn und mein Handel in vollem Glanze stehn. So bring denn viel Kostbarkeiten her und Rosse gezäumt und ein Dienerheer.« Ṭainȏš vernahm es und freute sich, wobei einer edlen Zypresse er glich. Er gab ihm zur Antwort: »Ich hoffe beherzt, dass bald der hell-lichte Tag sich ihm schwärzt, dass er unversehens im Netz mir hängt ob des Bluts, mit dem er die Welt besprengt, so Dârâ’s, Sohn Dârâs, der Helden von Sind und des tapferen Fôr, des Helden von Hind.« Als Qaidâfe hörte Iskandars Wort, durchschaute ihr Herz seine List sofort, sie wurde von heimlichem Lächeln befallen und barg unterm Linnen die beiden Korallen. Iskandar jedoch trat aus ihrem Palast, sein feiner Geist voll der Sorgenlast.
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Vertrag Iskandars mit Qaidâfe und seine Rückreise
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Mit Listsuchen bracht’ er die Nacht auch hin. Als die Sonne zeigte die Borte von Čîn, vom Berg erhob das goldne Fanal, violette Seide sich senkte zu Tal, begab sich Iskandar zur Fürstin; es brach die Dienerschaft auf aus dem Throngemach. Sie liess, wie’s ihr Brauch war, absteigen ihn und der Weltenherr schritt zur Gebieterin, da man dem Gesandten rasch Eintritt gewährte, in Qaidâfe’s Gemach, das von Fremden geleerte. Er sprach, als er sie auf dem Throne sah: »Es bleib deinen Plänen der Glückstern stets nah! Beim Allwisser, der meinem Wort Bürge ist, beim Gesetz und Glauben von Kreuz und Christ, beim Messiasglauben und rechten Befehle, bei der starken Königin Haupt und Seele, beim Gürtel des Pfaffen und heiligen Geist sieht mich künftig das Land nicht, das Andalus heisst, noch schicke ich Heere, die kriegerischen, und ich will auch keinerart Listengift mischen. Deinen Sohn soll von mir aus nichts Böses ereilen, durch mein Tun nicht noch auch durch Befehlerteilen. Die Treue zu dir bind’ ich mir auf die Seele; ich suche nach nichts, was dich drücke und quäle. Mein Bruder sei, wer dir Gutes begehrt, und dein Thron sei gleichwie das Kreuz mir wert.« Qaidâfe nahm Kenntnis voll Herzlichkeit von dieser Verpflichtung unter Eid. Goldne Thronsessel stellte sie überallhin im Saal und davor die Zierden von Čîn; die Grossen und Reichen berief sie sodann und wies allen die goldenen Thronsessel an. Die zwei werten Söhne berief sie hernach
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und die Sippe, die sämtliche, in das Gemach. Sie sprach: »In diesem vergänglichen Haus zahlt viele Bemühung sich wirklich nicht aus. Mir soll nur nicht des Geschickes Kreisen den Krieg und die Rache als Los zuweisen. Iskandar will halt nicht kriegsmüde werden, und müsst’ er den Himmel bringen zur Erden. Mit uns will er Krieg vonwegen der Schätze; 1010 alle Schätze sind’s wert nicht, dass man sich hetze. Meine Ansicht geht dahin, mit ihm nicht zu streiten, um dem Reich nichts Bedrohliches zu bereiten; wir wollen ratsame Antwort ihm geben und durch unsern Rat sein Haupt erheben. Wenn trotz meinem Rat er zum Krieg hinlenkt und nicht an Vertrag und Verpflichtung denkt, dann soll mit dem Heer so bereit er mich finden, dass Sonne und Mond mit ihm Mitleid empfinden. Die Erfahrung soll nicht zu Schaden ihn führen 1015 und die Freundschaft zwischen uns nicht berühren. Was sagt ihr? Was gebt ihr ihm für Bescheid? Seid glückhaften Rat mir zu geben bereit!« Alle Edlen hoben die Häupter empor und bereiteten sich zur Antwort vor. Sie sprachen: »Oh Klügste der Königinnen! Eines Fürsten wie du kann sich keiner entsinnen! Du sagst wohl das, was am meisten nützt. Heil dem Lande, das solch eine Fürstin besitzt! Wird dir zum Freunde der Padischa, 1020 was verlangst du noch andere Männer da? Weder kommt dein Schatz unter seine Hand noch lohnt einer die Müh, die du drauf verwandt. Bist Iskandar du denn, der da kam aus Byzanz, mit dem Schwerte zum Meer macht das Antlitz des Lands, dass von dir er mit Reichtum nachhause kehrt; ist der Reichtum der Welt keinen Heller doch wert. Wir sehn keine Möglichkeit als nur den Frieden.
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Ein weiser Mann hat den Krieg stets vermieden.« Als die Rede sie hörte dieser ihr werten rein-verständigen Männer und gelehrten, holte sie aus erschlossenem Schatzkammertor nebst Goldschmuck des Vaters Krone hervor; so kostbar war die, dass im ganzen Land der Juwelen Wert keinem war bekannt. Sie sprach zum Gesandten: »Kein andrer, ich weiss, besitzt solch ein Stück; es ist ohne Preis. Ich hielt es für passend zur Fürstenkrone, so wählt’ ich es aus meinem edlen Sohne.« Sie besass einen Thron, der hatt’ siebenzig Stücke, die verband ein Eröffner von gutem Glücke, ganz dicht das eine ins andre verwoben, mit Kunst drauf gesponnen ein Goldfaden oben; die Füsse enden in Häupter von Drachen; der Juwelenwert war nicht auszumachen, nämlich vierhundert Königsjuwelen, in ihnen auch eine Anzahl von roten Rubinen; von zwein war einen Miṯqâl jeder schwer, in der Farbe glich einem Granatenkern er. Vierhundert rohe Smaragde schienen wie das Grün im Regenbogen zu grünen. An Stoffen die Last für vierzig Kamele: wie das Meer wogte drob eine Weiberseele. Fünfhundert an Elefantenzähnen, Überzähnen, die über Meilen sich dehnen; an Panterfellen – man nennt sie Berber – waren mehr als vierhundert da für den Gerber; tausend Antilopenhäute, sehr scheckig, in allen erdenklichen Farben fleckig; auch der Jagdhunde hundert, und zwar so schnelle, dass noch vor dem Pfeil sie sah die Gazelle. Nach diesen brachte man zweihundert Stiere; ihre Sklaven trieben vor diese Tiere; dann vierhundert Thronsessel, seidebekleidet –
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solche Sessel, die man aus Ebenholz schneidet – und weitere vierhundert aus frischem Holz, mit Wachs gewichst in der Farbe des Golds. Dann führte man edle gerüstete Rosse mit kostbaren Dingen heraus aus dem Schlosse; tausend indische Schwerter und Dolche als Waffen sowie Panzer zum Kampf liess herbei sie schaffen und an Helmen und Hauben zwölfhundert Stück. Zum Schatzmeister sprach sie: »Jetzt halt nicht zurück! Zähl es vollständig vor dem Bîṭaqûn! Und er soll, was zu tun ist, morgen früh tun.« Als die Morgenröte ihr Banner erhoben und das Violette wie Kampfer ward droben, die Erde erfrischt, das Gebirg wie Sandrak, erscholl aus dem Schlosse der Trommelschlag. Iskandar setzt seinen Fuss auf das Pferd, mit Erlaubnis, dass er zur Heimat kehrt’. Das Heer auch liess Ṭainȏš steigen zu Ross und führt es vom Lager zu Qaidâfes Schloss. Zu Qaidâfe sprach er: »Bleib heil immerzu! Die Welt sei die Kette, der Einschlag seist du!« So zog von Station zu Station immer fort das Heer bis zu jenem erwähnten Ort, den der edle König zum Lager bestimmt, Iskandar, der Glück zum Genossen stets nimmt. Das Gepäck liess er abladen in jenem Wald; einen Bach gab’s und Bäume dort mannigfalt. Zu Ṭainȏš sprach er: »Hier halte Rast! Nimm den Becher zur Hand, wie erholt du dich hast! Ich gehe. Was ich sagte, das greif ich jetzt an und bringe zur Ausführung meinen Plan.« Als Iskandar nun seinen Palast betrat, kamen sämtliche Truppen herangenaht 1049 Sandrak: auch Sandarach – das Naturharz versch. Nadelbäume ist Grundstoff für Firnisse, Polituren und Lacke roter oder gelber Farbe
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mit vielen Rufen froher Entzückung und der königlichen Krone Schmückung; denn sie hatten die Hoffnung schon aufgegeben, keiner glaubte, ein Wiedersehn zu erleben. Alle Krieger, die Zungen voll Willkommgrüssen, legten jeder die Häupter ihm zu Füssen. Vom Heere wählte der König sodann aus den edlen Romäern tausend Mann; gepanzert, die Keulen mit Köpfen von Stieren, sah man kampfbegierig die Helden marschieren. Sie schlossen mit ihren bewaffneten Reihn jenen Wald im Kreise rundherum ein. Iskandar rief: »Oh du hitziger Mann, steht der Kampf jetzt mehr oder Flucht dir an?« Da zitterte Ṭainȏš, wo er sich befand, und bereute tief, was er klug geplant; und er sprach: »Hochgesinnter Schah, es geht dir das Lob wohl vor als wenn man dich schmäht. Dem Vertrag mit der Mutter entspricht das schlecht. Versprachst du ihr nicht, du wichst nicht vom Recht? Wie an Qaidǝrôš, meinem Bruder, handle grossmütig an mir und zum Rechten wandle!« Iskandar sprach: »Was mag dir wohl lähmen, mein Fürst, die Kraft zu dem Unternehmen? Vor mir bist du sicher. Du brauchst nicht zu bangen. Von mir soll nichts Widriges zu euch gelangen. Vom Vertrage mit Qaidâfe weiche ich nicht. Kein guter Fürst, wer Verträge bricht!« Da stieg Ṭainȏš herunter vom Pferde und küsste sehr niedergeschlagen die Erde. Der Weltenherr fasst seine Hand mit der Hand, sowie er geknüpft des Vertrages Band, und sprach: »Sei unbesorgt ruhig und kühl; ich heg’ gegen dich kein Rachegefühl. Deine Mutter sass auf dem Thron im Palast, da hab’ so mit der Hand deine Hand ich gefasst
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und gesagt: ›Die Hand des Königs im Reich leg’ damit ich in deine Hand zugleich‹ Damals wurde auch meine Verpflichtung vollkommen. Leere Königsworte wollen nichts frommen. Iskandar bin ich, wie ich’s damals auch war. Dies mach’ ich in Güte dir hiemit klar. Qaidâfe erfuhr auch an jenem Tag, dass in ihrer Hand die des Königs lag.« Der Dienerschaft sagte der Kaiser: »Ohn’ Säumen stellt auf einen Thron unter Blütenbäumen!« Einen Tisch liess er ebenfalls bereiten und Wein liess er bringen und Spieler auf Saiten. (So waren sie lustvolle Zechgenossen, die fröhlich rubinfarbnen Wein genossen.) Auch aus Rûm und aus Čîn die Königsgewänder und aus Persien verschenkte Iskender; seinen Helfern gab Silber und Gold er zum Lohne und wem es gebührte auch Gürtel und Krone. Zu Ṭainȏš sprach er: »Verweil dich nicht hier! Dieser Wald ist sehr fern und er ziemt nicht dir. Qaidâfe richt aus: ›Oh Gebieterin mit dem klugen Rat und dem herzhellen Sinn, bis zum Tod wahr’ ich Treue dir unverwandt, mein Sinn ist voll Liebe zu dir bis zum Rand.‹«
Iskandar kommt ins Land der Brahmanen Von dort aus liess er ohne Verweilen sein Heer zum Land der Brahmanen eilen, darüber, was einstens sich zugetragen, diese reinen Asketen zu befragen. Als vom König die Kunde erhielt der Brahman, er führe von dorther ein Heer heran, da kamen die Gottesverehrer zutal und traten zusammen in grösserer Zahl. Einen Brief schrieben dann diese Weisheitspender »an den König der Mȏbads, an Iskender«.
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An den Anfang war Bitte um Segen gestellt des Erhalters für den König der Welt. »Der König sei ständig in Siegesverklärung durch Machterweitrung und Wissensmehrung!« Sodann hiess es: »Oh König, oh starker Held, Gott gab dir die ganze, die grosse Welt; musst du gegen dies wertlose Land just was planen, Sitz gottesverehrender Brahmanen? Kommst du in unser Land wegen kostbarer Dinger, so ward zweifellos dein Verstand geringer. Askese und Wissenschaft sind uns beschieden; durch die Wissenschaft ist unser Geist voller Frieden. Nie kann man uns rauben unsre Askesen und Wissenschaft ist nie jemand schädlich gewesen. Du siehst hier nur eine Herde, ganz nackt, die ein Schneesturm auseinander gejagt. Solltest das Weilen hier lange du finden und nach Kräutersamen Bedürfnis empfinden, so naht dir ein Bote mit einem Schurz um die Mitte von Wurzeln anstatt eines Gurts.« Iskandar erblickte so Brief wie Boten, hielt aufrechte Freundlichkeit für geboten, liess das Heer verharren am selben Ort und zog mit den edeln Romäern fort. Die Gottesverehrer kamen entgegen, als sein Kommen sie hörten, auf seinen Wegen; sie brachten ihm manches Ding ohne Wert, nicht Schatz, Saat noch Ernte war ihnen beschert; sie boten ihm alle Heil und Gruss, dem weltbeherrschenden Sohn Failaqûs. Als Iskandar in Sicht der Brahmanen kam und ihre derartigen Rufe vernahm – im Gebet wandeln sie, Haupt und Füsse bar, des Geistes Frucht Wissen, der Leib unfruchtbar, Pflanzenblätter die Kleidung und Früchte die Nahrung, vor Fest und vor Kampf in beständiger Wahrung,
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Speisen, Schlaf und Ruhe auf Berg und Feld, nackt überall, wo sich mehre gesellt, Obstbaumfrüchte ist alles, was sie geniessen, und Samen von Kräutern, die Bergen entspriessen. Das ganze Gefild war Revier dieser Beter, ihre Nahrung die Kräuter, die Decke der Äther. Nach Schlaf und nach Kost stellt Iskandar Fragen, C 1114.2 (nach Musse und guten und stürmischen Tagen:) »Was ist euch vom Guten der Welt zugeteilt? Das Schicksal trennt nicht, was Gift ist, was heilt.« Ein Verständiger sprach: »Oh Fürst, man spricht bei uns von Kampf und von Ehre nicht. Nach Decken und Teppichen und Gewanden und nach Speisen ist kein Bedürfnis vorhanden. Nackt sind wir, wenn uns die Mutter gebiert; was soll’s, dass man viel mit der Kleidung sich ziert? Bis du nackt schliesslich wieder zur Erde gelangst: inzwischen ist alles Furcht, Bangen und Angst. Die Erde das Kissen, der Himmel zur Decke: bis das Ende dir naht, hab das Aug auf die Strecke! Wie müht sich, wer Weltherrschaft begehrt! Ziel und Mühe sind doch keinen Heller wert. Zieht aus der vergänglichen Welt er davon, so lässt er zurück so Schätze wie Thron. Doch das Gute wird mit ihm weiterwallen, wenn auch Haupt und Thron zu Staub zerfallen.« Iskandar fragte: »Was überwiegt, was geheim oder was zutage liegt? Ist des Lebenden mehr oder des was verschieden, sodass es nichts mehr bedarf hinieden?« Also gab er Antwort: »Du, oh Schahrjâr, zählst des Toten hunderttausend fürwahr und keiner ist lebend von diesen allen. Heil ihm, der nicht in die Hölle gefallen! C für 1126–1127 (Also gab er Antwort: »Oh Schahrǝjâr, des Geheimen ist mehr als was offenbar;
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hunderttausend des Lebenden zählst du fürwahr und sogar mehr noch, oh Schahrǝjâr.«) Auch der Lebende muss zu den Toten wandern; im Gehn übergibt er den Posten dem andern.« »Ist des Trocknen oder des Wassers mehr, worauf die Sonne glänzt?« fragte er. Der Brahmane liess drauf die Antwort ergehn: »Das Wasser hat gut auf die Erde zu sehn.« Er fragte: »Wer ist aus dem Schlafe erwacht? Wer hat sich auf Erden schuldig gemacht? Mögen leben sie, regen sich, letzten Ends weiss keiner den Zweck seiner Existenz.« Der Brahmane erwiderte also Iskender: »Oh reinherziger Fürst, geheimniserspähender, (so wisse, erwacht heisst jener mit Fug, dem von der Welt schon ein Bisschen genug) am Schuldigsten scheinen die Siegreichen mir, die Vernunft verloren aus Hass und Gier. Und willst du dieses gehörig verstehn, so musst du genau auf dich selber sehn. Vor dir liegen aller Welt Länderein; du behauptest, der Himmelskreis sei auch dein. Deine Absicht geht immer wieder auf Mehr: ihren Kern geb die schwarze Erde dir her. Die Habgier ist eine Hölle Iskendern! Vielleicht dient dies Wort, um dein Wesen zu ändern.« Dann sprach er: »Wer beherrscht unsern Geist? Wer ist’s, der mit Trug als Weggesell reist?« Die Antwort war: »Herrscherin ist die Gier; auf sie gründet sich Hass, Sünde lebt von ihr.« Er fragt’: »Was mag Wesen der Gier dir erscheinen, da Überfluss Ursach bietet zum Weinen?« Die Antwort: »Zwei Teufel sind’s, Gier und Not, von denen wird ständig die Welt bedroht. 1130.2 Das Wasser … zu sehn: Dürfte wohl den Sinn haben (Mohl): Das Wasser ist der Wächter der Erde.
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Dem einen macht Mangel die Lippen trocken, dem andern der Reichtum den Nachtschlaf stocken. Und beide erlegt ein böser Tag. Wohl dem, dessen Seele Verstand pflegen mag!« Da Iskandar dies hörte, ward sein Gesicht wie gelblicher Bockshornklee so licht, fahl die Wangen, die Augen feucht überwallten, das lächelnde Antlitz zog sich in Falten. Drauf sagte der mächtige König zu ihnen: »Was bedürft ihr? Womit könnt’ ich euch wohl dienen? Euretwillen wär’s mir um Schätze nicht leid und ich wär’, mich zu mühen, stets gerne bereit.« Da sprach einer: »Oh hocherhabener Herr, das Tor uns von Alter und Tod versperr!« Worauf der König zur Antwort gab: »Den Tod stellt ja doch kein Mittel ab. Du kannst aus den scharten Klaun dieses Drachen, und wärst du aus Eisen, nicht frei dich machen. Dem Jüngling, der längere Zeit hier verweilt, wird vom Tage des Alters kein Urlaub erteilt.« Der Brahmane sagte ihm: »Herrscher der Welt, in dem Wissen und Macht zu befehlen gesellt, da du weisst, es gibt keinen Ausweg vom Tod und das Alter ist allerbitterste Not: was bist du, die Welt zu erobern, bemüht Beriechst töricht die Blume, die giftig blüht? Bleibt von dir denn übrig, worum du dich mühtest? Der Ertrag geht zum Feind und der Schatz, den du hütest. Weshalb nimmst du auf dich solche Mühseligkeit? Weil du unwissend bist und nicht recht gescheit. Eine Botschaft vom Tod ist das weisse Haar: was hoffst also zu leben du immerdar?« Also sprach der Fürst, dessen Herz hellen Blicks: »Wenn ein Knecht je durch Gnade des Geschicks einen Ausweg fände, dann ich ebenfalls
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durch Beschluss des kreisenden Weltenalls, da weder ein kluger noch kriegskund’ger Mann dem Geschick selbstättig entgehen kann. Wer im Krieg mit mir ferner den Tod gefunden, wem bestimmt war, vorüber sei’n seine Stunden, war der Qual und des Blutvergiessens wert, denn dem Frevler wird nie Befreiung gewährt; die Vergeltung Gottes wird jene erfassen, die jemals den Weg der Vernunft verlassen. Wer ist’s, der dem Willen Gottes ein Ende, vom Wirken des Schicksals den Ausweg fände!« Einen jeden beschenkte er mannigfalt und nahm dort nicht langen Aufenthalt. Jenes Land verliess er dann ohne Pein und schlug den Weg gegen Westen ein.
Iskandar gelangt zum Westmeer und ins Land Ḥabaš Vom Land der Brahmanen kam er mit dem Heer zu einem endlosen tiefen Meer. Die Männer gingen verschleiert wie Weiber, in Farbe und Duft gehüllt ihre Leiber; nicht Arabisch die Sprache noch Pahlawî noch Čînesisch noch Türkisch noch Chosrauwî. Sie nährten von Fischen sich allezeit und hatten keine Transportmöglichkeit. Iskandar wurde von Staunen befallen über’s Meer und liess Gottes Namen erschallen. Sogleich erhob sich ein Berg aus dem Meer frisch glänzend, als ob die Sonne er wär’. Iskandar suchte ein schnelles Schiff, um genau zu besichtigen jenes Riff. Da sprach einer der Königsphilosophen: »Über’s tiefe Meer ist kein Weg dir offen! 1168.2 Meer: Es ist aber wohl ein See (trotz des Wals!).
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Wart’, dass es jemand in Augenschein nehme, (dem grösserer Anteil am Wissen zukäme!«) Von Romäern und Persern dreissig Mann setzten sich in dieses Fahrzeug sodann. Jener Bergklotz war ein gelblicher Wal; der zog in Eile das Schiff zu Tal, sobald es ihm nur kam in die Näh’, und der Berg verschwand zugleich in der See. Das Heer und Iskandar, von Schrecken befallen, liessen jeder den Namen Gottes erschallen. Ein Weiser sprach: »Wissen ist das Beste, ein Wissender aller Grossen der Grösste. Wär’ der Schah gefahren und untergegangen, wär’ voll Blut die Seele aller Phalangen.« Von dort auch führte er fort das Heer; in Sicht kam ein neuer See nunmehr. Ringsum stand Röhricht wie Bäume so stolz, man glaubt, es sei hartes Platanenholz. Zehn Raš und mehr war dick das Gestänge und vierzig der Raš war das Mass ihrer Länge. Aus Rohrholz gebaut waren ganze Gassen und Rohr war als Fussboden eingelassen. Nicht ratsam war die Länge des Aufenthalts; das Wasser, untrinkbar, enthielt zu viel Salz. Dies Gewässer verlassend, gelangte er in Sicht von einem sehr tiefen Meer. Die Welt war hier schön und wie Honig die Flut und der Erdboden roch nach Moschus sehr gut. Sie tranken und trugen nach Schlaf Verlangen; da krochen gekrümmt aus dem Meer viele Schlangen, aus dem Busch feuerfarbne Skorpione in Menge; die Welt ward den Schlafenden finster und enge. Viele starben in jedem Winkel dahin, Gelehrte und Edle mit Heldensinn, indes überallher hundert Eber rannten 1185 Raš: Ellen (oder Spannen?)
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mit langen Zähnen wie Diamanten, mehr als rindsgross ein Leu von der anderen Seite, denen niemand gewachsen war im Streite. Vom Meer entfernte das Heer sich jetzt und das Röhricht wurde in Brand gesetzt. Sie töteten so viele von jenen Tieren, dass vom Heer kaum ein Reitpferd konnte passieren.
Iskandar gelangt in das Land Ḥabaš, führt Krieg und gewinnt den Sieg Von dort kam der König, der sonnengleiche, im Ansturme zu dem Ḥabašer Reiche. Durch die Menschen glich’s einer Rabenfeder; schwarzgesichtig und glutäugig war dort ein jeder. Ein Heer war’s voll Stärke und Körpergewalt, die Leiber nackt und hoch die Gestalt. Als von ferne sich zeigte der Staub von dem Volke, erscholl Geräusch bis zur schwarzen Wolke; ihres Heeres Menge wuchs zur Million und des Königs Auge ward finster davon. Das Heer wandte gegen Iskandar den Zug, wobei es sehr viele der Krieger erschlug. Sie führten Knochen an Stelle von Spiessen, womit sie die Leiber der Männer durchstiessen. Des Königs Befehl erging nun ans Heer, so Kriegsgerät aufzunehmen wie Wehr. Die von Ḥabaš zogen zum Kampf ganz nackt; das Löwenheer wurde von Sorge gepackt. Sie hieben zahllose von jenen zu Stücken; die Übrigen wandten dem Kampfe den Rücken. Die Oberfläche des Bodens schien vom vergossenen Blut wie das Meer von Čîn; das ganze Gefild war blutunterlaufen; und überall hoben sich Leichenhaufen; auf diese Hügel liess schichten Heu er; auf sein Geheiss legte daran man Feuer. 73
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In der Nacht erscholl Wolfsgeheul und -geschnaube. Iskandar legte Kampfrock an und -haube. (Eine Rossherde rannte voran diesen Tieren; am Körper glichen sie alle den Stieren). Elefantengross war eines ganz vorn, auf dem Kopf trug’s ein indigoblaues Horn. Viele Edle liess es im Tode erbleichen, viele Angriffe brachten es nicht zum Weichen. Ein Pfeil liess es schliesslich toben nicht länger: ein Erzberg der Elefantenfänger! Von dort führte fort das Heer er sodann und rief oft den Weltenschöpfer an.
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Iskandar gelangt ins Land der Weichfüssler und tötet einen Drachen Nun kam dem Land er der Weichfüssler nah, wo er ausblickend masslos viele Leute sah: nicht Ross und nicht Panzer, nicht Schwert und nicht Keule: jeder Held war schlank so wie eine Säule. (Als den Weichfüsslern näher kam das Heer, verdüsterte ihnen die Welt sich sehr). Ein Geschrei erscholl, das wie Donner erschien; (wie die Dȇws liefen nackt sie auf ihren Knien.) (Sie wandten das Antlitz iskandarwärts, kriegsgeübt der Leib, rachegierig das Herz). Einen Steinregen liessen stark sie ergehn, wie über die Bäume die Herbststürme wehn. Mit Pfeil und mit Schwert kam das Heer heran, als zöge der helle Tag Schwärze an. Nicht viele der Weichfüssler konnten entrinnen. Iskandar hielt Rast und zog dann von hinnen. Und zu einer Stadt gelangte er da, von der man nicht Mitte noch Enden sah. Nach Brauch kamen alle entgegengegangen, mit offenem Herzen und ohne Verlangen.
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Sie brachten Teppiche und Gewänder und Nahrungsmittel hin zu Iskender. Er befragte sie höflichst und hernach sorgt’ er für ein angemessnes Gemach. (Er hiess drauf alle Leute, nicht bloss die Gemeinen, nein, auch die Edlen, Reichen und Feinen, ins Tal Teppiche legen sowie mit Seidenbrokaten den Sandwüstenboden bekleiden). Sie errichteten dann ein Königszelt 1225 und das Heer schlug ein Lager auf in dem Feld. (Sie wandten sich zur Musik, hier er, dort die Reiter und Ehrgeizbeseelten vom Heer. So brachte der Schah manche Tage zu: bald Fest und Gelage, bald Zeit der Ruh. Das Heer ruhte aus von Kampf und Schlacht, das viel Hitze und Kälte schon mitgemacht. Dann wollt’ er die günstige Stunde erspähn, den Tag des Glückes zum Weitergehn; von jedem holte er ein eine Kunde, doch glückhaften Rat wusste keiner zur Stunde.) Einen Berg sah er zu den Sternen ragen, dass man meinte, er wolle den Himmelskreis tragen; nur wenige Leute, die darauf erschienen; in der finsteren Nacht blieb keiner von ihnen. Iskandar fragte sie, wo der Weg wäre, auf dem er ziehn müsse mit seinem Heere. Sie riefen jeder: »Heil dir, Iskender, dem berühmten Könige aller Länder! Durch Ersteigen des Bergs kannst hinüber du kommen, 1230 und bist du als Führer hinübergeklommen, so haust ein Drache am anderen Hang, dessen Giftwirkung selbst jeden Wolf bezwang. Ein Heer wagt es nicht, ihm vorüber zu gehn, er lässt Gifthauch empor bis zum Monde wehn; 1226.2 den Himmelskreis tragen: W: den Himmelskreis (herab)ziehn.
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im Rachen entzündet er Feuerbrand, im Strähnenpaar fängt sich ein Elefant. Ihm zu widerstehn fehlt uns allen die Macht; er braucht fünf Rinder zum Frass jede Nacht; wir kaufen sie unterwürfig ihm ein und treiben voll Angst sie in’s Berggestein, damit er nicht komme auf diese Seite und Schar auf Schar uns Qualen bereite.« (Als die Zeit war genaht für des Drachen Mahl, traf unter den Kriegern der Fürst eine Wahl. Es verbot der Sucher der Diademe, dass an diesem Tage er etwas bekäme. Als die Frasszeit verging, da schoss wie Feuer zu der steilen Stelle das Ungeheuer. Iskandar befahl nun, dass sein Heer Pfeile regnen lasse von obenher. Schwer ging der Atem dem grossen Drachen; er sog mehrere Männer in seinen Rachen. Iskandar Sohn Failaqûs befahl nun der Pauken Gedröhn und der Trommeln Schall. Feuer fachten sie an aller Orten und Enden und allüberall flammt es von Feuerbränden. Als der Berg erfüllt war vom Trommelgetöse, zog sich angstvoll das Tier zurück, das Böse. Als die Sonne ihr Haupt hob vom Sternbild des Stiers und die Lerche war Sängrin des Rosenreviers.) Da gab Dirham der Kriegsherr aus seinem Schatz und bracht’ selber fünf Rinder auf jenen Platz; er schlachtet sie, zog über’s Haupt ihre Haut – derart’ge Magie macht menschenvertraut –, mit Nafta und Gift füllt er das Fell und wandte das Antlitz zum Drachen schnell. (Die Haut blies er auf voll Wind sodann und rief den Geber des Guten an). Er befahl ihnen dann, die Haut aufzuheben und sie von Hand zu Hand sich zu geben.
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Als der König nun dem Drachen kam nah, eine schwarze Wolke schien er ihm da, die Zunge blau, beide Augen wie Blut, aus seinem Rachen kam Feuersglut. Sie warfen ein Rind, das vom Berggipfel rollte, da man den Drachen so einfangen wollte. Hinab trug der Drache das Rind wie der Wind, wie vom Griffe der Tapferen frei war das Rind. Als so Haut wie Fleisch er in sich geschlungen, und das Gift in den ganzen Körper gedrungen, da bohrt’s in die Därme ihm Loch auf Loch, worauf es ganz frech bis zum Hirne kroch. Er legte das Haupt auf das Felsgestein, dann trat eine längere Pause ein. Einen Pfeilregen sandte das Heer auf ihn nieder; der jagende Berg erhob sich nicht wieder; worauf sie von dort schnell herunterstiegen; den Drachenleib liessen verächtlich sie liegen. Einem anderen Berg zog er zu sodann, über den erstaunte der kriegrische Mann. Von weitem schon sah man ihn, da er sehr hoch; eines Schwertes Schneide schien droben das Joch. Einen Goldthron sah er auf des Berges Grat, dem die Masse fern und die Menge nicht naht, einen toten Greis auf dem Goldthron oben, im Tode auch noch majestätsumwoben, in eine seidene Decke gehüllt, am Haupt eine Krone, juwelengefüllt; von Silber und Gold war er rings umfangen; und keiner konnte zu ihm gelangen. Wer immer auf jenes Gebirge stieg, auf dass er vom Toten die Wertsachen krieg’, dem Furchtlosesten erbebten die Glieder, er starb und er sank zu der Erde nieder. Iskandar stieg auf des Berges Höh’, dass den Toten in Gold und Silber er seh’.
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Eine Stimme vernahm er: »Oh Königsheld, du endest die Tage auf dieser Welt. Viele Throne der Könige hast du gelichtet, dein Haupt bis zum Himmelskreis aufgerichtet; du richtetest Feinde und Freunde zugrunde; aus der Welt zu gehn kommt dir jetzt die Stunde.« Die Wange des Königs ward drob zum Fanal; er stieg von dem Berge, das Herz voller Qual.
Iskandar sieht Wunderbares in der Stadt Harûm
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Er begab sich nun mit den Edlen von Rûm zu jener Stadt, die man heisst Harûm, welche Stadt das Weibergeschlecht innehat; das lässt niemand passieren die Tore der Stadt. Auf der rechten Brust ist, wie bei andern Fraun, ein Granatapfel auf Seide zu schaun, doch wie die eines Kriegsmann die linke Seite, der am Kampftag den Panzer anzieht zum Streite. Als er kam in die Nähe der Stadt Harûm, haupterhoben mit Edlen von Rûm, da schrieb einen Brief er nach Regel und Recht, als wär’ es ein Mann aus hohem Geschlecht. Als Aufschrift: »Vom König von Îrân und Rûm an die Innehaber des Landes Harûm.« Den Schöpfer des Himmels nannt’ er beim Beginnen, von dem Gnade und Recht wir und Liebe gewinnen. »Wessen Geist begabt ist mit der Vernunft und wer nicht gehört zur Verleumderzunft, der hörte, was wir auf der Welt bereits taten und wie hoch unsre Fürstenmacht schon geraten. Wer von unserm Befehl das Haupt wendet weg, findet nur in der finsteren Erde Versteck. Es soll auf der Erde kein Ort bestehn, wo er unserem forschenden Blick könnt’ entgehn. (Nicht die Herrschaft zu mehren zieh ich umher, der Drang nach Wissen bedrängt mich schwer.
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Meiner Hand sei es fern, nach Reichtum zu fassen, und es möge Gerechtigkeit nie mich verlassen.) Wenn ich komme, so will ich mit euch nicht Streit, mein Herz steht nach Frieden und Festlichkeit. Habt ihr irgendeinen sachkundigen Mann, verständig und klar und der lesen kann, wenn er diesen ratsamen Brief vor euch liest, dann mög jeder, der unter euch Ehre geniesst, seine Mitte gürten, zu mir zu kommen, denn dieses Kommen kann jedem nur frommen.« Er befahl, dass ein Philosoph aus Rûm diesen Brief hintrage zur Stadt Harûm. (Viel der süssen Worte fügt’ er noch an; der Gesandte war ein verständiger Mann). Als zu jener Stadt nun kam der Gelahrte, waren’s Fraun und kein Mann, was er drinnen gewahrte. Alles Heer kam nun aus der Stadt heraus, den Romäer zu sehn, auf’s Gefilde hinaus. Die Ratgeberinnen der Stadt aber traten zusammen alle, den Brief zu beraten. Als den Brief eine Stadtgelehrte verlas, teilten alle die Herzensabsicht des Schahs. Sie sassen und schrieben das Antwortschreiben: »Mögest lang du, oh König, am Leben bleiben! Des Gesandten Sitzplatz ist vor uns gewesen und wir haben den Brief vollständig gelesen. Du weisst erstlich von Königen zu berichten und von alten Kriegs- und Siegesgeschichten; willst die Stadt Harûm mit dem Heer du berennen, wirst vor Huf und Ross du das Land nicht erkennen. Zahllos sind in unserer Stadt die Gassen, deren alle zehntausend Weiber umfassen; wir stecken nachts alle in Waffenröcken; nur mit der Vermehrung will es nicht flecken. 1289.2 flecken: ugs. zügig vorangehen, gelingen, klappen
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Einen Gatten besitzt von den vielen nicht eine, denn Jungfrauen sind wir, verschleierte, reine. Du kämst in dies Land von wo immer her, du siehst keinen Zugang als tiefes Meer. Eine jede von uns, die sich neigt dem Gemahl, deren Antlitz sahn wir zum letztenmal; sie muss setzen über die tiefe See, es mag Schönwetter sein oder Sturm und Schnee. Wenn von ihrem Gatten ein Mädchen ihr ward, Duft und Farbe suchend, nach Frauenart, die hat ewig in seiner Heimat zu leben und der hohe Himmel mag Luft ihr geben. Doch ist männlich das Mädchen, von stolzem Genick, dann schickt man sie nach Harûm zurück, während jene, die einen Sohn gebiert, jedes Anrecht, bei uns zu leben, verliert. Zehntausend der Jungfrauen jede Nacht die halten am Ufer des Flusses die Wacht, und jede von uns, die am Tage der Schlacht vom Ross einen Löwenmann sinken macht, setzen eine auf’s Haupt wir der goldenen Kronen und lassen sie über den Zwillingen thronen. Dreissigtausend mag sein unsrer Weiber Menge mit solch goldener Krone und Ohrgehänge, durch deren Faust von den Nackenstolzen am Kampftag einer in Staub zerschmolzen. Du bist gross und dein Name ragt hoch empor; versperre dir selbst nicht des Ruhmes Tor! dass sie sagen, du hättest Fraun angegriffen und nach dem Angriff die Flucht noch ergriffen. Zur Schande würde dir solches Gered, es veraltete nicht, solang die Welt steht. Beabsichtigst du, mit den Edlen von Rûm ringsherum zu gehn in der Stadt Harûm, 1295 die hat … zu leben: W: Das Haupt ist ewig ihr Ort und der hohe Himmel ihre Luft.
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und willst du Geradheit und Menschlichkeit wahren, so sollst du nur Gutes und Liebes erfahren. (Doch willst du, oh König, dich anders verhalten, so lässt du die Reihen der Schlachtordnung walten.) Sonst bringen so grosses Heer wir beherzt, dass das Antlitz von Sonne und Mond sich schwärzt.« Als das Antwortschreiben zuende gediehn, war ein Weib die Botschaftsbestellerin; sie zog aus mit Krone und kostbarem Kleid, zehn hübsche Reitrinnen waren Geleit. Als dem König nahte der Rosse Gang, entsandte er Krieger zu ihrem Empfang, worauf jene Edle den Brief überbrachte und der Heldinnen ganzer Botschaft gedachte, Iskandar sodann den Antwortsbrief las und einen Hellsichtig-Klugen erlas. Eine Botschaft sandte er ihnen und sprach: »Sei im Hirn der Menschen Vernunft stets wach! Kein König blieb auf der ganzen Welt, auf der Erde blieb kein namhafter Held, die nicht hinter mir alle stünden zurück, mögen gross sie auch sein und bei gutem Glück. Mir sind Kampferpuder und Staub, den man kehrt, und Fest und Gefecht von dem nämlichen Wert. Ein Kampf mit Weibern war nicht mein Ziel mit den Elefanten und Paukenspiel, mit dem Heere so gross, dass die ganze Erde vernichtet wird von den Hufen der Pferde. Meine Absicht ist’s nur, eure Stadt zu beseh’n, und kommt ihr zu mir, so mag es gescheh’n. Nach Besichtigung führ ich das Heer wieder fort; wir verweilen nicht lange an diesem Ort. Wir wollen sehn, wie’s um Brauch, Majestät, um Rittertum, Schönheit etcetera steht; euer Tun und Treiben will ich eruieren: wie kann ohne Mann denn das Weib existieren?
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Da es Tod gibt, durch wen entsteht die Vermehrung? Wie das enden soll, darüber brauch’ ich Belehrung.« Der Gesandte kam und er legte dar, machte offenbar, was Geheimnis war. Als die Grossen der Fraun sich zusammengefunden, ward ihr Herz von folgender Rede entbunden: »Wir wollen zweitausend Frauen erlesen, beredt und gelehrt, von verständigem Wesen, jedem Hundert verbunden der Goldkronen zehn, auf denen Juwelen verstreut zu sehn. Dies ergibt zusammen der Kronen zweihundert, deren jede als königswert man bewundert. Wir wogen und häuften zur Form eines Sattels; inbegriffen Juwelen wiegt jede drei Raṭls. Wenn wir wissen, der Bote sei ihm schon nah, gehen sämtlich entgegen wir dem Schah; denn es wurde Nachricht uns zugebracht, dass der König gelehrt sei, voll Würde und Macht.« Von der Botin wurde die Antwort bestellt; ihren Worten war die Vernunft gesellt. Vom Halteplatz führte Iskandar das Heer; die Weibergeschichte erstaunte ihn sehr. Er zog bei Sturmwind zwei Tagreisen weit; der Gipfel des Berges wurde beschneit. Viele Fussgänger wurden matt und zag vom Frost und vom Schnee an diesem Tag. Bei scharfem Frost zog zwei Tage er, bis eilig der Stadt nahe kam das Heer. Dann kam Rauch und ein schwarzes Gewölk zog herauf, über Feuer nahm, sagt man, das Heer seinen Lauf; die Schultern der Edlen gerieten in Brand, von den Hufen der Reiter erglühte das Land. 1330.1 Sattels: W: Hügels 1330.2 Raṭl: Gewicht (1/2 Man)
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Auf dieser Art kam er an einen Ort; wie die finstere Nacht sah die Leute er dort, mit hängenden Lippen, vom Speichel schwer, schwarz Lippen und Speichel wie Pech und Teer; ihre Augen waren alle wie Blut und aus dem Mund schlug heraus die Glut. Elefanten brachten sie ihm auf die Strasse und Menschen von einer sehr hässlichen Rasse. Sie sagten: »Durch unsere Macht ward entladen dieser Sturm, dieser Schnee, um euch zu schaden. Denn diesen Weg kam noch niemand daher, wir sahen noch keinen als dich und dein Heer.« (Einen Mond blieb der König in jener Stadt, bis er und sein Heer nicht mehr wegesmatt). Von dort kam sodann er unverweilt herzgerüstet zur Stadt der Weiber geeilt. Die zweitausend Weiber kamen vom Meer fein mit Kronen und Ohrgehängen daher. Voll Wasser und Bäumen war dort ein Hain, ein Ort zum Vergnügen und Glücklichsein. Ein Gelag auf der Wiese hielten sie hier, auf Teppichen voller Farbe und Zier. Als Iskandar nun kam zur Stadt Harûm, eilten Weiber herzu vom Lande ringsum; sie brachten viel Kronen herbei zu Iskender, voll Farbe und Duft Edelstein und Gewänder. Er nahm’s an, wobei er schmeichelhaft sprach; an dem lieblichen Ort rüstet’ er ein Gemach. Als mit Tagesanbruch in die Stadt er ritt, nahm sein Aug’ einen guten Teil davon mit; allem forschte er nach so klein wie gross und legte sich all ihr Geheimes bloss. 1340–1341 Auf dieser Art … Pech und Teer: Firdausi erfreut ersichtlich der seltene Reim lafč und kafč; der schwarze Stein Šabe war aber unübersetzbar.
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Iskandar führt das Heer gegen Westen
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Er fragte nach allem und sah das Meer und führte von dort nach Westen das Heer. Zu einer grossen Stadt kam er hin, da wohnten sehr starke Männer darin mit gelben Gesichtern und roten Haaren, zum Krieg und zur Schlacht wie geschaffene Scharen. Zu Iskandar kamen sie auf sein Geheiss auf die Köpfe sich haund nach der Tollen Weis’. Iskandar begann diese Stolzen zu fragen: »Wer ist’s, der mir hier kann ein Wunder ansagen?« Ein Greis erwiderte drauf Iskender: »Oh König im Glückstern, Erobrer der Länder! Ein See liegt in jener Richtung der Stadt; wir sahn keinen, der Teil an Wasser hat. Die Sonne, die bis zu ihm strahlend war, wird bei diesem tiefen See unsichtbar. Die Welt wird düster hinter der Quelle; geheim wird, was in der Welt war helle. Ich hörte von jenem düsteren Ort schon manches unergründliche Wort, doch sagt ein Frommer, der viel versteht, dass wirklich darin eine Quelle besteht; der beredte Mann voller Einsicht und Strebens nannte ihren Namen: ›Wasser des Lebens‹.« Also sprach der hochsinnig-kluge Mann: »Wer das Wasser des Lebens trank, wie stürb’ er dann? Aus dem Paradies nimmt die Quelle den Lauf; du wäschst dich drin und jede Schuld löst sich auf.« Der Kaiser sprach: »Ist so finster der Ort, wie kommt auf der Strasse ein Pferd wohl fort?« Da teilte der Gottesverehrer ihm mit: »Man nehme ein Fohlen zu diesem Ritt.« 1361 Richtung der Stadt: Hier wohl besser »Richtung des Lands«.
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Da befahl er dem Hirten, dass er eine Herde zum Lager treibe freiweidender Pferde; daraus erwählte er fünftausend Paare, zum Kriege geeignet und alt vier Jahre.
Iskandar sucht das Wasser des Lebens
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Er führte das Heer frohen Sinnes weiter und berief die hochsinnigen edlen Begleiter. Er reiste, bis zu einer Stadt er kam, deren Mitte und Grenzen man wahr nicht nahm. Sie besass alles reichlich, was drin sein soll; der Paläste war, Hallen und Gärten sie voll. Er stieg ab; in des nächsten Morgens Helle begab ohne Gefolg er sich zu jener Quelle. (die der Dihqân die des Lebens nennt, wenn er die Gnade des Helden erwähnt.) Er wartete, bis dass die Sonne erblich und senkt’ in die blaudunkle Quelle sich. Dieses Wunder sah er durch Gottes Hand, dass das Strahlende so aus der Welt verschwand. Er ging zurück wieder lagerwärts, von weitern Gedanken erfüllt das Herz. Des Weltschöpfers dacht’ er in finsterer Nacht, dann nahm er auf’s andre Gewässer Bedacht, das der Dihqân Wasser des Lebens nannte, da er die Gnade Gottes bekannte. Schien im Heer ihm ruhig-geduldig wer, wählte diesen vor allem er aus seinem Heer. Mit mehr als für vierzig Tage Proviant eilte er, um das Wunder zu schaun, durch das Land. Dem Heer bestimmt’ in der Stadt er den Ort; einen Führer sucht’ und trieb auf er sofort. Sein Ratgeber in dieser Sache hiess Chiḍǝr; der bedeutendste unter den Leuten war dieser. Iskandar ging vor nach seinem Befehle, seinem Bunde ergeben mit Herz und mit Seele.
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Er sprach also zu ihm: »Oh du Herzwacher du, wend das Herz einmal rasch dieser Sache zu! Soll das Wasser des Lebens uns kommen zu Händen, müssen wir auf Gebete viel Zeit aufwenden. Es stirbt keiner, der seinen Geist ernährt, der im Weg der Vernunft zu Gott sich kehrt. Zwei Karfunkel besitz’ ich; zu Sonnengefunkel wird, wenn er das Wasser schaut, nächtliches Dunkel. Nimm einen an dich! Und voran uns zieh! Deinen Leib und dein Leben – bewache sie! Als Weglampe dient mir der andre Karfunkel; mit dem Heere komme ich so durch das Dunkel. So schauen wir das, was der Schöpfer der Welt hinterm Offenbaren verborgen hält. Der Führer bist du, Zuflucht meinem Geist, der das Wasser mir und den Weg dazu weist.« Als zum Wasser des Lebens aufbrach das Heer, scholl ein »Gott ist gross« vom Gefilde her. Als Chiḍǝr aufbrach vom Nachtlagerort, liess jedwede Art von Proviant er dort. Zwei Tage und Nächte war er auf dem Weg; zum Essen ward keinem die Lippe reg. In der dritten Nacht traten zwei Wege hervor; so kam’s, dass Chiḍǝr den Schah verlor. Der Prophet zog zum Wasser des Lebens hinan; das Haupt seines Lebens hob er zum Kȇwân. Haupt wusch er und Leib in der blinkenden Flut und gab nur dem reinen Gott sich in Hut. Er trank und ruhte und eilte dann fort; an’s Gebet fügte er manch preisendes Wort.
Gespräch Iskandars mit den Vögeln
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Iskandar ging zu auf ein helles Licht: ein hoher glänzender Berg kam in Sicht. (Vier Aloesäulen ragten hinein) in die Wolken hoch auf dem Felsgestein;
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ein grosses Nest befand sich auf jeder, drin ein starker Vogel mit grünem Gefeder. Sie sprachen die Sprache der Romäer und riefen den siegreichen Weltenherrn näher. Als die Stimmen vernahm der Kaiser Iskender, schritt er zu den Vögeln heran behender. Da sagte ein Vogel: »Was suchst, lieber Held, du mit Mühe auf dieser vergänglichen Welt? Erhebst du das Haupt auch zum Firmament, kehrst du doch drob betrübt zurück am End’. Als du jetzt kamst, hast ein Weib du geschaut und ein Haus, aus goldenen Ziegeln gebaut?« Also gab er Antwort: »Die gibt’s alle zwei, ein Weib und solcher Art Wohnstatt dabei.« Tiefer setzte er sich, wie die Antwort er hört’; der Gottesverehrer ward drob verstört. Er fragte: »Hast du in der Welt je den Klang der Flöte gehört und Gelag und Gesang?« Zur Antwort gab er: »Wer von dem Geschick nicht erhält an Freuden sein Anteilsstück, den nennt man nicht einen, der sich freut, und wenn er auch Herz und Seele verstreut.« Hoch vom Aloeholz flog zur Erde er; die schwarze Säule blieb vogelleer. Sodann fragt’ er: »Ist Wissen und Rechtlichkeit mehr als Minderung und als Schlechtigkeit?« Also gab er Bescheid: »Wer erforscht, was wahr, der erhebt sein Haupt aus jeglicher Schar.« Er flog von der Erde zur Säule wieder, mit dem Schnabel geputzt Krallen und Gefieder. 1410–1420 Also gab er … einzge Verehrungsstelle: Ich gestehe, dass ich trotz vieler verwandter Mühe nicht mit voller Sicherheit die Rollen zwischen Iskandar und dem Vogel zu verteilen vermag. Meine Vermutung geht dahin, dass Iskandar die vv. 1410, 1413–1415, 1417 und 1420, dem Vogel hingegen die vv. 1412, 1416 und 1419 zuzuteilen wären.
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Er fragte den Kaiser: »Hat, wer Gott verehrt, bei euch auf dem Berge Sitz und Herd?« Er sprach: »Ward der Sinn einem rein und helle, ist der Berg seine einz’ge Verehrungsstelle.« Von dem Holze begab er zum Neste sich hin; (froh ward ob des Vogels des Herrschers Sinn.) Nun macht er den Schnabel scharf mit den Krallen, und, gewiss, nicht dem Untergang heimzufallen, befahl er dem Kaiser, ohne die Scharen zu Fusse den Bergesgrat zu befahren, um, was auf der Spitze sei, zu erkennen, worüber die Frohen auch müssen flennen.
Iskandar sieht Isrâfîl
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Als Iskandar dies hört’, ging er an die Beschreitung des Berggrates ohne jede Begleitung. Mit seiner Posaune erblickt’ er dort oben Isrâfîl, den Engel, das Haupt hoch erhoben, die Lippen voll Seufzern, die Augen voll Nass: »Wann kommt mir zu Gottes Auftrag: ›Blas!‹?« Als Iskandars Gesicht auf dem Berge er sah, wie Donnergebrüll schrie auf er da: »Streng dich nicht so an, du Knecht der Begier! Eines Tages ja erschallt eine Stimme dir: ›Bemüh’ dich nicht um Krone also und Thron! (Sei zum Fortgehn bereit! Das Gepäck binde schon!‹«) Der König antwortete ihm darauf: »Dies Los fiel mir zu durch des Schicksals Lauf, dass ich auf der Welt, sei’s geheim, sei’s klar, nur Bewegung und Kreisung nehme wahr.« Vom Berge herab kam mit Seufzen Iskender und entbot seinen Dankgruss dem Gnadenspender. Jene finstere Strasse schlug wieder er ein, woran die Führer, das Heer hinterdrein. Als das Heer hinein in die Finsternis drang, kam vom schwarzen Gebirg einer Stimme Klang:
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»Wer vom Weg einen Stein aufhebt, den befällt die Reue ob dem, was seine Hand hält. Bereun wird es auch, wer nicht hebt den Stein. Doch wird immer dem Herzen ein Heilmittel sein.« Jeder neigte das Ohr, als die Stimme erscholl, und wurde ob dieser gedankenvoll: denn hebt oder lässt er liegen den Stein, so hat er zu rechnen mit künftiger Pein. Einer sprach: »Diese Pein ist von Schuld hergekommen: 1440 man bereut, weil den Stein vom Weg man genommen.« Der zweite sprach: »Schweres muss man tragen, sonst muss man mit Schmerzen und Pein sich plagen.« So trug der einen Stein und der zweite trug keinen, der dritte aus Trägheit trug nur einen kleinen. Als zutal sie weg von der Lebensquelle gelangten, vom finsteren Weg in das Helle, da suchten sie alle, was davon wahr, und Täuschung und Trug wurden offenbar: voll Rubinen war nun der Busen des einen, 1445 des andern voll Perlen und Edelsteinen. Es kam dem die Reu, der sich wenig befrachtet, der Smaragde, zurück sie lassend, verachtet, und noch reuiger war, wer nichts aufgeklaubt, von Juwelen voll Wert gewandt sein Haupt. Zwei Wochen verweilte er an diesem Ort; als er sich mehr erholt, führt’ das Heer er fort.
Iskandar versperrt den Wall des Jâǧûǧ und Mâǧûǧ Besehn war das Westland, in’s Ostland nun zog er; die Absicht, die Welt zu verlassen, nun pflog er. Auf dem Weg sah er jetzt eine Stadt, die so rein, als kämen nie Wind und nie Staub hinein. Als vom Dickhäuterrücken die Pauke erklang, kam der Adel zwei Meilen weit zum Empfang. Der Weltherrscher sah sie und tat ihnen schön; ihren Nacken hob er zu der Sonne Höhn.
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Er fragte sie, ob man ein Wunder wohl wüsste, das man als das grösste auffassen müsste. Zum König taten die Lippen sie auf, um zu jammern über den Schicksalslauf: »Eine schwere Gschichte, die steht uns bevor, wir tragen dem siegreichen König sie vor. Dieser Berg hebt das Haupt in die Wolken hinein, er füllt unsre Herzen mit Blut, Müh und Pein. Durch Jâǧûǧ und Mâǧûǧ ist wund unser Herz, wir rissen es gern aus dem Leibe vor Schmerz. C für 1457 (Unsre Widerstandskraft ist da viel zu schwach; Jâǧûǧ und Mâǧûǧ die halten uns wach). Nahn sie unserer Stadt ein Stück auch bloss, so ist Kummer und Pein unser aller Los. Dromedargesichter sind ihre Gesichter, schwarz sind ihre Zungen, blutrot ihre Lichter, finster ist das Gesicht mit den Eberhauern; wer vermag ihre Nähe zu überdauern? Die ganzen Körper sind dunkel behaart, Brust und Ohren sind nach Elefantenart. Beim Schlaf dient ein Ohr als Kissen der Ruh, mit dem andern decken den Leib sie zu. Tausend Junge gebiert eine jede Frau – ungefähr: denn wer kennt ihre Zahl genau? Wie die Tiere sammeln sie sich in Haufen und laufen so, wie die Wildesel laufen. Im Frühling hört man’s aus der Wolke schallen, der grünliche See gerät ganz in’s Wallen, wie ein Drache erhebt sich Gewölk aus den Wogen, wie Löwengebrüll tönt’s vom Himmelsbogen, das Gewölk wirft Drachen zum Berg herunter, da kommen in Scharen sie kunterbunter; von Jahr zu Jahr war dieses ihr Essen, ihre Brust und Schulter ward fett unterdessen. Hernach bildeten Pflanzen ihre Diät, die sammeln sie ein, wo es immer nur geht.
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Kommt der Frost, so werden sie mager und dürr 1470 und ihre Stimme wird Taubengegirr. Sie brüllen wie Wölfe im Frühling dagegen mit sehr starken Stimmen, der Drachen wegen. Wenn der Padischa einen Ausweg erfände, dass der Kummer aus unserem Herzen verschwände, dann würde viel Segen von allen ihm werden und er lange hernach noch bleiben auf Erden. Tu was Grosses! Nimm unserer Sache dich an! Gottes Beistand bedarfst du wie jedermann.« Iskandar, in Staunen darob und Erregung, 1475 war besorgt und er pflog gar manche Erwägung. Also gab er Antwort: »Von uns kommt der Schatz, von eurem Land Hilfe und Arbeitseinsatz. Auf die Art will zur Vernunft ich sie bringen, durch Gottes Stärke, der gibt das Gelingen.« Die ganze Stadt sprach da zum Weltenherrn: »Böses Schicksal, das bleibe, oh König, dir fern! Was du magst von uns Knechten auch immer begehren, wir werden dich Zeit unsres Lebens verehren. Was an Sachen du willst, das bringen wir her, 1480 denn es gibt nichts, was für uns wichtiger wär’.« Iskandar kam, nahm den Berg gut wahr und bracht’ eine Philosophenschar. Er befahl sodann: »Bringt Schmiede mir her und Kupfer und Erz sowie Hämmer schwer und Gips, Steine, Holz, so viel es auch sei, was nur immer nötig ist, das bringt herbei!« Was er wünschte, das schaffte man endlos heran, sodass richtig gedieh das Werk nach dem Plan. Wem immer unter den Maurern und Schmieden 1485 die Meisterschaft in der Kunst war beschieden, kam aus aller Welt herbei zu Iskender, zu dem wichtigen Werk als Beistandspender. Aus jeglichem Land bauten Kund’ge des Werks zwei Mauern an beiden Seiten des Bergs
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vom Fuss an hinauf bis zum höchsten Pik. Sie machten sie an hundert Ellen dick. Eine Kohlenschicht, dann eine Eisenschicht, es fehlte dazwischen auch Kupfer nicht; in der Mitte schüttet’ er Schwefel an: so wollt’ es des Königs listiger Plan. Jedes Stoffs eine Schichte goss er darauf. Als es fest war vom Fuss bis zur Spitze hinauf, ward viel Nafta und Öl zusammengemengt und auf die anderen Stoffe gesprengt. Eine Eselslast Kohle kam obenan. Auf seinen Befehl legte Feuer man dran. Hunderttausendmal bliesen die Schmiede die Kohlen, nachdem es der siegreiche König befohlen. Aus dem Berg heraus stürmte ein schnaubend Getös, den Sternen erging’s ob der Feuersglut bös. So brach denn das Schicksal darüber herein: denn des Feuers Hauch und der Schmiede Pein die brachten die Stoffe vollkommen zusammen und liessen ein heftiges Feuer draus flammen. So Jâǧûǧ wie Mâǧûǧ wurden entthront und die Erde wieder behaust und bewohnt; durch Iskandars berühmtes Gemäuer frei ward die Welt von den Bösen und von Tyrannei. Fünfhundert Ellen mass es bis zum Pik und war, wie gesagt, zirka einhundert dick. Ihn priesen die Fürsten voll Dankbarkeit: »Mögen nie ohne dich sein so Raum wie Zeit!« Von den dort vorhandenen wertvollen Dingen sah man viele herbei zum König bringen; er nahm’s in Empfang und brach auf sodann. Ob des Werks kam die Welt das Staunen an. 1489 Eine Kohlenschicht … Eisenschicht: W: Eine Elle (glühende) Kohle, eine Eisen, verstreut etwas Kupfer inmitten.
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Iskandar sieht einen Toten in der Halle des gelben Rubins Einen Monat zog nun des Wegs er einher; vom Weg wurden müde so König wie Heer. Doch schliesslich kam einem Gebirge er nah, woselbst man nicht Tiere noch Menschen sah. Einen Grat sah er droben ganz dunkelblau und darauf aus gelbem Rubin einen Bau. Kandelaber nur gab es, kristallen-helle; in der Mitte drin floss eine Salzwasserquelle. Ein roter Karfunkel diente als Kerze, ein Stoff war darunter von Rabenschwärze. Fiel das Licht dieser Leuchte auf jenen Bronnen, so glich vom Juwel der Palast einer Sonnen. Zwei Goldthrone standen ob jener Flut, auf denen gestreckt ein Unseliger ruht’; mit Menschenleib und Eberskopf lag er gestorben auf dem Thronsarkophag, auf ein Kissen von Kampfer ausgestreckt und mit Seidenbrokatdecke zugedeckt. Wenn wer immer hineinkam, weil er etwas brachte, einen Schritt auf den Boden des Hauses machte, da geschah’s, dass sein Körper zu zittern anfing und er zitterte so, dass er lebend zerging. Aus der Salzquelle drang eine Stimme hervor: »Was soll die Erregung, du gieriger Tor! Du hast vieles gesehn, was keiner noch sah, zum Zügelumdrehn ist die Zeit jetzt da! Deine Lebenszeit ist kurz nun bloss, der Thron deines Reichs wird königslos.« Iskandar erbebte und ging rasch fort; wie ein Rauch kam schnell er zum Lagerort; von dort führt’ er weiter das Heer sodann und laut rief den Namen Gottes er an. Vom Berg schlug den Weg zur Wüste er ein,
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gedankenvoll und in Sorge und Pein. So zog denn voll Schmerz dahin der Kaiser, das Heer hinterdrein, vorn der Wegeweiser.
Iskandar sieht einen sprechenden Baum Als vom Wüstenweg zu einer Stadt er kam, war er froh, dass er Stimmen der Menschen vernahm. Ein fruchtbarer Park war das Land weit und breit und die Leute voll froher Zufriedenheit. Welchem etwas an Höflichkeit war gelegen von den Grossen der Stadt, der kam ihm entgegen. Sie begrüssten ihn alle mit lautem Heil! und verstreuten Juwelen und Gold ein gut Teil; sie sprachen zu ihm: »Heil dir, oh Fürst, dass bei uns das Heer du vorüberführst! Denn nie ist ein Heer in die Stadt uns gekommen und noch niemand hat das Wort König vernommen. Jetzt, da du kamst, sind wir tief dir ergeben. Mögst du ferner gesund und geisteshell leben!« Iskandars Herz war drob voll Freudigkeit, vom Weg durch die Wüste fühlt’ er sich befreit. Er fragte sie: »Gibt es hier Wunderdinge, die zu ermessen ich mich unterfinge?« Also gab ihm Antwort ein Wegeweiser: »Oh scharfsinnig-siegbegünstigter Kaiser! Ein Wunder ist hier, wie’s noch keiner nahm wahr auf der Welt, geheim oder offenbar. Ein Baum ist’s, in dem sind zwei Bäume gesellt; kein ähnlich Geheimnis besteht auf der Welt. Ein Baummann, ein Baumweib, denen Sprache zu eigen, mit Farbe und Duft und mit Stamm und mit Zweigen. Das Baumweib, das duftet und spricht in der Nacht, während Helle den Baummann zum Redner macht.« Mit den Reitern von Rûm ging fort Iskender, zugleich mit den Namhaften jener Länder.
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Er fragte sie: »Ob der Baum wohl auch jetzt vernehmbar mit lauter Stimme schwätzt?« Diese Auskunft gab ihm der Dragomann: »Naht die zehnte Stunde des Tages heran, wird der eine der beiden Bäume beredt, dass ein Mann mit Glückstern die Sprache versteht.« (In der finstern Nacht kommt das Baumweib zum Spruch und aus ihrem Laube weht Moschusgeruch.) Er fragte: »Sind wir an dem Baume vorüber, 1540 welches Wunder wird dann sich zeigen, mein Lieber?« Also gab er Antwort: »Gingst du dran vorbei, planst nicht lange du mehr, wohin zu reisen sei; dann gingst du dorthin, wo’s am Ort ganz fehlt; der Führer nennt es das Ende der Welt.« Der Glückliche mit der Schar der Romäer kam nun dem redenden Baume näher. Vor Hitze schwoll da der Boden empor, von Tierfellen schien die Erde nicht vor. Er fragte: »Was sollen die Häute bedeuten? 1545 Wem fiel’s ein, die Tiere so zu enthäuten?« Also gab ihm Antwort der weise Belehrer: »Dieser Baum da hat eben sehr viele Verehrer. Wollen die etwas essen zur Zeit der Verehrung, so erfolgt durch der Tiere Fleisch die Ernährung.« Als die Sonne sich nahte dem Gipfelpunkt droben, vernahm Iskandar eine Stimme von oben, die herab vom hohen Wipfel erscholl, ohne Sinn für ihn, aber schreckensvoll. Er erbebte und fragte den Dragoman: 1550 »Oh du kluger und freundlich gesinnter Mann, was sagt der sprechende Blätterwald? Mein Herz wäscht das Blut ja, das darob wallt.« Also gab er Antwort: »Oh glücklicher Schah, so spricht das redende Blätterdach: ›Was will Iskandar durch’s Wandern gewinnen? Jetzt möge er endlich auf’s Weggehn sinnen.
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Nicht mehr als der Jahre zweimal sieben wird von ihm auf dem Throne der Grösse verblieben.‹« Aus Iskandars Augen kam blutiger Regen, sein Herz war voll Schmerz dieser Worte wegen. Und von da an sprach er zu niemandem mehr bis zur Mitte der Nacht, von Kummer schwer. Doch von redenden Bäumen stand ja noch ein zweiter; so fragte ein zweitesmal er den Begleiter; »Was sagt dieser zweite Baum? sprach er, »sag!« Das Geheimnis brachte der Kundige zu Tag, also gab er Antwort: »Dies Baumweib hält dir Folgendes vor: ›In der weiten Welt was plagst du dich so aus Habsucht und Gier? Was zerquälst du den Geist denn also dir? Dem Erdkreis willst du ihn durchwandernd befehlen, die Leute quälen und Fürsten entseelen. Dein Verweilen auf Erden dauert nicht lang. Mach dir selber die Tage nicht düster und bang!‹« Der König befragte den Dragoman: »Oh du hellsichtiger herzreiner Mann, frag sie weiter: ›Was wird in Byzanz geschehn? Wird’s in Zukunft Tage des Unheils sehn? Sieht mich meine Mutter noch wieder am Leben? Oder wird sie die Decke zur Wange mir heben?‹« Also sprach zum König der redende Baum: »Schnür nur dein Gepäck! Kurz währt bloss der Traum! Nicht schauen dich Mutter und Freund in Byzanz noch die Antlitzverschleierten jenes Lands. Bald ereilt dich der Tod in anderer Stadt. Denn so Krone wie Thron sind deiner schon satt.« Als er’s hörte und unter dem Baume sich kehrte, war verwundet sein Herz vom Schicksalsschwerte. Als er nun zurückkam zum Lagerort, da nahten die stolzen Helden sofort; in der Stadt drin machte Geschenke man fertig und die Grossen kamen befehlsgewärtig.
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Ein Panzer war da, der dunkel blaut’, gross und dick wie Elefantenhaut; fünf Ellen lang ein Fischzähnepaar, dass es aufzuheben beschwerlich war; Kettenpanzer gab’s und Brokate und Schleier, hundert vollgefüllte goldene Eier, sechzig Man per Ei schwer auf der Silberwaage, und ein Nashorn von Gold mit Juweleneinlage. Er nahm’s an und führte das Heer von dannen, indes blutige Zähren dem Auge entrannen.
Iskandar kommt zum Faġfûr von Čîn
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Er führte sein Heer nunmehr gegen Čîn und brachte die Truppen zum Nachtlager hin. (Von Station zu Station durch die Ebene zog er vierzig Tage lang und dann kam er zum Meer; das Heer liess er lagern und aufgestellt wurde aus Brokat ein Königsgezelt). Den Schreiber hiess einen Brief »von Iskender« er schreiben, »von dem Erobrer der Länder«. Schönes und Garstiges diktierte er aller Art. Als der Brief vom Schreiber beendigt ward, reist’ Iskandar, als ob ein Gesandter er wäre. Er erwählt einen klugen Mann voller Ehre, der ganz eins mit ihm ist, wie er denkt, wie er spricht, der dem Fürsten sagt: »Das tu«, »Das tu nicht.« Dem Feldherrn übergab er das Heer. Draus nahm fünf kluge Romäer mit er. Als die Kunde gelangte zu Faġfûr hin, es komme ein Abgesandter nach Čîn, entsandte er Krieger zu seinem Empfange. Iskandar kam an mit gewichtigem Gange. Als zum grossen Palast er gekommen war, sah jener die grosse erwählte Schar; er ging zu ihm heraus von dem Flur, voll Sorgen und Feindseligkeit war Faġfûr.
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Jener eilte zu ihm und begrüsste ihn und sass lange dann in der Halle drin. Faġfûr befragt’ und begrüsste ihn fein und räumte ein schönes Gemach ihm ein. Als die helle Fackel den Berg überschoss, brachte man mit goldner Schabracke ein Ross. Da berief des Königs Gesandten Faġfor. 1590 Iskandar trug jenem vielerlei vor, sagte, was da war nötig, und gab ihm den Brief, wobei er auf des Kaisers Wort sich berief. Die Aufschrift des Briefs war: »Vom Schah von Byzanz, dem Weltenherrn, Herrscher jedweden Lands – die Könige alle preisen ihn – an den Schmuck seines Lands, den Faġfûr von Čîn.« Der Brief begann: »An den Anfang gestellt sei ein Heil! von uns Knechten dem Schöpfer der Welt, (dem Weltenherrn, dem Erhalter und Lehrer, 1595 dem Gott der Reinheit, des Guten Mehrer.«) Sodann hiess es: »Unser Befehl an Čîn ergeht: dass das Land blüh’ auch weiterhin. Ihr dürft nicht zum Kriege mit uns rüsten: denn so büsste Fôr sein kriegerisch Gelüsten, und das Gleiche ist Dârâ zugestossen und dem Araber Farjân und anderen Grossen. Vom Westen magst du zum Osttor ziehn: unserem Befehle kann keiner entfliehn. Meines Heeres Zahl weiss auch der Himmel nicht sicher, 1600 und hülfen ihm zählen Tîr, Nâhîd und Mihr. Wolltst du dich meinem Befehl widersetzen, würdest du dich und dein Land in Mühsale hetzen. Liest du diesen Brief, so rüst’ den Tribut; plag mit unnützem Hader dich nicht bis auf’s Blut. 1589.2 Schabracke: Satteldecke 1600.2 Tîr, Nâhîd und Mihr: Vielleicht zählen es [...] Merkur, Venus und Sonne.
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Wenn du kommst, mich zu sehn mit meiner Armee, dass ich dich auch einig und gutwillig seh, dann erhalten wir dir so Krone wie Thron und du kommst vom Geschick ohne Schaden davon. Doch bist du zu müde und zu benommen, aus dem Lande zu deinem König zu kommen, dann von allem, was rar in Čîn mag erscheinen, von Goldsachen, Schwertern und Rossen und Steinen, von Kleidern und Teppichen, Elfenbeinthronen, von Seidenbrokaten, Halsbändern und Kronen, was du findest, musst meinem Schatze senden, durch mich jede Schädigung abzuwenden. Halte so mein Heer zurück von der Fahrt und es bleiben dir Thron, Schatz und Krone gewahrt. (Du kennst die zwei Wege; sie stehen dir offen; sieh auf die zwei Heere und schätz, was zu hoffen; der Segen des Weltenschöpfers sei dein; möge mein Rat nicht Anlass zur Reue dir sein.)« Als der Herrscher von Čîn ersah solchen Brief, bewahrte er Ruh, doch ergrimmte er tief. Zum Gesandten wandte er lächelnd sich: »Deinen König lässt niemals der Himmel im Stich. Erzähl mir, was von seinem Aussehn du weisst, seinem Wuchs, seinem Reden und männlichen Geist.« Der Gesandte sprach: »Wiss, oh Herrscher von Čîn, dass auf Erden kein Mann wie Iskandar erschien. An männlicher Klugheit und Freigebigkeit übersteigt er jegliche Vorstellung weit, an Wuchs Zypresse, an Kraft Elefant, wie der Nilstrom spendend mit voller Hand; seine Zunge ist so wie ein schneidendes Schwert, seine Huld lockt den Adler vom Grate zur Erd’.« Als solches Faġfûr von Čîn ward kund, da legt er zu andern Gedanken den Grund. Er liess Tische rüsten, mit Wein aufwarten, eine Trinkhalle liess er schmücken im Garten.
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Er trank Wein, bis dass die Welt nächtig ward und der Wein der Zechenden mächtig ward. Zum Gesandten wandte der Herrscher sich: »Deinen König lass Muštarî nie im Stich! Wenn es hell wird, schreib ich die Antwort zurück; dein Anblick bringt diesem Tage Glück.« In der Hand die Zitrone, den Kopf halb benommen, war Iskandar vom Trinkgelage gekommen. Als die Sonne das Haupt hob vom Sternbild des Leun, und’s dem Himmel gelang, die Nacht zu zerstreun, trat Iskandar zu Faġfûr, von Čîn dem Herrn; sein Herz hielt von bösen Gedanken sich fern. Jener fragte ihn: »Wie hast du die Nacht – gestern warst du ja keineswegs nüchtern – verbracht?« Darauf liess er einen Schreiber zitieren mit Moschus und Aloe und mit Papieren; die Antwort war warm, die er schreiben liess auf Papier von Čîn wie das Paradies. Zuerst pries er Gott, der Gerechtigkeit übt, der Mannheit und Mut und der Tüchtigkeit gibt, Enthaltsamkeit, Klugheit und Frömmigkeit. »Er segne den Schah von Byzanz allezeit! Zu uns kam dein liebenswürdiger Bote mit des weisheitsdurstigen Königs Note; ich las ihren Inhalt Wort für Wort und besprach ihn mit meinen Grossen sofort: was von Dârâ Sohn Dârâbs und Farjân und Fôr, von Krieg und Verwirrung drin trat hervor, wie du alle besiegt sie hast sonder Beschwerde, wie der Hirte du wardst und die Könige Herde. Du sieh drin des Weltallgebieters Werke und nicht deines Muts und der Heeresstärke. Ist der Schicksalslauf eines Fürsten vollbracht, so stirbt dieser beim Fest und der in der Schlacht; dein Kampf war ihr letzter Augenblick; 1620.2 Muštarî: Jupiter
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es verlangt nicht mehr noch lässt nach des Geschick. Du schreib dir nicht mehr und nichts Besseres zu; und wärst du von Eisen, verschwindest auch du. Firȇdûn wo ist er? Ḍaḥḥâk und Ǧam auch? Sie kamen als Sturm und sie wurden zum Hauch. Ich fürchte dich nicht, doch ich greif dich nicht an; meinen Kopf füllt wie deinen nicht windiger Wahn. Ich hielt Blutvergiessen nie für mein Amt und Freveln wird von meinem Glauben verdammt. Du hast mich geladen, doch nützt dir das wenig; denn ich diene Gott, aber nicht einem König. Mehr sandt ich dir, als deiner Neigung entspricht; meine Freigebigkeit lass ich schmähen nicht.« Beschämung färbte Iskandars Wangen; seiner Worte Pfeil war durch’s Herz ihm gegangen. »Oh nimmermehr künftighin«, sprach er zu sich, sieht man irgendwo incognito mich.« Er kam in seine Wohnung aus jenem Palast und gürtete sich zur Heimfahrt in Hast. Stolz öffnete Faġfûr der Schätze Schrein; das Schenken bereitete ihm keine Pein. Zuerst liess beschaffen er fünfzig Kronen mit zehn goldbeschlagenen Elfenbeinthronen; mit Goldnem und Silbernem tausend Kamele belastete man nach seinem Befehle; von Brokaten aus Čîn, Seidenstoffen und -borten, von Kampfer und Ambra und Aloesorten machte tausend volle Kamellasten man; Heil dem, der den Dirham geringschätzen kann! Hermelin und von Fehen und Moschusblasen, von Zobeln und Wieseln und Mardern und Hasen – zweitausend Stück nahm man von jeglicher Art – die Lasten verschnürte der Schätzewart – dreihundert der silbergezäumten Rosse (nebst goldgegürtetem Sklaventrosse), dreihundert Kamele mit roten Haaren,
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beladen mit seltenen čînesischen Waren. Einen Süssberedten von klugem Wesen erlas er unter den alten Čînesen; er befahl, dass mit Grüssen zum König er ginge, dass er frohe Botschaft ihm überbringe; er verweile einige Zeit nah von Čîn; die vornehmen Männer priesen ihn. Mit Iskandar zur Fahrt entsandt’ man den Alten; wer hätte den wohl für den König gehalten? Wie der Seemann das Antlitz Iskandars gewahrt’, da zog hurtigst er auf die Segel zur Fahrt. Der Wesir mit dem Heer kam ihm dann in Sicht und erstattete seinen Geschäftsbericht. Alle Truppen riefen ihm Heil! entgegen, um sodann das Haupt auf den Boden zu legen. Der Čînese sah nun, dass der König es sei, und schlich unter Jammertönen herbei; Iskandar sprach: »Lass Entschuldigung fort, bei Faġfûr davon lass verlauten kein Wort.« Die Nacht liess vergehn er; wie üblich nahm auf dem Thron er Platz, als der Morgen kam, und sprach zum Gesandten, den reich er beschenkt’: »Sei stets von dem Geist des Messias gelenkt! Nun geh und sag dem Čînesen Faġfor: ›Du findest bei uns nur Ehrung vor; kommst du her, so ist das Land Čîn ganz dein, gehst du anderswohin, muss es recht auch sein. Ich ruhe hier aus, denn ein solches Heer zieht nicht überstürzt seines Weges daher.‹« Der Gesandte kam heim mit Windesschnelle, dass er Faġfûr die Botschaft des Kaisers bestelle.
Iskandar gelangt ins Land Sind und kämpft Der König blieb einen Monat dort und führte das Heer, als es ausgeruht, fort. Als vom grünen See sie zurückgekommen,
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ward der Weg durch die Wüste und weiter genommen. Wie Station nach Station er Čaġwân sich naht’, erblickt’ Wälle er und die reiche Stadt, und alle die Grossen der Stadt erschienen, wer an Ruhm und an Klugheit teilhatte von ihnen; mit Geschenken und Spenden kam hervor jedes Haupt von Čaġwân zu des Königs Tor. Iskandar begann sie sofort zu befragen: »Was wisst ihr von Wundern mir hier zu sagen?« Ein Sprecher gab Auskunft: »Wir wissen nicht, oh König, hier irgendetwas von Gewicht. Nur Armut und Müh haben hier ihren Stand. Verlässt du die Stadt, bleibt dir Wind in der Hand.« Der König hörte die Rede an und verliess in der Richtung nach Sind Čaġwân. Entgegen kamen ihm Reiter von Sind, zugleich kam zum Kriege Beistand aus Hind; wem immer von Fôr das Herz war verletzt, war zum Blutvergiessen entschlossen jetzt. Elefanten bracht’ man und indische Schellen, es erhob sich Geschrei und Trompetengellen. Bandâh hiess der Führer der Leute von Sind, ein klug-ehrgeiziger Ritter und stolzgesinnt. Es kam nun zur Schlacht und die vielen Leichen liessen einem Gebirge den Boden gleichen. Die Nacht kam; kein Sinder verblieb auf dem Feld. Das Heer führt’ von dannen Iskandar der Held, der fünfundachtzig Elefanten davon – trug und Schwerter und Schatz und die goldene Kron’. Greise kamen und Weiber und Kinder, die kleinen, zu dem König gezogen mit bitterem Weinen: »Oh König voll Geist, ruf zurück den Verstand! Ermorde nicht Kinder, verseng nicht das Land! Ein Ende erreicht auch dein Lebenspfad; Heil dem, der die Welt nicht zum Bösen betrat!« Iskandar bezeugte sich liebreich nicht;
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den Betrübten zeigte er nicht sein Gesicht. Gar viele wurden gefangen gehalten, 1690 so Weiber wie Kinder, die Jungen und Alten. Über Bust zog er dann gegen Nîmrôz; er machte die ganze Welt feindelos. Von dort zog weiter nach Jemen er, der Erobrer der Welt mit dem edeln Heer. Zum Herrscher der Welt mit den Grossen kam der König von Jemen, als er es vernahm. Geschenke wurden, so wie sich’s gehört, von ihm dort gewählt voll Schönheit und Wert. Mit Streifstoff belud er zehn Dromedare, 1695 die Last weitrer fünf aber waren Dinare. Mit Dirhams belud er zehn weitre Kamele: wo es Dirhams gibt, ist nicht traurig die Seele. Tausend Safrankörbe wählt’ er für Iskender, zahllose Brokate sowie Gewänder. Im Schatz hatt’ er einen smaragdenen Becher, fünfundachtzig Perlen auch, noch ohne Löcher, aus Lazur gab es eine andre Phiole, darein füllte er sechzig Gelbkarneole, einen Siegelring drüber mit rotem Rubin: 1700 dies gab er den Dienern mit Grüssen an ihn. Mit diesen Geschenken und Spenden sodann kamen sie vor dem Zelte des Königs an. Iskandar befragt’ sie und liess sie auf Plätzen in der Nähe des Thrones sich niedersetzen. Der König von Jemen rief zu ihm: »Heil! Der Sieg werde dir und den Deinen zuteil! Ich bin froh, wenn du hier zwei Monate weilst und dich und das Heer von Wegmüdigkeit heilst.« Iskandar rief auch ihm Heil! zu und schloss: 1705 »Verstand sei immerzu dein Genoss!« Der jemenische Schah ging beim Dämmern nach Hause. Die Welt war voll von des Heeres Gebrause.
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Iskandar führt das Heer nach Babel Iskandar führte gen Babel sein Heer. Vor Heeresstaub sah man die Welt nicht mehr. Einen Monat zog er mit dem Heere dahin, ohne dass ein Ruheplatz einem erschien. Zu einem Gebirg kam er solcher Art, dessen Gipfel der Blick keines Auges gewahrt. Eine finstere Wolke lagerte drauf, du meintest, sie reiche zum Kȇwân hinauf. Sie sahn keinen Weg, um hinaufzukommen; so König wie Heer waren drob beklommen. Sie kletterten mühsam auf Felsen und Klüften, die auch den scharfsinnigsten Mann verblüfften. Als sie alle schon müde waren vom Wandern, wurde sichtbar ein tiefer See auf der andern Bergseite; das Heer war froh aus der Massen, da den See man sah und die Ebne und Strassen. Sie zogen zum tiefen See sodann und riefen den Weltenschöpfer an. Allüberall gab es Wild ohne Zahl; die Jagdbeute nur war des Heeres Mahl. In der Ferne ward sichtbar da riesengestaltig ein behaarter Mann, dessen Ohren gewaltig, in der Dicke von zwei Elefantenohren; unterm Haare der Leib war der dunkle des Mohren. Kaum aber erblicken die Helden ihn, als sie ihn schon vor Iskandar ziehn. Als Iskandar ihn sah, war er ganz aus dem Haus und rief über ihn Gottes Namen aus. »Wer bist du? Wie heisst du?« so fragte er, »Was findest du im See? Was führt dich hierher?« »Oh König,« erwiderte jener da, 1718.2 des Mohren: W: wie der Nîl
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»mich nannten Gôšbistar Papa und Mama.« »Was ist das dort in der Wasserweite? Geht die Sonne denn auf von jener Seite?« So gab jener Antwort: »Oh Königsheld! du lebe berühmt immerdar in der Welt! Eine Stadt ist’s, ein paradiesisch Gefild, als wär’ sie kein erderschaffnes Gebild. Du siehst keine Häuser drin und keine Hallen, es sei denn aus Knochen die Decke von allen. Noch glänzender als die Sonne strahlt Afrâsǝjâbs Kampf, auf die Hallen gemalt, so auch des Kai Chosrau kriegrisch Gesicht, seine Männlichkeit, Grösse und würdig Gewicht, auf die Knochenwände gemalt zum Putz; du schaust in der Stadt weder Staub noch Schmutz. Die Nahrung der Leute besteht aus Fischen; sie haben sonst gar nichts aufzutischen. Und sollte der König Befehl dazu geben, will ich ohne Heer in die Stadt mich begeben.« Iskandar sagte zum Ohrenmann: »Geh und bring wen, dass ich was Neues seh.« Gôšbistar entfernte sich unverweilt und kam mit den Leuten der Stadt geeilt. für 1733.2 (und kam zu dem Volk jener Stadt geeilt. Ihnen richtet’ des Kaisers Botschaft er aus: »Es beruft der berühmte Fürst euch hinaus.« Als Jung und Alt diese Nachricht empfingen, die Grossen der Stadt, sowie die Geringen) Achzig Männer kamen durch’s Wasser gefahren, mit Verstand begabt und gereift an Jahren, die Gewänder aus Seidenstoff mannigfalt, davon einige jung und andere alt. Wer alt war und wessen Namen bekannt, hielt voll Perlen ein Goldgefäss in der Hand; 1722.2 Gôšbistar Papa und Mama: Gôšbistar ist ein Ohrpolster; Papa und Mama entsprechend im Original bâb und mâm.
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doch wer jung war, kam, in der Hand eine Krone, den Kopf tiefgesenkt, zu des Kaisers Throne. Sie kamen, indem sie ihn höchlichst ehrten, unter Gesprächen, die längere Zeit währten. (»Bei uns sind die Schätze des Kai Chosru, des neuen Schahs würdig, und der bist du.« Iskandar kam nunmehr unverweilt gen Îrân zu über’s Wasser geeilt. Er besah jene Stadt, ihre Gassen und Plätze und der Fürst begab sich zum Haus der Schätze. Im Schatz waren Goldthron und Kronen zu finden, Armspangen und Gürtel und Goldstirnbinden. Das Mass ihres Wertes gibt niemand an, denn durch Übermass wird machtlos man. Er nahm völlig an sich den ganzen Schatz; froh eilt’ er zurück dann zum Lagerplatz.) Die Nacht verging. Als da krähte der Hahn, hob der Hörnerschall im Hofe an. Der Zug war nunmehr gegen Babel gerichtet. Vor lauter Heer ward kein Boden gesichtet.
Brief Iskandars an Arsiṭâlîs und dessen Antwort
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Dass dem Tode er nah sei, des war er gewiss. Dies gab seinen Tagen Finsternis. Er dachte daran, dass er keinen belasse auf dieser Welt von der Fürstenrasse, der ein Heer zum Krieg führte gegen Byzanz und den Fuss setzte auf den Boden des Lands. Da sich diese Gedanken nicht liessen vertreiben, sandt’ an Arsiṭâlîs er ein Schreiben. (»Nunmehr ist dieses der Plan, den ich fasse, dass vom Stamme der Grossen ich keinen belasse. Sieben Länder hab ich jetzt eingenommen und viele der Fürsten in’s Netz bekommen. Der Tod hat sich an mich herangemacht; kommt der Tod zu mir, wird der Tag wie Nacht.«)
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Er befahl: die dem Kaiengeschlecht entstammt, sollten gürten die Mitte allesamt, sie sollten das Antlitz zum Königshof wenden und gegen ihn jedes Misstrauen enden. Als der Weise das Schreiben hatte empfangen, ward Arsiṭâlîs’ Herz voller Bangen; er schrieb drauf die Antwort; da meinte ein jeder, er mache die Wimpern zur Spitze der Feder: »Ich empfing jenen Brief des Weltenherrn; die bösen Wünsche halt er sich fern! An das Böse, von dem du sprichst, darfst du nicht denken und musst ob des Gedankens die Armen beschenken. Vertrau dich dem Herrgott und halte ein; nur des Guten Saat lass dein Wirken sein. Wir gehören dem Tod, sobald wir geboren; ohnmächtig sind wir an ihn verloren. Noch keiner ging fort mit des Königtums Bürde, er schied und liess einem andern die Würde. Halt ein! Fürstenblut vergiesse nicht! Du wärst sonst verflucht bis zum jüngsten Gericht. Zweitens würde, wenn sich kein Heer in Îrân befände sowie kein Schah ihm voran, von den Türken, aus Hind, aus Saqlâb und Čîn, von allen Seiten die Heere ziehn und, wer Îrân besetzt, griffe Rûm wohl an; nicht erstaunlich wär’s, rüstet’ Rache er dann. Wer immer vom Stamme der Kaie wäre, es darf nicht sein, dass ein Wind ihn versehre. Die Grossen und Edeln lade du ein zu Fest und zu Lust und zu Gasterein; du magst jeden entsprechend mit Land versehen der Vasallen; beginne die Rolle der Lehen mit den Namen der Grossen und Edelfrein; ohne Weiteres wird die Welt dann dein. Doch sei keiner des andern Macht unterstellt
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und nenn Schah sonst niemanden auf der Welt. Mach die Kaie alle zum Schilde des Lands, willst du, dass kein Heer ziehe gegen Byzanz.« Als Iskandar den Brief solcher Art empfahn, da ändert’ er eilig Gedanken und Plan. Die Grossen und Edelfreien der Zeit, 1765 wer nur Anteil hatte an Männlichkeit, befahl er sämtliche vorzurufen zu würdigen Sitzen an Thronesstufen. Und schriftlich ward ein Vertrag errichtet, dass sich jeder nicht mehr zu erstreben verpflichtet: Diesen Männern mit Wunscherfüllungsstreben ward der Name Mulûk-i Ṭawâjif gegeben. Iskandar kam nachts noch in Babel an und sah, dass die Grossen mit Freude ihn sahn. In der Nacht gebar ein Kind eine Frau; 1770 wer immer es sah, den erstaunte die Schau. Zwar ein menschlicher Oberleib war der des Kinds, doch mit Kopf eines Leun, Huf und Schwanz eines Rinds. Die Missgeburt ist, kaum geboren, krepiert; es ist gut, wenn dies Weib da nichts Weiteres gebiert. Man brachte das Unding sofort zum Schah, der solches mit Erstaunen sich besah. »Ein böses Omen«, sprach er sogleich, »diesen Samen verberge das Erdereich.« Viele Astrologen wurden entboten 1775 und er sprach viel mit ihnen vom Kinde, dem toten. Die Sterndeuter waren voll schwerer Sorgen, doch hielt man dem hohen Herrn sie verborgen. Aufbrausender Zorn ward in ihm da erweckt und er rief: »Wird mir irgendetwas versteckt, so trenn ich euch allen das Haupt vom Nacken und ein Löwengaum wird euch Leichenlaken.« Ein Sterndeuter sprach, als so aufgebracht der König war: »Herr voll Ruhm und Macht, 1768.2 Mulûk-i Ṭawâjif: Diadochen
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P
im Zeichen des Löwen kamst du zur Welt, dies weiss völlig sicher Mȏbad und Held; einem Löwenhaupt glich das der Kindesleiche und abwärts geht es mit deinem Reiche. (Die Erde bleibt lange Zeit dann verwirrt, bis wieder ein König erhoben wird.«) Welchen Astrologen er auch befragte, auf dieselbe Deutung wies, was er sagte. Iskandar ward traurig, als dies er vernahm, da Kleinmut ihm Sinn und Gehirn überkam. »Dem Tod«, so sprach er, »lässt nicht sich entweichen, und es denkt mein Herz auch an nichts dergleichen. Mehr als dieses Leben hab ich nicht; das Geschick kennt nicht Abzug noch Mehrgewicht.«
Brief Iskandars an seine Mutter und letztwillige Verfügung In Babel erkrankt’ er am nämlichen Tag; er wusste, dass Unheil ihm nahe lag. Er berief einen kundigen Sekretär und sagt’ ihm, was ihm das Herz machte schwer. Er liess schreiben der Mutter. Im Briefe stand drin: »Todesahnung verheimlichen hat keinen Sinn. Von der Welt hatte ich mein bestimmtes Stück; weder Abzug noch Zuwage kennt das Geschick. Mein Tod möge dir keinen Kummer bereiten, denn der Tod gehört nicht zu den Neuigkeiten; wer geboren wird, dem tritt der Tod einmal an, er sei König, er sei ein geringer Mann. Jetzt sprech’ zu den Grossen ich von Byzanz: verlassen die Grenzen sie dieses Lands, so müssen nach deinem Befehl sie sich richten und nie gegen dich verletzen die Pflichten. 1786.2 Mehrgewicht: Tara, Zuwage
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1780
1785
1910 M
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XX Regierung des Iskandar
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Jedoch die aus dem Volk von Îrân, auch wenn den Romäern sie Schaden getan, jedem Grossen geb’ eine Provinz ich zu Lehen; wird dieses Land ihm als Haupt unterstehen, so hat keiner mehr den Drang nach Byzanz und ruhig vom Feind ist die Grenze des Lands. Spendet ferner von mir hunderttausend Dinare den ackerbebauenden Leuten im Jahre. Meine Leiche begrabt in ägyptischer Erde. Dass von meinem Wort nichts vernächlässigt werde! Wird von Rôšanak mir ein Sohn geboren, geht des Vaters Name durch ihn nicht verloren; er allein darf dann König sein über Byzanz, denn er erfrischt dann die Blüte des Lands. Doch kommt eine Tochter zur Zeit der Wehe, gib sie einem Failaqûs-Spross zur Ehe; meinen Eidam nicht, meinen Sohn lass ihn sein und durch ihn in der Welt mein Gedächtnis erneun. Zweitens: sendet die Tochter des Kaid unversehrt zurück zu dem Vater hochgeehrt, mit Beuteln und Sklaven gutwilliger Art; eine Sänfte rüstet ihr zu für die Fahrt. Mit der Heimkehr so ist sie einverstanden; und sendet mit ihr nach den indischen Landen Diademe, Juwelen und Silber und Gold, das der Vater mir einst wider Willen gezollt. Ich habe hier alles wohlvorbereitet und in Ohnmacht mein Herz dem Tod unterbreitet). (Meinem Testament müsst das Ohr ihr leihn; darüber wird nicht hinauszugehn sein). Erstens macht einen Goldsarg. Mein Leichentuch füllt am Kopfteile an mit Wohlgeruch, 1802 zur Zeit der Wehe: Der persische Text nicht klarer: Zeit der Unterwürfigkeit, Depression. 1807–1806 Mit der Heimkehr … wider Willen gezollt: Reihenfolge nach C
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ein Goldgeweb sei’s, meiner würdig, aus Čîn; der Ehrfurcht vor mir soll sich keiner entziehn. Dann sollen den Anstrich von Pech die Spalten, von Aloe, Moschus und Kampfer erhalten; füllt Honig erst ein als Unterlage, drauf lieg Seide von Čîn in dem Sarkophage; und hernach wird hinein meine Leiche gelegt und zum Schluss wird endlich mein Antlitz bedeckt. Meinen Rat, oh Mutter voller Verstand, beachte wohl, bis dein Lebend schwand! Von dem, was ich brachte aus Hind und Îrân, aus Čîn und Tûrân und dem Lande Mukrân, behalt dir und spende, was überflüssig, über’s Mass des Bedarfes überschüssig. An dich ist mein Anliegen, Liebste, zumeist, dass du wach dich erhältst und mit hellem Geist, dass sich auch dein Leib nicht allzusehr quält; denn niemand ist ewig hier auf der Welt. Mein Geist wird ja deinen Geist zweifellos sehn, wenn die Lebenstage zuendegehn. Mehre als Liebe will ich noch die Ruhe bedeuten; das Leichtsinnigsein ziemt jüngeren Leuten. Meinen Leib hast du jahrelang liebend betreut; eine reine Seele von Gott wünsch mir heut! Durch dieses Gebet steh du mir bei, denn es bietet die Hand mir dein Hilfeschrei. Schau umher: was zu sehn auf dem Erdenrund, wessen Geist ist nicht von dem Tode wund? (Mein Geist möge immer dem deinen frohnen und mögst alle Tage im Glücke du wohnen!)« Als den Brief unter Siegel er brachte und schloss, befahl er, die Kunde mit eilendem Ross von Babel zu bringen hin nach Byzanz, dass verdüstert sei des Königtums Glanz.
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XX Regierung des Iskandar
Tod Iskandars in Babel
1912 M
Als die Kunde zum Heer kam, erkrankt sei der Schah, die Welt wurde düster den Edeln da. Zum Kaiserthron wandte sich jedes Gesicht, die Welt wurde voll von Gered und Gerücht. Als Iskandar vom Heere erhielt die Kunde, da wusst’ er, es nahe die letzte Stunde. Er befahl, seinen Thron hinauszutragen, ins Freie vom Königshaus zu tragen. Tiefer Kummer erfasste die Kriegerscharen, da die Wangen des Schahs ganz farblos waren. Im Gefild erhob Lärmen sich ungeheuer, alles kochte, als läg’ es auf schnellem Feuer. Jeder sprach: »Das Schicksal ist auf uns ergrimmt, dass den Romäern den Herrscher es nimmt. Weitre Tage des Unglücks nahen herbei, das Land von Rûm wird nunmehr Wüstenei. Allen Feinden wird Wunscherfüllung gewährt, sie gelangen dorthin, wohin sie begehrt. Von Bitternis wird uns die Welt erfüllt; wir klagen, sei’s offen, sei es verhüllt.« Also sprach der Kaiser ganz sacht und leise: »Seid ehrfürchtig und seid bescheiden und weise! Soll euch Leib und Seele erfreun, müsst erfüllen ihr in jedem Punkt meinen letzten Willen. Auch nach mir bleibt für euch Wirken zurück; nicht ist übel verfahren mit mir das Glück.« Er sprach’s und die Seele nahm ihren Flug. Der Königsheld schied, der die Heere zerschlug. Wehklage des Heeres drang übrall empor; dem Himmel zerriss ihr Geschrei das Ohr. Staub wurde auf alle Häupter gehäuft, indes Herzblut aus allen Wimpern träuft’. Einen Brand legten sie, der das Schloss ergreife. Tausend Rossen trennten sie ab die Schweife.
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XX Regierung des Iskandar
Man legte die Sättel verkehrt auf die Pferde; du meintest, es wehklage selber die Erde. Sie schleppten den goldenen Sarg herbei; übern Himmel hinaus scholl das Wehegeschrei. Mit Rosenessenz wusch ein Bischof ihn rein. Reinen Kampfer streut’ auf den Leib man hinein. Man hüllt’ ihn in Seiden- und Goldgewebe mit Wehrufen, dass der Fürst nicht mehr lebe. Den Heldenleib unter Seide von Čîn legten sie bis zum Fuss in Honig hin. Des engen Sargs Deckel machten sie fest; gefällt war der Baum mit dem schatt’gen Geäst. Die vergängliche Welt kennt kein ewiglich Wohnen: Was gierst du nach Thronen? Was prahlst du mit Kronen? Als den Sarg sie gehoben von diesem Gelände, da lösten mit Händen sich ab die Hände. In der Sprache von Rûm und in der von Pârs sprachen sie von dem Sarg, doch verschieden war’s. Wer Perser war, sagte: »Der Sarg, er werde allein bestattet in dieser Erde, da die Könige der Könige hier sind begraben; was soll’s, mit dem Sarg um die Welt zu traben?« Hingegen sprach ein romäischer Weiser: »Mir scheint’s Unsinn, hier zu begraben den Kaiser. Wenn ihr hört, was ich sage, verwest fürwahr Iskandar in der Erde, die ihn gebar.« Ein Perser sprach Folgendes noch jetzund: »So viel du auch sprichst, kommst du nicht auf den Grund. Ich weise euch eine Parkanlage, Denkmal der Könige vergangener Tage, Churm nennt sie, wer welterfahren und alt ist, in der ein Wasserbassin und ein Wald ist. Wenn du fragst, wird vom Berg die Antwort ergehen und das Volk wird jene Stimme verstehen.
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XX Regierung des Iskandar
Bringt herbei einen abgelebten Alten, ihr werdet den Sarg auch dort aufbehalten; er frag und vom Berg wird die Antwort kommen und so erfahrt ihr, was euch mag frommen.« Sie eilten, so wie die Bergschafe rennen, zu jenem Parke, den Churm sie nennen. Sie fragten, worauf die Worte erschallten: »Was willst du den Königssarg weiter behalten? Grabstätte Iskandars ist Iskandarie, denn während er lebte, erbaute er sie.« Als die Stimme man hörte, verliess, den Sarg mit sich tragend, das Heer in Eile den Park.
Trauerklage der Weisen über Iskandar Als Iskandar nach Iskandarie überstellt, kam Zwistigkeit anderer Art zu Welt. Der Sarg wurde niedergesetzt im Freien und die Erde ward voll von Redereien. Mann, Weib und Kind von Iskandarie beim Sarge kamen zusammen sie; willst als Mathematiker du sie zählen, übersteigen sie hunderttausend Seelen. Arsiṭâlîs, der ganz vorne erschien, voll Blut die Augen der Menschen um ihn, legte auf diesen engen Sarg seine Hand und sprach: »Oh König, zu Gott stets gewandt, wo hast Streben und Wissen und Geist du gelassen, dass der enge Sarg dich als Wohnung muss fassen? In der Jugendzeit, die Jahre noch hätte, was wählst du die Erde zur Lagerstätte?« Einer von den versammelten weisen Romäern sprach: »Du Elefant mit dem Leibe so ehern, wer hat dich geworfen? begehrt deine Stelle? Wohin ist dein Scharfsinn? dein Geist, der helle?«
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1861 Bringt herbei … aufbehalten: Vielleicht als Antwort des Berges aufzufassen – die Stelle ist unklar; aufbehalten: aufbewahren.
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XX Regierung des Iskandar
Ein anderer sprach: »Zu verbergen gewusst hast viel Gold du, nun drückt dich das Gold an die Brust.« Ein andrer: »Die Hand, der noch keiner entrannt, weshalb nütztest im Kampf mit dem Tod du die Hand?« Ein andrer: »Du kannst von der Mühe jetzt ruhn, um Reiche und Schätze dich umzutun.« Ein andrer: »Wenn erst vor dem Richter du standst, 1880 wirst die Frucht du ernten, die du gepflanzt.« Ein andrer: »Von jeder Macht ausgeschlossen sei, wer das Blut der Könge vergossen.« Ein andrer: »Wie du werden wir bald sein, du glichst unberührtem Edelstein.« Ein andrer: »Sieht nun der Meister dich, so lehrt er dich, was deiner Kenntnis entwich.« Ein andrer: »Dem Tode entging selbst nicht er; was soll’s, die Hand auszustrecken nach Mehr.« Ein andrer: »Du höher als Himmelslicht, 1885 was verhüllst du den Leuten dein schönes Gesicht?« Ein andrer: »Wer tugendhaft, wird es vermeiden, sein Angesicht mit Gold zu bekleiden; doch jetzt, du tugendhaft-tapferer Degen, bist dem gelben Golde du unterlegen.« Ein andrer: »Du bist im Kleide aus Seide und verdeckst uns dein schönes Antlitz aus Neide; jetzt heb das Gesicht aus der Seide, die Krone sucht nach dir mit Armring und Elfenbeithrone.« Ein andrer: »Von schimmernden Beischläferinnen, 1890 aus Čîn und aus Rûm deinen Dienerinnen bist getrennt du und hältst in den Armen jetzt Gold; doch ist Kaienbrauch Seide und Gold nicht hold.« Ein andrer: »Ein Fragender ist’s, der da fragt: Gedenkst du noch des, was ein Weiser gesagt: ›Weswegen vergiesst du der Grossen Blut? Was beginnst du Krieg in heftiger Wut? Siehst du nicht, dass alle die Grossen, die starben, aus der Welt nichts als Ruf der Güte erwarben?‹«
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Ein andrer sprach: »Deine Zeit ist um; deine Zunge wurde müssig und stumm. Wem jetzt deine Krone, dein Thron kommt in Sicht, lenkt die Zügel fürder zur Grösse nicht. Wie sie dir nicht verblieb, wird sie keinem verbleiben; man bringt keinen Baum der Grösse zum Treiben.« Ein andrer: »Dein Werk ist zu Nichts zerschmolzen und frei von dir wurde das Haupt der Stolzen. Du kannst jetzt im grossen Audienzsaal verweilen, wo die Menschen in Lämmer und Wölfe sich teilen.« Ein andrer: »In dieser vergänglichen Welt weshalb hast du hier dich so abgequält? Der Erfolg deiner Mühen ist dieser karge: dein Schatz besteht in dem engen Sarge. Du sehnst dich nach der Trompeten Gruss und nimmst vorlieb mit dem Truhenverschluss.« Ein anderer sprach: »Dein Heer zog ab; auf dem Flachfeld bleibst du allein im Grab. Schau nur hinter jedem einzelnen drein: vielen Kummer des Lebens schluckst du dann ein.«
Iskandars Mutter und Frau wehklagen über ihn Seine Mutter kam eilig herbei sodann, schmiegte oft seiner Brust ihre Wange an und sprach: »Oh du ruhmvoller König und Held, du gesegneter reiner Beherrscher der Welt! So nah bist du und doch so fern mir gebannt, auch dem Heer und den Leuten und deinem Land. Mein Geist möge stets deinem Geiste dienen; wen dies freute, das Herz ausreisse man ihnen!« Und sie ging. Aber Rôšanak sprach sodann voller Weh: »Oh König, oh frei-edler Mann, wo ist Dârâs, Sohn Dârâs, Königskraft, der der ganzen Welt den Rücken gestrafft? Wo sind Chosrau und Ašk und Farjân und Fôr, wo die Fürsten von Sind und von Šahrzôr?
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1895
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XX Regierung des Iskandar
und die Könige, denen am Tage der Schlacht die Häupter der Sturm in den Staub gebracht? Du warst wie die Wolke, die Hagel droht; ich dachte, du seist gefeit vor dem Tod. Im Krieg und im blutvergiessenden Streite, so im Einzelkampf wie das Heer zur Seite, gab dir das Geschick gleichsam freies Geleit, vor den Deinen selber in Heimlichkeit. Du hast leer gemacht die Welt von den Grossen, die Grosskönigskrone herabgestossen. Auf dem Baum, den du pflanztest, reifte die Frucht; ich seh, dass die Erde zu trösten dich sucht.« Als die Himmelskrone herniedersank, schien den Grossen das Redenhalten zu lang; in der Erde bargen sie seine Truhe; die Welt lässt so etwas in Seelenruhe. Sie erhebt im Sturm und lässt werden zum Hauch: Gerechtigkeit fehlt, doch wohl Unrecht auch. Durch Wie und Warum findest nicht du die Bahn; machtlos ist so König wie Untertan. Nur Güte muss da sein und männlicher Mut – und Jugendsinn, Schönheit und freudiges Blut; sonst fehlt an der Welt dir ein Anteil, wähn ich, du magst König sein oder untertänig. Wer einen hässlichen Ruf hinterliess, kommt – Gott verzeih’s – nicht in das Paradies. Dieser alten Welt Satzung ist so immerfort: Iskandar verschwand und hier bleibt nur ein Wort. Sechsunddreissig Könige hat er gefällt: sieh, was von der Welt in der Faust er behält! Er erbaute zehn üppige reiche Städte: diese Städte sind alle jetzt Dornenbeete. Was keiner erstrebte, hat er erstrebt; ein Wort bleibt zurück nur. Er hat gelebt. Ein Wort ist noch besser; es wird nicht verheert, indes Schnee und Regen Paläste versehrt.
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XX Regierung des Iskandar
Wir verlassen damit Iskandaries Wall. Nur Güte und Glück herrsche überall! Erfreut sei das Herz unsres Weltenherrn! Seinem reinen Leib bleib, was übel ist, fern!
Firdausis Klage über Alter und Schicksal
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1930
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»Oh du lieber erhabener Himmelskreis, welch traurige Stimmung schaffst du dem Greis! Als ich jung war, hast du an die Brust mich gedrückt, da ich alt ward, bist du von mir abgerückt. Vergilbt ist der glückliche Rosenflor, (wie zertragene Seide den Wert verlor.) Gebückt steht die zarte Zypresse im Park, der Leuchter ward dunkel, der glänzte so stark. Das schwarze Gebirge steht weissbeschneit; das Gefolg sieht am König die Sündbarkeit. Wie eine Mutter warst du mir bis jetzt, nun werd ich von dir bis auf’s Blut gehetzt. Vernunft und Verlässlichkeit fehlen dir; dein dunkles Planen zeugt Schmerzen mir. Oh hättest du niemals mich doch ernährt oder, da du genährt mich, mich nicht versehrt! Bin ich dieser Finsternis einmal entrückt, meld ich’s meinem Richter, wie du mich bedrückst; laut jammernd will ich zum Herrgott schrein gegen dich und mein Haupt mit Staub bestreun. Herzbeklommen vor Alter sieht mich das Geschick; mein Verschulden zahlt doppelt es mir zurück.« Also gab die Antwort der Himmelskreis: »Oh du ungeschädigter schwatzender Greis! Gut und Übel bestimmt’ ich, so scheinst du zu meinen: wie lässt sich solche Klage mit Wissen vereinen? Im Vergleiche mit mir bist du ja mehr wert: du hast deinen Geist mit Wissen genährt, du selbst hast dir Kost, Schlaf und Sitz zu bestimmen, selbst den Weg zu suchen zum Guten, zum Schlimmen.
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1935
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1945
XX Regierung des Iskandar
Was du da erzählst, das kann ich nicht machen; Sonn’ und Mond wissen nichts von solcherlei Sachen. Von dem such den Weg, der den Weg hat gemacht, der Sonne und Mond schuf und Tag und Nacht, dem von allem Seienden nichts sich verbirgt: keinen Anfang, kein Ende hat das, was er wirkt. Eines seiner Geschöpfe, ihm untertan, bete selbst ich ihn als den Schöpfer an. Nach seinem Befehl will allein ich mich richten und nie gegen ihn verletzen die Pflichten. Nimm zu Gott deine Zuflucht, Gott sei dein Verlass, von ihm erbitt, was du willst, doch mit Mass. Er allein ist der Schöpfer der Himmelswelt, der Sonne und Mond und Nâhîd erhellt. Dem Geist des Propheten von ihm die Verklärung, jedem seiner Gefährten des Heiles Mehrung!«
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XXI Regierung der Aškanier Sie währte zweihundert Jahre.
Worte zum Lob des Sulṭans Maḥmûd
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An den Weltherrn nun meinen Lobspruch richt’ ich, beim Fest und im Kampf und durch Wissen gewichtig, Abu’l Qasem, den Weltherrscher voller Verstand, an dessen Vernunft sich labt, was er plant. Sein Herz möge froh sein in Ewigkeit und von jeglichem Schmerz und Kummer befreit! Der erhab’ne Maḥmûd von glücklichem Rat, den der Ruhm der Grösse zum Urheber hat, Grosskönig von Îrân und Zâbulistân, von Qannûǧ bis zur Grenze von Kâbulistân, Preis sei ihm und seinem Heeresverband, Verwandschaft, Familie und seinem Land! Amîr Naṣr, seinem gewaltigen Wesir, der die kreisende Zeit erfreuenden Zier! dessen Name siegt, dessen Glück auch siegt, dessen Pfeil den höchsten Baum überfliegt! Ein Heer, geführt von Abu’l Muẓaffer, ragt hoch mit dem Haupt als Mondübertreffer. Der Leib des Schahs sei stets ohne Beschwer; auf dem Deckel der Schatztruhen sitze er! Sein Feldherr sei glücklich ebenso, sein Schatz sei blühend, sein Herz sei froh! Solange sich dreht das Firmament, sei die Liebe von diesem Stamm nie getrennt! Und Vater nach Vater und Sohn nach dem Sohne sei jeder ein siegreicher Träger der Krone!
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XXI Regierung der Aškanier
Vom Šawwâl sind vierzehn Tage vergangen; der Schah soll besonderen Segen empfangen: ob des Grundsteuerevangeliums: es befahl dieser Schah des Glanzes und Ruhms, ein Jahr diese Steuer nicht einzuheben von dem, der den Glaubensgeboten ergeben. Mit diesem Edikt erstand neu Nȏšîrwân und alles nahm andere Masse an. Wenn herankommt eine künftige Zeit und den Schleier wegzieht der Gerechtigkeit, dann wird vom Himmel ihm zuerkannt ob gerechter Güte ein Ehrengewand. Denn nie wird in seiner Brust sie veralten; seinem Haupt bleibt die Königskrone erhalten. Sein Leib bleibe blühend, sein Haupt ohne Fehle, den Himmelskreis überragend die Seele! Meine Weissagung wird von keinem verachtet, der die Zahl meiner Jahre und Monde betrachtet. Sieh zu, dass dies Buch für ewige Zeiten ein Banner sei überm Haupt der Gescheiten! Es sei wie entstammt aus Kajômarṯ Samen, wo jeder mit Lobpreis nennt seinen Namen. So sprach Nȏšîrwân, der Sohn des Qubâd: »Wenn ein Schah abweicht vom Gerechtigkeitspfad, dessen Krönungsdiplom wird vom Himmel geschwärzt, von den Sternen sein Name ausgemerzt. Doch ist Frevel des Königs Absetzungsbrief, der Schuldloser Herz liess schmerzen tief. Dieser Edelstein bleibe uns ewig erhalten, möge er tugendhaft, klug und gerecht weiter walten! Keinem ist hier dauernde Stätte beschieden, doch der Ruhm der Güte erhält sich hienieden. Wohin sind Firȇdûn, Ḍaḥḥâk, Ǧam der Reiche? alle Chosraus von Persien und Araberscheiche? 14 Šawwâl: 10. islamischer Monat
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Wohin alle Grossen der Sasaniden? von den Bahrâmiden zu den Samaniden? Der Verfluchteste war der König Ḍaḥḥâk, der ganz unrein war und des Frevels pflag, da Firȇdûn der Glückliche Lob sich erwarb, dessen Name nicht stirbt, wenn er selbst auch starb. Zum Gedächtnis verbleibt auf der Welt das Wort: es ist kostbarer als ein Juwelenhort. Doch kein Lob gebührt frevelhaften Leuten, die des Throns, des Schatzes, der Macht sich nur freuten. Was ein solcher plante, das ist zerbrochen und sein Name wird niemals ausgesprochen. Infolge des vom Schah erlassnen Dekrets – auf dem Throne des Ruhms verweile er stets! – kamen alle vom Haus in das Freie hervor; seine Lobpreisung stieg übern Himmel empor: »Mög das kronentragende Haupt immer währen und ihm Segen das kreisende Schicksal bescheren! Möge Erfüllung er schaun seinen Wünschen allen, seinen Namen geschrieben auf allen Hallen! Und auch Sippe und Heer und so sein Reich, seine Königsgestalt und sein Anblick zugleich!«
Beginn der Geschichte der Aškânîden Aber nun, oh Sängergreis, nun rück’ den Gesang zur Aškanierzeit zurück! Was sagt er in jenem Buche, dem alten? Was hat an Geschichte er aufbehalten? Wem gehörte nach des Iskandar Zeit die Welt und der Thron der Herrlichkeit? Der Dihqân von Čâǧ berichtet hievon: es war keinem zueigen der Elfenbeinthron. Die Grossen vom Stamme des Âraš waren sehr tapfer und stolz und von leichtem Gebaren. In jeglichem Winkel sass solch ein König
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und erfasste von jeglichem Land sich ein wenig. Die Provinzkönige wurden »Diadochen« nach der Thronbesteigung angesprochen. Also verflossen zweihundert Jahr, als ob auf der Welt kein Herrscher war. Keiner wandte Beachtung dem andern zu und das Antlitz der Erde hatte Ruh. Es ging dahin der Plan des Iskender, bis Byzanz sollten blühend bleiben die Länder. Erst kam Ašk vom Stamme Qubâds, sodann Šâpûr, ein adliger Heldenmann, drittens Gȏdarz vom Stamme des Ašk, der regierte, und Bižan vom Kaienstamm war der vierte, dann Narsî und der gewaltge Ôrmuzd, dann Âraš, der stark war und selbstbewusst, und nach ihm der edle Ardawân, verständig, hellgeistig, mit klugem Plan. Dann nahm Bahrâm von Ašk auf dem Throne Platz und vergab an die Würdigen einen Schatz. Ihn nannten Ardawân den Starken die Leute, denn den Klauen des Wolfs entriss er die Beute. Ihm gehörte Šîrâz mit Isfahân, das der Kundige als »Grenze der Grossen« spricht an. In Isṭachr war Bâbak durch seine Macht, dessen Pfeilschuss die Drachen brüllen macht. Ihre Wurzel war kurz nur wie ihr Geäst, weshalb sie der Kund’ge beiseite lässt; nicht mehr als die Namen hab ich vernommen und im Buche des Chosraus zu sehen bekommen. 48 Diadochen: Mulûk-i Ṭawâjif (siehe XX v. 1768) 53 drittens … vierte: im Original heisst es nur »ferner ... wie«. 54.2 selbstbewusst: W: namhaft 58.2 Grenze der Grossen: »marz-i mihân« 59.2 dessen … brüllen macht: W: der Drache war brüllend infolge seines Daumenrings. 60.2 weshalb … beiseite lässt: W: ihre Geschichte nicht sagt.
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Traumgesicht Bâbaks in der Sache des Sâsân P
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(Als Iskandar verzweifelte an der Welt, ward ein Plan inmitten der Grossen erstellt, dass niemand behellige künftig Byzanz und dass bleibe die frohe Blüte des Lands. Hat ein Fürst mit Erfolg nach Wissen gesucht, so trägt auch sein Wissen ihm reine Frucht.) Als Dârâ den Tod im Kampfe fand und die ganze Sippe vom Erdboden schwand, blieb am Leben mit Namen Sâsân ihm ein Kind, voll Verstand und froh – und kriegrisch gesinnt. Als den Vater derart er sah umgebracht und dem Glück der Îrânier ein Ende gemacht, da floh er vor den Romäerphalangen und blieb in dem Netz des Verderbens nicht hangen. Er starb dann armselig in Hindûstân; ein kleines Kind hinterliess Sâsân. Sâsân nannte nun jeder Vater den Sohn bis zu der vierten Generation. Als Hirten und Treiber von Kamelen mussten schwer das ganze Jahr sie sich quälen. (Auf Arbeitssuche ging aus der Sohn, ob durch Müh er erziele beträchtlichen Lohn.) Als zu Bâbaks Hirten gelangt er war, nahm den Oberhirten im Felde er wahr, und fragte ihn: »Möcht dir ein Taglöhner frommen, den das Unglück hier lässt vorüberkommen?« Der Oberhirt dang ihn auf und in Tagen und Nächten musste der Arme sich plagen. Da er arbeitsam war, gefiel er dem Mann und er stellte als Hirten der Schafe ihn an. Eines Nachts schlief Bâbak-i Rôdjâb, als sein heller Geist ihm ein Traumgesicht gab: von Sâsân geritten ein Kriegselefant; Sâsân hatt’ ein indisches Schwert in der Hand;
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und wie jeder, der in den Weg ihm lief, ihm Huldigung bot und ihm Heil! zurief; wie er schmückte die Erde allerwärts und von Kummer befreit’ jedes dunkle Herz. Als Bâbak in Schlaf fiel die zweite Nacht, waren neu in dem Hirn ihm Gedanken erwacht; er schaute im Traum: eine Dreizahl von Bränden trug flammend ein Feueranbeter in Händen wie Âḏar Gušasp- und Charrâd Mihr-Flammen wie alle die Himmelslichter zusammen; vor Sâsân brannte jeglicher Feuerherd, Aloeholz ward von jedem verzehrt. Als Bâbak erwachte aus seinem Schlummer, (waren Geist und Herz voll Sorge und Kummer.) Wer immer sich nun auf Träume verstand, im Besitz jeder Wissenschaft sich befand, die versammelten sich in Bâbaks Halle, die Grossen und Weisen und Ratgeber alle. Wie Bâbak kund sein Geheimnis machte, und ihnen den Traum ganz zur Kenntnis brachte, da liehen das Ohr ihm die Traumerklärer und gedankenvoll wurden die Zukunftslehrer. »Oh erhabener König«, sprach einer endlich, »eine Deutung zu suchen scheint unabwendlich. Es hebt jener, den du geschaut im Traum, zur Krone das Haupt übern Sonnenraum, und sollte auf den das Traumbild nicht passen, wird sein Sohn die Welt sein geniessen lassen.« Bâbak war sehr froh, als er solches vernahm, worauf jeder nach Mass von ihm Gaben bekam. Von der Herde den Oberhirten dann liess er kommen, da just ein Schneesturm blies. Der Hirte erschien vor ihm, flockig beschneit, das Herz voller Furcht, im dickwollenen Kleid. 83 wie Âḏar … Flammen: zwei Feuertempel
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Bâbak hiess die Fremden verlassen den Ort und auch Diener und Ratgeber gingen fort. Er befragte Sâsân und hiess ihn willkommen, bis jener ganz nahe ihm platzgenommen. Nach der Herkunft fragte er ihn, doch der Hirt hatte Angst vor ihm und schwieg verwirrt. Doch schliesslich sprach er: »Oh Fürst, wenn der Hirte von dir seines Lebens versichert würde, sagt ich wahrheitsgemäss die Abstammung dir. Fass zum Bund meine Hand mit deiner hier, dass nicht im Geheimen noch Offenbaren von dir etwas Böses mir soll widerfahren.« Auf welch Wort hin Bâbak zu reden begann – Gott den Geber des Guten rief erstlich er an –: »Sei gewiss, dass kein Nachteil dir widerfährt, du sollst freudig sein und mir wert und geehrt.« Zu Bâbak sprach drauf der junge Mann: »Ich bin, oh König, der Sohn des Sâsân, Ardašîrs des Weltenherrn Urenkelkind, den als Bahmen kennt, wer der Zeit sich entsinnt, des Sohns des Helden Isfandjâr, der nach Guštâsp Gedächtnisträger war.« Als dies Bâbak vernahm, ward mit Wasser betaut das Auge, das jenen im Traume geschaut. Bâbak sprach zu ihm: »Geh’ und wart’ im Bad, bis man neu dir bringt eine Ehrenwat.« Man brachte ein Kleid, eines Königs wert, und ein für Helden geschirrtes Pferd. Er erbaut’ einen reichen Palast ihm; es hob der Oberhirte das Haupt darob. Nachdem im Palast er ihm Wohnung beschafft, drin angestellt Sklaven und Dienerschaft, sie mit stolzen Geräten eingerichtet und die nötigen Kleinodien aufgeschichtet, gab er ihm seine eigene Tochter zuletzt, Diadem seines Hauses und hoch geschätzt.
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Die Geburt des Ardašîr Bâbakân Als neun Monde vergangen dem Schimmergesicht, kam ein Kind, so strahlend wie Sonnenlicht, Ardašîr dem Edlen im Aussehen gleichend, aufwachsend und Glück und Gefallen erreichend. Der Vater nannte es auch Ardašîr; sein Anblick stillte ihm Wunsch und Begier. Er erzog ihn zärtlich ganz nah bei sich und eine längere Zeit verstrich. Scharfsinnige Leute nannten fortan den Jüngling Ardašîr Bâbakân. Alle möglichen Künste ward er gelehrt und die Tüchtigkeit seines Charakters gemehrt. Er ward so von Verstand und von Wuchs und Gesicht, dass man meinte, es strahle das Himmelslicht. Es kam nun zur Kenntnis Ardawâns der Verstand und das Wissen des jungen Manns; er sie wütender Löwe am Kampfestage und gleiche der Nâhîd bei Fest und Gelage. Einen Brief schrieb nunmehr Ardawân an Bâbak, den glorreichen Pahlawân: »Oh erfahrener Mann, der stets richtig rät, voller Wissenschaft und wohlberedt, dein Sohn Ardašîr, wie vernommen ich habe, ist ein Ritter mit Bildung und Rednergabe; wenn du diesen Brief liest, schick Ardašîr getrösten Mutes gleich her zu mir. Was er irgend bedarf, das will ich ihm geben, inmitten der Helden sein Haupt erheben. Ist er einmal bei meinen Söhnen erschienen, will ich nicht sagen, er gehört nicht zu ihnen.« Als Schah Bâbak den Brief las, den er empfangen, floss viel Blut aus den Wimpern auf seine Wangen; er befahl: »Es komme der Sekretär und der mannbare Jüngling Ardašîr her!«
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Er sprach: »Lies, den Ardawân gesandt, den Brief und prüf ihn mit hellem Verstand. Ich will hier einen Brief an den Schah verfassen und durch willigen Boten bestellen lassen. ›Mein Herz, meinen Augenstern‹«, sag ich darin, ›den beliebten Jüngling mit herzhaftem Sinn den schick ich und geb ihm zugleich den Rat: Wenn du dem hohen Palast dich genaht, handle so, wie sich’s ziemt nach der Könige Brauch! Es weh ihn nicht an eines Windes Hauch!‹« Seiner Schätze Tor öffnet Bâbak wie der Wind und schenkt’ jeder Art seinem Enkelkind; bei den Kindern empfand um gar nichts Leid er: aus Čîn goldgewebte Königskleider, goldene Zügel und Keule und Schwert, Dinare, Brokate und Sklaven und Pferd, das brachte man alles dem jungen Mann; er wurde ein Diener des Ardawân. Mit Ardašîr sandte er auch kostbare Wohlgerüche und viele Dinare. Vom Grossvater kam so der junge Mann nach Rai zum Hof des Schahs Ardawân.
Ardašîr Bâbakân kommt an den Hof des Ardawân Dem Schah, als er kam zur Residenz, ward gemeldet, er werbe um Audienz. Ardawân rief den Jüngling liebevoll vor, wobei er über Bâbak viele Worte verlor. In die Nähe des Thrones setzt’ ihn der Schah und rüstet im Hause ihm ein Gemach. Er liess auch von ess- und trinkbaren Dingen, von Teppichen, Decken und Kleidern ihm bringen. Mit den Edlen begab sich der junge Mann an den Platz, den gewiesen ihm Ardawân. 137.2 aus … Königskleider: Halbverse umgestellt
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Als die Sonne den Thron auf den Weltkreis gestellt und hell wie ein Griechengesicht ward die Welt, rief Ardašîr einen der Dienerschar mit dem an Geschenken, was nötig war. Der Bote begab sich zu Schah Ardawân als Gesandter von Bâbak dem Pahlawân. Ardawân besah’s und dass ihm’s gefiel, nützte diesem Jüngling in Zukunft viel. Der Fürst hielt ihn ganz gleich einem Sohn, eine Zeitlang aus Sorge nah seiner Person. Zu Weingelage, Tafel und Jagdrevier ging niemals der Schah ohne Ardašîr; kurz, er hielt ihn wie ein Familienmitglied, vom eignen Kind ohne Unterschied. Da geschah’s, dass einmal auf der Jagd sich zerstreuten die Söhne des Schahs samt Heeresleuten. Denn Ardawân hatte der Söhne vier, ein jeder von ihnen war König schier. Ardašîr jagte mit Ardawân, der den Jüngling wie gesagt lieb gewann. Da zeigten sich Wildesel fern im Gefild; im Tumult geriet alles weithin durch das Wild. Alle suchten die Rosse drauflos zu sprengen und mit dem Schweisse den Staub zu vermengen. Ardašîr kam unter den Ersten geflogen und entsandte, schon nahe, den Pfeil vom Bogen. Einen Wildesel traf an dem Hinterteil und durchdrang mit Spitze und Federn der Pfeil. Zu selben Zeit kam auch Ardawân, das erlegte Wild zu besehen, heran. Er sprach: »Wessen Pfeil hat solch Tier gefällt? Seiner Hand bleibe immer der Geist gesellt!« Drauf gab ihm zur Antwort Ardašîr: »Ich hab’ mit dem Pfeil erlegt dieses Tier.« Ein Sohn aber sagte: »Das Tier schoss ich;
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und ich such einen, der drin erreichte mich.« Ardašîr erwiderte ihm: »Das Gefild besteht noch weiter wie Pfeile und Wild. Erleg auf dieselbe Art einen zweiten! Schwere Schuld ist Lüge bei Edelleuten.« Da ergrimmt wegen Ardašîr Ardawân und brüllte sehr laut den jungen Mann an: »Die Schuld dran«, so rief er, »ist mir beizumessen; ich war nun einmal aufs Erziehen versessen. Zum Vergnügen, ins Jagdgebiet hierher, was musst’ ich dich bringen mitsamt dem Heer? Dass du hinter dir lässt mein eigen Blut und dich gross machst in stolzem Übermut? Geh und meine Araberrosse bewach! Wähl dir auch im Hause ein ander Gemach! Über jenen Pferdestall sei du der Meister und mit jedem zu allem ein Hilfeleister!« Ardašîr ging hinweg, in Tränen zerflossen, als Stallvorgesetzter arabischen Rossen: »Was brach da von Ardawân über uns ein! Mög sein Leib voll Schmerz sein, sein Geist voll Pein!« einen Brief schrieb darauf er an seinen Ahnen, das Herz voll von Kummer, den Kopf voll vom Planen; alles, was da geschehen war, teilte er mit und weshalb Ardawân so in Wut geriet. Als Bâbak dieses Schreiben kam zur Hand, macht’ er keinem davon irgendwas bekannt. Sein Herz war voll Schmerz und innerem Jammer. Er entnahm viel Dinare der Schätzekammer; zehntausend Dinar schickte er im Nu und ein Eildromedar mit Reiter ihm zu. Seinem Sekretär, den er dann berief, befahl er an Ardašîr einen Brief: »Oh du unkluger, eben erst mündiger Mann! Als du auf die Jagd gingst mit Ardawân,
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weshalb drängtest du eilig dich vor seinen Sohn? Du bist nicht Verwandter, nein, Dienstperson. Er tat dir nichts Übles, von Feindschaft beseelt: du selbst hast aus Unüberlegtheit gefehlt. Jetzt erfüll seine Wünsche und stell ihn zufrieden! Jeder Ungehorsam sei strenge vermieden! Ich habe dir tüchtig Dinare gesendet und im Briefe dir guten Rat gespendet; sind zum Zweck diese Geldmittel draufgegangen, stell’ nach einiger Zeit ein neues Verlangen.« Ein Eildromedar mit erfahrenem Greise vollzog zu Ardašîr raschest die Reise. Sein Herz war ihm eng, als den Brief er gelesen, es zielte auf Listen und Ränkewesen. Ein Gemach nah den Pferden traf seine Wahl; es war kein seiner würdiges Lokal. Er breitete allerlei Teppiche aus, auch Kleidungsstücke und Trank und Schmaus; bei Mahl und bei Wein wurden Tag und Nacht müssig in Musikantengesellschaft verbracht.
Gulnâr sieht den Ardašîr und Bâbak stirbt Im Palast Ardawâns sass sehr geehrt ein Mädchen gefangen von hohem Wert; diese Schöne, die man Gulnâr ruft, war ein Bild voll Juwelen, Farbe und Duft. Bei Ardawân war sie gleichsam Wesir; er vertraute auch jene Schätze ihr; er wusste sie mehr als sein Leben zu schätzen und an ihrem Anblick sich zu ergetzen. So kam’s, dass sie einst vom Dach ihn erblickte und solches ihr Herz auf’s Höchste beglückte. Sie sah mit lächelndem Mund Ardašîr; der Jüngling fand Platz im Herzen bei ihr. 196 ihn: Ardašîr
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Sie wartete, bis es zu dunkeln anfing und der Tag allmählich in Nacht überging; einer Fangschnur, die an eine Zinne sie band, schlang Knoten sie ein und liess gleiten die Hand. Mit Kühnheit kam sie von der Mauer herab, 200 indem sie dem Herrgott den Dankpreis gab. Als ihr Schritt sie nun zu Ardašîr trug, voll Juwelen und Aloe-Moschus-Geruch, hob vom Kissen sein Haupt sie, sein Schlaf entwich und sie drückte ihn eng an den Busen sich. Der Jüngling sah hin auf die Wunderbare, diese Farbe und Duft, dieses Antlitz, die Haare und sprach zu der Maid: »Woher bist du gekommen? Vor Schmerzen machst du mein Herz ganz beklommen.« Sie erwidert: »Ich bin deine Dienerin, 205 von der Liebe zu dir sind erfüllt Herz und Sinn. (Schah Ardawâns Liebling und Schatzhüterin, dem Freude ich gebe und helleren Sinn; jetzt will ich dir, wenn du es willst, mich ergeben, auf der Welt von deinem Anblick nur leben.) Jetzt, wenn du es willst, will ich bei dir sein, um Glanz deinem düsteren Tag zu verleihn.« (Ardašîr war voll froher Zufriedenheit im Anblick der lieben lieblichen Maid). Und nur ganz wenige Zeit verstrich, da nahte das Unglück dem Schutzherrn sich, wenn der kluge Bâbak, vom Tode erfasst, liess andern diesen uralten Palast. Als Ardawân davon Nachricht bekam, 210 war sein Geist verdüstert und voller Gram. Alle Fürsten warben um Persiens Krone; der Feldherr gab Persien dem ältesten Sohne. Mit Pauken hinauszubringen befahl er, das Heer von Palaste hiess ziehen zu Tal er. Die Welt ward für Ardašîr Lichtes bar ob des klugen Schahs, der ihm Helfer war;
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er war satt des Gefolgsdienstes bei Ardawân und kam ob der Kunde zu anderem Plan, denn sein Herz war vom Schmerze hitzig erregt und Wege zur Flucht sucht er unentwegt. Hernach geschah’s, dass der Schah Ardawân zu sich zog an seinen Hof heran viele von den geisthellen sternkundgen Leuten; die sollten ihm Sterne und Lebensweg deuten, wie ihm fernerhin das Schicksalsrad rollte und wem er in Zukunft Schützer sein sollte. Der Schah schickte sie zu Gulnâr hierauf, dass genau sie erforschten der Sterne Lauf. Drei Tage währte die Sternebeschau, man verfolgte den Stern des Schahs genau. Gulnâr hörte an ihr langes Geschwätze von den Sternen und ihrem geheimen Gesetze; durch drei Tage nur dritten Wache der Nacht wurde die Astrologen nicht los die Magd; ihre Lippen voll Luft und ihr Herz voll Begier – ins Gedächtnis drangen die Reden ihr. Erst am vierten Tag ging hellgeistig man, das Geheimnis zu kunden, zu Ardawân, und sie kamen, Sterntafeln in ihren Armen, zum Schah aus den Zimmern der Magd, der armen. Sie verrieten des Himmels geheimes Spiel, was ihn anging, das Was, das Wie, das Wieviel: es sei bald im Begriff etwas stattzufinden und das mache das Herz des Schahs bald sich winden; vor dem Höhern ergreif’ der Geringre die Flucht, vom Feldherrnstamm und aus stolzer Zucht, und er werde später zum Weltenherrn, zu wohltätigem König von glückhaftem Stern. Es erfasste des glücklichen Fürsten Herz infolge der Rede gewaltiger Schmerz.
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Flucht des Ardašîr mit Gulnâr
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Das Antlitz des Landes war schwarz wie Teer, da kam das Mädchen zu Ardašîr. Wie das Meer kam in Wallung der junge Mann: »Hast du keinen Tag Ruh vor Ardawân?« Was dem Ardawân der Geisthelle gesagt, das berichtete ihm nunmehr die Magd. Wie er hörte, was ihm Gulnâr so erzählt’, wurden Frieden und Ruhe von ihm gewählt; das Jünglings Herz ward dadurch noch erregter, einen Fluchtweg sucht’ er noch untentwegter. Er sagte ihr: »Reis ich nach Îrân, Kind, aus Rai nach dem Land, wo die Tapferen sind, willst du dann mit mir auf den Weg dich begeben oder hier weiter beim König leben? Kommst du nun mit mir, so wirst du dort mächtig, auf dem Haupte des Landes die Krone prächtig.« Sie erwidert’: »Ich bin deine Dienerin. Von dir trenn ich mich nicht, solang lebend ich bin.« Sie sprach’s mit den Lippen voll Seufzen und Stöhnen, die Blutträne rann aus dem Auge der Schönen. Also sprach zur Mondweissen Ardašîr: »Unbedingt müssen morgen verschwinden wir.« Ins eig’ne Gemach ging das Mädchen zurück, aufs Spiel setzend Leib, Leben und Glück. Als die Sonne das Antlitz der Welt färbte gelb und die dunkle Nacht drang hinein ins Gewölb, da erschloss das Mädchen der Schatzkammer Tor, eine Kleinodienauswahl nahm sie vor, von Rubinen, Juwelen, die königswert waren, was sie brauchen konnte an vielen Dinaren. Dann kam sie zurück, wo sie wohnte stät, und nahm zu sich das Juwelenpaket. (Sie war ob der Lage in Schmerz und Pein, allerlei Besorgnisse stellten sich ein:
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wenn sie flohe von Schah Ardawân, wie dann sein Verfahren wär mit dem jungen Mann?) Sie harrte, bis Nacht zog vom Berge her; es schlief Ardawân, alles war menschenleer. Die Juwelen brachte nun pfeilgeschwind zu Ardašîr hin das schöne Kind; den Weltsucher sah mit dem Becher sie; trunken die Pferdewärter in Schlaf gesunken. (Denn Ardašîr hatte sie trunken gemacht; er musste verreisen noch diese Nacht.) Zwei edle Rosse, von ihm ausgesucht, standen schon im Stall, gesattelt zur Flucht. Als der Weltsucher sah das Gesicht der Gulnâre und die roten Juwelen und die Dinare, (da sprach er: »Jetzt heisst es das Weite nehmen und nicht weiter grübeln und uns grämen; es gelingt uns vielleicht, aus den Fangen des Drachen nach der Jugend Geschick uns frei zu machen«), da stellte den Becher sofort er zur Erde und zäumte die beiden arabischen Pferde. Den Waffenrock nahm er, den Helm setzt’ er auf, er ergriff des gehärteten Schwertes Knauf, die Schöne stieg auf das andere Ross und so ging ganz plötzlich die Reise los. Aus der Königsburg wandt’ er mit frohem Sinn sich den Weg verfolgend gen Persien hin.
Ardawân erhält Kunde vom Verhalten der Gulnâr und des Ardašîr Nun war’s so, dass Ardawân ohne Gulnâr weder Tag noch Nacht froher Seele war. Kaum hob Schulter und Arm er aus Seide empor, so schwebte das Antlitz Gulnârs schon vor. Als die Zeit des Aufstehns herangenaht und den Thron zu zieren mit Seidenbrokat, und das Mädchen kam nicht zu seinem Kissen, 136
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da wand er ergrimmt sich, von Zorn hingerissen. Das Heer stand bei Fuss vor dem Tore drauss, gerüstet war Krone wie Thron und Haus. Aus dem Hof trat der Meister der Zeremonien vor den Schahrǝjâr, den glorreichen, hin und er sprach: »Es warten die Edlen vorm Tor, wer immer im Lande ragt mächtig empor.« »Was Gulnâr wohl aufhalten mag?«, so sprach zu seiner Dienerschaft da der Schah; »Weshalb ist sie zu meinem Bett nicht gekommen? Hat ihr Herz gegen mich etwas eingenommen?« Just kam der Vorstand der Schreiberleute: »Ardašîr ist plötzlich abgereist heute. Einen Schimmel und Rappen nahm er dabei mit, welche Pferde der glorreiche Schah früher ritt. Wohl gefiel’s auch des hohen Herren Sinn, dass mit Ardašîr wegritt die Schatzmeisterin?« Das Herz des Kriegsherrn wich von der Stelle; ein rotes Beipferd bestieg er schnelle. Der kriegrischen Reiter nahm viele er mit, es war, als ob stets über Feuer er ritt’. Am Wege sah er einen namhaften Ort, viele Leute und Vierfüssler waren dort. Er fragt: »Habt bei Sonnenuntergang gehört ihr von Pferdehufen den Klang?« Zwei Personen mussten vorübertrappen, je auf einem Schimmel und auf einem Rappen. Und einer sagte: »Es kamen hier zwei mit zwei Pferden im Ritt zu der Ebne vorbei. Dicht hinterdrein kam ein Widder geschossen und wirbelte Staub auf gleich den Rossen.« Da sprach zu seinem Wesir Ardawân: »Was trieb wohl den Widder zum Laufen an?« Er gab ihm zur Antwort: »Das macht sein Fatum; 281 Das macht sein Fatum: W: es ist sein majestätischer Glanz.
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er ist seine Schwinge zu Glücksstern und Schahtum. Wenn der Widder ihn einholt, dann lass dir Zeit, dann gibt uns das Ding lange Mühseligkeit.« Vom Rosse herab stieg nun Ardawân, er ass, ruhte aus und verfolgt’ dann die Bahn. Sie eilten einher hinter Ardašîr, ganz vorn Ardawân mit seinem Wesir. Mit dem Mädchen der Jüngling, schnell gleich einem Pfeile, liess keinen Augenblick ab von der Eile. Wem hold ist das hohen Himmels Gnade, den trifft von den Feinden keinerlei Schade. Ardašîr ermüdete schliesslich die Schnelle, da sah von der Höhe aus er eine Quelle. Der Jüngling sprach reitend zu Gulnâr: »Genossin ist heut uns die Mühe fürwahr! Bei der Quelle dort steigen wir aber zur Erde, denn ganz aufgelöst sind Reiter und Pferde. Wir essen dann etwas beim Wasserlauf und nehmen erholt den Ritt wieder auf.« Wie beide zum Wasser hinuntergelangen, sind gelb wie die Sonne der beiden Wangen. Ardašîr schickt an sich, zu steigen vom Renner, da sah bei der Quelle er zwei junge Männer; die Jünglinge riefen sofort laut ihm zu: »Steigbügel und Zügel musst nützen du! Du entwichst dem Rachen und Hauch eines Drachen! Es hat keinen Wert, jetzt haltzumachen! Du darfst nicht absteigen hier zum Mahl, sonst grüsst deinen Leib du zum letzten mal.« Als dies vom Berater vernahm Ardašîr, sprach er zu Gulnâr: »Dies Wort merke dir!« Leicht wurde der Zügel, der Steigbügel schwer, hoch empor hob die funkelnde Lanze er. 285 schnell gleich einem Pfeile: W: gleich dem Wind
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Da kam wie der stürmende Wind Ardawân mit Müh und mit düsterem Sinne heran. Zur Zeit, da die Hälfte des Tages verglitten und die Leuchte der Welt Schritt in Himmels Mitten, kamen aus einer Stadt, die er liegen sah in Farbe und Duft, viele Leute ihm nah. Die Mȏbads fragt der König: »Wann kam vorbei jener krieg’rische Reitersmann?« Ein Wegeskundiger gab Auskunft da: »Oh du reingesinnter Glücksstern-Schah! Zur Zeit, als die Sonne sich gelb erhob und die tiefdunkle Nacht den Schleier verschob, sind der Stadt zwei Leute vorübergesprengt, voller Staub und den Mund trocken-dürr gesengt, und ein Widder hinter den Reitern in Hast, seinesgleichen kein Bild sah ich je im Palast. P 307.1 (Purpurrot, im Lauf rasch wie Windesgebraus, P 306.1 mit dem Flügel der Sîmurġ, dem Schweife des Pfaus, P 306.2 mit des kühnen Rachš Haupt und Huf und Ohr – P 307.2 keiner hörte von solchem Widder zuvor.)« So sprach der Minister zu Ardawân: »Wenn du kehrt hier machtest, wär’s wohlgetan, und zum Kriege rüstest und Heeresfahrt, denn der Streitfall wurde jetzt anderer Art; hinter seinem Rücken sitzt ihm ja das Glück; von der Eilverfolgung blieb Wind nur zurück. Schreib einen Brief jetzt an deinen Sohn und bericht’ ihm darin Stück für Stück davon; vielleicht kann er Ardašîrs Spuren erspähn. In dem Widder soll nicht ein Löwe erstehn.« Ardawân, da er solches hörte, ersah, seinem Ruhme sei das Veralten nah. In jener Stadt dort stieg er dann ab, indem er dem Herrgott Lobpreisung gab. 306–307 Purpurrot … Widder zuvor: Umstellung in der Übersetzung
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Ardawân schreibt einen Brief an seinen Sohn Bahman über den Pferderaub des Ardašîr Als am nächsten Morgen der Tag erschien, befahl er dem Heere zurückzuziehn. Er ging fort, wie Rohr so fahl beide Wangen, um bei Nachtanbruch nach Rai zu gelangen. Dort schrieb einen Brief er seinem Sohne: »Der Trug hat das Haupt erhoben zur Krone, Ardašîr sich von unserm Kissen verzogen, wie so rasch noch nie als ein Pfeil flog vom Bogen. Er ritt gegen Pârs. Such nach ihm zu fahnden. Lass keinen vom Inhalt des Briefs etwas ahnden.«
Ardašîr sammelt ein Heer
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Ardašîr seinerseits gelangte ans Meer. »Oh gewaltiger Gott!«, also betete er, »du hast mich vor dem Übeltäter bewahrt – dass nur nie sein Leib etwas Gutes gewahrt!« Er ruhte und rief einen Schiffer herbei; vom Geschehnen erzählte er ihm vielerlei. Es besah der Schiffer, erfahren und alt, Ardašîrs Gesicht und die Brust und Gestalt; da wusst’ er, seine Herkunft sei königlich, und freut’ ob der glanzvollen Würde sich. Er eilte sofort auch hin zum Meer und trieb im Wasser den Kahn weitumher. Auf die Kunde hin, Ardašîr sei im Lande, versammelte sich ein Heer auf dem Strande; wer in Isṭachr war ein Bâbak-Anhänger, barg auf diese Nachricht den Schahstolz nicht länger; wer aber da war aus des Dârâ Samen, (wer in jedem Land besass einen Namen,) wie von Ardašîr sie die Kunde erhalten, wird der Freude jung das Herz jedes Alten.
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Vom Gebirg und vom Meer kamen Leute gefahren zum Jüngling in Scharen und aber Scharen; eine ganze Menge von Weisen und Räten kam zum Weltbegehrer aus allen Städten. Seine Zunge löste Jung-Ardašîr: »Oh ihr Glorreichen, leuchtenden Geistes ihr, es wird keiner in diesem edlen Verein der erfahrenen, beratenden Männer sein, der nicht weiss, was Iskandar einst auf der Welt mit den Grossen Verwerfliches angestellt: unsre Ahnen hat sämtlich er umgebracht und die Welt sich durch Frevel zu eigen gemacht. Isfandjârs Samen gehöre ich an und Herrscher im Land ist jetzt Ardawân! Sollen dies wir wohl Gerechtigkeit heissen und sowas aus der Erinnerung reissen? Wollt ihr mich da unter die Arme fassen, will ich niemandem Thron und Krone belassen. Was sagt ihr? Was gibt zur Antwort ihr? Welch glücklichen Rat erteilt ihr mir?« Wer da war in dieser Versammlung zugegen, die Männer vom Ratschlag und Schwerteschlägen, als die Rede er hörte, da sprang er auf und liess seinem Herzensgeheimnis den Lauf: »Uns alle, die sind von Bâbaks Geschlecht, erfreut deines Antlitzes Anblick so recht! Und ebenso wollen wir Sâsân-Vasallen zum Kriege den Gurt um die Mitte schnallen! Unser Leib, unser Lehen sind gänzlich dein und Freude und Leid sind mit dir uns gemein. Dass du beiden Königsgeschlechtern entstammt, gibt dir höchstes Anrecht aufs Königsamt. Befiehlst du’s, so machen den Berg wir zur Fläche, mit dem Schwerte zu Blut alles Meer und Bäche.« Als Ardašîr hörte solchen Bescheid, hob das Haupt über Nâhîd und Tîr er weit;
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er wusste den Edlen gebührend zu danken und im Herzen hegte er Rachegedanken. Nach dem Meere legte er zu einer Stadt den Grund und die Stadt wurde Arbeitsstatt. Da geschah’s, dass ein Mȏbad zu Ardašîr sprach: »Oh herzgewinnender Glücksstern-Schah! Du hast neu geschaffen des Königtums Haupt, auch vom Leibe von Pârs sei das Unkraut geklaubt! Den Krieg gegen Ardawân bring dann in Schwung, denn der Stern ist jung und der König ist jung! Den Diadochen ist er überlegen an Schätzen, so wird’s viele Sorgen und Mühen setzen. Doch hast seinen Thron du erst umgerannt, so leistet dir keiner mehr Widerstand.« So hört Ardašîr, der erhabene Mann, die geziemend gefällige Rede an. Wie die Sonne das Haupt hob vom Bergesgrat, kam vom Meere er nach Isṭachr, der Stadt. Als die Kunde bekam Bahman Sohn Ardawâns, ward sein Herz voll des Schmerzes und düsteren Wahns. Er hielt auf dem Throne nicht lange sich auf, sondern brachte sein Heer kriegsgerüstet in Lauf.
Ardašîr kämpft mit Bahman und gewinnt den Sieg Es lebte ein Edler, Tabâk genannt, mit Kriegsgerät, Heer und reinem Verstand; er war Padischa über Ǧahram die Stadt, welterfahren, gerecht und ein Mann der Tat. Sieben Söhne hatte er glücklicher Art. Der verliess Bahman, als die Kunde ihm ward, und kam zum glorreichen Ardašîr mit Heer und mit Pauken und Pomp und Zier. Als sein Auge fiel auf des Feldherrn Gesicht, da stieg er vom Ross, wie’s der Sitte entspricht; ihm die Füsse zu küssen eilt’ er herbei, von den frühern Sâsân sprach er mancherlei.
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Vom Erobrer wurde er viel geehrt, denn sein eiliges Kommen machte ihn wert. Und dennoch erfüllt ihn mit Sorge Tabâk, denn der Alte machte sein Herz ängstlich-zag, sodass der Behutsamkeit er nicht vergass, da der Greis ein Eroberer-Heer besass. Jedoch Ardašîrs Gedanken durchschaute der Greis, der klug mit der Welt vertraute; er kam mit dem Zandawestâ herbei und sprach: »Weg von dem Weltenschöpfer sei die arme Seele Tabâks gerissen, ist nicht rein von Frevel an dir sein Gewissen! Als mir Kunde vom Schah Ardašîr geworden, er bringe ein Heer zu diesen Borden, da ward ich so satt des Schahs Ardawân, dass das alte Weib ward zum jungen Mann. Wiss, ich bin dein Diener in Treue stät, ein demütger, der kein Geheimnis verrät.« Kaum dass Ardašîr diese Rede vernahm, als sein Denken andere Richtung bekam; er hielt ihn nunmehr sowie einen Vater, als Haupt seiner andern edlen Berater. Befreit war des Schahs Herz von Sorge und Gram; er ging zu den Feuern von Charrâd und Râm, um Gott im Gebete dort zu preisen, er möge den Weg zum Guten ihm weisen, er lasse ihn immer den Sieger bleiben und den Baum der Grösse viel Früchte treiben. Er begab sich von da in das Zeltgemach; der Minister kam mit dem Mustrer zum Schah. (Die Reiter und Fussgänger wurden gezählt, er untersuchte, wer Führer, wer Held; der Mustrer liess fünfzigtausend anrücken, lauter Tapfre und Männer, die Schwerter zücken; da sah jeden und fragt’ um den Namen er und es freute ihn sehr das zahlreiche Heer.)
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Dem Heer gab er Dirhams zu reichlicher Löhnung und tat des Gebers des Guten Erwähnung. Zum Krieg gegen Bahman Sohn Ardawâns wandt’ er jenes Heer, das gleich einem mutigen Panter. Als sie eins nach dem andern gekommen waren, zogen hin kriegslustig die Heldenscharen. Nun bildeten Front die beiden Heere, alle Schwerter von Hind in der Faust und Speere; wie kriegrische Löwen griffen sie an und vergossen Blut, dass in Strömen es rann. So ging’s, bis die Sonne wurde ganz fahl, die Luft voller Staub, voll Gefallner das Tal. Als des Himmels Schleier türkisfarben war, da kam in den Kampf auch des Tabâk Schar. Sturm erhob sich und Wolken von Schwärze des Teers und Ardašîr kam von dem Zentrum des Heers. Doch Bahman Sohn Ardawâns flüchtet’ zur Stund’, verdüstert den Geist, vom Pfeil der Leib wund. Ardašîr kam hinter ihm drein in Eile mit Trompetengeschmetter und Regen der Pfeile. So ging es bis nach Isṭachr der Stadt, in der Bahman so Krone wie Ruhmglanz hatt’. Als der Ruhm des Schahs sich erhob in der Welt, war bald zahllos ein Heer übrallher ihm gesellt; ein grosser Schatz wurde ihm gewiesen; mit Müh hatte Bâbak gesammelt diesen. Die gehäuften Dirhams verausgabte er und verstärkt führte fort er von Pârs das Heer.
Krieg Ardašîrs mit Ardawân. Ardawân wird getötet Als die Kunde gelangte zu Ardawân, fiel die Furcht sein Herz, den Geist Düsterheit an. Er sprach: »Dies Geheimnis des hohen Rads hat mir gesagt der Besitzer des Rats: ›Tritt ein unausdenkbares Übel ein,
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wie könnte Bemühung vom Schicksal befrein?‹ Ich glaubte nicht, dass aus Ardašîr je ein glorreicher Städteerobrer ersteh’.« Er gab Lönung, indem er die Schatztür erschloss, zog das Heer heran und belud den Tross. Es kam das Heer von Dailam und Gîl; der Heerstaub nahm sich den Mond zum Ziel. Von dort führt der Schah das Heer hinweg; das Heer versperrte dem Winde den Weg. Beide Heere trennten zwei Wurfesweiten. Vom Schalle der Pauken und Tönen der Saiten, vom Geklingel der Schellen und Flötenklange blieb schlaflos selbst in der Erde die Schlange. Das ganze Heer schreiend, die Glanzfahne dräuend, stahlblaue Schwerter rings Köpfe verstreuend: vierzig Tage lang währte das Handgemenge, diesen Söldnern wurde die Welt sehr enge. (Auch jede Art Nahrung wurde beengt und die Transportwege äusserst bedrängt). Durch die Leichen ward Berg das Gefilde, das platte, die Verwundeten wurden des Lebens satte. Schliesslich kam eine Wolke schwarz übers Land und die Fähigkeit jeglicher Kampfmühe schwand. Ein Sturmwind erhob sich Entsetzen erregend, die Herzen der Krieger zur Furcht bewegend. Es erbebte der Berg, es zerriss das Gefild und das Tosen kam aus den Lüften wild. Die Angst von Ardawâns Heer war grimmig, darin wurden alle einhellig, einstimmig: »Gegen Ardawân muss dies ein Gotteswerk scheinen und dieses Heer muss man jetzt schon beweinen.« Am Tag, das der Kampf stieg zum höchsten Grade, flehten alle verständigen Männer um Gnade. Da kam aus dem Zentrum des Heers Ardašîr; Pfeilregen erhob sich und Waffengeklirr.
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Ardawân ward gefangen inmitten der Schlacht – die Krone hat ihn um das Leben gebracht; ein Mann namens Charrâd nahm ihn gefangen, den Zügel gefasst kam er mit ihm gegangen. Den Gefangenen bracht’ er zum Weltenherrn. Den Ardawân sah Ardašîr schon von fern. Vom Rosse herab stieg Schah Ardawân, pfeilwund sein Leib, ein verdüsterter Mann. Dem Henker befahl Schah Ardašîr: »Geh und nimm diesen feindlichen König hier! Mit dem Schwerte zerhau seinen Leib in zwei Teile, dass das Herz meiner Feinde drob Angst ereile!« Der Henker ging und kam nach seiner Pflicht. Der berühmte Schah kam der Welt ausser Sicht. – Diese alte Welt, ja so steht es mit ihr: Was ist Ardawân? Und was ist Ardašîr? Den einen hebt hoch sie zu den Planeten, der andre wird tief in den Staub getreten. – Auch zwei seiner Söhne wurden gefangen; des Âraš Geschlecht ist so niedergegangen. Beide, deren Füsse mit Fesseln man band, wurden vom hohen Schah in den Kerker gesandt; zwei älteren glückt’s, aus der Schlacht zu gelangen, sie blieben im Netz des Verderbens nicht hangen, sie flüchteten weinend nach Hindûsǝtân; du schliesst füglich auch ihre Geschichte an. – Mit Zügeln und Gürteln war ganz das Gefild, mit Heeresgerät, Gold und Silber gefüllt; dies einzusammeln befahl der Schah und verteilt es dem Heere gänzlich hernach. Tabâk trat dann aus der Grossen Reihn, wusch Ardawâns Leiche vom Blute rein und wusch sie wehklagend vom Kampfstaub auch und erbaute ein Grabmal nach Königsbrauch, indes mit Brokat er die Brustwunde deckte und aufs Haupt eine Kampferkrone ihr steckte;
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mit keinem Fuss seine Grabstatt betraten irgendwelche nach Rai hinziehnden Soldaten. Er trat vor Schah Ardašîr sonach und sprach: »Oh für Wissen empfänglicher Schah, gib den Auftrag, um seine Tochter zu werben, von Krone und Thron die schönglänzende Erbin. So kommt Krone und Schatz in deine Macht, den mit Müh’ Ardawân zusammengebracht.« Er hörte den Rat, sprach: »Ein richtiges Wort!« und warb um besagte Tochter sofort. Im Palast ein, zwei Monde verweilte er, der Feldherr mächtig und mächtig das Heer. Nach Pârs zog der Edle sodann aus Rai und ruhte von Mühsal und Rederei. Mit Palästen und Gärten baut er eine Stadt, die Quellen und Felder und Wiesenhang hatt’, die der alte Dihqân, den jeder kennt, nunmehr Chwurre-i Ardašîr nennt. Ein Quell ohne Enden befindet sich drinnen, welchem Quell viele Wasserläufe entrinnen. Einen Feuertempel erbaute er drauf, Mihr-, Sade-Feste blühten frisch auf; Palast und Turnierplatz und Park ringsumher, eine Residenz entstand, gross und hehr. Da der Schah durch Würde und Kraft ragt hervor, so nennen die Grenzwächter sie Šahr-i Gôr. Dorfschaften begründet er, die sie umzirken, um durch Ansiedlung Kultur zu bewirken. Ein tiefer See kommt ihm dort in Sicht und davor ein Gebirg das man billig durchsticht; man bringt Meissel und Arbeitsleute zum Ort und es werden hundert Kanäle erbohrt. Vom Gebirg liess nach Šahr-i Gôr er marschieren; jene Stadt wurde voll von Palästen und Tieren. 444.2 Šahr-i Gôr: Wildeselstadt
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Krieg Ardašîrs mit den Kurden
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Aus Isṭachr brachte er zahllose Scharen, die zum Krieg mit den Kurden gerüstet waren. (Gottes Lohn zu erwerben sucht er durch Güte, 450 dass der Räuber Blut übers Land er schütte.) Als Schah Ardašîr in der Nähe erschien, zog ein zahlloses Kurdenheer gegen ihn: leichtscheinende Dinge, die schwierig wurden, denn die ganze Gegend hielt’s mit den Kurden. Man sammelte persische Truppen nunmehr, die doppelt so stark wie das Kurdenheer. Einen Tag lang währte der Kampf bis zur Nacht; des Weltherren Truppen flohn aus der Schlacht. Von der Toten und der Verwundeten Menge 455 wurde dieser Ort zum Schlachtfeld zu enge, und ausser dem Schah mit geringem Heer blieb auf dem Schlachtfeld nichts Namhaftes mehr. Von der Sonnenglut und dem Staub auf dem Feld wurden vor Durst ihre Zungen zerspellt. Wie nun ihre Fahne erhob die Nacht, zerstreut’ sie den Lärm und Tumult der Schlacht. In der Richtung zum Berg nahm ein Feuer er wahr und es kam der Weltenherr mit seiner Schar. Ardašîr ritt gegen das Feuer hin, 460 wenig junge und alte Leute um ihn. Als dem Feuer sie nahe kamen, da trafen sie auf Hirten und Hüter von Ziegen und Schafen. Von den Pferden stiegen so Schah wie Schar, deren Mund noch gefüllt mit dem Schlachtfeldstaub war. Ardašîr bat sie um Trinkwasser schnell, sie brachten ihm Sauermilch nebst dem Quell. Es ruhte und ass ein wenig der Schah, den Kopf unterm Rock, als die Nacht anbrach. Den Waffenrock hatte zum Kissen der Held 465 und der Königshelm wurde draufgestellt.
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Als die Morgenröte die Fluten traf, hob der Schah von Îrân das Haupt aus dem Schlaf. Da kam zum Lager der Oberhirt: Dass Tag und Nacht nur Freude wird! Was ist Übles geschehn, dass es her dich wies (und den Rock dich zum Ruhebett nehmen liess?«) Der Schah befragte ihn um den Pfad: »Wo find ich von hier eine Ruhestatt?« Er erwiderte so: »Zu bewohntem Gebiete findest du nicht, wenn dich keiner im Wege beriete. Bist von hier aus du vier Farasangen gegangen, so wird dir in Sicht eine Ruhstatt gelangen; von dort aus sind Dorf dann an Dorf gereiht, in jeglichem Dorf eine Fürstlichkeit.« Als er sprechen hörte in solcher Weise, nahm zu Führern er einige Hirtengreise. Vom Gebirge zu einem Dorfe geriet er, da kam aus dem Dorf schnell zu ihm der Gebieter; und Reiter, junge und alte, von hier entsandt’ er nach Chwurre-i Ardašîr. Als die Kunde vom Schah kam, da setzt’ in Bewegung sich das sämtliche Heer aus froher Erregung. Er liess Kundschafter zu den Kurden ergehen, die geheimen Verhältnisse auszuspähen. Sie entfernten sich eilig und kehrten sodann mit der Meldung zurück zum Schah von Îrân: »Sie sind alle ruhmbegierig und scherzen und keiner gedenkt mehr des Schahs im Herzen; in Isṭachr sitz’ immer noch, meinen sie weise, Ardašîr wie zuvor und sein jung Glück vergreise.« Als er dies vernahm, wurde froh der Schah, jetzt wurde zu Wind ihm, was vordem geschah. Er erkor aus dem Heere glorreicher Streiter zehntausend schwerterzückende Reiter; tausend Schützen mit Köcher und Pfeil und Bogen kamen mit dem Könige selbst gezogen.
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Ardašîr macht einen nächtlichen Überfall auf das Haupt der Kurden und schlägt sie vernichtend Als die Sonne vergilbte, trieb fort er die Scharen und liess die nur zurück, die nicht notwendig waren. Um Mitternacht, als es ganz finster wurde, nahte sich der Weltenherr dem Kurden. Er sah, wie das Feld ganz von Schlafenden voll war und wie das Herz seiner Krieger voll Groll war. Wie dorthin kam der Schah, wo der Kurde ruhte, überlies er den Zügel der schnellfüssgen Stute, er zückte das Schwert und hieb damit gut, jeder Grashalm bekam eine Krone von Blut; das ganze Gefild war nur Köpfe und Hände, Leichen Schock über Schock lagen in dem Gelände. Zahllose von Kurden wurden gefangen; Körperstärke und Dummheit ist’s übel ergangen. Ihr Land gab er gänzlich der Plünd’rung zur Beute; mit Kronen und Geld beschenkt’ er die Leute. So kam’s, dass, wenn auch einen offenen Krug voll Dinaren ein Greis durch die Felder trug, dem Geld keiner schenkte Aufmerksamkeit, ob der Grossmut des Schahs und der Glückstern-Zeit. In dem Kampf war der Menschlichkeitsruhm nur ein schwacher; im Triumph kam zurück er zur Stadt Isṭachr. Er befahl nun: »Den Rossen müsst Kraft ihr neu schaffen und fleckenlos machen die Reiterwaffen. Seid ihr alle erholt bei Lust und Fest, denkt, dass Krieg nicht lang auf sich warten lässt.« Die Tapferen wandten sich zu dem Schmaus und die Hüfte ruhte vom Gürtel sich aus. Voll Kriegsgedanken war Ardašîr. Hörst du diese Geschichte, so merk sie dir.
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Geschichte vom Wurm des Haftwâd
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Wie wunderbar ist, was der Dihqân berichtet, sobald er Geheim-Verborgenes belichtet. Von der Stadt Kuǧârân am persischen Meer und von Pârs erzählt Lang und Breites er. (Der Bewohner gab’s viel und die Stadt war enge;) durch Arbeit ernährt sich die ganze Menge. Der Mädchen gab’s in der Stadt sehr viel; sie suchten ihr Brot und erreichten kein Ziel. In der Richtung, wo näher die Berge waren, verliessen die Stadt alle Mädchen in Scharen; jede trug nach Gewicht ein Baumwollebündel und den Hartholzkasten mit ihrer Spindel. Das Stadttor war ihnen Versammlungsort, dann wanderten sie zum Gebirge fort; das vorhandene Essen wurde vermischt, keiner mehr, keiner weniger aufgetischt; nicht nach Schlafen und Schmausen ging ihr Sinnen, ihre Ehre setzten sie ganz aufs Spinnen; bei Nachtanbruch kehrten zurück sie zum Orte, ihre Baumwolle war dann schon Fäden zur Borte. Ein Mann, als arm, doch begabt bekannt, lebte in der Stadt, Haftwâd genannt; im Besitz von sieben Söhnen war der und der Name Haftwâd stammte daher. Eine einzige Tochter war ihm beschert, auf die Mädchen legte er gar keinen Wert. Nun geschah’s, dass das ganze Mädchengesindel, vorm Gebirg sass, jede mit ihrer Spindel; als die Essenszeit kam, liess die Spindel man fahren, die Speisen zusammenzutun, die da waren. Da geschah’s, dass jenem glückhaften Kind einen Apfel vom Baume zuwarf der Wind. Sie sah ihn am Weg, rasch ward er ergriffen – jetzt hör nur gut zu, das wird dich verblüffen!
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Wie vom Apfel nun die Schönwangige ass, sah sie, dass ein Wurm ihm inmitten sass. Den mit ihren Fingern sehr sanft Gefassten gab sie aus der Frucht in den Spindelkasten, dann griff sie zu Spindel und Baumwolle schnell: »Im Namen Gottes, dem kein Gesell! Heut biet mit des Apfelwurms Amulette ich euch allen im Kampfe des Spinnens die Wette.« Da wurden fröhlich und lachten jene 520 Mädchen alle und zeigten die Silberzähne. Sie spann doppelt was sonst sie im Tage spann; die Berechnung schrieb sie auf den Boden dann. Von dort lief sie zu Mutter geschwindst und zeigte dieser das fertge Gespinst. Die lobte liebevoll ihre Kunst: »Mein Liebling, du stehst in der Sterne Gunst.« Sie zählt’ nach die Fäden, als schwand das Dunkel, und nahm doppelt als sonst Wolle mit für die Kunkel. Wie sie kam zu den fleissigen Spinnerinnen, 525 die mit Leib, Herz und Seele ergeben dem Spinnen, da sprach sie zu diesen Mädchen, den edeln: »Oh ihr mondgesichtigen Glückssternmädeln, für die Borten spinn ich durch dies Wunderinsekt so viel, dass mein ganzer Bedarf wird gedeckt.« Sie verspann, was sie vordem hinaus genommen, und wär auch mit mehr noch zurecht gekommen. Sie trug dann nachhaus die gesponnenen Fäden; das Herz ihrer Mutter war seliges Eden. Ein Stück Apfel gab täglich zur Morgenzeit 530 dem Wurme die feengesichtige Maid. Er vermehrte stets das Produkt der Wolle, alles spann das Mädel, das zaubervolle. So kam’s, dass zur Tochter, der tüchtiggewandten, sich Vater und Mutter eines Tags wandten: »Hast du, Liebste, am End, – du hast soviel gesponnen –, eine Fee zur Gevatterschaft dir gewonnen?«
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Die Silbermaid sagte der Mutter sofort vom Apfel und Würmlein, verborgen dort; sie zeigte den Glückswurm ihnen auch her und die Frau und der Gatte strahlten noch mehr. Haftwâd nahm dies als Schicksalsentscheidung und neigte nunmehr zur Arbeitsvermeidung: doch verriete vom Wurmamulett man ein Wort, käme wieder sein altes Schicksal sofort. Also wurde, bis er seinem Schicksal erlag, die Sache nun leuchtender Tag für Tag. So lag’s ihnen fern, den Wurm zu missachten, dem sie Gutes vielmehr zum Essen stets brachten. Der Wurm wuchs heran, viele Stärke erwarb er, auf Rücken und Haupt bekam gute Farb’ er; der Kasten war schon zu eng gebaut und wie Moschus schwarz wurde ihm seine Haut, den Moschus durchzog eine Safranfigur Brust und Rücken vollständig wie eine Schnur. Er bereitete ihm eine rein-schwarze Lade; die bekam zur Wohnung nunmehr die Made. Er kam weiter in Rang, Vermögen, Verehrung, auch die Macht seiner Söhne erfuhr Vermehrung. So kam’s, dass im Land ohne Haftwâd zu Recht oder Unrecht kein Mund sich auftat. Ein Emir war damals in seinem Land, sehr stolz, mit Heer, geehrt und bekannt; einen Vorwand sucht’ er, des niedriggeschlechtigen Haftwâds Dinare sich zu bemächtigen. Gegen diesen trat und die Söhne, die sieben, vieler Adel zusammen, von Streitlust getrieben. Aus Kuǧârân der Stadt waren Tuben zu hören; sie kamen mit Schwertern und Pfeilen und Speeren. Ganz unter den Vordersten zog Haftǝwâd in den Kampf und verrichtet’ manch männliche Tat; er tötete jenen, erobert das Land, Juwelen und Schatz fielen ihm in die Hand.
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Eine Masse Menschen schloss sich ihm an; er zog ins Gebirg aus der Stadt Kuǧârân und erbaut eine Burg auf dem Bergesgrat; das ganze Land hielt nun zu Haftǝwâd; ein eisernes Tor fügt er ein ihrem Turm, sie diente der Ruh wie dem Kriegessturm. Am Gebirge droben entsprang auch ein Quell und vom Grat floss er mitten durch das Kastell. Ringsherum liess er auch einen Wall erstehn, dessen Gipfel kein Auge konnte erspähn. Doch die Lade engte den Wurm zu sehr ein, man grub einen Behälter im Felsgestein; als erwärmt Stein und Mörtel von Tageshitze, setzt den Wurm man hinein zu behaglichem Sitze. Nun war’s so, dass allmorgendlich von Haftǝwâd ein Wärter eilig im Laufe naht’; er kochte als Kost einen Kessel vom Reise, bracht ihn hin und der Wurm genoss die Speise. Ein Jahrfünft ging nun darüber ins Land und der Wurm ward an Arm und Bein Elefant. (Nach einiger Zeit hiess von Kirm, dem Wurm, Haftwâd »Kirmân« jenen Festungsturm). Seine Tochter war Wurmhüterin stets, der Vater der Feldherr des Wurmamuletts; sie staffierten ihn aus mit Seide von Čîn und mit Reis, Milch und Honig ernährten sie ihn. Feldherr Haftwâd stand am Tor; es freute der Wurm, ohne dass sie es wussten, die Leute. Bis Kirmân kam er vom čînesischen Meer und das ganze Land überdeckte sein Heer, Schatz und Kriegsgerät und die Söhne, die sieben, mit Zehntausenden sonst, die mit Schwertern hieben. Wenn ein König nun auszog zu Kampf und Sturm und sein Heer in die Nähe kam jenem Wurm, ward das Heer zerschlagen, mit dem er gekommen, sowie es von dieser Geschichte vernommen.
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Also war das Tor Haftwâds des Degen, dass der Wind es nicht wagt, sich um ihn zu bewegen. (Die Festung war voll von Scharen und Schätzen, kein Wind fand den Weg zum Wallübersetzen.)
Kampf des Ardašîr mit Haftwâd 1951 M und die Niederlage Ardašîrs Als von Haftwâd vernahm Ardašîr, 570 da machte die Nachricht ihm gar kein Pläsier. Gen ihn sandte der Feldherr ein Heer ins Feld von günstigem Stern und kriegsmutbeseelt. Als Haftwâd davon die Nachricht bekam, war es etwas, das er nicht zu Herzen sich nahm. Ein Versteck im Bergwinkel wählte er und zog in den Kampf dann, er selbst mit dem Heer. Als kampferregt waren die Heeressäulen und mit Streitäxten dreinschlugen und mit Keulen, liess das Heer den Ort, an dem es versteckt war, 575 dass der Boden von Tapfern mit Schwärze bedeckt war. Keiner wusste mehr, was Fuss war, was Hand, jeder Pferdefuss war wie zur Erde gebannt. In Gebirg, Tal und Feld gab’s der Leichen so viel, dass den Sieger vom Töten Ermüdung befiel. Es eilte, wer immer das Leben behielt, zum Schah zurück aus dem Schlachtgefild. Als dem glorreichen Ardašîr Kunde geworden von dem Überfall und Gemetzel und Morden, rief er gramvoll das Heer zurück aus dem Feld 580 und verteilte in Eile Waffen und Geld. Gegen Haftwâd zog dann der Kampfmutentflammte. Auf zum Himmel das Haupt hob der Niedrigentstammte; aus dem Fort wurden Schätze und Waffen gebracht; er schätzte gering nur so Heer wie Schlacht. Der älteste Sohn lebte ferne vom Haus in ruhiger Musse bei Schlaf und Schmaus; wie die Kunde vom Kriege des Vaters ihn trifft, 155
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lässt er alles und kommt herübergeschifft. Der Name des Ehrgeizigen war Šâhoj; er war frevelhaft-bös ohne Scham und Scheu. Zu Haftwâd kam er nun mit dem Schiff, dessen Herz ob des Sohnes Freude ergriff. Am rechten Flügel nahm Stellung er; er war Feldherr und rüstete selbst ein Heer. So gab’s zwei gerüstete Heere am Platz, die Köpfe voll Hass, voll von Werten der Schatz. Schah Ardašîr überschaute sie beide; sein Jünglingsherz wurde alt vor Leide. Das Heer zog auf beiden Seiten zwei Fronten; von den Schwertern flammte es, von den besonnten. Als vom Elefanten der Paukenlärm scholl, wurden alle Menschen zwei Meilen weit toll. Es erhob sich allübrall Signalhörnerschall, voll Trompetengetös war das Weltenall; die Erde erbebt’ von den Hufen, den harten, die Luft war rubinrot von Führerstandarten; bei der Keulen auf Helme und Hauben Schmettern gab der Himmel der Erde den Gruss in Wettern; den Boden zerklafften windfüssige Pferde, voll leibloser Köpfe wurde die Erde. So geartet war des Haftwâd Heer, dass du meintest, der Sturm bewege ein Meer. Im Gefilde war so beider Heere Gedränge, dass für Ameis und Mücke der Weg war zu enge: Bis der Tag vergilbte, währte die Schlacht, bis den dunklen Schleier aufhob die Nacht. Ardašîr – ein Wasserlauf war ihm im Rücken – suchte neu das Heer zusammenzupflücken. Als zu Schwärze wurde die rostfarbne Seide, entsandten Patrullen die Heere beide. Dem Heere des Schahs ward die Nahrung knapp, denn der Feind schnitt ihm jegliche Zufuhr ab.
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Mihrak-i Nȏšzâd gibt das Haus des Ardašîr der Plünderung preis Im Ǧahram war ein Mann aus Königssamen; Man nannt’ ihn Mihrak-i Nȏšzâd mit Namen. Als er Kunde erhielt, Ardašîr sei gekommen, habe am Ufer des Wasserlaufs Stellung genommen, noch so nahe dem Orte, wo man gestritten, und die Nahrungszufuhr sei abgeschnitten, kam aus Ǧahram zur Halle des Königs er, von überall bracht’ er ein zahlloses Heer. Seinen Schatz gab er ganz der Plünd’rung zur Beute, mit viel Beuteln und Kronen beschenkt er die Leute. Als zum Schah Ardašîr diese Kunde erscholl, ward am Ufer des Wassers er sorgenvoll; er sagte: »Noch nicht ist in Ordnung mein Heim: weshalb such mit Krieg ich die Fremden heim?« Die Grossen des Heeres rief er herbei, von Mihrak sprach er ihnen allerlei; »Was meint ihr,« so sprach er, »ihr Führer im Heer, eingeengt ist jetzt unsre Macht gar sehr; das Geschick lies mich viel Bitteres kosten, doch der Rechnung fehlte der Mihrak-Posten.« »Oh König«, so riefen die Grossen laut, »dass dein Auge nur nie böses Schicksal erschaut! Läg Mihrak dir feindselig noch im Versteck, was hätt’ die Eroberungsmühe für Zweck? Die Grösse ist dein und dein ist die Welt; deine Knechte sind wir, dir allein unterstellt.« Er befahl, dass Tische zu rüsten sei’n rief nach Musikanten und Becher und Wein; auf die Tische setzten sie etliche Lämmer und zum Schmause schickten sie an sich wie Schlemmer. Nach dem Brote griff Ardašîr, um zu essen, ein scharfer Pfeil flog herein unterdessen;
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er sass fest in dem fetten Lämmerbraten; der Pfeil war ganz tief da hineingeraten. Die Grossen, edle und kriegerische, hielten nun sich zurück von dem Mahl auf dem Tische; es blutete jedem das Herz vor Jammer. Jedoch einer, den Pfeil zog heraus aus dem Lamm er. Sie sahn eine Schrift auf des Pfeiles Rohr; ein Grosser, der schriftkundig war, las sie vor. Auf dem Pfeil stand geschrieben in Pahlawîsprache: »Wenn’s zu hören beliebt dem klugen Schahe: dieser scharfe Pfeil kommt vom Dache des Turms, wo man ruht unter dem Amulette des Wurms. Würde Ardašîr mir zum Ziele erkoren, bis zur Feder würde der Pfeil ihn durchbohren. Es darf nicht sein, dass in diesen Zeiten ein König wie er mit dem Wurme will streiten.« So las der Leser Schah Ardašîr vor, was geschrieben stand auf des Pfeiles Rohr. Bis zu ihnen vom Turm waren’s zwei Farasangen; das Herz der Vasallen beklemmte drob Bangen, und alle riefen: »Es werde Heil vom Herrgott dem Herrscher der Welt zuteil!«
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Ardašîr erfährt von der Wurmsache, 1954 M übt eine List und tötet den Wurm Ob des Wurms war der Schah in der Nacht voller Sorgen. Als die Sonne den Platz des Monds nahm am Morgen, führte Ardašîr vom Gewässerstrand 630 sein Heer voller Eile ins Pârserland. Hinter seinen Scharen rückt’ an ein Heer; sie nahmen den Weg zum Schah überallher. Sie töteten jeden, der namhaft war; mit den Edlen eilte der Schahrǝjâr. Eine Stimme rief hinten: »Kraft Wurmamuletts sei im Glanze der Thron des Wurmes stets!« Ein jeglicher sprach: »Solch ein Wunder ist das – 158
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dazu findet wohl niemals jemand das Mass.« So kam er flüchtend, voll Bangen das Herz, und er eilte dahin bergwärts, niederwärts. Er sah eine Stadt, einen starken Ort; gleich Wölfen jagten die Pferde sie fort. Als er nah kam, erblickte er ein Haus, an der Türe zwei fremde Jünglinge drauss. Sie liessen so eine Zeit verziehn, dann fragten die Reinsinnigen beiden ihn: »Woher denn kommt ihr so plötzlich jetzt? Ihr seid wegbestaubt und in Zorn versetzt.« Er sprach: »Von dorther kam Ardašîr vorbei und verirrt zurückblieben wir; denn vorm Wurm und vor Haftwâd ist er geflohn und vor des Ehrlosen niedrer Schwadron.« Dies empfanden quälend die Jünglinge beide; sie wurden verdüstert und voll von Leide. Und als man vom Sattelrücken ihn hob, riefen beide Segen ihm zu und Lob. Ein glückhaftes Heim bereiteten sie. wohlgefällige Tische spreiteten sie. Mit den Helden bei Tische sass dann der Schah; beide jungen Leute bedienten ihn da, und so sprachen sie laut: »Oh du stolzer Mann, nicht lang halten Kummer und Freude an. Bedenk, was des frevelnden Ḍaḥḥâk Macht einst aus diesem Königsthron hat gemacht, auch der durchaus böse Afrâsǝjâb, der den Herzen der Könige Leiden gab, Iskandar, der in diesen Zeitläufen kam und der jedem König das Leben nahm! Sie gingen und hässlichen Ruf hinterliess nur ein jeder und fand nicht das Paradies. Mit Ruhm wird auch Haftwâd nicht enden; der wird schliesslich vom Schlechtgebornen sich wenden.«
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Durch die Worte ward frisch dem Schahrǝjâr das Herz wie die Rose im frühen Jahr; da die Rede mit Wohlgefallen ihn füllte, geschah’s, dass er sein Geheimnis enthüllte: »Ich bin Sohn des Sâsân, ich bin Ardašîr. Ein guter Rat ist jetzt nötig mir. Was soll mit dem Wurm und mit Haftwâd werden? 655 Denn sein Name und Stamm seien nicht mehr auf Erden!« Nach des Feldherrn vom Îrân Geheimnisaufklärung erwies das Jünglingspaar ihm Verehrung; beide sprachen: »Sei immer von glücklichem Stern! Die Hand des Bösen sei stets von dir fern! Unser Leib, unsre Seele sei’n stets dir ergeben! Dein Geist möge standhaft sich ständig erheben! Worüber soeben du uns befragt, sei, dass eine List du ersinnst, dir gesagt. Wurm und Haftwâd im Kampf zu bestehn, 660 darfst du nicht den Pfad der Gerechtigkeit gehn. Auf des Berges Grat haben sie einen Turm, darin Schätze und Heerscharen und jener Wurm; davor eine Stadt und dahinter ein Meer; zu der Veste droben der Weg rauh und schwer. Dieser Wurm stammt aus des Ahrîman Gehirn; dem Weltschöpfer bietet er feindlich die Stirn. Du nennst einen Wurm ihn, den Haut umschliesst: ein Kriegsdȇw ist er, der Blut vergiesst.« Als Ardašîr diese Worte vernommen, 665 so liebesuchend und herzeingenommen, da sprach er zu ihnen: »Ja so muss es sein; Gut und Böses von ihm ist mit auch mir gemein.« Die Jünglinge sannen zur Antwort nach, zu erleichtern das kluge Herz dem Schah: »Wir stehen als deine Knechte vor dir, zum Guten den Weg wollen weisen wir.« Er freute sich sehr über dies ihr Wort und ging eilig, das Herz voller Rechtssinn, fort.
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Wie der Weltenherr von dort aufbrach, gingen die Jünglinge weg mit dem Schah. Bis Chwurre-i Ardašîr also reiste er kopferhoben mit hellem Geiste, woselbst das versammelte Heer sich ihm nahte und die grossen und edlen Herren vom Rate. Dort rastete einige Tage er, dann zog gegen Mihrak-i Nȏšǝzâd das Heer. Doch Mihrak scheute ein Handgemenge und machte die Welt für sich düster und enge. Als Ǧahram der Padischa nahe kam, barg sich Mihrak vor ihm ohne Treue und Scham. Des Schahs Herz war voller Kampfverlangen, er harrte, bis jener war kriegsgefangen. Mit dem indischen Schwert schlug den Nacken er ab und warf kopflos den Leib in ein Feuergrab. Wer von seinem Geschlecht fiel in seine Macht, wurde mit dem Schwert sofort umgebracht. Eine Tochter nur blieb, die vor ihm man versteckte; das Land war ganz Suche, dass es sie entdeckte.
Ardašîr tötet den Wurm Haftwâds Zu dem Krieg mit dem Wurm zog er aus nunmehr; nur der Wurm war das Ziel seinem ganzen Heer. Er führte ein Heer von zwölftausend Streitern, lauter welterfahrnen geübten Reitern. Als das Heer, das verstreute, versammelt war, führte zwischen zwei Berge er seine Schar. Einen Mann gab’s, sein Name war Šahrǝgîr, ein verständiger Wesir des Schahs Ardašîr. Zu den Helden sprach drauf der Schah also: »Der Geist, der hier herrsche, sei hell und froh! Tag und Nacht seien Wachposten aufgestellt, beritten, wegkundig und wissenerhellt; auch Späher und Wächter haltet auf Wacht, die das Heer behüten bei Tag und bei Nacht.
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Ich setze nunmehr ins Werk eine List, wie Isfandjâr, der mein Vorfahre ist. Wenn ein Wächter bei Tag eine Rauchwolke sieht oder nachts ein Feuer, das sonnengleich glüht, dann wisst ihr, die Wurmsache sei überwunden, sein Stern, seine Zeit und sein Handel verschwunden.« Von den Edlen wählte er sieben aus, voll Muts und Löwen im Schlachtgebraus, von denen ein jeder, ihm gleichgesinnt, sein Geheimnis nicht sagte dem wehenden Wind. Aus dem Schatz wählt Juwelen er und Dinare und Seidenbrokate und wertvolle Ware. Wertloses zu Werten erhob kluger Sinn: er füllte zwei Truhen mit Blei und mit Zinn; ein eherner Kochtopf ward miteingeschnürt; denn von ihm wurde dieses Geschäft ausgeführt. Als so weit war die Vorbereitung des Trugs, zehn Esel bestellt er beim Stallmeister flugs; eines Eselstreibers wollene Tracht zog er an, als wär Gold nur und Silber die Fracht. So suchte den Weg er, gebrochen das Herz, vom Heer weg gingen sie festungswärts; so auch die zwei jungen Leute vom Land, bei denen er einstens Bewirtung fand; er nahm sie mit sich aus jenen Scharen, weil sie ihm freundlich und Ratgeber waren. Als vom Weg sie jenes Kastell erreichten, war der Berg erstiegen und alle keuchten. Die Wurmdienerschaft betrug sechzig Mann; ihre Tätigkeit hielt fortwährend an. Einer rief ihnen zu, wie er sie entdeckt’: »Was habt ihr in eueren Kisten versteckt?« worauf ihm der König die Antwort gab: »Es ist allerhand Ware, die ich da hab, so Schmuck wie Gewand, Gold- und Silberware, dann Seiden, Juwelen und auch Dinare.
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Ein Händler bin ich aus Churâsân 705 und strenge mich ohne Erholung an. Durch das Wurmamulett ward mir Reichtum beschieden, jetzt nah ich dem Throne des Wurms hochzufrieden. Es gebührt sich, ihm mehr Verehrung zu weihn, denn sein Amulett gab dem Handel Gedeihn.« (Der Diener des Wurms vernahm das Geheimnis) und erschloss ihm das Tor ohne jede Säumnis. Esel wurden und Last in die Festung gebracht und vom Helden ein Warenstand aufgemacht; rasch wurden die Lasten oben entschnürt; 710 Ardašîr gab Geschenke, sowie sich’s gebührt. Er deckte ganz eseltreiberisch für die Diener des Wurmes einen Tisch, eröffnete dann einer Kiste Schloss und nahm Wein heraus, den in Becher er goss. Ein jeder, der bei der Wurmernährung war tätig und Reis- und Milchverzehrung, der wandte den Hals vom Weinbecher ab, denn der Posten war so, dass es Rausch da nicht gab. Vom Sitze sprang aber auf Ardašîr: 715 »Ich führe viel Reis und viel Milch mit mir. Will der Oberwurmdiener Erlaubnis gewähren, will ich gern durch drei Tage den Wurm ernähren. Soll ich guten Ruf erlangen auf Erden, muss am Amulett mir ein Anteil werden. Drei Tage trinkt Wein ihr mit mir ohne Sorgen; kommt die leuchtende Sonne am vierten Morgen, wird von mir ein Warenstandplatz erbaut, dessen Dach die Mauer des Turms überschaut. Als Verkäufer such ich nach Kunden des Stands; 720 die Nähe des Wurms vermehrt meinen Glanz.« Das Wort brachte Wunscherfüllung ihm zu, sie sagten: »Den Wurm bediene jetzt du!« Ware aller Art ward gebracht von den Knechten und die Wurmdiener sassen den Wein in der Rechten;
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sie tranken gehörig und wurden berauscht, der Wurmdienst wurde in Weindienst vertauscht. Als vom Weine geschwächt ihre Zungen sich wirrten, kam der Weltenherr mit seinen zwei Wirten; es wurden das Zinn und der Erztopf gebracht und am hellichten Tag ein Feuer entfacht. Als dem Wurm nun die Essenszeit wiederkehrt’, da wurde mit kochendem Zinn er genährt. (Heisses Zinn wurde ihm in die Grube gegeben, und der Wurm suchte draus das Haupt zu erheben.) Kastagnettenfarb streckte er gleicherweis seine Zunge wie da er verzehrte den Reis; herabgoss ein Jüngling auf ihn da Zinn, der Wurm ward ohnmächtig im Graben drin. Da kam ein Gezische aus seinem Schlund, es bebte die Grube, es bebte der Grund. Ardašîr lief mit beiden in Windeseile, sie trugen so Schwerter wie Keulen und Pfeile; von den Dienern, die vom Rausch übermannt, entkam keiner lebendig ihrer Hand. Eine Rauchwolke schwarz am Turmdach tat dem Heerführer kund diese Heldentat. Ein Wächter rannte zu Šahrǝgîr: »Den Sieg hat errungen Schah Ardašîr!« Rasch kam des Heers Pahlawân daher und führte zum König hin das Heer.
Ardašîr tötet Haftwâd
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Als die Kunde davon zu Haftwâd kam, ward die Lippe voll Wind und das Herz voller Gram; er kam, um die Festung zurückzuerlangen, doch kam Ardašîr rasch auf die Mauer gegangen. Jener tötete viele, doch drang er nicht durch, denn der Fuss eines Löwen stand auf der Burg. Wie ein Berg kam ein Heer auch von anderwärts; jene Heerscharen blieben in Qual und in Schmerz.
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Also rief vom Walle Schah Ardašîr: »Beginn nur den Kampf, Held Šahrǝgîr! Wenn Haftwâd aus dieser Mitte verschwand, bliebe Mühe und Wind dir nur in der Hand; denn ich gab seinem Wurme das heisse Zinn, schneller Gang wurde sacht und die Macht ist dahin.« Was der Schah sprach, hört sein Heer überall; sie setzten aufs Haupt sich die Helme aus Stahl. Die Îrânier fassten nun Mut und zum Stritte gürteten sie sich aus Rache die Mitte. Vom Sturm ward das Heer des Wurmes ereilt, Haftwâd ward gefangen unverweilt, auch der älteste Sohn des Haftǝwâd, Unruhstifter Šâhôj, der den Vater vertrat. Herab aus der Burg kam im Lauf Ardašîr und zu Fusse erschien vor ihm Šahrǝgîr. Mit Gold gezäumt führten ein Ross sie ihm zu, seinen Rücken bestieg der hochedle Chosru, und der hohe Herrscher befahl nunmehr: »Man errichte zwei hohe Galgen vorm Meer.« Die zwei Feinde liess lebend hinauf er hängen und den Schlaf aus den Herzen der Feinde verdrängen; dann kam Šahrgîr aus dem Zentrum in Eile und tötet’ die zwei durch den Regen der Pfeile. Jene Schätze gab er der Plündrung zur Beute; mit den Schätzen stattet er aus seine Leute. Was an Werten es in der Burg nur gab, das trugen vollständig die Diener herab; was ihm wohlgefiel von den wertvollsten Dingen, liess rasch nach Chwurre-i Ardašîr er bringen. Er erbaute im Land einen Tempel dem Feuer, Mihrǝgân- und Sade-Feste feierte neu er. Das Land gab er dann, wie Thron und Kronen, jenen, die ihn bewirtet, den klugen Personen. Er zog siegreich fort, voll Zufriedenheit,
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und liess walten in Pârs die Gerechtigkeit. Als sich ausgeruht hatten so Ross wie Reiter, führte er das Heer nach Šahrǝzôr weiter. Er entsandte viel Heer nach Kirmân sodann, einen thron- und kronewürdigen Mann, und dann zog er gegen Ṭîsǝfûn wieder; das Glück seiner Feinde beugte er nieder. So ist’s die Norm dieser sprunghaften Welt, dass sie ihr Geheimnis dir vorenthält; sie neigt sich dir nicht, so musst du dich neigen; einen Tag gibt es Senkung, dann gibt’s wieder Steigen.
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XXII Herrschaft der Sasaniden. Regierung des Ardašîr Bâbakân Sie währte vierzig Jahre und zwei Monate.
Thronbesteigung des Ardašîr In Baġdâd sass er auf dem Elfenbeinthrone, auf dem Haupt trug er die Türkisenkrone; gegürtet, die Keule zur Hand, sass der Schah im wohlausgerüsteten Wohngemach. Schahinschah nannte man ihn fortan, keinen Unterschied kannte von Guštâsp man. Als die Krone der Grösse aufs Haupt er gesetzt, sprach von dem Türkisenthron also er jetzt: »Mein Schatz auf der Welt ist Gerechtigkeit; meine Müh ist’s, mein Glück, dass die Welt gedeiht. Diesen Schatz wagt niemand mir wegzuerbeuten, aus bösem Handeln kommt Böses den Leuten. Stellt zufrieden den reinen Gott mein Betragen, wird den dunkeln Staub er mir nicht versagen. Die Welt gehört ganz meiner Obhut an und es ist mein Weg, das Recht zu bejahn. Es geht nicht, dass von meinen Mitarbeitern, den Recken und den krieg’rischen Reitern die Begierde einen nicht schlafen lässt, dass die braven Leute er quält und presst. Mein Empfangsaal ist jedem stets aufgetan, dem Feind wie dem braven Untertan.« »Heil!« rief die ganze Versammlung zugleich: »Durch deine Gerechtigkeit blühe dein Reich!« 3 Schahinschah: König der Könige, Grosskönig
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In jegliche Richtung entsandt’ er ein Heer, damit sie, wo Feinden ein Häuptling wär’, die kampfgierigen Häupter zum Wege, dem rechten und die Ordnung des Schwerts und des Thrones brächten.
Abenteuer des Ardašîr mit der Tochter des Ardawân Als der Schah den Ardawân niedermachte, durch sein Blut die Welt in die Faust sich brachte, da warb er um dessen Tochter, dass diese den Ort, wo die Schätze wären, ihm wiese. Zwei Söhne lebten in indischen Landen, im Guten und Bösen stets einverstanden, zwei hielt Ardašîr im Kerker gebunden, der Vater erlag den Pfeilschusswunden. Der älteste Sohn war in Hindûsǝtan; den tüchtigen Mann nannte Bahman man. Einen Boten voll Klugheit sucht’ er hervor, einen jungen, der Worten liehe sein Ohr. Da Anteil am Reiche er nie sah sein, händigt’ ihm ein Stück Gift er hurtig ein; er sprach: »Geh zur Schwester und sag: ›Beste, sieh, such bei diesem Feinde nach Liebe nie; dir leben in Indien zwei Brüder zur Zeit, beide Schicksalsgenossen in Mühsal und Leid, zwei andre im Kerker des Königs drin, die Augen voll Wasser, voll Blut Herz und Sinn. So hast du dich von unsrer Liebe getrennt; es gefiel dem, der schuf dieses Firmament. Doch willst du die Herrin von Îrân werden, allen Tapferen wohlgefällig auf Erden, dann nimm dieses tödliche indische Gift, lass es wirken auf Ardašîr, wie sich’s trifft.‹« Der Bote kam hin zur Abendstunde und gab der werten Frau davon Kunde. Für den Bruder war Herz ihr und Seele entfacht, 168
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wie ein Feuer entflammte ihr Herz nun mit Macht; Sie empfing das mächtige Gift und sie wollte, dass des Bruders Wunsch sich erfüllen sollte. Eines Tages begab sich der Schah Ardašîr, Wildesel zu schiessen, ins Jagdrevier. Als die Hälfte des Tages vorüber war, kam vom Jagen zurück der Schahrǝjâr; er ging gleich zur Tochter des Ardawân; die Schöne eilte zum Schah heran, eine Schale trug sie aus gelbem Juwel, voll kalten Wassers mit Zucker und Mehl. Mit dem Gift waren Mehl und Zucker versetzt, damit Bahmans Wunsch sich erfülle jetzt. Schah Ardašîr griff mit der Hand darnach; die Schale entfiel ihrer Hand und zerbrach. Das Königskind hatte Angst und zittert’, ihr Herz war wie in zwei Hälften zersplittert. Beim Schah erregte dies Zittern Verdacht, er besorgte des kreisenden Himmels Macht. Er befahl, vier zum Hause gehörige Hühner solle zum Schah bringen einer der Diener. Nun wurden die Hühner zum Mehl gebracht; sie hielten für haltlos erst jenen Verdacht; jedoch die Vögel verreckten vom Frass, worauf man die gute Meinung vergass. Nun befahl der reinsinnige Ardašîr zu sich so Mȏbad wie auch Wesir. Den Wesir befragte der König jetzt: »Nimm an, dass den Feind auf den Thron du gesetzt und dein Schmeicheln benimmt ihm so den Verstand, dass gegen dein Leben er frech reckt die Hand; welche Strafe gebührte wohl diesem Frechen? welches Heilmittel würde den Hochmut brechen?« Er erwiderte: »Wollte die Hand erheben ein Vasallenfürst gegen des Weltherrn Leben, dem wäre das sündhafte Haupt abzuschlagen;
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du brauchst keinen Ratgeber da zu befragen.« Er befahl: »Aus der Tochter des Ardawân mach einen Leib, dem nie Geist mehr soll nahn.« Der Mȏbad ging fort und die Königin trat schuldbewusst zitternd vor ihn hin; sie sprach zum Mȏbad: »Oh Mann so weise, uns schwindet das Leben in gleicher Weise. Willst du unbedingt nehmen das Leben mir: – ich trage ein Kind von Ardašîr. Verdien ich es auch, dass mein Blut man versprenge, dass man an den hohen Galgen mich hänge: doch erst, bis den Mutterleib dieses verliess, vollzieh, was des Königs Befehl dich hiess.« Vom Weg kam zurück der kluge Wesir und was er gehört sagte er Ardašîr. Der sprach aber: »Hör von ihr weiter kein Wort! Nimm den Strick und die Strafe vollzieh’ sofort!«
Geburt des Šâpûr-i Ardašîr
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Zu sich sprach der Mȏbad: »Ein unselig Ding, dass dieser Befehl vom König erging! Jung und alt sind alle des Todes wir. Keinen Sohn besitzt der Schah Ardašîr. Wenn sein Leben auch zahllose Jahr noch währt, fällt der Thron an den Feind doch, wenn einst er ihn leert. Es ist besser, wenn dieser unseligen Lage durch mut’gen Entschluss zu begegnen ich wage. Von der Hinrichtung diese Schöne befrei ich; vielleicht mach ich den König dann reuig. Erst später, sobald sie ein Kind gebiert, wird des Königs Befehl von mir ausgeführt. (Dann bleibt die Sache in meiner Hand;) ich zeig besser Verstand als Unverstand.« Ein Gemach liess im Hause er ausgestalten, um wie sein eigenes Selbst sie zu halten.
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Er sprach zu sich selbst: »Jedem Windeshauch verbiet ich, sie zu erblicken, auch.« Dann erwog er: »Hat jemand der Feinde viel, so treibt der Verdacht bei jedem sein Spiel. Ich ersinn etwas: wenn ein Verleumder entsteht, dass in Wirbel in meinem Strom er gerät.« Er schnitt sich die Hoden dann ab kurzer Hand, nach Ätzung legt’ Pflaster er auf und Verband. Mit Salz bestreute er sie auf der Stelle und legt’ in eine Schatulle sie schnelle; die Schatulle versiegelte er sogleich und ging sodann klagend, die Wangen bleich. (Er befahl: »In der Nacht eine Sänfte beschafft und tragt mich zum König!« der Dienerschaft. Sie hoben ihn in die Sänfte voll Leid und trugen ihn fort mit Schnelligkeit. Zum Mȏbad sprach darauf Schah Ardašîr: »Weshalb bist du bleich wie die Pflanze Zarȇr?« Er sprach: »Von dem, was ich heute begangen, ist mein Herz voll Leid und sind bleich meine Wangen«.) Man trug dann zum hohen Thronkabinette unter Schloss und Siegel die Schmuckkassette. So sprach er zum Schah: »Gib darauf acht! Sie werde dem Schatzwart vom Schah übermacht.« Die Kassette wurde deutlich datiert und woher sie stammte drauf angeführt.
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Šâpûr, Sohn des Ardašîr, wird von der Tochter 1967 M des Ardawân geboren, und nach sieben Jahren erfährt es Ardašîr und erkennt ihn Als herangenaht die Zeit zum Entbinden – 75 dies Geheimnis eröffnet’ er selbst nicht den Winden –, gebar Ardawâns Tochter einen Knaben, hellen Geistes und mit Königsgehaben. Aus ihrem Gemach wurden alle gebannt; vom Wesir wurde er Šâpûr genannt. 171
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Er hielt ihn versteckt bis zum siebenten Jahr, wo er königlich, kräftig und glanzvoll war. Es geschah eines Tags, da kam der Wesir und sah Wasser im Antlitz des Ardašîr. Er sprach: »Oh Schah, lebe froh-verehrt! (Von Gedanken werde dein Geist genährt!) Kein Wunsch ist dir unerfüllt geblieben, die Feinde hast du vom Thron vertrieben. Jetzt ist’s Zeit, dich auf Lust und Wein zu verlegen, nicht die Zeit, deine Sorgen zu hegen und pflegen. Du bist König nunmehr über sieben Zonen, Herr über Schwadronen, von Kronen und Thronen!« Der Schah gab zur Antwort: »Oh du, der lauter das Herz hat, du Weiser, geheim mir Vertrauter! Durch das Schwert haben wir die Welt eingerichtet und Kummer und Plage und Böses zernichtet. Einundfünfzig Jahre sah ich vergehn; der Kampfer lässt Moschus und Rose nicht sehn. Oh stünd jetzt ein Sohn vor mir, seinem Vater, herzerfreuend und kraftspendend und ein Berater! Ein Vater sohnlos gleicht dem Sohn vaterlos, den an seine Brust drückt ein Fremder bloss. Thron und Schatz werden nach mir des Feindes Raub und von Schmerz und von Mühe erlöst mich der Staub.« Zu sich sprach der greise verständige Mann: »Nunmehr kam die Zeit zum Reden heran.« Laut sprach er: »Oh Schah, oh Freund der Geringern, hellsichtig und stolz und stark gleich den Jüngern! Lässt er mir nur Sicherheit angedeihn, kann den Herrscher von diesem Leid ich befrein.« Der Schah aber sprach: »Dir, dem Klugheitvollen, weshalb sollte ich dir an das Leben wollen? Sag mir, was du weisst, und dann rede noch fort; gibt’s was Besseres denn als der Weisen Wort?« Der Wesir gab die Antwort ihm daraufhin: »Oh hellherziger Schah mit dem reinen Sinn!
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Ein Schmuckkästchen war bei dem Schatzbehüter, das verlang von ihm jetzt zurück der Gebieter.« Zum Schatzwart sprach er: »Zur Verwahrung das Stück, das er dir einst gab, das verlangt er zurück. Gib’s ihm, dass wir sehen, was es wohl sei; vielleicht ist’s mit unsrer Sorge vorbei.« Die Schatulle brachte sein Schätzewart, die ihm einst vom Wesir übergeben ward. Zu dem sprach der Schah: »Was ist in der Schatulle? Wer setzte darauf diese Siegelbulle?« Jener sprach: »In dieser Schatulle ruht abgetrennt meine Scham und mein warmes Blut. Du hast Ardawâns Tochter mir übergeben; du wolltest zurück ihren Leib ohne Leben. Sie war schwanger. Den Tod hab ich aufgeschoben aus Angst vor dem Weltenschöpfer da droben. (Für dich verletzt’ ich die Eigenliebe) und trennte mir ab die Mannestriebe, damit niemand mir etwas Böses auflade und mich im Meer der Verdächtigung bade. Nun ist dein Sohn Šâpûr der Jahre sieben (bereits bei deinem Wesire verblieben.) Kein König besitzt einen Sohn wie ihn, er gleicht nur dem Mond, der am Himmel erschien. Ich gab ihm den Namen Šâpûr liebevoll, da sein Glück den Himmel erfreuen soll. Auch ist seine Mutter noch um ihn, dem Erobererkind die Wegweiserin.« Darüber erstaunte gewaltig der Schah und sann der Geschichte des Kindes nach. Zum Wesir sprach er also daraufhin: »Oh du Herzensheller mit reinem Sinn! Du hast drob erduldet gar viele Pein, doch ich will, sie soll bald zu Ende sein. Nimm nun hundert ihm gleichaltrige Knaben, die seinen Wuchs, Arm und Antlitz haben,
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mit denselben Gewändern bekleidet wie er, es sei nichts minder bei ihnen noch mehr, versieh diese Kinder mit Schlegeln alle, schick sie auf den Spielplatz mit einem Balle. Wenn ein Kind auf dem Feld ein schön Antlitz trägt und zur Liebe des Buben mein Herz bewegt, liegt ein wahres Zeugnis des Herzens darin, dass dem Buben ich enge verbunden bin.«
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Šâpûr wirft den Ball 1969 M und der Vater erkennt ihn Der Wesir des Schahs bracht’, als der Morgen erschien, zu dem Spielplatz alle die Kinder hin, gleich im Wuchs und Aussehn und gleich gekleidet, sodass keines vom andern sich unterscheidet. Wie ein Festplatz kam der Platz einem vor; 120 in der Mitte darunter war Schah Šâpur. Ball zu schlagen begannen die Kinder nun, jedes suchte sich darin hervorzutun. Ardašîr auf seinem Spielplatz erschien und die Edlen waren wie immer um ihn; er sah zu, und wie er beschaute die Kinder, da zog aus der Leber eiskalten Wind er. Mit dem Finger zeigte er dem Wesir: »Ist der da vielleicht ein Ardašîr?« »Oh Fürst,« sprach darauf zu ihm der Minister, 125 »seine Sohnschaft bezeugte dein Herz: ja das ist er.« Einen Diener sprach Ardašîr nun also an: »Oh du aufmerksamer verständiger Mann, geh hinab zu den Kindern mit frischem Gesicht, schiess den Ball mit dem Schlegel zu mir her dicht. Dasjenige Kind, das sich ohne Scheu in die Mitte der Ritter begibt wie ein Leu und aus meinem Blicken den Ball entträgt und die ganze Menge für nichts anschlägt, ist mein richtiger Sohn ganz zweifellos, 130 174
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meinem Samen entsprossen und Sippenschoss.« Der Diener ging, wie befohlen ihm war, schlug und trieb den Ball vor die Ritterschar. Wie ein Pfeil lief die Kinderschar hinterdrein, doch in Ardašîrs Nähe hielten sie ein und blieben stehn, völlig willenlos; hervortrat der junge Šâpûr bloss. Vor dem Vater raubt’ er den Ball und ging ab, worauf er entfernter den Kindern ihn gab. Das Herz Ardašîrs war von Freude durchdrungen und der greise Mann wurde wieder zum jungen. Jenen hoben auf vom Boden die Reiter und trugen von Hand zu Hand ihn weiter; der Grosskönig drückte ihn drauf an die Brust und rief Preis und Dank dem Geber der Lust, bedeckte mit Küssen ihm Aug und Gesicht und sprach: »Solch ein Wunder verbirgt man nicht! Die Erinnrung wird nie mir im Herzen erkalten, dass ich diesen so lange für tot hab gehalten. Wie Gott mein Königtum mehrt und erhält, erhält mein Gedenken er auch auf der Welt. Von seinen Befehl wird’s Entrinnen nie geben, magst über die Sonne das Haupt du auch heben.« Aus dem Schatz liess Dinar und Juwelen er holen samt vielen hochwertigen Karneolen. Mit Juwelen und Gold überschüttet’ man ihn und Moschus und Ambra goss man drüberhin; von Dinaren erblickte den Scheitel man nicht, vor Juwelen sah keiner sein Angesicht. Mit Juwelen beschenkt wurde auch der Wesir und gesetzt auf den Stuhl mit Goldbilderzier, er bekam auch sonst viele wertvolle Spenden, um den Schmuck von Palast und Gemach zu vollenden. 137.2 Geber der Lust: W: dem gerechten Gott 142.2 Karneol: Quarzstein, seit alters her zur Herstellung von Schmucksteinen verwendet.
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Er befahl, dass die Tochter des Ardawân im Palast lebe froh und heiter fortan; das begang’ne Verbrechen verzieh er ihr gnädig und macht’ ihren Schimmer des Rostes ledig. Er rief ferner Lehrer herbei aus der Stadt, jeden, der an Wissenschaft Anteil hatt’. Auch Pahlawî schreiben lehrt man den Knaben, kopferhoben und königlich sich gehaben; die Zügel zum Kampf drehn weist ihm die Lehre und vom Rosse dem Feinde zeigen die Speere, Wein trinken, freigebig sein, Festgelage, Heerführung und Kampfes Werke und Plage. Sodann liess die Dirham er anders prägen, die Dinare desgleichen seinetwegen: »Schah Ardašîr« stand jetzt auf einer Seite, den Namen des Glücks-Wesirs trug die zweite. Des Wesirs Name war hochgepriesen, da er weltkundig richtigen Weg gewiesen. Man schrieb auch Dekrete auf solche Art. So Siegel wie Ring wurden von ihm verwahrt. Auch die Armen beschenkte der Schah mannigfalt, die arbeiten mussten zum Unterhalt. Auf wüster Stätte, die er erschaut, wurde eine glückliche Stadt erbaut; diese Stadt wurde Ǧundî Šâpûr genannt und ein anderer Name ist nicht bekannt.
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Ardašîr befragt Kaid den Inder um die Zukunft
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Als Šâpûr wie die hohe Zypresse war, besorgte vom bösen Blick man Gefahr. Er war niemals getrennt von Ardašîr; dieser hielt ihn ganz ähnlich einem Wesir. Vom Krieg ruht’ der Schah keinen einzigen Tag, es gab keinen Ort, wo der Ruhe er pflag.
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148.2 Schimmer: W: Mond
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War einmal ein Ort vom Feinde bereint, so erhob gleich woanders das Haupt der Feind. Er sprach: »Von mir wird dem Schöpfer der Welt geheim sowie offen die Bitte gestellt, dass die Welt ohne Feind mir untertan wäre, sodass ich den reinen Gott nur verehre.« Der Wesir sprach freudig also zum Schah: (»Oh geistheller Schah, der Wahrheit stets sprach,) entsenden wir jemand zu Kaid dem Inder, er ist hilfreich und Wissenserforscher und -finder; er kennt der Himmelshöh’ Zahlen und Masse, zur Freude das Tor und des Unheils Strasse. Ob die sieben Zonen dir ohnegleichen in Zukunft gehören, liest er aus den Zeichen. (Er sagt’s Punkt für Punkt ohne Schwierigkeit und verlangt kein Geld für seinen Bescheid.)« Es erwählte der Schah Ardašîr daraufhin einen jungen Edlen von scharfem Sinn, er sandte auch zu dem Weisen von Hind viel Rosse, Dinare, čînesisch Gespind. Er sprach: »Zu ihm geh und sag ihm: ›Du Weiser, du Glücksternbestrahlter und Wegeweiser, sieh nach in den Sternen, wann endlich vom Kriege ich ruh und das Land in die Hände kriege; und geht dies nicht an, dass die Müh ich beende und nicht wie bisher meine Schätze verschwende.‹« Es kam der Gesandte vom Schahrǝjâr zu Kaid und brachte Geschenke dar; er sprach, was gesprochen des Königs Mund, und tat den geheimen Auftrag kund. Kaid befragte ihn und ward niedergeschlagen und wandt’ sich zur Wissenschaftsübung von Fragen; Astrolab und indische Sterntabellen nahm zur Hand er, das Horoskop zu erstellen; er durchforschte des hohen Himmels Gebaren nach Ruhe und Nutzen und Schmerz und Gefahren.
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Und er sprach zu dem Boten: »Ich deduzier 180 aus Îrân und dem Stern des Schahs Ardašîr: ›So ein Schössling des Mihrak-i Nȏšǝzâd sich vermischt mit dieses Geschlechtes Saat, dann sitzt er in Ruh auf dem Throne der Würde, ohne dasss er zum Kampf neu gezwungen würde; die Müh wird vermindert, gemehrt wird die Habe; du geh und den Hass der zwei Stämme begrabe!‹ Tut er dies, so wird ihm Îrân gedeihn, jedem Wunsch seines Herzens Erfüllung sein.« Dann sprach er zum reichlich beschenkten Boten: 185 »Was ich sprach zu verbergen ist nicht geboten. Der hohe Himmel, wenn dran er sich kehrt, macht das, was ich sagte, für ihn voll Wert.« Als zum König der Bote zurückgekommen, berichtet’ er, was er vom Weisen vernommen. Sobald Ardašîr seine Botschaft empfangen, ward sein Herz voller Schmerz und voll Gelb seine Wangen; zu dem Boten sprach er: »Das soll niemals geschehn, dass ein Kind ich aus Mihraks Samen müsst’ sehn. Ich trüge den Feind in das Haus von der Gasse; 190 er verfolgte mein Land mit Rache und Hasse. Weh dann über mein törichtes Schätze verschwenden, meine Mühsale und das Leuteversenden! Mihrak hinterliess mehr als ein Mädchen nicht, das keiner noch je sah von Angesicht. Jetzt geb ich Befehl, dass man suche dies Kind in Rûm und in Čîn und Ṭirâz und Hind. Das Feuer soll es, wenn ich’s finde, verzehren, die Welt sich in Trauer und Tränen ihm kehren.« Nach Ǧahram entsandte er mehrere Reiter, 195 das Mädchen und Rache suchende Streiter. Mihraks Tochter erfuhr’s, sie ging eilig weg aus dem Hause des Mihrak und sass im Versteck. 183.2 du geh … begrabe: W: erwäge nicht.
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In des Dorfherren Haus war sie eingekehrt und der Edelmann hielt das Mädchen wert; sie wuchs wie eine Zypresse schmächtig verständig heran, anmutig und prächtig. Mit ihr konnte keine im Lande sich messen, es gab dort keine so schlanken Zypressen.
Šâpûr nimmt die Tochter des Mihrak zur Frau P
(Jetzt muss von der Tochter Mihraks ich vermelden und Šâpûr, dem degenzückenden Helden). Als einige Zeit seither war vergangen, fing des Königs Stern an leuchtend zu prangen. Eines Morgens begab sich der Schah auf Gejaid, der kluge Šâpûr war in seinem Geleit. Kreuz und quer eilten Reiter durch das Gefild, um die Felder zu reinigen von dem Wild. Ein grosser Ort war da ferner zu schauen, voll Palästen und Hallen und Gärten und Auen. Šâpûr eilte bis vor das Dorf hinaus und stieg ab vom Ritt vor des Dorfherren Haus. Einen Park sah in dem Palast man blühn. Als der Jüngling hineintrat in dieses Grün, sah ein Mädchen er wie das Paradies, das den Eimer am Rad in den Brunnen liess. Als die Schimmerwangige Šâpûr ersah, begrüsste sie ihn und kam ihm nah: »Sei fröhlich und lach und sei guter Dinge! Dass nie eine Schädigung zu dir dringe! Jetzt dürstet das Pferd ohne Zweifel dem Ritter; im Dorf ist das Wasser allüberall bitter. Kalt und süss ist das Wasser im Brunnen da drin; befiehlst du’s, bin ich Wasseraufzieherin.« Šâpûr sprach zu ihr: »Oh du Schimmergesicht! Was redest du da? Bemüh dich doch nicht! 208 Schimmerwangige: W: Mondwangige
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Mich begleitet genügend männlich Gesinde, dass aus grundlosem Born kaltes Wasser es winde.« Vor dem Jüngling verdeckte das Antlitz die Maid, ging fort und setzte zum Flusse sich weit. Einem Diener befahl der Schah nunmehr: »Schöpf Wasser und bring eine Schale her!« Der Diener vernahm’s und kam in Eil’. Am Rade lief mit dem Eimer ein Seil. Als der Eimer mit Wasser sich füllte im Schacht, ward des Dieners Gesicht ganz glutentfacht. Wie der schwere Eimer nicht kam aus dem Born, lief Šâpûr der Schah hinzu voll Zorn. »Du Halbweib!«, rief er, »hat nicht eine Frau gehandhabt so Eimer wie Rad und Tau? Sie schöpfte gar oft aus dem Brunnen heraus; du plagst dich und schaust nach Hilfe aus.« Er kam und nahm das Seil von dem Knecht, doch der Königssohn musste plagen sich recht. Als er Mühe so fand bei Eimer und Seil, ward sein Beifall der Schöngesicht’gen zuteil: »Die den Eimer aufwindet, der also schwer, stammt sicherlich von den Kaien her.« Als den Eimer er aufzog, da kam die Maid und begrüsst’ ihn mit liebreicher Herzlichkeit: »Lebe glücklich, solange dein Leben währt! Sei allezeit vom Verstande belehrt! Durch Šâpûr Sohn Ardašîrs Kraft und Macht wird zu Milch ohne Zweifel das Wasser im Schacht!« Der Jüngling sagte: »Du Schönrednerin! Woher weisst du es denn, dass ich Šâpûr bin?« Sie gab ihm zur Antwort: »Oh solche Kunde vernahm ich sehr oft aus der Edlen Munde, dass der Held Šâpûr an Kraft Elefant ist und durch Spendelust wie der Nil bekannt ist, an Wuchs Zypresse, der Leib metallen, dem Bahman ähnlich sei er in allem.«
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Šâpûr sagte darauf: »Oh du Schimmergesichtige! Auf all meine Fragen sage das Richtige! Offenbare mir, welcher Stamm dich getrieben, denn das Kaitum steht ins Gesicht dir geschrieben!« Sie sagte: »Die Tochter des Dorfherrn hier bin ich, daher bin ich so schön, stolz und eigensinnig.« Šâpûr aber sprach zu ihr also: »Der Trug bekommt für Kön’ge nie Leuchtkraft genug. Ein Bauersmann hat solche Tochter nicht mit Farbe und Duft und dem Schimmergesicht.« »Oh Schahrǝjâr!«, sagte darauf die Maid, »find ich für das Leben nur Sicherheit, so verrate ich dir mein ganzes Geschlecht, finde vor dem Zorne des Königs ich Recht.« Šâpûr sprach zu ihr: »Ein Blumengarten lässt als Spross nicht Hass gegen Freunde erwarten. Sag’s, und dass du vor mir im Herzen nicht bangst! Hab auch vor dem König, dem Richter, nicht Angst!« Das Mädchen sagte: »Ich bin die echte Tochter Mihrak-i Nȏšǝzâds nach dem Rechte. Er brachte mich her als unschuldiges Kind und gab mich dem Dorfherrn, der edelgesinnt. Aus Angst vor dem glorreichen König bin ich nun Wasserschöpf’rin und Arbeiterin.« Sie ging. Šâpûr entfernte sich dann und bald stand vor ihm der Dorfedelmann. Zu dem sprach er: »Das holde Mädchen hier gib mir und der Himmel sei Zeuge mir.« Wie befohlen gab ihm sie der Dorfvertreter gemäss den Gebräuchen der Feueranbeter.
Die Tochter des Mihrak gebiert den Ôrmuzd-i Šâpûr Und nicht gar viele Zeit verrann, dass die schlanke Zypresse zu reifen begann. 235.2 Schimmergesicht: W: Mondgesicht (wie V. 231)
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(Er nahm sie aufs Schloss aus des Dorfes Mitte und hielt sie so wie eine frische Quitte.) Als die Frist von neun Monden an ihr verstrich, gebar sie ein Kind, das an Schönheit ihr glich; du meintest, dass Isfandjâr wiederkehre oder Ardašîr der Ritter der hehre. Ôrmuzd – so nannte der König ihn, 250 da er unter Gesträuch die Zypresse schien. So war, während sieben Jahre verstreichen, Ôrmuzd auf der Welt ohne seinesgleichen. Man verbarg ihn vor jedem in einem fort, er durfte zum Spiele nicht gehen im Ort. Auf der Jagd sieben Tage war Ardašîr; auch Šâpûr begab sich ins Jagdrevier. Ôrmuzd kam heimlich inmitten der Schar, da des Lernens er müde geworden war. Schah Ardašîr aber kam auch in Eile, 255 die Hand hielt den Bogen und Doppelholzpfeile. Zum Spielplatz des Königs mit Schlegeln und Bällen kam der edle Junge mit seinen Gesellen; auch der Weltenherr kam zugleich mit dem Heer vom Jagdrevier zu dem Spielplatz daher. Als Ardašîr nun zum Spielplatz ritt – sein scharfsinn’ger Obermȏbad war mit – schlug ein Kind mit dem Schlegel den Ball aus der Bahn und der Ball rollte just vor den Schah heran. Doch keines der Kinder folgte dem Balle, 260 ganz willenlos blieben sie stehen alle. Ôrmuzd lief allein aus der Mitte der Kinder wie der Wind zu dem Weltenherrn und noch geschwinder. Vor dem Grossvater hob schnell er auf jenen Ball; drob waren voll Redens die Mannen all. Und darauf begann er laut zu schrein. Auf den siegreichen Schah drang Erstaunen ein. (»Der Spielplatz und Schlegel und Mut sind mein;
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auch mit Kriegern lass in den Kampf ich mich ein.«) Zum Mȏbad sprach er: »Oh adliger Mann, erforsch, welchem Stamm gehört das Kind an.« Der Mȏbad fragt’; keiner wusst’s rundherum, alle wählten das Schweigen und blieben stumm. Dem Mȏbad befahl darauf Ardašîr: »Heb ihn auf von der Erde und bring ihn zu mir.« Der Mȏbad ging, nahm vom Staub ihn auf und der Edle trug ihn zum König hinauf. Der Schah sprach zu ihm: »Du mutiger Kleiner, zu welchem Geschlechte zählt dich wohl einer?« Sofort sprach der Junge ganz laut und keck: »So Namen wie Stamm halt ich nicht im Versteck. Ich bin Šâpûrs Sohn und dein Sohn ist der; von dem Kinde des Mihrak stamm sicher ich her.« In Erstaunen geriet darüber der Schah, er lächelt’ und hing den Gedanken nach. (»Was sein musste, das kam«, so sprach er bei sich, »wozu mehre unnütz die Sorgen ich?«) Auf seinen Befehl musste Šâpûr kommen und wurde eingehend einvernommen. Das, was er getan, machte Šâpûr erbangen, sein Herz war voll Schmerz und fahl seine Wangen. (»Dies Kind verbirg nur nicht«, aber sprach) mit Lächeln zu ihm der glorreiche Schah, »wer die Mutter des Kindes auch sei, ist es recht; jeder sagt: ›Dieses Kind ist aus Königsgeschlecht.‹« Šâpûr sprach zu ihm: »Möge Glück dir fliessen! Mög’ lange die Welt deines Anblicks geniessen! Meiner Lenden Spross ist er und heisst Ôrmuzd, er glänzt wie die Tulpe im Gartenblust. Vor dem König hab lang ich geheim ihn gehalten, dass des Obstbaums Frucht sich reif mög gestalten. Die Tochter des Mihrak trug ihn im Schoss, er ist Spross meiner Lenden ganz zweifellos.« Wie es einst mit Wasser und Brunnen gekommen,
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ward vom Sohn erzählt und vom Vater vernommen. Die Erzählung erfreute den Ardašîr; er schritt zum Palaste mit seinem Wesir. Auf dem Arme den herzlieben Sohnessohn ging er vom Spielplatze hin zum Thron. Einen Goldthron schmückt’ ihm der Schah und zudem bestellte er Halsband und Golddiadem; man verlangt’, um zu schmücken das Haupt des Kleinen, 285 vom Schatz viel an Gold und an Edelsteinen; man goss soviele aus, dass das Haupt war begraben, aus der Mitte heraus zog den Leib man des Knaben. Auch den Armen wurden Juwelen beschert und den Weisen gab reichlich er Sachen von Wert. Mit Brokat zierte er die Feuerpaläste, die Hallen zum Naurȏz- und Sade-Feste. Für die Granden liess er den Festsaal bereiten; beim Fest sassen auch die Spieler auf Saiten. Also sprach er zu den Edlen der Stadt, 290 zu jedem, der Teil am Verstande hatt’: »Die weisen Worte des Deuters der Sterne zu übergehen, das lieg’ jedem ferne. So war ja der Ausspruch des Inders Kaid: ›Glück und Thron kommen nie dir zur Freudigkeit, noch das Land und der Schatz und das Heer und die Krone, samt dem Königsschmuck und dem Glanz und dem Throne, wenn nicht durch Mihrak-i Nȏšǝzâds Samen die beiden Geschlechter zur Mischung kamen.‹ Jetzt zogen vorüber der Jahre acht 295 und das Schicksal hat uns nur Gutes gebracht. Da Ôrmuzd nun in sein Heim gefunden, seh ich auf der Welt nur nach Wunsch alle Stunden. Da von sieben Zonen der Grund mir gehört, fand mein Herz vom Glück alles, was es begehrt.« Fortan nahmen die Sachverständigen nur Schahinschah zu seiner Titulatur.
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Ardašîrs Organisation seines Reichs P
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(Nun hör wie gerecht und klug er gelebt und allerorten nach Gutem gestrebt). Von dem Glanz der Tugend des Ardašîr vernimm und merk es genauestens dir! Er war eifrig und machte aus Güte Verpflichtung; Recht und Liebe erstreckt’ er in jeglicher Richtung. Wollte am Hofe er Heeresvermehrung, entsandt’ allwärts er Leute zum Zweck der Belehrung, dass man nicht, wenn ein Sohn im Hause wo wäre, ihn aufwachsen liess’ ohne Tugend und Lehre, dass er würde in Reiten und Kriegskunst erzogen, mit Keule und Hartholzpfeilen und Bogen. Wurde stark das Kind durch solche Bemühung und ganz makellos in jeder Beziehung, dann kam es vom Land an den Hof des Schah, zu jenem glorreichen Empfangsgemach. Der Mustrer schrieb ihn in die Stammrolle ein und liess eine Wohnung gerüstet ihm sein. Der junge Rekrut, brach ein Krieg nunmehr aus, zog dann mit den Helden vom Königshaus. Ein Mȏbad von den Sachkundiggelehrten, den Dingen der Welt noch nicht abgekehrten, kam mit jeglichem Tausend, um zu überwachen, (dass sein Wille geschehe in allen Sachen.) Erlitt einer im Kampf ein Körpergebrechen oder wurde befallen von sonstigen Schwächen, hatt’ es jener dem Schah brieflich anzuzeigen, sowohl bei den Tapferen als bei den Ehrlos-Feigen. Las der Weltenherr ein derartiges Schreiben, dann liess er den Boten bei sich verbleiben; ein Ehrenkleid wurde dem Tapfer’n beschert und vom Schatz geholt, was vom höchsten Wert, während er den, der sich ehrlos erwies, nicht weiter zum Kampfe sich gürten liess.
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Also, bis derartig wurde sein Heer, dass die Sterne nicht sah’n seine Weite mehr. Jedem Mann unter ihnen, der ratgebend war, erhob er das Haupt ob der ganzen Schar. Im Heer übte aus ein Herold sein Amt: »Oh ihr Edlen und Helden des Schahs allesamt, wer des Königs Zufriedenheit weiss zu erhaschen und den Boden mit Blut der Tapfern zu waschen, kriegt von mir ein königlich Ehrengewand und sein Name wird rühmlich der Welt bekannt.« Durch das Heer bracht’ er Ordnung der ganzen Erde, so wurde er Hirt, die Kriegslustgen Herde. (Betrachte nun Schah Ardašîrs Massnahmen, durch die alle Kanzleien in Ordnung kamen). Nur sachkundge Leute hielt er im Dîwân, Unwissende zog er zum Amt nicht heran. Auf Rede und Schrift legt’ besonders er Wert; hatte einer sich in einem Punkte bewährt, sofern dies der Ansicht des Chefs entsprach, vermehrte seine Besoldung der Schah. Waren Schrift und Verstand aber nur so so, so kam er nicht in des Schahs Büreau; in den Ämtern verwendbar war doch ein jeder, beim Schah verblieben nur Helden der Feder. Doch zum Lobredner wurde gar der Schah, wenn am Hof einen tüchtigen Schreiber er sah; »Der Schreibende«, sprach er, »häuft einen Hort und gibt ihn mit Einsicht und Müh wieder fort; durch ihn werden Stadt und Truppen gedeihn, auch die Leute des Volks, die um Hilfe schrein. Schreiber sind mir wie meiner Seele Gelenke und über das Herren, was heimlich ich denke.« Wenn ein Statthalter in ein Land abging, sprach der Schah zu ihm: »Das Geld halt gering! Du darfst nicht die Leute verkaufen um Geld, denn niemandem bleibt die vergängliche Welt.
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Nach Wissen und Wahrheit strebe allein; lass Begierde und Torheit ferne dir sein. Wer verwandt und versippt nimm nicht mit auf den Zug, 335 dass ich gab das Gefolg’, ist Gesellschaft genug. Den Armen gib Geld jeden Monat, dem Feind hingegen gib nichts, da er’s bös mit uns meint. Wenn das Land durch Gerechtigkeit dir gedeiht, gedeihst mit du, erfreut durch Gerechtigkeit. Sollt’ ein Armer durch dich in Angst sich quälen, hast verkauft du um Gold und Silber die Seele.« Wenn ein Rechtsgesuch wen an den Königshof führte oder etwas anderes, das sich gebührte, hatten schon die Vertrauten sich eingefunden, 340 der Beamten Leumund von ihm zu erkunden: Herrscht Gerechtigkeit oder Bereicherungshang? Schläft ihretwegen einer nur bang? Ferner wer in der Stadt ist voll Wissenschaft? Wem benimmt seine Armut Macht und Kraft? Wer vom Hofe des Königs ist gleicherweis’ ein welterfahrner reinsinniger Greis? Der Grosskönig sagt: »Durch meine Verwendung mach ich den nur froh und durch Gelderspendung, der Wissen besitzt und es weiss zu behalten: 345 Was gibt’s Besseres als einen weisen Alten? Ich begehre nach Leuten, die welterfahren, ausdauernd, gefällig, von jungen Jahren. Dass Jünglinge, wissend, für Wissen empfänglich, den Greisenplatz einnehmen, ist unumgänglich.« Sobald sein Heer zu dem Orte der Schlacht kam, nahm er Klugheit zuhilfe und war stets bedachtsam. Zum Gesandten wurde ein Schreiber gewählt, voll Gedächtnis und Wissen, vernunftbeseelt; er gab ihm die Botschaft in höflichster Sitte, 350 damit keinen Kampf er im Unrecht stritte. Zum Feind, dass er dessen Geheimnis erkunde, begab sich der Abgesandte zur Stunde;
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er hörte sein Wort; war es voll Verstand, wurden Jammer, Müh, Übel als Übel erkannt, konnt’ er dadurch ein Ehrengeschenk erreichen, Vertrag und Diplom und Erinnerungszeichen. Doch hatt’ er im Kopfe viel Hitze und Glut, Hass im Herzen, im Inneren wallendes Blut, dann zahlte er Dirhams an jeden im Heere, auf dass auch kein Einziger missgestimmt wäre. Er sucht’ einen strebsamen Paladin, der verständig, scharfsinnig und ruhliebend schien, schreib- und gesetzkundig sowie imstande, das Heer zu behüten vor Frevel und Schande. Auf einen Elefanten setzt’ er einen Mann mit zwei Meilen reichender Stimme sodann; der erhob seinen Ruf: »Oh ihr Edlen vom Heere, wer immer ein Herz hat und Ruhm und Ehre, es geht nicht, den Armen in Qual zu versetzen wie auch nicht den Herrn von Namen und Schätzen. An den Rastorten zahlt für Speis und Trank und verpflichtet die Untertanen zu Dank. Streckt aus nicht die Hand nach fremdem Wert, wer immer von euch die Gottheit verehrt. Wer immer den Feind seinen Rücken lässt blicken, dem wird das Geschick viel Hartes drauf schicken, mit eigener Hand kann sein Grab er graben oder Fesseln mit Brust und Nacken zerschaben, oder wär im Register gelöscht seine Post, sein Lager wär Erde und Kot seine Kost.« Zum Feldherren sprach er: »Zeig Schlappheit nie. Sei nicht ungestüm und brich nichts übers Knie. Elefanten stell vor das Heer allezeit. Wachposten streu aus vier Meilen weit. Vorerst umkreise das Heer ringsum, naht heran der Tag für Schlacht und Ruhm. Setz dem Heer auseinander, wer selber sie seien und aus welchem Grund sie zum Kampfe sich reihen!
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Für euch alle, ob alt oder jung ihr seid, nehm von Ardašîr ich ein Ehrenkleid.« Dort sind hundert Berittne und einer hier, hundert doch zu dem einen scheint wenig mir. Wenn auf beiden Fronten das Pferd treibt der Reiter, dann geht es nicht an, dass kriegslust’ge Streiter vorbrechen und dadurch das Zentrum wird bloss, und wäre das Heer auch noch so gross. Lass den linken Flügel mit ihrem rechten auf einmal wie tapfere Krieger fechten, und so auch den rechten mit dem linken, auf dass sich die Herzen als Einheit dünken. Das Zentrum verbleibe am nämlichen Ort, keiner setze getrennt den Fuss daraus fort; doch bewegt sich ihr Zentrum von seiner Stelle, dann fahr mit dem deinen herzu in Schnelle. Vergiesse kein Blut, wenn du siegreich bist und wenn der Feind auf der Flucht vor dir ist. Fleht ein Feind um Schonung, gewähre sie gnädig und aller Rachegefühle sei ledig. Siehst du den Rücken des Feindes, so fass nicht nach seinem Gut und den Platz nicht verlass; denn du bist nicht sicher vor Hinterhalt, ein Heer kann sich bergen in Tal und Wald. Doch stellt ein vom Feinde Sicherheit sich, dann hör nicht, spricht einer: ›Hüte dich!‹ Kriegslustigen komme die Beute zugut, die das süsse Leben gefährdet mit Mut. Wen kriegsgefangen du hast gefasst, bring unbedingt zum diesem Palast; Meine Absicht ist’s, eine Stadt ihretwegen im Land, das noch wüst ist, neu anzulegen. Diese Ratschläge halte getreulich ein, willst du frei von Mühen und Schmerzen sein. Im Siege sollst du Gottes gedenken, denn er wird dich sicher am besten lenken.«
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Kam ein Abgesandter – woher immer war’s, ein Türk, ein Romäer, einer von Pârs – war’s der Grenzkommandant, der die Nachricht empfing und er hielt solch Ereignis nicht für gering. Quartier stand dann seiner am Wege gewärtig; 390 der Statthalter war mit der Aufgabe fertig. An Gewandung, an manchem Trank und Gerichten sowie an Teppichen mangelt’s mitnichten. Wenn dann der Beamte die Nachricht bekam, weshalb den Weg jener zum Könige nahm, kam ein Schreiber auf einem Eildromedar herangeeilt zu dem Schahrǝjâr, damit ihm ein Heer entgegenmarschiere und der siegreiche Schah den Thronstuhl ihm ziere. In Spalieren standen die Diener gereiht, 395 überall mit goldendurchwirktem Kleid. Dann rief den Gesandten er zu sich heran und wies einen goldenen Thronstuhl ihm an; durch Befragen wusst’ er sein Geheimnis zu fassen, Gut und Bös, Ruf und Ruhm und Treiben und Lassen und Recht sowie Unrecht in seinem Land und Gebräuche und König und Heeresbestand; er erhielt ein wohleingerichtet’ Gemach, wie es der Gesandtenwürde entsprach. Hierauf lud er ihn zum Tisch und zum Wein 400 und räumt’ einen goldenen Thronstuhl ihm ein. Auf die Jagd nahm er mit sich selber ihn fort; unzählig Gefolge versammelt’ sich dort. Des Gesandten würdig zum Abschiedsgeleit verlieh ihm der König ein Ehrenkleid. Darauf liess er in jegliche Richtung die Weisen, tadellose und kluge Sachkundige, reisen, allerorten zwecks Erbauung von Städten und Verausgabung der hiezu nöt’gen Moneten, auf dass jedermann, dem kein Obdach beschieden, 405 der mittellos war und vom Glück gemieden,
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mit dem Bau einer Wohnung sich auch ernähre und die Untertanenzahl sich vermehre. Er wollte den Namen des Guten bewahren im Geheimen sowohl wie im Offenbaren. So war nur ein König auf dieser Welt, den die Welt in ihrem Gedächtnis behält; ich mach seinen Namen gerne lebendig: sei er bis zum Ausgang im Glücke beständig! (Wie wirkt doch Gerechtigkeit wundersam, durch die zur Kultur eine Welt hier kam!) Verborgen sprach er so manches Wort und Kundschafter hatt’ er an jedem Ort. Wenn ein reicher Mann seinen Reichtum verlor und es kam davon Kunde dem Schah zum Ohr: wo es anging, sucht’ er ihn aufrecht zu halten, seinen Handel weniger trüb zu gestalten; ein Fruchtland und eine Wohnung zum Leben und Sklaven und Leute, die ihm untergeben, rüstet’ er ihm aus, wie’s erforderlich war; sein Geheimnis ward niemandem offenbar. Seine Kinder auch, zeigten sie ernstes Bestreben, wurden Lehrern zum Unterricht übergeben. Jedes Dorf besass eine Schule und Lehrer sowie einen Stätte für Feuerverehrer. Er liess keinen Menschen in Nahrungssorgen, hielt dieser sein Missgeschick auch verborgen. (Auf dem Spielplatz erschien er früh genug, kam einer mit einem Rechtsgesuch). Als Richter verschmähte er Protektion, war’s ein kleiner Mann, war’s eines Freundes Sohn. Durch seine Gerechtigkeit blühte die Welt; der Untertan wurde zufriedengestellt. Weilt beim Weltenherrn die Gerechtigkeit, so verwischt seine Spur nicht die kommende Zeit. Auf die Ordnungsmassnahmen sei aufmerksam, wodurch sein Ruhm festen Grund bekam.
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Ringsum in die Welt wurden Leute gesandt als Kundschafter, klug, geschickt und gewandt; wo der Boden öde und unfruchtbar, das Wasser im Bache zu kärglich war, dort wurde davon keine Steuer bemessen und keines Grundes dabei vergessen. War ein Bauer in sehr bedrängter Lage, stand die Existenz bei ihm schon in Frage, gab Vieh und Gerät er aus seinem Schatze und duldet’s nicht, dass er ziehe vom Platze. Vom Wissenden höre, oh König, dies Wort: die Welt erhalte in Blüte so fort. Wenn du von der Mühsal befreit willst sein, dass du harm- und mühlos Schätze füllst ein, dann lern, deine Untertanen zu schonen und der Beifall aller wird dich belohnen.
Schah Ardašîr gibt den Edlen von Îrân seinen letzten Willen bekannt Von Čîn her und Hind, der Türkei und Byzanz war wie griechische Seide die Welt nun voll Glanz. Tributpflichtig war ihm jedwedes Land und keiner war fähig zum Widerstand. Aus Îrân berief er alle Vasallen, gab am Königsthron würdige Sitze allen; und der Weltbeherrscher erhob sich alsbald, fügte wahre Worte in schöne Gestalt und redete also: »Ihr Edeln des Lands, wer der Einsicht teilhaftig und des Verstands, wisst, dass dieser Himmel, der schnell sich dreht, auf Gerechtigkeit nicht noch auf Liebe besteht; wen er will, hebt er empor zum Zenith, worauf in den Kot er ihn elend tritt; es bleibt nur sein Name auf dieser Welt und all seine Mühe wird mit ihm zerspellt. Lasst hier nur guten Namen zurück, 192
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wenn nach einem Ausgang ihr strebt voller Glück. Die möge, Ôrmuzd, es das Schicksal bringen, die Zufriedenheit Gottes dir zu erringen. Vor Gott dich geneigt, zu Gott dich gekehrt! Er ist’s, der bewahrt, der das Gute vermehrt. Vor dem Bösen nimm Zuflucht zum Herrn der Welt, denn Gut und Böse sind ihm unterstellt. Leicht macht er dir auch das schwierigste Stück; durch ihn bist du herzhell und siegreich im Glück. Mass sei dir vor allem mein Lebenslauf; was ich Gutes und Böses erfuhr, frische auf! Nehm’ zum Schöpfer der Welt meine Zuflucht ich, erfreun Krone und Thron mich herzinniglich. Mir gehören als König die sieben Zonen, sowie es sich ziemt, einem Herrscher zu frohnen. Tribut wird von Rûm und von Hind mir gezinst; die Welt wurde mir wie Romäer-Gespinst. Dank sei Gott, der mir Kraft gab und hohe Bahn meinem Stern und Glück von Sonn’ und Kȇwân. Wer wüsste ein seiner würdig Gebet? Ein Gebet, das zum Werk im Verhältnis steht? Doch vielleicht wird er unsrer Dienste gedenken, uns Grossmut beweisen und Gnade im Schenken. Jetzt wollen wir, was wir als Recht künftig setzen, erklären und froh uns am Rechte ergötzen. Der Zehnte ist in allen Städten mein Eigen; dafür sind Dorfvogt und Mȏbad mir Zeugen; ich verzichte; das Ganze soll euer nun werden, auch der Zehnte des Bodens und Steuer der Herden; doch was euch von Überfluss würde sein, bringt der Oberste in unsere Schatzkammer ein. Was ich früher vom Zehnten bezog, der jetzt euer, was sich mehr oder minder ergab an Steuer, gab ich zu gemeinsamem Nutzen schon her und unterhielt so ein zahlloses Heer. Für euch wollt’ ich Wohlstand und Sicherheit finden
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und der Glaube Ahrîmans sollte verschwinden. Ihr alle sollt Gott durch Handschlag versprechen, stets strebsam nie seinen Bund zu brechen. Denn der Geber ist er, der Bewahrer er, der den Himmel schmückt mit dem Sterneheer. Allen Unterdrückten steht hilfreich er bei; macht nicht seinen Ruhm zur Prahlerei! Ihr dürft euer Herz nicht der Täuschung hingeben, stets kam noch Erniedrung nach jedem Erheben. Wessen Krone einst hoch in die Wolken ragte und wer einstens stolz nur den Löwen jagte, hat nun Erde und Ziegeln zur Liegestatt; heil dem, der nur Gutes ausgesät hat! Ihr alle, die meinem Reich ihr genaht, die das Ohr ihr leiht meinem letzten Rat, euch seien nunmehr die fünf Wege gezeigt, deren Nutzen Krone und Thron übersteigt.«
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Ermahnungen Ardašîrs, an die Menschen gerichtet Des glorreichen Ardašîr Anordnung leiht alle das Ohr nun so alt wie jung. Ein jeder, der weiss, dass die Gottheit besteht, richtet nur an den reinen Gott sein Gebet. Zweitens: Schlagt das Wissen nicht niedrig an, ob ihr König seid oder Untertan. Drittens: Nie wird das Wort veraltet einem Manne, in dem das Wissen waltet. Viertens: Die Furcht vor der Sünde sei stärker (als Galgen und Fesseln und tiefer Kerker.) Fünftens: Die Rede eines Schmähsüchtigen kann bei niemandem die Ehre verflüchtigen. Nun noch einge Ermahnungen als Zugabe, die besser als Auge und Leben und Habe. Glücklich der, der die Welt erhält im Gedeihn; sein Äusseres wird wie sein Inneres sein. 194
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Zweitens: Wer eine Stimme, die sanft, im Besitz hat und Scham und warme Worte und Witz. Gib dein Silber nicht aus im Unverstand auf Eitelkeit und nichtigen Tand; es hat keiner dafür weder Dank noch auch Lohn noch die Zustimmung einer frommen Person. Die Mitte wähle, dann bleibst du im Stand und vernünftig nennt dich der Mann von Verstand. Fünf Wege sind vor dir, durch’s Leben zu ziehn, drauf wird frisch dir so Glaube wie Frömmigkeit blühn, Gesundheit und Freudigkeit sind dir gemehrt, und du wirst mit dem Honig von Gift nicht versehrt. Erstens: Dass nicht über Gottes Gnade in Begierde und Habsucht du suchst weitre Pfade. Voll Macht wird, wer immer zufrieden bleibt, dessen Frühlingsblüte ihm Früchte treibt. Den Hals deiner Leidenschaft sollst du brechen, vor Weibern darfst du nichts Geheimes besprechen. Drittens: Treib mit Krieg und Schlacht nicht Scherz, denn Krieg und Schlacht bringen Mühsal und Schmerz. Viertens: Halte dein Herz nur fern von Gram; betraure ein Übel nicht, das nicht kam. Fünftens: Was dich nichts angeht, das rühr nicht an; denn es ist nicht dein Jagdrevier. Leiht alle die Ohren meiner Exhorte, meinem euch Nutzen bringenden Worte! (Dem Herzen sei’s eines Jeden wert, da es Sicherheit vor Schaden gewährt.) Halte niemals länger im Lernen ein, sollte deine Seele erleuchtet sein. Wer ein Kind hat, der halte es klug und streng; die Zeit zum Spielen mache er eng. Was ich euch gesagt habe, das bewahrt! Übernehmt unsre Sorge auf diese Art. Ihr, die ihr gerecht seid und Leute von Ehre, schliesst einer den andern nicht aus vom Verkehre.
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Herzensruhe bekommt ihr aus diesen vier Dingen, die euch auch noch Schönes und Nützliches bringen! Erstens: Furcht, Ehrerbietung und Scheu vor dem Herrn, dass er Helfer euch sei und leitender Stern. Seid zweitens gerecht gen die eigne Person und habt acht auf den Saum der Religion. Das Herz sollt ihr rüsten nach Gottes Befehlen und mich wünschen wie eure Leiber und Seelen. Drittens sollst die Wahrheit an’s Licht du ziehn und ferne von Lüge und Täuschung fliehn. Viertens: Von des Schahs des Weltenherrn Willen weich das Herz nicht öffentlich oder im Stillen. Du sollst lieben ihn wie dein eigen Ich, durch sein Lob erfrische dein Antlitz sich. An seinen Befehl sei dein Herz gebunden, nie seiner Verpflichtung dein Geist entwunden. Du sollst ihn so wie dich selber lieben, wenn du Billigkeit siehst deinen Hüter üben. Sorge ist’s um das Reich, die den König befällt; (er will der Welt Mehrung, nicht Mind’rung der Welt.) Wenn er weiss, es werde von seinem Gefolg und von seinen Beamten bedrückt das Volk, und er übt nicht Gerechtigkeit, dann ziemt ihm wenig seine Krone und er ist kein wirklicher König; er schwärzt das Königsbestellungsdekret und es mangelt hernach ihm die Majestät. Wiss’, ein König von ungerechter Natur ist ein reissender Leu auf der Vogelflur. Wenn der Untertan, was der Fürst ihn heisst, missachtet mit rebellischem Geist, dessen Leben sind Schmerz und Mühsal gesellt, er altert nicht auf der vergänglichen Welt. Wenn dein Herz nach Güte und Grösse verlangt, wird dies nicht durch Härte und Stolz erlangt. Das Herz unsres Volks möge freudig sein! Unser Rechttun lasse die Welt gedeihn!«
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Lobrede Charrâds auf Ardašîr
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Auf dem Throne sass Ardašîr der Schah; da erschien ein Greis in dem Throngemach, welchen Greis man mit Namen Charrâd heisst; voll Gerechtigkeit waren ihm Zunge und Geist. So sprach er zum König: »Oh König, geleiten möge Segen dich bis ans Ende der Zeiten! Leb immerdar froh und siegreich throne, erfreut durch dich seien Land, Thron und Krone! Du kamst jetzt dahin, dass Vögel und Tiere (vor und hinter dem Throne bilden Spaliere.) Der Grosse der Welt bist nur du und vor allen erhaben den Kronenträger-Vasallen. Wer ist’s, der dein Rechttun gut definiert? Denn auf Rechttun und Grösse bist du basiert. Wir wollen die Lobpreisungen mehren und den Herrn der Welten darob verehren, dass in deine Zeit unsre Leben fallen; Wohlmeinung trifft jede Tat bei uns allen. Begierde nach deinem Anblick fasst jeden und nach deiner Liebe und schönen Reden. Lebe sicher, denn du gibst uns Sicherheit; den Bund mit dir brechen, das liege uns weit! Du versperrst den Weg dem, der uns übelgesinnt, den uns Unebenbürtigen von Čîn und von Hind. Mit Raubüberfall, Schlacht und Gewog ist’s vorbei; es dringt nicht mehr ans Ohr uns des Feindes Geschrei. Ewig bleibe dein heller Geist so in Kraft, stets Haupt und Tat mit der Mȏbadschaft! Kein König, der an Verstand dir gleicht; kein Gedanke, der über dein Denken reicht. Das Recht hast begründet du in Îrân; noch unsere Kinder erfreuen sich dran. Und durch deine Worte bewirktest du heut: ein Greis wurde durch deine Einsicht erneut.
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Die Adel in dieser Versammlung haben, sind froh über dich und dein rechtlich Gehaben; ihr Verstand wurde durch deine Rede gemehrt, dein Anblick hat Helle der Welt beschert. Dem Glück und dem Thron bist du Ehrengewand und der Gürtung und Krone, von Gott gesandt. Bleib ein solcher König mit Recht und mit Liebe; keiner ist, der der Welt im Gedächtnis so bliebe. Die Welt wahrst durch Würde du und Majestät; Heil dem, der im Schatten der Fittiche steht! Möge nie der Thron zum Sitze dir fehlen! die Welt stets gehorchen deinen Befehlen!
Worte über die Treulosigkeit des Schicksals
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Oh du, auf der Worte Kern eingestellt, reiss los dein Herz von der alten Welt! Schon viele sah sie wie mich und wie dich, doch mit keinem legt sie zur Ruhe sich. Ob du König bist oder Vorarbeiter, du gehst vorüber und sie besteht weiter. Wohin sollen Mühsal und Krone dich führen? Du musst schliesslich ja doch dein Bündel schnüren. Das Geschick löst dich auf, und wärst du von Eisen und hört auf, wirst du alt, Schmeichlerein zu erweisen. Gekrümmt wird die herzerfreunde Zypresse, die schwarzen Narzissen wehklagen in Nässe. Das Purpurgesicht ist Safran nunmehr; das Haupt wird dem fröhlichen Menschen schwer. Wenn die Höhe sich neigt, kann nicht schlafen der Geist, bleib allein nicht, sind deine Genossen verreist. Ob du König bist oder Untertan, nur die finstre Gruft sieh als Wohnsitz an. Wo sind jene Grossen mit Thron und Krone? 532 auf der Worte Kern eingestellt: W: der du ein Käufer des Kerns des Worts (der Rede) bist.
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Wo mit sieghaftem Glücke sind jene Barone? Wo sind jene Tapferen, Scharfsinnig-Klugen, wo die Krieger all, die den Kopf so hoch trugen? Staub und Ziegel sind allen die Liegestatt; (glücklich, wer Gutes nur ausgesät hat!) Ein Zeugnis dafür ist Schah Ardašîr. Hörst du meine Worte, so merke sie dir.«
Ardašîr übergibt die Regierungs1994 M angelegenheiten dem Šâpûr Als das achtundsiebzigste Jahr kam in Gang, 545 da wurde der umsichtige Weltenherr krank. Er wusste, der Tod sei schon in der Nähe, dass das Grüne des Blatts in Gelb übergehe. Da befahl er, dass Šâpûr, sein Sohn, vor ihn trat, und versah ihn überaus reichlich mit Rat: »Meinen letzten Willen vergiss mir nicht! Für Wind halt, was ein Verleumder spricht. Was du jetzt von mir hören wirst, das bestätige; dann scheidest vom Wertlosen du das Wertgrädige. Ich bracht Ordnung der Welt mit dem Schwerte 550 des Rechts und schätze den Wert eines edlen Geschlechts. Als den Weltsachen also ich Richte gab, wurde mehr mein Land, doch mein Leben nahm ab. Nachdem unsre Mühsale lange gewährt, viel Schweiss geflossen, der Schatz gemehrt, (steht euch auch viel Müh und Genuss bevor;) zuerst gehts hinab stets und dann erst empor. So ist dieses kreisenden Himmels Getriebe: einmal bringt es Schmerzen dir, dann wieder Liebe. Das Glück ist ein störrisches Pferd manchesmal; 555 bist du hart im Glück, kommst du leicht zu Fall. Dann wieder ist’s eine der eilenden Stuten, trägt das Haupt hoch ob der Behandlung der guten. Die trüg’rische Welt, musst, mein Sohn, du bedenken, 199
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gibt dir nicht Zufriedenheit ohne ein Senken; du musst deinen Leib und Verstand behüten, willst du schlechten Ausgang des Lebens verhüten. Wenn der König die Religion hochhält, werden sie und das Reich zu Geschwistern gesellt. Religion steht nicht fest ohne Königsthron und das Königtum nicht ohne Religion; zwei Gründungen, eine der andern verwoben, vorm Verstande leuchtend emporgehoben. Den König kann die Religion nicht entbehren, ein religionsloser König ist nicht zu verehren. (Sie sind für einander und gleichen Geists;) das steckt unter einer Decke, heisst’s. Sie haben eines das andre nötig, zwei Genossen sehn wir sie im Guten tätig. Wenn Verstand ihm und Einsicht zum Lose fiel, erreicht in zwei Welten der Fromme das Ziel. Ist der König der Religion Minister, dann nenne du jene beiden Geschwister. Wer vom rechtlichen König Übles spricht, den Mann halt für einen Frommen nicht. Ist ein Frommer von Hass gen den König entbrannt, so werde von dir er nicht rein genannt. ›Wenn du gut schaust‹, sagt eine weise Person, ›ist der Kern der Gerechtigkeit Religion.‹ Drei Umstände bringen den Thron in Gefahr: ist ungerecht erstens der Schahrǝjâr; wenn er zweitens wertlose Menschen emporzieht und sie dem Tugend- und Ehrhaften vorzieht; wenn er drittens den Schatz macht zum zweiten Ich und mit Geld ein Vermögen erwuchert sich. Mit Freigebigkeit prunk’, mit Rechttun und Verstand nie mit Lüge, dass sie dich nicht übermannt; die Lüge verdüstert des Herrschers Wangen; 566 der Religion Minister: W: Wächter, Hüter (der Religion)
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der Boshafte wird nie Glanz erlangen. Hüte dich, ein Schätzebewacher zu sein; denn die Leute geraten ums Geld in Pein. Bringt ein König mit sich die Gier nach Schätzen, wird die Untertanen in Mühsal er setzen. Wo der Bauern Schatz ist, ist auch der seine, war auch seine Mühe und Pein keine kleine. Der König soll auch dessen Schatz bewachen und seine Mühsal fruchtbringend machen. Sei bestrebt, dem Jähzorn ferne zu rücken und vorm Sünder menschlich das Auge zuzudrücken. Wenn dem Jähzorn du nachgibst, folgt die Bereuung; du besitzest ein Heilmittel in der Verzeihung. Lässt der König vom Jähzorn fort sich reissen, wird der Reine ihn minderwertig heissen. Da beim König ein Mangel ist böses Gelüsten, so hat er mit Güte sein Herz zu rüsten. Zieht Furcht einmal ein in des Königs Brust, wird das Herz seiner Feinde siegesbewusst. Ob der Freigebigkeit sei nicht sorgenbeschwert; wiss, mein Sohn, wie’s nur geht, des Besitzes Wert. Die Königswürde steht dem, wisse, zu, der den Kreis des Himmels verschenkt mit Ruh. Sobald ihm die Sorge der Herrschaft naht, halten er und sein Mȏbad zusammen Rat; befragt ihn um Recht und Unrecht der Schah, hält im Königsherzen sein Wort er wach. Wenn die Absicht du hegst, auf die Jagd zu gehn, und Wein trinkst, wird dir viel Wild entgehn: zwei Spiele kann man nicht auf einmal versehn: Wein und Fest und Jagd und hinauszugehn. Denn der Leib wird schwer durch des Weines Bewegung; die Fürsten ziehn dies in stete Erwägung. Wenn aber ein Feind irgendwo erschien, muss das Herz man aus diesen Geschäften ziehn
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und die Schwerter putzen und Dirhams blechen und aus jeglichem Reich ein Heer ansprechen. Auf morgen verschieb nicht das Tun von heute. Setz nicht auf einen Thron Schlechtes lehrende Leute. Suche niemals die Wahrheit vom Herzen der Blinden; denn bei solchem Gesuch wirst nur Täuschung du finden. Kommt von diesen dir böse Nachricht ins Haus, 595 hör nicht auf den Verleumder und mach dir nichts draus. Königsabgewandt und Gottabgewandt: fasst den Fuss du, so kommt dir der Kopf in die Hand. Dies ist wohl gewöhnliches Mass des Lands; sei ewig teilhaftig du des Verstands. Fürchte dich vor dem Bösen verderbter Menge; denn die Welt wird durch diese Verderbte enge. Kein Geheimnis sei selbst dem Vertrauten erschlossen, denn auch Vertraute hat Freund und Genossen. Die Worte, die du dir liessest entreissen, 600 kannst in alle Welt verbreitet du heissen. Wird dein Geheimnis der Stadt bekannt, bleibt nicht höflich zu dir der Mann von Verstand. Du bist zornig; man schilt an dir leichtes Erregen; der Kluge lässt deine Wallung sich legen. Spür nicht irgendwie nach den Fehlern der Leute, denn der Fehler macht dich der Verleumder Beute. Kann die Leidenschaft deiner Vernunft befehlen, wird zur guten Gesellschaft kein Kluger dich zählen. Der Weltenherr Schah sei von den Verständigen, 605 voll Wohlwollen gegen alle Lebendigen. Die da hitzig nur hochhinaus begehren, werden nicht an Tadel und Vorwurf sich kehren; dulde nicht, dass jemals Platz bei dir fasst solch ein Mensch oder du ihn zum Ratgeber hast. Wirst du König, lass Zorn und Rachgier ruhn, ist es dir um des reinen Manns Lob zu tun. (Wer auf dem Throne des Glanzes will sitzen, muss Gott verehren und Geist besitzen.)
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Mach nicht viele Worte, begnüg’ dich mit einigen. 610 Du sollst nicht vor fremden Leuten dich reinigen. Hör auf das, was man sagt, das Beste präg’ ein; sieh dich vor, eh du einen lässt Herzliebling sein. Was Gelehrten du sagst, sei nicht ohne Gewicht; sprich zu jedem höflich mit frischem Gesicht. Verachte nicht die bittende arme Person und deinen Feind setze nicht auf den Thron. Bittet einer um Nachsicht für ein Vergehn, gewähr sie; räch das nicht, was vordem geschehn. Sei ein Richter voll Recht und Erzieher voll Huld. 615 Heil dem, der Freigebigkeit hat und Geduld! Wenn der Feind sich fürchtet, wird schmeichlerisch er, du schnüre die Pauken und rüste das Heer. In den Kampf geh’ dann, wenn der Feind lässt ab vom Kampf und wenn seine Faust ihm wird schlapp; doch wenn aufrichtig er für den Frieden ist und du siehst ihm im Herzen nicht Trug noch List, nimm von ihm Tribut und Rache lass sein; so legst du am besten bei ihm Ehre ein. Schmück das Herz mit Wissen; nicht nur Arbeit erschafft, 620 wie du meinst, den Wert, nein, auch Wissenschaft. Wenn du freigebig bist, so wirst du von Wert sein, wegen Wissen und Billigkeit wirst du geehrt sein. Diesen Willen des Vaters bewahr im Gedächtnis und auch unsern Kindern sei er Vermächtnis. Mein Recht überlasse ich meinem Sohn und schädge auf Erden keine Person; so sollt auch ihr meinen letzten Willen ohne Übelnahme der Sätze erfüllen. (Du gedenke des Rats deines Vaters, mein Kind, 625 strebe nach Gutem, das Böse halte für Wind.) Hüte dich, sinnlos meinen Geist zu quälen und durch Feuer den Leib, dem die Kräfte fehlen. Reich’ nicht andrer Bedrückung den Nacken entgegen noch such’ anderen Schmerz und Furcht zu erregen.
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Fünfhundert Jahre werden vergehn und euere Grösse hört auf zu bestehn; vom Vertrage mit deinem Sohne kehrt das Haupt ab, wer zu deiner Sippe gehört. Sie werden den Rat der Gelehrten nicht hören und von Einsicht und Wissen hinweg sich kehren; sie wenden von Treue sich ab und Verträgen, auf Gewalttat und Frevel sich zu verlegen; sie verengen den Untertanen die Welt; der Gottesverehrer wird niedrig gestellt. Das Kleid der Abscheulichkeit ziehen sie an und wachsen im Glauben Ahrimans heran. Gelöst wird, was wir zusammengebracht, jener Glaube befleckt, den wir rein gemacht. Mein Rat und mein Wille, sie werden vernichtet, zur Wüste das Antlitz des Landes gerichtet. Der Schöpfer der Welt sei angefleht, der das Offene und das Geheime versteht: vor jeglichem Bösen sei er euch Schützer, alle guten Rufes euch Unterstützer! Dass der Segen von Gott und von mir euer sein mag, der Verstand sei die Kette, Gerechtigkeit Einschlag! Nicht lass brechen den Bund er den Bösgesinnten, nicht meinen Honig machen zu Koloquinten! Vierzig Jahr und zwei Monate sind es jetzt, dass ich auf das Haupt mir die Krone gesetzt. Sechs Städte gründete ich in meinem Reich, moschusduftend die Luft und an Quellwasser reich. Die eine nannt’ ich Chwurre-i Ardašîr, die Luft leicht zu atmen und Milch fliesst in ihr. Râm ǝ Ardašîr heisst die andere Stadt; von dort hat nach Pârs der Übergang statt. Die dritte heisst man Ôrmuzd Ardašîr; der Greis wird verjüngt, weht ihn Wind an aus ihr. 639.2 Koloquinte: eine giftige Pflanze aus der Familie der Kürbisgewächse.
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Der Chûzer Land ist durch sie voll Gewinns, 645 voll von Leuten, Wasser, Kapital und Zins. Birke-i Ardašîr ist der Name der vierten, der mit Gärten und Rosen und Teichen gezierten. Zwei im Lande Maisân und am Eufratstrom, voll Quellen und Tieren und Vegetation, die nennst du Binâ-Pâdšâh-Ardašîr; hörst von mir ein Wort du, so merk’ es dir. Nun packen zum Grabe das Bündel wir schon; du lass mir den Sarg und kehr dich zum Thron. Ich trug auf der Welt viele Mühen und Sorgen, 650 und zwar manche ganz öffentlich, manche verborgen. Du erfreu’ meinen Geist durch Gerechtigkeit! Froh und siegreich throne du allezeit!« Er sprach’s und der Glanz seines Glücks ging davon. Oh über sein Haupt, Diadem und Thron! Also ist die Satzung und Regel der Welt, dass sie uns ihr Geheimnis niemals erhellt. Glücklich der, der die Grösse nie sah auf Erden; er braucht nicht vom Throne unsichtbar zu werden. Man strebt nach Gütern und arbeitet fiebrig, 655 doch von Menschen und Gütern bleibt gar nichts übrig; Schliesslich wird uns die Erde gesellig umfangen, unterm Tuch müssen bergen wir beide Wangen. Auf, lasst uns immer aus Güte handeln, auf der wackelnden Welt nicht zum Bösen wandeln! Glücklich jener, der seinen Weinbecher schwenkt und beim Trinken gottehrender Herrscher gedenkt! Zug zum Zug schwindet er wie im Becher der Wein, dann schläft er, gerad’ wenn er selig wird, ein. (Gebet zum Schöpfer und Lob des Padischas Maḥmûd. Dem Schöpfer sei Preis, der das »Werde« erschuf, 659.1 der den Raum und die Zeit und die Erde erschuf. Von ihm kommt die Ruhe, von ihm das Begehren, sein ist der Anfang, er wird das Ende gewähren. Er schuf Himmel und Erde und alle Zeit
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und die Welt in all ihrer Völligkeit. Vom wertlosen Staubkorn zum Throne des Wahren muss Gottes Sein alles offenbaren. Als Weltschöpfer nenne nur ihn mit Preis, der was offenbar und geheim ist weiss. Nach ihm sein Muḥammads Geiste Verehrung, jedem seiner Gefährten Segenvermehrung! Als rein und enthaltsam preis ihrer jeden! Nicht zu zählen vermögen wir ihre Reden. Doch jetzt wollen die Worte wir noch vermehren und betend den Schöpfer der Welt verehren. Wir preisen die Krone des Schahs, der da thront und mit seinem Glücke erleuchtet den Mond, des Weltenherrn Maḥmûd Majestät, durch den Güte und Freigebigkeit besteht. Er ist tapfer, gerecht und voll Freigebigkeit und seiner Befehle erfreut sich die Zeit. Der Herr von Keule und Mühe und Schwert, der Herr von Ruhe und Krone und Wert, der Herr der Güte und der Majestät, dessen Dank ob der Krone zum Herrgott geht; vernünftig und schön, der zu reden weiss, an Jahren ein Jüngling, an Wissen ein Greis; sein Glanz macht Muštarî Lichter verblitzen, seiner Fittiche Schatten lässt heiter uns sitzen. Im Kampf macht den Himmel er laut erschallen; wenn ein Fest naht, verstreut Juwelen er allen. Sein Zorn bewirkt, dass der Berg zergeht, ob der Erde der Himmel ins Zittern gerät. Alle Väter sind Könige, das Herrschen gewohnt; seiner rühmt sich der Himmel mit Sonne und Mond. Sein Ruhm möge also in Ewigkeit währen, seinen Ausgang möge die Grösse ehren! Das Buch beginne ich mit seinem Preise, wie er gross und gerecht ist und klug und weise; durch ihn hab ich guten Namen auf Erden;
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möge einst ihm ein guter Ausgang werden. Durch sein Aussehn verleiht seiner Krone Glanz er, vor dem Bösen ist ihm sein Glück ein Panzer. Stolz sind auf ihn in der Welt alle Reinen und jene, die sonst als Herrscher erscheinen. Sein reiches Glück macht den Himmel hell, seinem Thron dient die Erde als Fussgestell. Im Krieg Elefant der Verderbenspest, der Himmel der Treue ist er beim Fest. Lässt den Geist beim Festgelag’ leuchten er, dann wirft lauter Wogen er aus seinem Meer. Seine Jagdbeute ist, wer königlich thront, alles andere Wild wird von ihm verschont. Am Schlachttag zerreisst seiner Keule Laut das Herz des Leun und des Panters Haut. Sein Herz sei voll Rechttuns, sein Haupt ewig grün, mög’ ohn’ seine Krone die Welt sich nie mühn!) Jetzt erzähle des Šâpûr Regierungszeit! Wohlan, sprich von Wein und von Fröhlichkeit!
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XXIII Regierung des Šâpûr, Sohn Ardašîrs Sie währte einunddreissig Jahre, einen Monat und zwei Tage.
Thronbesteigung Šâpûrs
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Šâpûr sass auf der Gerechtigkeit Throne und setzt’ auf das Haupt sich die herrliche Krone. Vor ihm sammelten sich alle Ehrenwerten, Verständigen, Edlen sowie Gelehrten. Er sagte: »Ihr Glorreichen, die ihr erschient, die das Wissen ihr hegt und mit Rat mir dient, den echten Sohn des Schahs Ardašîr, des Weisheit verkünden, seht ihr in mir. Leiht alle das Ohr nun meinen Befehlen! Such sich keiner aus seiner Verpflichtung zu stehlen! Ihr sollt, was ich sage, genauestens erwägen und, wär es nichts nutze, mit Tadel belegen. Wie den Weg ich sehe zu Nutzen und Schaden, sind in seine Mitte gesetzt zwei Gnaden: Zum Ersten der König, der Hüter der Welt, der den Kleinen und Grossen die Schätze erhält; ist der König gerecht und von glücklichem Los, ist Verstand sein Beschützer ganz zweifellos; vom Verstand behütet, von Güte getragen, wird sein Haupt das schwarze Gewölk überragen; sein Streben geht nur nach Rechttun und Wissen, sein Geist wird durch Wissen ein Kissen nicht missen. Zweitens, wer unter Geistesanstrengung ringt, dass er zu gerechtem Leben es bringt; 11.2 Kissen: W: Ruhe (oder Freude)
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durch sein Wissen wird Gott er Dank zuerkennen; wer weis’ ist und Gott weiss, ist glücklich zu nennen. Des Königtums wert ist der Kluge zu schätzen, denn Verstand ist an Wert nicht durch Gold zu ersetzen. Wer zufrieden ist, der ist wohlhabend auch; das Herz voll Begier ist ein Haus voller Rauch. Wenn die Gier wächst, wächst auch die Sorge mit ihr; sei bestrebt, doch nicht nach der Frucht deiner Gier. Zu Ruhe und gutem Ruf strebe hin und flieh vor den Menschen mit unreinem Sinn. Nach dem Gute der andern streckt aus nur die Hand, wer nicht vielen Anteil am Wissen fand. Meine Liebe zu euch, sie übersteigt, was uns das Gestirn an dem Himmel zeigt. Die Gesetze des hohen Schahs Ardašîr müsst unbedingt, will ich, befolgen ihr. Nur ein Dreissigstel ford’re ich vom Bauersmann, damit ich dem Heer etwas Geld geben kann. Das Land ist mein Eigen, ein Schatz, der gedeiht, Begründetheit, Tapferkeit, Menschlichkeit. Nach der anderen Gut sind wir ohne Bedürfnis; ums Gut kommt’s mit Freunden zu Feindeszerwürfnis. Der Weg steht euch offen, zu uns zu gelangen; wir werden Rechtsuchende liebreich empfangen. Übrallhin lassen wir unsre Kundschafter gehn, um wachsam den Gang der Welt zu erspähn. Wir wollen nichts als den Beifall erstreben, den uns die Frommen und Weisen geben.« Da war Gross und Klein alles aufgesprungen, zu Schönem rüsteten sie ihre Zungen; sie beeilten sich, Šâpûr heilrufend zu segnen und auf seine Krone Smaragde zu regnen. Das Gesetz Ardašîrs behielt die Gewalt; damit waren zufrieden Jung und Alt.
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XXIII Regierung des Šâpûr, Sohn Ardašîrs
Krieg Šâpûrs mit den Romäern
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Es verbreitete sich die Nachricht jetzt, der Thron des Reiches sei unbesetzt: »Dem Schah Ardašîr ist das Leben entflohn; Šâpûr übergab er Krone und Thron; es entstand Rebellieren des ganzen Lands, von Qaidâfe zog es sich bis nach Byzanz.« Als es Šâpûr erfuhr, da rüstete er die Pauken, die Banner, das ganze Heer. Er führte bis vor Pâlûjǝne ohne Tross und Gepäck eine leichte Armee. Aus Qaidâfe kam ein Heer und dunkel wurde durch seinen Staub der Sonne Gefunkel. Auch aus Pâlûjǝne kam ein Heer heran; dessen Feldherr war ein fürstlicher Mann; Barânûš war der Name des Paladins, eines stolzen Ritters geisthellen Sinns; bei den Kaisern stand er in hohen Ehren, ein Fangschnurschleudrer der Edlen und Hehren. Als von beiden Fronten die Pauke erscholl, trat der Held aus dem Zentrum, ehrgeizvoll, indes das andre ein Tapfrer verliess, den man Garšâsp den Löwen mit Namen hiess. (Dem Mutgen am Tage der Schlacht hielt stand weder Mann noch riesiger Elefant. Die beiden griffen einander an; sie verstreuten Staub auf die Sternenbahn. Von den vielen, die streitend zusammenstiessen, floh dieser nicht jenen noch jener diesen, bis schliesslich die Heere mit allen Scharen wie ein Berg mit dem Berge im Kampfe waren.) Beiderseits ertönten Pauken und Schreie; Held Šâpûr ritt in der Mittelreihe. Vom Getös der Trompete und indischen Schelle kam der Kreis des Monds von der üblichen Stelle.
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Auf Elefanten wurden die Trommeln geschnallt, während Pferdegewieher zwei Meilen weit hallt’. Es schüttert’ der Boden, voll Staub ward der Himmel, wie Feuerbrand glänzte der Lanzen Gewimmel; es meinte ein Geist, dem Verstand nicht lag ferne, aus den Wolken käme ein Regen der Sterne. Barânûš der Krieger im Zentrum drinnen ward gefangen genommen mit blutenden Sinnen, dreitausend Romäern niedergemacht in Pâlûjǝne in den Reihen der Schlacht. Eintausendsechshundert wurden gefangen; das Herz der Romäer wurde voll Bangen. Der Kaiser entsandt’ einen Parlamentär zu Schah Šâpûr Sohn Ardašîrs Heer: »Du vergossest genug Blut schon auf der Jagd nach Dinaren! Wenn Gott dich dereinst fragt, der weiseste Richter, am Abrechnungstage, wie verteidigst du dich dann gegen die Klage? Wir wollen Tribut wie früher gewähren, deshalb soll das Leid man nicht noch vermehren. Zur Bezahlung liessen Befehl wir ergehn; viele Verwandte sollen dir Bürgschaft stehn. Räumst du Pâlûjǝne, dann ist es gut; was du sonst noch begehrst, schick ich mit dem Tribut.« Jedoch Šâpûr blieb zum Empfangnahmezwecke. Der Kaiser schickte zehn Rindsledersäcke, (gefüllt mit dem Golde der Kaiserdinare, und ausserdem noch viel wertvolle Ware) eintausend romäische Diener und Seelen und reiche Brokate, die nicht zu zählen. In Pâlûjǝne war er der Tage sieben, – dann zog er von Rûm nach Ahwâz – verblieben. Eine Stadt gründet er mit dem Namen Šâpûr; 56 Diener und Seelen: W: Sklaven
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man nannte mit Recht sie Šâpûrgird nur. Ein Jahr lang gab um die Stadt er sich Müh und verausgabte auch sehr viel Geld für sie. (Eine Stadt baute er inmitten des Lands, dorthin bracht’ er Gefangene aus Byzanz.) In Pârs baute er eine hohe Stadt, die Reinlichkeit und viel Vorteile hatt’. Das Tor der Chûzer enthielt das Gebiet, da jeder darüber hinüberzieht. Das alte Kastell in Nišâpûr wird von ihm fertiggestellt am Tage von Ird. Barânûš nahm mit er allüberallhin, ihm wurde bei allem das Ohr geliehn. In Šûštar war ein Strom, der war so breit, dass dem Fisch das Durchschwimmen bot Schwierigkeit. Zu Barânûš sprach er: »Wenn du Messkunst verstehst, so bau eine Brücke, wenn dorthin du gehst. Wir kehren zurück, jedoch diese Brücke bleibt durch des Beraters Weisheit zurücke. Mach die Länge der Brücke von tausend Ellen; was du brauchst, wird der Schatz zur Verfügung dir stellen. Von den Philosophen von Byzanz verwende häufig das Wissen zum Nutzen des Lands. Ist die Brücke dann fertig, komm in meinen Palast und so lange du lebst, sei darin mein Gast in Zufriedenheit und im sicherm Bestand, fern vom Bösen und von Ahrîmans Hand.« Barânûš macht’ sich ans Werk sofort; nach drei Jahren stand fertig die Brücke dort. Als die Brücke vollendet war, wandte er schnell der Heimat sich zu und verliess Šûšter. 62.2 Ird: 25. des Monats
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Šâpûr gibt seinem Sohn Ôrmuzd letztwillige Weisungen Šâpûr herrschte gerecht und einsichtsreich unter glücklichem Stern auf dem Thron übers Reich. Als dreissig Jahr’ und zwei Monde verstrichen, waren Glanz und Schimmer des Königs gewichen. Da befahl er, dass vor ihm erscheine Ôrmuzd, und sprach: »Verwelkt ist im Antlitz der Blust; du beherrsche die Welt, wachsam allezeit! Als König üb immer Gerechtigkeit! Erwarte nicht viel von der Königsmacht! Im Buche des Ǧamsȇd lies Tag und Nacht! Nur das Rechte und Gute tu auf der Welt! Sei der Kleine beschützt und die Grossen erhellt! Prahle nicht mit dem Gelde und halt’s nicht zurück! Gib jedem sein Recht und so lebe im Glück! Erheb nicht um Wen’ges ein grosses Geschrei, wenn du willst, das das Glück dir stets freundlich sei. All die Ratschläge halte nur gut im Gedächtnis, wie von Ardašîr ich sie hab als Vermächtnis.« Er sprach’s und die Farbe der Wangen ward fahl und das Herz des Jünglings ward voll von Qual. Was machst du mit dieser vergänglichen Welt? Was prahlst du mit Ruhm und strebst du nach Geld? Die Enge des Sargs ist dein Los; damit Schluss. Ein Unwürdger hat deiner Arbeit Genuss. Es gedenkt deiner nicht mehr dein eigenes Kind und die nah verwandt und verschwägert dir sind. Nur Schimpf ist das Erbteil, das auf dich trifft, und Gift ist die Antwort auf Gegengift. Zu Gott nimm die Zuflucht und bete noch mehr! Denn der Geber des Guten, der Lenker ist er. Und gesegnet sei von dir das Grab des Profeten! Die Krone ob seinem Thron ist das Beten.
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XXIV Regierung des Ôrmuzd, Sohn Šâpûrs Sie währte ein Jahr und zwei Monate.
Ôrmuzd herrscht gerecht
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Den Thron und die Krone des Schahs Ôrmuzd die schmücken wir nun wie den Mond des Ôrmuzd. Wenn an ihm man nichts auszusetzen fand, war’s, weil seine Regierung nicht lange bestand. Als den Thron bestieg Ôrmuzd als Schah, kamen Wolf und Lamm gemeinsam zum Bach. Er sprach nun also: »Ihr Weltlaufskenner, ihr verständigen werkgeübten Männer, da Gott der Geber des Guten uns Gutes geschenkt und die Zierde des Fürstenhutes, trachten stets wir nach Güte und nach dem Rechte. Heil dem, der des Vaterrats immer gedächte! Durch Güte fürwahr mach ich euch zu Genossen und euer Geheimes sei nie mir verschlossen. Wisst, wer sich übermütig bestimmt, gegen viele Höhere ungütig benimmt, gegen Vorgesetzte aufrührerisch, dem bleibt Not und Bedarf das ganze Jahr frisch. Das brutale Schwert wird zum Zielpunkt ihn machen und das Glück wird immer über ihn lachen. Wer aus Scheu sich mit keiner Arbeit bemengt, dem sind Leben und Unterhalt beengt. Das Herz des Gemeinen ist Tor der Gier; solche Leute halt tunlichst fern von dir. Find’st bei einem kein Wissen du, dann führ dich der Weg zeitlebens nicht durch seine Tür.
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(Für eine klug-verständige Person sei in Ewigkeit da der Königsthron). Durch Verstand und Vernunft halt dein Herz am Leben; unterlass es womöglich, nach Bösem zu streben. Der Verstand ist wie Wasser, wie Erde das Wissen; bei dem einen lässt nie sich das andre vermissen. Wenn das Herz des Schahs sich entfernt von der Liebe, darf es nicht verwundern, ist es dann trübe. Welche Leute immer Untertan wären, sie sollen sich freuen und Gott verehren. Zu des Schöpfers der Welt Zufriedenheit verhelf der Verstand dir allezeit. Wenn in guter Gesellschaft ein kluger Mann über seinen Herrscher ein Wort bringt an, sei wohlerwogen das, was er spricht, denn ein gutes Wort veraltet nicht. Nichts anders als das, was gut ist, sprich du! Wenn einer was Böses sagt, höre nicht zu. Des Herrschers Herz kann dein Innerstes sehn, deine Stimme wird seinem Ohr nicht entgehn. Was sagt jener Beredte, Zu-Hören-Verstehnde? ›Für die Reden haben auch Ohren die Wände.‹« Die ganze Versammlung rief Heil hernach diesem hellherzigen reinfrommen Schah. Es zerstreute die grosse Menge sich so, der schattigen Zypresse alle sehr froh. Was Schah Šâpûr Sohn Ardašîrs vorgeschrieben, ist unter dem weisen Schah aufrecht geblieben. Die ganze Welt war ob ihm frohen Mutes. Ein freigebiger Schah ist halt etwas Gutes. So wirkt’ er gerecht und bescheiden-klug, bis schliesslich die letzte Stunde ihm schlug. Kampfer wurde gestreut an dem Moschusorte und die Purpurrose im Garten verdorrte.
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Ôrmuzd gibt seinen letzten Willen bekannt und stirbt
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Dass vorm Tod es Flucht nicht gab, wusste er und ergoss Blutwasser aus den Narzissen. (Eigenwillig, jedoch von hellem Verstand, war ein Sohn ihm zueigen, Bahrâm genannt). Einen Teppich liess breiten er in das Gemach; dass Bahrâm erscheine, befahl dann der Schah. Er sprach zu ihm: »Oh mein Sohn reinen Blutes, der das Haupt erhebt kraft Wissens und Mutes! Die Ohnmacht hat sich mir herangeschlichen und die Wangenfarb’ der des Haars angeglichen. Der Zypressenwuchs hat Krümmung erlitten und die rote Rose hat Farbe der Quitten. Meine Zeit ist gekommen; sei Weltherrscher nun! Sei verständig stets, ohne Schaden zu tun! Dem Rechtsuchenden zeige nicht Ungeduld; und vergib den Gewalttätern nicht ihre Schuld. Deine Zunge lass nicht um Täuschung sich drehn, willst von dir du die Krone im Glanze sehn. Verstand sei mit dir und die Scheu dein Wesir; deine Stimme sei sanft und dein Wort voller Zier. Der siegreiche Gott sei dein Freund allerwärts. Deine Jagdbeute sei des Untertans Herz. Lass die Rachgier und Leidenschaft halte dir fern, und nimm nicht die Leidenschaft dir zum Herrn. Der Spitzel, der Dummkopf und der Intrigant seien stets aus deiner Gesellschaft verbannt. Ein Dummkopf bringt dich nur in schwierige Lagen, daher sollst du nicht nach Dummköpfen fragen. Die da unbescheiden fortwährend schwätzen werden bei keinem in Achtung sich setzen. Der Verstand sei dein Herr und der Zorn dein Knecht; den, der zaghaft, behandle nicht heftig und schlecht. Gib acht, dass nicht rings dich die Gier umringt,
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da die Gier Zorn und Furcht und Bedürfnis bringt. Hab immer Geduld und Aufrichtigkeit, deinem Herzen sei List und sei Täuschung weit. Sei mässig und halt schlechten Ruf dir fern; einen Mann schlechten Rufs sieht die Welt nicht gern. Weich in keiner Art vom Verstandespfad, denn dem Herzen bringt Reue voreilige Tat. Die Zögerung bringt das Richtge ans Licht; den Weg der Tugend verlasse man nicht. Der Geduldigen Haupt ist vom Zorn nicht erreglich; man wende den Blick von dem, was unmöglich. Wird jedoch die Geduld ganz grenzenlos, so scheint sie dem Herzhaften Schlappheit bloss. Wer da immer mag eine Krone tragen, soll den Mittelweg des Verstands einschlagen: weder voreilig noch auch schlapp bei der Tat: deiner Seele weise Verstand ihren Pfad. Sieh zu, dass kein Tross von verleumdrischen Leuten sich Ehre versuche beim Schah zu erbeuten. Vom Feinde werde nicht Freundschaft erhofft und nennt er dich König auch noch so oft; der Baum ist zwar grün, doch ist Gift seine Frucht; du erwischst den Kopf, hast den Fuss du gesucht. Ob das Schicksal dich aufwärts ob abwärts trug, so darfst du dein Herz nicht neigen zum Trug. Halte dich vor bösen Gedanken zurück; den, der’s bös meint, ereilt ein böses Geschick. Ein Herrscher, der seine Verträge bricht, welche edle Menge verlacht ihn nicht. Hab Verstand: er ist deiner Werke Zier und Wächter der Reden und Handlungen dir; er schmückt Schatz und Krone und Heer zumeist und weist, wie der Mond, wie die Sonne kreist. Häng das Herz nicht an Genüsse und Geld, denn es endet für dich die vergängliche Welt. Nur mit den Verständigen pflege Rat;
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verlass nicht der Vorkönige Satzung und Pfad. Den, der übelgesinnt, setz in Furcht durch das Heer; durchspür ganz genau das Nachher und Vorher. Ein Lobredner, der aus Habbegier einen Nichtswürdigen herausstreicht vor dir, strebt an, dass dir dadurch ein Leid geschehe; lass ihn nicht altern in deiner Nähe. Wenn jemand gehörig nicht loben kann, den zählt billig nicht zur Gesellschaft man; denn der Herrgott will nur vom Lob etwas wissen und schwächt des Herz dessen, der tadelbeflissen. Wer das Auge vor dem, der ein Sünder ist, zudrückt und den Zorn leicht in sich frisst, dem mehren sich täglich Gedeihn und Gut, doch wer allzusehr eilt, dessen Herz wird voll Blut. Wer wegen Wassers vom Meer einen Streit anhebt, ist kein Mann von Verständigkeit. Nimm zum Bogen das Herz und die Zunge zum Pfeile! Nimm nicht leicht diesen Rat, den ich hier dir erteile. Deine Brust geweitet, die Rechte gestreckt, und wie du es willst, sei das Ziel dann gesteckt. Lass Zunge und Herz mit Verstand harmonieren, dann magst du, wie du willst, eine Reden führen. In wessen Kopf wirklich ein Hirn besteht, bei dem ist voll Takt, was er spricht und rät. Willst du bei jemandem Rats dich erholen, sei Fernsein von Zuhörern dir empfohlen. Nennst du wirklich Verstand mit Erfahrung dein, wird dein ganzes Leben Gedeihen sein; du bietest an Klugheit dem Feind dann die Stirn, welterobernder hast du dann Herz, Geist und Hirn. Läuft die Leidenschaft einem als Führer voraus, so bringt er, das wiss’, niemals Wohlstand ins Haus. Findet dich ein Freund mit jungfrischen Zügen, mehren sich ihm Farbe und Duft und Vergnügen. Voll von Runzeln zeige die Wange dem Feind,
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dem ein farblos Gesicht, der es schlecht mit dir meint. Was du willst sei dem wertvollen Manne gewährt, denn dein Schatz gebührt den Männern von Wert. Soweit’s geht, musst dein Herz du dem Neide entziehn, denn es kommen mit Angst blutige Tränen durch ihn. Ist ein König neidisch, so wird ihm Tadel in jeder Gesellschaft von Seelenadel. (Ein Jahr und zwei Monde sass ich auf dem Thron, nicht mehr; mein Geschick, ich wusst’ nichts davon; noch Jahre lang, so hab ich gemeint, bliebe ich mit Thron und mit Krone vereint. Aber nunmehr will mein Leben sich enden. Jetzt gürte du zur Herrschaft die Lenden.)« Der Sekretär schrieb das Testament nach und der Wesir legte vor es den Schah. Es seufzte schwer auf der Potentat; die Rubinwange wurde zum gelben Blatt. Als die farbige Wange Goldfarbe bekam, verdüsterte sich die Welt vor Bahrâm. Vierzig Tage war trauernd er lustberaubt, der hohe Thron stand leer und verstaubt. Also war’s, solange der Himmel sich dreht, dass er bald voll Schmerz, bald voll Liebe steht. (Ein Tor, wer auf seine Freundschaft baut, wenn er’s kann, zerreisst er dir deine Haut.) Die Ôrmuzdnacht kam vom Monate Dai. Nun raste vom Reden! Bring Wein herbei! 91 Ôrmuzdnacht: Erste Nacht des Monats
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XXV Regierung des Bahrâm-i Ôrmuzd Sie währte drei Jahre, drei Monate und drei Tage.
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Bahrâm besteigt den Thron, erteilt den Beamten Weisungen und seine Tage laufen ab Jetzt werde vom Stirnreif Bahrâms geschrieben; denn die Herrschaft ist ihm nicht lange verblieben. Es bestieg den goldenen Thron Bahrâm, dem des Vaters Tod, Herz und Hirn benahm. (Drei Jahre, drei Monde, drei Tage zudem erfreuten sich seiner Thron und Diadem). Alle vornehmen Männer von Îrân kamen weinend, die Lenden gegürtet, heran; sie riefen ihm zu: »Gottes Segen mit dir! Solang’s eine Welt gibt, bleibe du hier! Deinem Scheitel gebührt diese Kaienkrone, sie ist dein, sie kam immer vom Vater zum Sohne. Bleich mögen sein deiner Feinde Wangen! Deine Seele schmerze nicht das, was vergangen!« Also gab er Antwort: »Gruss euch Vasallen, den kriegrischen Rittern und Tapfern allen! Von den Bauern und von den Gottesfrommen, nichts Böses werde von euch unternommen! Ihr seht, dass dies unbeständige Rad von Schützer und Schützling nicht Kenntnis hat. Fesselt gründlich die Hände der Leidenschaft, ihr Gebot habe niemals über euch Kraft. (Sie macht niedrig den Mann und unfruchtbar, einem Vogel gleich ohne Flügelpaar). 220
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Wer sich aller bösen Taten enthält, wem nie böse Beschmutzung den Leib befällt, lebt froh auf der Welt und glücklich geborgen und ist, wenn er abgeht, vorm Feind ohne Sorgen. Dem Schatz ist ein Schutz im Schah gesetzt, der zärtlich die reinen Leute schätzt. Religion habe Schutz in des Schahs Person, denn des Haupts Diadem sei ihm Religion. (Im Schutz der Religion ist’s am besten ruhn, ohne Glauben sollst du keinen Atemzug tun.) Heil dem, der im Zorn die Vernunft behält, er lebt ungeschädigtest hier auf der Welt; zur Zeit der Not ist er froh und zufrieden. Der Welt seien stets weise Männer beschieden! Wer den Feind, über den er Obmacht gewann, nicht mit Füssen tritt, ist ein sehr weiser Mann. (Mit Weisheit schreite er durch die Welt; auf Wissen ist doch alles abgestellt). Die Streitsucht steht einem Edlen nicht gut. Sei massvoll! Enthalt dich des Streits und der Wut! Ein Heer und ein Bauer, ein König, die träg, halten alle drei nicht den richtigen Weg. In Schlaf ist versunken, wer träge nichts macht, und er wird gleich reuig, sobald er erwacht. Wenn du hässlich handelst bei schönem Reden, findest du weder Lob noch das glückliche Eden. Redet immer nur Wahrheit und handelt recht; seht, dass ihr das Herz nicht der Guten zerbrecht. Ich hab Schätze und Geld in reichem Bestand und Grösse und Herrschaft und Stärke der Hand; geniesst, was ihr habt; wer die Habe misst, wisst, dass von den Reichen auch er einer ist; mein Beutel steht offen euch zu Gebot, es braucht keiner Mangel zu leiden und Not.«
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Bahrâm-i Ôrmuzd übergibt den Thron seinem Sohn Bahrâm-i Bahrâm und stirbt
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Es kamen – nicht viel Zeit war vergangen – übers Haupt mit der Krone die Gartenzangen. Einen Sohn hatte er, der die Herzen einnahm, der hatte den Namen Bahrâm-i Bahrâm. Er berief ihn und setzte ihn unter den Thron und sprach: »Grüner Zweig meines Baums, oh Sohn, ich habe der Krone nicht lang mich erfreut; möge glücklich sein all deine Lebenszeit! (Keine Treue bewiesen mir Krone und Thron; leb froh du und in sieghaftem Glücke, mein Sohn!) Ein Belehrender sei und ein Mehrender sei! Nacht und Tag ruf Musik dir und Lachen herbei! Handle so, dass, befragt beim Jüngsten Gericht, du vor Scham nicht wendest vor Gott das Gesicht. (’s ist um Nahrung, dass sie der Arbeit obliegen, und sie hören nicht auf, um noch mehr zu kriegen. Erkauft und verschenkt! Eure Geister pflegt, dass durch Geistesgewalt ihr das Böse erlegt.) Durch Recht und Geschenk lass die Welt gedeihn und das Herz deines Volkes froh drüber sein; denn die Welt bleibt keinem in Ewigkeit, ob ihr Könige oder Mȏbads seid.« (Drei Jahre, drei Monde, drei Tage entflohn, da blieb leer von ihm der Weltleuchtethron.) Als Bahrâm die Welt dem Bahrâm übergab, gab ihm der Sohn zur Ruhstatt ein Grab. Keine Untat des Schicksals ist’s; es verpufft ja doch blosser Wind in die leere Luft. So war es, solange das Rad droben kreist; was machst du durch Sorgen wund deinen Geist? Was sagst du? Was fragst du: Wem gehn wir entgegen? Was nützt es, darüber Sprüche zu prägen?
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XXV Regierung des Bahrâm-i Ôrmuzd
Ist dein Geist auch durch Gier nicht verfallen arg, so ist schliesslich dein Wohnsitz der enge Sarg. Hat wirklich der Tod solche Wolfsnatur, will ich einen sehr grossen Weinbecher nur und mit Silberleib eine, zypressengestaltig, herzerfreuend und lieb, süsser Worte gewaltig, jasminduftig, schönwangig, wunderbar, wie die Sonne der Blick und wie Moschus das Haar.
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XXVI Regierung des Bahrâm-i Bahrâm Sie währte neunzehn Jahre.
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Bahrâm-i Bahrâm besteigt den Thron, trifft Anordnungen für die Beamten und stirbt Als Bahrâm in Trauer um Schah Bahrâm vierzig Tage die Krone aufs Haupt nicht nahm, da kamen die Helden sehr einsichtsvoll, deren schmerzhafte Wehklage laut erscholl; sie sassen so bei ihm in Schmerz und Trauer, beide Wangen gelb und die Lippen viel blauer. Hernach kam ein Mȏbad mit reinem Sinn: vielleicht brächt’ er den Schah zum Throne hin. Er bemüht’ sich acht Tage ohn’ Unterlass, bis der Schah endlich auf seinem Throne sass. Als froh endlich sass Bahrâm auf dem Throne, setzte er nach Kaibrauch aufs Haupt sich die Krone. Zum ersten erteilt’ er dem Schöpfer sein Lob, der den kreisenden Himmel zum Lichte hob, des Wissens sowie der Wahrheit Vermehrer, allen Trugs und jeglicher Täuschung Verheerer, dem Herrn von Kȇwân und Himmelsgetriebe, der vom Knechte nichts will als Rechttun und Liebe. Hernach sprach er: »Oh ihr verständigen Männer, reinherzige Mȏbads und Weltlaufskenner! Oh ihr, denen ward solcher Wissensstoff, verfahrt nicht mit dem Könige schroff. (Bemüht euch, dass Gutes werde getan; geniesset die Freude des Schahs von Îrân.) 224
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XXVI Regierung des Bahrâm-i Bahrâm
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Wem Gott der Herr Vermehrung gab, Beredsamkeit und Belehrung gab, (mit Freigebigkeit mög er und Recht nur sein, durch Gerechtigkeit mög alle Welt gedeihn. Nie tu ich zwecks Unrechts Atemzüge, und dass Schätze aus Gier ich zusammentrüge; meine Schätze sollen Geschenkszwecken dienen, denn der Schah wird durch Güte von Glanz beschienen.) Nach Weisheit strebt, wer im Kopfe Verstand besitzt und Erziehung in Menschlichkeit fand. Es ist Menschentumsgipfel Ertragung der Bürde; bist du heftig, erniedrigst du selbst deine Würde. (Bist du heftig, erreichst du beim Glück nicht viel; durch Grobheit und Hitze kommst nicht du zum Ziel.) Wer immer sich freudig fühlt und geborgen, hält für Wind mit Sicherheit Kummer und Sorgen. Am mächtigsten ist, wes Herz edelgesinnt ist und für dessen Herz Dirhamsammeln nur Wind ist. Hast du gar kein Vermögen, dann arbeit’ ein Stück: hast du gar nichts, so zieht man von dir sich zurück. Dir fehlt jede Macht, wenn’s an Mitteln gebricht, und suchst du wo Hilfe, du findest sie nicht. Bist du zufrieden, wirst ruhig du leben, lässt du der Gier freien Lauf, ängstlich heben. Streb nichts an, was dich mag in Sorgen versetzen, und wende den Geist von der Gier nach Schätzen. In den Weltgeschäften den Mittelweg wählen musst du, soll dir Gottes Segen nicht fehlen. Stellt du durch Rechttun die Niedern zufrieden, so bleibt dir die Macht und drob Freude beschieden. Alles soll sicher sein, wahr und recht; die Gerechtigkeit werde nie abgeschwächt. Wenn die Gier mit den Klauen dein Herz an sich reisst, bleibt im Rachen des Krokodiles dein Geist. Wenn ein König mit Willen den Geist schwächer macht, verliert der Verstand dabei jegliche Macht.
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XXVI Regierung des Bahrâm-i Bahrâm
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Also ist das Schicksals Brauch für und für: es ist allmächtig, ohnmächtig sind wir.« (Er führte die Herrschaft nach Brauch und Gesetzen; das Herz seines Volkes wusst’ es zu schätzen.) Als durch zwanzig Jahre die Herrschaft gedauert, wurde er ein wenig vom Leben betrauert. Der gekrönte Schah wurde der Erde gesellt; ein Grab verbarg ihn der glücklichen Welt. Also sind des Weltlaufs Bräuche und Taten; niemals wird er uns sein Geheimnis verraten.
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XXVII Regierung des Bahrâm-i Bahrâmîjân Sie währte vier Monate.
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Bahrâm-i Bahrâmîjân besteigt den Thron und stirbt nach vier Monaten Den Thron bestieg Bahrâm-i Bahrâmîjân. Zu Rechttun und Schenkungen schickt’ er sich an. Indem man auf die Krone Smaragde ihm streute, hiessen ihn den Kirmânschah die Leute. Er sprach: »Durch Gott, den einzigen, reinen, möge Verstand mit Gerechtigkeit sich bei mir einen. (Mein erlauchter Vater tat Gutes der Erde, denn er war wie der Hirt und die Könige die Herde; auch mir gab die Güte er zum Beruf, schöne, rechte Gedanken zu diesem Behuf. Fern liegt mir, dass ich zur Täuschung mich rüste, sodass ich vor dem Schöpfer mich schämen müsste.) Die vergängliche Welt bleibt keinem erhalten; dir möge die Güte als Helferin walten. Wir verpflichten dem Guten uns, das war erstreben, der Gerechtigkeit sei Pfand unser Leben. Unser Schönes und Hässliches bleibt bestehn als Erinnrung an uns. Du darfst Gutes nur säen.« Als vier Monate lang seine Herrschaft gedauert, ward von Thron und Krone er weinend betrauert. Da Bahrâm nah wusste des Todes Frist, Krokodils, das Elefanten und Wölfe frisst, übergab er die Welt mit den Worten dem Sohne: »Stets sei Segen gesellt deiner Grösse Throne! Trag dich schön und trink und sei flott und spendier; 227
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XXVII Regierung des Bahrâm-i Bahrâmîjân
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nicht durch Krone und Thron dein Leben ruinier.« Als Glanz und Glück von Bahrâm geflohn, übergab er dem Narsî Krone und Thron. (So ist es und so wird es endlos bleiben, das Schicksal wird stets frischen Unsinn treiben.) (Er seufzte tief auf und zu nichts wurde er; er fand ausser dem Grab keine Stätte mehr.) Also verfliesst die Zeit in der Welt; von Gierigen wird nicht der Atem gezählt. Den Rubinwein, glücklicher Schenk, reiche dar! Denn der Dichter zählt heut dreiundsechzig Jahr.
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XXVIII Regierung des Narsî-i Bahrâm Sie währte neun Jahre.
Narsî besteigt den Thron, gibt seinem Sohn Ratschläge und stirbt Als Narsî sass auf dem Elfenbeinthrone, setzte er auf das Haupt die erhabene Krone. Die Vasallen kamen sämtlich mit Gaben, voll Schmerz um den Vater, den man begraben. Der Feldherr begrüsste mit Heil! die gekommen: »Oh ihr lieben Getreun, ihr gerechten und frommen, ihr wisst, wie durch unseres Schöpfers Willen die Dinge geschehn, offenbar und im Stillen, dass Verstand er uns gab und Bescheidenheit, Edelmut, Stimmenzartheit und Einsichtigkeit. Lässt mein Stern mich ohne Schaden gedeihn, so sollt ihr mit mir auch zufrieden sein. Machst den Mann von Verstand du dir freundlich vertraut, so steckt er mit dir in derselben Haut. Gut handelt, wer gut zu handeln imstand; und auch bei den Gelehrten erkenne Verstand. Die Tapferkeit kommt durch Erkenntnis zum Sein; der Herzhafte heimst billig Lobsprüche ein. Wer flüchtend von allen Taten sich drückt, dem bleibt auch der Schlachtenruhm entrückt. Die Trägheit der Menschen ist Feigheit entsprossen; die Feigheit und Trägheit sind sich Genossen.« Er lebte mit Rat und Verstand neun Jahr, 229
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XXVIII Regierung des Narsî-i Bahrâm
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wobei er durch Reden von Nutzen war. Schliesslich wurde sein Leben an Unheil reich, auf dem Haupte der Stahlhelm wie Wachs so weich. Da eilte zum Bette des Schahs Ôrmuzd, mit dem Farbenglanze der Tulpe im Blust, der ein Sohn diesem edlen Schahrǝjâr, glanzvoll wie der Mond im Nachtdunkel war. Jener sprach: »Junger Kenner von Saus und Braus, streck’ womöglich die Hand nicht nach Bösen aus! Du bist Narsîs Seele und Bahrâms Beglückung, bist der Krone wert und des Thrones Schmückung, mit der hohen Gestalt, mit der Würde und Kraft; keiner gleicht dir in jeglicher Wissenschaft. Mög die Krone nicht weinen ob deiner Taten, noch das Herz deines Volks ins Kochen geraten! Halt die Welt nach dem Königsbrauch von früher, wie du es gelernt von dem reinen Erzieher! (Herz und Geist mögen immer dir freudig sein und Grösse und Schätze mögen gedeihn!) Deine Tage kommen auch endlich zum Schluss und das Schicksal tritt deinen Geist untern Fuss. Handle so, dass, befragt, du Bescheid geben magst und dir Seligkeit bringt, was als Antwort du sagst.« Sprach’s und zog seine Decke über die Wangen, indem schwere Seufzer der Brust sich entrangen. Du meintest, es wär nie gewesen Narsî und Thron, Diadem und Krone ihm nie. So ist’s. Keiner kann dies Geheimnis schauen. Dein Anteil ist einzig Sorge und Grauen.
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XXIX Regierung des Ôrmuzd-i Narsî Sie währte neun Jahre.
Ôrmuzd, Sohn des Narsî, besteigt den Thron 2026 M und beendet seine Tage Als der grosse Ôrmuzd den Thron bestiegen, konnt’ die Klaue des Wolfs keine Jagdbeute kriegen. Es regierte die Welt in Sicherheit, versteckt ward Ahrîmans Tätigkeit. Den Beginn machte er mit des Schöpfers Preise, des Erhalters, der allmächtig und weise; er schuf Nacht und Tag, liess den Himmel sich drehn, liess Planeten und Sonne am Himmel stehn; von ihm stammt der Sieg und der Glanz des Ruhms, 5 Herzensgüte und Krone des Königtums: »Unser Herz sei stets voll Gerechtigkeit, unsre Untertanen froh allezeit. Kein Lob verdient, wer niedrig-gemein; mit Gemeinen lass dich womöglich nicht ein. Berate dich niemals mit deinem Feind; brauchst du Rat, geh zu dem, der es gut mit dir meint. Den, der für Geschenke Dank begehrt, nennt freigebig nicht, wer Gott verehrt. Wer die lobt, die die Dankbarkeitspflicht verletzen, 10 ist von keinem Menschen hoch einzuschätzen. Ein Grausam-Harter lebe voll Bangen, denn er wird von keinem Freundschaft erlangen. Wer Schlappheit hineinbringt in seine Taten, von dem lässt ein Weiser sich nicht beraten. 4.2 Planeten: nämlich Kȇwân und Bahrâm
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XXIX Regierung des Ôrmuzd-i Narsî
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Suchst bei Trägen du Beistand zu deiner Gebarung, fehlt dir Menschenkenntnis und Welterfahrung. Erkenn dich und halte dich selbst nicht für gross; findest du einen Thron, sei nicht hemmungslos. Wenn der Schlechte von Armut und Not wird erfasst, legt er solches dem bösen Schicksal zur Last. Stets müssig, stets Schrein über Schicksalsdruck: weder Einsicht noch Wissen noch Thrones Schmuck: nimmt man ihm seine Kostbarkeiten wieder, liegen Seele und Hirn und Herz darnieder. (Mit Armut und schlechtem Charakter protzt er,) er hat keinen Verstand und daraufhin trotzt er; er lässt Rat und Tüchtigkeit, Gut und Wissen und Glauben und Gottes Zufriedenheit missen. Dass Tag und Nacht das Glück bei euch bleibe! Reisst dem Übelgesinnten die Seel’ aus dem Leibe!« Die Vasallen begannen ihn darob zu loben und fühlten von seinem Wort sich erhoben. Als am Himmel neun Jahre vorübergegangen, wurden Gelbrosen diese Granatenwangen; ob des Tods wurde traurig das Haupt mit der Krone; er starb und beim Totenbett fehlt’s an dem Sohne. So schied jener Edle von süssem Wort; aus der alten Welt ging zum Neuen er fort. Vierzig Tage lang herrschte Trauer im Land und man liess den Thron in demselben Stand.
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XXX Regierung des Šâpûr ḏu’l Aktâf Sie währte zweiundsiebzig Jahre.
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Geburt des Šâpûr-i Ôrmuzd vierzig Tage nach dem Tode seines Vaters und seine Krönung Der Thron stand einige Zeit sodann leer; das Haupt der Grossen war sorgenschwer. Ein Mȏbad sah in den Königsschlafzimmern tulpenwangig eine mit Mondesschimmern, die Spitzen der Wimpern wie Dolche von Kâbil, die zwei Locken wie Schriftzeichenkurven von Babel, ihre Haare zusammengeflochten zum Zopfe und geknotet die Zöpfe an ihrem Kopfe. Die Perigleiche trug ein Kindlein verborgen; die Schönwangige nahm aller Welt ihre Sorgen. Eine Krone hängten sie über ihr Haupt; darauf wurden Gold sowie Dirhams gestaubt. (Es brachte sie der Mann der Religion und setzte sie hoch auf den Königsthron.) Es verstrich nicht viel Zeit, bis das schöne Gesicht eines Kindleins genas wie das Sonnenlicht. Aus dem Mȏbadgeschlecht der Dichter-Dihqân gab in folgender Art die Geschichte mir an: dass der Mȏbad den Namen Šâpûr ihm gab – aus Freude drob hielt eine Feier er ab. Du meintest, es sei auf ihm göttlicher Glanz und der Schatten des Banners höchsten Verstands. Vierzig Tage vergingen; der Saiten Ton und Wein verlangt’ man und schmückt’ einen Thron. 233
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XXX Regierung des Šâpûr ḏu’l Aktâf
Mit goldenen Gürteln die Heldenschar drauf die hängte darüber die Goldkrone auf. Als sie sahn, von der Milch sei satt das Kind, wickelten sie’s in ein Seidengespind. Dann setzten sie auf seines Vaters Thron den vierzehn Tag’ Alten zur goldenen Kron’. Ein Heil seinem Königtum! kam aus den Kehlen und alle Vasallen streuten Juwelen. Nun gab’s einen Mȏbad, Mâhrôj genannt, sehr ruhig und würdig und voller Verstand. Der kam, stieg zum goldenen Stuhle hinan und gürtete sich als sein Dienstemann. Die Welt regierte gerecht und weis’ er, dem Heer stets zum Guten der Wegeweiser. Er füllte den Schatz und sammelt’ das Heer, Palast und Thronsitz verzierte er. Eine Zeit von fünf Jahren verstrich darob, wo das Kind sich zu Glanz und zu Kraft erhob. Eines Nachts sass der Schah nun in Ṭîsǝfon und der weise Mȏbad stand vor dem Thron, zur Zeit, da vergilbte das Sonnenlicht und der dunkle Schleier kam in Sicht. Geschrei kam vom Wege zum Arwandfluss. Da sprach er zum Mȏbad: »Ist dies ein Gruss?« Also sprach der Mȏbad zum Königskind: »Kleiner Heldenschah, glücklich und gutgesinnt! Es sind Kaufleute sowie Arbeiterrotten, die von den Werkstätten heimwärts trotten. Betreten sie nun mit Gedräng und Gedrücke zusammen die so enge Diǧlebrücke, hat man Angst, dass man im Wasser ersäuft, und da schreit denn ein jeder, indem er läuft.« Da sprach Schah Šâpûr also zu den Weisen: »Oh ihr Klugen und Edlen, die Wege weisen, da schlägt man wohl eine zweite Brücke, für den Hinweg die eine und die für zurücke,
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auf dass unsern Untertanen nicht mehr, sei seien nun Diener oder vom Heer, das Heimkehren gar so beschwerlich fällt; aus dem Schatz muss man zahlen sehr vieles Geld.« Die Weisen freuten sich Mann für Mann, dass der junge Baum schon zu grünen begann. Eine zweite Brücke erbaute man geschwind, so wie es befahl das gekrönte Kind. Und seine Mutter, die dies erfreute, brachte zu ihm wissenerforschende Leute. Bald war er in Wissenschaft soweit gediehn, dass zurück von den Lehrern er sich konnte ziehn. Als er sieben Jahr war, gab dem Spielplatz er Regeln, spielte selbst mit dem Ball und gab Regeln den Schlegeln; mit acht regulierte er Krone und Thron, du meintest, er sei Bahrâm in Person. Seinen Körper hielt, wie’s gebührte dem Schah, er; zur Residenzstadt aber erhob er Isṭachr, nach dem Brauch seiner Ahnen, der glückbeseelten, der stolzen und reinen und auserwählten.
Ṭâʾir der Araber entführt die Tochter des Narsî und Šâpûr beginnt mit ihm den Krieg Dem Šâpûr verflossen die Tage schnell; die Krone, die Weltleuchte, strahlte hell. Ṭâʾir aus Ġassân, dieses Löwenherz, der dem Himmel Mut gab vermittelst des Schwerts, kam mit einem Heer von Persern, Romäern, Bahrainern und Kurden und Qâdisäern bis ganz in den Umkreis von Ṭîsǝfon; das Heer sprach Bemessung und Zählung Hohn. Der Plünd’rung gab preis er das ganze Land, was mit Füssen und Flügeln sich drauf befand. Als er Kunde erhielt von des Königs Tante, welche Frühlingsblume man Nȏše nannte, 235
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kam er in den Palast dieses Mondgesichts; Ṭîsǝfûn war ganz voll geschwätz’gen Gerüchts. Man trug aus der Halle sie fort, kriegsgefangen; man besass weder Bildung noch Bildungsverlangen. So blieb sie bei Ṭâʾir; ein Jahr verfloss, in dem sie vor Sehnen ihr Herzblut vergoss. Dann gebar eine Tochter dem Ṭâʾir sie; die Schimmernde sah ganz ähnlich Narsî. Der Vater nannte, da würdig sie schien der Herrschaft, sie Mâlike (Königin). Sechsundzwanzig Jahr alt war nun Šâpûr, sonnengleich, ein Jüngling mit Königsnatur. Er kam aufs Gefild und besah das Heer; zwölftausend der Tapferen wählte er. Ein schnell’ Dromedar hatte jeglicher Mann, hundert Leute zogen als Führer voran. Dromedare ritten und führten daneben noch Rosse die Helden, dem König ergeben. (Hinter ihnen kam er mit den Helden daher, zur Eile gürtet’ die Kailenden er.) Er folgte dem stolzen Ġassâner Schah, dem wütenden Löwen Ṭâʾir nach. Viele aus dessen Heere hieb er zu Stücken; als Ṭâʾir dies sah, da wies er den Rücken. Getöse kam aus dem Kampfgewühle und gefangen von ihnen nahmen sie viele. In Jemen schloss dies Heer in ein Fort sich ein; man hört’ Kinder und Männer und Weiber schrein. Šâpûrs Heer war so gross, dass Ameis’ und Mücke um hindurchzukommen fehlte die Lücke. Jene Festung war’s, in der er ihn fand, einer Schlacht und dem Flüchten gleich abgewandt. Tag und Nacht war ein Kampf einen Monat hindurch; karg wurde die Nahrung dem Heer in der Burg.
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Mâlike, die Tochter des Ṭâʾir, verliebt sich in Šâpûr
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Eines Morgens bestieg Šâpûr sein Ross, den Bogen zur Hand, und stürmte drauf los. Die Brust deckt’ der schwarze Königspanzer, auf dem Haupt hatt’ die Schärpe von schwarzem Glanz er. Mâlike sah herab von der Festungszinne und wurde der Schärpe des Heldenhaupts inne, wie Rosen die Wangen, wie Moschus das Haar, 65 und weidenrot duftet’ das Lippenpaar. Schlaf und Ruhe schwanden der Schönen dahin; sie ging, Liebe im Herzen, zur Nährerin und sprach: »Dieser Schah, der so sonnengleich zu uns hergekommen, an Kriegslust so reich, er ist gross und mein innerstes Blut ist der Held: ich heiss ihn meine Welt, denn er ist meine Welt. An Šâpûr eine Post, die bestellen du musst; er kam her zum Krieg, von mir bring ihm Lust: ›Ich bin wesensgleich dir‹, sag ihm das, Amme, 70 ›wie du aus des edelen Narsî Stamme, auch im Rachegefühl sind gleich wir gesinnt, denn ich bin dir verwandt als der Nȏše Kind. Willst du mich zum Weib, ist die Festung hier dein, bekommst du dies Schloss, schliesst die Deine es ein. Mit der Amme schliess drüber einen Vertrag, den dein Wort in Grösse verbürgen mag.‹« Die Amme sprach: »Was du mir aufgetragen, bestell ich und will den Bescheid dir sagen.« Als die Nacht ihre Erdenherrschaft begann 75 und von Meer zu Meer sich die Schwärze spann, der Boden wie Pech war, die Berge voll Schwärze, jeder Stern droben hell wie am Leuchter die Kerze, – du meintest, dass dreihunderttausend derselben herabhingen hoch von den Himmelsgewölben –, ging die Amme ganz zitternd vor Furcht und von Bangen; ihr Herz war ob Ṭâʾirs entzweit ihr gegangen.
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Als sie hinkam nun zum Königsgezelt und zum Wegführer schritt, der dort aufgestellt, da sprach sie: »Willst du zum König mich bringen, so will ich bekrönen dich und beringen.« Der Verständige brachte durchs Vorgemach des Zeltes sie vor den Heldenschah. Sie naht’, mit den Wimpern den Boden fegend und was sie gehört ihm klar darlegend. Ihre Rede erfreute den Schahrǝjâr, er lachte und gab ihr tausend Dinar, Halskette mit Stirnband, die Armreifen beide, einen Schleier, gewebt aus čînesischer Seide. Also gab er Antwort: »Der Schönen vermeld’ an Liebem und Gutem, was dir gefällt. Bericht ihr: ›Er schwört bei Sonne und Mond, beim Gürtel des Zardušt, bei Krone und Thron, was immer es sei, das du von mir begehrst, ob du auch mein Königreich dadurch versehrst, soll ans Ohr von mir kein bös Wort dir dringen, nichts soll Trennung von deiner Brust mir erzwingen. Für sie gebe Krone und Thron ich her nach Gottes Befehl und so Schätze wie Heer.‹« Als die Antwort sie hörte, lief auf der Stelle vom Zelte zurück zur Festung sie schnelle. Als der Silberzypresse sie alles bestellt, sprach sie auch: »Der Sonne ist Nâhîd gesellt.« Von Schah Šâpûrs Gestalt und von seinem Gesicht erstattet’ dem schimmernden Mond sie Bericht.
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Mâlike liefert dem Šâpûr die Festung aus 2034 M und Ṭâʾir wird getötet Als die Sonne im Osten die Krone Golds wies und gelb wuchs die Rose auf Teakbaumholz, nahm Wesir sie und Schatzwart die Bunde von Schlüsseln zu den Kammern mit Wein und mit Speiseschüsseln. Allen, die in der Festung hervorragend waren, 95 238
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kriegerische Helden und kriegserfahren, denen sandte sie Wein und Kost aus der Küche, Narzissen und sonstige Wohlgerüche. Zu dem Diener, der den Weinausschank versah, sprach liebenswürdige Worte sie da: sie sagte: »Schänke heut Nacht den Wein und dem Ṭâʾir schänke den Wein ganz rein! Lass sie alle so lang aus den Bechern trinken, bis sie betrunken in Schlaf versinken!« Der Schenke sprach: »Ich bin dir ergeben. Nur deinem Befehle gehört mein Leben.« Als im Westen die Sonne ward gelb und schwach und: »Geh aus dem Weg mir!« die Nacht zu ihr sprach, schaffte Ṭâʾir zum Trunk sich den Königswein an und trank allererst auf das Wohl von Ġassân. Eine Wache der finsteren Nacht ging vorbei; Ṭâʾir ruhte aus von Gelärm und Geschrei; sie begaben sich alle ins Schlafgemach. Worauf zu den Dienern das Mädchen sprach: »Kein lautes Wort bringe einer vor!« Sie taten ganz leis auf das Festungstor. Darauf hatte de Schah höchstselber acht, dessen Unmut das Lärmen der Trunk’nen entfacht’. Als im Festungstor glänzte der Kerzenschein, sprach er: »Waches Glück will Genosse uns sein.« Er befahl: »Es werde im Königsgezelt für die Schöne aufs Schönste die Wohnung bestellt.« Er versammelte Mann für Mann sein Heer, kriegsrühmliche Helden erwählte er; Fussgänger nahm er und etliche Reiter, durchwegs zum Kriege geeignete Streiter. Er kam in die Burg und begann das Morden; die alte Rachgier war lebend geworden. Ein zahlreiches Heer war vollbetrunken in der Festung mit Ṭâʾir in Schlaf versunken; manch andrer, vom Schlafe bestürzt erwacht,
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rüstete sich allerorten zur Schlacht; keiner schickte von ihnen zur Flucht sich an; viele Edle tötet’ der Schah von Îrân. Ṭâʾir fiel in die Hand ihm und wurde gefangen; er kam barhäuptig widerwillig gegangen. So Burg wie Gepäck fielen ihm zur Beute und viele verruchte und mächtige Leute. So verging die Nacht. Als am Morgen sodann die Sonne das Goldhaupt zu zeigen begann, stellten auf in der Burg sie den Thron mit Türkisen nach Brauch, worauf sie die Leute zuliessen. Der König beendigte seine Audienz, da erschien vor ihm die Rose im Lenz, auf dem Haupte das Stirnband von rotem Rubin, an der Brust erglänzte Goldseide von Čîn. Ihm genüber sass sie auf dem Goldthronsessel. Schnell berief er den Ṭâʾir vor sich in der Fessel. Als Ṭâʾir nun kam, sein Haupt ganz bloss, und die Tochter sah thronen so stolz und gross, erkannte er ihren list’gen Verrat, der seinem Geschick so bös Abbruch tat, und er sprach: »Oh König, du edler Mann, sieh an, was mein Kind mir hat angetan! Ein Gleiches lässt dich ihre Liebe erhoffen! Halt künftighin Fremden dein Herz nicht offen!« Zum verrufenen Manne sprach Šâpûr der Schah: »Du hast des Bahrâm Tochter aus dem Gemach geschleppt, ihre Sippe verächtlich gemacht, du selbst hast die ruhende Rache entfacht.« Dem Henker befahl er, sein Haupt abzutrennen und im Feuer dann seinen Rumpf zu verbrennen, seinen Kopf aber zog er durchs Blut zum Hohn und des Weiteren schleifte man ihn davon. Wer von Arabern wurde gefangen genommen, den liess er gar nicht zu Worte kommen; die zwei Arme trennt’ von den Schultern er los,
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das Erstaunen der Welt darüber war gross. Ob der Lösung von Schulterknochen traf ihn arabisch der Beiname Ḏu’l Aktâf. Er machte darauf nach Pârs wieder kehrt, von aller Welt mit Huldigung verehrt. Wem mit Schulternbesitz er Schonung gab, kehrte sich von Tribut und von Steuer nicht ab. Das Schicksal nahm nun einge Zeit seinen Lauf und wies ein Gesicht andrer Art sodann auf.
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Šâpûr kommt nach Byzanz 2036 M und der Kaiser von Byzanz näht ihn in ein Eselsfell So geschieht’s, dass einmal trotz Krone und Schätzen Zukunftssorgen sein Herz in Erregung versetzen. Drei Nachtwachen waren vorübergezogen, da beschied er vor sich einen Astrologen; er fragte über das Grosskönigshaus, seine Sorgen, das Schicksal der Grösse ihn aus. Der Sterndeuter brachte das Astrolab, hin und her wog Ruhe und Träume er ab – (im Zentrum des Löwen sah Glanz er erscheinen, 140 was der Deutung nach Ruhm und Glück soll vermeinen –) ob ein künftiges Übel den König gefährde oder ob Gottes Macht ihn noch mehren werde. Nach Beobachtung sprachen sie: »Königsheld, hellherziger reiner Erobrer der Welt, etwas steht dir bevor mit Pein und mit Schmerz, doch dir es zu sagen fasst keiner das Herz.« Schah Šâpûr sagte zur Antwort sodann: »Oh gelehrter und wegesuchender Mann, was gibt es für Mittel, dass dies mich vermeide, 145 dass mein Leib unterm Tritte des Schicksals nicht leide?« Der Sterndeuter sagte: »Oh Schahrǝjâr, wer kann dem Geschick, das, stets wandelbar, immer fortkreist, entrinnen durch Mut oder Wissen, sei er kriegsmutbeseelt oder weisheitsbeflissen? 241
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Was als Zukunft bestimmt ist, muss eben geschehn und wir widerstehn nicht des Himmels Drehn.« Der edle Schah sprach: »Wir nehmen vorm schlechten Geschick unsre Zuflucht zu Gott dem Gerechten; er hat kreisen den hohen Himmel gemacht 150 und bestimmt, wer da Macht hat und wer keine Macht.« Er verbreitete im Reiche Gerechtigkeit und war sorgenlos-froh durch längere Zeit. Wie nun also gedieh sein Königtum, überkam ihn der Wunsch einer Reise nach Rûm, um zu schauen des Kaisers erhabne Gestalt mit dem Heer und dem Schatz und der Stärke Gewalt. Dem Wesir legte er seine Absicht dar, der ein kluger gerechter Pahlawân war, er vertraute Geheimnis und Plan ihm an, 155 sonst hielt er’s verborgen vor jedermann. Er sprach: »Übt im Reiche Gerechtigkeit, denn Gerechtigkeit führt zur Zufriedenheit.« Der Kamelkarawanen bestellte er zehn, mit einem Kameltreiber jede versehn. Aus Brokaten bestand ihre Last und Juwelen, aus Dinaren die von dreissig Kamelen. Er verliess voll Gedanken die Blüte des Lands und kam solcherart reisend bis nach Byzanz. Er sah nahe der Stadt eine Dorfgemeinde, 160 die den Anteil von Dorfherrn und Städtern einte. Er kam zum Haus einer Dorfherrnvogtei und fragte, ob dort ein Platz für ihn sei. Der Edle begrüsste ihn in dem Palast: »Wir finden wie dich nicht leicht einen Gast.« Er blieb jene Nacht, ass und trank und gab; dem Dorfherrn gewann er auch Achtung ab. Das Gepäck lud er auf in der Morgenhelle, zog zum Kaiserpalast mit Windesschnelle, um sich dort an den Haushofmeister zu wenden 165 mit lobenden Grüssen und reichlichen Spenden.
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Der befragt’ ihn und sagte: »Wer bist du denn? Sprich! Dein Stamm und dein Aussehn sind königlich.« Drauf gab er zu Antwort: »Ein Fürst bin ich nicht, ich bin nur ein Perser ganz rein und schlicht. Vom Zweiströmeland führt’ ich als Handelsmann Dromedare mit Seiden und Linnen heran. Jetzt bin ich hierher zum Audienzsaal gegangen, um zum Kaiser Zulass vielleicht zu erlangen. Es ist manches von der Karawanenlast, wie Juwelen und Heergerät, was für ihn passt; er nimmt es entgegen, zum Schatz es zu legen, und ich habe Freude, nicht Unlust deswegen. Das andre verkauf ich um Silber und Gold, meine Zuflucht, der Kaiser, bleib mir nur hold. Was an Waren ich brauche, kauf ich in Byzanz und bring’s nach Îrân aus den Grenzen des Lands.« Der Alte begab aus dem Saale sich fort zum Kaiser und sagte ihm Wort für Wort. Der befahl, die Vorhänge aufzuheben und jenem zum Kaiser Zutritt zu geben. Als Šâpûr nun hingelangte zum Kaiser, huldigte ihm in geziemender Weis’ er. Der Kaiser sah lang auf Held Šâpûr hin; seine Schönheit nahm ein für ihn Herz und Sinn. Er befahl, dass sie Speisen und Wein beschickten und Palast und Halle gehörig schmückten. Ein erfahr’ner Îrânier war in Byzanz, der voll Unrecht steckte und Unheil ganz. »Vernimm von mir«, sagte zum Kaiser leis’ er, »geheim etwas Neues, erhabner Kaiser! Jener edle Jüngling im Kaufmannskleide, der um Dinare verhandelt die Seide, ist nach Rede und Würde, Aussehn und Statur niemand andrer als Grosskönig Šâpûr.« Der Kaiser, wie er diese Worte hört’, bekam trüben Blick und wurde verstört;
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einen Wächter bestellt’ er und sagt’ es sonst keinem, er hielt die Geschichte ganz im Geheimen. Schah Šâpûr erhob sich, als trunken er war; der Kaiser nahm seiner genauestens wahr. Da kam schon der Wächter, ergriff ihn und sprach: »Du bist ja Šâpûr Sohn Narsîs, der Schah!« Er bracht’ ihn ins Frauenhaus, band ihn mit Stricken; durch Mut entging keiner noch seinen Geschicken. Da solch Wissen noch nie zur Frucht gedieh, was nutzt denn die ganze Astrologie! Überm Trunkenen liessen die Fackel sie loh’n und nähten ins Eselsfell ihn zum Hohn. Da sagte ein jeder: »Der Unglücksgesell verliess seinen Thron für ein Eselsfell.« Es gab dort ein Zimmer, ganz finster und klein, man trug den Unsel’gen sofort dort hinein; man versah, sowie man hinein ihn stiess, mit festem Verschluss dieses enge Verliess. Der Schlossherrin wurde der Schlüssel vertraut und der Körper in jener fremden Haut. Er sprach zu der Frau: »Brot und Wasser reiche ihm so, dass die Seele zu rasch nicht entweiche! Wird er einige Zeit am Leben belassen, lernt den Wert eines Throns vielleicht er erfassen. An den Thron des Kaisers denkt niemand mit Recht, er stammte denn selbst aus der Kaiser Geschlecht.« Die Frau des Kaisers versperrte das Schloss; sie selber wohnte woanders im Schloss. Ein schönes Mädchen war Schatzhüterin und ihre Vertreterin in jedem Sinn, die das Land Îrân ihre Heimat nannte und die Namen der persischen Ahnen kannte. Der Schlüssel zur Zimmertür ward ihr vertraut und der Held Šâpûr, gesperrt in die Haut. Am selben Tag führte der Kaiser fort das Heer aus dem Land und liess jenen dort.
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Als der Kaiser nun Îrân näher rückte, war’s das Schwert des Kampfes, das rasch er zückte, und er brachte gefangene Romäer zurück; keiner widerstand diesem Helden mit Glück. Aus Îrân mussten weg Männer, Weiber und Kinder und die sämtliche Habe, was mehr und was minder. Man hatte keinerlei Kunde im Heere, ob Schah Šâpûr tot, ob am Leben er wäre; ganz Îrân war auf der Flucht vor Byzanz und menschenleer war das Ganze des Lands. Die Îrânier liessen in Haufen sich taufen, zu den Bischöfen kam all das Grenzland gelaufen.
Das Mädchen befreit Šâpûr aus der Eselshaut So war’s, bis die Tage sich öfters erneut; da ward aus Îrân jenes Heer zerstreut. Die Šâpûr in Byzanz als Gefangnen bewacht’, liess ihn nicht allein bei Tag und bei Nacht. Doch dem Mädchen war dieses keineswegs recht, denn sie war ja doch aus Îrânier-Geschlecht. Ob der Eselshaut weinte sie Tränen vor Schmerz und wegen des Šâpûr war kochend ihr Herz. Sie sprach eines Tages: »Oh liebster Mann, wer bist du? Lass alle Furcht! Sag’s mir an! Es wird nicht gehn, dass dein Körper, der zarte, Schlaf und Ruh in der Eselshaut sich bewahrte. Die Zypresse warst du mit dem Haupt wie der Mond, auf dessen Schimmer da Moschusschwarz thront. Gekrümmt ist, was wie die Zypresse zuvor, der Elefantenleib wurde gleich einem Rohr. Deinethalb ist mein Herz zum Kochen gebracht, beide Augen weinen nun Tag und Nacht. Was ist nun in solcher Lage dein Plan? Und weshalb vertraust du dich mir nicht an?« Šâpûr sprach zu ihr: »Oh schönstes Kind, bist du wirklich vom Herzen mir lieb gesinnt,
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so möcht ich von dir unter Eid das Versprechen – und davon dürftest du ewig nichts brechen – dass dem Feind mein Geheimnis du niemals verrätst und stets dessen gedenkst, was mich peinigt jetzt; dann will ich beantworten deine Fragen und alles der Wahrheit entsprechend dir sagen.« Das Mädchen schwur drauf bei Gott einen Eid, »bei dem Priestergurt siebenzigmal gereiht, des Messias Seele und Kreuzestod, beim König von Îrân und Liebe und Not: ich will dein Geheimnis niemandem sagen und such mir aus ihm nichts herauszuschlagen.« Šâpûr offenbarte ihr nun ohne Säumnis und ganz ohne Rückhalt sein ganzes Geheimnis; so sprach er zu ihr: »Was befiehlst du jetzt? Du hast mir dein Herz ja zum Pfande gesetzt. Hoch über die Fraun ist dein Haupt nun gestellt und unter den Füssen liegt dir die Welt. Zur Essenszeit musst heisse Milch du versorgen, bringst sie nach und nach und hältst dies verborgen; mit der Milch weichst du auf diese Eselshaut; diese Haut wird einst aller Welt sehr vertraut, und sind viele Jahre verflossen nach mir, spricht jeder Verständige noch von ihr.« Heisse Milch verlangte das Mädchen hinfort insgeheim von jedem mit sanftem Wort; sie bekam sie; die Schale, emporgehoben, wurde auf ein heftiges Feuer geschoben, dann brachte sie Šâpûr sie im Geheimen und ein Wort davon verriet sie keinem. Darüber verstrich eine Zeit von zwei Wochen, schliesslich war der Eselshaut Härte gebrochen.
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222.2 bei dem … gereiht: unklar: W: Beim Strick (Gürtel) der Priester 70 rundherum; das kann heissen: beim Gürtel der Priester den 70mal geknoteten oder umgegürteten oder beim Gürtel der Priester der 70 Zonen oder so etwas.
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Šâpûr streifte nun ab das Eselshautkleid, den Leib voller Blut und das Herz voller Leid; dem Mädchen flüsterte leise er zu: »Du Reine, du Feine, Wohltäterin du, jetzt gilt es, die Flucht listig einzuleiten und alles dafür klüglich vorzubereiten; denn wir müssen hinaus aus der Stadt Byzanz; ich wünsche nichts Gutes solcher Sorte Lands.« »Zum Festplatz begeben sich«, sprach da die Maid, »alle Grossen morgen zu früher Zeit. Denn in Byzanz wird ein Fest abgehalten, da gehen hinaus alle Jungen und Alten. Sobald unsre Hausfrau die Stadt verlässt, hinaus ins Gefild geht zum fröhlichen Fest, dann führe ich, denn dann leert sich das Haus, meinen Plan ohne Furcht vor Missgeschick aus. Zwei Rosse, zwei Keulen, zum Schiessen die Waffen will ich dir alsdann hellen Mutes verschaffen.« Als Šâpûr dies hörte, da pries er die Maid ob der Tüchtigkeit und Umsichtigkeit. (Vorerst war ihr Herz in Gedanken verschlossen, im Stall sucht’ sie zwei von den edelen Rossen, so auch Schwert und Keule und Panzrung der Renner, Kettenpanzer und Helm der streitbaren Männer.) Das Herz brachte sie in gehörigen Stand und nahm zum Führer darin den Verstand. Als der Westen den Sonnenquell in sich sog und die Nacht übern Kopf sich die Pechdecke zog, begann voller Sorgen Šâpûr zu sinnen, was das Mädchen am Morgen wohl werde beginnen. Als die Sonne vom Löwen das Haupt erhob, als anwuchs der Tag und der Schlaf zerstob, ging ein jeder zum Fest, der da war in der Stadt; glücklich, wer so am Fest seinen Anteil hat! Das Mädchen wandte sich nun zum Palast, wie ein Mann, der sich mit Listen befasst.
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Als sie Herrin sich sah der geleerten Hallen, kam das Herz ihr des Leun und des Panters Krallen. Sie bracht’ aus dem Stall edler Rosse zwei und erwähltes Gewaffen der Ritter herbei, von Dinaren so viele, wie nötig ihr schienen, und noch vieles von Wert, Perlen und Rubinen. Als die Reisezurüstung war abgetan, kam die Nacht und sie schickten zur Reise sich an. (Zwei zur Wache aufgestellte Trabanten bemerkten, wie beide zur Flucht sich wandten; sie eilten zu Fusse den beiden nach und holten bald ein mit der Schönen den Schah; beide packten den Zügel; vom Sattelknauf aber richtete hoch der Schah sich auf, ergriff beide Häupter rasch mit der Faust und schnell waren sie zu Boden gesaust. Beide liegen leblos. Inzwischen entfliehn schnell der Schah und seine Begleiterin.)
Šâpûr flieht aus Byzanz und gelangt ins Land Îrân Beide wandten dem Lande Îrân sich zu, wohlgemut auf der Suche nach Frieden und Ruh. Tag und Nacht geht also weiter ihr Hasten, wobei auch zu Essen und Schlaf sie nicht rasten. Aus der Stadt über Wüsten ging solcherweise bis zum Land der Chûzier ihre Reise. Ross und Reiter wurden vom Eilen sehr matt; zum Absteigen sucht’ er die Ruhestatt. Ein glückliches Dorf lag da vor ihm am Wege, drin gab’s Gärten und Hallen und Lustgehege. Sein Körper war wund, der dem Übel entrann; an der Tür eines Gärtners pochte er an. Der Gärtner kam gelaufen sogleich, an Herzensgüte und Gastlichkeit reich. Zwei sah er mit Panzer, mit Helm und mit Speer: »Was soll dieser Gruss«, so fragte er;
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»Woher kommst du so plötzlich? In solcher Weise 270 hast du dich ausgerüstet zur Reise?« So sprach zu ihm Šâpûr: »Gastfreundlicher Wirt, stellst du so viele Fragen an den, der verirrt? Ich bin ein Îrânier, der in dieses Land auf der Flucht hilfesuchend mich habe gewandt. Von dem Kaiser trag Leid ich und von seinem Heer; säh ich ihn doch sowie seine Krone nicht mehr! Wenn du heute Nacht mir Gastfreundschaft gibst, wenn du klug bist und das Wächteramt übst, dann mein ich, dass du auf Lohn rechnen kannst, 275 dass der Baum dir Früchte bringt, den du pflanzst.« Der Gärtner sprach: »Dieses Haus ist dein und der Gärtner will dein Gastgeber sein. Was mir irgend möglich ist, das will ich wagen, dir bringen und tun und es niemandem sagen.« Vom Rosse herab stieg nun Šâpûr der Schah und das Mädchen folgt’ auf dem Wege ihm nach. Die Gattin des Gärtners hingegen kochte soviel Speis’ aller Art, als sie irgend vermochte. Nach dem Essen kam der Wein an die Reih’, 280 eine einfache Unterkunft stellten sie bei. (Er brachte den Wein, hob im Becher ihn hoh und war ob des Gastes glücklich und froh). Der Gärtner sprach nach dem Weineinschänken: »Lass den leben nunmehr, dessen du musst gedenken.« Šâpûr sprach zu ihm: »Oh du geistesheller gastfreundlicher herzlicher Gartenbesteller! Es trinkt zuerst vom Weine der Reicher, wenn an Jahren er und an Klugheit reicher; da an Jahren du mir etwas älter dünkst 285 und den Wein bringst, gehört sich’s, dass du ihn trinkst.« Der Gärtner sprach: »Wem der Glanz und Schmuck die Schönheit ziert, der tut den ersten Schluck. Dir steht zu die Vortranksberechtigung, du bist alt an Verstand, wenn an Jahren auch jung.
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Dein Gesicht lässt den Schimmer der Krone gewahren und Moschus duftet aus deinen Haaren.« Da lächelte Šâpûr und nahm den Pokal; dann seufzte aus tiefster Brust er einmal und sagte zum Gärtner: »Oh reinfrommer Mann, welche Nachrichten hast du vom Land Îrân?« Also gab er Antwort: »Oh Königlicher, du seist vor dem Bösen der Feinde sicher! Ich wünsch alle Schädigung deinen Feinden, die vom Kaiser kam über Îrâns Gemeinden, der, wer nur da war, aus Îrân entfernte, sodass weder Saat im Land blieb noch Ernte, durch Verwüstung, Ermordung der vielen Leute, so von Männern wie Weibern, das Volk ganz zerstreute; und zahlreiche wurden noch Christen von ihnen, die mit Stricken gegürtet vorm Bischof erschienen, viele Pfaffen, die Mütze auf ihrem Haupt, weg von Land und Volk und des Obdachs beraubt.« Da sprach er: »Der Schah Šâpûr-i Ôrmuzd, der strahlend war wie der Mond am Ôrmuzd, wo war er? Was machte den Kaiser so frech, dass dem Glück der Îrânier den Glanz er nahm weg?« Darauf sprach der Gärtner: »Es werde dir, du Erhabner, immerdar Grösse und Zier! Ob er tot oder lebend, es konnte kein Zeichen von ihm in Îrân die Mächt’gen erreichen. Wer immer Bewohner einst war dieses Lands, ist gefangen jetzt Mann für Mann in Byzanz.« Und dem Gärtner flossen die Tränen hinab, der damals dem König Bewirtung gab. Der Gastgeber sprach: »Drei Tage harr’ aus, und es wird zur Weltleuchte werden dieses Haus. Denn ein Weltweiser hat’s jüngst zum Spruche gefasst: ›Ein jeder, der Achtung nicht sucht vom Gast, bei dem scheint Verstand niemals einzukehren, ein finstres Geschick wird ihm Mangel bescheren.‹
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So bleib und ruh aus und trink unverzagt; deinen Namen nenn, wenn das Herz es dir sagt.« Zu ihm sprach Šâpûr: »Wie Recht du da hast; bei uns ist der Gastgeber Herr über den Gast.«
Die Îrânier erkennen Šâpûr 2045 M und versammeln ihm ein Heer Die Nacht schwand mit Essen und Trank und Gespräch. Als die Morgenröte vom Berg nahm den Weg, als die Goldfahne glänzte vom Bergeshang, tat der Herr des Gartens zum Gast einen Gang. Er sprach also: »Der Tag möge Segen dir bringen, 310 dein Haupt über regende Wolken dringen! Meine Wohnung hier war deiner nicht wert, nach dir ziemende Ruhstatt an meinem Herd.« Šâpûr sprach: »Oh du, den das Glück erkor, dein Haus zieh ich Thron sowie Krone vor. Einen Zandawest mit dem Stabe trage herzu und gib Auskunft auf jede Frage.« Er brachte, wie Šâpûr den Auftrag gab, und rüstete Ort des Gebets und Stab. Da sprach er murmelnd: »Die Wahrheit sag, 315 wo der Obermȏbad sich aufhalten mag.« Der Gärtner gab ihm zur Antwort sofort: »Du Edel-Beredter mit süssem Wort! Mit zwei Augen aus meiner Wohnung hinaus seh ich drüben des Obermȏbads Haus.« Zum Gärtner sprach heimlich er: »Bring mir von dem Vogte des Dorfs etwas Siegelton.« Kaum hatte der Gärtner dies Wort vernommen, war er schon mit dem Ton zurückgekommen. Seinen Siegelring drückte darauf der Schah, 320 gab den Ton dann dankend dem Gärtner und sprach: »Bring dies da zum Mȏbad und weis es ihm vor, gib acht, was er sagt, und sei ganz Ohr.« Mit dem Siegel, den Auftrag des Schahs zu besorgen, 251
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kam zum Obermȏbad der Mann an dem Morgen. Als beim Hofe des Mȏbads er eingetroffen, waren fort die Männer, das Tor war nicht offen; er verlangt Einlass mit lautem Schrein, das Tor ward geöffnet, der Gärtner trat ein; er ging bis zum Obermȏbad hin, wies das Siegel ihm vor und begrüsste ihn. Als der Mȏbad hinblickend das Siegel sah, vor Lust lief dem Weisen das Herz über da. »Wem gehört dieses Siegel?« fragt’ er und es kamen ihm Tränen der Rührung durch diesen Namen. Der Gärtner gab Antwort: »Oh Edler, es sitzt jener Ritter in meinem Hause itzt, wie die schlanke Zypresse mit ihm eine Maid voll Verstand und Schönheit und Herrlichkeit.« Der Mȏbad sprach: »Oh Bester, beschreib: welche Merkmale trägt er an Antlitz und Leib?« Der Gärtner sagte: »Wer niemals gesehn einen Lenz und Zypressen am Flussufer stehn, der schau seinen Wuchs und schau seine Wangen und sein Herz wird vom Anblick Freude empfangen. Dromedarschenkelstark sind ihm Arm und Arm, die Brust die des Leun, das Gesicht rosigwarm; Schamröte wird von seiner Sonne gemalt, indes die Schönheit der Krone sein Antlitz bestrahlt.«
Der Mȏbad und der Pahlawân erhalten Kunde von der Ankunft Šâpûrs und kommen mit dem Heer zu ihm So sprach der Gärtner, der Mȏbad hörte es, da erkannte mit hellem Geist der Gelehrte es: jenes Löwenherz müsse der Schah in Person sein und solchen Gesichtes nur würdig ein Thron sein. Er sucht’ einen Boten mit hellem Sinn und sandte zum Pahlawân ihn hin: »Schah Šâpûrs Majestät ist sichtbar geworden! 252
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Versammle das Heer du von allen Borden!« Der Bote des Mȏbads lief, dies zu melden, vom Ort, wo er war, bis zum Tore des Helden. Der Feldherr ward froh ob der Rede gesinnt, denn sein Herz war voll Rachgier, die Lippe voll Wind. Zu Gott sprach er so: »Der die Welt regiert, nur du bist’s, dem wahrhaft Verehrung gebührt! Wer meinte, dass Schah Šâpûr jemals mehr sein Heer wieder sehe und ihn das Heer! Dank sei dir, dem gerechten Weltregierer, dem Einzigen-Einen, zum Guten dem Führer!« Die Nacht zog die schwarze Standarte auf, den Mondkreis sah man, der Sterne Lauf. Da kam zu dem Ort von überallher, wo der Fürst sich verbarg, zusammen das Heer; das Haupt erhoben allseits die Scharen und eilten einzeln herbei und in Paaren. Sie erreichten des Gärtners Hofgebäude, sie kamen zu diesem Bewirter voll Freude. (Als das Heer sich drängte an Tor zum Gemach, da trat der Reinsinnige hin vor den Schah.) Er befahl, dass man allen den Zulass gewähre und wenn das Gebäude auch ärmlich nur wäre. Sie traten zum edlen Fürsten heran, das Gesicht in den Staub gebeugt, Mann für Mann. Der Schah zog die Grossen all an die Brust und berichtete, was er erdulden gemusst, was ihm mit der Eselshaut zugekommen und die Worte, die er vom Kaiser vernommen, und auch, wie die Schöne ihn draus befreit und von ihrer Liebe und Herzlichkeit: »Nur ihr und dem Schöpfer verdank ich das Leben; mög das Schicksal ihr fürdar nur Seligkeit geben! Magst du König auch sein und vom Glück beschienen, sei doch Diener derer, die treu dir dienen! Der Dienerin voll Lieb’ bin ich dienstverpflichtet,
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die ihr Herz mir geöffnet, mein Recht mir gerichtet. Welche Gegend auch meine Truppen jetzt, sind’s mein Reich, meine Strassen auch, halten besetzt sendet Kundschafter hin und gebt gut acht, und stellt Posten am Wege auf zur Wacht! Sperrt die Strasse nach Ṭîsǝfûn vor allen Dingen! Es darf keine Nachricht nach auswärts dringen. Wird die Kunde dem Kaiser geoffenbart, dass der Glanz meiner Herrlichkeit sichtbar ward, dann kommt er und wird mir mein Heer zerreissen, der Îrânier Herz und Rücken zerschmeissen. Uns fehlt noch die Kraft, ihm zu widerstehn, wir müssen vor seinem Glück abseits uns drehn. Wenn der Mȏbad kommt und das Heer wir versammeln, werden wir der Mücke den Weg verrammeln, werden neue Wege der Ordnung betreten, aus dem Garten im Stillen das Unkraut jäten. Jeden Winkel sollen Spione durchspähn und Tag und Nacht sollen Wachposten stehn, dass in Zukunft kein Romäer mehr döst in Sicherheit und den Gürtel gelöst.«
Šâpûr macht einen nächtlichen Überfall und nimmt den Kaiser von Byzanz gefangen Und keine geraume Zeit verrann, da erschien ein Heer von sechstausend Mann. Šâpûr entsandte Spion auf Spion, kriegskundige Grosse gen Ṭîsǝfon, damit ihm vom Kaiser Nachricht würde, von jenem mächtigen Hofe der Würde. Die Kundschafter tauchten dort plötzlich auf und erspähten heimlich der Dinge Verlauf. Sie kehrten, als alles sie ausgespäht, zurück zur erhabenen Majestät: nur mit Wein und mit Jagd sei beschäftigt der Kaiser, an Kriegsausbruch denke in keiner Weis’ er; 254
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in jegliche Richtung verstreut sei das Heer und plündre im Lande die Kreuz und die Quer; kein Posten bei Tag, keine Wache bei Nacht, Herde ohne Hirten die Heeresmacht; er seh keinen Feind weder nah noch fern, ganz seinen Gelüsten lebe er gern. Als Šâpûr dies vernahm, ward er frohgesinnt, alle seine Besorgnisse wurden zu Wind. Dreitausend Îrânier wurden erwählt, Mann und Ross war gepanzert und gestählt. Er selbst panzerte sich in der finsteren Nacht; gegen Ṭîsǝfûn führt er die Heeresmacht. In den finsteren Nächten eilte er schnell und wandte das Antlitz, wurde es hell; über Berge und Wüsten zog er daher auf weglosen Wegen, er selbst mit dem Heer. Es waren vorm Heer mehr als zwei Farasangen auf Wegen und weglos schon Späher gegangen. Also bis ganz nah an Ṭîsǝfûns Tor trieb er vor seinem Heere die Wachposten vor. So kam er, als drei Nachtwachen vergangen, zum Lager, vorm Kaiser ganz ohne Bangen. Von jenseits der Grenze kam Paukengedröhne, das Rufen der Wächter und Krähen der Hähne. Im Gefilde stand Zelt an Zelt in der Runde – wer hatte von diesem Angriff denn Kunde? – der Kaiser weintrunken im Königsgezelt, vom Heere kein Platz frei im ganzen Feld. Als also die Welt er sah bestellt, überliess dem Ross seine Zügel der Held. In den Lagerplatz führt’ er die Heeressäule, legt’ die Hand drauf und zückte die schwere Keule. Zu den Wolken stieg der Trompeten Gellen und der Keulen Gekrach, Schall der indischen Schellen. Von jeder Seite kam Kriegsgeschmetter, aus jeder Richtung Gezeter, Gewetter,
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du meintest, der Himmel zerberste in Klüfte, von der Sonne träufle das Blut in die Lüfte. Das Banner des Königs gab helles Gefunkel, die Nacht war finster, die Schwerter blaudunkel, als regne Schwerter die Himmelsdecke, als ob die Welt völlig in Wolken stecke. Vor Heeresstaub sah das Gebirge man kaum, einzogen die Sterne des Kleides Saum. Alles ward in des ehrlosen Kaisers Gezelt von Schah Šâpûr auf den Kopf gestellt. (Masslos tötete man im Romäerheer, zwölftausend der Leichen gab’s und noch mehr.) Sie setzten jeglichen Winkel in Brand; der Himmel wurde zur Erde gesandt. (Viele dieser Romäer fanden ihr Ende, das Gefild war nur Rücken und Rümpfe und Hände). Der Kaiser wurde gefangen schliesslich; von ihm wandte der gute Stern sich verdriesslich. Man ergriff viele seiner namhaften Streiter, seiner tapferen und erkorenen Reiter und man fesselte sie von Zelt zu Zelt. Dies ist halt der Lauf der vergänglichen Welt: einmal geht’s hinauf und dann wieder hinunter, einmal bist du traurig und dann wieder munter. Das Beste sind Menschlichkeit und Verschonung, vom Schöpfer bringt Beistand dies und Belohnung. Als es Tag ward, die Nacht ihren Saum einzog und die Fahne der Sonne hoch oben flog, befahl Šâpûr, dass der Sekretär mit Feder, Papier und Tinte käm her, und sie schrieben ein Schreiben den Ländern allen, den Fürsten allen und allen Vasallen; der Brief begann also: »Gott sei Preis, den unser Inn’res dem Weltschöpfer weiss, denn er wird im Bestreben nach Güte uns stützen, seine Kraft uns vor Mangel und Not beschützen.
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Nur er ist dem Schicksal der Daseinsgewährer, er allein alles Guten ständiger Lehrer. Da der Kaiser Gottes Befehl übertrat, in Îrân nur säte des Geizes Saat, so fesseln ihn jetzt in Niedrigkeit Bande, weil die Seele nicht leiten sich liess vom Verstande. (Er hat Îrâns Krone zurück mir gestellt) und nimmt nichts als hässlichen Ruf von der Welt. Sein Heer und sein Lager sind abgetan durch Gottes Kraft, der uns wies die Bahn. Ein jeder Romäer, auf den ihr stosst, hat sich das Schwert als Anteil erlost. Übt Recht! Nach meinen Befehlen richtet euch! In neuem Vertrage verpflichtet euch!« Allüberallhin lief ein Eildromedar mit dem Briefe des Schahs, der hellgeistig war. Vom Lagerplatz kam er nach Ṭîsǝfon und heil mit den Räten sass er auf dem Thron. Als aufs Haupt er setzte die Krone der Väter, gedachte des gütigen Gotts im Gebet er. (Für den Gärtner beschafft er ein Ehrenkleid und erfüllte den Geist ihm mit Freudigkeit). Er befahl, dass ein Schreiber auf einem Papiere im Verliess der Gefangenen Namen notiere; eintausendeinhundertundzwei: soviel zählte vornehme Romäer man und erwählte, die sämtlich verwandt und versippt mit dem Kaiser, Angehörige mächtiger romäischer Häuser. Er liess jenen Hände und Füsse abschlagen, die zum Bösen durch Ratschlagung beigetragen. Er befahl, dass den Kaiser man von Byzanz ihm vorführe, den Beherrscher des Lands. (Den Kaiser schleppte herbei ein Trabant aus dem Kerker, erniedrigt, wie ohne Verstand.) Der Tyrann sah Šâpûr mit der Krone prangen, da rannen die Tränen ihm über die Wangen;
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mit den Wangen rieb er den Grund ihm zu Füssen, um also so Krone wie Thron zu grüssen, indem mit den Wimpern den Boden er fegte und Antlitz und Rumpf in den Staub niederlegte. Der Schah sprach zu ihm: »Du, der du ein Christ, Gottes Feind und Gemisch alles Bösen bist, du gibst Gott einen Sohn! Er hat keinen Genossen! Der Welt Anfang und Ende sind in ihm beschlossen. (Ein Betrüger bist du, ein verrückter Schädel, von niedrigster Herkunft und keineswegs edel). Ihr redet nur Worte des Truges zusammen; schlechtes Feuer ist Trug ohne helles Flammen. Wo sind Einsicht und Edelmut? Bist du ein Kaiser? Wo zur Güte des Herzens ein Wegeweiser? Warum hast du ins Eselsfell mich gesperrt? Warum in den Staub mich darnieder gezerrt? Als Kaufmann kam ich zur Lustbarkeit, nicht mit Pauken und Truppen zu Kampf und Streit. In die Eselshaut hast deinen Gast du geschnürt, dich nach Îrân gewandt und das Heer geführt. Jetzt siehst du, was mannhafte Männer wirken. Du suchst nicht mehr Händel in Îrâns Bezirken.« Da sprach der Kaiser: »Oh König, wer lebt, der wirksam Gottes Gebot widerstrebt? Der Thron hat mich um den Verstand gebracht, und meinen Leib zum Dȇw-Knecht gemacht. Willst du böses Tun mit Güte vergelten, wirst du aller Welt als Musterbild gelten; nie wird auf der Welt dein Name veralten, dein Wille durch Menschlichkeit Siege erhalten. Wird von dir meinem Leben Schonung gewährt, scheinen Schatz und Dinare mir nichts mehr wert, deinem Hofe als Sklav’ bin ich untertänig und nichts als den Thron dir zu schmücken ersehn ich.« Da sprach der König: »Du Böses-Verüber, was kehrtest dies Land du drunter und drüber?
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(Wen aus Îrân du fortgeführt kriegsgefangen muss von dir ich durchaus zurückverlangen). Ferner was du an Schätzen geschleppt nach Byzanz – mögest niemals du schaun das Unheil des Lands! – das bringst du vollzählig vom Hause hierher, das bringst du dem kopferhobenen Heer. Ferner was von Îrân du so wüste gelegt, dass der Panter, der Leu so zu hausen pflegt, das setzt du instand mit den eignen Dinaren; so wird deine Tat Vergeltung erfahren. Ferner überstellst du mir auf dem Fusse eins zu zehn für getötete Perser zur Busse Leute aus romäischem Herrschergeschlechte mit Leib und Leben im Geiselrechte. Ich mag nur aus Kaisersgeschlechte diese Leute, damit ich in diesem Land sie erfreute. Ferner: was du an Bäumen in Îrân gefällt – Bäume andrer fällt kein glückhafter Held! – die pflanzest du neu und umgibst sie mit Mauern; vielleicht lässt die Erbitt’rung dies weniger dauern. Und jetzt leg in Fesseln dich, Gesell: wie nähm hin ich von dir jenes Eselsfell? Erfüllst du nicht alles, was ich jetzt befohlen, zerreisst man die Haut dir vom Kopf zu den Sohlen.« (Nachdem er dies Punkt für Punkt aufgezählt, erhob seine Hand der Erobrer der Welt). Beide Ohrmuscheln liess mit dem Dolch er ihm schlitzen und ein Loch inmitten der Nase sitzen, in Erinnerung an jene Eselshaut wurde ihr ein Kamelzügel eingebaut. Um die Füsse zwei schwere Fesseln gespannt, bracht’ ihn in den Kerker zurück der Trabant.
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Šâpûr führt das Heer gegen Byzanz und bekriegt den Bruder des Kaisers Man rüstete Musterungsort und Dîwan, die Schlüssel zur Schatzkammer forderte man. Er versammelt das Heer und zahlte es aus, den Kopf voll von Rachgier, das Herz voll Gebraus. Von Îrân zog er nun gegen Byzanz; alle Angehörigen dieses Lands brachte man um, setzt’ die Häuser in Brand, dass vom Feuer die Welt die Beleuchtung fand. Als von Îrân die Nachricht kam nach Byzanz von der Verwüstung des blühenden Lands, der Kaiser sei zum Gefangnen gemacht in finsterer Nacht in den Reihen der Schlacht, geriet ganz Byzanz in klägliches Flennen und kochte, hört’ Šâpûrs Namen es nennen. Da sprach jeder: »Wer hat uns das angetan? Vielleicht doch nur der Kaiser, der unedle Mann.« Nun hat’s einen Bruder des Kaisers gegeben – der Vater war tot, doch die Mutter am Leben –, noch jung, der den Namen Jânus trug, weitstrebend, freigebig und ruhig-klug. Es sammelt’ ein Heer sich an seiner Tür; seine kriegrische Mutter gab Geld dafür. Sie sagt ihm: »Den Bruder rächen ist Pflicht. Ein Heer kommt aus Îrân, siehst du es nicht?« Da rief Jânus laut: »Für den Bruder die Rache ist keine beiseite zu lassende Sache.« Man schlug Pauken und schleppte das Kreuz herbei, gross das Kreuz und furchtbar die Reiterei. Als beide Heere in Sicht sich gekommen, ward den kriegslust’gen Männern die Ruhe benommen. Man bildete die Front, es erhob sich Geschrei; mit den ersten kam eilig Jânus herbei.
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Ans Gebirg stiess vom Heere die eine Seite, ans Gewässer mit grosser Masse die zweite. (Es erhob sich vom Handgemeng Schrei’n und Geheule, das Flammen von Dolchen, von Pfeil und von Keule; die Luft wurde dunkel vom Staube der Ritter, es gab Lanzengeglitzer und Fahnengeglitter. Die Sterne betrachteten sich diesen Streit, voll Spott zugleich und Gehässigkeit. Es gürteten sich die romäischen Krieger zum Kampfe die Mitte wie wütende Tiger. Die Luft wurde dunkel, der Boden ward ehern, das Gewölk sah die Wolken des Staubes sich nähern; als ob den Himmel Gewölken erfülle, aus dem ein Regen von Schwertern quille. Aber auch die Truppen des Schahs von Îrân schicken neu zum Blutvergiessen sich an.) Eine Wolke und schwarzer Staub stieg empor, dass der Blick durch das Dunkel den Weg verlor. Der Schlachtensturm tobte in solcher Art, bis die Sonne blass nur von Farbe ward. Soviel töteten sie, dass in allen Tälern von den Panzern der Leichen der Boden ward stählern. Šâpûr führte das Heer vom Zentrum und rechts und links rief er Männer edlen Geschlechts. Als der Schah das Ross trieb mit den Mächtig-Reichen, kam der Boden ins Wanken, das Heer ins Weichen; auf das Heer der Romäer führte den Stoss er, es war gleich ihm, ob klein ein Mann oder Grosser. Jânus merkte, er habe zum Widerstand nicht mehr die Kraft und wandte zur Flucht das Gesicht. Hinter ihm kam Šâpûr in Schnelligkeit, sein Staub nahm dem Himmel die Helligkeit. Allüberall wurden Leichen gehäuft und mit Gehirnen der Boden beträuft. Er tötete viele Romäer, zum Schluss C 4.2 Tiger: W: Löwen
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war die Ebene nur Haupt ohne Rücken und Fuss. Im Gefild gab’s nicht mehr Kruzifix und Heer, in den Burgen nicht Kreuz noch auch Bischof mehr. Er erraffte allüberall so viele Beute, dass es bass erstaunte die Heeresleute; er verteilte das Ganze an sein Heer, nur den Schatz des Kaisers behielt sich er; dem entstand durch den Schatz sehr viele Bemühung, doch war Mühe und Schatz nicht in engster Beziehung. Das ganze Romäerheer kam nun herbei und vom Kaiser redeten sie allerlei: »Mög uns niemals ein solcher Herrscher mehr leben! Mög es in Byzanz das Wort Kaiser nicht geben! (In Byzanz ist kein Platz für den Opferaltar noch das Kruzifix und den Pfaffenaltar!) Verbrannt wird der Kuttenstrick der Eremiten und verheizt das Kreuz des Metropoliten! Stadt Byzanz, Stadt Qannûǧ, ganz gleich ist uns jede; vom Messiasglauben ist wenig die Rede.«
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Die Romäer setzen Barânûš auf den Thron 2057 M und der schreibt einen Brief an Šâpûr (Es lebte ein Mann aus des Adels Zucht, aus dem Stamme der edlen Kaiser die Frucht.) Barânûš war ein Mann von vielem Verstand, dessen Geist und Zunge stets Ratschläge fand. Zu ihm sprach das Heer: »Sei Kaiser jetzt du! Heute kommt die Führung des Heeres dir zu. Wenn du sprichst, leih’n das Ohr alle Heerscharen dir. 495 Gib der Krone den Glanz und dem Throne Zier!« Auf dem aufgerichteten Elfenbeinthrone sass Barânûš darauf mit Würde und Krone. So erhoben sie ihn zu Grösse und Glanz und Kaiser nannte ihn ganz Byzanz. Als Barânûš so sass, sann er nach sogleich über Schlachtfeld und Krieg und Romäerreich. 262
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Vom grossen Schah droht’ ihm, dass war ihm klar, durch Krieg und durch Angriffe grosse Gefahr. Einen Gesandten suchte er, klug und bescheiden, der sein Wissen schön wusste in Worte zu kleiden, einen Sekretär, gefällig, beredt und welterfahren und fein-diskret. Den berief er und wies einen Sitz ihm an und sagt’ fein durchdachte Worte ihm dann. Er schrieb einen Brief, der voll Bitten war um den Segen Gotts für den Schahrǝjâr: »Die Krone sei ständig in deinem Geschlechte! Alle Herrscher seien vor dir nur Knechte! Du weisst, dass Plündern und Blutvergiessen, Angreifen, die nichts zur Schuld sich kommen liessen, jeder Edle für einen Greuel hält, in Îrân, in Byzanz, auf der ganzen Welt. Wegen Êraǧ ward dieser Hass entfacht, doch Manȏčihr hat jene Rache vollbracht. Salms Leib ward aus Rache dem Staube vereinigt und das Antlitz der Erde von Tûr gereinigt; Dârâ und Iskandar entzweite der Streit; in Byzanz verging über den Hader viel Zeit. Ein böses Wesirpaar verübt’ an ihm Mord und dann schwand auch das Glück des anderen fort. Wird auch ob des Kaisers der Hass noch stärker und nützt Fesseln er ab in deinem Kerker, geht’s nicht an, dass Byzanz zur Wüste werde, denn niemals gab es solch Land auf der Erde. Wenn dein Sinn nach Mord und Verwüstung stände. wäre bald ganz Rûm ohne Füsse und Hände. Kriegsgefangen sind so Kinder wie Weiber und von Pfeilen und Schwertern verwundet die Leiber. Nun kam doch die Zeit für dich, wen’ger zu hassen, da Glaube und Hass zueinander schlecht passen. 506.2 auf der ganzen Welt: Die letzten Worte finden sich nicht im Original.
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Alle Wertsachen seien dir Lösegeld, weil sonst durch den Krieg alles Leben verfällt. Sei begütigt und setz nicht viel Städte in Lohe, dass nicht Tag an Tag dasselbe uns drohe. Es gefällt keineswegs dem Weltschöpfer, dass der Weltenherr Unrecht anstrebt und Hass. Gottes Segen möge den Schah versöhnen und sein hohes Gestirn mög der Mond bekrönen!« Nieder legte das Schreibrohr der Sekretar, als mit diesem Briefe er fertig war; darauf drückte man dann des Kaisers Siegel. Der Bote wandte zum Schah seine Zügel; der Kluge kam an und bestellte den Brief, der »vom Kaiser an den edlen Schah Šâpûr« lief. Als den Brief sie dem Heldenkönig lasen, ausstreuten die liebenswürdigen Phrasen, verzieh er, wobei Tränen die Augen hatten, und machte die Kriegerstirne zu glatten. Zugleich liess er ein Antwortschreiben ergehn und erwähnte, was Gutes und Übles geschehn: »Wer nähte den Gast in ein Eselsfell, wer liess alten Hass aufflammen grell? Bist du klug, mach dich auf und komme zu mir, nimm reinkluge Philosophen mit dir! Du bist sicher, der Krieg ist jetzt eingestellt; für vernünftige Männer ist eng nicht die Welt.« Der Gesandte ging mit der Antwort fort und zählte ihm vor sie Wort für Wort.
Barânûš kommt zu Šâpûr und schliesst mit ihm einen Vertrag Barânûš sah diesen Antwortbrief, dass sein Herz vor Freude ihm überlief. Er befahl, dass hundert Mann von Byzanz zu ihm kämen, Berühmte des blühenden Lands; Geld verlud man, das sechzig Esel trügen 264
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auch viel an Juwelen und Galaanzügen, mehr als hunderttausend von Dinaren, die bestimmt zu Geschenksausteilungen waren. Vor den Schah hin trat, was im Reiche war gross, mützenlos nahten alle, die Köpfe bloss. Man verstreute vor ihm die Münzen von Gold, auf den Goldteppich kamen Juwelen gerollt. Šâpûr gab Geschenke beim Huldempfange und liess freundlich sie sitzen gemäss ihrem Range. Zu Barânûš sprach er: »Ein unseliger Mann, ein Verbrecher kam aus Byzanz nach Îrân. Was besiedelt hier war und blühend üppig, das schau nunmehr voller Dorngestrüpp ich. Was verwüstet wurde, verlang ich ersetzt, was der Löwen und Panter Behausung jetzt.« Barânûš sprach; »Sag, was du begehrst; wend’ dein Antlitz nicht ab, da du Schonung gewährst.« Zur Antwort gab ihm der Schah voll Huld: »Du willst, ich soll jedem verzeihn seine Schuld: zweihunderttausend Romäerdinare mache der Tribut aus dreimal im Jahre. Ich muss ferner Naṣîbîn annektieren, wenn du willst, ich solle den Hass verlieren.« Darauf sprach Barânûš: »Îrân ist dein, Naṣîbîn und die Ebene der Tapfern fällt drein. Der Tribut, den du vorschlägst, wird angenommen, gegen deinen Zorn ist nicht aufzukommen.« Schah Šâpûr obligierte sich schriftlich, nicht mehr aus Îrân herauszuführen das Heer, es sei denn zu Festen und pomphafter Würde, sodass Rûm keine Mind’rung erfahren würde. Unter Komplimenten entliess er sie drauf, die Häupter der Edeln richtet er auf. Sie reisten ab. Auch er führte dann das Heer fort und Gott rief er oftmals an. Er begab sich zufrieden nach Isṭachr-i Pârs,
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denn der Ruhm des parsischen Landes war’s. Wie die in Naṣîbîn die Nachricht kriegten, eilten hitzig herbei sie, dass sie ihn bekriegten; »Es kann uns von Naṣîbîn keineswegs passen, Šâpûr und sein Heer es besetzen zu lassen, der Messiasglauben nicht gelten lässt, sondern Feueranbetung und Zandawest. Wenn er kommt, wird von uns er gar nichts erhalten; wir verschmähen Zandawest und den Glauben, den alten.« Überlegenheit hatte der Untertan jetzt und zum Krieg auch der Fromme aufs Ross sich gesetzt. Als zu Schah Šâpûr nun die Kunde kam, dass man ihm nach Naṣîbîn den Zugang benahm, da grollt’ dem Messiasglauben er sehr und liess marschieren ein zahlloses Heer. »Wo einen Propheten«, so sprach er, »der Jud getötet, gerät kein Glaube, der gut.« Eine Woche lang währte das Kampfgedräng’, das Stadttor wurde den Kriegern zu eng. Viele Häupter tötete man im Lande, die Lebenden schlug man in schwere Bande, worauf alles sofort nach Schonung rief; sie schrieben dem König auch einen Brief. Der König verzieh wirklich alles, der hehre, und befahl auch den Rückmarsch seinem Heere. In jedem Land ward ihm Ruhm erweckt, seine Macht über alle Welt erstreckt. Man nannte ihn den »siegreichen Schah«. So regierte er längere Zeit hernach. Das Mädchen, das ihn einst hatte befreit und gelangen liess zu der Herrlichkeit, die hiess er Dilafrȏz-i farruchpai und zog sie als Liebste der Schönen sich bei. Auch dem Gärtner wies viele Schätze er an
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und entliess ihn als wohlausgestatteten Mann. Der Kaiser in Fesseln blieb im Gefängnis, in Trauer und Niedrigkeit, Zorn und Bedrängnis. Den Schatz in Byzanz, den mit Leidenschaft der Kaiser allseits zusammengerafft, musste er ganz Schah Šâpûr übergeben. Er fristete einige Zeit seufzend sein Leben, bis er schliesslich in Kerker und Banden verstarb und die Krone ein anderer Kaiser erwarb. Nach Byzanz übersandte Šâpûr den Sarg, der die moschusgekrönte Leiche barg. So sprach er: »Das ist unser Ende auf Erden; wir wissen nicht, wo wir einst ruhen werden. Der eine ist Geiz und Torheit ganz, der andre Verstand und der Würde Glanz. Übern einen und andern zieht weg die Zeit; was verzehrt ein vernünftiger Mensch sich in Leid?« Als Šâpûr geordnet den Staat von Îrân und îrânischer Rache genug getan, bestieg den Thron der Kaie der Held und war lange Zeit der Herrscher der Welt. Darauf wurde von ihm in der Chûzier Land gar vieles zu Nutzen und Schaden gesandt. Den Gefangenen legt’ eine Stadt er an, die ganze Welt hatte Anteil daran, welche Churram Âbâd wurde genannt und Anteil hatte am glücklichen Land. Wem er vordem die Hand hatte abgehauen, den siedelte an er in diesen Auen. Das Land war sein eigen in Vollständigkeit. Bei Jahrsbeginn kriegt’ er ein Ehrenkleid. Eine zweite Stadt baute er in Šâm, die den Namen Pirûz-i-Šâpûr bekam. In Ahwâz gründete er eine dritte; ein Palast und Spital waren in ihrer Mitte. Kunâm-i Asîrân ward sie genannt;
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wer gefangen, fand Schlaf dort und Unterstand. Fünfzig Jahre so seiner Regierung verstreichen und er hat auf der Welt nicht seinesgleichen.
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Mânî erscheint und erhebt Anspruch auf das Prophetentum Da erschien ein beredter Mann aus Čîn; die Erde sah nie einen Maler wie ihn. Zu Erfolg gelangte der Mann von Geist durch Geschmeidigkeit, den man Mânî heisst. »Ich bin der Prophet«, sprach er, »durch Malerei, bester Glaubensbringer, wer da auch sei.« Zu Šâpûr kam aus Čîn er, Audienzgewährung erbat er, zum Zwecke seiner Bekehrung. Eine Rede hielt ihm der beredte Mann; der Weltenherr fing zu zweifeln an, sein Kopf wurde heiss, vor den Mȏbads allen liess er über Mânî viel Worte fallen: »Der Mann aus Čîn hat, beredt und gelehrt, mich von meinem Glauben zum Zweifel bekehrt. Nun redet und auf seine Worte hört! Vielleicht, dass ihr auf seine Worte schwört.« Sie sprachen: »Der bilderverehrende Mann reicht nicht an den Obermȏbad heran. Höre Mânîs Reden, doch rufe auch den; ob den Mund er noch auftut, wird er den sehn?« Dass der Mȏbad erscheine, befahl nun der Schah, der ausnehmend vieles dann mit ihm sprach. (Die Mȏbads und er debattierten heiss vor dem König so über Schwarz wie Weiss.) Doch des Mȏbads Worte vom alten Glauben mussten dem Mânî die Sprache fast rauben; denn er sagte: »Du bilderverehrender Mann, was greifst du töricht die Gottheit an? Ihn, der schuf des Himmels Hochherrlichkeit und der darin schuf so Raum wie Zeit, 268
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der Licht und Finsternis drin lässt wesen, dessen Wesen höher als alle Wesen, der den hohen Himmel Tag und Nacht dreht, bei dem für dich Zuflucht und Unheil steht? Was willst du dem Beweis von Bildern vertrauen und auf meinen Rat und Glauben nicht bauen? Nur einen Gott gibt es, spricht jener, der spricht, seinem Dienst zu entfliehn hast Mittel du nicht. Kannst du machen, dass sich dies Bildnis regt, dann magst du beweisen, wer es bewegt; du meinst, du seist’s zu beweisen nicht pflichtig; dann hält deine Behauptung keiner für richtig. Wäre Ahrîman wirklich Gottes Geselle, wäre die finstere Nacht wie der Tag, der helle, im Jahr wären Tag und Nacht stets egal, nicht länger einmal und dann kürzer einmal. Der Raum umfasst nicht den Schöpfer der Welt, denn er ist über Raum und Zeit gestellt. Das sind einfach verrückte Rederei’n und auf die lässt sich niemand als Anhänger ein.« Solche Worte sprach er noch mancherlei, sehr mutig und wissenschaftlich dabei. Seinem Wort hielten stand nicht Mânîs Kräfte und es welkten dahin seine frischen Geschäfte. Über Mânî ergrimmte der König darauf und es kreist’ ihm bedrohlich des Schicksals Lauf. Er befahl darauf, dass man jenen fasste und schmählich entfernte aus dem Palaste. Er sprach: »Diesem Mann, der die Bilder verehrt, sei kein Aufenthalt im Palaste gewährt; denn die Wirrnis der Welt ist verursacht durch ihn. Vom Kopf bis zum Fuss muss die Haut man abziehn, dann stopfe mit Stroh man ganz voll diese Haut; dass vor diesem Ehrenplatz jedermann graut, häng man sie ans Stadttor und allenfalls häng man an die Wand sie des Hospitals.«
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So befahl er, und wie es der Schah befahl, hängten sie an das Tor ihn oder Spital. Drob sangen sein Lob auf der Welt alle Leute, wobei man Staub auf die Leiche streute.
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Šâpûr bestimmt seinen Bruder Ardašîr 2064 M zum Nachfolger Das Leben ging so über Šâpûr dahin, dass im Garten kein Dorn bei der Rose erschien, und ob seiner Klugheit, Gerechtigkeit, guten Willens, Freigebigkeit, Mutes im Streit blieb in keinem Land ihm zurück ein Feind, kein Heim auf der Welt dem, der’s schlecht mit ihm meint’. Als sein weitres Geschick ohne Hoffnung war, denn er hatte schon mehr als siebenzig Jahr’, befahl er vor sich seinen Sekretär 625 mit dem Obermȏbad und Ardašîr, seinen jüngeren Bruder, noch jung an Jahren, doch gerecht und verständig, von würd’gem Gebaren. Er besass einen Sohn zwar mit Namen Šâpûr, doch war er ein unmündiger Knabe nur. Also sprach nun der Schah zu Ardašîr vor seinen Grossen und Sekretär: »Schliesst du mit mir einen richtigen Vertrag, für den deine Zunge mir Bürgin sein mag, dass meinem Sohn, wenn zum Mann er ersteht 630 und der Sturmwind der Grösse ihn umweht, du so Schätze wie Thron und Heer übergibst und bis dahin treu ein Verwalteramt übst, will ich in den Besitz der Krone dich setzen und das Heer dir lassen samt allen Schätzen.« Ardašîr erklärte die Einwilligung vor allen den Grossen, so alt wie jung: dass, sobald sein Bub einmal mannbar würde, sodass ihm geziemte die Königswürde, 270
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er das Königreich ihm ganz übertrüge und an seiner Huld bloss fände Genüge. Als er’s hört’, übergab vor den Grossen der Held ihm das Diadem und das Siegel der Welt. Also sprach der Schah drauf zu Ardašîr: »Lass die Weltgeschäfte nicht leicht scheinen dir. (Ich vertrau dir der Grösse Krone und Thron.« »Ich gehorche«, sprach er, »als wär ich in Fron.«) Bruder, wiss’, dass ein König, der ungerecht ist, der Achtsamkeit auf sein Reich vergisst, zum Sammeln von Schätzen die Hände ausstreckt, durch Geiz unter Stolzen zum Haupt sich reckt. Heil dem Schah, der mit Rechttun die Gottheit verehrt, denn durch ihn wird im Volke der Frohsinn genährt. Durch Rechttun und Freigebigkeit zeugt er Mehrung und erteilt durch Glauben der Welt Belehrung. Er hat gut acht auf die Feinde des Lands, zu den Wolken hebt Haupt er und Kronenglanz; er häuft Schätze durch Ruh’ und Gerechtigkeit, seine Gaben zerstreun aus dem Herzen das Leid. Die Schuld einem Schuldigen nachzusehn, dem Wege der Menschlichkeit nachzugehn, wer immer nach diesen Tugenden strebt, ist von Urteilskraft, Einsicht und Klugheit belebt. Verstand braucht ein König notwendigerweise und soll belehren so Junge wie Greise. Der Leib des Volks wäre sündenbeschwert, ausser dem, der rein ist und Gott verehrt; (Eine Bresche in Recht und in Glauben schlägt, ein König, das Herz bei ihm Hass erregt). Herz und Hirn alle zwei sind des Leibes König, die Organe als Heer des Leibs untertänig; werden Herz und Hirn durch Besudlung versehrt oder hoffnungslos vom Verstand entleert, in solchem Leib wird der Geist ganz verwirrt, wie ein Heer ohne Helden nie froh sein wird;
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es wird sich zerstreun, wenn nichts hellgeist in den Staub wirft es selbst den Leib ohne Geist. Wird ferner der König zum Unrechtsverüber, dann geht in der Welt alles drunter und drüber; nach seinem Tode wird man ihn verfluchen und ihn als »König Glaubenslos« buchen. Hab zum Glauben Vertrau’n, und er soll dich erbau’n, denn auf ihm beruhn so Erbau’n wie Vertrau’n. Wenn ein König zu anderen Wegen sich wandt’, von der Welt soll er waschen so Herz wie Hand; es wird all sein Volk aus dem Land sich zerstreuen und so von seinem Hofe die Königsgetreuen. Fällt dir nicht der Spruch jenes Weisen ein, dass man halte das Herz von Täuschung rein: (Jeder Schah, den man lobt und den man verehrt, dem wird, was er anpackt, alles gemehrt.) Einen Unterdrücker den soll man verachten. Verkehr nicht mit Leuten, die gierig trachten. Mein Bruder, wisse, vom König erharrt der Kluge ein Handeln von allerlei Art: Erstens: dass den Krieg er siegreich beende, vom Feinde im Kampfe des Antlitz nicht wende; zweitens: dass das Heer er halte im Recht und den Vorzug kenne des Manns von Geschlecht; denn wer des Königtums wert will erscheinen, will adlige Krieger nicht unter Gemeinen; drittens: dass er Geradheit im Herzen hege, nicht in die Gerechtigkeit Trug hinein lege; viertens: dass für die Untertanen und für seine alte Dienerschaft er die Tür seiner Schatzkammer nicht hart verschlossen hält, sodass manche Frucht von den Baumzweigen fällt. Der Königshof werde vom Heer bewacht; für das Heer hab er auf die Schatztüre acht; wenn dein Schatz durch Gerechtigkeit stets sich erneut, 654.2 König Glaubenslos: Šâh-i bî-dîn
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erfreut dich ein Schatz und dein Heer wird erfreut. Deine Leibwaffen halte für deine Zier; vielleicht eines Nachts sind sie nötig dir. Nie seist deiner Wächter ganz sicher du; willst du vollsicher sein, sieh selber dazu. Schliesslich kommt dir der Tod mit Sicherheit, ob du dunkel nun seist oder Leuchte der Zeit.« Der Bruder weinte. Er lebte noch ein Jahr, als der letzte Wille geschrieben war. Er ging und liess dies zum Gedächtnis stehn. Vermeid es, den Samen des Geizes zu säen! Denn am Ende kommt auch dein letzter Tag und der Feind geniesst deiner Mühen Ertrag. Solang Hurmuzds und Bahmans Normen regieren, will ich im hohen Palast residieren. Aus dem Krug, der niemals sich mindert, schenk ein du, des Hâšim Spross, den rubinroten Wein! Ich bin dreiundsechzig Jahre und taub: was such ich hier Ehre und Glanz vom Staub? Jetzt will die Geschichte des Schahs Ardašîr ich erzählen und du, du merke sie dir.
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XXXI Regierung des Ardašîr-i Nîkôkâr Sie währte zwölf Jahre.
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Thronbesteigung Ardašîrs und seine Verfügungen an die Häupter von Îrân Als nun auf dem Thron sass Schah Ardašîr, war er für des alten Šâpûr Thron die Zier. Gegürtet liess die Îrânier er kommen und als unterm Goldthron sie Sitze genommen, sprach er so: »Aus des hohen Himmels Drehen soll niemandem, will ich, ein Schade entstehen. Stimmt die Welt meinen Willensneigungen zu, so seht ihr mich anders nie als in Ruh, und wenn unser Tun nun der Welt nicht gefällt, so eingen wir uns mit dem Laufe der Welt. Mein Bruder gab mir deswegen den Thron, weil noch zu klein zum Regieren sein Sohn. Seinen Manen soll Lobpreis gespendet sein, denn er machte den Boden von Feinden rein. Wächst Šâpûr-i Šâpûr erst einmal heran, findet Ehrung Krone und Thron bei dem Mann, übergeb ich ihm Thron, Kron’ und Heeresmacht, denn so ist’s mit Schah Šâpûr ausgemacht. Ich bin sein Platzhalter hier auf dem Thron und Erinnerung an seines Vaters Person. (Ihr müsst der Grechtigkeit immer gedenken; bestrebt euch, lasst von ihren Normen euch lenken.) 7 Manen: lat: Totengeister im röm. Ahnenkult
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XXXI Regierung des Ardašîr-i Nîkôkâr
Du siehst: wir geniessen und leer ist sein Platz. Wenn du stirbst, ist all deine Müh für die Katz.« Nachdem er die Welt durch zehn Jahre so lenkte, genoss, und die, die er wollte, beschenkte, ohne Steuer, Tribut und Zoll zu verlangen, regierte er fort, ohne was zu empfangen. Deshalb ward ihm der Name Nîkûkâr zuteil, denn durch ihn blieb jeder stets vollkommen heil. Als Šâpûr nun geeignet wurde zum Throne, übergab er ihm jene glückliche Krone. Jener Brave brach nicht die Vertragsverpflichtung, er hielt männlich sie ein in jeglicher Richtung.
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XXXII Regierung des Šâpûr ibn Šâpûr Sie währte fünf Jahre und vier Monate.
Thronbesteigung des Šâpûr ibn Šâpûr 2070 M und Verfügungen an die Häupter Als Šâpûr sich setzt an des Oheims Stelle, ward der Sinn viele froh und mancher nicht helle. Also sprach er: »Ihr, die die Welt ihr geschaut, mit Klugheit und Weisheit und Ratschlag vertraut, ihr müsst wissen: ein jeder, der trügerisch spricht, steht niemals bei uns in hellem Licht. Es gehört nicht zur Klugheit, Trug zu üben, durch sie nur ist Grösse im Stand verblieben. Von Gemeinen lässt sich nicht Freundschaft erwarten, 5 säe nicht aus die Saat des Unkrauts im Garten! Ein Mann, bei dem sehr viel Verstand zuhaus, spricht über niemanden Tadel aus. Hüte du die Zunge, um nicht zu verletzen; man soll nicht den Geist durch Gift verätzen. Denn von dem, der viel vor den Leuten schwätzt, wird die eigene Ehre herabgesetzt. Wenn ein gelehrter Mann etwas spricht, hör gut zu, denn Wissen veraltet nicht. Das Herz eines Gierigen ist voller Leid; 10 vermeide Begierden nach Möglichkeit. Schliess nicht Freundschaft mit dem, der im Trug geübt, noch mit dem, dessen Willensreinheit getrübt. Im Charakter des Helden seien vier Qualitäten, alle vier eines Mannes würdig, vertreten: 276
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er sei erstens gerecht und tugendreich; im Edelsinn bleib er zweitens sich gleich; drittens einer, der stets den Mittelweg nimmt und gefallen sich lässt, was das Schicksal bestimmt; und viertens, der auch nicht Nichtiges schwätzt und nicht töricht den Ruhm in Eitelkeit setzt. Zwei Welten stehen dem Edlen offen, das Herz des Gemeinen darf nichts froh erhoffen: in dieser Welt ist sein Ruf abscheulich und drüben winkt kein Paradies ihm erfreulich. Auf der Welt bleibt auch nicht, wer sich hält für wichtig und die Worte verschwendet auf das, was nichtig. Viel Lob verdient der, der den Mittelweg schreitet und dadurch sich selber Segen bereitet. Der Weltschöpfer möge auch Beistand leihn, stets wach das Haupt eures Glückes sein! Vom Weltschöpfer sei von uns Hilfe erfleht, da der Grossen Thron dauernd für keinen besteht.« Er sprach’s und sie wandten sich alle zum Gehen; um Segen für ihn ging zu Gott ihr Flehen. Als fünf Jahre vorbei und der Monate vier, ritt der Schah eines Tages ins Jagdrevier; von Falken und Jagdhunden gabs ein Gewimmel, von dem, was da läuft und was auffliegt zum Himmel. Ein Moskitonetz stellte man ins Schlafgemach; ein wenig verzehrte und ruhte der Schah, worauf er drei Becher des Chosrauweins trank und voll Sorgen das Haupt ihm in Schlaf versank. Da geschah’s, dass sich das Gefolge verlief, indes also der Hirt der Herde schlief. Da brach ein Sturmwind los vom Gefild, wie kein Sturm seit Menschengedenken so wild. Das Fliegennetzholz stürzte nieder und brach ein gewaltiges Stück traf aufs Haupt den Schah. So ward Šâpûr der Welterob’rer erschlagen, einem andern die Krone des Reichs übertragen.
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(So ist nun das Werk dieser Welt ohne Ziel: auf der Kugel lässt jedem sie nur ein Spiel, und in schamloser Taschenspielerei bestiehlt sie jeden und legt sich’s bei.) Prahl nur mit dem Tun! Lass die Arme nur ruh’n! Wozu Kampfgier? Was prahlst du mit Schätzen in Truh’n? Auf dem dunklen Ball was als Los dir fällt: such Tugend und nicht das Geheimnis der Welt! Denn fändest du’s, liessest vor Leid du es stehn; so forsche nicht und lass das Welträtsel gehn!
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XXXIII Regierung des Bahrâm, Sohn des Šâpûr Sie währte vierzehn Jahre.
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Thronbesteigung des Bahrâm und Verfügungen an die Häupter (Einen einzigen Sohn hatte Šâpûr der König, Wissen hatte er viel, aber Jahre nur wenig.) Klug und wie sich’s gebührt gab Bahrâm der Trauer um den toten Vater einige Dauer. Als am Orte der Grösse er sass mit der Krone, sprach er also herab vom Grosskönigsthrone: »Bringt ein König Gerechtigkeitsschätze ins Haus, so wisst, solchen Schatz streut er nicht wieder aus. Mög ich finden des Herrgotts Zufriedenheit und das Herz meiner Feinde sei voller Leid! Alles Wissen ist sein und wir stehen im Dienst, wir haben Verluste und wieder Gewinst. Gott ist der Gerechte, denn sein Reich ohne Mehrung und Minderung bleibt sich gleich. Wer, um zu schenken, genügend besitzt, wer geisteswach ist, gelehrt und gewitzt, es gehört sich nicht, dass die Schatztür er sperr, insbesondre von Krone und Thron der Herr. Willst du aus dem Schatze der Worte spenden, streu aus, denn die Weisheit wird nimmermehr enden. Von Gut und von Bös musst zu Gott du dich wenden, wenn du willst, dass das Gute dir bleibe in Händen. Wenn was hässlich und schön er erfahren dich liess, findest du als Belohnung das Paradies; 279
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jedoch von der Welt die Leidenschaft wählend bleibst du in den Klauen der Leidenschaft elend. (Zieht aber die Gottheit von dir ihre Hand, so bleibst in Bedrängnis und Angst du gebannt). So ist’s und es hofft zu Gott mein Glaube, wenn das Haupt ich senke zum dunkelen Staube, dass der Herr dieser Welt mir dann Sieg gewähre und mich als die Welt erleuchtend ehre. Wenn wir auf der Welt mit Gerechtigkeit richten, ist’s besser, als ungerecht Schätze zu schichten. Denn unser Bemühn behält dann den Platz, doch dem Feind fällt zweifellos zu unser Schatz. Man denkt unser bei guter wie böser Tat; säe nicht, soweit möglich, des Bösen Saat.« Als der Schah regiert vierzehn Jahre samt Tagen, neigt die stolze Zypresse sich unter Klagen. Seine Krankheit hat längere Zeit gewährt; das Herz seines Volkes war sorgenbeschwert. Eine Tochter besass er, doch keinen Sohn; ein jüngerer Bruder stand nah dem Thron. (Er führte den Namen Jazdǝgird, ein Jüngling, der stolz tat, was er begehrt’. Diesen Jazdǝgird rief er nun heran und versammelt das Heer um sich Mann für Mann.) Ihm gab nunmehr Thron sowie Krone er, das Königssiegel, den Schatz und das Heer. Der Weltenherr schied, als er jung noch war; es waren dahin zweimal sieben Jahr’. Du Greis mit der Jahre sechzig und drei’n, wie lange dichtest du uns noch vom Wein? Auch dir kommt plötzlich das Ende genaht; nimm durchs Tor der Einkehr der Klugheit Pfad. Möge der Knecht den Beifall des Weltherrn erringen, vernünftig sein und Nützliches singen. Er bemüht sich, die Haare der Worte zu spalten, in der Finsternis als Weber zu walten.
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Wenn hier die Dichtung, die er begann, durch Greisentum endet, kommt Wunder euch an? Im Namen des Königs, der zückt das Schwert, das Haupt hoch über die Menge weg kehrt, mög das Schicksal die Wünsche des Königs erfüllen, die Spitze des Thrones den Mond umhüllen! Mit ihm sei der Thron des Reiches zufrieden, denn durch ihn ist Gewährung und Ruhm uns beschieden! Sein Weg seien Grösse und Wissen vereint, gegen ihn sei zu kurz die Hand seinem Feind! (Immer währe dem Schah Maḥmûd die Krone, Freigebigkeit strahle von seinem Throne!).
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XXXIV Regierung des Jazdgird Bazegar (des Verbrechers) Sie währte einundzwanzig Jahre.
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Jazdǝgird wurde so Weltpadischa; das Heer aus dem Lande versammelt’ er da. Mit der Krone des Bruders krönt’ er sich so, ob seines Versterbens, des unfrohen, froh, und er sprach zu den Edlen von Land und Stadt: »Wer von euch an Gerechtigkeit Anteil hat, betet erstlich zu Gott und ferner macht, dass ob meines Rechttuns das Herz froh euch lacht. Böse dulde ich nicht, die da haben Verstand, wenn nach Bösem sie vorsätzlich strecken die Hand. Wer immer von uns nach Geradheit trachtet, wer Trug und Täuschung zu üben verachtet, dessen Würde wollen wir überall mehren, von Rache und Gier unser Herz entleeren. Bei den Edlen nur suchen wir Überlegung, bei den weisen Mȏbads der klaren Erwägung. Wessen Leib einen Makel an sich trägt, wer aus Reichtum Lust zu Gewalttaten hegt, wer Gewalt übt an denen, die hilflos leben, mag er auch ob der Habe den Nacken erheben, dem treiben wir aus das Gewalttat-Begehen und der Arme soll bessere Tage sehen. Wer vor unserm Zorn sich nicht bewahrt, wer vor unsern Augen sich frech gebahrt,
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XXXIV Regierung des Jazdgird Bazegar (des Verbrechers)
sieht ein Kissen von Erde und ebenfalls ein indisches Messer sieht sein Hals. Macht die Augen klar für unsre Befehle und panzert zu diesem Kampf eure Seele.« Wie die Weiden zitterten alle jetzt, die auf Keulen und Schwerter die Hoffnung gesetzt. Als sein Herrschertum kam zum richtigen Betriebe, ward die Grösse gemehrt, doch gemindert die Liebe. Ein jeder Verständige war bei ihm gering, jedes Reichsgesetz nur ein müssiges Ding; Statthalter wie Helden, die ehrenwerten, die Edlen, die Klugen und alle Gelehrten waren samt und sonders für ihn wie Wind; sein düsterer Geist war tyrannisch gesinnt. Verlöscht waren Lieb’ und Gerechtigkeit, und auf kein Gesuch erteilt’ er Bescheid. In seiner Nähe fand niemand Halt, indes er rasch jede Schuld vergalt. Die Minister alle am Hof und Beamten, denen Glanz und Glück der Krone entstammten, schlossen untereinander einen Vertrag, dass von Land und Volk nie ein Wort man sag’; sie wanden vor Angst sich; sie war so gross, dass der Schrecken sie machte besinnungslos. Kamen von ihrer Reise die Diplomaten, kamen Leute vom Volk, die um Schonung baten –: sobald der Wesir davon Kunde gewann, nahm er eilig sich dieser Geschäfte an; mit sanfter Stimme und warmem Worte öffnet er dem Gesandten höflich die Pforte: »Der Schah ist verhindert, jetzt zu empfangen, daher ist’s euch unmöglich, zu ihm zu gelangen. Dein ganzes Gesuch hab ich ihm unterbreitet, doch hat zum Erlass er sich noch nicht bereitet.«
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Bahrâm, der Sohn Jazdgirds, wird geboren
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Sieben Jahre herrscht er schon ungefähr; alle Mȏbads waren in Leid und Beschwer. Am Beginn des achten im Mond Farwadîn, da die Sonne des Glaubens der Welt verliehn, am Hurmuzd-Tag kam ein Kind auf die Welt, dessen Omen und Glücksstern die Welt erhellt’. Der Vater benannte das Kind Bahrâm, dessentwegen sein Herz grosse Lust überkam. Der Vater berief die Sterndeuterschar, deren Worte zu hören geziemend war. Einen glanzvoll-verständigen Zukunftskünder gab’s, mit Namen Sarôš, das Haupt der Inder; Hȏšjâr hiess aus Persien ein zweiter Mann, der dem Himmel durch Wissen legt’ Zügel an. Er befahl, dass sie vor dem König erschienen, mit Verstand der Erforschung des Weges zu dienen. Mit dem Astrolab Horoskop zu stellen suchten sie und mit griechischen Tabellen. Des Kindes Horoskop, vom Forscher gestellt, ergab, dass ein König es werde der Welt; über sieben Zonen werd’ Herrscher es sein, frohsinnigen Herzens und sittenrein. Zum König schritt nun der Sterndeuterzug, der Tabellen und Astrolabien trug. Sie sprachen in Jazdǝgirds Gegenwart: »Wir sammelten Wissenschaft jeglicher Art; die Berechnung des Himmels hat uns gezeigt, er sei dem Kinde in Liebe geneigt; sieben Zonen werden bilden einst sein Reich, als mächtigen Königs, an Segen reich.« (Ihre Auskunft erfüllte den Schah mit Freude und er gab ihnen wertvolle Geschmeide.) Als jene aus dem Empfangssaale traten, da setzten zusammen sich, um zu beraten,
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des Schahs reiner Wesir und die Helden und Frommen, einem Auswege auf die Spur zu kommen: wenn nicht den Charakter des Vaters dies Kind bekäm’, würde es König, rechtlich gesinnt; wenn es anderseits wie der Vater dächte und das ganze Land drunter und drüber brächte, kein Mȏbad wär’ froh dann und kein Paladin noch gäb’s auf der Welt hellen Frohsinn für ihn. Alle Mȏbads kamen nunmehr zum Schah freimütig und gutwillig in das Gemach und sprachen: »Dies Kind mit so glücklichem Stern ist von Schmähung und jedwedem Tadel fern. Jedes Land ist deinem Befehl unterstellt, in Tributpflicht verbunden ist dir die Welt. Schenk Beachtung dem Range der Wissenschaft, da der Wissende jedem Land Freude schafft. Wähle Edle zu dem Erzieheramt, dass es Beifall finde beim Land allesamt. Tüchtig wird dann der Schah mit dem glücklichen Zeichen, sein Gebot wird Erfreuung der Welt erreichen.« Als Jazdǝgird dies von den Mȏbads vernommen, liess Gesandte aus allen Ländern er kommen; nach Byzanz sandte gleich er einige hin, in Kulturländer sonst auch, wie Hind und Čîn. Zu den Arabern liess einen Edeln er gehn, er verreiste, nach Nutzen und Schaden zu sehn. Überallhin ging einer, kundig des Lesens, für Bahrâm einen Mann des Erziehungswesens zu suchen, beredt und der Weisheit beflissen, Astrolog und mit historischem Wissen. Herbei eilten Mȏbads aus jeglichem Land, welterfahren und gütig durch ihren Verstand. Sie gelangten in das Audienzgemach; die Forscher traten dort vor den Schah. Er begrüsste und fragte sie allerhand
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und gab ihnen überall Unterstand. Des Nachts kamen Munḏir auch und Nuʿmân mit viel speeretragenden Arabern an. Von den Grossen, die also nach Persien kamen zu Jazdǝgird mit Ruf und Namen, sagte da ein jeder: »Wir wollen nur dienen; auf Befehl des Schahs sind wir eilig erschienen. Welchem Edlen ist solches Geschick bestimmt, dass das strahlende Kind an die Brust er nimmt des Weltenherrn und es Wissenschaft lehrt, sein Herz aus dem Dunkel zum Lichte kehrt? Aus Byzanz und aus Hind und aus Pârs hergezogen, Mathematiker sind wir und Astrologen; unter uns werden vielseitige Philosophen, Rhetoren und Künstler auch angetroffen. Wir sind Staub seiner Füsse Mann für Mann und führen zur Wissenschaft ihn hinan. Nun sieh wohl zu, wer von uns dir gefällt und wer dir Nutzen in Aussicht stellt.« Munḏir sprach: »Wir sind dir als Knechte ergeben, da wir auf der Welt für den König nur leben. Was wir können, das weiss Schah Jazdgird; denn wir sind die Herde und er ist der Hirt. Wir sind Reiter und rosseantreibende Krieger; über jeden Gelehrten bleiben wir Sieger. Unter uns befindet sich kein Astrolog, der mathematische Wissenschaft pflog. Wir sind der Liebe zum Schah voller Männer und unter uns laufen arabische Renner. Vor seinem Kind sind wir immer nur Knechte, seine Grösse rühmend, die wahre und echte.«
Jazdgird übergibt seinen Sohn Bahrâm dem Munḏir und Nuʿmân und sie erziehen ihn Als Jazdǝgird diese Worte vernahm, übergab er ihm den edlen Bahrâm; 286
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denn er nahm zusammen Verstand und Sinn und sah vom Beginn auf den Ausgang hin. Er befahl, ihm ein Ehrenkleid zu geben und sein Haupt bis zum Himmel emporzuheben; man schmückte dein Leib mit dem Ehrenkleid, des Königs von Jemen Ross stand bereit. Vom Palaste des Weltherrn in langer Reihe zogen Rosse, Kamele und Sänften ins Freie. Ein unzähliger Zug von Amme und Zofe erstreckte vom Markt sich zum Königshofe; vom Stadttor bis zum Palasttor wanden sich über den Markt die Festguirlanden. Als Munḏir nach Jemen gelangte, empfingen ihn Männer wie Fraun, die entgegen ihm gingen. Kaum hatte sein Heim ihn aufgenommen, liess er viele erlesene Reiter kommen; arabischen Dorfvögten gab er Empfang und Leuten von Macht, Vermögen und Rang. Aus den Adligen wurden vier Frauen erlesen, deren Herkunft sich klar wies in ihrem Wesen. Zwei Dihqânfraun und vom Kaienstamme zwei gürteten sich zum Amte der Amme. Vier Jahre wurde er also genährt, da ward satt er der Milch und die Kraft gemehrt; es bot Schwierigkeit, ihn der Milch zu entwöhnen, mit Lust hatten ihn an der Brust die Schönen. Was sagt er dann Munḏir mit sieben Jahren, da Einsicht und Grösse gesellt bei ihm waren? Er sprach also: »Oh Fürst, so hochgesinnt, mach aus mir doch nicht ein säugendes Kind! Gib mich Leuten vom Schlag des Gelehrtentums, denn jetzt kommt die Zeit meines Studiums.« Munḏir sagte: »Die Wissenschaftslehren, die kannst du, du Hochhinaus, jetzt noch entbehren. Wenn die Zeit zum Studieren herangereift 81 denn er nahm … den Ausgang hin: Etwas umgestellt.
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und wenn dich die Neigung zur Weisheit ergreift, dann lass ich dich nicht in der Halle mehr spielen und im Spiele stolze Würde erzielen.« Bahrâm erwiderte also geschwind: »Mach aus mir doch nicht ein müssiges Kind! Es fehlt nicht Verstand, doch das Alter mir Knaben und Arme und Nacken, wie Helden sie haben; du hast zwar das Alter, doch minder Verstand; meine Art ist anders als wie du’s geplant. Weisst du nicht, dass, wer die rechte Zeit wählt, das Geschäft trifft, das noch am meisten ihm fehlt. Suchst du nur den richtigen Zeitpunkt aus, treibst du aus dem Herzen die Sorge hinaus; jedes Werk zur Unzeit ist fruchtberaubt; das Beste am Menschenleib ist das Haupt. Was immer für Könige geziemend wäre, drauf erstreck sich, so wie sich’s gehört, deine Lehre. Vor Geradheit wird immer die Wissenschaft stehn; vom Anfang an muss man auf den Ausgang sehn.« Munḏir warf einen Blick ihm zu und erstaunte, indem leise den Namen Gottes er raunte. Einen vornehmen Rat sandt’ er unmittelbar drauf nach Sûrǝsân mit Eildromedar; Drei Mȏbads ersah dieser kundige Mann, die ehrenvoll lebten in Sûrǝsân: Der erste sollte die Schreibkunst ihn lehren, sein Herz aus der Finsternis aufzuklären; der zweite von Falken und Hundemeute die Wissenschaft, dass das Herz sie erfreute; den Schlegel und Bogen und Pfeil der dritte und das Schwert ihn schwingen in Feindesmitte, nach rechts und nach links hin die Zügel halten und inmitten der Helden sich stolz entfalten; und drittens, dass er von der Könige Taten, dem Reden und Vorgehn der Diplomaten dem Chosrau-entstammten Bahrâm berichte
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und was ihm bekannt von der Weltgeschichte. Als sich diese Mȏbads zu Munḏir begaben und von aller Wissenschaft Rechenschaft gaben, überliess er den Königsspross diesen drei Lehrern, er selbst ein Held aus den Wissenschaftsmehrern. So wuchs der Königsspross Bahrâm heran zum tüchtig-gerechten und mutigen Mann. Welche Tugend am Ohr auch vorbei ihm gegangen, die suchte sein Geist für sich einzufangen. Als das Alter des Edlen zwölf Jahre zählt’, wurde sonnenartig der herzhafte Held; des Bedarfs eines Mȏbads war er entbunden in Wissenschaft, Schlegel und Falken und Hunden, auf einem Kampfplatz die Zügel zu führen, das Ross anzutreiben und zu galoppieren. Und so sprach er zu Munḏir: »Am besten ist’s, dass man die Würdigen in ihre Heimat entlass’.« Er gab ihnen viel, sodass froh die Beschenkten von Munḏirs Hof die Fahrt heimwärts lenkten. Zu Munḏir sprach drauf der König weiter: »Lass nun kommen die Rosse der Lanzenreiter! Sag, dass man vor mir mit den Zügeln kehre, zu den Augen hebe die Spitzen der Speere, von dem was mir gefällt, soll die Preise man sagen; macht es auch viel Geld aus, so will ich es tragen.« Und Munḏir sprach zur Erwiderung: »Oh Fürst voll Tugend und Ehrgeizschwung! Den Hirten der Pferde den sieh hier in mir! Der Eigner der Rosse gehört gänzlich dir! (Willst du ein arabisches Ross dir kaufen,) was soll ich Gefahr der Bemühung erst laufen?« Bahrâm sprach zu ihm: »Oh du Gütiger du, deinen Wünschen geh’ ständig Erfüllung zu! Ein Pferd wähl ich, dem, wenn es auch in die Senkung galoppiert, ich aus Angst nicht muss ändern die Lenkung.
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Mach ich’s also sicheren Fusses im Lauf, nimmt zu Neujahr schon mit dem Winde es auf; hat ein Pferd keine richtige Schulung bekommen, wird Gewalt und Ungestüm nichts bei ihm frommen.« Munḏir befahl dem Nuʿmân: »Reit hinaus, wähl’ vom neuen Hirten die Rossherde aus, kreis’ um das Speerträgerfeld und gib acht, bei welchem du findest ein Pferd zur Schlacht.« Nuʿmân eilte fort und kam mit erwählten hundert Pferden wieder, mit kampfgestählten. Als Bahrâm sie erblickte, kam auf die Trift er, wendet rechts, wendet links und viele so prüft’ er, jedes Pferd, gar manches des Windes Genosse und auch unter Bahrâm versagende Rosse. Mit schwarzem Schweif einen Fuchs endlich wählt’ er, einen sturmwindfüssigen breitbrüstgen Zelter, einen Braunen sodann, das Mal anders gebrannt, wie ein Krokodil, das da käme ans Land. Von seinen Hufen entflammte sich Glut, von der Rubinbrust träufelte Blut. Munḏir zahlte für die den vollen Preis bar, deren Heimat die Waldgegend Kûfas war. Bahrâm empfing von ihm diese zwei Pferde, so strahlend wie Feuertempelherde. Wie den blühenden Apfelbaum hielt er ihn, so, dass vom Sturmwind ihm keinerlei Schädigung droh. Eines Tags sprach der Jüngling zu Munḏir sodann: »Du vernünftiger und hellgeistiger Mann, du hältst ohne Grund mich derart im Haus und lässt mich aus Furcht manchmal nicht hinaus. Wen immer du schaun magst auf dieser Welt, kein Herz, das nicht ein Verborgnes enthält. Gedanken vergilben des Mannes Wangen, die Lust lässt den Leib zur Mehrung gelangen. Beste Mehrung der Lust gibt der Schönen Leib, denn von Schmerzen befreit uns vor allem das Weib.
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Durch das Weib kriegt der Jüngling Ruh ins Gemüt, er sei König nun oder von edlem Geblüt. Der Glaube an Gott hat durch sie auch Bestand, den Jüngling zum guten weist ihre Hand. Fünf, sechs Mädchen lass daher bringen schnell, von Schönheit geschmückt und sonnengleich hell. Vielleicht werd ich eins oder zwei davon wählen und mich werden fromme Gedanken beseelen; vielleicht seh ich einen Sohn noch dazu, der verschafft mir dann einige Herzensruh. Dann wird der Weltenherr mit mir zufrieden und die Menschen erteilen mir Lob hieniden.« Als Munḏir die Worte des Jungen vernahm, da gab Beifall der alte Mann dem Bahrâm. Er befahl: »Es eile sofort jemand hin zu des Sklavenhändlers Magazin.« Der brachte vierzig Romäerinnen, begehrenswert, fähig das Herz zu gewinnen. Zwei wählte Bahrâm von den Schönen allein, Rosenhäute auf Knochen von Elfenbein, ihr Wuchs dem der schlanken Zypresse gleich, beide sehnsuchtserregend und anmutsreich. Die Harfe schlug eines der beiden Gestirne, tulpenwangig Suhail glich die andere Dirne mit Zypressenwuchs und mit Locken, die wallen; Munḏir zahlte den Preis, er fand an ihr Gefallen. Da lachte Bahrâm unter Beifall und Lob, karneolrot ward seine Wange darob.
Geschichte von Bahrâm mit dem harfenspielenden Mädchen auf der Jagd Turnierplatz und Ball waren all seine Sorgen, der Schlegelschlag heut und das Jagdrevier morgen. 163.2 tulpenwangig Suhail: W: wie der Kanopus von Jemen 165.2 karnelrot … darob: W: seine Wange wurde rot wie ein badachschischer Edelstein.
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Da geschah’s, dass er einmal – sonst war niemand mit – mit der Harfnerin in das Jagdgebiet ritt. Âzâde hiess diese Romäerin, deren Wange so hell wie Bernstein schien. Er liebte das Mädchen aus Herzensgrund und ihr Name war ständig in seinem Mund. (Auf dem Eildromedar sass er, das da rannt’, mit Âzâde der Schlanken die Harfe zur Hand). Am Jagdtag verlangte er ein Dromedar, dessen Rücken mit Seide bekleidet war; vier Steigbügel hingen an ihm herab, hinauf und hinab ging dahin es im Trab; ein Paar Bügel aus Gold und aus Silber ein Paar, von denen jedes juwelenangefüllt war. Eine Armbrust hatte er unter dem Köcher, denn im Wissen des Herzhaften gab’s keine Löcher. Da zeigten sich ihnen zwei Paare von Reh’n und der Jüngling sprach lachend zu Âzâden: »Wenn den Bogen ich jetzt in Spannung bring und dann den Knoten zum Daumenring, welches Reh willst du dass erleg mein Geschoss? Hier das Weibchen ist jung und alt sein Genoss.« Drauf sprach Âzâde: »Oh Löwenmann, mit Reh fangen Männer nicht Kämpfe an. Du musst schiessend die Geis zum Rehbock gestalten, dann zur Geis mit dem Pfeil den Bock den alten; sodann treibe das Dromedar an zur Eile, wenn die Rehe sich flüchten vor deinem Pfeile. Wenn die Kugel das Ohr getroffen hat, senkt es nieder das Ohr auf das Schulterblatt, und wie jene Kugel das Ohr ihm juckt, wird der Fuss unversehrt zur Schulter gezuckt. Mit dem Pfeil näh zusammen Fuss, Schulter und Haupt,
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175.2 den Knoten zum Daumenring: Oder das Gelenk (des Daumens) zum Daumenring?
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wenn du willst, dass man dir die Weltleuchte glaubt.« (Als er von ihr diese Worte vernahm, erinnerte sich alter Sage Bahrâm). Da spannte die Armbrust Bahrâm ǝ Gor, rief im ruhigen Feld Verwirrung hervor. Ein Pfeil in dem Köcher ist doppeltgespitzt, den er von wegen der Feldjagd besitzt. Der Rehbock flüchtete und von ferne schoss der Held dem Eiligen das Gehörne mit dem Zweispitzpfeile vom Kopfe herunter; das Mädchen blieb starr vor solchem Wunder. Damit war der Rehbock zur Geis verkehrt, denn sein Kopf war des schönen Gehörns entleert. Zwei Pfeile schoss dann, der so tüchtig im Jagen, auf den Kopf der Geis, wo die Hörner sie tragen. Die zwei Pfeile dienten an Hörner statt; wie Rubine vom Blut wurden Brust und Blatt. Zu dem anderen Paar kam das Reittier geflogen, und Kugel auf Kugel legt er auf den Bogen. Er schoss diese dem ersten Reh in das Ohr; dies gefiel ihm, der Ort war’s, den er erkor. Am Ohr kratzte sich das Reh drauf in Eil’; auf den Bogen legt er den Hartholzpfeil und Kopf, Ohr und Fuss nähte er ihm zusammen; ob des Rehs stand der Âzâde Herz in Flammen. Er sagte zu ihr: »Was ist denn der Schönen?« Âzâde vergoss einen Strom von Tränen; sie sprach: »Das ist keines Manns Tat gewesen; unmenschlich bist du und von teuflischem Wesen.« (Der Schah sprach: »Wie dieses Wild ich geschossen, in derselben Art schoss ich schon tausend Genossen.« Da sagte das Mädchen: »Du bist Ahrimen; wärst du’s nicht, wie schössest du also denn?«) 182.2 wenn du … glaubt: W: dass ich dich Weltleuchte nenne. 196.2 wie schössest du also denn: C: Kann auch heissen: in der Art schiess ich noch.
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Da ergriff Bahrâm sie und vom Sattel warf kopfüber zu Boden er sie mit der Harf’; dann trieb über sie er das Dromedar, dass auf Brust, Hand und Harfe ein Blutstrom war. Er sprach: »Oh du törichte Harfnerin! Was hatte mich so zu belisten für Sinn? Wenn die Macht meiner Brust ermüdet wäre, es raubte der Schuss meinem Stamme die Ehre.« So starb sie unter des Reittiers Tritt. Bahrâm nahm zur Jagd nie ein Mädchen mehr mit.
Bahrâm beweist seine Tüchtigkeit im Jagdrevier Die Woche darauf – sein Gefolg stolze Leute – ritt ins Jagdrevier er mit Falken und Meute. Einen Löwen sah er in der Bergwildernis, wie er eines Wildesels Rücken zerriss. Den schwarzen Bogenwinkel da spannt er, sprang aufs Ross und den Drei-Federnpfeil entsandt’ er. Löwenherz und Esel sind pfeilverbunden, der Leu blutet oben, der Wildesel unten. In der folgenden Woche nun ritten mit Nuʿmân und Munḏir ins Jagdgebiet, auch viele edle Araber waren geladen, sie wussten den Weg zu Nutzen und Schaden. Nun verlangte Munḏir, dass Bahrâm ǝ Gor ihnen Reitkunst und Körperkraft führe vor. Auf dem Feld kam in Sicht eine Straussenschar, jeder Strauss lief rasch wie ein Eildromedar. Wie Bahrâm ǝ Gôr diese Strausse ersah, geschwind wie der Sturmwind stürmte er da; den Bogen strich lachend er mit der Hand und steckte vier Pfeile ins Gürtelband, um sie nacheinander vom Bogen zu senden und jenen damit das Leben zu enden. Auf dem schnellen Pfeil wusst’ die Feder entzwei
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er zu spalten durch kunstvolle Jagdschiesserei. Der zweite Pfeil sass keine Nadelspitze über oder unter des ersten Sitze. Da ging hin und besah’s, wer von Edlen dort war; 215 des Ritters Schuss war genau auf ein Haar. Da liess Munḏir ihm Beifallsrufe erschallen mit den kriegrischen Speerträgern allen. Munḏir sagte zu ihm: »Du bist meine Lust (wie eine Rose im Frühlingsblust.) Dass nie dein Schimmergesicht sich verziehe und dem Ort deines Gürtels die Jugendkraft fliehe!« Sobald Munḏir seinen Palast betreten, hob die Achtung vor Bahrâm sich zu den Planeten. Aus Jemen rief Künstler in grosser Zahl er; 220 es sammelten an seinem Hof sich die Maler. Er befahl, dass von dieser Pfeilschusssache auf Seide man ein Gemälde mache: einen Reiter wie Bahrâm von riesiger Stärke, unter ihm ein Kamel und die Schusswundwerke, breitbrüstig, gewandt, mit gefährlichem Dräun, die Armbrust, das Reh, Wildesel und Leun, dann den Strauss und den Pfeilschuss und Tal und Busch: all das malt man auf Seide mit schwarzer Tusch. Einen Reiter entsandt’ er zum Schah aus dem Felde 225 und überschickte ihm dieses Gemälde. Als nun dieser Bote zu Jazdǝgird kam, da sammelten sich um das Bild des Bahrâm alle die Edlen erstaunt im Kreise und waren einig in seinem Preise. Als das, was er konnte, ward offenbar, eilten alle hin zu dem Schahrǝjâr.
Bahrâm kommt mit Nuʿmân zu seinem Vater Jazdgird Den Vater fiel Sehnsucht nach Bahrâm an: was Bahrâm! die Sonne ersehnt’ der Tyrann. 295
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Bahrâm der Leu sprach zu Munḏir: »Wie gerne bliebe bei dir ich lang in der Ferne, doch der Wunsch nach dem Vater lässt mich nicht ruhn und mein Herz treibt mich, ihm Genüge zu tun. Da rüstete Munḏir, wie’s ziemlich war, aus Jemen Geschenke dem Schahrǝjâr von goldgezäunten arabischen Rossen, von Gütern, die den Ruf des Wertes genossen, von Stoffen und Schwertern des Landes Jemen, Produkten der Bergwerke zu ʿAdan. Nuʿmân war des Bahrâm Reisegenoss, der beim Vater grosse Achtung genoss. So führte nach Isṭachr beide der Weg; von den Königen handelte ihr Gespräch. Als zum Könige nun die Nachricht kam von der Ankunft Nuʿmâns und des Sohnes Bahrâm, gingen alle Mȏbads ihnen entgegen, vom Hofe die Klugen und Herzensregen. Wie der König von Ferne Bahrâm erschaut, seinen Glanz und wie Arme und Hüften gebaut, befiel ihn Erstaunen über sein Wesen, wie Wuchs, Benehmen und Äuss’res erlesen. Als er ihn gegrüsst und viel Fragen getan, wies in seiner Näh’ einen Platz er ihm an. In der Herberge gab er Nuʿmân Quartier und Bahrâm ein Gebäude ganz nach Gebühr. Zu seiner Bedienung sandte für ihn er, wie es seiner Würde entsprach, auch die Diener. Bahrâm war beim Vater die ganze Zeit und wich nicht aus seiner Ergebenheit. Einen Mond hatte Nuʿmân beim König geweilt, als die Heimreise anzutreten er eilt. 244.2 und wich … Ergebenheit: W: kratzte (juckte) nicht den Kopf aus Ergebenheit. 245.2 als die … anzutreten er eilt: Es kann auch heissen: Der König wünschte, dass er heimreise.
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In der Nacht sandte er jemanden, liess Nuʿmân rufen, setzt ihn gegen sich an des Thrones Stufen und sprach: »Munḏir hatte viel Plackerei, da Bahrâm er aufzog so frank und frei. Ich bin ihm deshalb vergeltungspflichtig. Eure Liebe ist mir vor allem wichtig. Seine Weisheit gefällt mir, die Klugheit desgleichen, er sucht als das Ziel Verstand zu erreichen. Du hast dich am Hof verweilt sondermassen; dein Vater schaut sicherlich schon auf die Strassen.« Man gab ihm aus dem Schatz fünfzigtausend Dinar mitsamt einem Briefe des Schahrǝjâr; gold- und silbergezäumt führt man aus dem Stalle zehn der edlen Pferde, berühmtest alle; an Decken und Sklaven ward nicht gespart und an Farbe und Duft und Gut aller Art. Aus des Königs Schatz brachte alles Mihrân (und gab es des Munḏirs Sohne Nuʿmân.) Froh öffnet das Tor er der Freigebigkeit und bedachte dem Rang gemäss auch das Geleit. An Munḏir schrieb einen Brief der Schah, so wie dies dessen Würde entsprach, zu preisen, was er seinem Sohne gewährt, dessen Bund der König von Jemen begehrt: »Dieses Tun zu vergelten bin ich bestrebt, da ob solchen Sohns mein Haupt sich erhebt.« Auch Bahrâm ǝ Gôr aber schrieb einen Brief: »Meine Sachen hier stehen ganz fürchterlich schief; Vom Schah hab ich wirklich es nicht erwartet, die Bewachung des Jüngern wär also geartet; 246 er: Jazdgird 248.2 ist mir vor allem wichtig: W: ist mein Ôrmuzd. 260–261 Vom Schah … Dirham freut : Diese zwei Verse lassen sich auch so übersetzen: »Von des Königs Behandlung hab ich nicht erwartet, / sie wären wie die eines Sklaven geartet; / ich bin weder Sohn noch auch Diener heut / noch am Hofe ein geringer Mann, der sich freut.«
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ich bin weder Sohn noch auch Diener heut noch wie ein Prolet, den der Dirham freut.« Nuʿmân ward sein Denken geoffenbart von des Weltenherrn übler Gewöhnung und Art. Als Nuʿmân vom Königshof Abschied nahm und wieder zu Munḏir dem Edeln kam, übergab des Weltenherrn Brief er Munḏir; der küsst ihn und legt ihn sich an die Stirn. Er überhäufte die Gaben mit Lob und bezeugte die grösste Freude darob. Dann ging jener dann, Munḏir das zu sagen, was Bahrâm ihm insgeheim aufgetragen, worauf, als der Schreiber ihm vorlas den Brief, die Wangen des Edlen fahl Gelb überlief. Er verfasste ein Antwortschreiben sofort; an glücklichem Rat enthielt es manch Wort. »Sieh zu«, so hiess es im Brief des Beraters, »dass den Kopf du nicht wendest vom Wege des Vaters. Alles Gute und Böse des Königs nimm hin, sei ergebenheitsvoll und voll klarem Sinn. Geduld lässt die Übel vorübergehn, ein Fürst muss vernünftig die Welt verstehn. Das ist so der Gang der vergänglichen Welt; es ist keiner von uns, der ihr Widerpart hält. Ein Herz hat der Himmel der Liebe voll und ein Herz voller Hass und stirnrunzelndem Groll. Die Welt schuf der Schöpfer auf diese Weise, du musst, wie man auftischt, essen die Speise. Sollte späterhin irgendetwas dir fehlen an Dinaren oder goldwerten Juwelen, so schick ich es dir. Lass die Sorge nur fahren! Keiner Sorge wert ist ein Schatz von Dinaren. Zehntausend Dinar will ich jetzt dir senden vorderhand zum Zwecke der nötigen Spenden. Die Sklavin, die einst dich beratend geführt,
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und im innern Gemach dein Herz hat gerührt, die bringe ich dir zugleich zur Stelle, dass sie dir deine düstere Seele erhelle. Hast du späterhin irgend Not an Dinaren, lass den König nur keine Schwermut gewahren, denn ich sende dir, was du brauchst, sogleich, aller Arten Werte aus diesem Reich. Sei huldigend stets und Lobredner sei und durch deine Huldigungen gedeih. Du kannst unmöglich vom Weltenherrn im Geheimen abtrennen den bösen Kern.« Er sandte zehn der arabischen Reiter, beredt und ihm freundlich und herzensheiter; sie gelangten zu Bahrâm und der Held empfing Freunde und Sklaven und Beutel mit Geld. Der kluge Bahrâm ward drob frohgesinnt, alle Schmerzen im Herzen wurden zu Wind. Seither hat er nach Munḏirs Rat Tag und Nacht dem Schah seine Huldigung dargebracht.
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Jazdgird sperrt Bahrâm ein und er kehrt zu Munḏir zurück So geschah’s, dass er, als ein Fest stattfand, nun wieder einmal vor dem Könige stand. Wie er lange so stand, kam ihm Schläfrigkeit und vom Stehen wurde ihm lange die Zeit. (Beide Lider liess zueinander er gehn, das Herz wurde schwer ihm vom langen Stehn.) Als der Vater die Augen sah zu alle zwei, stiess vor Zorn er aus einen heftigen Schrei; er rief dem Henker: »Fort mit meinem Sohne! Er schaue in Zukunft nicht Gürtel noch Krone! Mach sein Zimmer zum Kerker ihm! Komm dann sofort! Er gehört nicht an diesen glorreichen Ort!« Er hütete herzenswund nun das Zimmer; 299
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dies Jahr sah das Antlitz des Vaters er nimmer. Am Naurȏz- und Sade-Feste allein erschien er vor ihm in der Mitte der Reihn. So blieb es, bis Ṭainȏš, der Diplomat der Romäer, als Bote dem Könige naht’ mit Sklaven und Gold und Tribut gesandt vom romäischen Kaiser in dieses Land. Als er kam, begrüsste ihn höflich der Schah und rüstet ein Heim, wie’s dem Range entsprach. Da sandte Bahrâm eine Botschaft ihm zu: »Oh du Kluger, Alleserreichender du, über etwas verlor der Schah die Geduld mit dem Sohn und hält zornig ihn fern ohne Schuld. Mach ein Bittgesuch, dass er mich dir gewähre; vielleicht strahlt dann aufs Neu meine welkende Ehre. Vielleicht lässt er mich zu den Erziehern fahren, die mehr als Vater und Mutter mir waren.« Als Ṭainȏš nun diese Botschaft vernahm, erfüllte er diesen Wunsch des Bahrâm. Ins bekümmerte Herz kam Freudigkeit, denn er war aus der hilflosen Haft jetzt befreit. Die Armen beschenkt’ er in reichlicher Weise und rüstete sich unverzüglich zur Reise; sein Gefolge berief er zu sich geschwind und führte es fort in der Nacht wie der Wind. »Wir sind Gott sei Dank fort und in Sicherheit«, so sprach er, »und sind jetzt vor Furcht gefeit.« So kamen im Lande Jemen sie an, da zogen entgegen ihm Kind, Weib und Mann; auch Nuʿmân und Munḏir kamen herbei und die speereschwingende Reiterei. Als Munḏir Bahrâm ganz nahe war, verfinstert den Tag der Staub seiner Schar. Beide Edlen stiegen herab von den Pferden und Bahrâm berichtete Angst und Beschwerden. Munḏir weinte viel, als er die Worte vernahm:
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»Wohin führt ihn sein Stern?« so fragt er Bahrâm. »Da er niemals den Weg des Verstandes wandelt, so fürcht’ ich die Strafe, wenn er so handelt.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Es sei ihm fern, dass er merken müsste den Unglücksstern.« Wo er war, liess er rasten ihn von der Reise, häufend Gütebeweise auf Gütebeweise. Nur der Tummelplatz war sein Geschäft und Gelage und noch Schenken dazu und des Kampfes Plage.
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Jazdgird kommt nach Ṭȏs 2093 M [und das Wasserpferd tötet ihn] so in P Darüber verstrich nun einige Zeit. Im Palast war der Vater, der Sohn war gar weit. Doch Jazdǝgirds Kummer und Lust kamen bald durch den schnellkreisenden Stern zum Halt. Er war ob des Königtums sorgenschwer und versammelte Mȏbads von überallher. Den Sterndeutern trug nun der König auf, 320 genau zu beachten der Sterne Lauf: wann denn der Tod aus der Welt ihn nehme, dass Finsternis Haupt und Helm überkäme? und wenn es gescheh’, wo das Schicksal ihn fasse, sodass die Wange des Königs erblasse? Der Sterndeuter sagte: »Es liege fern der Todesgedanke dem Weltenherr! Nimmt das Schicksal des Königs schlechteren Lauf, so suche die Quelle Sau er auf. Zum Besuche von Ṭȏs lass’ er mit den Trompeten 325 und den Pauken den Marsch des Gefolgs antreten. Letzte Einsicht findet sich an diesem Ort; solcher Tag zog noch nicht an dem Ort ihm fort. Wenn dem Wissen er nachgrübelt, ist es nicht gut; solch Geheimnis steht ja in Gottes Hut.« Da der Schah dies vernahm, schwor er hoch und teuer: »Beim Sonnenlicht, Charrâd- und Barzîn-Feuer! 301
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Nie seh’ ich mit Augen von Sau diesen Born, weder wenn ich in Lust bin noch auch wenn in Zorn!« Drei Monde noch kreiste des Himmels Bewegung, durch Blutung des Schahs kam die Welt in Erregung; aus der Nase kam Blut ihm in starkem Ergusse. Von überallher kamen ratend die Medikusse. Wenn acht Tage ein Arzt es zum Stocken gebracht, floss das Blut wie Tränen die nächsten acht.
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Jazdgird kommt über Zureden eines Mȏbads 2094 M zur Quelle Sau und das Wasserpferd tötet ihn nicht in P »Oh König«, also sprach zu ihm der Weise, »du bist abgewichen von Gottes Gleise. Du meinst, den Krallen des Tods zu entgehn? Wo würde der Tod nicht bereit für dich stehn? Der Weg steht dir frei, durch die Šahder Au 335 in der Sänfte zu kommen zur Quelle von Sau, um daselbst zu Gott, zu dem reinen, zu beten und in Demut den heissen Boden zu treten. Sprich also zu ihm: ›Ich ohnmächtiger Knecht hab den Geist umnetzt mit des Eides Geflecht. Jetzt kam ich dorthin, wo mir naht meine Zeit, vor dich, Richter der wahren Gerechtigkeit.‹« Als der König dies hörte, ging er darauf ein; auch schien’s für sein Leiden von Nutzen zu sein. Man brachte dreihundert Sänften und Tragen 340 und der Weg übern Šahdstrom ward eingeschlagen. Tag und Nacht in der Sänfte drin reist er in Eile, aus der Nase rann Blut ihm von Weile zu Weile. Als zur Höhe er kam der Quelle Sau’s, stieg, den Strom zu beschaun, aus der Sänfte er aus. Er nahm Quellwasser, dass auf den Kopf es ihm rann, und rief Gott den Geber des Guten an. Eine Zeitlang kam aus der Nase kein Blut; er ass in Gesellschaft des Weisen und ruht’. Da wurde er dreist: »Dein Wille geschah. 345 302
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Wie lange bleib ich nun eigentlich da?« Als der König des Volks so hochmütig ward, der an sich selbst nur das Gute gewahrt, da kam ein weisses Pferd aus dem Strome herauf, rund-wildeselkeulig und kurz im Lauf, das zornig löwengleich wusste zu traben, hoch und schwarzhodig, mit Augen wie Raben, schweifschleppend, die Mähne am Nacken sich bäumend, schwarzhufig, leunartig und aus dem Maul schäumend. Zu den Grossen sprach also da Jazdǝgird: 350 »Das Gefolge möge umringen dieses Pferd!« Der Hirt ging und zwei, kundig Füllen zu reiten, mit dem Sattel und schwingend die Fangschnur vom Weiten Wie kann der Schah Gottes Geheimnisse kennen, der den Drachen lässt auf den Weg ihm rennen? Zurück blieb der Hirt und die ganze Schar; darüber ergrimmte der Schahrǝjâr. Mit Sattel und Zaum in die Nähe des Pferds begab er sich; ruhig war ihm das Herz. Am Ort, wo es stand, blieb das Pferd ganz zahm, 355 dass es keinen Fuss vorwärts noch rückwärts nahm; es nahm auch den Zügel vom Weltenherrn und liess sich den Sattel auflegen ganz gern. Den Gurt zog er an nach der Sattelauflegung; jenes Ungeheuer stand ganz ohne Regung. Er trat hinter das Tier, festzubinden den Schweif, da plötzlich ward laut der steinhufige Greif, er brüllt und versetzt ihm aufs Haupt einen Tritt; in den Staub schlug sein Haupt und die Krone mit. Jazdǝgird kam aus Staub, ist zu Staub jetzt zerstoben; 360 was verlangst von den sieben Sphären du droben? Von ihrem Drehn kannst du dich nicht befrein: wie soll ihre Verehrung von Nutzen dir sein? Nimm die Zuflucht zu Gott, dem einzigen, weisen, dem die Sonne dient, der den Mond lässt kreisen! – Als erschlagen er war, lief das Wasserpferd schnell
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wie der Staub zu jenem tiefblauen Quell und im Wasser drin kam sein Leib ausser Sicht; solch ein Wunder erschaute die Welt noch nicht. Vom Gefolge erscholl es wie Paukengruss: »Oh Schah, oh, dich führte das Schicksal nach Ṭȏs!« Und jeder zerriss sein Gewand von den Leuten, indem sie mit Staub ihren Nacken bestreuten. Vom Mȏbad ward dann seine Brust aufgeschnitten, das Gehirn und Gekröse in Körpersmitten, alles wurde mit Kampfer und Moschus gefüllt, in Brokat des Königs Leib trocken gehüllt, mit Seide hell seine Brust zugedeckt, eine Moschuskrone aufs Haupt ihm gesteckt. In Goldsarg und Sänfte aus schwarzem Holze reiste also nach Pârs der Herrscher, der stolze. Der vergänglichen Welt Brauch ist’s nun einmal: vergnügt ist der eine, der andre voll Qual. (Meinst du, dass auf der Erde du Ruhe erlangst von dem Himmel, dem hohen? Sei immer in Angst!) Du bist froh, doch die Welt stimmt da nicht überein; ist das Mahl erst verzehrt, bleibt das Beste der Wein. Religion verehren ist besser als Sünde; wenn nur jedem der Weg dazu offenstünde.
Die Grossen setzen Chosrau auf den Thron Als ins Grab man den König der Welt getan, kamen weinend die Grossen herzu aus Îrân; Statthalter mit Mȏbads und Paladinen, verständig-hellgeistige Beamte erschienen, sie alle kamen zusammen in Pârs; am Grabe des Königs Jezdeger wars; wie Gustaham, der Elefanten gefällt, wie der Sohn des Gušasp, Qâran der Held, wie Mîlâd und Âraš, der Grenzkommandant, wie der Rosstumler Pêrôz aus Gurzǝbân-Land, ferner jeder, der Fürst war in Îrân und Held,
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alle Grossen und Tapferen aus aller Welt, wen Jazdǝgird jemals geringgeschätzt, die kamen zur Stadt zusammen jetzt. Gušasp, schreibkundig, mit Redegewalt, sprach also: »Ihr Edlen, so jung wie alt, unser Schöpfer hat, seit die Schöpfung ward, keinen König geschaut noch von solcher Art. Er kannte nur Morden und Schmerzen und Quälen, vor Geringern so Absicht wie Schätze verhehlen. Keiner sah einen grösseren Schurken, noch melden uns von einem solchen die früheren Helden. Auf dem Thron wollen keinen wir aus seinem Samen! Wir beklagen zu Gott seinen Staub, damit Amen. Und der stolze Bahrâm ist sein Sohn und hat echt sein Gehirn und sein Herz, seinen Sinn, sein Geschlecht. Von Munḏir schwätzt immerzu dieser Sohn; kein Frevler soll sitzen auf unserem Thron!« So schworen sie denn einen schweren Schwur, wer da war von îrânischen Häuptern nur; »Aus diesem Samen soll keiner die Krone mehr tragen und sitzen auf hohem Throne!« Darin kamen aufbrechend sie überein: der König sollte ein anderer sein. Als vom Tode des Weltenherrn die Kunde inmitten der Grossen machte die Runde, beim Schah von Alân und des Heeres Spitzen, bei Bîward und Šaknân mit goldenen Mützen, (als zum Rustamspross Bihzâd-i Barzîn sie kam und aus Kai Qubâds Stamme zum Helden Sâm) sprach ein jeder: »Der Königsthron gehört mir, von der Erde hinauf bis zu Fischen und Stier.« In der ganzen Welt schlug Empörung empor, als der Thron seinen Kronenträger verlor. Die îrânischen Helden und Paladinen 394.2 bis zu Fischen und Stier: W: bis zum Sternbild der Fische
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und Mȏbads, wer hellgeistig war unter ihnen, die kamen zusammen in Pârs, um zu tagen und um zu erörtern folgende Fragen: »Wer ist würdig, zu sitzen auf diesem Thron? Wer ist die für solch Amt geschickte Person? Ist kein Freigebger und Gerechter zu finden, der zum Throne den Goldgurt sich könnte binden, dass die schicksalsverhängte Verwirrung bezwing er? Königslos ist die Welt wie ein Vogelzwinger.« Einen alten Mann gab’s mit Namen Chosrau, einen edlen, hellgeistig, voll Seelenruh; der stammte aus edlen Geschlechtern zur Gänze, von den wohlhabenden Leuten der Grenze. Man übertrug ihm Krone und Thron und ein Heer strömte ihm zu von überallher.
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Bahrâm Gôr erhält die Nachricht 2098 M vom Tode seines Vaters Bahrâm ǝ Gôr wurde nun mitgeteilt, welch unseliges Schicksal den Thron ereilt: »Dein Vater, der stolze König, verblich, 405 er verblich und das Königtum nahm er mit sich, und mit Eidschwur kamen sie überein, aus dem Samen dürfe kein König mehr sein; Bahrâm sei sein Sohn und wie er gebaut, vom Samen des Vaters mit Hirn und mit Haut. Einen Namen haben sie auf den Thron gesetzt, so heissen denn Chosrau sie König jetzt.« Als er’s hörte, zerkratzte die Wange Bahram; ob des Vaters Tod war sein Herz voller Gram. Zwei Wochen lang scholl aus dem Lande Jemen 410 (von Mann, Weib und Kindern Geklag und Geflehen.) Einen Monat sass in Trauer der Schah, bei Mondbeginn rüstet er Thron und Gemach. Es kamen zusammen Munḏir und Nuʿmân und die Araber Jemens auch Mann für Mann. 306
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Sie entrichteten alle der Tränen Steuer und kochten vor Schmerzen auch ohne Feuer. Die Zunge öffneten sie aus der Sperre: »Oh du tugendvoller und hoher Herre! Uns ist allen die Erde bestimmt als das Ende und keiner, der dafür ein Heilmittel fände. Es muss sterben, wen je eine Mutter gebar; (bieten Gottes Gnade die Herzen wir dar!«) Zu Munḏir sprach also Bahrâm ǝ Gor: »Unser Leben kommt jetzt mir sehr düster vor. (Hat der Schah sich gesetzlos und heftig gezeigt, blieb er diesem Gefild doch stets freundlich geneigt.) Wird von diesem Samen der Königsnamen gebrochen und bricht seine Würde zusammen, dann macht man der Reiter Gefild zu Ruinen und es wird zu Gräbern den Beduinen. Vergesst dies nicht! Leiht mir Beistand in Not! Haltet Trauer nach meines Vaters Tod!« Munḏir vernahm dieses Wort des Bahrâm, worauf er zu mannhafter Antwort kam; er sprach also: »Mein Schicksal besagt: ›Verbringe dein Leben hier mit der Jagd.‹ Du sitz’ auf dem Throne und schaue zu, trag’ das ganze Jahr Krone und Armreif du.« Alle Edlen auf diese Rede hin, die Munḏir gesprochen mit mannhaftem Sinn, erhoben sich vor dem adligen Mann und rüsteten sich zum Anstürmen dann. Munḏir befahl dem Nuʿmân: »Du geh, aus jungen Löwen rüst’ eine Armee; zehntausend aus Šaihân und aus Ġassân bring kampfgeschulter Krieger heran! Ich will den Îrâniern zeigen, wer ihr König mit Ruhm ist, mit Schatz und mit Heer.« Nuʿmân versammelt zu wuchtigem Heere die Männer der Schwerter und Träger der Speere.
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Er befahl, dass man in das Land einbreche und zertrete die ganze Landoberfläche. Von Sûrǝsân bis nach Ṭîsǝfûn wird nun das Land von den Hufen der Pferde verwirrt, kleine Kinder und Weiber schleppt fort das Heer; gegen solche Qual gibt’s nicht Gegenwehr; Verwüstung herrscht und der Brände Lohn; denn müssig steht der Grosskönige Thron. Kunde kam nach Byzanz dann sowie nach Čîn, zur Türkei und nach Hind und nach Mukrân hin, der Thron von Îrân sei von Königen leer, keiner habe die Würde des Grosskönigs mehr. Da bereitet sich alles zur Heeresfahrt, zu Plünd’rung und Freveln jeglicher Art. (Vom Grosskönigstamm wollte keiner sich zeigen, der es wagte, den Kaienthron zu besteigen.) Da erfasste jeden nach Îrân Begierde und er hob seinen Nacken zur Königswürde.
Die Îrânier schreiben an Munḏir einen Brief und dessen Antwort Als dies den Îrâniern ward mitgeteilt, dachte jeder an Hilfsmittel unverweilt; das sie alle in missliche Lage geraten, setzten sie sich zusammen, um zu beraten: »Die Sache hat jegliches Mass überschritten; von Byzanz und Hind und den Jemeniten gilt’s ein Mittel zu finden, um uns zu retten, Herz und Seel’ zu befrei’n aus der Sorgen Ketten.« Sie suchten sofort nach einem Gesandten, einem edlen und klugen und redegewandten; Ǧuwânôj war dieser Held genannt, ein Schreibkünstler und sehr redegewandt; – auf dass er, wenn er zu Munḏir käme, selber spräche und seine Rede vernähme. 441.2 den Jemeniten: W: den Reitern der Steppe
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Er hatte zu sprechen: »Oh Fürst, es befällt ein schwer’ Bedürfnis nach dir nun die Welt. Du bist von Îrân und Mukrân der Wächter, überall die Stütze Tapfrer und Echter. Da der Thron ohne König und Krone nun ruht, rot das Land wie Fasanengefieder vom Blut, musst du sein, so meinen wir, Herr jenes Lands, es erhält dann durch dich wieder Wert und Glanz. Jetzt ist alles durch dich Verwüstung und Morden und Plünd’rung und stürmender Angriff geworden. Du warst doch vordem nicht voll Schlechtigkeit; hast du Angst nicht, dass man dich vermaledeit? Sieh zu, dass es sei, wie dein Herz es meint, wie dem greisen Haupte es nützlich erscheint. Denk, dass ausser dir noch ein Richtender lebt, der hoch übers Denken der Höchsten sich hebt, der Gesandte sagt dir, was vor Augen ihm kam und was er von kundigen Männern vernahm.« Der gelehrte Ǧuwânôj reiste nun weiter in das Steppengelände der Lanzenreiter. Er sprach mit Munḏir und gab ihm den Brief, indem Auftrag und Wort ins Gedächtnis er rief. Der Araberkönig vernahm, was er sprach, dann öffnet den Mund zum Bescheid nicht der Schah. Er sprach also: »Was du mir da vorgetragen, das musst du, Gelehrter, dem Grosskönig sagen. Sag, was du gesprochen, Bahrâm dem Schah, wenn Bescheid du suchst, weist den Weg er dir nach.« Ǧuwânôj gab einen Edlen er mit, worauf dieser zum Hofe des Königs schritt. Als Bahrâm ersah der gelehrte Mann, da rief er sogleich den Weltschöpfer an; erstaunt blieb ob seiner hohen Gestalt der Scharfsinnige und ob der Körpergewalt; es war, als ob Wein seinem Antlitz entflösse und Moschusduften sein Haar ergösse.
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Der Beredte war wie von Ohnmacht besessen und hatte die ganze Botschaft vergessen. Bahrâm erkannte, dass er verwirrt war, 465 durch den Anblick ihm Auge und Herz beirrt war; mit Höflichkeit fragte er mancherlei ihn und setzte ihn gütig zum Throne hin. Er fragt ihn, als kühner schon war sein Gemüt: »Weshalb hast aus Îrân du her dich bemüht? Deine Mühe soll bei uns dir Früchte treiben und dein Schatz soll nicht ohne Füllung bleiben.« (Er berichtet den Auftrag und gab ihm den Brief, indem alles er sich ins Gedächtnis rief.) Er sandte mit ihm einen klugen Mann, 470 zurück ihn zu führen zu Munḏir, sodann mit dem Auftrag: »Schreibe im Brief den Bescheid, schreib Antwortsworte der Glückhaftigkeit. Hernach sieh zu, was ihm aufgetragen, hör ihn an, vollständig Bescheid dann zu sagen.« Ǧuwânôj kam und berichtete drauf, drob blühten Munḏirs Wangen frisch auf. Als ihn hörte der Mann, der da blickte so tief, entwarf er die Antwort auf jenen Brief. Er sprach zu Ǧuwânôj: »Die Böses begehn, 475 können nicht, du Kluger, der Strafe entgehn. Ich hörte die Botschaft, die du vorgetragen, und von jenen Edlen die Grüsse mir sagen. Nun sag: wer hat denn den Anfang gemacht, dass man unnütz nach Kampf muss suchen und Schlacht? Der Grosskönig Bahrâm ǝ Gôr ist hier, der Würde und Heer hat und Glanz und Zier. Wer die Schlange will zerren aus ihrem Verstecke, geb’ acht, dass mit Blut er den Saum nicht beflecke. Hätte ich allhier den Rat zu erteilen, 480 würde die Îrânier kein Unheil ereilen.« Ǧuwânôj hatt’ ins Gesicht dem Schah gesehn und vieles gehört, was er sprach,
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und gefragt, ob denn nicht wohl dem Throne er so Grösse- wie Sieg- und Glücksbringer wär. Nun geschah’s, wie er Munḏirs Worte vernahm, dass ein heller Gedanke ihn überkam. Er erwiderte also: »Erhabener Mann, der jedes zur Weisheit entbehren kann, ist den Männern Îrâns der Verstand genommen, sind viele der Edlen ums Leben gekommen, ich allein such nach Ruhm und bin schon betagt; wenn du hörst, sei von mir auch ein Wörtlein gesagt. Du und Grosskönig Bahrâm, ihr solltet beide zuversichtlich den Boden betreten mit Freude, in Îrân erscheinen mit Falken und Hunden, da der welterleuchtende Schah nun gefunden. Du hast der Îrânier Worte vernommen; es entsteht kein Schade aus euerem Kommen. Das was nottut sagst du selber sodann als der Torheit ferner, verständiger Mann. Du hältst fern deinen Sinn von bösem Handeln und dich können Schmähung und Vorwurf nicht wandeln.« Als Munḏir dies hörte, beschenkte er ihn und liess aus dem reichen Land heimwärts ihn ziehn.
Bahrâm Gôr kommt nach Ǧahram und die Îrânier kommen zu ihm Ohne Zuhörer sassen Bahrâm und er mit den Räten beratend, was nun zu tun wär. Er wählte dreissigtausend der Araberreiter, alle lanzentragende tapfere Streiter, er machte sie blühend mit Dinaren und liess Stolz in die Häupter der Edeln fahren. Als Îrân davon die Nachricht vernahm und Ǧuwânôj zu seinen Tapferen kam, wurden drob die Grossen von Kummer befallen und machten sich auf zu den Feuerhallen. 311
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Sie flehten zu Gott, dass den Krieg er am Ende zu Fröhlichkeit und zu Festen wende. Als Munḏir gelangte in Ǧahrams Näh’ – durchs Gefild ohne Wasser zog die Armee –, schlug Schah Bahrâm auf das Königszelt und es sammelt sich ringsum das Heer auf dem Feld. Zu Munḏir sprach er: »So bist du denn nach Ǧahram gezogen, oh Rat, aus Jemen; wollen Krieg wir jetzt führen mit Redereien, da die Heere stehen Reih’ gegen Reihen?« Ihm erwiderte Munḏir: »Ruf nun die Vasallen! Und kommen sie, decke den Tisch ihnen allen! Hör an, was sie reden, und rede auch du; mancher redet sich heiss; verlier du nicht die Ruh’. Wir erforschen der Seelen innersten Kern: wen sie ausrufen wollen zum Weltenherrn. Wir wenden als Mittel an, ist er entdeckt: wenn es leicht geht, bekämpfen wir ihn versteckt. Doch wenn sie aus Hass sich zum Kriege versteigen, sich krümmen und Panternaturen zeigen, will die Ebne von Ǧahram in Blut ich baden; aus der glänzenden Sonne mach ich Plejaden. Ich weiss, wenn sie erst dein Angesicht sehn, deine würd’ge Gestalt, deine Güte erspähn, deine Klugheit und Einsicht und Wissenschaft, deine Ruhe und Kenntnis und Geisteskraft, dann bestimmen nur dich sie zu jenem Throne, für die Zierde des Glückes und für die Krone. Doch wenn ab sie vom richtigen Wege kämen und wollten das Recht zum Thron sie dir nehmen, dann würde mit Reitern und scharfen Degen ich den jüngsten Tag auf der Welt erregen. Du sähst, wie ich krümmte die Augenbrauen; meinem Leib, meiner Seele kannst du vertrauen. Wird von ihnen mein zahlloses Heer gewahrt, meine Ordnung, mein Brauch und Weg und Art,
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drittens dass wir ans Blutvergiessen gewohnt und dass Gott uns beisteht, der richtend thront, (dass mit vollem Recht das Reich als dein Erbe vom Vater zum Vater der Sohn nun erwerbe) dann wollen sie keinen als dich auf dem Thron, die des Schmucks und der Krone würd’ge Person.« Und als er hörte, was Munḏir sprach, da lächelt frohklopfenden Herzens der Schah. Als das Sonnenhaupt über dem Berggrat flammt’, da rüsteten sich in Îrân insgesamt entgegenzugehn alle Edlen und Werten; auch liess man versammeln sich alle Gelehrten. Bahrâm setzte man auf den Elfenbeinthron, auf das Haupt setzte er jene wertvolle Kron’. Den Sitz rüstet er nach der Grosskönige Brauch, war er selber doch der Weltenherr auch. Munḏir sass nun an Bahrâms einer Seite, Nuʿmân mit dem Schwerte nahm ein die zweite, und Kreis um Kreis in dem Königszelt waren Arabergrosse nur aufgestellt. Wessen Sinn von Îrâniern treu war und rein, fand sich auch auf der Schwelle des Zeltes ein. Da befahl er, den Vorhang aufzuheben, und laut, durch die Tür ihnen Einlass zu geben. Da nun jeder vor Bahrâm den Schah gelangte und sah, wie mit Krone und Thron er prangte, riefen alle ein lautes: »Heil dem Herrn! Die Hand des Bösen bleib immer dir fern!« Er befragte sie huldvoll bei dem Empfang und wies jedem den Platz an nach seinem Rang.
Rede Bahrâms zu den Îrâniern über seine Thronberechtigung und deren Ablehnung derselben Also sprach Bahrâm: »Gereift an Jahren seid ihr, oh Vasallen, und welterfahren. 313
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Von den Ahnen her ist das Königtum mein; weshalb sollt’s eure Gnadengabe jetzt sein?« Die Îrânier riefen da laut ihm zu: »Lass nicht uns verharren im Unheil du! Wir wollen zum König dich nimmermehr! Land und Volk ist unser, dein ist ein Heer! Durch dieses Geschlecht sind voll Rauch wir und Malen! Winden Tag und Nacht uns stöhnend in Qualen!« Da erwiderte Bahrâm: »Das ist wohl wahr: die Leidenschaft zwingt jedes Herz immerdar. Wenn ihr mich nicht wollt: ohne mich zu befragen, weshalb wird einem andern mein Sitz übertragen?« Da sprach ein Mȏbad: »Vom Wege des Rechts weiche keiner, ob niedern ob Königsgeschlechts. Sei einer von uns und den König wähle, dass jeder ihm huldge mit freudiger Seele.« Aus Îrân einen König zu suchen – die Frage beschäftigte sie nun drei volle Tage; hundert Namen von Edlen wurden notiert, durch die Thron und Krone würden geziert; auch Bahrâm befand sich unter den Hundert, denn er war im Reiche beliebt und bewundert. Dann wurde auf fünfzig zurückgegangen; sie waren voll Planen und Zielverlangen. Auch Bahrâm war unter den fünfzig gebucht; nur sein Recht sucht, wer väterlich Erbe sucht. Worauf bald statt der fünfzig nur dreissig man zählte, mit Ruhm und Verdienst aus Îrân Erwählte. Bei den dreissig war Bahrâm wieder voran, junger Schah und kronentragender Mann. Vier brachten die Mȏbads zur engeren Wahl und wieder war Bahrâm in dieser Zahl. Als also die Königswahl kam in die Enge, rief, wer alter Îrânier war in der Menge:
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»Nein, Bahrâm, den wollen wir nicht, der ist zwar herzhaft, doch leichtsinnig und Egoist.« Inmitten der Grossen scholl Lärm allerwärts, dadurch wurde hitzig jedwedes Herz. Munḏir sprach zu den îrânischen Scharen: »Ich möchte denn doch einmal gründlich erfahren: was mag bei dem jungen Schah euch so schmerzen und was habt ihr gegen ihn auf dem Herzen? (Auf Erden kein Schah, der an Wissen dem gleicht, der im Aussehn den Mond am Himmel erreicht; sein Pfeil ist’s, der einen Amboss durchschlägt so stark, dass er ihn von der Stelle bewegt; an Jahren noch jung, doch an Weisheit ein Greis und tüchtig und herzhell und der vieles weiss).« Die Grossen schickten zur Antwort sich an: sie beriefen Verstümmelte aus Îrân. Wer von Jazdǝgird seinerzeit wurde verletzt, die sammelten sich auf dem Felde jetzt. Der hatte von Hand und Fuss nur den Stumpf, (nur das Leben behalten und einen Rumpf;) der hatte die Hände und Zunge und Ohren, dass ein geistloser Körper nur blieb, verloren; dem waren die Schultern vom Leibe gesägt: ob der Wunden war Nuʿmân erstaunt und erregt; dem waren die Augen mit Nägeln zerhaut: voll Zorn wurde Munḏir, da er es schaut’. Schwerer Kummer fiel deswegen Bahrâm an, der des Vaters Staub ansprach: »Unseliger Mann! Weshalb hast du das Auge der Lust dir verbunden und weshalb meinen Geist mit Feuer entzunden?« Zu Bahrâm sprach also Munḏir der Held: »Dies Grässliche birgt man nicht vor der Welt. Du hörtest es. Nun antworte drauf: Es steht die Stumpfheit nicht schön einer Majestät.«
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Bahrâm spricht zu den Îrâniern über seine Thronberechtigung
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Bahrâm sprach nun also: »Oh ihr geehrten Sehr-Edlen, Erfahrnen und Tatenbewährten! Was ihr sagt, ist wahr, ja es war noch schlechter und mein Tadel des Vaters ist ein gerechter. Auch ich hab davon zu kosten bekommen und es hat meinem Geiste die Helle genommen; denn sein Palast wurde mir zum Gefängnis, 565 bis Gott mich begnadete in der Bedrängnis, aus seiner Hand Ṭainȏš in Freiheit mich setze, aus dem Netz, das den wunden Geist mir umnetzte. Ich habe mich dann zu Munḏir geflüchtet, denn vom Schah hab ich Freundlichkeit niemals gesichtet. Mög’ das Wesen der Menschen sich nie so gestalten, sonst wäre nicht Menschlichkeit aufrechtzuerhalten! Dank sei Gott, der mich mit Verstand hat begabt, sodass sich mein Geist am Verstande labt. Ich flehe zu Gott, er möge fortan 570 als Führer zum Guten mir weisen die Bahn, und mochte die Menschen der Schah auch peinigen, dass wir Seele und Herz von der Sünde reinigen! Wir trachten, dass Ruh’ und Gerechtigkeit werde; ich will Hirt sein und das Volk sei die Herde. Nach dem Herzenswunsch des Volks will ich leben und will Gottes Gesetzen die Ehre geben. Was hilft’s, wenn’s da Einsicht und Tüchtigkeit gibt? Kein König ist tüchtig, der Unrecht übt. Da Elend und Trug der Verzweiflung entspriessen, 575 muss man über Tyrannen Tränen vergiessen. Das Königtum erbt’ ich von Ahnen zu Ahnen, guten Willen besitz ich und kluges Planen; 574.2 Kein König … Unrecht übt: W: Hoher Mut ist vorhanden, Verstand, Einsicht und Tüchtigkeit; ein König, der Unrecht übt, hat keine Tüchtigkeit.
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von Šâpûr-i Bahrâm bis zu Ardašîr waren jung und alt alle Könige mir Vorahnen sämtlich vom Vater zum Sohn, meine Führer zu Weisheit und zu Religion. Šamîrân ist meine Mutter entstammt, gleichen Kern, gleiche Art haben wir allesamt. Mir ist Tüchtigkeit eigen und Würde, Verstand und Reitkunst und Mut und Stärke der Hand; hinter keinem brauch’ ich zurückzubleiben im Kampf und beim Fest und bei allem Betreiben. Verborgen gehäuft ist ein Schatz mir zu eigen und der Edeln viel, die sich königstreu zeigen. Durch Gerechtigkeit lass ich die Welt gedeihn; ihr sollt alle durch sie froh-zufrieden sein.
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Die Îrânier schliessen mit Bahrâm einen Vertrag 2109 M über das Königtum mit der Bedingung, dass er die Krone aus der Mitte der Löwen holt Ich schliess’ mit euch wieder einen Vertrag, für den meine Zunge bei Gott bürgen mag: Auf dem elfenbeinernen Grosskönigsthrone 585 soll liegen diese glorreiche Krone; wir holen zwei Löwen aus Waldgebüschen und legen die Königskrone dazwischen; wir fesseln die Leun rechts und links von ihr. Wer nun hegt nach dem Königtume Begier, komm und nehme die Krone vom Elfenbeinthrone. Es setze auf das Haupt der Held die Krone. Rechts und links je ein Leu, sitz’ dazwischen er munter, die Krone auf ihm und der Thron darunter. Kein andrer als er soll König uns sein, 590 sofern er gerecht ist und sittenrein. Kehrt von dem, was ich sagte, ihr ab euch verdrossen, und wählt einen andern stolzen Genossen, (dann statt meinesgleichen, der schritte ganz vorn, seht ihr Lanzen der Reiter wie Unkraut und Dorn) 317
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ich und Munḏir mit Keulen und Schwerterstreichen – es kennt kein Araberheld ein Entweichen – wir machen zu Staub den, der bei euch thront, und streuen die Häupter empor übern Mond. Ich habe gesprochen. Nun sagt mir Bescheid! Überlegt dieses Ordal euch mit Glückhaftigkeit!« Er sprach’s und erhob sich und trat in das Zelt. Seine Rede verblüffte die ganze Welt. Wer an Helden und Mȏbads und sonst von Îrân diese Worte des klugen Schahs hörte an, der sprach: »Es ist göttliche Majestät, kein Trug, der von einem Tollen ausgeht! Von Rechtlichkeit zeugt all das, was er sagte; sie wäre wohl das, was den Herzen behagte. Was er sprach von den wütigen Löwen den zwein und von Krone und Königsthron mitten darein: – wenn ihn die wütigen Löwen zerreissen, wird kein Richter uns schuldig am Blute heissen, denn er selbst ersann ja diese Methode, und wir mögen auch froh sein bei seinem Tode. Doch wer also die Königskrone erlangt und an Glanz den Firȇdûn selbst überprangt, es ist klar, dass nur der unser König sein muss. Wir richten nach seinem Wort uns und Schluss.«
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Bahrâm Gôr nimmt die Krone 2110 M aus der Mitte der Löwen Die Nacht verging. Als der Morgen kam 605 und der Schah auf dem Thron seinen Sitz wieder nahm, schickt er aus und rief die Îrânier herbei und sprach vom verflossenen Tag mancherlei. Da riefen die Mȏbads alle laut: »Oh Schah, mehr als die Weisen mit Wissen vertraut, 595.2 Ordal: Im Gerichtsverfahren galt das Gottesurteil als sicheres Beweismittel. Der Angeklagte wurde höchster Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt. Überlebte er, so hatte Gott zu seinen Gunsten eingegriffen.
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was gedenkst du als Grosskönig vorzubringen, gelingt’s dir, das Königtum kühn zu erringen? Was willst du an Rechttun und Gradheit verrichten, um Täuschung und schiefen Trug zu vernichten?« Also gab er Antwort jenen gesamten Weisen und Helden, den edelentstammten: »Ich will Gaben vermehren anstatt Geschwätze und will Unrecht vermindern, Gesuch und Gehetze. Wer immer des Königtums würdig erschienen, den Boden verteilt ich nach Rechten ihnen; mit Einsicht und Recht will das Volk ich betreuen, mach’ ich sicher es, mich der Gerechtigkeit freuen. Wer immer noch ist in der Armut Macht, wird reich aus gesammelten Schätzen bedacht. Wer einmal gefehlt hat, wird bloss verwarnt, wer ein zweitesmal fehlt, mit Fesseln umgarnt. Dem Heere wird pünktlich der Sold ausbezahlt; der Verständige erhält, dass sein Herz ihm erstrahlt. Im Einklang halte ich Zunge und Denken; den Geist will von Trug und von Wirrsal ich lenken. Wenn jemand stirbt und lässt keine Verwandten und es ist übermässiger Nachlass vorhanden, den bekommen die Armen und nicht das Aerar; die vergängliche Welt hält mein Herz nimmerdar. Sachverständige Männer ratschlagen mit mir; durch Belehrung zerbrech’ ich das Rückgrat der Gier. Den Wesir frag’ ich immer um seine Meinung und geh’ auf den Grund jeder Neuerscheinung. Wenn irgendjemand sein Recht bei mir sucht, so jag’ ich die Zuhörer nicht in die Flucht. Wer Gerechtigkeit sucht, soll sein Recht erhalten; nur das Recht soll in meinen Entscheidungen walten. Das Böse bestrafe ich an dem Bösen; so entspricht es der Könige Weg und Wesen. 619.1 Aerar: lat. Aerarium, Gesamtvermögen des Staates, Fiskus, „Staatskasse“
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Dafür will Gott ich zum Zeugen erküren; Verstand soll stets meine Zunge regieren.« Da sprachen so Obermȏbad wie Weise, sachkundige Helden in gleicher Weise alle laut: »Dir gehört als Herrn unser Leben! Deiner Herrschaft und Einsicht sind wir ergeben!« So sprach Schah Bahrâm: »Ihr Männer von Geist, die ihr die richtigen Wege weist, wenn darüber auch hundert der Jahre verstreichen, vom Gesagten lass Geist ich und Seele nicht weichen. Sonst vor Erbe und Königtum ekelte mich, hernach sässen da wir elendiglich.« Als von ihm diese Worte die Mȏbads vernahmen, die Herzhellen, Klugen und Edlen von Namen – da bereuten sie das, was sie früher gesprochen, und Heilmittel suchten, die etwas verbrochen. So ging denn ihr lautes Reden umher: »Wer wäre zum König wohl würdiger als er? An Herkunft, an Männlichkeit, Einsicht und Reden, an Reinheit des Sinns übertrifft er jetzt jeden. Zur Gerechtigkeit hat ihn der Herrgott erschaffen; möge nie ein böses Geschick ihn erraffen! Alles Gute erlangten wir aus seinen Händen, wir würden zu Lust und Genuss uns wenden. Bringen Wirrnis wir in die Rede hinein, so schläfern das Haupt des Verstandes wir ein. Dieser Körperbau, dieser Wuchs voller Würde – wer ist auf der Welt, der ihm gleichkommen würde? (Ein Araberheer ist’s, das hinter ihm steht, Munḏir, der durch dick und dünn mit ihm geht). Wenn er selbst eigenmächtig den Thron sich erst nahm, wer wär auf der Welt dann mehr als Bahrâm? Welche Angst jagten wir Îrânier ihm ein? Eine Handvoll Staub würden wir ihm sein.« Sie sprachen zu Bahrâm: »Oh Mann voll Ruhm,
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du wärst uns genehm schon fürs Königtum. Keinem war deine Tüchtigkeit noch bekannt, deine Redekunst, Wissenschaft, scharfer Verstand. So haben Chosrau wir vom Stamme Pašîn zum Königtum unsern Beifall geliehn; durch Eid und Vertrag sind wir ihm verpflichtet, der Eid gibt ihm Recht, wenn er Schaden anrichtet. Wird als Schah von Îrân er fortan verehrt, wird das ganze Land vom Kriege verheert; ein Teil wird dem Bahrâm Vertrauen schenken, die andere Hälfte an Chosrau denken. Gerechter ist wohl mit dir ein Vertrag, dass die Welt dir in Zukunft gehorchen mag. Der Löwenkampf kann den Vorwand abgeben; künftighin wird keiner nach Macht mehr streben.« Sein Einverständnis erklärte Bahrâm, da der Vorschlag ja von ihm selber kam. Der Könige Brauch war folgender Art: wenn vom Glücksgeschlecht einer König ward, kam zu ihm der Obermȏbad herbei und brachte der herzhellen Weisen drei; worauf auf dem Thron er ihn Platz nehmen liess und besagten Thron segnete sowie pries; er brachte ihm auch die Krone von Gold, die zur Zier und zum Glanze ihm dienen sollt’; dann setzt er auf’s Haupt ihm der Krone Prangen und drückt an die Brust froh die beiden Wangen; brachte irgendjemand ihm Spenden dar, gab dem Bittenden alles der Schahrǝjâr. Dem Mȏbad nun gab man Krone und Thron, aus der Stadt zog der glückhafte Mann davon. Held Gustahm hielt sich ein Löwenpaar, das, wütend, mit Ketten gefesselt war; die Kampflöwen zerrt man zum Mȏbad hin; der sie zerrte, verlor vor Schreck fast den Sinn. Dann band man sie fest am Elfenbeinthrone
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und setzt auf die Elfenbeinecke die Krone. Auf Krone und Thron sah die ganze Welt, wie die Tat vollende der siegreiche Held.
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Bahrâm und Chosrau kommen auf das Feld. 2113 M Bahrâm tötet die Löwen und setzt sich auf den Thron Bahrâm und Chosrau kamen nun auf die Heide zu den Löwen, die Herzen voll Blut alle beide. Als Chosrau erblickte das Löwenpaar und die Krone, die mitten hineingelegt war, sprach er zu den Mȏbads: »Es gebührt erstens dem, der ein Königreich anstrebt, dies Diadem; ich bin alt und er jung – und dies ist das zweite; mit Leunpranken bin ich zu schwächlich zum Streite. Die Vorderhand hat er in diesem Belang; 665 er hat Jugend für sich und sein Leib ist nicht krank.« Bahrâm sagte ihm: »Das stimmt schlechtweg. Was wahr ist, das halten wir nicht im Versteck.« Eine Rinderkopfkeule ergriff Bahrâm, dass Verwundrung die ganze Welt überkam. »Oh Fürst«, so sagte der Mȏbad sodann, »du verständiger, kenntnisreich-adliger Mann, wer befiehlt dir den Kampf mit den Löwen, mein Sohn? Was ausser dem Königtum hast du davon? Für die Herrschaft geopfert sei nicht dein Leben, 670 der Vernichtung du selbst von dir preisgegeben! Wir wären dran schuldlos. Es ist so dein Wille. Der Welt steht das Herz vor Erwartung stille.« Da sagte Bahrâm: »Glaubensprüfer, fürwahr, du bist schuldlos daran wie die übrige Schar. Den Leun bin ich ebenbürtiger Gegner. Mein Wunsch geht nach dem Bekämpfen Verwegner.« Der Mȏbad sprach: »Mög Gott Zuflucht dir sein! Wenn du gehst, mach dein Herz von den Sünden erst rein!« 322
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Und Bahrâm Schah tat so, wie er’s geraten; er ward rein durch Bereuung der sündhaften Taten. (Kopf wusch er und Leib in der rinnenden Welle und sucht auf dem Feld zum Gebete die Stelle. Zu dem reinen Gott im Gebete sich bückend, beide Wangen zum dunkelen Staube drückend, sprach zum Herrgott er also: »Oh Schöpfer der Welt, mach, dass deinen Knechten der Sieg zufällt! Dein Knecht sucht deshalb Gerechtigkeit, dass die Welt er von allem Bösen befreit. Mach ausharrend im Kampfe Seele und Sinne, dass ich Oberhand über die Löwen gewinne!« Von dort kam zurück der verständige Schah und ging ungesäumt seiner Aufgabe nach). Mit der Rindskopfkeule schritt er heran; kampflustig sahn ihn die Löwen nahn, worauf rasch einer Ketten und Bande zerbrach und lossprang auf den erhabenen Schah. Der versetzt ihm aufs Haupt einen Keulenschlag, dass aus seinen Augen ihm wich der Tag. Auf den andern hieb mit der Keule er dann, dass das Blut aus dem Aug’ auf die Brust ihm rann. Der König nahm Platz auf dem Elfenbeinthrone, er setzte aufs Haupt sich die glorreiche Krone. Chosrau trat nun vor ihn mit Ehrenbezeigung: »Erhabener Schah«, sprach er mit Verneigung, »mit Glück throne allzeit als unser König! Die Helden der Welt sei’n dir untertänig! Du bist Herrscher, wir Knechte, die dich verehren! Deine Güte soll unser Gedeihen mehren! Wir flüchten zu Gott, der uns Zuflucht wird und den Weg dem weist, der vom Weg sich verirrt.« Die Grossen streuten Juwelen auf ihn, indem sie ihm Lob und Preis verliehn. Auf der ganzen Welt gabs Gelärm und Gelag;
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im Âḏar war dies Fest am Sarôštag. (Denn Bahrâm erfasste das Grosskönigtum, durch Thron und Glanz sucht’ er Grösse und Ruhm). Gewölk kam und nahm dem Monde das Licht; aus der schwarzen Wolke schneit es dicht; nicht der Strom ist zu sehn und nicht Fläche noch Hügel, in der Luft sehe ich keinen Rabenflügel. (Immerdar streut er die Produkte hin – was hat denn der hohe Himmel im Sinn?) Mir blieb Pökelfleisch, Brennholz und Gerste nicht, bis zur Gerstenernte ist nichts in Sicht; vor der Grundsteuer Angst und finster das All; die Welt vor Schnee wie ein Elfenbeinball; die ganze Geschichte geht drunter und drüber, hilft mit etwas ein Freund nicht noch aus, ein lieber. Jetzt will von den wundersamen Geschichten ich die allerwundersamste berichten.
686.2 Sarôštag: Am 17. Tage des 9. Monats (Âḏar)
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XXXV/1 Regierung des Bahrâm Gôr Sie währte 63 Jahre.
Bahrâm besteigt den Thron, trifft Anordnungen für die Beamten und schreibt Briefe an die Vasallen
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Von der Sonne erfolgte zur Thronbesteigung Bahrâm ǝ Gôrs eine Glückwunschbezeugung. Er begann mit Verehrung des Schöpfers der Welt, der sie wachsam und schauend in Händen hält, des Herrn über Sieg und des Bösen Verhinderung, des Herrn über Mehrung und über Verminderung. (des Herrn über der Gerechtigkeit, Herrn über Geist, der das tägliche Brot gibt und Wege weist.) Also sprach er dann: »Meinen Herrscherberuf bekam ich von ihm, der das Schicksal schuf. Zu ihm heg’ ich Hoffnung, vor ihm heg’ ich Bangen und für’s Gute Dank, das er mich liess erlangen. Auch ihr sollt euch an seiner Güte ergetzen und dürft die Verpflichtung gen ihn nicht verletzen.« Da sprachen aus Îrân alle Vasallen: »Wir wollen zum Dienste die Gürtel schnallen! Auf dem Schah sei die Krone voll Segen ständig und so Mut wie Glück ihm allzeit lebendig!« Und alle, die huldigten seinen Befehlen, die schütteten aus vor ihm die Juwelen. Also sprach Bahrâm: »Ihr an Ansehen Reichen, die ihr kennt von Glück und Unheil die Zeichen, 2 Er: Bahrâm Gôr
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wir alle sind Knechte und Gott ist nur Einer, der Verehrung würdig ansonsten ist keiner. Vor üblen Tagen soll nicht mehr euch bangen und ein Anlass euch fehlen, zum Feind zu verlangen.« So sprach er, worauf sich alle erhoben unter wiederholtem Huldigen und Loben. Mit Gesprächen verbrachten sie diese Nacht. Als am Himmel die Sonne wiederum lacht, setzte ruhig der Schah auf den Thron sich nieder; zur Audienz kamen die Îrânier wieder. Also sprach nun Bahrâm: »Ihr edlen Herrn, ihr weitberühmten mit glücklichem Stern, lasst auf Gott uns vertraun, lasst uns fröhlich sein, ohne Prahlen das Herz von der Welt uns befrei’n.« Er sprach’s. Jeder Held begehrte sein Ross. Sie rüsteten ihm ein königlich Schloss. Als am dritten Tag er sass auf dem Thron, sprach er: »Verbergt nicht die Religion! Für Gottes Dasein lasst Zeugnis uns geben, unsern Geist nach Glaubenswissenschaft streben, Paradies gibt’s und Hölle und Auferstehung, aus Gut und aus Bös’ gibt’s für uns nicht Entgehung. Wer nicht glaubt an den Tag des jüngsten Gerichts, der gelte an Glauben und Wissen dir nichts.« Als am vierten Tag auf dem Elfenbeinthrone auf das Haupt er sich setzte die herrliche Krone, da sprach er: »Nie kann ich mich an den Schätzen so wie an zufriedenen Menschen ergetzen. Ich werbe nicht um die vergängliche Welt, sodass mich nicht Angst vor dem Fortgehn befällt. Sie ist nur ein Durchgang und ewig das Drüben; enthalt dich der Gier und lass nichts dich betrüben.« Am fünften sprach er: »Dass andre sich plagen, soll nur, wenn ich abhelfen kann, mir behagen. Nach dem seligen Eden trachten wir stet; heil dem, der nur Saaten des Guten gesät!«
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Am sechsten sprach er: »Den Untertanen wollen nie wir etwas Verderbliches planen. Wir wollen das Heer vor dem Feinde bewahren und Furcht einflössen den feindlichen Scharen.« Als am siebten er sass, sprach er: »Edele Männer, verständig und wach und des Weltlaufs Kenner! Wenn wir geizig sind bei geizigen Leuten, sind wir in Gesellschaft der Ganzgescheuten. Alle, die sich nicht warm mir zugesellen, will ich schlechter noch als mein Vater stellen, die aber Gehorsam zu mir stets bewahren, sollen nie Leid, Schmerz oder Qualen erfahren.« Als am achten Tage er sass, da befahl der Schah den Ǧuwânôj zu sich in den Saal und sagte zu ihm: »Schreib allen Vasallen, in allen Ländern den Vornehmen allen, einen Brief voll Rechttuns und Liebe also: ›Bahrâm sitzt auf seinem Throne nun froh, der auf Freigebigkeit und auf Wahrheit sieht und jegliche Lüge und Täuschung flieht, voll Lieb’ und Gerechtigkeit, Würde und Pracht, der des reinen gerechten Gotts nur hat acht. Jeden, der mir gehorcht, werde gerne ich sehn; wer Zuchtmittel beseitigt, lässt reifen Vergehn. Auf dem Throne des Vaters sitz ich nun auch nach des rechtlichen Richters Tahmûraṯ Brauch. Nur Geradheit kommt gegen jeden in Frage, tritt auch viel des Truges bei ihm zutage. Ich will noch gerechter sein als meine Väter und weise den Weg euch als Gottesanbeter. Zardušt ist zum Glauben mir der Prophet, auf dem Weg meiner Ahnen wandle ich stet. Wir folgen Zardušt, dem alten Propheten, des Wahrheitskündenden Weg zu betreten. Ihr alle seid Herrscher der eignen Person, seid Wächter des Grenzlands und der Religion,
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über Weib auch und Kind wird euch Herrschaft zuteil: den Klugen und Reingesinnten ein Heil! Wir füllen nicht Gold in den Schatz hinein und lassen dadurch den Armen in Pein. Wenn das Leben mir schenkt der Schöpfer der Welt und der Sterne Schädigung ferne mir hält, sollt ihr einst ein fröhliches Buch noch lesen und draus Wert auf ewig und Gutes erlesen. Dem ganzen Reiche bestellt meinen Gruss! Es sei Liebe vor allem vom Kopf bis zum Fuss!‹« Sie setzten die Siegel auf Brief um Brief, worauf er mit Heilgrüssen Boten berief. Mit den Briefen machten sich Kluge und Weise und scharfsinnige Reiter nun auf die Reise.
Bahrâm Gôr nimmt Abschied von Munḏir und Nuʿman und erlässt den Îrâniern die Steuerrückstände
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Als am andern Tage die Himmelsleuchte den Berg bestrich und den Schlaf verscheuchte, da begaben zu Munḏir sich hin jene Scharen, (die im Herzen voll Furcht vor Bahrâm waren:) »Bring beim König ein Bittgesuch für uns ein! Er mög uns die schuldbaren Taten verzeihn! Denn Jazdǝgirds Frevel waren derart, dass das Blut drob im Herzen der Edlen erstarrt. Ob der hässlichen Reden und ob der Verfehlungen, ob des Unrechts, der Foltern und zahlreichen Quälungen wurden unsere Herzen für Bahrâm kalt; denn jener Schah kränkte uns mannigfalt.« Da ging Munḏir hin und erweichte den Schah, indem er für sie warme Worte sprach. Er verzieh, waren ihrer Vergehn auch nicht wenig, denn Gemüt besass und gerecht war der König. 52.2 vom Kopf bis zum Fuss: W: Kette und Einschlag
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Er rüstete einen Grosskönigspalast; dorthin kamen nun alle von Wert und Glast. Als den Raum man der Grösse zuende geführt, wies man jedem den Sitz an, der ihm gebührt. man rüstete Tische auf allen Seiten, liess Wein kommen, Lauten und Spieler der Saiten. Am zweiten Tag rückten andere nach; (nicht des Schenkens müde wurde der Schah.) Es gab Fest und gab Lust und gab Weingelage; fern blieb Kummer dem Königspalast durch drei Tage. Er erzählte, was Munḏir für ihn, und Nuʿmân, diese beiden Reingesinnten, getan. Von den Grossen wurde ein Hoch ausgebracht auf das reiche Gefild und die Männer der Schlacht. Darauf öffnet der Schah die Türe zum Schatz und verziert mit Dinaren und Seiden den Platz, Waffenröcken und Rossen samt ihrem Geschirr, Wohlgerüchen, bunt-buntem Juwelengeflirr, als Geschenk für Munḏir und Nuʿmân gewählt, von Ǧuwânôj ihnen dann vorgezählt. Seine Freigebigkeit überstieg jedes Mass, da sein Eifer keinerlei Hemmung besass. Alle Araber auch, die reichlich beschenkten, waren froh, als die Rosse sie heimwärts lenkten. Dann bracht’ er ein königlich Ehrengewand, ein Ross und ein Kleid, wie es Helden anstand; mit Höflichkeit gaben dem Chosrau sie dies, dem man auch einen glückhaften Sitz anwies. Zu Narsî kam der Grosskönig dann von Chosru, vom Thron kam er auf seinen Thronsessel zu. Sein Bruder war der, ein Herz, eine Zunge; es war jünger an Jahren der vornehme Junge. Er machte zum Pahlawân ihn vom Heere, dass das Land in Ordnung gehalten wäre. Das Heer gab dem Narsî er Mann für Mann, indem er das Reich durch Geschenke gewann.
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Er eröffnet die Schatztür und zahlte den Sold und zufrieden war das Heer mit dem Gold. Dann berief den Schreiber Gušasp der Schah, der menschenfreundliche, in sein Gemach, den klugen Ǧuwânôj mit ihm zugleich, den Finanzverwalter in seinem Reich. Er befahl, dass sie Îrâns rückständige Renten an Steuern in der Mitte zertrennten. Kundige Schreiber kamen in den Dîwân und begaben sich wegen des Gelds zu Kȇwân; der war damals nämlich gelehrter Chef, alle Zahlen der Welt wusst’ er aus dem Effeff. Von dem, was an Steuern wo rückständig war, machten sie zusammen ein Inventar; dreiundneunzigtausend errechnete man die Dirhamtausende für Îrân. Er erliess sie und warf das Register ins Feuer; ganz Îrân freute sich ungeheuer. Als jeder davon die Nachricht erhielt, hob jeder ihn lobpreisend auf den Schild. Zum Feuertempel kamen sie alle, zum Sade-Fest und zur Naurȏz-Halle, wobei in die Flammen sie Moschus streuten und Bahrâms Lobpreisungen erneuten. Darauf sandte Kundschafter er auf Reisen und liess sie die ganze Welt umkreisen. Wen Jazdǝgird immer vertrieben hatt’, versammelt er suchend in einer Stadt, damit sich erfülle des Königs Schreiben, er werde die Suche der Edeln betreiben. Den Vasallen sandt’ er ein Ehrengewand und beteilte nebst Geldbeuteln sie mit Land. Als die Helden und Mȏbads und Grenzkommandanten solche Willensmeinung Bahrâms erkannten, 83.2 Finanzverwalter: W: Zähler der Dirhams 86.2 aus dem Effeff: ugs. vorzüglich, ausgezeichnet
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kamen sie zu dem Hofe Mann für Mann offnen Herzens und frischen Gesichtes heran. Er befahl, dass jeder, der Recht suchen wollte, an den Obermȏbad sich wenden sollte. Als seine Herrschaft war überall im Lauf, da stellte am Tor einen Herold er auf: »Oh ihr Untertanen des Königs voll Huld, seid ferne von Sorgen und ferne von Schuld! Dann sollt ihr für jeden voll Lobes sein, der durch sein Rechttun das Land lässt gedeihn. Zu Gott nehmt die Zuflucht aus dieser Welt, denn er ist’s, der hilft, und er ist’s, der hält! Wer immer Gehorsam gen uns erwählt, und unsern Weg und Vertrag nicht verfehlt, dem wollen das Gute wir immerzu mehren und das Herz von Rachsucht und Gier entleeren. Doch wer die Gerechtigkeit verlässt, den hält unsre Strafe im Netze fest. Wenn der Schöpfer uns hier soviel Stärke schenkt und des Schicksals Lauf, wie das Herz will, lenkt, erfolgt alles Guten noch weitere Mehrung und Lob erhalten von euch wir und Ehrung.« Ganz Îrân freute sich ungemein darüber und schlug rasch den Heimweg ein. Solang’ seine Herrschaft zurecht bestand, war die Freude gemehrt, die Besorgnis schwand. Seine Tätigkeit war nun Jagd und Gelag’ und Ross und Tournierplatz und Ballschlegelschlag.
Geschichte Bahrâm Gôrs mit Lanbak dem Wasserträger Eines Tags zog er aus, den Löwen zu jagen, mit Leuten, die auch gern ihr Leben wagen. Da begegnet, gestützt auf den Stab, ihm ein Greis. Der sagte: »Oh frommer König, ich weiss zwei Männer, oh Schah, in unserer Stadt,
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deren einer viel, doch nichts der andere hat. Barâhâm, der Silber und Gold hat und Gut, ist ein betrügerischer schlechtkern’ger Jud; grossherzig ist Wasserträger Lanbek, spricht schön und sein Tisch hat reiches Gedeck.« Zu den Grossen sprach er nach der Rede des Alten: »Wer sind die und was ist von ihnen zu halten?« So erwiderte einer von reinem Geblüt: »Oh erhabener Schah mit dem edlen Gemüt, Wasserträger Lanbak, der das Wasser verschleisst, ist ein Jüngling, der gut spricht und auch gut speist; eine Hälfte des Tags treibt er Handel und passt auf der Strasse die andre auf einen Gast; vom Heute bleibt gar nichts übrig für morgen; er will nicht für Vorrat im Hause sorgen. Barâhâm ist filzig, ein unnützer Jud; dass er geizig ist, verbirgt sich nicht gut; er hat Dirhams und Schätze und auch Dinare und Decken von Seide und aller Art Ware. (Sein Brot sieht keiner mit Augen, ein Gast erregt seinen Zorn und ist ihm verhasst).« Einen Ausrufer rief da der König herbei: »Geh vor den Bazar hinaus und schrei: dass dem, der von Lanbak Wasser ersteht, dem Wasserträger, es schlecht ergeht.« Er blieb, bis die Sonne gelb überfloss, dann bestieg er sein ungestüm eilendes Ross. Er ritt wie der Wind zu des Lanbak Haus, schlug auf’s Holz mit dem Ring und rief dabei aus: »Ein Edler bin ich aus dem Heer von Îrân, blieb vom Marsche zurück, als die Nacht brach an; gib im Hause mir heute Nacht Quartier, das wäre menschlich und gäbe Ansehen dir.« Lanbak freute über den Anruf sich und die Worte, so hübsch und so freundschaftlich; er rief: »Komm geschwind nur, oh Reiter, herein,
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der König möge mit dir zufrieden sein! Wären zehn noch mit dir, so zög ich es vor, jeder ragte als Fürst über mich empor.« Herab von dem Rosse stieg Schah Bahrâm, worauf Lanbak das Pferd in die Obhut nahm; und, den Leib ihm streichelnd, legt einen Strick er frohgelaunt ihm über’s Genick. Als Bahrâm sich setzte, da eilte hinweg und brachte ein Schachspiel herbei Lanbek. Durch Kunstgriffe stellt er ein Essen bereit; was er brachte, war bringenswert allezeit. Er sprach zu Bahrâm: »Edler Offizier, (die Figuren leg weg, denn jetzt essen wir.«) (Es nahm der Schah, was Lanbak ihm gab, er stellte es vor ihn, dabei wandt’ er sich ab.) Als die Speisen verzehrt, da brachte herein der Gastgeber froh einen Becher voll Wein. Der König bestaunte den festlichen Tisch, die Rede so zierlich, das Antlitz so frisch. Diese Nacht schlief der Schah. Als der Morgen kam, öffnet über sein Rufen die Augen Bahram. Da sprach Lanbak also zu Bahrâm Gor: »Dem armen Pferd setzt’ ich heut Nacht nichts vor. Aber heute musst du mein Gast wieder sein; wenn Gesellschaft du willst, laden wir jemand ein. Hast auf etwas du Lust, das besorgen wir; nimm nur froh heute wieder bei mir Quartier.« Der Schah sprach zum Wasserträger: »Ei nun, wir haben heute nicht gar viel zu tun.« Da ging hin und füllt’ viele Schläuche Lanbek, doch die Wasserabnehmer die blieben heut’ weg. Er war traurig und zog das Oberkleid aus und ein Wischtuch über die Brust heraus; 136.2 Schachspiel: Das Schachspielen verträgt sich nicht recht mit der Geschichte des Buzurǧmihr unter Nȏšînrawân in Buch XLI 2697.
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das als Tuch sich einst befand unterm Schlauch. Vom Bazar brachte Fleisch er und Sauermilch auch. Er kam heim, den Kessel stellt er auf die Glut der Gast sah, wie er sich mühte, sehr gut. Er kochte; sie assen; es kam dann der Wein und sie hatten ein zweites Gelage zu zwein. Er verbrachte die Nacht, in der Hand den Becher, mit Lanbak, dem weinverehrenden Zecher. Lanbak kam dann, als der Morgen ward hell, wieder zu Bahrâm, seinem Gaste, schnell. Er sprach: »Sei bei Tag und die Nächte stets heiter, ein von Sorge und Kummer und Plage Befreiter! Gib die Hand, dass du heut noch zu bleiben gedenkst! Wisse, dass du dann Leben und Gut mir schenkst.« Bahrâm sagte drauf: »Das möge nicht sein, dass den dritten Tag wir nicht fröhlich sei’n.« Da pries ihn der Wasserträger und sprach: »Sei dem Glück stets Genoss’ und im Herzen wach!« Zum Bazar ging er mit dem Gerät und den Schläuchen und gab sie als Pfänder einem Reichen; er kaufte, was nötig war, und kam zurück zu Bahrâm in Eile, strahlend vor Glück. Er sprach zu ihm: »Hilf mir beim Speisebereiten, denn durch Speisen muss man die Ernährung bestreiten.« Bahrâm nahm das Fleisch von ihm und zerschnitt es und briet auf dem Feuer die Zutaten mit. Das Mahl war verzehrt, da zum Safte der Reben griffen sie und liessen den Grosskönig leben. Als getrunken der Wein, zum Schlaf eine Stätte machte er und stellte die Kerze zum Bette. Am vierten Tag glänzte die Sonne empor, da erwachte vom Schlafe Bahrâm Gor. Der Gastgeber sprach: »Du hieltest es aus in diesem so engen und düsteren Haus; wärst nicht gern drin verblieben,
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hätt᾿ nicht Angst vor dem König dich getrieben; so bleibe zwei Wochen hier noch als Gast in dem armen Haus, wenn du Lust dazu hast.« Schah Bahrâm pries ihn, als er Abschied nahm: »Sei dein Leben lang glücklich und ohne Gram! Drei Tage verbrachten wir fröhlich im Haus und brachten der Könige Gesundheit aus. Was du sagtest, berichten wir anderwärts, dass hell davon werde dein Sinn und dein Herz; deine Gastfreundschaft bringe dir reichlichen Lohn, tust du weiter so fort, auch Krone und Thron.« Er ging rasch und legte den Sattel aufs Pferd; er begab sich vom Haus auf die Jagd unbeschwert und jagte dann bis zum Nachtanbruch weiter im Gebirg und verliess hierauf seine Begleiter.
Geschichte des Bahrâm Gôr mit dem Juden Barâhâm
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Das eigne Gefolge verliess so Bahrâm, worauf rasch er zu Barâhâms Hause kam. Er schlug an die Türe und rief: »Ich blieb nach, als heimwärts zog von der Jagd der Schah. Ich weiss nicht den Weg, fort ist jetzt das Licht, das Gefolge des Königs finde ich nicht. Find’ im Haus hier ich heute ein Nachtquartier, braucht euch sonst um mich nicht zu mühen ihr.« Der Diener trat vor Barâhâm sodann und teilte mit, was gehört er vom Edelmann. Barâhâm sagte: »Nimm dich drum nicht an. Hier gibt es kein Nachtquartier, sag du dem Mann.« Der Diener kam wieder und sagte: »Geh weg, denn hier findest du keinerlei Versteck!« Bahrâm sagte drauf: »Verständige ihn, es sei mir unmöglich, weiterzuziehn. Ich will nur das blosse Nachtquartier, sonst habt ihr gar keine Mühe mit mir.«
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Als der Diener dies hörte, da eilte er zu Barâhâm zurück: »Dieser Reiter, der will heute Nacht nicht mehr von hier weichen; er hat viele Worte und Gründe desgleichen.« Barâhâm befahl: »Geh zu ihm sofort und sag ihm: ›Dies ist ein sehr enger Ort; hier wohnt ein armer, nachts hungernder Jud, der nackt auf dem blossen Erdboden ruht.‹« Sie sagten’s. Bahrâm sprach: »Finde ich hier kein Nachtquartier, macht es noch Sorge dir. Ich schlaf an der Tür. Ich will ja kein Zimmer. Sonst begehre ich gar nichts, es sei was immer.« Barâhâm sprach: »Bester Reitersmann, du fängst mich allmählich zu ärgern an. Du schläfst und es stiehlt dir einer etwas; welchen grossen Verdruss bereitet mir das! Wenn die Welt dir bedrohlich wird, komm du in’s Haus, sieht alles dir farblos und blätterlos aus, doch nur, wenn du weiter nichts willst, wohlverstanden; für den Tod ist nicht Laken noch Wischtuch vorhanden. (Und das Ross, dein Genoss, mit dem du gekommen, soll das am Ende gar Futter bekommen?)« (Bahrâm sprach zu ihm: »Verehrtester Mann, dir zu Last fallen, da denk ich nicht dran. Hinterm Haustor wähl ich die Lagerstelle, den Nachtwächter mach ich ohn’ Ausruf und Schelle.« Barâhâms Bedenken war mannigfalt; seine Sorgen wucherten wie ein Wald: »Diesen grässlichen Kerl bring ich so bald nicht los; wen hab ich, der sich sorgt um sein Ros?« »Sehr werter Mann«, so sagte er jetzt, »du hast mich durch viel Gerede wund geschwätzt.) Wenn dies Pferd von Urin oder Kot sich entleert oder einen Ziegel zerschlägt dieses Pferd, dann trägst du am Morgen den Kot aus dem Haus, fegst es rein und den Mist trägst aufs Feld du hinaus.
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Für die Ziegel muss ich dich haftbar mir machen; der Ersatz wird fällig mit deinem Erwachen.« Bahrâm sprach: »Ich übernehme die Verpflichtung und verpfände mein Haupt in besagte Richtung.« Er stieg ab und band mit dem Zügel das Pferd wo fest und zog aus der Scheide das Schwert. Der Sattel ward Kissen auf Filzschweissdecken, um die Füsse im Schlaf auf die Erde zu strecken. Das Haustor versperrte der Jude indessen; der Tisch ward gebracht und er setzt’ sich zum Essen. »Bester Reitersmann«, sagte dabei der Jud, »hörst du folgenden Spruch, so merk ihn dir gut: ›Wer was hat auf der Welt, der isst, wer’s auch sei; wer zum Essen nichts hat, muss zuschaun dabei.‹« Bahrâm sprach darauf: »Von den Sprüchen der Alten hab ich diesen Spruch überliefert erhalten. Das Gehörte wird nun mir vor Augen geführt, was du so als weise Lehre zitiert.« Wein liess kommen der Jud, als das Mahl war verzehrt, seine Fröhlichkeit ward durch den Wein noch vermehrt. Er rief: »Der schon Mühen erfahren zuvor, leih dem alten Spruch auch, Reiter, dein Ohr: ›Wenn wer was besitzt, hat das Herz voller Glanz er, denn die Dirhams bewahren ihn so wie ein Panzer. Wer nichts hat, sieht mit trockenem Mund immer zu und ist hungrig um Mitternacht so wie du.‹« »Dies gehört«, sprach Bahrâm, »zu den Wunderwerken, ich seh es und muss es mir wirklich merken. Trägt der Wein einen glücklichen Ausgang dir ein, dann Heil dem Trinker, dem Becher, dem Wein.« Vom Gebirg hob die Sonne das Schwert empor, da entfloh seinem Schlafe Bahrâm Gor. Seinem nüchternen Ross legt’ den Sattel er auf – was Sattel! sein hartes Bett legt’ er drauf. Da kam Barâhâm und sagte: »Ih nein, du hältst dein gegebenes Wort ja nicht ein.
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Du sprachst: ›Ich versprech, dass den Kot meiner Mähre ich pünktlich weg mit dem Besen kehre.‹ Jetzt, wie du gesprochen hast, feg und trag; mich ärgert ein Gast, der verletzt den Vertrag.« Da sagte Bahrâm: »Sei du selbst ein Vollstrecker! Bring mir einen, dass flott wegtrage den Dreck er! Ich zahle dem Gold, der zusammen ihn fegt und aus diesem Haus auf das Feld hinaus trägt.« Jener sprach: »Ich hab keinen, der dir den Dreck fegt, trägt und schüttet zur Grube weg. Du musst pünktlich erfüllen, was du versprochen, sonst sag ich: »Du hast dein Wort gebrochen.« Als Bahrâm von ihm diese Worte vernahm, geschah’s, dass ein frischer Gedanke ihm kam. Im Stiefelschaft trug er voll Wohlgeruch ein herrliches Seidentaschentuch; das nahm er und macht vom Kot damit rein und warf’s mit dem Kot in die Grube hinein. Barâhâm kam und griff schnell danach, darüber erstaunte Bahrâm der Schah. Zu Barâhâm sprach er: »Oh Mann der Reinheit, vernimmt unser König von deiner Feinheit, wird er allen Bedarfs von der Welt dich entheben und den Vorrang dir drob vor den Grossen geben.«
Bahrâm Gôr schenkt die Schätze Barâhâms dem Lanbak Er ging fort, indem zum Palaste er eilte. Nachts suchte nach Mitteln er, dass er sich heilte. Voll Gedanken schlief er nicht bis zum Morgen; er lachte und hielt sein Geheimnis verborgen. Er setzt auf das Haupt sich die Krone dann und empfing sein Gefolge Mann für Mann. Auch Lanbak erschien nach seinem Befehle, verschränkt jede Hand in der Achselhöhle,
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indes sie auch eiligst Barâhâm luden, diesen schlechtgesinnten berüchtigten Juden. Im Audienzsaale wies einen Sitz man ihm an. Dann berief man einen verlässlichen Mann. Er sprach zu ihm: »Geh, nimm Packpferde mit dir und übe Gerechtigkeit für und für! Begib dich ins Haus des Barâhâm und bringe ungesäumt die dort vorfindlichen Dinge!« Als jener beim Judenhaus eingetroffen, da bestand das Haus aus Dinaren und Stoffen, aus dem, was man breitet, worein man sich hüllt, aus dem, was man hinlegt und womit man füllt, dass eine Karawanserei, ein Palast nicht all die Geräte des Hauses fasst’, aus Perlen, Rubinen, Juwelen zudem, teils in Beuteln und teils im Kopfdiadem. Der Mȏbad wusste nicht, wie er es zähle; aus dem Ǧahram-Feld wählte er tausend Kamele; sie packten es auf und es blieb noch manch’ Stück; rasch führte er die Karawane zurück. Zum Empfangssaale drang der Schellenklang; da nahm der Kluge zum Schah seinen Gang: »Mehr Juwelen sind auch nicht in deinem Schatz, und was blieb, hat auf zweihundert Eseln Platz.« Da erstaunte darob der Schah von Îrân und hob über Habgier zu sinnen an: »Soviel plagte der Jud sich – was hat’s ihm genützt? Da er jetzt nicht das tägliche Brot mehr besitzt!« Hundert Lasten davon an Dirhams und Gold und an Teppichen und was ihr sonst noch wollt gab der Herrscher dem Wasserträger Lanbek; der ging seines Wegs und den Schatz trug er weg. Darauf rief er Barâhâm und sprach: »Du bist in deiner Pleite gesellt dem Mist. 245.2 Pleite: W: Minderung
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Dein Prophet, behauptest du, lebte sehr lange; was jammerst du wegen des Reichtums so bange? Es kam ein Reiter und hat mir zitiert einen jener Sprüche, die längst antiquiert: ›Wer Reichtum besitzt, der geniesse ihn, doch wer nichts besitzt, der welke dahin.‹ Die gestreckte Hand zieh vom Essen jetzt weg und sieh zu, wie da schmaust Wasserträger Lanbek.« Auch erwähnte Mist, Ziegel und goldgewebt Tuch er dem gemeingesinnten Gebetshausbesucher. Dem Unreinen gab er der Dirham vier und sagte: »Das halt als Vermögensstock dir! Mehr gebührt dir keinesfalls sicherlich; für die Armen das Geld, deinen Kopf für dich!« Was da war, das gab er würdigen Armen; der Jude ging fort und schrie zum Erbarmen. Was im Haus war, gab preis er der Plünderung dann, denn solches verdiente der fremde Mann.
Geschichte Bahrâm Gôrs mit Mihr Bandâd Da kamen die Jagdhunde ihm gelegen und er kriegte Lust, das Waidwerk zu pflegen. Er bestieg seinen Renner, auf’s flache Land eilt hinaus er, der Falke sass ihm auf der Hand. Da geriet er in eine Aue mit Wald, wohlhabender Leute Aufenthalt. Dem Paradies glich dies grüne Revier; es war sichtbar darin weder Mensch noch Tier. Er sprach: »Es sind sicherlich Löwen dort; dieser Wald ist für Tapfre der richtige Ort.« In der Waldung ritt nun herum der König und überall hielt er Umschau ein wenig. Einen Löwen sah er in diesem Wald; gegen den half nur des Schwertes Gewalt. Laut brüllte er diesen Löwen an und den Bogen spannte der tapfere Mann.
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(Aus dem Wald trieb zur Seite das Ross er schnell; wie Âḏar Gušasp entbrannte er hell; zugleich schritt auch der Löwe aufs Feld; den Bogen spannte der tapfere Held). Er schoss und durchbohrte ihm Seite und Herz; der Löwin entbrannte das Herz vor Schmerz; das Weibchen griff ihn an mit einem Satze und brüllte und schlug ihn mit ihrer Tatze. Mit dem Schwerte durchschlug ihre Mitte der Held und das kriegrische Raubtier war so gefällt. Aus dem Walde heraus kam ein alter Mann, dessen Zunge von süssen Worten rann, den Mihr Bandâd nannten die Leute und den dieser Schlag mit dem Schwert sehr freute; ein Bauer und Gottesverehrer, im Wald hatte er seinen ständigen Aufenthalt. Er trat mit Gruss an den Schah von Îrân und Bezeugung der Ehrerbietung heran. Er sprach: »Es sei dir edelem Herrn zu Willen stets des Geschickes Stern!« Ich bin ein Bauer, oh reiner Held, Herr über dies Land und das Haus und das Feld, der Herr auch von Rindern und Eseln und Schafen; doch liessen die Löwen mich nicht ruhig schlafen. Gott übertrug deiner Hand nun dies Ding und deinem Schwertgriff und Daumenring. Willst den Sitz du ein Weilchen im Wald bei uns haben, so bring Milch ich dir, Wein und Honigwaben. Gar manches Lamm gibt’s, das kommt dir zustatten, Früchte reifende Bäume, die Spender von Schatten.« Vom Rosse stieg da Bahrâm der Held und hielt rings Umschau in Wald und Feld; das Gelände war grün und Gewässer durchrann es, als wäre es das Feld eines noch jungen Mannes. Da ging Mihr Bandâd und Musikanten brachte viele er aus den im Dorfe Bekannten.
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Viele fette Schafe schlachtete er und kam mit dem goldenen Becher daher. Als verzehrt war das Mahl, wurde Wein kredenzt und der Becher mit Rosen und Nelken bekränzt. Einen trank er, den anderen gab er Bahrâm und sorgte, dass dieser zum Ausruhen kam. Als nun Mihr Bandâd vom Weine war heiter, sprach er zu Bahrâm: »Oh du sieghafter Streiter, wisse, dass ich dem Schah dich ähnlich eracht’ und dem Mond von zwei Wochen um Mitternacht.« Bahrâm sprach zu ihm: »Er, der unser Gesicht gebildet, ist Herrscher, das leugne ich nicht; er erschafft alles so, wie’s sein Wille bestimmt, ohne dass er hinzusetzt oder entnimmt. Gleich ich wirklich dem Schah, so schenk ich den Wald dir ebenso wie diesen Aufenthalt.« Er sagte dies und bestieg sein Ross und trunken ritt er ins glückhafte Schloss. P (Ins goldene Fraungemach ging er zur Ruh; die ganze Nacht bracht’ er mit Götzinnen zu.) Er war fröhlich dort mit befreundeten Seelen unter aller Art von Geschichtenerzählen. C für 289 (Er schlief nicht die finstere Nacht in dem Garten um den Lippen der Lieben aufzuwarten).
Geschichte Bahrâm Gôrs mit Kabrȏj und sein Weinverbot Als er aufstand, verlangte er morgens schon Wein; die Grossen des Heers kamen fröhlich herein. Aus dem Dorf kam zugleich ein vornehmer Mann, der in Menge Obst ihm brachte, heran, Kamellasten Äpfel, Granaten und Quitten, königswürdige Rosen, für Sträusse geschnitten. Als der Weltenherr seiner wurde gewahr, setzt’ begrüssend er ihn zu der Helden Schar;
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den Edlen mit Obst und Duft nannten sie Kabrȏj mit Namen auf Pahlawî. Als diesen der Anblick des Königs erfreute, des festlichen Orts und der vornehmen Leute, da sah einen Becher voll Weins er kristallen; von Verwirrung wurde sein Herz drob befallen. (Vor den Grossen streckte er nach dem Pokal seine Hand schnell aus und erhob sich vom Mahl). Zur Gesundheit des Grosskönigs griff er zum Becher: »Mein Name ist Kabrȏj und ich bin alter Zecher.« Angesichts des Grosskönigs trank er den Wein mit nur einem Zuge in sich hinein. (Dieser Becher fasste an Wein fünf Man. »Sieben Becher trinke ich vor euch dann, sodann geh ins Dorf ich ganz klar und still; von mir hört niemand berauschtes Gebrüll«.) Er sprach’s, sodann trank sieben Becher leer er; damit brachte er um alle Weinverehrer. Mit Erlaubnis des Königs ging er hinaus dass er wiss’, wie der Wein ihm im Leib drin haus’. Aus der Stadt kam er in das Freie itzt und der Wein ward im Innern des Mannes erhitzt; vom Gefolge weg lenkt er den Lauf seines Pferds aus der Ebene eilig gebirgewärts. Er stieg ab, wo einen Versteckort er traf, sah umher und legt’ sich im Schatten zum Schlaf. Da gelang’s vom Gebirg einem schwarzen Raben, beide Augen dem Schlafenden auszugraben. Als hinter ihm her geeilt kam die Schar, wurde vor dem Gebirg sie des Toten gewahr; das Ross stand am Weg bei ihm, doch vom Raben waren beide Augen ihm ausgegraben. Seine Untergebnen erhoben laut Klage, erregt über Becher und über Gelage. Als Bahrâm aus dem Schlafgemache erschien, 304.2 im Innern des Mannes: W: im Busen
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da trat einer der Wohlgesinnten vor ihn: »Im Rausch wurden Kabrȏj von einem Raben vorm Gebirge die Augen ausgegraben.« Da wurden die Wangen des Weltenherrn fahl; Kabrȏjs wegen war er voll Schmerz und voll Qual. Worauf gleich vom Palaste der Ruf erscholl: »Oh ihr Edlen, von Glanz und von Klugheit voll, verboten ist jedwedem der Wein, er mag Pahlawân oder Handwerker sein.«
Geschichte des jungen Schusters mit dem Löwen und wie Bahrâm Gôr den Wein wieder für erlaubt erklärt
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Dieser Art verging nun ein volles Jahr, in dem jedem der Wein verboten war, und der Schah liess, wurde ein Fest abgehalten, sich gleich reichen eines der Bücher der Alten. (Er trank keinen Wein, dem er ferne sich hielt, Duft und Farbe des Weins wurden niemals gefühlt). So blieb es, bis dass einst ein junger Schuster ein vermögendes Weib nahm, der Tugenden Muster. Doch er kam in der schwierigen Arbeit nicht weit; seine Mutter weinte vor Traurigkeit. Sie hatte verborgen ein gut Stück Wein; in dies Zimmer zog sie ihren Sohn hinein; sie sprach: »Trink von dem da der Becher sieben; die Unsicherheit wird dir ausgetrieben. Vielleicht brichst du heut’ Nacht den Verschluss, den engen; wie kann eine Filzhaue denn Steinminen sprengen?« Da trank dann der Schuster vom Weine siebene, achte, wodurch Sehnen und Haut zur Härte er brachte. Des Jünglings Mut hoben die Becher hoch; er ging hin und bohrte ins Zimmer ein Loch. Er begab sich sodann zur Mutter zurück; sein Wunsch war erfüllt und sein Herz voller Glück.
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Da brach aus des Königs Löwenhaus ein Löwe aus, auf die Strasse hinaus. Vom Wein war der Schuster noch immer berauscht, in der Scheide zehn Finger mit sechzig vertauscht. Er sprang auf den brüllenden Löwen empor und packt’ ihn, die Hand ausstreckend, beim Ohr. Der Löwe war just grad’ satt vom Frass, auf dem der Schuster so droben sass; der Wärter lief hinterdrein wie um die Wette, er schwang die Fangschnur und schlug die Kette. Einer sah auf dem Löwen in tapferster Ruhe wie auf einem Esel den Macher der Schuhe; da eilte er schnell zum Empfangsgemach und kühnlich trat er rasch vor den Schah; er erzählte, was er so wunderbar mit Augen geschaut und was unerhört war. Den Weltenherrn verwunderte, was er vernommen; er liess Mȏbads und Helden vom Hof zu sich kommen. Zu dem Mȏbad sprach er: »Es sei dein Amt, nachzuforschen, woher dieser Schuster da stammt. Ist er adliger Herkunft, so ist es recht, denn die Tapferkeit ziemt dem Adelsgeschlecht.« Sie suchten die Mutter und fragten sie aus, ob zur Tugend nicht komm’ noch ein adelig Haus, bis endlich die Mutter, die lange befragte, zum Schah ging und ihm das Geheimnis sagte. Erst huldigte sie seiner Majestät: »Lebe glücklich, solange die Welt besteht! Der unmündige Bursche, erst kürzlich hat er eine Frau sich gewählt und wurde Hausvater.
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328.2 in der Scheide … vertauscht: Was in dieser obszönen Stelle gemeint ist, wissen wir ja. Es kann aber auch heissen statt: »im Strom (der Scheide) waren seine zehn Finger sechzig«, »waren seine zehn Finger Daumen«. Man mag sich’s aussuchen. Pizzi (VI p. 291) ist viel deutlicher: »Nella vagina rigoglioso e forte Iva l’arnese suo picciolo in prio.« Woher er das hat, weiss ich nicht.
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Bei dem Werk kam sein Glied nicht heraus aus dem Schlaffen; da sagte die Frau: ›Er ist zu schwach geschaffen.‹ Ich gab ihm insgeheim drei Becher Wein; das musste vor allen verborgen sein. Rot glühte die Wange ihm wie ein Rubin; der Filz hob den Kopf und ein Knochen erschien. Der Ahne war Schuster und Schuster der Vater; keine höhere Herkunft als Schusterei hat er. Sein Adel – das sind die drei Becher Wein. Wer dachte, der Schah werde neugierig sein!« Der Schah lachte über der Alten Erzählung: »Bei dieser Geschichte geb’s keine Verhehlung!« Zum Mȏbad sprach er: »Der Wein ist fortan erlaubt und man ziehe Weintrinker heran. Mancher Weintrinker hat schon den Löwen bestiegen und lässt sich vom Löwen nicht unterkriegen. (Nicht vielen wurde von schwarzen Raben im Rauschschlaf am Wege das Aug’ ausgegraben.)« Am Hofe ertönte des Rufes Schall: »Ihr goldengegürteten Ritter all! Ein jeder von euch trinke Wein angemessen und soll auf den Ausgang selbst nie vergessen. War der Wein ein Führer zur Freude den Sinnen, so schlaft, eurem Leib neue Kraft zu gewinnen!«
Ein Mȏbad des Bahrâm Gôr macht ein Dorf wüst und wieder kultiviert Anderntags ritt zur Jagd im Morgengrauen der Schah mit Gefolge hinaus in die Auen, zu seiner Linken Hurmuz, sein Verwalter, zur Rechten ein Mȏbad, ein reinsinniger Alter. Sie erzählten ihm beide manche Geschichten, die von Ǧams und Firȇdûns Regierung berichten. Mit den Falken, Geparde vor sich und Hunde, so ritt durch’s Gefild er gar manche Stunde.
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Als die Sonne hell zum Gewölbe fuhr, sah von Rehen und Wildeseln er keine Spur, und als aus der Sonne die Helligkeit schied, kam er schlechtgelaunt aus dem Jagdgebiet. Da sah er vor sich eine grünende Gegend, mit Häusern und Menschen und Tieren gesegnet, (einen Ort voll Glück und voll Fruchtbarkeit, einen Ort der Ruhe, von Kummer befreit). Aus dem Dorf auf die Strasse lief vielerlei Volk, um ihn anzustarren und sein Gefolg. Der Weltenherr war voll Zorn und Hitze; er wollte beim Dorfe steigen vom Sitze, und keiner vom Dorfe erwies ihm da Ehren, als ob angewachsen die Esel wären. Drob wurde dem König das Herz ganz enge, er vergass der Güte bei dieser Menge. Bahrâm der Schah sprach zum Mȏbad: »Hinfort sei dieser ganz unglückselige Ort des Raubgetiers und des Wildes Stätte und es fliesse nur Pech in des Flusses Bette!« Der Mȏbad verstand dies dahin, er lege ihm nahe: »Schaffe dies Dorf aus dem Wege.« (Der Mȏbad begab sich ins Dorf sofort und berief zusammen, wer vornehm im Ort. Er sprach: »Vernehmt die Botschaft vom Schah und kommt seinen Worten getreulich nach.«) Er sagte zu ihnen: »Der grüne Ort hier, voll Obst, voll Menschen und voll Getier, gefiel ausnehmend Grosskönig Bahrâm, sodass eine frische Idee ihm kam: ihr sollt künftighin alle als Herren leben, denn er will euer Dorf zur Stadt erheben. In dem Dorf hier sind Weiber und Kinder auch Meister und es gibt darin keine Gehorsamsleister. Taglöhner und Herrn ziehn in gleichem Masse hier in diesem Dorfe dieselbe Strasse.
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Fortan sind Herren Mann, Weib und Kinder von diesem Dorf, keiner mehr, keiner minder.« Vom blühenden Dorf kam Freudengeschrei vor Lust, weil jede gleich vornehm sei, und Männer und Fraun waren gleich drin gesinnt, wie die Herren so Taglöhner und Gesind. Wenn ein Jüngling der Reinheit etwas vergab, trennten einem Grossen den Kopf sie ab. So gingen sie alle auf alle los, dass allerorten das Blut nur so floss. Da das Dorf vom Verderben war heimgesucht, ergriffen sie plötzlich daraus die Flucht; Greise blieben zurück ohne Fuss und Hand und Werkzeug und Arbeit und Frucht verschwand. Das ganze Dorf wurde wüste Fläche, seine Bäume verdorrt, ohne Wasser die Bäche; jedes Feld wurde wüst und wüst jedes Haus; so Menschen wie Tiere vertrieb man daraus. Als ein Jahr war vergangen, das Frühjahr kam, da ritt wieder zur Jagd dorthin Bahrâm. Er kam zu dem glücklichen blühenden Ort und sah ringsumher – er war nicht mehr dort, die Bäume verdorrt und die Häuser wüst, der Ort hatte Menschen und Vieh eingebüsst. Drob wurde die Wange Bahrâms ganz fahl, er fürchtete Gott, sein Herz war voll Qual. Er sprach zu dem Mȏbad: »Oh weh, Rȏzbih, ein so schönes Dorf weist als Wüste sich! Geh schnell und mach durch den Schatz es erblühn! Sieh zu, dass sie künftighin scheun keine Mühn!« Der Mȏbad ritt vom Grosskönig weg und eilig hin zu dem wüsten Fleck, und da er von Gasse zu Gasse strich, zeigte schliesslich ein müssiger Alter sich. 382 und Hand: W: und Flügel
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Er begrüsst ihn, indem er das Ross verliess und ihm neben sich einen Platz anwies. Also sprach er: »Oh Herr, den die Jahre verzehrt, wer hat solchen Ort in eine Wüste verkehrt?« Er erwiderte ihm: »Eines Tages kam 395 an unserm Orte vorbei der König Bahrâm; dann kam da ein Mȏbad ganz ohne Vernunft, einer von der unnützen edelen Zunft. Der sagte uns: ›Als Herrn könnt ihr alle schalten und braucht keinen für etwas Bessres zu halten. Ihr übt sämtlich im Dorfe das Herrscheramt; Weib und Mann seid ihr Herren allesamt.‹ So sprach er, das Dorf durcheinander zu rütteln; voll von Mord und Verwüstung ward’s und von Knütteln. Möge Gott dementsprechend ihm Beistand leihn, 400 und bei ihm Plage, Kummer und Elend gedeihn! Das Dorf ist hier in der schrecklichsten Lage; es gehört sich, dass man uns weinend beklage.« Der Alte jammerte vor dem Rȏzbih: »Wer ist Herr von euch?« erkundigt der sich. Also gab er Antwort: »Der Dorfherr hat seinen Wohnort jetzt unter der grünen Saat.« Rȏzbih sagte ihm: »Sei du Dorfherr nun! Wie die Kron’ auf dem Haupt sei bei jeglichem Tun! Vom Schatze des Weltherrn verlange Geld 405 und Rinder und Esel und Saaten fürs Feld! Töte jeden, der müssig im Dorfe hockt! Alle sind Untergebne, du bist der Vogt. Jenen alten Mȏbad verfluche nicht; er sprach’s nicht mit Willen, er tat’s aus Pflicht. Willst du Hilfe vom Hofe des Königs empfangen, schick ich dir, was du brauchst, du musst’s nur verlangen.« In den Greis, der dies hörte, kam Freudigkeit; von alten Sorgen fühlt er sich befreit. Sofort begab sich der Alte nach Haus; 410
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zum Gewässer brachte er Leute hinaus; er begann, die Felder frisch zu bebauen und Siedlern verteilend anzuvertrauen. Rind und Esel beschaffte die Nachbarschaft; man bestellte die Felder mit voller Kraft. Hart wurde von ihm und den Bauern geschanzt und allüberall zahlreiche Bäume gepflanzt. Ward ein Landstrich fruchtbar durch Arbeit so, wurde jeder der dortigen Leute froh. Alle die einst flüchtend den Ort verliessen, Bluttränen den Wimpern entfliessen liessen, als die Kunde nun kam von der fruchtbaren Stätte, wie der greise Dorfherr geschafft dies hätte, da wandten sich alle dem Dorf wieder zu und Haus wie Fluss war besiedelt im Nu, auch Rinder und Esel und Schaf und Geflügel vermehrten sich rasch auf Feld und auf Hügel. Einen Baum pflanzte jeder an jeglicher Stelle und zum Paradies ward die wüsteste Hölle. Der Vogt wirkte so schon das dritte Jahr, dass durch Arbeit alles ganz wunschgemäss war. Als wieder das glückliche Frühjahr kam, ritt auf das Gefilde der Jagd Bahrâm mit jenem Mȏbad, Rȏzbih mit Namen. Als beide zu jenem Dorfe hin kamen, da hielt rings Umschau Bahrâm ǝ Gôr der Held; voll Saaten und Tieren sah er die Welt, hohe Häuser waren im Dorfe erbaut, in dem Rinder und Schafe man überall schaut’, lauter Gärten, Gewässer und Saatengrün, alle Felder voll rotem und weissem Blühn, Schaf und Lämmer verstreut auf Berg und Wiese, das ganze Land wurde zum Paradiese. Zum Mȏbad sprach also er: »Oh Rȏzbih, was tatest du, dass dies Dorf der Wüste glich? Menschen waren und Tiere daraus zerstreut;
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wie machtest du’s, dass du den Ort erneut?« Der Mȏbad sprach: »Durch ein einziges Wort wurde hergestellt der frühere Ort. Ein einziger Gedanke gab ihm Gedeihn und liess freudig das Herz des Königs sein. Mir befahl der Schah: ›Diesen grünen Ort, durch Dinare des Schatzes räume ihn fort.‹ Doch ich hatte Angst vor dem Schöpfer der Dinge und vor dem Tadel von Hoch und Geringe. Erzeugt ein einziger Geist zwei Ideen, so vernichten beide rasch dein Bestehn, und wenn ein Land zwei Gebieter hat, dann blieben nicht aufrecht Land wie Stadt. (Wenn für zwei zugleich einer wirken soll, macht dies auch den Klugen verwirrungsvoll.) Ich ging hin und sprach zu des Dorfes Alten: »Lasst nicht einen Einzigen über euch schalten! Herrschberechtigt sind ebenfalls Weiber und Kinder, Taglöhner und Diener nicht mehr und nicht minder.« Als zu Vornehmen wurden die Kleinen alle, kam das Haupt des vornehmen Mannes zu Falle. Durch ein Wort wurde wüst dieser Ort von Adel; ich hab Gott nicht zu scheun, ferner ist mir der Tadel. Später schenkte der Schah diesen Leuten Gnade; da ging ich und wies ihnen andere Pfade. Es gelang mir, dass einen Greis ich hier fand, beredt und voll Wissen und voll Verstand. Mit Müh’ macht er fruchtbar die wüste Ebene; drob freut sich im Herzen der Untergebene. Da es einen Herrn, einen Willen nur gab, so wuchs alles Gute, die Wirrnis nahm ab. Das Böse des Innern führt’ ich ihnen vor und erschloss zu der Gottesfurcht ihnen das Tor. Ein Wort ist mehr wert als ein Edelsteinschatz, verwendest du’s nur an dem richtigen Platz. Der Verstand sei König, der Mund Paladin,
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wenn du willst, dass dem Geiste die Sorgen entfliehn. Des Schahs Herz sei ewig voll Freudigkeit, von Trug und von Ratlosigkeit sei’s befreit!« Der Schah, als er’s hörte, sprach: »Bravo! Dich halt ich wert einer Krone, oh Rȏzbih!« Ein Geschenk von gelben Dinaren machte er dem tüchtigen Mann, der so weitblickend dachte. Man rüstete ihm auch ein Ehrenkleid und hob sein Haupt in die Wolken weit.
Geschichte des Bahrâm Gôr mit den vier Schwestern
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Die Woche darauf kam zur Jagd inmitten der Mȏbads und Grossen der Schah geritten; er verweilt’ auf der Jagd einen Monat lang, indem Wein mit seinem Gefolge er trank; er erbeutete Unmengen jeglichen Wilds sowohl des Gebirgs als auch des Gefilds. Dann zog er befriedigt zur Stadt aus dem Feld; die Nacht kam und schwarz ward die ganze Welt. Die Grossen des Heeres ritten da mit und erzählten von Königen auf ihrem Ritt. Ein Feuer sah er da leuchten vom Weiten, wie sie es beim Bahmanfeste bereiten. Der Grosskönig sah auf dies strahlende Licht und ein glückliches Dorf kam ihm dabei in Sicht. Eine Mühle sah er vor dem Dorf und verstreute dort im Freien sitzende vornehme Leute. Angelegt hatten die Mädchen dort alle zur Seite des Feuers den Platz zum Balle. Auf dem Haupte trug jede aus Rosen den Kranz; Musik sass dort für Gesang und Tanz. Sie sangen von Chosraus Kampf alle Lieder, dann sangen ein neues Lied sie auch wieder, die alle mondschimmrig mit lockigen Haaren und auch zartstimmig mit Moschusduft waren.
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So zog auf dem Gras vor der Mühle Tor bei Musik einen Reigen der Mädchenchor. In der Hand trug jede den Rosenbausch, von der Lust und vom Weine in halbem Rausch. Eine Stimme rief da, die vom Festplatz kam: »Dies bringe ich aus auf den Schah Bahrâm! Denn voll Glanz ist er und voll Schönheit und Liebe; durch ihn ist aufrecht des Weltalls Getriebe; ’s ist, als träufelt ihm Wein vom Gesicht wunderbar und Moschusduften verströmte sein Haar. Nur Löwen und Wildesel sind seine Beute; deshalb nennen ihn Bahrâm ǝ Gôr alle Leute.« Als der Weltenherr diese Worte vernahm, da wandt’ er sein Ross, dass näher er kam. So kam er auch zu den Mädchen heran und schaute den Ort sehr gründlich sich an. Auf dem Felde traf überall Schöne sein Blick; er fand nicht den Weg in die Stadt zurück. Er befahl, dass die Schenken vom Wege die Becher voll Weins zu ihm brächten wie auch die Zecher. Die Schenken gaben ihm demgemäss in die Hand das kristallene Weingefäss. Aus der Mitte der Mädchen traten hervor ihrer vier von Adel zu Bahrâm Gôr: eine Muškǝnâz, eine Muškǝnak, eine Nâzǝjâb, eine Sûsanak. Im Ringelreihn zog sich zum Schah ihr Gang, die Wange wie Lenz und der Wuchs hochschlank. Sie trugen dabei ein Lied auch vor auf den klugen und mächtigen Bahrâm ǝ Gor. Und also befragte die Vier er jetzt, denn sie hatten sein Herz in Verwirrung versetzt: »Wessen Töchter seid ihr mit den rosigen Wangen? Weshalb seid ihr zum Feueranzünden gegangen?« Eine sprach: »Dessen Wuchs die Zypresse erreicht, du Reiter, der ganz einem Könige gleicht,
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unser Vater ist Müller, schon sehr betagt, der hier am Saum des Gebirges jagt. Doch jetzt kommt er heim, da die Nacht finster wird und da ihm das Dunkel die Augen verwirrt.« Und just jetzt von der Jagd im Gebirge kehrten der Müller zurück und seine Gefährten. Kaum sah er Bahrâm, so presste die Wangen vor ihm in den Staub er voll Angst und Bangen. Der Schah befahl, dass den Becher von Gold man dem Mann, der vom Wege kam, darreichen sollt’; er sprach: »Diese Sonnengesichter, die vier, sind zur Ehe schon reif und du hältst sie bei dir?« Mit Lobpreisung sprach da der Greis zu Bahrâm: »Kein Mann war noch da, der die Töchter mir nahm. Sie sind zwar schon reif, doch noch Jungfräulein, vier Jungfrauen sind sie, züchtig und rein. Doch ansonsten nennen leider die viere an Silber und Gold und Gut nichts das ihre.« Da sagte Bahrâm: »Alle vier gib mir und halte fortan keine Tochter bei dir.« Der Alte sprach also darauf nun weiter: »Bei dem, was du sprachst, verbleibe, oh Reiter! Weder Stoffe noch Länder besitzen wir, nicht Palast, nicht Silber, nicht Esel, nicht Stier.« Drauf erwiderte Schah Bahrâm: »Es dürfte wohl so sein, dass ich keiner Mitgift bedürfte.« Da sprach er: »Sie sind alle vier dir gesellt als dienender Staub im Frauengezelt. Mit Vorzug und Fehlern sah sie dein Aug’; es sah sie und sie gefielen ihm auch.« Bahrâm sprach zu jenem: »Ich akzeptiere vom braven Ernährer hiemit alle viere.« Er sagte dies und erhob sich sofort; grosser Lärm erscholl im Gefilde dort. Den Dienern des Trosses befahl der Schah, die Schönen zu bringen ins Frauengemach.
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Das Gefolge kam auch vom Gefilde daher; die ganze Nacht zog vorüber das Heer. Da kam den Müller das Staunen an, sodass er des Nachts zu sinnen begann: »Wie der Mond dieser Edle mit würd’ger Gestalt«, so sprach er zur Frau, »und mit solcher Gewalt: dass er herkam des Nachts, wie ist es geschehn?« Die Frau sprach: »Von fern hat er’s Feuer gesehn, dann auch wegen unsrer Töchter Gesang (und weil trunkener Lärm und Musik erklang.«) Der Müller fuhr fort, seine Frau zu befragen: »Doch jetzt muss du mir deine Meinung sagen, ob das gut oder böse für uns wird enden?« Die Frau sprach: »Das liegt ganz in Gottes Händen. Er fragte nicht, woher sie stammen mögen, und kümmert’ sich auch nicht um ein Vermögen. Er sucht auf der Welt nur, wo Schöne sind, nicht Dinare oder ein Königskind. Erblickt ein Schamane wie sie was in Čîn, so wär’ seine Götzenverehrung dahin.« Also, bis die Sonne der Rabenschwärze entstieg und die Welt ward hell wie die Kerze, tauschten weiter sie ihre Meinung aus über Schlechtgeborne und Adelshaus. Als die Nacht ward Tag, kam der Dorfherr heran und sprach zu dem Alten: »Oh glücklicher Mann, heut nacht hat das Glück dein Bett aufgesucht und am grünenden Baumzweig reifte die Frucht. (In der gestrigen nächtlichen Finsternis kam vom Gefilde des Jagdgebiets Schah Bahrâm). Als er Umschau hielt, Fest und Feuer sah, da wandt’ er die Zügel und kam ihm nach. Ihm gesellt siehst jetzt deine Töchter du, im Frauengemach sind sie alle in Ruh. Mit dem Wuchs, Haar und Antlitz hast du zu viert deine Töchter königswert ausgeziert.
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Bahrâm ist dein Eidam; im ganzen Land wird überall künftig dein Name genannt. Diesen Landstrich macht dir der Schah zum Präsent. Lass die Sorgen! Nun hat alle Not ein End’. Wir sind alle geringer als du jetzt im Rechte, was geringer! Wir alle sind jetzt deine Knechte. Befiehl! Die Befehlsgewalt steht ja bei dir, als Knechte gehorsamsverpflichtet sind wir!« Erstaunt war der Müller, die Frau wie der Mann; beide riefen den Namen des Weltschöpfers an. Der Edle sprach: »Solch Gesicht und Haar holt vom vierten Kreis einen Gatten fürwahr.«
Bahrâm Gôr findet den Schatz des Ǧamšȇd Nächste Woche kamen ins Jagdgebiet wieder Schah und Mȏbads und die Gefolgschaftsmitglieder. Da kam wie der Sturmwind ein Mann herab, ein Fürstenverehrer, in Händen den Stab. Er fragte und sagte, wo Bahrâm ǝ Gor der Schah sei mitten im Jägercorps. Ein Mȏbad sagte: »Was willst du denn? Sag! Den Schah selber siehst du nicht an diesem Tag.« Er erwiderte: »Nein, nur angesichts des Schahs will ich reden, dem Tross sag ich nichts.« Sie brachten den Mann, der ihn sprechen wollte, zum Schah, dass sein Wissen er künden sollte. Er ging hin, sah Schah Bahrâm und sprach: »Ich muss geheim mit dir reden, oh Schah.« Da drehte Bahrâm ǝ Gôr die Zügel des Rosses und lenkte den Fuchs aus den Augen des Trosses. Nun sagte der Mann: »Oh König der Zeit, meine Worte erheischen Aufmerksamkeit. Ich bin Dorfvogt, Gebieter auf diesem Strich, Haus und Saatfeld habe zu eigen ich. Ich trag Wasser hin auf das Land, das mir eigen, meinen Wert durch solche Arbeit zu zeigen.
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Des Gewässers ward mehr und es wurde kecker; da entstand ein Loch inmitten der Äcker. Ein Wundergeräusch, das ans Ohr mir gelangte, bewirkte, dass mir um mein Leben bangte. Aus dem Wasser tönte der Zimbel Klang und es wies der Ton zu dem Schatze den Gang.« Als Bahrâm dies hörte, ritt dorthin der Held; voll Wasser und grünend sah er alles Feld. Er befahl, dass viel Tagelöhner mit Spaten aus den entfernteren Gegenden nahten; vom Rosse herab stieg der hohe Schah. Auf dem Saatfeld schlug auf man ein Sonnendach. Als die Nacht kam, beleuchtete man das Gelände und allerorten entzündet man Brände. Als vom Meere die Sonne die Fahne reckte, und den finsteren Himmel die Helle bedeckte, kamen Arbeiter von allen Richtungen her und versammelten sich wie ein schweres Heer; und als sie im Erdreich zu graben anhuben, da wurde die ganze Ebene zur Gruben. Wie die Arbeiter müde wurden vom Werk, kam im Boden in Sicht etwas wie ein Berg. Aus gebrannten Ziegeln, mit Mörtel genau verbunden, war’s ein paradiesischer Bau. Der Grabende hieb mit der Axt auf ihn, worauf ferne die Stelle der Türe erschien. Der Mȏbad ersah es und trat hinein und auch andere Leute fanden sich ein. Sie sahn, dass ein breites Gemach sich weit strecke, das mehrere Ellen hoch bis zur Decke. Drin standen zwei Stiere aus Goldmetall, eine goldene Krippe vor ihnen im Stall; auf die Krippe waren Smaragde gesprengt und rote Rubine daruntergemengt. Beiden Stieren des Wagens war hohl die Mitte, der Bauch voll Granaten und Apfel und Quitte.
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In den Quitten glänzten Perlen ganz klar, da jeder der Kerne ein Wassertropf war, und die Augen der Stiere waren Rubinen, die Köpfe vor Alter verwittert ihnen, Wildesel und Löwen ringsum überall, die Augen Rubine teils, teils aus Kristall. Auch goldene Fasane waren und Pfauen 555 mit Juwelenaugen und -brüsten zu schauen. Der Wesir, der dies sah, nahm zum Schah seinen Lauf, er meinte, er ragte zum Monde hinauf. Mit Ungestüm sprach er zum Schah: »Komm mit mir! Eine Schatzkammerausstattung kam zu dir. Ein Juwelenhaus ist zutage getreten; den Schlüssel dazu haben wohl die Planeten.« Also sprach der Fürst: »Auf den Schatz wohl schrieb seinen Namen ein Mann, dem der Schatz war lieb. Sieh zu, welchen Namen der Schatz wohl trägt, 560 in welcher Epoche er angelegt.« Der Hauptmȏbad hört’s und ging inspizieren; er sah Ǧamšȇds Namenszug auf jenen Stieren. Zum Weltenherrn sprach er: »Ich sah schon nach; auf den Stieren geschrieben steht: ›Ǧamšȇd Schah.‹« Zu ihm sprach der Schah: »Hauptmȏbad, mein Wertster, du aller der Sachverständigen Gelehrtster, die von Ǧamšȇd gesammelten wertvollen Sachen weshalb soll die ich zu eigen mir machen? Jeder Schatz bleibe fern uns, den nicht das Schwert 565 und Gerechtigkeit nicht uns haben beschert. An die Würdigen sei, was sich findet, verteilt! Gott behüte, dass uns ein Unheil ereilt! Wenn wir jenen Namen auch mussten enthüllen, soll doch Rechttun und Schwert nur den Schatz uns füllen. Auch das Heer hat’s nicht not, dass ihm Anteil dran werde, unserem Mut steht ja offen die ganze Erde.
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Von sämtlichen Wertsachen ein Inventar legt an daher, wie es Königsbrauch war. Für Silber und Gold verkauft diese Steine! Verwitwete Fraun und verwaiste Kleine, mittellose Männer, die Namen tragen, deren Herzen gerissen aus Ruh und Behagen, lasst aus Wüste und Fruchtland zusamenkommen und aller Zahl werde aufgenommen. (Dass jeder, den drückt seiner Schulden Last, auch etwas von diesen Schätzen erfasst!) Dann verschenkt so Dinare wie Schatz und Dirham zugunsten des Geistes des Weltherrschers Ǧam. Solang mich Gesundheit und Jugend nicht lassen, was soll ich mit Ǧamšȇds Schatz mich befassen? Ein Zehntel gebt dem, der der Wegweiser war und im Trosse gesucht hat den Schahrǝjâr. Wer von Ǧamšȇd wegnähme das Leichenkleid, der hoff’ in der Welt nicht auf Freudigkeit. Wenn ich mit dem Heere mich mühe und plage, aus Tûr und aus Čîn Ruhm und Schätze trage, genüg ich, mein Rapp’ und mein scharfes Schwert; ich ward weder Täuschung noch Flucht gelehrt.« Zu den eigenen Schätzen begab er sich dann, die mit Schweiss und mit Mühe sich selbst er gewann. Die Helden des Landes berief er nun her und bezahlte den Sold eines Jahres dem Heer. Einen Festplatz macht er bei Frühlingserscheinen und schmückte die Halle mit Edelsteinen. Aus Kristallbechern funkelt Rubinwein hervor; da war glücklich und fröhlich Schah Bahrâm Gor. Er sprach zu der Freunde stolzfroher Runde: »Ihr vernahmt vom Throne der Grossen die Kunde, von Hôšang bis zu Nȏḏar, der den Ruhm aufrechterhielt von Firȇdûns Königtum, 569.2 legt an daher: W: muss man aufzählen, berechnen.
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bis zum Fürsten Kai Qubâd gleicher Art, der Träger der Krone der Grösse ward: was blieb wohl von ihrer Prächtigkeit als ihr Lob ob ihrer Gerechtigkeit? Als ein Ende nahm ihr kreisendes Glück, blieb ein Wort als Erinn’rung der Fürsten zurück: dem war eigen, dem fehlte der Herzensadel, so teilt einem man Lob zu, dem anderen Tadel. Wir müssen der Reihe nach alle scheiden, so müssen das Böse zu tun wir vermeiden. Weshalb macht’ ich der Toten Ertrag mir zu eigen? Mein Herz sollte Lust zu Dinaren bezeugen? Ich bind mich nicht an die vergängliche Welt, prahle nicht mit der Krone und trachte nicht nach Geld. Vergehen in Freudigkeit nur seine Tage, was macht sich ein kluger Mensch Sorgen und Plage? Wenn von unserem Volk irgendwann dem gesamten, unsern Dorfvögten oder den Hofbeamten, ein Geringrer zu klagen hat, dass wir ihn schinden, mögen Haupt, Diadem und Schätze mir schwinden.« Es gab einen Greis damals namens Mâhjâr, der zählt’ hundert und vierundsechzig Jahr’. Er erhob sich, als er die Rede vernahm und sprach also: »Gerechtester Schah Bahrâm! Von Firȇdûn und Ǧam fand ich eine Historie und den anderen allen von solcher Glorie, doch ist keiner auf einen wie dich je gestossen; du bist Hoffnung der Kleinen und Glanz aller Grossen. Wär dein Herz in die Weite des Meers ausgezogen, aus dem Meere erhöben sich dann solche Wogen, dass der Glanz des Sarôš deinem Geiste entfunkelt’, der Verstand in des Klugen Sinn wär verdunkelt. Einen Schatz, wie den in die Welt du lässt gehn, hat noch keiner von Grossen und Kleinen gesehn. 599.2 solche Wogen: In C ist von Perlen-Wogen die Rede.
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Zur Zeit des Ǧam die Geschichtenkünder bezeichneten ihn als den Schatz der Rinder; seinen Ort wusste keiner uns klarzumachen, ob die Erde oder der Rachen des Drachen. Du fandst ihn, doch schautest du nicht auf das Geld, du geniertest dich vor der vergänglichen Welt! Kein lebendes Auge hat zweifellos soviel Perlen geschaut in des Meeres Schoss. Du verschenktest den Armen die Edelsteine und die Stiere von Gold und behieltest dir keine. So Krone wie Gurt sollen nie dich entbehren; lebe froh und siegreich im Glück und in Ehren! Manches Königsbuch schwärzen die Schreiberhände damit und kommen doch niemals zu Ende. (Nach dem Tod wird dein Name lebendig bleiben, wenn die Dichter einst deine Geschichte schreiben.)«
Geschichte Bahrâm Gôrs mit dem Kaufmann und seinem Kommis
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Als er nächste Woche zur Jagd kam gezogen, war nicht wohl ihm mit Köcher, Pfeil und Bogen. Das Gefilde erhitzte der Sonne Glut; dem jagenden Herrscher ward weich zumut. (Wie vom Wege zum eignen Palast er sich wandte und einige Zeit durch die Öde rannte) gelangte er zu eines Kaufmanns Haus; keinen Menschen sah er, späht er ringsum auch aus. Da sprach er zum Kaufmann: »Kannst du ein Quartier mir gewähren? Ich mach keine Mühe dir.« Der Kaufmann half ihm vom Pferde sofort, wandte sich und wählte für ihn einen Ort. Er blieb dort klagend, von Bauchweh gequält, und gab dem Kaufmann ein gut Stück Geld; 604.2 vor der vergänglichen Welt: Es kann auch heissen: »ob der vergänglichen Welt«. 614.2 Ort: In C ist es ein Schlafgemach.
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er sprach: »Ein Stück Käse, der alt einige Wochen, lass mit Mandelkernen du für mich kochen.« Der Kaufmann bracht’ ihm nicht, was er begehrt, Mandelkerne gab’s nicht am häuslichen Herd. Als es finster ward, kam der Gastgeber sachte, indem heiss ein gebratenes Huhn er brachte. Der gerüstete Tisch ward vor Bahrâm gestellt; da sprach zu dem Kaufmann Bahrâm der Held: »Mein Begehr ging nach Käse, alt einige Wochen; ich habe ausdrücklich von Käse gesprochen. Du hast’s nicht gebracht und ich gab dir doch Geld, denn ich klagte, von grossem Bauchweh gequält.« Er erwiderte drauf: »Dein Verstand ist nichts wert, du hast nicht soviel, dass den Geist er ernährt. Du hast das gebratene Huhn heiss doch empfangen, es entspricht Sitte und Zucht nicht, mehr zu verlangen.« Als sotane Rede von ihm er vernahm, verzichtete auf den alten Käse Bahrâm; er bereute, was er sprach, und ass von der Speise und erwähnt das Geschehne in keiner Weise. Wie die Schlafenszeit kam, ging zu Bette er und sprach zu dem Kaufmanne gar nichts mehr. Als die Sonne sich hob aus des Meeres Wogen und der pechfarbene Schleier war weggezogen, sprach der reiche Kaufmann zu seinem Kommis: »Was zu tun sich gehört, das weisst du nie. Weshalb hast du so teuer gekauft dies Huhn – keinen Dirham war’s wert –, um mir Schaden zu tun. 616 Ein Stück … kochen: Von »einigen Wochen« steht nichts im Original. 617.2 am häuslichen Herd: W: im Frauengemach oder im Versteck 618.2 gebratenes Huhn: Oder einen anderen Vogel, möglicherweise nicht gebraten, sondern gekocht. 620 einige Wochen: Hier gilt das zu v. 616 Gesagte. 624 sotane: mhd. so getan; derartig, solcherart
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Hättst du ein des Gasts würdiges Huhn gebracht, erspartest du diese Nacht mir die Schlacht. Erstandst einen Dâng du an alten Käsen, wär er heut mit mir wie Honig und Milch gewesen.« Da sprach der Kommis: »Es steht wie es steht; so wiss’, dass das Huhn auf mein Konto geht. Sei du mein Gast zusamt diesem Reiter und streite von wegen des Huhns nicht weiter.« Als Bahrâm sich erhob aus gutem Schlaf, begab zum Ross er sich, das folgsam und brav, um es zu satteln zum Heimwärtsreiten und die Krone zu heben in Himmelsweiten. Zu Bahrâm sprach, als er dies sah, der Kommis: »Vergönn heut deinem Knecht deine Kompagnie!« Da blieb der Schah seinem Throne noch fern, verwundert ob seines Glückes Stern. Der Bursch ging; mit zweihundert Mandeln kehrt er zurück und sprach zu dem Herrn: »Mein Werter, röste die Mandelkerne ganz kochend heiss, alten Käse mit weichem Brot gleicherweis! Denn dies ist der Wunsch, den er gestern getan; bring Brot und richte die Speisen schön an!« Dann sprach zu Bahrâm er: »Oh riesiger Held, dein Wille war gestern auf Mandeln gestellt; jetzt bringen wir heiss das, was du begehrt, bis das übrige Essen kommt sachte vom Herd.« So sprach er und ging hinweg zum Bazare, um zur Mahlzeit zu kaufen die restliche Ware, um Zucker und Lamm und Geflügel und Mandeln zur Menüzubereitung noch einzuhandeln. Wein bracht’ er und Safran und Wohlgerüche, das Herz voller Eile, nachhaus in die Küche. 631 Dâng: Dâng gleich ¼ Dirham 635.2 in Himmelsweiten: W: zum Kȇwân (Saturn) 638 zweihundert Mandeln: Sind es nicht doch wohl 200 Eier gewesen?
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So servierte mit allerlei Delikatessen klug und hochgemut der Jüngling das Essen. Als verzehrt war das Mahl, bracht’ er Wein; es bekam der ersten der Becher der König Bahrâm. Und so kam es denn zum Gelage allmählich und sie wurden auf die Art fröhlich und selig. Zum Gastgeber sagte der König nunmehr: »König Bahrâm trägt nach mir nun Begehr. Trinkt nur Wein und betrinkt euch alle so recht, hört zu saufen nicht auf, bis ihr tüchtig gezecht!« Er striegelt den Rappen und sattelte ihn und weinselig ging er zur Laube hin. Zum Kaufmann sprach er: »Lass ab, um mehr Geld dich zu plagen, oh Mann, der den Preis zu hoch stellt! Gestern hast du mich um einen Dâng verkauft und dem Jungen das Auge fast ausgerauf: ›Du gabst für das Huhn mehr als man es schätzt und hast mich in den Rachen des Drachen gesetzt.‹« So sprach er zum Kaufmann und schied in Hast und ritt zurück zu dem Königspalast. Als am Himmel die Sonne wies ihre Krone, sass der Weltenherr auf dem Elfenbeinthrone; dem Haushofmeister befahl er sodann, erscheinen zu lassen den Handelsmann. Der brachte mit sich auch seinen Kommis; einer froh, einer düster, erschienen sie. Den Kommis begrüsste er mit dem Bedeuten, sich einzureih’n zu den vornehmen Leuten. Einen Geldbeutel brachten sie auch ihm zur Stelle; sein finsterer Geist bekam Mondeshelle. Zum Kaufmann sprach er: »Dein ganzes Leben, das wisse, bist du dem Kommis untergeben. Zweimal sechzig Dirham als Monatsentgelt werden deinem Kommis von dir aufgezählt. 653.2 das Auge fast ausgerauf: W: das Auge durchbohrt oder vernäht.
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Er soll Gäste bewirten aus deiner Kasse, dass das Herz der Edlen er lachen lasse.« Zum Mȏbad sprach er sodann: »Passt nicht auf ein König so recht auf den Weltenlauf, wie soll er die vornehmen Leute erkennen, wie soll er den Guten vom Schlechten dann trennen? Und jetzt, der du weiser bist als ein Buch, jetzt merk dir, wenn’s not tut, folgenden Spruch: ›Lass, wenn du ein Mensch bist, nie geizig dich finden, sonst wird alle Glückseligkeit von dir schwinden.‹«
Bahrâm Gôr tötet einen Drachen und seine Geschichte mit der Gärtnersfrau
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Er blieb eine Zeit in der Grossen Verein mit Musik und mit Bechern und funkelndem Wein. Der Lenz kam, die Erde ward zum Paradiese; mit Tulpen bepflanzte der Himmel die Wiese. Voll Wild war die ganze Erdoberfläche und wie Wein und wie Milch war das Wasser der Bäche. Wildesel und Rehe mit harten Schritten zogen überall Reihn in der Pflanzen Mitten. Die Ufer wurden voll von Vogelzügen, wie Granatapfelblüten der Wein in den Krügen. Es wurde dem Schah Bahrâm ǝ Gôr gesagt: »Vorbei ist jetzt die Zeit der Wildeseljagd.« Er erwiderte: »Aus der Reiterei schafft tausend Mann mir sofort herbei! Alle Hunde und Falken sind auch zu bringen, Königsfalke und Habicht mit stolzen Schwingen. Wir müssen von hier nach Tûr uns begeben und im Jagdrevier einen Monat leben.« So zog der jagdliebende Schah dann nach Tûr; voll Duft und voll Farbe sah er die Natur. Von Wildeseln, Wildschafen, Rehen und Fei’n 672 Vogelzügen: W: vermutlich »Schwarzschwänzler« (schwarze Vögel?)
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machten diese tapferen Helden sie rein. Diese Tätigkeit währte zwei volle Tage und Bahrâm hielt stets mit beim Weingelage. Als am dritten die Sonne die Welt belichtet und aus Furcht vor dem Tage die Nacht sich flüchtet, als die Sonne die Krone hob strahlend und rein, der Boden ward gelb, Berg und Meer Elfenbein, zog der tapfere König zur Jagd aufs Neu; da zeigte ein Drachen sich ihm wie ein Leu. Eine Mähne hatt’ auf dem Haupte er sitzen, auf der Brust wie die Weiber besass er zwei Zitzen. Er spannte den Bogen, den Hartholzpfeil schoss er auf den Busen des Drachen in Eil. Wie ein zweiter Pfeil auf das Haupt ihn trifft, rinnt das Blutwasser ihm aus der Brust und Gift. Er stieg vom Rosse und mit seinem Dolche zerschnitt er den Leib vollkommen dem Molche. Ein vom Drachen verschluckter Jüngling ruhte darinnen erstarrt im Gift und im Blute. Er beweinte voll Gram dieses Toten Geschick, doch vom Gift wurde trübe des Königs Blick. (Heraus tat er aus dem Leib jene Leiche; dass nie dieser Leib einen Kopf mehr erreiche!) Verstört ritt der Schah auf der Strasse einher, nach Schlaf und nach Wasser stand all sein Begehr. Also durchritt die Ebne Bahrâm, bis bei Siedlungen zu einem Haustor er kam. Eine Frau sah er, die, auf der Schulter den Krug, vor Bahrâm übers Antlitz den Schleier schlug. Er sprach: »Gebt ihr hier Quartier mir zur Nacht, da das Weiterziehn mir Beschwerde macht?« Da sprach diese Frau: »Werter Reitersmann, sieh immer dies Haus als das deinige an.« Als er solches vernahm, trieb das Ross er zum Stall. Jenes gastliche Weib aber rief dem Gemahl; dem sagt’ sie: »Bring Heu und striegle den Rappen;
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mangels Striegels nimm einen Wollsacklappen.« Sie selber begab sich ins innere Haus bis zum Frauengemach und fegte es aus; sie legte das Kissen und bereitet die Matte, wobei für Bahrâm sie nur Segen hatte. Dann trug sie Wasser aus der Zisterne und insgeheim spottet des Gatten sie gerne: »Dieser alte Trottel bleibt ruhig stehn, ist einmal im Haus etwas Fremdes zu sehn. Doch die Fraun – solche Arbeit geziemte nicht ihnen; bin ich da, um ein ganzes Heer zu bedienen?« Schah Bahrâm ging hin und wusch sein Gesicht, denn infolge des Drachen fühlt wohl er sich nicht. (Dann kam er und setzte sich auf jene Matte; bei der Haustüre stand noch der alte Gatte). Die Frau brachte den Tisch, auf den sie dann tat Brot und Sauermilch sowie Krautsalat. Er ass etwas Speise und schlief stöhnend ein; in das Seidentuch drückt er die Wange hinein. Er erwachte; da sprach die Frau zum Gemahl: »Du Gesichtsungewaschner bist mir fatal. Geh jetzt hin und schlachte sofort ein Lamm; denn der Reiter ist adlig aus fürstlichem Stamm. Er hat Königswürde und Mondesglanz, nur Bahrâm dem Könige ähnelt er ganz.« So sprach der armselige Gatte zum Weibe: »Was braucht es da soviel Getue und Getreibe? Hast du Pöckelfleisch, Brennholz und Brot nicht drinnen? Du pflegst nachts nicht wie Weiber die Spindel zu spinnen. Du schlachtest ein Lamm und er isst’s und zieht weiter; was hast du davon, von dem wandernden Reiter? Und den Winter, den Frost und den stürmenden Wind wirst du alle einmal erleben, mein Kind.« Doch sie hörte nicht, was da sprach ihr Gatte,
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da sie Güte besass und viel Klugheit hatte. Das Lamm wurde schliesslich und endlich geschlachtet, weil die Frau ob des Reiters es nötig erachtet. Sie kocht’ einen Fleischgerichtstopf für den Reiter, brachte Feuer und spaltete Brennholzscheiter. Dann brachte dem König den Tisch sie mit Essen; darauf waren Eier und Bachuferkressen; einen Lammschlegel brachte sie dann gebraten mit den ihm entsprechenden Speisezutaten. Bahrâm wusch die Hand von den Speisen sich rein, er war schlaflos und ohne in Ordnung zu sein. Als die Sonne zusammentraf mit der Nacht, wurde Wein und Sorbus von jener gebracht. Zur Frau sprach der Schah: »Nun, Frau, berichte, die so wenig du sprichst, eine alte Geschichte, dass zu deiner Erzählung den Wein ich trinke und aus meinem Herzen die Sorge versinke. Ich gebe dir vollkommen frei, was du sagst, ob du lobst deinen Schah oder aber verklagst.« Die Frau weniger Worte sprach: »Ja, er ist gut, bei dem aller Tat Anfang und Ausgang ruht.« Da sagte Bahrâm: »So ist es wohl, traun, doch kann Rechttun und Güte von ihm keiner schaun.« Die kluge Frau sprach: »Dem Dorfe hier fehlen nicht viele Häuser und viele Seelen. Es ist Durchzugsort auch für viele Reiter, Hofhaltungsbeamte und so weiter. Die Bezeichnung Dieb legt einer wem bei; der findet dadurch viele Quälerei. Fünf oder sechs Dirham bezweckt sein Geplag; er macht unschön dem Herzen den schönsten Tag. Eine Frau reinen Leibes aber, die zeiht der Befleckung er bis zur Sinnlosigkeit; der Krebsschaden ist: nicht der Schatz kriegt das Geld; die Schuld daran liegt an dem Herren der Welt.« 718.2 Sorbus: sinǧid; Gelee oder Likör von der Mehlbeere
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Voll Besorgnis wurde der Schah, denn es schuf der Beamte ihm einen schlechten Ruf; und der fromme Schah sprach zu sich: »Ist einer wirklich gerecht, dann fürchtet ihn keiner. Wenn ich einige Zeit nun Härte übe, mach den Abstand ich klar von Rechttun und Liebe.« In düstern Gedanken sich wälzend verbracht’ er schlaflos, Gewalttaten sinnend, die Nacht. Als die Sonne den Schleier voll Moschusduft zerriss und ihr Antlitz wies in der Luft, kam die Frau aus dem Haus, die zum Gatten sprach: »Bring Feuer und Kochkessel aus dem Gemach, wirf ins Wasser dann Körner hinein aller Art; ’s ist nicht gut, dass es die Sonne gewahrt. Und während ich Milch jetzt melk aus der Kuh, nimm die Kochkesselsache nicht leichthin du.« Sie brachte die Kuh von der Weide und Gras; dies legte sie reichlich ihr vor zum Frass. Dann strich sie den Euter ihr mit den Worten: »Im Namen des Herrn, der ohne Konsorten!« Da fand sie von Milch den Euter ganz leer; das Herz ward der jungen Frau darob schwer. So sprach sie zum Gatten: »Oh lieber Mann, der König sinnt anders jetzt als er sann. Zum Tyrannen wurde der Herrscher der Welt; sein Herz hat seit gestern sich umgestellt.« Der Mann sprach: »Was soll das Gerede sein? Was willst du mit Unheilprophezein?« Die Frau sprach zu ihm: »Werter Gatte, nicht blöde scheint mir das zu sein, was ich da rede. Vom Himmel darf nicht mehr leuchten der Mond, wenn zum Frevler wird, der über uns thront. Die Milch in den Eutern der Kühe wird trocken, der Moschusduft kommt im Nabel zum Stocken, Hurerei und Heuchelei stellen sich ein und das weiche Herz wird zum harten Stein;
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das Gefild wird von Wölfen heimgesucht; der Kluge ergreift vor dem Toren die Flucht; unter den Vögeln verdirbt das Ei, wenn der König sich wendet zur Tyrannei. Die Weide der Kuh ward nicht eingeschränkt noch verschlechtert die Quelle, aus der man sie tränkt. Es fliesst aus dem Euter die Milch nicht mehr, die Farbe ist anders, sie wurde wie Teer.« Als der Weltenherr diese Rede vernommen, ward er ob der Gedanken von Reu’ überkommen. So sprach er zu Gott: »Der das Schicksal der Welt mit gewaltiger Macht in den Händen hält, werde ich je von Gerechtigkeit ab mich wenden, so möge der Herrschaftsthron für mich enden!« Die brave Frau, die so fromm und so rein, setzt ein zweitesmal mit dem Melken ein; im Namen des Herrn legt sie Hand an und sprach: »Lass die Milch jetzt heraus aus dem innern Gemach!« Und nun brachte sie Milch aus dem Euter der Kuh und die gastliche Frau sprach: »Hilfreicher du, den Tyrannen hast du zum Gerechten gemacht, sonst hätte die Kuh sowas nicht vollbracht.« Und also sprach sie sodann zu dem Mann: »Zur Einsicht kam wieder, der Unrechtes sann. Nun freu dich und lach, aller Sorgen ledig, denn der Weltenschöpfer erwies sich uns gnädig.« Als die Milch sie gekocht in dem Kessel hatten und dies Werk verrichtet die Ehegatten, brachte die reine Frau dem Gaste zum Mahl den Tisch und hinter ihr kam der Gemahl; eine Milchreisschüssel stellte sie drauf, die nahm’s wirklich mit jeder Fleischbrühe auf. Von der Milchspeise ass ein wenig der Schah, (worauf zu der aufrichtigen Frau er sprach:)
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»Trag in den Hof diese Peitsche und hänge sie an einen Ort, wo vorbeikommt die Menge! Ersieh einen Ast, einen starken und hohen, sodass ihm vom Sturm nicht Gefahr mag drohen; dann warte auf die, so des Weges ziehn, und sieh immer gut nach der Peitsche hin.« Der Herr des Hauses beeilte sich viel und hing auf den Baum jenen Peitschenstiel. Eine Zeitlang war er auf ihn aufmerksam. Wer vom zahllosen Heer, das des Weges kam, der Peitsche da droben wurde gewahr, der brachte Bahrâm seine Huldigung dar; sie gingen am Stiele vorüber zu Fuss und entboten ihm Mann für Mann ihren Gruss. »Nur der Schah kann es sein,« sprachen Frau und Mann, »solch Antlitz steht nur einem Könige an.« Und beide kamen vom Weg voller Scham und Eile gelaufen zu Schah Bahrâm: »Oh König! Oh Grosser! Oh Held! Sei gelobet! Oh Weltherrscher! Mȏbad über den Mȏbed! Dein Gastgeber hier war ganz mittellos, die arme Frau die eines Gärtners bloss! Böser Vorsatz hat deinen Knechten gefehlt! Dass du der Schah seist, blieb ihnen verhehlt, dass ein solcher als Gast genaht ihnen wäre und erwiese dem armen Heim solche Ehre!« Zu ihm sprach Bahrâm: »Du glücklicher, dir teil ich zu dieses Dorf und das ganze Revier. Nur Gastfreundschaft übe und bleib stets dabei und lass künftighin stehn alle Gärtnerei!« Er sprach’s und ging fort mit lachendem Munde; seinen schnellen Renner bestieg er zur Stunde, aus dem ärmlichen Dorfe ritt er hinaus zum juwelengeschmückten Königshaus.
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Bahrâm Gôr geht auf die Jagd und nimmt die Töchter des Dorfvogts Barzîn zu Frauen
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Der Schah zog am dritten Tage zu Ross in das Jagdgebiet mit Gefolge und Tross. Es schlossen die Edeln von Îrân, dreihundert Reiter, der Jagd sich an, mit jedem Reiter auch dreissig Diener, so Türken wie Perser und Byzantiner. (Dreihundert Bedienstete vom Königspalast kamen mit der Jagdausrüstungen Last). Mit Brokaten geschmückt der Kamele zehn, mit goldenen Bügeln und Sätteln versehn; zehn Kamele trugen das Königszelt, das mit Seide gerüstet ward aufgestellt. Sieben Elefanten schritten vor diesen, auf ihnen ein Thron mit nilblauen Türkisen; die Füsse hatten von Gold und Kristalle geformt zu Bahrâm ǝ Gôrs Sitze sie alle; dreissig Sklaven bei jedem, die Schwerter gezückt, die Gürtel und Zäume mit Gold geschmückt; hundert Maultiere wegen der Musikanten, auf den Köpfen mit Kronen von Diamanten; hundertsechzig Falken mit Falkenieren und zweihundert ähnlichen stolzen Tieren. Ein Vogel war drunter, tiefrabengeschwärzt, in den Augen des Schahs war er allerwert’st; beide Fänge schwarz, doch der Schnabel gelbgrell, in der Finsternis leuchtet wie Gold er hell. Dieser Vogel, mit Namen Ṭuġrî geheissen, liess zwei Augen rot wie zwei Blutbecher gleissen, der Châqân hatte ihn dem Schah geschickt; ferner Krone und Thron mit Bernstein geschmückt, 792.2 Tieren: Nämlich Habichte und Königsfalken
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ein smaragdenbesetzes Halsgehänge, Ohrringe und Spangen die schwere Menge; auch dreihundert Kamellasten Čînraritäten und dreihundert Rubinschmucke waren vertreten. Hundertzwanzig Jagdhunde ferner bellten geführt von den Falknern des Königs der Welten; an den Hundehalsbändern aus Edelsteinen waren befestigt goldene Leinen. Dieses war der Jagdzug des Weltenherrn, dessen Krone sich hob über jeglichen Stern. Wer immer begehrte des Jagdgenusses, der wandte sein Antlitz zum Wasser des Flusses, da nach sieben Jahren König Bahrâm stets mit Glückstern zu dem Gewässer kam. Als nun nahe zum Strome gelangte die Schar, sah der Schah, dass er voll von Geflügel war. Als die Trommel schlug, stieg der Ṭuġrî empor, da das mächtige Tier die Geduld ganz verlor. Ein Panter war das ihm gemässe Wild, da den Kranich der Kralle für unwert er hielt. Ein Adler geriet ihm in seine Klauen, er flog in die Luft und war nicht mehr zu schauen; er flog so wie von dem Bogen die Pfeile, ein Falkner setzte ihm nach in Eile. Sein Fliegen verengte des Schahs Herz und schnelle eilt er hinterdrein nach dem Klange der Schelle. Vor ihm lag ein Garten, weit und gross, aus der Ecke des Gartens erhob sich ein Schloss. Der Schah hatte wenige Leute nur mit; sein Gefolge verblieb in dem Jagdgebiet. Im Park kam Bahrâm einer Stelle näher, hinter der sich ein Bergabhang zeigte, ein jäher. Im Rosenhain drin lag ein Wasserbehälter; 797.2 die schwere Menge: Nämlich, um genau zu sein: 40 Armreifen und 36 Ohrringe 801.2 über jeglichen Stern: W: über Muštarî (Jupiter)
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ein Mann sass am Rande, der war schon älter. Von Brokat überbreitet war der Boden; der Park war Sklaven voll und voll Kleinoden. Drei Mädchen wie Elfenbein sassen bei diesen, auf den Köpfen die Krone von Türkisen, mit Wangen wie Frühling, von schlankestem Baue, Fangschnüre die Locken, ein Bogen die Braue, den kristallnen Pokal hielt jede empor: also betrachtete sie Bahrâm ǝ Gor. Sein Auge ward durch diesen Anblick verwirrt, sein Herz durch die Ṭuġrî-Affäre beirrt. Als der Dorfherr ihn sah, dieser reiche Greis, ward die Wange aus Furcht ihm lilienweis. Dieser kluge Greis hiess mit Namen Barzîn; der Anblick des Schahs freute keineswegs ihn. Vom Rand der Zisterne kam er wie der Wind und küsste den Staub vor dem Schah geschwind; er sprach: »Oh Schah mit dem sonnigen Blick, deinem Herzenswunsch füge sich stets das Geschick! Ich wag’ nicht zu sagen, dass ich mein Gelände für zweihundert Reiter geeignet fände, doch das Haupt meines Glücks wird zum Monde sich heben, wenn dem Schah dieser Park sollte Freude geben.« Zu Barzîn nun sprach der Weltherrscher so: »Ob meines Ṭuġrî, der heut mir entfloh, ob des Raubvogels ist’s mir im Herzen bange; ich eilte schnell nach seiner Schelle Klange.« Worauf Barzîn der Alte dem Schah versetzt: »Einen schwarzen Vogel sah ich eben jetzt, mit Goldschelle, pechschwarz am Leib war derselbe, auch die Krallen; der Schnabel von hellem Gelbe. Er kam und hat sich auf den Nussbaum gesetzt; so erwischst du ihn glücklich eben jetzt.« Sofort sprach der König zu einem Knecht: »Geh sogleich und durchspäh den Nussbaum recht!«
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Es lief der Knecht und man hörte ihn schrein: »Der Weltenherr kann zufrieden sein; der Ṭuġrî hängt dort an einem Ast und schon hat der Falkner ihn auch gefasst.« Als der Ṭuġrî zum Vorschein kam, sagte der Greis: »Oh Schah, dessengleichen die Welt nicht weiss, beglückt ist der, dessen Gast du wirst; dir untertänig sei jeglicher Fürst! Wegen dieser Freude verlange nun Wein! Dein Herz fand nun Ruhe, lass froh uns jetzt sein!« Vom Ross stieg der Weltenherr bei der Zisterne und solches sah der Alte sehr gerne. Der Wesir kam herbei und der Schatzverwalter und ausser ihnen die Rossehalter. Barzîn brachte Rotwein und die Phiole und trank zuerst zu des Fürsten Wohle. Den Kristallpokal holte er dann hervor und man gab ihn zu Händen des Bahrâm ǝ Gor. Als der König den Wein sah, den aus er nicht schlug, machte er einen äusserst kräftigen Zug. Wie Barzîn dies sah, ward ihm froh der Sinn und er stellte überall Krüge hin. Als Barzîn der Wein stieg in den Schädel, sprach er so zu den Töchtern: »Ihr tüchtigen Mädel, in diesen Garten kam Schah Bahrâm, nicht nur vom Gefolge ein Stolzer kam. Wohl, du Sängerin hast jetzt ein Lied vorzutragen und du Schimmergesicht hast die Zither zu schlagen.« Da kamen zum König sie alle drei, die Hauben voll Edelsteinstickerei, eine Tänzerin, eine Zitherschlägerin, eine Sängerin und Sorgenerlegerin. Zu ihrer Musik trank den Becher leer der König und fühlte sich frei von Beschwer. Er sagte zu ihm: »Wessen Töchter sind sie, die so leben mit dir in Harmonie?«
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Also sprach drauf Barzîn: »Oh Schah, es erblick’ ohne dich nie jemand das weitre Geschick! So wiss, dass ich meine Töchter sie nenne, das Liebste und Teuerste, was ich kenne. Die eine spielt Zither, die singt exakt und die dritte, die tanzt dir Takt auf Takt. Es fehlt mir auch nicht an Vermögenswerten, an Dinaren und Dirhams, Landgütern und Gärten, drei Töchtern in glücklicher Frühlingsart, so wie es der König selber gewahrt.« Zur Sängerin sprach er: »Mondschimmriges Ding, fass ein Herz und das Lied von dem Könige sing!« Sie huben Gesang an und Klang der Saiten, womit sie die Herzen von Kummer befreiten. Zum Grosskönig hub erst die Sängerin an: »Oh königlich mondgesichtschimmernder Mann! Du ähnelst wohl nur an dem Himmel dem Mond, dir geziemt nur ein Ort, wo man königlich thront! Mit dem Aussehn des Monds und dem Wuchse der Eiche, Thron und Krone prunken mit dir hier im Reiche. Heil dem, der im Dämmern dein Antlitz darf sehn und den deiner Haare Düfte umwehn! Stark der Arm und die Taille schmal wie beim Tiger, deiner Krone Glanz, zu den Wolken stieg er. Dein Antlitz, es gleicht der Granatapfelblüte; aus Liebe zu dir lacht froh das Gemüte. Deine Hand wie die Wolke, dein Herz wie das Meer und die Panter und Löwen fängt ein deine Wehr. Deines Pfeiles Spitze sie spaltet ein Haar; zu Milch macht dein Rechttun, was Wasser nur war. Wenn ein Heer einmal deine Fangschnur erschaut sowie deinen Arm, der so machtvoll gebaut, werden Herz und Hirn zerrissen dem Heere, und wenn seine Zahl auch noch so gross wäre.« Als Bahrâm ǝ Gôr angehört dieses Gedicht,
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leert er des Kristallpokals schweres Gewicht. Zu ihm sprach der Schah: »Oh du stolzer Mann, viel Frost und viel Glut kam schon an dich heran. Du findst keinen besseren Schwiegersohn als ich Heldenkönig und Haupt der Nation; du sollst mir die ganzen drei Töchter geben und das Diadem zum Kȇwân erheben.« Da sagte Barzîn ihm: »Oh König, der Wein möge froh über dich und der Schenke sein! Wer darf auf der Welt sich zu sagen gestatten, einen solchen Morgenstern barg er im Schatten? Komm ich als ein Sklave dir, König, zupass, dass ich dien’ deinem Throne ohn’ Unterlass, will ich Krone und Thron verehren stet und dein Glück, deinen Glanz, deine Majestät! Die drei Töchter auch sind Verehrerinnen und stehen vor dir wie Dienerinnen; die drei Sklavinnen sah der Schah schon gerne als die Monde zuerst er erschaut aus der Ferne, wie Elfenbein weiss und von Eichenwuchs, beide wert des Throns und des Kronen-Schmucks. Jetzt verrat ich, was bei mir verborgen sich hält, so Gutes wie Böses dem Herrscher der Welt, das was ich besitz’ um zu hüllen und spreiten, um anzufüllen und auszubreiten: zweihundertmal eines Kameles Last, noch mehr vielleicht, sind in des Knechts Palast, auch Halsbänder, Spangen und Krone und Thron; meine Töchter haben Ergötzen davon.« Über Barzîn lächelte Bahrâm und sprach: »Was hast du nicht alles in deinem Gemach! 876 Eichenwuchs: Eigentlich nicht Eichen, sondern Thekabaum, Teak, ostindische Eiche. 876.2 beide wert … Kronen-Schmucks: Es kann auch heissen (reimt dann aber nicht): »beide wert des Thrones und der Krone Schmuck.«
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Das lass alles nur dort, es lieg wie es lieg! Nimm den Becher voll Wein und vernimm die Musik!« Darauf sagte der Greis: »Die drei Schönen schenk nach dem Recht des Kajômarṯ und des Hôšang zu Frauen ich dir; deinem Willen sich fügen sollen sie und wie Staub dir zu Füssen liegen.« Die älteste Tochter hiess Mâhâfarîd, Farânak die andern und Šanbalîd. Sie gefielen dem Schah schon beim ersten Schauen; er erwählte sie zu gesetzlichen Frauen. Er befahl einem vornehmen Offizier, zu beschaffen der goldenen Sänften vier. (Zu Barzîn sprach er: »Schah Bahrâm gefielen die drei Schwestern, sobald sie ins Auge ihm fielen«) Er setzte die drei in die Sänften; als Diener nahm er sechzig noch mit der Byzantiner, die rings um sie her ihres Weges gingen und nicht müde wurden, ihr Lob zu singen. Die drei Monde gelangten ins Frauengemach, doch verblieb, bis er ganz berauscht war, der Schah. Die Peitsche des Königs nahm einer des Trosses und verzierte damit den Hof des Schlosses. Diese Peitsche diente dem Heer nun einmal vom Führer der Stolzen als einzges Signal; sah einer den Peitschenstiel nur vom Weiten, so erwies er ihm rasch Ehrerbietigkeiten. Schah Bahrâm trank sich erst ordentlich an und setzte sich froh in die Sänfte dann. Er kam in die Frauenabteilung von Gold, deren Zimmer von Ambra dufteten hold. Dort verweilte sieben Tage Bahrâm. Er ass, trank und schenkte und sprach und vernahm. 888 Diener: Es können aber auch Dienerinnen sein, und es ist sogar wahrscheinlich. 891.2 den Hof: Möglicherweise auch das Tor
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Bahrâm Gôr zeigt seine Tüchtigkeit auf der Jagd und nimmt die Tochter eines Juwelenhändlers zur Frau Am achten begab auf die Jagd er sich, er selbst, tausend Reiter und Rȏzbih. Auf dem Feld sah er Wildesel ohne Zahl und zog seinen Bogen aus dem Futteral; er legte die Sehne auf die zwei Raben und gedachte des sieghaften Spenders der Gaben. Es war Frühling, die Wildesel waren in Brunft und suchten allseits Zusammenkunft; sie zerrissen sich gegenseitig das Fell; vom Blut war der Boden rubinenhell. Bahrâm blieb auf Anstand, bis in Raserei sich ergrimmt anfielen der Männchen zwei. von dem Wildeselmännchen, das obgesiegt, ward ein weiblicher Wildesel untergekriegt. Da spannte den Bogen Bahrâm, der Streiter, und lachte, als er es sah, und ward heiter. Er schoss auf das Männchen mit solcher Kraft, dass das Tier durchdrangen Pfeilspitze und Schaft; auf das Weibchen nähte das Männchen der Schuss und bot dem Gefolg einen hellen Genuss. Wer von dem Gefolge Zuschauer war, der brachte dem Schah seine Huldigung dar: »Mög dir fern stets bleiben der böse Blick und ein stetes Fest sein dein künftig Geschick! Du bist eine Neuigkeit auf dieser Welt: du bist sowohl Schah wie Chosrau und Held.« 899 die zwei Raben: Die zwei schwarzen Bogenenden
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Bahrâm tötet Löwen, kommt ins Haus des Juwelenhändlers und nimmt dessen Tochter zur Frau
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Der Schah sah vom Rappen, den er bestiegen, auf dem Weg seines Ritts einen Wald vor sich liegen. Zwei wütige Löwen sah er vor dem Wald; er befestigt’ die Sehne und zog mit Gewalt. Durch die Brust drangen Pfeilspitze und Gefieder und fielen jenseits zu Boden nieder; dann schoss er gewaltig aufs Weibchen und schweisste die Löwinnenbrust an die Gegend der Leiste. Er sprach: »Kein Gefieder besass dieser Bolz, ohne Spitze war dieses stumpfe Holz.« Das Gefolge rief seinen Beifall ihm zu: »Oh du edler Beherrscher der Welten du! Nicht sah, noch auch sieht jemand eine Person wie dich als Schah auf dem Grosskönigthron. Kannst mit Pfeil ohne Feder du Löwen erlegen, dann auch Felsenberge vom Grund weg bewegen.« In Wiesen und Auen kam auf seinem Ritte der König in seiner Getreuen Mitte; voll Schafen ein Wald ward von ihnen gesichtet; die Hirten waren aus Furcht geflüchtet. Nur ein Oberhirte sah den Bahrâm, welcher Hirt nicht zur Ruhe vor Raubtierangst kam. Zu ihm sprach Bahrâm: »Wer hält Schafe hier in diesem dafür nicht geschaff’nen Revier?« Der Oberhirt antwortete so: »Ich kam auf die Wiese von anderswo; die Schafe bracht’ ich einem Juwelier gestern her ins Tal aus dem Bergrevier. Der mächtige Herr dieser Lämmerherden krümmt sich nicht in der Angst, geschädigt zu werden; 917.2 vom Grund weg bewegen: W: vom Grund ausgraben, wegreissen
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er hat Gold und Silber in Eselslasten 925 und von rohen Juwelen und von gefassten und nur eine Tochter, die Zither schlägt und ein Lockenhaupt Flechte auf Flechte trägt. Er nimmt allen Wein nur aus ihrer Hand; keiner hat je solchen Greis gekannt. Würde Schah Bahrâm nicht Gerechtigkeit üben, wie wär wohl dem Mann solcher Reichtum verblieben? Der Weltenherr kennt nach Geld nicht die Gier und auch nicht ungerecht ist sein Wesir.« (Drauf sagte der Hirte: »Oh tapferer Streiter, 930 oh kluger und heldenhaft-adliger Reiter,) weisst du nicht, wer die Raubtiere umgebracht? Gott gebe ihm stets den Schutz seiner Macht!« Zu ihm sprach Bahrâm: »Dieses Löwenpaars Erleger – der Pfeil eines Tapferen war’s; er ritt weg, nachdem er die Löwen geschossen, der stolze Reiter mit sieben Genossen. Wo wäre das Schloss denn des Juweliers? Wie kommt man dorthin? Nicht verschweige mir’s!« Der Oberhirt sagte: »Gehe fort von hier 935 und es zeigt ein blühendes Dorf sich dir. Der Ruf von diesem Palaste kam in die Stadt bis zu dem des Schah Bahrâm. Wenn der Himmel sich kleidet in schwarze Seide, begibt sich der Reiche zum Feste der Freude. Verweilst du ein wenig hier auf deinem Gang, dringt ans Ohr dir Musik und der Zither Klang.« Sein Ross begehrt’, als er solches vernahm, und ein herrlich geschmücktes Gewand Bahrâm; er trennte sich vom Wesir und der Schar, 940 da sein Sinn ganz von Sehnsucht befangen war. Zu den Grossen sprach also nunmehr Rȏzbih: »Jetzt begibt in das Dorf unser König sich; an das Tor des Juwelenhändlers pocht er – leiht alle das Ohr mir! – und seine Tochter
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wird von dem Vater zur Frau er begehren, um ihr Haupt mit der goldenen Krone zu ehren. Von dort bringt ins Goldgemach er sie zurück, in den Barzîn-Harem als weiteres Stück. Er wird nie satt des Hinein und Hinaus; in der finsteren Nacht nimmt die Gattin Reissaus. Hundert Schlafgemächer sind ihm noch zu wenig; es ist etwas Böses, wie ist so ein König. Neunhundertunddreissig Frauenspersonen, auf den Köpfen alle die schweren Kronen, gibt’s, die im Palast der Bediensteter zählt, deren keiner kostbare Habe fehlt. Von jeglichem Land wird Tribut eingehoben, der von Rûm ist in einem Monat zerstoben. Ach ja, Schultern und Brust, die Gestalt, die berückt, und dies Antlitz, das die Versammlungen schmückt! Wer wie er kann zusammen mit Wunderkräften durch nur einen Pfeil zwei Wildesel heften! Das Liebesspiel richtet ihn ganz zugrunde, rasch erschlafft er schon wie der Ungesunde; das Auge wird trübe, der Teint wird gräulich, der Leib wird schlapp und die Wange bläulich; durch den Duft dieser Weiber wird weiss sein Haar; weisses Haar macht jedoch aller Hoffnungen bar. Gekrümmt wird des Jünglings hochragender Leib, von vielerlei Unglück ist Ursach das Weib. Wohl, einmal im Monat die Liebe geniessen – was darüber geht ist schon Blutvergiessen. Und es soll auch schon der Nachkommen wegen ein vernünftiger Mann seiner Kräfte pflegen. Wenn du mehr tust, wird deine Erschöpfung gemehrt und der Leib wird schlaff und vom Blute geleert.« Im Gespräch kam zum Haus man des Bahrâm Gor, als die Sonne am Himmel den Weg verlor. Doch er selbst ritt davon in der Dunkelheit, nur ein Knecht für das Ross war in seinem Geleit.
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Zu dem Juwelierhause kam Bahrâm ǝ Gôr; einer Zither Klang drang draus an sein Ohr. Zum Zitherklang eilte Gulgûn in Hast, sein Ross, bis zu des Kaufmanns Palast. Einlass heischend schlug er an das Tor mit dem Ring, indem er den Schöpfer um Beistand anging. »Wer ist da?« hörte er eine Dienerin fragen, »Weshalb wird des Nachts so ans Tor geschlagen?« Also gab er Antwort: »Im Dämmern kam (aus dem Jagdgefilde der Schah Bahrâm.) Da lahmte das Ross unter mir ganz entsetzlich, so bin ich zurückgeblieben plötzlich. Auf der Gasse solches Ross mit den Zäumen aus Gold – stehl’ es wer, weiss ich nicht, was ich anfangen sollt’.« Zum Dorfherrn kam das Mädchen und sprach: »Ein Mann will von uns für die Nacht ein Gemach; sie würden sein Ross ihm mit goldenem Zaum von hier wegstehlen, aber ich glaube es kaum.« Er gab ihr Bescheid: »Gleich öffne das Tor! Sahst du hier vielleicht nie einen Gast zuvor?« Das Mädchen lief eilig und öffnete schon und sprach zu Bahrâm: »Komm herein, mein Sohn.« Als der König nun eintrat, da sah er ein Heer von Dienern allüberall stehen umher; zu Gott sprach er: »Oh der du einzig gerecht, zum Guten weise den Weg deinem Knecht! Nur Gerechtigkeit möge mir Regel stets sein! Von Habsucht und Hochmut erhalte mich rein! Gerechtigkeit sei all mein Tun und Treiben! Meines Volkes Herz möge froh durch mich bleiben! Kann mein Rechttun ich und mein Wissen vermehren, so wird nach dem Tod mein Gedächtnis man ehren. Im Gelag und im Saitenspiele folg dem Juwelenhändler mein ganzes Volk!« 962 Gulgûn: Rosenfarbe ist der Name des Pferdes; es ist aber ein Rappe.
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Als der Grosskönig kam zu der Halle hinauf, fiel beim Eintritt ein adliges Mädchen ihm auf. Der Dorfherr sprang auf, als er ihn erblickte, indem krumm die gerade Gestalt er knickte. Er sprach: »Mög heut Nacht ich dich glücklich wissen! Das Herz deiner Feinde sei ausgerissen!« Er rüstet ein Lager, legt Kopfkissen drauf; den Gastgeber heitert sein Anblick auf. Er brachte auch schnell eine reichliche Platte und tischte an Speisen das auf, was er hatte. Auch der eine Getreue kam vom Gesinde; da befahl er, dass man sein Reittier anbinde. Für den Diener ward gleichfalls ein Tisch gebracht und ein anderes Zimmer bereitgemacht. Der Hausherr, der auch einen Sessel bekam, setzte sich unter dem Schah Bahrâm. Auf Entschuldigung wurde die Lippe gestellt und der Gastgeber sprach: »Oh liebwertester Held, du bist als Gast meinem Hause willkommen; meine Dreistigkeit werde nicht übelgenommen! Nach dem Speisen muss man den Becher erfassen und in Ruhe sich gutem Schlaf überlassen. Ist finster die Nacht und ist köstlich der Wein und du kriegst einen Weinrausch, dann schläfst du ein. Wenn du morgen vom Schlafe erwachst, so setz deinen Weg eilig fort nach des Königs Gesetz.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Der, dem Aufnahme wird in der finsteren Nacht von so blühendem Wirt, muss Gott gegenüber die Dankbarkeit wahren, denn Angst erfüllt alle Undankbaren.« Giesskanne und Schüssel bracht’ eine Magd, durch den Anblick des Gastes verwirrt und verzagt. Als die Hände rein, verlangt er nach Wein und nach Lust und Genuss und Gemütlichsein. Die Magd brachte drauf roten Wein in den Saal in dem rotweiss blühenden Weinpokal.
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Der Dorfherr trank als erster daraus und wusch ihn mit duftenden Wässern aus. Dann reichte Bahrâm er den herrlichen Becher und sprach: »Welchen Namen führt unser Zecher? Ich schliesse zur Stund’ mit dir einen Vertrag, den Bahrâm der Schah mir bezeugen mag.« Darüber lächelt der König sehr heiter und sprach: »Ich heisse Gušasp der Reiter. Ich kam her, weil ich Zitherklänge vernommen, 1000 ich bin nicht wegen Weins und Verweilens gekommen.« Der Gastgeber sprach: »Dies mein Töchterlein hier zum Himmel empor hebt das Haupt es mir. Sie ist Schenkin zugleich und Zitherschlägerin und Sängerin sowie Sorgenerlegerin; Ârǝzô heisst sie, die das Herz erfreut und den Sinn beruhigt, den Kummer zerstreut.« Zur Zypresse sprach er: »Nimm auf deine Zither und mit Duft und mit Farbe komm zu dem Ritter!« Die Spielerin kam zu dem König denn 1005 mit Schritten so wie Suhail von Jemen. Sie sprach zu Bahrâm: »Oh Held unerreicht, der in jedem Belange dem Könige gleicht, oh wiss, dieses Haus ist dein Freudenplatz und mein Vater dein Wirt und verwahrt deinen Schatz. Mögst die finstere Nacht du freudig durchleben, dein Haupt über regnende Wolken erheben!« Er sprach: »Setz dich her und zum Saitenspiel musst ein Lied du mir singen und säume nicht viel. Mâhjâr soll in dieser Nacht sich verjüngen 1010 und dem Gast seinen Geist als Pfand erbringen.« Die Spielerin griff zur Zither und dann stimmte erstlich sie das Magierlied an; als den Seidensaiten der Ton entfloss, erfüllte Jasminduft das ganze Schloss. Dem Vater Mâhjâr galt der zweite Gesang: »Am Bachufer bist die Zypresse du schlank;
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dein rötliches Haar ist mit Kampfer bestreut, warm die Zunge, ein Herz, das uns Achtung gebeut; deine Feinde seien ständig von Kummer verzehrt! 1015 von Wissenschaft sei stets dein Geist ernährt! Firȇdûn dem Adligen gleichest du! Ich bin wie eine Magd und ich heiss Ârǝzû! Du freust dich am Gast wie der Schah, der im Krieg seine Heere gewinnen sieht einen Sieg!« Als sie dieses gesungen, da ging mit Gesang sie zum Gast über und mit der Zither Klang; dem Gaste sang sie: »Oh du, königsgleich, glückgesegnet, gleichmütig, an Kriegsmut reich, wem nie der gepriesene Ritter Bahrâm, 1020 der die Herzen erfreunde, vor Augen kam der schaue nur an sich dein Angesicht! Einem andern gleichst du vom Heere nicht. Zypresse dein Wuchs, wie ein Rohr deine Mitte, die Zypresse wandelt Fasanenschritte. Im Herzen ein Löwe, an Leib Elefant: du schleuderst zwei Meilen den Speer übers Land. Dein Gesicht gleicht einem Granatblütenflor; als sprossten draus Rosen und Tulpen hervor. Zwei Arme wie Schenkel eines Kamels, 1025 aus der Wurzel hebst du den Bîsutûn-Fels. (Wie dich einen Mann schuf mit Müh nur der Himmel; wie dich sah ich keinen im Kampfgewimmel.) Der Leib Ârǝzôs sei der Staub deiner Füsse! Dass ihr Leben nur deinetwegen verfliesse!« Der Weltherrscher wurde durch Lied und durch Spiel, durch Aussehn und Wuchs und durch Geist und Gefühl derart erschüttert in Herzenstiefe, als ob alles Unheil verborgen drin schliefe. Als vor ihm Mâhjâr war vom Rausche erfasst, sprach also zu seinem Gastgeber der Gast: »Gib dein Kind mir nach Vorschrift der Religion, 1030 willst du Lob als deiner Gerechtigkeit Lohn!«
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Und also sprach Mâhjâr zu Ârǝzû: »Von dem Löwenherz heisch’ viel Geschenke du; sieh zu, ob er dir zu Gesichte steht und ob es bei ihm dir wohl gut ergeht.« Ârǝzô sprach also darauf zu Mâhjâr: »Oh Vater, der stets edel-wohlwollend war, willst du irgendeinem zur Gattin mich geben, so will mit Gušasp dem Reiter ich leben. Wer, der einen Mann seinesgleichen säh, 1035 sagte nicht zu Bahrâm selbst: ›Mach fort und geh!‹« An den Worten der Tochter fand er wenig Reiz; er sprach zu Bahrâm: »Oh Ritter des Streits, du musst prüfend vom Kopf bis zum Fuss sie betrachten, auf Benehmen und Wissen und Klugheit gut achten; prüf, ob sie dir zusagt, aus Herzensgrunde; viel besser als Dasitzen ist klare Kunde. Auch sind’s Güter keineswegs, die ihr fehlen; darüber will ich nicht vieles erzählen. Doch zählst die Juwelen du des Mâhjâr, 1040 so sind sie mehr als die Gelder des Schahrjâr. Überstürz nichts, ruh aus heut Nacht und hast du Bedürfnis nach Wein, den Becher erfasst! Im Rausch schliesst kein Grosser einen Vertrag, wenn’s besonders ein Mann von Wert sein mag. Wart zu, bis die Sonne den Himmel erklimmt und der Edle sein Haupt dem Schlafe entnimmt; dann berufen wir manchen kundigen Greis von geduldigem Sinn, der zu lesen weiss. Finstre Nacht würde nicht den Normen entsprechen 1045 und mit Bräuchen des Schahs Âfǝrȇdûn brechen. Kein Glück bringt’s, im Rausch eine Frau zu nehmen oder sonst etwas Neues zu unternehmen.« Darauf sagte Bahrâm: »Es ist sinnloses Schwätzen, sich den Aberglauben zum Richter zu setzen. Mir beliebt heute Nacht diese Harfnerin. Schlag den Aberglauben dir nur aus dem Sinn!«
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Da sprach der Vater zur Maid: »Ârǝzû, wählst diesen da gerne zum Gatten du?« Sie sprach zu ihm: »Aber freilich, ja, er gefiel mir schon, als von fern ich ihn sah. Tu du dein Geschäft! Den Rest Gott überlass! Das Schicksal hegt gegen Mâhjâr keinen Hass.« Da sprach er: »Du bist seine Gattin sonach und gehörst somit in sein Frauengemach.« Er gab sie und Bahrâm ǝ Gôr nahm sie zur Frau; das Ding war in Ordnung beim Morgengrau. Die Peitsche des Königs brachte ein Mann des Gefolgs in Mâhjârs Gehöfte an. In das eigne Gemach ging Ârǝzû; alle brachten die Nacht im Schlafe zu. Doch Mâhjâr ging in ein anderes Zimmer; die Sache Gušasp betrieb er noch immer. Er sagt’ einem Diener: »Versperre das Haus und schick jemanden zu den Schafen hinaus! Dass der Tisch nur des Lämmernen nicht entbehrt! Und das Lamm sei vorzüglich wohlgenährt! Wenn Gušasp der Reiter vom Schlafe erwacht, werd’ ihm Weizenbier sowie Eis gleich gebracht! Bringe Kampfer und Rosenwasser desgleichen, sodass Düfte des Schlafgemach durchstreichen! Vom Weine ist noch so wie gestern mir; es verträgt was ein alter Juwelier.« Er sprach es und deckte den Kopf sich zu, damit er sich ausschlaf in aller Ruh. Als die Sonne wies ihrer Krone Schein und die Erde blinkte wie Elfenbein, kam mit Schilden und Speeren von überall das Heer herbei auf das Peitschensignal. Im Hofe versammelte sich eine Menge, an der Türe des Schahs gab es ein Gedränge. Denn wer nur der Peitsche wurde gewahr, kam herbei und brachte ihr Huldigung dar.
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Als der Türhüter sah dieses Heer, das schwere, diese Führer der Schilde und Träger der Speere, kam er, dass er weck’ den in Schlaf Versunknen, zum Bewusstsein bring’ den vom lautern Wein Trunknen. »Erheb dich!« so rief er, »du hast was zu tun! Nicht Zeit ist’s zu schlafen und müssig zu ruhn! Denn der König der Welt ist bei dir zu Gast 1070 in deinem ärmlichen Haus und Palast!« Und das Herz des Juwelenhändlers kam in Erregung, als er den Portier vernahm; er rief: »Woher sagst du dies und warum? Woraus schliesst du denn auf das Königtum?« Doch als der Berauschte erst richtig gehört, sprang vom Lager er auf mit Getös ganz empört und schrie den Portier an: »Den Unsinn spricht ein erwachsener Mensch, der klug ist, nicht!« Doch der Türhüter sprach: »Du erfahrener Mann, 1075 wer macht auf der Welt dich zum Schah von Iran? In deinem Gehöft ist solch eine Menge, dass dir zum Vorbeigehn der Weg wird zu enge; denn keiner, der hier deinen Hof durchquert und nicht diesen alten Lappen verehrt; in aller Morgenfrüh kam schon ein Diener, schon vor Aufgang der Tagesleuchte erschien er, und eine Peitsche mit goldenen Schnüren, die überall Juwelen verzieren, hängte er vor unserm Gehöft auf den Baum, 1080 gerade bei unserem Durchgangsraum. (Alle Welt begibt sich durch dick und dünn von unten und oben zur Peitsche hin.) Jetzt geh ans Geschäft und halte dich strammer und ergib dich nicht einem Katzenjammer!« Als er vollends gehört, was der Türhüter sprach, wand der alte Mann sich, vollkommen wach: »Weshalb hab ich mich berauscht heute Nacht vor dem Schah und die Tochter zur Schenkin gemacht?«
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Er begab ins Gemach sich der Ârǝzû und sagt ihr: »Oh Schöne und Edle du, der ins Haus des Juwelenhändlers kam an dem gestrigen Tag, das war König Bahrâm! Er kam auf dem Ritte vom Jagdgefild, indem von Kuhindiž er hierher hielt. Steh jetzt auf! Von Romäerseide das Kleid lege an und den Kopfschmuck wie gestern auch heut! Bringe Gaben von wertvollen Juwelen, drei Rubine musst königswürdig du wählen. Und schaust du sein Antlitz, das sonnig-warme, dann steh fein gebückt und kreuz deine Arme! Dann sieh ihn nicht an, sondern blick vor dich hin und halt wie den eigenen Leib ihn und Sinn! Wenn er fragt, so antworte still-demütig und rede stets scheu und tief-ehrerbietig! Erst wenn er mich ruft, geh ich zu ihm jetzt, ich weiss, dass er unter die Diener mich setzt. Und ich sass doch am Tische wie seinesgleichen! Ach würden im Leib mir die Knochen erweichen! Durch den Wein hab zum Schah ich mich frech verhalten; der Wein führt in Sünden die Jungen und Alten!« Da kam ein Diener in vollem Lauf: »Der König mit hellem Geist ist schon auf!« Als vom Schlafe er aufstand, war wohl er, und stark und er wusch Haupt und Körper draussen im Park; vor die Sonne hin trat er dann zum Gebet; von Gott her kam Hoffnung ins Herz ihm geweht. Sodann kam er wieder ins Haus hinein und verlangte vom Schenken im Becher Wein. Als von dem Gefolge er Nachricht bekam, befahl ihre Rückreise Schah Bahrâm. Er beschied sich nun auch die Ârəzô hinzu, denn die Sehnsucht trieb dieses Weib ihm herzu. 1100.2 Ârəzô: Sehnsucht
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Es kam Ârǝzô mit Wein und Geschenk, ihm dienstbar mit Krone und Ohrgehäng’; sie küsste die Erde, indem sie sich bog, worüber froh’s Lächeln den Schah überflog. Darauf sagte der Schah: »Ja das möchte dir passen, mich berauscht zu machen und dann verlassen! Am Lied und am Zitherspiel ist Uns gelegen; ein Weibergeschenk mag andre erregen. Bring das, was du sangst von dem Jagdgebiet, vom Speerstoss und Kampfe des Schahs das Lied!« Hernach sprach er: »Wo ist denn der Juwelier, mit dem gestern so tüchtig getrunken wir?« Durch die Art des Königs ein wenig verstört, rief die Tochter den Vater, als dies sie gehört. Der Vater kam drauf mit gekreuzten Armen zum Schah mit dem Antlitz, dem sonnengleichwarmen; er rief: »Oh du Weiser, oh König der Welt, oh Grosser, oh Starker, oh Kluger, oh Held! Deinem Wunsche entsprach das Geschehn aller Tage! Dass die Krone allwärts deinen Namen nur trage! Wer da trinkt die Sinnlosigkeitsmedizin, nur Schweigen und Ruhe passen für ihn! Von Unwissenheit kam mein schuldig Gehaben; du musst für verrückt mich gehalten haben! Mein Vergehn musst du mir gütigst verzeihn und musst meinem Monde neu Glanz verleihn! Ich steh an der Tür als dein törichter Knecht; zu den Menschen zählt mich der König nicht recht.« Der erwidert: »Von einem in Trunkenheit nimmt gar nichts ernst jeder, der gescheit. Die vom Weine düstere Stimmungen hecken, werden Duft und Farbe im Wein nicht entdecken. Ich fand dich nicht bösgelaunt, als du berauscht; nun sei von dir Ârǝzôs Worten gelauscht.
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Entschuldige dich so, dass die Spielerin das Lied von der Tulpe singt in dem Jasmin; sie sing’s und wir sitzen beim Weingelage ohne Sorge um noch nicht gekommene Tage.« Da küsste den Boden der kluge Mann und brachte den Tisch und richtete an. Die Grossen, die da an der Türe geharrt, lud auch ein der Mann reiner Sinnesart, indes Ârǝzô in ihr Fraungemach ging, deren Stirn ob der Fremden voll Falten hing; dort blieb sie, bis schwarz sich der Himmel verhüllte und ihn rund um den Mond die Sternenschar füllte. Nach dem Mahl wurde Ârǝzô geholt und gesetzt auf den Thronstuhl mit Bildern von Gold; sie erhielt den Befehl, die Zither zu schlagen zu dem Lied, das der König ihr aufgetragen. Sie sang: »Oh Schah, tapfer und unverzagt, dessen Namen den Leun aus dem Walde verjagt, du bist siegreich der feindlichen Heere Ruin; dein Gesicht ist der Tulpe gleich im Jasmin. Kein Fürst, der auf Erden so hochwüchsig thront; am Himmel ist schöner als du nicht der Mond. Das Heer, das im Kampf deine Sturmhaube schaut, deinen Thron zu befehden sich hat getraut. Herz und Hirn wird denen vor Schrecken entweidet, sodass keiner mehr Höhe von Niedrigkeit scheidet.« Und als nun der Wein sie machte selig, kamen sie ins Becher-ganz-Leeren allmählich. Da kam zum Padischa Rȏzbih; eine Wohnung für ihn fand im Dorfe sich; er bracht’ eine Sänfte mit vierzig Mägden, die wie Monde schimmernd die Herzen bewegten, der Romä’rinnen Wangen wie Seide von Rum; sie erfrischten das sämtliche Königtum. So kam Ârǝzô in des Königs Harem und setzt’ auf das Haupt sich das Golddiadem.
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Geschichte Bahrâm Gôrs mit Faršêdward dem Hausherrn und dem Dornausroder
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Es begab der Grosskönig mit Rȏzbih freudigen Sinns aus seinem Gemache sich, (im Gespräch zu den Frauengemächern hin, zu den Schönen, die dufteten wie Jasmin.) Er schlief diese Nacht; als der Morgen tagt’, da begab er sich zum Gefilde der Jagd. Auf den Wegen und ohne Weg zog das Heer; einen Monat blieb auf dem Gefilde er. So für König wie Heer schlug man auf das Gezelt; 1140 von dem Wilde säuberten sie das Feld. Doch keinen gab’s, den der Schlaf überfiel, vor Wildpret und Wein und vor Zitherspiel. In Brand stand das ganze Steppenland; feucht und trocken wurde Brennholz verbrannt. Aus der Stadt auch kamen die Leute aufs Feld, wer da etwas verdienen mochte an Geld. Es gab da sehr viel an Kauf und Verkauf; von den Scharen leuchtet’ die Steppe auf. Vier Dirham zahlten für Stücker zehn 1145 die Händler von Wildeseln und von Reh’n; vom Wassergeflügel und Wilde der Au erstand jeder der Kunden sehr viel Pilau, er trug davon heim manche Eselslast für die kleinen Kinder und für seinen Gast. Nach vier Wochen kam Unruhe über ihn, weil der Beischlaf mit Weibern ihm wünschenswert schien. Er führte das Heer aus dem Jagdrevier weiter; man sah nicht den Weg vor dem Staube der Reiter. Das Gefolge zog hin in Staubwolkenart, 1150 bis das Antlitz des Tages stockdunkel ward. Auf dem Wege ward er einer Stadt gewahr, die voll Häusern und Gassen und Märkten war. Er befahl, dass das Heer mit dem Tross weitertreibe
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und bei ihm keine einzige Seele verbleibe. Er fragte: »Wo ist denn des Dorfvogtes Haus?« Den Kopf zog er ein und er ging geradeaus. Ein Gehöft, weit und breit, doch Ruine, erschien. Der Hausherr kam und begrüsste ihn. Er fragt: »Wem gehört diese Trümmerstatt? Was ist’s, das sie also verwüstet hat?« Der Hausherr sprach: »Dieses Haus ist mein, doch Unheil stellt’ als mein Führer sich ein, weder Kuh blieb noch Esel noch Habe noch Gut, nicht Fuss und nicht Feder, nicht Mannheit noch Mut. Mich siehst du; beschau nun mein Haus meinetwegen; auf dem Hause liegt mehr der Fluch als der Segen.« Da stieg er vom Ross und besah jenes Gut; dem Herrscher wurde da schwach zumut; denn das ganze Haus war nur Schafedreck, ein Gewölb und ein Turm standen einzig am Fleck. Da sprach er: »Bring mir, du gastfreundlicher Mann, irgendetwas heraus, dass ich sitzen kann.« Er gab zur Antwort: »Willst du mit Gelächter des Gastgebers spotten, oh Grenzewächter? Besässe ich Teppiche oder dergleichen, würde wohl des Gastes Lob ich erreichen. Doch ich hab nicht zu essen noch aufzubereiten noch einzuhüllen noch auszuspreiten. Ein anderes Haus such dir auszuwählen, da in meinem hier sämtliche Dinge fehlen.« »Bring«, sprach er, »doch nur ein Kissen heran, dass ich ein wenig drauf sitzen kann!« Er sprach: »Ein Vergnügungsort ist es hier nicht. Bist du etwa auf Vogelmilch auch so erpicht?« »Bring nur warme Milch mir«, sprach drauf der Gast, »und weiches Brot, wenn du solches hast.« Er erwiderte: »Denk dir, du hättst hier gespeist und seist dann vergnüglich weitergereist. Hätt ich Brot, so wär mir das Leben gewährt,
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und das Leben ist mehr als das Brot doch wert.« Er sprach: »Wenn kein Schaf dein Eigen sein soll, woher ist dein Haus dann von Schafdreck voll?« Also gab er zur Antwort: »’s ist schon finst’re Nacht, dein Geschwätz hat es wohl in Verwirrung gebracht. Such ein Haus dir aus mit wollenem Tuch; der Herr jenes Hauses weiss Dank dir genug. Was willst du bei einem Unseligen säumen, der zum Lager sich nimmt das Laub von den Bäumen? Du hast Schwert und Bügel mit Gold beschlagen; 1175 müsstest hier nicht vor einem Diebe du zagen? Ist also in Trümmer zerfallen ein Haus, wird für Diebe und Löwen ein Tummelplatz draus.« Er sprach zu ihm: »Könnte ein Dieb mein Schwert entwenden, so wäre ich jetzt nicht bewehrt. Gib mir heute Nacht nur bei dir Quartier! Etwas andres wollen wir gar nicht von dir.« Der Hausherr sprach: »Streng dich weiter nicht an, weil bei mir kein Mensch übernachten kann.« Da sagte der Schah: »Du bist alt doch und weise, 1180 was gehabst du dich jetzt in so sinnloser Weise? Ich möchte jetzt nur kaltes Wasser trinken und das könntest du spenden, sollte mich dünken.« Der Hausherr sagte: »Siehst du die Zisterne nicht mehr als zwei Pfeilschussweiten ferne? Davon trink, was du willst, und geh endlich fort; Was suchst du von diesem armseligen Ort? Hast du nie einen armen Mann noch gesehn, den das Alter verhindert, zur Arbeit zu gehn?« Er erwiderte: »Stell dich um Wasser nicht her, 1185 bist du vornehm, zum Streite mit einem Heer. Wie heisst du?« Er sagte: »Faršêdǝwerd; nicht Land noch Gewand und nicht Trank und nicht Herd.« Bahrâm sprach: »Was suchst du mit eigenem Willen deinen Wunsch nach Speise und Ruh nicht zu stillen?« Da sagte der Hausherr: »Gott gibt’s vielleicht,
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dass demnächst mein Schicksal sein Ende erreicht. Vielleicht seh ich ohne dich noch mein Haus und richte dann Gott meine Danksagung aus. Warum kamst du hierher in das Haus der Leere? Dass doch Grösse und Glück nie beschieden dir wäre!« Er sprach’s und brach aus in bittere Tränen. Der König flüchtete vor seinem Stöhnen, den Greis belächelnd setzt’ fort er den Ritt und hinterdrein kam das Gefolge mit.
Ein Dornausroder erklärt die Verhältnisse des Hausherrn Faršêdward und Bahrâm verteilt dessen Vermögen an die Würdigen
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Er verliess die namhafte Stadt; auf dem Weg lag vor ihm ein grosses Dornengeheg. Eine Axt hielt ein Mann, der ein Dornroder war; zu dem kam der König von seiner Schar. Er sprach zu ihm: »Kannst du mir wohl entdecken, 1195 wer ist Fürst in der Stadt, Feind der Dornenhecken?« Also gab er Bescheid: »Das ist Faršêdǝwerd, ein Geizkragen, der weder schläft noch sich nährt. Hunderttausend Schafe sind sein; von Kamelen und Rossen die Stücke sind gar nicht zu zählen; in dem Boden sind seine Dinare verstaut, doch hat er am Leib weder Hirn noch auch Haut, den Magen voll Hunger, den Körper ganz bloss, weder Kind noch Verwandte, nicht Freund und nicht Tross. (Ihn halten so Not wie Gier im Gefängnis, der Leib ist vor Hungern in Qual und Bedrängnis). Bringt er seine Felder für Gold zum Verkauf, 1200 füllt ein Haus mit Juwelen er bis ganz hinauf. Sein Hirte kocht Braten mit Milch im Gefäss, er selbst isst ein Brot aus Gerste mit Käs. Zwei Anzüge sieht er niemals beisammen; daher mögen die Körperschäden auch stammen.«
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Der Schah stellte drauf noch weitere Fragen: »Kannst du die Zahl seiner Schafe mir sagen? Und wo hält er denn seine grosse Herde? sowie freiweidend Kamele und Pferde?« Der Dornroder unterrichtete ihn: »Es ist gar nicht weit von hier bis dorthin, wo man seine Kamele und Schafe weidet; mein Herz quält’s, dass durch ihn es Schaden leidet.« Nachdem er ihm viele Dinare beschert, sprach zum Dornroder er: »Nun wardst du von Wert.« Er hiess aus der Mitte des Heeres einen von den Sachverständigen vor sich erscheinen; dieser Mann wurde Bihrôz genannt; er war ein tapferer Reiter von hellem Verstand. Den schickte er aus mit hundert Reitern, mit passend gewählten Arbeitsbegleitern, auch einen geduldigen Sekretär, der die Zahl zu berechnen imstande wär. Zum Dornroder sprach er: »Geh fort von hier! Du hast Dornen gesucht, ernte Gold jetzt dir. Ein Prozent aller Werte fällt dir zu; zeig den Leuten die richtigen Wege du.« Der Dornroder hiess Dilafrȏz; gewaltig schritt er aus und kräftig und hochgestaltig. Er gab ihm ein reichausgerüstetes Ross und sprach: »Nun werde des Windes Genoss!« Dilafrȏz wurde zur Leuchte der Welt; was er angriff, wurde erfolgerhellt. Er brachte die Schar über Berg, über Tal; es überschritten die Schafe jegliche Zahl; zehn Kamelkarawanen im Steppenfeld; ein Anführer war für jede bestellt. 1216 Dilafrȏz: Dilafrôz bedeutet wörtlich herzerleuchtend. 1217.2 es überschritten … jegliche Zahl: Wenn jemand an dem überzähligen »es« Anstand nimmt, kann er statt dessen sagen: »es bleibt unter der Schafezahl jegliche Zahl«.
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An Milchküh’n und Pflugstieren ungefähr zwölftausend schrieb auf der Sekretär; zwanzigtausend Rosse und Dromedare verzeichnete er im Inventare. Die Wüste umackerten Hufe wie Pflüge und die Butter der Kühe füllte die Krüge. Unglaublich viel gab’s an gebirgigen Orten von diversen bekannten Käsesorten. Berg und Tal und Steppe war ein Magazin; keiner wusste den Namen, der ihm verliehn. Ein Schreiben erliess nun Bihrûz Hôr an den König der Könige Bahrâm Gôr; zuerst erwies er dem Schöpfer Verehrung, denn er ist der Grund von Sieg und Ernährung; dann spendete er dem Grosskönig Preis, »der jegliche Müh’n zu beseitigen weiss.« Darauf hiess es weiter: »Oh Herrscher der Welt, Klein und Gross wird durch dich zufriedengestellt; deiner Rechtlichkeit sind keine Grenzen zu setzen; die Ruhe vergilt dir solches mit Schätzen. Das Mass lässt die menschlichen Dinge gedeihn, ohne Mass möge des Königs Herz blühend sein! Ein verschollener Mann namens Faršêdǝwerd, von dem weder beim Fest noch beim Kampf man erfährt, – sein Name ist ganz und gar unbekannt inmitten von Gross und Gering im Land –, er weiss weder Gott noch dem König zu dienen und erweist für gar nichts dankbar sich ihnen; sein Vermögen er hat aller Orten und Enden und sitzt gramvoll verborgen mit leeren Händen. Sein Frevel holt des Schahs Rechttun ein; du mögst mir den kühnen Ausdruck verzeihn! 1222.2 Käsesorten: Für den, der sich genau informieren will: Es waren 300.000 Kamellasten der Käsesorten Šîrâz und Tarf. Das lässt sich im Vers aber nicht unterbringen.
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Auf die Worte lässt sich ein Schatz gut gründen, in drei Jahren wird er in Ordnung sich finden. Fremde Schreiber beriefen wir zum Sukkurs und setzten sie zu diesem Berg Alburz; die Rechnung ist noch nicht zum Abschluss gekommen und die Schreiber haben schon Buckel bekommen. Er hat unter der Erde, so geht die Sage, mehr Juwelen und Gold noch als eben zutage. Im Gebirge halt beide Augen ich offen für die Anordnung, die vom Herrn wird getroffen. Dem König von Îrân Gruss! Und er lebe, bis fertig gewebt seines Ruhmes Gewebe!« Ein Eildromedar entsandt’ er in Schnelle, dass es diesen Brief an den König bestelle. Als Bahrâm ǝ Gôr dieses Schreiben las, ward er traurig, die Augen wurden ganz nass, in sein Herz kam infolge des Briefes Grauen und er runzelte tief die krieg’rischen Brauen. Einen Sekretär liess er vor sich bescheiden mit romäischem Rohr und čînesischen Seiden. Zuerst erwies er dem Schöpfer Verehrung, dem Herren des Sieges und der Ernährung, dem Herren des Wissens und allen Ruhms, der Krone Herren des Grosskönigtums. Du schreibst: ›Hätte ich als Richter zu richten, den Mann da liess’ unberührt ich mitnichten.‹ Nicht durch Diebstahl und Blut hat er all das erworben und hat niemand durch böse Lehren verdorben; doch war er ein Mann ohne Dankbarkeit und von Gottesfurcht war sein Herz stets weit; seine Wette hat er als Wächter bewacht,
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1236.1 Sukkurs: lat. Beistand, Unterstützung; Hilfe 1236.2 Alburz: auch Elburz, Elbrus: schroffer Gebirgszug im nördl. Iran, hier metaphorisch gebraucht 1242.2 ward er … ganz nass: Die Stellung der Halbverse ist geändert.
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Herz und Seele durch Habgier heruntergebracht. Ob’s an Schafen nicht fehlt im Gefild, oder Wölfen? Da doch beide nicht Nutzen bringen noch helfen. Ob Juwelen unter der Erde, ob Steine? Man findet doch Nahrung und Kleidung durch keine. Seine Mühe soll keinen Schatz mir begründen, an die schwindende Welt will mein Herz ich nicht binden. Kein Firȇdûn ist uns mehr aufgestossen noch Êraǧ und Salm und Tûr von den Grossen, Schah Kâwȏs mit Kai Qubâd auch desgleichen und wen sonst wir gedenken an Ruhmesreichen. Mein Vater, von dem mein Herz, war voll Schmerz, war ein Frevler und hatte kein edles Herz. Von den Grossen ist keiner in Sichtbarkeit, mit dem Weltenherrn gibt es darin keinen Streit. Bring an Werten zusammen, was da ist und war, verschenk’s und die Hand leg auch nicht auf ein Haar! Jeden, der seine Not zu verdecken versteht, wer vom Elend sich schwer nur befreit und spät, so auch arbeitslos gewordenen Alten, die die reichen Leut’ für unwert halten, ferner wer ein Vermögen besass und verzehrt’s und zurückblieb mit Stöhnen und bitterem Schmerz; und wer Schulden besitzt, aber keine Dinare; wem zum Handel fehlen Kredit und Ware; armen Waisenkindern, die auf der Welt der Vater zurückliess ohne Gold und Geld; ohne Gatten Weibern, die nackt und bloss kein Gewerbe verstehend und arbeitslos: denen schenke alles, was da ist an Werten! Erhelle die Seelen der Unglückbeschwerten! Und kehrst du zurück an den Heimatort, lass die Sorge um den gehäuften Hort; die verborgnen Dinare Faršêdǝwerds lass nur diesem Greis, er sei ohne Schmerz.
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Gold sind und Juwelen ihm doch nur wie Kot; sie einzuscharren ist einzig ihm not. Dein Freund möge sein, der den Himmel dreht! Übe Recht und Enthaltsamkeit immer und stet!« Des Königs Siegel kam auf den Brief, den ein Bote erhielt, der des Weges lief.
Bahrâm Gôr kommt ins Jagdgebiet und tötet Löwen
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Im Frühling befahl er den Sklaven und Knechten, dass den Grosskönigsthron in den Garten sie brächten. Den Türkisenthron stellten also die Leute unter einen Baum, der da Blüten streute. Man bracht’ Wein und Pokal, Musikanten kamen in den Garten hinein mit den Leuten von Namen. Also sprach zum Rate der König: »Mag den Menschen nur glücklich sein jeglicher Tag! Wir müssen doch alle im Grabe enden, und wenn auch auf hohem Berge wir ständen. Der Tod löscht uns aus den Registern allen und sein Fuss zertritt Paläste und Hallen; wer da stirbt, er sei Fürst oder Bettelmann, nimmt den Ruf nur des Guten mit, den er gewann. Alle Müh ist verloren, die er sich gab, wenn er stirbt, sinkt die Mühe mit ihm in das Grab. Bleibt ein Lobspruch zurück, so ist das schon viel, da so Kranz wie Gürtel an andere fiel. Viel Schonung und Rechtlichkeit sind dir da not willst du nicht, dass auch dieser Verlust dir noch droht Achtunddreissig Jahre bin ich jetzt alt; voller Lust ist viel Zeit mir vorübergewallt. Zieht die Jugendzeit nahe dem vierzigsten Jahr, bieten Todesgedanken sich sorgenvoll dar; zeigt am Kopf sich das erste Haar von den weissen, heisst’s die Hoffnung auf Freude ganz auszureissen.
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Wenn der Moschus zu Kampfer wird, geht er kaputt; auf dem Kampfer steht eine Krone nicht gut. Noch zwei Jahre sei’n Fest und Spiel meine Werke! Kommt ein wenig Bruch in die Nackenstärke, dann tret ich wohl vor Gott, zieh das Wollenkleid an, für das nicht undankbar, was er mir getan. Viele Tage sind mir in Freuden verflossen, von der Krone der Macht hab ich vieles genossen. Jetzt bring Rosen, Granaten und Äpfel her! Vom Wein werd der goldene Becher nie leer! Wenn Bernstein die Wange des Apfels bedeckt, wie des Panters Rücken der Himmel sich fleckt, mit Blüten und Duft stellt der Frühling sich ein, dann sei wie ein Tröster der rote Wein. Nicht heiss noch auch kalt ist die Luft, sondern lau; der Boden ist frisch, die Gewässer sind blau. Doch ziehn herbstlich wir an das Bibergewand, dann geht auf die Jagd ins Zweiströmeland; dort in jener Ebene wollen wir jagen, dass die Nachwelt davon noch habe zu sagen. Der Nacken des Wildesels wird nun gestrafft, er hat Farbe des Tigers und Löwenkraft. Dorthinab zu führen die Meute der Hunde und Falken und Habichte nahte die Stunde. Dem Wildesel gilt es mit Bogen und Pfeilen; nie rasten will ich vom Hetzen und Eilen. In der Wüste unterhalb Ǧaz, die ich sah, – die Tamariske wächst wie ein Lanzenrohr da –, sind Löwen dort ebenfalls aufzutreiben und werden uns Beute, wenn lange wir bleiben.« Er blieb, bis herbstlich die Regenwolke heraufkam, da füllt er die Welt mit dem Volke; das Antlitz zum Schah von Îrân gewandt, kam ein kriegrisches Heer aus jeglichem Land; 1289 Bernstein: Es ist aber fraglich, ob hier nicht Granatfarbe zu verstehen ist.
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aus ihnen wurden die Stolzen gesichtet, die in Fährten des Wildes wohlunterrichtet. Dann bracht’ er das Heer zum Jagdrevier weiter, zehntausend der schwerterzückenden Reiter, wo das Königszelt und das andre Gezelt und der Stall mit den Tieren war aufgestellt. Vor dem Heer kam anderes Volk und machte allüberall grabend die Brunnenschachte und auf die Zisternen sodann auch die Räder, damit Wasser vom Heere bekomme ein jeder. Dem Heere folgte der König dann mit den vornehmen Leuten zum Jagdgebiet. Von Wildeseln wimmelt es auf der Halde und von Löwen war ein Tumult im Walde. Er sprach: »Heute Nacht ist der Wein unser Wild! Viele Löwenspuren sah man im Gefild. So spüren wir morgen denn auf den Leun; heut mögt ihr gesund euch des Schlafes erfreun. Jetzt trinken wir Wein, bis die Nacht zerreist, wenn die Krone der Weltleuchte herrlich gleisst, dann zuerst mit den Schwertern den Löwen machen zur Beute wir uns, diesen tapferen Drachen. Wird von den Löwen der Wald erst leer, dann werden die Wildesel mir tributär.« Er blieb diese Nacht; als der Tag anbrach, da zogen zum Walde hin Heer und Schah. Der Löwe schritt aus dem Walde heraus, voller Mut, weil satt von dem Wildeselschmaus; da sprach Bahrâm der Held zu den Jagdkollegen: »Mit Bogen und Pfeil wär ich ihm überlegen, doch rück mit dem Schwert ich ihm an den Leib, damit man nicht sag, ich sei feig wie ein Weib.« Eine frisch-wollne Jacke legte er an und setzte den Fuss auf sein Streitross dann. 1317 frisch-wollne Jacke: Es kann auch heissen: »eine feuchtgemachte Wolljacke«.
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Der Löwe sprang auf, als den Drachen er sah; beide Tatzen von oben streckt’ aus er da, auf das Haupt war bestrebt er zu schlagen das Ross, doch der Jäger gab dem einen Fersenstoss und dann auf das Haupt schlug er mit dem Schwert ihn; rasch ergriff die Flucht des Löwen Gefährtin. Vom Kopf bis zum Gurt ward der Löwe zerteilt und von Schrecken das Herz aller Löwen ereilt. Doch ein anderer Löwe kam brüllend im Sprunge, seine Löwin zugleich, unter sich das Junge. Da schlug er dem Männchen den Dolch ins Genick und trennte das Haupt ab im Augenblick. Einer rief da: »Oh Schah mit dem Sonnengesicht! Liebst du denn das eigene Leben nicht? Der ganze Wald ist von Löwen durchdrungen und die Löwinnen stillen alle die Jungen. Jetzt muss man vor Löwinnen Vorsicht bezeigen, da alle im Herbst ihre Jungen säugen. Dieser Wald erstreckt sich durch drei Farasangen; gelingt’s dir, ein Jahr lang Löwen zu fangen, so wird doch die Welt von den Löwen nicht leer: weshalb machst du also dir soviel Beschwer? Gleich als der Schah einst bestieg seinen Thron, übernahm er die Löwenkampf-Obligation. Doch du bist ja jetzt Schah und die Welt ist dein; für die Wildesel kamst du, was kämpfst du mit den Leun?« Zum Greis sprach der Schah: »Du sprichst klug und bieder; morgen früh da schiess ich Wildesel wieder. Doch hat sich noch keiner der stolzen Genossen einen Namen mit Pfeil und mit Bogen erschossen. Wollen Taten der Männlichkeit wir erörtern, so sprechen von Keulen wir und von Schwertern.« Da sprach ein Mȏbad: »Hättst der Ritter du zehn,
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wie du selbst einer bist, im Kampf um dich stehn, gäb’s in Rûm und in Čîn keine Throne mehr und der Kluge zög’ sein Gepäck übers Meer. Mög das böse Auge stets ferne dir sein und dein Aufenthalt wonnig im Rosenhain!« Aus dem Walde kehrte der Herrscher der Welt mit den Mȏbads und Edlen zurück zum Gezelt. Das ganze Heer bracht’ ihm die Ovation: »Nie sei’n ohne dich so Siegel wie Kron’!« Als das Heer wieder ging, wusch im Zeltgemach vom Schweiss seinen Arm und die Hände der Schah. Ein Grenzwächter stand bei den Arbeiten vorn; vom Hofe entfernten sie Unkraut und Dorn; Kampfer, Moschus und Rosenwasserduft gaben Wohlgeruch der Schlafzimmerluft; goldne Tische kamen in sämtliche Zelte, worauf man Geräte und Čîn-Zierden stellte; der Speisemeister liess Lämmernes richten samt den sonst noch gebräuchlichen Gerichten. Als die Speisen genossen waren, befahl Bahrâm ǝ Gôr den gewalt’gen Kristallpokal, dass den der Schenke, der perigleiche, zur Hand dem gerechten Könige reiche. Er sprach: »Dies dem Schah Ardašîr, dessen Glück den Greisen brachte die Jugend zurück! Er war mächtig und wir sind nur untertänig, doch taugen auch dazu vielleicht wir nur wenig. Bei Kampf und bei Fest und bei Rat und Gelag – wer ist sonst, den man Herrn der Welt nennen mag? Zur Zeit, als aus Byzanz kam Iskender nach Îrân und wüst wurden all diese Länder zwar von unedlem hartrauhen Heldentum – sechsunddreissig Könige brachte er um – 1347.2 doch taugen … nur wenig: W: Wenn wir zur Untertänigkeit selbst taugen.
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sein Fluch ist in aller Könige Mund, voll Hass gegen ihn ist das Erdenrund. Wie Âfǝrȇdûn man segnet, verflucht man jenen, weil er nach Schlachten gesucht. Mag nur Gutes von mir auf der Welt erscheinen inmitten der Grossen wie auch der Kleinen! Ruft mir,« sprach er, »einen Herold herbei, der von schöner Stimme und adelig sei! Er ziehe rundum bei den Truppen allen und überall lass er die Stimme erschallen: der ruf aus: ›Wer im Lande Ǧaz und Barqûh nach Juwelen und Gold und seidenem Tuch, selbst einem als wertlos verworfnen Objekte, unberechtigterweise die Hand ausstreckte, dem setz’ mit geschwärztem Gesicht ich sofort auf ein Ross, das ziehn zwei Soldaten fort; die Füsse gefesselt unter dem Pferde send ich ihn zum Feueranbetungsherde; vor dem Feuer soll betend zum Staub er sich beugen und dem reinen Gott die Verehrung bezeugen. Sein Vermögen bekommen, von denen ein Gut er genommen in frevelndem Übermut. Wenn aber sein Ross im Saatfeld weidet oder ein Obstbaum Schaden erleidet, der wird aus dem Kerker ein Jahr nicht frei, ob er stolzer Reiter oder wertlos sei. Wir bemühn uns, vom Felde viele Frucht zu erzielen, um uns von der Stadt unabhängig zu fühlen.‹« Es kamen der Stadtkaufleute genug, zwei Drittel aus Ǧaz und aus Barqûh; das Feld war von Waren ein Markt von Čîn in der Richtung zum Heere des Königs hin. 1364.2 um uns … zu fühlen: Sinn sehr fraglich; in C: wir eilen froh in die Stadt.
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Bahrâm beweist seine Tüchtigkeit auf der Wildeseljagd Als die Sonnenkrone zum andernmal tagt, begab sich der Schah auf die Wildeseljagd. Seine Bogen hatte gespannt das Heer. Der Schah ritt hinterm Gefolge einher. Er sprach: »Wer den Bogen dreht in Händen, um den Daumenring öffnend den Pfeil zu versenden, darf den Schuss auf die Hinterkeule nur richten, aus der Brust muss die Spitze des Pfeiles man sichten.« Ein Pahlawân sagte: »Oh Schahrǝjâr, nimm doch Rücksicht auf diese edele Schar! Wer versteht von den Gut- oder Übelgesinnten mit Bogen und Pfeil sich auf alle die Finten? Deine mächtige Brust mag wohl so walten; ewig bleibe dir Haupt und Krone erhalten! Wenn zum Pfeil du greifst und zu Schwert und Keule, mit dem Chosrau-Arm und des Wuchses Säule, überkommt dein Gefolge die Scheu sogleich und an Pfeil und Bogen die Hand wird weich.« Also gab er Antwort: »Das sind Gottes Werke; wenn er sie zerbricht, wo bleibt Bahrâms Stärke?« Bahrâm ǝ Gôr trieb an sein nächtliches Ross, dass er zur Nähe eines Wildesels schoss, und im richtigen Moment seine hintere Keule verband seiner Brust er mit einem Pfeile. Wie der Wildesel gleich so sein Ende fand, kam die Schar mit goldenem Gürtelband; sein Schuss erregte Sensation und ganz allgemein war die Ovation; von Pfeilspitze und Federn war nichts zu entdecken, der Pfeil musst ganz im Wildesel stecken. Von den kriegerischen Reitern und Streitern allen hörte man Beifallsrufe erschallen.
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Ein Pahlawân sprach: »Oh Schah, es erblick’ dein Auge niemals ein Missgeschick! Du sitzt hoch zu Ross und auf Eseln wir, untüchtiger als der treibt dieses Tier.« Er sprach: »Mein Pfeil war’s nicht, der’s gemacht, der den Sieg verleiht, der gab mir die Macht. Wen als Rückgrat und Helfer Gott nicht hält, ist von allen Schwächsten der Schwächste der Welt.« Sprach’s und trieb sein Ross vom Fleck; du meintest, es fliege ein Adler hinweg. Eine Wildeselin aber stiess ihm auf hinter ihrem Jungen in müdem Lauf. Einen Schwertstreich versetzte dem Tiere der Reiter; es zerfiel in zwei Hälften und lebte nicht weiter. (Ein mutiger Wildesel nahte sich ihm, der Leu zog sein Schwert mit Ungestüm, er hieb und teilt’ in zwei Hälften derart, dass keine grösser noch kleiner ward.) Es stiess zu ihm das Gefolge von allen den stolzen schwertzückenden Vasallen. Als sie sah’n auf die Wildeselin jenen Schlag, da sprach einer: »Was ein Schlag nicht vermag! Der Schah bleib’ vom bösen Blick verschont! Ihm ähnelt nur an dem Himmel der Mond! Alle Grossen der Welt sind ihm unterlegen! Er beherrscht den Himmel mit Pfeil und mit Degen!« Das Gefolge eilte hinter ihm her und machte die Steppe von Wildeseln leer. Er befahl, dass sie goldene Ringe schlügen und dass seinen Namen die Ringe trügen, im Wildeselohr angebracht zu werden; Brandzeichen bekamen dreihundert der Herden. 1391.2 Was ein Schlag nicht vermag: W: Das ist Schwert und Gewalt.
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Dann liess er des Ruhmes wegen sie frei und dass ihm dran Lust und Vergnügen sei. Einer ging ringsherum, der die Leute verhielt, es sollte niemanden geben im weiten Gefild, der Wildesel Händlern veräussert um Geld; sie sollten sie kriegen ohne Entgelt. Von den Edeln von Ǧaz und aus Barqûh bracht’ man viel Brokat und Seide und Tuch; er nahm’s an und hiess keinen Tribut begehren, wenn sie auch ihn zu zahlen imstande wären. Und wer immer da arm war in diesem Land, und nährt er sich auch von der Arbeit der Hand, die kamen durch seine Geschenke zu Macht und viele sogar zu Thron und Pracht. Er kam dann zurück aus dem Jagdrevier; eine Woche war Stadt und Heer voll Pläsier. Der Spielplatz war meistens Audienzgemach; zu Fusse begaben sie sich vor den Schah. Eines Redenden schöne Stimme erscholl, der verständig war, arm und bestrebensvoll; er rief: »Wer nach Billigkeit strebt und nach Rechten, zu Gott nehm er Zuflucht von seinen Knechten! Wer aus Mühe für uns nicht am Schlaf sich kann letzen, keinen Anteil hatte an unseren Schätzen, der schreite zum Spielplatz, vielleicht dass dann der Schah euer Schicksal erneuern kann! Zweitens: wer alt, ohne Arbeit und matt, dann wer jung ist, doch eine Krankheit hat, oder hat aus eurer Schar einer Schulden 1406–1407 Eines Redenden … seinen Knechten: Unklare Stelle. W: Es kam schönstimmig ein Redender, verständig und arm und ein Suchender (Nach-etwas-Strebender, auch ein Bettelnder). Er rief oder pflegte zu sagen – dies ist jedenfalls ein vom Schah ausgesandter Herold. 1408.1 letzen: mhd. erquicken, laben
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und von seinen Gläubigern Böses zu dulden, oder wenn ohne Vater Kinder da wären; die nicht Vermögenden Geld begehren, kämpft des Kindes Mutter mit Elend und Sorgen und sie hält ihre schwere Bedrängnis verborgen, oder wenn vermögende Leute versterben mit Hinterlassung unmündiger Erben, und der, den man zum Kurator nahm, kennt nicht Gottesfurcht im Herzen noch Scham: haltet’s nicht geheim, wenn ihr sowas erfahren! Ich brauche nicht die, die solche Geheimnisse wahren. Die Armen sollen Vermögen erlangen, die Ungläubigen zu glauben anfangen. Wir bezahlen die Schulden, wo Dirhams fehlen und deshalb Sorgen beklemmen die Seelen. Dem, der in geheimer Not sich verzehrt, wird die Türe zur Schatzkammer aufgesperrt. Ist die Not von Beamten ausgegangen, die vom toten Vater das Geld verlangen, an den Galgen wird lebend der Schurke gehängt, der freie Menschen quält und bedrängt! (Der Schatzkammer Tor wird dann aufgetan und vermögend wird der bedürftige Mann.)« Nach Baġdâd kam er aus dem Jagdgebiet, vernünftig kam er und mit frohem Gemüt. Es kamen zu ihm die Stolzen vom Land, die Fremden und die, die ihm anverwandt. Er befahl dem Gefolge, zurück zu ziehn; zum reizenden Schloss kam der König hin. Man richtet ein goldenes Schlafgemach ein und die Diener besorgten Moschus und Wein. Die Fremden wurden entfernt und die Schönen liessen Lieder und Zithern und Harfen ertönen. Als Gruss von der Erde zum Himmel klang es von Lauten und Wein, Flöten und Gesang. Die ganze Nacht zog man Ringelreihn,
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um die Herzen von Traurigkeit zu befrein. Zwei Wochen wurden in Freuden verbracht; der Schatz blieb geöffnet bei Tag und bei Nacht. Er gab Dirhams und kam dann zur Stadt Isṭachr; aufs Haupt setzt die goldene Krone des Schah er. Das Schlafgemach öffnet er von Charrâd, aus dem Schatze versorgt er den Schönen den Staat. Wenn im Fraungemach von Gold ohne Krone eine war und nicht sass auf dem Elfenbeinthrone, da ärgert gewaltig der König sich und biss sich die Lippen wegen Rȏzbih. Dem sagt er: »Es wird der Tribut, gesendet von Rûm und Chazar, ganz für diese verwendet! Fordere gleich eine Last von Dinaren an aus dem Schatze von Rai und von Isfahân! Dass ein Schlafgemach gar so öde steht, ist unwürdig iranischer Majestät.« Von jedem Land heischten sie neuen Tribut und brachten ins Land eine Seidenflut. So genoss er die Welt durch einige Zeit; nicht Kampf und nicht Mühe, nicht Krieg und nicht Streit. (Er kannte nur Jagd und Weingenuss und Vergnügen an schönen Freundinnen: Schluss.)
Der Châqân von Čîn führt ein Heer gegen Îrân und die Îrânier bitten ihn um Schonung Nach Byzanz und nach Hind kam die Nachricht hin, unter anderem auch zu den Türken und Čîn, Bahrâm kenne Spiel nur und Tändelei und dass er für sonst nichts zu haben sei; es sei’n weder Posten noch Wächter im Land und im Grenzlande auch kein Grenzkommandant, dass sie das Leben im Spiele verbrächten und sonst an gar nichts anderes dächten. Der Châqân von Čîn vernahm diese Mär
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und mustert aus Čîn und Chotan sich ein Heer; er gab Dirhams und wandte sich gegen Îrân; Bahrâms wurde gar nicht Erwägung getan. (Der Kaiser zog auf der anderen Seite aus dem ganzen Land Rûm ein Heer zum Streite.) Als nach Îrân gelangte die Kunde hin von überallher, Rûm und Hind und Čîn, dass der Kaiser Heeresmassen vereine und aus Čîn und aus Hind auch ein Heer erscheine, da kamen aus Îrân, die führerhaft waren, die Alten und Edle von jüngeren Jahren, alle kamen vor Bahrâm ǝ Gôr gezogen, 1450 von Zorn und von Streitlust und Wirrnis bewogen; sie sprachen zum Schah manches harte Wort: »Das leuchtende Glück drehte von dir sich fort! Indes andere Fürsten am Kampfe hangen, ist dein Herz in Spiel und Gelage verfangen. Deinen Augen sind Schätze und Heere nur Tand und so Krone und Thron und dein ganzes Land.« Also ward vom Könige Antwort erteilt den Mȏbads und Räten, die zu ihm geeilt: »Der Richter der Welt wird mir Helfer sein; 1455 höchstes Wissen ist vor seinem Wissen nur klein. Vertrauend, dass Gott mir zum Siege verhelfe, will Îrân ich bewahren vor den Klauen der Wölfe. Mit Glück und mit Heer und mit Schwert und mit Schätzen will das Land ich der Schmerzen und Qualen entsetzen.« Und er setzte das Spiel fort, das etwas geruht; die Augen der Stolzen waren voll Blut. »Von solchem König«, so sprach jedermann, »muss sich wenden das Herz jedes Manns in Iran.« Doch das Herz Schah Bahrâms war aufgeweckt 1460 und von diesen Nachrichten sehr erschreckt. Er rüstete ganz im Geheimen ein Heer, sein Geheimnis kannte nirgendwo wer.
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Das Land Îrân war ganz vom Schrecken ereilt, jedes Herz war besorgt in zwei Hälften geteilt. Keiner wagte von diesem Schah etwas zu hoffen, von Verachtung war er wie sein Thron getroffen. Da wurde Bahrâm ǝ Gôr die Nachricht gebracht, es nahe aus Čîn eine Heeresmacht. C für 1464 (Als an Îrân nahte der Châqân von Čîn und die Nachricht kam zum Könige hin) Den Helden Gustahm rief er herbei, vom Châqân von Čîn sprach er mancherlei; der war ein Minister und Paladin; stand ein Krieg in Aussicht, so freute es ihn. Zweitens Mihr Pȇrôz, Sohn des Charrâd; drittens Mihrǝbarzîn, Sohn des Farhâd; die Bahrâmsöhne Bahrâm und Pêrôz sodann, Chazarwân und Ruhhâm mit Andimân, einer Schah von Rai, einer Schah von Gîlân; die pressten zur Kampfzeit die Füsse gut an; ferner Dâd ǝ Barzîn, der des Kampfes Gewohnte, der über dem Land Zâbulistân thronte, Burzmihrs Sohn Qâran, Held ohne Furcht, ferner Râd ǝ Barzîn, die Stirne gefurcht. Sechstausend Îrânier wählte er aus, verständig, geeignet zu Streit und Strauss. C (Dem Narsî, der war aus dem Stamme Pašîn, er hatte zum rein-frommen Bruder ihn) Seinem Bruder ward Krone und Thron übermacht, dass auf Schätze und Truppen er habe acht, dem verständigen Narsî mit edlem Gesicht, voll Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Liebe und Pflicht. C (Aus dem Heer ward von ihm eine Must’rung gemacht von Reitern, geeignet am Tage der Schlacht, zweimal sechstausend Kavalieren, gepanzert, die Keulen mit Köpfen von Stieren). Von dort zog er seine Truppen heran in der Richtung nach Âḏar Âbâdegân.
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Da aus Pârs kein zahlreiches Heer er brachte, so geschah’s, dass so Gross wie Klein nur dachte, dass Bahrâm vor dem Krieg sich geflüchtet hätte zu des Âḏar Gušasp Feuertempelstätte. Doch kaum sein Gesicht gegen Âḏar wandt’ er, da kam wie der Wind des Kaisers Gesandter; in seinem Palast gab ihm Narsî Quartier, so wie sich’s geziemte, die Wohnung voll Zier. Zum Obermȏbad begab sich das Heer, ob nicht Nachricht von Bahrâm gekommen wär. P (Ein jeglicher sprach: »Auf den Thron hat verzichtet Bahrâm ǝ Gôr und hat uns zugrundegerichtet.) Uns hat er doch niemals mit Schätzen bedacht, weshalb keine wie Könige zusammengebracht? Sein Leben hat überall er verstreut; selbst der Jugend Wert misskennt er noch heut. C für 1483 (Allüberall streut er von seinen Schätzen, denn er weiss des Goldes Wert nicht zu schätzen). Verstreut sind Bürger und Heer ringsum, jeder sucht ja den Weg jetzt zum Herrschertum.« Und als diese Ansicht die Neuheit verlor, kam es jedem als das Erspriesslichste vor, aus Îrân einen Mann mit Komplimenten als Gesandten zum Châqân von Čîn zu entsenden: »Vor bösem Vernichten und eiligen Schlägen muss man alles in jeder Art wohl überlegen. Land Îrân bleibt hoffentlich unvernichtet, ist auch der Hausherr vom Hause geflüchtet.« Also sprach drauf Narsî: »Das hat keinen Sinn. Dies Gewässer hat auf der Welt kein Gerinn, dass ich Schonung vom Châqân erbetteln werde. Mit Elefanten und Heeren bedeckt ich die Erde; noch gibt’s Waffen und Schätze und Männer voll Mut, die mit Schwertern vernichten des Feuers Glut. Machte Schah Bahrâm euch so hoffnungslos,
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der da wegzog mit wenigen Truppen bloss, sind eure Gedanken so übel geraten? Aus üblen Gedanken entstehn üble Taten.« Die Îrânier vernahmen die Rede und legten zu neuer Erwidrung den Grund: »Da kein Heer von hier weggeführt Bahrâm, überlassen das Herz wir nicht billig dem Gram. Wird Îrân vom Châqân mit Krieg überrannt, so verbleibt weder Farbe noch Duft unserm Land. Das Heer und Narsî müssen unterliegen, sodass wir Armen die Fusstritte kriegen. Es gilt, einen Rettungsweg aufzuspüren, damit wir nicht jeglichen Halt verlieren.« Einen Mȏbad nun gab es, Humâj genannt, reingesinnt und gelehrt und voller Verstand; ihn erkoren nun die Îrânier alle, dass zu diesem Ritt er den Gürtel schnalle. Einen Brief schrieben drauf sie, sehr untertänig, »von den Îrâniern an jenen König.« »Wir sind deine Knechte«, begann der Brief, »und beugen vor deinem Willen uns tief. Vom iranischen Gut mit Entschuldigung schicken einiges wir dir zwecks Huldigung und Tribut sowie Steuer benebst diesen Gaben, da zum Krieg mit den Türken wir Kraft nicht haben.« Der edle Humâj kam mit den Gefährten aus Îrân, den reinen und ehrenwerten; Die Botschaft der Grossen gab er dem Châqân; drob freute sich äusserst der Schah von Tûrân, und dass mit so rascher Bewegung Bahrâm aus Îrân die Flucht mit dem Heere nahm. Er sprach vor dem mächtigen Châqân von Čîn; dem erblühten wie Rosen drob Herz und Sinn. Dieser sprach zu den Türken: »Dem Weltenlauf, dem rollenden, legen den Sattel wir auf. Wer bekam ohne Kampf Îrân in die Hand?
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Wir taten’s mit klugem Bedacht und Verstand.« Dem Gesandten wurden Geschenke verliehn; Dinare verschenkt er und Dirhams von Čîn. Ein Erwiderungsschreiben schrieb er und sprach: »In dieser Seele der Reinen sei Klugheit stets wach! Wir erklären das vollste Einverständnis mit dem, was der Gesandte uns brachte zur Kenntnis. Mit dem Heere rückte nunmehr nach Marw ich; ich mache die Welt fasanflügelfarbig. Durch Gerechtigkeit, Einsicht und Duft und Glanz fliess wie Wasser Milch in den Strömen des Lands. Wir warten, bis der Tribut von Îrân, vom Lande der Tapfern und Löwen, langt an. Ich geh also nach Marw, aber rücke nicht weiter; ich will keine Bedrückung durch meine Reiter.« Der Gesandte kam eilig zurück nach Îrân und berichtete, was er erlebt bei Châqân. Mit dem Heer zog der Châqân nach Marw nun weiter; die Welt wurde schwarz vom Staube der Reiter. Man erholte sich, genoss Trank und Speise, Bahrâm ǝ Gôrs gedachte man in keiner Weise. Keiner fand in Marw ob der Zithermusik zum Schlaf einen ruhigen Augenblick. Das Heer liess man frei zerstreut auf dem Feld; kein Posten, kein Wächter war aufgestellt; Jagd, Wein, Flöten, Saitenspiel und Gelag, als herrschte der Friede bei Nacht wie bei Tag. Er behielt stets im Aug’ den Îrâniertribut; weil er lange nicht kam, war sein Herz voll von Wut.
Bahrâm Gôr überfällt den Châqân von Čîn Aber Bahrâm seinerseits gab gut acht; vor dem Feinde war sein Heer gut bewacht. Kundschafter beschäftigt er Nacht und Tag;
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kein Tag verging unter Spiel und Gelag. Und schliesslich bekam dann die Nachricht er, in Marw sei der Châqân mit zahlreichem Heer. Da führte zum Âḏar Gušasp er es weg, jeden Mann mit zwei Pferden und ohne Gepäck; mit Panzer und Helm und romäischem Hut Tag und Nacht auf dem Marsch, wie’s der Sturmwind tut. Schnell wie noch kein Sturzbach vom Berge fiel, zog nach Âmul er hin von Ardabîl; von Âmul dann zog er bis nach Gurgân; Schmerz und Mühe der Grossen folgt seiner Bahn; von Gurgân zog er weiter zur Stadt Nisâ, wozu er einen braven Führer ersah. Über Berg und Tal, über Stock und Stein zog die Nacht er hindurch bis zum Tagesschein. Untertags hielt er Späher und auf der Wacht standen Posten während der finsteren Nacht. In dieser Art kam er bis nah von Merw; kein Fasanenflügel fliegt mit derartiger Verve. Ein Läufer kam an von den Kundschaftern: der Châqân sei den Geschäften fern, er sei auf der Jagd in Kašmîhan, sein Wesir sei Tag und Nacht Ahrîman. Als Bahrâm dies vernahm, war er frohgesinnt, alle Leibesplage wurde zu Wind. Einen Tag widmete der Erholung er. Als sich ausgeruht hatten Ross, König und Heer, kam bei Tage er nach Kešmîhan hin, wie das Sonnenhaupt überm Berge erschien. Jedes Ohr war voll, wie die Trommel erscholl, jedes Aug von den bunten Standarten voll. Kriegsgeschrei ertönte vom Jagdgebiet her, voll des Lärms war das Ohr von König und Heer. Das Löwen Ohr zerriss das Gerassel, du meintest, dass Hagel der Wolke entprassel.
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Von Blut überströmt war die Schlachtfeldgegend, als hätte das Blut aus dem Monde geregnet. Der Châqân, im Revier aus dem Schlaf aufgekommen, wurde von Chazarwân gefangengenommen. Aus Čîn an dreihundert namhafte Männer band gefangen man an die Rücken der Renner. Aus Kašmîhan kam der Feldherr nach Merw; jedes Ross war vom Rennen ein Rohr oder Nerv. In Marw blieben übrig nicht viele Čînesen, denn man tötete alle vom Heereswesen, und wem es zu flüchten gelang, dem kam gleich hinterdrein in Eile Bahrâm. Dreissig Farasangen wurden durcheilt; Held Qâran folgte drauf unverweilt. Als zum Jagdgebiet er zurückgekehrt, verteilt er den Kriegern die Beute von Wert. Wie der Sieg über Čîn ihm das Haupt erhob, da dankte er Gottes Wirken darob, der mit Macht über Gute und Böse belohnt und die Sonne regiert sowie auch den Mond.
Bahrâm Gôr setzt Grenzsteine zwischen Îrân und Tûrân Bahrâm Gôr erholte in Marw sich gut. Als der Schah und die Kriegsgrossen ausgeruht, zog sein Geist das Streiten dem Frieden vor; nach Buchârâ zum Kampf zog es Bahrâm Gor. Einen Tag, eine Nacht zog er nach Âmû, von Jagd und von Spiel der Eroberung zu. Von Âmôj ward der Marsch um die erste Wacht durch den Fluss und die Wüste Fereb vollbracht. Als die Sonne den Himmel begann gelb zu schminken 1547.2 Nerv: Der Nerv steht nicht im Original, er reimt aber ganz gut auf Merw.
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und als sie den blauschwarzen Mantel liess sinken und die Welt wie der Flügel wurde der Lerch’, begab sich der König nach Mâj und nach Merġ. Sie umringten das sämtliche Heer der Türken und entfachten Brände in diesen Bezirken. Die Sterne suchten den Saum des Monds, der Vater den Weg über den Körper des Sohns. Wer unter den Türken war irgend von Rang, ob er Greis war oder jung seinen Säbel schwang, kamen alle zu Fuss zu Bahrâm unter Klagen, ihre Herzen voll Blut und ganz niedergeschlagen: »Oh Schah! Oh du Grosser! Mit hohem Stern! Oh du über allen oh! freien Herrn! Der Châqân regierte hier voller Sünde und brach mit dem Weltenherrn seine Bünde! Vergiesse du nicht der Unschuld’gen Blut! Der Hader der Edlen tut niemals gut. Verlangst du Tribut von uns, werden wir’s tragen. Doch weshalb den Edlen die Köpfe abschlagen? Mann und Weib sind wir allesamt deine Knechte und unterstehen im Krieg deinem Rechte!« Das Herz Bahrâm ǝ Gôrs geriet durch sie in Brand; das Auge des Zornes vernäht seinen Verstand. Der Schah war voll Sorgen, der Gott so verehrte und den Helden das Blutvergiessen verwehrte. Als die Liebe des Weltenherrn neu war gewonnen, ward das Herz der Verschreckten wieder besonnen; zu dem Schah begab sich der Grande der Granden, mit schwerem Jahrstribut einverstanden; dies war wunschgemäss so in Ordnung gekommen; zum Tribut wurden Türkengeiseln genommen. Dann kam er zurück nach Fereb der Stadt, voll Lächelns die Lippe, die Wange ganz glatt. 1559 Lerch: W: des Habichts (čarġ), der auf Merġ schön reimt.
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Das Heer ruhte aus, ohne weiterzuziehn, durch acht Tage; er rief die Edeln von Čîn und ein steinernes Grenzzeichen brachte er an, dass kein Türk und Chaleġer fortan nach Îrân ohne Willen des Schahs mehr Zutritt hätte; dazwischen war auch noch des Ğaiḥûn Bette. Es gab einen Mann namens Šamr in dem Heere von Verstand und Charakter und Ruhm und Ehre; den macht’ er zum Herrscher des Tûrâner Lands und erhob seinen Thron zu des Mondes Glanz. Als auf silbernem Throne sich Šamr befand, da gürtet er sich und öffnet die Hand; er setzte aufs Haupt sich das Golddiadem. Dem Lande Tûrân war dies äusserst genehm.
Brief Bahrâm Gôrs an seinen Bruder Narsî und die Îrânier
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Erledigt war so die Tûrâner Affäre. Der König, befreit von der Sorgen Schwere, (rief einen der Sekretäre vor mit Seide von Čîn und mit Tinte und Rohr) er liess nun einen Brief an Narsî richten über Türkenkrieg und Heeresgeschichten. An die Spitze des Briefs war der Lobpreis gestellt »von diesem Knecht an den Schöpfer der Welt, den Herrn, der siegreich und mächtig thront, den Herrn über Kȇwân und Bahrâm und Mond, (den Herrn, der den hohen Himmelskreis dreht, den Herrn, dem der elende Staub untersteht), dem durch Bund sind verpflichtet so Gross wie Klein, unter dessen Befehlen steht alles Sein. Ich schreib einen Brief aus dem Grenzland von Čîn an meinen Bruder nach Îrân hin. Auch zu den Grossen von Îrân lief auf Seide geschrieben von mir ein Brief. Wer den Krieg mit dem Châqân nicht selber gesehn,
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der hör’ von den Kriegern, was dort geschehn. Man glaubte, so zahlreich war nämlich sein Heer, vom Staub sei der Himmel geschminkt mit Teer; das Land ward von Strömen Blutes durchflossen, der Thron des Tyrannen zu Boden gestossen. Im Kampfe fiel er in unsere Hand, da der Himmel von ihm sich abgewandt. Jetzt bringe ich ihn aufs Kamel gebunden, die Augen voll Blut und der Leib voller Wunden. Zahm wurde den Stolzen so Nacken wie Arm, die Zunge höflich, die Herzen blutwarm. Wer übelgesinnt, hält Tribut jetzt entgegen, wer ohne Weg war, kommt jetzt zu den Wegen. Nun folge dem Briefe ich mit der Armee, dass die Sehnsucht der Freunde gestillt ich seh.« Schaumwerfend, leichtfüssig rannten drauf los die Eildromedare wie Sturmgetos. Als Narsî nun jenes Schreiben empfing, war sein Herz so froh, dass es überging. Der Obermȏbad erschien mit den Granden vor ihm, die mit ihm in Verwandtschaft standen. Ein Freudengeschrei scholl aus Îrân empor und jeder lieh seinen Worten das Ohr. Die den Schah geschmäht, denen wand in der Brust sich deswegen das Herz nunmehr schuldbewusst. Vor dem Obermȏbad mit Bitten erschienen (jetzt weit über einhundertdreissig von ihnen:) »Nur durch schiefe Ideen und des Dämons Rat schied sich unser Herz von des Schöpfers Pfad. Was für Heer war das! Du hieltest dafür, Gott habe geöffnet des Himmels Tür. Ein Wunder, das der Verstand nicht versteht, das hinaus über Wissen und Klugheit geht. In deinem ausführlichen Antwortschreiben darf unsre Entschuldigung nicht unerwähnt bleiben.
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Und haben die Grossen auch arg sich vergangen, ist Verzeihung vom edlen Herrn zu erlangen.« Narsî stimmte zu: »Ja, ich tue das; aus dem Herzen des Königs entfern’ ich den Hass.« Er liess das Antwortschreiben ergehn; draus war Schönes und Hässliches zu ersehn: »Die Îrânier haben aus Schmerz und nicht minder auch wegen des Lands, ihrer Habe und Kinder beim Châqân von Čîn gesucht ein Asyl, da die Hoffnung auf Hilfe vom Schah entfiel. Sie waren nicht feindschafts- noch hassbeseelt noch haben wen andern zum Schah sie gewählt. Wenn der siegreiche Schah zu verzeihen jetzt ihnen mag, macht die finstere Nacht er ihnen zum Tag. Zu ihrem Fürsprecher wählten sie mich und baten, um Gnade zu bitten dich.« Es gab einen Mȏbad mit Namen Burzmihr; jene Reise zu tun, das nahm auf sich er. Dieser Mȏbad trat vor den Schahrǝjâr; das Geheime macht alles er offenbar. Seine Worte befriedigten ihn ungeheuer; ohne Rauch brannte nun das heftige Feuer. Die Helden aus Balch, Čaġân und Chatlân, aus Buchârâ und Ġarče kamen heran mit Tributen, und Priesterstäbe in Händen, um dem Feuer Gebet und Verehrung zu spenden. Und so brachten sie auch jedes weitere Jahr Tribute und Steuern nach Kräften dar.
Rückkehr Bahrâm Gôrs nach Îrân Als die Feuerherdsache war vollbracht und Naurȏz- und Sade-Fest mitgemacht, zog er gegen Âḏar Âbâdegân er selbst mit den Edlen, Freien heran. Sie traten betend zum Feuerherde,
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die Hände gekreuzt in Gebetsgebärde. Er wandte, indem er den Betern viel gab, sich vom Feuertempel sodann wieder ab. und kam auf dem Zuge zur Stadt Isṭachr; die hielt den Stolz der Könige wacher. Als Inhalt der Rinds- und Schafslederhäute, von Elefanten getragen, verstreute der Schah tausendeinhundertsechzig Qintare sowohl Dirhams als auch vom Schatze Dinare; ein persischer Mȏbad nannte sie auf gut Pahlawî Paidâwasî. Dann breitete er auch viel Schläuche aus Leder und mit Silber ward vollgeschüttet ein jeder. Wenn zu einer zerstörten Brücke er kam oder von solch einer Herberge vernahm, so stellt’ er sie her von Schatzes wegen, ohne jemandem Frohnen aufzuerlegen. Wer zweitens sich wo in Armut befand und wer sich ernährte von Arbeit der Hand, die liess er mit zahlreichen Dirhams bedenken; kein Tag wurde traurig dem Schah vom Schenken. Drittens liess er auf Waagen Silber abwägen der Witwen und Waisenkinder wegen; viertens: wer greis oder von der Tätigkeit schied und arbeitslos war oder kriegsinvalid; fünftens: wer da war aus Adelsgeschlechte, ohne dass doch ein Mächtiger seiner gedächte; sechstens: wer aus der Ferne kam wieder heim und seine Armut nun hielt geheim: wurden allesamt aus dem Schatze bedacht; mit Güte hatt’ er allüberall acht. Die Beute beliess er ganz seinem Heere; er dachte nicht dran, wie den Schatz er mehre. Er befahl, dass ein reinherzger Mȏbad vor ihn die Krone bringe des Châqâns von Čîn; die Juwelen, die darauf waren gefasst,
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brach man aus und die Wände vom Feuerpalast schmückte man mit Gold und mit Edelgestein und fügt’ sie der Spitze des Feuerthrons ein. Mit dem Führer zog er dann nach Ṭîsǝfûn fort; Narsî befand sich an diesem Ort. Alle Vornehmen zogen ihm draus entgegen, die Grossen von Îrân und tapferen Degen. Als Narsî Haupt und Krone des Schahs gewahrte, das Heer und die herzerfreuende Standarte, da stieg er vom Ross und entbot seinen Gruss, stolze Mȏbads und Grosse schritten zufuss; wiederaufsitzen aber hiess ihn Bahrâm, indem seine Hand in die Hand er nahm. Den goldenen Thronsitz nahm er dann ein, die Grossen vor ihm voller Edelgestein. Er beschenkt mit Schätzen den, der in Bedrängnis, und tat weit auf das enge Gefängnis. Die Welt war voll Lust und Gerechtigkeit, das Herz der Bedrückten von Sorge befreit. Von jeglichem Land hielt die Sorgen er fern und besorgte ein Fest für die grossen Herrn und es fanden alle die hohen Gäste wer sich einfand, ein Ehrenkleid bei dem Feste.
Bahrâm Gôr schreibt einen Brief mit Anordnungen an seine Beamten
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Am dritten Tage des Fests liess er vor sich niedersitzen den Sekretär. Als der Wein ihm das Herz gelöst, da schrieb einen Brief er mit Freudigkeit und mit Lieb’. Den Preis dessen setzt er an Briefesbeginn, »der durch Wissen da reinigt Geist und Sinn, der macht, dass Verstand das Herz ihm schmückt und mühsam die Menschheit zur Menschlichkeit rückt, der Gott als den Geber des Guten verehrt, Verstand sucht und mit Gelehrten verkehrt,
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(der Vergeltung und Schlechtigkeit fern weiss zu halten und Vernunft überall lässt schalten und walten), der weiss, es wachs aus dem Rechttun hervor nur Gutes, nicht klopft an der Schlechtigkeit Tor. Hat wer über einen von meinen Beamten, von den stolzen Reitern des Heers, den gesamten, zu klagen, wird Galgen und Loch ihm zuteil oder tot zur Erde wirft ihn ein Beil. Bemüht euch, die Leiden der Menschen zu mindern, zu erfreun die Bedrückten, den Gram zu lindern. Da die Welt ja doch jeder verlassen muss, so übt Recht und Schonung, und damit Schluss. Nehmt mich als Beispiel für meine Worte und für die Wahrheit meiner Exhorte; denn viel war des Heers, dessen Ziel ich war, wie auch ihr Ziel diese edle Schar; mit geringem Heer zog ich aus von hier, wer mir feindlich gesinnt war, ward freundlich mir. Wie der Châqân von Čîn ein so namhafter Held, mit Krone und Thron ein Beherrscher der Welt, fiel in meine Hände als kriegsgefangen und der Thron der Türken ist niedergegangen. Den Sieg verlieh mir der reine Gott; das Haupt meiner Feinde warf er in den Kot. Ihm seien allein meine Dienste geweiht, meine Sorge sei nur die Gerechtigkeit. Ohne Grundsteuer lass sieben Jahr’ ich verstreichen, seien’s Untertanen, seien’s meinesgleichen. An Beamtenschaft und Aristokratie schrieben Wir einen Brief auf Pahlawî: mit den Untertanen gerecht zu verfahren und Böses nicht im Gedächtnis zu wahren. Wer immer da arm lebt in der Stadt, an den Tagen der Freude nicht Anteil hat,
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deren Namen habt ihr mir mitzuteilen; ich will dann trachten, ihr Sehnen zu heilen. Ferner jenen, der adelig ist geboren, daran denkt, dass er sein Vermögen verloren, dem sei, was er bedarf, aus dem Schatze gegeben; den Klugen lasst stolz nur sein Haupt erheben. Wen bei leeren Händen die Schulden quälen und dem sowohl Macht als auch Mittel fehlen, dessen Schulden sollt ihr aus dem Schatze bezahlen und die Namen verzeichnen in den Journalen. Erbittet von Gott, dass mein Herz derart bei Rechttun und Religion verharrt! Gegenüber uns seid freudige Pflichtenausüber und liebenswürdig dem Volk gegenüber! Auch Sklaven und Knechte behandelt nicht schlecht, denn jeder von ihnen ist auch Gottes Knecht. Besitzt einer davon Mittel und Verstand, gibt die Kinder er in der Lehrer Hand. Verschafft durch Wissenschaft euch die Macht, indem die Vernunft zur Krone ihr macht. Von fremdem Gute haltet euch fern, seid schonungsvoll und verehrt den Herrn! Bemüht euch und brecht nicht mit Uns den Bund! Die Wurzel des Bösen reisst aus vom Grund! Zu Gott nehmt Zuflucht! Tut, was er euch heisst! der Liebe zu ihm macht zum Bürgen den Geist! Sucht nicht den Schaden von Euresgleichen, hauptsächlich der Vornehmen und der Reichen! Wer vermögenslos kommt zu wertvollen Dingen und also die Grenze verlässt des Geringen, nennt den nicht gross, denn Höhe und Glück kehren rasch aufs neu zur Geringheit zurück. (Gerecht sollt ihr sowie fromm stets sein, beide Hände haltet vom Bösen rein.) Dem Armen entzieht nicht, was ihm gebührt, wer ohne Mangel sein Leben führt.
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Ihr sollt Reine aufsuchen, der Güte entsprechen, der Gesuchsteller Rücken und Herzen nicht brechen. Jeder missliebigen Erledigung ist immerzu nah eine Schädigung, der Segen des Allerhalters ruht auf dem, der alles aus Menschlichkeit tut.« Als die glänzende Seide beschrieben war, schwärzte die Rohrspitze der Sekretar. »Der Weltenherr«, schrieb er als Aufschrift endlich, »der gerecht ist und Wisser um gut und schändlich, der Herr aller Gaben, der gnädig-prächtige, Grosskönig Bahrâm ǝ Gôr, er der mächtige, an alle Beamten und Grenzkommandanten, die als klug, gelehrt und tapfer bekannten.« Und Läufer, Ross, Dromedare liefen allüberallhin mit Führern und Briefen. Als der Brief hinkam zu den Ländern allen, den Vornehmen allen und allen Vasallen, da sagte ein jeder: »Gott Dank und Preis, dass ein Schah existiert, der von Gott etwas weiss.« Weiber, Männer und Kinder kamen in Haufen überall aus den Häusern herausgelaufen und sie priesen alle so nah wie fern den gerechtigkeitsvollen Weltenherrn. Darauf rüsteten sie sich Schmauserein mit Lauten und Musikanten und Wein; eine Hälfte des Tages wurde gegessen, die andere bei der Arbeit gesessen. Eine Stimme liess hören allmorgendlich vor dem Palaste des Königs sich: »Ein jeder, der hat, soll geniessen und schenken und für den Genuss mit Dank meiner gedenken, und jeder, der Not hat, zur Schatzkammer kommen, er wird fünf gewogene Dirhams bekommen, drei Man vieljährigen funkelnden Weins mit Granatblütenfarb’ oder goldgelben Scheins.«
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So hat sich die Welt der Lust zugewandt und voll Zechergelärm waren Gassen und Land. So kam’s, dass für einen Kranz roter Weidengerten zwei Dinare die Leute pro Kopf begehrten. Gab für eine Narziss einen Dirham man, so war man über derartigen Kauf noch froh. Die Lust verjüngte den Greis; aus der Quelle strömte die Milch statt der Wasserwelle. Der König betete; dass die Welt stets so voll Lust er seh’, war Kern des Gebets.
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XXXV/2 Regierung des Bahrâm Gôr Bahrâm Gôr sendet seinen Bruder Narsî nach Churâsân und ruft den Gesandten des Kaisers vor seinen eigenen Thron Eines Tages hob zu Narsî der König so an: »Begib dich hinweg von hier nach Churâsân mit Krone und Siegel; ich räum es dir ein, lass das Land gedeihn und das Volk sich erfreun. Such nichts als Gerechtigkeit auszuüben und klammre dich nicht ans vergängliche Hüben. War der Vater schlecht, muss er deshalb sich winden wie ein nackter Mann vor frostigen Winden.« Er befahl, dass für ihn ein Ehrenkleid und einen reichlichen Schatz man bereit’; er sprach dann: »Gott möge dir Zuflucht sein! Dein Thron rage bis in die Sonne hinein!« Zur Reise wurden zwei Wochen verwandt; unversehrt kam Churâsân ihm in die Hand. Als acht Tage nach Narsîs Reise vorbei, ward das Herz des Schahs von den Sorgen frei; den Obermȏbad liess kommen der Schah mit einigen Edlen und er sprach: »Die Kaisergeschichte zieht sich hinaus, sein Gesandter nützt die Erlaubnis lang aus. 3.2 und klammre … Hüben: W: hängt nicht die Hand an dies Vorübergehende (diese irdische Welt). Ich folge dem Glossar von Wolff. Mohl übersetzt: verhindert den Durchgang durch dieses Land, während wieder Pizzi meint, es heisse: fangt auf dem langen Weg keinen Streit an (anstatt čang wird da wohl ǧang gelesen).
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Was ist das für ein Mann? Ob Verstand er wohl hat? Der Verstand hält des Geistes Rücken gerad.« Der Mȏbad sprach: »Im Glücke sei stet mit der Hilfe Gottes die Majestät! Ein alter Mann ist er, klug und bescheiden, er weiss sanfter Stimme das Wort schön zu kleiden, ein Mann, dessen Lehrmeister Falâtûn gewesen, von Adel und Wissen und klugem Wesen; er war selbstbewusst, als aus Rûm er erschien, hierzuland überkam, scheint’s, Verwirrung ihn. Er verwelkte, wie im Monate Dai eine Schlange, er erschlaffte und rohrfärbig ward seine Wange. Seine Untergebenen gleichen den Schafen, die am Tage der Jugend auf Jagdhunde trafen. Mit Stumpfheit und Dumpfheit uns zu betrachten scheint er und niemand im Lande zu achten.« Zum Mȏbad sprach also nun Bahrâm ǝ Gor: »Gott hebt zu Glanz, Würde, Macht empor. Wenn der Weltenherr mir den Sieg gewährte und mir finstere Nacht in den Glückstag verkehrte, so ist auch jener, der Herr von Byzanz, der Herr und Gebieter des Volks und des Lands, ein grosser Fürst, der von Salm abstammt, den Firȇdûn krönte zum Königsamt, (So ist Kaiser von Rûm, Sohn von Kaisern er und leitet von Salm seine Abstammung her; Firȇdûn setzt’ ihm aufs Haupt die Krone, seiner Ahnen gedenkt man vom Sohne zum Sohne). ein Mann, der’s mit Klugheit und Menschlichkeit hält und nicht wie der Châqân in Wahnsinn verfällt. Wir laden ihn vor zur Zeit der Empfänge, damit ihm ein zweckdienlich Wort gelänge; dann send ich in Güte ihn wieder nachhaus; ohne Menschen komm auf der Welt ich nicht aus. 14 Ein Mann … klugem Wesen: Natürlich Platon 16 Dai: 10. Monat
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Den Krieg sucht einer und führt ein Heer, der andre bringt Feste und Goldkronen her; ich muss wohl unterscheiden der beiden Werte; wohl dem, der nur mit Edeln verkehrte!« Der Mȏbad pries liebevoll die Majestät: »Leb voll Freude, solange der Himmel sich dreht! Deine Zunge spricht nur, was zum Besten gehört; sei der Fürsten Fürstentum dir beschert!«
Fragen und Antworten des Gesandten von Byzanz mit den Mȏbads Îrâns
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Als die Sonne die Krone am zweiten Tag wies, eine flammende Zunge vom Himmelskreis stiess, da lud den Gesandten der König vor, einen Elfenbeinthron wies ihm an Bahrâm ǝ Gor. Er kam, ein erfahrner gelehrter Alter, beredt und voll Wissen, ein Kundebehalter; er setzt auf den Thron sich, die Arme verschränkend, auf seine Knie, den Kopf herabsenkend. Es befragte ihn höflichst Schah Bahrâm und erlaubt, dass er Platz in der Nähe nahm. (Auf dem Throne sass der Weltenherr, den Gesandten berief vor den Grossen er). Er sagte ihm: »Du bist lang in der Stadt und wardst ihres Anblicks wohl nicht satt. Mich hielt fern dir der Krieg mit dem Châqân; er nahm mich wie zum Gesellschafter an. Mein Geschick hat durch dich jetzt neu Blüte getrieben; du bist über das Mass hier lange geblieben. Was du immer auch sagst, du sollst Antwort erhalten; dein Wort soll mir glückliche Pläne gestalten.« Der greise Gesandte begann ihn zu ehren: »Mögen Raum und Zeit deiner niemals entbehren! Ein jeglicher Fürst, der Verstand hatt’, erfreute sich noch an den Reden vernünftiger Leute;
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der Vernünftige ist Gott näher; es scheint – der Tag viel düsterer seinem Feind. Du bist über die Fürsten der Welt gestellt, der dem Fürsten – und Königtum Güte gesellt; deine Zunge die Waage, Juwel, was sie spricht; die Juwelen wiegt mit Gold man nicht. Du hast Wissen, Verstand und Würde auch, sowie es der siegreichen Könige Brauch. Und wie du selbst klug bist und reingesinnt, herrschst du über Leute, die scharfsinnig sind. Zwar Gesandter des Kaisers der Byzantiner bin ich doch des Dieners des Königs Diener. Dies des Kaisers Gruss an den Schahrǝjâr: sein Haupt blüh’ mit Krone und Thron immerdar! Dann befahl er, dass über sieben Dinge die Fragen vor deine Gelehrten ich bringe.« Da sagte der König: »So sag sie nur an; am geehrtesten ist der beredsame Mann.« Er befahl, dass der Obermȏbad erscheine mit den namhaften Weisen im Vereine. Eine Zeitlang erregten dem Schah die Fragen, von denen er sprach, grosses Missbehagen: was dies Frage-Sieben bedeuten sollte, das geheime, das jener stellen wollte? Der Mȏbad erschien und mit ihm die Männer; die in Wissenschaft aller Art waren Kenner. Da nahm jener vom Rätsel die Sperre fort und sagte dem Mȏbad des Kaisers Wort: »Was ist das,« so hörte man ihn beginnen, »was du bezeichnest mit dem Wort ›drinnen‹? Zweitens: was ist’s, was du ›draussen‹ nennst? Ist kein anderer Name da, den du kennst? Was ist ›droben‹, was ›drunten‹ für ein Ding? Was ist ›grenzenlos‹ und was ist ›gering‹? Was ist’s, das der Namen viele hat? Es hat Herrschaftsgewalt an jeder Statt.«
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Worauf zu dem Weisen der Mȏbad sprach: »Bleib am Wissenschaftsweg und nur fein gemach!« Dann sprach er zu ihm: »Oh vernünftiger Mann, hör nun meine Antwort vollständig an! Es gibt eine Antwort nur auf deine Fragen. Über ›draussen‹ und ›drinnen‹ ist wenig zu sagen; ›draussen‹ ist der Himmel, die Luft ist ›drinnen‹; Gottes Glanz ist über dem Aussen und Innen. Gott ist von der Welt ›ohne Grenzen‹ und Enden; es ist schlecht, sich von ihm mit Wissen zu wenden. Paradies ist ›droben‹ und ›drunten‹ die Hölle, für jeden, der Gottes Befehl widerbölle. Und was schliesslich ›viele der Namen‹ hat, dessen Willen erfüllt wird an jeglicher Statt: die Vernunft hat, oh Greis, der Namen viele, die Vernunft führt den Reinen zum Willensziele; einer heisst die Liebe, der andere Treue; ist Vernunft fern, bleibt Schmerz und Bedrückung und Reue; indes der Beredte sie Wahrheit nennt und der Glückhafte in ihr Klugheit erkennt; bald heisst sie Geduld, bald jedes Worts, das geheim ist, Bewahrung als sicheren Horts: die Bezeichnung ›Vernunft‹ ist so ausgebreitet, dass der Name alles Mass überschreitet. Etwas Bessres als sie sollst du gar nicht kennen, Vernunft musst das erste der Güter du nennen. Das Geheimnis der Welt sucht Vernunft zu durchspähn; unsres Kopfes Aug’ kann Verborgenes nicht sehn. Was schliesslich ›gering‹ der Vernünftige hält beim Wissen um Gottes geschaffene Welt: die Sterne sind funkelnd am Firmament, deren Anzahl kein Sternschauender nennt; der hohe Himmel kennt nicht Farasangen und niemand den Weg, um zu ihm zu gelangen.
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Zählst du ihre Anzahl zu dem ›Geringen‹ und ihr das Geschick erzeugendes Schwingen? Nähm einer aus Pfeilschussweite sie wahr, erschien es dem Scharfsinn’gen nicht wunderbar; rechnest du die Sterne am Himmelszelt, was ist geringer als dies auf der Welt? Ich weiss dies als einzige Antwort bloss: das Geheimnis des Weltenschöpfers ist gross.« Als der Sprecher des Kaisers die Antwort vernahm, (küsst’ den Boden er huldigend vor Bahrâm). »Oh Beherrscher der Welt«, so sagte er, »verlange von Gott nichts Weiteres mehr! Denn die Welt steht ganz unter deinen Befehlen und in deiner Pflicht sind die stolzesten Seelen. Du bist Vorbild der edelgeborenen Grossen: noch keiner ist auf solchen König gestossen. Und auch dieser Mȏbad, der dein Minister, alle Weisen besiegend durch Wissenschaft ist er; alle Philosophen sind seine Knechte, vor ihm senken das Haupt sie im Wissensgefechte.« Bahrâm zeigte Freude, als er es vernahm, indem grössere Helle sein Herz überkam. 76–79 Zählst du ihre … ist gross: Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, dass diese Stelle zu den sehr schwer verständlichen gehört, und ich kann nicht versichern, dass ich sie richtig verstanden habe. Ich will eine Prosaübersetzung beifügen: »Nimmst du (oder du nimmst) ihre Zahl gering (hältst für gering? schätzt gering?), ebenso (zugleich) die Kreisung ihres Schicksals (oder Zeit, Welt, Tage). Jemand (jeder), der hinschaut aus Pfeilschussweite (tîr bedeutet hier – das ist wohl sicher und wird auch von Wolff, angenommen – Pfeil und nicht, wie Mohl und Pizzi meinen, den Planeten Merkur), so ist nicht verwundert (erstaunt) darüber der Scharfsinnige. Zählst du (berechnest du) die Sterne vom Himmel, nichts ist geringer als dies, oh Sachkundiger. Ich weiss dies, wenn es eine Antwort gibt, nur diese: weit ist das Geheimnis des Weltenschöpfers.«
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Zehn Beutel voll Geld gab dem Mȏbad er und Gewand und Ross und der Wertsachen mehr. Der Gesandte des edlen Kaisers kam aus dem Palaste des Schahs und begab sich nach Haus.
Bahrâm Gôr verabschiedet den Gesandten des Kaisers
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Die Sonne streckte die Hand empor, da bestieg den goldenen Thron Bahrâm ǝ Gor. Der Abgesandte des Kaisers erschien und der weise Mȏbad begleitete ihn; vor den Königsthron traten froh alle zwei und erörteten sprechend allerlei. Zum Gesandten sagte der Mȏbad sodann: »Oh du Kluger, dem keiner vergleichen sich kann, was mag auf der Welt wohl das Schädlichste scheinen? sodass seine Folgen man muss beweinen? Was weisst du Nützliches auf der Welt, das den, der es tut, auf die Höhe stellt?« Der Gesandte sprach: »Wer da ist gelehrt, dem ist immerdar Grösse und Macht beschert; hingegen ist wertloser als der Mist und ganz unverwendbar, wer unwissend ist. Auf Wissen und Unwissenheit ging deine Frage; vielleicht scheint dir richtig das, was ich sage.« Der Mȏbad sprach: »Überdenke es frisch und setze nicht auf das Trockne den Fisch.« Der Gesandte sprach: »Oh wertester Mann, der gelehrte Worte zitieren kann, wenn andere Lösung bekannt dir wäre, so sag sie, denn Wissen vermehrt die Ehre.« Der Mȏbad sprach: »Denk nach! Denn das Denken ist geeignet, der Sprache Glanz zu schenken. Je weniger Schade von jemandem droht, desto schadenbringender, wiss’, ist sein Tod.
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Du bist froh, sobald ein böser Mensch stirbt; das ist recht; er entsteht ja, damit er verdirbt. Dieser nützt, jener schadet; lass zwischen beiden den Verstand als den Mittelsmann entscheiden.« Der Romäer stimmte damit überein, denn die Worte schienen ihm nützlich zu sein. Er huldigte lächelnd dem Schah sodann und sprach: »Oh das glückliche Land von Iran, das den Thron eines Grosskönigtums besitzt, auf dem ein Herrscher wie Bahrâm sitzt. (Denn einen Grosskönig sah kein Aug’ wie dich und wie diesen Mȏbad auch). Durch Wissen bist du der Welt höchste Zier, Fürst der Fürsten durch deinen Mȏbad hier! Es ist recht, dass Tribut du verlangst von Byzanz, dein Wesir beherrscht die Vernunft ja ganz.« Seine Rede erfreute des Königs Gemüt, sein Herz wurde frisch, wie die Lenzrose blüht. Den König verliess der Gesandte hierauf. Die Nacht zog die schwarze Standarte auf. Das moschusduftende Tuch kam in Sicht; mit Ambra beschmiert war der Sonne Gesicht. (Der Weise war müde vom Reden; der Schah, der tapfre, begab sich ins Frauengemach). Das Himmelsgewölb fuhr rasch fort sich zu drehn und liess den Schläfer vom Schlafe erstehn. Die Fahne erhob der Sonnenquell; der König erhob aus dem Schlaf sich schnell. Der Audienzwart erschloss des Empfangsaals Tor; auf goldenem Throne sass Bahrâm ǝ Gor. Er befahl, ein Ehrengewand zu fertigen, den Gesandten ihm zu vergegenwärtigen. So Ross wie Zaum, Gold- und Silberware, den Namenszug tragende Schatzdinare, Juwelen, Brokat, Moschus, Aloe – es überstieg eines greisen Mannes Idee.
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Worte Bahrâms an die Beamten über Gerechtigkeit
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Nach Erledigung dieser Romäeraffäre beschäftigt besorgt sich der Schah mit dem Heere. (Dies gab dem Gesandten der kluge Schah und beschäftigte sich mit dem Heere hernach). Er befahl, dass der Ratgeber-Mȏbad erscheine mit den anderen Edlen im Vereine. Er vergab des Landes gesamte Strecken an jene im Kriege erprobten Recken, auch von Gold und Rossen und Schmuck war er Spender, den Reichen gab Thron er und Krone und Länder. Das Recht liess er walten weit und breit; bei Gross und Gering gabs Zufriedenheit. Von den Ungerechten entfernte er jeden durch Nichtbeschenkung und frostige Reden. Darauf sprach zu den Mȏbads er folgenderweise: »Oh Ehrenwert-Reingesinnte und Weise! Gedenkt aller Arten von Potentaten, der Könige gerechten und Freveltaten. Viele Könige streckten zum Bösen die Hand oder blieben durch weichliche Ruh’ unbekannt; die Welt war von Bösen in Schrecken gehalten und der Guten Herz in zwei Hälften gespalten, jede Hand war beschäftigt mit bösem Vollbringen und keiner strebte nach göttlichen Dingen. (Ein jeder schlug ein den Weg der Dȇwen und masslos erniedrigt war Herz wie Leben; einen Herren kannten nicht Weib und nicht Kind; voller Kummer war drob, wer da reingesinnt). Die Klaue des Dȇws war gereckt allerwärts, von der Furcht vor dem Herrgott getrennt jedes Herz. Das Haupt der Güte, der Bosheit Hand, das Tor des Wissens, das Mühn um Verstand –
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nichts, was nicht die Bürde des Herrschers sein mag, durch ihn tritt so Lüge wie Wahrheit zutag. Wenn der Vater nach Ungerechtem begehrte, nicht rein noch gelehrt war und Gott nicht verehrte, dann dürfen die Folgen euch auch nicht verblüffen; sein helles Herz ward von Rost ergriffen. Seht, was Ǧam und Kâwȏs taten, die frommen, um vom Wege des Dȇws hinwegzukommen! Der Vater schlug auch ihren Weg wohl ein, doch Vernunftwasser wusch seine Seele nicht rein. Alle Untertanen sind von ihm gewichen und durch seinen Jähzorn sind viele verblichen. Er ging und liess üblen Ruf allerwegen und von niemandem folgte ihm irgendein Segen. Wir dürfen ihn nicht ohne Segen lassen; nie möge sein Geist sich winden vor Hassen. Nunmehr sitzen Wir hier an seiner Stelle; sein Weg geht zum Himmel gewiss, nicht zur Hölle. Mein Gebet ergeht an den Schöpfer der Welt, von dem man allein alle Stärke erhält, dass Unser Volk Wir stets menschlich behandeln, schwarze Erde in reinen Moschus verwandeln, dass, wenn sich mein Leib einst dem Staube gesellt, kein Unterdrückter am Saume mich hält. Ihr alle zieht an der Wahrheit Kleid, wenn im Herzen vom Trug ihr gereinigt seid; denn vom Mutterschoss her sind zum Tod wir verdammt, ob Dorfvogt, ob Jemen, ob Rûm entstammt. Er fällt uns an mit des Löwen Satze, keiner wendet den Nacken von seiner Tatze; er ist selbst des reissenden Löwen Erleger, nicht entschlüpft der Drache durchs Netz diesem Jäger. Wo blieben die Häupter mit Grosskönigskrone? Wo blieben die glücklichen grossen Barone? Wo die Ritter und Hochmütig-Stolzen nur?
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Von allen seh ich auf der Welt keine Spur. Wo blieben die Feengesichtigen der Welt, die der Grossen Seele so freudig erhellt? Wer immer die Wange im Schleier barg, liegt der schwarzen Erde vermählt im Sarg. Wir wollen mit Güte und Reinheit handeln und nicht Böses wirkend auf Erden wandeln. Bei dem glanzverleihenden Weltenherrn, bei Thron und Krone und Adel und Kern: schädigt ein Beamter Hoch oder Tief, eine Handvoll Staub sei der Tat Motiv, wenn ich dessen Leib nicht im Feuer versenge und hoch seinen Leib auf den Galgen hänge! Sind verstrichen einige Nachtetappen und es stiehlt einem Armen ein Dieb einen Lappen, aus dem Schatz ein Dinar soll den Armen entschädigen; ich will Kummervolle der Sorgen entledigen. Wenn ein Schaf sie aus einer Herde enttragen, sei’s in finsterer Nacht, sei’s an Schneesturmtagen, soll in edlem Ross dies Entscheidung finden; doch will keine Pflicht zum Dank ich begründen. Erhält ein Reiter in einer Schlacht einen Schlag, der ihn zum Verwundeten macht, dann schick aus dem Schatz durch ein Jahr ihm Geld, auch das Herz seiner Kinder wird aufgehellt. Dass ihr Gott dem Gerechten stets dankbar seid, denn er kennt alle Güte in Ewigkeit! Streckt die Hand nicht zu Wasser und Feuerherd, sondern nur der Priester, der Feuer verehrt. 156 schädigt ein Beamter … Tat Motiv: Kann auch heissen: »sucht ein Beamter wegen einer Handvoll Staub oder durch eine Handvoll Staub oder im Werte einer Handvoll Staub einen Schaden«. 163 dann schick … ihm Geld: nach C. 165.2 Feuer: nach P: »der Gott verehrt«.
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Vergiesst nicht der Arbeitsrinder Blut, da auf Rinderschlachten die Schande ruht. Wenn vor Alter ein Rind arbeitsunfähig wird und im Auge des Herrn jeden Wert verliert, so töte kein andrer das Arbeitsrind, da ansonsten des Landes Machtgrösse zerrinnt. Ihr müsst alles mit klugen Beratern besprechen und nicht die Herzen der Jünglinge zerbrechen. Im Alter greift nicht zuviel nach dem Becher; nichts Gutes bietet ein alter Zecher. Von Dȇwgedanken haltet euch weit, zur Kriegszeit strebt nicht nach Festlichkeit. Ich verfehlte mich, höb’ ich die Grundsteuer ein, gegen Gott und den Thron von Elfenbein. War mein Vater Jazdǝgird ungerecht, so übe zur Sühne ich ringsum das Recht; vielleicht erwirkt Gottes Verzeihung dies und führt aus der Hölle ihn zum Paradies. (Lasst den, der jung ist, in Freuden leben und brecht nicht das Herz dem, der euch untergeben). Versündigt an Gott euch nicht durch die Taten; im Alter ist Reisebereitschaft geraten. Wenn der Herrgott mit uns zufrieden sein mag, dann quält euch nicht um den kommenden Tag. Euer Herz komme durch unser Tun in Ruh und in Reinheit wendet dem Feuer euch zu. (Macht die Untertanen voll Freudigkeit und das Haupt der Stolzen kummerbefreit).« Als die Edlen vernahmen die Worte vom Schah, da strebten dem Guten und Schönen sie nach. Aller Augen füllten mit Wasser sich über den König so weise und kräftiglich und ein lautes Beifallrufen geschah; man hiess ihn des Landes Padischah. 169.2 Jünglinge: nach C: »der vaterlosen Waisen«
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Bahrâm Gôr schreibt einen Brief an Šangul, den Schah von Hind Da erhob sich der kluge Wesir und sprach: »Der du richtest der wahren Gerechtigkeit nach, von der Welt ist die Feindesfurcht abgewandt, von Leid und Bedrängnis ist frei unser Land. Nur der Inderkönig, der Šangul heisst, wendet von der Gerechtigkeit seinen Geist; von Hindûstân bis nach Čîn hinein ergrimmt alles Land er durch Räuberein; auch nach Îrân streckt er die Hand, um zu raffen; da ist’s an der Zeit, Abhilfe zu schaffen. Du bist König und Šangul Heerführer von Hind; warum heischt den Tribut er von Čîn und von Sind? Überlege es und bringe in Ordnung die Sache, dass nicht etwas Unschönes geltend sich mache.« Als er’s hörte, ward sorgenvoll Bahrâm ǝ Gor; die Welt kam wie eine Wildnis ihm vor. Er sprach: »Das ordne ich ganz im Geheimen und sage davon auf der Welt auch nicht einem. Sein Heer will ich schauen in eigner Person, den Brauch seines Reichs, seinen Sitz und Thron. Als Gesandter will ich vor ihm mich zeigen und dies den Edlen von Îrân verschweigen. An Šangul, oh frommer Mȏbad, lass einen Brief nun ergehen voll Liebe und Hass.« Der Wesir ging fort mit dem Sekretar und ausserdem nur, wer notwendig war. Sie kamen nach manchem Herumdisputieren mit Schreibfeder, Tinte und mit Papieren. Einen Brief zu verfassen gab er die Weisung voller Rat, Sinn und Güte und Gottespreisung. Gottes Segen wünschte er am Beginn wem nach Gottes Segen stehe der Sinn, »des Herrn des Seins und des Nichtseins Herrn –
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jeder hat Genossen, von Gott ist dies fern. Von den Gütern, die er vergibt an die Knechte, wie an Sklaven an die aus Königsgeschlechte, gibt es keines, das mehr denn Verstand mich deuchte; den Grossen wie Kleinen dient dieser als Leuchte. Wer sich Verstandes erfreuen kann, vertraut nicht die Welt schlechten Handlungen an. wer das Gute erwählt, wird in Reu nicht versinken; vom Wasser des Wissens lässt das Böse nicht trinken. Der Verstand kann von Unglücksfolgen befrein; möge niemand von Unglück heimgesucht sein! Der Verstand wird vor allem dadurch entdeckt, dass man ständig vorm Bösen zurückeschreckt. Er wiss, was sein eignes Inn’res enthält, mit dem Aug’ des Verstands durchforsch’ er die Welt. Verstand sei den Königen aufs Haupt gedrückt, er ist es, was alle die Edlen schmückt. (Der Verständige kann Gut und Bös’ unterscheiden, nach dem Guten trachten, das Böse vermeiden). Du kennst deine eignen Grenzen nicht gut, so setzt du den Geist hinein in das Blut. Als Träger der Krone der Welt bin ich für Gutes und Böses verantwortlich. Lässt als König die Wahrheit du weniger werden, wird allüberall Trug sich zeigen auf Erden. Der Überfall ist kein Königsbrauch noch Einverständnis mit Feinden auch. Deine Ahnen waren Uns Untertänige, dein Vater war Diener der früheren Könige. Keiner war von uns damit einverstanden, dass so spät der Tribut kam aus indischen Landen. Beachte das Schicksal des Châqâns von Čîn! Es trieb aus Čîn ins Land Îrân ihn; der Plündrung preis gab er das Mitgebrachte, bis das eigene Tun ihn sich winden machte. Dich seh ich von ähnlicher Formation,
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Geschick und Würde und Religion. Kriegsausrüstung besitz ich und Kostbarkeiten mit einmütigen Truppen, gerüstet-bereiten. Helden nicht gewachsen, wie meine sind, hast du kein gerüstetes Heer in Hind. Du vertraust auf die eigene Stärke zu sehr, deinen Bach ziehst du vor dem gewaltigen Meer. Ich schicke dir hier einen redegewandten mit Wissen begabten edlen Gesandten. Entweder schick den Tribut oder strenge zum Kriege dich an und den Gürtel verenge. Wir wollen das Leben desjenigen segnen, in dem nichts als Recht und Vernunft sich begegnen.« Als die Tinte getrocknet des Lufthauchs Wehen, ward der fertige Brief mit der Aufschrift versehen; diese Aufschrift lautete: »Grosskönig Held Bahrâm Gottverehrer und Herr der Welt, der die Krone geerbt von Jazdǝgird, im Monat Churdâd am Tage Ird, der Hüter der Grenze und Führer des Lands, der Tribut empfängt von Saqlâb und Byzanz, an Šangul den Feldherrn des Landes Hind vom Strom von Qannûǧ bis zur Grenze von Sind.«
Bahrâm Gôr kommt mit dem eigenen Brief nach Hindûstân Als das Siegel der Schah gesetzt aufs Papier, da rüstet er so wie fürs Jagdrevier. Vom Geheimnis bekam aus dem Heer keiner Zeitung ausser einige Edle zu seiner Begleitung. So kam er bis hin in das indische Land über des Zauberland-Wassers Strand. Als er nahte des Šangul Residenz, sah er Tor und Vorhang und Saal der Audienz; das Gebäude ragte empor zum Himmel;
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am Tor gab’s ein Waffen- und Truppengewimmel; Elefanten und Reiter gab’s; es erhuben gewaltigen Lärm so Schellen wie Tuben. Von Erstaunen wurde er überkommen und seine Gedanken wurden beklommen. Er sprach zu den Türhütern und den gesamten anderweitigen Dienern und Unterbeamten: »Zu diesem euren Audienzsaal kam ein Gesandter des siegreichen Schahs Bahrâm«, worauf der Empfangssaalwart unverweilt durch den Vorhang hinein zu dem König eilt. Der befahl ihm, den Vorhang aufzuheben und der Würde gemäss ihm Zulass zu geben. In den Saal hinein schritt Bahrâm ǝ Gor und sah zur kristallenen Decke empor; als weiter er zu Šangul kam, sah mit der Krone er herrlich ihn sitzen auf seinem Throne; Kristall gab den Füssen des Goldthrones Halt, darauf sass der König mit Glanz und Gewalt; eine silberne Hose verhüllte die Beine, goldgemustert, und drauf viele Edelsteine. Seinen Bruder erblickt er auf niedrerem Throne, er trug auf dem Haupt die Juwelenkrone. Der Minister sass ganz nahe dem Thron und vor dem Thronstuhle stand der Sohn. Er trat vor und liess seinen Gruss ergehn und blieb längere Zeit vor ihm so stehn; dann öffnet den Mund er und sprach: »Ich bekam vom Grosskönig Gottesverehrer Bahrâm Briefzeilen mit an den König von Hind, die Pahlawîschrift auf Seide sind.« Als er dies vernommen, befahl Šangul für Bahrâm einen niedreren goldenen Stuhl; darauf liess er ihn sitzen an Thronesstufen und aus dem Hof die Begleiter rufen. Jener liess den Verschluss seiner Lippen nach,
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als er sass, und sprach also: »Oh hoher Schah! Will dein Geheiss mir die Freiheit gewähren, so red ich; möge dein nie die Grösse entbehren!« Zu ihm sprach Šangul: »Sprich nur, wohlauf! Den Redenden segnet des Himmels Lauf.« (Er sprach: »Chosrauentsprossen der Schahrǝjâr,) wie noch nie eine Mutter einen gebar, Grosskönig der frohstolzen Stadt und Trift, des Gerechtigkeit Gift macht zu Gegengift, dem tributpflichtig sind alle vornehmen Leute, dem beim Jagen die Löwen fallen zur Beute; wenn auf dem Schlachtfeld er greift zum Schwert, wird in ein Blutmeer die Wüste verkehrt; freigebig wie Wolken im frühen Jahre; vor ihm sind wertlos so Schatz wie Dinare. An den König von Hind bring ich Botschaft wie auch einen Seidenbrief auf Pahlawî.«
Šangul erteilt Antwort auf Bahrâms Brief Als er’s hörte, trug nach dem Brief er Verlangen, von Erstaunen über den Edeln befangen. Wie den Brief verlesen der Sekretär, ward die Wange des Königs gelb wie Zarȇr. Er sprach: »Überstürz nicht die Worte, Gesandter und sei nicht zu ungestüm, Wortgewandter! Wie dein Schah sich dünkelhaft-wild gebart, so zeigt dasselbe auch deine Art. Verlangt jemand Tribut von den indischen Landen, bin ich mit dem Redner nicht einverstanden. Er spricht auch vom Heer und spricht auch von Schätzen und davon, Stadt und Land in Pein zu versetzen. Die Könige sind Kraniche, ich bin der Aar, sie sind Staub und ich wie das Meer fürwahr. 259.2 Zarȇr (zarîr): gelbfarbene Pflanze (Reseda, Färber-Wau), Galle, Gelbsucht
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Die Sterne sucht keiner wohl zu bekriegen oder gegen den Himmel sich Ruhm zu ersiegen. Tüchtigkeit ist besser als unnützes Schwätzen; der Wissende wird dich drob niedrig nur schätzen. Nicht Mut und nicht Wissen, nicht Stadt und nicht Land; vom Reich ist nur Zunge euch zuerkannt. Im ganzen Land sind mir Schätze versteckt, nach denen kein Ahne die Hand noch gestreckt. Ein Schatz sind auch Panzer für Mann und für Ross; wenn der Schatzwert da öffnet Knoten und Schloss, müssen Elefanten die Schlüssel tragen, wenn nicht auch Elefanten dabei versagen. Berechne ich der Schwerter und Panzer Zahl, wird dem Auge die Anzahl der Sterne ganz schmal und der Erdboden hat nicht Kraft zur Genüge, dass mein Heer, Elefanten und Thron er trüge. Über tausend und tausende indische Leute die heissen mich ihren König heute; mir gehören Juwelen, Berg, Meer und Gestade – durch mich hält die Welt ihren Rücken gerade – eine Quelle von Wohlgeruch auch aller Art, wie vom Kampfer der Duft, eh er trocken ward; für leidende Menschen sodann Arzenei, wer da immer gebrestenbefallen sei. Mein ganzes Land ist voll von dem allen, auch von Edelsteinen und Edelmetallen. Goldgekrönter Könige gibt es an die achtzig, die gürten zu meinem Dienste mit Macht sich. Das Land ist voll von Bergen, Strömen und Schründen; kein Dȇw kann den Weg in dem Lande finden. Von Qannûǧ zum Lande von Îrân hin und von da nach Saqlâb und zum Meere von Čîn 277 allen: Trotz des Reimes ist pur ast und nicht parast zu lesen!
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erkennen die Grossen mich an als König und völlig hilflos sind sie mir frönig. In Hind, Čîn, Chotan hat die Wächterrunde nur meinen Namen allein im Munde; alles lobt unsre Herrschaft und die Verehrung erfährt von allen nur weitere Mehrung. Die Tochter des Faġfûr von Čîn hernach weiss zu huldigen mir im Frauengemach. Ein Sohn von ihr lebt mir, ein Löwenherz, der dem Berge das Herz nimmt vermittels des Schwerts. Keiner war von Kâwȏs bis Kai Qubâd, der dieses Lands nicht Erwähnung tat. Dreihunderttausend gibt’s glorreicher Helden, die mich als ihren König vermelden, und tausendzweihundert versippter Herren, die jedem den Weg zu mir versperren, Geschlecht auf Geschlecht mir verwandt hier in Hind, die meiner Befehle gewärtig sind, sodass Löwen im Walde ihre Klauen wegen ihres Geschreis zur Kampfzeit kauen. Und würde die Sitte dem Edlen erlauben, dem Gesandten im Jähzorn das Leben zu rauben, dann liesse das Haupt ich vom Körper dir trennen und sodann dein Oberkleid über dich flennen.« Bahrâm sprach: »Oh du, der die Krone trägt, bist du Fürst, so handle nicht unüberlegt! Mein König befahl mir, dir auszurichten: ›Bist du klug, such den Weg der Dȇwe mitnichten. Nimm vom Hof zwei Männer mit Wissen und Geist, die im Reden erfolgreich sind, wie du weisst; wenn einer von ihnen durch Geistesgewalt einen Edlen aus meinem Hof überstrahlt, ist dein Land für mich völlig abgetan; 281.2 frönig: mhd. leibeigen, zum Frondienst verpflichtet
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ein Verständiger schlägt Worte nicht niedrig an. Wenn nicht, so wähl’ aus den Heeressäulen von den Männern, die schreiten mit schweren Keulen, einhundert der Ritter aus Hindûsǝtân, dass sie fechten von uns mit nur einem Mann. Wir wollen Tribut nicht von deinem Land, wenn dein Mut und dein Wert also wird erkannt.‹«
Bahrâm Gôr besteht einen Ringkampf im Empfangssaal des Šangul und zeigt seine Tüchtigkeit Šangul sprach zu Bahrâm: »Oh wertester Held, deiner Klugheit ist Menschlichkeit nicht gesellt. Verweile eine Zeit und den Gürtel entschnall; solche Reden sind nützlich in keinem Fall.« Man rüstete ihm ein schönes Gemach und tat alles, was den Gebräuchen entsprach. Bis zum Mittag machte sich’s Bahrâm bequem. Im Zenith stand das Weltleuchte-Diadem, da bereitet die freundliche Dienerschaft in dem Saale ein Fest, wie der Schah es geschafft. Als der Tisch mit den Speisen vor Šangul erschien, gab den Auftrag er einem: »Rufe ihn! Denn er ist aus Îrân des Chosrau Gesandter, ein Neubeauftragter, Sprachgewandter, und ebenso rufe auch seine Begleiter und setze sie an den Tisch unsrer Streiter.« Bahrâm kam zum Tisch, nahm vom Mahl und genoss von den Speisen, worauf er die Lippen verschloss. Zum Gelage rüstete man nach dem Mahl und rief nach Musik und dem Weinpokal. Man spürt Moschusduft vom Getränke sich heben und unter den golddurchwirkten Geweben. Als der Wein die Herzen der Grossen erfreute, und jede Zukunftssorge zerstreute,
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befahl er, dass zwei Meisterringer kämen, geschult, auch mit Dȇwen es aufzunehmen. Zwei geeignete Meister erschienen in Kürze und gürteten kampfbereit sich die Schürze. Der presste nun jenen und jener diesen; so schritten und wanden sich zwei junge Riesen. Als Bahrâm den Kristallbecher hob in die Höh, warf der Wein in’s Gehirn eine wirre Idee; er sprach zu Šangul: »Gestatte, ich bitte, dass den Schurz ich binde um meine Mitte, dass mit einem Kraftmann im Kampf ich mich messe und nicht mich in Rausch und in Wüstheit vergesse.« Da lächelte Šangul und sagte: »Na gut; und kriegst du sie unter, vergiess ihr Blut.« Bahrâm, da er’s hörte, sprang auf; den Rücken, den gerade aufragenden, bracht’ er zum Bücken; er packt um die Mitte den einen, exakt wie der Löwe den wütenden Wildesel packt; er warf ihn zu Boden und seine Knochen wurden dem Erblassenden fast gebrochen. Šangul war darüber Verwunderung nur: über Wuchs und Schulter und Arm und Statur; er rief Gottes Namen auf Indisch an und setzte ihn höher als vierzig Mann. Vom bekömmlichen Weine in Rausch versetzt, kamen sie aus dem Edelsteinsaale jetzt. Schwarze Seide bedeckte des Himmels Schwung, da ruhten vom Trinken Alt und Jung und es legten zum Schlafe das Haupt und die Glieder so König wie kriegrische Helden nieder. Als die Moschusduft-Seide in Gold zerronnen und am Himmel sich zeigte das Antlitz der Sonnen, da bestieg der König der Inder ein Pferd und ritt auf den Spielplatz schlegelbewehrt. Sie brachten dem König Bogen und Pfeile, er tummelte sich nach Gelüst eine Weile;
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er befahl, dass mit Königsbogen bewehrt Bahrâm sich ebenfalls setze aufs Pferd. Er sprach zu Šangul: »Oh König, es sind viele Reiter mit mir aus Îrân in Hind; sie tragen Gelüste nach Schlegel und Pfeilen; was geruht der Schah für Befehl zu erteilen?« Da sprach Šangul: »Gewiss, Pfeil und Bogen gehören zu den Dingen, die Reiter nicht mögen entbehren. Schulter- und Armstarker, hebe die Hand! Und zum Öffnen des Ringes den Bogen gespannt!« Da spannte Bahrâm seines Bogens Sehne, überliess die Zügel des Rosses Mähne und legte den Pfeil auf und schoss sonach, dass der Hartholzpfeil das Ziel zerbrach. Da riefen ihm Beifall zu ob dieses Siegs die Spielplatzreiter und Männer des Kriegs.
Vermutungen Šanguls bezüglich Bahrâm und seine Zurückhaltung vor dem Îrân Über Bahrâm war nun Šangul der Meinung, dass diese Bogenkunst, Kraft und Erscheinung nicht die eines blossen Gesandten seien, eines Inders, Türken oder Edelfreien: »Gehört er zum Königs-, zum Fürstengeschlecht, dann nennen Wir Bruder ihn mit Recht.« So sprach zu Bahrâm der Schah und lachte: »Oh du Kernhaft-Tüchtiger, den ich hoch achte, der Bruder des Schahs bist du zweifellos, mit Ehrgeiz und Kraft, Bogen und Geschoss! Du hast Kaienglanz, bist wie Löwen stark, ein Tapferer bist du von edelstem Mark.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Oh König von Hind, mach aus dem Gesandten kein unehelich Kind! Ich stamm nicht von Jazdǝgird, kein König bin ich, seinen Bruder mich zu nennen wäre abersinnig. Ich bin ein ganz fremder Mann aus Îrân,
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kein Wissenserforscher noch weiser Mann. Lass zurückreisen mich, denn weit ist der Weg, damit ich des Königs Zorn nicht erreg.« Da sagte Šangul: »Lass dieses heftige Betragen! Wir haben dir noch so manches zu sagen. Beschleunige nicht deine Weiterreise! Rasches Reisen ist nützlich in keinerlei Weise. Bleib nur schön hier und beruhig dich fein! Willst gereiften du nicht, so trink rohen Wein.« Drauf berief den Wesir er, und als der kam, hatte ein langes Gespräch er über Bahrâm. Zu seinem Weisen sprach er hernach: »Eine Mitteilung, die ich dir insgeheim mach: ist der Mann nicht Bahrâm aufs Engste verwandt, nicht einer der Edelsten in seinem Land, dann ist es ein Wunder, erstaunlich für jeden; doch verlässlich ist nicht alles von seinen Reden. Sag du ihm mit Höflichkeit: ›Du musst hier weilen, es ist dir nicht möglich, von Qannûǧ zu eilen.‹ Du musst es in täuschender Weise ihm sagen; wenn ich redete, könnt es ihm Furcht einjagen. Dass du mit ihm sprichst, wird so besser sein, und kleid es in passender Weise ein. Sag es ihm einfach so: ›Am besten wäre, du mehrtest vorm Schah von Hind deine Ehre; wenn du verbleibst bei dem König von Hind, wenn du achtest auf ihn, der so feingesinnt, dann wird dem König dein Wert bekannt und dein wird das allerschönste Land, ein Land, von dem niemals der Frühling weicht, wo der Rosenhauch von dem Flussufer streicht; Qannûǧ verlässt nicht, wen das Glück besucht, zweimal im Jahr trägt der Obstbaum hier Frucht; Juwelen gibt’s, Seide, von Dirhams den Schatz – wo es Dirhams gibt, ist nicht Trauer am Platz – einen huldvollen Schah, dessen Liebe macht,
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dass er, wie dein Antlitz er sieht, freundlich lacht. Wenn du etwas wünschest in dieser Art, das sag, kommst du in seine Gegenwart.‹ Hast du solches gesagt, so frag, wie er heisst; seinen Namen begehrt mein Herz zumeist. Wenn ihm unser Land behagt, so vermehrt sein Glanz wohl unseres Landes Wert; wir machen ihn zum Kommandanten im Heere und zum Führer im Lande zu unserer Ehre.« Der erfahrne Wesir ging ohne Verweilung und sagt es Bahrâm unter Ratserteilung; er fragte ihn auch um den Namen dabei, da anonyme Antwort nicht vollkommen sei. Als Bahrâm dies hörte, da erstarben, bis die Antwort er fand, seine Wangenfarben; schliesslich sprach er: »Du darfst in zwei Ländern erblassen du Beredter, mein Antlitz vor Schande nicht lassen. Sollt’ um Schätze vom Schah von Îrân ich mich kehren, selbst wenn mir die Geldnöte peinlich wären? Nicht also will’s unsre Glaubenslehre, wollen’s Einsicht, Geschick und Sitte und Ehre. Wer da je seinem König untreu wird, um sich zu erheben, der hat sich verirrt. Nach Mehrung strebt nicht, wer Verstand besitzt, da uns Gut wie Übel vorüberflitzt. Wo ist Firȇdûn, der Kronherr, nunmehr? Den Rücken der Zeit hielt gerade er. Wo sind jene Grossen, chosrauentstammt, Kai Chosrau und Kai Qubâd allesamt? Und sodann solltest du den Bahrâm erst kennen, jung, eigensinnig im Weltberennen, der, wenn ich von seinen Befehlen weiche, die Welt für mich endet mit einem Streiche. Nicht aufrecht blieb das Land Hindûsǝtân,
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der Staub des Zauberlands käm’ zu Îrân. So ist’s besser, ich kehre zur Heimat zurück, dass mein siegreicher König mich wieder erblick’. Was den Namen betrifft, so riefen Burzû seit jeher so König wie Eltern mir zu. Schau, dass diese Antwort zu Šangul gelange, denn ich blieb in der fremden Stadt schon zu lange.« Mit dieser Antwort erschien der Wesir und gab Šangul genauen Bericht von ihr. Doch das Antlitz des Königs ward runzeldurchstrichen und er sprach: »Er ist weitab vom Wege gewichen. Eine List setz ins Werk ich, dass ich den Tag dieses Weltleuchte-Helden beendigen mag.«
Kampf Bahrâms mit einem Nashorn und dessen Erlegung
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Ein Nashorn gab’s in des Königs Land, so gross, dass der Wind keinen Weg mehr fand, der Löwe entfloh aus den waldigen Hügeln und vom Himmel der Geier mit schnellen Flügeln. Das ganze Land ward der Wirrnis Raub und das schärfste Ohr vom Gebrülle taub. Er sprach zu Bahrâm: »Ei du Herrlicher, nun hast Gelegenheit du, diese Tat zu tun; in dem Wald bei der Stadt ist ein Nashorn verborgen – aus dem Walde erwachsen mir mancherlei Sorgen –; einem Krokodil gleicht der wüste Gesell, Löwenherz zerreisst er und Panterfell. Es gilt nun, dies Nashorn anzugehen, mit Pfeilen die ganze Haut zu besäen. 389 Nashorn: Ich folge Wolff, der karg liest und begründet, es sei ein Nashorn und kein Wolf (gurg) gemeint. Aber natürlich könnte es auch ein Wolf gewesen sein. Da das Tier einen Rüssel hatte (siehe V. 406), lassen sich beide Ansichten erfolgreich vertreten.
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Die Befreiung des Landes wird so vielleicht durch deine sieghafte Mannheit erreicht. Bei mir harrt deiner dann hohe Stellung und ebenso bei jener edlen Gesellung, denn in Hind und in Čîn alle Leute sollen dir in Ewigkeit dafür Beifall zollen.« »Ich bin«, sprach Bahrâm, »dazu gern erbötig, doch ist mir ein Wegweiser äusserst nötig. Will mir Gottes Macht seinen Anblick schenken, soll sich seine Hülle in Blut ertränken.« Šangul gab einen Führer ihm mit auf den Weg, der die Gegend wohl kannte und das Versteck. Mit dem Führer zog er dann waldhügelwärts dem Nashorn entgegen, voll Blut das Herz. Der erzählte ihm viel: wo es streckte sich nieder, über Höhe und Breite und Leib und Glieder. Als der Weg ihm gezeigt, brach er auf und eilte hinein in den Wald, wo das Nashorn verweilte. Hinter ihm kamen Leute aus Îrân geritten, zum Kampf mit dem Nashorn gegürtet die Mitten. Sein Rüssel war schon von weitem zu sehn. Durch die Last schien der Erdboden zu vergehn. Da sagte ein jeder: »Oh König, halt ein! Lass es genug der Tollkühnheit sein! Man kämpft nicht, oh Schah, mit dem Berge Geng; bei all deinem Mute kämst du ins Gedräng’. Dem Šangul sag: ›Diesen Kampf gibt’s nicht, weil’s an meines Königs Erlaubnis gebricht! Kämpfte ich auf Befehl und mein König würde davon hören, zerträte er mir meine Würde.‹« Bahrâm gab zu Antwort: »Bestimmt Gott hier in Hindûstân eine Grabstätte mir, wie wär mir der Tod dann woanders beschieden? Solche Grübelein werden besser vermieden.« Und der Jüngling spannte den Bogen jetzt, du meintest, dass niedrig das Leben er schätzt’.
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So lief er in Eile zum Nashorn hin, todbereit das Herz und ergrimmt den Sinn. Den Königsbogen ergriff Bahrâm, der den Hartholzpfeil seinem Köcher entnahm. Er liess Pfeile regnen wie Hagel und schliesslich war das Nashorn darüber äusserst verdriesslich. Als er merkte, es sei das Ende gekommen, ward das Schwert an Stelle des Bogens genommen; dann schnitt er das Haupt ihm ab mit dem Ruf: »Im Namen des einzigen Herrn, der da schuf! Denn er gab uns also die Kraft und die Macht, der vom Himmel die Sonne herabstrahlen macht!« Er befahl, dass man brächt’ einen Rinderwagen, um das Nashornhaupt aus dem Walde zu tragen. Man bracht es. Als Šangul von fern es erblickte, befahl er, dass festlich die Halle man schmückte. Als der König Platz auf dem Throne nahm, da gab einen Ehrenplatz man Bahrâm; ein jeglicher pries und segnete ihn, die Grossen von Hind und die Helden von Čîn; alle Edlen kamen mit Spenden heran und sprachen zu Bahrâm: »Oh glorreicher Mann, niemandem ziemt so wie dir solche Tat! Wo du weilst, dorthin hat der Blick keinen Pfad!« Doch Šangul war froh bald und bald ergrimmt, bald war er ganz rosig, dann wieder verstimmt.
Bahrâm Gôr tötet einen Drachen Einen Drachen gab es im Wasser und Land, der sich bald im Strom, bald im Freien befand. Ein Elefant ward vom Atem gezogen und er erzeugte des Nilstroms Wogen. Also sprach nun Šangul zu seinen Gefährten, den als klugen Geheimnisbewahrern bewährten: »Über diesen Gesandten mit Löwenherzen bin ich bald vergnügt und bald voller Schmerzen.
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Er könnt Stütze mir sein, wenn er ständig hier wäre, in Qannûǧ als Kommandant bei dem Heere. Doch wenn er von uns nach Îrân kehrt, so wird Qannûǧ von Bahrâm verheert; ist der Diener so und der Herrscher er, wird von Farbe und Duft unser Land bald leer. Ich befasste mit ihm mich die ganze Nacht; eine andere List hab ich ausgedacht: ich schicke ihn nunmehr zu jenem Drachen; von dem kann er sicher nicht frei sich machen und es kann mich darob dann kein Vorwurf treffen, sucht er selber doch auf dieses Drachentreffen.« Er sprach’s und rief zu sich Bahrâm ǝ Gor; viele Heldengeschichten trug er ihm vor und sprach: »Wie dem Herrgott doch Dank gebührt, der vom Lande Îrân dich hiehergeführt! Denn Hindûstân hast du vom Übel befreit, wie es Heldenart war zu jeglicher Zeit. Etwas Schweres gibt’s noch, das getan werden muss; am Anfang sind Mühen und Schätze am Schluss. Ich halt dich nicht mehr, hast du dieses getan und mit meiner Zufriedenheit reis’ nach Îrân.« Bahrâm erwiderte Šangul draufhin: »Deinem Sinn nicht zu folgen, das hat keinen Sinn. Den Gehorsam dir künd’ge ich nie auf, mag auch Böses bringen des Schicksals Lauf.« Šangul sprach: »Es ist eine Unglückssache: in unserem Lande hier haust ein Drache; zwischen Strom und Trocknem wechselt er viel und erlegt das heisshauchende Krokodil. Vielleicht wird es deiner List möglich sein, von ihm das Land Hindûsǝtân zu befrein. Den Tribut trägst nach Îrân du aus unsern Landen und alle sind hier damit einverstanden, und Geschenke ausserdem mit dem Tribut an Aloe, Schwertern und vielerlei Gut.«
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Bahrâm sprach darauf: »Oh du grosser König, du Gebieter, dem Indien untertänig! Geht dahin des reinen Gottes Beschluss, so trenn ich vom Boden des Drachen Fuss. Doch weiss ich nicht, wo sein Versteck er hat; man zeige mir also den richtigen Pfad.« Da stellte Šangul einen Kundigen bei, dass er ihm zum Drachen der Führer sei. Er begab auf den Weg sich mit dreissig Reitern, mit iranischen schwertzückenden Streitern. So kamen sie denn dem Strome nah, wo er im Finstern den Drachen sah, Leib und Krümmung und Zorn dieses Ungeheuers, aus den Augen leuchtete Glut des Feuers. Die Grossen von Îrân begannen zu schrein, denn der Drache flösst ihnen Erregung ein. »Oh König«, so riefen sie zu Bahrâm ǝ Gor, »glaube nicht, er sei wie das Nashorn zuvor! Um das Untier schlag nicht Îrân in den Wind und erfreu nicht dadurch deine Feinde in Hind!« Den Îrâniern sagte Bahrâm der Held: »Seine Seele vertrau man dem Herrscher der Welt! Soll das Leben ich enden durch diesen Drachen, wird es Mannheit nicht länger noch kürzer machen.« Den Bogen spannt er, wählt den Pfeil, den er braucht, dessen Spitze in Gift und Milch er getaucht, und liess Pfeile regnen nach links und nach rechts in der Art eines Kavalleriegefechts. Mit der Stahlpfeilspitze durchbohrt er den Rachen, alles Dorngestrüpp brannte vom Gifte des Drachen, worauf auf das Haupt er den Vierholzpfeil schoss, dass das Blut mit dem Gift aus der Brust ihm floss. Die Pfeile schwächten des Drachenleibs Wut, dass den Boden er wusch mit Gift und mit Blut. Rasch zog er sein giftwasserfarbenes Schwert, dass es heftig das Herz des Drachen durchfährt.
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Mit dem Schwert und der Streitaxt durchschlug er den Hals, dass der Rumpf zu Boden fiel schweren Falls. Das Haupt zog im Wagen er Šangul nah. Als der König das Haupt dieses Drachen sah, C für 468 (Als vom Drachen er also war befreit, trat er vor die Gottheit gebetsbereit und sprach: »Der du rein mit Gerechtigkeit richtet, nur du hast solch einen Drachen vernichtet! Wem käm ausser dir solche Macht wohl zu? Vor dem Bösen die Zuflucht der Knechte bist du!« Darauf kam die Kunde zum König von Hind, zu dem edlen Heeresordner von Sind: »Von diesem Kampf ist der König befreit auf Geheiss des Herrn der Gerechtigkeit.« Šangul vernahm’s; dass gar so hoch zu Ross er jenen nun sah, war, was arg ihn verdross. Er befahl, dass sie Rinder brächten und Wagen, um den Leib vom Wald in die Ebene zu tragen.) da erflehte nunmehr ganz Hindûsǝtân Gottes Segen über das Land Îrân, das es einen solchen Ritter gebar, der dem Kampf mit dem Drachen gewachsen war, solcher Brust, solcher Arme und solcher Statur; seinesgleichen gab’s unter Königen nur.
Bahrâm Gôr nimmt die Tochter des Königs von Hindûstân zur Frau Froh war alles, nur Šanguls Herz voller Qual; die Geschichte da machte sein Antlitz fahl. In der Nacht versammelte er manche Weise, Verwandte und Fremde in gleicher Weise, und sprach: »Jener Mann, der vom Schah Bahrâm mit dem Arm und der Macht und der Stärke kam, will unbedingt von hier weiterziehn; aller Art Duft und Farbe braut’ ich für ihn;
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und wenn er von uns nach Îrân hin geht und wieder beim König der Tapferen steht, so wird er mein Heer träg’ zu Taten nennen und wird sagen, in Hind keinen Ritter zu kennen. Meine Feinde liess hoch er die Köpfe dann tragen. Ich lass dem Gesandten den Kopf abschlagen. So soll unauffällig das Leben er enden. Was meint ihr? Welch Mittel wär’ anzuwenden?« Da sprach ein Edler: »Oh Fürst«, sagte er, »plag mit solchen Gedanken dein Herz nicht so sehr! Bringst den Mann du um, den ein König gesandt, zeugt’s von Rechtsverletzung und Unverstand. Auf solche Gedanken kam keiner je. Erwäge nicht weiterhin solche Idee! Es würd’ hässlicher Ruf bei den Fürsten draus fliessen – ein Fürst soll das Ansehn der Menschen geniessen – (gedenkst du des Mannes Haupt abzuschneiden, machst Übles dein Land in Zukunft du leiden) und aus Îrân führte zugleich auch ein Heer solch ein Kronenträger wie Bahrâm daher und keiner von uns bliebe künftig im Land. Entleere von Güte nicht deine Hand! Er war unser Befreier von jenem Drachen; seine Tötung darf nicht die Belohnung ausmachen! Ungeheuer erlegt er, die uns bedroht; ihm gebührt langes Leben und nicht der Tod.« Als Šangul dies vernahm, da ward er verwirrt, von der Rede des Weisen düster beirrt. Diese Nacht liess vergehn er. Der Morgen kam, da sandte er jemand zu Schah Bahrâm zwecks einer Besprechung mit ihm ganz allein, kein Wesir und kein Rat sollte anwesend sein. Er sprach zu Bahrâm: »Herzerfreuender Mann, du kamst zu Macht, lass genug sein es dran! Ich will meine Tochter zu Gattin dir geben und will meine Worte zu Taten erheben,
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und ist dies geschehn, so bleibst du bei mir, von hier zu gehn wird unmöglich dir. Du fährst mir befehlend die Truppen an und bekommst die Herrschaft über Hindûsǝtân.« Erstaunt wälzte Bahrâm Gedanken um an Thron und Geschlecht und an Krieg und Ruhm. »Keinen Widerstand gibt’s«, war was still er sprach, »und ein Schwieger wie Šangul ist mir keine Schmach. Sodann wird mir Sicherheit dadurch erreicht und ich sehe auch Îrân wieder vielleicht. Mein Aufenthalt hier wird dadurch verlängt, da im Netze des Fuchses der Löwe hängt.« Zu Šangul sprach er: »Ich gehorche dir; deine Worte sei’n meines Lebens Zier. Doch wähl’ von den Töchtern mir eine zur Frau, die mir Beifall entlockt, sobald ich sie schau.« Dem König von Hind macht die Rede Freude. Er schmückte den Saal mit čînesischer Seide. Wie der Frühling kamen der Töchter drei voll Duft und Farbe und Zierde herbei. Zu Bahrâm ǝ Gôr sprach zugleich er: »Geh, dass dein Herz sich dran neuen Schmuck erseh!« Da ging Bahrâm rasch und sah den Saal und traf unter den Schimmergesichtern die Wahl: Sapînûd hiess sie, wie Frühling beglückend, durch Anmut und Scheu und durch Geist entzückend, und so gab sie ihm Šangul zur Frau denn auch, zypressenschlank, Flamme ohne Rauch. Šangul wählte das Reichste im Schützenhaus und folgte der Schönen den Schlüssel aus, er brachte herzu auch Bahrâms Begleiter, die schönen und selbstbewussten Reiter. Er liess Dirhams, Dinare und Gut ihnen reichen, Ambra, Aloe, Kampfer und dergleichen. (Auch Rosse mit goldenem Zaum und Geschnall
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und den Würdigsten Kronen aus Edelmetall; für Bahrâm auch eine Türkisenkrone, verziert, samt dem glorreichen Elfenbeinthrone). Er rüstet die bildergezierte Halle; aus Qannûǧ kamen die Edelsten alle geschritten in jenen Saal des Empfangs; zum König kamen sie freudigen Gangs. Acht Tage den Becher zur Hand blieben so sie alle am Sitze glücklich und froh. Sapînûd mit Bahrâm ǝ Gôr indes war so hell wie der Wein im Kristallgefäss.
Brief des Faġfûr von Čîn an Bahrâm Gôr und dessen Antwort
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Als dem Faġfûr von Čîn wurde Meldung getan, dass ein Mann voll Würde vom Lande Îrân als Abgesandter bei Šangul im Amt sei, als ob er den starken Königen entstammt sei, (er habe in Hind Heldenabenteuer mit gewaltiger Hand, als wäre ein Leu er, bestanden mit Mut und mit starkem Glücke, dass nur Thron und Krone sich für ihn schicke), seine Tochter habe ihm Šangul gegeben, um sein Diadem bis zum Monde zu heben; dieser machtvolle König nun, Faġfûr schrieb folgenden Brief an Bahrâm ǝ Gôr: die Aufschrift lautet: »Vom Weltenherrn, der Fürsten Haupt und der Grossen Stern, an den Persergesandten, der zur Zeit in Qannûǧ ist mit dreissig Mann Geleit.« Dann hiess es: »Es kam mir die Kunde zu, sehr edler und würdiger Mann, dass du so Verstand wie Mut und Einsicht hätt’st und aufs ganze Land deine Füsse setzt, dass ein Nashorn und Drache, die es verheert, 518.2 Stern: W: Krone
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nicht frei wurden von deinem scharfen Schwert, dass die Tochter dir gab, die mit uns versippt, für deren Reize man Hindûstân gibt. Durch Verbindung mit diesem befehlenden Schah brachtest dein Haupt du dem Himmel nah. In Îrân ward Grösse dem König drob, dass sein Unterstellter zum Monde sich hob; mit Erlaubnis des Schahs ist den Weg er gegangen, kam nach Qannûǧ und hat den Mond dort umfangen. Nimm die Mühe nun auf dich und komme hierher! Und bleibe so lange hier, wie dein Begehr, dass du durch den Anblick mein Auge erfreust und durch deine Klugheit erhellst meinen Geist. Und willst du dann wieder verreisen von hier – bleibe ständig bei mir, sag ich niemals dir – dann gehst du froh, mit Geschenken und Werten ausgestattet, du selbst nebst deinen Gefährten. Zu mir zu kommen bringt dir keine Schmach; denn ich bin nicht im Kriege mit Îrâns Schah. Sei zu deiner Reise hierher nicht träg’; willst du heimkehren, steht dir hier nichts im Weg.« Als dieser Brief ihm zuhanden kam, erregte er Ärger bei Schah Bahrâm. Er rief einen Schreiber, die Antwort zu schreiben; einen Baum liess im Garten der Fehde er treiben. »Was du sagtest, kam an«, so hiess es darin, »deine beiden Augen sahn nur erst Čîn. In der Aufschrift schriebst du: ›Vom Weltenherrn, dem erhabenen und der Grossen Stern‹. Doch ist ganz anders der Sachverhalt. Deine Grösse, will ich, werde nicht alt. Grosskönig ist Bahrâm ǝ Gôr. Nur den einen kenn ich zur Zeit und sonst kenn ich keinen; mit Mut und Wissen, mit Glanz und mit Adel – man gedenkt keines Herrschers so ganz ohne Tadel. 523.2 für deren … gibt: W: »Hindûstân ist der Preis ihres Mals.«
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Den siegreichen Weltenherrn muss ich ihn nennen und kann keinen Schah als erhab’ner erkennen. Was zweitens von dem du sagst, was ich getan, von ertragenen Mühen in Hindûsǝtân: alles das stand unter dem Stern des Bahrâm, von dem Würde und Ruhm und Omen kam. Die Îrânier sind halt die tüchtigen Leute; ein wütender Leu ist für sie leichte Beute. Einmütig sind sie und Gott ergeben, (die im Guten nicht vor dem Übel beben.) Dass der Schah mir sein Kind ferner gab, Sapînûd, diesen Vorrang gewann mir mein Mannesmut. Šangul ist ein mächtiger König der Welt, der mit Mannheit den Wolf von den Lämmern hält; da er der Verbindung mich würdig befand, verband er sein Kind mir durch Eheband. Wenn du ferner drängst, mich zum Aufbruch zu sputen, du wolltest mich weisen zu allem Guten: – mein König entsandt mich zu indischen Landen und wär damit keineswegs einverstanden, reiste ich wegen čînesischer Seide nach Čîn; solche Ausrede würde mir kaum verziehn. Wenn du schreibst, du würdest mich, Schätze in Händen, wohlausgestattet nach Îrân senden: Gott war gnädig, mich ausser Bedarf zu setzen, meine Hand zu strecken nach anderer Schätzen. Bahrâms Güte hat mich dankschuldig gemacht; tags bet ich für ihn und drei Wachen der Nacht. Und viertens: wenn du mich mit Lobsprüchen ehrst und was ich geleistet noch ausserdem mehrst, so will ich’s von dir, Schah von Čîn, akzeptieren und den Schah von Îrân davon informieren. Von Gott wünsch ich dir des Segens die Menge, dass dem Himmel kaum die Entwirrung gelänge.«
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Auf den Brief setzte er das Siegel hin und sandte den Brief an den König von Čîn.
Flucht Bahrâm Gôrs aus Hindûstân mit der Tochter Šanguls Bahrâm hatte die Tochter des Šangul gern und sie sah ihn an als Weltenherrn; Tag und Nacht war vor Liebe sie tränennass und schaut auf sein Antlitz ohn’ Unterlass. Šangul, der von der Liebe Kunde bekam, liess ab von dem Misstrauen gegen Bahrâm. Eines Tages sassen beide beisammen froh und sprachen dies und das, so und so. Da sprach Schah Bahrâm zu Sapînûd: »Meine Liebe, ich weiss ja, du bist mir gut. Ich will ein Geheimnis dir jetzt offenbaren, doch musst du alles tun, das Geheimnis zu wahren. Ich will mich entfernen aus indischen Landen; sei du mit dem Plane auch einverstanden! Auch du wirst von mir auf die Flucht mitgenommen; doch darf davon niemand Kenntnis bekommen. In Îrân ist grösser mein Wirkungsfeld und Helfer ist mir der Schöpfer der Welt. Wenn du dich auch wegzureisen entschliesst und Klugheit als Führer zum Guten erkiest, nennt allüberall man dich Königin und vor deinem Throne wird dein Vater knien.« Sapînûd sprach: »Allerwertester Mann, such das Glück und verlass nicht des Wissens Bahn! Das beste der Weiber auf Erden ist, dessen Gatte niemals das Lächeln vergisst. Wollte von deiner Rede auch meine Seele sich wenden, ich folgte doch deinem Befehle.« Bahrâm sprach zu ihr: »Eine List ersinne! Und dass des Geheimnisses niemand werd inne!« Sapînûd sprach: »Thronwerter, es sei
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wie du willst vollführt, steht das Glück mir bei. Auf dem Festplatz im Walde, von hier nicht weit, plant mein Vater demnächst eine Festlichkeit. Sie halten für äusserst glückhaft den Ort und Götzenverehrer haben sie dort. Zwanzig Farasangen sind’s bis zum Haine; ’s ist not, dass man vor dem Götzen dort weine. An diesem Ort will man Wildesel jagen, in Qannûǧ soll ein Reiterfest tagen. Zu dem Festplatz begeben sich König und Heer, einen Weg findet keiner im Walde mehr. Brauchst du eine List, nun, so greif hier zu! Das Fest werde alt und jung sei du! Fünf Tage gedulde dich noch von heut. Wenn die Weltleuchte dann ihr Licht verstreut und der König heraus sich begibt aus der Stadt, dann rüste die Reise und mach sie zur Tat.« (Diese Worte der Frau erfreuten Bahrâm; er fand keinen Schlaf, bis der Morgen kam. Als die Sonne die Hand wies am Himmelskreise und die Nacht ihr Bündel schnürte zur Reise, setzte sich Schah Bahrâm auf sein Ross und trieb dahin mit dem Jagdreviertross.) Er sagt ihr: »Sag’s keinem und mach dich bereit, wir treten die Reise dann an zu zweit.« Er wartete, bis der Festplatz in Pracht war und hinzog, wer von Vermögen und Macht war. Als in das Gefilde aufbrach Šangol, da sagte die Frau ihm: »Burzûj ist nicht wohl. Um Entschuldigung bittend lässt er dir sagen, ihm dies nicht als ärgerlich nachzutragen, wenn als Kranker er auf den Festplatz ginge, fiele dem Schah es auf, wie der Kopf ihm hinge.« Da sprach Šangul zu ihr: »Nein, nein, einem Kranken 577.2 in Qannûǧ … tagen: In C: »es ist auch der Ort der Gottesverehrer.«
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müssen ferne bleiben die Festgedanken.« Von Qannûǧ ritt er fort, als der Morgen kam, indem er den Weg nach dem Festplatz nahm. Zu Bahrâm sprach die Frau, wie die Nacht kam heran: »Es ist Aufbruchszeit jetzt, mein herzlieber Mann.« Den Rock zog er an, den Helm setzt er auf, griff zur Keule, den Bogen am Sattelknauf, Sapînûd setzt er auf das Ross sodann und rief leise den Namen Gottes an. So liess er das Ross bis zum Strome hasten; am Weg sah er Handelsleute mit Lasten; Kaufleute aus Îrân waren’s; von diesen wurde Mut zu Wasser und Land bewiesen. Als das Antlitz Bahrâms gewahrten jene, da bissen die Lippen des Königs Zähne. Er verbot, dass mit Gruss sie ihn huldigend ehrten, er hielt alles geheim auch vor Freund und Gefährten. Zu den Kaufleuten sprach er: »Schweigt ganz still, da dies mir nützt, jenes schaden will. Würde dieses Geheimnis in Hind bekannt, so würde zum Blutstrome Îrâns Land. Wer den Mund versperrt, lässt Lösung erhoffen; drum gesperrt sei der Mund, beide Hände offen! Durch Eid sei streng euch die Zunge gebunden, bis dann Wir zum Throne zurückgefunden: (so sprecht: ›Wir wollen von Gott uns trennen, dem reinen, den Dȇw als Herrn anerkennen‹) ›Wir wollen dem Schah Bahrâm stets willfahren und wollen seine Geheimnisse wahren‹«. Als der Eid war geschworen und abgelegt und der Schah von der Sorge frei, die er hegt’, sprach so zu ihnen der Schahrǝjâr: »Nun nehmt ihr meines Geheimnisses wahr. Haltet dieses gleichwertig eurem Leben, wollt ihr meine Fesseln zum Kronreif erheben.
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Denn wird der Thron einmal von mir erst frei, kommen allseits gerüstete Heere herbei, nicht Kaufleute bleiben, nicht Schah dann hier, 605 nicht Bauer, nicht Heer, nicht Thron und nicht Zier.« Da er solcherart Worte vernehmen lässt, da gehen sie weinend und antlitzbenässt: »Möge das Leben der Grossen dein Lösegeld sein! Und als Mantel hüll Tugend und Herrschaft dich ein! Würde deines Geheimnisses Schatz bekannt, so würde vom Blut wie ein Strom unser Land; wem wird Wagemut solcher Gedanken zuteil, dass den Geist er zur Axt macht, die Klugheit zum Beil?« Als der Schah dies vernahm, begann er zu preisen 610 diese edlen Männer, die frommen und weisen, (er begab sich, sich windend, in seine Säle und Gott übergab er so Körper und Seele), er eilte bis an den Strom und er traf die Îrânier sämtlich an im Schlaf; (er weckt aus dem Schlaf sie und rüstet ein Boot), in das Boot hinein setzte er Sapînôd. Bei Tagsanbruch kamen sie an das Land, als die Welt erhellte der Sonne Brand.
Šangul eilt hinter Bahrâm Gôr her und erkennt ihn
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Aus Qannûǧ kam ein Reiter mit grossem Eilen, um dem Schah das Geschehene mitzuteilen. Šangul vernahm’s; wie ein Feuerbrand 615 kam er von dem Festplatze weggerannt; bis zum Strome gelangte er in dieser Art, wo Sapînûd und den Helden Bahrâm er gewahrt. Er setzt über den Strom voll von Zorn und von Gram und zur Tochter sprach er: »Du bist schlecht, ohne Scham! Mit mutvollem Gauner bist du ohne Scheu über den Strom da gefahren so wie ein Leu; du flüchtest nach Îrân, dass ich es nicht wüsste,
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aus dem Frauenparadies reist du in die Wüste; doch jetzt sollst du sehn meines Speeres Stoss, da du rissest von meinem Kissen dich los.« Bahrâm sprach zu ihm: »Oh unseliger Mann, was treibst wie ein Toller das Ross du denn an? Du hast mich erprobt, dass im Kampf ich nicht zage wie auch nicht beim Becher und Weingelage. Du weisst wohl, es sind hunderttausend Inder vor mir einem einzelnen Ritter noch minder. Bin ich da und die dreissig edlen Gefährten, die mit Panzern und persischen Schwertern bewehrten, werd ich Blut in die Augen der Inder treiben und es soll mir keiner am Leben bleiben.« Es erkannte Šangul, dass jener nicht lüge; verbergbar sind nicht männlich-tapfere Züge. Und Šangul sprach: »Mein Kind verstiess ich, Vertrag und Sippe beiseite liess ich. Mehr als mein Auge hielt ich dich wert, hab’ dich wie des Hauptes Krone geehrt; was du selber begehrtest das gab ich dir; bei dir war die Täuschung, Geradheit bei mir. Den Trug hast der Treue du vorgezogen; seit wann wird zum Lohn die Treue betrogen? Was sage ich dir, der vormals mein Kind, und meines Erachtens kluggesinnt, jetzt ward zum herzhafen Reitersmann und meint, dass er Glück und Macht nun gewann? Wie soll Treue im Herzen des Persers sein? Tut er Ja, so stellt sich der Wille auf Nein. Wie ein Löwenjunge warst du fürwahr, der jener Herzblut vergoss, die Amme ihm war: wie die Zähne ihm wuchsen und scharfe Krallen, kommt in den Sinn ihm, die Pflegerin anzufallen.« 631–632 Was sage ich … nun gewann: Es wäre auch die Auffassung nicht unmöglich, dass die Tochter gemeint sei.
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Bahrâm sprach zu ihm: »Wirst du mich kennen, wie solltest du Feind und Frevler mich nennen? Dass ich wegzog, kann mir nicht zum Vorwurf geraten; so sprich nicht von Bosheit und bösen Taten! Grosskönig von Îrân und Tûrân bin ich, auf mich stützen als Herrscher die Tapferen sich. Ich will als Vergeltung dir Gutes zollen und will die köpfen, die Übles dir wollen. In Îrân will ich wie den Vater dich hegen und nicht schädigen des Tributes wegen. Deine Tochter sei Leuchte der westlichen Zone, als Erste der Fraun sei sie wie ihre Krone!« Šangul, der darob in Erstaunen blieb, nahm vom Haupte die indische Tiare und trieb sein Pferd an; so kam vor zahlreichem Heer zum König, sich zu entschuldigen er. Den Grosskönig zog an die Brust er froh und entschuldigte seine Worte so. Der Anblick Bahrâms stimmte freudig ihn. Der Tisch ward gerüstet, der Wein erschien. Sein Geheimnis brachte Bahrâm ans Licht und verschwieg ihm Îrâns Verhältnisse nicht: was alles geschehen und was er gedacht und wer ihn zu diesem Verhalten gebracht. Sie tranken viel Wein und erhoben sich dann; zur Entscheidung rüstet die Zunge man.
Rückkehr Šanguls nach Hind und Bahrâms nach Îrân
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Ein Götzen-, ein Gottverehrer aufs neue bekräft’gen die Fürsten durch Handschlag die Treue: »Unser Herz soll bei Rechtlichkeit fürder verbleiben, wir lassen die Lüge nicht Wurzeln mehr treiben. Wir wollen in Ewigkeit treu uns sein und Gehör dem Worte der Klugen leih’n.«
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Als auch Sapînûd zum Abschied er küsste, wie Faden und Einschlag waren die Brüste; dann wandten sie rasch von einander sich ab; sie senkten den Hass aus den Herzen ins Grab. Der eine zu Land und der andre zu Wasser trennten froh sich willig die früheren Hasser.
Die Îrânier ziehen Bahrâm Gôr entgegen
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Es gelangte die Nachricht nun nach Îrân: »Aus Qannûǧ kam der Schah mit Gefolge an.« Auf den Strassen und in den Städten banden wer irgend dran Anteil hatte Girlanden; die Dirhams verstreute allüberall man und Moschus, Dinare und auch Saferan. (Ein jeglicher strebte der Heiterkeit nach, jede Zunge sprach Schah und der Geist sucht’ den Schah). Als Jazdǝgird diese Nachricht erfreute, versammelte er das Heer, das verstreute, so Narsî und den Obermȏbad; die Weisen begannen ihm alle entgegenzureisen. Als Bahrâm den Sohn sah, Jazdǝgerd, stieg er ab und drückte das Antlitz zur Erd’, sein Bruder Narsî und der Mȏbad zugleich, die Wangen voll Staub, das Herz freudenreich. (Damals blühte vor Lust der Menschen Gemüt frisch auf, wie im Frühling die Rose blüht: kam der Grosskönig doch auf den Thron zurück, im Herzen ganz selig vor Glanz und vor Glück). Hierauf kehrt er zurück in die Königssäle und Gott übergab er so Körper wie Seele. Er ruhte, wie Schwärze das Weltall hielt und der Mond so ward wie ein silberner Schild. Als der Tag die Gewandung der Nacht zerriss, die Weltleuchte flammt aus der Finsternis, der Grosskönig seinen Goldthron bestieg,
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den Empfangsaal erschloss und die Lippe schwieg, da kamen die Mächtigen an in Scharen, die klug und Häupter im Königreich waren. Vom Thron erhob sich der Weltenherr dann und schickte zur reinen Rede sich an. Erst gedacht’ er des Schöpfers des Weltenalls und räumte die Schuld des Verstands sich vom Hals. Und also sprach er: »Den Herrn der Welt, dessen Wissen Geheimes und Offnes enthält, müsst ihr fürchten und ihm sei Dank dargebracht, vor ihm müsst ihr beten in finsterer Nacht; denn er ist’s, der den Sieg und die Macht uns schenkt und erleuchtend den Mond und die Sonne lenkt. Wer den Wunsch hegt, im Paradiese zu ruhn, der vermeide das Böse und hässliches Tun. Wo Freigebigkeit herrscht und Gerechtigkeit, scheut das Herz den Trug und die Schlechtigkeit. Vor mir habe Angst bei keinem mehr Platz, mag er Goldberge haben und Silberschatz; von Furcht mögt ihr eure Herzen entleeren und unbesorgt eure Güter vermehren. Der Ackerbebauer und Dorfvogtentstammte sind eines vor mir beim Richteramte. Gaben irgendeinem wir Krone und Thron, so ist’s, wisst, so Gottes wie Schicksals Lohn. Und ist es der Wille Gottes so, lacht das Glück mir und ist mir das Herz hellfroh, dann will ich das Wohltun noch drüber vermehren und mir den Anblick des Glückes gewähren. Anhäufung von Schätzen soll nicht mich erfreuen, gilt’s das Volk dafür in der Welt zu zerstreuen. Ich kaufe lieber Gerechtigkeitsschätze, 671.2 und räumte … vom Hals: W: von der Schuld des Verstandes (gegen den Verstand) macht er den Nacken frei. In C tritt an Stelle der Schuld (wâm) das Netz, Falle, Schlinge (dâm).
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durch die mein Geist nach dem Tod sich ergetze. Wer vom Heer und beamteten Mitarbeitern, von meinen Verwandten und kriegrischen Reitern die Wahrnehmung macht, dass man jemanden quält und dies mir nicht meldet, den Frevel verhehlt, muss sich eines eignen Verbrechens bewusst sein – Motiv zum Verbrechen muss doch eine Lust sein –, vor Gott heisch ich von ihm Gerechtigkeit, der den Mond barg unter dem Wolkenkleid. Euer Wunsch geht vielleicht wo anders hin, denn verschieden ist aller Menschen Sinn. Sagt mir, was ihr haben wollt, ganz ohne Scheu, vielleicht machen die alten Wünsche wir neu. Leiht mir alle Gehör und folgt dem Befehle und aus diesem Rat macht die Norm eurer Seele.« Er sprach’s, sass froh wieder auf dem Throne und setzte aufs Haupt sich der Grossen Krone. Die Grossen brachten ihm Ovation: »Nie mögen dich missen Krone und Thron! Ist dem Fürsten Wissen und Sieg beschieden, sind mit ihm Land, Krone und Thron hochzufrieden. Du hast Wissen und Mut und glanzvolles Prangen, mehr als der Grosskönigsthron mag verlangen, (und Grösse und Reichtum und Rechtlichkeit;) keines Herrschers wie du bist gedenkt die Zeit. Jetzt sind wir genötigt zur Huldigung, so wie wir da sind, so alt wie jung. Vor Gott müssen wir dich loben und preisen und vor allen frommen Männern und Weisen. Ein Gerechter und Siegreich-Mächtiger sitzt auf dem Throne der würdigen Könige itzt. Die Verstorbenen selbst hebst du aus dem Grabe 687.2 Motiv zum Verbrechen … Lust sein: W: dem muss aus seiner eigenen Person (durch sich selbst) ein Verbrechen (eine Sünde) sein; wie wählte jemand ein Verbrechen ohne Lust (Vergnügen)?
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durch Rechttun, Freigebigkeit, Rednergabe. Dein Helfer sei Gott, der erhaltende, grosse; das Hauptglücksgestirn sei in deinem Schosse!« Vor den Thron hin zogen in frohem Gedränge die grossen und glücklichen Edlen in Menge. Nun bestiegen so König wie Heer ihre Pferde und ritten zum Feuerverehrungsherde. Mit Juwelen und Gold war er Armen nicht karg und gab mehr davon dem, der die Not ihm verbarg. Ein Verehrer von Zardušts Feuer fand sich murmelnd ein, den Stab in der Hand; zu ihm brachte der König Sapînod und er lehrte sie Glauben, Gesetz und Gebot, er wusch sie mit reinem Wasser und Glauben und fern wurde Schmutz ihr und Rosten und Stauben. Er erschloss die Tore der engen Kerker und Dirhamspenden setzte ins Werk er.
Šangul kommt mit sieben Königen zu Bahrâm Gôr Als die Taten des Schahs erfuhr Šangol durch die Tochter, die Königin hoheitsvoll, wurde Sehnsucht, Îrân zu sehn, in ihm wach und die Tochter und diesen grossmütigen Schah. Einen Inder sandt’ er als Abgesandten, einen adligen Mann und sprachgewandten; er wünschte ein neues Vertragsinstrument, das im Haus er verwahrte als Dokument. Von neuem schrieb nieder der König dieses wie die Sonne strahlend des Paradieses. In der Handschrift des Königs ein Pahlawî-Stück brachte der Gesandte auch richtig zurück. Als bei Šangul nun eintraf dieser Betraute und der Herrscher von Qannûǧ die Schrift erschaute, begann er Anstalten zur Reise zu treffen,
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geheim vor čînesischen Vettern und Neffen. Es kamen zum Hofe der Könige sieben, damit sie mit Šangul die Reise betrieben: der erste von Kâbul, von Sind ein zweiter und ferner der Ǧôgîs ruhmvoller Leiter; (einer König von Kâbul und einer von Hind, ferner auch mit Gefolge der König von Sind) dann ferner der namhafte König von Sandal und auch der siegreiche König von Ǧandal; dann der Schah von Kašmîr mit grosser Macht und von Mûlitân der Schah voller Pracht; (mit Schellen und Klingeln und Elefanten und mit Schirmen, den über den Köpfen gespannten) Gekrönte zusamt, die nach Ruhm hindrängen, alle rein mit Ketten und Ohrgehängen (mit Gefolg und der Reiseausrüstungsbürde, alle adlige Männer mit Macht und mit Würde), mit Juwelen und Silber und Gold ein jeder, mit dem indischen Schirm aus der Pfauenfeder; die Elefantenrücken mit seidenem Kleid; das Gefolg strahlt einige Meilen weit; mit Geschenken des Königs und vielerlei Gaben – über Dinare fühlte der Schah sich erhaben –: so ward von Šangul mit der Könige sieben von Station zu Station der Zug getrieben. Als dem Schah ihre Ankunft ward mitgeteilt, kam er mit dem Gefolg auf die Strasse geeilt. (Als die nun mit ihrem Tross Îrân in zahlreichem Zuge also nahn) Die Grossen der Städte sah man sich regen, sie zogen der kommenden Schar entgegen. Der Grosskönig rückte bis Nahrawân, alt und hell im Geist, jungen Glückes heran. So zogen zwei Könige, mächtige Degen und Gutes bewirkend, einander entgegen.
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Sie stiegen vom Ross mit Entschuldigungen und mit wechselseitigen Huldigungen und zogen einander an ihre Brust, zwei erhabene Herrscher mit Kronen und Blust. Und beiderseits stieg das Gefolg auch vom Pferde, voll vielerlei Plauderns wurde die Erde: zwei Herrscher, zwei Länder, die sich begegnen – da spricht man vom Nahen und vom Entlegnen. Bald wieder dann sassen sie auf den Rossen, so auch die ehrenwert-edlen Genossen. Auf dem Goldthrone, den man im Saal aufschlug, war ein königswürdiger Stoffüberzug. Auf Tischen, pfeilschussweit aufgeschlagen, war Geflügel und Lämmernes aufgetragen. Nach dem Speisen ward zur Geselligkeit gerüstet mit Farbe, Duft, Helligkeit; Wein ward aufgetischt und Musik erklang, das ganze Gelag war voll Lied und Gesang. Die Dienerschaft stand bereit dem Befehle; paradiesisch waren Gemächer und Säle, Kristall jeder Becher, den füllen man liess, Gold die Tassen und golden das Tischservice, goldene Kränze aufs Haupt der Zecher gedrückt; an den Füssen Schuhe, juwelengeschmückt. Šangul war erstaunt über diesen Palast; von Gedanken beim Weintrinken ward er erfasst: »Ein Paradiesgarten ist dies Îrân! Von den Freunden wehn Moschusdüfte mich an!« Zum Schah von Îrân sprach er mit Geraun: »Gib mir Möglichkeit, meine Tochter zu schaun.« Er erteilte Befehl den Gefolgslakai’n, sie liessen den Vater zur Schönen hinein. Da ging mit den Dienern er seines Geleites und ein Schloss wie der Frühling sah er, ein zweites, die Tochter sah er auf dem Elfenbeinthrone, auf das Haupt gesetzt eine Bernsteinkrone;
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da küsste der Vater der Schönen Gesicht und die Wange presste die Wangen dicht. Der Vater vergoss bittre Liebestränen und die schöne Tochter gleichfalls über jenen. Beide Hände faltete da der Schah über diesen Palast und dieses Gemach. »Ein Paradies ist’s«, sagte er Sapînod, »du entsprangst einem hässlichen Hause der Not.« Alle mitgebrachten Ehrengaben, so Geldbeutel, Kronen wie auch Sklaven, Juwelen, Gewänder und Krone und Thron – wer könnte wohl schätzen den Preis davon? – überreicht’ er mit denen des Königs zugleich; die Halle sah ganz einem Frühling gleich. Von dorten ging er zurück zum Schah; der Mann hielt wohl Umschau in dem Gemach. Als vom Weine ganz selig wurden die Mächtigen, ging Šangul und suchte den Ort um zu nächtigen. Als der Schleier ward sichtbar moschusschwarz, gestirnt wie der Rücken des Leopards, da die Zecher den süssen Schlummer sich wählen, stehn die Diener, die Hand in den Achselhöhlen, bis der gelbe Pokal gelangte in Sicht, den man mit dem Worte »die Sonne« anspricht. Da warf sie den schwarzblauen Schleier hin und breitet aufs Feld einen gelben Rubin. Held Bahrâm begab sich ins Jagdgebiet und den Herrscher von Hindûstân nahm er mit mit Hunden und Falken fort zum Jagen und Habichten, die ihren Kopf hoch tragen, wo man Wildesel jagte und Rehe fing und den Jägern ein voller Monat verging, 753.2–754 so Geldbeutel … und Thron: Umstellung wie in C! 761.2 gelben Rubin: Es muss aber wohl ein anderer Edelstein gewesen sein, es sei denn, es sei ein lichter Rubin, ein rosa Rubin gemeint.
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eine Zeit, wo kein Kummer ins Herz hinein kam und keiner von ihnen Schmerz sah und Gram. Sie wandten sich eilig am Ende der Zeit dem Wein wieder zu und der Festlichkeit. So war Schah Šangul vom Weltenherrn bei Jagd und Vergnügen nie lange fern. Bei Spielplatz und Fest und bei Ball und Gelag wandt’ vom Schah er das Antlitz auch nie einen Tag.
Rückreise Šanguls aus Îrân nach Hindûstân
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Die Zeit schritt weiter auf diese Weise und der König von Indien rüstet zur Reise. Er ging vom Platz, wo mit Pfeilen sie schossen, nunmehr zur Tochter, die ihm entsprossen. (Er ging zur Tochter, das Herz voll Wehe, und blieb eine Zeitlang in ihrer Nähe). Er begehrte Papier und Rohr vom Bediensteten und aus Moschus geriebene schwarze Tinten. Eine Schrift schrieb er indisch nieder, sie war voll Billigkeit, ähnlich dem Pahlawî. Das Lob dessen war an den Anfang gestellt, der von Traurigkeit reingewaschen die Welt, der die Reinheit verbreitet und Rechtlichkeit und dem Dȇw liess Trug und Verächtlichkeit. (»Ich bin Knecht auf dem Wege der Religion, nicht des Zornes und nicht aus Hass und Hohn.) Ich vertraute Sapînûd dem Schah Bahrâm, dass als Frau sie den edelsten Platz einnahm. Der Grosskönig möge in Ewigkeit leben und die Grossen in seinem Dienst sich bestreben! Wenn ich scheide aus dieser vergänglichen Welt, ist Qannûǧ dem Rechte Bahrâms unterstellt. Dass keiner von seinen Befehlen weiche! Sohin vor das Feuer tragt meine Leiche, liefert Schah Bahrâm meine Schätze aus
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und Krone und Thron und Land und Haus.« Sapînûd gab er einen Lehnsbrief von Hind in indischer Schrift auf Seidengespind. Zwei Monat verweilte Šangul in Iran, dann schickt’ er zum Schah einen Edelmann, um Erlaubnis zur Rückkehr nach Indien bat er für sich und für seinen beglückten Berater. Der Grosskönig war damit einverstanden, dass er heimzöge zu den indischen Landen. Von den Werten auf persischem Boden befahl er den Mȏbads zu treffen entsprechende Wahl, von Dinaren und Silber und Gold und Juwelen, Thron und Kronen und Schwertern und Bogen zu wählen, von Gewanden und unzugeschnittenen Stoffen – ohne Zahl und Mass wurde Auswahl getroffen. Seine Freunde rüstete auf diese Weise er mit Rossen und Seide von Čîn zur Reise. Der Schah nahm Abschied mit Heiterkeit und geleitete sie drei Nachtlager weit. Es genügte ihm nicht diese Gabenverehrung: bis zur indischen Grenze gab er die Zehrung.
Bahrâm erlässt den Bauern die Grundsteuer Als von dieser Reise zurück er kam, sass ruhig nun auf dem Throne Bahrâm; er dachte an Tod und Unheil und Qual erfüllte sein Herz und die Wange war fahl. Er berief zu sich seinen Sekretar, welch stolzer Mȏbad Wesir ihm war; er hiess seinen Schatz ihn beschaun, und Gold, Juwelen sowie die Gewänder und Stoffe zählen. Denn es hatten die Sterndeuter ihm verkündet – und die Worte in ihm Erregung entzündet –: »Dein Leben wird dreimal zwanzig dauern,
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zum vierten muss deinem Tod man betrauern.« Er sprach: »Freude bereite ich zwanzig Jahre, dass mir Gleichfrohe geleiten die Bahre; zwanzig weitre durch Rechttun und Freigebigkeit bring in Ordnung in jede Art ich die Zeit, kein Winkel sei öde und wüst gelassen, jeder soll seinen Unterhalt von mir fassen. Im dritten Jahrzwanzig aber beschreite den Weg zu Gott ich, damit er mich leite. Der Sterndeuter meint dreiundsechzig Jahr’, doch bezüglich der drei war er nicht ganz klar.« Die Sterndeuterworte machten ihm Pein, nannt’ er Eselslasten von Schätzen auch sein. Oh glücklich, wer sorglos-geduldig wär, und ist er ein König, dann umso mehr! Als der Schatzwart dies hörte, ging er zu den Schätzen bemüht, ihre Anzahl festzusetzen. Diese Aufgabe löste er sehr exakt. Dem Wesir ward die Anzahl dann angesagt. Als dieser die Rechnungssummen sah, gedankenvoll kam er zum König da und sprach: »Dreiundzwanzig Jahre droht an Geld und Gütern dir noch keine Not; es sind Kost- und Geschenkaufwand eingeschlossen und die Dirhams der edlen Heeresgenossen und für die Gesandten, die dir da nahn von den Schahs und den Ländern von Îrân. Dein Schatz reicht für diese Jahre aus; mit Gold, Silber, Werten gefüllt ist das Haus.« Bahrâm dachte nach, als er solches hörte,
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796 Er: Zu ergänzen: »damals« (als er es von den Sterndeutern hörte) 796.2 dass mir … die Bahre: W: dass ich beim Scheiden aus der Welt Genossen habe. 807 es sind … eingeschlossen: W: Vom Essen und Geschenken habe ich die Zahl genommen.
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dessen Weisheit Zukunftssorge nicht störte, er sprach: »Nur kurz hab ich mehr was zu sagen; das Leben besteht, wie du siehst, aus drei Tagen: da das Gestern schon war und erst ankommt das Morgen, sollen heute nicht krumm uns machen die Sorgen. Da es Schenkbares gibt und Krone und Thron, verlangen wir künfig nicht Kontribution.« Er gab darauf Befehl, Grundsteuer nicht einzuheben durchweg, nicht von Gross und von Klein. Einen Mann sollt’ in jeder Stadt man entdecken, der Schlafenden Haupt aus dem Schlafe zu wecken, auf dass sie nicht suchten bösen Streit, denn nur zum Bösen führt Streit allezeit. Aus dem Schatz, was zum Essen sie nötig hätten, und um sich zu kleiden, um sich zu betten, gab mit den Worten er diesen Weisen: »Was gut und was schlecht ist, müsst ihr mir weisen. Seid ihr die Vermittler ruhigen Bluts, begehrt nicht des Guts und seid tapferen Muts. Vom Guten und Bösen müsst ihr mich verständigen und gegenüber den Bösen mein Misstrau’n beendigen.« Durch die Mȏbads, die in alle Welt zerstreuten, erfuhr Gut- und Böses er von allen Leuten; diese Klugen brachten das Werk in die Richte und es kamen aus jedem Lande Berichte: »Durch Geschenke und Nichtstun und Schätze stumpft sich ab im Gehirne drin die Vernunft. Viel Krieg und das Blut, das dabei vergossen, lässt die Jungen nicht kennen den Wert der Grossen; das Herz der Jugend steht nur nach Gewinn
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813.2 verlangen wir … Kontribution: W: verlangt wird künftig von der Welt keine Grundsteuer (charâǧ). 819 Seid ihr … Bluts: W: inmitten der Worte (Reden) seid Vermittler.
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und Mȏbad und König vergisst ganz ihr Sinn. (Die Gier nach Mehr führt den Trug herbei und Händelssucht und Plackerei; Ackerbauer, Dorfvögte und müssige Leute trachten nach dem Krieg und nach Ruhm und Beute.)« Wie nun solche Berichte einliefen, verdross es bitter den Schah, dass man Blut vergoss. Ein Beamter ward aus jedem Lande erwählt, von Rechtsinn und Wissen gebührend beseelt, aus dem Schätze gekleidet sowie ernährt, und ihnen Mittel zu Spenden gewährt. Für sechs Monat’ wurde ein Dîwân bestellt; von den Untertanen verlangte er Geld. Das Wort »Grundsteuer« prägt im Dîwân der Finanzeinnehmer aufs Silber mit Krone und Glanz; sechs Monat’ nahm er ein, sechs gab er aus; der Einnehmer zog nicht Gewinn daraus. Dies geschah, dass den Arbeitslosen man’s wehre, weiter Blut zu vergiessen, und Gutes sie lehre. Von den Kundschaftern ward nun Bericht erstellt: »Durch die Gaben schwand Sicherheit ganz aus der Welt. Wer Dirhams hat, der bezahlt keine Steuer und die Streitsucht mehrt sich ganz ungeheuer. Die Gier nach Mehr führt den Trug herbei und die Händelsucht und die Quälerei.« Als dieses Schreiben las Bahrâm ǝ Gor, herrscht in ihm zornige Verwirrung vor; aus jeglichem Land wählt er Grenzkommandanten, die, wie sich’s gebührt, nur Gerechtigkeit kannten. Er befahl: »Wer Unrecht ins Recht hinein brächte oder wer Blut gar vergiessen möchte, dem haltet vor Augen Gottes Gebot, dass jeder Mittel such’ gegen die Not.« 831.2 der Einnehmer … Gewinn daraus: W: es war der Einnehmende durch dieses Silber nicht froh.
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(Vom Hofe gab er einjährige Löhnung und tat Gottes, des Gebers des Guten, Erwähnung.) Und wie drüber längere Zeit verlief, gab der König Auftrag zu einem Brief an die wahr berichtenden Kundschafterleute, die er über die ganze Welt zerstreute: »Was ist ohne Nutzen auf dieser Welt, sodass Schaden dadurch dieses Reich befällt?« Sie antworteten: »Ob der Gabe vom Schah lebt keiner dem Recht und der Sitte nach. An Anbau und Aussaat wird nicht gedacht – ist’s die Arbeit doch, die da wertvoll macht –, die Arbeitsrinder sehn wir zersprengt und Unkraut ist unter die Saaten gemengt.« Also gab er Bescheid: »Bis der Mittag gekommen und die leuchtende Sonne die Höhe erklommen, darf bei Ackern und Säen an Ruhe nicht denken, wem der Ackerbau seinen Wert soll schenken. In der zweiten Hälfte mag Schlaf euch erneuen und Essen und Trinken und was euch mag freuen. (Wer nicht pflanzt und nicht sät, sondern Ruhe begehrt – bei den müssigen Leuten sucht nicht nach Wert. Denn die Untätigkeit stammt aus Unwissenheit und wer unwissend ist, der tut einem leid.) Wer nicht Aussaatsamen besitzt und Rind, den behandle nicht heftig und hart, sondern lind, aus dem Schatz decke er sein Bedürfnis ein, wegen Armut befinde sich niemand in Pein. Und kommt vom Himmel her Schaden und Not – denn der Himmel hält sich an kein Verbot –, deckt den Boden zum Beispiel ein Heuschreckenschwarm und macht er das Saatfeld an Grünem arm, gib Vergütung ihm dann aus dem Schätzehaus und ruf das Verfügte im Lande aus.
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Sollte Land strassenhalber unfruchtbar sein oder nimmt den Boden ein Friedhof ein, und bleibt das Land ringsum auf der Welt von Armen und Adligen unbestellt, gegen die ist das Forderungsrecht erloschen. Und nimmt wer von ihnen auch nur einen Groschen, ist dieser von mir ein Vollmachtsträger oder gar ein von mir betrauter Pfleger, in den Friedhof grab ich lebendig den ein, dem soll nicht Behausung noch Wohnstätte sein.« Als das Schreiben des Königs gesiegelt war, entsandte er allwärts ein Eildromedar.
Bahrâm Gôr beruft die Lôrer aus Indien Jedem Mȏbad ward drauf ein Dekret gesandt und jedem, der arm war, auch ein Gewand; er stellte darin Fragen; es hiess: »Wer lebt froh? Wer ist arm und vermögenslos irgendwo? Informiert über alles mich ständig und schnelle und bereitet dem Herzen den Weg zur Helle.« Von jeglichem Mȏbad kam ihm ein Bericht, von jedem klugen Mann von Gewicht: »Es ist uns nur blühendes Land begegnet, überall und stets ist der Boden gesegnet, ausgenommen ein Armer beklage sein Leid über den Schahrǝjâr und die böse Zeit: ›Jeder reiche Mann trinkt Wein und hat jetzt einen Kranz von Rosen aufs Haupt gesetzt, indem er beim Klange der Musik zecht, und verachtet Leute wie uns so recht: ‹Leerer Hand und musiklos saufen sie Wein: Herz und Seele nährt nur der Reiche fein.›‹« Der Schah lachte herzlich über den Brief; ein Dromedar entsandt’ er, das eilig lief. Zu Šangul sprach ein entsandter Reiter also: »Oh König, stets hilfsbereiter,
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wähl zehntausend mir aus der Lȏrer Mitten, Mann und Weib, mit Lautenschlag und beritten. (Schickst du sie zu mir, dann wird vielleicht Erfüllung des Wunschs durch dies Volk mir erreicht.« Als der Brief zu Šangul gelangte, da hob zum Kȇwân das Haupt vor Stolz er darob und er machte sich gleich daran, zu wählen aus den Lȏrern ganz nach des Schahs Befehlen.) Als die Lȏrer nun bei dem Schah erschienen, trug er auf, dass den Zutritt man öffne ihnen. Jedem Lȏrer gab er so Esel wie Rind und machte aus ihnen Bauern geschwind; von den Unterbeamten ausserdem fassten sie an Weizen die tausend Eselslasten, dass mit Esel und Rind sie den Acker bebauten und den Weizen aussäten und Früchte erschauten; vor den Armen sollten sie musizieren und den Dienst ihnen unentgeltlich präsentieren. Aber Rind und Getreide verfrass der Lȏrer und am Jahresbeginn trat wangenbleich vor er. Der Schah sprach: »Du solltest nicht im entfernten so einfach vergeuden die Saaten der Ernten. Noch bleibt der Esel. Legt darauf die Bündel! Gebt Lauten seidenbespannt dem Gesindel!« Infolge der reinen Worte zieht der Lȏrer jetzt arm durch die Welt mit dem Lied, ein Weggefährte von Wolf und Hund als Tag und Nacht stehlender Vagabund.
Das Leben des Bahrâm Gôr geht zu Ende So genoss er denn dreiundsechzig Jahr’, dem seinerzeit niemand vergleichbar war. Sein Wesir erschien vor ihm bei Jahresbeginn, der sein Schreiber auch war, mit weisem Sinn: »Der Schatz des Königs der Grossen ward leer. Dein Geheiss zu empfangen komme ich her.
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Wem nur irgendwas an Verstand ist geschenkt, fällt’s nicht ein, dass an unsere Steuern er denkt.« Die Antwort war: »Denk nicht aufzuspeichern! Wir haben’s nicht nötig, uns zu bereichern. Lass dem, der sie erschaffen, die Welt, der den rollenden Kreis in Sicht gestellt; der Himmel vergeht, aber Gott bleibt bestehn und weist mich an und dich, ans Gute zu gehn.« Er schlief diese Nacht. Bei Tagesbeginn kamen zahllose Scharen zum Hofe hin; Sie stellten gebührlich sich rings um den Thron; zum König kam Jazdǝgird auch, sein Sohn. Vor den Grossen gab er ihm seine Krone mit Halskette, Armreif und Elfenbeinthrone. Nach Gottesverehrung stand jetzt ihm der Sinn, so verliess er den Thron, warf die Krone dahin. Von weltlichem Tun weg ergriff ihn die Eile; er suchte zu schlafen bei nächtlicher Weile. Als von unten die Sonne die Hand wies am Morgen, befielen des Mȏbads Herz ernste Sorgen: ob der Herrscher der Welt sich wohl auf wieder richtet? ob er nicht aus dem Kreise der Fürsten geflüchtet? Auch Jazdǝgird kam; wie den Vater er sah – der Speichel erstarrte im Munde ihm da; er sah ihn, die Farbe der Wangen verblichen, golddurchwirkt das Lager, das Leben entwichen. So ist es und so wird es immerdar währen. Setz dein Herz nicht in Flammen durch Mehrbegehren! Vor dem Tod bangt dem Herzen von Stein und von Eisen; ohne Vorbereitung gilt’s abzureisen. Stets harmlos und menschlich sei deine Seele, willst du nicht, dass dich die Vergangenheit quäle. (Dahin ist der Schah, dieser immer gerechte! Oh dass keiner im Bösen seiner gedächte!
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Von fünfzig Chosraus aus Königssamen, die den Thron von Îrân in Anspruch nahmen, war keiner, der mit Bahrâm ǝ Gôr sich messe an Rechttun, Verstand und an Kraft und an Grösse. Zu vergleichen wäre er mit Rustam dem Alten, der den Eisenberg mit dem Pfeil konnte spalten. Seine Zeit war vorbei, da gab es kein Säumen, kein Heldenmut nützt, sich da aufzubäumen.) Dahin ging Schah Bahrâm trotz Arm und Keule; die Halle verliert die Kraft ihrer Säule. Nie war solch ein Schah und wird nie wieder sein. Gott wasch seine Seele von Sünden rein! In Mînû leb’ er im Lichte des Herrn! Stets halt seiner Seele den Bösen fern! – Vierzig Tage liess um den Vater das Trauern der Sohn in schwarzdunklen Gewändern dauern. Als der Grosskönig also sich legte ins Grab, nahm er die Freigebigkeit mit sich hinab. (Erneu’n will sein Rechttun ich und sein Schenken; möge keiner im Bösen deiner gedenken!) Einen König wie ihn sahen nicht Sonne noch Mond, noch Zuhre und Kȇwân, der so wie er thront. Dahin dieser Glanz, diese Kraft, dieser Charme, dahin ist sein Stern, seine Keule, sein Arm! Dem Elfenbeinthrone verlieh er Glanz, Tribute nahm er von Čîn und Byzanz. Er schied wie ein Bettler ohn’ Speise und Trank; was hat er für Mut und für Kampf nur an Dank? Wie wenig braucht einer an Reiseproviant! Wie spärlich lässt Trauer er, wenn er verschwand! Was soll dir das Königtum und sein Ruhm? Du bleibst ja denn doch nicht im Königtum. 905 Mînû: Paradies 909.2 Zuhre und Kȇwân: Venus und Saturn
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Heil dem frommen und weisen Armen, dem lange die Welt bestrichen hat Ohr und Wange! Wenn die Welt er verlässt, bleibt der gute Ruf als ein guter Ausgang, den er sich schuf. In jener Welt wird ihm ein Anteil verliehn und als einen Gott Nahen kennt man ihn. Nicht wie ich wird er elend, vorüber das Glück, in die Hölle geschickt als ein wertloses Stück, keine Hoffnung aufs Jenseits, das Diesseits versunken, von den beiden verstört taumle ich wie betrunken. – Jetzt, wenn dem Gehirn die Gedanken nicht fehlen, will ich Jazdǝgirds Regierung erzählen. 915.2 die Welt … und Wange: oder gerieben oder gestreichelt: »und Wange« nicht im Original. 920 wenn dem Gehirn … nicht fehlen: W: wenn mein Gehirn die Gedanken sammelt. 920.2 Regierung: W: Weltsuche
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XXXVI Regierung des Jazdgird, des Sohns Bahrâm Gôrs Sie währte 18 Jahre.
Thronbesteigung Jazdgirds und Verfügungen an seine Beamten Als Jazdgird König ward, sammelte er rings um sich her das verstreute Heer. Da sassen die Mȏbads und Heldenmänner, die Führernaturen und klugen Kenner. Auf dem Goldthron sass der Herrscher im Schloss, der das Tor der Pein und des Übels verschloss. Er sprach zuerst: »Wer im Sünd’gen hält ein, der soll vor dem Rächenden sicher sein. Wessen Herz verdunkelt wird vom Beneiden, der hat nur den Dȇw als Arzt für dies Leiden. Der Neid führt zu Gier und zu Not und zu Graus, ein grausamer Dȇw übt das Racheamt aus. Ist was du besitzest dir nicht zu Dank, so mach keinen anderen deshalb krank. Verschwistert ist Menschlichkeit denkendem Geist, der als Krone vom Haupte des Wissens gleisst. Wenn du irgendwo einem was Gutes verrichtst, schlag es nicht auf sein Haupt, dass sein Herz du nicht brichst. Bist du stets geduldig und wohltätig-rechtlich, bist du nicht in des Klugen Auge verächtlich. Wenn das sieghafte Glück seine Hilfe mir leiht und gelangen mich lässt zur Mächtigkeit, 9.2 schlag es … sein Haupt: Sinn: halt es ihm nicht vor.
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XXXVI Regierung des Jazdgird, des Sohns Bahrâm Gôrs
will ich ein Buch rechten Handelns verfassen, das Unrecht und Trug soll beiseite lassen.« Mit Gerechtigkeit herrscht eine Zeit er so, die Welt seiner froh und er selber auch froh. Und überallhin sandt’ er zahllose Heere, vor den Feinden war die Welt auf der Wehre. Achtzehn Jahre zogen an ihm vorüber; er klagte, als seine Krone ward trüber. Die Grossen und Kleinen liess zu sich er ziehn, auf dem Goldthron sitzen auf ihren Knien. Er sprach »Weder von dem Erzieher weiss noch von Erzognen der flüchtige Kreis; auf die Krone der Mächtigen hat er nicht acht; wen er trifft, erlegt als Wild er auf der Jagd. Nunmehr hat mein Leben sein Ende genommen, ein Bruch ist in meine Stärke gekommen. Hurmuz übertrag ich Kron’ und Diadem, das Land Îrân und Heer und Schatz ausserdem. Leiht Gehör mir und tut, was ich euch befehle! Aus meinem Befehl macht die Lust eurer Seele! Wenn auch Pêrôz, von Ruhm und von Kraft beseelt, einge Jahre mehr als Hurmuz zählt, finde bei Hurmuz ich sanfte Schmiegsamkeit und Verstand und schüchterne Biegsamkeit.« Eine Woche noch lebte darauf der Schah, er schied und der Thron weinte oftmals ihm nach. Währt ein ganzes, ein Vierteljahrhundert dein Leben, du musst der vergänglichen Welt dich begeben; was immer darunter zu rechnen sei, dem lege nur keine Beständigkeit bei.
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XXXVII Regierung des Hurmuz, des Sohns Jazdgirds Sie währte ein Jahr und einen Monat.
Hurmuz besteigt den Thron und sein Bruder Pêrôz nimmt ihm die Krone Als Hurmuz nun sass auf des Vaters Throne und aufs Haupt sich setzt die goldene Krone, da glaubtest du Pêrôz ganz Zorn bereits: in die Augen stieg ihm das Wasser des Neids. Er begab sich sofort zum Schah von Haitâl mit dem Schatz und Gefolge in grösserer Zahl; ein Čaġâner mit Namen Fuġâniš war der, mit Heer und mit Schatz und mit Weltbegehr. Zu Fuġâniš sprach er: »Oh du Gütiger, wir waren zwei der Söhne, des Thrones Zier; den Thron gab der Vater dem jüngerem Erben, um nach Vollbringung des Unrechts zu sterben. Gibst du mir ein Heer, Geld hab ich genügend, über Waffen und Würde und Kraft verfügend.« Der Čaġâner sprach: »So ist es, ja, dem Weltenherrn ist auch der Sohn Padischah. Ein Heer dir zu geben verpflichte ich mich und führe den Weg zur Gerechtigkeit dich. Doch Gebühren mir Tirmiḏ und Wȇsegird, denn von Jazdǝgird wurden sie mir zediert.« Zu ihm sprach Pêrôz: »Gut, die sind dein und noch grösser soll deine Herrschaft sein.« 8.2 dem Weltherrn … Padischah: Sinn fraglich. In C statt »Sohn«: »Vater«
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XXXVII Regierung des Hurmuz, des Sohns Jazdgirds
Dreissigtausend Schwertzückende stellte er ihm bei, ein edles Haitâler Heer; damit ging Pêrôz auf die Heeresfahrt, das vom Staub der Mondkreis verdunkelt ward. Als er seinen Angriff auf Hurmuz begann, hielt dessen Kampfkraft nicht lange an. Schliesslich wurde Hurmuz gefangen genommen; alle Kronen schienen ihm wenig zu frommen. Wie Pêrôz erblickte des Bruders Gesicht, bekam Liebe und Sippe das Übergewicht. Seine Hand fasste stürmisch er mit der Hand und hiess ihn aufs Ross steigen unverwandt; er sandte zurück ihn zu seinem Palast und las den Vertrag ihm, den er verfasst. Und Hurmuz sprach zu ihm: »Gott sei Dank – wer Gott kennt, dessen Geist ist nicht krank – dass der Bruder es ist, der den Thron mir nimmt. Ein sieghafes Glück sei Pêrôz bestimmt!« 20.2 sieghafes: pêrôz ist »sieghaft«.
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XXXVIII Regierung des Pêrôz, des Sohns Jazdgirds Sie währte zehn Jahre und vier Monate.
Pêrôz besteigt den Thron und eine siebenjährige Dürre befällt Îrân So war Pêrôz von Hurmuz zufriedengestellt und sein Herz nicht mehr von Sorge vergällt. Den Kaienthronsitz bestieg er nun, wie’s die gottverehrenden Könige tun. Also sprach er zunächst zu den grossen Herrn: »Ehrenwerte Führer mit edelstem Kern! Vom Weltenlenker, der nichts vermisst, begehr ich längere Lebensfrist. Den Kleinen nehm klein ich, den Grossen gross. Verstand sei mir reichlich und glückliches Los! Ausdauer ist aller Mannheit Beginn. Ins Elend führt immer ein leichter Sinn. Freigebigkeit, Rechtssinn sind Säulen des Denkens; wie ein Schmuck ist ihm die Türe des Schenkens; die Sprache der Höflichkeit ist sein Flor; der Mut wie die Tapferkeit schwingt ihm empor. Jeder Edle, dem kein Verstand beschert, wie wäre des Thrones der Grösse er wert? Doch auch wer Verstand hat ist ewig nicht; kein Licht strahlte heller als Ǧamsȇds Licht, als die Krone zum Monde wuchs, musste er sterben und den Kaienthron einem andern vererben. Es bleibt keiner ewig auf dieser Erde;
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so sucht denn die Zuflucht beim Sprecher des ›Werde‹.« Mit Gerechtigkeit herrschte er so ein Jahr, verständig und jeglicher Schädigung bar. Doch das Antlitz des Himmels im zweiten blieb trocken und liess rinnendes Wasser wie Moschus stocken; Und im dritten war’s so und im vierten war’s so und keiner war wegen der Trockenheit froh. Staubtrocken wurde die Kehle der Lüfte und das Wasser im Bach zum Gegengifte. Soviel Leichen gab es von Menschen und Tieren, dass den Füssen der Platz fehlte, um zu spazieren. Als der Schah von Îrân sah, was nicht geheuer, nahm weg von der Welt er Abgabe und Steuer. Wo es gab geheime Getreidespeicher, da beschenkte daraus so Arm wie Reich er. Vom Königshof ward laut bekanntgemacht: »Oh all ihr Edlen und Träger der Macht, die ihr Korn besitzt, bringt’s ins Volk mit Verkäufen, um Dinare des Pêrôz im Schatze zu häufen. Bei wem immer verborgenes Getreide man traf, ein Rind oder auch ein freiweidendes Schaf, verkauft’s zu dem Preise, nach dem er begehrt, da die Menschheit der Lebensmittel entbehrt. Zu jedem Verwalter und Mächtgen im Land werde unverwandt ein Schreiben gesandt: ›Eröffnet die Tore von Kornmagazinen für jedermann, der Bedarf hat nach ihnen; für jeden, der fände aus Mangel an Brot von Jungen und Alten und Weibern den Tod, lass ich einen Speicherbesitzer köpfen, der die Pflicht hintansetzt zu Gottes Geschöpfen. (Ich zertrenne ihn mitten mit scharfem Schwert, dass die Seele die Auferstehung befährt.)‹« 12.2 beim Sprecher des ›Werde‹: W: bei Gott 27 lass ich … köpfen: W: lasse ich das Blut fliessen.
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Er befahl, dass sie aus den Häusern träten, im Frein mit erhobenen Händen zu beten. Zum Himmel hinauf drang lautes Gelärm von Erregung, Gejammer, Geklag und Gehärm. Von Gefild und Schlucht und von Berg und Tal erflehten von Gott sie Verschonung von Qual. Auf diese Art durch der Jahre sieben war auf der Welt nichts Grünes verblieben. Im Monat Firȇdûn des achten erst kam segensvolles Wolkengeberst, ein Perlenregen dem Boden, dem harten, und Moschusduften aus jeglichem Garten, indes Tau im Pokal die Rose kredenzte und der Regenbogen vom Himmel glänzte, die Welt sich dem Bösen der Bösen entwand, die den Bogen überall hatten gespannt.
Krieg des Pêrôz mit den Tûrâniern Pêrôz sass, von diesem Bedrängnis befreit, auf dem Königsthron ruhig durch einige Zeit. Er erbaut eine Stadt und Pêrôz Râm befahl er, dass sie zum Namen bekam. Der beredte Schah sprach: »Dies ist ein Rai, das der glückhaften Könige Ruheplatz sei.« Eine zweite, als Bâdân-i Pêrôz benannt, war als Stätte der Ruhe und Freude bekannt. Doch Ardabîl ist ihr Name jetzt, denn der Kaiser hat dort einen Grenzstein gesetzt als er all diese Länder fruchtbar machte, dass den Verständgen das Herz darob lachte. Dirhams gab er, dass ein edles Heer zum Krieg mit den Türken rüste die Wehr. In dem Krieg war Hurmuz in den ersten Reihn, mit neuen Dienern rückte er ein. Hinter König Pêrôz zog Qubâd dahin wie der Wind mit dem Heer seinen Pfad;
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der war des Pêrôz echter Spross, verständig, des Baumes fruchtbarer Schoss. Balâš sass freudig auf seinem Thron, mit Glanz und Rechttun, als jüngerer Sohn. Einen namhaften Perser, den es noch gab, den nannte der König mit Namen Surchâb. Ihm befahl Pêrôz: »Du halte dich hier und beschirme Balâš als reiner Wesir!« Zum Krieg mit den Türken führt’ er das Heer und die Krone und Thron der Grossen einher. Mit Gefolg und Schatz und mit seinem Tross zog zum Kampfe mit Chwašnawâz er los. Einen Markstein gab es, den Bahrâm der Held einst emporgerichtet und aufgestellt; ein Vertrag der Könge kam schriftlich zum Schluss: dass weder den Markstein noch auch den Fluss irgendeiner aus Eigenmacht überschreite, weder von iranischer noch türkischer Seite. Als der löwenerschlagende Pêrôz kam und den Markstein sah, aufgestellt von Bahrâm, sprach er also in seiner Stolzen Kreise: »Vor den Türken will ich in gleicher Weise eine Säule errichten durch Schwert und Schätze, dass vor Haitâl keiner in Pein sich mehr setze. Wenn die Säule errichtet ist vor dem Tarak und die Grossen bringen vor mich den Vertrag, dann sag ich: ›Bahrâm ǝ Gôr hat dies geschafft durch Mannesmut, Wissen und Würde und Kraft; von Chwašnawâz’ Spuren lass ich nichts über in Haitâl und Turk und drunter und drüber.‹«
Brief des Chwašnawâz an Pêrôz Als der Sohn des Châqân vernahm, es wäre der Ǧaiḥûn überschritten vom Schah mit dem Heere, der Vertrag Bahrâm ǝ Gôrs sei von ihm verletzt und das Land in Krieg und Verwirrung versetzt,
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da liess der weltkundigen Schreiber einen der König Chwašnawâz vor sich erscheinen. Ein Schreiben verfasst er, mit Segen begann’s von dem Schöpfer über den König Îrâns. Es hiess: »Wer der Könige gesetztes Recht wie du bricht, stammt nicht aus Chosraus Geschlecht. Dies ist nicht der Brauch deiner Ahnen gewesen, von Weltherrschern rein und auserlesen. Da du den Vertrag der Edeln zerrissen, ihren Markstein hast in den Staub geschmissen, so handle auch ich dem Vertrage entgegen, gezwungen, die Hand an das Schwert zu legen.« Er tat kund drin alle Begebenheiten und liess viel Geschenke den Brief begleiten. Das Schreiben des Chwašnawâz nahm mit ein berittener Bote auf seinem Ritt. Als Schah Pêrôz besagtes Schreiben las, ergrimmte er über Schah Chwašnawâz. Er sprach zum Boten: »Brich auf und eil zu diesem Mann ohne Glück und Heil und sag ihm: ›Bis vor den Fluss Tarak schickte Bahrâm damals euch den Vertrag; bis zum Ǧaiḥûn-Ufer ist jetzt das Land dein, es mag hoch oder tief oder Ebene sein. Von stolzen Helden ein starkes Heer, von kriegsmut’gen Männern bringe ich her. Ich werde es Chwašnawâz nicht mehr gestatten, auf den Boden des Landes zu werfen den Schatten.‹« Der Gesandte, der schnell wie die Staubwolke ritt, teilte das von ihm Angehörte mit. (Manches gab’s, was mit Chwašnawâz er sprach über den nackenstolzerhobenen Schah). Als die Antwort er hörte, das Schreiben las, versammelt im Lager das Heer Chwašnawâz; auf das Schlachtfeld brachte er dann das Heer und spiesst das Vertragsdokument auf den Speer,
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den Vertrag, den sein Grossvater schloss mit Bahrâm, wobei man den Ǧaiḥûn zum Grenzfluss nahm. Ein höflicher Mann von klugen Wesen wurde ehrenvoll aus dem Heer erlesen; zu diesem sprach er: »Zu Pêrôz reit’, sprich höflich mit ihm und vernimm den Bescheid; sag ihm dies: ›Den Vertrag deines Vatervaters, hohen Sterns und leitenden Beraters, trag ich aufgespiesst nun auf meinem Speere wie die leuchtende Sonne vor meinem Heere, damit jeder, den der Verstand nicht flieht, aus der Urkunde den, der gerecht ist, ersieht. Mir wird Segen und dir Verfluchung zum Lohn und der Name des ‹Schahs ohne Religion›, da’s nicht Gott und nicht Gottes Verehrern gefällt noch Untergebenen auf dieser Welt, dass einer auf Erden nach Unrecht trachtet und die Verträge der Könige missachtet. So gerecht und so mutig wie Bahrâm ǝ Gor setzt aufs Haupt sich die Krone keiner zuvor. Der weltlenkende Gott ist Zeuge für den; doch du darfst ihn als Zeugen dir nicht ersehn, denn ungerecht suchst du den Krieg mit mir und nimmst mit dem Heer mich zum Ziele dir. In diesem Krieg wirst du siegreich nicht bleiben und der Glückstern wird keine Früchte dir treiben. Ich will keinen weiteren Boten mehr senden. Gott wird mir helfen. Damit will ich enden.‹« Der Gesandte, der wie die Staubwolke ritt, teilte Pêrôz den Brief und die Worte mit. Als der stolze König das Schreiben las, da war er voll Zorn gegen Chwašnawâz; zum Boten sprach er: »Soviel Worte spricht ein gereifter Mann, ein erfahrener, nicht. Setzest aus Čâǧ vor den Fluss du nur einen Fuss, mit der Spitze der Lanzen send ich dir den Gruss.«
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Der Gesandte kam zu Chwašnawâz heim; viele Worte sprach er mit ihm insgeheim: »Eine Gottesfurcht hab ich niemals bemerkt bei Pêrôz noch wer ihn im Guten bestärkt; nach Rache und Krieg geht allein sein Trachten, die Gebote Gottes weiss nicht er zu achten.« Als Chwašnawâz diese Worte vernahm, der betend zu Gott seine Zuflucht nahm, sprach er also: »Der du gerecht gesinnt alles richtest, du Schöpfer von Staub und Wind, du weisst, dass Pêrôz, der Unrecht begeht, durchaus nicht über Schah Bahrâm steht. Er führt Reden, die unrecht und frevelig, mit dem Schwerte erstrebt er Grösse sich. Seine Spur wär vom Erdboden auszumerzen; mög nicht Stärke ihm bleiben samt Wissen und Herzen.« Und ein Graben ward rings um das Heer ausgehoben und angehäuft und verkleidet oben; seine Tiefe reicht’ eine Fangschnur weit und droben war zwanzig Ellen er breit. Und als dies getan, rief Gott er an; aus Samarqand führt’ er das Heer heran.
Pêrôz fällt in den Schacht und findet den Tod Indes hüben des Ch ašnawâz Herz voller Bangen, bis er hinter den Rand seines Grabens gegangen, eilte drüben Schah Pêrôz kopflos-blind er selbst und das Heer dahin wie der Wind. Hier und dort von Hörnern und Pauken erscholl’s; der Himmel vom Heerstaub ward Ebenholz. Es regnete Pfeile von beiden Seiten, dass wie Wasser man einen Blutstrom sah gleiten. (Held Pêrôz wie eine Staubwolkensäule trieb dahin mit Romäerhelm und der Keule). Dem Chwašnawâz nahte er also sich,
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dem türkischen Feldherrn, und dieser wich, die Zügel drehend, den Rücken gewandt, und hart hinter ihm kam das Heer gerannt. Sein Ross trieb an der Schah Pêrôz, mit nicht starkem Heere sprengt’ er drauf los und mit manchen Mannen fiel er in den Schacht, mit den Edeln, den Löwen am Tage der Schlacht, wie sein Bruder Narsî und der edle Qubâd, die Grossen, entsprossen der Könige Saat. So kam sieben der Könige Haupt zu Falle und mit goldenen Kronen die Edlen alle. (Es waren lauter kriegsmutige Granden, die drunten im Graben ihr Ende fanden.) Doch Chwašnawâz, das Herz voller Glück, ging nunmehr ganz nah zum Graben zurück. Wer noch lebte, den hob aus der Grube der Feind, indessen der Thron ihr Geschick beweint’. Pêrôz war zerschmettert so Haupt wie Rücken, dem Fürsten, den Thron sowie Krone schmücken. Nur Qubâd war von Königen am Leben mehr, vom Winde verweht waren Herrschaft und Heer. Zufrieden zog Chwašnawâz dahin mit gerüstetem Heer und mit stolzem Sinn; der Plünderung preis gab er Heer und Gepäck, man sah nicht, was linkes, was rechtes Eck. Viele Îrânier schleppte man fort gefangen, manchen liess ein Pfeilschuss ins Grab gelangen. Kein König sei karg auf dieser Welt; des Kargen Herz ist dem Grabe gesellt. So verfährt dieser unbeständige Kreis, ein Untertan sei’s nun, ein König sei’s; der, den selbst er erzog, wird von ihm gequält, er sei unvernünftig, sei klugheitsbeseelt, und niemand hat ewig auf Erden Bestand. Die Rechtlichkeit nimm dir zum Reiseproviant. – 126.2 Eck: W: Flügel
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Als den Graben verliess Chwašnawâz mit dem Heer, hatt’ es keinen Bedarf nach Wertsachen mehr. An Qubâds Füsse legten sie Eisenketten, ohne dass Thron und Rang sie beachtet hätten. Wie dem Heer von Îrân wurde Kunde gebracht von Schah Pêrôz’ Schlacht und von jenem Schacht, da erhob sich im Lande ein Schmerzensgeschrei ob der Königsmänner, so adelig-frei. Als die Welt erhielt die Kunde hievon, stieg Balâš herab von dem goldenen Thron; er riss sich die Königshaare vom Haupt und zur Trauer wurde der Thron bestaubt. So Heer wie Städte im Lande Îrân, Weib, Mann und Kind hoben Wehklage an, die Gesichter verletzt und die Haare zerfetzt, nur den Schah will man jetzt, nur vom Schah wird geschwätzt. So sassen in Kummer und Schmerz Klein und Gross und wurden allsamt die Sorgen nicht los: wie müssten verlassen sie das Land Îrân – und schreitend vom Felde den Krieg sehen sich nah’n.
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141.2 und schreitend … sich nah’n: Ganz unklare Stelle. Ich beziehe gurâzande auf kîn und übersetze daher wörtlich. »einherschreitend sehen sie von jenem Feld (Gefild) die Rache (den Krieg)«. Nach Wolff hiesse es: »einherschreitend sehen sie von jenem Schlachtfeld.« Mohl übersetzt: »wie sie sich an den Leuten der Wüste rächen könnten« und Pizzi – bei etwas anderem Text: »jenes fatale Feld zu betrachten, günstig für Rache.«
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XXXIX Regierung des Balâš, des Sohns des Pêrôz Sie währte fünf Jahre, einen Monat und sechs Tage.
Balâš ermahnt die Îrânier
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Als in Trauer ein Monat Balâš war vergangen, das Haupt voller Staub und zerkratzt seine Wangen, traten Obermȏbad und Heer vor ihn, wer da heldenhaft und weise erschien. Sie sprachen viel, damit Rat sie ihm schafften, und brachten viel vor des ihm Vorteilhaften, dass er auf den Thron der Könige sich setze, und verstreuten Gold und Juwelenschätze. Vom Throne aus sprach er: »Ihr Männer der Tat, sucht immer beim Herzen der Weisen den Rat. Euch ist bei mir stets die Grösse gesellt, wenn mein dunkles Geschick sich erst einmal erhellt. In der Welt alle, die ihr Gutes verrichtet, seht zu, dass ihr meinen Plan nicht vernichtet; wer aber bös ist und Böses erstrebt, wer will, dass er gleich sich dem König erhebt, durch Ratschläge wollen wir Macht ihm erwirken, lehnt er ab sie, mit Blut seinen Scheitel umzirken. Klagt über einen aus meinem Gefolg, der im Dienst ist, jemand aus meinem Volk, soll das Herz des Frevlers zerbrochen werden und sein Stamm sei entwurzelt von der Erden. Sei nicht frech zum Könige allesamt und vorzüglich nicht, wer aus Îrân stammt; denn bald ist Gif er und bald Medizin;
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wer ein Heilmittel sucht, wird of Gif heranziehn. Strebst du stets nach des Königs Zufriedenheit, trittst du vor ihn, strahle von Heiterkeit. Ist der König zornig, musst’ dich entschuldigen, ist gerecht er, ist schlecht er, mit Beifall ihm huldigen. Wenn du meinst, du seist zur Gelehrtheit gekommen, alle Wissenschaft hätt’st in Besitz du genommen, so wiss: Nie unwissender bist du gewesen; sei nicht so im Irrtum über dein Wesen. Wenn ihr etwas ausführt nach meinem Rate, was ich sagte, dass es euch zum Vorteil gerate, bekommt von gelehrten Königen ihr Schätze; ich will nicht, dass Wissen in Pein jemand setze.« Alle Grossen spendeten ihm Applaus, über seine Gelehrtheit ganz aus dem Haus. (Und einer zum andern sagte: »Mich deuchte, für Krone und Thron sei der Schah eine Leuchte. Das böse Auge möge ihn meiden und der Leib seiner Feinde möge Pein erleiden!«) Dann gingen befriedigt sie aus seinem Saal, indem jeder Gott Seele und Leib empfahl, den Mund voller Preis und die Herzen voll Liebe: »Oh dass solcher König doch ewiglich bliebe!«
Sûfarâj schreibt einen Brief an Ch wašnawâz
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Zur Zeit, als Pêrôz seinen Kriegszug begann, sucht’ er einen verständigen Edelmann, dass er Hüter sei für Krone und Thron, 12.2–13.2 wer aus … heranziehn: Unklare Stelle. W: »du suchend Heilmittel (Gegengift) vom Gift Anteil (Los)«. Man könnte auch übersetzen: »Bald ist Gift er (scil. der König), bald eine Arznei; – suchst du Heilmittel, ist ein Gift dabei.« Mohl übersetzt – als stünde statt bahr bih: »es ist besser für euch, Gegengift als Gift zu suchen.« Pizzi – bei anderm Text –: »du solltest einfach immer das Gegenmittel suchen des bittern Gifts.« 17.2 sei nicht so … Wesen: Könnte auch heissen: sei nicht dein eigener Feind.
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Freund Balâš’s, seines Vaters jungem Sohn. Geeignet erschien ihm dazu Sûfarâj, der reingesinnt war und machtvoll dabei, ein erfahrener Mann aus der Stadt Šîrâz, ein Feldherr, der Herz und Stolz besass. Er war Grenzkommandant in Kâbulistân, in Bust und in Ġaznîn und Zâbulistân. Als die Kunde zu ihm kam von Pêrôz, wie er einsichtslos war und führerlos, liess den Wimpern ihm Tränen entrinnen das Leid und ihn zerreissen sein Pahlawî-Kleid. Die Grossen, aus Trauer um den Schah, sassen hauptentblösst einen Monat da. »Wie wird«, so pflegte jener zu sprechen, »der junge Balâš den Schah wohl rächen?« Dass dies aussichtslos wäre, wusste er auch, denn die Krone des Königtums war voller Rauch. Das verstreute Heer wurde neu gesellt, man schlug die Pauken, Staub hob sich im Feld; hunderttausend kamen, die Schwerter schwingend, nach Kampf begierig, auf Rache dringend. Er gab Geld und setzte das Heer voll instand, dass das Herz der Kriegslustigen Freude empfand. Er rief einen süssberedten Gesandten, einen aufgeweckten und geistesgewandten, und schrieb einen Brief voller Malen und Qual beide Augen voll Blut und die Wangen fahl. Im Briefe erwähnte er mancherlei Rat, vom Ǧamsȇd und Kai Chosrau und Kai Qubâd. Darauf schickte er ihn zu Balâš: »Oh Schah, traure weiterhin diesem Tode nicht nach! Jeder muss einmal solchen Schmerz überwinden; es gilt, wieder Ruhe und Ehre zu finden. Was vom Wind kommt, geht dahin auch im Hauch; Gerechtigkeit nennt man’s und Unrecht auch. Jetzt, wenn mir der König Erlaubnis erteilt,
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rüste ich zum Rachekrieg unverweilt, denn Sonne und Mond schrei’n vom Himmelsdache für das Blut des Schahs Pêrôz um Rache.« Hier schritt der Gesandte fort in die Weite, Sûfarâj ging weinend zur anderen Seite. Ein Heer, buntglänzend wie ein Fasan, führte er nach Marw aus Zâbulistân. Er erkor einen Mann, im Herzen wach, der besonnen das auffasste, was man sprach, und sagte dem Sekretär: »Wohlan, für das Schreibrohr bricht Auferstehung jetzt an. Einen Brief an Chwašnawâz schreib mir flugs: ›Oh du teuflischer unvernünftiger Fuchs, du hast dich versündigt an Gottes Gebot; bald beklagt dein Obergewand deinen Tod. Wer tat, was du tatest, du treuloser Mann? (Doch schnell schon rückt das Schwert der Rache heran.) Einen König, den Enkel des Königs Bahrâm, hast du umgebracht, dem zuschulden nichts kam; einen neuen Krieg hast du aufgeweckt, denn dies Rachegefühl bleibt nicht versteckt. Weshalb wie ein Hund, des Schmeichelns voll, kamst du nicht vor ihn, als die Pauke erscholl? Wenn dein Ahn hier vom Hause den Unterhalt nahm, war dein Vater so wie ein Knecht bei Bahrâm. Nach Marw kam ich her als ein Racheüber; von den Haitâlern lass nichts Schönes ich über. Die Gefangnen und was von den Gütern allen auf dem Schlachtfeld dir ist in die Hände gefallen, mein Schwert fordert, dass es zurückgestellt werde; nach Marw bringe ich die Tûrâner Erde. Deinem Sohne lasse ich nicht die Welt noch dem, der durch Sippe und Bund dir gesellt. 45.2 führt er … Zâbulistân: Bei Marw erscheint immer ein Fasan (taḏarw), der leider nicht auch im Deutschen so schön reimt.
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Deinen Kopf trenn ich ab dir nach Gottes Willen, von Blut einen Strom lass dein Land ich erfüllen. (Es wird nicht ein Krieg sein, ich sage euch das, um des Pêrôz Blut wie des Chwašnawâz.) Du wirst unterm Fuss meines Heeres vernichtet; sein Geist fordert Recht von dem, der da richtet.‹« Mit diesem Briefe des Sûfarâj rannte wie ein mutvoller Löwe der Abgesandte; er trat vor den Thron des Chwašnawâz ohne Gruss, als wäre er ergrimmt ohne Mass; des Sûfarâj Brief übergab er hernach; das stolze Gefolge verliess das Gemach. Er reichte den Brief einem Schreibermann: »Was drin schön und was garstig ist, sag heimlich an.« Zum Fürsten sagte der Schreiber: »Die Zeilen dieses Briefs sind voll Schwertern und Keulen und Pfeilen.« Dieser Mann hielt nicht aus, ob kriegsgewohnt gleich, den Brief Sûfarâjs, an Worten so reich. Ein Antwortschreiben verfasst er sofort auf jegliche schöne und garstige Wort’. Zuerst hiess es darin: »Sehn in Furcht wir auf zu Gott und dem schwingenden Schicksalslauf! Denn jeder, in dem die Gottesfurcht rege, verletzt nicht von Königen geschlossene Verträge. Ich hab ihm ein Schreiben voll Rates gesandt, den Vertrag von des hohen Königes Hand; jedoch meinen Worten bewies er Verachtung und zog nicht was früher geschehn in Betrachtung. Kriegslustig war er und listig war ich; die Fronten der Heere begegneten sich. Auf Pêrôz war nun das Schicksal ergrimmt; nicht mein Wille hat ihn dem Tode bestimmt. Da er brach den Vertrag der Könige so, war er keinen Tag seiner Jugend froh; der Beifall des Schöpfers war ihm versagt,
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so als hätte der Boden beim Fuss ihn gepackt. Wer immer des Ahnen Verträge bricht, vor die Füsse wirft so Recht wie Pflicht – wie Pêrôz wird er am Tage der Schlacht voll Staub zerschmettert liegen im Schacht. Wenn du kommst, steht dieser auch für dich bereit; nicht geringer sind Schatz und Krieger zur Zeit.« Der Gesandte eilte zu Sûfarâj schnelle; nach acht Tagen war er mit dem Briefe zur Stelle. Und als diesen Brief gelesen der Held, da öffnet den Mund er zu Schimpf und Geschelt. Vom Turnierplatz hört man das Hörnersignal und der ehernen Pauken lauten Schall. Nach Kašmîhan zog er solch Heer heran, dass die Sonne am Himmel verlor ihre Bahn. Auch den Fluss überschritt gleicherweis’ das Heer, als ob auf jeder Strasse zuhause es wär.
Kampf Sûfarâjs mit Chwašnawâz Als Ch ašnawâz davon Nachricht erhielt, da rüstet’ zum Kampf er und zog ins Gefild. Bei Baikand wählte das Schlachtfeld er da, dass den Boden das Firmament gar nicht sah. Und von hier kam rachelustig herbei wie der Wind mit seinem Heer Sûfarâj. Als es Nacht ward, versperrte der Pahlawân mit ausgeruhten Elefanten die Bahn. Hier und dort waren Wachtposten aufgestellt; von Kriegslärm erfüllt war die ganze Welt; die Rufe der Wächter, das Klingeln der Schellen hörte ferne und vorne und hinten man gellen. Doch dann kam das Schwert der Sonne in Sicht, das Gefild ward wie weisser Kristall so licht. zum Kampfe schickten sich beide Armeen; hoch liess man das Banner der Grösse wehn. Von der kriegsmutigen Helden Getöse
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zerrissen dem Drachen Herz und Gekröse; von den Pfeilfedern wurde der Himmel zum Geier und der Boden vom Blute der Häupter zum Weiher. Allüberall schaust du Hügel von Leichen der Helden, die hier ihr Ende erreichen. Vom Zentrum bewegte sich Sûfarâj und mit Ungestüm eilte sein Heer herbei. Chwašnawâz auf der anderen Seite kam enge mit dem Schwerte des Kampfes ins Gedränge. (Einen Stockschlag versetzt Sûfarâj seinem Haupte, dass den Himmel vom Platze gerückt man glaubte. Chwašnawâz, der dem Stockbewehrten entrann, trieb zur Niedrung sein Ross von oben an.) Jener sah sich bedroht von harten Geschicken, so dreht er die Zügel und zeigte den Rücken. Wie der Wind eilte Sûfarâj hinter ihm her und er schwang den lebensberaubenden Speer. Viele nahm er gefangen, die ehrenwert, viele fanden den Tod durch den Pfeil und das Schwert. Er eilte, bis er vor Kuhandiž stund; am Wege sah viele er tot oder wund. Marschieren sah Chwašnawâz von der Höh’ im Tale hinab und hinauf die Armee; alle Strassen waren voll Wunden und Leichen; einem Ziergarten war das Gefild zu vergleichen. Und Rosse und Sklaven und Gürtel und Waffen suchte jeder zu Sûfarâj zu schaffen und Kronen und Lanzen und Zaum und Zügel, zum Alburz-Gebirge wuchs auf ein Hügel. Alles dies ward dem Heer zum Geschenk gemacht, er selbst zog das Türkengut nicht in Betracht. Zum Heer sprach er also: »Heut hat das Glück unsre Wünsche erfüllt in jeglichem Stück. Wenn die Sonne die Hand weist am Himmelsrund, soll im Feld man nicht lagern ganz ohne Grund. 105.2 suchte jeder … zu schaffen: Umstellung
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Den Grosskönig Îrâns wollen wir rächen, diese Burg wie die Löwen wollen wir brechen.« Das ganze Heer schlug mit der Hand an die Brust und von jedem ward anderer Rat gewusst. Und so ging’s gleicherweis’, bis vom Himmelsrand jener Schmuck der Sonnenkrone erstand. Vom Königszelt kam da Paukengetos und Sûfarâj bestieg jetzt sein Ross. Von Chwašnawâz kam ein Gesandter herbei zum erhabenen Führer Sûfarâj: »Aus Kampf und Streit und aus Blutvergiessen wird nichts ausser Mühsal und Angriff fliessen. Zwei junge Helden voller Verstand – beide Seelen würden zur Hölle gesandt? Willst den Weg der Vernunft du wiederum suchen, so musst du’s als göttliche Schickung buchen. Nicht vom Wind wurde König Pêrôz erschlagen, sein Stern macht’ ein Ende den Jahren und Tagen. Durch Bruch des Vertrags ist in Schuld er versunken; er hat Honig verschmäht und das Bittre getrunken. Was sein musste ist über uns hergetrieben; Heil dem, dem das Unglück fern ist geblieben! Die Gefangnen und was von den Gütern allen, an Rohedelsteinen und Edelmetallen, an Krone und Thron und Waffen und Ross Pêrôz auf dem Schlachtfeld zurückliess als Tross, send’ ich alles zum Feldherrn des Königs hin, Gut des Heeres wie Schätze im engeren Sinn. Zieh du siegreich wieder zurück nach Îrân und komme beim König der Tapferen an. Ich brauch’ keine Rüstung in Îrâns Richtung. Vom Vertrage Bahrâms erfüll’ die Verpflichtung! Der Grosskönig teilte die Welt richtig ein: mein sind Türken und Čîn und Îrân ist dein.« Als die Botschaft Sûfarâj ward bestellt, berief er das Heer zum Königsgezelt;
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vor dem Heer sprach er zu dem Gesandten: »Wohl, was der Kriegrische auftrug, das wiederhol!« Der Gesandte des Chwašnawâz legte nun dar, was Geheimes und Offnes gesagt worden war. Also sprach zum Heere nunmehr Sûfarâj: »Was meint ihr, dass hierin das Richtige sei?« Das Heer sprach: »Du hast zu befehlen. Den Frieden hast du zu beschliessen und du zu schmieden. Du bist’s, der’s in Îrân am besten versteht; du bist Schah und Führer und Majestät.« Zu den Hauptleuten sprach Sûfarâj: »Ei nun, nur eines ist heute für uns zu tun: wir wollen mit ihnen nicht weiteren Krieg, sondern führen das Heer gleich zurück nach dem Sieg: denn in ihrer Gewalt ist noch Kai Qubâd, der den Chosrau-Spross Pêrôz zum Vater hat, Obermȏbad Ardašîr gleicherweise, vom Heere der Grossen Junge und Greise. Setzen fort wir den Krieg mit Chwašnawâz, so nützt uns dies kaum in der Zukunft was; die Gefangnen brächten sie um ohne Gnad’, neben Ardašîr den König Qubâd. Stünde nicht des Qubâd Leben da auf dem Spiel, dächten Herz und Hirn des Mȏbads nicht viel. Tun die Türken jenem was Böses an, bleibt nichts als Gerede zurück in Îrân. Eine Schmach wäre dies; bis zum Jüngsten Gericht schwände sie aus der Mitte der Tapferen nicht. Dem Gesandten erteilen wir freundlich Bescheid, damit uns ein glücklicher Friede gedeiht. Qubâds Antlitz sehn wir dann wohl wiederum – möge nie ohne ihn sein das Königtum! – Obermȏbad Ardašîr gleicherweise und die sonst sie zurückhalten, Junge und Greise.« Das Heer brachte Beifall und Ovation: »Dies heischt Pflicht und Sitte und Religion.«
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Den Gesandten berief drauf der Paladin; mit süssem Wort unterrichtet er ihn; er sprach: »Es war dies halt Gottes Gericht. Die Welt meint es bös und verrät es nicht. Was gefangen an Grossen von Îrân ihr, Qubâd nämlich mit Mȏbad Ardašîr, ferner deren Füsse mit Ketten beschwert, die sendet sofort mir hochgeehrt; was an Werten ihr habt, das müsst ihr auch senden, was euch ist an Dinaren und Kronen in Händen. Das alles sendet zu meinen Handen vor meine hier versammelten Granden. Nach Plündrung und Mord steht nicht unser Begehren, weil wir ohne Bedarf sind und Gott verehren. Am zehnten Tag gehn wir übern Ǧaiḥûn, um keinen Schritt künftig hierher zu tun. Leih dem, was ich sage, ein aufmerksam Ohr und trag’s bei der Rückkunft ihm vollständig vor.« Der Gesandte trat gleich die Rückreise an, zu Chwašnawâz kam er geschritten sodann und erstattet Bericht. Erfreut ward sein Herz, gleich löst von Qubâd er das fesselnde Erz, Obermȏbad Ardašîr gleichermassen und was sie an Îrâniergefangnen besassen. Alle Wertsachen wurden zusammengebracht, die man einst gefunden am Felde der Schlacht, und des Königs Pêrôz Krone und Thron, und was im Heere war aufgestellt schon. Dies alles ward an Sûfarâj gesandt durch eines verlässlichen Mannes Hand.
Rückkehr Qubâds nach Îrân
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Als das Antlitz Qubâds man wieder nahm wahr, erfüllte Freude die sämtliche Schar, Obermȏbad Ardašîr gleicherweise und von den Gefangenen Junge und Greise.
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Aus den Zelten kamen die Grossen hervor und hoben die Hände zum Himmel empor, denn des Grosskönigs Sohn sah’n sie unversehrt und alle, die sonst noch ehrenwert. Und der Feldherr – sofort brach ab sein Zelt er und setzte den Fuss auf seinen Zelter, worauf er den Ǧaiḥûn froh überschritt, der Obermȏbad und Kai Qubâd mit. Als die Kunde nun ward im iranischen Land von dem glückhaft-gesegneten Führer bekannt, von dem Kampf und der Schlacht mit Chwašnawâz, von der Kriegslist des Mannes, der Schlauheit besass, dass den Kampf man siegreich und freudig bestanden, dass Qubâd man die Füsse gelöst aus den Banden, Obermȏbad Ardašîr gleichermassen und was aus Îrân sie Gefangene besassen, das bringe er jetzt über den Ǧaiḥûn daher zu Wasser und Land, ein iranisches Heer: da scholl aus Îrân solcher Lärm empor, dass du meintest, taub sei vom Getöse das Ohr. Da erhoben sich alle Edlen und Degen und zogen dem kommenden Zug entgegen; Balâš stellt auf einen Thron von Gold, dass Qubâd mit den Edlen sich setzen sollt’. Und als die Stadt nun betrat Sûfarâj, da kamen die Grossen alle herbei; der Schah schickte an sich, entgegenzugehn, und ging mit dem Heer, mit dem er versehn. Balâš sah das Antlitz Qubâds zur Zeit, der siegreich und froh von den Fesseln befreit; rasch zog der Schah an den Busen ihn und griff sich an den Kopf wegen Haitâl und Čîn. Vom Weg kamen sie zum Palast gegangen, noch immer betrübt und voll Racheverlangen. 165.2 Zelter: im Mittelalter leichtes Reitpferd, das für den Reiter bequeme Gangarten beherrscht; heute: Gangpferd.
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Er befahl nun, die Tische zuzubereiten und Wein und Lauten und Spieler auf Saiten. So war’s denn ein Fest, doch nicht wie sie’s begehrten, ob der Trauer um Pêrôz, den edlen und werten. Dem Lob Sûfarâjs galt jeder Sang, dem Kampfe mit Tûrân der Lauten Klang. Nur auf Sûfarâj heftet jeder den Blick, in ihm fand man Frische und Freude und Glück, er hatte ganz Îrân zurückgewonnen. Wer auf Rache an Chwašnawâz gesonnen, der war ob des Helden voll Freudigkeit und sein Geist von Besorgnissen ganz befreit. Keinen gab’s auf der Welt, der gewachsen ihm war. In der Weise ging’s bis zum fünften Jahr. Es geschah nur, was seinem Willen entsprach, er ordnet die Welt seinem Plane nach. Als die Welt seine Herrschermacht kennen gelernt, ward Balâš sehr höflich vom Throne entfernt. Er sagte zu ihm: »Du regierst nicht das Reich, denn Gute und Böse sind für dich gleich; das Königtum ist dir bloss ein Spiel, wie die Laune es will, ohne ernstliches Ziel. Qubâd versteht doch mehr als du davon und hat grössere Eignung für diesen Thron.« Balâš ging in seinen Palast; dass er sagte: »Heb dich weg!« war etwas, was er nicht wagte; er sprach: »Dieser Thron ist mit Müh’ nicht verbunden, Plage, Schmerz und Fluch werden darauf nicht empfunden.«
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Thronbesteigung Qubâds und Ermahnung der Grossen Als das Glückskind Qubâd nun sass auf dem Throne, setzte er aufs Haupt sich der Grösse Krone. Nach Ṭîsǝfûn zog er um aus Isṭachr. Als er auf dem sieghaften Thron sass, da sprach er zu den Stolzen, die damit prahlten als Heim: »Haltet vor mir nur niemals etwas geheim! Der Zutritt zu mir steht euch immer frei, ob Tageshelle, ob Nachtdunkel sei. Gross ist nur der, der zur Wahrheit stet die Sprache rüstet und Lüge verschmäht. Wenn er Freigebigkeit noch im Zorne beweist, dann preist man ihn als den edelsten Geist; er darf den Thron der Zufriedenheit gründen und durch Rechttun das Lob aller Grossen finden. Hältst das eigene Herz du ferne von Hass, dann loben so Grosse wie Kleine dich bass. Wenn ein König erst einmal zum Lügner wird, sucht den Krieg er, den seine Lüge gebiert. Höre aufmerksam erst die Leute an; weisst du alles, so urteilst du richtig dann. Ist ein Gelehrter von Gier heimgesucht, trägt seine Gelehrsamkeit keine Frucht. Beim Gelehrten, den Flüchtigkeit fortgerissen, ist wie in der Salzwüste Wasser sein Wissen. Wer das Herz seiner Leute gewinnen will,
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der bleib auch beim Tadeln bescheiden und still. Ein Reicher, der knausert mit seinen Schätzen ist noch ärmer als ein Armer zu schätzen. Will ein armer Unwissender Macht entrollen, gleicht seine Regierung der eines Tollen. Kennt einer die Fehler, die selbst ihm zueigen, wird er von den Fehlern der andern gern schweigen. Säule der Vernunft ist geduldig Beharren; der Jähzorn erniedrigt dich zum Narren. Wer zu Gottes Gerechtsein Vertrauen gewinnt, wird mächtig, gleichmütig und reingesinnt. Halte Mühen und Sorge fern von dir, und besser als Schätze ist Freiheit von Gier. Wer freigebig ist, hat dran Wegezehrung; der Leib stirbt, der Name lebt in Verehrung. Ihr sollt alles durchaus mit Güte behandeln und nicht auf der Welt zum Bösen wandeln.« Alle Grossen brachten ihm Ovation und streuten Smaragde auf Krone und Thron. Er war noch, jung, sechzehn Jahre alt, und nahm wenig nur teil an der Königsgewalt. Sûfarâj führte alle Geschäfte der Welt; Qubâd war in Îrân ins Abseits gestellt; alles Werk verrichtete Held Sûfarâj und er gab dem König auch niemanden bei; nicht Befehl hatte der noch Mȏbad noch Rat; die Welt kannte nur Sûfarâjs Wesirat.
Die Îrânier hetzen Qubâd gegen Sûfarâj auf und er tötet Sûfarâj So ging’s bis zum einundzwanzigsten Jahr. Tulpe wurde der Wein, der im Becher war. Da kam zum Gekrönten Sûfarâj 23 sechzehn Jahre alt: W: dreimal fünf plus ein Jahr (nach Mohl drei plus fünf plus eins) 24.2 ins Abseits gestellt: W: nicht Herrscher
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und bat, dass erlaubt ihm die Rückreise sei. Und Feldherr und Heer beim Paukenschlägen zogen Šîrâz als dem Ziele entgegen. Froh kehrt er in seine Stadt zurück; von jeglichem Wunsch war erfüllt ein gut Stück. Ganz Pârs musste ihm wie ein Sklave sich neigen; alles ausser dem Königsthron nannt’ er sein Eigen: Er meinte: »Ich setzte den Schah auf den Thron und huldigte ihm mit dem Reiche schon; wenn ihm einer von mir etwas Hässliches sagt, würde er kalt behandelt und fortgejagt.« Er hob Abgaben ein vom ganzen Land, von jedem Grossen und jedem von Stand. Als aus Šîrâz Nachricht erhielt Kai Qubâd und von jeder gerechten und unrechten Tat, da sagte ein jeder: »Den Königstitel hat von Îrân allein er, nicht Heer und nicht Mittel. Er hat nichts zu befehlen noch auch nur zu raten; die Welt ist in Sûfarâjs Knechtschaft geraten.« Und wen es da gab von Qubâds Vertrauten, der liess auch solches vor ihm verlauten: (»Weswegen genügt es dir, hoher Fürst,) dass du mit König betitelt wirst? Sein Schatz ist gefüllter auch als der deine; es tut not, dass die Welt man von ihm bereine. Ganz Pârs hält er schon im Sklavenrechte und alle Grossen sind nur seine Knechte.« Kai Qubâds Herz ward böse durch solches Wort; das Gedächtnis, was er ihm geleistet, schwand fort. Er sprach: »Würde ich ein Heer aussenden, er würde sich kriegerisch gegen mich wenden und ich hätt für mein Geld einen Feind mir gemacht und viel Sorge und Müh’n über mich gebracht. Seiner Taten gedenkt ein jeglicher gern, doch kennt nicht seines Handelns verborgenen Kern. Keiner ist in Îrân, dessen Kampflust rege,
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dass von hier gegen ihn mit dem Heere er zöge.« Da sagte ein Weiser: »Häng dem nicht nach, dass man jenem huldigen würde als Schah. Du hast Diener und Männer, ein Heer zu führen, deren Hände den kreisenden Himmel berühren. Kommt erst einmal herbei Šâpûr aus Rai, zerreisst er das Herz dem Schuft Sûfaraj.« Dies vernahm der Schah, der sich nun ermannte, die Verdienste vergass und nur Fehler mehr kannte, und des hiess einen gleich, dem Erfahrung zu eigen, Kai Qubâd wie der Sturmwind sein Ross besteigen: er schütze als Zweck eine Falkenjagd vor und begebe nach Rai sich zu Šâpûr, dann lass er sogleich ihn zur Fahrt sich bereiten und von Rai zum Hofe des Königs reiten. Wie der Herbststurm kam nach Rai mit zwei Rossen auf des Königs Befehl der Gesandte geschossen. Der Empfangswart befragte ihn, da er ihn sah, und nahm ihm ab das Schreiben des Schah, das übergab er dann Šâpûr aus Rai und führt ihm den stolzen Reiter herbei. Er las den Brief des Kai Qubâd vor, da lachte der Mihrak-Spross Šâpor, denn den Sûfarâj hasste niemand mehr auf der ganzen Welt als gerade er. Die Befehlshaber rief er zu sich hin und liess rasch das Heer nach Ṭîsǝfûn ziehn. Als das Heer er gebracht an besagten Ort, gab man zum König ihm Zutritt sofort. Der Weltherr begrüsste den Paladin, auf den Thron, den türkisreichen, setzte er ihn und sprach: »Von der Krone habe ich nichts und stehe im Ruf eines närrischen Wichts. Sûfarâj zog die ganze Herrschaft an sich, 57 Er las … Kai Qubâd vor: Besser wohl – ausser für den Reim –, dass Šâpûr den Brief selbst las.
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nur den Namen Grosskönig führe ich. Sein Recht und sein Unrecht sind auf meinem Nacken; am Schluss werd ich einmal zusammensacken. Wär’ mein Bruder noch Herr, wär’ es allen lieber als Sûfarâj dieser Unrechtverüber.« Šâpûr sprach zu ihm: »Oh König, du verstöre damit nicht des Herzens Ruh! Du musst nun verfassen ein strenges Dekret, gestützt auf die Herkunft und die Majestät; drin sag: ›Von dem Königtum hab ich nicht mehr als die Sorgen allein und den Schatz, der ganz leer. Die Steuern kriegst du und mich trifft die Schuld; weiter König zu heissen fehlt mir Geduld. Hier send’ einen Pahlawân ich dir nun; ich muss sehr oft seufzen über dein Tun.‹ Kommt ein derartiger Brief bei ihm an und wenn ich und kriegslustige Truppen ihm nahn, dann lass ich ihn nicht mehr die Augen aufschlagen und will ihm nur Worte des Zornes sagen.« Da riefen sie einen Briefschreiber vor und wiesen den Sitz ihm an bei Šâpor; was dem Schah er gesagt, diktiert er als Brief, dass das Schreibrohr sich krümmend dem Winde gleich lief. Als der Schah auf das Schreiben sein Siegel gab, zog Šâpûr mitsamt seinem Heere ab. Hernach wählte er, wer da namhaft war, verstreut aus dem Heere des Schahrǝjâr; er selbst und wer Adel und Kriegsmut besass die wandten das Antlitz zur Stadt Šîrâz. Als Sûfarâj solches gemeldet ward, begab auch er sich auf Heeresfahrt. Er zog ihm entgegen mit starken Streitern, mit erlesenen gepanzerten Reitern. Als sie schliesslich dann aufeinander stiessen und beide Stolzen die Rosse verliessen,
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sassen im Gespräch Sûfarâj und Šâpor und brachten viel Gutes und Böses vor. Wie des Königs Brief jenem zugestellt ward, kam’s zu schwierigen Reden jeglicher Art, und als diesen Brief der Held erst gelesen, ward er welk und trüb und verdüstert sein Wesen. Nach der Lesung des Briefes sagte Šâpor: »Jetzt machen wir uns nichts weiter vor! Der König befahl, dich in Fesseln zu legen; er beklagt sich oft vor Edlen und Degen, so wie du es hier in dem Briefe gelesen; du kennst ja des Königs starrsinniges Wesen.« Also gab ihm Antwort darauf der Held: »Mich kennt sehr wohl der Herrscher der Welt. aus den Mühn, die für ihn ich auf mich nahm, (als aus Zâbulistân mit dem Heer ich kam,) als mit Mut ich ihn seiner Fesseln entledigt und nicht duldete, dass ihn jemand beschädigt. Da ist Macht beim König mir zugestanden und auch bei Îrâns Helden und Granden. Und jetzt sind Fesseln Belohnung für mich! Mit Kampf will ich keineswegs ärgern dich, auch von dir keine Frist. Leg den Fuss mir in Ketten, da Ketten von ihm mir nichts trauriges hätten. Ist vor Gott und dem Heere denn Scham ihm fremd, da ich viel doch des heissen Blutes verströmt? Als der Schah noch in Banden lag, zu der Zeit da schwor ich zu Gott einen starken Eid: ›Meine Hand soll den Handgriff des Schwertes nur sehn, durch den Kampf soll die Sonne in Wolken gehn: ich will opfern mein Haupt oder Chwašnawâz’ Nacken von dem Throne hinweg mit der Zange packen.‹ Jetzt befiehlt er Fesseln, und Fesseln gebühren mir als Busse für unnützes Redeführen. Bring seinen Befehl jetzt genau zur Vollführung! Wisse: Fesseln sind männliche Fussverzierung.«
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Als Šâpûr dies vernahm, legt’ er Fesseln ihm an, blies das eherne Horn, stieg zu Pferde sodann, worauf er aus Pârs vor Qubâd ihn brachte, 100 der des Vergangenen gar nicht gedachte. Er befahl, ihn in das Gefängnis zu zerren und zu den Irrsinnigen einzusperren; auch befahl er, dass man, was in Šîrâz lag an Saat und an Ernte, an Schatz und Ertrag, vollständig nach Ṭîsǝfûn transportiere und dem Schatzoberverwalter tradiere. Er pflog dann, als erst eine Woche vorbei, mit den Mȏbads Rat über Sûfarâj. Also sprach zum Schah eine Ratsperson: 105 »Es neigt sich ihm zu ganz Ṭîsǝfon, unser Volk und die Krieger auch, die gesamten, die Dorfvögte, ja unsre Hofbeamten; sollte unversehrt er in Îrân verbleiben, könntest du der Herrschaf den Abschiedsbrief schreiben. Besser bringt man den Feind des Weltenherrn um, besser macht man den Übelwollenden stumm.« Als der Fürst dies vom Mȏbad vernahm, hatte schliesslich nur das Neue mehr Reiz, war das Alte verdriesslich. Er befahl denn hernach, ihm das Leben zu kürzen 110 und der Sippe Herz in Verzweiflung zu stürzen.
Die Îrânier fesseln Qubâd und setzen seinen Bruder Ǧâmâsp auf den Thron
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Als die Nachricht zu den Îrâniern gekommen, der Elefantenleib habe ein Ende genommen, da erhob sich ein Schmerzensgeschrei in Îrân, 107.2 könntest du … schreiben: W: dir vom Königtum die Hand waschen. 108.2 macht man … stumm: W: bringt man das Haupt des Glücks des Übelwollenden zuende. 109.2 nur das Neue … verdriesslich: W: wollte er auf das Neue zu und vom Alten angeekelt. 110.2 und der Sippe … zu stürzen: W: sich winden, etw. zu machen.
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Weib, Mann und Kind hoben Wehklage an; die Zungen besudelt Verfluchungsschmutz und es erhob sich geheimer Trutz. Ganz Îrân war empört, Staub wirbelt empor und jeder bereitet zum Kampfe sich vor. Und ein jeder sprach: »Sûfarâj verschwand: da sei auch Qubâds Thron nicht mehr im Land!« Und Heer und Land dachten einerlei, dass der Name Qubâds nicht mehr tragbar sei. In den Königspalast kamen alle gegangen, ob der Lästrer voll Schmerz und voll Hilfeverlangen. Wer immer beim König ihn lästernd verflucht, wer ihm Böses gewollt, sein Verderben gesucht, brachten um sie und zerrten sie aus dem Gemach. Sodann aber spürten sie Ǧâmâsp nach, Qubâds jüngerem Bruder; dieser war von ihm zärtlich erzogen durch manches Jahr. Den erwählten sie, setzten ihn auf den Thron und brachten als König ihm Ovation. Eisenfesseln fügt’ an man Qubâds Gelenken, ohne Rang und Herkunft Beachtung zu schenken. Ein Sohn Sûfarâjs, sein Lieblingskind, war noch da, verständig und reingesinnt, ein harmloser Jüngling, Razmihr genannt, an dessen Ruf sein Vater viel Freude fand. Dem übergab man den König in Ketten, wobei seine Feinde es gern gesehn hätten, wenn Sûfarâjs Liebling aus Rachegefühlen am Weltenherrn sein Mütchen möcht’ kühlen. Doch dem harmlosen Razmihr, der Gott verehrte, lag es fern, dass mit Bösem die Hand er versehrte. Nur Verehrung bezeugte er vor dem Schah, ohne dass er ihm irgend von Rache sprach. 113.2 und es erhob … Trutz: W: es erhebt sich Geheimnis aus (ihrer) Mitte. 118 ihn: Sûfarâj
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Der König erstaunte darob, da er nur die Gnade der Menschlichkeit von ihm erfuhr; er entschuldigte sich: »Der mir Böses bestimmt, hat Glücksstern und Mond gegen mich ergrimmt. Kann ich jetzt aus meinen Fesseln mich lösen, dann will ich dich schützen vor allem Bösen; aus dem Herzen verbann ich für dich jedes Wehe, mein Auge soll strahlen, wenn ich dich sehe.« Zu ihm sagte Razmihr: »Oh König, quäle in dieser Sache doch nicht deine Seele. Wenn der Vater nicht tat, was die Pflicht ihm gebot, litt der Sohn Schmerz und Kummer durch seinen Tod; ich bin wie dein Sklave zu jeder Zeit und immer zu deinen Diensten bereit. Wenn du willst, will ich dir mit Eidschwur versprechen, niemals die Treue zu dir zu brechen.« (Als der König die Rede Razmihrs vernommen, ward sein Herz von Freude ganz überkommen.)
Qubâd flieht und nimmt Zuflucht zu den Haitâlern
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Qubâds Seele fand dadurch Sicherheit, durch die Worte des Klugen auch Heiterkeit, Er beschloss darauf, sich ihm zu entdecken, und sprach: »Ich will nicht dir mein Denken verstecken. Fünf Personen ist mein Geheimnis vertraut; ausserdem vernimmt keiner von mir einen Laut. Wir wollen sie rufen und uns offenbaren, wenn wir das Bedürfnis nach ihnen gewahren. Wenn du die Fesseln mir löst von den Füssen, sollst du vieles, wiss’, durch meine Pläne geniessen.« Als Razmihr hörte des Klugen Wort, nahm er rasch von den Füssen die Bande ihm fort. Sie verliessen die Stadt in finsterer Nacht ins freie Gefild aus der Feinde Wacht; sie wandten sich zu dem Lande Haitâl, den Weg suchend wund von der Sorgen und Qual.
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So wurden bestürzt diese Männer, die sieben, 145 wie der Staub so schnell nach Ahwâz getrieben. In einem reichen Dorf langten sie an; in dem Dorf lebt ein namhafter Edelmann. Bei dem Haus dieses Dorfvogts machten sie halt, nahmen, Atem zu schöpfen, dort Aufenthalt. Wie der Mond war des Dorfvogts schönes Kind; schwarz bekrönte das Haupt ein Moschusgewind. Als der Weltherr erblickte das Antlitz der Dirne, schwand dem Jüngling ganz der Verstand aus dem Hirne. Zu Razmihr kam er ohne Verweilen: 150 »Ich habe dir heimlich was mitzuteilen. Geh zum Dorfvogt und mach mein Geheimnis ihm kund, vielleicht gibt er die Schöne zum ehlichen Bund.« Jener ging zum Dorfvogt, so wie er’s befahl: »Hat die schöne Tochter noch keinen Gemahl, so verschaffe ich ihr einen edelen Mann und du wirst in Ahwâz Gebieter sodann«, worauf rasch der Dorfvogt zu Razmihr spricht: »Einen Mann hat die schöne Tochter noch nicht. Du hast zu befehlen: scheint sie euch wert, 155 dann gib sie jenem, der ihrer begehrt.« Der Kluge kam drauf zu Qubâd: »Oh Held, diese Schöne werde dir zugesellt; sie gefiel dir und du sahst sie ganz plötzlich und sowie du sie sahst schien sie dir ergötzlich.« Da berief Schah Qubâd dies Gesicht der Peri und liess es sich setzen aufs stolze Knie. Einen Siegelring nannte er noch sein; den Wert kannte keiner von diesem Stein. Er gab ihr den Ring: »Bewahr dieses Stück! 160 Eines Tages verlang ich ihn wieder zurück.« Eine Woche verblieb er an diesem Ort der Maid wegen und ging am achten Tag fort. Nun besuchte den König von Haitâl Qubâd,
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wobei des Vergangnen Erwähnung er tat; der Îrânier Taten erzählte der Schah, wie zum Bösen gegürtet sie sich nach und nach. Zu ihm sprach der König: »Des Chwašnawâz Tod brachte wohl dich heute in solche Not. Ein Heer übergebe ich dir durch Vertrag, von dem jeder sich Heldenzier rühmen mag. Gewinnst Schätze und Krone wieder du, fällt Čaġân mit Schatz und mit Thron mir zu. Mir gehört dann dies Grenzland und dir Îrân. Du wirst nicht bereuen, was du getan.« Qubâd sprach zum Überlegnen mit Lachen: »Dieses Lands wollen nicht mehr Erwähnung wir machen. Wenn du willst, sende ich dir ein zahlloses Heer; was wäre Čaġân, dass zu achten es wär?« Er gab Waffen und Reiter des Heers und Herden allesamt dem Schah, dem Herren der Erden. (Als der Pakt der zwei Stolzen geschlossen war, eröffnet das Tor er zu Schatz, Tross, Dinar.) Er empfing nunmehr dreissigtausend Streiter, alle schwertzückende Helden und Reiter. Nach Ahwâz begab er sich dann aus Haitâl; dieser Lärm erfüllte die Welt überall.
Qubâd kehrt aus Haitâl zurück. Kasrâ Nȏšînrawân wird geboren‚ und Qubâd setzt sich auf den Thron Zum Dorfvogthaus kommend, sah er die Gasse zur Gänze erfüllt von der Menschenmasse; frohe Botschaft brachten ihm alle entgegen: »Mög dem Schah der Sohn gereichen zum Segen! Ein Sohn ist’s, den Nachts deine Frau gebar und der dem Mond gleicht ganz wunderbar.« Er ging froh in das Haus, als er solches vernahm. Kasrâ war der Name, den jener bekam.
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Den Dorfvogt fragte Qubâd nunmehr: »Oh Bester, von wem stammst du eigentlich her?« Jener sprach: »Von Âfǝrȇdûn dem Grossen, der den Samen Ḍaḥḥâks vom Throne gestossen – (so sagte der Vater, die Mutter desgleichen –) von Âfǝrȇdûn dem Friedensreichen.« Kein Tag war freudvoller für Qubâd, seit er die Krone aufs Haupt sich tat. Eine Sänfte rüstend zog er dahin; die Gemahlin des Königs die sass darin. Er führte die Truppen ṭîsǝfûnwärts, wegen der Îrânier voll Blutes das Herz. In Îrân sassen die Heldengreise beisammen, die Vornehmen all und weise: »Zwischen zwei stolzen Königen: solchem Geschäfte sind wohl nicht gewachsen unsere Kräfte. Aus Čîn kommen Heere und aus Byzanz, viel Blut zu vergiessen unseres Lands. (Da sprach einer aus jener Versammlung: ›Ihr hohen erhabenen kriegsmutbeseelten Heroen‹) Zu Qubâd müssen wir unsre Schritte lenken, vielleicht mag der Dinge er nicht mehr gedenken. Den zehnjährgen Ǧâmâsp lasst mit uns sein, statt drohenden Hagels lässt Perlen er schnein. Vielleicht dass sich Plündrung und Blutvergiessen wie Angriffshandlung vermeiden liessen.« Zu Kai Qubâd kamen sie insgesamt und sprachen: »Oh König, chosrauentstammt, wurden durch dich die Herzen der Leute verletzt, mit Schamlosigkeit ihre Augen benetzt, sei erfolgreich in allem jetzt, was dir gefällt, denn der König der Welt ist Beherrscher der Welt.« 179 so sagte … desgleichen: Halbvers nach C (in V: der Grossvater).
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Zu Fuss kamen alle eilig in Haufen bestaubt und verdüsterten Geistes gelaufen; die Schuld der Grossen vergab der Schah und sah auch des Blutvergiessen nach. Dem Ǧâmâsp wurde gleichfalls verziehn. Die Grossen lobten und priesen ihn. Als er neu auf den Königsthron sich gesetzt, war Ǧâmâsp sein fürstlicher Diener jetzt. In seinem Reich die gesamte Regierung übertrug er Razmihr mit Vorsitzführung; durch ihn kam in Ordnung dies Königreich, die Welt ward voll Rechttun und schätzereich. Kasrâ wuchs heran in der Zwischenzeit, ein Kind voller Kraft und Tapferkeit. Er gab ihn Gelehrten zum Unterricht als frischblühenden Zweig, der Früchte verspricht. Er verwaltete ganz Îrân und Tûrân, die Krone hob er zum Himmel hinan. Dann zog er in das Romäerreich; jene Wälle dort wurden wie Wachs so weich. Er machte das Land zur Wüstenei. Zwei Städte baten um Schonung dabei, Handijâ und Fâriqîn waren dies, die er in der Zendreligion unterwies. Dort errichtet er auch den Feuerherd, wo man Naurȏz- und Sade-Fest feiernd ehrt. Er machte Madâin zum Königssitze und verbreitete vieles, was schädlich und nütze. Von Ahwâz bis Pârs eine Stadt baut’ er aus und verlegte dorthin das Krankenhaus. Qubâd nannte diese Stadt da Arân, doch die Araber nennen sie jetzt Ḥulwân. Er zog überall ein Netz von Kanälen und Ruhe und Schlaf konnten nirgends fehlen.
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Qubâd nimmt den Glauben des Mazdak an Ein beredter gelehrter Mann erstand, voll Einsicht und Streben, Mazdak genannt, ein vornehmer Mann, der Wissen hielt feil; vom beherzten Qubâd ward Gehör ihm zuteil. Berater des Schahs war er in allen Sachen, als Schatzwart sollt’ er den Schatz überwachen. Lebensmittelmangel stellte sich ein infolge der Dürre bei Gross und Klein; am Himmel kam keine Wolke in Sicht und in Îrân schneite und regnete es nicht. Der Welt Grosse sprachen infolge der Not am Königshofe von Wasser und Brot. Zu ihnen sprach nun also Mazdek: »Der König zeigt euch einen Hoffnungsweg.« Er selber begab sich zum König und sprach: »Oh du Enthaltsamkeit übender Schah, ich will dich jetzt über etwas befragen und bitte dich, mir deine Meinung zu sagen.« Qubâd sprach also zum Redner: »Sprich! Lass durch Worte neu aufblühen Ruhm für mich.« Er sprach: »Eine Schlange hat einen gebissen und dem Leibe fast schon die Seele entrissen; ein Gegengift hat ein anderer Mann; der Gebissene kriegt keinen Anteil dran. Welch gebührende Folge, meinst du wohl, trifft, wer ein Dirhamgewicht hat an Gegengift?« Der König sagte: »In Blutschuld verfällt, wer das Gegengift zurückbehält; für das Blut des Gebissenen tötet man ihn, schleppt sein Feind mit der Faust ihn zum Hofe hin.« Er vernahm’s und verliess den Schahrǝjâr und begab sich zur hilfesuchenden Schar. 211.2 als Schatzwart … überwachen: Kann auch heissen: Er wurde Überwacher jenes Schatzes und Schatzmeister.
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Er sprach zu ihr: »An den Herrscher der Welt hab zu jedem Punkte ich Fragen gestellt. Geduldet euch noch bis zur Morgenzeit, ich weis’ euch den Weg zur Gerechtigkeit.« Sie gingen und kehrten zurück am Morgen, seinen Worten gemäss und voll Nahrungssorgen. Als Mazdak von fern diese Wackern sah, lief zu Hofe er zu Îrâns Schah. Er sprach: »Oh du siegreiche Majestät, so stark und so geisteshell und beredt, Ich fragte und du gabst mir Antwort darauf, sie schloss ein versperrtes Tor mir auf, und erteilst du mir die Erlaubnis sofort, (sprech ich jetzt zu dir ein wegweisend Wort.«) Er sprach: »Verschliess nicht den Mund! Sprich frei!, damit deine Rede mir nützlich sei.« Da sagt er: »Oh edler Herrscher der Welt! Du hast einen zu schweren Banden verfällt; seine Seele gab hilflos er hin für ein Brot; man entzieht ihm die Nahrung, solang bis er tot. Was ist Strafe des, bei dem Brot vorhanden und der es versagt den Armen in Banden?« Was soll ihm geschehn, sag der König mir an: ist dieser ein reiner gebildeter Mann?« Die Antwort war: »Es geht ihm an den Kragen: Mord durch Unterlassung hat er zu tragen.« Mazdak hört’ es und küsste den Boden sofort; stolzen Schrittes ging er vom Könige fort. Unterm Torbogen sprach zur Menge Mazdek: »Wenn irgendwo Weizen liegt im Versteck, nehmt jeder davon, was jedem wert, und zerstört das Dorf, wenn den Preis man begehrt.« Was im Land er besass, gab der Plündrung er frei, damit jedem ein Anteil zugänglich sei. Wer da hungrig war, kam herbeigeeilt;
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alles Korn ward im Plünderungswege verteilt, mochten’s Speicher der Stadt und des Königs sein; ein Weizenkorn macht nicht zufrieden allein. Als solches die Spitzel nun entdeckten, kamen sie zum König, dem aufgeweckten: »Man plündert des Königs Kornmagazin! Das ist Mazdak, die ganze Schuld trifft nur ihn.« Den Volksredner rief zu sich da der Schah, worauf über Kornspeicherplündrung er sprach. Also gab der Antwort: »Oh mögst du gedeihn und die Rede dem Geiste Wegzehrung sein! Was vom König ich hörte, hab unverweilt ich den Îrâniern mitgeteilt. Der König kennt meine Schlangengeschichte mit Gift und Gegengift aus dem Berichte; der König gab auch schon kund seinem Knecht, was für Gegengifteigner und -wünscher sei Recht; wenn der Schlangengebissne am Gifte stirbt, weil vom Gegengift nichts er von jenem erwirbt; wer den Gegengifteigner am Leben straft, von dem verlang’ man nicht Rechenschaft. Dem, der hungert, ist Gegengift nun das Brot; ist er satt, so ist ihm nicht Gegengift not. Würdest du, oh Schah, der Gerechtigkeit dienen, bräuchte es kein Tor bei Kornmagazinen. Viele Menschen sterben mit hungerndem Bauch, getötet von Kornspeichern ausser Gebrauch.« Das Herz des Qubâd zog die Rede zusammen, ihre Rechtlichkeit liess sein Gehirn sich entflammen. Nachdem er noch weiter gefragt und vernommen, waren Seele und Herz vom Wort eingenommen, von dem, was uns die Propheten vermelden und nach Rechten richtende Mȏbads und Helden. Von den Reden Mazdaks wurde ihm ganz kraus, sie gingen weit über das Mass hinaus. Bei ihm sammelten sich zahlreiche Scharen,
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die aus Abwegigkeit zu ihm kamen gefahren. Er redete also: »Dem Reichtums-Stand gegenüber gibt’s Leute mit leerer Hand. Es gehört sich nicht, dass wer im Überfluss lebt; Arm und Reich seien gleich ineinander verwebt. Eine Welt wär in Ordnung, die wohlhabend wär; verboten und hässlich ist drüber das Mehr. Weib, Haus und Gut sind zu teilen, den Reichen sind die Armen vollständig anzugleichen. Ich richte dies grad mit dem Glauben, dem reinen; was hoch und was Graben ist, wird klar erscheinen; und wer einen anderen Glauben sucht, ist auf diesem Wege von Gott verflucht.« Alle Armen behandelt’ er gleich, nicht minder die ganz alten Leute als wie die Kinder. Dem gab er das Gut, das er jenem genommen; von Erstaunen wurde wer klug überkommen. Qubâd, der’s vernahm, schloss sich an seiner Sekte, da Weltfreudigkeit ihm sein Reden erweckte. Er setzte ihn froh sich zur rechten Hand; wo der Mȏbad sei, war dem Heer nicht bekannt. Wer da arm war, der war in seinem Geleit, selbst wer Brot sich verdiente durch Handarbeit. Sein Glaube war ringsumher im Gedeihn; auf eine Bekämpfung liess keiner sich ein. Von den Gütern wandte der Reiche sich ab, der dem Armen das, was er besass, übergab.
Kasrâ greift Mazdak an und tötet ihn So kam’s, dass einmal, als der Morgen anbrach, Mazdak aus dem Hause kam zum Schah: »Von denen, die unserem Glauben ergeben 260.2 aus Abwegigkeit: Kann auch heissen: von der Strasse, von der Reise her. 270.2 Mȏbad: Wesir (besser: zoroastrischer Priester/Berater), Heer oder Gefolge.
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reinsinnig als Untertanen uns leben, warten viele der Häupter der Welt am Tor; sollen diese weiterziehn? Führ ich sie vor?« Qubâd vernahm, was Mazdak so sprach, und Audienz zu gewähren, befahl der Schah. Doch also sprach Mazdak: »Dieser Raum ist enge, oh erhabener Schah, und zahlreich die Menge. Für alle wird Platz vor dem Throne nicht sein. Der Schah schreite hinaus und beschau sie im Frei’n.« Er befahl, dass den Thron man ins Freie trage aus seinem Palast und draussen aufschlage. Dreitausend dem Mazdak-Glauben Ergebene kamen nun zum König froh in die Ebene. Also sprach dann Mazdak zum König des Lands: »Oh du höher als Wissen und höher als Glanz, Kasrâ teilt unsern Glauben nicht, wie du weisst; wie geht’s an, dass man ihn dem seinen entreisst? Er muss erklären durch Handschriftattest, dass er den Weg des Bösen verlässt. Fünf Dinge verführen vom rechten Pfad – wer gelehrt ist, der weiss, es sind fünf gerad –: wer dem Neid und dem Hass und dem Zorn unterliegt und der Not und wen fünftens die Gier besiegt. Kannst diese fünf Dȇwe du erst besiegen, wird der Weg des Weltenherrn klar vor dir liegen. Weib und Wertsachen sind von den fünf; davon wird geschwächt auf der Welt die Glücksreligion. Weib und Wertsachen müssen gemeinsam sein, soll die Glücksreligion ohne Schaden gedeihn. Diese zwei bringen Neid, Gier und Not zur Welt, denen Zorn sich heimlich und Hass gesellt. Auch die Klugen weiss der Dȇw zu betören; diese zwei müssen allen gemeinsam gehören.« Er sprach’s und ergriff des Kasrâ Hand; der Schah von Îrân war von Staunen gebannt.
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Doch der Edle zog zornig die Hand hinweg und wandte hastig das Aug’ von Mazdek. Da sagte Qubâd dem mit lachendem Mund: »Worin hat wohl Kasrâs Hass seinen Grund?« Da sagte Mazdak: »Verirrt ist dein Sohn von dem Weg und hat nicht unsre Religion.« Der König begann gleich Kasrâ zu fragen: (»Weshalb willst du dem besten Glauben entsagen?«) Darauf sagte Kasrâ: »Gibst du mir Zeit, beweis ich, dass alles drin Unwahrheit. Wenn die Lüge und Falschheit zutage tritt, dann teilt sich dir strahlend die Wahrheit mit.« Darauf sprach Mazdak: »Wieviel Tage Frist willst du dass die Leuchte der Welt dir bemisst?« Da erwiderte Kasrâ: »Fünf Monate Zeit; im sechsten erhält der König Bescheid.« So setzten sie’s fest und gingen; der Schah, der erhabene, kehrte zurück in’s Gemach. Kasrâ sandte nun jemanden überallhin, wen er sachkundig sah und von hilfreichem Sinn. Einer kam auch nach Chwurre-i Ardašîr: »Zum Hof komm der greise Hurmuzd von hier!« Aus Isṭachr Mihr Âḏarî aber kam, der dreissig Freunde zum Hof mitnahm. Die Wissenschaftsforscher setzten sich nieder und besprachen genau alles Für und Wider, um Kasrâ das Resultat zu behändigen, die alten Gelehrten, die Höchstverständigen. Als es Kasrâ vernahm, ging er zu Qubâd, indem er des Mazdak Erwähnung tat: »Die Frist ist nun abgelaufen schon, die ich begehrt für die Glücksreligion. Behauptete er die Wahrheit mit Recht, würde so die Lehre Zardušts geschwächt, würd ich mich seinem reinen Glauben ergeben und was er erwählt, gält mir mehr als das Leben;
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wenn Firȇdûns Weg nicht die Wahrheit enthält, braucht es nicht Zandawestâs mehr auf der Welt; dann wären die Worte des Mazdak nicht Trug und die Welt hätte an ihm als Lehrer genug. Aber ist nichts als Lüge das was er spricht, sucht den Weg des reinen Gottes er nicht, dann schieb seine Lehre mit Abscheu beiseit’ und seine Gebote der Unseligkeit. Übergib mir ihn dann und wer ihm vertraut! Es behalt ihrer keiner dann Hirn und Haut!« Er führte als Zeugen Razmihr, Charrâd, Farâhîn und Bindôj sowie Bihzâd. Und von dort begab er sich in sein Gemach und ging seiner wahren Verpflichtung nach. Als die Krone zeigte der Sonnenschein und die Erde ein Meer ward von Elfenbein, da führte herbei des Weltenherrn Spross Beredte und Mȏbads und Adelstross. So kamen denn in des Königs Halle Beredte und Wissenserforscher alle. Der herzerfreuende Mȏbad kam zu Qubâd, indem er das Wort bei ihm nahm; also sprach der Mȏbad Mazdak an vor der Menge: »Du wissenerforschender Mann, einen neuen Glauben führtest du ein, Weib und Wertsachen sollten gemeinsam sein. Wie soll dann der Sohn seinen Vater erkennen, der Vater wissen, wen Sohn er dürft’ nennen? Sind die Menschen einander gleichgestellt, wie erkennt Hoch und Niedrig man auf der Welt? Wer wird das Geringeren Stelle versehn, dem es freisteht, in eine Höh’re zu gehn? Wer wird mir und dir als Arbeiter dienen, da ein Besser und Schlechter fremd wurde ihnen? Und wer erbt die Habe im Falle des Sterbens? Fürst und Arbeiter haben gleiches Recht des Erwerbens.
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Die Welt macht die Lehre zu Wüstenein; dies Übel soll ferne von Îrân sein! Wer mag Taglöhner sein, sind alle doch Herren? Ein jeder hat Schätze; wer sorgt fürs Versperren? Kein Glaubensstifter hat so sich vermessen; du bist insgeheim von dem Dȇw besessen. In die Hölle bringst du das Menschengeschlecht; alle Schlechtigkeit hältst du nicht für schlecht.« Wie Qubâd diese Rede des Mȏbad hört, da gab er ihr Recht und war sehr empört. Der edle Kasrâ nahm ihn zum Genossen. Der Mann ohne Glauben ward schwer verdrossen. Die Menge begann zu schrein und zu toben: »Mazdak sei nicht mehr beim Könige droben! Er wird uns den Gottesglauben vernichten; in den hohen Empfangsaal gehört er mitnichten!« Dem Schah ging der Glaube nun wider den Strich, das Getane erschien ihm nicht förderlich; er überliess ihn gleich Kasrâ ganz und gar mit jedem, der Sektenanhänger war. Dreitausend der Edlen betrug ihre Schar. Zugleich sprach zum Sohne der Schahrǝjâr: »Mach mit dieser Sekte, was dir genehm; nur dass ich von Mazdak kein Wort mehr vernehm.« Ein Garten war bei des Kasrâ Palast, von einer berghohen Mauer umfasst. Er liess ringsherum einen Graben ziehn und verteilte die Leute darüber hin; dann pflanzt man sie wie eine Baumallee, ganz dicht, Kopf unten, die Füsse zu Höh. Zu Mazdak sprach also Kasrâ: »Wohlan, geh und schau meinen herrlichen Garten dir an! Denn der Samen, den du gesät zuvor, hat dir Früchte bereits gereift, du Tor. Dort siehst du ganz neue Bäume gepflanzt, wie noch nie du sie sahst noch beschrieben fandst.«
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Da öffnete Mazdak die Türe des Gartens, von fruchtbaren Pflanzungen voller Erwartens; doch wie er’s erblickt, stiess er aus einen Schrei und mit seinem Bewusstsein war es vorbei. Auf Kasrâs Befehl errichtete man einen hohen Galgen; ein Strick hing daran; der Unselige hing lebendig am Pfahl und der Kopf des Glaubenslosen zutal. Darauf tötet man ihn mit der Pfeile Regen. Bist du klug, geh nicht auf des Mazdak Wegen. (Ich hörte die Sache in anderer Weise von einem verstorbenen klugen Greise: Mazdak habe die Tochter des Schahs begehrt und das Reich und den Thron und die Sachen von Wert, drauf hab Teer zu sieden befohlen er und sie warfen ihn häuptlings in diesen Teer.) Das Vermögen der Grossen war ausser Gefahr, Weib, Kinder und Schatz der Verwirrung bar. Lange Zeit hindurch war beschämt Qubâd, nur mit Fluch war’s, dass Mazdaks Erwähnung er tat. Er beschenkte die Armen, dem Feuerherd wurde auch eine Ehrengabe verehrt. Ob Kasrâs war der Schah so voller Behagen – des Zweigs, der als Frucht ihm Juwelen getragen –, dass er künftighin immer Rat mit ihm pflog und der Vater sein Wort in Erwähnung zog.
Qubâd ernennt Kasrâ zum Thronfolger und die Grossen nennen ihn Nȏšînrawân Als vierzig Jahr seines Reiches vorüber, stimmten Todesgedanken das Herz ihm trüber. Einen Brief schrieb auf Seide er mit Vergnügen – in-Herzen-erweckenden würdigen Zügen. Der Herrgott ist’s, dessen zuerst er gedenkt, »der uns Glauben, Verstand und Tüchtigkeit schenkt;
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was er sagt, das trifft ganz unfehlbar ein, es möge geheim, es möge offenbar sein. Seines Reiches Enden hat keiner gesehn, und wen er erwählt, kann zugrunde nicht gehn. Ihr alle, die schaut die Schrift des Qubâd, habt nichts im Sinn als der Weisen Rat. Kasrâ übergeb ich den herrlichen Thron. Gott sei stets zufrieden mit meinem Sohn! Möge nach meinem Tod er leben beglückt! Das Herz seiner Feinde sei raucherstickt! Wir wollen ihm Liebe der Mȏbads erreichen, der Untertanen und Kriegsmutreichen; verstreut nichts unnütz von seinem Wort, seid froh über ihn und füllt seinen Hort!« Den Brief, mit dem goldenen Siegel versehn, übergab er dem Mȏbad von Râm Barzîn. Qubâd zählte nun schon achtzig Jahr, ohne dass ihm der Tod schon willkommen war. Wer auf Erden freut sich denn auf den Tod? Wer weiss, welches End’ seinem Wirken droht? Er scheidet, die Welt bleibt als Erbschaft zurück; dahin alle Mühen und Ruhe und Glück. Was ist Gutes, das er vom Sammeln fand? Er muss von hier scheiden mit leerer Hand. In Seide hüllten die Leiche sie ein, schafften Blumen an, Moschus, Kampfer und Wein. Ein Grabmal, so wie’s dem Grosskönig gebührt, mit Goldthron und Krone ward aufgeführt. Auf den goldenen Thron hoben sie den Schah und versperrten auf ewig den Zugang hernach. Niemand hat mehr das Antlitz Qubâds geschaut; er zog über die Welt wie die Windesbraut. Nie wärst du gesichert vorm Kreisen der Zeit! Das Ende ereilt dich mit Notwendigkeit. 366 Kasrâ übergeb … Thron: Umstellung
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Als der Mȏbad beendigt die Trauer Qubâds, legte er jenen Brief auf den Ehrenplatz. Die Grossen und Mȏbads von Îrân fanden sich zusammen mit den verständigen Granden; man verlas das Schreiben in dieser Session und setzte den Thronfolger froh auf den Thron. (nach des Vaters Art mit der Königswürde, mit Thron und Ehre und Glanz und Zierde). Als Kasrâ neu auf dem Throne erschien, da nannten den neuen König sie ihn, man wünschte ihm Segen zur Herrschaft im Reich; über Raum und Zeit gebot er zugleich. Die Welt blühte von seiner Krone auf; Wolf und Lamm tranken beide vom Wasserlauf. (Und alle erfreute der strahlende Thron und wer immer brachte ihm Ovation): »Oh mög’ ewig der Schah auf dem Throne sitzen und des Ǧamsȇd Glanz seinen Glanz überblitzen!« Ob der Güte, Gerechtigkeit und Majestät, Gelehrtheit und Religiosität benannte Nȏšînrawân man ihn, da sein Antlitz jung und sein Reich erschien. Das Buch Kai Qubâds ist nunmehr zu Ende, weshalb ich zu Kasrâs Geschichte mich wende.
Klage des Dichters über das Alter »Ach Zypresse, die hoch unser Herz erfreute, was bist du denn gar so tieftraurig heute? Bei der Heiterkeit, diesem Glanz und der Zier – warum wurde das Herz voller Ängste dir?« Die Zypresse erwiderte solchergestalt: »Als ich heiter war, ja da war ich nicht alt. Der Sechziger Kraft hat mich arg geschwächt, lass ab! Miss mit ihr dich nicht im Gefecht!« 390 Nȏšînrawân: »mit süssem Geist« 395.2 mit ihr: mit der Kraft der sechzig Jahre, dem Alter.
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Es hat Drachenhauch und hat Löwenkrallen und beisst jeden, der ihm in die Hände gefallen. Wie’s mit Donnerstimme und Wolfskraft droht, steht zur Linken die Pein ihm und rechts der Tod. Die Zypresse hat es zur Krümmung verderbt, das Jasminblütenblatt wie Ambra gefärbt. Zu Safran macht es die Purpurrose und aus Safran Leiden, erbarmungslose. Des Eilboten Fuss wird in Fesseln geschlagen und der brave Leib muss das Elend ertragen. Mir trübt sich die Perle, die wasserklare, die Zypresse senkt sich, die wunderbare. Wehklagend werden die dunklen Narzissen und feucht von Ermattung und Kümmernissen. Das Herz, froh und kummerlos, ward voller Klage; reizlos und aussichtslos sind meine Tage. Wird der Mensch erst zum müden Löwen, so rennt rasch der Tod herbei, den man Alter nennt. Achtundvierzig Jahr herrschte Nȏšînrawân; du wardst sechzig, da fiel dich das Alter schon an. Such von all deinem Tun das Ende jetzund; durch Streben nach Mehr mach dein Herz nicht wund.
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XLI Regierung des Kasrâ Nȏšînrawân Sie währte achtundvierzig Jahre.
Nȏšînrawân gibt den iranischen Führern Weisungen
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Als Kasrâ sass auf dem Elfenbeinthrone, setzt’ aufs Haupt er die herzerleuchtende Krone. Da versammelten sich die Grossen der Welt. Als der Fürst nun sass seinen Räten gesellt, da eröffnet das Haupt der Fürsten den Mund, gab das Lob des Gebers des Guten kund und sprach also: »Des, der hervorgebracht den Himmel, sei liebend und preisend gedacht! Gut und Bös kommt von ihm und Schande und Ruhm, durch ihn sind wir traurig und froh wiederum. Sein Gebot bewirkt, dass die Sonne strahlt, von ihm kommt der Glanz und von ihm die Gewalt. Wir müssen so handeln, wie er es befohlen, nach seinem Geheisse nur Atem holen. Wer vom Throne der Grossen Gerechtigkeit übt, dessen Herz bleibt durch sie immer ungetrübt. Aber jener, der böse Gedanken hegt, ist einer, der schliesslich sich selber schlägt. Seine tiefsten Gedanken sind keinem bewusst, ich hab keinen Weg in die Enge der Brust. Wir erteilen Bescheid, was begehren man mag; den Gesuchstellern machen wir glücklich den Tag. Macht ein Fürst zum Gewerb die Gerechtigkeit, so erweckt dies bei allen Zufriedenheit. Lass nicht heutiges Tun für morgen zurück;
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wer weiss, was ihm morgen bringt das Geschick. Die Rose, die heute in Blüte steht, willst du morgen erst pflücken? Die Blüte vergeht. Zur Zeit, da dein Körper noch stark ist und jung, denk an Krankheit und Schmerzen und Schädigung; nach dem Leben, bedenk, kommt der Tod gewandelt, der uns so wie der Sturm das Blatt behandelt. Wirst du in deinen Geschäften träge, so denk, eine Krankheit sei auf dem Wege. Wenn du besiegt von dem Neide wardst, so bist du ein Leidender ohne Arzt. Vermag Leidenschaft den Verstand zu beugen, will er für die Besessenheit keinen Zeugen. Die Geschwätzigen ferner und Müssig-Trägen werden bei keinem viel Ehre einlegen. Der Lüge Weg führt durch Dunkelheit; der Weg zur Wahrheit ist keineswegs breit. Bist du je bei einem Werke der Leiter, sei kein stumpfer und träger Vorarbeiter. Ist deiner Zunge die Lüge gesellt, so kriegst du nicht Licht vom Throne der Welt. Auf Hilflosigkeit lassen Lügen schliessen und Hilflose machen die Tränen fliessen. Hebt der Fürst sich vom Schlafe zu früher Stund’, ist er sicher vorm Feinde und bleibt gesund. Verstand und Bedarfslosigkeit geben dir Überlegenheit vor Schmerz, Müh und Gier. Ein Schah voll Freigebigkeit und Gerechtigkeit macht die Welt voll Schönheit und Prächtigkeit; doch sobald er Falschheit darunter tut, wird zum Gifte die Speise, der Trank zu Blut. Wer sich hier in dieser Versammlung befindet, der höre, was laut meine Stimme verkündet. Gebt aufmerksam acht vom Anfang zum Ende, dass sich jedes Jahr euch im Glück vollende. Wir haben schon viele Könige erlebt,
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nach Gerechtigkeit und nach Einsicht gestrebt; doch sei dem Wesir stets das Ohr geliehn, Gut und Böse zeigen sich nicht ohne ihn. Wer immer diesem Empfangssaale naht’ und in wichtiger Sache nicht fände den Pfad, dann wäre ich uneins mit einem Wesir, der solcherlei Sachverhalt bärge vor mir. Am Hof meine sämtlichen Mitarbeiter, vom Heere meine tapferen Reiter, da wir nicht karg sind bei ihrer Entlohnung, seien stets bedacht auf des Rufes Schonung. Menschlichkeit soll sowie Wahrheit nur walten, die Gerechtigkeit soll sich voll entfalten. Wer sich unter den Îrâniern befindet und zu diesem Empfangsaal die Mitte sich bindet, trifft bei uns auf Sanftmut und Freigebigkeit, ist er klug und bescheiden zum Dienst uns bereit. Wenn ein Untertan sich zum Unrecht kehrt, unvernünftig wird und Gott nicht verehrt, wird die Strafe ihm für sein Verbrechen bemessen; er muss nicht den Kummer des Unadels fressen. Richtet ihr das Herz nur auf Gottes Gebot! Vor uns euch zu fürchten habt ihr nicht not. Denn er ist der Beherrscher der Herrscher der Welt; es geschieht, was dem siegreichen Herrn gefällt; er bewirkt, dass die Sonnen- und Mondkrone gleisst, er ist’s, der den Weg zur Gerechtigkeit weist; er, der Weltenherr, der die Richter richtet, ist grösser als was einer denkt und dichtet. Er schuf Raum und Zeit und das Weltallgetriebe, er rüstete Seele und Herz uns mit Liebe. (Wenn wir gerecht sind – auf ihm beruht’s. Wenn wir Güter verschenken – er allein tut’s. 41.2 er muss … fressen: Dürfte den Sinn haben: Er braucht sich das Schicksal, das einen unedlen Menschen trifft, nicht zu Herzen gehen zu lassen.
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Was da ist – er ist’s, der hervor es rief, es sei Kummer, sei Freude, Hoch oder Tief.) Er bewacht die Kron’ und den hohen Thron; du machst ihn zum Freunde durch Devotion. Euren Herzen gibt er uns zu lieben Licht, Herz und Auge der Feinde vernäht er dicht. Aus seinem Gebot kommt’s, wenn wir gesund sind, alles Gute, weil wir in seinem Bund sind. Vom Gras zu den sieben hohen Kreisen alles, Erde, Wasser und Feuer beweisen durch ihr Zeugnis, dass Gott existiert, der deinem Geist durch sie offenbar wird. Alles Lob ist unter seinem Befehle und ihn zu verehren verpflichtet die Seele.« Als die Worte bekanntgab Nȏšînrawân, kam die Welt darüber Verwunderung an. Alle erhoben sich gleicherweise und stimmten neu ein zu Lob und Preise.
Kasrâ teilt sein Reich in vier Teile und regelt die Grundsteuer Der Grosskönig liess die Gelehrten kommen, die Weltlage ward genau durchgenommen. In vier Teile teilt er die Welt und diesen wurden Länder und Städte zugewiesen. Als ersten nannte er Churâsân; das Herz der Edlen hatt’ Freude dran. Isfahân befand sich im zweiten nebst Qum, der Sitz von Macht und von Rittertum. Dazu gehört Âḏar Âbâdegân, das als Gabe bestimmten die von Îrân, und von Armanîje bis zum Tor Ardabîls mass der herzwache Mann und die Landschaft Gîls; drittens Pârs und Ahwâz und das Land der Chazaren, die von Westen und Osten sein Eigen waren; viertens kamen ʿIrâq und das Land von Byzanz,
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solches Königreich und Blüte des Lands. Und wer darin arm war, in allen diesen, und auf leibliche Arbeit angewiesen, er verteilt den gefüllten Schatz seinetwegen und die Welt erteilte ihm Beifall und Segen. Alle Könige, deren Nachfolger er, hatten sie mindere Macht oder mehr, wollten Anteil am Erntenertrag bekommen und keiner war davon ausgenommen. Ein Drittel bis Viertel fiel an den Schah; Qubâd kam und bracht’s auf ein Zehntel hernach. Er war dran, das Zehntel noch zu verringern, wie den Grössern wollt’ machen er den Geringern; doch das Schicksal gab ihm hiezu nicht Musse; vorm Krokodil sei nicht sicher im Flusse! Kaum nun bestieg Kasrâ den Elfenbeinthron, so erliess er das Zehntel der Grundsteuer schon. Es versammelten sich die Helden und Klugen und die Mȏbads, die wache Herzen trugen, das ganze Reich versammelte sich; er verteilte den Boden und zog den Strich. Die Gazaitsteuer sollt’ einen Dirham betragen, dass der Landwirt nicht werde niedergeschlagen. Wem immer das Saatgut nicht stünde bereit oder auch das Vieh zu der Anbauzeit, erhielt’s aus des Königs Schatz angewiesen, doch mussten bestellt sein Äcker und Wiesen. Unbestellten Boden sollt’ es nicht geben; das alte Gesetz trat wieder ins Leben. Die Weinbergsteuer betrug Dirham sechse; dasselbe galt auch für die andern Gewächse, nämlich Datteln, Nüsse, Obst und Oliven, deren Äste allherbstlich die Früchte trieben. Ein Dirham entfiel auf den Schatz per zehn Pflanzen; soviel war im Jahr zu entrichten im Ganzen. 75 Gazaitsteuer: wie in 79: Weinbergsteuer
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Im Monat Churdâd beim Steuererfassen wurden diese Produkte beiseite gelassen. Wer Geld besass und nicht Landwirt war, wegen Aussaat und Ernte der Sorge bar, von dem kam per Jahr von zehn Dirham zu vieren der Steuereinnehmer einkassieren. Keiner übte gegen den Hausherrn Gewalt; dreiteilig im Jahr wurde Steuer bezahlt. Der Steuereinnehmer bracht’ zum Aerar einen Teil der Steuer dreimal im Jahr. Schreiber und Königlichangestellte gab es im Finanzamt nicht ungezählte. Abgaben und Steuern, die »schlecht« genannt waren, verzeichnete man in drei Exemplaren; in Händen des Schatzwarts war eins der Register, diese Rolle vidierte der erste Minister; den Ländern versandte das zweite man allen, sämtlichen Beamten sowie Vasallen; und man brachte dem Mȏbad die dritte Rolle zu Berechnung von Kopfsteuer und vom Zolle. Unter seinem Befehl stand, was man da tat, an Tribut und Steuer, an Ernte und Saat. Kundschafter entsandte man in alle Welt, damit Gut und Böse werd’ aufgehellt. Mit Gerechtigkeit ward allerorten regiert, alles öde Land wurde kultiviert. Es schlief im Gefilde Gross und Klein, Wolf und Lamm fanden sich bei der Tränke ein.
Schreiben Nȏšînrawâns an seine Beamten Auf Pahlawî schrieb man nach seinem Befehle – der Brief gefällt sicher dir, den ich erzähle –: 88.1 die »schlecht« genannt waren: Die »bad« – »schlecht« heissen? 89.2 vidieren (österr.): beglaubigen, unterschreiben 91.2 Zolle: Vom Tribut?
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»Vom Hehren«, so lautet die Aufschrift da, »dem Gottesverehrer Grosskönig Kasrâ, (am Tage Bahrâm des Monats Churdâd, da Krone und Thron ihm gab Gottes Gnad’) von dem fruchtbaren Spross des Königs Qubâd, der die Krone der Grösse aufs Haupt sich tat, (durch den erfolgt das Gedeihen des Lands, denn Gott der Gerechte verlieh ihm Glanz) an alle Beamten der Finanz, dienend im Schatten von Krone und Glanz! Ohne Mass nehmt von Uns so Gruss wie Verehrung mit, mit Tugend und Adel, gäbe es da noch Mehrung. Vor allem, sobald Wir die Rede beginnen, lasst Uns auf den Preis des Weltschöpfers sinnen; denn vernünftig ist und von hellem Geist, der dem Weltschöpfer dankt und der ihn preist, der weiss, dass er unsrer entbehren mag und dass alles Geheime ihm liegt zutag. Einem jeden, dem er den Stolz verleiht, dem gibt er zuerst Bedarfslosigkeit. Er befiehlt mir, selbst Richter, Gerechtigkeit, ewig mächtiger als jede Mächtigkeit. Zu Gott kommst du, König und Sklave sind eins, ein Verhalten nur gibt’s, das des Fügsamseins. Von der Erde Tiefen zum Sterngefunkel, von der Sonne herab zu des Staubes Dunkel, jeder Ameisenfuss kann sein Dasein bezeugen: er ist Herrscher, wir sind die im Dienste sich beugen. Nur die Wahrheit hat er zur Pflicht uns gemacht, der Dȇw hat den Trug und die Täuschung gebracht. Wäre von dieser weiten Welt mein Los nichts als Garten und Tummelplatz und Schloss, ich würde zu Rechttun und Liebe mich neigen und ein waches Gesicht jeder Handlung zeigen. Doch jetzt kannst du von einem Ende zum andern, 100 der Finanz: von Tribut und Grundsteuer
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vom Westen zum Osten die Welt durchwandern, Zum Königreich gab sie mir Gott der Reine vom dunkelen Staub bis zum Sonnenscheine. Ausser Rechttun und Liebe doch bringen Wir nichts als durchs Werk neue Faltungen des Gesichts. Ist sorglos ein Hirt und der Weideplatz gross, so geht der Wolf auf die Schafe los. Es darf nicht von meinen Untertanen, den Hofbediensteten und den Dihqânen, auf dem trockenen Land und zu Schiff auf der Flut, in der Tagesglut und zur Zeit, wo man ruht, wer von Kaufleuten sich zu Wasser und Land im Besitz von Geld, Perlen, Moschus befand, in Rechttun und Liebe darf auf sie nur die Sonne strahlen von dem Azur. So geht’s bei dem Adelsgeschlecht, dem Sohne übergibt der Vater immer die Krone. Nur Rechttun und Liebe geb’ es hienieden, Offenbar und Geheim seien nicht geschieden. Wir bestimmen dem Boden die Kontribution per Baum und die Steuer für Krone und Thron. Wird dieses Schreiben euch zugestellt, sei glücklich Ôrmuzd für euch und die Welt! Wer um einen Dirham dies überschreitet, einen Atemzug nur ins Unrecht gleitet, bei Gott, der die Krone mir gab, ich zerlege seinen Leib in der Mitte mit einer Säge! Ihn wird auch die Strafe des Schöpfers ergreifen, denn die Früchte der bösen Saat werden reifen. Das Gesetz habt vor Augen und dieses Schreiben, lasst von glücklicher Sitte und Brauch euch nicht treiben. Nach Recht und Billigkeit immerdar begehrt einen Teil jedes Dritteljahr. Tritt irgendwo ein ein Heuschreckenschade oder dörrt die Sonnenglut ohne Gnade,
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oder Hagel und Sturm aus Himmelshöhen lassen an Saatfeldern Schaden geschehen oder wenn im Neujahr kein Tropfen regnete und traurig verdorrt das Feld, das gesegnete, dann dürft von den Feldern ihr nichts verlangen, bis der Frühjahrsregen niedergegangen. Für verstreutes Saatgut gebt den Ersatz sowie Arbeitslohn den Bauern vom Schatz. Wird ein Feld herrenlos durch des Eigners Sterben ohne Hinterlassung gesetzlicher Erben, Gott behüt’, dass der Boden nun öde läge in des Königs von Îrân Schattengehege. Den Schatz könnt’ ein Übelwollender schmähen, würd’ er solchen Vorwands sich mächtig sehen, verödet seien meines Reiches Matten, ungesichert durch meiner Fittiche Schatten. Was vom Schatze gebührt, haltet nicht zurück, denn entbehrlich machte es Gott mir zum Glück. Ist ein Unterbeamter dazu bestimmt, der die schwierige Sache leichthin nimmt, dem weis’ lebend den Platz auf dem Galgen ich an, er sei stolzer Herr oder Untertan. Die Grossen, die herrschten zu früheren Zeiten, liessen drin von anderen Normen sich leiten; Gut und Schlecht war Beamten anheimgestellt, vor den Rossen der Reiter lag alle Welt; den Verstand haben nutzlos sie betört und den Schatz zu mehren nie aufgehört. Mir sind Schatz die Gerechtigkeit, Bauern und Heer und auf die Dinare acht’ ich nicht mehr. Wird gerecht überprüft die Berechnung der Welt und der adligen Männer Wert festgestellt, ist’s von grössrem Wert als der Kampf mit dem Feind, der mir Land und Thron zu entreissen meint.
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Dem Feldherrn, dem Menschen um Gold sind feil, wird zu diesem Empfangssaal kein Zutritt zuteil. Nur der wird von diesem Empfangssaal geehrt, der mit Liebe und Billigkeit rechtlich verfährt. Wenn meine Beamten, die klug-beredten, im Dîwân des Mȏbads zusammentreten und aus eines Rede tritt Trug ans Licht, der kommt künftig bei Uns zu Ansehen nicht. Einen Unrechtverüber kann ich nicht leiden, zwischen Pantern und Schurken nicht unterscheiden. Ein jeder, der den Weg Gottes begehrt, mit Verstandeswasser die Seele klärt, dem wird dieser Empfangssaal Höhe bescheren und über die Mȏbads hinaus ihn ehren. Für die Aussaat erhält er bei Gott als Belohnung in dem Paradies eine selige Wohnung. Uns fehlt Bedarf nach solch kostbaren Dingen, die Verfluchung dem Geiste und Schwächung bringen. Dient das Fleisch des Armen einem zur Speise, so nährt mit der Haut er sich gleicherweise. Solchem Schah ist ein Panter vorzuziehn, dem nicht Scham noch Sitte noch Glauben verliehn. Das Tor zur Rechtlichkeit steht uns frei, was klopfen ans Tor wir der Lügnerei! Heimlich Böses tun mit der Rechtsoberfläche, damit man nur ja zu uns davon spreche, erregt keineswegs Gottes Wohlgefallen und ist nicht geziemend für diese Hallen. Die Gottheit und wir werden jenen segnen, in dem Liebe und Rechttun sich dichtest begegnen. Bist du, oh König, ein durchaus Gerechter, dann gedenken deiner die Folgegeschlechter, denn man segnet den König in Ewigkeit, durch dessen Wirken das Land gedeiht.«
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Geschichte von Bâbak, dem Mȏbad Kasrâs, und seiner Heeresmusterung Keinen gab’s von den Königen mit Thronen und Kronen, durch Schätze mächtig und durch Legionen, der mehr als Nȏšîrwân rechtlich war – möge jung seine Seele sein immerdar – und keiner durch Mannesmut tüchtiger, durch Thron, Krone, Adel gewichtiger. Einen Mȏbad hatte er, Bâbak genannt, einen frohen scharfsicht’gen Mann von Verstand. Der Schah übertrug ihm das Must’rungsgeschäft. Vor dem Königspalast liess er ein Gehöft errichten, so ausgedehnt und so hoch, dass das Schlossdach sein Dach überragte noch. Drin liess er wertvolle Teppiche breiten und für alle, die nötig, die Sitze bereiten. Aus Bâbaks Dîwân scholl die Stimme hervor und ihr lieh die ganze Menge das Ohr: »Kriegsgeübte Edle! Allesamt eilt, das Ross zu besteigen unverweilt! Alle schreitet zum Hofe des Königs jetzt, auf das Haupt die Eisenhaube gesetzt, mit Panzer und Rindskopfkeule gerüstet, jeder, den’s nach Dirhams vom König gelüstet.« Zum Dîwân des Bâbak zogen die Scharen, dass ganz schwarz vom Staube die Lüfte waren. Als nun Bâbak das ganze Heer zwar gewahrte, aber nicht den Thronherrn und seine Standarte, bestieg beim Dîwâne er sein Ross und schickte sie alle nach Hause vom Schloss. Einige Zeit nach diesem verstrich. Der Sonne Glanzantlitz zeigte sich, da vom Königshof laut kam die Stimme her: »Die ihr Keulen tragt im iranischen Heer,
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mit Waffen und Bogen und Fangschnur bewehrt erscheint in Bâbaks Gehöfte bewährt!« Sie erschienen mit Speer, Eisenpanzer und -haube, zu den Wolken erhob sich des Heeres Gestaube. Als Bâbak ringsum das Heer durchspäht und nichts sichtbar war von des Schahs Majestät, da sprach er: »Mit Liebe und Rechtlichkeit, Leute, begebt euch froh-sieghaft nach Hause auch heute!« Und ein Ruf am dritten Tage erscholl: »Oh ihr Edlen, von Glanz und von Einsicht voll, es möge vom Heere kein einziger Reiter, ohne Helm und Panzer kein krieg’rischer Streiter an diesem Gehöfte vorübergehn, den der Musterer in seiner Rolle hat stehn. Wer immer auch einer Krone wert ist, durch Glanz und Grösse und Thron geehrt ist, wisse: Musterung hat noch keinem Schande gemacht und Vorsicht und Scheu sind nicht angebracht.« Als dies Grosskönig Kasrâ zu Ohren kam und den Ruf er vom Dîwân des Bâbak vernahm, da verlangte er lächelnd den Helm und den Rock und erhob der Grösse Standartenstock; zum Dîwân des Bâbak begab er sich jetzt, die Eisenhaube aufs Haupt gesetzt; vom romäischen Helm hing ein Panzer herab, in dem es der Maschen die Menge gab; in der Faust mit dem Rinderkopf eine Keule und im Gürtel staken vier Hartholzpfeile; die Fangschnur am Sattel, am Arme den Bogen, um die Mitte den goldenen Gürtel gezogen, so presst’ mit den Schenkeln das Ross er zur Eile und hob zu der Schulter die wuchtige Keule. Bald links und bald rechts ward der Zügel geneigt und Bâbak Waffen und Reitkunst gezeigt. Bâbak sah ihm zu und billigte dies, da der König als glanzvoller Ritter sich wies.
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So sprach er: »Dein Glück möge ewiglich währen! Dein Geist habe stets am Verstande zu zehren! Mit Gerechtigkeit hast geschmückt du das Land; diese Art von Gerechtigkeit bleibt uns bekannt. Etwas Kühnheit lag in den Reden des Knechts; oh weiche du nicht vom Wege des Rechts! Nun musst du einmal nach rechts wieder lenken, wie sich’s ziemt bei deiner Klugheit im Denken.« Da hob Kasrâ an, sein Pferd neu zu steuern nach links und nach rechts gleich heiligen Feuern. Bâbak sah’s und geriet in des Staunens Bann; er rief viele Male den Weltschöpfer an. Tausend Dirham war Sold, auch zweitausend, der Reiter, über viertausend aber ging es nicht weiter. Einen Dirham fügte zum Sold er dem Schah. Zum Dîwân erscholl’s vom Empfangsgemach; »Bring das Ross des Haupts der kriegsmut’gen Streiter, des erhabenen Weltenherrschers der Reiter.« Schah Nȏšînrawân lachte darüber nicht wenig, denn das Glück war jung und jung war der König. Dann brach Bâbak auf von des Königs Dîwân und trat zu dem glorreichen Herrscher heran. Er sagte: »Oh grosser König, ich, der Knecht, ward heut so, dass es Härte glich. Ich bin aufrichtig stets und billig gewesen; der Schah fand wohl Härte nie in meinem Wesen. Es zeigt Härte, wer auf Korrektheit hält; Heil dem, dessen Sinn nicht auf Härte gestellt!« Da sprach der Schah: »Oh du weiser Mann, verlasse du nie der Korrektheit Bahn! Willst die eigne Person du verschonen gern, so vernichtest du der Geradheit Kern. Deine Wertschätzung hat bei mir sich gemehrt und ich habe mich selbst zur Erwägung gekehrt, wie wir, stehen wir in der Kämpfer Reihen, 203.2 gleich heiligen Feuern: W: nach Art des Âḏar Gušasp
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am besten den Schlachtstaub erregend seien.« Er gab Antwort dem herrlichen Schah: »Mit der Krone sah man keinen wie dich noch und auf dem Throne. Eine derartige Zügelhaltung fand bei keinem Maler Îrâns noch Gestaltung. Der Himmel selbst dreht sich, wie du es begehrt, stets froh sei dein Herz und dein Leib unversehrt!« Also sprach Nȏšînrawân zu dem Weisen: »Unser Rechttun gibt Jugend wieder den Greisen. Vom Könige bleib einem künft’gen Geschlecht nur eins im Gedächtnis: sein Handeln im Recht. Weshalb diese Müh und nach Schätzen die Gier, Einsperrung des Geists ins vergängliche Hier? Du wirst hier nicht ständig in Ruh existieren, so gilt’s zu dinieren und gilt’s zu stolzieren. Die Weltdinge haben mir Sorge gemacht und ich habe mir so im Stillen gedacht, dass ein Feind zu der Krone des Reichs mir bestehe und dass rings um mich her Ahrîman umgehe. Ich sagte mir: wenn überallher ich ein Heer aus jeglichem Lande kriegslustig begehr, versammelt das Heer sich nicht ohne Geld und Müh ist der Anteil, der draus auf mich fällt. Wenn den Armen draus Übel wollt’ überkommen, sei solche Begierde dem Herzen genommen. So war’s, wie ich mit mir selber sprach. Doch des Geistes Besorgnisse liessen nicht nach, und so schrieb ich den Helden und Paladinen, allen, die mir klug und geisthell erschienen, an die Selbstbewussten in jeglichem Lande einen Brief und an die von edelem Stande: Wer in Geist- und Verstandesbesitz sich sieht und einen jüngeren Sohn sich erzieht, den schickt zum Turnierplatz, gerüstet zum Kriege, damit er bei uns einen Namen ersiege.
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Es geht nicht, dass sie über Tal und Hügel nicht verstehen die Führung von Zügel und Bügel; in Keule und Schwert und in Pfeil und Bogen seien sie zum Kampf mit dem Feind erzogen. Ein untüchtiger Jüngling gehört nicht zum Schönen und war er auch einer von Âraš Söhnen. Der Musterer geht zu den Ländern allen und trägt Dirhams hin zu jedem Vasallen. Zur Musterung hat vierzig Tage er Frist. Jeder Held kommt mit seinem Kriegsgerüst; im Dîwân kann er Dinare erheben und wird dann glückliche Tage verleben. Jetzt rüst’ ich mit Mannen die Erdoberfläche, bis dass gegen mich ein Krieg ausbräche. Ich besitze mehr an Rüstung fürs Heer als die früheren Könige und weiss auch mehr.« Als dem Mȏbad ward solche Antwort zuteil, da rief über Krone und Thron er Heil!
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Als ihr Strahlengesicht die Sonne wies vor und der Himmelskreis auftat sein Gartentor, als ein lichtgelber Blütenhauf sichtbar war und verschwunden der Nacht dunkles Lockenhaar, setzte Nȏšînrawân sich auf den Thron, mit der Glücksgunst jung und dem Herzen dem frohn. (Eine Stimme vom Hofe des Königs erscholl: »Wer immer da will, dass ihm Recht werden soll, der komm an den Hof des Herrschers der Welt, des Nȏšînrawân, der die Herzen erhellt.«) Alle Welt wandte nun zum Hof das Gesicht, wer immer da suchte gerechtes Gericht. Zu jener Zeit sagte der König laut: »Nur dem reinen Gott als dem Freunde vertraut! Denn er ist der Erhalter und er ist der Führer,
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über beide Welten ist er der Regierer. Vor Krone und Thron seid von Angst nicht betroffen; einem jeden steht der Empfangssaal hier offen. Wer tags oder nachts kommt, zu jeglicher Stunde verschliesst eure Rede nicht in dem Munde. Wenn mit vielen Wir sitzen beim Weingelage oder im Rat beschäftigt mit ernster Frage, mit dem Schlegel oder im Jagdrevier, zu Uns habt beständig den Zutritt ihr. Ob Wir schlafen, ob wachen, Uns mühn oder freuen, ’s ist kein Grund, vorm Empfangssaal zurückzuscheuen. Allen Wünschen vielleicht wird Erfüllung gespendet; so schlafe denn keiner Uns abgewendet. Mein Herz wird heiter und hell und rein, zerbrech’ ich des Unterdrückten Pein. Mög’ nicht eines meiner Beamten und Degen, Gefolgsleute oder auch Diener wegen irgendjemand mit Herzweh zu Bette gehn, denn sein Weh liesse mir nur Schaden entstehn. Denn kommt es auch einige Zeit nicht zu Tage, der Schöpfer der Welt stellt mir doch einst die Frage: Über Steuer und Zoll, die bestehen geblieben, die der Mȏbad im Dîwân eingeschrieben, wird von euch weder Silber noch Gold man verlangen; schlaft nur ruhig, das Herz vor mir ohne Bangen.« In der Halle brach Beifallsrufen da los, von der Sonne zum dunkelen Erdenschoss: »Möge Nȏšînrawân in Majestät die Krone des Königreichs tragen stet! Seist du niemals vermisst von Palast und Throne noch auch von der glorreichen Chosraukrone!« In Freude und Glück entfernten sie sich, dass die Erde dem Garten von Irem glich. Auf der Welt war niemand traurig zu schauen; vom Gewölk kam zu richtiger Zeit ein Tauen. Die Welt wurde seliges Paradies,
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da im Park das Gewölk Tulpen aufspriessen liess. Tal und Feld und Park wurden gleich einer Leuchte, dass die Sonne der Park, Mond der Berghang deuchte. Nun kam Kunde nach Hindûstân und nach Byzanz, wie Seide von Rûm sei das Antlitz des Lands, der Schah hab das Land durch Rechttun und Heer geschmückt wie der schimmernde Mond so hehr, das Heer habe niemand noch auf der Welt als vielleicht der glorreiche Schah gezählt, alle freudigen Herzens, zum Kampfe bewehrt, dass die ganze Welt es mit Ruhm verklärt. Verstört ward der Fürst eines jeden Lands; sie verloren durch Nȏšînrawân allen Glanz. (Aus Čîn und aus Hindûstân kamen Boten, die alle dem Schah Preis und Ehrfurcht entboten.) Keinem schien ein Widerstand aussichtsvoll, so neigten sie rasch zu Tribut und Zoll. Alle schickten zur Unterwerfung sich an; viele Sklaven und Geldbeutel forderte man, dass mit Goldhauben und mit goldenen Stäben die Gesandten sich auf die Reise begäben. Sie kamen zum Hofe des Herrn der Welt mit Tribut und mit Zoll, mit schwerem Geld. Direkt paradiesisch wurde der Saal durch Sklaven und Geld, der Audienzwerber Zahl. Vorüber zog mancherlei Himmelsgetriebe und über den König von Îrân mit Liebe.
Nȏšînrawân bereist sein Reich Es fiel Kasrâ ein, den Entschluss zu fassen, jenes Grenzland auf einige Zeit zu verlassen, einmal die glückliche Welt zu befahren und aufzudecken geheimes Gebaren. Bei Paukenschlag führt er das Heer vom Fleck und Sonne und Mond waren drüber ganz weg.
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Ob des Silbers und Golds und der Bannergebilde, der goldenen Gürtel und goldenen Schilde sollt’ man meinen, es fehle den Bergwerken allen nun an Perlen, Juwelen und Edelmetallen. Ganz unversehrt kam er nach Churâsân; er führte das Heer nach dem Brauch des Sâsân. In jedem durchzogenen Land auf dem Feld schlug er Zelte auf und das Königsgezelt, und wie sich erhob der Klang der Trompeten, liess er vor das Heer einen Herold treten: »Oh ihr Untertanen des Herrschers der Welt, wer da eine Schädigung vor uns verhehlt: ihr sollt nicht geruhsamen Schlafes entbehren und nicht eure Seele in Sorge verzehren.« So zog mit dem Heere nach Gurgân er weiter mit der Grossen Krone und Thron als Begleiter. So wisse: nicht Minderung kommt vom Recht; tüchtig sei der Schah, klug und von edlem Geschlecht. Von Gurgân kam er nach Sârî und Âmul zur Zeit des Gesanges der Bulbul. Tal und Ebene waren hier durchwegs Wald. Der Schah hatte Sorgen mannigfalt. Er kam, reitend einen arabischen Fuchs, aus der Ebene zu hohem Gebirge flugs; die Bergspitze sah er, die Wälder erfüllt von Rosen und Nelken, Gewässer und Wild. Er sprach: »Oh du richtender Schöpfer der Welt, der siegreich sie aufzieht und sie erhält, der die Sonne du und den Mond erschufst, der den Weg du öffnest und zu ihm berufst, du schufest die Welt so lieblich beglückt, dass vor Himmel man gar nicht die Erde erblickt. Wer andres verehrte an deiner Stelle, der schickte die Seele hinunter zur Hölle. 292.2 tüchtig sei … von edlem Geschlecht: Der Vers gehört nicht hierher (vielleicht vor 291).
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Aus Îrân Firȇdûn, der Gottesverehrer, seine Residenz verlegte hieher er. (Welch schöner erfreulicher Ort ist das! Duftkern ist sein Staub, Rosenwasser sein Nass.)« Zu ihm sprach einer: »Könnten die Türken, oh Gerechter, hieher keinen Zutritt erwirken, dann verlör’ durch des Ortes Reichtum und Glanz unser Herz niemals seine Freude ganz. Doch wir wagen es nicht, zu erheben den Nacken, ob der Morde, des Raubens, der vielen Attacken. Kaum etwas am Orte beliessen sie 305 an Geflügel und Menschen und vierfüss’gem Vieh. Dass Schaden erleide das Heer von Îrân von Lande zu Lande, ist hier nur die Bahn. Vordem gab es Kampf viel und Streiterein; bei Chwârazm fielen die Türken stets ein, und streckt jetzt ein Kaufmann den Kopf aus der Tür oder Grundbesitzer – er kriegt nichts dafür. Jetzt bringst du ein Heer an den Ort, oh Herr: wende von uns das Übel! Den Weg versperr! Ein Schatz mit Überfluss schrumpft nicht leicht ein; 310 jetzt bieten wir Anlass, freigebig zu sein.« Aus den Augen ein Tränenregen kam dem Schah, als das Hilfegesuch er vernahm. Zum Wesir sprach der König: »Wir müssten uns schämen, diese schwierige Sache so leicht zu nehmen; wir dürfen dinieren nicht nur und stolzieren, nein, müssen erziehen uns, gut zu regieren. Solcher Frevel von uns würde Gott nicht behagen, dass wir uns freun und die Landwirte klagen. Solch hohes Gebirge, solch weites Gefild, 315 voll von fliessendem Wasser und Rindern und Wild, voll von Gärten und Plätzen und Schlössern die Auen – es erfrischt den Geist schon das blosse Schauen –: ich lass dieses Land nicht in Wüste verwandeln, 315 Solch hohes … weites Gefild: Umstellung!
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nicht Îrâns Städte durch Raub misshandeln. Mein Königtum und der Adel nicht minder als der Mut verlangen, dass ich es verhinder’. Wie ging’s an, dass mir Lob und Preis künftig werde, wenn verwüstet wird die iranische Erde?« Dem Wesir befahl er: »Aus Hind und Rûm wähle Leute von gutem Ruf und Ruhm, aus jedem Land einen, der scharf blickt und besonders zu dieser Hantierung geschickt. Eine Mauer lass hoch aus dem Wasser erstehn mit breitem Grund, hoch der Ellen zehn; mit Gips und Gestein aus der Tiefe der Flut rage sie empor bis zur Sonnenglut. Eine Sperre errichten wir, so beschaffen, dass Îrân nicht mehr schädigen feindliche Waffen. Es soll keinem künftighin Mühe bescheren; den Schatz auf! und gib ihnen, was sie begehren! Den Bauern, Dorfherren und Edelleuten soll der Sturm in Zukunft nicht Schaden bedeuten.« Ein alter Mȏbad ward dazu bestellt; vor der Mauer macht wüst er das ganze Feld; ein schweres Eisentor fügten sie ein; vor dem Wolf sollte sicher die Herde sein. Im ganzen Land Wächter bestellte er und zog, als es sicher war, ab mit dem Heer.
Kasrâ lässt den Alânen, Balûčern und Gîlânern das ihnen Gebührende zuteil werden Vom Meere zogen sie gegen Alân, wo das Land sie wüst und unbestellt sahn. Zu den Edlen sprach er: »Es ist eine Schande, dass es Wüsten gibt im iranischen Lande. Ich gebe mein Einverständnis mitnichten, 322.2 Ellen: Es waren aber nicht Ellen, sondern kamand (auch ein Längenmass – Fangschnur).
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dass die Feinde von solchem Zustand berichten.« Aus seinem Gefolg wählt er einen Gesandten, einen richtig-klugen und redegewandten, und sagte zu ihm: »Geh mit Tagesanbruch und bestell Heer und Grenzwächtern folgenden Spruch: ›Die Kundschafter haben mir hinterbracht, dass ihr heimlich und offen solcherlei spracht: ›Was ist uns vor Kasrâ zu bangen not? Was ist uns Îrân? Eine Handvoll Kot.‹ Doch jetzt kamen her wir zu euch; das Gezelt für König und Heer wurde aufgestellt. Die Wüste ist weit, ihr Gebirge ist steil; das Heer hat Keule und Fangschnur und Pfeil. Tal und Schluchten dienen euch zum Verstecke; euch gehört das Gebirg’ und die ebene Strecke. Kriegsuchende Fremde sind wir von drauss; so Feldherr wie Heer sind nicht hier zuhaus.‹« Der Gesandte kam an und sagte hernach, was des Herrschers von Îrân Auftrag entsprach. Das Heer der Alânen nunmehr trat zusammen, die Granden, die Weisen, der Rat, ein Heer, das den Raub zum Gewerb sich gemacht, und an edle Menschlichkeit nie recht gedacht; Furcht herrschte vor ihnen in Îrâns Land; Gold und Silber blieb keinem, noch auch das Gewand. Weib und Mann mit Kindern und Vieh zogen fort hinab in die Ebene und liessen nichts dort. Vom Gesandten ward die ihm vom Herrn der Welt aufgetragene Botschaft genau bestellt. Nȏšînrawâns Wort macht düster die Mienen der Grossen und wirr die Gemüter ihnen. Wer da tapfer war oder Edelmann, kam mit schweren Tributen und Zöllen heran, mit Sklaven und Kleidern und Edelmetall und stattlichen Rossen in grosser Zahl. Und alle von ihnen, die alt schon waren
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und redegewandt und wissenserfahren, sie kamen alle zu Nȏšînrawân vergangene Taten bejammernd heran. Hat Vernunft im Tapferen ihr Versteck, haben Angst und Entschuldigung wenig Zweck. Als zum Königsgezelt sie gelangten, die Spenden und ihre Ehrengeschenke in Händen, mit lautem Geschrei im Staube sich wälzend, die Herzen voll Blut und in Tränen zerschmelzend, da übte der geistvolle König Huld und sah ihnen nach die vergangene Schuld. Er befahl, auf den Wüste gewordenen Stätten, wo Panter und Löwen allein sich betten, sollten eine Siedlung sie bauen sofort, auch für Saat und Ernte sei drin ein Ort. Auch umringte er sie mit ragenden Wällen, der Schädigung durch Feinde den Weg zu verstellen. Beim glorreichen König brachten sie vor: »Wir sind Knechte mit den Ringen im Ohr; sowie es der König befohlen hat, erbaun wir den Wall und die namhafte Stadt.« Von dort führte weg der König das Heer, kam nach Hindûstân, dort verweilte er. Alle traten vor ihn nach seinem Befehle, ein jeder mit hilfesuchender Seele. Vom Meere weg standen zwei Meilen weit Elefanten, Rosse, Geldsäcke gereiht. Die Grossen erschienen beim König vereinigt mit freundlichem Sinn und die Herzen gereinigt. Er befragte sie höflich beim Empfang und wies ihnen Plätze an nach ihrem Rang. Diesen Ort verliess frohen Herzens er; die Welt ward voll Ross, Elefanten und Heer. Er zog fort, da wurde dem König berichtet, eine Welt sei von den Balûčern vernichtet; vom vielen Morden und Rauben und Hetzen,
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von dem Das-Land-unter-Wasser-Setzen sei Gîlân noch mehr zugrunde gerichtet, der Segen sei durch Verfluchung vernichtet. Nȏšînrawâns Herz war grambedrängt, in die Freudigkeit wurde Sorge gemengt. Den Îrâniern sagt er: »Alânen und Hind macht die Furcht unsres Schwertes seidenlind. Es genügt uns nicht unser eigenes Land; wir wollen den Löwen vom Schaf abgewandt.« Da sprach zu ihm einer: »Im Garten die Rose – findest du je eine dornenlose? An der Grenze macht Mühe stets ein Land und verursacht bedeutenden Kostenaufwand. Welche Müh’ hat Balûč Ardašîr schon verschafft mit seiner alten Beamtenschaft! Da hat Täuschung und List nicht viel Nutzen gebracht noch auch Fesseln und Pein noch auch Krieg und Schlacht. Und war diese Sache auch nicht zu vermeiden, so wusst’ Ardašîr sie vor sich zu bekleiden.« Den König empörte des Dorfvogts Wort und er zog nun gegen Balûč sofort. Als zum mächt’gen Gebirg sie gekommen waren, da zog drin herum er mit seinen Scharen. Und so viel an Heer war drinnen versammelt, dass die Masse dem Winde den Weg verrammelt’. Auf dem Bergsaum hinan bis zu Felsen und Himmel war’s wie Heuschrecken- oder Emsengewimmel. Ein Herold kreiste ringsum im Heer, sein Ruf scholl vom Berg und vom Tale her: »Findet ihr von Kȏčern auch nur ein Kind 369.1 Gîlân: iran. Provinz an der Kaspisee. Klimatisch begünstigt durch die von Bergketten geschützte Lage am Meer. 375.1 Balûč: = Belutschistan, heute Pakistan. Provinz im Westen, angrenzend an Iran und Afghanistan. 381.1 und Himmel: Diese beiden letzten Worte nicht im Original.
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(oder Männer mit Schwertern, die mannhaft sind,) ob es nun eine Menge, ein wenig nur sei: kein einziger gehe von ihnen frei!« Als dem Heere ward kund dieser Zornerguss, versperrte den Weg man zu Ross und zu Fuss; nicht viel und nicht wenig von ihnen verblieben, Weib, Kriegsmann und Kind wurden aufgerieben. Alle liessen über die Klinge sie springen, um dem Frevel der Kȏčer ein Ende zu bringen. Sicher war jetzt die Welt vor Kȏčerumtrieben, denn es war von Balûč gar nichts übrig geblieben. So kam’s, dass in ihrem Gebirge die Herden ohne Wächter frei weiden gelassen werden; man kann hinter den Schafen des Hirten entraten im Tal wie auf ragenden Bergesgraten. Berg und Tal wurden so zur Heimstätte ihnen, indes frühere Leiden gering ihnen schienen. Gîlân war der Heeresfahrt nächstes Ziel, da sich Plage zeigte aus Dailam und Gîl. Vom Meer reicht das Heer zu den Bergesgraten, die Luft war voll Fahnen, der Grund voll Soldaten. Er sprach: »Es darf hier nicht gross und nicht klein eine Spur von Löwen und Wölfen mehr sein.« Um Gîlân rings verteilte er sein Heer und es glänzten Sonne und Mond nicht mehr. Durch das Töten ward so vieles Blut vergossen, dass das ganze Land davon war überflossen, und vom Morden und Rauben und Überfall scholl Jammern von Mann und Frau überall. (Zu Hügeln waren die Leichen gehäuft, das Gras mit den Hirnen Erschlagner beträuft.) Sie legten sich selber die Fesseln an, die Weiber hinten, die Kinder voran. Von Gîlân kamen alle, die Krieger waren, mit Verstand und Einsicht und weit erfahren, mit Geschrei gezogen zum Reichsoberhaupt,
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die Brust zerrissen und ganz bestaubt; sie kamen in jenem Empfangssaal zusammen, die Hände gefesselt, den Leib voller Schrammen: »Vom Übeltun ziehn wir uns reuig zurück, vom Unschönen wende der Schah seinen Blick! Hat das Herz des Schahs von Gîlern zu leiden, wollen selbst wir die Köpfe vom Rumpfe uns schneiden. Vielleicht wird zufrieden des Königs Gemüt, wenn den Haufen geköpfter Häupter er sieht.« Als im Saal es zu solcherlei Reden kam und der König derartige Stimmen vernahm, hatte Nachsicht der Weltenbeherrscher mit jenen und es schwand aus dem Herzen die Spur des Geschehnen. Zweihundert Geiseln aus Dailam und Gîl setzten jedem künftigen Rückfall ein Ziel. Er beliess dort einen der Paladinen und zog nach der Regelung fort von ihnen.
Munḏir der Araber bittet um Hilfe gegen die Freveltaten des Kaisers von Byzanz Von Gîlân zog gegen Madâ’in er; weder Zahl noch Enden sah er vom Heer. Beim Marsch waren ferneher zu gewahren von den Speereträgern endlose Scharen. Ein Reiter kam wie der Sturm heran, von dem zahlreichen Heere ein Mittelsmann; er stieg von dem Rosse und sagte dabei, dass dieses Munḏir der Araber sei. Als Munḏir zum Könige kam heran, gaben alle Grossen ihm freie Bahn. Es befragt ihn der Schah und bezeugte Vergnügen; seine Helligkeit war durch den Anblick gestiegen. Der erfahrene Munḏir tat auf seinen Mund; von Byzanz und dem Kaiser gab manches er kund. 410.2 Speereträger: i.e. die Beduinen
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Er sprach: »Wenn du Îrâns Herrschaft besitzt, das Land beschützt und die Tapferen stützt, wozu das romäische Königsgehaben, in der Reitersteppe der Reiter Traben? Säss der Schah auf des Kaisers Herrschersitze, wär er Spitze und hätt’ über sich keine Spitze. Und würde dem mächtigen Schah sich’s so schicken, würd er Hilfefleher wie uns nicht erblicken. Wenn romäische Reiter arabische Lanzer anträfen, so bräuchten sie dann keinen Panzer.« Als er’s hörte, ergrimmte der Schah darob, dass der Kaiser so hoch das Haupt erhob. Einen Sprachkund’gen wählte er aus der Schar, der der Sprache des Kaisers mächtig war; er sprach zu ihm: »Geh von hier nach Byzanz! Ruh nicht aus inmitten des fruchtbaren Lands! Und dem Kaiser sag: ›Bist du unvernünftig, so büsst dein Gehirn für den Mangel künftig. Kommt dem Löwen ein Wildesel in die Näh, so macht er aus ihm ein Wildhaché. Find’st von Munḏir du Recht, ist’s am besten gewiss, denn sein Sitz ist noch über dem Kergiss. Deinen Norden scheide genau vom Süden und such nach der Grenze, sind beide geschieden. Ich bin’s, der die Länder hat zu vergeben, ich bin’s, der mächtig das Haupt darf erheben. Ich tue nur das, was mir wohl ansteht, und dulde nicht, dass ihn ein Wind anweht. Denkst du in den Araberkrieg zu gehn,
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422.2 Kaisers: C! Es muss Kaisers, nicht Kasrâs heissen! 425.2 Wildhaché: W: Fleischstücke und Salzwasser 426.2 Kergiss: Sternbild, Kergiss besser Kargas = Geier 427 Deinen Norden … beide geschieden: W: Die eigene Linke macht deutlich (unterscheidet) von der rechten Hand; wie du es deutlich machst, die Grenze suchst, ist es richtig. – Unter »rechts und links« ist, da von Arabern die Rede ist, wohl Süden (Arabien) und Norden (Byzanz) zu verstehen.
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musst du selbst erst in dein Inneres sehn. Und sodann: dieses Reich gehört einmal mir bis zum Sternbild der Fische gerechnet vom Stier. Wenn ich ein Heer nach Byzanz einmal bringe, wird dir zu Wachs deine stählerne Klinge.‹« Von Nȏšînrawân verreist der Gesandte, dessen Tier wie der Sturmwind von dannen rannte. Er kam an und gab seine Botschaft bekannt dem Kaiser, der machtlos vorm Rechte sich wand. Nichts als Lügen gab er ihm zum Bescheid; 435 von der Höh sah den Absturz er liegen noch weit. Er sprach: »Dem Munḏir – sein Verstand ist nicht gross – glaubt das, was unbedingt nötig ist, bloss. Wenn sich Munḏir in grundlosen Klagen ergeht und damit nur seine Beschwerden erhöht oder sich in der Speerträgersteppe wer fände, der zu klagen hätte von Ende zu Ende, werd’ des Landes Gebirge ich weithin plätten und zum Meer wandeln wasserlose Stätten.« Wie der Wind war der Bote zurückgekommen 440 und berichtete alles, was er vernommen. Zum Wesir sprach ergrimmt der Herrscher der Welt: »Des Kaisers Gehirn ist Verstand nicht gesellt. Ich will zeigen ihm, wer befiehlt hienieden, wer der Welt gebietet und Krieg und Frieden. Habgier, Überhebung und Übermut und Morden und Rauben und Plünderungswut – dies alles mehr als ein Betrunkner bereu’ er, der nachts beide Hände hält unters Feuer.« Er befahl, die Tuben erschallen zu lassen, 445 und allwärts marschierten die Heeresmassen. Paukentöne erschollen beim Königssaal, Ebenholz ward der Berg und pechfarbig das Tal. Dreissigtausend der Reiter erwählte er, schwertzückende, aus jenem edlen Heer. Munḏir übergab er die Scharen, die schweren,
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und befahl: »Führ die Mannen, die Kampf begehren, nach Byzanz aus dem speereführenden Land, damit sie in jenem entzünden den Brand. Solang über dich ich die Herrschaft besitze und dich dieser Art mit der Macht unterstütze, ist dir Angst vor Rûm und Romäern nicht not; Romäer? Mir ist’s eine Handvoll Kot. Mit Brief schicken wir jetzt einen Gesandten zu ihm, einen höflich-redegewandten. Wenn dir draus nicht weitere Schädigung käm’, liessen Rûm wir dem Kaiser, so wär’s uns genehm.«
Nȏšînrawân sendet einen Brief an den Kaiser von Byzanz, und dessen Antwort Einem Schreiber, den er vom Empfangssaal berief, befahl an den Kaiser er folgenden Brief: »Von Nȏšînrawân mit dem glücklichen Stern, Kai Qubâd dem Zweiten, dem Weltenherrn, an den hohen Kaiser von Byzanz, den Beschützer jenes fruchtbaren Land’s!« Eine Lobpreisung war an den Anfang gestellt; er suchte die Macht nur vom Schöpfer der Welt, »dem Herrn, der Sonne und Mond kreisen macht, dem Herrn des Siegs und dem Herrn der Macht. Wer entzieht sich dem Willen im Himmelsgetriebe? er suche nun Kampf oder Rechttun und Liebe. Und bist auch Rûms mächtiger Kaiser du, füg den Arabern dennoch kein Unrecht zu! Und suchst du das Schaf mit des Wolfes Klauen, so wirst du drob, wiss’, grosses Leid erschauen. Sendest gegen Munḏir du aus ein Heer, lass ich Heer dir und Schatz und Thron nicht mehr. Wird ein Untergebner kühn und verwegen, so findet er Strafe durch unseren Degen. Aus dem Land darf dein Fuss keine Elle weit gehn,
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soll unser Vertrag noch künftig bestehn. Verletzt du ihn, werd auch ich ihn verletzen und den Fuss auf das Haupt und den Thron dir setzen. Gottes Segen ruhe auf Krone und Macht, wenn jemand nicht frevelhaft unglücklich macht.« Indes auf das Schreiben das Siegel sie taten, erwählten vom Hofe sie den Diplomaten, so wie sich’s gehört, einen sprachgewandten, erfahr’nen, scharf geistigen Abgesandten.
Der Brief Nȏšînrawâns gelangt zum Kaiser, und der Kaiser schickt darauf eine Antwort
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Mit dem Schreiben des Schahs war der Diplomat dem edelerhabenen Kaiser genaht; er reicht’ ihm mit Ehrfurcht den Brief zur Hand und gab ihm den Willen Kasrâs bekannt. Als den Brief er gelesen, die Worte vernommen, da wand er sich staunenüberkommen; ob des Kasrâ Worte runzelte sich des Erhabenen Brau’ und die Wange erblich. Er berief einen Schreiber; im Brief offenbar macht’ er alles, was schön und was hässlich war. Des Briefes Beginn hielt er schwarz wie Teer. Zum Ersten lobte den Weltschöpfer er, »den Wächter, der aufzieht das Himmelsgetriebe, von dem der Kampf stammt und Ruhe und Liebe; dem einen verleiht er Krone und Thron, der Bessre schnallt vor ihm den Gürtel in Fron. Und könntest du über den Himmel auch steigen, müsste deinem Schwert sich der Muštarî neigen, dem Romäerspross – sieh nur nach in den Rollen! – fiel nicht ein, einem Kaie Tribut zu zollen. Ich bin nicht dein Diener, bist König du gleich, (ich verfüg über Haupt und Krone und Reich.) Soll ich Spott hinnehmen? Und ist mir denn bang 477.2 Muštarî: – Jupiter
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vor Elefantenfüssen und Tubenklang? Ich verlange Tribut und Steuer von euch. Wer kommt Byzanz wohl im Kampfe gleich? Du vernahmst, was Iskandar mit Îrân getan; dieser herrliche König gehörte uns an. Das Schwert des Iskandar ist noch zu sehn; wozu lässt du mit uns solche Händel entstehn? Es plünderte manche Güter das Heer; jetzt dulden wir solchen Frevel nicht mehr. Aus der speerebewehrten Reiter Gelände erregen den Staub wir von Ende zu Ende. Die Sonne erschuf nicht Nȏšînrawân, spricht zum Himmelskreis auch den Schlüssel er an; sodass keinen gross von den Grossen er nennte und jeglichen Wunsch sich befriedigen könnte.« Dem Gesandten erteilte er keinen Bescheid (und vergass auf des Kasrâ Reizbarkeit.) Er sprach, als den Brief mit dem Siegel er schloss: »Messias und Kreuz seien dir Genoss!« Der Gesandte veratmete keine Frist; er sah trist den Bescheid und entfernte sich trist; wie der Wind kam zum Schah von Îrân er gerannt und gab des Kaisers Bescheid ihm bekannt.
Nȏšînrawân führt das Heer zum Kampf mit dem Kaiser von Byzanz Als der König gelesen des Kaisers Sendung, ergrimmte er über die Schicksalswendung; er berief seine Mȏbads und seine Helden, um ihnen des Briefes Inhalt zu melden. Drei volle Tage beriet er mit ihnen und den heerzertrümmernden Paladinen; am vierten stand der Entschluss bei ihm fest, dass zum Krieg mit dem Kaiser er ausziehn lässt. Vom Hofe erschollen Trompetentöne, 485.2 erregen den Staub wir: d.h. wir werden vernichten.
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der Pauken Klang und der Hörner Gedröhne. Zur Musse hatte er nicht mehr Zeit; jetzt galt’s dem Kampf um Gerechtigkeit. Er nahm das Heer, das Gepäck ward verladen und er gedachte des Weltschöpfers Gnaden. Zum Himmel hob sich der Staub, dass dich dünkt, mit dem Meere von Pech habe er sich geschminkt. Rossehufe bekam die Erde zum Kleide, die Luft war rubinrot infolge der Seide. Auf dem Grund war kein Platz für die Mücke zu finden noch auch in der Luft ein Durchweg den Winden. Von Elefantengestaub und der Reiter Gewühl ward die Erde gleich dem Strome des Nil. Der Weltherr, die Kâwefahne entrollt, schritt einher mit der Krone in Schuhen von Gold. Vor dem Heer waren Pauken und Elefanten, die zwei Meilen weit ein Lärmen entsandten. Hinterher und mit den Edeln voran zog rasch er nach Âḏar Âbâdegân. Als er fern sah den Âḏar Gušasp-Feuerherd, da stieg er zur Erde und liess das Pferd; den reinen Wesir bat er um den Stab; beide Wangen strömten die Tränen hinab. Mit Tribut betrat er den Tempelbezirk; man stellte den Thron auf mit Goldgewirk; darauf legt man die Zandawestâ-Bücher; ein Mȏbad las vor sie laut und sicher. Es wälzten sich Held und Priester im Sande; man zerriss alle Säume der Untergewande; von den Grossen wurden Juwelen beschert und mit Murmeln wurde die Gottheit verehrt. Als noch näher er trat, begann er zu beten und mit Dank vor den Weltenschöpfer zu treten; er bat ihn, ihm Sieg und Macht zu verleihn und dem Herzen Führer zum Rechttun zu sein. Er beschenkte reichlich die Dienerschar
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und wo noch ein Armer zu sehen war. Vor dem Feuertempel schlug auf er ein Zelt; überall war das Heer in Reihen gestellt. Einen klugen Schreiber berief er sonach, mit dem er die passenden Worte besprach; einen lobenden Brief liess er diesen Gewandten verfassen an Îrâns Grenzkommandanten: »Seid vorsichtig immer und wacht mir gut, vor den Feinden haltet die Welt mir in Hut. Wer Statthalter ist mit Heldengeschlecht, behandelt die Untertanen nach Recht, und haltet womöglich viel Truppen vereint, damit keinen Weg zu euch finde der Feind. Bis dass ihr mein Banner bekommt zu schauen, darf keiner sich lange dem Schlaf anvertrauen.« Als vom Feuertempel er zog gen Byzanz, war dies der Gesprächsstoff des ganzen Lands. Entgegenkam, wer ihm willfährig war; das Land war vor Helden ganz unsichtbar. Viele Tapf’re begrüssten den König, in Händen die Ehrengeschenke und Austeilspenden; wohin er auch immer setzte den Fuss, von überall kamen ihm Botschaft und Gruss, wohin auf der Welt er auch führte das Heer, er sah Festmahl und Jagden und sonst nichts mehr. So kam’s, dass zum Königsfest jegliche Nacht an tausend der Helden sich aufgemacht. Doch zum Kampfe zu rüsten begann er sodann und schickte zur Dirhamauszahlung sich an. Zum Feldherrn ward Šȇrôj-i Bahrâm gemacht, der lenkte mit ruhiger Einsicht die Schlacht. Den linken Flügel vertraut er Farhâd an, und legte ans Herz ihm manch guten Rat. Ustâd gab den rechten er, Sohn des Pêrôz, und Gušasp der Held kommandierte den Tross. Im Zentrum stand Mihrân und allerweg
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hatte der das Herz am richtigen Fleck. Vom Gefolge berief er zu sich die Erfahrnen, um sie gut zu beraten und auch zu warnen. Mit der Wache betraut er Hurmuzd-i Charrâd; über Recht, über Unrecht pflog er mit ihm Rat. Kundschafter gingen nach allen Seiten, zu erhellen sämtliche Heimlichkeiten. Er sprach: »Wenn von diesem endlosen Heere, den Männern voll Mut und Macht einer wäre, der meinen Weg widersetzlich verliesse, gegen meinen Willen selbstherrlich verstiesse, die gegen die Armen sich marternd vergässen oder auch gegen Grosse, die Schätze besässen, wer ein Saatfeld stampfte unter die Füsse oder vor dem Heer seinen Platz verliesse, oder wenn sie die Bäume mit Obst behelligen oder sonst etwas tun des Nichtgefälligen: – bei Gott, der Gewalt und Krone schenkt, der die Sonne und Kȇwân und Bahrâm lenkt, wenn ich nicht seine Mitte zerhack’ mit dem Schwert, wenn er auch wie ein Stern zu den Wolken fährt! Vor dem Heere stehe als Wachposten ich; um mich Herrscher sammelt das Zentrum sich. Heer, Tross, Elefanten umhüte ich rings, bald am rechten Flügel und bald bin ich links. Ich durchziehe so Festland wie Ozean; im Krieg streb ich Ruhe und Schlaf nicht an.« Ein Herold – sein Name war Šȇrǝzâd – merkte sich diesen Ausspruch, den Kasrâ tat; er suchte ringsum in raschem Lauf Gezelt auf Gezelt der Heermassen auf und rief: »Hört zu, ihr zahllosen Scharen! Ihr sollt jetzt den Willen des Herrschers erfahren. Wer nicht voller Liebe und Rechttuns denkt und zur schwarzen Erde die Blicke senkt, auf die dunkele Erde vergiesst man sein Blut,
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da er nicht nach Gottes Befehlen tut.« Durch den Ruf ward der Schah nicht zufrieden gemacht; bei hellichtem Tag und in düsterer Nacht umkreiste er immer das ganze Heer und Gute und Böse beobachtet er; er gab gut acht auf die weltlichen Dinge und Gutes und Böses schätzt er nicht geringe. Schied einer vom Heer auf dem Zug aus dem Leben, liess am selben Ort er sein Grabmal erheben, und liess jener Gold oder Silber zurück, Gurt, Fangschnur, Helm, sonst ein Waffenstück, das kam mit dem Toten hinab zum Grabe, doch der Mensch war kostbarer als seine Habe. Alle Welt kam da die Verwunderung an, wie zur Grösse gedeihe Nȏšînrawân. Wohin ihn der Krieg auch führte von hinnen, er besass Vernunft und bedachtsam Besinnen. Einen Boten sucht er, einen wahrheitsliebenden, der zum Feind sich begäbe, dem Listen übenden. War der Weg zur Gerechtigkeit zu beschreiten, vermied der Schah die Gewalttätigkeiten, doch kam es zum Krieg, so war Krieg auch sein Ziel und im Zorn war er mutvolles Krokodil; dann befahl er, dass Land man und Saat verheerte; er erobert die Welt mit dem Recht und dem Schwerte. Der Sonne glich dann des Königs Sinn; sie strahlt über Feuchtes und Trockenes hin und bei keinem hält sie ihr Licht für zu schade, wenn die Wolke wegeilt vom Himmelspfade, so für Mist und Sand wie Farbe und Duft, so für Perlenglanz wie die Wassergruft: vor keinem verhüllt sie den hohen Glanz, gnäd’ge Freuden Spenderin voll und ganz. Dies ist’s, was den König erhob und erhellt; unter seinen Fittichen hielt er die Welt.
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Wie Spiel waren für ihn so Kampf wie Schenken; deshalb brauchte er nicht seinen Kopf zu senken. Elefanten und Leun drangen gegen ihn an: einen Tag nur währte der Kampf sodann. Kam mit Helm und Panzer herbeigeeilt ein Heer gegen seines, dann unverweilt ward es umgebracht oder schmählich gebunden im Kerker des siegreichen Königs gefunden.
Nȏšînrawân erobert Festungen im Byzantiner Lande
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Also bis er kam zu jener Stadt, welche Siedlung den Namen Šȏrâb hat. (Als Gušasp aus Îrân zog nach Byzanz, bemächtigte er sich in Šȏrâb des Lands). Er sah, sie hob ihr Haupt in den Himmel, voll Wohlstand und Kriegszeug und Menschengewimmel. In der Wassertiefe mit Steinen fundiert, war ein Wall zu den Wolken hinaufgeführt. Vom Heer wurde rings die Festung umfasst; man sah keinen Weg zu Tor und Palast. Von vier Seiten wirkten die Schleudermaschinen und die kunstreichen Wälle sanken vor ihnen. Allseits kam über die Veste Vernichtung; man sah keinen Ausweg zu Rettung und Flüchtung. Als die Sonne verliess das Himmelsgewölbe, waren Wälle und ebene Fläche dasselbe. Zum Mond drang Reitergelärm wie auch der Heeresstaub und Feuer und Rauch, Ohne Leib Kopf und Füsse nur sah man dort, ohne Köpfe die Leiber an anderem Ort. Schreien um Schonung, Weibergeschrei und -gehärm übertönten der Trommelwirbler Gelärm. Die mächtig und angesehn unter ihnen oder mannesmutig und reich erschienen,
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wurden auf Elefanten in Fesseln geladen; da schrien sie und jammerten, sie zu begnaden. Doch verschonte er keinen zur Kampfeszeit noch Schatz und Dinare bei Festlichkeit. Wie von dort das Heer liess er weitergehn, war am Weg eine zweite Festung zu sehn, darin lag des Kaisers Schatz unter Sperre; der Wächter der Burg war ein mächtiger Herre. Ârâjiš-i Rûm – so hiess sie mit Namen, der böse Geschicke durch Kasrâ kamen. Der kluge Schah, der Erhebungen pflag, sah, dass noch kein Heer in der Festung lag; er liess einen Pfeilregen niedergehn, man glaubte den Frühling hageln zu sehn. Mit Mannheit erklomm die Wälle man jetzt; Stadt und Festung wurden in Brand gesetzt. Keine lebende Seele der Eingebornen verblieb in dem Land und auf Disteln und Dornen. Des Kaisers Schatz gab er preis als Beute und verteilte Kronen und Geld an die Leute. Von der Stadt wurde ringsum alles vernichtet, sodass alles was es vermochte sich flüchtet; Geschrei von Weib, Mann und Kindern erschallte, zusammen drängten sich Junge und Alte. Vor dem mächtigen König erschienen sie alle um Hilfe flehend mit jammerndem Schalle: »Macht und Schätze und Schatzwert sind dein nun ganz, dein der Kampf und der Mühe Erfolg in Byzanz! Um das Leben zu betteln sind wir erschienen; wir wollen dem Glanz deiner Krone dienen!« Da befahl er, nun keinen mehr umzubringen, und beschenkte sie mit vielen wertvollen Dingen.
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Nȏšînrawân kämpft mit Farfûrjôs dem Romäer und erobert Qâlînjôs und Anṭâkîje Mit dem Heere verliess er sodann diesen Ort; von Ârâjiš-i Rûm zog er näher fort. Da meldete einer: »Es sandte ein Heer der Kaiser und dieses zieht jetzt hieher.« Als er hörte, dass Massen im Anzuge wären, gepanzert und alle Träger von Speeren, da gab er die Nachricht dem Heere weiter, dass zum Kampfe gerüstet sei’n seine Streiter. Wie ein Berg von Eisen kam es in Gang und Geschrei erscholl und der Tuben Klang. Der Kundschafter Meldungen bracht’ aus dem Feld ein eilender Bote zum Herrn der Welt: »Der Kaiser hat abgeschickt seine Scharen von jenen Vornehmen und Palikaren; in der Vorhut ziehn starke Helden einher, wie die Wölfe dürstet nach Kampf das Heer. Stolz ein Ritter mit Pauken und Tubenstoss: auf Romäisch nennt man ihn Farfûrjôs.« Kaum war dies gesprochen, so wurde auch richtig der König ganz ferne des Heerstaubs ansichtig; da lächelte drüber der Herr der Welt: »Du hast nichts Neues mir da erzählt; denn wir lieferten vordem schon manche Schlacht und haben die Sorge nie losgebracht.« Worauf er die Hand zu den Lippen führte und die Frontenbildung kommandierte. Wie nun Heer gegenüberstand dem Heer, fand der Wind vor Heerstaub den Weg nicht mehr. So sammelten sich zusammenrückend die stolzen Helden, die Schwerter zückend, alle schnallten zum Kampfe die Gürtel sich enge, 605 Palikaren: griech. Unabhängigkeitskämpfer gg. die türkische Oberherrschaft (im 19. Jh.).
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von Grossen und Edlen und Fürsten die Menge, alle Schwerter bestimmt zum Blutvergiessen, jene Schwerter, die droben die Wolken zerstiessen. Das Heer kannte nicht grössere Zögerung als der Panter braucht auf das Wild zum Sprung. Bald gab’s überall Hügel von toten Griechen oder von kampfverwundeten Siechen. Farfûrjôs kam aus der Schlacht verletzt, die Pauken gesenkt, die Fahne zerfetzt. Die Reiter von Îrân, wie wenn in die Krallen des Panters ein wildes Schaf wär gefallen, eilten hinter den Romäischen her; Tal und Ebne machten von ihnen sie leer. So ging es dahin mit der kriegrischen Wehre, in der Faust alle Keulen und Schwerter und Speere. Der Heerzug war zu der Ebene gerichtet und eine Erhöhung wurde gesichtet, mit Besatzung und Pauken- und Hörnergetos eine Festung mit Namen Qâlînjôs, höher ragend, als der Adler sich schwingt, und von einem Wassergraben umringt. Eine Stadt umlagerte sie im Weiten mit Gärten und Plätzen und Baulichkeiten; eine starke Romäerbesatzung darin bestand aus Edlen von kriegsmut’gem Sinn. Der Schah stand entfernt davon zwei Farasangen; vom Heerstaub war schwarz alle Welt verhangen. Von den Toren wurde mit Pfeilen geschossen und Pechpfannen wurden heruntergegossen. Der König hatte der Stadt wohl acht; auf stets gröss’re Zahl ward das Heer gebracht. Geschrei erscholl aus Qâlînjôs, dass vorm Schreien zurückstand das Paukengetos. Als zum Fahlen wurde der Sonne Gefunkel und der kreisende Himmel zur Hälfte dunkel, blieb nichts bestehn von den Wällen der Stadt
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und die Stadt wurde wie ihr Boden so platt. Vom Königshof scholl eine Stimme her; »Oh ihr Edlen all vom iranischen Heer, ihr müsst diese Stadt jetzt vollständig räumen und im Finstern zur Ebene ziehn ohne Säumen. Wenn von Weibern und alten Männern Geschrei, wenn Verwüstung und Mord oder Fechterei in der finsteren Nacht zu den Ohren mir dringt, wenn geöffnetem Mund sich ein Qualschrei entringt, von dem, der den Hilfschrei erpresste, schaut mit Stroh ausgestopft ihr alsbald die Haut.« Als die Sonne vom Krebs her die Klinge zog, gescheuert der Rost war, der Schlaf verflog, wurde Trommelschall in dem Königshof reg’ und die Edlen machten sich auf den Weg. Von Männern und Weibern und Festung und Stadt fand am Königshof eine Versammlung statt: »Es blieb hier zurück kein krieg’rischer Reiter und in dieser Stadt kein edeler Streiter; ohne Schuld gibt es Tote jetzt nur und Wunde; so kam jetzt für Gnade des Königs die Stunde. Weiber, kleine Kinder und alte Greise als Gefangne zu schleppen ist recht keiner Weise. So wurden der Stadt und der Festung Wälle: du siehst jetzt nur Dornengestrüpp an der Stelle. Können wir für das, was der Kaiser verbrach? Was trägt man Qâlînjôs’ Leuten es nach?« Da verzieh er den Griechen von Qâlînjôs; mit den Schuldlosen sprach er die Schuldigen los. Viele Kostbarkeiten beliess er am Ort und führte sodann das Heer wieder fort. Wen er aber zum Kriege geeignet befunden, den lud man auf die Elefanten gebunden. Nach Anṭâkîje kam die Nachricht, dass er im Anmarsch sei mit Elefanten und Heer. In dieser Stadt als Besatzung waren
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von tapfern Romäern zahllose Scharen. Der König wartet drei volle Tage, damit er sich nicht mit Unrecht schlage; doch am vierten da zogen die Tapfern im Trab Schar auf Schar sodann vom Gebirge herab. Auf sie stiessen die Reiter von Byzanz ob der Weiber und Kinder, des Schatzes und Lands. In zwei Tagen wurden drei Schlachten geschlagen. Als am dritten die Sonne begann zu tagen, war geöffnet die Grenze des fruchtbaren Lands; man sah keinen Reiter mehr aus Byzanz. In die Stadt drang nunmehr hinein das Heer, da gab’s keinen Weg für die Füsse mehr. Wer an Grossen da war mit Kronen und Thronen, die des Kaisers Schatz hütenden Personen behändigten alle Schätze dem Schah, der an Schätzen bekam, was der Mühe entsprach. Man setzte die, die das Kriegshandwerk kannten, auf die hohen Rücken der Elefanten, kriegsgefangen; was er vom Kaiserschatz fand, das wurde vom Schah nach Madâ’in gesandt.
Nȏšînrawân gründet eine Stadt ähnlich Anṭâkîje und siedelt darin die Romäergefangenen an Der König umkreiste die Stadt Anṭâkîj und fand glanzvoller als die Mondscheibe sie; durch Gärten und Plätze und Wassergerinn wurde frisch des Jünglings vergreister Sinn. Zu den Mȏbads sprach der Schah letzten End’s: »Ist Anṭâkîje dies oder ist’s junger Lenz? Wer noch nie hat ein Paradies gekannt, alle Ziegel von Gold und Moschus der Sand, Rubine die Bäume, das Wasser Duftwonne, ihr Boden der Himmel, ihr Himmel die Sonne, der muss dies glühende Land hier betrachten; ganz Rûm muss man blühend zu machen trachten.«
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Der König befahl, eine Stadt zu erbauen; darin waren rinnende Wasser zu schauen, dass wie Anṭâkîje sie auch eine Leuchte voll Rosen und Schlössern und Gärten deuchte. Die Grossen, hellsinnig und lebensfroh, gaben ihr den Namen Zȇb-i Chosrau. So ward Zȇb-i Chosrau ein Lenzparadies, das Duft und Farbe und Schönheiten wies. Die Gefangnen, die aus jenen Städten in Banden wund oder mit schweren Ketten sich fanden, die befahl zu entledigen er ihrer Haft als der neuen Siedlung Einwohnerschaft. Er sprach: »Diese neuerwachsene Stadt, die nur Rosen und Gärten und Schlösser hat, sei ein Ort, der jeglichem Lust entfache und der seinem Namen auch Ehre mache.« Mit Kostbarkeiten beschenkte er jeden und die Gegend wurde geschmückt zum Eden. Vor Herbergen, Märkten und Strassen und Gassen war dem Winde, so schien es, kein Weg mehr gelassen. Ein wortreicher Schuhmacher kam da herüber und sagte: »Oh Schah, du Unrechtverüber! In Qâlînjôs stand ein Maulbeerbaum vor meines Ladens vorderem Raum. Was soll dies Zȇb-i Chosrau mir frommen? Denn mein Maulbeerbaum ist nicht hergekommen.« Da liess dem Mann, der erlitten den Schaden, viele Bäume er setzen vor seinen Laden. Einen Christen sodann erwählte er, dem gab er Befehlsmacht und Schätze und Heer. Er sprach zu ihm: »Dein ist Zȇb-i Chosru, die Fremden, dies neue Haus ebenso. Mögst du wie ein fruchtbarer Baum gedeihn, wie der Vater bald, wie der Sohn bald sein. Freigebig regier’, jeder Geiz sei vergessen; dein Wort sei stets passend und angemessen.«
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Aus Anṭâkîje führt der König das Heer, den Christen beliess dort als Wächter er.
Der Kaiser von Byzanz ersucht Nȏšînrawân um Frieden Darauf brachte Nachricht Farfûrjôs, das Schicksal berichtend von Qâlînjôs, dem Kaiser und sprach: »Mit Elefanten und Thron ist der kluge Kasrâ genaht in Person. Sein Heer ist so zahlreich, dass seinem Staube Berg und Wasser ermüdet werden zum Raube.« Diese Worte machten dem Kaiser Pein; die edlen Grossen lud er zu sich ein. Er geriet in Furcht vor Nȏšînrawân; bei Tag und bei Nacht beratschlagte man. Zu ihm sprach der Mȏbad: »So kann es nicht gehn; im Kampf kannst dem Kasrâ du nicht widerstehn. Dies fruchtbare Land wird zu Schutt gemacht, was die Kaiser geschaffen ins Grab gebracht. Eine schwätzende Zunge, ein Wille, der schlapp, brachte dieses Reich ins Elend hinab.«
Botschaft des Kaisers an Nȏšînrawân mit Tribut und Zoll Als der Kaiser’s vernahm, kam Verwirrung ihn an und sein Sinn wurde trüb ob des Nȏšînrawân. Unter Rûms gelehrtesten Philosophen, den beredten, reinen, ward Auswahl getroffen. So wurden an Mȏbads sechzig vereinigt, deren Geist und Verstand vom Staube gereinigt, als Botschaftsträger zu Nȏšînrawân; die Edlen traten die Reise an. Es führte sie an der gelehrte Mihrâs, der, noch jung, schon Greisenverstand besass. Sie führten aller Art Schätze mit,
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690.2 bei … beratschlagte man: W: bei Tag und drei Wachen der Nacht.
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deren Wie und Wieviel den Begriff überschritt. Viel Schmeicheln und Ratschläge und schöne Rede und Reuebezeugung vergangener Fehde sandte er mit schwerem Zoll und Tribute und Geiseln aus eignem und vornehmem Blute. (Als Mihrâs vernahm, was der Kaiser sprach, trat der Schlüssel zum Schlosse des Übels zutag. Zu Nȏšînrawân kamen die Gesandten, Geist und Zunge waren wie Diamanten). Als Mihrâs sodann vor Kasrâ trat, pries ihn auf Römisch der Diplomat; du meintest, dass er durch Gradheit und Schärfe Sterne aus dem Ärmel hebe und werfe. Er sprach zu Kasrâ: »Oh Königsheld, nicht in dieser Weise werte die Welt. Im Romäischen bist du, Îrân ist leer; das Grenzland hat Wert und Glanz nicht mehr. Sobald kein Kaiser sitzt in Byzanz, wiegt keine Mücke der Wert des Lands. Die Menschheit ist’s, die den Vorteil schafft, er gerät in Verlust, wird sie weggerafft. Ist der Aufruhr nur wegen der Kostbarkeiten, die Ehrfurcht und Wissen nicht wirksam bestreiten, bring ich alle Schätze von Rûm hier hin; mehr als Schätze und Land gilt mir hellfroher Sinn.« Als der König von ihm diese Worte vernahm, war sein Herz wie ein Park, der in Lenzblüte kam. Er nahm an, was auch immer da wurde gezollt, waren Sklaven es nun, waren’s Beutel mit Gold; er begann, die Gesandten alle zu ehren, die Beweise der Güte noch zu vermehren. Er sagte zu ihm: Oh hellgeistiger Mann, brachtest Pfleger der Rede du nicht auch heran? Wenn in Gold sich das ganze Land Rûm verkehrte, überwögest das stolze Land du an Werte.« Sie legten Byzanz Tribut auf und Zoll;
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zehn Rinderhautsäcke, von Golde voll, die sollte alljährlich der Kaiser senden dem König mit Ehrengeschenken und Spenden. Sein Heer sollte nicht mehr Jemen umfangen und nichts von jenem Volke verlangen. Dem Gesandten stellte man Ehrenkleid und Tiara und Schmuck und Gürtel bereit. Dann hörte man dort die Trompeten erdröhnen und die Stimme der ehernen Hörner ertönen. Der Weltenherr mit dem Heere eilte nach Syrien dort, wo er länger verweilte; dorthin brachte viel Waffen und Mannen er schon auch Beutel und Sklaven und Krone und Thron; die Erde bekam einen krummen Rücken von den Elefanten und Dirhamstücken. Als ihm dann der Wille zum Aufbruch kam, übergab er die Gegend Šȇrôj-i Bahrâm; er sprach: »Des Kaisers Tribut ford’re ab; sei bezüglich des Tags und des Monats nicht schlapp!« Da küsste Šȇrôj den Boden und sprach einen preisenden Segensspruch über den Schah: »Sei siegreich! Mög’ wach dein Glück stets blühn! Deines Königtums Baum bleibe immerdar grün!« Trommelwirbeln schallte vom Hofe her; nach Armenien zogen Fahne und Heer.
Geschichte Nȏšzâds, des Sohnes Nȏšînrawâns, und der christlichen Frau
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Wie die Sonne war Kasrâ, der Königsheld; Furcht und Hoffnung hatte durch ihn die Welt. So wandelt die Sonne durchs Himmelsgetriebe: eine Hand hält das Schwert und die andre die Liebe. Wenn der Zorn sie erfüllt, zeigt sie niemals sich gnädig doch jeglichen Zornes zur Gnadenzeit ledig. So war dieser König, der Chosrau entstammte, zum Rechttun bereit in dem Herrscheramte.
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Ob’s ein König nun sei oder Untertan oder reingesinnt ein gottehrender Mann, so wisse, man kommt von der Eh’frau nicht fort, noch von Kleidung und Kost und verborgenem Ort. Ist sie rein und keusch und voll guten Rats, dann findet im Weibe man einen Schatz, besonders ist sie von hoher Gestalt, der ein Lockenhaar schwarz zu den Füssen wallt, voll Klugheit und Einsicht, voll Scheu und voll Charme, die Rede fein-höflich, die Stimme schön warm. Eine solche Frau nannte der König nun sein, mit Zypressenwuchs und des Mondes Schein; sie gehörte zur christlichen Religion; ihre Schönheit war die Stadtdiskussion. Sie brachte ein sonniges Kind zur Welt, überstrahlend die Nâhîd am Himmelszelt. Der König nannte Nȏšzâd dieses Kind; vor Sorgfalt umweht’ es kein heftiger Wind. Es wuchs auf, ein schlanker Zypressenschaft, des Königreichs Schmuck und tugendhaft; von der Hölle und vom Paradiese wusst’s, von Esra, Messias und Weg Zardušts. Doch nicht richtig erschien ihm der Zandawest, mit Taufwasser wurden die Wangen genässt. Seiner Mutter Glaube war ihm viel lieber, und alle Welt war erstaunt darüber. Des Königs Herz fühlte darob sich beengt, dass der Rosenstrauch ihm nur Dornen geschenkt. Das Tor seines Schlosses versperrte man fest und verkehrte das Schloss für ihn zum Arrest. Sein Wohnsitz war in Ǧundî Šâpûr, ganz ferne vom Westen und Îrâns Flur; viele andre in Fesseln und Übelwerker waren in dieser Stadt mit ihm in dem Kerker. Als aus Rûm nun der Schah kam, da klagte er über Länge der Reise und ihre Beschwer,
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er wurde ohnmächtig vor lauter Schwäche und enthielt sich, nicht wohl, der Empfangsgespräche. Einer brachte dem Nȏšzâd nun den Bericht: »Verdunkelt wurde des Königtums Licht! Der Weltenherr Kasrâ schied aus dem Leben, das Geschick hat jetzt anderem das Land übergeben.« Den Nȏšzâd freute des Vaters Tod – keiner nenn ihn je Nȏšî, behüte Gott! –; wen der Tod des gerechten Weltenherrn erfreut, der hat dunkelen Wesenskern. Ein bekannter Alter ist’s, der dazu spricht: »Wenn mein Tod dir Freude macht, stirb du nicht.« Kein Mittel gibt’s, dass dem Tod man entweich’; ob früher, ob später er kommt, ist doch ganz gleich. Ob des Todes braucht keiner sich Sorgen zu machen, der mit Gott schon in Ordnung gebracht seine Sachen. Den Sohn, der vom Weg sich des Vaters verloren, nennen frevelhaft wir oder einen Toren. Koloquintenwurzeln, ob dürr, ob begossen, ist nie noch duftende Frucht entsprossen. Warum? Die Natur haftet an ihr jetzt, wie der Gärtner sie einst ursprünglich gesetzt; muss sie nun einmal zur Erde sich neigen, (kann sie nicht zu Sonne und Äther steigen); sie gibt weder dauernde Frucht noch Laub, sie lebt und sie stirbt in Erde und Staub. – Die Geschichte des Nȏšzâd will ich berichten; das Haupt von Gerechtigkeit wende mitnichten! Wenn dem Himmel ein Vater gegeben ward, wär’s ein Vater von König Kasrâs Art; was musst’ seinen Weg verlassen der Sohn
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755.2 Nȏšî: Süsser 766 Wenn dem … Kasrâs Art: Unklare Stelle. Ich nehme die Lesart C an (pidar statt mâdar). Sie gibt immerhin einen Sinn: Hätte der Himmel einen Vater, so entspräche er seinem Wesen nach König Kasrâ. Mohl spricht von einem Maître, den der Himmel akzeptiere.
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und nach seinem Kaiensitz trachten und Thron? Vernimm nun von mir bis zum Schluss die Geschichte, dass, mein Sohn, ich sie Punkt für Punkt dir berichte. Des Dihqâns Gedicht hab ich umgedichtet und mir damit selber ein Denkmal errichtet, so bleibt’s als Erinnerung an mich bestehn – Lobpreis sei dem, der Lobpreis lässt ergehn! – nach dem Tode von mir, der ich Verse dichte und mein Trachten auf ewigen Nachruhm richte. Also sprach ein persischer Poet – viermaldreissig Jahre sind seither verweht –: »Wer den befeindet, der stets gerecht, ist nicht aus Menschen-, nein, aus Teufelsgeschlecht.«
Nȏšînrawân erkrankt, und Nȏšzâd erregt einen Aufstand Von Nȏšzâd erzählt man solche Geschichte, die herstammt aus der Alten Berichte: Als der Sohn des Kasrâ vernahm, es sei von dem Königsbaume der Thron jetzt frei, ward das Schlosstor vom Königssohn aufgetan und von überall sammelt ein Heer sich an. Wer da des Verstandes Banden entsprungen und in Nȏšînrawâns Gefängnis gezwungen, die Wahnsinnigen wurden ausgelassen; die Stadt konnte sich vor Bestürzung nicht fassen. Alle die Christen, die in der Stadt waren, die sammelte er um sich in Scharen, Bischöfe, Geistliche und so weiter und nackenstolze schwertzückende Reiter. Die Mutter aber versah ihn mit Geld, da der Schah ihr Geld zur Verfügung gestellt. Dreissigtausend sammelten sich ungefähr, alle kriegsgeeignet und tragend den Speer. Von den Städten im Umkreis besetzte er jede 779 Alle die … sich in Scharen: Verse umgestellt.
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und es gab um ihn viel Gerücht und Gerede. (Von Šûštar nahm er Tribut und Ahwâz, es gab keine, die Widerstandskraft besass). Ein Brief wurde nun an den Kaiser gesandt, aus verdunkeltem Geist, der ihm blutsverwandt: »Die Stadt Ǧundî Šâpûr huldigt dir! (Brich auf, oh König, das Reich gehört dir!) Gleiche Sprache und Glauben und Blut haben wir. (Dir gehören die Städte Îrâns wie Byzanz, so Îrân wie Âḏar wie die Blüte des Lands).« Durch ihn füllte sich mit Verbrechern die Stadt; sein Glück lebte wieder auf, das schon matt. Nach Madâ’in gelangte die Nachricht davon, was zutage getreten von Kasrâs Sohn; einen Reiter vom Zuge zum König entsandt’ sofort von Madâ’in der Grenzkommandant; er teilte ihm alles mit, was er erfahren, die Geschehnisse auch, die geheim noch waren. Der Bote kam wie ein reissender Bach geeilt zu Nȏšînrawân dem Schah; er berichtete – und bestellte das Schreiben –, was zutage getreten von Nȏšzâds Treiben. Der Schah hörte ihn an und las den Brief; das Geschehne bestürzte und verstörte ihn tief. Mit dem kopfhohen Mȏbad sass dann der Schah bei geheimer Besprechung im Gemach. Die Wirkung dieser Besprechung war, dass er zu sich beschied einen Sekretar.
Brief Nȏšînrawâns an Râm Barzîn, den Kommandanten von Madâ’in, über die Gefangennahme des Nȏšzâd Er schrieb einen Brief, wie von Brandmalen wund, voll Runzeln die Wange, voll Seufzern den Mund. 787.2 Sein Glück … schon matt: W: Das Haupt seines dahingegangenen Glücks wurde wach.
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Zum ersten wurde Preis dem geweiht, der die Welt geschaffen und Raum und Zeit, der Sonne und Mond geformt und Planeten, der die Throne lässt strahlen und Majestäten, vom wertlosen Grashalm bis zum Krokodil, vom Ameisenhauch-Staub bis zum Strom Nil, und wollt’ man in Ambossmitte auch fliehen, kann man doch sich Gottes Gebot nicht entziehen; kein Ende ist seinem Walten erkennbar; die Herrschergewalt ist von ihm nicht trennbar. Von dem peinlichen Brief hab’ ich Kenntnis genommen, dass von meinem Sohn viel Unheil gekommen, von den kerkerentwichenen üblen Gesellen, die als Helfer Nȏšzâd zur Verfügung sich stellen. Wer auf solches Geschick die Erwartung stellt, der bleibt am besten nicht lang auf der Welt. Uns alle gebar die Mutter fürs Grab, von Kasrâ am Anfang zu Nȏšzâd herab. Von den Mücken und Emsen zu Löwen und Wölfen kann vor Todeskrallen und -schnabel nichts helfen. Wenn die Erde ihre Geheimnisse wiese und Ende und Anfang uns schauen liesse, lägen Kronenträger im Schoss ihr in Völle, während Blut der Ritter vom Busen ihr quölle; ihre Säume würden Gelehrte enthalten und Schönwangige füllten des Kleides Falten. Was ist Krone dem Haupt, was ist Helm ihm nütze? Der Tod dringt hindurch mit Gefieder und Spitze. Es gibt hier kein Bleiben – das ist einmal so. So wird auch der Sohn meines Tods nicht lang froh. Die Scharen, die sich zu Nȏšzâd gesellen und Kasrâs Tod nur in Rechnung stellen, – wer da selbst dem bösen Tage entrinnt, 798 Planeten: W: den Kȇwân (Saturn) 799 Krokodil: Eigentlich zu den Elefantenrücken
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den macht der anderen Tod immer frohgesinnt. Ferner denkt an der Könige Tod, die gerecht, nur jemand entstammend aus üblem Geschlecht. Hat sein Haupt Nȏšzâd von uns abgekehrt, so war’s solch ein Dȇw, der es ihn gelehrt. Doch wird seine Sache beständig nicht währen, er entflammt, da dem Ziele nah sein Begehren. (Solange mein Haupt seine Krone behält, darf keiner wie ich sein Beherrscher der Welt.) Es geht nicht, dass sein Ehrenplatz in unsrer Nähe durch die grundlose Nachricht zugrunde gehe. Wird von Kasrâ leer der Thron der Welt, ist er’s, an den die Reichskrone fällt, so wär seinem Glauben er angepasst, seiner Seele, mit bösen Ideen befasst. Angst und Sorge soll drum dem Herzen nicht sein, ist unseres Sohns Religion auch nicht rein; und was er an Schätzen noch machte zunicht, fällt in unserem Herzen nicht ins Gewicht. Alle jene, die für ihn Partei ergreifen und die Ehrfurcht vor uns aus dem Herzen streifen, schlecht denkend, schlecht handelnd und schlecht gebürtig, Untertanen zu sein sind sie nicht einmal würdig. Von ihnen zu reden liegt unter mir; wegen Leuten wie diese mach’ nicht Sorgen dir. Ich hab Furcht und Angst vor dem Richter der Welt, der hoch übers Wissen der Höchsten gestellt, meine Seele soll nicht sich undankbar erweisen gegen Gott, den ewig güt’gen und weisen. Er verlieh mir den Sieg und den Glanz des Ruhms, Gedeihn und die Krone des Grosskönigtums; käm der Gabenfülle gleich die Verehrung, erhielt’ über den Überfluss ich noch Mehrung. Entquoll nicht ein Tropfen Nass meiner Lende, dass er anderswo Ruhe und Schlummer sich fände?
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Ein Feind erstand mir, als er erwachte; ich fürchte, dass selber ich Unheil mir brachte. Ist die Zeit nicht da für des Weltenherrn Grimm, ist die ganze Sache für mich nicht so schlimm. (Und wenn mir das Glück seine Freundschaft erhält, fürcht ich nicht, dass mich drob ein Unheil befällt). Wer immer um ihn sich auch sammelt, sie taugen allesamt nicht das Mindeste in meinen Augen. Durch jenen Brief, ihm vom Kaiser geschrieben, wurde trübes Gewässer zum Flusse getrieben; da Glauben und Sprache beiden gemein, meint er blutsverwandt dem Kaiser zu sein. Wer es zu wenig Verstand nur gebracht, nimmt nicht seiner Väter Glauben in acht; am besten der Sohn, der behält und fasst seines Vaters Glauben und diesen nicht hasst. Will der Tor das Rechttun zu meiden suchen, soll der Mund sich nicht auftun, ihn zu verfluchen. Denn wer ihm flucht, flucht uns ebensogut, denn gemeinsam sind Stamm uns und Leib und Blut. Du rüste das Heer, um ihn zu bekriegen, doch lass Frieden und Zög’rung dazwischenliegen. Auch musst du, will sich’s bedrohlich gestalten und er zieht zum Kampf, dich der Härte enthalten; Verhaftung wäre Tötung weit vorzuziehn; vielleicht überkommt tätige Reue ihn; denn er stammt von einer edlen Zypresse; wasch den Staub ihm ab mit Verstandesnässe. Doch wem sich die Würdigkeit niedrig erzeigt, die hohe Zypresse zur Tiefe sich neigt, wenn das Haupt vom Kissen der Ruh’ er kehrt, halt zurück von ihm dann nicht Keule und Schwert. Wenn ein Mensch, der geehrt wird, nach Niedrigkeit trachtet, werde sie als Teil des Charakters erachtet. Ein Mensch von Rang wird dann niedrig gestellt,
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wenn er Kampf anhebt mit dem König der Welt. Du hab keine Angst, einen solchen zu töten, da er selbst mit dem Blute die Erde will röten. Zur Religion zieht es ihn, die der Kaiser glaubt, von unserm Diadem kehrt er ab das Haupt; der geehrt, wird niedrig und traurig und elend, statt hohen Geschicks seinen Untergang wählend. Ein Mann Mihrnȏš machte drauf einen Spruch, fromm-verständig, gekleidet in wollenes Tuch: ›Es mag nicht geschehn, dass das Leben beut dem Lust, den der Tod seines Vaters freut.‹ Du such’ ohne Trübung nicht hellen Genuss, denn es käm mit dem Feuer das Wasser in Fluss. Keiner war ohne Mühsal noch ruhig und froh, das Gesetz des Schicksals will’s eben so. Ein Tor, wer auf Freundschaft des Schicksals vertraut; einmal bringt es den Kern, dann nur Schale und Haut. Was suchst du vom Schicksal denn Pracht und Duft! sowie es sie zeigt, macht es sie schon zu Luft. Müh und Furcht und Pein nah’n just dann zumeist, wenn das kreisende Schicksal zur Höhe dich reisst. Die bei Nȏšǝzâd versammelten Scharen, die so oft vom Rechttun abgekehrt waren, nimm für Wind und für Spiel und nicht für wichtig, die Welt für stets rätselhaft und für nichtig. Wer in seinem Heere das Kreuz verehrt und wegen des Glaubens das Haupt abgekehrt: der Messiasglauben ist so, dass ein Christ vom Anhauchen schreckhaft schon wird und trist, dass er Sinn und Weg des Messias verlässt und schliesslich das Kreuz so hasst wie die Pest. Sie gehören zweitens zu den Vagabunden, die durch üble Lehren bös’ Hader entzünden; eine Scheu hegt keiner im Herzen drinnen; ein Windhauch kommt gleich dem, was sie ersinnen. Wird Nȏšǝzâd in dem Kampfe gefangen,
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so lass diese Worte nicht an ihn gelangen; (und reisst von der Unwahrheit los er das Herz, bleib verschont seine Seele von Kummer und Schmerz;) es darf seinem Leibe geschehen kein Leid; erhielt Risse durch Schläge sein Oberkleid, würden die Verschleierten in den Haremen allesamt überall Partei für ihn nehmen. Auch wär’s besser, sein Schloss ihm als Kerker zu wählen und die unterstünden seinen Befehlen. Halt die Schatztüre nicht vor ihm verschlossen, ist erniedrigt auch so, der einst Ehrung genossen. Womit man sich kleidet, das Mahl bereitet, auf den Boden spreitet, als Decke ausbreitet, das werde ihm ohne Beschränkung gewährt; sonst hätte dies Reden ja gar keinen Wert. Doch für jene iranischen Grenzkommandanten, die ihm zuliebe die Mitte sich banden, wenn du siegreich bist, darfst kein Wort du verlieren: die musst mit dem Schwerte du mitten halbieren; den Feind seines Königs hat man den Kiefern eines Krokodiles zu überliefern. Zudem ist, wer im Herzen uns hasst und verdammt, dem Samen des bösen Ahrîman entstammt. Sie haben erwiesener Wohltat nicht acht; du hast bei Nȏšzâd die Erfahrung gemacht. Vor uns waren alle sie Reine und Brave und fürchteten sich vor unserer Strafe; sie schauen und üben sich alle im Schmähen, lassen über Nȏšzâd sich die Zungen ergehen, sie lieben besonders uns zu verfluchen, da sie uns zu beschimpfen Gelegenheit suchen. Doch einverstanden sei du mitnichten, dass die Feinde solche Geschichten berichten; meiner Lenden Spross ist er, der Tugend zwar bar, und mein Herz ist Zeuge dafür, dass es ist wahr. 876 Kiefern: W: dem Rachen
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Wer böses Geschwätz in Erinnerung zieht und durch wen Nȏšzâd ein Unrecht geschieht, den Anstiftern sollst du ein Brandmal versetzen und zungenlos, mundlos sollst du sie ätzen. Wer immer so nach einem Schicksal trachtet, dass er eines Fürsten Person missachtet, wer ins Werk setzt feindliche Winkelzüge, Ahrîmans Glauben und Trug und Lüge, dass der weiter im Reich sei, ist uns nicht genehm, denn der Glanz unsres Sohns ist für uns Diadem.«
Râm Barzîn kämpft mit Nȏšzâd, und Pêrôz erteilt Nȏšzâd Ratschläge Des Königs Siegel setzte man auf den Brief, worauf der Bote von dannen lief. Kaum war er zu Râm ǝ Barzîn gekommen, so vermeldet er, was er von Kasrâ vernommen. Darauf gab den Brief er ihm unverweilt, in dem jener Befehl über Nȏšzâd erteilt: dass er ihn bekrieg’ mit gesammeltem Heere und das Hirn der Ehrfurcht vor ihm entleere. Als den Brief gelesen der alte Mann, hörte er manche Rede des Boten an. Zur Zeit, da das Krähen des Hahns ertönt, war’s, dass Paukenschall vom Hofe erdröhnt, ein Heer sah gross aus Madâ’in man ziehn und es eilte zum Kampfe Râm ǝ Barzîn. Nȏšzâd erhielt die Nachricht hievon; er versammelt das Heer und entrichtet den Lohn. Patriarchen und sonstige Christen und Pfaffen von Byzanz begaben sich auch zu den Waffen, Šamâs der Feldherr voran: so stand ein Heer da, zum Blute bereit seine Hand. Gelärm kam von Nȏšzâds Hofe her; es wogte das Heer wie ein stürmisches Meer. Aus der Stadt zogen alle hinaus auf die Trift,
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von Kampflust erfüllt und von Hass und Gift. Râm ǝ Barzîn sah die Staubwolke wallen, liess die Front sich ziehn und die Hörner erschallen. Vom Staube der Reiter, der Häupter Blut, der schweren Keulen schwingender Wut barst das harte Herz des Felsens entzwei, mit dem Anblick des Sonnenlichts war es vorbei. Im Zentrum des Heeres stand Nȏšzâd jetzt, einen griechischen Helm auf das Haupt gesetzt. Soviel Christen gab es im Heer aus Byzanz, dass vor Hufen verschwand der Boden des Lands; du meintest, die Erde woge und brause und der Luftraum droben schreie und sause. Da naht ein gepanzerter Kavalier, mit Namen hiess er Pêrôz ǝ Šȇr, der rief: »Oh du edeler Mann Nȏšzâd, verlass doch nicht der Gerechtigkeit Pfad! Lass ab, zu bekämpfen des Königs Heer! Denn solchen Kampf bereutest du sehr. Dem Glauben Kajûmarṯ bist du entflohn, Hôšangs und Tahmûraṯ’s Religion. Der Messias ward umgebracht, der betrog, als vom Glauben an Gott er zurück sich zog. Von den Glaubensstiftern streb’ dem nicht nach, der sich selbst nicht konnt’ helfen vor Ungemach. Hätte Gottes Glanz über ihm gestrahlt, wie hätten’s die Juden ihm so heimgezahlt? Du vernahmst, was dein Vater, der fromme Mann, mit Byzanz und mit dem Kaiser getan; jetzt geht nach dem Kampfe mit ihm dein Streben; du willst dein Haupt bis zum Himmel heben. Bei dem Mondschimmer-Antlitz, der würd’gen Gestalt, dieser Schulter, dem Arm und der Keule Gewalt seh ich doch von Vernunft bei dir keine Spur; so verwirrt wurde deine getrübte Natur. Noch lebt der Vater, zum Thron strebt der Sohn:
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das spricht jeglichem Brauche und Rechte Hohn. Wenn er scheidet, dann magst du die Krone ansprechen doch jetzt um sie kämpfen – das ist ein Verbrechen. Weh um Krone und Ruhm und Glanz des Gesichts! die du jetzt zu verschleudern gedenkst in das Nichts. Gegen Kasrâ bleibst du der Unterlieger, bist ein Löwe du nicht oder reissender Tiger. Solche Hand und den Zügel, wie du ihn fasst, sah ich noch nicht gemalt im Königspalast, solchen Fuss und Bügel und Brust und Nacken, solchen Kriegstumult, solches Keulenpacken, es sah noch kein Maler solches Gemäld’ und nie noch erschien solch herrlicher Held. Versenge nicht kindisch des Königs Seele, mach nicht, dass der Krone Glanz düster nur schwele! (Ein Kind mag sich noch so feindlich betragen, wenn es stirbt, wird der Vater den Tod beklagen). Bitte den König um Schonung! Herab vom Pferde! Wirf Keule und griechischen Helm zur Erde! Wenn ein kalter Wind einmal ferne von hier schwarzen Staub auf dem Antlitz lässt lagern dir, wird das Herz des Schahs deinetwegen entbrennen und dein Antlitz macht dann die Sonne flennen. Du darfst den Samen der Habsucht nicht säen, der Hader will schön keinem Könige stehen. Wenn du nicht folgst diesem meinem Rat, zu Hochmut dich kehrst und zu heftiger Tat, wirst der Ratschläge Pêrôz’ du oft dich erinnern und kalte Seufzer ziehn aus dem Innern.« Nȏšzâd gab also Antwort darauf: »Greis, verdorrter, mit Luft in dem Schädelknauf! Mute nicht zu eine flehende Bitte: ›Verschone!‹ einem Heldenheer und dem Königssohne! Den Glauben des Kasrâ brauche ich nicht, da für meine Mutter das Herz mir spricht, und sie hält es mit dem Messiasglauben;
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ihren Glanz und Glauben lass ich mir nicht rauben; und ward der Messias auch umgebracht, so verlor er doch nicht die göttliche Macht; zu dem reinen Gott hob er rein sich empor und zog Höhe der dunkelen Erde vor. Ich hab keine Angst, wenn der Tod mich auch trifft; gegen dieses Gift gibt’s kein Gegengift.«
Kampf des Râm Barzîn mit Nȏšzâd und Tötung Nȏšzâds
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So sprach er zum alten Pêrôz; das Gesicht des Himmels verhüllten die Pfeilfedern dicht; es rückten die Helden vor und es huben ihr Gedröhne an die Pauken und Tuben. Der Feldherr entfachte sein Ross wie den Brand und es kam wie Âḏar Gušasp gerannt. Den linken Feindflügel zerschellte er, es blieb kein Held bestehn vor dem Heer. Viele Helden fanden den Tod; es ward das Herz Râm ǝ Barzîns dadurch ganz hart. Einen Regen von Pfeilen befahl er dem Heere, dass die Luft wie Hagel des Frühjahrs wäre. (Es kam in der kriegsmut’gen Heldenmenge auf beiden Seiten zum Handgemenge). In den Staub sank verwundet nun Nȏšzâd; zu spät dacht er oft jetzt an Pêrôz’ Rat. (Er eilte zum Zentrum des Heers voller Qual), den Leib pfeilwund und die Wange schmerzfahl; er sprach zu den Tapfern von Rûm: »Wie widrig ist der Kampf mit dem Vater, unselig und niedrig!« Er berief einen Bischof mit Tränen und Klagen, um ihm, was am Herzen ihm lag, zu sagen; er sprach: »Das Missgeschick, das mich befiel, brachte ich selbst über mich, denn ich frevelte viel. Jetzt sinkt mein Haupt schon dahin zu den Toten. Meiner Mutter schick zu einen reitenden Boten;
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er sag ihr: »Es ging aus der Welt Nȏšzâd; zum Schluss kam ihm rechte und unrechte Tat. Dein Herz sei nicht meinetwegen gequält; denn dies ist die Norm der vergänglichen Welt. Mein Anteil am düstern Geschick war so; wie war einst mein Herz weit erleuchtend und froh! Für den Tod ward geboren, wer lebend ist. Kränk dich nicht über mich, da du sterblich bist Mein Herz quält es nicht, wenn ans Sterben denkt, vielmehr dass mein Vater sich über mich kränkt. Sieh von Grabmal und Thron und Bemühungen ab; nach der Norm des Messias mach mir ein Grab. Nicht Kampfer, nicht Moschus und Ambra tun not; denn vom Pfeile verwundet geh ich in den Tod.« Er sprach’s und schloss seine Lippen. Dahin schied der edle Nȏšzâd mit dem Löwensinn. Als der Tod dem Heere ward kundgemacht, (zerstreuten sich alle vom Orte der Schlacht;) wehklagend zu seinem Kissen kam der Pahlawân, als vom Tod er vernahm. Auf dem Felde tötete nicht mehr man Leute; sie waren nicht froh und sie machten nicht Beute; sie sahen ihn tot; es lag elend und bloss einem griechischen Bischof sein Haupt im Schoss. Das Schlachtfeld war voll vom Geschrei, das erscholl, das Herz Râm ǝ Barzîns des Schmerzes voll. Er fragte den Bischof: »Was ist im Gedächtnis dir von Nȏšzâd und von seinem Vermächtnis?« Gab ihm zur Antwort: »Seine Mutter bloss soll sein Haupt mehr erblicken nackt und bloss. Er befahl, als er fühlte sich pfeilverletzt, er werd’ ohne Wohlgeruch beigesetzt: dass die Mutter nach Christenbrauch – dies war sein Wille – ihn in’s Leichentuch leg und sein Haupt verhülle, nicht Stirnreif noch Thron noch Romäerbrokate:
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dass das dunkle Geschick eines Sklaven ihm nahte. Seine Seele ist eng jetzt dem Heiland verbunden, hat er auch den Tod nicht am Holze gefunden.« Den Christen, die es da gab in der Stadt, blieb unzerkratzt keine Wange und glatt. Aus der Stadt kamen alle Messiasbekenner unter Jammern zusammen, so Frauen wie Männer: »Dahinschied der junge so tapfere Mann, Herz und Augenstern des Schahs Nȏšînrawan!« In dem Sarge gaben sie ihm das Geleit und trugen ihn drei Farasangen weit. (Zwei Maulesel kamen unter den Schragen; so wurde er zu seiner Mutter getragen). Als die Mutter erfuhr, dass des Sohnes beraubt, da sanken zur Erde ihr Krone und Haupt. Sie kam bloss aus dem Frauengemach auf die Gasse; um sie sammelte sich des Volkes Masse; man schlug ein Gezelt auf um ihn und es streute sich Staub auf das Haupt die Gesamtheit der Leute. Sie bestatteten ihn; Nȏšzâd entschwand; er wurde zu Nichts, wie aus Nichts er entstand. Ganz Ǧundî Šâpûr war ein Tränenschauer, gequält von des Königs so tiefer Trauer. Was windest du dich in den Fesseln der Gier und weisst doch, es ist deines Bleibens nicht hier? Such den Ausgang und nicht nach dem weltlichen Wahn! Ihre Blüte hält Gift; riech nicht töricht daran! Das Haupt nicht von Glauben und Recht gewendet, da dir Gottes Zürnen sonst Unheil sendet! (Der arabische Glaubensstifter predigt, dass des Vaters Zorn deine Seele schädigt; wenn der Vater dem eigenen Sohne flucht, ist sein Same schlecht und schlecht seine Frucht. Du darfst nicht den Geist deines Vaters kränken, mag noch so viel Mühsal aufs Haupt er dir senken.) Lass die Sorge, wenn du Sicherung in dir erlangst!
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Auf dein Herz schlag nicht los mit der Axt der Angst! Hast den Becher du, lass gelben Wein dir bringen! Herzensseligkeit wird nicht der Sünde entspringen. Such Lust und Vergnügen, den Rausch halte fern! Halte Eiteles nicht für der Dinge Kern! (Den Verstand überwältige die Leidenschaft nicht; handle immer so, wie’s der Sitte entspricht! Mit Weisheit nimm stets den Glauben in acht, denn vom Glauben wird Segen der Seele gebracht.) Fühlst du Liebe ʿAlîs dein Herz beseelen, wird am Tag des Gerichts dir der Beistand nicht fehlen. (Wir gelangen durch ihn befreit nach dem Eden; nur er öffnet das Tor des Heils einem jeden. Will sich Zweifel an ihm dir im Herzen bilden, hält er dich nicht für passend den sel’gen Gefilden.) Den Weltherrn erfülle Freude und Glück – und er denke an meine Worte zurück – den Weltenherrn Maḥmûd, der Lob nachstrebt, dessen Lob in den Herzen aller auch lebt; seine Krone ist Säule des Firmaments, ihr Leuchten bewirkt, dass die Sonne glänz’. (Es werde, sobald er dies Wort vernimmt, mir durch seine Güte Genuss bestimmt).
Nȏšînrawân sieht ein Traumbild, und an den Hof kommt Bûzurǧmihr Da wir jetzt von Bûzurǧǝmihr singen und sagen, wird ein erfreuliches Blatt aufgeschlagen. Glaub nicht, dass ein Traum etwas Sinnloses sei, auch er ist ein Teil der Propheterei, schon gar, schaut ihn der Herrscher der Welt, indem sein leuchtender Geist ihn erwählt. Mit dem Mondkreis pflegen die Sterne Rat und verstreuen Worte auf ihrem Pfad; ein heller Geist kann kommend Geschehn wie Feuer gespiegelt im Wasser sehn.
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Im Schlaf lag Nȏšînrawân eine Nacht, alt und wach der Verstand, jung die Herrschermacht. Er sah, wie ein königlicher Baum emporwuchs vor dem Throne, im Traum. Im König erregte ein wohlig Gefühl er, er rief Wein und Lauten und Saitenspieler. Doch mit ihm auf dem Throne, dem ruhigschönen, sass zugleich ein Eber mit spitzigen Zähnen, der sass da und gehabte sich wie ein Zecher (und verlangte Wein aus Nȏšînrawâns Becher.) Als die Sonne vom Stier das Haupt herauf schob und sich überall Lerchengesang erhob, da sass trüb auf dem Throne der Schah am Morgen; von dem Traumbild hatt’ er das Herz voller Sorgen. Die Traumdeuter liess zusammen er rufen und setzte die Edeln zu Thronesstufen. Der Schah erzählte die Traumerscheinung dieser lehrhaften Mȏbadsvereinung. Die Traumdeuter gaben ihm keinen Bescheid, denn man ward aus der Sache nicht recht gescheit. Dem Netze der tadelnden Reden entgeht, wer seine Unwissenheit eingesteht. Als der Schah bei den Deutern nicht Antwort fand, ward sein Sinn rasch auf eine Auskunft gewandt; er schickte Mȏbads überallhin, klug-erfahrene Leute mit wachem Sinn; ein Geldsack war eines jeden Last; – auf Erfolg hatte er grosse Hoffnung gefasst; – zehntausend Dirham in jedem der Säcke, auf dass in aller Welt man entdecke einen Deuter von Träumen, besonders gelehrt, in jeglichem Wissenschaftsfach bewährt, damit er den Traum des Weltenherrn deute, aus Verborgenheitsfesseln Geheimes erbeute; einen Geldbeutel sollten gefüllt sie ihm geben und den Dank des Weltenherrn noch daneben.
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So macht auf den Weg sich denn höchst gelehrt in jeglicher Richtung ein Mȏbad zu Pferd. Ein Edler – dieser hiess Âzâd ǝ Sarw – kam also vom Hofe des Kasrâ nach Marw; er durchkreiste Marw und sah auf der Suche einen Mȏbad mit dem Zandawest-Buche. Der belehrte die Knaben mit lauter Stimme, mit Ungestüm und in eifrigem Grimme; darunter ein Bursch, schon in Jahren gekräftigt, mit der Zandawestâ-Durchforschung beschäftigt. Den sah man – er war Bûzurǧǝmihr geheissen – übers Buch gebeugt sich mit Liebe befleissen. (Er überragte gelehrt alle Jungen, dem Samen von Wissenschaftsforschern entsprungen.) Vom Weg lenkt der Mȏbad des Rosses Zaum, kam und fragte um jenen Königstraum. Der Schriftweise sprach: »Sowas liegt mir ganz fern, im Zend als Spezialgebiet arbeit’ ich gern, darin gebe den Buben ich Unterricht, doch ausserhalb wag ich zu atmen nicht.« Als dies Bûzurǧǝmihr vernahm, empor reckte er das Gesicht und lieh ihm das Ohr; er sprach zu dem Lehrer: »Mein Fach ist das schon, denn die Deutung von Träumen ist meine Passion.« Aber der schrie laut an den Bûzurǧǝmihr: »Du kannst ja dein Buch noch nicht einmal sicher! Was will deine Traumdeutung da besagen? Verdauungsmittel für hungrigen Magen!« (»Vom Wind lässt du deinen Nacken aufblähen und willst so ans Deuten der Träume gehen.«) Der Gesandte sprach: »Oh Mann von Verstande! Vielleicht kann er’s doch; bereit ihm nicht Schande! (Was weisst du vom Laufe des Schicksals? Das Kleid ist bei einem Mann nicht von Wichtigkeit.) Vielleicht ist vom Glück ihm Erleuchtung beschert, der Bursch’ nicht von dir, nein vom Schicksal belehrt.«
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Bûzurǧǝmihr ergrimmte des Lehrers Geist; »So sag also,« sagte er, »das, was du weisst.« »Das sag ich«, sprach jener, »nur vor dem Schah, wenn er sitzen mich heisst im Throngemach.« Da gab der Gesandte ihm Ross und Geld und was ihm sonst nötig war auf der Welt. Fasanenstolz zogen selbander aus Marw Bûzurǧǝmihr der junge und Âzâd ǝ Sarw; beide pflogen am Wege Konversation vom Schah, vom Befehl, von Krone und Thron. So kamen sie zu einem Wasser zu zweit, es war grade Essens- und Schlafenszeit. Unter einem Baum stiegen sie vom Pferd; es ward Atem geschöpft und ein Mahl verzehrt. Bevor Bûzurǧǝmihr im Baumschatten schlief, zog ins Antlitz er einen Schleier tief; hingegen noch immer wach war der Weise, der sein Freund geworden auf dieser Reise. (Er konnte vor lauter Gedanken nicht schlafen, die ob des gelehrten Burschen ihn trafen.) Da sah er eine Schlange, die vor ihm sich bog und den Schleier vom Antlitz des Schlafenden zog, und nachdem sie vom Kopf bis zum Fuss ihn gerochen, war sie rasch schon ins Laub des Baumes gekrochen. Als die schwarze Schlange den Wipfel erklommen, war der Bursch aus dem Schlafe aufgekommen; kaum nahm sie seine Bewegung wahr, so wurde im Dunkel sie unsichtbar. Der Abgesandte erstaunte darob und erhob seine Stimme zu Gottes Lob. Er sprach zu sich seligst: »Dieser Bursch’, so geisthelle, erreicht noch einmal eine hohe Stelle.«
Bûzurǧmihr deutet den Traum Kasrâs Sie verliessen sodann in Eile den Wald und gelangten ausschreitend zum König bald.
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Vor dem Burschen ging der Gesandte einher; so schritt schnell zum Throne des Kasrâ er. Zu Nȏšînrawân sprach er: »Hoher Schah, du schläfst, doch dein junges Glück blieb wach. Nach Marw kam vom Hof ich des Nȏšînrawân, stolz wie unter Rosen nur je ein Fasan, ich fand diesen Burschen unter den Weisen und beeilte mich, mit ihm zu dir zu reisen.« Was von ihm er gehört, berichtet zur Stund’ er und auch von dem schwarzen Schlangen-Wunder. Der Schah rief ihn nun vor sich und erzählte ihm lang von dem Traumbilde, das ihn quälte. Als von Nȏšînrawân dies gehört der Junge, ward sein Haupt voll von Worten, beredt seine Zunge. Er gab also Bescheid: »Hier in deinem Hause inmitten der Götzinnen deiner Klause, ist ein Jüngling verborgen, der seinen Leib durch Schmuck und Kleidung gewandelt zum Weib. Entferne die Fremden aus deinem Palast, dass unsere Absicht keiner erfasst. Lass sie vorbeiziehn vor deinem Thron, die eigenen Schritte zähl’ jede Person. Wir erkunden, woher es kommt, dass der Kecke sich frech im Lager des Löwen verstecke. (Was der Schöpfer dir barg, wird in Ordnung sein, siehst du erst dein Fraungemach wieder rein)« Er entfernte die Fremden aus seinem Schloss, worauf er das Tor des Palastes verschloss. Und mit Duft und Farbe und Anmut kamen des Königs sämtliche Haremsdamen, jasminduftend, reizend mit Scham und Scheu zogen langsam sie alle vor Kasrâ vorbei. Doch sah keinen man drunter besagter Art, sodass Kasrâ zum wütenden Löwen ward. 1058 Was der Schöpfer … wieder rein: C: Ich halte es für ein Wortspiel (nihân – nihân) A.M. Pizzi.
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Der Traumdeuter sprach: »Das ist gegen die Sitte; ein Bursch ist in dieser Frauen Mitte. (Hast, oh König, das Traumbild genau du gesehn, muss in jeder Weise die Deutung geschehn.) Lass entblösst sie noch einmal vorbeidefilieren, um scharf ihren Handel zu observieren.« Den Dienern befahl er: »Bringt nochmals geschwind die Schönen sämtlich herbei wie der Wind.« Also sprach er: »Nun schreitet neuerlich aus! Das Gesicht aus dem Schleier der Scham heraus!« So zogen ein zweitesmal sie vorbei; da sah man, wie tüchtig der Traumdeuter sei, denn es kam in der Mitte ein Bursch’ in Sicht mit Zypressenwuchs und der Kaien Gesicht; wie die Weide sah man ihn zittern und beben, das Herz verzweifelnd am süssen Leben. Es gab in dem Frauengemach siebzig Weiber, zypressengestaltig alle die Leiber; die Tochter des Herrschers von Čâǧ war die eine, auch Zypresse mit Wangen aus Elfenbeine. Schon im Vaterhaus war ihr Freund der Geselle, der moschusduftige, lilienhelle; er verhielt sich, als ob er ihr Sklave wär, und wohin sie gehn mochte, dort war auch er. Der König fragte: »Wer ist dieser Mann? Und wer zog sich solchen Sklaven heran? Einen Schädling, so jung und frech, hat der Schah Nȏšînrawân in dem Frauengemach?« Da sagte das Weib: »Er ist mein Geschwister! Noch so jung! Von der nämlichen Mutter ist er! Die Mutter dieselbe! Der Vater verschieden! Meinen Leib liess er immer vollkommen in Frieden! Er trug Scheu vor dem Schah und den Schleier der Frauen, denn er wagte es nicht, ins Gesicht ihm zu schauen.« Dies brachte die Schöne vor, um sich zu decken,
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vor dem liebreichen König in Angst und Schrecken. Er wusste, dass, was sie sagte, erlogen; sein Herz ward von brennendem Schmerz überzogen. (»Wenn der Bruder sein Antlitz verhüllte, war das aus Scheu vor dir!« »Diese Ausflucht lass,« sprach der Schah zu ihr, »du Hündin, nichtsnutze! Du besudelst Geschlecht und Sippe mit Schmutze!«) Da sah Kasrâ die Brauen in Falten man ziehn, die Geschichte der beiden verwunderte ihn; und dem Scharfrichter rief er zu ergrimmt: »Die zwei Leute da sind fürs Grab bestimmt!« Der schleppte die Jungen, die übel getan, rasch hinter den Vorhang des Nȏšînrawân und er hängte sie auf in dem Frauengemach, auf dass sich kein andrer versünd’ge hernach. Dem Traumdeuter war ein Geldsack beschieden und mit Ross und mit Kleid sein Herz frohzufrieden. Ob seines Wissens erstaunte der Schah und dachte lang seinen Worten nach; man trug ihn auch ein in des Königs Rollen noch über den Mȏbads, den weisheitsvollen. Bûzurǧǝmihrs Sache strahlte im Licht, der Himmelskreis wies ihm ein freundlich Gesicht, sein Glück ward von Tag zu Tage gemehrt und das Herz des Schahs in Frohsinn gekehrt. Kasrâs Herz war erfüllt von Gerechtigkeit, durch Wissenschaft Herz und Hirn ihm befreit; er konnte am Hof über Mȏbads gebieten und Verständige aus allen Wissensgebieten. Im Ganzen waren es siebzig Gelehrte, die er am Hofe behauste und nährte. Sobald er sich sah von Geschäften befreit, von Gericht und Geschenk und Gelag und Gestreit, wollte er, dass jeglicher neue Gelehrte ihm etwas sagte, das Wissen gewährte. Bûzurǧǝmihr nun war damals ein Neuer,
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er war klug und war schön mit Beredsamkeitsfeuer. Von ihm wurden zum Studium Astrologen und gelehrt-kluge Mȏbads angezogen und schliesslich erhabene Philosophen von ihm an Wissenschaft noch übertroffen. Das Rätsel der Sterne löste keiner so richtig und keiner war in der Heilkunst so tüchtig; von seinem Verstande und seinem Betragen hörte allerorten nur Gutes man sagen.
Gastmahl Nȏšînrawâns mit den Mȏbads und Ratschläge Bûzurǧmihrs
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Eines Tages befahl er: »Die Tische gesetzt! Und ladet mir alle Mȏbads jetzt, die gelehrten, für Wissend empfänglichen Männer, die beredten verständigen Geschichtekenner!« Da erschienen die edlen Mȏbads in Scharen, in allen den Wissenschaftswegen erfahren. Als gespeist war, liess man die Becher aufstellen, um durch Trinken des Weins den Geist zu erhellen. (Nicht so viel, dass er die Denkkraft versehrte, sondern dass er die Seelenkraft stützte und nährte.) Der Schah sprach nunmehr zur Gelehrtenrunde: »Gebt jetzt von verborgenem Wissen uns Kunde! Jeder, dem ein Wissen am Herzen liegt, der sage es mir, damit mich’s vergnügt.« Wer von ihnen nun stark war in Wissenschaft und im Reden kühn und voll von Kraft, der redete jetzt zu des Königs Person, denn der war der Wissenschaftler Patron. (Jedes Wissensgebiet wurde da behandelt von dem Jüngling und dem, der die Welt lang durchwandelt.) Als Bûzurǧǝmihr diese Worte vernahm, des Schahs Achtung vor Wissen ihnen entnahm, sprang er auf die Füsse und rief ein Heil:
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»Heil dem Richter, durch den jedem Recht wird zuteil! Die Erde sei Knecht deinem Elfenbeinthrone! Der Himmel erstrahle vom Glanz deiner Krone! Wenn jetzt deinem Knecht dein Befehl erfliesst, der dem Redenden seine Fesseln erschliesst, so red ich, mag ich auch geistesarm sein, und nehm ich auch niedern Gelehrtenrang ein. Man tadle es nicht, wenn ein Wissenschaftsmann seinen Mund auftut vor Nȏšînrawan.« Kasrâ blickte auf den Gelehrten: »Weswegen sollte Wissenschaft nur im Geheimen man hegen?« Durch Reden vermehrte den Glanz noch der junge Gelehrte, er wies sich als Herr seiner Zunge. Die Mȏbads, die schön Rat und Rede fanden, fühlten dadurch ihre Herzen in Banden. Das erste, als er seine Lippen erschloss, war ein Lobpreis Gottes, der ihnen entfloss; sodann sprach er: » Dem gebührt Preis, der vielen Sinn kurz zu fassen weiss; wessen Hirn aber hitzig ist und eilig, der redet viel Worte und langeweilig wird aber gar zu viel dumm geschwätzt, wird der Redekunst Ansehn herabgesetzt. Streb nach Ehre und sorg dich nicht um mehr Geld! Vergänglich ist und nur Durchgang die Welt. Hätte unser Leben ewigen Bestand, wären der Welt viel mehr Bewerber zur Hand. Auf der Welt ist das Beste die Menschlichkeit; darin ist nicht das Wissen mit dir im Streit. Aus Redlichkeit will alle Helligkeit tagen; die Täuschung und Dunkelheit machen uns klagen. (Der Gipfel der Wahrheit ist Gott zu erkennen; wer ihn kennt und nicht scheut, ist böse zu nennen.) Über jeden hat eine Begierde Gewere; 1127.1 Gewere: mhd. Herrschaftsgewalt, -anspruch, Rechtstitel, hier: Bestimmung, Einfluss
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daher die Verschiedenheit der Charaktere. Von Natur sind die Menschen alle verschieden; es sei nicht Verkehr und Vermischung vermieden. Tut einer sich irgendwie hervor, schwebt ihm als Ziel der Überfluss vor. Der Gelehrte und wer glücklich abseits sich hält; leibt in dieser, doch lebt er in jener Welt. Ob des Unerreichten sollst du dich nicht quälen; es bemüht die Leiber und ängstigt die Seelen. Aus der Stärke entspringt die Rechtlichkeit, aus der Schwäche Trug und Verächtlichkeit. Hast du an Wissen nicht Vorrat genug, so ist Schweigen der allerbeste Schmuck. Doch bereitet dir zuviel Lust dein Wissen, wird das Richteramt deiner Vernunft zerschmissen. Mächtig ist, wer sich der Begierde enthält; Heil dem, dem sie nicht auf dem Weg sich gesellt. Es sind Denken und Menschlichkeit eines Geblüts; das Denken ist wie Diadem des Gemüts. Besser noch ein gelehrter bitterer Feind, als man hat einen dumm-unwissenden Freund. Mächtig ist, wer ruhig-zufriedengestellt Begier und Besorgnis in Banden hält. Wenn du demütig wirst durch das Studieren, dann höre, wie die Gelehrten dozieren. Dem, den Reden in Verwirrung bringen, wird auch nicht tüchtige Tat gelingen. Wem keine Wissenschaft ist zueigen, der gebiete nur seiner Zunge Schweigen. Wenn dir ein Vermögen zueigen wird, wie Gold und Silber und Rosse, geschirrt, dann sollst du, wie sich’s gehört, es verwenden, nämlich ohne zu knausern und ohne Verschwenden. (Wähle immer die Mitte, dann kann nichts passieren, und lass von der Güte allein dich führen.) Dem Klugen, der fern von den Feinden sich hält,
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ist der Feind, als wär er um Lohn angestellt. Wer alles das tut, was zu tun ihm obliegt, der hat im Kampf, wisse, obsiegt. Sag niemals ein Wort ohne Nutz und Gebrauch, du hast von dem Feuer sonst nichts als den Rauch. Denke nicht an das, was nie wird beschieden; du kannst nicht Eisen mit Wasser schmieden. Ein gelehrter Schah wird bescheiden sein; das Wissen wird Grösse und Macht ihm verleihn. Wer da erkennt, was der Schöpfer getan, den ficht das böse Geschick nicht mehr an. Verehrung Gottes mehrt das Gedeihen, wird das Herz von Versuchung des Dȇws befreien, in das, was verboten ist, wird er sich schicken und den nicht bedrücken, der nicht zu bedrücken. Zu Gott haben schliesslich wir uns zu kehren, denn sein ist Erziehen und sein das Ernähren.« Durch das, was Bûzurǧǝmihr aufgetischt, wurden alle Gelehrtengesichter erfrischt. Die ganze Versammlung war baff darob, dass ein Jüngling zu solcher Grösse sich hob, und Kasrâ, dem auch die Ruh’ war genommen, liess die stolzen Besoldungsbeamten kommen und befahl, an der ersten Stelle solle sein Name zu stehn kommen in der Rolle. Und so strahlte Bûzurǧǝmihrs Glück im Gewimmel der Grossen gleichwie die Sonne am Himmel, und diese entfernten sich dann vom Thron nicht ohne erneute Ovation. Sie befragten ihn über verschiedene Stellen, denn sie sahen Hirn und Herz dem Verstand sich gesellen. Den Mund tat neu auf der junge Gesell, denn rein war sein Herz und sein Geist war hell; 1147.2 schmieden: W: durchbohren 1154 baff: ugs. erstaunt, verdutzt, überrascht
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er sprach: »Vom Chosrau, der Gerechtigkeit übt, kehrt nicht ab euer Haupt, von Sorge getrübt; denn er ist der Hirt, wir die Schafe der Herde, und er ist der Himmel, wenn wir die Erde. Man darf die Verpflichtung beiseite nicht setzen, nicht seinen Befehl, seine Weisung verletzen. Wir müssen uns freuen, dass er sich freut, wollen wir ihm erfüllen die Pflicht seiner Zeit, seine Tugenden für alle Welt entfalten, sein Geheimnis immer verborgen halten. Bei seiner Verehrung verliert nicht die Scheu, denn das Feuer fürchtet selber der Leu. Kommt seinen Befehlen ein Berg nicht nach, heisst sein Herz uns verwirrt und sein Hirn uns schwach. Gut und Böse kommt nur von des Königs Person, so Verlies und Fesseln wie Krone und Thron. (Seiner Liebe entspringt Wert und Würde für alle; wenn er zürnt, erbeben Leber und Galle.) Dem Befehl untersteht auch, wer Kronen trägt, und es lächelt der Kluge stets freudig-erregt. Zu Ahrîman gehört, wer nicht Freude spürt; sein Herz und Gehirn sind noch unkultiviert.« Sie hörten die Worte des Manns, der so jung; auch des Greisen Geist fand draus Förderung. Und es waren, als sich die Versammlung zerstreute, voll des Lobpreises Zunge und Mund der Leute.
Zweites Gastmahl des Schahs Nȏšînrawân mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads Nächste Woche liess neu eine Ladung ergehn der Fürst, die Gelehrten wiederzusehn; von den Dingen der Welt muss sein Herz abkehren, wer vernehmen will der Gelehrten Lehren. Alle, die am Hof die Geeignetsten waren, die durch Wissen des Königs würdigen Scharen,
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sie kamen, so Wortgelehrte wie Weise, Jünglinge und welterfahrene Greise. Auch der Jüngling Bûzurǧǝmihr erschien und die geisteshellen Gelehrten um ihn. So gelangte die kluge Korporation der Gelehrten bis zu dem hohen Thron; sie neigten sich hin zu Bûzurǧǝmihr und Kasrâs Gesicht strahlte freudiglich hier. Einer war, der an Weisheit vor allen ragte 1180 und der ihn über Fatum und Schicksal befragte: »Was ist Ausgang und Endzweck, wohin diese münden, und auf welche Ursachen sind sie zu gründen?« Er gab drauf die Antwort: »Mit Jugendstärke ist Tag und Nacht ein Streber am Werke; doch ist eines Tags der Weg ihm verbaut und im Flussbette wird sein Wasser gestaut. Auf dem Throne des Glücks liegt ein Faulpelz im Traum und es schüttet die Blüten auf ihn der Baum. So schuf die Weisheit des Weltenherrn, 1185 des allnährenden Gottes, des Schicksals Stern. Von Verhängnis und Fatum ist dies der Brauch, du entschlüpfst ihnen nicht, bemühst du dich auch.« Ein andrer sprach: »Wer ist schicksalsergeben und würdig, im Überflusse zu leben?« Er sprach: »Wer am allereifrigsten ringt um Güte und dessen Tun Früchte bringt.« Einer sprach: »Was ist’s, das besonders uns ehrt und uns der Güter der Welt macht wert?« Er gab den Bescheid: »Milde, Edelmut, 1190 Hochherzigkeit, die stets Schickliches tut, wer den Nacken demütig zu Boden senkt und beim Schenken nicht an Vergeltung denkt; 1183 doch ist eines Tags … Wasser gestaut: W: Die Wege des Geschicks werden dunkel und eng sein und das Wasser fliesst langsam in seinem Bach.
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wer sich eifrig bemüht, die Welt zu erreichen, zieht im Triumph einmal ein mit Seinesgleichen.« Ein anderer sprach: »Was ist Tüchtigkeit beim Verständigen zur Zeit von Kampf und Streit?« Er sprach: »Wer die eignen Gebrechen erkennt und von seinen Maximen und Sitten sich trennt.« Ein anderer fragte: »Was tust du, im Leben 1195 deine Mühsale möglichst zu beheben?« Er gab den Bescheid: »Wenn verständig-bewusst das Herz seine Last trägt, dann trägt es Lust. Im Handelsverkehr übt er Redlichkeit, versperrt das Tor zu Trug und zu Schädlichkeit. Er vergibt, wenn Erfolg er erzielt, eine Schuld und sein Kopf kennt nicht Hitze und Ungeduld.« Einer fragte, wer denn im Volke wäre, der Aufsicht sich selbst und Beschützung gewähre? Er sprach: »Wer nicht nachjagt seiner Begierde, 1200 vergessend Charakter und Wahrung der Würde; zweitens wer nicht aus Schwäche dem Werk sich entzieht weil bei Reichtumsvermehrung er Missgeschick sieht.« Ein andrer sprach: »Güte und Schenkensfreude, wer tut sich am besten hervor durch sie beide, dass in beiden Welten er fechst, was er sät, und dass zweimal im Jahr ihm ein Frühling ersteht?« Er sprach: »Wer von selber und ungebeten Freigebigkeit lässt in die Seele treten und dem Nehmenden noch in Dank sich ergeht; 1205 unterscheidet den, der schenkt, und den, der Handel versteht.« Ein anderer sagte: »Was ziert den Mann? Was spricht von den Gütern als kostbar man an?« Er gab also Bescheid: »Wer mit freigeb’gem Geist seine Wohltat dem würdigen Manne erweist, 1192.2 zieht im … mit Seinesgleichen: W: Schreitet der Prophet mit den Genossen einher. 1203 fechsen: österr. einbringen, ernten
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der wächst wie die hohe Zypresse empor, die im Garten noch nie ihre Höhe verlor. Auch auf Moschus gepflanzt duftet nicht der Wertlose, dürrem Dornengestrüpp entblüht keine Rose. (Wer Stumme und Taube zu fragen sucht, sosehr er sich müht, er erzielt keine Frucht.)« Ein andrer: »Auf dieser vergänglichen Welt sind auch Kluge von Schmerzen und Mühsal gequält. Was tun wir, um guten Namen zu kriegen, an den Anfang ein gutes Ende zu fügen?« Er sagte ihm: »Fern von Sünde wandle! Die ganze Welt wie dich selber behandle! Und an das, was dir nicht genehm erscheint, bind’ dich selber nicht noch auch deinen Feind.« Einer fragte: »Nach Mass oder mehr sich bemüh’n – was ist wohl von den beiden vorzuziehn?« Er gab den Bescheid: »Die Verstandeswelt ist nur auf Nachdenken eingestellt. Wenn du willst, dass die Mühsale Früchte dir tragen, musst du, wie das Werk es erfordert, dich plagen.« »Wer kann«, sprach ein andrer, »lobwürdig scheinen? Über den Getadelten muss man ja weinen.« Er sprach: »Wer auf Gott den Seinen mehr baut und mit Furcht und Beben auf zu ihm schaut.« Einer sprach: »Oh du mit dem hellen Geist, dessen Haupt höher ragt als der Himmel kreist, wem steht wohl ein schöneres Schicksal bevor, wenn er aus dem wackligen Kreis sich verlor?« Ihm erteilte die Antwort Bûzurǧǝmihr: »Es gab dem, der bedarflos wurde und sicher, das Geschick für Gutes das Recht zum Geschenk; er sei nur der Gerechtigkeit eingedenk.« Ein anderer fragt’: »Welche Wissenschaft ist’s, die uns auf Erden Frohsinn schafft?« Seine Antwort war: »Wer ausdauernd ist und den missachtet, der Scham vermisst,
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ferner der, dessen Hirn vor Zorn wallt und fliesst, 1225 doch im Zorn vor dem Schuldigen das Auge schliesst.« Ein andrer fragte: »Was ist’s, kluger Mann, was einem Verständigen genehm sein kann?« Er sprach also: »Wen der Verstand erzieht, wen nicht schmerzt, was er entgehn sich sieht, und wenn er bestattet den, der ihm wert, (das Herz nicht in Kummer und Ängste sperrt,) der die Hoffnung entwurzelt auf das, was nicht geschehn kann, wie Sturm die Weide zerbricht. (Sein Geist hat stets Frohsinn und Helligkeit, er denkt nicht voll Sorge verstreichender Zeit.)« Einer sprach: »Was mag bös an dem Fürsten erscheinen, 1230 dass dadurch getrübt wird das Herz eines Reinen?« Er gab zur Antwort: »Es gibt vier Gebrechen für den Fürsten, hört’ ich einen Weisen sprechen: Erstens wenn Angst vor dem Feind ihn befällt, zweitens wenn er beim Schenken sich knausernd verhält, drittens wenn er am Tag von Kampf und Schlacht den Rat der Verständigen lässt ausser acht, viertens wenn sein Kopf so voll Eile ist, dass im Wirken er Ruhe und Schlaf vergisst.« Ein anderer fragt’: »Wer ist frei von Defekt? 1235 Was ist’s, was auch Tadel für Edle erweckt?« Er sprach: »Von uns wird ein Gerechter genannt, wessen Wort verbürgt wird von dem Verstand. Für Lug und für Trug müssen Edle es achten, durch Falschheit und Unrecht nach Glanz zu trachten. Vor dem Herrscher so Selbstsucht wie Habgier verneinen doch unsinnig verwunden das Herz eines Reinen weist auf einen Mann von trotz’gem Geblüt und tadel- und händelsücht’gem Gemüt.« Einer sprach: »Was wird, wer nach Schädigung nicht trachtet, 1240 bei ihm an Natur für erspriesslich erachtet?« Er sprach: »Wer ständig die Wahrheit spricht,
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was der will und rät entbehrt Richtigkeit nicht; er spricht, im Aug’ ohne Wasser der Scheu, mit sanfter Stimme auch bei Geschrei. Am klügsten sind, die’s für unpassend halten, für Gelüst die Vernunft einfach auszuschalten.« Da fragte ein anderer, der sehr weise: »Wer ist auf der Welt, der unschädlicherweise zur Regierung strebt und erhält sein Leben und Verwandte und Schwäger ernährt daneben?« Also gab er Antwort: »Bei Gott mit Vertrauen muss er erst um das Nötige um sich schauen, da er unsre Zuflucht ist, er uns belohnt, den Tag und die Nacht regiert, Sonne und Mond; er muss das Herz durch das ganze Leben dem Befehle des Herren der Welt übergeben, sich selber heranziehen mit Pläsier und das Tor streng versperren zu Pein und Gier, den Verwandten seine Beachtung nicht weigern, den Armen den Unterhalt auch steigern, seinen kleinen Sohn geb’ er dem, der gelehrt; gibst die Welt dem Unwissenden du, ist’s verkehrt. Wenn der Sohn entgegennimmt seine Befehle, bezeige sich zärtlich des Vaters Seele.« Ein anderer fragte: »Beim Vater wo find’ ich den richtigen Ort für ein rechtliches Kind?« Also gab er Antwort: »Dem Vater ist schon so wert wie das Leben ein glückhafter Sohn. Nach dem Tode gibt er seinem Namen Bestand, er wird von dem Sohn daher Führer genannt.« Ein anderer: »Was weisst du von Kostbarkeiten, wie sie einem Herzen Zierde bereiten?« Er gab zur Antwort: »Der Mensch wird durch Dinge geehrt und scheint ohne Dinge geringe. (Das Tor ist verschlossen zu manchem Ding; du halte das Wort nicht für schwach und gering.) Erstens was das Ziel des Wunsches zumeist,
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dessen Dasein den guten Charakter beweist; zweitens was, wenn du’s kriegst, dich nur beschwert, gleich, ob Steine oder Juwelen von Wert.« Einer fragte: »Mit Krone und hohem Ruhm schliesslich welchen von den Königen nennst du erspriesslich?« Also gab er Bescheid: »Jenem König, auf den mit Vertrau’n ein vorsichtiger Mensch kann sehn, vor dessen Stimme dem Bösen bangt, unter dem die Erde zur Ruhe gelangt.« Ein anderer sprach: »Man ist mächtig – woher? Und arm und voll Mühsal auf Erden ist wer?« Er sprach: »Wer sich zu bescheiden weiss mit den Gaben des Herrschers im Himmelskreis. Doch jeder, dem sich das Glück nicht gesellt – die Begier ist das grösste Übel der Welt.« Die Vornehmen waren durch ihn ganz geblendet und es wurde ihm einhellig Beifall gespendet.
Drittes Gastmahl Nȏšînrawâns mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads
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Eine Woche verstrich und am achten Morgen sass der Schah auf dem Thron wieder glückgeborgen. Er lud zu sich die Gelehrten in Scharen, die der Rede und Wissenschaft mächtig waren. Es sprach ein jeder in jeder Art viel, doch war da nicht vieles, das ihm gefiel. Zu Bûzurǧǝmihr sprach also der König: »Den Schleier der Scheu lüpf vom Antlitz ein wenig!« Da öffnete denn der Gelehrte den Mund und gab allerlei Wissenschaftliches kund. Zuerst rief dem Könige Heil! er zu: »Bleib ein siegreicher Träger der Krone du! (weit erobernder ruhmvoller Löwenerleger, gelehrter enthaltsamer Kronenträger).« Und er sprach: »Es kann keiner die Höhe erreichen,
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er müsste vom Wege der Schäd’gung denn weichen. Soll die Wissenschaft dein Gedeihen mehren, muss Vernunft dich das Finden der Worte lehren. Der Mut ist das Tor, um zum Ruhme zu steigen, und die Welt ist überdrüssig des Feigen. (Wer ein feiges Herz hat, erreicht kein Ziel; ist dies nicht der Fall, so erreicht einer viel.) Es braucht Tüchtigkeit, wer zu thronen sucht; nur ein grünbelaubter Stamm bringt dir Frucht. Wenn die Frager dich über die Vorzüge fragen, darfst zur Antwort du nicht deine Herkunft sagen. Adel ohne Tugend wird niedrig geschätzt ein König hat dies in ein Sprüchlein gesetzt: ›Hat die Blüte nicht Duft, rühm nicht Farbe ihr nach, vom Feuer sucht niemand den rinnenden Bach.‹« Durch Freigebigkeit wird die Macht erwirkt; kein Schatz macht berühmt, den ein König verbirgt. Suchst durch schöne Reden du Tüchtigkeit, beweise durch Taten die Richtigkeit. Bescheiden ist jeder verständige Mann; der Himmel zieht ihn im Verstande heran. So gelangen die Menschen zur Aufrichtigkeit; ihre Herzen werden vom Truge befreit. Verstand gleicht dem Baume der Treue; er gibt als erstes die Frucht, dass der König dich liebt. Zufriedenheit lässt dich in Ruhe leben, doch jede Begierde dich bangen und beben. Zeig dich nicht gutmütig vor einer Person, sonst findet die Güte nicht vielen Lohn. Den offnen Gemütern erweist das Glück Huld. Heil dem, der voll Ausdauer ist und Geduld! Wer da trachtet nach einem höheren Rang, bedarf Tüchtigkeit zu dem Fechtergang: erstens Einsicht sowie Verstand zum Streite; und geschulte Erfahrung ist das zweite;
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drittens ein Freund bei der Tat, durch ihn alles Gute und Schlechte in Rechnung zu ziehn; viertens musst Mut du und Gradheit vereinigen und von Lug und Trug das Herz dir reinigen; und hast du fünftens die Kraft auch noch und strengst dich selbst an, dann kommst du hoch. (Tritt dann noch Rede mit diesen Werten in Bunde, zeige Deine Tüchtigkeit nicht ohne Kunde.) Wenn dem kraftvollen Körper kein Eifer entspricht, dann erreicht das Ziel seiner Wünsche er nicht; überschreitet jedoch alles Mass das Streben, hat die Hoffnung der Strebende aufzugeben. Fünf Charaktermerkmale hat der Gelehrte; von den fünfen ist nichts, das je dich beschwerte; sieben sind’s beim Unwissenden ungefähr; es ist nicht verwunderlich, macht’s ihm Beschwer. Erstens macht dem, der Verstand besitzt, keinen Kummer das, was vorüber ihm flitzt. Vom Nochnichterreichten nicht freudebeseelt, fühlt er sich durch das Entgehende nicht gequält; er wird auf’s Unmögliche Hoffnung nicht hegen noch wird er dem Weidenstamm Früchte beilegen. Sollt von Mühe und Hebel zur Ruh er gelangen, wird ihm doch vor dem Erst-Kommenden bangen. Wenn die Hemmnisse jegliche Zahl übersteigen, geht er vor, ohne Schwäche und Laxheit zu zeigen. Wie gesagt zeigt der Tor eine Siebenzahl: er zürnt dem Schuldlosen erstens einmal; er öffnet die Schatztür unwürd’gen Personen, die weder ihm danken noch sonst ihm lohnen; drittens: gegen Gott ist er undankbar und nimmt seines eigenen Innern nicht wahr; 1294 Tritt dann noch … ohne Kunde: C: Pizzi übersetzt: »E quando sarà congiunta a questi pregi parola acconcia, non mostrar tuoi pregi stoltamente cosi, senza che molto ne sii tu esperto.« Viel klarer wird es dadurch nicht.
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viertens: sein Geheimnis erzählt er jedem und erhebt seine Stimme zu lauten Reden; fünftens: durch unnütze Rederein bringt er sich selber in Schaden und Pein; sechstens: dass er dem Treulosen Glauben schenkt und vom Dornenstrauch Seide zu züchten gedenkt; und siebtens wetteifert in Lügen und Trügen, 1310 um durch Schamlosigkeit sich Glanz zu ersiegen. So wisse denn, oh Fürst hoher Gnaden: ein guter Rat kann niemandem schaden; wenn sich in der Versammlung wer schweigend verhält, dass das Herz durch das Schweigen Freude erhellt; wenn das Ohr dem gelehrten Redner du leihst, findet Nahrung der Leib und Einsicht der Geist. Vergiss nicht gehörte Worte, denn Krone ist das Wort und befindet sich auf dem Throne. Soll dir Früchte reifen, was du gelernt, 1315 sei’n durch Reden die Fesseln des Innern entfernt. Willst du, dass sich dein Name weithin verbreite, zieh die Zunge so wie ein Schwert aus der Scheide. Musst du dich mit einem Dummkopf beraten, wird alles bald drunter und drüber geraten. Durch Wissen sind Seele und Herz erhellt; gerate nur nicht in des Truges Welt! Will ein Beredter reden, sei nicht zu ungeduldig und wart, bis er spricht. Von des Kundigen Rede soll Macht dir kommen; 1320 sprich dann derart, wie von ihm du’s vernommen. Durch Wissen suche des Reichtums Tor, stehen auch viele Schwierigkeiten davor. (Ist der Wissenserwerb auch ein schwerer, es ist dann ein Lebenserleichterungs-Lehrer.) Hat die Zunge herzhafte Redlichkeit, versperrt jedes Tor sie zur Schädlichkeit. Es falle das Herz von Schah Nȏšînrawân niemals eine Ohnmacht zum Lernen an!«
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Ein Mȏbad stellte darauf die Frage: »Was ist Eleganz und Schmuck wohl, sage, sodass es dem Manne Glanz verleiht und ihn von der Pein des Geschickes befreit?« Er gab den Bescheid: »Wem Verstand beschert, ist jeder der beiden Welten wert.« Er sprach: »Doch wenn Verstand jemand misst, der die göttliche Ehrengabe ist?« »Wissen«, sprach er, »ist von höchstem Werte; der Grösste der Grossen ist der Gelehrte.« »Doch sucht er den Weg nicht zum Wissen hin und wusch er in dessen Flut nicht den Sinn?« Also gab er Antwort: »Beim heldischen Mann schlägt man seinen Kopf geringer nur an; wenn dieser am Schlachttag sich kraftvoll erweist und das Haupt des Feinds in den Staub hinein reisst, dann wird er dem Herzen des Königs wert und ewig wird Lust ihm und Herrschaft beschert.« Jener sprach: »Jedoch wird ihm zuteil nichts davon, weder Wissenserforschung noch Religion?« Er gab den Bescheid: »Dann ist’s besser, dem Schelm setzt der Tod auf das Haupt einen düsteren Helm.« Jener sprach: »Von den Früchten, die die Gelehrten von den Obstbäumen pflücken in Frühlingsgärten, wie machen wir’s, dass wir alle verzehren oder doch in dem Schatten lustwandelnd wären?« Er gab den Bescheid: »Wer den Mund verschliesst vor dem Bösen ständig und keinen verdriesst, wer mit Reden keinem die Haut zerreisst, dem wird hold sein das Herz des Volkes zumeist; alle schwierigen Werke werden ihm leicht, mit Freund und mit Feind wird Eintracht erreicht.« Ein anderer sprach: »Ist, wer immer sich kehrt von dem Wege der Schädigung, gross und wert?« Also gab er Bescheid: »Eine böse Tat gleicht dem Baume, der schlechte Früchte hat.
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Bringt einer mit sanfter Stimme was vor, dann schlägt nicht viel Hartes ihm an das Ohr. Die Zunge, das wisse, verursacht viel Leiden, so wäg’ deine Worte, willst du dies vermeiden. Allen Wortkargen, die den König verehren, soll den Sitz ganz nahe dem Thron man gewähren. Zweitens: wer sucht Übeln, die nicht geschehn, wie Vogel und Wild dem Netz, zu entgehn; wer drittens gegen das Üble hat Kraft und Vorsicht besitzt und Wissenschaft, der sich nicht an ein Werk macht, das undurchführbar, und den nicht sekiert, der unsekierbar, der nicht wartet, bis Gutes vorüberglitt, nicht zählt nichtgekommener Tage Schritt, wie ein Wild auf der Hut gegenüber dem Feind und dem Freunde wie Pfeil mit dem Bogen geeint. Nach Vergnügen, die schliesslich zu Kummer führen, wird der Kluge wenig Begierde verspüren. Leibesruhe und Trägheit halt fern von dir; Körperanstrengung sei dir ein Pläsier. Denn Gewinn ist auf Erden nicht mühelos; dem Faulpelz fallen nicht Schätze in den Schoss. Die Welt lebe froh mit Nȏšînrawân, seinem jungen Glück immer Untertan!« Dergleichen sagte er vieles und weckte so der Menschen schlafende Intellekte. Die Mȏbads und Granden sangen darob und alle die Klugen und Weisen sein Lob; Sie priesen den Weltenherrn Nȏšînrawan und beglückt entfernte sich jedermann.
Viertes Gastmahl Nȏšînrawâns mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads Zwei Wochen gingen darüber vorbei. Der Schah war von Heeresgeschäften frei 1348.2 sekieren: österr. ärgern, reizen, belästigen
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und befahl da, die Mȏbads und Edlen alle sollten mit den Weisen kommen zur Halle. Er befragte sie über Person und Geschlecht, 1360 über Eifer und Ruhe und Einsicht und Recht, über Reich und Krone und Nähe und Ferne, über Ausgang und Ende der glücklichen Sterne. Er wünschte zu hören der Mȏbads Reden, so befragte er über das Nötige jeden. Als nach Mass seines Wissens viel vorgetragen ein jeder, empfand der Schah kein Behagen und zu Bûzurǧǝmihr sagte er nun: »Lass den Glanz des Juwels im Verborg’nen nicht ruhn!« Bûzurǧǝmihr gab ihm des Lobes Zoll: 1365 »Oh Schah hellen Sinns, reiner Liebe voll! So wiss’, dass kein Schah der Welt bis jetzt dir gleich sich die Krone aufs Haupt hat gesetzt, mit Krone und Thron so gerecht und gelehrt, dem Glanz, Schönheit, Einsicht und Glück so beschert! Ist ein König gemässigt, enthaltsamen Blutes – beim König ist Mässigung etwas höchst Gutes –: (Unmögliche Dinge stehen zu lassen ist besser, als Sorge und Kummer zu fassen; wie geistvoll ist nicht der Spruch jenes Weisen: ›Beim König ist Mässigung sehr zu preisen.‹) er fürchtet Gott zur Zeit des Gerichts, an Grösse und Hochmut liegt ihm nichts, den Verstand macht zum Herrn er der Leidenschaft, 1370 will der Jähzorn im König gelangen zur Kraft. Das Denken des Königs muss in allem erregen des Weltschöpfers Wohlgefallen; er kennt Gut und Böse, da Gott es ihm wies, er sucht Lohn seiner Güte im Paradies, wahrheitredend der Mund, das Herz ehrfurchterstrebend, stets weit beherrschend, in Ehre lebend. Das Beste ist Wahrheitsliebe auf Erden, 1361.1 Ferne: W: Tapferkeit
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kein bessres Juwel kann dem Könige werden. (Wer immer da einen Ratgeber hat, suche rasch nicht zum Herzen des Volkes den Pfad.) Beredt und gerecht und das Herz makellos, nimmt den Kleinen als klein er, den Grossen als gross. Wer immer einem König ist Untertan, darf keinen Verlust am Range empfahn. Chosraus Krone steht solang hoch verklärt, als der Gelehrte bei ihm hoch im Wert. (Wer heranzieht eines Toren Person, der wirft zu Boden den eigenen Thron; denn der Tor ergreift vor dem Wissen die Flucht, da er störrisch unwissend zu bleiben sucht.) Es verbleibt im Glanze der Herrscher der Welt, der von jeder Wissenschaft Kunde erhält. Achthaben auf die Regierungssachen – mit Gift durchbohren des Feindes Rachen. Es braucht keiner schmerzvoll zu Bette zu gehn; dem Schah könnte draus ein Schaden entstehn. Wer da einer Strafe würdig ist, wer schlechten Charakters und schlechtbürtig ist, den entferne der Schah aus der Mitte der Schar, dass dem Harmlosen nicht draus erwachse Gefahr. Wer gefangen sitzt im Gefängnis der Krone, sei es mit Verschulden oder auch ohne, es ist Gottes Gebot, dass man ihn entlässt, sowie es steht in dem Zandawest. Doch sollt’s ein verruchter Verbrecher sein, dann muss man von solchem das Land befrei’n, damit nicht ein Unheilstag ohne Schonung ihn treffe und mit ihm der Menschen Wohnung. Voll Glaubens froh und Gerechtigkeit sei der Schah seine ganze Regierungszeit. Es ist, wie’s auch sei, sein Amt, mit dem Degen die Welt von dem bösen Dȇw rein zu fegen. Wenn der König sein Heer hält mit Verstand,
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wird dem Hilfesucher die Unruh genannt. Bist du einsichtsvoll vor dem Feind auf der Hut, dann verliert, wer dir übelwill, allen Mut. Jeden Riss des Reiches behebe zur Zeit noch vor dem Kriege mit Tapferkeit. Ist ein König zu tadeln, dann fällt davon auch ein Tadel sofort auf Krone und Thron. (Die Leidenschaft werde mit Schmerz verbannt und er nehme zum Zeugen dafür den Verstand.) Sich voll in der Liebe zum Sohne ergehn heisst das eigene Antlitz im Wasser sehn; ihn in Einsicht und Wissenschaft zu belehren ist nötig, soll sich sein Herz verklären, und die Schatztür zu öffnen, um ihn zu beschenken, wo er braucht nicht der eignen Müh’ zu gedenken. Und man darf, will die Hand es zum Unrecht kehren, des Königskindes Herz nicht versehren; bring zurück es zum Wege mit Ehrerbietung und halt’s von Beginn an in strenger Behütung. Findest Feindseligkeit du in seinem Herzen, musst dies Unkraut du aus dem Garten merzen; denn bleibt es lange, so wird es stark und dann wird voll Mängeln des Königtums Park. Voll Glanz und Vernunft muss der Weltenherr sein, so darf dem Verleumder er das Ohr nicht leihn. (Wenn die Hand den erreicht, der da Übles tut, nur wenn Gott es gebietet, vergiesse Blut.) Vom Wesir, der bös und verleumdungsreich, gelangt die Vernichtung zu Stirnreif und Reich. Du darfst den nicht hören, dem Kenntnisse fehlen, verleumdet er, und nur was recht ist befehlen. Man müsste alles zur Wahrheit rüsten, von aller Falschheit das Herz ausmisten. Dem Weltherrn ziemt Wahrheitsliebe allein, sonst bringt der Dȇw Minderung seinem Gedeihn. Wenn diese Worte der Reine vernimmt,
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wird Verstand zum Herrscher des Herzens bestimmt; die Krone wird dann den König preisen, der Thron sich ihm als beständig erweisen; es rühmen sich seiner Krone und Thron und der Feind gerät in Desperation. Wenn sich dreht dieser wankende Himmelsbetrieb, ein guter Ruf ist dann das, was ihm blieb. Ewig jung, solange die Zeit währt, soll Schah Nȏšînrawân leben weisheitsvoll!« Von den Worten ward die Versammlung ganz wirr, der Gelehrten Gedanken dunkel und irr. Als Nȏšînrawân diese Worte vernahm, verdoppelt er, was als Gehalt er bekam; seinen Mund füllte er mit dem Perlenschatz, das Aug’ war voll Tränen ob seines Rats. Seines Lobes voll waren die Lippen alle; so verliessen sie des Landesherrn Halle.
Fünftes Gastmahl Nȏšînrawâns mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads
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Man liess eine Woche vorüberziehn; als am achten Tag die Weltleuchte schien, jenen tiefblauen Schleier von sich tat und die Welt ausschmückte mit gelbem Brokat, da sass der Schah wieder mit den beredten und klugen alten Mȏbads und Räten; Jazdǝgird der Schriftführer und Šâpor und Ardašîr standen den Mȏbads vor; (die die Sterne erforschten und gut sie kannten, die Klugen, Geweckten und Redegewandten.) Bûzurǧǝmihr, jener noch junge Mann, der Redner, kam auch zu Schah Nȏšînrawan. (Er gab dem Könige Lobpreis und Segen und der Landesherr war zufrieden deswegen.) Den Gelehrten sagte der Schah an dem Morgen: 1407.2 Desperation: lat. Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit
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»Bei wem ist wohl jenes Wissen verborgen, das erstarken lässt die Religion 1420 und makellos macht des Königtums Thron?« Als der Obermȏbad vernahm dieses Wort, begann er inmitten der Edeln sofort: »Es erglänzen«, so gab er seinen Bescheid, »so Stirnreif wie Thron durch Gerechtigkeit. Wenn gerecht er aufschliesst der Schatzkammer Tür, bleibt dem Schah nach dem Tode der Ruhm für und für; (denn ein hoher Ruhm entsteht durch das Schenken; Bestimmung des Schatzes ist: andre bedenken.) Zweitens wenn er die Zunge reinwäscht von Lügen, 1425 nicht Glanz in der Welt anstrebt durch Betrügen; drittens durch Rechttun und Freigebigkeit seine Krone schmückt seine ganze Zeit; viertens dass, wenn ein Untertan sich vergeht, der König nicht gleich ins Kochen gerät; fünftens wenn er in den Reden so waltet, dass sein Name auf dieser Welt nicht veraltet, nur das Richtige sagt in sämtlichen Dingen und durch nichts aus gewohntem Brauch sich lässt bringen; sechstens allen Dienern um seinen Thron 1430 solche Liebe beweist wie der eignen Person; siebtens dem sein Wort, es sei noch so gelehrt, sehr natürlich von seiner Zunge fährt, dessen Herz nicht müde wird, zu studieren, im Hirn den Gedankenbrand zu schüren. Vom Verstand ist wohl jeder befreit, der über das Schicksal viel jammert und schreit. (Verstand erzieht der Gelehrten Seelen und weist den Rednern den Weg, der zu wählen.) Vom Verstande, oh Schah, trenn nicht das Gemüt, da vom Verstand am Ende der Ruhm entblüht. Niedrig denkt und unwissend ist, wer da spricht: 1435 ›Wer an Wissen mir gleichkommt, den gibt es nicht.‹«
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So sprach dann der Schriftführer Jazdǝgird: »Oh gelehrter Schah, der gerne studiert! für den König ist’s hässlich, Blut zu vergiessen und ob weniger Worte in Zorn zu schiessen, ferner auch, wenn Leichtsinn den König anwandelt, wenn gedankenlos sein Geschäft er behandelt, mit einem Verständigen anhebt den Streit, in Jähzorn gerät aus Unwissenheit. Wird des Weltherren Herz voll von Leidenschaft, 1440 da sein Geist sich den Dȇw zum Genossen schafft, lässt ein heisses Gehirn dann das Urteil ergehn, kann aus seinen Worten nichts Schönes entstehn. Wenn ein Krieger an dem Entscheidungstag vor dem Feind sich fürchtet und nicht vor der Schmach, wenn Reiche sich herzeng und geizig gehaben, dann ist es das Beste, sie gleich zu begraben. Einem Armen will der Stolz nicht gebühren, es ziemt ihm nicht, die Regierung zu führen. Es ist keineswegs schön, betrügt ein Greis; 1445 nach dem Tode kommt er in das Feuer heiss. Wird zur Arbeit träge ein junger Mann, kommt das Herz des Schicksals der Überdruss an. Es bleibt nicht der Geist, der gesunde und junge, er habe nicht Geist und er habe nicht Zunge.« Diese anmutige Rede vernahm Bûzurǧǝmihr und er schmückte sein Hirn noch wissenschaftlicher; er sprach: »Oh Schah mit dem Sonnengesicht, nach deinem Wunsch strahle der Himmel licht! Setz du es ins Werk, dass jedermann 1450 von Verstand den Geist zieh’ im Wissen heran. Unwissenheit jammert selbst Berg und Stein, in keiner Brust lässt sie Grösse gedeihn. Sie weiss nicht, was anfangs, was endlich geschieht, noch von Ruhm und von Schande den Unterschied. Sie wird von den werktätigen Leuten getadelt, noch mehr von denen, die Forschung adelt.
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Erstens wer voll Trugs seine Urteile spricht, der glänzt bei gelehrten Leuten nicht; ein Feldherr, der seine Schätze bewacht, ein Heer, das vor Mühn aus dem Staube sich macht; der Weise zweitens, der auch nicht vor Sünden zurückschrickt, wenn sie mit Lust sich verbünden; der Arzt, den selbst Krankheitsschmerzen peinigen, wie soll der den Kranken von Krankheit reinigen? Mit Vermögen prahlende arme Leut – das Vermögen zu nennen wiegt keinen Deut –, der Gemeine, der, wenn wer schläft oder ruht, ihm’s missgönnt und dem Strom seine klare Flut. Der meint, weht dich an nur ein süsser Wind, dass er Anrecht auf deinen Dank nun gewinnt; der Weise siebtens, dem, kommt er in Wut, beide Augen starren auf Fremder Gut; einem Trottel den Weg weisen – Nummer acht –, einem Faulpelz anvertrauen die Macht. Auch das Herz ohne Tugend, kommt es zu Verstand, wird von Reue ob bösen Tuns übermannt, das Herz des Unwissenden haftet an Frevel und Begierde, oh Bester, so wie am Schwefel das Feuer, das ihn zur Nahrung erkor, ob auch aufgezogen bei Schilf und Rohr. Es lebe das Herz des Schahs Nȏšînrawân! Die Häupter der Welt sei’n ihm Untertan!«
Sechstes Gastmahl Nȏšînrawâns mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads Eine Woche liess wieder verstreichen der Schah, dann liess rüsten er das Empfangsgemach. Dort sass er auf seinem goldenen Throne mit Goldgürtel, Armreif und mit der Krone, der Wesir, der Mȏbad, auf einer Seite, Schriftführer Jazdǝgird nahm ein die zweite, und ringsum sassen in Kreisen auf Kreisen
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der beredte Bûzurǧǝmihr mit allen Weisen. Zu Bûzurǧǝmihr sprach der Schah an dem Morgen: »Weshalb bleiben denn die Juwelen verborgen? Durch Worte wird Nutzen der Seele gewährt, sodass auch hochkommt ein Mann ohne Wert. Dieser Schatz der Rede geht nie zurück, das Anhören bietet dem Hirne Glück.« Zu Bûzurǧǝmihr sprach drauf der Wesir: »Übers Schicksal Erhabener, sage du mir: was ist’s, dessen Überfluss mehrt deine Pein 1475 und dessen Verminderung mehrt dein Gedeihn?« Also gab er Bescheid: »Wenn du weniger speist, wirst du ruhig und du erziehst deinen Geist, doch Überfluss an gutem Vollbringen lässt Vorrang dich vor dem Gegner erringen.« Dann sagte der Schriftführer Jazdǝgird: »Oh der du beredt bist und vielgelehrt, welches sind die geheimen Fehler, die drei, die man hat, ohne dass Bedarf darnach sei?« Also gab er Bescheid: »Nummer eins: aus dem Herzen 1480 musst du das Fehlersuchen dir merzen. Du findst einen jeden mit Fehlern belastet, werden Leib und Seele genau abgetastet. Bist du gross, so zieht dir den Neid dies zu, bist gering du, vergiessest die Tränen du. Drittens: ein Verleumder mit Doppelgesicht ist aus Wasser Staub zu erregen erpicht. Kann ein Redner nicht aus dem Stegreif sprechen, so werden ihm Würde und Glanz entbrechen. Hörst eine Rede nicht vollständig du, 1485 dann wirst du nicht klug draus und stimmst ihr nicht zu. Nicht auf Güter wirft der Weise den Blick, und er zürnt nicht, bleibt er von ihnen zurück.« Der Obermȏbad fragte sodann: »Oh du mehr als Gelehrte verständiger Mann, jeder hat Begierden, die in ihm keimen,
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sei es nun offen, sei es im Geheimen; es führt auch der Weg dahin der Begierde, dass dem Manne sich zeigen Macht und Würde; welches mag nun der Weg der Nützlichkeit sein und welcher verbunden mit Schaden und Pein?« Also gab er Bescheid: »Der Weg geht nach zwei Seiten, und welchen hast du wohl Lust zu beschreiten? Ein Weg ohne Rücksicht und voll des Schlechten, der zweite der Klugheit Weg und des Rechten; einer, dass aus der Welt neu zum Staub du gelangst, der Weg ist sehr lang und voll Schrecken und Angst. Es sei der Verstand dir der Führer deshalb zur Lösung der Frage des Wie und Weshalb. Verstand ist ein göttliches Ehrengeschenk; wer ist würdig des Ehrengeschenks? Das bedenk! Der Kraftvolle, dem der Verstand gebricht, findet in aller Welt einen Abnehmer nicht. Kein Verstand – kein Leben; wird zugegeben; ja weiss Gott, Verstand ist des Lebens Leben. Wer des Wissens Grund sich zueigen gemacht, der ist geeignet für Kampf und Schlacht. Zu Gott wende erstlich durch Wissen dich, der da ist und wird bleiben ewiglich. Ihm vertrau! Deinem Herzenswunsch wird willfahrt, du gelangst an das Ziel deiner eiligen Fahrt. Zweite Wissenschaft ist’s, von den essbaren Dingen was mitbringenswert ist heranzubringen. In Essen und Kleidung lass Reinheit walten und du musst an Gottes Gebote dich halten. Wenn dich eines Tags die Not überfällt, streck die Hand nicht nach Geiziger Hilfe und Geld und von den Berufen wähl jenen Beruf, der dich nicht bringt in geheimen Verruf. Gewinn auch zum Freund einen vornehmen Mann, der dir in den Nöten beistehen kann. In den Versammlungen wähle das Schweigen,
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wenn du willst, dass dir alle Beifall bezeigen. Wenn du sprichst, sprich das, was man dich gelehrt, was Lernen dem Herzen glühend beschert. Wäg’ die Worte, doch wieg’ die Dinare nicht; denn für Gelehrte hat ja das Geld kein Gewicht. Lass Vorsicht der Sprache werden zuteil! Den Verstand mach’ zum Bogen, die Zunge zum Pfeil. Sei im Kriege Genosse der Klugheitsbesitzer 1510 und vor dem Feinde dein eigner Beschützer. Wenn die Front vor dir ziehn die feindlichen Scharen, musst du Einsicht sowie die Ruhe bewahren. Siehst du einen Gegner dir gegenüber, so werde dein Antlitz nicht bleicher und trüber. Du gewinnst den Sieg, wenn du Vorhand hast, dein Haupt sinkt zu Boden, wenn Schlappheit dich fasst. Horch gut auf, wohin du antreibst das Pferd, und beachte genau, wie der Gegner bewehrt. Dreh ihm nicht den Rücken, wenn Wut ihn entfacht 1515 such verständige Freunde dir in der Schlacht. Lass ab, siehst du übermächtig dir ihn, und nütz deinen Geist, aus dem Kampf dich zu ziehn. Auch beim Essen ist ratsam die Vorsichtswahrung, dass dem Körper nicht Qualen verursach’ die Nahrung. Iss nicht so viel, dass es dich beschwert; es befördert die Kraft, wenn man wenig verzehrt. Mach nicht zum Ess-Kreuzweg deinen Leib; iss so, dass noch Appetit dir verbleib’. Aus dem Wein lass nur Fröhlichkeit dir entspriessen 1520 da Berauschte bei keinem Beifall geniessen. Wenn du Gott verehrst, geht Beifall dir zu; wie der Leib ist die Welt, wie ihr Auge bist du. Des Schöpfers sei eingedenk zu jeder Stunde; dies Gedenken leg der Verehrung zugrunde. Auf die richtige Zeit hab genau stets acht, auf die Zeit der Ruhe bei Tag und bei Nacht. Bei jeglichem Tun wähl die Mitte dir aus,
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bei Verträgen sowie auch bei Streit und Strauss. Du bist Luft und Wasser, mit Erde vermischt; Gottes Weg sei dir nicht vom Gedächtnis gewischt. Um zu speisen mach seltener nicht die Verehrung; sei du neu, das Gebot ist von alter Bewährung. Zum Guten streb’ und sei sicher des Fangs; auch dafür sei deinem Schöpfer voll Danks. Beschäft’ge dich niemals mit Bösem und Trug, sondern schmück dich mit Güte, sofern du klug. Kein Gelobterer wird auf Erden getroffen als wer Gutes nur übt geheim und offen. Zieh nicht vor dem Verstand und der Einsicht die Gier, sonst wirft der Verstand keinen Blick mehr nach dir. Die Schreibekunst lehre deine Kinder, sind sie da, Verwandte und Schwäger nicht minder. Soll Früchte dir bringen des Leibes Bemühung, so wend dich nicht ab von Lehre und Erziehung. Zum Thron bringt den Jüngling die Schreibekunst, den Unwerten macht wert sie der Glückesgunst. Welch wertvolle Kunst ist die Schreibekunst doch! Ein verworfener Mann kommt durch sie wieder hoch. Hat ein Schreiber nur Einsicht sowie sein Gerät, sitzt er unbedingt bei der Majestät. Wird seine Bemühung von ihm nicht beschränkt, werden masslos vom Schah ihm Schätze geschenkt; und kommt Eloquenz hinzu noch zur Skriptur, so vermehrt die Bedeutung fürs Denken sich nur. Von den Ausdrücken wähle er die, welche präziser, in der Schrift das Gefälligere erkies er. Ein Sekretär sei verständig geschult, habe Wortgedächtnis und auch Geduld; 1537.1 Eloquenz: Beredsamkeit, Wortgewandtheit, Sprachkunst 1537.1 Skriptur: lat. scriptura; Schriftbild, Schreibung, alle Eigenschaften eines Schriftstücks, hier: Kunst des Schreibens 1538.2 erkiesen: mhd. wählen, auswählen, nehmen, wahrnehmen; hier: erwählen
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mit Verstand muss dem Schah er behilflich sein, der Mund kenne nicht Tratsch und der Körper sei rein, wahrheitsliebend und klug, ohne Bildung nicht, er sei treu, reingesinnt und von frischem Gesicht. Dient dem Schah er mit solchen Tüchtigkeiten, so bleibt ihm ein hoher Rang nicht im Weiten.« Als der Schah vernahm solche Eloquenz, wurde frisch sein Herz wie die Rose im Lenz. Also sprach da Kasrâ zum Mȏbad: »Geh schnelle und errichte für ihn eine neue Stelle! Beschaff Dirhams und würdiges Ehrenkleid, denn sein Reden versetzt uns in Fröhlichkeit.«
Siebentes Gastmahl Nȏšînrawâns mit Bûzurǧmihr und den Mȏbads C
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(Nächste Woche strahlt wieder die Sonnenkrone,) da sass er aufs Neu’ auf dem Elfenbeinthrone mit dem Obermȏbad und edelen Greisen, den herzwachen und erfahrenen Weisen, so auch Sâde und Schriftführer Jazdǝgird und Bahman vor allem, scharfsinnig-gelehrt. Zu Bûzurǧǝmihr sprach der Schah sodann: »Bring das Herz in Ordnung, den Weg weise an! Sag von mir, was du weisst, was der Wahrheit entspricht, 1550 bei den Grossen such Ehre durch Lügen nicht. Mir zu dienen befehl ich – in welcher Richtung? meine Weisung befolgen und Dienstesverpflichtung. Sprich nicht geschraubt, sondern ungeniert, nicht so rohes Zeug, affektiert und geziert. (Erhalten die Häupter der Welt davon Kunde, geben sie es weiter von Munde zu Munde.)« Also sprach zum Schah jener geistwache Mann: »Der du ragst übern blauen Himmel hinan, 1552 Sprich nicht … und geziert: W: Sprich leichthin und nicht verschlossen – mach nicht rohe (unnütze) Worte mit Farbe und Duft.
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dem König zu dienen und seinem Thron hält der Verständige für Religion. Der Könige Befehl will nicht Säumnis erlauben; dem König darf man das Behagen nicht rauben. Wer sich feindlich gegen den König verhält, dessen Geist ist dienend Ahrîman gesellt. Wessen Herz nicht freundlich den König schaut, dem seien nicht zu eigen Hirn und Haut. Der König, wiss’, ist die Ruhe der Welt; wenn du Gutes tust, wirst du hochgestellt. Ob’s uns gut oder schlecht geh, er steht uns bei (und trachtet nach Rache nicht nach Tyrannei.) Seinen Sohn wünsch’ an seiner Stelle nicht; wie das Leben lieb sein erfreulich Gesicht. Liebe zwischen dem Volk und dem Landesherren wird jeglicher Not den Zugang versperren. Durch seine Glorie trifft dich nichts Schlechtes, denn es erzieht sein Glück nur was Rechtes. Ob des Schahs lacht das Herz der ganzen Welt, da Gottes Glanz auf sein Antlitz fällt. Willst du Partner an seinem Glücke sein, trachte seinen Befehlen dein Ohr zu leihn. Ziehst du in Gedanken von ihm dich zurück, so kehrt sich von dir sofort ab das Glück. Hält er dich sich nah, sei nicht übermütig, und wenn er dir fern ist, so bleibe gütig. Wenn sich einer im Königsdienst müht und quält, so bedenk, mit der Mühe gibt’s Gunst und Geld. Er soll in der Tätigkeit nicht erschlaffen und nicht träge werden beim Gang der Waffen. Gott dankt er alles, was ihm beschert; drum preist ihn jener, der Gott verehrt. Er wahrt ferner des Königs Geheimnisse stet, sodass er sie Sonne und Mond nicht verrät. Wer Schlappheit zeigt bei des Königs Befehle, der zeigt sich selber als Jammerseele.
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Die Blüte wird jenes Baumes geschmäht, der mit Früchten nicht Krone und Thron übersät. Sag keinem der Seinen vor ihm Übles nach, denn du minderst dadurch die Ehre beim Schah. Wer über vieles betrügerisch spricht, gewinnt dadurch Glanz bei Königen nicht; wenn ein Wort sich gegen Vernunft verfehlt, sieht er zu, dass es bei dem Herrscher nicht zählt. Wenn er fragt, so sag alles ihm, was du weisst, doch schafft langes Reden nicht Ehre dem Geist. In der Welt gibt es mehr als dies Wissen bestimmt, was das Ohr verborgen und offen vernimmt. Wenn der Weltenherr einen niedrig achtet, so bleibt dessen Geist immer schmerzumnachtet, doch bleibt nie jenem die Achtung fern, dem der Mund zugelächelt des Weltenherrn. Ist der Schah zu dir freundlich, so bild’ dir nichts ein, und magst du auch alter Diener schon sein, denn erstreckt die Dauer des Diensts sich auch sehr, so wisse, er braucht dich schliesslich nicht mehr, und wenn ausser dir er noch einen ernährt, wird sein Dienst ihm unfehlbar wie deiner wert. Bringt ihn einmal etwas gegen dich auf, bitte um Nachsicht und lass nicht Seufzern den Lauf, und fühlst du dich deines Verschuldens bewusst, trag das Herz vor dem Schah entblösst in der Brust; und wenn doch etwas Wut du im Herzen trägst, dass du ihm dich nicht zeigst und den Fuss nicht regst. Mit Macht sieht er sonst dir ins Inn’re hinein, in das Düst’re des Geists und des Sinns Trügerein. Du wirst dann bei ihm keine Güte mehr finden, alle Wärme wird aus der Rede ihm schwinden. Ein Königshof ist wie der Ozean: Matrose der Diener, das Können der Kahn, das Wort der Anker, das Segel Verstand; schifft der Kluge nun über das Meer zu dem Land,
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wird das Segel voll ausgespannt, dass es nicht Kraft zur Fahrt allein gibt, sondern Schatten auch schafft. Wem ausser Verstand nicht auch Tugend zu eigen, der soll sich am Hofe des Königs nicht zeigen. Wäre aber der König ein Feuervulkan, wie schön wär das Leben des Dieners alsdann! Denn zur Zeit des Zorns würde er Feuer zwar spei’n, doch befriedigt ihm leuchten mit seinem Schein. Einmal lässt er Milch und Honig fliessen, dann wieder uns beissendes Gift geniessen. Eines Königs Tun gleicht dem Ozean; wie er es befiehlt, glänzt der Mond von der Bahn. Aus dem Meere fasst einer den Sand mit der Hand, indes der in der Muschel die Perle fand. Mit Nȏšînrawân bleibt die Welt stets im Schwung, der Verstand alt und wach und sein Glück immer jung! Über alle Könige der Welt hat er Macht, dem Land gibt durch Wohltaten Prunk er und Pracht.« Kasrâ folgte der Rede mit Aufmerksamkeit, durch den Anblick wurde sein Herz hocherfreut. Wenn der König »Zih« rief, bedeutete dies, dass vier Beutel Geld er als Gabe verhiess; doch rief ausser »Zih« er auch »Zihâzih«, so erhöht es auf vierzig Geldbeutel sich. Zehntausend Dirham per Beutel entsprach der Finanzrechnung, die man legte dem Schah. Der Grosskönig rief nun »Zih Zihâzih« und den Worten gesellten die Dirhams sich. Und der Schatzwart – dem Antlitz der Sonne glich er – brachte die Geldbeutel dem Bûzurǧǝmihr. 1601.1 Zih: Bravo! 1602.1 Zihâzih: Bravissimo!
Fortsetzung der Regierung des Kasrâ Nȏšînrawân in Band 3
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XLI Regierung des Kasrâ Nȏšînrawân Fortsetzung aus Band 2
Geschichte des Mahbûd, des Wesirs Nȏšînrawâns
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Die Spruchgeschichte liegt jetzt hinter mir und mich zieht’s zu Mahbûd nunmehr, dem Wesir. Lass niemals vom Forschen und Lernen ab, wirf dein Herz nicht vom Wissen zum Meinen hinab! Du sagst: »Ich entrichte dem Geist seinen Zoll, wenn ich alles das lerne, was ich soll.« Das Schicksal spielt da ein hübsches Spiel: den Sitz vor dem Lehrer gibt es dir zum Ziel. Vom Dihqân vernimm nun diese Geschichte, die er vorbringt auf Grund der alten Berichte: Der Mȏbad sprach so: Auf dem Elfenbeinthrone setzte keiner wie Kasrâ auf’s Haupt sich die Krone. Beim Kampf und beim Fest, enthaltsam, gerecht – keinen solchen Schah kennt das Menschengeschlecht. Von Gelehrten wurde er Wissen gelehrt und durch Wissenschaft wurde sein Herz verklärt. Mahl und Schlaf mit den Mȏbads – das war sein Verlangen; mit Wissenschaft sollte das Herz ihm prangen. Bei ihm hat der Spruch sich Erfüllung geschaffen: »Du sollst im Studieren niemals erschlaffen.« Du bist nicht gelehrt, wenn du sagst, dass du weisst, dass aller Begierden Meister du seist. Hörst du dies, musst du im Gedächtnis behalten die Sprüche des Dihqân-Dichters, des alten. Fragte über alte Zeiten ich an, so erzählte er dieses von Nȏšînrawân:
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Er besass einen reingesinnten Wesir, der herzwach war, Schatzwart und Kassier; sein Herz war voll Einsicht, sein Geist erhellt, er wollte nur guten Ruf auf der Welt. (Er besass gutes Wesen und guten Verstand, indem Weg und Stelle bei Chosrau er fand). Mahbûd ward dieser Reinsinnige genannt; voll anmutiger Reden so Herz wie Verstand. Er war der Vater von zwei Söhnen; dem Schah dienten auch die frühlinghaft-schönen. Wenn der Schah zum Gebete das Zeichen gab und verlangte nach seinem Priesterstab, nahm er nur aus Mahbûds Hand jede Speise; den zwei Söhnen vertraut er in gleicher Weise. Eine Küche hatt’ er in seinem Palast und gab sich selber bei ihm zu Gast. Die Söhne, die reinen und edelen zwei, die brachten dem König die Speisen herbei, und Tränen des Neids gegen Mahbûd liessen die Grossen des Hofs ihr Gesicht überfliessen. Zarwân hiess einer, der auch dort lebte und am Königshof nach Beförderung strebte; er war Hofkämmerer und alt bereits und gab Hof und Festen Licht und Reiz. Wegen Mahbûds und der zwei Söhne war sein Gesicht voller Wasser das ganze Jahr; er arbeitete dran vor allen Dingen, gegen die Reinen den Schah in Hitze zu bringen. Er sah keinen Weg, sie recht anzuschwärzen, dass der Schah drüber Ärger fühlte im Herzen. Mahbûd, der Kluge, ward bald dessen inne, dass einer am Hofe ihm Böses sinne, doch Reden und Tun dieses Bösewichts bewirkten nicht Blässe seines Gesichts. Da geschah’s, dass ein Jud’ bei Zarwân erschien, der mahnte wegen Schuldzinsen ihn.
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Er ging fort und er kam und so kam er fortwährend, mit jener düsteren Seele verkehrend, doch wurde er mit dem Kämmerer frech, so ging der Palastbeamte hinweg. Eines Tags sprach er heimlich von Zauberei, vom Hof und dem Weltherrscher mancherlei, von Zauberwesen und magischen Tricks, 1640 von Werken des Trugs und des bösen Blicks. Als nun, auf des Juden Wort aufmerksam, Zarwân von geheimen Künsten vernahm, macht’ er ihn mit seinem Geheimnis vertraut und sprach: »Vor niemandem sonst werd’ es laut! Setz ins Werk mir eine der Zaubersachen, um dem Leben Mahbûds ein Ende zu machen. Seine Grösse hat jetzt solchen Ort erklommen, dass der ganzen Welt es will übel bekommen. Von den Menschen schaut keinen für etwas er an, 1645 als wäre er einfach Schah Nȏšînrawân. Nur die Söhne Mahbûds sind dazu bestimmt, dass der Weltherr von ihnen die Speisen nimmt; durch die Gunst ist sein Hochmut so hoch schon gehisst, dass der Himmel stets seine Säume küsst.« Zarwân gab zur Antwort darauf der Jud’: »Über sowas sich grämen das ist nicht gut. Fasst der Weltenherr Schah den Stab zum Gebet, schau, mit welcher Speise man zu ihm geht; forsch, ob Milch darinnen ist oder nicht, 1650 geh entgegen darum und riech zum Gericht, und trifft dann die Milch nur von ferne mein Blick, trifft Mahbûd und die Söhne das Todesgeschick; denn wenn davon Stein selbst und Erz geniessen, so werden auch sie ohne Säumen zerfliessen.« Zarwân horchte auf ihn sehr aufmerksam, da sein Herz durch den Anblick mehr Frische bekam. Mit dem Juden nur sah man zu Hof ihn ziehn, kein Mahl, kein Geheimnis hatte er ohne ihn.
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Und während nun einige Zeit verstrich, begab an den Hof der Verführer sich. An jedem Morgen kamen auch weiter Mahbûds beide Söhne zum König heiter. Im Frauengemach des Edeln drinnen war ein reines Weib mit reinen Sinnen, das, wie’s Schah Kasrâ zu essen gelüstete, auf goldenem Tisch das Mahl ihm rüstete; drei Juwelenschalen tischte sie auf und legt golddurchwirkt die Serviette darauf; aus den Händen ihrer zwei Söhne sonach gelangten die Speisen zum hohen Schah. Die Speisen aus Honig und Milch und Gulâb verzehrt er, worauf zur Ruh’ er sich begab. Beide Jünglinge brachten nun wieder einmal zu Schah Nȏšînrawân den Tisch mit dem Mahl; ein Diener, dem man auf den Kopf ihn gesetzt, trug sicher die Speisen und unverletzt. Als das Mahl in des Königs Vorraum gebracht, hatte Zarwân der Kämmerer gut darauf acht; also sprach er lachend zum Jünglingspaar: »Nȏšînrawâns Schützer vor der Gefahr, zeigt mir doch von diesen Gerichten ein wenig, die zur Nahrung bestimmt sind für den König! Welche Farbe hat wohl diese Quelle von Düften? Ein Stück Seidenschleier müsst ihr mir lüften.« Ein Sohn hob die Decke rasch etwas auf und Zarwân warf von fern einen Blick darauf, aber auch der Jude beschaute es scharf, indem auf die Farbe den Blick er warf. Also sprach zum Hofbeamten er jetzt: »Nun trägt Früchte der Baum, den du einst gesetzt.« Die beiden Jünglinge, geisteswach, brachten nunmehr den Tisch zu dem Schah, 1661.1 Gulâb: Rosenwasser
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doch hinterher eilte zu Nȏšînrawân wie der Wind und sagte der edle Zarwân: »Nimm, oh König mit Glücksstern, gerecht und weise, nicht, bevor du sie kosten lässt, von dieser Speise. Denn der Himmel lächelt dir zu beglückt und von Krone und Thron ist die Welt entzückt. Der Koch hat Gift in die Milch gemischt; von dem Gift sei deinem Feind aufgetischt!« Als solches vernahm Schah Nȏšînrawân, sah durchdringend er beide Jünglinge an; ihre Mutter hatte die Speisen bereitet, sie war klug, zu den Ihren von Liebe geleitet. Die Jünglinge wickelten grade und rein den Rücken der Hand in die Ärmel ein; doch kaum hatten von Honig und Milch sie genossen, da war’s, als hätten sie Pfeile erschossen, besinnungslos lagen sie beide am Boden und verhauchten vor Nȏšînrawân ihren Odem. Der Herrscher der Welt gewahrte das, ergrimmte und wurde wie Lilien blass; er befahl, Mahbûds Haus in Schutt zu legen, ohne vor irgend jemandem Scheu zu hegen, und dass auf dem Schutt man sein Haupt abhau’: weder Mahbûd leb’ noch die kochende Frau; am Leben beliess vom Palaste man keinen und nicht viel auf der ganzen Welt von den Seinen; der Plünderung gab sein Vermögen er preis, Weib und Kind und Kleinodien gleicherweis. So war es Zarwân denn nach Wunsch geschehn, eine Zeit kam, da könnt er von Namen sich sehn, und der Jude genoss bei ihm grosse Ehre und hob sein Haupt in die Wolkensphäre. Und eine längere Zeit verstrich; vor dem Schah versteckte die Wahrheit sich.
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Die Zauberei Zarwâns und des Juden wird offenbar und beide werden getötet Eines Tages hatte der Herrscher der Welt seinen Sinn auf die Jagd nach Wölfen gestellt; er befahl, dass man in dem Jagdreviere die Pferde an ihm vorüberführe, und auf zweien der Pferde sah er jetzt des Mahbûd Brandzeichen eingeätzt. Ob der Rosse kam seine Wange in Glut, seine Seele verbrannte der Schmerz um Mahbûd. Beiden Augen entströmten die Tränen vor Schmerz, das Gedenken Mahbûds ätzte Male ins Herz: »Warum hat diesen Mann voll Würde und Macht der Dȇw, der verruchte, vom Weg abgebracht? So freundlich gesinnt und so wahr und gerad, was schlug ein seine Seele zum Unheil den Pfad? Dem Beherrscher des Weltalls allein ist kund von diesem Rätsel der tiefe Grund.« Und von dort zu dem Jagdrevier ritt er jetzt mit seinem Gefolg, das Herz so verätzt. Von jedem verlangt er ein Wort auf dem Weg, das Herz zu beruhigen durch das Gespräch. Viele Dichter nahm er zu Wegbegleitern, um den Ritt durch Erzählungen zu erheitern. Der Wesir und die Schreiber sowie Zarwân verfolgten mit ihm zusammen die Bahn, man sprach viel von List und von Zauberei, wie verderblich das Wirken Ahrîmans sei. Zu dem Mȏbad sagte der König schliesslich: »Mach ob Zauberwesens das Herz nicht verdriesslich. Von Gott und von Religion sprich allein; in Magie such nicht Wunder und in Zauberei’n.« Da sprach Zarwân: »Dass dein Glück stets währe! Der Verstand auf der Reise von Reden zehre! Was vom Zaubern man spricht, das ist so in der Tat;
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nur ein Magier selber weiss darin Rat. Die Speisen, die auch aus Milch bestehn, lässt sein Blick aus der Ferne in Gift übergehn.« Als Nȏšînrawân hörte, was jener sprach, wurden alte Erinnerungen in ihm wach an den Vorfall mit Mahbûd und seinen zwei Söhnen und dem Innern des Schahs entrang sich ein Stöhnen. Er blickte auf Zarwân und schwieg sodann; seinen Renner trieb er zur Eile an. Sein Geist kam von dem Gedanken in Glut: Zarwân war ja doch der Feind des Mahbûd. Er sprach zu sich: »Dieser unwürd’ge Mann – ich weiss nicht, was hat er wohl dazu getan, dass Mahbûd durch unsere Hand gefallen, vernichtet mit seinen Verwandten allen. Vielleicht dass der Schöpfer das Rätsel enthüllt, unser Herz und Gehirn mit Menschlichkeit füllt; doch besudelt durch ihn muss die Sache ich sehn; voll Schmerz bin ich über das alte Geschehn.« So ritt er voll Schmerz und Kummer fürbass, die Wangen voll Runzeln, die Augen voll Nass. Es gelangte nach Hause der Schahrǝjâr, zu dem Königszelt, das am Flussufer war. Als Zarwân nun kam in dies Königshaus, entfernte man alle die Fremden daraus. Er sprach von Honig und Milch und Magie. Er sagt ihm: »Die Themen langweilen nie.« Über Mahbûd befragte ihn auch hernach und weshalb die Söhne gestorben, der Schah. Die Antwort geschah unter Zittern und Beben, das Verschulden Zarwâns war klärlich gegeben. Kasrâ sprach: »Gesteh, wie’s gewesen ist, ohne auszuweichen, und such keine List! Unwahrheit lässt böse Folgen erwerben und ein gutes Herz ein Verführer verderben.« Nun bekannte Zarwân ganz wahr, wie es war,
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das Geheimverborgene legte er dar; alle Schuld schob er auf den Juden allein, in Schmerz und in Qualm hüllt’ sich selber er ein. Als er so dem erhabenen König gestanden, legte dieser ihm seine Füsse in Banden; zu dem Zaubererjuden schickt er geschwind zwei Reiter auf Rossen so wie der Wind. Als er kam in das hohe Empfangsgemach, befragt’ ihn mit ruhigen Worten der Schah: »Sag mir alles der Wahrheit gemäss, wie’s gewesen, und lass ab von allem betrüg’rischen Wesen!« um Gnade flehte der Jude nunmehr, das Zaubergeheimnis eröffnete er, berichtete von des Zarwân Erzählung, was geheim sie besprochen, ohne Verhehlung. Der Weltherrscher hörte und blieb ganz beklommen; er liess Edle und Mȏbads und Grenzwächter kommen, vor diesen liess er zu gerechtem Erkenntnis sodann wiederholen das ganze Geständnis. (Als der böse Jude alles gestanden, blieb keine Silbe verborgen den Granden.) Drauf liess er zwei Galgen errichten mit Schlingen, die herab von den hohen Balken hingen; der Henker schlug sie auf vor dem Tor, als Zuschauer stand all sein Heer davor. Zu dem einen Galgen schleppt’ er mit Wut Zarwân, auf den anderen kam der Jud und ein Steineregen und Pfeileregen traf beide der Milchvergiftung wegen. Auf der Welt darf man nicht in Bösem wandeln, denn Böses entsteht aus bösem Handeln. Er liess durch längere Zeit erheben, wer von Mahbûds Familie noch am Leben; man forschte aus eine züchtige Maid und drei Männer von Adel und Strebsamkeit;
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ihnen teilte er zu den Schatz des Zarwân und auch was besass jener jüdische Mann. Ob Mahbûds war sein Geist tief aufgebracht, er beweinte ihn die ganze finstere Nacht; zu Gott nahm er Zuflucht und vergoss das Blut seines Herzens in seinen Schoss; viele Güter verschenkte er an die Armen, seine Zunge pries ständig Gottes Erbarmen: dass Gott ihm vielleicht seine Sünde verzeihe, der Richter der Tyrannei ihn nicht zeihe. Wer reiner Gottesverehrung ergeben, wird niemals die Hand zum Bösen erheben, und fällt auch das Böses-Tun einem leicht, wird schliesslich die See vom Schrecken erreicht. Würde ein böses Herz auch wie Stein so hart, es bleibt nicht geheim, es wird offenbart, und mag deine Stimme so sanft immer klingen, ein Tag wird ans Licht dein Geheimnis bringen. Die Welt sieht der Menschen Geheimstes nicht an; besser ist es: im Stillen Gutes getan. Bist du ohne Pein und von reinem Sinn, ziehst du draus in beiden Welten Gewinn.
Nȏšînrawân gründet eine Stadt Sûrsân Die Geschichte Mahbûds und des Juden endet hiemit; dem Verstand sei Lob gespendet. Wenn du gerecht bist, oh Schahrǝjâr, so bleibst du und dein Ruhm bleibt immerdar; doch ein König, gewohnt, das Recht zu beugen, wird als Frucht sich das Grab und Verfluchung erzeugen. Aber hast zum Beruf du Geradheit gemacht, wird die Welt durch dich in Ordnung gebracht, und soll nach dem Tod von dir Gutes man sagen, so musst den Verstand als Kronhelm du tragen.
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So sieht nach dem Tode des Nȏšînrawân durch mein Wort verjüngt seine Rechtlichkeit man. Nachdem er die Welt so in Ordnung gebracht, erstrebt er nur Lobpreis ob Grösse und Macht. Gross und Klein fanden nun einen ruhigen Schlaf, zusammen zur Tränke kamen Wolf und Schaf; den Geringern hielten in Zucht die Barone, seinen Namen wünschten sie für ihre Krone. Die Krieger konnten vom Panzer erlösen den Nacken und öffnen die Maschen und Ösen; von Keule und Schwert war die Schulter befreit, kein Laut traf das Ohr als der von Fröhlichkeit. Keiner war ihm gewachsen, in jegliche Richtung erstreckte sich Zoll- und Tributverpflichtung. Ihm wurde das leicht, was schwer sonst fiel; allezeit gab es Jagden, Turnier und Spiel. Er sass im juwelengeschmückten Saale und beriet sich mit Zechern beim Weinpokale. Er legt eine Stadt an am Weg nach Byzanz; über zwei Farasangen die Weite des Lands. Es gab Plätze darin und Park und Palast; sie war hier vom Fluss, vom Gebirg’ dort umfasst. Manche Städte in Rûm gab es so; es mass sie Kasrâ aus, der dran Anteil besass. Er erbaute in jener Stadt manch hohes Schloss, sodass sie bei aller Welt Beifall genoss. Der König errichtete einen Palast, darin eine Halle juwelengefasst, aus Silber und Gold war ein jedes Gewölbe und es trug aller Art Juwelen dasselbe, Ebenholz die Kuppel und Elfenbein mit allerhand Edelholzschnitzerein. Wen’s an Künstlern nur gab in Hind und in Rûm, der vom Meister erlernt dessen Künstlertum, aus Îrân und dem Land Nîmrôz und so weiter alle welterleuchtenden Handarbeiter
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versammelt’ er ringsum in dieser Stadt, die Stadt zugleich war und Arbeitsstatt. Den Gefangenen, die er aus Berber gebracht, aus Rûm und den Ländern, die wüst er gemacht, denen gab er Raum zur Siedelung hier; die Herzenszier machte er Landeszier. Und als mit der Stadt man fertig geworden, legte Dörfer man an ringsum an den Borden; von Saatfeldern liess er sie rings umsäumen, von fruchtbaren, und obsttragenden Bäumen. Von den Geiseln, die er aus Kȏč gebracht, aus Gîlân und den Orten, die leer er gemacht, gab jedem er eine Wohnungsstatt; zur Fremdensiedlung wurde die Stadt. Die Beschäftigungen verteilt er an sie; war einer allein, gab er ihm Kompagnie. Der musste handwerken, der musste säen, Farasangen und Grenzen der messend begehn, der hatte Gottesfurcht, der betrieb Handel, dieser ging Kopf hoch, der mit demüt’gem Wandel. Er schmückte die Stadt wie ein Paradies, das dem Auge sie gar nichts Hässliches wies. Sûrsân ward genannt sie vom Weltenherrn, »Feststadt«, denn er hatte die Feste sehr gern. Am Herzen lagen ihm einzig nur Gerechtigkeit – Mehrung der Weltkultur. Und das Schicksal entliess einen König wie ihn und hat anderen seine Krone verliehn! (So wird sie auch dir nicht ewig verbleiben; drum enthalte dein Herz von der Bösen Treiben.) Nichts als Täuschung und Trug ist alles durchaus; so Höhe wie Niedrigkeit hält keinem aus. Nun zum Krieg von Châqân und Haitâl uns gewandt! Kommt der Krieg über dich, nimm die Keule zur Hand!
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Geschichte des Krieges des Châqâns von Čîn mit den Haitâlern P
(Was sagt der Dichter – Segen auf ihn! – vom Schah, von Haitâl, vom Châqân von Čîn?) So fährt denn der edle Dihqân-Greis fort – was von ihm du hörst, merk dir Wort für Wort!: Von den Edlen voll Glanz und Übung von Recht, mit Kriegsleuten, Schätzen und edlem Geschlecht war – Kasrâ ausgenommen – kein solcher Held wie der Châqân von Čîn damals auf der Welt. Bis zum Ǧaiḥûn-Stromufer in ganz Čîn priesen sie ob seiner Gerechtigkeit ihn. Heerführer mit Truppen und Krone und Thron war gegen Čâǧ er am Gulzarrǝjôn. Der Ruf des Kasrâ war allbekannt bei all den Grossen von Land zu Land, durch Menschlichkeit, Wissen, Würde und auch durch Grösse und königlichen Brauch. Das Trachten des klugen Châqâns ging nach einem Freundschaftsbunde mit diesem Schah. So hielt er oft Sitzung mit seinen Räten; alle Vornehmen waren zusammengetreten. Auf dass dieses Bündnis werde zur Tat, sucht bei Helden und Weisen er erstlich Rat. Eine Unzahl rüstete er von Geschenken, alles königswürdige Angedenken: an čînesischen Rossen, čînesischer Seide, an Krone und Thron und Schwert und Geschmeide; was in Čîn es nur immer gab an Rarem, verstaut er auf hundert Dromedaren, und zum Zwecke der Spendenverteilung in bar befahl er dem Schatz dreissigtausend Dinar. Mit Geschenken wollt’ er Geneigtheit erstehn; mit Dirhams belud er der Maultiere zehn. Aus den Grossen wählt er verständige Männer,
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die Weltreisende waren und Sprachenkenner. Er liess einen Schreiber vor sich bescheiden und vom Châqân von Čîn einen Brief auf Seiden verfassen gleichwie der Aržang von Čîn an den Schah, hunderttausendmal segnend ihn. Der Mann musste das Land Haitâl durchqueren, der Weg starrte von Pfeilen, Keulen und Speeren. Der König von Haitâl hatte von Suġd ein Heer geschart bis zur Ǧaiḥûnfurt. Ġâtǝfar hiess ihr führender Held, der den Ruf ihnen wahrte in Kampf und Feld. Als er Kunde erhielt vom Brief des Châqân und Geschenken an den Schah von Îrân, da berief er eine erfahrene Schar und legte den Sachverhalt vollständig dar. Zu den Stolzen sprach Ġâtfar so: »Das Geschick schickte mir etwas Böses übers Genick. Ist dem Schah von Îrân und dem Châqân von Čîn ihre Herzenseinigung erst mal gediehn, entstehn aus der Freundschaft uns Bangigkeiten, man zerstört uns das Land von allen zwei Seiten. Einen Überfall leiten am besten wir ein, von diesem Gesandten die Welt zu befrei’n.« Ein Vornehmer war’s, den vom Heere er kürte, stolz und voll Kriegsmuts, wie sich’s gebührte. Der Plünderung preis gab er all jenes Rare, geschirrte Pferde und Dromedare, das Haupt schlug er ab dem Schätzegeleiter, von čînesischen Helden entkam nur ein Reiter. Als der Châqân von Čîn davon Nachricht bekam, ward sein Haupt voller Rachlust, sein Herz voller Gram. Nach Qaǧġarǝbâšî führt’ er das Heer; in Čîn und Chotan blieb kein Namhafter mehr. Von des Arǧâsp Sippe und Afrâsǝjâb 1808.2 hunderttausendmal segnend: wie das illuminierte Bild-Buch Mânîs 〈= Aržang〉
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war keiner, dem Schlaf und Ruhe er gab. Sie kamen vom Gulzarrǝjôn insgesamt, das Haupt voller Blut und das Herz zornentflammt. Funǧ hiess der Feldherr des Châqâns von Čîn; Bis zum Himmel schlug Rauch aus dem Wasser hin. Vom Treiben der Reiter in Čâǧ wurde nun ganz rosenfarbig der Gulzarrjûn. Als nun Ġâtfar wurde die Absicht kund, zu welcher der Châqân legte den Grund, erlas er Truppen vom Haitâler Land, dass die Sonne ganz aus der Welt verschwand. Von Balch und Šiknân und Âmôj und Zam fordert Waffen er an und Schatzdirham; von Chatlân und Tirmiḏ und Wȇsegird – von überall wurde das Heer rekrutiert. Von der sandigen Wüste, vom Felsen der Gemsen wogt ein Heer, wie Heuschrecken zahllos und Emsen. Als der Châqân zog über den Tarakfluss, war’s, als regnet vom Himmel ein Schwerter-Guss. Es versammelt das Heer sich in Mâj und Marġ; wie Falkengefieder die Sonne verbarg die Menge der Lanzen und Schwerter, der dunkeln, und der vielerlei Banner Glänzen und Funkeln. Von Keulen erfüllt war Buchârâ, das der Haitâler König zum Lager ersah. Da kam Ġâtfar mit gewaltigem Heer, das in Haitâl hatte versammelt er. Allseits kamen die Heere ins Handgemenge, den Winden versperrte den Weg ihr Gedränge. Ein Sturmwind erhob sich. Wie schwarz es staubt’, wurden Sonne und Mond ihres Glanzes beraubt. 1825 Funǧ hiess … Wasser hin: Der Vers kann auch lauten: Der Feldherr des Châqân von Čîn war Funǧ; bis zum Himmel schlug Rauch aus dem Wasser der Mensch! 1831.1 Gemsen: Die Gemsen stehen nicht im Original. 1831.2 Emsen: Die Ameisen aber schon.
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Ein Funkeln gab es von Schwertern und Speeren, ein Schwingen und Krachen der Keulen, der schweren, du meintest, das Eisen hab’ Sprache bekommen, die Luft sich die Keule zum Dolmetsch genommen. Kašaner und Suġder sprachen vereint, Kinder, Mann und Weib, ihre Wangen verweint: »Wann werden ein Ende der Kämpfe wir sehn? Zu wem werden Sonne und Mond sich drehn?« Eine Woche war’s schon, seit die mut’gen Soldaten beider Heere einander entgegentraten; überall gab es Hügel von denen, die starben, vom Blut waren Kot und Stein purpurfarben. Ob der Menge der Lanzen und Keulen und Degen schien’s, als kam aus den Wolken ein Steineregen; durch den Staub ward die Sonne ganz unsichtbar, er drang selbst ins Auge dem fliegenden Aar. Gegen Ġâtfar trieb der Staubsturm am achten Tag und die Welt begann schwarz zu nachten und die Haitâler wurden zu Boden geschlagen, so geschlagen, dass sie nach Jahren und Tagen noch wund waren und wer noch lebend war Gottes Namen still anrief immerdar. Verstreut überall waren Krieger mit Wunden, im Grenzlande lagen viele tot und gebunden. Und untereinander redeten sie: »Einen Krieg solcher Dauer sah’n wir noch nie. Diese Krieger waren Menschen mitnichten, man durfte gar nicht den Blick auf sie richten; Raubtiere und Dȇws von Angesicht, an Gut und an Böse dachten sie nicht; man meint’ ob der Schwerter und Keulen und Speere, dass der Weg der Flucht ihnen unbekannt wäre. Wie Drachen sahen sämtlich sie aus und schossen den Pfeil über den Berg hinaus,
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sie haben alle die Tatzen der Tiger und sind unersättliche Kämpfer und Krieger. Ihren Rossen nehmen die Sättel sie nie, die schlafen auf Schnee und drin bleiben sie; nur Dornengestrüpp ist Nahrung den Rossen; der Reiter schläft nicht, er wacht unverdrossen. Die ganze Nacht Spürung und Überfälle; ein Sich-nieder-werfen zur Feuerstelle gab es nicht; keiner kannte so Schlaf wie Essen: wollt’ mit ihnen ein Dȇw nicht im Kampfe sich messen, können wir dem Châqân nicht widerstehn und müssen nach Îrân hinübergehn. Wenn Ġâtfar drin sich gehorsam verhält und Kasrâs Befehlen sich unterstellt, Land Haitâl ihm übergibt als dem Herrn und vergisst so Keule wie Morgenstern – wenn nicht, dann wählen aus Chwašnawâz’ Blut wir selbst einen Krieger von stolzem Mut, dass er über Nȏšînrawân sich freue und das alte Glück sich zur Jugend erneue. Dann soll er ihm sagen vom Châqân von Čîn; alle Welt häuft Lob sowie Preis auf ihn, er hat Glanz ja und Würde und Gnade und Geist, da der Geist ihn zur Wahrheitsliebe weist; tributär sind die Kaiser ihm von Byzanz und keiner ist mächtig des Widerstands.« Von den Haitâl-Leuten war Mann, Weib und Kind in ihrer Versammlung drin gleichgesinnt. Ein Čaġâner Held lebt’ aus edlem Geschlecht, jung und weit erfahren, voll Gnade und Recht und klug, dessen Name Fuġânîš war; er besass Vermögen und krieg’rische Schar. (Die Grossen von Haitâl und Männer von Čîn) begrüssten und priesen als König ihn.
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Nȏšînrawân erhält Nachricht von der Angelegenheit der Haitâler und führt ein Heer zum Kampf gegen sie Als dem grossen König ward Nachricht gebracht vom Châqân und von seiner Stärke und Macht, und dass durch den Châqân die Haitâliten trotz Muts eine Niederlage erlitten und dass ein Čaġâner zu neuem Sieg als König den neuen Thron bestieg, sass der Schah voll Sorgen auf seinem Throne infolge der Meldungen seiner Spione. In dem Saal wurden Sitze aufgestellt und es kam jeder königsgetreue Held, Obermȏbad Ardašîr auch trat vor und Schriftführer Jazdǝgird und Šâpor und alle wegweisenden Männer des Rats nahmen beim Throne des Königs Platz. Kasrâ sprach: »Ihr Edlen, die ihr vertraut mit dem Amtsgeschäft seid und die Welt geschaut, eine Nachricht erhielt ich, die unangenehm, von Geschehnissen, unschön, gefährlich zudem, von Haitâl und Türken, von Čîn dem Châqân und den Grenzkommandanten des Landes Tûrân. Ein unzähliges Heer kam aus den Bezirken von Čâǧ und von Čîn und Chotan und der Türken; eine Woche lang kämpften mit Helm sie und Schwert und hoben den Sattel nicht vom Pferd; doch schliesslich ging Haitâl besiegt zugrund; zwei Drittel davon liegen tot oder wund. Dass dies Haitâl, dessen Ruhm stets erscholl, von dem die Welt schwerter- und keulenvoll, ein Wunder ist’s, dass es zusammenbrach; kein Feldherr habe die Einsicht schwach. Hätte Ġâtfar Geist gehabt und Verstand, auch der Himmel hätte nicht dieses Heer überrannt.
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Da das Haitâler Land in Verwirrung gor, suchten sie im Geschlechte des Bahrâm ǝ Gôr; neuer Satzung gemäß wurde ein König ernannt und allseits huldigend anerkannt. Diesseits von Čâǧ steht des Châqân Thron, stolz sitzt er mit Heer und Schatz und Kron’. Von Arǧâsps und Afrâsǝjâbs Sippe, kaum sieht er etwas andres als Îrân im Traum. Weil Ġâtfars Heer die Schlacht verlor, hebt er nun sein Haupt zur Sonne empor. Doch unsere Billigung findet es nicht, dass der Châqân von Čîn solche Sprüchlein spricht: ›Kašân muss mein Reich in sich begreifen, denn es dient, den Čînesen den Rücken zu steifen.‹ Das ganze Volk ist durch sie in Nöten, Leib, Grenze und Schatz wurden abgetreten. Was haltet ihr darin für richtig nun? Was sollen mit Türken und Châqân wir tun?« Da sah man die Grossen vom Sitz sich erheben, alle schickten sich an, Bescheid ihm zu geben; der Beifall aller ward so ausgedrückt: »Du, der sternbeglückt weit vor sich blickt, alle Haitâler sind Ahrîman-Gesind, sie sind doppelzüngig, uns feindlich gesinnt. Alles, was vom Bösen kommt, das gebührt ihnen; sollten Reden der Güte vom Schah sie verdienen? Blieben Rache und Schmerz von ihnen auch fern, ausser ob des Bluts jenes edelen Herrn, denn sie töteten plötzlich Pêrôz, der die Welt als Schah so wie eine Leuchte erhellt. Kein Tag werde froh mehr von ihnen erlebt, weil nie sich aus Unrechtem Rechtes erhebt. Die Strafe des Weltrichters ist so stet, dass es jedem Bösewicht böse ergeht. Wenn der Schah vom Châqân erwähnt, dass im Herzen die alte Rachgier ihm sitze voll Schmerzen,
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so ist’s gut, dass der Sippe des Afrâsǝjâb Verführer die Augen voll Wasser hab. Kein Wunder, wenn vor dem dir bangt, dessen Mut anschwoll, weil den Sieg er erlangt. Vor Haitâl und vor des Ġâtǝfar Heer hab nur keine Angst und denk dran nicht mehr, Von Arǧâsps und Afrâsjâbs Sippe itzt, dem Châqân, der an jenem Ufer sitzt, behandle die Sache, den Geist erhellt, denn du bist der erhabne Herrscher der Welt. Von dir wird Licht in den Geistern erregt; heil dem, der da immer Vernünftigkeit pflegt! Du weisst viel mehr als die Masse der Leute, du bedarfst nicht Ratgeber und Gescheute; Thron und Krone gebühren auf Erden dir stet, da du Einsicht und Glanz hast und Majestät. Würde sich der Schah nach Churâsân begeben, so müsste für dieses Reich hier er beben; erblickten sie keinen König des Lands, kam von Zeit zu Zeit ein Heer aus Byzanz, um an den Îrâniern Rache zu nehmen, sodass Land und Volk schwer zu Schaden kämen. Keiner setzte den Fuss noch auf Îrâns Erde und führte ob übler Taten Beschwerde. Wenn den König die Räch- und Kriegslust befiel, freut sich darüber im Strom das Krokodil.« Als der Schah die Îrânier solches hört’ sagen, von Krieg und von Schlacht und von Sichvertragen, da wurde der Herr der Welt dessen inne, was jeder der Klugen im Herzen sinne; nach dem Kriege stand keinem von ihnen der Sinn, sie neigten zu Fest und Vergnügungen hin. Also gab er Antwort denn: »Gott sei Dank, vor dem mir in beiden Welten ist bang, dass die Leun über Ruhe und Schlaf und Essen des Staubes der Schlachten gerne vergessen.
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Euch wurde vor Ruhe und Festgelage so schwer euer Haupt für die Schlachtentage. Sich ausruhn mag, wer auf Krieg sich einlässt, und vom Krieg zurück wiederkehren zum Fest. Am Monatsbeginn durch Gottes Kraft sind wir alle gerüstet zur Wanderschaft; in der Richtung nach Churâsân führ’ ich ein Heer und berufe die Truppen von überall her, so Edle wie Tapfere, die sich finden, Elefanten die Kriegspauken aufzubinden. Weder Haitâl soll noch der Châqân von Čîn das Land von Îrân mit Heil! überziehn. Aus der Welt will das Unkraut des Bösen ich roden, durch Rechttun und Gaben erneuern unsern Boden.« Es erstaunten die Edlen mit Huldigung und nicht ohne viele Entschuldigung: »Oh du glanzvoll gerechter und siegreicher König, froh sei alle Welt dir stets untertänig! Wir Edlen sind alle wie Sklaven dein Eigen, indem wir das Haupt deinem Willen neigen. Sobald uns der König den Kampf befiehlt, sieht er keinen von uns, der sich träge verhielt.« Und während der König dann sass mit den Räten, waren alle Tapfern zusammengetreten. Bis zum Neumond pflog er also Rats, dann nahm auf dem neuen Thron er Platz. Sie sahen überm Antlitz des Schahs den Mond und Jubel erhob sich vom Hof, wo er thront. Als die Fackel sich hob von des Berges Zacke und die Erde glich einer goldnen Schabracke, als setzt’ einen gelben Topaz-Pokal man auf einen tiefblaufarbenen Schal, da gab’s Lärm von Rufern und Hornmusikanten und Pauken schnürte man auf Elefanten, In Reih und Glied zog zum Lager man dann, die Trommelschläger marschierten voran.
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Schriftführer Jazdǝgird aber betrat mit Ardašîr den Palast, mit dem Rat; sie liessen ein Schreiben zustellen allen den Vornehmen sowie allen Vasallen: »Mit Heer und mit Tross zog der Schah in den Streit; rüstet demütig jetzt keine Festlichkeit!« Er befahl ein Schreiben an den Châqân; (Grüsse an Fuġânîš schloss er an.)
Nȏšînrawân führt ein Heer zum Krieg gegen den Châqân von Čîn
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Aus Madâ’in führte er nun ein Heer; die Erdoberfläche glich einem Meer. (Vom Staub seines Heers war die Erde dunkel, das Aug’ wurde wirr von dem Waffengefunkel,) da von Berg zu Berg von Heer alles starrte; im Zentrum war die Königsstandarte. Mit einem Heer zog er ins Gurgâner Land, dass die Sonne ganz aus der Welt verschwand. Eine Rast machte er von einigen Tagen, in Gebirg und Auen das Wild zu jagen. In Suġd befand sich jetzt der Châqân, indes der Schah hielt Rat in Gurgân. Von Arǧâsps und Afrâsjâbs Sippe wurd’ vollkommen gleich einem Ozean Suġd. Der Châqân sprach: »Nicht zu tragen imstand’ meine Heere und meinen Thron ist das Land. Von hier führe ich mein Heer nach Iran und in die Beduinensteppe sodann. Alle Erde von Îrân verbring ich nach Čîn; (den Himmel will kämpfend zur Erde ich ziehn.) Kein andrer soll Thron oder Krone haben oder Land oder Glück oder Königsgehaben.« So redete lange noch hin und her der Welterstreber mit Ehre und Heer, bis dass übern Schah ihm die Kunde ward,
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er sei von Îrân auf der Heeresfahrt, und vom sieghaften Glück, wie er mächtig und hehr 1960 von Meer zu Meer hinführe das Heer. Der Châqân vernahm’s und war sehr bestürzt, seine Lust zum Kriege wurde gekürzt; voller Sorgen sass er mit seinen Räten, die Grossen des Heers liess zusammen er treten. Zum Wesir sprach der Feldherr drauf, der Châqân: »Diese Nachricht wird leichtlich nicht abgetan. Ich hörte, dass Kasrâ in Gurgân schon wäre, aller Boden des Lands sei bedeckt von dem Heere. Noch hat wohl von uns keine Kunde er, 1965 oder hat er den Schädel von Einsicht leer. Bis zum Ğaiḥûn von Čîn ist mein Heer aufgestellt; meiner Krone Fittich beschirmt alle Welt. Ich muss mich mit ihm zum Kampfe anschicken; das Feuer des Ruhms könnte Säumnis ersticken. Er wähnt, es könne ihm keiner entweichen, es gäb’ auf der Welt keinen Schah seinesgleichen; er lerne jetzt kennen, welch Kriegsheld ich bin; ich greife ihn an mit den Reitern von Čîn.« Jedoch ein Mann, der vernünftig war, 1970 sprach zum Châqân von Čîn: »Oh Schahrǝjâr, sprich von Krieg mit dem Schah von Îrân nicht mehr! Gib nicht preis der Vernichtung dein Reich und dein Heer! Von den Herrschern strebt keiner nach seiner Stelle, solang ihnen Herz und Geist bleiben helle. Keinen König ja gibt’s, der so glanzvoll thront, sieht er ihn, so verschwindet vom Himmel der Mond. Er fordert Tribut von Byzanz und von Hind, von überall, wo Schätze und Fruchtbarkeit sind. Er ist Herr der Krone, des Throns Verzierung, 1975 von sieghaftem Glück und von wacher Regierung.« Als der Châqân dies hört aus des Weisen Mund, da legt er zu ziemlichem Plane den Grund; den Beamten und Räten sagt er sodann:
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»Wie sieht ein Vernünft’ger die Sachlage an? Zwei Tatsachen drängen sich notwendig vor; sie verschweigen kann nur ein sinnloser Tor. Der Krieg mit ihm hätte zur Frucht doch nur Mühn, da sind Geldausgaben noch vorzuziehn. Von Dinaren kommt weder Nahrung noch Tracht noch auch eine Bedeckung am Tage der Schlacht, jedoch braucht man dann Speisen und Sicherheiten, elegante Kleidung und Decken zum Spreiten. Wer das Böse scheut und die Dirhams verschmäht, lebt in Kerngesundheit und Ruhe stet.«
Brief des Châqân von Čîn an Nȏšînrawân Sprachkundige wählt’ vom Gefolge er zehn, die, die Sprache selbst redend, Gesprochnes verstehn. Einen Brief verfasste, mit Segen gepaart, der gelehrte Čînese čînesischer Art. Diese zehn Verständigen ritten sonach, voller Worte den Mund, an den Hof zum Schah. Als Kasrâ die Nachricht ward überbracht, liess schmücken den Königssaal er mit Pracht; er befahl, den Vorhang emporzuheben und zum Hof ihnen frohen Zutritt zu geben. Alle zehn traten nun vor den Schahrǝjâr, brachten Brief und Geschenke und Spenden dar. Als der Weltherr sie sah, liess er Platz sie nehmen, übern Châqân sie fragend mit güt’gem Benehmen. Sie legten das Haupt auf den Boden vor ihn und bestellten die Botschaft des Châqân von Čîn, und den Brief, čînesisch auf Seide vom Rohr geschrieben, legt man dem Schriftführer vor. Als Jazdǝgird laut ihn zu lesen begann, kam die ganze Versammlung das Staunen an. Der Anfang des Briefs wünschte Gottes Segen herab auf den Schah von Îrân allerwegen; zweitens rühmte Erhabenheit, Schätze und Heer
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und Waffen und Grösse dem König er; und drittens hiess es: »Vom Faġfûr von Čîn wurde mir auf Erden Segen verliehn, er gab seine Tochter mir ohne Begehr und nur meinen Rat verlangt sein Heer.« Dann von den Geschenken, dem König gesandt und die auf dem Weg die Haitâler entwandt: »Ich verliess die Stadt Čâǧ, dass ich Rache nähme, von Ġâtǝfar zurück Schatz und Krone bekäme. Vom Gulzarrǝjûn zog ich solcher Art, dass der Ğaiḥûn vom Blute rubinfarben ward. Von des Königs Sieg, wie er mutig sich schlug, wie er gottesfürchtig, verständig und klug, als die Kunde gelangte zu uns nach Čîn, der sie sagte, fürwahr, ich segnete ihn. Insgeheim war mein Sinn auf Freundschaft gestellt, die mich verbände dem Herrscher der Welt.« Als er diesen Brief und die Reden vernahm, wie er gross sich und männlich und freundlich benahm. machte man der Gesandtschaft die Wohnung bereit mit vielem Loben und Höflichkeit. Als zum Zechen gerüstet so Tisch wie Wein, lud der Schah die Gesandtschaft dazu ein. Einen Monat war sie beim König zu Gast, auf dem Festplatz, im Jagdrevier und im Palast. Eines Tags hielt er draussen Empfang im Gefild; Balûčer und Gîler mit goldenem Schild, alle Grenzkommandanten, Goldgurt um die Mitten – trüb wurde die Luft von dem Staub, wie sie ritten –, sie alle kamen zum Ort des Empfangs; sie gingen zum König gehorsamen Gangs. Goldgezäumter Rosse dreihundert etwa und Schwerter in Goldscheiden gab es da; es funkelten Schwerter und Keulen und Speere, 2007.2 Balûčer … Schild: Umstellung!
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als ob Gold vermengt mit dem Eisen wäre. Brokatbedeckt Elefantenrücken, drauf ein Thron, den nilblau Türkise schmücken; die Erde voll Lärmen, die Luft voller Staub, auch Leute mit gutem Gehör wurden taub. Vor dem Könige vollzählig auch erschienen die speereschwingenden Beduinen und Gesandte von Bardaʿ, von Hind und Byzanz, von jeglichem Königtum fruchtbaren Lands. Er zeigt den Čînesen, wer Weltenherr von der Sonne zum Rücken des Fisches, wer? Einen Kampfplatz macht man in Feldes Mitten; die krieg’rischen Reiter kamen geritten, voll Bewegung und Staub ward die Atmosphäre, der Boden war voll von Geräten der Heere; mit Keulen und Schwertern und Pfeilen und Bogen kamen alle die Stolzen einhergezogen. Mit Keulen und Lanzen ward exerziert, hier wurde geritten, dort wurde marschiert. So machte mit allen Ländern Bekanntschaft, mit Vasallen und Adligen die Gesandtschaft; sie bestaunte sein Heer und wie es bewehrt, wie er aussah und wie er berühmt und verehrt. Was da heimlich besprachen die Diplomaten, das wurde dem Herren der Welt verraten. Dem Schatzwart befahl drauf der König, die Waffen und Geräte des Kriegs ins Freie zu schaffen, ihm Waffenrock, Helm und Panzer zu bringen und aufzumachen die Panzerschlingen. Doch ein Recke selbst, kampfgeschult und breitbrüstig, war den Panzer wegzuheben nicht rüstig; auch Helm und Keule und Waffenrock schafft’ er hinzu nur mit Armes- und Schulternkraft.
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2013 Staub: W: Bewegung 2022.2 wie er aussah … verehrt: In C folgen hier die Verse 2036–2044.
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Kein Bogenspanner wie er war im Heer, von den Edlen war keiner kriegsmutig wie er. Auf den Kampfplatz kam er wie ein Wutelefant, eine Rindskopfstreitkeule in seiner Hand, und unter ihm trabte ein schneller Renner; seine hohe Erscheinung verwirrte die Männer. Und Rufe erschollen und Tuben dröhnten, die Schellen auf den Elefanten ertönten, ganz vorn wurden Pauken und Zimbeln geschlagen, indes Rossehufe den Boden zerplagen. Der Schah mit Helm und in voller Wehr wand und drehte den Zügel bald hin und bald her; es huldigten ihm die vom Dienst und vom Amt und legten zu Boden das Haupt allesamt. Als der König vom Feld zum Palaste ritt, da kamen sämtliche Grosse auch mit. Die Gesandten tuschelten unter sich: »Dieser Schah, so stolz und so königlich, er bildet sich aus, weiss die Zügel zu drehn, lässt die Helden des Heers die Speerspitzen sehn. Was an Tugenden uns der Schah liess gewahren, das muss unser Herz im Gedächtnis bewahren.« Als jeder zu seinem Könige kam, war Erinnrungsgefährte ihm, was er vernahm, und er sagte: »Es sah noch nie einen Mann Alt und Jung wie diesen Schah Nȏšînrawan.«
Nȏšînrawâns Antwortschreiben an den Châqân von Čîn Es berief sodann einen Sekretär mit Ardašîr dem Hauptmȏbad er. Auf Papier sehr königlich schrieben sie einen Brief hierauf in Pahlawî; wie die Wangen mit Ambra wusch man das Rohr. Im Brief stand der Lobpreis Gottes zuvor, der waltend den Himmel ins Dasein rief
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und die Sonne und alles, was hoch und tief: »Er ist Herrscher und wir sind als Knechte gebeugt; seine Macht wird von unserem Denken bezeugt. durch seinen Befehl können Atem wir ziehn; kein Ameisenfuss macht den Schritt ohne ihn. Unser Segen mög’ – dies ist unser Verlangen – durch ihn zum Châqân von Čîn gelangen. Erstens sagst du von den Haitâliten, sie gürteten sich zum Bösen die Mitten; grundlos Blut vergössen sie gegen’s Gesetz und hingen jetzt im gestellten Netz. Übt Gewalt ein Bösewicht wie ein Leu, dann darf er vor Gott nicht sein sonder Scheu. Sie schlugen denselben Weg ein wie Tiger; du kämpftest mit ihnen und bliebest der Sieger. Zweitens sprichst du vom Schatz und vom Heer und von der Stärke des Faġfûr und Krone und Thron. Sagt jemand von Grösse her seinen Spruch, so stimmt ihm nicht zu, wer einsichtsvoll-klug. Dir kam noch wirkliche Grösse nicht unter, so sind Heer und Land von Čâǧ dir schon Wunder. (Über jedes Höh’re muss Höh’res es geben, über jeden Stern sich ein Stern erheben.) So kann man zu dem sprechen, der noch nie Schätze sah noch Heer noch Kampf noch Müh’. Mich haben die Grossen der Welt gesehn und den andern ist auch von mir Nachricht geschehn: die Ströme von Čîn seien mir Wasserzwerge und aus Ehrfurcht vor mir enteilten die Berge. Die Erde steht ganz unter meinem Schatz und wo Wasser und Land ist mein Arbeitsplatz. Wenn du drittens nach Freundschaft mit mir trachtest, du dein Herz bereit zur Verbindung machtest, 2051 Tiger: Richtig: Panter
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wenn du Feste suchst, such ich Krieg nicht auf; wer Fest gegen Krieg tauscht, macht schlechten Kauf. Und ferner: mit einem glorreichen Mann fängt ein Kluger niemals zu kämpfen an, besonders wer kriegsgewohnt und -geübt sucht nicht, wie den Kampfbeginn er verschiebt; wer viel am Hofe des Kriegs verkehrt, will nicht in der Schlacht erst, der ihn belehrt; da braucht es ein Herz, das Kampf und Streit so gut wie Krone und Thron erfreut. Der Weltschöpfer sei immer hilfreich dir und es bleibe im Glanze so Krone wie Zier!« Auf den Brief wurde dann das Siegel gedrückt und Königskrone und Thron geschmückt. Ein Ehrengewand, dem Kaienbrauch nach bekam der Gesandte; man rief ihn zum Schah. Was an Botschaft ihm noch im Herzen verblieben, ergänzte mündlich, was da geschrieben. Sie verliessen die Halle in friedlicher Weise und machten mit Lobsprüchen sich auf die Reise. Sie gelangten hierauf vor den Châqân von Čîn, die Zunge ganz voll von Preismelodien. Der erfahrene Châqân verliess seinen Platz und es kam zu dem Thron der Mann seines Rats. Die Gesandten rief er zu sich heran und sprach vielerlei über Nȏšînrawân; vom Verstand erstens, Wissen und kluger Meinung und von Rede und Wuchs und äuss’rer Erscheinung; zweitens sprach er: »Sind um ihn viel Heerespersonen und wer unter ihnen mit Siegeln und Kronen?« und von Recht und von Unrecht und von seinem Heer und vom Land und vom Schatz und dergleichen mehr. 2063 wer viel … verkehrt: W: wer viel das Tor (den Hof) des Krieges gesehn.
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Der Gesandte öffnet’ zum Reden den Mund und was er gesehn, gab vor ihm er kund; Also sprach er dann zum Châqân: »Oh König, halte jenen nur nicht für untertänig; in der ganzen Zeit, da wir bei ihm gewesen, mit erfrischtem Antlitz und heiterem Wesen, beim Kampf, auf der Jagd und bei Festen im Zimmer, es sahen einen Fürsten wie ihn wir nimmer, Zypresse an Wuchs, an Kraft Elefant, freigebig dem Nilstrome gleich seine Hand. Sitzt er auf dem Thron, ist er Himmel der Treue, in der Schlacht gleicht er dem verderblichen Leue; wird er wild, ist er Donnerwolke, die brüllt, dass der Ton die Löwen mit Lust erfüllt; doch zecht er sanft plaudernd beim Becher Wein, nimmt durch warme Reden die Herzen er ein; ein seliger Engel, der thront und regiert, ein fruchtbarer Zweig, der den Baum verziert. Alle Städte von Îrân sind in seiner Fron und stehen als Diener vor Krone und Thron. Wenn er einen Empfang im Freien abhält, so fasst jenes Heer nicht die ganze Welt, alle Keulenträger mit goldenen Belten, voll Schmuck und voll Glanz alle Angestellten, Elefanten und Sockel am Elfenbeinthrone, und Würde und Arm – und Halsreif und Krone – wer ist, der die Herrlichkeit alle zählt, es sei denn der mächtige Schöpfer der Welt! Wär ein Berg von Eisen auch sein Feind, wenn er zürnt, würde er zur Nadel verfeint! Nur wer ganz satt seines Lebens ist, ist so keck, dass mit ihm er im Kampfe sich misst.« 2081.2 Leue: Richtig: Krokodil
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Brief des Châqân mit dem Vorschlag, Nȏšînrawân seine Tochter zu geben Als der Châqân von Čîn diese Worte hört, ward er lilienblass und welk und verstört, im Herzen waren nur Ängste enthalten, sein Gehirn war von Sorgen entzwei gespalten. Er sass mit den Räten, das Herz voller Qual, und sprach zu den Edlen, versammelt im Saal: »Oh ihr Klugen, was ist für ein Weg da zu wählen dem Bedrängten, den solcherlei Sorgen quälen? Es geht nicht dass, den ich im Kampfe erstritt, aller Ruhm zurück zu der Schande glitt’.« Die Weisen, mit aller Art Überlegungen, bemühten sich hin und her in Erwägungen. »Das Beste ist’s«, sprach der Châqân am Ende, »dass ich einen Edlen zum König sende. Die Sorgen lassen wir überfliessen; mit dem Schah wollen wir ein Blutbündnis schliessen. Hinterm Vorhang sitzen viel Töchter mir, auf dem Scheitel der Brauen die krönende Zier. Eine soll den Titel Grosskönigin tragen und keine Sorge drum weiter uns plagen. Wenn wir unser Bündnis aufs Blut fundieren, wird keiner den Weg zum Bösen ihn führen; er wird sich stolz und geschmeichelt fühlen; siehst du von ihm ab, wird der Krieg nur ein Spielen.« Der Plan des Schahs fand bei allen Gefallen: »Ja, dies ist der Weg!« scholl laut es von allen. Er wählte drauf drei sprachkundige Granden, die zu sprechen und Antwort zu hören verstanden; er erschloss die Tür zum Schatz der Dinare: »Was nutzt’s, dass geheim ich Juwelen verwahre? Um Ruhm oder Schande geht jetzt das Spiel, um Geschenke und Fest und Kommen zum Ziel.« Und ein solches Geschenk ward zusammengestellt,
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wie es Alt oder Jung noch nie sah auf der Welt. Seinen Schriftführer liess er kommen hernach und diktierte ihm das, was am Herzen ihm lag. Zuerst pries den Schöpfer er als sein Verehrer, »den Allmächtig-Allwissenden und den Ernährer, den Herrn über Kȇwân und Sonne und Mond, den Herrn, der da siegreich und machtvoll thront, der nichts als Geradheit verlangt von dem Knechte und niemals Minderung sucht in dem Rechte. Er spende dem König von Îrân Segen, dem Herrn über Keule und Helm und Degen, dem Herrn über Wissenschaft, Krone und Thron, der vom Siegverleiher fand Glück als Lohn. Es weiss der Gebieter aus Chosraus Geschlecht, der Klug-Verständige mit Einsicht und Recht, dass die Menschen den Menschen doch sind von Wert, mögen manche auch gross sein und hochgeehrt. Meine äusserst verständigen Gesandten, die nahe mir waren und meine Verwandten, sind von deinem Hofe zu meinem gekommen und ich habe vieles vom König vernommen, von Gerechtigkeit, Klugheit und seiner Krone, von Glück und Erhabenheit und vom Throne. Wir möchten – sein Glanz erzeugt dies Verlangen in seiner Fittiche Schatten gelangen. Das Herzblut ist höchster Wert unsres Seins; ein verständiges Kind und das Herz sind eins. Mit reinem Saume die sanfteste Maid, die Beste an Schönheit und Züchtigkeit begehre von uns er, wenn dies ihm gefällt und soferne er dies für vorteilhaft hält. Îrân soll von Čîn nicht geschieden sein; wir mehren gemeinsam der Welt Gedeihn.« Nachdem sie’s geschrieben auf Seide von Čîn, trugen sie’s zum Wesir mit dem Siegel hin.
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Drei Männer der vornehmen, höflich-gewandten erwählte der Châqân aus seinen Verwandten; sie reisten vom hohen Empfangsgemach nach Îrân hinüber zum hohen Schah. Drei Tücher mit dreissigtausend Dinar trugen sie als Spende zum Schahrǝjâr; Gold- und Silbersachen und Seide von Čîn machten mehr als den Himmel die Erde erglühn. Als man sitzen hiess die Gesandtschaftspersonen, brachten sie auf Čînesisch Ovationen. Eine Unterkunft mit gebührender Zier beschaffte ihnen des Königs Wesir. Eine Nacht noch kreiste der Himmel herum, dann hob Sonnenglanz sich vom Berg wiederum und der Schah sass auf dem Türkisenthrone und setzte aufs Haupt die Rubinenkrone. Er befahl, dass die Mȏbads und Hochgeschätzten mit den namhaften Weisen sich niedersetzten; er sprach: »Bringt den Brief, geschrieben vom Rohr auf Seide, und legt ihn dem Schriftführer vor.« Alle Edlen sassen herum im Ring, indes Jazdǝgird stolz zum König ging. Als er vorlas dem Schah von Îrân jene Schrift, waren alle Versammelten ganz verblüfft, wieviel gütliche Bitte um Nachsicht erschien in dem preisenden Briefe des Châqân von Čîn. Und alle die stolzen vorsichtigen Weisen begannen den Schahrǝjâr zu preisen: »Zu Gott unsre Zuflucht! Wir danken ihm jetzt, dass er einen Schah auf den Thron uns gesetzt, so sieghaft und glanzvoll und voll Majestät, so höflich und freundlich, der alles versteht, ein erschrecklicher Wutelefant im Streit, bei den Festen ein Mond, Gästen dienstbereit. Dienend beugen sich dir, die dir feindlich gesinnt, wenn sie selber des Dienstes würdig noch sind.
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Vor dem Heere von Čâǧ war alles Entsetzen und vor dem Châqân mit Krone und Schätzen; der Glanz des Schahs macht’ ihn wohlgesinnt und er sucht, dass zu ihm er den Weg gewinnt. Wer immer Verstand besitzt von den Degen, wird Ruhe und stete Geradheit pflegen. Da er fühlt, er sei nicht gewachsen dem Schah, strebt der Châqân mit ihm der Verbindung nach. Wir meinen, dass man hier nicht zögern soll, denn Verbindung mit ihm ist nicht unehrenvoll; von Čîn bis Buchârâ stehn seine Armeen und alle die Grossen im Schutz seiner Lehen.« Er vernahm die Rede dieser Verständigen, der Grossen und Mȏbads, der herzenslebendigen; da machte von Fremden man leer den Palast; die Gesandten berief man vor ihn in Hast. Der König empfing sie mit Freundlichkeit und liess sie sich setzen vom Throne nicht weit. (Den Feldherrn mit Heer und mit Krone und Thron ersah nun die Čaǧer Delegation.) Sie bestellten die Botschaft; ihre Erzählung war für ihre Lippen keinerlei Quälung. Der König hörte die Čîner Helden sanftstimmig die warmen Worte vermelden; er gab also Antwort: »Der Châqân von Čîn ist weise und gross und man lobpreist ihn. Durch sein Kind nach Verbindung geht sein Verlangen sowie nach Waschung der Freundschaftswangen. Wessen Geist von Vernunft nicht entblösst ist ganz, sieht das Ding mit dem Auge des Verstands. Nach Entschlüssen des Heiles wollen wir streben
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2153.2 war für ihre Lippen keinerlei Quälung: W: Denn die Erzählung ging ihnen leicht von den Lippen (quälte sie nicht). Mohl aber spricht davon, dass sie ihm versicherten, dass alles, was sie sagten, wahr sei, und Pizzi (»asseverando che di lor parole verità non tradian«) scheint sich ihm anzuschliessen. Welcher Text dem zugrunde lag, weiss ich nicht.
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und auf alles Gesagte die Antwort geben. Es tut not, dass der Châqân von Čîn sonder Fehle nach seinem Herzen das Beste wähle. Ich send einen Klugen, der soll die Frauenabteilung mit Gründlichkeit mir beschauen; er wähle die aus, die am vornehmsten ist und der der Châqân grossen Wert beimisst. Ob die Mutter, dem Vater gleich, prüfe er gut, ihre Herkunft hat aus der Könige Blut. Ist das, was ich gesagt, erst geschehn, dann kann man an die Verschwägerung gehn.« Die Gesandten huldigten daraufhin: »Froh über den Schah ist der Châqân von Čîn. Um die Wolke, aus der es Juwelen schneit, des Fraungemachs tut’s ihm für Kasrâ nicht leid. Wähl einen aus der Gelehrten Kreise, der zum Châqân von Čîn unternehme die Reise; die Verschleierten, die sein Fraungemach füllen, werden keine vor seinem Blick sich verhüllen.« Der Grosskönig hörte die Rede an, die dem alten Geschick neue Frische gewann.
Nȏšînrawân sendet Mihrân Sitâd zur Besichtigung der Töchter des Châqâns Den Schreiber der Briefe rief er herbei und sprach über den Châqân vielerlei; er befahl ihm, den Antwortbrief zu schreiben und ihm Worte des Heils einzuverleiben. Den Schöpfer pries an des Briefes Beginn er, den Erhalter, Ernährer und Sieggewinner: »Die Welt unterliegt ganz seinen Befehlen, er lehrt zwischen Gut und Böse uns wählen; er verleiht, wem er will, so Schätzung wie Ehre und hebt ihn aus der Tiefe zur Himmelssphäre, und ein andrer bleibt in des Unglücks Macht, hat der Schöpfer nichts Gutes ihm zugedacht.
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Für Gut und Bös’ möge Dank er empfangen; tu ich Übles, so ist mein Herz voller Bangen. (Er liesse mir nicht die Seele im Herzen,) wollt ich Furcht und die Hoffnung auf ihn ausmerzen. Mit Segen und Freundeswort bei mir erschien jene Gesandtschaft des Châqân von Čîn. Ich vernahm von dem Bund, den er mir vorschlägt, von den Reinen, die er im Frauengemach hegt. Freude war’s, mit der der Vertrag mich erfüllte, zumal’s um sein Kind geht, um das verhüllte. Hiemit wird ein Weiser dir zugesandt, dessen Seele bedeutend hochhält der Verstand; der kommt und legt dar mein geheimstes Sinnen über Schluss des Bündnisses und mein Beginnen. Deine Seele sei gegen uns stets frei von Harm, dein Herz bleibe froh und dein Schutz uns stets warm.« Es ruhte des Schreibers Rohr arbeitsmatt, als geschrieben der Schluss aufs geordnete Blatt; die Tränen des Rohrs hauchte trocken der Wind. Drauf setzt man ein Moschussiegel geschwind. Der Schah bestimmt ihnen ein Ehrengewand, dass das ganze Gefolg’ vor Verwund’rung sich wand. Einen Greis erkor er von klugem Rat, der hiess mit Namen Mihrân Sitâd, und hunderttausend iranische Männer, würdig-edle Leute und Sprachenkenner. Also sprach nun Kasrâ zu Mihrân Sitâd: »Geh froh und erfolgreich mit Liebe den Pfad! Du brauchst Geist und Zunge höflich-gewandt. Dich leite dein ernster Sinn und Verstand. Sein Frauengemach unterzieh’ der Beschau. Gut und Schlecht desselben halt fest genau. Gesichtsausschmückung und Gold und Zier seien nicht Mittel der Täuschung, wirksam bei dir! Hinterm Vorhang wirst viele Töchter du schauen
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mit hohem Wuchs und den Kronen der Frauen. Ein Magdkind kommt nicht in Betracht für mich, und ist auch der Vater königlich. Sieh zu, welche dort ist mit Zucht und mit Recht von der Mutterseite aus Herrschergeschlecht. (Des Faġfûr von Čîn die Enkelin, ihr Vater der edle Châqân von Čîn.) Ist dem Leibesjuwel edle Abkunft gesellt, freut die Welt sich ihrer und sie sich der Welt.« Mihrân Sitâd hört’s, seine Ovation brachte vielmals er dar so Krone wie Thron. Von dem glänzenden Hof ging Mihrân Sitâd an dem glückverheissenden Tage Churdâd. Kaum ward kund die Reise dem Châqân von Čîn, so liess er ein Heer ihm entgegenziehn. Er gelangte zu dem Châqân und küsste die Erde vor ihm, den er demütig grüsste. Der Erob’rer hiess ihn freundlich willkommen und bereitet ein vornehmes Unterkommen. Jedoch sein Gehirn war voll Sorgen davon und er ging in das Frauengemach der Chatôn, er erzählte vom Briefe des Nȏšînrawân und schloss auch von Schatz und Heer manches an. Dann sagte er nach dieser Schilderung: »Jung und wach ist der Schah und sein Glück ist jung. Ich möchte ihm gern eine Tochter geben, um unser Ansehn bei ihm zu heben. Hinterm Vorhange lebt eine Tochter mir, auf dem Haupte der Frauen Krone und Zier; Keine reicht an Schönheit an sie heran, viele Grosse hielten um sie schon an. Meine Liebe zu ihr mag sich nicht darein schicken, dass ihr Antlitz ferne war meinen Blicken. 2202.2 Chatôn: Die Châtûn (an Reimstellen Châtôn) ist die regelrechte, ebenbürtige Frau des Châqân (Fürstenfrau und Fürstin).
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Ausserdem hab ich noch vier Dienerinnen, gehorsame Mägde mit sehr regen Sinnen. Von diesen da leg ich ihm eine hinzu und hab Ruh’ dann vom Krieg und von allem Getu.« Die Châtûn sprach darauf: »An Klugheit bestimmt gibt es keinen, der deinen Platz einnimmt.« Im Gespräch durchmass er so einer Nacht Schlaf, bis vom Berge wieder die Sonne eintraf. Da trat Mihrân Sitâd in sein Gemach, kam zum Thron und gab jenen Brief vom Schah. Als den Brief nun las der Châqân von Čîn, machten Botschaft und beste Wahl lächeln ihn. Er gab ihm den Schlüssel zum Heime der Frauen: »Nun geh, um sie im Verborg’nen zu schauen!« Eine Vierzahl von Dienern begleitete ihn, die dem Châqân vollkommen verlässlich erschien. Mihrân Sitâd, als er hörte die Worte, nahm die Diener mit sich und den Schlüssel zur Pforte. Diese öffnete er und sie traten hinein; und die Diener führten ihn also ein: »Das, woran dein Auge sich jetzt erbaut, haben Sterne und Sonne und Mond nie geschaut.« Einem Paradiese glich das Frauengemach ganz, voll Sonne und Mond und Kleinodienglanz; fünf Feengesichtige sassen auf Thronen, auf den Häuptern die Kronen und darunter Millionen. Die Châqân-Tochter allein aber nur trug weder Arm- noch Halsband noch Edelsteinschmuck; ein einfaches Kleid deckte Brust und Schoss, das Haupt die schwarz-göttliche Haarkrone bloss; da gab es nicht künstlichen Schmuck des Gesichts; was der Schöpfer geziert, das war da und sonst nichts: nämlich eine Zypresse, drauf Neumondschimmern; den neuen Thron liess ihr Anblick flimmern. 2221.2 Millionen: W: Schätze
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Als Mihrân Sitâd sie erblickte – noch nie sah er ein Mädchen so schön wie sie –, da merkte der Klug-Scharfsinnige schon, dass fern von Geradheit waren Châqân und Chatôn. Da mit Tuch und Händen ihr Auge sie bedeckt, wurde so sein Unmut ganz frisch erweckt. Zu den Dienern sprach er: »Beim Schah gibt’s genug an Kronen und Thronen und Kettenschmuck. Ich wähle die, die des Schmucks und der Krone misst 2230 und die noch im Wachstum begriffen ist. Ich kam her, um die Beste hier auszuwählen, und nicht wegen Seide aus Čîn und Juwelen.« Die Châtûn sagte darauf: »Du alter Mann sagst ja gar nichts, was einem gefallen kann. Den Älteren ist Glanz, Zier und Einsicht verliehn, sie sind herzerleuchtend zur Reife gediehn; Zypressenwuchs, Wangen wie’s frühe Jahr – das weiss zu dienen dem Schahrǝjâr. Doch ein Kind, das noch nicht herangereift – 2235 ist eine Wahl, die unsinnig danebengreift!« Worauf Mihrân Sitâd ihr zur Antwort gab: »Kehrt der Châqân sich nicht von der Rechtlichkeit ab, dann wiss’ er: nicht für einen verschrobenen Alten wird mich der gebietende Weltenherr halten. Mir gefällt eben die auf dem Eichenholzthrone, die keinerlei Schmuckstück trägt, weder Kette noch Krone. Wenn die Fürsten missbilligen, wie ich wähle, so reise zurück ich nach ihrem Befehle.« Der Châqân überdachte die Rede des Alten; 2240 erstaunlich erschien ihm Entschluss wie Verhalten. (Der Mann voller List verliess die Châtôn und neuerlich trat vor des Châqâns Thron; nun erzählt er ihm, was ereignete sich; und der Châqân empfand seine Stimmung als ärgerlich.) 2240 Châqân: Nach C die Châtûn
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Da merkt er, wie der Greis, hohem Adel entstammt, überaus schlau und gewachsen ist dem heikligen Amt. Der Kluge hielt Sitzung mit seinen Räten und entfernte das Volk, das die Halle betreten. Und als die Menge sich nun verzogen, kamen Sachverständige und Astrologen, wer immer von ihnen war erster Stelle, in der Hand eine griechische Sterntabelle. Er befahl, dass jeder, dem Lust dazu wäre, die Berechnung anlegte der himmlischen Sphäre. Der Mȏbad forscht in den Sternen nun nach über den Bund des Châqân mit dem Schah. »Oh König«, so sagte der Mȏbad schliesslich, »sei nicht selbstquälerisch und verdriesslich! Denn der Ausgang kann nur ein guter sein: Nicht ein Feind dringt mit bösen Absichten ein. So ist es des hohen Himmels Erwägung und des Gestirnes günstige Bewegung. Aus dem Châqânskind und des Königs Lenden entsteht ein Schah, Glanz dem Throne zu spenden; das Land von Îrân grüsst huldigend ihn und ebenso alle Stolzen von Čîn.«
Der Châqân von Čîn schickt seine Tochter in Begleitung des Mihrân Sitâd zu Nȏšînrawân Dem Châqân ward es wohl, als er hörte davon, und es lächelt die sonnengleiche Châtôn. Indem sie vom Trug ihre Herzen wandten, luden sie neuerlich vor den Gesandten; sie sprachen, was sich gebührt, dass man sprach, von dem Kind der Châtûn in dem Frauengemach, das vom Vater entgegennahm Mihrân Sitâd, der den Siege erringenden König vertrat. Was der Châqân gab, nahm der Mandatar: 2243 kamen … und Astrologen: V. 2243–2244: Umstellung!
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die Maid, die vom Blut einer Châtûn war. und mit den Geschenken die Diener erschienen, sie kamen zum König mit freudigen Mienen. Dann begann einen Schatz man bereit zu machen, in ihm gab’s alle Arten wertvoller Sachen, Dinare, Juwelen und Reife und Krone mit Türkisensänfte und Elfenbeinthrone, einem andern aus indischem Ebenholz, Juwelen gefasst inmitten des Golds; Diademe zugleich, wie’s für Fürsten sich passt, hundert Ross und Kamele mit Sattel und Last, Brokate von Čîn, aufgeschnürt den Kamelen, indes auch den Rossen die Sättel nicht fehlen, ferner vierzig Stück goldgewirkter Seide mit eingeflocht’nem Smaragdengeschmeide; hundert teppichbeladenen Dromedaren, an dreihundert betrugen die Sklavenscharen. Er gab gut acht, bis sie alle beritten, die Fahne zur Hand, nach čînesischen Sitten. Darauf hiess der Châqân, den Siege beglücken, einen Thron setzen auf Elefantenrücken, drauf Gewebe aus Gold, und aus Silberfäden, unberührte Juwelen gefügt in jeden. Eine Fahne schimmernd aus Seide von Čîn, dass vor lauter Seide kein Boden erschien, hundert Männer mussten sie weitertragen und liessen vom Tal bis zum Himmel sie ragen. Eine Sänfte aus Gold war brokattapeziert, mit unzähl’gen Juwelen im Innern geziert. An dreihundert Diener waren Begleiter der Schönen und suchten den Weg ihr heiter. So sandte sein Kind er zum König hinweg; das Heer machte sich mit ihm auf den Weg. Vierzig Kämmerer zogen mit frohem Sinn 2271 Diener: Oder – was vielleicht wahrscheinlicher ist – Mägde.
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zuerst zu Bedienungszwecken dahin. Als dies fertig war, trat der Schreiber vor mit Tusch und Parfüm und Seide und Rohr; einen Brief schrieb er an den Schahrǝjâr, der voll Farbe, Duft, Schmuck und Bildern war. Mit des Schöpfers Preis ward der Anfang gemacht, »dem allsehenden Weltenherrn, der da wacht; was immer er wirkt auch in seinem Sein, darauf stellt die Richtung der Knechte er ein. Der Grosskönig ist mir der Welt Krone und nicht wegen der Tochter nur sucht ich den Bund; denn als ich hörte von allen Verständigen, den Grossen und Mȏbads, den herzenslebendigen, wie glanzvoll und gross und wie würdig der Schah, da trachtet ich seinem Bündnisse nach; denn es gürtet vom Anfang der Welt bis zum Ende kein gerechterer Weltenherr seine Lende, so Mannheit wie Siege und Herrschermacht und Krone und Thron und Würde und Pracht, Gerechtigkeit, Wissenschaft, Glauben, Verstand hat der reine Herrgott ihm zugewandt. Meinen Augapfel send ich hiemit, mein Kind, dem Schah Kasrâ, so wie unsre Bräuche sind. Ich befahl ihr, dass sie sich magdgleich benehme, wenn sie hinter den Vorhang des Königs käme, dass sie durch seine glanzvolle Klugheit werde weise, seine Sitten lerne und Handlungsweise. Mögen Glück und Vernunft immerdar dich leiten und Grösse und Wissen dich stützend begleiten!« Sie setzten das Siegel auf Moschus von Čîn; dem Gesandten gab er’s und liess grüssend ihn ziehn. Er macht Mihrân Sitâd ein Ehrengeschenk, wie man dessen noch niemals war eingedenk, dass ein solches ein Grosser der Welt gespendet einem Manne, den man ihm zugesendet. Er beschenkte auch jene, die mit ihm waren,
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durch Anteil am Moschus und mit Dinaren. Mit Tochter und Wertsachen zog er dann fort mit Prunkelefanten und Reitereskort’, bis zum Ufer sie kamen des Ǧaiḥûnflusses; seine Wimper hing voll seines Herzblutergusses. Dort blieb er, bis sie jenen Strom durchzogen und wieder aufs Trock’ne gelangt aus den Wogen. Vom Ǧaiḥûn zog er zurück, Blut im Herzen; ob des Kindes begleiteten ihn die Schmerzen. Als von Mihrân Sitâd eintraf die Kunde, gab er jedem Geschenke und Lohn in der Runde und von jedermann wurde Heil! geschrien dem Schah von Îrân und dem Herrscher von Čîn. Alles freute sich der Geschenke und Spenden, nur Freunde und Gastgeber gab’s aller Enden. Sie wanden Girlanden in Stadt und auf Wegen, Dinare ausschüttend des Königskinds wegen, als ob in Âmôj, in der Wüste, in Merw sich das Land zum Fasanengefieder färb. Bis nach Basṭâm sie kam und in Gurgâns Nähe, meintest du, dass die Erde den Himmel nicht sehe, alles Land war erfüllt von Girlanden und Bogen auf der Strasse, durch welche die Truppen zogen; vom Palast kamen Männer und Kinder und Frauen, den Vorbeizug der Götzin von Čîn zu schauen. Sie schütteten Dirhams auf sie von oben und machten, dass Moschus und Ambra zerstoben; gemischt auf den Schalen die Weihrauchkörner, die Welt voll vom Klange der Pauken und Hörner; mit Düften getränkt sind die Mähnen den Rossen, zu den Füssen sind Zucker und Dirhams gegossen. Vor dem Lärmen der Flöten und Harfen und Zithern war kein ruhiger Schlafplatz wo auszuwittern. Als die Schöne man brachte zum Frauengemach, warf einen Blick in die Sänfte der Schah; er sah die Zypresse, die Mondscheibe oben,
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eine Ambrakrone darauf geschoben, eine zweite darunter aus Moschusschlingen, wie die Ketten geflochten aus Ringen auf Ringen, von gewundenen Knoten der Scheitel umzirkt, mit Zauberkunst ineinander gewirkt, wie ein Duftring, der sich um die Rose dreht, und unter dem Ringe strahlt der Planet. Drob erstaunte der Schah Nȏšînrawân und rief mehrmals den Namen Gottes an. Ein Wohngemach wählt’ ihr der Schah, wie sich’s schickte und das für die Schöne man herrlich schmückte.
Rückkehr des Châqân. Nȏšînrawân führt sein Heer nach Ṭîsfûn
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Als die Nachricht gelangte zum Châqân aus Îrân und über den Schah von Îrân, welche Freude man ob seines Kindes hegte, welches Glück beim Schah die Verbindung erregte, da verliess Suġd und Čâǧ und Samarqand er und nach Qaǧġârbâšî die Krone sandt’ er. (Als die Truppen aus diesen Städten sich wandten, entsandte der Schah alle Grenzkommandanten.) Da Nȏšînrawâns Rechttun die Welt ganz erneute, schliefen auf dem Rücken alte und junge Leute, und alle und überall sangen darob dem König von Îrân huldigend sein Lob. Alle streckten die Hände zum Himmel weit: »Oh göttlicher Schöpfer von Raum und Zeit, lass weiter so rechtlich sein Îrâns Herrn! Halt böses Geschick seinem Leben fern! (Vor Bösem bewahre ihm Leib und Seele und halte die Welt unter seinem Befehle!) Denn durch seine Würde und Majestät hielt der Welt er das Üble fern überall und stet.« 2312.2 Planet: W: Muštarî (Jupiter)
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Als er auf der Jagd kam nach Gurgân, sah keiner ein Frohgesicht beim Châqân. Schlaf und Essen verlernten die Reiter von Čîn und den Rossen die Sättel wegzuziehn. Dreihunderttausend Türken zerstreut: weder Kampf noch Schlacht wurden dort erneut. Einen Bogen zu spannen war unnütz gewesen; nicht Klein und nicht Gross blieb von den Čînesen. So begab rasch würdig und königlich auf die Jagd der grimmigen Löwen er sich. Seinem Namen gesellt war des Schahs guter Stern, seinem Throne nie glückliches Schicksal fern. So sammelten sich alle Grossen denn von Âmôj bis zur Stadt von Čâǧ und Choten. Sie sprachen: »Die Städte, so weit und so gross, voll Garten, Turnierplatz und Halle und Schloss. von Čâǧ und Tarak bis Samarqand und Soġd waren wüst und die Eulen horsteten dort. Chatlâner und Balcher, Čaġâner, Bâmiter – der Tag wurde jedem dunkel und bitter. Buchârâ, Chwârazm und Zam und Âmôj – viel gedenken wir ihrer mit Gram und mit Scheu. Durch Afrâsǝjâbs ruchloses Treiben traf kein einz’ger den Ort für Ruhe und Schlaf. Dann kam Kai Chosrau und machte uns frei und die Welt wurde ruhig nach all dem Geschrei. Als hernach im Land Arǧâsp ward gewaltig, erfüllten es Unheil und Qual mannigfaltig. Da kam aus Îrân ihn bekriegend Guštâsp und es fehlte der Ort zu verweilen Arǧâsp. Die Welt hatte von seinen Freveln nun Ruh; nie neige der Himmel sich freundlich ihm zu! Als Narsî dann kam, da wurden voll Schrecken unter seiner Regierung die Grenzlandstrecken. Doch ihm folgte Šâpûr, der Sohn des Hurmuzd, und Narsî war nicht Kopf und Fuss mehr bewusst.
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Die Welt ward zu Rechttun und Frieden gewandt und vom Bösen verhindert Ahrîmans Hand. Als von Jazdǝgird die Welt der Châqân überkam, ward manch üble Gewalttat getan. Wie dann Bahrâm ǝ Gôr zur Regierung kam, ward erfüllt der Châqân von Verwirrung und Gram. Seine Rechtlichkeit schuf ein Weltparadies, da er draus alles Böse und Hässliche wies. Dann kam Chwašnawâz zu des Pêrôz Zeit und erfüllte die Welt mit Gewalttat und Streit. Fluch über Fuġâniš dann, seinen Sohn, und die ganze Frevlergeneration! Schah Kasrâ hat jetzt unser Land übernommen und wir haben Reichtum und Würde bekommen. Die Welt ist dem Leib gleich und er dem Haupt; oh würden wir nimmer seiner beraubt! Wenn das Land in seiner Gerechtigkeit ruht, sehn wir keine Pein, man vergiesst kein Blut.« Nun kamen aus Haitâl, Chotan und Türkei zum Gulzarrjûn sie in Menge herbei. Wo sich nur ein sachkundiger Mȏbad befand, ein edler, vielwissender voller Verstand, von den Türken die gute Ratgeber waren, begaben zu ihm sich in grossen Scharen, und wer die Möglichkeit dazu sah, der kam mit Geschenken dem Könige nah, und sie waren, als sie so nahten dem Schahe, von einem Herzen und einer Sprache. Der Hof wurde derart durch ihre Masse, dass sie Mücken und Ameisen sperrten die Gasse. Alle legten das Haupt vor dem Schah auf die Stufen unter vielen segnenden Huldigungsrufen. Sie sprachen: »Oh Schah, wir sind dir ergeben wie Knechte, da deinem Befehl wir nur leben. 2351 Türkei: W: Turkistân
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Durch die Rüstung des Kriegs sind von Stolz wir erfüllt, wir zerreissen dem Panter das Fell im Gefild.« Der König nahm ihre Geschenke an 2360 und sie gingen vom Hofe des Schahs sodann. Fuġâniš ging als der erste von ihnen, hinter dem kriegsbereit neue Truppen erschienen. Mit den Helden zeigte der Schah sich zufrieden; der Empfangswart wurde zu Hofe beschieden. Er liess sich mit Fragen freundlich herab, worauf überall ihnen Herberge er gab. Darauf in den Staub herunter vom Thron kam dieser Fürst voll Religion und sprach zu dem Schöpfer also im Gebet: 2365 »Oh du, der über dem Schicksale steht, du hast Glanz mir und Würde und Einsicht verliehn; lass durch Gut und durch Bös’ rechte Strasse mich ziehn! dass keiner, der von mir Kunde erhält, nach der Krone der Grösse mehr streb’ auf der Welt. Alle sollen sie wirken als meine Vasallen und die Kühnheit zum Kampf habe keiner von allen. Im Gebirge der Vogel, der Fisch im Bach, (die sei’n, wenn ich schlafe, allezeit wach;) meine Wache ist alles wilde Getier, 2370 die Grossen der Welt sind Lehnsträger mir. Nicht niedrig ist jener, den du hast erwählt, keinen andern Gebieter als dich hat die Welt. Du gibst Kraft mir, dass wegen meiner ja doch keine Ameise schlafe verwundet im Loch.« Also sprach vor Gott er vieles mit Tränen. Sieh zu, ob du noch einen Schah triffst wie jenen!
Siegreiche Rückkehr Nȏšînrawâns nach Îrân Zum Throne schritt vom Gebetsort er; zum Marsche rüstete sich das Heer. Es erhob sich vom Hof der Trompeten Gedröhn und der ehernen Tuben lautes Getön.
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Er gedachte Gottes, Gewährers der Gnaden, liess aufsitzen das Heer, das Gepäck aufladen: der Dinare und Kronen, des Gurts und Brokats, aus dem Dirhamschatz, aus dem Edelsteinschatz, der Rosse, der Weiber im Schleier, der Kronen, mit Türkisensänften und Elfenbeinthronen; auf den Sätteln sassen, erfreulich den Sinnen, die Sklavinnen und viele Dienerinnen. (Als all ihre Affären in Ordnung gebracht, 2380 so die Tragetiere wie ihre Tracht): diese alle liess er nach Ṭîsǝfûn ziehn, und unter den ersten die Götzin aus Čîn. Mit glücklichem Omen begann sie die Reise, frohgesinnt, umgeben vom Dienerkreise. Hauptmȏbad war Mihrân Sitâd nunmehr, mit des Châqânskinds Harem zog er einher. Mit Schatz und Gepäck ging’s nach Ṭîsǝfon; vom Gefolg’ blieb zurück auch nicht eine Person. So kamen in Âḏar Âbâdegân 2385 durchaus alle Helden und Vornehmen an. Aus jeglichem Land kamen Truppen geritten, so Gîlerscharen und Dailamiten, vom Gebirge Balûč und der Ebne Sarȏč und die säbelschwingenden Reiter aus Kȏč, mit Geschenken und Spenden erschien jeder Held mit reinem Sinn vor dem Königszelt. Dies musste dem grossen König gefallen: das Lamm war gefeit vor des Wolfes Krallen. Die Welt, solang Welt, war nie kȏčisch, war auch 2390 das Land durch sie voller Brandmal und Rauch. Durch Schah Kasrâs Glanz ward das Schicksalsgetriebe von Grund aus verändert, durch Recht und durch Liebe. Im Land, das die Truppen beim Durchmarsch betraten, standen unbeschädigt am Wege die Saaten; keiner fordert vom anderen Speise und Trank, man lagert zum Schlaf sich der Strasse entlang.
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Auf solche Art zog er rings um die Welt und besichtigte allerorts Ebne und Feld: Saatfelder, wohin seine Blicke auch trafen, 2395 und Tal und Gefild voll Rindern und Schafen. Den Boden, den stets von Kultur entfernten, auf dem man noch nie sah Saaten und Ernten, den fand früchtetragend nun Kasrâ bebaut, der in jedem Hause auch Kinder erschaut’; von Früchten die Baumäste niedergedrückt, durch des Weltherren Glanz, den das Schicksal beglückt. Als der Mondlauf war ein’ge Male gekreist, kam des Kaisers Gesandtschaft angereist mit Geschenken: Gold, Silber, romäischer Seide, 2400 Gewanden und Tuch und Romäergeschmeide. Die Erde bedeckte der Spenden Flut; aus Byzanz kam noch niemals ein solcher Tribut: zehn Rinderhautsäcke voll von Dinaren; Tribut und Zoll war gesandt von drei Jahren. Mit den Spenden kam auch vom Kaiser ein Brief, der an die Adresse des Königs lief. Dem Gesandten ward vorne ein Sitz angewiesen; man verlas den Brief und er horchte auf diesen. Viele Wärme der Botschaft wurde gewandt 2405 auf die Dinge, die man ihm zugesandt: »Wir schicken dir mehr noch als dieses da, denn nur der Tribut ist es vorläufig ja.« (Der Schah nahm es an als der Mühen Gewinn und sandte es zu der Schatzkammer hin.) Vom Thron weg bestieg dann der Schah das Pferd und begab sich zum heiligen Feuerherd. Den Gebetsort sah er von ferneher: da sah man vor Tränen sein Antlitz nicht mehr. Er ergriff, indem er vom Rosse stieg, 2410 seinen Stab und murmelte betend und schwieg. Vor den Feuerherd führte ihn betend der Gang und er sagte dem Schöpfer der Welt seinen Dank.
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Was an Gold er bei sich trug und Edelgestein händigt voll er dem Schatzwart des Feuers ein, auch liess er’s an Gold und an Silber nicht fehlen für die Mȏbads, an Stoffen und an Juwelen. Alle Mȏbads wurden durch ihn reich und mächtig und kamen zum Feuer gebeteträchtig; mit Gemurmel brachten sie Huldigung dar dem Gerechtigkeit übenden Schahrǝjâr. Der begab sich von dort nach Ṭîsǝfûn; vom Heer ward der Boden zum Berg Bîsutûn. Wohin der Gerechte auch kam voll Erbarmen, beschenkte mit Silber und Gold er die Armen, von den Werten, die er verstreut’, ward das Land mit Schätzen und Dirhams gefüllt bis zum Rand. Dann zog nach Madâ’in er. An diesem Platz war nämlich der Schlüssel zu seinem Schatz. Mit vierzig Meistern die Götzin von Čîn beordert’ von Mihrân Sitâd er dorthin.
Die Menschen finden Ruhe durch die Gesetze Nȏšînrawâns
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Als Kasrâ so kam zu dem Throne zurück, im Triumph und als sein Genosse das Glück, ward die Welt ein von Schätzen gefüllt’ Paradies; seine Güte und Rechtlichkeit bewirkten dies. Von jeglichem Angriff ruhten die Fürsten und von Unrecht nach Blutvergiessen zu dürsten. Die Welt wurde neu durch göttliche Macht, beide Hände des Bösen in Fesseln gebracht. Überfälle und Plündrung waren unbekannt, und es streckte niemand zum Bösen die Hand. Alle ziehen, da des Schahs Befehle sie riefen, nun den richtigen Weg statt des dunklen und schiefen. Schüttet wer auf den Weg einen Dirhamhaufen, vor dem Geld war der Dieb wohl davongelaufen. Bei Dinaren und Seiden weit und breit,
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am helleuchtenden Tag und zur Schlafenszeit, wagte, weil vor dem Schah, dem gerechten, ihn graute, kein Feind, dass in ihre Richtung er schaute. Die Welt wurde zum paradiesischen Bild; mit Schätzen gefüllt waren Tal und Gefild. Ein Dekret erging an alle Vasallen, an die Vornehmen in den Landschaften allen, an die Kaufmannschaft und aus Čîn an die Türken, an Saqlâb und was es sonst gab an Bezirken: »Vom Moschus, činesischem Seidengespind, byzantinischem Schmuck und Parfüm aus Hind muss Îrân ein seliges Eden erscheinen, da es Ambra zu Staub hat und Gold hat zu Steinen. Die Menschen wenden sich Îrân zu, von Schmerz und Gelärme haben sie Ruh; Rosenwasser tröpfelt vom Himmel statt Taus; mit Krankheit und Ärzten ist es jetzt aus. Zur Tauzeit fliesst auf die Blüten ein Schauer, der Regen stimmt keineswegs traurig den Bauer, Tal und Feld sind da eher, Gemächer und Blühn; die Welt wurde voll von Vieh und von Grün, die Bäche wurden wie Ströme so stark und wie die Plejaden die Rosen im Park.« In Îrân wurden die Sprachen gelehrt, durch Wissenschaft wurden die Geister geklärt. In der Kaufmannschaft eines jeglichen Lands, in Hind und in Čîn, der Türkei und Byzanz begannen den Führer zu loben sie; durch das Gras bekam Wachstum das vierfüss’ge Vieh. Wer immer sich wissenschaftlich bestrebte, als Dichter am Hofe des Königs lebte, Mȏbad, Weiser und Held fanden Anwert und Gnaden; es bebten die Feinde aus Furcht vor Schaden. Als die Sonne der Welt neue Zierde schuf, erhob sich vom Hofe des Königs ein Ruf: »Oh ihr Untertanen des Königs der Welt!
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Dass keiner, dem’s schlecht geht, verborgen es hält. Dem, der im Berufe sich abgeplagt, ist nach Mass seiner Mühe Lohn zugesagt; macht nur, dass zum Kämm’rer die Meldung gelangt, dass ihr von uns die Entlohnung verlangt. Und kommt ein Gläubiger zu uns her, der Dirhams begehrt vom Bankrotteur, so braucht er nicht leerer Hand abzuziehn, denn der Schatzwart bezahlt aus dem Schatze ihn. Wer das Weib eines andern ins Auge fasst und sein Gegner erscheint im Königspalast, dem wird nur Verlies und der Galgen zuteil, Ketten im Verlies und am Galgen der Pfeil. Trifft man irgendwo freiweidend ein Pferd, worüber bei Hof sich der Dorfvogt beschwert, so vergiesst man sein Blut auf dem Feld mit der Saat und das Fleisch bekommt der, der den Schaden hat. Der Reiter geht nun zu Fuss ohne Pferd und pilgert zur Busse zum Feuerherd, man streicht in der Musterungsrolle ihn aus und man vernichtet ihm Halle und Haus. Seine Schuld mag grösser, mag minder sein: wer vorne war, kommt jetzt hinterdrein. Der König kann sowas nicht zugestehn, nur Rechtliche will er am Hofe sehn. Wem immer unser Vorgang nicht passt, der halte sich ferne von unserm Palast.«
Bûzurǧmihr erteilt Nȏšînrawân Ratschläge Eines Tags sass der Weltenherr froh und gewährte Audienz für Grosse und für Gelehrte. Es führte das Wort da, lächelnd und sicher, auf dem Thronsessel sitzend Bûzurǧǝmihr. Er huldigte erstlich dem Schahrǝjâr, dessen Herz wie im seligen Frühling war; er sprach: »Oh du jugendlich blühender Richter,
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bei dir findet nichts ein auf Makel Erpichter! Du Weltenherr, dem der Sieg sich neigt, der Wissen und festen Charakter zeigt! Manche Pahlawî-Sprüche, geschrieben von mir in ein Buch und auf königliches Papier, übergab ich dem Schatzwart, damit es der Schah bei Gelegenheit vielleicht lese hernach. Dies verstockte Gewölbe, das ward mir klar, verrät sein Geheimnis wohl nimmerdar. Will ein Mann vom Throne des Fests sich erheben, legt in eigene Hand er im Kampfe das Leben, macht das Land er von allen Feinden frei, wird gefeit er vom Drucke der Teufelei, kann er als Herrscher die Welt überwinden und weiss er für alles die Worte zu finden, machen Taten ihn weithin mächtig und gross, schafft er Rosenhain, Garten und Platz und Schloss, bringt er Kinder zusammen und Schätze zuhauf zählt er Tag für Tag seine Wünsche auf, führt er Meer und Schätze weiter hinaus, schmückt Palast und Hallen er herrlich aus, und sieht einen Armen in Nöten er, bringt er Schätze hinzu von überall her, und häuft er auch Dirhams an und Dinare: übersteigt sein Dasein doch nicht hundert Jahre, er wird Staub und sein Mühen bleibt früchtelos; den Feinden fällt sein Schatz in den Schoss, weder Kinder noch Krone noch Thron hat er mehr noch Königspalast noch Schätze noch Heer, und wenn sich legt seines Windes Wehen, wird von keinem mehr seiner Erwähnung geschehen; wenn darüber geraume Zeit vergeht, ist’s nur noch der gute Ruf, der besteht. Zwei Dinge sind ewig im Weltentreiben, während alle anderen niemandem bleiben: gescheite Rede und Taten der Güte –
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die altern in Ewigkeit nicht, Gott behüte. Weder Sonne noch Sturm oder Staub oder Flut vernichten so Wort und Ruf, wenn sie gut. In dieser Art dreht sich der Lauf der Welt; Heil dem Mann, der sich scheut und der Sünde enthält! Vermeide die Schuld, Fürst, soweit es nur geht, da aus Schuld dem Geiste Beschämung entsteht. Trachte andern zu nützen und sie zu verschonen; dies ist Sinn und Sitte der Religionen. Viele Worte von mir werden aufbehalten und ich glaube nicht, dass sie jemals veralten.« Dem König erschloss er das Herz, das helle, dieser wollte, dass mancherlei Fragen er stelle; so sprach er zu ihm: »Wen nennst glücklich du? Wer lebt ohne Seufzen in Frohsinn und Ruh?« Er gab den Bescheid: »Wer sündlos blieb, den Ahrîman vom rechten Wege nicht trieb.« Er fragt über den Weg, der dem Dȇw gefällt, und den Trug und den Weg des Gebieters der Welt. Er sprach: »Gottes Gebot ist höchstes Gut, da die Macht beider Welten in seiner Hand ruht. Ahrîmans Weg macht zum Übeltäter, denn Ahrîman ist Feind der Gottesanbeter. Glücklich ist der Mann von Hochstrebigkeit, dem Scheu und Reinheit dienen zum Kleid; wenn die Seele den Körper streng überwacht, wird sein ganzes Leben ruhig verbracht; es bleiben ihm immer Geradsinn und Fug, er klopft an das Tor nicht von Täuschung und Trug. Was auch immer des Körpers Los sein mag, sein Geist ist nach dem Tod hell wie der Tag, keins von beiden Dingen gerät ihm zum Leide; ein Teil ist das Schwert und der andre die Scheide. (Wer seiner Vernunft weiss Herrscher zu bleiben, wird den Geist nicht den Weg der Begierden treiben.) Hör einen betrüg’rischen Menschen nicht an,
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der auch helle Seelen schädigen kann. Wer bekennend nicht kommt in die andere Welt, 2500 wird auch dorten noch von Schmerzen gequält. Von hier musst du weg; halte den für gemein, der vorm reinen Gott ohne Angst will sein. Weh kommt ihm; ein Teil seines Leibes verlässt seinen Leib und der Mund schliesst vor Wünschen sich fest. Jener Teil seiner Seele, der Wissen war, weiss nichts mehr und nimmt keines Wissens mehr wahr.« Da fragte ihn Kasrâ: »Wer ist von den Niedern an Wert wohl den Höheren anzugliedern?« Er gab den Bescheid: »Wer der Wissendste ist 2505 und sich jede Gier zu bezwingen vermisst.« Der Schah sprach: »Wer ist’s, den man ›wissend‹ nennt, da der Mensch ja doch die Erkenntnis nicht kennt?« Er gab zur Antwort: »Der, dem nicht der Geist nach des Dȇws Gebot vom Weg Gottes entgleist, der nicht blindlings gehorcht irgendeinem Befehle, welcher Feind des Geistes ist und der der Seele. Mit der Löwen Gewalt gibt’s zehn Teufelsgestalten, die so Seele wie Denken unter sich halten.« »Wer sind die Zehn Dȇws?«, erging Kasrâs Frage, 2510 »derentwegen es not, dass den Geist man beklage?« Also gab er Antwort: »Die Gier und die Not sind zwei Dȇws, deren stolze Gewalt uns bedroht, dann Jähzorn, Ehrlosigkeit, Rachsucht und Neid, Heuchelei, Verleumdung und Ungläubigkeit, zehntens wer für Wohltaten Dank nicht kennt und Gott nicht über dem Firmament.« »Wer von den unseligen Teufelsgesellen ist an Kraft«, fragte er, »an die Spitze zu stellen?« Er gab Kasrâ zur Antwort: »Es scheint die Gier 2515 von all den Tyrannen der zäheste mir; nie sieht man bei ihr Befriedigung; sich zu mehren ist ständig sie auf dem Sprung. Die Not ist es, die mit Sorgen und Qualen
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alle Blinden auch sehn und die Wangenfahlen. Lässt du sie, oh Fürst, kommt der Dämon Neid, eine Krankheit, für die kein Arzt ist bereit; sieht man da einmal jemanden, dem nichts fehlt, so wird seine Seele von Schmerzen gequält. Dȇw Ehrlosigkeit lässt die Streitsucht nicht ruhn, stets schärft er die Krallen zu bösem Tun. Rachsucht ist ein Dȇw voll Zorn und Bewegung; er sieht nur auf die Menschen zur Zeit der Erregung; keine Gnade kennt, keine Liebe das Hirn dieses grausamen Dȇws mit gerunzelter Stirn. Die Verleumdung, ein Dȇw, der anderes nicht als Trug kennt und nie etwas Lichtvolles spricht. Dem Dämon der Falschheit und Heuchelei ist das Herz von jeglicher Gottesfurcht frei, er sät zwischen zweien den Hass und den Streit, zu zerbrechen bemüht Bund und Einigkeit. Dann ein Dȇw, der sich Dummheit und Undank nennt, unverständig ist und die Güte nicht kennt; Scheu und Einsicht sind diesem Dȇw nur gering und ihm Gut und Böse das nämliche Ding.« Nun befragte den Weisen die Majestät: »Wenn ein Dȇw mit dem Herzen auf Kriegsfuss steht, welches Mittel gab dann der Schöpfer dem Knecht, dass der Dȇw den kürzeren zieht im Gefecht?« Also gab er Antwort: »Die Hand der Vernunft reicht weiter als Treiben der Teufelszunft. Vernunft panzert ihn vor des Teufels Schwert, da sie Herz und Seele des Weisen verklärt. Vergangnes bewahrt die Vernunft im Gemüt, indem sie durch Wissen den Geist erzieht. Sie sei deiner Seele stets Führerin, denn weit ist der Weg, den du noch hast zu ziehn. Wenn Vernunft du als zweite Natur erlangst und entfällt so dem Herzen vor Dȇwen die Angst, wird die Welt dem herrlich, der Güte erkor,
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er dreht sich dann nicht um der Leidenschaft Tor. Die Worte der Hoffnung sage ich jetzt, die führend die Welt in Frohsinn versetzt. Der Verständige lässt die Hoffnung nie fahren, im Lebenslauf wird er nur Freude gewahren. Nie kommen ihm böse Ideen geflogen, er geht grad wie der Pfeil und nicht wie der Bogen. Ferner wer zufrieden ist, nach einem Schatz sich nicht reckt und nicht streckt zu Mühe und Hatz, sich nicht Sorgen macht und aufs Geld nicht so sieht, lebt behaglich allzeit mit frohem Gemüt. Ferner wer durchaus die Gottheit verehrt, nicht ob Müh und ob Gelds und weil jemand ihm wert sein Haupt ab vom Wege Gottes drängt und in wessen Charakter nichts Böses sich mengt; Enthaltsamkeit ist dem auch noch gesellt, so verkauft er nicht Gottes Gebote um Geld.« »Und wer kann«, so sprach der Schah zu dem Weisen, »zu den guten Dingen den Weg uns weisen?« Also gab er Antwort: »Der Weg des Verstands übersteigt zweifellos jede Wissenschaft ganz, zugleich eine gute Wesensart, durch die man stets guten Ruf bewahrt, und die haltbarste Art, die ich drunter erblicke, ist des Menschen Zufriedenheit mit dem Geschicke; und die zarteste mag die Hoffnung wohl sein und die beste, da er sich erholt von der Pein. Doch die Gier ist bemüht um die Charaktere als Genossin, nie satt, dass den Schatz sie verwehre.« Der Schah sprach: »Was von den Fähigkeiten kann an besten dem Strebenden Grösse bereiten?« (Also gab er Bescheid: »Wer vom Wege nicht irrt und samt seinem Leibe sündenlos wird, dem erfüllt sich auf Erden sein Ehrenbegehren, denn Begehren nach Ehren wird Ehren gebären.« Da sagte der glorreiche König: »Sprich,
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wen nehme darin zum Vorbilde ich?« Also gab er Bescheid: »Eine Stimme zart, deren Rede immer die Wärme bewahrt, Vernunft sucht zu mehren er und sonst nichts mehr, denn Vernunft überragt alle Tugenden sehr.« Hierauf fragte der König noch den Weisen: »Welch Verhalten ist wohl als das beste zu preisen?«) Also gab er Bescheid: »Wissen ist das Beste; der Vernünftige ist über Grossen der Grösste. Der Gelehrte trachtet nicht heftig nach Schätzen, es liegt fern ihm, sich Mühn deshalb auszusetzen.« Drauf fragte der Schah nach des Feindes Stärke und wie er Macht gewinne zum Werke. Also gab er Bescheid: »Das Tun des Bösen ist stets Feind von Geist und Vernunft gewesen.« »Was ist besser«, erging an den Weisen die Frage, »ist’s die Bildung oder Naturanlage?« »Gegenüber Anlage«, antwortet er, »bedeutet die Bildung entschieden ein Mehr. Durch Bildung wird Schmückung der Seele erreicht, von der Anlage her wird das Reden leicht. Natur ohne Zutun ist trauriger Schund, durch Bildung nur wird der Geist gesund.« Er fragte: »Wodurch wird die Seele geklärt? Weshalb werden Künste des Leibes geehrt?« »Das will ich dir Punkt für Punkt jetzt erklären, nur musst du mit Aufmerksamkeit auf mich hören. Vernunft ist wie göttliches Ehrenpräsent, von Sorge und Bösem ganz weit getrennt. Beim Talentvollen, der vor sich selbst sich verrennt in Bewunderung, schätzt man nicht das Talent. Auch ein Ackerbauer, ist brav er und bieder, scheint dem Auge des Klugen nicht zu nieder. Wenn Freigebigkeit, Wissen und Regel und Recht der Tüchtige vereinigt mit edlem Geschlecht: keine Grösse und Macht und Wahrheitsliebe,
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die von schlechter Natur ungeschmälert bliebe.« Schah Kasrâ befragte ihn daraufhin: (»Oh du glorreicher Mann mit dem Forschersinn), ist Grösse der Müh oder Glückes Lohn, dass dem Weltenherrn zufallen Krone und Thron?« Also gab er Bescheid: »Menschentun und Glück sind einander verbunden zu einem Stück; sowie Leib und Seele sich Freund und Genossen, 2575 nur der Leib aussen sichtbar, die Seele verschlossen. So bildet dem Manne den Körper das Streben, doch muss ihn wach Glück durch Bewegung beleben. Durch Streben allein wird nichts Grosses erzeugt, so nicht gutes Glück ihm die Wege zeigt. Die Welt ist ja doch nur ein Märchen, ein Nichts, die Erinn’rung ist sie eines Traumgesichts; der Mensch weiss nicht mehr, ist er erst erwacht, ob es ihm Gutes, ob Schmerzen gebracht.« Eine weitere Frage zog er ans Licht: 2580 »Wer ist’s, von dem lobend der Weise spricht?« Also gab er Bescheid: »Ein König, der schmückt seinen Thron und den Machtfindung beglückt: wenn gerecht er mit gutem Rufe waltet, werden Worte und Taten nach Wunsch gestaltet.« Er fragte: »Wer ist auf der Welt tief betrübt, stets im Unglück, indem keinen Nutzen er gibt?« Er gab Antwort: »Wer arm und schlecht überdies; er erreicht keinen Wunsch noch das Paradies.« Er stellte die Frage: »Weisst du wohl einen, 2585 so elend, dass er vor Schmerz stets muss weinen?« Er antwortete: »Einen Gelehrten, der hat das Gesicht ganz fahl wegen böser Tat.« Er fragte: »Wer ist so zufriedengestellt, dass nach mehr er nicht trachtet von Gütern der Welt?« Er gab den Bescheid: »Der verlor die Liebe zu diesem sich drehenden Himmelsgetriebe.« Er fragte: »Wer ist uns der Ziemlichste?«
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Er sprach: »Der durch Milde Rühmlichste.« Er fragte darauf: »Wer ist milde zu nennen? Über heftige Leute muss man ja flennen.« Er gab den Bescheid: »Wer vor dem Gered’ der Verleumder den Kopf stets zur Seite dreht; denn bei dem Mann ist Scham und Milde gewahrt, Vernunft auch und Einsicht und Lebensart.« Drauf fragte der König den Philosophen: »Von welchen Leuten ist viel zu erhoffen?« Er sprach: »Wer am strebsamsten ist geboren und der Wissenschaft zuhorcht mit beiden Ohren.« Der Fürst wollte hören aus seinem Munde von Gut und Schlecht die geheime Kunde, doch er gab den Bescheid: »Derartige Lehren sind oft krauses Gelüg von Gehirnen von leeren; vielleicht dass ihr Reden der Erde entspricht; wie es aber im Jenseits ist, weiss ich nicht.« Kasrâ sprach: »Wo ist die blühende Stadt, an der unsereiner auch Anteil hat?« Er gab Kasrâ die Antwort: »Blühend sofern sie das Rechttun erhält des Weltenherrn.« Er fragte: »Wer ist am Geist lebendigsten und am meisten genehm dem Verständigsten? Wer kann auf der Welt, sag mir dies, durch die Lehren der Wissenschaften die Ehre mehren?« Er gab den Bescheid: »Ein Gelehrter, ein alter, ein Erprober und ein Im-Gedächtnis-Behalter.« Er fragte: »Wer ist’s, der Frohsinn hat und durch Freudigkeit den Rücken gerad’?« Er gab ihm zur Antwort: »Wer geschützt vor Furcht ist und Gold und Silber besitzt.« Er fragte sodann: »Was bringt uns Lob und wer gefällt einem jeden darob?« Er gab den Bescheid: »Wer die Not verkleidet und dass er ehrlos und gierig beneidet, auch Rachsucht und Neid weiss gut zu verstecken,
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der wird den Beifall der Welt erwecken.« Der Schah fragte, was er vom Geduldigen glaubte, der eine Geduldkrone trag auf dem Haupte. Er gab den Bescheid: »Wem die Hoffnung vergangen auf Glück und dem sonnengleich trotzdem die Wangen, ferner der, dessen Tage zum Ende kommen 2610 und der ein grosses Werk unternommen.« Er sprach: »In wes Herzen ist soviel Gram, dass ihm Sorge die Lust am Leben benahm?« Er gab den Bescheid: »Wer da stürzte vom Thron ohne jede Hoffnung auf Restauration.« Darauf fragte der hohe Schah: »Wessen Herz ist unter uns wohl erfüllt von Schmerz?« Er gab den Bescheid: »Wer ein Dummkopf ist, ein Mächtiger, der einen Sohn vermisst.« Dann fragte der Schah, wer grambeschwert 2615 in Sorgen sitze ganz unversehrt. Er sprach: »Der gelehrt und reingesinnt, über den ein Tor die Herrschaft gewinnt.« Er sprach: »Wer ist vollkommen hoffnungslos, und wär sein Vermögen auch noch so gross?« Er gab den Bescheid: »Wer herabgestürzt ward von hohem Amt und bleibt traurig und hart.« Dann fragte ihn Schah Nȏšînrawan: »Mit dem jungen Glück, du hellgeistiger Mann, weisst du einen, der Namen und Schmuck entbehrt 2620 und der Liebe wär und des Mitleids wert?« »Einen Mann mit viel Fehlern«, sprach er zum Schah, »einen Sünder, der arm ist und hilflos und schwach.« Er fragte und sprach: »Nun sag mir getreu, wem ob des Vergangenen komme die Reu?« Er gab den Bescheid: »Diesen düstern Helm mag der Herrscher aufsetzen am Todestag; er wird reuig und seinem Herzen bangt, er habe Gott nicht genug gedankt. Ferner auch, dass vieles, was er gespendet, 2625
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er Undankbaren um sich zugewendet.« Drauf fragt er: »Oh du, der verständig lebt und die Tugenden ineinander webt, wodurch bleibt der Leib immer unversehrt und dem Herzen eines jeglichen wert?« »Ein gesundes Herz sucht allezeit«, sprach er, »nichts andres als Freudigkeit. Auf Gesundheit ist auch der Wunsch gestellt, wenn vor Schmerz es einmal in Schwäche verfällt.« »Was ist mächtigster Wunsch, das sage mir an,« so sprach er, »du Gutes liebender Mann?« Er sprach: »Bei dem Mann von Erhabenheit geht jeder Wunsch nach Bedarfslosigkeit. Ist Bedarfslosigkeit mit Gesundheit gegeben, braucht das Herz nur was ihm beliebt zu erstreben.« Darauf sprach er also zum Manne der Lehren: »Welche Sorgen müssen im Herzen sich mehren?« Er gab den Bescheid: »Da gibt es drei Fälle; drin sind einig Forscher und Geisteshelle: erste Sorge, dass ihm ein Unglückstag vielleicht ohne Schuld übern Leib kommen mag; zweitens Angst, was ein falscher Freund einem tut, der das Leben mit Hirn will und Haut und Blut; drittens ein ungerechter König, der keinen Unterschied kennt zwischen Faulpelz und Reinen. Wenn das Schicksal aber es gut mit dir meint und belehrend wirkt ein verständiger Freund, wenn die Welt voller Glanz und gerecht der Fürst – glaub nicht, dass was Bessres du finden wirst.« Er befragte ihn auch über Glauben und Fug und wie fern er sich halte Böses und Trug. »Oh Schah«, sprach er, »wende dich zum Religiösen; von ihm lässt das Denken an Gott sich nicht lösen; denn vom Trug und dem Wege des Dȇws ist man fern und man fürchtet allzeit des Weltalls Herrn. Beide Ohren soll Gottes Geboten man leih’n
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und keinem soll feil sein Glaube sein.« Über den König befragte den Weisen hernach, der über die Reinen gebietet, der Schah, wer von diesen sei vom Siege verklärt 2645 und auf Erden des Thrones würdig und wert. Also gab er Bescheid: »Wer Gerechtigkeit schafft, verständig, voll Einsicht und tugendhaft.« Er befragte ihn über die Freunde, die alten, die benachbart die gleichen Gedanken entfalten. Darauf gab er zur Antwort: »Vom Freunde kann Edelmut und Billigkeit hoffen man. Er wird dritten zulieb’ dir zu schaden sich scheuen und im Unglück dir helfen und dich betreuen.« Kasrâ sprach: »Wem mögen wohl viel Freunde sein, 2650 dass Blut und Haut ihnen allen gemein?« Er sprach drauf: »Von guten Herzen will nicht sich trennen, wer selber nicht Herzen zerbricht; ferner jene, die allerzärtlichst umzirken, die am redlichsten handeln, am eifrigsten wirken.« »Wer ist’s, dem am meisten Feinde sind und diese am feindlichsten ihm gesinnt?« Er gab den Bescheid: »Wer hochmütig protzt, sodass er von Vorwurf und Tadel strotzt; ferner jener, des Rede hart erschallt, 2655 der die Wangen runzelt, die Fäuste ballt.« Er sprach: »Wen wird ewig die Freundschaft vereinen und wen wird man aus Schmerz über Trennung beweinen?« Er gab ihm zur Antwort: »Des Freundes Herz, der nicht schwach wird, nicht brennend noch Angst hat vor Schmerz.« Er fragte: »Was bleibt bei ihm ewiglich, das nie und nimmer vermindert sich?« Er erwiderte drauf: »Es bleibt immer vereint die gute Tat mit dem guten Freund.« Und Kasrâ sprach: »Was mit hellstem Schein 2660 über allen Scheiteln scheint Krone zu sein?«
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Er sprach: »Dies lebt im gelehrten Mann, der die Macht über seine Begierden gewann.« Der Schah sprach zu ihm: »Oh du Herr der Liebe, was reicht weiter wohl als das Himmelsgetriebe?« Er sprach: »Ein König voll Freigebigkeit und ein Mann, der Gottesverehrung geweiht.« »Was ist so überklug«, fragt er sodann, »dass der Weise das Haupt drob erheben kann?« Drauf antwortete er: »Oh König und Held, 2665 gib nie einem unreinen Menschen ein Geld; denn lässt du mit Undankbaren dich ein, (wirfst du rohe Ziegel ins Wasser hinein.)« Er fragte sodann: »Welche Art von Pein mag die Gier nach Schätzen vermindernd sein?« Er antwortete drauf: »Oh Schahrǝjâr, stets sei dein Herz wie das junge Jahr! Der Diener des Schahs böser Art, gequält, verlangt schliesslich Leib nicht, noch Leben noch Geld.« Er fragte sodann: »Worin ist zu gewahren 2670 wohl das äusserste Mass des Wunderbaren?« Also sprach zum Könige Bûzurǧǝmihr: »Wie der Himmel verfährt, ist stets wunderbar sicher. Den einen siehst du, wie er mit Macht seine Tiare zur schwarzen Wolke gebracht; er scheidet nicht rechte von linker Hand, vom Los ist ihm Minder und Mehr nicht bekannt. (Der andre, wie der Himmel sich dreht,) sagt der Sterne Quali- und Quantität und der Himmel führt den in das Unglück hinein 2675 und sein Lebenslos ist nur Elend und Pein.« Er fragte: »Was ist ganz besonders schwer?« »Der Druck einer Sünde«, erwiderte er. Er sprach: »Das Schlechteste von allen Dingen, es sei nun durch Reden, es sei durch Vollbringen, was ist’s, das in Schimpf und Schande wen reisst, sodass jedermann ihn Bösewicht heisst?«
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Er gab also Bescheid: »Beim König das Geizen, das zur Wut einen schuldlosen Menschen Reizen; ein Reicher, der knausert bei der Verzehrung, dem die Kleidung leid tut und die Ernährung; die Weiber von schamloser frecher Art und deren Stimme beim Reden nicht zart; auch gute Leute, die jähzornig rasen, Habenichtse, bestrebt sich aufzublasen; Betrug ist stets farblos, hässlich, gemein, man mag kleiner Beamter, mag König sein.« »Welches Gut gibt es wohl«, sprach der Schehriar, »auf der Welt geheim oder offenbar, womit sich der Weise zu panzern vermag, das den Geist so leuchtend macht wie der Tag?« Er gab den Bescheid: »Wer erstrebt Religion, dem wird auf der Welt nichts als Beifall zum Lohn. Wer von Dankbarkeit gegen Gott entbrennt, ist ein Weiser, der das, was gut ist, kennt.« Kasrâ fragte: »Was ist am besten getan, ungetan was, beim Fürsten und kleinen Mann? Worin ist besser Befehlen und Lenken oder einem keine Beachtung Schenken? Wovor hält man besser die Hand zurück? Wo bringt rascher Zugriff besseres Glück?« »Vor Zorn sich bewahren«, gab er den Bescheid, »dass das Auge man schliesst vor Ruchlosigkeit; zweitens dass seinen Geist man stets wach erhält und wennmöglich auf schlechtes Tun nicht verfällt; der Hass gesenkt und die Hoffnung erhoben, dann leuchtet der Geist wie die Sonne droben. Im Sündenbegehn ist viel Lust zu finden; wirf hin diese Lust, halt fern dich von Sünden!« Mein Dank an dich, Herr der Welt, ist sehr gross, denn Schah und Bûzurǧǝmihr bin ich jetzt los! Aus ist die ans Herz dir gewachs’ne Geschichte. Jetzt ist’s Zeit, dass ich von dem Schach berichte.
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Der Raja von Hind spendet dem Nȏšînrawân ein Schach
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Ein Mȏbad sagt: Der Schah schmückt einmal mit Romäerbrokat seinen Königssaal; die Krone hängt auf er am Ebenholzthrone, das Holz schien ganz Elfenbein, das Elfenbein ganz Krone, alles Mondkreis, alles Königspalast, vor Gefolg sah keinen Palast man fast, denn das Schloss war voll Mȏbad- und Grenzwächterheer, 2700 aus Balch und aus Bâmî und überallher. Da gelangte die Nachricht zum Herren der Krone durch die Meldungen seiner wachsamen Spione, es kam der Gesandte des Königs von Hind mit Elefanten und Sonnenschirm, Reitern von Sind, an tausend Kamellasten führe er mit und es suche den Weg zum König sein Schritt. Sobald dies der wachsame König vernahm, entsandt’ er ein Heer, das entgegen ihm kam. Als gelangt nun zum hohen Schahrǝjâr, 2705 der Gesandte des Glorreich-Gewaltigen war, da sang er sein Lob nach der Grossen Sitte, an den Weltschöpfer richtet Dank er und Bitte. Er spendet ihm Juwelen in Menge, Elefanten, Sonnenschirm, Ohrgehänge; den indischen Sonnenschirm goldgeziert, mit Juwelen aller Art inkrustiert. Er erschloss seine Fracht im Empfangsgemach und legte das Ganze vor dem Schah. Viel des Silbers gab’s in der Fracht und des Golds 2710 sowie Moschus und Ambra, frisch Aloeholz, Diamanten, Rubine und Schwerter mit Scheide, alle indischen Schwerter blitzten wie Seide; von den Werken, erzeugt in Qannûǧ und in Mâj, nahm er vielerlei und bracht’ es herbei.
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Das legten sie alles hin vor dem Throne; dann besah es der siegreiche Träger der Krone, und woran der Raja die Mühe verwandt wurde in die Schatzkammer alles gesandt. Auf Seide getuscht einen Brief bracht’ er dann, 2715 »vom Raja von Hind an Nȏšînrawân«, und ein Schachbrett, verfertigt mit Mühen, mit schweren, um dem Schachspiel zu Ehren des Schahs Schatz zu leeren. Also brachte die Botschaft vom Raja der Inder: »Sei, solang die Welt steht, ein Am-Platz-dich-Befinder! Befiehl jedem, der um des Wissens Schätze sich bemüht, dass das Schachbrett er vor sich setze, um mit Rat und Einsicht darnach zu ringen, dieses herrliche Spiel zustandezubringen; der Figuren Namen müssen sie wissen, 2720 ihren Platz und die Art, wie sie ziehen müssen, wie die Bauern und Läufer und Truppen ziehn und der Turm, Rössel (Springer), König und Königin. Gelingt’s, dieses Spiel herauszukriegen und den andern Gelehrten drin zu obsiegen, dann werden wir gütlich Tribut und Spenden, wie der Schah sie befahl, jenem Hofe senden. Doch erleidet in dieser Wissenschaftsfrage der Adel Îrâns eine Niederlage, weil gewachsen nicht unserer Wissenschaft, 2725 tritt Tributverpflichtung für uns ausser Kraft; vielmehr entrichtest dann du uns Tribut, denn Wissen ist mehr als gepriesenes Gut.« Kasrâ lieh dem Redenden Herz und Ohr; der Redende trug ja die Sache ihm vor. Vor den König setzte man hin das Spiel; die Figuren besah er genau und viel: Elfenbeinfiguren, zierlich adrett, und Ebenholzschwarze wies auf das Brett. Der glorreiche Fürst wollte Auskunft erhalten 2730 übers schöne Brett und der Steine Gestalten;
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er bekam den Bescheid: »Oh König voll Macht, alle Regeln und Züge entsprechen der Schlacht; du findest, weisst du erst, wie das Schach man spielt, Ordnung, Plan und Weg wie im Schlachtgefild.« Da sprach er: »Ich will sieben Tage Zeit; wir spielen am achten mit Heiterkeit.« Man rüstete zu einen Saal voll Pracht; der Gesandte wurde dort untergebracht. Die Edeln und Mȏbads im Ratsherrenamt erschienen vorm König nun allesamt; und wie sie dann vor dem Schachbrett sassen, da grübelten alle über die Massen, sie forschten und mühten sich nach allen Seiten, es spielte der eine stets mit dem zweiten. Da fragte stets einer und hörte einer, doch die Regel des Schachspiels erkundete keiner. Und sie gingen, die Stirnen noch runzeliger. Da kam zum König Bûzurǧǝmihr; er sah ihn voll Heftigkeit drob und Verdruss; schlecht begann diese Müh, doch er sah ihren Schluss. Also sprach er zu Kasrâ: »Oh unser Gebieter, oh wachsam herrschender Weltbehüter! Dieses herrliche Spiel bringe ich noch zustand und als Führer diene mir der Verstand,« »Deine Aufgabe ist’s«, gab der Schah drauf kund, »bleibe geistesfrisch sowie kerngesund! Sonst sagte der Raja von Qannûǧ, es habe keinen Mann der König mit Forschergabe; da wär hässlich blamiert jeder Philosoph und Mȏbad und Thron und der ganze Hof.« Und Bûzurǧǝmihr enttrug das Schach, gedankenvoll sass er und grübelte nach; er probiert links und rechts so Zug auf Zug, bis sich alles befand wo es stand mit Fug. Einen Tag, eine Nacht – und das Spiel war entdeckt
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und er eilte vom Saal zum König direkt und er sprach zu ihm: »Oh Schah voller Ruhm, durch Brett- und Figurenstudium ist das Spiel jetzt schön an das Licht gelangt, was dem Glück man des Weltenherren verdankt. Jetzt ruf nur vor des Raja Gesandten und die diesem Spiel Interesse zuwandten; der Grosskönig soll es als erster sehn; ein richtiges Schlachtfeld ist’s, wirst du gestehn.« Den Schah erfreute sehr, was er sprach, und »Glückspilz« und »Glückskind« rief er ihm nach. Er befahl, dass die Mȏbads vor ihn träten mit den Edelleuten und weisen Räten; den Gesandten des Raja hiess auch er nah’n und wies einen Vorrangssitz ihm an. Bûzurǧǝmihr sagte zu ihm: »Hochgeehrter, des sonnengesichtigen Raja Gelehrter! Was trug auf übers Spiel dir dein Schahrǝjâr? Vernunft sei dir gesellt immerdar!« Also gab er zur Antwort: »Der Raja sprach, der glückhafte, als ich auf von ihm brach: ›Elfenbein- und Schwarzholzfiguren trag ohne Verweilen hin zu des Königs Throne und sprich: ‹Leg dies vor deinen weisen Räten und lass sie zur Sitzung zusammentreten. (Sollt es ihnen genehm und erwünscht gelingen,) dieses herrliche Spiel zustandezubringen, wird Tribut und Zoll und Sklaven und Geld an euch überschickt, was das Zeug nur hält. Wert wird einem König durch Wissenschaft, nicht durch Schätze und Mannen und Thron verschafft. Doch wenn König und Weise dies nicht bemeistern, wenn es unter euch mangelt an hellen Geistern, ist’s umsonst, wenn nach Geld und Tribut ihr noch fragt; der Gelehrte hat leider umsonst sich geplagt.›‹
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Erkennt unsern Mut er und scharfen Verstand, sendet er weit mehr noch in unser Land.« Zu dem Throne des glückhaften Schahs hernach brachte und legte Figuren und Brett er vom Schach, und zu Mȏbads und Edlen in folgender Weise sprach er: »Reingesinnte, Edle und Weise! Ihr leiht das Ohr seinen Worten gern und des Rajas, seines verständigen Herrn.« Der Gelehrte ordnet zum Kampfe ein Feld: in das Zentrum wurde der König gestellt und links und rechts wurden Truppen gereiht, vorn das Fussvolk in Kampfesfreudigkeit; der kluge Wesir aber stand daneben, im Kampfe den richtigen Weg anzugeben. Beidseitig gerüstet zwei Kriegselefanten, die dem Kampf allesamt das Gesicht zuwandten; die Streitrosse standen weiter hinauf; zwei Reingesinnte sassen darauf; schliesslich standen die Türme sich gegenüber, links und rechts, als Gegner, voll Kampflustfieber. Bûzurǧǝmihr setzte das Heer in Bewegung alle fasste da staunende Erregung. Der Gesandte von Hind war ganz voller Gram, der ihn ob des glückhaften Manns überkam; er bewunderte diesen Zauberhaften und Sorge blieb ihm im Herzen haften: »Er hat doch ein Schachbrett noch niemals gesichtet, kein kundiger Inder hat ihn unterrichtet! (Auch ich sprach mit ihm nicht von Schachfiguren, noch auch dass andeutend mir Worte entfuhren.) Wie geschah’s, dass so klug er zurecht sich fand? Kein Mensch auf der Welt kommt zu solchem Stand.« Der Schah war Bûzurǧǝmihr jetzt so geneigt, als hätt ihm das Glück das Antlitz gezeigt. 2773 Kriegselefanten: Läufer 2774 Streitrosse: Rössel (Springer)
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(Er war froh über ihn und erwies sich ihm hold und beschickte den würdigsten Ehrensold.) Einen Becher liess kommen der Schahrǝjâr, der mit kostbaren Steinen angefüllt war, und ein Beutel mit Gold, ein gesatteltes Pferd wurden mit vielen Lobsprüchen ihm beschert.
Bûzurǧmihr verfertigt das Nardspiel und Nȏšînrawân sendet ihn nach Hind
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Der Gelehrte ging in seine Ausruhstätte und griff dort zum Zirkel und zu einem Brette. (Er versank in sich selbst und er dachte und dachte, bis ein Wald von Gedanken sein Herz überdachte; er bemühte sich, neue Ideen zu gewinnen und ein neues herrliches Spiel zu ersinnen, dass drob erstaunten alle Gelehrten und jedes Masses dafür entbehrten). Des finstersten Ortes hatte er acht, weil ein solcher das Denken noch schärfer macht. Dem Schachspiel und den Ideen der Inder spürte er nach und strengte sich an als Erfinder. Indem helles Gemüt und Verstand er paart, erfand er mit List und Denken das Nard. Zwei Steine bestellt er aus Elfenbein, schwarzfärb’ge Figuren setzt er darein. Schachspielähnlich stellt er ein Schlachtfeld bereit, in Kampfordnung standen sie zweigereiht. Er verteilt zwei Armeen auf der Felder acht, Stadteroberer alle, begierig nach Schlacht, der Boden dunkel, das Lager quadratisch, zwei Könige mächtig und gütig-sympathisch; es hielten dieselbe Gangart die beiden, ohne von einander Gewalt zu erleiden; sie befahlen den Truppen auf beiden Seiten, den mit Eifer gerüsteten, kampfbereiten; allüberall tummelt sich vorne das Heer;
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beide Könige schritten im Schlachtfeld einher. Es überholt der jenen und jener diesen, 2800 bald ist’s Kampf im Gebirg, bald Kampf auf den Wiesen. Greifen einen Mann zwei Personen an, so wird überwältigt der einzelne Mann, und derart, bis sie Niederlage erleiden, sind zusammen im Kampf die Heere die beiden. Er erfand das Spiel in besagter Art, dann ging er zum Schah und erzählt’ ihm vom Nard, von der Könige Kraft und der Heere Stritt; dies zeigt er und teilt er dem Könige mit. Des Königs Gemüt kam dadurch ins Schwanken 2805 und den Geist besiedelte er mit Gedanken. Die Züge des Königs, des hochgesinnten, musste er bald löblich, bald tadelnswert finden. Der sprach: »Oh du Mann mit dem Geistesschwung, bleibe jung und es bleibe dein Glück auch jung!« Zweitausend Kameltreiber mussten Kamele zum Könige bringen nach seinem Befehle; vom Tribut, der aus Byzanz und aus Čîn, aus Haitâl und Mukrân und Îrân zu ziehn, von des Königs Schätzen entnahm man die Bürde; 2810 der Kamelzug entsprach eines Königs Würde. Die Kamele standen bepackt und bereit, von der Sorge darum war der König befreit. Den Gesandten des Raja liess zu sich er kommen und sagte ihm viel von der Wissenschaft Frommen. An den Raja schrieb er einen Brief sohin voll Wissen und Freude, Verstand und Sinn. Mit dem Lobpreis des Höchsten begann der Brief: unsre Zuflucht sei Gott vor dem grausamen Dȇw. Dann hiess es: »Oh edler König von Hind, 2815 von dem Strome Qannûǧ bis vor das Land Sind! Wir erhielten Besuch deines Abgesandten mit Leuten und Sonnenschirm und Elefanten, mit Tribut und mit Schachspiel und wir vernahmen
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den Willen des Raja, dem nach wir gleich kamen. Wir baten den Weisen, uns Zeit zu befristen, und begannen den Geist mit Wissen zu rüsten. Viele Räte und Mȏbads von gutem Verstande forschten eifrig und brachten das Spiel zustande. Nun kommt dieser Mann von verständigstem Sinn zu dem hohen Raja nach Qannûǧ hin. Zweitausend Kamele, mit Sachen befrachtet, die gefällig und aufhebenswert man erachtet, doch an Stelle des Schachs ist das Nard gesetzt; wer beginnt um das Spiel den Kampf wohl jetzt? Der reingesinnten Brahmanen gibt’s viele, die mit Wissenschaft beikommen dem Spiele. Was unserm Gesandten Mühe gemacht, das werde vom Raja zum Schatze verbracht. Doch falls Raja und Räten es nicht sollt’ gelingen trotz Bemühung das Spiel da zustandezubringen, dann muss sich der Raja von Qannûǧ verpflichten, Kamellasten gleicher Zahl zu entrichten; seine Fracht begleite dann unsere Fracht; unser Handelsgeschäft wird so abgemacht.« Bûzurǧǝmihr mit der Befrachtung verliess, als die Sonne sich leuchtend am Himmel wies, den König sowie mit Nardbrett und Brief, da sein Herz ihn zum Kampf um die Ehre rief. So kam er zum Raja denn hin aus Iran – sein Führer voll Freudigkeit war ein Brahman – und so nahte er schliesslich auch seinem Throne und erblickte sein Haupt und die glückhafte Krone. Auf Pahlawî rief er ihm Lobpreis zu und behändigte ihm den Brief des Chosrau; den Auftrag bestellt er, vom König empfangen; dem Raja erblühten wie Rosen die Wangen. Vom Schach und Tribut und vom Ungemach sprach er, ihm bereitet durch Müh mit dem Schach, von Spiel und Figuren, des Königs Plan
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und was die wegweisenden Mȏbads getan; er sagte, was er als Gelehrter gewahrt, und so brächte gleichwertig er jetzt das Nard und das, was im Briefe erwähnt war, desgleichen (verlas er: er möge vom rechten Weg nicht weichen.) Der Raja wurde ganz fahl im Gesichte, als vom Schach und vom Nard er vernahm die Geschichte.
Die indischen Gelehrten ergründen nicht den Sinn des Nardspiels Da kam ein namhafter Edelmann, dem Gesandten wies würdige Wohnung er an; ein prächtiger Saal wurde ausgeschmückt, um Wein, Lauten, Saitenspieler geschickt. Die Frist einer Woche war’s, was er begehrte; da kamen vom Lande alle Gelehrte, alle Wissensleuchten, schreibkundig, gelahrt; er hielt eine Sitzung ab, wies vor das Nard. Eine Woche lang prüften, die scharfsinnig waren, junge Edle sowohl wie auch Leute von Jahren, und durchforschten eifrig das Spiel des Nard mit Neid und mit Ehrgeiz und Zank aller Art. Und sie sagten dem Raja am achten Tage: »Dieses Spiel zu verstehn sind wir nicht in der Lage. Vielleicht werden Edle vom Geist überkommen, das Spiel der Figuren herausbekommen.« Ob der Mȏbads wurde der Raja verstimmt, griesgrämig der Geist, die Brau’n runzelumkrümmt. Am neunten Tag erschien Bûzurǧǝmihr, voll Erwartung das Herz, die Stirn noch runzeliger: »Er befahl, hier den Aufenthalt nicht zu verlängern; es geht nicht, das Herz des Schahs zu verengern.« Einig waren all die gelehrten Männer als ihrer Unwissenheit Bekenner. Bûzurǧmihr hört es und setzte sich nieder;
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alle Mȏbadgesichter klärten sich wieder. Er legte vor sie das Brett des Nard und erklärt der Figuren Bewegungsart; den Feldherrn und das kriegrische Heer, Kommando und Schlachtordnung zeigte er. Der Raja samt Räten war ganz betreten und die edle Versammlung vom Land und den Städten. Alle Vornehmen riefen ihm Beifall zu: »Oh du Mȏbad von reinem Glauben du!« Auf des Raja wissenschaftliche Fragen wusste Fach für Fach er Antwort zu sagen. Ein Ruf erscholl von den kundigen Männern, den Wissenschaftsforschern und Schriftenkennern: »Dieser Mann ist beredt und wirklich gelahrt nicht nur in den Spielen und Schach und Nard.« Gleich wurden zweitausend Kamele gebracht, der ganze Qannûǧtribut war ihre Fracht, Aloe und Ambra war auf den Kamelen, Kampfer, Stoffe, Perlen, Gold und Juwelen. Aus der Residenz mit Tribut eines Jahrs sandte er’s an den Hof des König nach Pârs. Einen Stirnreif bestellt aus dem Schatze zum Schluss der Fürst und Gewandung vom Kopf bis zum Fuss; dies gab er mit vielerlei Lob dem Gelehrten und beschenkte mit vielem Gut die Gefährten. Die zweitausend Kamele, die er gebracht, mit Tribut und Geschenk wurden ihm übermacht. Solche Karawane und Kostbarkeiten hatte nie man gesehn in den früheren Zeiten. So kam aus Qannûǧ Bûzurǧǝmihr; zum kreisenden Himmel auf richtet sich er, sehr froh mit dem Briefe des Königs von Hind in indischer Schrift auf Seidengespind: »Von Raja und Grossen werde bezeugt, nicht etwa von Furcht und von Schwäche gebeugt, dass noch keiner geschaut ward wie Nȏšînrawân,
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noch seiner von Weisen Erwähnung getan; und gelehrter ist niemand als sein Minister; 2870 sein Schatzwart – ein Himmel an Wissenschaft ist er. Einen Jahrstribut schicken voraus wir und mehr werden schicken wir noch, geht nach mehr dein Begehr. Nach dem übers Spiel geschloss’nen Vertrag senden wir an Gütern, was ziemlich sein mag.« Als der Schah die Nachricht bekam, der Weise komm erfolgreich und froh zurück von der Reise, erfreute die Kunde den Schahrǝjâr; er befahl, dass wer da nur namhaft war aus Stadt und Gefolg sich zusammen formierten, 2875 dass ihm zahllose Grosse entgegenmarschierten. So zog er hinein in die Stadt geehrt und durch den Sieg seines Königs wert. Als er in den Saal trat zum Königsthron, gab der König ihm Beifall mit lautem Ton; der Weltherr umarmt ihn in herzlicher Weise, über Raja ihn fragend und Mühsal der Reise. Es erzählte Bûzurǧǝmihr sein Geschick, von der Liebe des Himmels und wachem Glück; des glorreichen Raja Korrespondenz 2880 legte nieder vorm Throne er letzten Ends. Er befahl, dass der Schriftführer Jazdǝgird zum gebildeten König beschieden werd; als er den Brief des indischen Raja verlas, erstaunte die ganze Versammlung bass über Wissen und Klugheit des Bûzurǧǝmihr und das Glück des Herrschers – dem Sonnenschein glich er. »Gott sei bedankt«, sagte Kasrâ sodann, »wer verständig ist und ein frommer Mann, meinem Thron sind die Grossen zu dienen gewillt, 2885 Herz und Seele von Liebe zu mir erfüllt. Dem Gebieter des Weltalls sei Dank dargebracht, denn von ihm stammt der Sieg her und alle Macht! Am erstaunlichsten zeigt seine Macht sich sicher,
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da er soviel Wissen gab Bûzurǧǝmihr.« Nun sind wir mit dieser Geschichte zu End’ und gehen an die vom Schach und Ṭalchend.
Geschichte von Gau und Ṭalchand und der Erfindung des Schachspiels Anfang der Geschichte. So berichtet Šâhôj, der verständige Alte – was der alte Šâhôj erzählt, das behalte! –: In Hind lebte einmal ein stolzer Mann, dem gehörten Schatz, Heer und Ausrüstung an. Überall war berühmt er, sein Name Ǧamhôr, sein Mut war berühmter noch als der des Fôr. Er war Herrscher auch über die Leute von Hind, vernünftig, hellgeistig und frohgesinnt. Ihm gehörte Kašmîr bis zur Grenze von Čîn; die Granden priesen huldigend ihn. Die Welt beherrscht er mit Energie; seiner Herrschaft Sitz war in Sandalî; dort hatte er Schatz und Heer samt dem Throne, dort seine Kleinodien und auch die Krone. Ǧamhûr strebte tüchtig nach Wissenschaft, mit Gelahrtheit stolz und sehr ehrenhaft. Jeder Untertan war über ihn froh, die Städter und Hofleute ebenso. Eine Frau besass er, würdig und tüchtig, verständig, gebildet und tugendhaft-züchtig, einen Sohn auch, den sie eines Nachts gebar, der unterscheidbar vom Monde kaum war. Bei des neuen Weltenherrn erster Schau bestimmte der Vater als Name ihm Gau. Als nicht viel Zeit erst verstrichen war, erkrankte urplötzlich der Schahrǝjâr, er starb nach Verfügungen an seine Frau, die Welt voll Rechttuns übertrug er dem Gau; doch Gau war zu klein, die Regierung zu führen,
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für die Krone und nicht stark den Gürtel zu schnüren. Der Häupter Haupt war mit Staub bestreut, ihr Herz wegen Ǧamhûrs in Traurigkeit. Ob des Rechttuns, der Gastmähler und des Schenkens war die ganze Welt voll seines Angedenkens, und zusammen Bürger sowie Soldaten, Weib, Kind und Mann kamen, um zu beraten: »Kennt ein solches Kind denn das Heerwesen schon und das Recht und den Zorn und Krone und Thron? Das ganze Reich muss voll Schädigung sein, ist der König noch unerwachsen und klein.« Doch es lebte ein Bruder dem Schahrǝjâr, der klug und zum Throne geeignet war; sein Sitz war in Danbar, sein Name war Mâj, er hielt noch verehrend den Götzen die Treu. So wandten die Suchenden nach einem Schah von Sandal nach Danbar den Blick nach und nach. Die Grossen von Kašmîr zur Grenze von Čîn anerkannten huldigend als König ihn. Und der Stolze Mâj kam aus Danbar auch schon und setzte den Fuss auf der Könige Thron, die Krone Ǧamhûrs setzte er sich auf und begann mit Recht tun und Schenken den Lauf. Die Mutter des Gau nahm er zur Frau und erzog und hielt seinem Leben gleich Gau. Geschwängert von Mâj wurde da ihr Leib; einen Sohn gebar ihm das feenhafte Weib; der wurde Ṭalchand vom Herrscher genannt; von Liebe zum Sohn war sein Herz entbrannt. Zwei Jahr war das Kind alt und Gau sieben Jahr, der ein herzhafter Held, glanz- und kraftvoll war. Einge Zeit darauf wurde Mâj schwerkrank und das Herz seiner Gattin schmerzvoll und bang. Zwei Wochen vergingen, bis traurig er starb und die Welt, da er hinging, ein andrer erwarb. Gedrückt war in Tränen ganz Sandalî;
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aus Schmerz um den mutvollen Mâj brannten sie. Da sass einen Monat und trauerte man, sodann kam das Heer, als der nächste begann, alle Edlen und Helden des ganzen Lands, wer immer da Anteil besass des Verstands. Die Versammlung erörterte jederlei und so sprach der Weise zum Rate dabei: »Die Frau, die die Gattin des Ǧamhûr gewesen, hielt sich immerzu ferne von bösem Wesen; sie suchte Geradheit bei beiden Gatten und strebte nach Rechttun sonder Ermatten. Ihr Stamm ist geschaffen zu rechtem Tun sowie zur Geradheit und festem Beruhn. Am besten wird diese Frau Schahrǝjâr, Erinn’rung an das, was an Grossen einst war.« Da dies der Versammelten Beifall fand, wurde einer zur reinen Frau entsandt: »Den Thron der zwei Söhne nimm selber du ein! Denn dieses führt unbedingt zum Gedeihn. Wird dereinst regierungsfähig ein Sohn, übergib ihm mit Heer, Schatz und Grösse den Thron. Hernach sei du ihm Unterrichterin, Freundin und Wesir, Sorgenschlichterin.« Die glückhafte Frau wurde Leuchte der Krone nach ihren Reden und Zierde dem Throne; Enthaltsamkeit, Güte und Rechtlichkeit mehrt’ sie; ihr ganzes Reich voller Freude verehrt’ sie. (Zwei Mȏbads wählte sie reiner Sitten, die tugendhaft alle Welt schon durchschritten.) Ihnen übergab sie das Söhnepaar, das verständig wie fürstlicher Abkunft war. Sie lebte von beiden niemals geschieden, durch ihren Anblick froh und zufrieden. Sie lernten viel, gediehn körperlich prächtig und jeglicher Wissenschaft wurden sie mächtig. Von Zeit zu Zeit kam ein jeder allein
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zu ihrer rein-edlen Mutter hinein: »Wer ist von uns der Geziemendste wohl? 2940 Der Mutigste und zu Rühmendste wohl?« Beiden sagte die Mutter: »Der, mein Kind, bei dem ich am meisten Tugenden find, den zu Klugen, Enthaltsamen, Frommen man zählt, der sprachgewandt ist und ehrgeizbeseelt. Ihr braucht, da ihr beide Kön’gen entstammt, noch Mässigung, Scheu und Rechttun zum Amt.« Wenn einer allein bei der Mutter erschien, hörte also etwa sie reden ihn: »Wem gehört dieses Land von uns beiden, wem 2945 als Schah dieser Thron und das Diadem?« Dann sprach stets die Mutter: »Der Thron ist dein Eigen; Verständigkeit, Klugheit und Glück sind dir eigen.« Zu dem anderen Sohn sprach sie gleicher Art, bis die Rede schon ganz etwas Altes ward. So erfreute sie jeden mit Königtum und mit Schatz und Heer und mit Glück und Ruhm; sie reiften beide zur Mannheit heran; ein Irrlehrer wies einem jeden die Bahn. In Mühsale fielen sie beide durch Neid, 2950 wegen Krone und Schatz entbrannte ihr Streit; in zwei Hälften zerfielen Heer und Land; das Herz aller Guten ward furchtübermannt.
Wortstreit zwischen Gau und Ṭalchand wegen des Throns Von des Irrlehrers Worten in grosser Bewegung, kamen beide zur Mutter in lauter Erregung. »Wer ist würdiger«, sprachen sie, »von uns beiden? Wer kann Gut und Übel geduldiger leiden?« Die verständige Frau gab solchen Bescheid: »Mit einem Mȏbad, der ruhig-gescheit, müsst zusammen ihr sitzen vor allen Dingen, um mit Ruhe die Sache zum Austrag zu bringen;
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und hernach erwählte Grosse des Lands, wer immer Besitzer ist reifen Verstands, befragt mit dem Ratgeber Mann für Mann; in Geschäftssachen steht Übereilung schlecht an. Wessen Trachten auf Krone und Thron ist gestellt, braucht Verstand und Einsicht und Heer und Geld. Wenn ein Unrechtverüber die Herrschaft erhält, macht er voll Vernichtung und Trauer die Welt.« Zu der Mutter sprach der verständige Gau: »Weich nicht aus und beantwort’ die Frage genau! Vermag ich dem Land keinen Glanz zu verleihn, sag es offen heraus und lass Täuschung sein. Übergib dann dem Ṭalchand Krone und Thron, und ich steh unter ihm treu, voll Devotion. Doch geh ich an Verstand und an Jahren ihm vor, stamm ich aus der Lende des tapfern Ǧamhor, dann sag’s ihm, dass er nicht aus Unwissenheit um Krone und Thron beginn’ schwierigen Streit.« »Mit Mässigung nur«, sprach die Mutter zu ihm, »sollst du reden und lass jedes Ungestüm! Einem jeden, der auf dem Thron sitzt, gebührt, dass mit offenen Händen die Mitte er schnürt, er muss wahren die Seele vor Schlechtigkeiten, mit Bewusstsein die Strasse der Klugheit beschreiten in der Schlacht vor dem Feinde stets auf der Wacht sein und immer auf Ruhm und Schande bedacht sein. Über Recht und Unrecht von Land und Heer gibt dem Herrn des Weltalls Rechenschaft er. Erleidet vom Schah eine Mücke Gewalt, wird die Hölle sein trauriger Aufenthalt; die Welt übertrifft die Nacht an Schwärze und feiner sei als ein Haar das Herze. Wer vom Bösen Seele und Leib befreit, der weiss, dass Betrug keinen Wert verleiht. Wer sich auf dem Thron krönt mit Rechtlichkeit,
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bringt durch Rechttun Zufriedenheit weit und breit. Ein Lager von Ziegeln und Kot ist der Schluss, wenn er nicht verbrannt in das Grab hinab muss. Von diesem Stamme war Schah Ǧamhûr; von Freveln entfernt war seine Natur. Noch war Sterbenszeit nicht, da starb er schon und dem jüngeren Bruder liess er den Thron. Aus Danbar kam der erhabene Mâj ein Jüngling, geistheil und unrechtsscheu. Alle Sandaler kamen zu ihm gegangen, das Herz voll Blut und mit Königsverlangen. Er setzt auf den Thron sich der Grösse, die Lenden gegürtet und mit zwei offenen Händen. Er warb und nahm mich zu Gefährtin und Weibe, auf dass die Sache verborgen bleibe. Von den beiden Brüdern bist du nun der ältere an Jahren und auch der verstandeserhelltere; deine Seele drum billig mit Sorgen verschon wegen Würde und Schatz und Krone und Thron! Wenn ich selber einen von euch erwähle, wird schmerzhaft mich hassen des anderen Seele. Vergiesst nur nicht Blut um Krone und Geld! Denn keinem verbleibt die vergängliche Welt.« Als Ṭalchand vernahm seiner Mutter Rat, war nicht heilsam die Wirkung, die dieser tat. Er sprach zur Mutter: »Als älteren ihn gedenkst als Richter du vorzuziehn? Doch wenn Gau der ältere Bruder auch ist – ist der ältere auch besser zu jeder Frist? Und so mancher lebt hier in Heer und Stadt, der zum Altersgenossen den Geier hat; trotzdem trachten nicht solche alten Personen nach Heeren und Schätzen und Kronen und Thronen. Sein Vater beendete jung noch sein Leben und hat keinem der Grösse Thron übergeben. Dein Herz ist, seh ich, dem Gau geneigt
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und du gibst ihm den Vorzug, wie sich’s zeigt. Aus Lehm will ich viel solcher Leute formieren; meines Vaters Name soll nicht sich verlieren.« Die Mutter schwor einen schweren Schwur: »Ich sei zum Abscheu dem blauen Azur, wenn ich Gott je habe nahegelegt einen solchen Wunsch und im Herzen gehegt! Nimm diese Sache in Güte auf und hadere nicht heiss mit des Schicksals Lauf! Seine Güter gibt nur, wem es will, das Geschick; nur auf Gott richte mit Vertrauen den Blick! Ich erwog sehr wohl, was an Rat mir fiel ein, ob mein Rat dir nicht könnte erspriesslich sein. Seht zu, ob ihr besseren Rat könnt ersinnen, um Seelenfreudigkeit draus zu gewinnen.« Sie berief darauf, was an Weisen da war, und legte ihnen die Ratschläge dar; und die Schlüssel zu den Schatzkammertoren der zwei Fürsten, gelehrt und reingeboren, brachte sie herbei und gab der Runde der erfahrenen Grossen geheime Kunde. Sie wollte durch richtige Teilung den Willen und Wunsch aller beiden Söhne erfüllen. Also sprach darauf nun Gau zu Ṭalchend: »Oh mein Bester, der das Geschäft noch nicht kennt, du hast jetzt, dass Ǧamhûr dem Mâj an Jahren und Geist weit voraus war, gehört und erfahren. Dein Vater, voll Güte und ehrenwert, hat niemals nach seinem Throne begehrt. Er empfand nicht als Schande den niedreren Rang, ihm fehlte sich vorzudrängen der Hang. Kann dies wohl Gott dem Gerechten gefallen, dass ich vor dem Jüngern den Gürtel soll schnallen? Die Mutter sprach nur nach Gerechtigkeit; wie kommt es, dass Unrecht dein Herz erfreut? Berufen vom Heere wir einige Männer,
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weitgereiste und kluge Weltlaufkenner, lass uns dieser Weisen Reden vernehmen, ihrem Rat und Geheiss uns anzubequemen.« (So kamen sie aus der Mutter Palast, mit viel Worten, das Herz von Wünschen erfasst. Beide Jünglinge waren nunmehr entschlossen: »Lasst nicht mehr auf die Worte der Adelsgenossen, gelehrt oder ungelehrt, weiter uns bauen, vielmehr den Worten der Lehrer vertrauen.) Denn sie sind’s, die uns die Wissenschaft lehrten, sodass wir mit Weisheit die Herzen verklärten.« Zwischen den zwei Gelehrten, die nun nahten, wurde alles in jeder Weise beraten. Der Gelehrte des Gau begehrte, dass Gau König sei und Erster im Sandaler Gau; dies verlangte für Ṭalchand, der diesen vertrat, ein Verständiger in der Gelehrten Rat. Diesen wollte der und der jenen nicht lassen, bis sich die zwei Fürsten begannen zu hassen. In der Halle schlugen zwei Throne sie auf, die zwei glückhaften Prinzen setzten sich drauf, zur Rechten sass jedem sein Weiser und wollte, dass der Anteil der Welt ihm zukommen sollte. Die Vornehmen riefen zusammen sie alle und setzten sie links und rechts in der Halle. Die Gelehrten öffneten also den Mund: »Ihr Erhabenen und Tapferen, tut uns kund: von diesen Glorreichen aus edlem Geschlecht – ihrer Väter Verhalten gedenkt ihr noch recht – wer, wollt ihr, soll euer Herrscher sein; wer von den zwei Jünglingen dünkt euch rein?« Erstaunt waren darüber die Gelehrten und umsichtigen Weisen und Hochgeehrten. Auf zwei Thronen sassen die zwei jungen Schahe; die unseligen Gelehrten gelangten zur Sprache. Da wusste das Land und auch das Heer,
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nur Unheil und Hader komme daher, in zwei Hälften werde das Reich geteilt, von Mühsal und Furcht der Verständ’ge ereilt. Doch ein Mann aus der Menge sprang auf sofort, hob das Haupt und laut ergriff er das Wort: »Zwei Wesire von uns und der Könige zwei – was sollen wir sagen, das angebracht sei? Für morgen setz’ eine Versammlung man an, dann diskutieren wir Mann gegen Mann; dann lassen wir alle die Botschaft ergehn; vielleicht kann’s nach Wunsch den Königen geschehn.« Sie kamen dann murrend und trist aus dem Saal, den Mund voller Wind und den Geist voller Qual. Sie sagten: »Die Sache ist äusserst verzwickt und der Hand der Welterfahr’nen entrückt. Nie sahn wir im Streit so ein Königepaar, voran zwei Wesire der Güte bar.« Eine Nacht war von Runzeln gefurcht ihr Gesicht. Als vom Berge sich hob das Sonnenlicht, war kein Grosser des Lands, der daran Anteil nahm und nicht mit den andern zusammenkam. Vierseitig war Sandalî lärmdurchdrungen, es gab aller Art Reden und Kundgebungen. Der eine Held trat den Gau-Leuten bei, der andere führte zur Ṭalchand-Partei. Wohl wurden die Zungen vom Reden matt, doch keinerlei Einigung hatte statt. (Es zerstreute sich die Versammlung sodann, Soldaten und Städter, Mann für Mann). Dieser gab eine Botschaft dem Ṭalchand kund und nahm voll mit Schimpfen auf Gau seinen Mund; jener kam zu Gau mit Keule und Schwert: »Gilt’s den König, so halt ich mein Leben nicht wert.« Voll Empörung war das Land Sandalî, gegen den herrschte Hass und für den Sympathie.
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»Wird in einem Hause befohlen von zwein,« dies sagt ein Weiser, »so stürzt alles ein.«
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Darauf kam Nachricht an Ṭalchand und Gau, dass ein Führer in jeglichem Dorfe und Gau (sich zeige, das Land sei voll von Getöse, Getös, das im Herzen Erregung auslöse), in Leidenschaft machten das Land sie zunicht, dies nicht zuzulassen sei Königepflicht. Die Kunde erfüllte mit Angst sie und Wacht hielten sie beständig so Tag wie Nacht. Beide Jünglinge nun eines Tages erschienen ohne Heer zusammen und Paladinen; so begannen sie mit einander zu reden, voll Runzeln die Stirn und das Haupt voller Fehden. Der glorreiche Gau war voller Erregung, durch diese Reden kam er in Bewegung; zu Ṭalchand sprach er: »Oh Bruder, lass, was uns angeht, nicht übersteigen das Mass! Trachte wirr nicht nach Gütern in Unvernunft! Dies hält nicht für richtig der Weisen Zunft. Du vernahmst, dass Mâj, als noch lebte Ǧamhûr, ihm nichts anderes war als ein Diener nur; er starb und ich war sein trist-kleiner Sohn; einem Kind konnt’ er nicht übergeben den Thron. Er hatte nur Gutes der Welt gegeben; seinen Platz wagte keiner da anzustreben. Sein Bruder war ihm auf das Engste verwoben, er ward von der Menge zum König erhoben. Wär ich fähig gewesen zur Thronbesteigung, so wandte sie nicht auf Mâj ihre Neigung. Der Brauch früherer Könige lenk’ unser Handeln und uns sprechen die Weisen von sittlichem Wandeln. Ich komme durch Alter und Vater vor dir; du weisst, das Anrecht zum Thron gehört mir.
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Tu nicht Unrecht und trachte nicht nach dem Thron! Erfüll nicht mit Unruhe Land und Nation!« Da erwiderte Ṭalchand ihm: »Genug! Die Grösse erstrebte noch keiner durch Trug. Thron und Krone ererbte ich von meinem Vater; ich fand als Früchte sie von seiner Saat her. Und die Herrschaft, die Schätze und Heeresscharen soll mir künftighin dieses Schwert bewahren. Lass von Ǧamhûr und Mâj das viele Gerede. Willst du wirklich den Thron, so willst du die Fehde.« Sie kamen zurück voll von Kampfgelüsten, um in der Stadt sich zum Kriege zu rüsten. Kriegslustig waren auch Heer und Land dem Hofe der Könige zugewandt; Hinneigung zu Ṭalchand fand man bei diesen, indes jene die Herzen zu Gau hinwiesen. Gelärm ward am Hof beider Könige reg’; in der Stadt gab es kaum für den Fuss einen Weg. Als erster betrieb Ṭalchand die Rüstung, er kannte vor Tapferkeit keinerlei Fristung. Des Vaters Schatzkammer öffnete er und versah mit Helm und mit Panzer das Heer. Nur Angst sah im ganzen Lande man walten; des Klugen Herz war entzwei gespalten: was würde des Himmels Drehung ergeben; wen von beiden würde das Schicksal erheben? Von beiden Fürsten bekam das Land Kunde; nach und nach rückten Heere an in der Runde. Ṭalchand legte erst an das Panzergewand, zum Blutvergiessen wusch er die Hand. Auch Gau trug Panzer und Helm nunmehr; die Seele des Vaters segnete er. Sie brachen nun auf in solcher Hitze, auf Elefantenrücken machten sie Sitze, indem Sättel man auf die Buckel legte; du meintest, dass Kampflust die Erde erregte:
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jedes Auge voll Klingeln und goldenen Schellen, alle Ohren voll vom Trompetengellen. Zum Lagerplatz kamen die Fürsten, die jungen; jeder Geist war vom Trieb nach Gewinn bezwungen. Der Himmel ward über dem Schlachtfeld verwirrt, vom Heerstaub das Auge getrübt und beirrt. Geschmetter der Tuben war allerwärts und beiderseits schallten die Hörner von Erz. Geordnet war rechter und linker Flügel: du meintest, die Erde sei Berg nur und Hügel. Zwei Meilen weit zogen zwei Heere die Reih, auf Elefanten ritten die Könige die zwei, zu deren Häupten die Fahne strahlt; ein Tiger war hier, dort ein Adler gemalt. Die Fusskämpfer standen mit Lanzen bewehrt, schildetragende Kämpfer, des Kampfes wert.
Gau gibt Ṭalchand Ratschläge Auf dem Schlachtfeld zeigte die Luft Gaus Blicken sich wie des krieg’rischen Panters Rücken; jeder Gaumen Staub und Blut alles Feld, ringsum als Wegweiser Speere gestellt. Seine Seele ob Ṭalchands war glutdurchweht, vom Verstande die Leidenschaftslippen vernäht. Gau wählte nun einen beredten Mann, der unter den Grossen stets ging voran; »Geh hin als Bote zu Ṭalchand und sprich: ›Vor dem Krieg mit dem Bruder hüte dich! Denn für alles Blut, vergossen im Treffen, wird dich ganz allein die Verantwortung treffen. Gaus Ratschlägen musst du dein Ohr zuwenden, lass dich nicht von Verführerworten verblenden! Lass nicht zu, dass wegen des Kampfes wir beiden von der kommenden Welt nur Tadel erleiden, dass zur Wüste werde das ganze Land Hind, in der Panter und Löwen zuhause sind!
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Lass ab, dich zu Angriff und Kampf zu entschliessen, zu frevelhaft–nutzlosem Blutvergiessen! Mach, dass ich durch Frieden beseeligt sei! Vom Verstandesnetz mach den Nacken frei! Von hier bis zur Grenze von Čîn durch Vertrag sei vom Boden dein, was dein Wunsch nur sein mag! Wir wollen mit Liebe die Seelen versöhnen, mit dir als Stirnreif das Haupt bekrönen. Wir teilen die Herrschaft gleich anderen Schätzen; 3100 Thron und Krone sind’s wert nicht, in Pein uns zu setzen. Doch willst du den Kampf und den Frevel erneuen, die gesammelte Herde wieder verstreuen, so wirst du dem Tadel der Welt nicht entfliehn und man wird dich einst drüben zur Rechenschaft ziehn. (Du fürchte von Sonne und Mond den Herrn, denn dem rechten Weg irrst du zweifellos fern!) Lass die Absicht des Unrechts, oh Bruder, gehn, denn Unrecht kann nie gegen Recht bestehn! ‹« Als der Bote mit Botschaft vor Ṭalchand erschien, 3105 einer Botschaft, bestimmt, zu beraten ihn, gab er also ihm Antwort: »An Gau bericht’: ›Im Kriege such solcherlei Vorwände nicht! Ich will nicht, dass du Bruder mir seist noch vertraut noch Mark von meiner Sippe noch Haut. Der Verödung das ganze Reich verfiele, nähmst du die Bekämpfung der Tapfern zum Ziele. Kein Bösgesinnter, der nicht zu dir kam; Ôrəmuzd sind sie dir am Tag von Bahrâm. Ein Sünder bist du vor dem Weltenherrn, 3110 mit schlechtem Ruf und Charakter und Kern. Vom Blute, das man im Kampf wird vergiessen, wird Verfluchung dir und mir Segen erspriessen. 3109.2 Ôrəmuzd sind … Bahrâm: Ôrmuzd ist der 1. Tag des Monats und die Gottheit dieses Tags, Bahrâm der 20. Monatstag. Sinn nicht klar.
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Zweitens: Was du da sagst: ‹Wir teilen die Krone und das Land mit dem Wert und dem Elfenbeinthrone›: Die Macht und der Schatz und das Reich sind mein Eigen, von der Sonne zum Fischrücken muss sich’s mir beugen. Wenn du gütig ein Königreich mir gewährst, mich mit Land beschenkst und mit Freundschaft beehrst, will ich nicht, dass die Seele den Leib mehr bewohne, 3115 werfe ich einen Blick nur auf Thron und auf Krone. Jetzt lasse ich ziehn ihre Front die Soldaten; die Luft wird gleich golddurchwirkten Brokaten, ob der vielen Pfeile und Lanzen, und Bügel von Gau nicht mehr unterschieden vom Zügel. Ich will köpfestreuend die Kriegerreihn und mache sein ganzes Heer laut schrein. Ich führe das Heer derart in die Schlacht, dass den kriegerischen Panter sie müde macht. Die Hand gefesselt bringen wir Gau, 3120 dass sein Heer den Staub des Geschlagenseins schau. (Mein Schwert lass die Häupter erstarren wie tot, die Verletzten sich winden in elender Not). Vom König herab bis zum dienenden Knecht legt keiner den Panzer mehr an zum Gefecht.‹« Als die Antwort gehört jener kluge Mann, gab er Punkt für Punkt das Gehörte an. Gaus Herz wurde voll von Kummer beim Hören, denn Ṭalchand, das sah er, war nicht zu belehren. Gedankenvoll liess er den Weisen kommen und besprach viel die Antwort, die er vernommen. Er sprach: »Oh du Mann mit dem Forschergeist, 3125 teil mir’s mit, sofern du ein Mittel weisst. Blut und kopflose Rümpfe – das ist das Gefild, Geister sind und Herzen von Leid erfüllt. Es darf nicht sein, dass vom Kampf am Schluss für uns sich ein Unheil ergeben muss.«
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Der Weise sprach drauf: »Oh König, es wäre bei dir nicht vonnöten Mahnung und Lehre. Doch suchst du bei mir ein Wort solcher Art: behandle den Bruder im Kampfe nicht hart! Einen haupterhobenen Abgesandten, einen kenntnisreichen und redegewandten, den sende mit einer Botschaft ihm zu; vielleicht kommt er dann aus dem Streite zur Ruh; die ererbten Schätze sollst du ihm geben; den Schätzen zieh vor deines Bruders Leben. Fallen Krone und Siegelring in deine Hand, so seien Dinare kein Streitgegenstand. Ich beobachtete des Himmels Lauf: die Zeit hört mit Schnelligkeit für ihn auf. Von den sieben Sternen, die droben kreisen, sah ich keinen sich liebevoll ihm erweisen. Er geht noch zugrunde auf diesem Gefilde; so behandle nicht strenge ihn, sondern mit Milde. Gib nicht Siegel des Reichs hin noch Thron und Krone; dass man dich mit dem Beinamen Herzlos verschone, gib ihm, was an Schatz er und Rossen begehrt, damit um sein Leben dich Pein nicht beschwert. Du selbst bist ein König und Kind des Glücks und verstehst am besten den Lauf des Geschicks.« Der König hörte den Weisen an und legte den Grund zu weiterem Plan. Da aus Schmerz um den Bruder sein Antlitz betaut war, wählte er einen Edlen, der redevertraut war, und sprach: »Begib dich zu Ṭalchand! ›Das Herz‹, so sag ihm, ›des Gau ist voll Pein und Schmerz. (Sein Herz ist leidvoll, die Seele beengt, sein Leib ist trist und der Geist bedrängt). Aus diesem Streit und Schicksalsgeschehen ergeht zum gerechten Schöpfer sein Flehen, dass Lieb und Vernunft deinem Herzen er spende,
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damit sich dein Antlitz vom Bruderkampf wende. Der Gelehrte, der in deiner Nähe lebt, war den düsteren Geist zu betrügen bestrebt. Die Zwölf und die Sieben musst droben du fragen, dass sie dir den Ausgang der Freveltat sagen. Magst du noch so wild und kriegswütig sein, unentrinnbar schliesst dich der Schicksalslauf ein. Von Feinden sind alle wir ringsum umstellt, voll von Bösewichten ist alle Welt, auch vom Schah von Kašmîr und dem Faġfûr von Čîn, 3150 die den Boden für uns ins Enge ziehn. (Ich fürcht’ auch die Pranken der Leun von Îrân, schicken wir zum Kampf und Gefechte uns an.) Wir werden gescholten von allen drei Seiten sowie von den Edlen, süchtig nach Streiten: ›Wegen Krone und Thron‹, so werden sie reden, ›weshalb stürzten sich Ṭalchand und Gau in die Fehden? Im Kern sind sie wohl nicht Geschlechtsgenossen und nicht ihren Vätern echt entsprossen; verführt durch unreiner Ratgeber Rat 3155 streckten sie ihre Hände zu blutiger Tat.‹ Kommst du von dem Heere zu mir auf der Stelle, so machst du die finstere Seele mir helle. Was an Gold und Brokat, Schatz und Rossen du wählst, sei dein Teil, denn ich will nicht, dass du dich quälst. Aus meiner Hand kriegst du auch Land und Krone samt Siegel und Armreif und Elfenbeinthrone. Du brauchst dich, dass der Ält’re ich bin, nicht zu schämen; ich hab gar keine Lust zu Kriegsunternehmen. Befolgst meine Ratschläge du nicht vollkommen, 3160 so wird Reue am Schlusse dich überkommen.« Der Gesandte kam, wie der Sturzbach rinnt, zu Ṭalchand geeilt, der düster gesinnt; 3147 Die Zwölf … du fragen: Natürlich die Tierkreiszeichen und Planeten
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er sagte, was Gau ihm gesagt, noch gemehrt, von Königtum, Schätzen, Dinaren und Wert. Als Ṭalchand nun seine Rede vernahm, die aus wachem Sinne und Klugheit kam, könnt’ nach des Himmels geheimem Willen er nicht seines Bruders Wünsche erfüllen. Er erwiderte: »Sage Gau: ›Du bist 3165 immerdar versessen auf Ausflucht und List. Des Feindes Schwert wird deine Zunge abtrennen, dein Leib wird im heiligen Feuer verbrennen! Ich vernahm deine unnützen Rederein, dein ganzer Handel scheint Trug mir zu sein. Wie kommt’s, dass du Schatz und Reich mir bescherst, da du selbst bloss zur grossen Menge gehörst? (Die Macht und der Schatz und das Reich sind‚ mein Eigen, von der Sonne zum Fischrücken muss sich’s mir beugen.) Jetzt scheint deine Stunde näher zu rücken, 3170 da dich so lange Erwägungen drücken. Das Heer steht jetzt zwei Meilen ins Land, auf dem Kampfplätze Reiter und Elefant. Nun rüste zum Kampf! Führe das Heer herbei! Du harrst zur Schlacht; was soll Zögerei? Jetzt siehst du mich derart dir überlegen, dass die Tage die Sterne dir zählen mögen. Du kennst nur Täuschung und List und Betrug und erkennst, dass die letzte Stunde dir schlug. Vom Denken bist fern du, von Krone und Thron, 3175 nicht Glückskind nennt dich eine weise Person.‹« Der Bote kam, voller Wind den Mund, und tat dem Fürsten die Antwort kund. Also, bis die finstere Nacht erschien, gelangte Botschaft von diesem an ihn. Auf dem Schlachtfeld stiegen sie ab zur Rast; das Heer wurde ringsum von Graben umfasst.
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Wachtposten wurden auf diesem Feld, bis die Nacht vorüber war, aufgestellt.
Kampf des Gau und des Ṭalchand
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Als die Sonne das Haupt hob vom Löwen-Bild, 3180 wurde gleich einem Meere das ganze Gefild. Von der Sonne wurde der Schleier, der gelbe, ausgebreitet über das blaue Gewölbe. Es kam der Lärm der Trompeten, die gellten, und Paukenschall drang von zwei Königsgezelten. Die Fahnen der Könige, der neun, sah man blinken und das Heer zog auf zur Rechten und Linken; in der Mitte hatten die Könige den Stand, die zwei weisen Wesire ihnen zur Hand. Gau gab den Befehl seinem weisen Wesir, 3185 dass er laut den Voranschreitenden kommandier’: »Lasst nun und nimmer die Fahne sinken und lasst bläulich gezückt eure Schwerter blinken! Von den Helden keiner setz’ vor seinen Fuss, da der Fusssoldat am Platz bleiben muss; den am Tage der Schlacht Hitzig-Ungestümen wird man nicht ob Klugheit und Einsicht rühmen.« »Ich will sehn, wie Ṭalchand zum Felde der Schlacht mit dem Heere mächtige Schritte macht; doch nur Gottes Wille vollzogen werde 3190 von der gleissenden Sonne zur finsteren Erde! So hoff’ ich, dass das Geschick es so lenkt und dass mir der Schöpfer den Siegesglanz schenkt. Wir versuchten, zu raten; manch liebreiches Wort ward gesprochen; umsonst! Ṭalchand blieb fort. (Wenn meine Truppen den Sieg mir erringen, gibt von Sonne und Mond mir der Umschwung Gelingen.) Vergiesst nicht Blut wegen Kostbarkeiten, denn ihr findet die Schätze, die schon bereiten. Wenn ein edler Held aus unserem Heere sein Ross rasch tummelnd im Zentrum wäre
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und er fände Ṭalchand in des Kampfes Mitten, 3195 so hätt’ man auf ihn keinen Staub noch zu schütten; vor dem Wutelefanten in demüt’ger Bitte gürtet er eng zum Dienste bereit sich die Mitte.« Da rief man: »Wir folgen in allen Stücken! Dein Wille soll unser Leben schmücken.« Doch drüben sprach Ṭalchand vor seinem Heere: »Die ihr bewacht meines Thrones Ehre, wir wollen heute den Sieg erringen, der Sternenlauf soll gute Frucht uns bringen. Nun zückt eure Schwerter zum Kampfe geeint, 3200 nehmt die Zuflucht zu Gott und tötet den Feind! Und trifft einer Gau, so tötet ihn nicht, und dass keiner ein rauhes Wort zu ihm spricht! Auf dem Elefanten nehmt ihn gefangen und lasst ihn gefesselt vor mich gelangen.« Zu gleicher Zeit drang der Trompeten Gegelle laut her von des Königsgezeltes Schwelle. Von der schweren Keulen Gekrach, dem Geschnaube und Wiehern der Rosse, der Führer Staube wurden Berg und Meer voll Gelärm und Getön, 3205 als wollte der Himmel sich rückwärts drehn; keiner konnte beim Schrei’n und der Äxte Krachen zwischen Fuss und Kopf mehr den Unterschied machen. Vor dem Adlergefieder, dem Speerspitzenschein zog die Sonne sogar ihre Säume ein; ein Blutmeer musste der Erdboden scheinen, Kopf und Hände lagen schon unter den Steinen. Als die Königssprossen aus Heeresmitten alle beide wie Wutelefanten ritten, erscholl von Ṭalchand und Gau es da; 3210 »Dem Sturm meiner Lanze komm nicht zu nah! Streck zum Bruderkampfe die Hand nicht her und hüte dich, dass ich dein Leben versehr!« 3196.2 zum Dienste bereit: Steht nicht im Original.
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So sprach dieser zu jenen und jener zu diesem; ein Meer von Blut wurden Steppen und Wiesen. Die schwerterzückenden Helden zogen rings um das Schlachtfeld in weiten Bogen durch die Hiebe der Könige in Kampfesmut begannen zu rinnen Mark und Blut. Solcher Art, bis die Sonne verzog vom Himmel, währte fort ein massloses Kampfgewimmel. Im Gelärm kam Gaus laute Stimme vom Feld: »So geübter Krieger wie junger Held, wer immer auch von uns Schonung begehrt, haltet nicht von ihm ab eurer Rache Schwert, damit es dem Bruder vorm Kampf werde bange; sobald er allein bleibt, hält aus er’s nicht lange.« Um Schonung baten der Helden viele; viele wurden getötet im Schlachtgewühle. Alle Truppen zerstreuten sich ganz verwirrt; ohne Hirt war die Herde, ohne Herde der Hirt. Auf dem Elefanten sass Ṭalchand allein und mit lauter Stimme sprach Gau auf ihn ein: »Begib dich, mein Bruder, sofort nach Hause und hüte dein Haus und hüte die Klause! Nicht viele Lebende findest du mehr aus diesem schwertzückenden edelen Heer. Nichts Gutes geschieht, das von Gott nicht ist; ihm sei dankbar, solang du am Leben bist, dass du lebend noch dieses Schlachtfeld räumst; jetzt ist’s nicht die Zeit, dass du träumst und säumst.« Als Ṭalchand diese Worte vernahm, ward er tränennass und wand sich vor Scham. Er gelangte nach Marġ von dem Schlachtfeld, dem weiten, da kamen die Truppen von allen Seiten. 3222.2 Klause: Im Original steht dîwân auch nur des Reimes wegen.
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Er erschloss die Schatztür, die Löhnung zahlend, da ward blühend das Heer und vor Freude strahlend. Auch rüstet’ ein Ehrengewand von Wert er, für wen er da sah, so wie sich’s gehört. Als das Heer durch Dinare so kam in Blüte, 3230 war kummerbefreit des kriegslust’gen Gemüte; nun sandte er eine Botschaft an Gau: »Du dem Throne wie Unkraut der Gartenau, vom Feuer seist du verbrannt sofort, deine Augen vernäht, dein Geist durchbohrt! Glaubst du denn ganz vor mir sicher zu sein? Schnür dein Herz in den Gürtel der Täuschung nicht ein!« Als Gau das harte Wort hörte, vertrieb er aus seinem Herzen die Bruderlieb. Indem ob der Botschaft ihn Trübsinn beschlich, 3235 sprach er zu dem Weisen: »Wie seltsamlich!« »Oh Schah«, sprach zu ihm der weise Berater, »du bist Erbe des Thrones nach deinem Vater, bist der Weisheitserforscher Gehaltigster, und bist der Gekrönten Gewaltigster; ich sagte dem Schah – und ich zweifle dran nicht –, nach der Sonne Schwung und des Mondes Licht: solang zu dem Edlen der Tod nicht gelange und er sich im Staub nicht wälz’ wie die Schlange, kenne er keine Ruhe und lass nicht vom Streit; 3240 dein Mittel im Kampfe: gewinne nur Zeit. Zur Antwort darfst du nichts Hartes ihm sagen, nein, Vertrag nur und Achtung entgegen ihm tragen. Auf Untat ist all seine Absicht gestellt; so bestimmte es eben der Schöpfer der Welt. Den Streit führt er, nicht wir führen den Streit; er hat Eile, wir sind für die Langsamkeit.« Der Feldherr rief den Gesandten zu sich und sprach viele Worte sehr sanftiglich; er sprach: »Geh zum Bruder und sage ihm: 3245 ›Such nicht soviel Härte und Ungestüm!
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Die Härte ist nicht eines Königs Zier; voll Ruhm war dein Vater, bewahre ihn dir. Mir ist klar, dass du dich entziehst meinem Rat und den Vertrag mit mir fliehst. Aber da mir Sehnsucht erfüllt den Geist, dass du glorreich und guten Charakters seist, sag ich alles dir, was am Herzen mir liegt und was in der Seele am schwersten mir wiegt: ein schlechter Wesir verführte dich ganz von dem Wege der Ruh’, von dem Weg des Verstands. Sag, Bruder, kein Wort, das dem Recht nicht gefällt, nur Täuschung und Wind ist ja doch diese Welt. Kehr dem Frieden dich zu, und was dich mag freuen an Schätzen und Mannen, den königsgetreuen, das lasse ich vollständig zu dir gehn; dein feindlicher Geist mag daraus ersehn, dass in meinem Herzen nur Billigkeit steckt, was, hoff ich, bei dir nur Freude erweckt. Meine Absicht ist die, dir die Botschaft zu senden vielleicht lässt der störrige Sinn sich noch wenden; doch steht nach nichts als nach Krieg dein Sinn, drängt nichts zu Vertrag und zu Güte dich hin, dann rüste ich jetzt zum Kriege ein Heer, dass meinem Heere ein Land gehör. Wir verlassen dann dieses blühende Land; wir führen das Heer zu des Meeres Strand; ein Graben soll dort unser Heer umfassen, keinen Durchgang den Kriegsbegierigen zu lassen. Vom Heer wird zum Graben dann Wasser geleitet und dem Wasserrande Brandung bereitet, damit keiner, der sich geschlagen erschaut, durch den Graben hinweg sich zu fliehen getraut. Doch wir, siegreich geblieben im Handgemenge, 3258.2 Meeres Strand: Darjâ hier Meer oder Strom? Gegen das Meer spricht das »gegenüber« in 3283 und das Krokodil in 3292, dafür aber doch das meiste.
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wir vergiessen nicht Blut in dieser Enge, wir nehmen das ganze Heer dann gefangen, ohne erst nach Schwertern und Pfeilen zu langen.‹« Wie der Wind kam der Bote und richtete aus die ihm aufgetragene Botschaft Gaus’. Als Ṭalchand die Worte des Gau vernahm, befahl er, dass, wem nur ein Rang zukam, zu ihm man bescheide und auf die Plätze, die dem Range entsprechend waren, setze. Er berichtete ihnen die Worte des Gau und enthüllte alles Verborg’ne genau; er sprach zu dem Heer: »Dieser Kampf am Strand des Meeres, den Gau jetzt neuestens plant – was meint ihr dazu? Was ist vorzukehren, um diesen Plan mit Erfolg zu durchqueren? Wollt ihr eins mit mir sein in allen Stücken, darf keiner vom Kampfe sich irgendwie drücken. Wenn den Kampf wir suchen, was Meer, was Gebirg, so im Kampf das Heer nur zusammenwirk’! Seid im Kampfe nur wirklich alle mir Helfer! Nicht ängstigt den Panter des Fuchses Gebelfer. Wer anstrebt von euch noch berühmt zu werden, dem wird grosse Wunscherfüllung auf Erden. Ein ruhmvoller Tod ist mir wahrlich viel lieber als man lebt und die Feinde sind froh darüber. (Der grosse Schicksalstag will schon dämmern, der Wolf scheidet ab sich im Feld von den Lämmern.) Wer im Kampfe sich ungestüm zeigt und heftig, ist auch zu seinem Vorteil geschäftig; ihr findet von mir viele Kostbarkeiten, so Sklaven wie Rosse, die rittbereiten. Vom Strande von Čîn bis nach Kašmîr in jedem Lande huldigt man mir. Alle Städte teil ich mit den Kriegern allen, wenn Krone und Thron und Befehl an mich fallen.« Da legten die Grossen in Antwortsgebärde
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Mann für Mann ihre Gesichter zur Erde: »Wir suchen den Ruhm und du, Schahrǝjâr; bald nimmst du das Kreisen des Schicksals wahr.«
Neuerlicher Kampf zwischen Gau und Ṭalchand. Ṭalchand stirbt auf dem Elefantenrücken
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Es erhob sich Gelärm aus Ṭalchands Palast; durch das Heer ward das Land von Erregung erfasst. Er führte das Heer zu dem Meere hinaus, gegenüber zeigte das Heer sich Gaus. Da und dort stieg vom Tiere das Königspaar, das gegeneinander streitwütig war. Rings’rum warf einen Graben man auf; als er tief war, liess man ein den Wasserlauf. Front und Gegenfront zogen die Heere, die zwei; Schaum war auf den Lippen der Reiterei. Recht- und linker Flügel war ausgerichtet, das Gepäck zum Meere gezerrt und geschichtet. Die zwei Könige, die schmerz- und hassentbrannten, legten die Sättel auf zwei Elefanten. Jeder nahm in der Mitte des Heers Station und führte sein Heer in eigner Person. Der Boden ward Pech, violett ward die Sphäre, von den seidenen Fahnen, der Menge der Speere. Vom Heerstaub ward ebenholzschwarz der Äther; vom Paukenschall und Gelärm der Trompeter meintest du, dass das Meer schäumend Wogen ziehe, das Krokodil darin, dass nach Blut es schrie’e. Vom Schlagen der Äxte und Schwerter und Keulen hoben rot aus dem Meere sich Wolkensäulen; zogen sie vor die Sonne hin ihren Saum, da sah der eine den anderen kaum. Es war, als ob Schwertregen niedergehe, der Äther die Erde mit Tulpen besäe. (Überhimmelhoch stiegen Schreien und Klage; alles war wie am Auferstehungstage.
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Dem Erfahrenen selbst ward der Blick verhüllt, die Welt vom finsteren Staub ganz erfüllt.) So hoch war der Leichenberg, der da ragte, dass der Geier darüberzufliegen nicht wagte. Aus Hirn, Herz und Lebern bestand nur die Erde, aus lehmigem Blut die Hufe der Pferde. Eine Schar lag im Graben, blutiggeschröpft, 3300 eine wurde hinuntergeworfen, geköpft. Aus dem Meere erhob der Sturmwind Wogen; Schar auf Schar ward das Heer hineingezogen. Ṭalchand musste vom Elefantenrücken beim Ausschau das Land gleich dem Nilstrom erblicken. Der Sturmwind zog über Ṭalchand her; er hatte nach Wasser und Brot Begehr; vom Sturm und der Sonne und scharfem Schwert sah nicht Ruh’ er noch Weg zur Flucht sich gewährt. Auf dem Goldsattel schlief er da ein und starb, 3305 sodass Gau das ganze Land Hind erwarb. – Beide Augen richtet der Mensch auf das Mehr, die Mind’rung bewirkt nur Zorn und Herzbeschwer; nicht dies bleibt, noch das, alter Weiser, zurück; so wähl von der Welt jede Lust, jedes Glück. Wird durch viel Mühe der Schatz gemehrt, alle Schätze der Welt sind die Mühe nicht wert. – Als vom Zentrum Gau Umschau hielt, da gewahrte er nirgends des neuen Feldherrn Standarte. Einen Reiter schickt er, den Elefanten in Eile 3310 zu suchen, umkreisend Meile für Meile, und zu schaun, wo die Fahne mit Glanz von Rubinen, durch die dunkel der Reiter Gesichter erschienen, geblieben? »Ist denn seine Kampflust verschwunden? Oder trüb mein Aug, vom Heerstaub entzünden?« Der Reiter kam hin, doch wie er auch starrte, er sah nicht des edlen Führers Standarte, das Zentrum war ganz voll Gewirr und Gebraus, alle Reiter waren auf Schahsuche aus.
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So rasch wie der Staub kam der Bote zurück und berichtete Gau alles Stück für Stück. Vom Elefanten stieg der Feldherr hinab und rannte weinend zwei Meilen im Trab. Da traf Bruder Ṭalchand er an als Leiche und die Wangen des Heers als schmerzverzerrt bleiche. Vom Kopf bis zum Fuss beschaut er ihn jetzt, doch keine Hautstelle sah er verletzt. Da grub selbst seinem Fleische er Wunden ein und sass schreiend bei ihm in jammernder Pein. Er sprach voll Trauer: »Dahingeschwunden bist du vor der Reife, den Geist voller Wunden. Einem Stern bösen Unglücks bist du erlegen, sonst konnte kein Sturmwind von dannen dich fegen. Deinen Kopf verdrehte der Lehrer Schwarm; du gingst; deiner Mutter Herz oh wie arm! Wie oft hab ich treu dich ermahnen gemusst, doch du hast meinen Rat nicht zu nutzen gewusst.« Als der Weise des Gau an die Stelle gelangte und tot Ṭalchand sah, der die Welt verlangte, (seinen Bruder weinend auf weitem Felde mit Geschrei, das über den Himmel gellte) da wälzt sich vor Gau im Staub mit Geschrei und traurig rief er: »Oh König, oh neuer«; drauf rüstet zum Rat er sein Lippenpaar und sprach zu Gau: »Hoher Schahrǝjâr! Was soll Traurigkeit, was Trauern dir frommen? So kam’s, denn es musste einfach so kommen. Für eines ist Gott dir zu danken not: er fand nicht durch deine Hand seinen Tod. Alle Zukunft sagte dem Schah ich an aus Sonne und Mond und Bahrâm und Kȇwân: dieser Jüngling sei dem Krieg so ergeben, dass er selber zum Abschluss bringe sein Leben. Wie der Wind ging nun Ṭalchands Werk dahin, er schied durch Hitze und törichten Sinn.
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Schmerz und Zorn erfüllen nunmehr sein Heer, aller Augen richten sich auf dich her. Nun ruh und uns gib auch Herzensruh, der Vernunft erfüllst so die Wünsche du. Denn wenn das Heer seinen Führer so sieht, wie er weinend vor Schmerz auf der Strasse kniet, muss dadurch seine Achtung beim Heere leiden und frech wird, wer demütig war und bescheiden. Ein Fürst gleicht dem Rosenwasserpokal: ein staubiger Windhauch wird ihm fatal.« Er hörte, was ihm der Weise geraten, und ein lauter Ruf erscholl den Soldaten: »Ihr des Königs edle und tapfere Streiter, bleibt nicht allein auf dem Schlachtfelde weiter! Dieses Heer ist von jenem nicht mehr zu trennen, ihr müsst alle mich einig anerkennen, denn ihr alle seid meinem Schutz jetzt entboten und seid mein Vermächtnis vom Helden, vom Toten.« Er liess darauf kommen die Wissensvollen, indes blutige Tränen den Wimpern entquollen, und in einem Elfenbeinsarkophage mit Gold-, Türkisen- und Schwarzholzeinlage, dessen Deckel durch Moschus und Ambra und Pech und Leime vom Sarg alle Nässe hielt weg, das Gesicht verhüllt mit Seide von Sind, ging dahin dieser glorreiche Fürst von Hind. Das Heer führte eilig er fort darauf und hielt sich auf Weg und Rast nicht lang auf.
Die Mutter des Ṭalchand erhält die Nachricht vom Tode des Sohns und trauert um ihn Als die Könige den Ort zur Schlacht erkoren, ging der Mutter Schlaf, Ruhe und Esslust verloren; 3343.2 durch Moschus … hielt weg: W: mit Leim und Pech und Kampfer und Moschus machten sie den Deckel des engen Sargs trocken.
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sie liess ständig vom Wächter die Strasse durchspähn und in Bitternis ihre Tage vergehn. Als am Wege sich Heerstaubwolken erhoben, sah der Scharfsinnige es von der Warte droben. Von der Höhe ward sichtbar das Banner des Gau und vom Heer überdeckt war der ganze Gau. Seinen Blick sandte spähend er über zwei Meilen, Ṭalchands Krone und Reittier vielleicht zu ereilen. Doch er sah ihn im Heer nicht, soviel er auch starrte. Einen Reiter entsandte er von seiner Warte: »Ein Heer zieht an dieser Bergseite vorbei, es ist Gau mit Gefolge und Reiterei, doch nicht Ṭalchand noch Elefant noch Fahne noch die goldbeschuhten Pahlawâne.« Blut troff aus den Wimpern der Mutter vor Trauer und sie schlug den Kopf wiederholt an die Mauer. Schliesslich wurde die Nachricht ihr zugebracht, dieses Königtums Glanz sei erloschen zu Nacht, der ehrgeizige Ṭalchand im Sattel gestorben, nach ihm habe Gau seinen Thronsitz erworben. Da eilte die Mutter hinein in ihr Schloss, indes strömendes Blut übers Haupt ihr floss. Sie zerkratzte die Wangen, zerriss ihr Gewand und setzte das Schloss und die Schätze in Brand; Thron und Grösse und Krone verbrannte sie so und entfachte die Feuersbrunst lichterloh, um nach indischem Brauche sich selbst zu verbrennen, in der Trauer den Glauben von Hind zu bekennen. Als zu Gau kam über die Mutter die Kunde, da spornt er den Renner zu selbiger Stunde; er kam an, worauf eng an die Brust er sie schloss und beim Flehen das Blut von der Wimper ihm floss. »Oh Mutter lieb, höre mich an mit Geduld! An diesem Kampfe sind wir ohne Schuld.
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Ich tötet’ ihn nicht, noch auch meine Gefährten, noch dachte ein Held dran von all den Geehrten, gegen ihn einen rauhen Hauch zu entsenden; 3365 ein übler Stern liess im Tode ihn enden.« Da sprach die Mutter: »Du Bösewicht, vom hohen Himmel kommt dir das Gericht. Um Krone und Thron war es Brudermord! Kein Guter heisst dich glücklich hinfort!« Er erwiderte ihr: »Oh Liebste mein, du darfst gegen mich nicht misstrauisch sein. Sei nur ruhig, bis ich das Gefild der Schlacht dir gezeigt und was König und Heer dort gemacht. Wer hätte sich vor den Streitgier’gen gewagt? 3370 Wessen Kopf war selbst so vom Streiten geplagt? Bei ihm, der Sonne und Mond gemacht und des Himmels Drehung und Tag und Nacht, mich schauen nicht fürder Siegel und Throne noch Ross noch Keule noch Schwert noch Krone, ich mache denn klar dir, wie es geschah; bring dein Herz aus dem Wüten dem Frieden nah. Dass durch keines Hand er sein Ende fand, soll dann klar erkennen dein heller Verstand. Für wen sollt’s Befreiung vom Tode geben, 3375 und deckte er mit stählernem Helm auch sein Leben? Will die glänzende Leuchte einmal erblassen, wird den Menschen auch Mut länger atmen nicht lassen. Doch weis ich’s dir nach und du kommst nicht zur Ruh, beim allmächtigen Gott, höre, was ich dann tu: ich will mich dann selber im Feuer verbrennen, auf dass meine Feinde frohlocken können.« Als die Mutter vernahm diese Worte des Gau, da tat leid um die hohe Gestalt der Frau, dass die Flammen dem tapferen Jüngling entführten 3380 seinen Geist aus dem Leib, dem noch unberührten. Und die Mutter sagte: »Wohl, zeige mir,
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wie Schah Ṭalchand fand seinen Tod auf dem Tier; vielleicht wird solches mir wirklich klar und voll Frieden das Herz, das im Feuer war.« Gau begab in sein Schloss sich, vom Schmerz ganz benommen, und liess den erfahrenen Weisen kommen; er erzählt’, was er mit seiner Mutter erlebt, wie die Mutter erregt nach dem Feuer gestrebt. So sassen denn die beiden und berieten, Gau und der Weise ganz abgeschieden. Da sprach der Weise, der Gutes stets wollte: »Unser Wunsch gerät uns nicht, wie er sollte. Wir berufen von überall Alt und Jung, wer bekannt ist durch scharfsinnige Eingebung, aus Danbar und Marġ und Mâj und Kašmîr suchen Rat bei diesen Scharfsinnigen wir. (Über Schlachtgefild und Meer und Graben sprechen wir mit den Leuten, die Einfälle haben.«)
Anfertigung eines Schachspiels wegen der Mutter des Ṭalchand Überallhin wurden Reiter von Gau gesandt, wo ein Mȏbad an vorderster Stelle stand. Zum Königshof kamen sie Mann für Mann und langten im edlen Empfangssaal an. Der Weltenherr setzte sich mit den Indern, hellgeistigen Grossen und Wahrheitsfindern. Der Weise erstattet ein Schlachtreferat, was König, was Heer auf dem Schlachtfelde tat. Das Meer und den Graben und Wassereinlass – Punkt für Punkt besprach mit den Klugen man das. Kein einziger schlief in der Nacht dieser Inder, noch erschlossen sie zueinander die Münder. Als vom Platze erschallten die Paukenschläge, ward der Wunsch nach Ebenholz in ihnen rege; es verfertigten draus ein viereckiges Brett
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zwei Männer sehr vornehm und höchst honett. Nachgeformt wurden Graben und blutiges Feld, die Heere einander gegenübergestellt. Auf dem Brette sind hundert Felder zu sehn, für Heer und für König, sich drauf zu ergehn. Aus Schwarzholz und Elfenbein sieht man zugleich zwei Heere, zwei Könige, glanzvoll und reich. Fussgänger werden mit Reitern gesichtet, in Schlachtordnung sind schon die Fronten gerichtet, Elefanten, Rosse und Königswesir, ein aufs Heer sein Ross tummelnder Offizier. Die Figuren sind alle dem Kampf angepasst, diese heftig-beweglich, die zögernd in Rast. Das Zentrum des Heers nimmt der König ein, zu der einen Hand muss der Weise ihm sein. Je zwei Elefanten dem König zur Seite entsenden nilfärbigen Staub in die Weite. Neben ihnen stehn zwei Kamele dann weiter; auf ihnen sitzen zwei edele Reiter. Neben den Kamelen zwei Rosse, zwei Mannen, die am Schlachttag den Willen zum Kampf anspannen. Streitlustig beidfrontig, beidseitig zwei Türme; Schaum brachten zur Lippe die Herzblutsstürme. Vorn und hinten sieht man die Fussgänger gehn, denn im Kampfe haben die beizustehn. Dringt vor einer bis zu des Schlachtfelds Rand, sitzt er wie ein Weiser dem König zur Hand. Doch rückt auch der Weise im Schlachtgebraus nicht mehr als ein Feld über den König hinaus. Der Elefant rückt drei Felder, der wilde; zwei Meilen weit schaut er das Schlachtgefilde. Das Kamel auch rückt drei Felder nach vorn, auf dem Schlachtfeld läuft und springt es voll Zorn. 3399 Auf dem … Felder zu sehn: Bei der folgenden Beschreibung darf man nicht ausser Acht lassen, dass es sich um ein Schachbrett mit 100 Feldern handelt.
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Auch der Gang des Rosses ist drei Felder weit, ein Feld liegt dabei in Abseitigkeit. Vor den Turm rückt keiner streitsüchtig auf; 3415 der durchmisst das ganze Schlachtfeld im Lauf. So zieht denn ein jeder auf seinen Platz und keiner nimmt grösser und kleiner den Satz. Sieht einer den König während der Schlacht, so ruft er ihm zu: »Schach, König, gib acht!« Da verlässt der König sein Feld vor dem Dränger, doch wird sein Aufenthaltsort immer enger und nun stellen ihm in den Weg sich quer Turm, Ross und Wesir, Elefant und Heer. Er blickt aus nach vier Seiten, doch da muss er schauen 3420 gefallen sein Heer mit gerunzelten Brauen; er ist abgesperrt durch Wasser und Gräben, links und rechts, vorn und hinten von Truppen umgeben. Von Mühsal und Durst wird der König schachmât – so ist es des kreisenden Himmels Diktat. Es hatte Sehnsucht nach Ṭalchands Schach Gau, dieser edle wohlwollende Schah. Die Mutter schaute zu diesem Spiel, die ob Ṭalchands blutiger Schmerz befiel; Tag und Nacht sass sie so, schmerz- und zorngebannt, 3425 beide Augen beständig aufs Schachspiel gewandt. Ihre ganze Seele hing an dem Spiel, von Ṭalchand erschüttert Gemüt und Gefühl. Stets blutig ein Strom aus den Augen ihr brach, war bei diesem Leide der Arzt ihr das Schach. Sie rührte sich nicht und nahm nichts zu sich, bis schliesslich das Ende sie überschlich. (Die Natur der Weltdinge ist eben so, dass du einmal bekümmert bist und einmal froh.) Jetzt bin ich zuende mit dieser Geschichte, 3430 wie ich sie gehört durch der Alten Berichte. (Den Menschen hält die Erinnerung wach an dieses Geschehnis das Brett vom Schah.)
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Wie Burzûj Kalîle und Dimne aus Indien bringt
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Gib jetzt acht, was Šâdân-i Burzîn sprach, damals als vom Geheimnis die Bande er brach, über das, was der Grosskönig Nȏšînrawân – sein Ruhm möge ewig blühen! – getan. Er pflegte Gelehrte zu sich zu zitieren jeder Wissenschaft, um den Hof so zu zieren, (Seinem Befehl waren unterstellt sachkundige Grosse der ganzen Welt). Heilkünstler und Redner und tapfere Männer und Namen besitzende Traumdeutungskenner; ein edler Grosser kam ausserdem, der jeglichem Haupt war ein Diadem; Burzûj war ein dichtender Mediziner, ein ins Alter gelangter Wissenschaftsdiener; er beherrschte welch Wissensgebiet auch immer und jedes brachte ihm Ruhmesschimmer. Eines Tags nun, als die Empfangszeit war, kam er zu dem glorreichen Schahrǝjâr; er sprach: »Wissensdurstiger Herr der Welt, der das Wissen erforscht und im Geiste behält, in ein indisches Buch hab ich heute erbaut mit freudigem Geiste hineingeschaut; drin steht, dass auf indischer Bergesweide ein Kraut wächst, glänzend wie griechische Seide; sammelt solches ein mittelausübender Mann, vermengt’s und wendet die Wissenschaft an, und bestreut er damit einen Toten im Grabe, so erhält der unweigerlich Rednergabe. Ich plane mit allerhöchster Gestattung eine Forschungsreise höchst schwieriger Gattung. Die ganze Wissenschaft ist mir gewärtig; vielleicht werd ich mit diesem Wunderwerk fertig. Es ist recht, dass ein Toter zum Leben erwacht, ist doch Nȏšînrawân der Herr aller Macht.«
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Das sagte der Schah: »Sowas kann nicht passieren; aber immerhin, man muss es riskieren. Trag meinen Brief zum Raja von Hind; sieh zu, wer die Götzenverehrer dort sind; du musst einen um freundliche Hilfe angehn und das wache Glück bitten, dir beizustehn. Ein neues Wunder tritt dann an den Tag, das im Buch als Rätsel verborgen lag. Bring alles dem Raja, was sich gebührt, es verschafft dir dann jemanden, der dich führt.« Nȏšînrawân öffnet’ die Schatztür und Lasten von Dingen, die wertvoll für Könige passten, von Dinaren, Brokaten, von allerlei Seiden, Moschus und Aloe, Siegeln, Geschmeiden (kostbaren Juwelen und Armgespängen, Diademen und Ketten und Ohrgehängen) dreihundert Kamellasten rüstet der Schah; der Gesandte brach auf vom Empfangsgemach. Als das Schreiben dem Raja war überbracht und die Lastballen vor ihm aufgemacht und als er den Brief des Schahs gelesen, da sprach er: »Oh Mann von reinstem Wesen, ein Geschenk von Kasrâ an mich ist keins, Leib und Heer und Reich sind uns ja doch eins. Bei des Königs Rechtlichkeit, Würde und Pracht, bei dem strahlenden Glück und der Herrschermacht würden wir es bei ihm nicht wunderbar finden, achte er’s, dass Tote vom Grabe erstünden. Jeder im Gebirge wohnhafte Brahman geht dir sicher zur Hand bei deinem Plan. Der reizend mit Glück als Wesir für mich schaltet, meine Schätze und der meine Reichtümer verwaltet, Wohl und Wehe der Inder stehen bei dir; alle Grösse gehört nur dir und nicht mir.« 3462.2 meine Schätze … verwaltet: W: ebenso Schätze und reicher Schätze Wart (Anakoluth auch im Original).
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Bei dem Raja ward ihm, so wie sich’s gehört, eine glorreiche Unterkunft gewährt. Auch Teppiche wurden und Speisen gesandt und Decken und ein elegantes Gewand. Die ganze Nacht war er mit den gelehrten Grossen aus Qannûǧ, den als klug bewährten. Als vom Berg der strahlende Tag kam in Sicht und sich hob das weit erleuchtende Licht, da berief der Fürst eine Reihe von Ärzten, alle die im Forschen nach Wissen bewährt’sten; er befahl, dass sie zum Gelehrten kämen und Burzûjs genauen Bericht vernähmen. Da kamen nun die voll Gelahrtheit waren und in sämtlichen ärztlichen Künsten erfahren. Als Burzûj begann ins Gebirg’ zu ziehn, da sammelt die Ärzteschar sich um ihn und mit einem kundigen Führer erklommen zu Fuss sie der Berge Schroffen und Schrommen. Dort sammelt er Kräuter, die dürren und feuchten, die schon verwelkten und die er sah leuchten, und die trocknen sowohl als die feuchten Kräuter jeder Art auf die Verstorbenen streut er. Doch kein Toter ward von den Kräutern erweckt; es versagte ganz jener Zaubereffekt. So hatte er Berg auf Berg erklommen, doch war aus der Müh keine Frucht gekommen. Da erkannte er, dies sei jenes Herrschers Ressort, der da ewiglich lebt und der Welt steht vor. Die Mühe der Reise, die Angst vor Blamage vor König und Edlen versetzt ihn in Rage, auch wegen der Wertsachen, die man geschenkt, und der törichten Reden fühlt er sich gekränkt. Sein Herz war auch wegen der Schrift beklemmt: jener hartherz’ge Mensch, dem das Wissen fremd, warum hatt’ er wirres Zeug in den Wind geschrieben, dem als Fruchte nur Mühe und Schimpf verblieben?
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Also sprach er hernach zu den klugen Gelehrten: »Ihr sachkundigen und berühmten Gefährten, wen gibt’s, den ihr weiser als euch noch glaubt mit die Menge hochüberragendem Haupt?« Die Antwort der Menge war gleichgehalten: »Einen Weisen gibt es hier, einen alten, an Verstand und an Jahren geht er uns vor, übers Ragendste ragt sein Wissen empor. Burzûj sprach nun zu den indischen Meistern: »Oh ihr, weit berühmt, mit den hellen Geistern, wollt ihr mir weitern Gefallen noch erweisen, so zeigt mir den Weg an zu diesem Greisen. Vielleicht dass der kund’ge beredte Greis mir darin an die Hand zu gehen weiss.« Sie brachten Burzûj nun zu ihm hin, voll Gerede den Mund, voll Gedanken den Sinn. Als der Redegewandte nun bei ihm war, da legte er seine Beschwerden ihm dar, die Stelle im Buch, die ihm untergekommen, und was er von Sachverständ’gen vernommen. Als der alte Gelehrte ins Reden geriet, berührte er jegliches Wissensgebiet: »Wir fanden es in den Schriften geschrieben, wurden rasch von der Sehnsucht drauf hingetrieben. Da sich aber draus nichts will gewinnen lassen, so zwingt dies, es anders aufzufassen. Das Kraut gleicht dem Forscher, das Wissen Gebirg’ – das ganze Jahr menschenleer ist sein Bezirk –, einem Mann ohne Wissenschaft gleicht der Entseelte, da stets dem Unwissenden Lustgefühl fehlte. Durch die Wissenschaft erst wird der Mensch lebendig. Heil dem, der ausdauernd ist und beständig! (Ein Buch existiert in des Königs Schatz; Kalîle zum Büchertitel hat’s.) Wenn dem Menschen vor seiner Unwissenheit graut,
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ist die Wissenschaft Berg und Kalîle das Kraut. Du findst, wenn du suchst, was dir weist den Weg zur Wissenschaft, in des Schahs Bibliothek.« Als Burzûj dies vernahm, war er neubeseelt, zu Wind ward dem Blicke, was ihn gequält. Er dankte ihm, um gleich zum Raja zu rennen, so rasch, wie die Feuerbrände brennen. Er kam an und huldigte: »Die Majestät des Raja besteh’, solange Indien besteht! Ein Buch existiert, das befriedigt den Geist und das man auf Indisch Kalîle heisst; in der Schatzkammer liegt’s unter Siegel, voll Wert, das den Weg zu Einsicht und Wissenschaft lehrt. Für Kalîle war jenes Kraut nur Symbol. Der Herrscher von Hind ist so hilfsbereit wohl und befiehlt, dass der Schatzwart, wenn’s nicht missbeliebt aus der Bibliothek mir das Buch übergibt.« Dieser Wunsch verstimmte den Raja; er wand und er krümmte sich dort, wo er sich befand. Er sprach zu Burzûj: »Ein solches Verlangen ist an mich weder jetzt noch früher ergangen. Aber Schah Nȏšînrawân, er befehle: Verlangt er den Leib von mir und die Seele, ihm verweigern wir nichts, was immer es wäre, ob von höherer oder von niederer Sphäre. Doch am besten, du liest es vor uns, damit nicht: ›Das schrieb er ab‹ bei sich einer spricht jener Geister, der stets uns feindlich gesinnten; so lies und versteh und beschau vorn und hinten.« »Erhabener König«, erwiderte er, »was du sagst ist mir nötig, doch auch nicht mehr.« Der Schatzwart brachte herbei Kalîle und Burzûj blieb bei dem Weiser zum Ziele. 3504.2 auf Indisch: In C: auf Arabisch
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Welch Kapitel er aus dem Buche auch las, rezitiert er auswendig ohn’ Unterlass; mehr als das, was er im Gedächtnis geborgen, las er niemals bis zum folgenden Morgen. Kam von ihm das Buch zu dem Weltenherrn wieder, schrieb geheim ein Kalîle-Kapitel er nieder, bis dass gelangten durch dieses Mittel zu Nȏšînrawân die Inderkapitel. Sein Herz war freudig, sein Leib sonder Fehle, mit Wissenschaft wusch er die helle Seele. So, bis einen Antwortbrief er sah: »Ein Strom der Wissenschaft kam uns nah.« Vom Saal ging er nun in des Raja Gemach und suchte um Rückkehr-Erlaubnis nach. Als er sprach, war der Raja voll Höflichkeit und beschaffte ein indisches Ehrenkleid, von Arm- und Ohrenschmuck jeweils ein Paar, eine Halskette, die voll Juwelen war, eine indische Tiare, ein Schwert samt Scheide, die Stahloberfläche blitzend wie Seide. So kam aus Qannûǧ Burzûj sehr vergnügt, viel Wissenschaft war ins Gedächtnis gefügt. Als vom Wege er kam ins Empfangsgemach, trat voll Ehrerbietung er vor den Schah; er erzählt, was in Hind er gesehn und vernommen, wie an Stelle des Krautes das Wissen gekommen. Der Schah sprach zu ihm: »Du befriedigst mich ständig, Kalîle machte den Geist mir lebendig. Lass mir nur den Schlüssel vom Schatzwarte geben und was du benötigst, das magst du beheben.« Der kluge Gelehrte kam nun zu den Schätzen, doch ohne den Schatzwart in Pein zu versetzen. Da gab’s Dirhams, Juwelen gab’s rechts und links; eines Kleides begehrte er, sonst keines Dings; ein herrliches Königskleid zog er sich an
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und eilte zum Throne des Kasrâ sodann. Als er weiterschritt zu des Thrones Fuss, entbot er ihm huldigend seinen Gruss. Zu Burzûj sprach da der Schahrǝjâr: 3535 »Warum kommst du Juwelen- und goldbeutelbar, der viel Plage gehabt um den Schatz? Der Schatz gebührt dem, der die Plage gehabt, als Ersatz.« Dem König gab Burzûj zur Antwort darauf: »Deine Krone ist höher als Mondenlauf! Wer ein Königskleid findet zur Deckung der Blösse, findet hin auch zum Glück und zum Throne der Grösse. Sieht mich ferner einer im Königsgewande, das ja nicht übereinstimmt mit meinem Stande, wird das Herz der Feinde düster und bange, 3540 doch hell und farbig der Freunde Wange. Einen Wunsch hab ich aber an den Schah, auf dass mein Gedächtnis der Welt bleibe wach: Bûzurǧǝmihr soll dieses Buch niederschreiben und Burzûjs Bemühung nicht unerwähnt bleiben; im Anfangskapitel sei meiner gedacht, wenn des Königs Befehl solches möglich macht, dass mein Werk, wenn ich einmal gestorben bin, der gelehrten Welt nicht komm’ aus dem Sinn.« »Der Wunsch ist gross«, sprach der Fürst, »das ist richtig, 3545 und entspricht einem Mann, der nach Achtung süchtig. Hoch ist dein Bemüh’n seiner unwert nicht, wenn er höher auch geht, als dem Range entspricht.« Zu Bûzurǧǝmihr sprach drauf der Schah: »Es ist nicht gebührlich, dass auf diesen Wunsch man vergisst.« Wie zur Feder das Rohr spitzt der Schreiber, dem Titel des Buchs schloss er an ein Burzûj-Kapitel. Wenn man Königen Bücher schrieb, kannten sie damals einzig als Schrift das Pahlawî. In des Königs Schatzkammer lag es voll Wert, 3550 keinem Unwürdigen ward Einblick gewährt.
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Diese Lektüre auf Pahlawî blieb, bis man die arabische Sprache betrieb. (Als Ma’mûn die Welt erfrischt’ und erhellte,) für Sonne und Tag neue Masse aufstellte, mit der Kaie Geist, das Herz mȏbadhaft, gegürtet zu jeglicher Wissenschaft, ward Kalîle aus Pahlawî übersetzt ins Arabische, so wie sie vorliegt jetzt. Arabisch blieb sie bis zu Naṣrs Zeit, bis zur Zeit des Königs der Herrlichkeit; Abu’l Faḍl war seine rechte Hand, der als Wortschatzverwalter zur Seite ihm stand. Er gab den Befehl, Persisch oder Darî zu reden, was kaum zur Wirkung gedieh. Als er später es hörte, kam ihm ein Plan und als Führer trat der Verstand heran. Geheim und offen ging dahin sein Streben, der Welt von sich ein Denkmal zu geben. Einen Bucherklärer bestellten sie und das ganze Buch las man vor Rôdakî, der das Ungebund’ne in Verse schnürte und die Perle durchbohrte, die unberührte. Wer die Sache versteht, für den ist es Schmuck und für den, der sie nicht versteht, Gnade genug. Ungebund’ne Erzählung wird leicht verstreut, die in Verse gefasst, Hirn und Seele erfreut. In Ewigkeit lebe der machtvolle König und Raum und Zeit seien immer ihm fröhnig! Über Schah Maḥmûd ist das Herz beglückt, der den bösen Menschen das Leben bedrückt. Von Sorgen lass dir das Herz nicht beklemmen, denn fern ist es dir, das Schicksal zu hemmen; bald geht’s hoch hinauf, bald wieder ganz tief, bald geht es zur Lust und bald geht es schief, 3557.2 was kaum zur Wirkung gedieh: W: Der Urteilsspruch wurde wirkungslos.
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doch keines währt ewig von diesen zwein, du hast keine Hoffnung auf ewiges Sein.
Nȏšînrawân wird auf Bûzurǧmihr zornig und lässt ihn verhaften
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Nunmehr wirf auf Bûzurǧǝmihr den Blick, wie diesem mitspielte das hohe Geschick. Wenn dieses emporführt zum Himmel hoch, wirft’s schliesslich in elenden Staub ja doch. (In der Welt ist es so, bis du Urlaub kriegst, dass empor du bald fliegst, bald zu Boden liegst; wenn der Tod kommt, so kommst du gleich auf den Schragen, und was du auch sagen magst, hat nichts zu sagen.) So geschah es, dass Kasrâ an sicherem Tage aus Madâ’in sich fortbegab, damit er jage. Wildschafen und Rehn wurde nachgestellt; es verlief sich das Wild und er blieb auf dem Feld. Bûzurǧǝmihr war mit dem Schah auf dem Triebe, von wegen des Dienstes sowie auch aus Liebe. Vom Gefilde kam man in eine der Auen, in der Bäume und Pflanzen und Schatten zu schauen. Der Schah stieg sachte herab vom Pferde, dass nach heissem Ritte ihm Ruhe werde. Von der ganzen Gefolgschaft blieb bei ihm nichts mit der Ausnahme jenes schönen Gesichts. Der Schah schlief ein, wo da lag der Schatte, indem er den Kopf auf des Lieblings Schoss hatte. Am Arme des Weisen befand sich immer ein Armband voller Juwelengeschimmer; es trennte vom Arm sich die schwere Kette und fiel herab nah dem Zufallsbette. 3570 Schragen: Gestell, Liegefläche, im pers. Original (Toten)bahre 3578 des Weisen: Gemeint ist der König.
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Da kam aus den Wolken ein kohlschwarzer Rab’ 3580 und flog zu dem Lager des Schahs herab; er hielt Umschau und sah jenes Armband dort und den Juwelenverschluss riss er fort und die losgebrochnen Juwelen frass er, Rubinen und Perlen, so kostbar wie Wasser; er verschlang sie und schwang vom Lager sich auf und entschwand den Blicken unmittelbar drauf. Bûzurǧǝmihr, düster ob dieses Geschehens, war bestürzt ob der Folgen des Sphärendrehens; er ahnte, es drohten ihm Sturz und Bedrängnis 3585 und Tage des Schreckens und böses Verhängnis. Der Schah sah erwachend, in Düsternis wie er mit den Zähnen die Lippen zerbiss. (Er blickt auf den Arm und er sah keine Steine und Bekannte aus dem Gefolg sah er keine.) Da glaubt er, Bûzurǧǝmihr habe, der Weise, indessen er schlief, sie verschlungen als Speise; er sprach: »Wer hat dich, du Hund, informiert, verbergbar sei, was Natur destilliert? Ich bin nicht Ôrmuzd noch auch Bahman, du Schuft, 3590 mein Leib ist aus Erde und Feuer und Luft.« Der Weltherr bemühte die Zunge noch mehr, doch als Antwort begegnet nur Seufzern er. Bûzurǧǝmihr war ganz ins Welken gekommen durch den Schah und den Lauf, den das Schicksal genommen. Es hatt’ ihm den drohenden Sturz schon gezeigt; der Weise sieht nahendes Unglück und schweigt. Es umringte nunmehr die Au nach und nach das Gefolg’ und inmitten befand sich der Schah. 3589–3590 er sprach: … Feuer und Luft: Der Sinn dieser zwei Verse wird mir, so sehr ich sinnen mag, nicht klar. W: Er sprach zu ihm: »Oh Hund, wer sagte dir dies – dass die Durchseihung (Läuterung) der Natur es möglich ist zu verbergen? – Ich ein nicht Ôrmuzd (Jupiter) noch ach (oder gar) Bahman (?) – aus Erde (Staub, Kot) und aus Wind (Luft) und Feuer ist mein Leib.«
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Im Zorne bestieg nun Kasrâ das Ross 3595 und sah keinen einzigen an bis zum Schloss; er saugte die Lippe während des Ritts ob des Weisen und murrend verliess er den Sitz. Er hiess das Gesicht sie als Amboss behandeln und dem Weisen das Schloss ins Verlies verwandeln. Bûzurǧǝmihr sass drin gefangen gehalten und er sah das Gesicht des Himmels voll Falten. Er besass einen mutigen jungen Verwandten, einen am Hofe als Diener verwandten; Tag und Nacht war beim Vetter im Schloss er zumeist 3600 und dem Schah gegenüber im Reden dreist. Eines Tages fragte Bûzurǧǝmihr den Schützling des Schahs – dem Sonnenlicht glich er – »Sag mir, wie du bei dem Dienste verfährst, und lerne, dass du deinen Eifer noch mehrst.« Der Diener sprach: »Oh gelehrter Mann, es war so, dass heute Nȏšînrawân mir ein so böses Gesicht zugewendet, dass ich meint’, Schlaf und Essen hab für mich geendet. (Wie es meinem gewöhnlichen Brauche entsprach, 3605 goss ich Wasser klar auf die Hände des Schah.) Als er aufstand vom Tisch, hab ich Wasser vergossen und dem Boden ist Schaden so zugeflossen. Der Weltherr behandelte mich allerrauh’st, da entsank die Giesskanne meiner Faust.« Der Weise sprach: »Geh, bring Wasser und giess, als wäre die Hand des Königs dies.« Da brachte der Jüngling das Wasser, das heisse, goss es ihm auf die Hand, worauf der Weise zu ihm sprach: »Wenn du wiederum Wasser giesst, 3610 wär es gut, so du jeden Ungestüm liesst; erst wenn er mit Duft-Mundausspülen fertig, sei die Giesskanne dann wegzuziehn gewärtig.« Der Diener war sorgenvoll, bis die Schale er schliesslich hinhielt zum zweiten Male;
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er befolgte den Rat des Weisen beim Giessen, nicht zu langsam noch hastig liess Wasser er fliessen. Da sagte der Schah ihm: »Du Stets-Liebelicher, wer gab dir das an?« Er sprach: »Bûzurǧǝmihr. Er war’s, der in dieser Kunst mich beriet, 3615 wie der weit beherrschende Schah selbst sieht.« Er sprach: »Geh hin zu dem Weisen und frage: ›Weshalb bei der Ehrung und würdigen Lage suchtest du statt der Höhe die Niedrigkeit schlechten Kerns und mit unziemlichem Streit?‹« Der Diener vernahm’s und kam unverweilt ganz niedergeschlagen zum Oheim geeilt; Er berichtete, was er vom Schah vernommen, um von ihm den geheimen Bescheid zu bekommen: »Bei weitem besser ist meine Lage 3620 als die Lage des Schahs ohne alle Frage.« Der Diener ging fort, diese Antwort zu bringen, mancherlei überlegend zu diesen Dingen. Den König ergrimmte die Antwort, er liess ihn in Fesseln legen im dunklen Verlies. Ein zweitesmal fragte den Diener er dann: »Wie nimmt sein Geschick auf der unkluge Mann?« Der Diener kam, das Gesicht tränennass, und berichtete Bûzurǧǝmihr das. Also gab er Bescheid: »Dem König sage: 3625 ›Meine Tage sind leichter als seine Tage.‹« Wie der Wind eilte drauf der Geschickte zurück und berichtet dem Schah den Bescheid Stück für Stück. Wie ein Panter voll Wut ob der Antwort des Weisen befahl er einen engen Ofen aus Eisen, der innen voll Nägeln und Spitzen stak und auf dem eine eiserne Sperre lag. Kein Schlaf war zur Nacht, keine Ruhe bei Tage, die Seele voll Missmut, der Leib voller Plage. Der Schah sandte die Botschaft zum viertenmal, 3630 indem er ihm Antwort zu bringen befahl:
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»Sag ihm: ›Wie schaut jetzt dein Leib aus? Passt ihm das Nägelkostüm wohl, das du jetzt hast?‹« Der Diener kam, ihm die Botschaft zu sagen, die der starrsinnige Fürst ihm aufgetragen. Also gab er Antwort dem jungen Mann: »Ich lebe weit besser als Nȏšînrawan.« Als er wiederkehrte mit seinem Bericht, wurde fahl dadurch des Königs Gesicht; er wählt einen Verlässlichen aus dem Palaste, der des Weisen Rede hörte und fasste, ein Schwertzückender wurde mit diesem gesendet, als Scharfrichter in jenem Volke verwendet: »Geht hin und sagt dem armseligen Schuft: ›Hätte deine Antwort nur Farbe und Duft! Sonst kommt der Henker mit scharfem Schwerte, der das Kommen des jüngsten Tages dich lehrte! Du meinst, besser als Thron sei der Kerker doch, diese Nägel und Fesseln, dies finstere Loch?‹« In Eile kam der Gesandte an und bestellt’ ihm die Botschaft des Nȏšînrawân. Zu dem Reingesinnten sprach Bûzurǧǝmihr: »Mir wies nie das Glück sein Gesicht; das ist sicher, dass niemals so dieses wie jenes besteht und dass Gutes wie Böses zuende geht. Wozu harte Müh? Wozu Schätze und Thron? Wir schnüren das Bündel und müssen davon. Leicht fällt es, das schwere Leben zu lassen, doch die Kronenträger muss Angst erfassen.« Der kluge Mann und der Henker sonach kamen beide zurück zum erhabenen Schah; sie berichteten alles dem Schahrǝjâr, der voll Angst vor bösem Geschicke war; mit Erlaubnis des Reingesinnten nach Hause schafft man den Gelehrten aus enger Klause. Und eine bedeutende Zeit verstrich. Bûzurǧǝmihrs Antlitz runzelte sich,
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sein Herz wurde schwächer stets und beklemmter, beide Augen vor Sorgen, trüber, gehemmter; Da die Schätze den Mühen nicht gleichwertig blieben, geschah’s, dass ihn Kummer und Schmerz zerrieben.
Der Kaiser sendet eine verschlossene Kassette und Bûzurǧmihr erlangt durch Enthüllung ihres Geheimnisses die Freiheit wieder
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Es geschah, dass der Kaiser nicht lange darnach einen seiner Gesandten schickte zum Schah mit Geschenken und Spenden und Brief und durch Kette und Schloss festversicherter Schmuckkassette: »An Tapfern und Edeln hast du, oh König, und an weisen Mȏbads wahrhaftig nicht wenig; nun sagt, ohne dass ihr die Hand anlegt, was diese Kassette im Inneren hegt! Wir schicken Tribut, sagt ihr’s an, und auch 3655 ausserdem noch viel andres, wie’s unser Brauch. Doch sollt’ an der Lösung, wie’s nicht zu vermeiden, der Mut der Scharfsinnigen Schiffbruch erleiden, dann darf der Schah nicht Tribut exequieren und lasse kein Heer in dies Reich marschieren. Ich habe die Botschaft des Kaisers gesagt. Du erteil jetzt die Antwort, wie dir sie behagt.« Der Weltherr erwiderte ohne Säumnis: »Vor Gott ist auch dies wohl kein Geheimnis. Durch seine Macht wird auch dies mir gelingen. 3660 Ich will alle Reinsinn’gen zusammenbringen. Eine Woche bleib froh bei uns zurück und schmücke dein Herz mit Lust und Glück.« Doch war er von dieser Geschichte betroffen und versammelte Grosse und Philosophen. Nun sah man sie alle in jeder Art ringen nach einem Mittel, um einzudringen. Diese schlüssellose versperrte Kassette beguckten die Weisen so um die Wette.
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Schliesslich ward darin einig das Wissen der Männer: sie wurden Unwissenheitsbekenner. Wie die Ohnmacht der Vielen war dargetan, wurde missmuterfüllt Schah Nȏšînrawân; er sprach: »Dieses Schicksalsgeheimnis sicher ergründet durch Denken Bûzurǧǝmihr.« Da der König die Sorge peinlich empfand, befahl er dem Schatzwart, ein Prunkgewand aus dem Schatz zu beschaffen; ein Ross sodann, das der Grosskönig gerne ritt, sattelte man. Mit den Worten sandte er dies dem Gelehrten: »Versenk nun die Dinge, die dich beschwerten! Deine Zunge hat mein Gehirn erhitzt; wenn du von mir einigen Schaden erlittst, so hat dies das hohe Schicksal bestimmt; du handeltest selbst gegen dich ergrimmt. Eine wichtige Frage entstand mir; zu spalten ist sie völlig geeignet das Herz eines Alten. Eine goldne Kassette, versperrt und verriegelt in der festesten Art und mit Moschus versiegelt, überschickte der Kaiser uns aus Byzanz, und ein Namen habender Mȏbad des Lands sagte mir als Gesandter des Herrschers Willen: ›Das verborgne Geheimnis müsst ihr enthüllen durch der Weisen und Kaie Intellekt, was im Inneren dieser Schatulle steckt.‹ Ich sagte mir gleich: dies Rätsel kann sicher nur ein Einziger lösen: Bûzurǧǝmihr.« Als Bûzurǧǝmihr diese Worte hörte, blühte frisch sein Herz, das von Leid altverstörte. Aus dem Kerker kommend wusch Leib und Gesicht er und trat erstlich hin vor den Weltenrichter; er besorgte, es droh’ ihm vom König Gefahr, denn voll Zorn war der Fürst, er verschuldensbar. 3672.2 du handeltest … ergrimmt: Umstellung!
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Die finstere Nacht und den Tag blieb er wach, so wollte es nach seiner Botschaft der Schah. (Als die Sonne ihr Haupt erhob aus der Ferne,) beobachtete Bûzurǧǝmihr die Sterne. Das Herzaug wusch er mit dem Nass des Verstands und sucht einen getreuen Gelehrten des Lands. Er sprach: »Meinen Handel verdarb das Geschick und meine Leiden trübten den Blick. Sieh zu, wer des Weges kommt! Du verlangst von jedem den Namen und hab keine Angst.« Bûzurǧǝmihr trat aus dem Haus auf die Strasse. Eine Frau kam daher, schön mit Ebenmasse. Der gutsehende Kluge sagt dem Gelehrten, was diesem die Augen zu sehn nicht gewährten. Der Forscher sprach zu dem Fragenden itzt: »Forsch, ob einen Mann diese Schöne besitzt,« worauf die Reine zum Fragenden sprach: »Jawohl, einen Mann und ein Kind im Gemach.« Als die Worte der Frau vernahm der Gelehrte, bewegte er sich auf dem schnellen Pferde. Schon war eine zweite Fraungestalt nah; der Dolmetsch, befragte sie, als er sie sah: »Meine Liebe, hast du wohl Gatten und Kind oder lebst du allein, in der Hand nichts als Wind?« Sie sprach: »Einen Mann, doch kein Kind dazu; jetzt hast wie’s gehört und nun lass mich in Ruh.« Da zog des Weges auch schon eine Dritte und er kam auf sie zu mit freundlicher Bitte: »Meine Schöne, wer ist wohl dein Lebensgenoss’? Du schreitest so selbstbewusst zierlich drauf los.« Sie erwiderte: »Ich hab keinen Gatten; mein Gesicht zu sehn, will ich keinem gestatten.« Als Bûzurǧǝmihr diese Worte vernahm, gib acht, auf welche Gedanken er kam! Rasch mit düster’m Gesicht trat den Weg er an; man brachte zum Schah den forschenden Mann.
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Er befahl ihm, nahe dem Thron zu kommen; 3700 Kasrâs Herz war von schwerem Grame beklommen, er sah, die Augen des Weisen seien blind, und er zog aus der Leber kalten Wind. Der Schah begann um Verzeihung zu bitten, dass er schuldlos den Schaden durch ihn erlitten; von Byzanz und dem Kaiser sprach er zum Schluss, die Kassette erwähnt er und deren Verschluss. Bûzurǧǝmihr sprach zu dem Herren der Welt: »Strahle hell, solang sich der Himmel erhellt! Beruf zur Versammlung die klug gewandten, 3705 die Mȏbads sowie des Kaisers Gesandten; sodann werde vor den Herrscher der Welt die Kassette und vor die Gelehrten gestellt. Durch Gottes Kraft, der macht, dass man denkt, und der Wahrheit mir als Beruf geschenkt, sag ich euch den ganzen Kassetteninhalt und üb’ an Kassette und Schloss nicht Gewalt. Dem Geist – trübt das Aug sich auch, hat hellen Glanz er – dient die Wissenschaft immer als Panzer.« Durch die Rede ward froh des Königs Gemüte 3710 und sein Herz wurde frisch wie die Frühlingsblüte. Aus den Sorgen strafft er den Rücken empor, Gesandten und Kästchen beschied er sich vor, lud ein alle Mȏbads und klugen Leute, setzte vor den Gelehrten viele Gescheute, dann rief den Gesandten er mit der Order: »Richte die Botschaft nun aus und Antwort forder!« Da öffnete dieser Romäer den Mund und gab alle Worte des Kaisers kund: »Das Tun des siegreichen Weltenherrn 3715 findet Geist und Wissen und Ruhm nah und fern. Glanz und Würde des Weltherrn und Körperkraft sind bei dir und Grösse und Wissenschaft. Du hast weise Mȏbads, die dich beraten, und heldische königsgetreue Soldaten;
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alle Reinen sind an dem Hof hier vereint und du hast auf der ganzen Welt keinen Feind. Sehn die geisthellen Stolzen diese Schatulle mit diesem Verschluss und Aufdruck und Bulle, und sagen dann klärlich, was sie enthält, welche Dinge darin, wem Verstand ist gesellt: dann senden Tribut und Zoll unsre Lande und sie sind zur Tributzahlung wohl imstande. Bleiben sie jedoch stecken in diesen Belangen, dann dürft ihr von uns nicht Tribut mehr verlangen.« Als des Redenden Wort vernahm der Gelehrte, begann er, indem er mit Huldigung ehrte: »Immerdar sei der König der König der Welt, gelehrt und stetig dem Glücke gesellt! Dem Herren von Sonne und Mond sei Dank, der den Geist zum Wissen gelehrt den Gang! Geheimes und Off’nes, er weiss alles gleich; ich giere nach Wissen, er ist daran reich. Die Schatulle – drei Perlen beinhaltet sie, ganz abgesehen von einem Etui, eine Perle durchbohrt, eine nur bis zur Mitte, ohne jedes Verhältnis zum Eisen die dritte.« Der Romäer vernahm’s und den Schlüssel sodann bracht’ er bei und es schaute Nȏšîrwan: ein Etui war dieser Kassette Füllung und in dem Etui eine Seidenumhüllung; drei Perlen waren’s, die darin lagen, wie der Weise von Îrân es vorgetragen; eine war durchbohrt mit einem Loch, eine halb und eine unberührt noch. Da brach Beifall aus bei den weisen Leuten, die auf den Gelehrten Juwelen streuten. Dem Schah erstrahlten da seine Wangen, im Mund sah man schimmernde Perlen prangen. Doch sein Herz geklemmte sein früh’res Verhalten, er wand sich und sein Gesicht ward voll Falten.
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Warum war mit ihm er tyrannisch verfahren, von dem er nur Liebe und Treue erfahren? Als der Weise vergilbt sah des Grosskönigs Wangen und seinen Geist so vom Schmerze befangen, da brachte Geheimes er an den Tag und berichtete Kasrâ, was ferne schon lag: vom Armbande und von des Königs Schimmer, vom schwarzen Raben, des Untertans Kummer; er sagte: »Das sind halt des Schicksals Spiele, da nützen nicht Schmerz noch Reuegefühle; Gut und Böse beschliesst der Himmel ganz sicher: was gilt da der Schah, was gilt Bûzurǧǝmihr! Von der Saat, die Gott auf den Stern gesät, kommt die Schrift, die über dem Scheitel uns steht. Schah Nȏšînrawân leb in Heiterkeit! Von Schmerz und Gram sei er allzeit befreit! Wie sehr auch erhaben des Herrschers Person, erfreulich wird durch den Wesir der Thron. Aufgabe des Königs ist Kriegen und Jagen ferner Schenken und Rechttun und Lust bei Gelagen; er wisse, wie’s frühere Könige gehalten und kann demgemäss seine Pläne gestalten. Mit der Füllung des Schatzes, der Ordnung des Heeres, mit Reden und Müh’ des Parteienverkehres, mit den Haushaltssorgen und der Finanz befass der Wesir sich voll und ganz.«
Erkenntnisse Nȏšînrawâns
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So war Nȏšînrawâns Regierung bestellt; er war zugleich König und zugleich Held, zugleich ein Krieger, Gelehrter zumal und Feuerpriester und General; Kundschafter hielt er in allen Gassen; die Welt wurde nicht dem Wesir überlassen, nicht blieb ihm verborgen Viel noch Geringe noch Gut und Böse der weltlichen Dinge.
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Ein Getreuer von seinen Kundschaftern bemerkte einmal zu dem Weltenherrn: »Den Schuldigen behandelst du manchmal mit Glimpf und lässt ihn durch’s Wort auch nicht fühlen den Schimpf; ein andermal tadelst du ihn gegenteilig, 3755 ist sein Vergehen auch ganz verzeihlich.« Der Schah gab als Antwort diese Erkenntnis: »Wenn einer ablegt ein Schuldgeständnis, gleicht er dem Schwerkranken; wir sollen ihn heilen, doch vor den Arzneien wird er weinend enteilen. Eine Medizin macht ihn auch nicht gesund; von der Machtsucht heisst’s säubern den Seelengrund.« Ein andrer Mȏbad sprach: »Sei ohne Sorgen! Vor jeder Art Übel sei immer geborgen! Aus Gurgân kam der Feldherr in Heimlichkeit; 3760 er ging in einen Wald und schlief eine Zeit; anderswo war sein Tross, entblösst war er ganz, da kehrt’ er zurück ob Gepäcks und Proviants. Darauf gab er nachfolgende Erklärung: »Kein Gefolge zu haben ist keine Entbehrung. Wer sein Heer gehörig überwacht, hat für sich selber der Übel nicht acht.« Ein anderer sprach: »Sei stets glücklich zu preisen! Sitz und iss und trink und schlaf mit den Weisen! Ein steinreicher Mensch ist hier aufzuzeigen, 3765 dessen Schätze die deinigen weit übersteigen.« Er gab zur Antwort: »So ist’s auch genehm; dieser ist meines Königtums Diadem. Seinen Schatz, seinen Geist überwache ich und trachte, dass sie noch mehren sich.« Ein anderer sprach: »Oh Schah, hocherhaben, magst stets glücklich du sein und nie Schaden haben! Mit Romäergefangenen, die man gemacht, hat man auch noch säugende Kinder gebracht.« Er entschied dies so: »Es fällt, wer noch klein, 3770
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nicht in den Gefangenenbegriff hinein. Wir schicken sie wieder zurück zu den Müttern mit hinreichendem Geld, damit froh sie sie füttern.« »Hundert reiche Romäergefangene wollt’«, so schrieb man, »die Sippe loskaufen mit Gold.« »Wollen sie sie loskaufen«, sprach er, »aus Bangen, so mögt ihr für jeden, der kriegsgefangen, einen Becher Wein verlangen, nicht mehr, denn wir haben nicht Not nach dem Mehrbegehr. Was wir brauchen, das fordern wir mit dem Schwerte, 3775 Juwelen, Gold, Silber und andere Werte.« Sie sagten: »Unter den Städtern von Macht gibt’s zwei Kaufleute und zwei Drittel der Nacht gibt’s keinen, der ruhig zu schlafen vermag vor dem Lärm der Betrunknen und Zithernschlag.« Er sprach: »Ich finde daran kein Arg. Auch wer ausser ihnen an Gütern nicht karg, lebt alle so lustig und glücklich dahin in harmloser Lust und in sorglosem Sinn.« Eines Tages schrieb man: »Sei stets im Glück! 3780 Vor dir halte das Übel die Hand zurück! Der König von Jemen sagte im Saal: ›Öffnet Nȏšînrawân den Mund nur einmal, macht er, dass der Toten man viel gedenkt und die Seele der Lebenden gramgetränkt.‹« Er gab den Bescheid: »Gedenken der Toten ist jedem von Geist und Adel geboten. Wer die Toten sich aus dem Herzen wischt, ist ein Mensch, dessen Freundschaft leichtlich erlischt.« Einer sagte: »Dein jüngerer Sohn, oh Schah, 3785 ahmt nicht seines Vaters Gerechtigkeit nach; er schüttet die Dirhams aufs Grundstück hin und dessen Verkäufer ist wütend auf ihn.« Also gab er Antwort: »Das ist ganz verfehlt; es gehört ihm ja auch auf dem Grundstück das Geld.« Ein anderer sprach: »Schah von Seelenadel,
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der du fern bist von Schmähung oder von Tadel, du warst doch früher ein schüchterner Schwärmer, warum bist du an Ehrfurcht und Wärme jetzt ärmer?« Also gab er Bescheid: »Als ich Zähne entbehrt, hab ich mich durch das Lutschen von Milch ernährt; dann bekam ich die Zähne, ich wuchs und ward, kriegte Lust nach Fleisch, wurde stark und hart.« Einer sprach: »Ich begreif, du hast mehr als wir Macht, hast in Einsicht und Wissen es weiter gebracht; wodurch bist du den Königen vorgeeilt, dass das Auge der ganzen Welt auf dir weilt?« Also gab er Antwort: »Es ist mein Verstand, der macht, dass ich ihren Blicken entschwand. Vernunft, Wissen, Einsicht sind mir Wesir, Schatz der Boden, das Denken Schatzmeister mir.« Ein anderer sprach: »Dein Falk, Schahrǝjâr, erfasste am Tage der Jagd einen Aar.« Er gab zur Antwort: »Gerbt ihm das Fell! Weshalb mit dem Herrn wurde grob der Gesell? Auf einen Galgen häng ihn nur hoch, seine Übeltat verspüre er noch! Kein Untertan suche in Kampf und Streit gegenüber dem Schah Überlegenheit.« Noch ein Edler aus den Kundschaftern sprach folgendermassen zum Weltenherrn: »Als im Dämmern Barzîn mit dem Heere zog, kam des Weges daher ein Astrolog; er sprach also: ›Oh stolzer Mann, der sich brüstet, ein so zahlreiches Heer und derart gerüstet, wenn es dem Königshof wandte den Rücken, wird es keiner in diesem Leben erblicken.‹
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3789 du warst … Schwärmer: W: Ein Herz hattest du vordem voll Scheu. 3796.2 erfasste … einen Aar: Es könnte aber auch der Aar den Falken erfasst haben. 3803.2 wird es keiner … erblicken: Für den Sinn kann keine Garantie übernommen werden.
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Sein Spruch dazu war: ›Des Himmels Getriebe öffnet wohlwollend Gesicht ihm und Liebe; für Schätze und Heer und Barzîn ihren Herrn erlischt nicht von Sonne und Mond der Stern.‹« Ein andrer der Mȏbads aber sprach: »Es erging der Befehl einst, hoher Schah: ›Erwählt einen Mann aus edlem Geschlecht, der das Reich durchstreife mit billigem Recht’ und dem Hofe bringe eingehende Kunde, was an Gutem und Bösem geschieht in der Runde.‹ Gušasp ist ein würdiger alter Mann, der der Gerechtigkeit beistehen kann.« Also gab er Antwort: »Der hat von Begierde um die Mitte den Gurt mehr als not ihm sein würde. Erwählt einen Mann, der die Arbeit nicht flieht und sich selbst im Besitz von Vermögen sieht, einen Welterfahrnen, gesund und gerad, der vor allem für Arme Einsehen hat.« »Der Oberküchenmeister ist’s«, sagt einer, »der über Schah und Grosse klagt; ›Wonach ihm immer auch steht der Sinn, das koch ich und stell Schal’ auf Schale hin; er beriecht nicht, geruht nicht, die Hand auszustrecken, und der Königstreue zittert vor Schrecken.‹« Also gab er Antwort: »Dem Appetit spielt vielleicht vieles Essen übel mit.« Ein anderer sprach: »Es rügt’s alle Welt, dass der Grosskönig, wenn er Machtschau hält, ohne grosses Gefolg auszuziehen geruht; das Herz weiser Freunde wird drob voller Blut; vielleicht legt ein Feind sich in Hinterhalt und übt an ihm List oder kommt mit Gewalt.« Also gab er Bescheid: »Geist und Rechtlichkeit erhalten des Fürsten Person allezeit, und ist der Gerechte auch oft ganz allein, wird seine Geradheit ihm Wächterin sein.«
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Ein anderer sprach: »Oh dem Klugheit gesellt, der Feldherr Churâsân sprach auf dem Feld: ›Er holte den Ritter Zarâsp zurück; ich weiss nicht, worauf sah des Königs Blick.‹« Also gab er Bescheid: »Er betätigt nicht sich nach unserm Befehl und vergisst seine Pflicht. Ich gab ihm den Befehl, jedem Mann von Verdienst 3825 zu erschliessen den Schatz, Kapital und verzinst; wer beim Geben nicht voll seine Pflicht erfüllt, von dem wird der Glanz seines Fürsten verhüllt.« Ein anderer sprach: »Gegen jeden beweist der König Freigebigkeit, Grossmut und Geist; was hat, lang schon im Dienste, Mihrak wohl begangen, dass sein Lohn so gering ward und fahl seine Wangen?« Er erwiderte: »Gute Manieren verlor er und kehrte den Rücken dem Wesen von vorher; er kommt zu Hof, sitzt betrunken im Saal 3830 und hält nichts in der Hand als den Weinpokal.« Von den Kundschaftern irgend ein Mȏbad sprach: »Wenn gegen den Kaiser ein Heer führt der Schah, wählt er zu dem Kriege Îrânier allein; durch Byzanz geht Îrân so gewaltig ein.« Er erwidert: »Es ist zum Erbfeind geschaffen und es zieht zum Kampf mit Ahrîmans Waffen.« Vom Schah bemerkte ein anderer, er wolle anders als sonst die Könige das Heer: »Wer möchte als Krieger dir wohl gefallen 3835 von den Leun, den rosstummelnden scharfer Krallen?« »Nur ein krieg’rischer Reiter« sprach er, »kann mir passen, den niemals Kampfüberdruss darf erfassen, der durchhält beim Gelag und durchhält in Gefechten, bei leuchtendem Tag und in schwarzen Nächten; seine Stärke wird minder nicht dann, wenn es gilt, und es macht Viel und Wenig nicht trist ihn noch wild.« Ein anderer sprach: »Oh Schah Nȏšînrawân,
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deinem Glück halte froh stets die Jugend an! Am Hofe war ein Mann aus Nisâ, angestellter Beamter von Basâ; zirka dreihundertausend Dirham wog seine Schuld, als der Dîwân die Abrechnung pflog; er durfte die Dirhams da nicht verzehren und Soldaten, Schatzmeister und Mȏbad versehren.« Als der Schah davon Kunde erhielt, vom Schatzbeamten verlange ein Mȏbad Ersatz, hiess er ihn unbesorgt sein ob des Verzehrten, da sie aus dem Schatz ihm Ersatz gewährten. Einer sagte: »Ein Reiter wurde verwundet, war lang krank an der Wunde, doch ist gesundet; er griff die Romäer an vor den Reihn und fiel und es sind seine Kinder noch klein.« Da befahl er, dass seines Schatzes Kasse tausend Dirham die vier beziehen lasse: »Sollte irgendeiner im Kampfe sterben und hinterlässt kleine Kinder als Erben und der Schatzwart liest ihn in seinen Büchern, so ist dieser Bezug den Kindern zu sichern; so sind an sie jedes Jahr zu vier Malen aus dem Schatz tausend Dirham auszuzahlen.« Einer sprach: »Jahr und Mond seien glücklich dir! In Marw hat ein Heeresoffizier viele Dirhams gesammelt und gibt sie nicht aus; aus dem Lande die Leute zerstreu’n sich nach Haus.« Also gab er Antwort: »Jenes Geld, durch das Mind’rung die Mannschaft des Lands befällt, geb er jenem zurück, dem er es entführt, und es werde hernach in Marw proklamiert: ›Vor seinem Tor werd’ ein Galgen errichtet, dass das Heer und das ganze Land ihn sichtet! dass lebend daran der Verbrecher büsse, nach unten den Kopf und oben die Füsse, damit künftighin niemand meine Gesetze
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von den Offizieren des Heeres verletze.‹ Weshalb aus dem Blute der Armen Schätze? Und die Seele in Qual, dass der Leib sich ergötze?« Ein anderer sprach: »Schah, der Gott verehrt, vor der Tür ist gar mancher, der Recht begehrt und drum zum gerechten Herrscher fleht und zu Gott sich wendet in seinem Gebet.« Er gab ihm zur Antwort: »Gott sei Dank! Denn es ist vor mir doch niemandem bang. Jene mehr zu beachten ist unsre Pflicht, ob sie nun schuldig sei’n oder nicht.« Einer sagte: »Oh Schah, seiner Würde bewusst, voll Geflöts ist die Welt und Gelags vor Lust; jeder, ob mächtig oder Untertan, wird betäubt, kommt die Nacht mit Gelärme heran.« Er gab zur Antwort: »Durch uns guter Dinge seien überall so Gross wie Geringe.« Einer sprach: »Oh König, den Tugenden adeln, es suchen Verleumder auch dich zu tadeln; ›Er verschwendet unnütz den Schatz‹, meinen sie, ›und Schätze sammeln sieht man ihn nie.‹« Er gab zur Antwort: »Versucht’ ich das Gold, mit dem meinen Schatz ich ausrüsten sollt, zurückzuhalten von würdigen Leuten, würd es schliesslich statt Nutzens Schaden bedeuten.« Ein anderer sprach: »Ich wünsch’, hoher Fürst, dass, solange du lebst, du geschädigt nicht wirst. Deine Feinde sind sowohl Juden wie Christen, sie sind doppelzüngig und Ahrîmanisten.« Er gab den Bescheid: »Ohne Gnadenschutz ist auch Stärke dem König zur Grösse nichts nutz.« Ein anderer sprach: »Oh König so hehr, dreihunderttausend Dirham wenn nicht mehr hat Mardûj aus dem Schatz an die Armen verschenkt, wobei er sich selber hauptsächlich bedenkt.«
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Er sprach: »Das entspricht ganz meinem Gebot, denn Freigebigkeit gegen Würd’ge tut not.« Einer sagte: »Oh Schah, den kein Missgeschick kränkt, der Schatz ist ganz leer, weil man gar so viel schenkt.« Er gab den Bescheid: »Eine Hand, die weit offen, lässt neue Blätter und Zweige erhoffen. Wenn ein König die Gottheit verehrt und liebt, so öffnet die Welt ihm, was es nur gibt. Gegen den, der karg ist, kargt auch die Welt; mein Sinn ist auf Gier und Geiz nicht gestellt.« »Dreihunderttausend Dirham mit Müh’ hat der edle Qarâchân aus Balch-i Bâmî«, sprach einer, »oh König, herausgebracht und wir haben sie alle dem Schatz übermacht.« Er gab den Bescheid: »Uns ist das Geld nicht so nötig, dass einer in Trauer darob fällt. Wem er es wegnahm, dem sollt ihr es geben, aus dem Schatze setzt das, was er will, noch daneben. Denn ein Weltgebieter, der Gott verehrt, will nicht, dass den Untertan Schmerz versehrt. Von Grund aus reisst ein sein Schloss, das so prächtig, und durch Schlamm macht das Dach ihm reich und mächtig! Diese Schlosswüste sei, was die Mühe ihm trug, von der Mühe bleibt nichts als Hauch und als Fluch. Seinen Namen tilgt aus des Dîwâns Rollen! Ein Mann wie er hat vom Hof sich zu trollen.« Einer sagte: »Oh König aus edelster Sippe, von Ǧam und Kâwȏs spricht viel deine Lippe.« »Es ist richtig«, sprach er, »dass es so sich verhält, denn für meine Ahnen ist Zeuge die Welt. Ich sage dies deshalb, dass nach meinem Tod Diadem und Helm nicht Vergessenheit droht.« Einer sprach: »Weshalb vor dem stolzen Bahman verhüllt Îrâns Schah sein Geheimnis dann?«
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Also gab er Antwort: »Er wandte sich ab vom Verstand, indem er der Lust sich ergab.« Einer sprach: »Oh Schah, der Geringe schätzt, weshalb wurdest du gar so schwerfällig jetzt?« Er gab zur Antwort: »Der kluge Gelehrte und der Mȏbad sind’s, womit gern ich verkehrte. Drang Ahrîmans Stimme ans Ohr, so schwand aus dem Herzen die Einsicht, aus dem Hirn der Verstand.« An den König des Land’s stellt ein Mȏbad Fragen, über Reich und Glauben etwas zu sagen: (»Religionslos ist besser als herrscherlos sein;) darein stimmt ein jeglicher Kluger wohl ein.« Er gab den Bescheid: »Was ich sagte, nicht heute erst, hörten von mir frommgesinnte Leute. Religionslos sah kein König die Welt, wenn ein jeder auch anderen Glauben erwählt, mag dieser auch Götzen, derjenige Gott anbeten, jener den Vorzug des Fluchs vor dem Segen vertreten. Durch Reden wird die Welt nicht verwüstet; sag, was dir im Innern des Geistes nistet. Ist so der Fürst religionslos, so wollen alle Leute ihm niemals Beifall zollen. König und Religion, das lässt sich nicht scheiden wie Leib und Seele; die Welt ruht auf beiden.« (Ist ohne Kronenträger der Thron, verfangen nicht Weisheit und Religion.)«
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3896 Religionslos … herrscherlos sein: Der 1. Halbvers kann heissen: »Ohne Religion (oder: ein Mann ohne Religion) sucht nicht einen schlechten Herrscher (eventuell Schlechtes für den Herrscher)«, zieht man aber das 1. Wort des 2. Halbverses in den 1. (man kann es dann trotzdem als Subjekt des 2. Halbverses mitverwenden), so heisst es: »Ohne Religion sucht nicht der verständige Mann einen schlechten Herrscher.« Ich habe wegen dieser Unklarheit die Fassung C gewählt; W: »Ohne Religion ist die Welt besser als ohne Herrscher.« 3904.2 verfangen nicht … Religion: In C – wo dieser Vers nach 3905 zu stehen kommt –: »hat Weisheit und Religion keinen Wert.«
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Einer sprach: »Oh du wohlgemuter Schah, der vor den Grossen schon vieles sprach, du sagtest darunter: ›Das Schicksal bin ich; auf mich gründet Gutes und Böses sich, und segnet jemand die Welt vor Glück, kehrt heimlich sein Segen zu mir zurück.‹« Also gab er Antwort: »Ja dies ist nicht ohne; das Haupt des Königs ist Schicksalskrone. Die Welt ist der Leib, das Haupt Schahrǝjâre, deshalb sitzt auf ihrem Haupt die Tiare.« Einer sprach: »Oh Schah, der zum Volke Liebe nährt, lange seien dir Herrschaft und Leben gewährt! Oh Leuchte des Geistes, fünf Tage schon sind’s, dass der Obermȏbad nicht kam, hoher Prinz.« Er sagte: »Ich werde dadurch nicht geschädigt, da er meine Affären indessen erledigt.« Einer sagte: »Oh Schah, hell wie Sonnenlicht, wie dich bringt die Zeit einen zweiten nicht! Wir sehen von den Rechtsuchenden einen hier am Hofe an jedem Morgen erscheinen; er lässt niemals ab von seinem Gebaren; wir wissen den Schaden nicht, den er erfahren.« Er gab die Antwort: »Weil im Ḥiǧâz sich ein Dieb seine Reiseeffekten erlas. Ich hab ihm Ersatz aus dem Schatz gegeben, damit er nicht brauche in Sorge zu leben, und ich halte ihn aus dem Grund bei der Tür, dass den Dieb, wenn er kommt, er vielleicht agnoszier.« Ein anderer sprach: »Oh Schah edlen Geschlechts, du Herr des Schenkens und Herr des Rechts, seit der Zeit des Kajômarṯ hat sich bis jetzt kein Mann wie du auf den Thron gesetzt.« Er sagte: »Ich habe Gott Dank abzustatten, 3907 vor Glück: Die beiden letzten Worte nicht im Original. 3918.2 agnoszieren: lat.: agnoscere, (wieder)erkennen; österr.: identifizieren
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dass alles, so wie er es will, ging vonstatten.« Dies ist der Schah-Aussprüche Beendigung. Die Welt ist greis, unser Denken bleibt jung. Mein Wesen hat nicht, da es hitzig, geblüht, im Alter ist feuervermischt mein Gemüt. Ich hab lange an diesem Buche gedichtet, das von Kȇwân und Sonne und Mond nicht gesichtet. (Es hat keiner auf Erden seiner gedacht, nicht am offenen Tag noch in heimlicher Nacht.) Doch da Maḥmûds Name am Anfang thronte, erfüllte sein Lob alle Horizonte; mag sein Schicksal nun durch seinen Namen erblühn! Seine Krone lass freudig den Himmel erglühn! Wenn Maḥmûd von der Kanzel die Predigt hält, neigt zum Glauben Muḥammads die Christenwelt. Den Götzenverehrern von Hind entzieht er die Welt mit dem Schwert, das wie Seide glüht. Den Brief nun des Königs Nȏšînrawân lies und halte dich hellgeistig daran!
Nȏšînrawân erteilt seinem Sohn Hurmuzd Ratschläge Dem Schreiber befahl Kasrâ einen tief das Herz ergreifenden Schreibebrief: »Von des sonnengesichtigen Schahs Majestät, dessen hohem Willen der Himmel sich dreht, von dem Weltgebieter mit Seelenadel, dem Schätze ausstreuenden sonder Tadel, der Ruhm und Thron des Qubâd noch mehrt, der Gerechtigkeit Krone trägt und Schwert, der in Glanz und Würde und Klugheit prangt, jeden Wunsch durch die Krone der Grösse erlangt, an den edlen Hurmuzd, unseren Sohn, der von Herzen entgegennimmt unsern Sermon! 3925.2 nicht am … heimlicher Nacht: W: weder öffentlich noch im Geheimen
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(Dieser Segensbrief schickt sich für unseren Sohn, den Gelehrten voll reiner Religion). Durch Gott sei er froh und im Glückesschimmer, Weltgebieter mit Krone und Thron sei er immer! Im glücklichen Monat am Churdâd-Datum bei günstigem Stern, welterleuchtendem Fatum setzen dir wir auf’s Haupt die goldene Krone, so wie sie mein Vater vererbt seinem Sohne und auch des Segens werde gedacht, den der Krone der edle Qubâd gebracht. Sei wachen Sinnes und beherrsche die Welt, vernünftig und weise, nie Schädigung gesellt; nimm zu an Wissen und Gott verehre, er sei’s, der den Geist dir leite und lehre. Ich fragt’ einen Mann von Redegewalt – an Verstand war er und an Jahren alt –: ›Wer von uns kann am nächsten zu Gott gelangen? wo wird zu ihm der feinste Pfad wohl begangen?‹ Er antwortete: ›Du musst Bildung wollen, soll der Allesernährer dir Beifall zollen. Der Unwissende ist nur ein Erdenkloss, durch Wissen wirst Edlen genehm du bloss.‹ Der Schah wird durch Wissen des Thrones Zier. Das sieghafte Glück erringt Wissen dir. Hüte dich vor einem Vertragesbruch! Kot ist des Vertragsbrechers Leichentuch. Wen keine Schuld trifft, den strafe nicht! Leih das Ohr nicht dem, der verleumderisch spricht. Zu nichts als Gerechtem erteile Befehle; denn die Gerechtigkeit erfreut deine Seele. Lass nicht zu, dass die Zunge in Trug sich verfange, wenn du willst, dass der Thron durch dich Leuchtkraft erlange. Besitzt ein Untertan wertvolle Habe, sieh, dass er deshalb keine Sorgen habe. 3939 am Churdâd-Datum: Am 6. Tag des Monats
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Fremdes Gut ist der eigenen Schätze Verderb; es mache nur froh dich dein Arbeitserwerb. (Wenn der Untertan Vermögen besitzt, ist des Königs Herrschaft fest gestützt.) In deinem Schutz möge jedermann leben, er sei voller Stolz oder untergeben. Tut einer dir Gutes, so musst du’s vergelten. Deines Freundes Feind hat als Feind dir zu gelten. Und räumt dir die Welt hohe Wertung ein, denk an Körpermüh und an Unglück und Pein. Vergängliche Wohnung ist’s allezeit, keiner haust darinnen in Sicherheit. Trachte nach Tugend und sitz mit gelehrten Greisen, willst du, dass das Glück sich dir hold soll erweisen. Nach Wissenschaft strebe, durch sie werde gross, willst du nicht, dass das Böse verderbe dein Los. Halte jenen wert, der sein Leben als Schild gegen deine Feinde hin vor dich hielt. Du musst, willst die Königskrone du tragen, mit Güte den Weg zum Besten einschlagen. Du sollst immer dir einen Weisen gesellen, deinem Leib, deiner Seele gleich ihn stellen. Auch den Grossen und Kaufleuten weit und breit werde zuteil die Gerechtigkeit. Wem nicht Tugend und Adel zu Eigen fiel, des gedenke du weder wenig noch viel. Gib dem Mann ohne Wert nicht die Rüstung zum Kriegen; verlangst du zurück sie, wirst du sie nicht kriegen; dem Feind wird freundschaftlich er sie übergeben, du wirst doppelt ein Peinlich-Schweres erleben: er trägt zum Kampfe mit dir deine Waffen und will, du sollst auch noch Sold ihm beschaffen. Beschenke die Leute mit traurigem Blick, vermeid Böses und fürchte ein Missgeschick. Spür aus, was im Herzen Verborgnes dir ruht.
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Zeig nicht obenhin Rechtsinn und Edelmut. Tu stets Gutes in angemessener Weise. Dein Gehör finde stets der erfahrene Weise. Einem Glauben neig’ zu und beobacht’ ihn gut; aus dem Glauben entstehen oft Neid und Wut. Die Ausgabe muss nach dem Schatze sich richten; quäl dein Herz nicht damit, ihn höher zu schichten. Sieh zu, wie’s die früheren Könige getrieben; du hast nur Gerechtigkeit für immer zu üben. Ungerechter Könige Los ist Verfluchen; du sei schon gerecht, ohne Fluch zu suchen. Wieviel der gekrönten Könige schwanden und wieviele der grossen und glücklichen Granden! Als Erbschaft von ihnen verblieb nur ein Wort. Die vergängliche Welt bleibt keinem am Ort. Befiehl nicht unnützes Blutvergiessen, noch dass die Truppen zum Kriege vorstiessen. Beacht diesen Brief, der des Rats viel enthält! Klammre nicht dich an die vergängliche Welt! Nach deinem Besten geht unser Wille und dass sich dein Sinn mit Weisheit fülle. Den Weg von Sonne und Mond des Herrn schreite fort! Halt die Macht des Dȇws dir fern! Diesen Brief halte vor dir Tag und Nacht! Dein Verstand sei zum Richter des Herzens gemacht! Weisst du bei der Nachwelt ein Denkmal zu finden, wird Grösse aus deinem Namen nicht schwinden. Der Herr der Güte mög dich beschützen, von Raum und Zeit mögst die Gunst du besitzen! Deinem Willen nach drehn sich die hohen Sterne, fern bleib bösem Tun und dem Missgeschick ferne! (Dass dem Kummer ins Herz der Zutritt fehle! Nie verkürzt sei die Macht des Frohsinns der Seele! Das Geschick soll dir ewig Gehorsam zollen, das Haupt deiner Feinde zu Boden rollen! Sei der Stern deines Glücks in der neunten Zone!
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Mond und Muštarî Schatten deinem Throne! Die Welt wird von deiner Krone erhellt; vor den Thron sind dir zum Dienste Könige gestellt.)« Er übergab dies dem Schatz, als es fertiggeschrieben, von der Angst vor Vergänglichkeit getrieben. Mit Einsicht, Verstand und Gerechtigkeit bemüht sich der König Bescheidenheit und mit Kampfesmut und Stärke zu einen und mit Gottesfurcht und dem Glauben dem reinen. Wer ist’s, der all dies zu besitzen weiss? Siehst du einen solchen, gebührt ihm Preis. Suche den: von Muštarî hat den Glanz er, er erobert die Welt mit Schwert und mit Panzer; die Welt nimmt er götzenverehrenden Heiden, umwindet sein Herz mit des Glaubens Seiden. Jetzt freilich ist Freigebigkeit existent, da die Welt Maḥmûd den Gebieter nennt; ob das Fest er aufsucht oder die Schlacht, dies ist’s, was zum Weltenverteiler ihn macht, Abu’l Qâsim den Weisen im Siegesglück; dass die Welt immerzu sein Anblick entzück’!
Fragen der Mȏbads an Nȏšînrawân und seine Antworten Einem Pahlawî-Sprache verstehenden Mann kam bei Reden und Tun hohes Alter heran, der nach einem Pahlawî-Buche sagt: Ein Mȏbad hat Nȏšînrawân gefragt: »Was ist’s, worauf beim Schöpfer der Welt der Verehrer im Stillen die Bitte stellt, dass er diesem Wunsche Erfüllung gewähre und durch die Gewährung das Glück ihm beschere? Eine Hand empor zum Himmel gehoben, erfleht von dem Weltschöpfer droben, er möge des Wunsches Erfüllung schauen, beide Augen voll Wasser, voll Falten die Brauen.«
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Der siegreiche Schah sprach zum Mȏbad: »Lass das Gebet zu Gott bewahren das Mass. Wenn die Wünsche einmal das Mass überfluten, wird das Herz infolge der Wünsche bluten.« Er fragt: »Wem ist Gutes am meisten gebührend, wer den Namen der Grösse am würdigsten führend?« Er gab zur Antwort: »Wem mühelos ein verstreuter Schatz fiel in den Schoss und er schenkt nicht: dem fehlt Thronwürdigkeit 4010 und sein Schicksal wird düster von Zeit zu Zeit. Durch Reichtum und Schenken wird gross ein Mann; wenn du hast, so verschenk, und häufe nichts an.« »Wo ist die Vernunftwurzel«, fragt er, »zu sichten? Wer erfreut sich an ihren Blättern und Früchten?« Er gab zur Antwort: »Froh ist, der gelehrt ist, wem Bescheidenheit ferner mit Adel beschert ist.« Er fragte sodann: »Wem nützt das Gelehrtsein? Wer kann ohne Wissen und doch unversehrt sein?« Er antwortete: »Wird der Verstand ernährt, 4015 dann wird auch dem Leben Nahrung gewährt. Durch Verstandesfülle wird nützlich das Leben, seine Kargheit wird Angst, Schmerz und Unglück ergeben.« »Ist Wissen des Thrones Glanze vorzuziehn? Denn des Schahs Glanz und Grösse schmücken ihn.« Also war die Antwort: »Mit Glanz Wissen hält unter seinem Fittich die ganze Welt. Sind Vernunft, Ruhm und Glanz und Adel bei dir, denkt der Himmel dein von wegen der vier.« »Welche Könige«, fragt er, »sind Thronesschmuck? 4020 Und welche erfreuen das Glück nicht genug?« Also gab er Antwort: »Erstens mach’ sich den Herrn der Welt geneigt der Schah; zweitens Freigebigkeit, Wissen und Recht und Sitte, ein Herz, gnadenvoll Recht suchender Bitte; sechstens gebe er jenem hohen Rang, dem durch Gutes sich würdig zu machen gelang;
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siebtens: vom Guten und Schlechten der Welt bleib ihm nicht das Mindeste unerhellt; achtens soll er den Feind nicht vom Freunde scheiden; für Könige ist’s gut, jede Schädigung zu meiden. Hat er Glanz, Verstand, Glück, Religion, ist er würdig der Krone und ziert den Thron. Doch wenn du der Tugenden nicht bei ihm find’st, ist er ganz ohne Ehre und ohne Verdienst, wird nur Schimpf sein, was er beim Tod hinterliess, und er kommt nicht ins selige Paradies.« Er befragt über die ihn, die wohlgeraten und edel, mit guten und schlechten Taten. »Gier und Not«, so gab er darauf den Bescheid, »sind zwei böse Dȇws und von Hartnäckigkeit. Wer zum Sehnsuchtsziel macht den Überfluss, dem werden die Dȇws zur Natur zum Schluss. Auf Gemeinheit und Pein war dein Wille gerichtet, wähltest du auf Erden den Schatz, der geschichtet. Wie ein Hilfloser ist auch ein Dȇw voller Not, da beiden dasselbe Naturgeschick droht.« Er fragt: »Welche, wieviele Arten von Sprachen gibt’s, deren ein Teil uns kann weinen machen, ein andrer Teil Schatz ist und Ruhm und Kron’; dieser macht uns zu Traurigen, jener zu Froh’n.« Er antwortete: »Der Gelehrte trennte die Sprache und fand ihre Denkfundamente. Verkehrssprache erstens der Nützlichkeit; er nennt’s schöne Sprache; sie wirkt kein Leid. Zweitens: das was man Vertragssprache nennt, was man als beredt und scharfsinnig kennt, eine Sprache, die viel sagt, was zielvoll ist, und die die Welt lang nachher nicht vergisst. Drittens: die Gelegenheitssprache sodann; der erweist das ganze Jahr Ehre man. 4038 Vertragssprache: Wolff: Vertrauensrede (?)
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Viertens: was der Gelehrte episch heisst und den Dichter einen Mann von Geist, der ganz in gebundener Rede spricht, die Geschichte selbst sei nun neu oder nicht, fünftens: warme Herzenslyrik, die süsszungig feinklingende Poesie, die ein Wort in das andre webt und die alles erreicht, was das Herz erstrebt.« Er sprach zu ihm: »Du wardst vieles gelehrt und dein Geist durch Wissenschaft aufgeklärt. Du stellst an Unwürdige ebenfalls Fragen; wo endet die Wissenschaft, musst du mir sagen.« Er antwortete: »Was man Lernen heisst ist Schuldenbezahlung von Seele und Geist. Halt dich ferne von Sünde, dann werde gelehrt; mehr als Thron und Krone ist Wissenschaft wert.« Er sprach zu ihm: »Ich sah keinen noch loben von wegen des Lernens und glanzumwoben, keiner sagte, er stehe auf so hoher Stätte, dass er Weise zu hören nicht nötig mehr hätte.« Er gab zur Antwort: »Wer Schatzüberdruss erringt, der bezwingt wohl den Staub am Schluss. Das Wissenstor ist über Schätze zu werten und ist auch geachteter bei den Gelehrten. Ein Wort bleibt von uns als Denkmal; gleichsetzen darfst du also die Wissenschaft nicht den Schätzen.« Er sprach zu ihm: »Die Jugend verlieren muss man mit Studieren und Memorieren.« Er gab den Bescheid: »Den Gelehrten verjüngt, den greisen, die Wissenschaft unbedingt. Ziehst dem Toren den Jüngling du vor, ist es richtig; denn ausser dem Grab ist sein Staub ganz nichtig.« Er sagte: »Von dem, was zugestossen 4041 episch: dichterisch, herzerfreuend
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den Königen, sprachst du viel vor den Grossen. Jetzt erwähnst du ihrer Namen noch mehr, doch seufzst beim Erwähnen du tief und schwer.« Er gab zur Antwort: »Es war nicht mein Sinn, dass der eignen Maxime ich Lob abgewinn, mit dem Schwerte des Rechts die Welt zu erfassen, so zu gehen und niedrig sie zu verlassen.« Er sprach zu ihm: »Mit allen vordem mehr darüber zu reden, war dir genehm; jetzt weisst leicht du darüber hinwegzugleiten und schweigst von den neuen wie alten Zeiten.« Er erwiderte: »Mit den Worten ist’s Schluss, weil in Taten ich Stütze jetzt suchen muss.« Also sprach er: »Man pflegte zu Gebeten früher nicht so lang vor das Feuer zu treten; man sieht euch nun beten in grösserer Menge und laute Gebete ziehn sich in die Länge.« Er gab zur Antwort: »Der Gott, den ich glaube, hebt des Verehrenden Haupt aus dem Staube; er macht, dass der Himmel sich um sich dreht und die Welt ihm dienstbar zu Füssen steht. Wenn der Knecht nicht weiss, wie kostbar er sei, sei er nicht von Schmerz und von Missgeschick frei.« Er sprach zu ihm: »Seit dir ward Königsrang, was steigerte dir für den Schöpfer den Dank, dass vermehrt dadurch wurde deine Lust und blutvoller das Herz in der Feinde Brust?« Er gab zur Antwort: »Es sei Gott gedankt, dass wir ein gutes Geschick erlangt. Keiner trachtete vor mir nach einem Mehr; ich rief und vom Bösen ward die Hand leer. Der Feind wird im Kampfe mit mir bedrückt, wenn er meine Keule, mein Vorgehn erblickt.« Er sprach: »Beim Kampf gegen Osten gewandt war so mutig dein Herz und so schnell deine Hand; doch als dann dem Westen dein Kampf wieder galt,
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da übtest Geduld du und Aufenthalt.« Er gab zur Antwort: »Ein Mensch, der noch jung, denkt wenig an Mühsal und Peinigung; doch wem einmal sechzig Jahre beschieden, der soll nur stillesitzen in Frieden. Dem Weltenherrn und Ernährer sei Dank, von dem Gut und Böse nimmt seinen Gang, dass wir Tüchtigkeit in der Jugend besassen, Glück und Unglück keine Bedeutung beimassen; jetzt im Alter muss die Welt durch das Denken, durch Einsicht und Schätze und durch Verschenken unserm klugen Willen zu Füssen liegen; des Himmels Lauf ist uns Panzer im Kriegen.« Er sagte: »Die Könige früherer Epochen haben gerne geheim und offen gesprochen; ihr liebt wenig Worte, verheimlicht viel, mehr als den früheren Edlen gefiel.« Er erwidert darauf: »Jeder Fürst auf dem Thron, mit des Weltenernährers Religion, soll sich selber Pein und Sorgen nicht machen; der die Welt geschaffen, wird sie schon bewachen.« Er fragte: »Manch herzfrohen Fürsten erblicke ich sorgenvoll bei dem heut’gen Geschicke.« Er gab zur Antwort: »Des Unheils Sichdrehn lässt kein Mann von Verstand zu Herzen sich gehn.« Er fragte: »Es wussten die Könige, die alten, Kriegsgedanken bei Festen wohl auszuschalten?« »Weil sie«, sprach er, »wenn sie beim Becher sassen, dabei vollkommen des Ruhmes vergassen; Ruhm hat Sieg bei mir über den Becher empfangen; mein Geist ist der Zeit entgegengegangen.« Er fragte: »Waren die Träger von Kronen die Hüter stets den eignen Personen, mit Arztkunst und Drogen und Arzeneien, dass nicht besudelt die Tränen seien?« Er erwiderte: »Man hat jene Frist,
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die vom kreisenden Himmel bestimmt einem ist; Arzeneien sind da nicht angebracht; das kreisende Schicksal hat auf ihn acht. Ist einmal die Zeit zum Gehen gekommen, wird, sie aufzuhalten, Vorsicht nicht frommen.« Er fragte: »Wir stehen gar oft im Gebet und der Weltenschöpfer wird angefleht; doch bist du niemals ganz froh dabei und dein Geist ist keineswegs sorgenfrei.« Er verneinte: »Mit dem sich drehenden Gewölbe ist das Herz des Königs ein und dasselbe. Ich fürchte, dass, wenn mich einer preist, die Furcht vor uns mache beten den Geist. Mehr Lobpreisungen braucht’s nicht als die ergehn; Volksherzensgeheimnis will ich nicht erspähn.« Er sprach: »Wann ist man über Söhne erfreut und sehnt sich nach Stammesverbundenheit?« Er antwortete: »Aus der Welt nicht verschwindet, wer sich durch einen Sohn auf ihr noch befindet. Wer Söhne besitzt, dem ist Lust beschieden und von wegen der Lust wird die Sünde vermieden; und muss er davon, wird sein Schmerz doch minder, seine bleichen Wangen sehn noch seine Kinder.« Er sprach: »Wem wird ruhig die Welt geraten? Wen wird Reue erfassen ob guter Taten?« Er gab zur Antwort: »Es werden vom Frommen die Zügel der Zeit zur Hand nicht genommen; er trachtet nach Mehr nicht und kommt zur Ruh; strebt nach Überfluss er, tritt Angst hinzu. Wenn du zweitens fragst der Wohltaten wegen, welch geheimes Gefühl sie im Innern erregen, so wirst als Geschwächtesten den erfahren, der Gutes erwies einem Undankbaren.« Er fragte: »Wer frevelt, des Namen wischt von der Rolle die Welt, wenn im Tod er erlischt. Doch auch der Wohltäter geht aus der Welt,
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seine Atemzüge sind ihm gezählt. Was lobt man die guten Menschen so stet, wenn der Tod kommt und Gute wie Böse mäht?« Er gab zur Antwort: »Ein guter Wandel findet allüberall guten Handel. Es stirbt nicht, wer gute Werke getan, er ruht und Gott nimmt der Seele sich an. (Doch jener, von dem schlechter Ruf verblieb, der am Anfang und Ausgange Böses trieb,) auch wen er zurücklässt kommt nicht zur Ruh, ein schlechter Ruf kommt auf Erden ihm zu.« Ein anderer sprach: »Nichts Bösres als Tod! Ist es so, was ist Vorbereitung uns not?« Er gab den Bescheid: »Gehst du einmal fort aus dem finsteren Kot, findst du reinen Ort. Wem das Leben in Furcht und Sorge verfliesst, hat recht, wenn er darüber Tränen vergiesst. Du magst König sein oder unterstellt, du verlässt die Angst und den Schmerz dieser Welt.« Er sprach: »Was ist übler von diesen beiden, dass wir Schmerz und Unfroheit davon leiden?« Er gab zur Antwort: »Ein Bergesgewicht hat die Reue, sie kommt in Scharen dicht. Was ist Furcht, wenn die Furcht vor der Reue fehlt? Nichts Entsetzlicheres als die Reue hat die Welt.« Er fragt: »Wie kann man sich davon befrei’n? Die Welt ist so arg, dass darüber man wein.« Er antwortet: »Durch die Wissenschaft, da sie dauernd dem Wissenden Freude schafft.« Er fragt: »Wer von uns hat mehr Schätze geborgen?« Er sprach: »Der Mann mit den wenigsten Sorgen.« Er fragt: »Wessen Fehler sind hässlich-graus, von Paradies schliessen sie und von Achtung aus?« Er gab zur Antwort: »Ein Weib, dem nicht ward die Scham sowie eine Stimme, die zart; von den Männern der Schlechteste zeigt Unwissenheit
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und verbringt im Gefängnis die Lebenszeit.« Er fragt: »Wer ist furchtbar zumeist?« Er antwortet: »Wer von Reue freist. Er tritt vor Gott, Sündenfülle im Herzen, das seine eigenen Bosheiten schwärzen.« Er fragt: »Wer ist ein grader Mann, sodass Seele wie Geist für ihn bürgen kann?« Er gab zur Antwort: »Wer unbedingt stet sich bemüht und alles Böse verschmäht.« Er fragt: »Welcher Mensch ist der beste? Wer sitzt als Krone über dem Reste?« Er gab die Antwort: »Wer ausdauernd ist und dem nicht nötig sind Trug und List, – nicht jener, der Nutzen durch Böses bezweckt und ferner auch Pläne der Grösse heckt, – wer bei edlem Tun nach Vergeltung nicht strebt, wer schenkt und das Finstere des Herzens behebt, wer sich drittens um Göttliches bemüht, das aus reiner Seele und Weisheit blüht.« Er sprach: »Welche Angst lässt am wenigsten ruhn?« Er sagt: »Die Sorge aus eigenem Tun.« Er fragt ihn: »Welche Art von Schenken lässt den Schenkenden ihrer mit Stolz gedenken?« Er gab zur Antwort: »Ihr sollt das Schenken an verdiente Personen in gar nichts beschränken.« Da sprach ein Mȏbad: »Vom Weltenlauf sprich nun auch ein Wort und kläre uns auf; wie verhalten wir uns, wenn er uns behagt oder wenn seine Drehung mit Ungunst uns plagt?« Er erwidert: »Über der alten Sphäre, ob mit Wissen sie auch und Gedächtnis wäre, ist gross ein Erhalter zuhöchst aufgerichtet, ein Richter, der über die Weltrichter richtet. Verhalt dich nicht schlecht! Halte fern das Behagen! Gunst und Ungunst des Glücks haben dir nichts zu sagen.
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Gut und Böse halten des Einen Hände, der ohne Genoss, ohne Anfang und Ende. Wenn ein Werde! er spricht, erfüllt sich sein Wort; er war immerzu und er ist immerfort.« Er fragt: »Wem ist vor Schmerzen bänglich, da der Leib als Behausung der Seele vergänglich?« Er gab zur Antwort: »Staub ist diese Haut; sie hat solang Sorgen, als Hirn eingebaut. Lässt die Seele den Leib, hat er nicht mehr Verstand; (geht die Seele heraus, hat er keinen Bestand.«) Ein Mȏbad fragt: »Wie verstecken wir asketisch vor jemandem Not und Gier?« Er gab zur Antwort: »Von Gier und Not wird auch ein verständiger Mensch bedroht. In Sorgen ist stets, wer Begierden hat, denn niemals wird er von Schätzen satt.« »Von früheren Herrschern auf dem Thron mit Verstand, Sitte, Einsicht und Religion wem, meinst du, mächtiger König, sollen wir nach seinem Tode Verehrung zollen?« Er antwortete: »Jenem Schahrǝjâr, der rein und gottesverehrend war, dem gerechten Gotte sich dankbar erwies und niemand vor sich in Angst schweben liess, dem Guten erfüllte das Herz mit Erwartung, mit Furcht und Zagen dem Mann schlechter Artung, das Heer ausrüstet aus eigenen Schätzen, dem Feind seine Sorgen wusst’ zu versetzen, der die Weisen der Welt um die Meinung befragte, dem Feind kein Geheimnis verratend sagte.« Er fragte: »Wodurch ist man Gott verehrend? Wer ist zu Gottes Güte sich kehrend?« Er gab die Antwort: »In Haarfeine hebt seinen Geist jener, der nach Finsternis strebt. Erstlich jener, der weiss, dass er ist und nur Einer, ist ein Wegweiser dir darin und kein kleiner,
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der fürs Gute ihm Dank weiss, das er empfangen, der in seinem Schutz ist und vor ihm in Bangen. Nämlich Bangen dann, wenn du Schaden bezielst, und im Schutze dann, wenn du Nützliches willst. Bist du herzensgut und von rechtem Bestreben, wirst bei jedem in Ehre und Achtung du leben; doch bist du verruchter Verbrecher, sofort schick du dich dann an zum Höllentransport. Schau dieser Welt nicht frech ins Gesicht, denn sie löst nun einmal ihr Rätsel dir nicht. Wende dich zur Religiosität, du hast keine Wahl, wie dein Schicksal ergeht. Vernunft nehme stets dein Herz in die Lehre; schau, dass nicht der Trug der Welt dich versehre. Und verfall auch nicht wieder in sündigen Wandel, gilt es um Ruhm und Schande den Handel. (Kummer jener Welt wegen dieser Welt –) dass der insgeheim dein Herz nicht befällt! Sitz mit Weisen beisammen du allezeit, zugekehrt einer ewigen Fröhlichkeit, denn vorübergeht diese Lust auf der Welt, vom Verstand wird sie gar nicht zur Lust gezählt. Mit Willen und Geist sollst zu ihr du dich kehren, die Vernunft wird mit Gott dich den Weg dahin lehren. Dass nicht übers Mass deine Rede sich ballt; du bist junges Geschöpf und die Welt ist so alt. Nicht schwindlig mach dich des Schicksals Gekreise; bei den Bösen sitze in keiner Weise. Vom Unmöglichen sei dein Herz abgekehrt. Schenke jenem nur, der beschenkenswert. Was du hast, enthalte dem Freunde nicht vor, es sei Hirn und Haut oder Auge und Ohr. Wenn ein Freund mit dem Freunde Verrechnung will pflegen, braucht sich kein Dritter ins Mittel zu legen.
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Sitzt du mit einem Mann, der dir übelgesinnt, schau, dass die Oberhand er nicht gewinnt. Sucht einer den Weg, sich dir zu verbinden, musst du tüchtig, bescheiden und sanft ihn finden. Die Zunge sei siegreicher nicht als das Können, kein Gerechter wird Trug aber Können nennen. Vermögensbesitz macht niemanden gross und nicht niedrig ist, wer vermögenslos. Wenn der Bösgesinnte den Mund auftut, reize der Bösgesinnte dich nicht zur Wut, und wenn er schwächlich argumentiert und über das Mass lange Reden führt, dann gib mit Mässigkeit ihm Bescheid; wer frisch spricht, spricht mit Erspriesslichkeit. Wenn du deine Verwandten zu sehr schätzt, ergreift dich darob die Reue zuletzt. Bist du müssig, bereite dir dies keine Lust. Müssiggang bei Verstand ist Wertverlust. Bei jeglichem Tun soll man strebsam sein und der Wissenschaft immer Gehör verleihn. Irgendetwas zu unternehmen scheue, dessen Ausgang die Wut sind und die Reue. Beschenke bedrückte Leute; dein Herz schreite niemals tändelnd zu Elend und Schmerz. Weise, die ihre Herzen geduldig machten, wird der Weltenherr nicht niedrig achten. Wer da kennt die Zahl seiner Fähigkeiten, wird an jedes Werk dementsprechend schreiten. Vom Freunde wird ihm Gedeihen beschert und Höhe und Wohlsein ihm so gemehrt. Gott wird jenen Mann nicht in Sorge versetzen, wieviel er auch ausstreut von seinen Schätzen, der berufsmässig wahr ist und Gott verehrt und von Trug und von Irrwegen ab sich kehrt. (Rasch findet im Glauben der Hand starke Äste der Gottverehrende, Tugendfeste.)
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Dies sei dein Wille, den Weg schlag ein, zu Gott sei gewandt, ihn lass Zuflucht dir sein. Wenn gerecht du bist, oh hoher Schah, bleibt dir auf der Welt ein Gedenken nach, wie auch von dem Könige Nȏšîrawân: er ward Staub, doch sein Name blüht jung fortan. (Sein Ruf ward im Stillen öffentlich, seine Worte vererbten der Nachwelt sich.) Sein Name durch gute Taten dringt in alle Zukunft unbedingt; bis Himmel und Erde ans Ziel gelangen, wird sein Leben bei Klugen Beifall erlangen.«
Nȏšînrawân schreibt einen Brief an den Sohn des Kaisers und dieser sendet Antwort In den Büchern der Alten hab ich gelesen jenes Edlen Wort, der gelehrt gewesen: Es kam Kunde zu Kasrâ aus Byzanz, der Hauptstadt jenes fruchtbaren Lands: »Du lebe lang, denn der Kaiser starb; Zeit und Raum gab er hin, die ein andrer erwarb.« Voll Gedanken ward Kasrâ des Todes halb; die Rubinwange wurde wie Herbstlaub falb. Aus Îrân erwählte er einen Gesandten, einen edelgeborenen, weltgewandten; den sandte er hin zu seinem Sohne, dem blühend grünenden Träger der Krone. Er sagt mit viel Worten der Gütigkeit, vor diesem Übel sei keiner gefeit, und er schrieb einen Brief voll Trauer und Qual, die Augen voll Wasser, die Wangen ganz fahl: »Gott möge dir langes Leben schenken, nach seinem Tode mit Glück dich bedenken. Wir leben doch nur, um in Staub zu zerfallen, die Welt ist vergänglich, die wir nur durchwallen.
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Ob die Krone das Haupt trägt, ob Helm und Haube, wird allen des Todes Pranken zum Raube; ob Kaiser, ob Châqân, kommt seine Zeit, sinkt das Haupt in das Grab mit Notwendigkeit. Viel Gutes nur höre vom Kaiser weiland, 4215 seinem Geiste sei hold der christliche Heiland. Du hast dich auf seinen Thron gesetzt, vernehm ich, und rüstest ihm Segen jetzt. Was du willst an Stärke, von uns begehr, an Rossen und Waffen, an Schätzen und Heer.« Kasrâs Hof verliess der Gesandte somit und eilte zum Kaiser mit raschem Schritt. So erschien am Hof der Gesandte des Schah; man gewährte ihm Einlass ins Throngemach. Der Kaiser erblickte die Aufschrift am Brief, 4220 worauf ihm ob Kasrâs das Herz überlief; ein Wirrkopf, noch jung, auf dem Thron noch nicht lange, war er heftig bei des Gesandten Empfange; seine Fragen stellte er widerwillig, nur das Allernotwendigste, weniger als billig. Einen Sitz gab er ihm, dass er fern von ihm sass, und beachtet den Brief nicht des Padischas. Eine Woche darauf war von seinen Räten die Gesamtheit beim Kaiser zusammengetreten. Der Kaiser sprach also zu seinem Rat: 4225 »Über ein Antwortschreiben berat und schreib, wie zu schreiben dir richtig erscheint, und zeige darin, was freundlich und Feind.« Ein Mȏbad sprach: »Deinem Knecht liegt es fern, vom Befehl abzuweichen des Weltenherrn.« Alle Bischöfe, Mȏbads und Räte in Einung waren in der Versammlung derselben Meinung. Sie schrieben das Antwortschreiben schnell, wie es entsprach des Kaisers Befehl. (Man tat erstlich Erwähnung des Schöpfers der Welt, die Vernunft ward dadurch auf die Basis gestellt).
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Bei solchem Schah war das Schreiben natürlich unerwünscht und störrisch und unmanierlich. Und weiter: »Der Kaiser ist neu noch und jung, der Fürst unsres Landes durch Abstammung. Mit dem jungen Mann streite nicht heuer über Aufschriftsform und Tribut und Steuer.« An alle Beamten und Fürsten liess er ungebührlich ergehen dies: Aufschrift: »Vom Herrn des gesamten Lands, dem erhabenen Kaiser von Byzanz«: »Ein Gesandter des Schahs von Îrân ist da, zu melden, was von unserm Handel er sah. Jedes Wort, das von Sorge und Freude er spricht, bringt Schmerz und Zufriedenheit ans Licht. Der Kaiser ist tot und ein neuer lebt, der sein Haupt über alle Grossen erhebt. Er hält von keinem der Könige was, er sei hilfreich oder ein Untersass.« Als gerüstet romäisches Schreibmaterial, berief den Gesandten man in den Saal. Wie der Weise vernahm, es sei fertig der Rat, kam zu Hof er, indem er die Antwort erbat. Sein Ehrengeschenk war nicht seiner wert und von Fremden wurde der Saal geleert. Zu ihm sprach der Kaiser: »Ich bin kein Diener, noch geringer als Haitâler und als Čîner. Unschön ist’s, wenn man sich gegen Grössre vemisst, wenn dein Schah auch Weltengebieter ist. Gross ist, wer da besitzt viele Feinde; ich hab auf dem Saume Feinde und Freunde. Was willst meine Grösse du mir nicht verstatten? Was bringst du die Sonne in Wolkenschatten? (Auch durch Erprobung verliert sie nicht, lässt du Blut auch träufeln auf mein Gesicht.) Find ich’s nötig, so bist mein König du und der Erbe nach meinem Vater dazu.
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Was du meinst, das sag mir in freundlichem Sinn und im Antwortschreiben such Böses nicht drin.« Man gab ihm ein Ehrenkleid, nicht seiner wert, und am Tore ein Grenzkommandantenpferd. Der Gesandte entfernte sich nun und eilte, indem er im Nachtquartier nicht lang verweilte. Er kam an, trat vor Kasrâ, und was geschehen vermeldet er, was er gehört und gesehen. Der Schah war unangenehm berührt und sprach: »Du hast Mühen der Reise verspürt. Wer gedankenlos sich der Leidenschaft überlässt, so hört’ ich, der wird bestraft. Wer zu scheiden nicht weiss zwischen Freund und Feind, so dir sagt, was er im Geheimen meint, glaubt, wir hätten auf ihn nur als Freund gebaut, nicht Blut sonst noch Hirn noch auch Fuss oder Haut. Lass vom Kaiserstamme ich eine Person zufrieden sitzen auf ihrem Thron, dass sie: ›Ich bin Kaiser‹ stolz sagen kann, ›ich bin von den Grossen ein mächtiger Mann‹, dann bin ich kein Spross des tapfern Qubâd, dann nenn meinen Namen nicht Männern der Tat. Fortan überlief’re ich Byzanz der Schande und entfache Feuer im fruchtbaren Lande. Beim reinen Gott und bei Sonne und Mon’ beim Âḏar Gušasp und bei Krone und Thron, ferner was im Reiche sich findet an Beute, (Juwelen und goldvolle Rindslederhäute,) meine Schwertspitze soll nicht der Scheide sich nähern, ich befreite mein Herz denn von den Romäern!« Er befahl, dass am Tor sie Posaunen bliesen und Zimbeln und Schellen ertönen liessen und man Pauken auf die Elefanten bände; dem Nil sah ähnlich das ganze Gelände.
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Von Madâ’in zog das Heer ins Gefild, der grüne Strom drin floss trüb nun und wild. Von den Farben der Fahnen, Trompetentuten, der Bewegung der Reiter, der golden beschuhten, meintest du, die Sterne seien ertrunken und des Himmels Getriebe in Schlaf versunken.
Kasrâ führt ein Heer gegen Byzanz und nimmt bei den Kaufleuten einen Kredit auf
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Als zum Kaiser kam Nachricht, es zieh aus Îrân der Schah erzürnt mit dem Heere heran, zog von ʿAmmûrîje nach Haleb er hinunter. In der Welt voll Tumult ging es drüber und drunter. Von dreihunderttausend Romäern jetzt wurde völlig die Festung Haleb besetzt. Die Berittenen strömten von allen Seiten und es gab nur wenig Säumen vorm Streiten. Katapulte standen bei allen Toren; die romäischen Geschützinstruktoren setzten die Festung Saqîlâ instand; so wurde von dort zum Angriff gerannt. Haleb glich einem Meere des Blutes schon; um Schonung bat das Heer des Bâṭrûn. Unzählige fanden durch Pfeile ihr Ende; eine Menge fiel dem Feind in die Hände. Dreitausend Romäer, zu Gefangenen gemacht, wurden in zwei Wochen zum König gebracht. Vor dem Heere zog einen Graben man und liess Wasser ein, als die Dämmrung begann; dem König den Zugang versperrte er und es konnten nicht kämpfen König und Heer. (Und eine längere Zeit verging, bis dem Heer Gold und Silber zu mangeln anfing.) Die Soldzahlmeister liess kommen der Schah, worauf vom Kampfe er vieles sprach: »Die Sache macht grosse Schwierigkeiten;
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man kann Graben und Wasser nicht überschreiten. Das Heer braucht Dirhams und braucht freie Hand und Rosse und Helme und Kriegsgewand.« Die Zahlmeister kamen zum Schatz gelaufen mit des Königs Wesir und den Schreibern in Haufen; dreihunderttausend Dirham am Ende betrugen die Heeresbesoldungsrückstande. Der Mȏbad kam schliesslich, Bericht zu erstatten, 4285 was sie an Dirhams im Schatze noch hatten. Das Gesicht des Schahs ward drob klägelicher; er befahl: »Es erscheine Bûzurǧǝmihr!« Er sprach zu ihm: »Bleibt der Beutel leer, ist der Grosskönigstitel ein Titel, nicht mehr. Geh, die Kameltreiber rufe sofort und schicke die Eildromedare fort! Mach vom Schatz von Mâzandarân hundert Lasten und noch andere mehr, die Dinare fassten!« Zum König sprach aber Bûzurǧǝmihr: 4290 »Oh voll Liebe Gerechter und Königlicher! Zum Schatz von Îrân die Entfernung ist gross, leerer Hand bleibt das Heer und arbeitslos. Mancher wohnt in den Städten rings um uns her, ein Prozent seines Reichtums genügte fürs Heer. Willst von den Bauern du ein Darlehn aufnehmen oder von den Kaufleuten, soll’s sie nicht grämen.« Der Schah stimmte zu dieser Vorgangsweise, die ihm vorschlug der iranische Weise. Von Bûzurǧǝmihr ward ein Gesandter gewählt, 4295 schöngesichtig, klug und von Frohsinn beseelt. »Zweipferdig zieh aus«, waren seine Befehle, »und einen der neuen Reichen erwähle, aus Kaufleuten und Dorfherren des Landes, und zwar einen namhaften Mann seines Standes. Bei dem geh für das Heer einem Darlehen nach; die Bezahlung befiehlt aus dem Schatz rasch der Schah.« Es kam der Gesandte redegewandt,
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noch jung an Jahren, doch alt an Verstand. (Der Bote – er hatte scharf denken gelernt –) 4300 kam in eine Stadt, die nicht weit entfernt. Er wollte Kredit für den König erreichen; um ihn sammelte sich eine Menge von Reichen. Ein Schuster war drunter, der Stiefel verschliss und bei seinem Wort weit das Ohr aufriss. »Wieviel Dirhams sollen’s sein?« stellt dieser die Frag’ und er nannte kühn den Dirhambetrag; er sprach: »Oh verständig-vermögender Herr, vierzig Mar Dirham, hunderttausend das Mar.« Zu ihm sprach der Schuster: »Die will ich berichtigen; 4305 der Dank eines Schatzwarts gehört mir zum Wichtigen.« Er bracht’ Waage, Gewichte und Dirhams herbei; in den Büchern gab’s keine Schreiberei. Als vom Händler erhoben das Münzengewicht und vom Boten erfüllt die geschäftliche Pflicht, da sagte der Schuster: »Oh Schöngesichtiger, sei unbesorgt und sag Bûzurǧǝmihr: ›Einen Sohn, der schon mündig, besitze ich; seine Zukunft nicht wenig bekümmert mich. Vielleicht könnte der Weltenherr ganz im Stillen 4310 darin einen Herzenswunsch mir erfüllen, ihn klugen Lehrern zu übergeben, denn er hat Kapital und Bildungsbestreben.‹« Der Bote sprach: »Ich bin in Müh nicht gestürzt, du hast durch das Geld ja den Weg mir verkürzt.« (Zur Nachtzeit kam er zum Schah von Iran und berichtete über den Schustersmann.) Bûzurǧǝmihr kam zum König; es war durch das Geld aufgeheitert der Schahrǝjâr. Er sprach: »Gott möge bedankt dafür sein, dass ich so gottesbewusst bin und rein, dass in meinem Lande vom Stiefelnähn 4315 ein Mann so froh wird und Leuchtphänomen. 4304.2 Mar: eine Zähleinheit
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Das muss ein Sammler sein von Dinaren; keine Unbill soll ihm von uns widerfahren. Sieh zu, welcher Wunsch ihn jetzt mag beseelen; für uns guter Wille soll niemals ihm fehlen. Zahlst die Schuld du zurück, so magst du ihm schenken hunderttausend Dirham als Angedenken. Alle Untertanen sind reich nun schon, Weltsucher mit Diadem und Thron. Niemals sei der Schah ungerechter Tyrann, 4320 er sei ein strahlender glückhafter Mann.« Zum König sprach da Bûzurǧǝmihr: »Oh Glücksternkönig, oh schöngesichtiger! Einen Wunsch hat der Stiefelverkäufer getan; der König hört ihn wohl gnädig an. Der Bote berichtet: ›Dem Herrn der Welt‹, sprach jener, ›sei stets die Vernunft gesellt! Ich hab einen mündigen Sohn; für den Geist sucht er einen Lehrer, der ihn unterweist. Wenn der König dazu behilflich wär, 4325 dass der brave Bursch’ würde Sekretär, erfleh ich von Gott dem Schah langes Leben, er möge seinem Thron ewige Dauer geben!‹« Zu ihm sprach der Schah: »Oh du Klügster, den’s gibt, weshalb hat ein Dȇw dir den Blick so getrübt? Geh, zurück sofort mit allen Kamelen! Es sei fern, dass ich Geld von ihm nehm und Juwelen! Wird Sekretär erst dies Kaufmannskind, wenn es Tüchtigkeit, Wissen und Kenntnis gewinnt, und mein Sohn kommt zum Thron, einen Sekretär 4330 von sieghaftem Glücke benötigt er. Aug’ und Ohr überlässt er dann diesem Schuster und findet in ihm sein Tugendenmuster. In der Hand des Verständigen edlen Geschlechts bleibt dann ausser Seufzen und Stöhnen nichts recht’s. Der Menschenkenner bei ihm wird erniedrigt; gibt rasch er nur Antwort, ist er schon befriedigt.
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Verfluchung folgte mir nach dem Tode, würde sowas jetzt bei uns Brauch und Methode. Wir bezahlen mit jenem Geld nicht den Sold. Denk nicht der Müh’ und nimm von ihm kein Gold. Send gleich neu die Kamele, um Geld zu holen, doch nicht von den Flickern von Stiefeln und Sohlen.« Der Bote brachte die Dirhams zurück; der Schuster empfand durch sie kein Glück.
Gesandte des Kaisers kommen zu Nȏšînrawân mit Entschuldigung und Spenden
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Die Nacht kam. Er ging, von des Schahs Rede bang. An dem Hofe erhob sich der Schellen Klang. Im Gefild’ stellt Posten er aus auf Wacht; er umkreiste das Heer die ganze Nacht. Als die Sonne wies ihre Herrlichkeit 4340 und der Erde zuwarf ein Elfenbeinkleid, war die Wache zurück von des Grabens Rand und kam zum erhabenen Schah gerannt: »Eine Botschaft vom Kaiser kommt schmerzvoll geritten, um den Schah um Verzeihung der Fehler zu bitten.« Der Gesandte kam auch eilig heran mit verehrendem Grusse zu Nȏšîrawân. Als sich Kasrâs Krone bot seinen Blicken, konnt’ er schwere Seufzer nicht unterdrücken; er sprach zu sich selbst: »Welcher Schah hoch und hehr 4345 mit Königtum, Mannheit und zahlreichem Heer!« Und vierzig romäische Philosophen waren mit Dinaren auch eingetroffen, – jeder trug deren dreissigtausend rund, – voll Wind das Herz und voll Worten der Mund, Als sie sahen die Farbe der Königswangen, da kamen sie weinend, sich krümmend wie Schlangen. Der Schah grüsste sie, da er sie erblickte, indem er nach Brauch allen Räume beschickte. Also sprach der Redner der Abordnung: 4350
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»Oh König, der Kaiser ist neu noch und jung; er ist weltfremd und sein Vater starb, bevor er etwelche Kenntnis erwarb. Wir sind tributär dir und unterwürfig und sind Mann für Mann deines Schutzes bedürftig. Îrân und Byzanz gehören dir ganz; weshalb unterscheiden Îrân und Byzanz? Was Châqân von Čîn und was König von Hind, da durch dich nur gekrönt ihre Häupter sind! Nur beim Grosskönig ist jetzt Verstandeskraft, durch ihn wird dem Kaiser der Rücken gestrafft. Wenn solch ein unmündiges Kind wie der Kaiser etwas sagt, ohne Wissen und Wegeweiser, so heg darob der König nicht Unlust und Groll, da das blaue Gewölb’ er erfreuen soll. Unsern ganzen Tribut, der zuletzt sich ergab, liefern wir zu des Bundes Festigung ab.« Zu dem Vorschlage lächelte Nȏšînrawân, den der Abgesandte hiemit getan, und er sprach zu ihm: »Ist noch Kind ein König, ist Vernunft mit den Worten bei ihm nur wenig. Ach was Kaiser und was Bâṭrûn, dieser Tor, dem nur schwächlichen Geist das Geschick erkor. Die Iskandarsprosse, die klug und besonnen, haben Machtfülle alle und Siege gewonnen. Wer hinweg über meine Befehle sich setzt, wer gegen mich die Verpflichtung verletzt, dem lege das fruchtbare Land ich in Trümmer, ohne dass um sein Heer und sein Geld ich mich kümmer.« Die Gesandten küssten vor ihm die Erde, als ob ihm von Schmeichlern gehuldigt werde: »Oh du hochgemuter siegreicher Schah, trag vergangenes Tun uns gnädig nicht nach! Wir sind Staub deiner Sorge insgesamt und bei deinen Schätzen im Wächteramt.
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Ist der Weltenherr mit uns nur zufrieden, ist uns Wunscherfüllung und Glück beschieden. Die Müh, die der Grosskönig hier um uns trug, anerkennt der Romäer voll genug. Zehn Rindsledersäcke, dinarevoll, bringen wir zu deinem Schatze als Zoll. Über Mehr und Minder hast du zu befehlen; nimm du es entgegen, mag auch etwas fehlen.« Er gab den Bescheid: »Mit den Geldaffären muss der erfahr’ne Wesir sich beschweren.« Die Romäer gingen nun zu diesem Herrn mit vielem Gelärm unter schlechtem Stern, indem vieles sie sprachen von allen Belangen und ihm alle des Kaisers Geheimnisse sangen, von den Dinaren und Rindsledersäcken und worin für Rûm die Ruh sollte stecken. Da sprach der Mȏbad: »Zählt Geld ihr auf, wieviel Seidenstoffe legt ihr noch drauf? Der Schah braucht dringend, zieht er zurück, golddurchwirkter Brokate eintausend Stück, denn ein König benötigt zu jeder Zeit so bei Hohen wie Niedern ein Ehrenkleid.« Sie gaben dies drauf und sie kehrten zurück und wünschten mit Abschiedsverehrung ihm Glück. Auf dem Schlachtfeld hielt der Schah eine Rast. Als Schah und Heer neue Kräfte gefasst, wählt’ er aus dem Gefolg’ einen Kriegerischen, der im Rechnen geübt war, im Schreiben und Wischen; (der vertragsgemäss wusste Dirhams zu fordern und, wenn Krieg ausbrach, die Truppen zu ordnen;) er gab ihm ein Heer; den Tribut von Byzanz sollt’ verlangen er unter Betretung des Lands. Von dort zog nach Ṭîsǝfûn der Schah, ein Heer zog vor ihm und eines kam nach. Alle trugen schwer an Edelmetallen, Silberzügeln und goldenen Gürtelschnallen;
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ob der Führer Seidenfahnen Gewimmel meintest du, es sei nur von Seide der Himmel, Berg und Tal schienen golden, so goldbeladen, die Juwelengürtel wie die Plejaden. Als der Stadt sie sich näherten auf ihren Wegen, kamen zahlreiche Truppen ihnen entgegen. Alle stiegen vor Kasrâ von ihren Rossen, die Gürtel gebunden, die Herzen erschlossen. Wer den Weg durchmass zugleich mit dem Schah, ging zu Fusse bis zum Empfangsgemach. Alle Grossen brachten ihm Ovation (diesem Schah voll Gerechtigkeit und Religion,) und wer von den Mȏbads vornehm erschien, der spendete Edelstein und Rubin. Jedem Grossen, der nah kam seinem Gemach, bekundete seine Macht der Schah. Die Edlen begaben sich nunmehr nach Haus und ihr Ruhm erhob sich weit hinaus. (Damit schliess ich die Stiefelnähersage; vom Monat Moharrem verflossen drei Tage.)
Worte Nȏšînrawâns bei der Bestellung seines Sohnes Hurmuzd zum Nachfolger Jener weise Dihqân, der Mann von Erfahrung, was sagt er über die Schicksalsgebahrung? Dass es einmal hinauf geht, dann wieder hinunter, einmal sind wir elend und dann wieder munter; schliesslich wird uns ein Erdpolster untergeschoben, dem einen im Grab und dem andern mehr oben. Kein Zeichen geben die abgeschieden, ob im Schlafe sie sind oder wach und zufrieden. Wenn auch vielen auf Erden die Ausstattung fehlt, sind sie doch nicht von Todessehnsucht beseelt. Wann’s hundert Jahr, waren’s fünfundzwanzig, ist nun gleich, erinnert an Mühen der Verstand sich. Nur Lust gab’s, spricht einer, und Schwelgerei’n,
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der andre: nur Not und Mühsal und Pein. Nach dem Tod sah ich wirklich sich sehnen noch keinen, weder einen Verkommnen noch einen Braven und Reinen. Wer an Gott und an teuflische Götzen glaubt, jeder hebt vor dem Tod beide Hände ans Haupt. Übersteigen die Jahre dir sechzig und eins, verliert sich die Würze der Ruh’ und des Weins; (der vergänglichen Welt ist das Herz nicht verbunden, 4405 hat Verstand sich zu reinem Sinne gefunden.) Vorbereitung zum Tode soll der Wein wie im Dai der wollene Überwurf sein. Der Leib ist erstarrt inmitten der Sünden, zum Paradies kann der Geist nicht mehr finden. Viele blieben und manche gingen der Lieben; du bist hier mit dem Becher-Genossen geblieben. Beginnst du dein Werk nicht mit Aufmerksamkeit, musst du’s unbedingt büssen am Ausgang der Zeit. (Aus bösem Tun resultiert nur Schaden; tust du Böses, so scheidest du kummerbeladen.) Hast du Böses getan, hab nicht Freude daran; 4410 tust du Schaden, so hast du dir Schaden getan. Schliesslich naht, musst du wissen, der Abschied dir, weiltest du noch so viel Jahre auch hier. Mehre die guten Taten, solang du hier weilst, (dann erfreuen sie dich, wenn von dannen du eilst.) Von dieses Lebens Reden und Treiben wird der Welt an uns das Gedächtnis bleiben. Ich erbitte Zeit von dem Schöpfer der Zeit, dass so lange mein Herz bleib in Fröhlichkeit. Über diese Geschichten und Sprüche sind halt 4415 viele Jahre verflossen und sie wurden alt. Von des Erdkönigs Zeiten bis Jazdǝgerd haben meine Reden viel Staub aufgestört, ich hab Verse gedichtet, das Unkraut gelichtet und die Königsgeschichte neu hergerichtet. 4406.2 Dai: Der 10. Monat
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So braucht meine Seele sich nicht zu grämen, wenn von dieser Welt ich muss Abschied nehmen. Was sagt nun der hell-verständige Mann von der Absicht des Weltenherrn Nȏšîrawân? Es kam das vierundsiebzigste Jahr; 4420 an den Tod dachte oft da der Schahrǝjâr. Er suchte der Welt einen Herrn, der das Kleid (vor allem trüg’ der Gerechtigkeit,) der ferner den Armen sich liebreich neigte, ohne Sorgen war und Geisthelle zeigte. Sechs edle Söhne besass der Schah, alle tapfer, königlich und herzenswach, junge Leute von Mannesmut, Kluges sinnend, enthaltsam und kenntnisreich, Herzen gewinnend. Der Älteste hatte der Tugendreichen, 4425 der edle Hurmuzd, nicht Seinesgleichen, denn stolz und gelehrt, das Gesicht ohne Tadel, verbreitet er Liebe unter dem Adel. An die Spione liess Kasrâ Befehle ergehn, was geheim er hielte, geheim zu erspähn; so wurden von ihnen bei Tag und bei Nacht seine Äusserungen streng überwacht; was er Gutes und Schlechtes tat, unverweilt wurde dem Weltherrn es mitgeteilt. Zu Bûzurǧǝmihr sprach er an einem Morgen: 4430 »Ein Geheimnis halte ich noch verborgen. Mir sind mehr schon als siebzig Jahre verstrichen, Haupt und Bart sind von Moschus zu Kampfer verblichen. Wenn ich aus der vergänglichen Welt mich entfern’, benötigt die Welt wieder eines Herrn, der mit Freigebigkeit die Armen betreute, die fremden sowie auch die eigenen Leute, der schenkte, sich fern hielt’ von Liebe zum Geld, sich nicht klammerte an die vergängliche Welt; (der in Reden stets Einsicht und Rechtlichkeit zeigte 4435 und immer vernünftig zum Guten sich neigte).
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Gott sei es gedankt, ich hab manchen Sohn voll Verstand und Gelehrtheit und Religion; keiner, der wie Hurmuzd mir zärtlich deuchte und einsichtsvoll und Verstandesleuchte. In Freigebigkeit, Gnade und Wahrheitsübung seh in seinem Herzen ich nie eine Trübung. Auf Güte allein ist sein Sinn gestellt; es gebührt ihm der Sitz auf dem Throne der Welt. Jetzt ruf mir zusammen, wer fromm und gelehrt, jeden, der da legt auf das Wissen wert. Veranstaltet nun eine Wissensprüfung und bewirkt dadurch eine Tugend Vertiefung.«
Fragen der Mȏbads an Hurmuzd und seine Antworten
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Räte kamen zusammen nun und Gelehrte, als Forscher in jedem Fache Bewährte; den Weltsucher Hurmuzd riefen sie dann, ihn setzte über die Namhaften man. Zuerst nahm das Wort Bûzurǧǝmihr: »Oh Schah mit dem Glücksstern, du Schöngesichtiger, weisst du das, was reine Seele und Geist erhellt und labend den Körper speist?« Er erwiderte: »Wissen ist an Werten das Erste, der höchste Mensch der Gelehrte. Im Wissen findet der Mensch seinen Schutz und bietet der Bosheit Ahrîmans Trutz. Ferner schmückt seinen Namen weit und breit Freigebigkeit und die Duldsamkeit. (Drittens wer bescheiden und rechtlich lebt und ruhig nach Glauben und Tüchtigkeit strebt).« Er fragte: »Was kann dem Menschen wohl frommen und wie kann er in die Höhe kommen?« Er erwiderte: »Erstens wer danach trachtet, dass ihn jeder ob seiner Güte achtet. Denn wer sich bemüht, dass keines Herz
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seinetwegen Sorge trage und Schmerz. Und drittens wer stets übt Gerechtigkeit, sodass er sich über sich selber freut.« Bûzurǧǝmihr sah beim Fragen an den schönen reinherzigen jungen Mann; Er sprach: »Um die Themen nicht zu verfehlen, musst du Stück für Stück an den Händen sie zählen. Präg dir in das Gedächtnis Frage auf Frage, so hast du zur Antwort die Unterlage. Vor- und rückwärts sollst du die Fragen nicht drehn, auf Edelmut nur und Billigkeit sehn. Wenn du dir es so merkst, so ist sonder Wahn das Tor des Himmels dir aufgetan. Je mehr ich beim Reden Eile lass walten, kann ich von dem Redenden Antwort erhalten. Der Herr der Welt möge sein dein Lehrer, hell dein Geist und das Glück ein Gunstgewährer! Was ich weiss, das frag ich mit billigem Geist und du gib mir Antwort von dem, was du weisst. In der Antwort wird sichtbar der kluge Mann, der so jeglichen Wunsch sich erfüllen kann. Die Antwort ist Schlüssel zum Fragenschloss; sie legt das Böse vom Guten bloss. (a) Wer ist, sag, von Söhnen dem Vater wert, der sich ziemlich beträgt und ihn nicht versehrt? (b) Wen lässt Herzensmilde würdig erscheinen, dass man seine Leiden müsste beweinen? (c) (Wen erfasst Reue ob guter Tat,) dass das Herz für die Reue zum Zeugen er hat? Wer verdient unsern Tadel für sein Gehaben, sobald dessen Prüfung wir angestellt haben? (d) Von wo auf der Welt ist’s am besten zu flüchten, da aus dem Verharren entstünde Vernichten?
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4464 (a) Wer ist … dem Vater wert: Die Buchstaben habe ich beigesetzt, um die Beziehungen zwischen Fragen und Antworten soweit als möglich herzustellen.
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(e) Wer wird uns im Leben wohl Freude schenken? (f) Welches Vergangnen ist’s gut zu gedenken? Welche Zeit ist die, die man loben soll? Und was ist für uns des Nutzens voll? (g) Wer von den Freunden ist reichst an Macht, dass das Herz seine Stimme zum Garten macht? Wem, sind hier die meisten Freunde beschieden, die geheim und offen mit ihm zufrieden? (h) Wer ist’s, dessen Feinde am zahlreichsten sind und am feindlichsten gegen ihn gesinnt? (i) Wer ist’s, der auf Ruhsuche Anrecht hat? Durch wen hält der Weltherr den Rücken gerad? (j) Was muss als die schädlichste Handlung erscheinen, über die der Täter selber muss weinen? (k) Von den Dingen, die sich die Menschheit erzieht, was ist’s, das am schnellsten vorüberflieht? (l) Von den Frevlern ganz ohne Scham und Scheuen wer kann sich der Liebe und Achtung nie freuen? (m) Wessen Rede bringt Vernichtung der Welt? Und durch wen wird das Herz der Freunde gequält? (n) Was ist es schliesslich, das Schande bringt, wobei Böses aus eigener Rede dringt?« Einen Tag, bis die Nacht vom Gebirge schattete, sprach der Weise so, ohne dass er ermattete. Als die Finsternis kam und der Fackeln Zeit, machte wirr die Grossen die Düsterheit. Schweigend harrte, vom Reden ganz niedergeschlagen, der Schah der Antworten auf diese Fragen, Der wohledle Hurmuzd erhob sich sodann, indem mit dem Preise des Schahs er begann: »Nie misse die Welt den Schahrǝjâr! Auf dem Grosskönigsthron sitz’ er immerdar! Nie mögen wir ohne dich sehen die Krone, das Gesetz des Reichs samt dem Elfenbeinthrone! Die Mischung der Welt sei vor dir nur Kot und der Himmel sei Gegengift deiner Not!
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Jedem Wort, das er sprach, will ich Antwort geben und mit Glück seinen Wunsch zu erfüllen streben. (a) Über Söhne fragt der Gelehrte mich; und damit beginn denn die Antworten ich. Jener Sohn gibt dem Vater Zufriedenheit und sein Herz wird durch ihn vom Kummer befreit, der sich seinem Vater liebreich erweist 4490 und zum Guten sich wendet mit rechtlichem Geist. (b) Ferner: wem muss man solches Mitleiden weih’n, dass die Wimpern das Nass seinetwegen seih’n? Ein Grosser, dem all sein Glück entschwand und der beim Unwürdigen hat Knechtes Stand, dem ist’s recht, wenn er Zeter und Mordio schreit, denn Herrin ist ihm die Unreinheit. (c) Dann: wer Gutes erwiesen dem Undankbaren, muss sich dennoch angstvoll vor ihm verwahren. Wer Wohltaten immerzu vergisst, 4495 will eine Vernunft, die vernunftlos ist. (d) Für wen ist Ruh und den Fluchtweg Beschreiten, so fragt er, besser denn als zu streiten? Im Lande, in dem regiert ein Tyrann, hält Verweilen nicht ratsam ein kluger Mann. Ist der König ein Frevler, so musst du ihn fliehn, denn der Welt entsteht Vernichtung durch ihn. (e) Wenn er fragt, ob ich wisse, wer stets sei erfreu’nd: der Bruder ist dies oder Busenfreund. (f) Wenn er über die Zeit mich dann examiniert: 4500 die Zeit ist’s, aus der sich die Feindschaft verliert; wegen vielem ist’s gut, sie zu preisen und ehren und durch diese Ehrung dein Lob zu mehren. (g) Ferner fragte er mich auch über die Freundschaft. An der Freundschaft ist gut Hilfsbereit- und Gemeinschaft. Ist er reich, so hülle dich in sein Kleid, ist er arm, so teil seine Mühseligkeit. Wer am weisesten ist und von mind’stem Erdreisten, der erfreut das Herz seiner Freunde am meisten.
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(h) Er fragt dann: Wem mögen wohl Feinde sein, durch die sein Herz stets in Schmerz ist und Pein? Wer frech seine Zunge zum Bösen benützt: kein Wunder, dass er dadurch Feinde besitzt. (i) Eine weitere Frage ist: was ist beschwerlich, durch Schädigung jedwedem Herzen gefährlich? Wenn Verleumder und Frevler man bei dir trifft, dann führst du ein Leben wie arges Gift. Ferner soll ich den wahren Zeugen ihm zeigen, dessen Zeugnis Vernunft und Seele bezeugen. Das beste Zeugnis ist Experiment, das beredt-entscheidendes Zeugnis man nennt. (j) Ferner fragt er: was mag das Schädlichste scheinen, dass man über die üble Wirkung muss weinen? Siegt die Leidenschaft über dein Herz, dann verpufft die Leidenschaft schnell wie ein Windhauch der Luft und die Reue pflegt dann sehr rasch anzurücken; die Blume der Sehnsucht soll man nicht pflücken. (k) Ferner fragt er: was dreht sich mit äusserster Hast, dass den Fuss man suchend den Kopf erfasst? Solcher Art ist die Freundschaft eines Toren, aus der schlechten Natur wird der Schwindel geboren. (l) Ferner: wer ist ein frevelhafter Tyrann ohne Scham und wen nennt armselig man? Wer mit Trug sich bemengt, ist, was arm man nennt, und tyrannisch ist, wer die Scham nicht kennt; doch wer den Betrug als Gewerbe übt, ist der Mensch, dem den Namen ›ehrlos‹ man gibt. (m) Wer bringt Verderben, fragst du, durch sein Reden? Wer ist unschädlich? Wer bewirkt Schmerzen und Schäden? Der doppelzüngige faule Verräter das Herz der Verständ’gen zu quälen versteht er. (n) Was verschuldet so Tadel, fragt noch der Gelehrte, dass die eigene Rede uns Reue bescherte?
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Wer da Reden hält voller Nichtigkeit, sich öffentlich beilegend Wichtigkeit: ist allein er dann in seinem Gemach, folgt die Reue über das, was er sprach, und auch nachher, sobald er öffnet den Mund, tut die alten Prahlereien er kund; der Verständige und die nichts verstehn, kein Mensch kann dieser Prüfung entgehn. Dies sind alle Fragen mit Antwortsentgegnung. Die ganze Welt gebe dem Schah ihre Segnung! Jede Zunge rede nach seinem Befehle, stets weise trachtend sei froh seine Seele!« König Kasrâ war ganz verwirrt seinetwegen und rief manchen königlichen Segen. Die Versammlung war voller Fröhlichkeit und des Königs Gemüt von Sorge befreit. Der König liess schreiben die Resolution: Hurmuzd übergebe er Krone und Thron. Als das Čîner Papier vom Wind war entnässt, ward das Moschussiegel darauf gepresst. Dem Mȏbad gab er es in Verwahrung vor den Grossen, den stolz-klugen voller Erfahrung. Nun dichte ich Nȏšînrawâns Edikt für den König der Welt, den der Sieg beglückt.
Edikt Nȏšînrawâns an seinen Sohn Hurmuzd
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Die Tat ist’s, was von der Welt man schaut, ihr Innres ist sorge- und angstdurchgraut. Ob die Krone du trägst, ob dich Mühsal befällt, du musst scheiden aus dieser vergänglichen Welt. (Die Welt hat nicht Treue in ihrer Natur, kaum hat sie gesät, will sie mähen die Flur.) Einen Brief des Weltenherrn lies und denk nach, ob es gab wie Nȏšînrawân einen Schah, 4525.2 kein Mensch … entgehn: W: Der Verständige mit dem Unverständigen, keiner findet aus der Prüfung einen Ausgang.
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gerecht und voll Einsicht im Krieg und im Frieden. Als sein Tag kam heran, war nicht Rast ihm beschieden. Oh du alter, verlebter, bussloser Mann, verlass Lust und Feste, Vernunft nimm doch an! Frisch wurde die Welt, da den Becher du fandst, 4540 den Geist vom Tore der Busse wandtst. Bist du klug, so wendest du zur Busse dich hin, immer gibt reiner Glaube auch reinen Sinn. Deinem Alter verbleiben nicht gar so viel Stunden, Herbst, Sommer und Frühlinge sind bald entschwunden. Hat dein Leib in der Erde erst Platz genommen, sieh, wohin wird die reine Seele dir kommen! Was sagte der Dichter, der greise Mann, von dem Testament des Nȏšîrawan? Das Gespräch mit Hurmuzd war nun zuend’; 4545 da legte der Mȏbad ein neu’ Fundament. So Berater wie Schreiber, ganz einig beide, schrieben nunmehr eine Schrift auf Seide: »Nȏšînrawâns erfreuliche Anordnung an Hurmuzd, noch unmündig und noch jung.« Nachdem er des Schöpfers Erwähnung tat, hiess es drin: »Dies der Ratschlag des Sohns des Qubâd. (Hör das Gute und präg’s deinem Herzen gut ein; es mag deinem Herzen lang Leben verleihn.) Wiss, oh Sohn, diese Welt ist ganz ohne Verlass, voller Mühe und Angst und Schmerzen und Hass. (Dem Blute gibt jeden sie hin, den sie nährt; 4550 verständig, wer von ihrem Treiben sich kehrt.) Denn wenn du mit ihr am zufriedensten bist, dein Herz am freiesten von Zeitenmüh ist, wird die freudige Stimmung nicht lange bestehn und aus der vergänglichen Welt musst du gehn. Wenn mit Rechtlichkeit ich die Welt dir tradier, tu du einem andern desgleichen mit ihr. Als der Todesgedanke sich uns aufdrang, am strahlenden Tag und die Nächte lang,
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da suchten wir solch ein Haupt für die Krone, das über den Häuptern als Krone throne. Kluger Söhne hatte ich sechs an Zahl, freigebig, gerecht und der Herzen Fanal; dich als den ältesten hab ich gewählt, den Schmuck der Krone und klugheitsbeseelt. Über achtzig Jahre zählte Qubâd, da er meiner zur Herrschaft Erwähnung tat; vierundsiebzig Jahre zähle jetzt ich und ernenne zum Erben der Welt nun dich. Nur Ruhe und Gutes ist’s, was ich suche, dass man mich nach dem Tode nur segne, nicht fluche. Ich hoffe, du magst mit Gottes Willen dein Leben mit Freude und Glück erfüllen. Machst durch Rechtlichkeit sicher das Volk du, so schläfst du sicher selbst und der Rechtlichkeit froh. Du findest das Paradies als Lohn guter Taten; Heil dem, der nur Gutes auswarf als Saaten! Sieh zu, nur geduldig zu sein allezeit, denn nicht schön steht dem König die Heftigkeit. Ein Weltherr, stets wach und verständig bestrebt wird Ehre geniessen, solange er lebt. Hüte dich, dich je mit Betrug zu befassen, sonst würde das Antlitz des Glückes erblassen. Vor Übereilung bewahre Herz und Denken; Eile pflegt den Geist in Schlaf zu versenken. Das Schöne streb an und bemüh dich ums Gute; hör den Rat der Gelehrten zu jeder Minute. Lass Böse nicht aus und ein bei dir gehen, denn durch Böse wird dir nur Böses entstehen. Zieh an reine Kleidung und iss reines Essen; deines Vaters Rat sollst du niemals vergessen. Zu Gott deine Zuflucht, zu Gott dein Gebet, wenn du willst, dass er an die Hand dir geht. Bringst du durch Rechttun der Welt Gedeihn,
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wird dein Schatz gedeihn und dein Thron sich freun. Erweist man dir Gutes, so sei ein Vergelter, war auch seine gütige Bemühung schon älter. Den Tüchtigen sieh gern in deiner Nähe; mach, dass der Feind die Welt düster stets sehe. Mit Gelehrten erwäge, was du beschliesst; 4575 klage nie, dass Regierungsmüh dich verdriesst. Wenn verständige Leute den Weg zu dir finden, werden Thron und Krone und Heer dir nicht schwinden. Wer immer dir auch sei untergeben, lass ihn nicht in Mittellosigkeit leben. Lass von den adligen Landschaftsgebietern jeden Anteil haben an deinen Gütern. Vom Guten halt fern den Verworfnen und Schlechten; übertrage kein Amt einem Ungerechten. Für die Armen bewahre ganz Ohr und Herz; 4580 was sie schmerzt, das empfinde auch du als Schmerz. Ist gerecht einer selbst gegen sich, so wird froh über ihn alle Welt und er selbst ebenso. Halt den Schatz nicht verschlossen vor würdigen Personen; enthaltsame Leute musst du belohnen. Dort wo der Feind sich lässt freundschaftlich sehn, auf die Salzwüste darfst du nichts Gutes säen. Fügt meinen Ratschlägen sich dein Gehaben, so bleibt deine Krone immer erhaben. Dass der Geber des Guten mit Gutem dir lohne! 4585 Der Verstand sei dein Thron und das Glück deine Krone. Vergessen sei nie mein Wort, noch verlernt, bliebst du lange auch schon meinem Anblick entfernt. Dein Haupt sei grün und dein Herz zufrieden, rein dein Leib und das Böse der Feinde gemieden. Dass Verstand dich immer bewach und behüte! In deinen Gedanken sei ständig die Güte! Wenn aus dieser weiten Welt ich muss flüchten,
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sollt ihr mir ein schönes Grabmal errichten, an einem Orte fern jedem Verkehr, kein schnellflügliger Geier flieg drüber her; eine Türe sei weit auf der Wölbung oben; zehn volle Kamand sei der Turm erhoben; meine Hofhaltung sei darauf abgemalt und der Grossen und Krieger des Heeres Gestalt drin von jeder Sorte was auszuspreiten und Farbe und Duft und was auszubreiten. Mit Kampfer gebt meinem Körper Bestand und aus Moschus legt um die Stirn mir ein Band. Fünf Gewänder bringt aus dem Schatz auch herbei, golddurchwirkt und rein und ganz nagelneu. Nach Königsgesetz zieht mich an wie auch gemäss der Sasanidenkönige Brauch. Auf dem aufzustellenden Elfenbeinthrone hängt dann droben auf’s Elfenbein meine Krone. Davor muss alles reingolden strahlen, so Weihrauchpfannen wie Becher und Schalen. Zwanzig Schüsseln Duftwasser, Safran und Wein – von Räucherwerk lasst es zweihundert sein – die stellt mir zur rechten und linken Seite; dass man dies nicht vermindre noch auch überschreite! Entblutet sei, was mein Körper umhüllt, und das Innre mit Kampfer und Moschus gefüllt. Sodann mögt ihr zur Schwelle mich bringen, doch soll keines Blick mehr zum Könige dringen. Jener Halle Betrieb sei anders gestaltet: Jeder Menschen Besuch wird dort ausgeschaltet. Meine Söhne und die Verwandten, die werten, alle durch meinen Tod von Schaden Versehrten sollen Fest und Vergnügen zwei Monate meiden, denn so ist’s der Brauch nach des Königs Verscheiden. 4591.2 Kamand: Fangschnur als Längenmass
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Es gehört sich, dass alle die Perser, die reinen, über dieses Schreiben des Herrschers weinen. Weicht künftighin nicht von Hurmuzds Befehlen; nur nach seinem Sinn sollt den Atem ihr zählen.« Durch das Schreiben erzeugte viel Tränen der Schah Kasrâ lebte noch ein Jahr danach.
(Nȏšînrawân hat ein Traumgesicht und Bûzurǧmihr deutet es auf die Erscheinung Muḥammads) C
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(Eines Nachts fiel er, denn er betete stets, in Schlaf noch während seines Gebets. Sein heller Geist sah im Traume dies: Eine Sonne ging auf in der Finsternis; eine Leiter stieg vierzigsprossig hinan über ihr bis zum Zenit des Kȇwân und es kam aus Ḥiǧâz auf dieser Leiter mit Glück und Glanz Schritt für Schritt der Schreiter. Die Welt ward von Berg zu Berg licht verklärt und wo Trauer war, von ihm in Lust sie verkehrt; nah und ferne gab es keinerlei Stätte, die vom Glänze nicht Licht empfangen hätte, keinen Ort, wohin er sein Licht nicht trieb, bis auf Kasrâs Palast, der finster blieb. Der Schah erwachte zur Mitternachtsstunde; kein Wort von dem Traumbild kam aus seinem Munde. Als die Sonne vom Antlitz den Schleier strich, berief er Bûzurǧǝmihr zu sich; ihm wurde vom König geheim vertraut, was er im nächtlichen Traume geschaut. Was der Weise vernahm aus des Königs Mund, erwog er von oben bis tief auf den Grund; er sprach dann: »Oh König, den Ruhm bedeckt, ein Geheimnis ist darin zutiefst versteckt.« »Sag die Wahrheit getrost,« sprach darauf der Schah, »vor Gedanken ward mir die Seele ganz schwach.«
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Bûzurǧǝmihr sprach: »Oh du, dessen Hirne ein Sinnen entsteigt hoch über Gestirne, ich habe den Traum Punkt für Punkt überlegt, und ein Wunder sieh, das die Deutung hegt. Vierzig Jahre von heute an oder mehr setzt den Fuss ein Mann von den Arabern her, der ständig den Weg der Wahrheit wandelt und fern jeder Lüge und Täuschung handelt, der den Glauben des Zardušt zu Boden reisst; wie dem Mond er die Spitze des Fingers weist, halbiert ihn sein Finger und seinen Rücken kann trotz Bemühung keiner erblicken. Nicht Juden noch Christen bleiben bestehn, er macht die alten Glauben vergehn. Er besteigt den hohen dreistufigen Thron und berät die Welt durch die Religion. Begibt aus der vergänglichen Welt er sich fort, bleibt hinter ihm nach seiner Reden Hort. Von Ende zu Ende macht froh er die Welt, bis auf diesen Palast, der in nichts zerfällt. Nach dem stellt ein Enkel von dir sich ein, Elefanten und Trommeln und Pauken sind sein; Aus Ḥiǧâz kommt ein Heer gegen ihn gerannt, hat es auch nicht Waffen und Reiseproviant; vom Throne wird er zu Boden gebracht und die Welt aller Heldenschar ledig gemacht. Die Bräuche des Sade-Festes verfallen, zu Schutthaufen werden die Feuerherdhallen. Weder Feuer- noch Sonnenanbeter gibt’s mehr; in Schlaf sinkt das Glück jenem heldischen Heer. Ǧâmâsp hat von Guštâsp selber vernommen: ›Auf diesem Geheimnisweg ist es gekommen.‹« Als Nȏšînrawân von Bûzurǧǝmihr erfuhr diese Deutung, da erblich er; den ganzen Tag war voll Schmerz er und Kummer und des Nachts nahte ihm die Sorge im Schlummer.
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Drei Nachtwachen waren verstrichen, da plötzlich erscholl ihm ein Gekrache, das ganz entsetzlich; man meinte, es ginge unter die Welt, und jemand rief: »Der Palast ist zerschellt!« Dem Schah kam das Herz ins Wanken vor Bangen, er wusst mit der Sache nichts anzufangen. Bûzurǧǝmihr machte er Mitteilung dann, indem vom zerbroch’nen Gewölb er begann. Der Weise, der solches sah, aber sprach zu Nȏšînrawân: »Oh erhabener Schah, die du gestern in deinem Traume geschaut, von jener Sonne kam dieser Laut; dein Palast, das wisse, besagt damit klar, dass das Schimmergesicht jetzt die Mutter gebar; und es kommt ein Reiter zugleich mit zwei Pferden: ›Zuende ist’s mit den Feuerherden!‹« Und ein Reiter kam wirklich mit Windesgewalt: »Die Feuerherdstätten sind jetzt schon kalt!« Gepresst wurde dadurch das Herz des Schahs und er zog aus der Brust nichts weiter als Achs. Bûzurǧǝmihr aber sagte zu ihm: »Was stöhnst du, oh Schah, so mit Ungestüm? Wenn du einmal die Welt verlassen musst, was besagt dir hernach der Welt Trauer und Lust?« Der Schah lebte nun nicht lange mehr, er starb und die Welt beweinte ihn sehr. Bûzurǧǝmihr nach einem Monat schlug um sein Antlitz aus dunkler Erde das Tuch.) Er ging, und dies Wort blieb als sein Vermächtnis. Bewahre es schonend in deinem Gedächtnis! Da so hart ihn behandelt das Himmelsgetriebe, hoffe bei ihm auf Billigkeit nicht oder Liebe. Jetzt bringen wir Hurmuzds Würde und Krone und lassen ihn sitzen auf seinem Throne.
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XLII Regierung des Hurmuzd Sie währte vierzehn Jahre.
Einleitung
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Über rote Äpfel lacht der Tammôz und schilt auf die Früchte und Blätter los: »Jenen Blütenstrauss in der Frühlingszeit hieltest du an der Brust in Trunkenheit. Seiner Farbe entquoll von Scham ein Hauch, einen Duft von Liebe entsandte er auch. Was tatst du? Wer ist’s, der sein Käufer war? Wo fandst du solchen belebten Basar? Wer gab dir Achat zugleich und Smaragd? Wer hat dir den Ast bis zum Biegen bepackt? Was war für die Blüten dein Preisverlangen? Mit der Farbe schmücktest du deine Wangen. Die Farbe der Scham leuchtet von deinem Hals und Moschus ist der Duft deines Schals. Wohl vom Jupiter nahmst du das Kleid, das da prunkt und setztest auf Perlen von Blut einen Punkt. Violett ward die Haut dir, es schwand dein Smaragd; höher ragst du als Kâwes Standarte ragt. Mit gelber und roter und weisser Zier nimmst auf Rosenblätter die Hoffnung du mir. Oh Holder! Oh Lenz! Wohin bist du gegangen? Wo hast du versteckt deines Gartens Prangen? Der Herbst duftet von deinem Atem noch. 1 Tammôz: Juli, Sommer 7.2 Schal: Hemd, Kleid, Oberkleid 8.1 das da prunkt: Diese Worte nicht im Original.
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Mit deinem Wein ruf ich dir: Lebe hoch! Ich preise dich, da deine Farbe erblich, wie die Krone des Hurmuz schmücke ich dich. Ist heut mein Bazar belebter Natur, dann siehst nach dem Tode du meine Spur.«
Schah Hurmuzd besteigt den Königsthron und ermahnt seine Beamten Es lebte ein greiser Grenzkommandant in Herî, sehr beliebt und in allem bewandt; des erfahrenen Mannes Name war Mâch, der beredt und mit Würde und Anstand sprach. Ich fragt’ ihn, woran er sich noch entsinne von Hurmuz, der einst den Thron hatte inne. Der alte Mann aus Churâsân sprach: Als den glorreichen Thron bestieg der Schah, begann er zuerst mit des Weltschöpfers Preis, der mit Macht die Geschicke zu lenken weiss. Dann sprach er: »Wir machen den Thron geehrt und die Wertebesitzenden machen wir wert. Auf die Welt wollen wir unsre Fittiche spreiten, wie’s mit Recht und mit Glanz war zu Vaters Zeiten. Die da Unrecht begangen, die machen wir bangen und die Unterdrückten zum Heil gelangen. Wer Böses getan, an dem üb’ ich Geduld; wenn er Pein erfuhr, so mehr’ ich die Huld. Die Säule der Grösse ist Menschlichkeit, Freigebigkeit, Rechtlichkeit, Wohllebenheit. Denkt dran, dass vor dem Schöpfer der Welt nichts Gutes und Böses verborgen sich hält. Unsre Ahnen trugen die Weltenkrone und Beifall ward ihrem Rechttun zum Lohne. Sie suchten nur Rechttun und Menschlichkeit und Grösse und heldische Wohllebenheit, 14 Ist heut … Natur: d.h. wenn mich das Glück begünstigt.
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die Geringeren dienstwillig, die Grösseren freundlich und in steter Bedrängnis jedweden, der feindlich. Über jedes Land habe ich zu befehlen und hab Willen und Macht und in Pflicht alle Seelen. Wenn die Gottheit einen zum Herrscher macht, sind stolz alle Reinen auf seine Pracht. Hauptsache beim König ist Freigebigkeit; durch Schenken ist dann voller Schmuck die Zeit. Dem Armen bezeig ich mich liebreich und gut und nehme die Güter des Reichen in Hut. Wer durch sein Geschäft will gesichert leben, der wird seinen Handel zu uns erheben. Wenn irgendein Wunsch euch im Herzen lebt, seid nicht vorm Gütigen ihn zu verbergen bestrebt. Bangen eure Herzen bei manchen Dingen, wird Recht drin zu üben mir leichtlich gelingen. Jede in Glückes Gunst steh’nde Person soll sich freun an dieser Krone und Thron. Inmitten der Grossen strahle ich weit durch Rechtlichkeit, Gnade und Freigebigkeit. Ihr müsst die Liebe zum Überfluss mehren und das Herz von Gier und von Hass entleeren; wer dieser beiden sich weiss zu enthalten, dessen Augen sehen kein Missgeschick walten. Um Zufriedenheit des Schöpfers der Dinge seid ständig bemüht, Grosse und Geringe. Ferner wessen Gehirn der Verstand erfüllt, dessen Herz ist zur Undankbarkeit nie gewillt. Hebst du Wohltaten gegen manche Person, wird niemals zu dir gelangen ihr Lohn. Verkehr nicht mit Leuten, die trügerisch sprechen, ihre Worte haben nur Oberflächen. Ist ein Gerechtigkeitsüber dein Schah, so halte ihn deshalb noch nicht für schwach. Wenn du sagst, das und das werd’ er ignorieren, wird er Worte der Könige dir zitieren.
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Wenn der Schah dir von Herzen will gnädig sein, säe nicht Samen des Trugs in die Erde hinein. Die meine Ratschläge niedrig taxieren, seien sicher, dadurch meine Gunst zu verlieren. Ist mit dir zufrieden der Schah, dann Heil! Doch kehrst du dich ab, ist’s das Gegenteil. So Härte wie Milde sind bei dir gefangen; wird er zornig, wird er deinen Bund nicht verlangen Wegen Mühe sollst du nicht der Güte entsagen und an Frevel und Geld finde niemals Behagen. Wird dir Wunscherfüllung hier zugeteilt, so erreichst du den Ort, dem du zugeeilt. Wenn du siebzig Kronen aufs Haupt dir auch setzt, du gibst deine Sammlung dem Feinde zuletzt. Alles Tun der Armen liegt mir im Herzen, ich will diese Sorge nicht daraus merzen. Ich flehe zu ihm, der das Weltall lenkt, dass er mir so lange das Leben schenkt, dass ich den Armen erfreue durch Schätze und den Reinen nicht in Sorgen versetze. Wer sich auf dieser Welt wie ein König geriert, wessen Kopf durch die Schätze geldgierig wird, dessen Haupt will ich des Stolzes entheben; ich will nicht, dass andre nach Herrschaft streben. Unser Ausgang wird sein wie unser Beginnen; unser offenes Wort ist’s und innerstes Sinnen. Dass des Weltschöpfers Segen euch immer werde! Die Himmelswölbung sei über euch Erde!« Diese Rede hörte die Menge an und wurde voll Sorge Mann für Mann. Die Vermögenden wurden vom Schrecken ereilt, der Gewalttäter Herz in zwei Hälften geteilt. Den Armen aber und auch den Klugen ward der Frohsinn gemehrt, den im Herzen sie trugen.
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Hurmuzd tötet Îzad Gušasp und vergiftet den Obermȏbad Zardhišt So war’s, bis sich seine Grösse bewährte, bis er Herr über das ward, was er begehrte. Dann ward grimmig er, zeigte sich innerlich schlecht und wich seitab von der Moral und vom Recht. Jeder, der bei dem Vater in Ehren stand und vor Schaden sich froh gesichert fand, der wurde ganz schuldlos von ihm vernichtet; so war Weg und Sitte des Königs gerichtet. Drei Sekretäre des Nȏšînrawân, zwei noch jung und der eine ein greiser Mann, nämlich Îzad Gušasp und Bûzurǧǝmihr – schreibkundig voll Glanz und beliebt war er sicher – und ein Dritter, den man Mâh Âḏar hiess und der klug sich, frohsinnig und hellgeistig wies, unter Nȏšînrawân waren insgesamt als Machthaber die Drei und Wesire im Amt. Es war nun des Hurmuz Trachten und Dichten, diese drei ohne Zeitverlust zu vernichten; sein Herz war vor ihnen von Furcht besessen, sie könnten der Dankbarkeitspflicht wohl vergessen. Den Îzad Gušasp als ersten stiess er grundlos gefesselt in ein Verlies. Des Obermȏbads Herz war beklommen und vor Sorge den Wangen die Farbe genommen; denn der Mȏbad war vollkommen reingesinnt und Zardhišt war sein Name als Kind. Durch die Fesseln des Îzad Gušasp war jetzt, des Schreibers, sein Herz wie vom Pfeile verletzt. Kein Diener war da, wenn da tagte der Ost, noch Nahrung, noch Kleidung noch irgendein Trost. Dem Mȏbad schickt Freundesbotschaft er zu 75.2 und Zardhišt … als Kind: Nämlich des Obermȏbads, von dem die Rede ist.
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aus der Kerkerhaft: »Hirn und Haut bist mir du! Ohne Wartung bin ich in des Königs Verlies, ohne dass man jemanden zu mir liess’. Ich möchte so gern etwas essen, ich leide noch mehr durch die hungrigen Eingeweide. Schick mir nur etwas vom Essen, dem reinen, einen Leichentuchnäher und schick mir auch Leinen.« Als der Mȏbad diese Botschaft bekam, war es aus mit der Ruh’ und er wurde voll Gram; er erwiderte: »Über die Fesseln nicht klagen sollst du, droht nicht Gefahr deinen Tagen.« Er beklagte, wie Hurmuzd war vorgegangen, und vor Sorge verloren die Farbe die Wangen. C stattdessen (Es zerbrach sein Herz die Nachricht des Boten und die Angst vor Gefahren, die ihm selber drohten.) »Jetzt erstattet man«, sprach er bei sich, »Bericht jenem würdelosen Erzbösewicht, der Mȏbad hab etwas geschickt ins Verlies, und mein Leben ist wert nun keinen Pašîz. Vom Weltenherrn droht mir Gefahr bestimmt, bis zur Gelbheit des Antlitzes wird er ergrimmt.« Doch aus Liebe zu Îzad Gušasp war er im Herzen schwankend, die Wangen Zarer; er befahl, dass sein reingesinnter Koch das Essen befördere ins Kerkerloch. Ein Araberross bestieg sodann und zu Îzad Gušasp ritt der weise Mann. Als der Kerkermeister ihn sah, da erstarben aus Schrecken auf seinen Wangen die Farben. »In den Kerker geh nicht!« trug zu sagen er scheu, »denn der König ist sehr erregbar und neu.« Indem er weinend das Ross verliess, kam der Greis zu Îzad Gušasp ins Verlies. Beide streckten sich schmerzvoll die Arme entgegen 86.2 Pašîz: Kleine Geldmünze 88.2 Zarer/Zarȇr: Gelbe Pflanze
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und den Wimpern entströmt es wie Frühlingsregen; viel sprachen sie von der bösen Natur des Schahs, doch die Worte veralterten nur. Sie setzten den Tisch vor den frommen Mann, der das Murmelgebet mit dem Stabe begann. Dann gab Îzad Gušasp seinen letzten Willen dem Mȏbad bekannt, auch murmelnd im Stillen, über Geld und gesammelte Edelmetalle, Kleinodien und Palast und Halle, und er sagte zu ihm: »Gehst du aus dem Verliess, oh du edler Mann, so sag Hurmuz dies: ›Willst du meinen Reden Gehör nicht schenken, so magst du der Mühe und Sorge gedenken, die vor deinem Vater ich tragen gemusst und wie ich erzog dich an meiner Brust. Als der Mühe Vergeltung kam das Gefängnis und nach dem Gefängnis naht die Todesbedrängnis. Am Abrechnungstage, oh Schah, voller Schmerz will ich Gott aufweisen mein schuldloses Herz. (Es ist recht, wenn dem Schuldlosen du verzeihst, denn die Gnade schmückt einen Herrscher zumeist.)‹« Als der Mȏbad nun seinem Hause kam näher, da begann zu laufen einer der Späher; das Gehörte erzählt’ er dem Herrn der Welt, dessen Herzen war böser Wille gesellt. Gegen Îzad Gušasp war er hart, er entbot einen Mann in den Kerker und gab ihm den Tod. Er vernahm auch das, was gesprochen der Weise, und liess es ihn merken in keiner Weise. Über Hässlich und Schön trieb er seine Ideen, wie er Zardǝhišt könnte ans Leben gehn. Er befahl, dass heimlich Gift hinein mischt’ der Koch in die Speise für Zardǝhišt. Als nun zur Empfangszeit der Mȏbad erschien, nach dem Schah Erkundigung einzuziehn, da sprach er zu ihm: »Heute bleibe doch,
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denn wir haben entdeckt einen neuen Koch.« Als er sass und den Tisch man brachte, da starben von den Wangen des Mȏbads die frischen Farben; er wusste, es sei dies sein letztes Gericht und er irrte in dieser Annahme nicht. Die Köche brachten das Mahl in den Saal und der Schah ass vom Anfang zum Ende das Mahl. Nun trug man auch die Giftschüssel auf; der Mȏbad gab acht und sah gut darauf; sein reines Wesen erkannte, es sei ihm das Gift auf der Schüssel bestimmt zur Arznei. Es schwieg Hurmuz, den Blick hingewandt, zur vergifteten Schüssel streckt’ er die Hand, wie sich Könige herabzulassen wissen, ihren Dienern Freude zu machen beflissen. Und wie seine Hand er ausgestreckt hatte, hob einen Markknochen er von der Platte und sprach zum Mȏbad: »Oh Mann von Wissen, dir widme ich den delikaten Bissen. Mach den Mund nur auf zu seiner Verzehrung! Er diene sohin zu deiner Ernährung.« Der Mȏbad sprach: »Beim Haupt und beim Leben, mög der Stirnreif ewig dein Haupt umgeben! Zwing mich, bitte, nicht mehr zu Delikatessen! Ich bin schon zu satt; lass mich nichts mehr essen!« Aber Hurmuz sprach: »Bei Sonne und Mond, bei dem reinen Sinne des Schahs, der thront, von meinen Fingern nimmst du diesen Knochen, sonst wär meinem Wunsche das Rückgrat zerbrochen.« Da sagte der Mȏbad: »Der Schah befahl, da bleibt mir kein Weg mehr und keine Wahl.« Er verzehrt’s und verliess den Tisch, sich windend, den Heimweg in düsterer Eile findend; keinem sagt er ein Wort, das das Gift betraf, warf die Decke hin und sank stöhnend in Schlaf. Er befahl: »Man bringe mir Arzenei
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aus dem alten Schatz, aus der Stadt herbei!« Gegen dieses Gift sucht man Mittel vergebens; über Hurmuz klagt’ er zum Schöpfer des Lebens. Der Schah schickt einen Vertrauten hin, um Nachricht vom Mȏbad einzuziehn, ob das Gift auf den Körper sich wirksam geschlagen oder ob sein Plan keine Frucht getragen. Als die Augen jenen Vertrauten erschauten, kamen Tränen, die aus seinen Wimpern tauten; er sagte: »Geh hin zu Hurmuz und sprich: ›Dein Glück wendet nunmehr zur Ernte sich. (Schliesslich wirst du, von unnützen Sorgen gequält, ein hilfloser Blinder sein auf der Welt; jeder Feind wird an dir sein Mütchen kühlen und dein Geist wird darob sich beschämt stets fühlen; du wirst auf der Welt nicht lange mehr weilen und deinen Namen wird Schande ereilen.) Mit der Rechtssache werden zum Richter wir gehn, dorthin, wo wir zwei uns gegenüberstehn. Fortan darfst du nicht mehr in Sicherheit schlafen, denn es ereilen dich göttliche Strafen. Leb nun wohl, du feindlich gesinnter Mann! Böses kommt über dich, weil du Böses getan.‹« Der Vertraute, der Tränen vergossen hatte, ging zurück zum Schah, dass Bericht er erstatte. Der König wand sich vorm Wahrheit-Sprechen und bereute das vollbrachte Verbrechen; doch der Unabänderbarkeit bewusst, zog er kalte Seufzer aus seiner Brust. Der Obermȏbad starb; alle jenen, die Verstand besassen, vergossen drob Tränen. So ist diese Welt voller Schmerz und Entsetzen. Was prahlst du mit Kronen, was gierst du nach Schätzen! Dahingeht das Schöne, das uns beseelt; unsre Atemzüge sind alle gezählt.
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Hurmuzd tötet den Sîmâh Barzîn und den Bahrâm-i Âḏar Mahân
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Als die triste Geschichte des Mȏbads vorüber, ging vor Schmerz das ganze Land drunter und drüber. Der Weltherr, ein blutiger ekler Tyrann, dass es Missgeschick gebe, da dacht’ er nicht dran. Indem er die Mitte zur Bluttat band, streckt’ nach Bahrâm-i Âḏar Mahân er die Hand. Als es finsterste Nacht war, berief er ihn und liess vor sich selber ihn niederknien; er sprach: »Willst du Sicherheit von mir befahren, von mir Hässliches nicht und Unschönes gewahren, lässt die Sonne am Himmel sich glänzend erblicken wird die Spitze des Bergs wie ein Panzerrücken, dann komm mit den Edlen von Îrân zu mir und vor meinem Throne stehe dann hier. Über Sîmâh Barzîn werde ich etwas dich fragen; denk nicht hin und her, um die Antwort zu sagen. ›Wer ist dein Freund?‹, also frag ich dich dann, ›ist’s ein böser oder ein frommer Mann?‹ Du antworte so: ›Er ist durchaus schlecht, ist dir feindlich gesinnt, aus Ahrîmans Geschlecht.‹ Verlang, was du willst, dann von mir als Lohn, so Sklaven wie Siegel und Krone und Thron.« Bahrâm sprach zu ihm: »Ja, so will ich es machen und, was Böses du sagst, noch verhundertfachen.« Sîmâh war entsprossen dem Fürstenstamme, seinem Vater beliebt, weit leuchtende Flamme. Der Schah mühte sich, eine List auszuhecken, um nicht mehr im Kleide der Liebe zu stecken. Er wich ab vom Recht, da zum Truge er stob und das schwarze Gewand seines Unglücks wob. Als der Schleier sich zeigte von Elfenbein und vom Zwillingsgestirne der Sonne Schein, sass der Weltenherr auf dem Elfenbeinthrone,
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darauf hängte man seine glorreiche Krone. Die Grossen von Îrân rund um ihn her versammelten sich, bis da käme das Heer. Der Empfangswart hob den Vorhang empor und es gingen alle zum König vor. Bahrâm-i Âḏar Mahân ging mit denen ganz vorne, wie Sîmâh Barzîn und Edelgeborne. Jeder sass auf dem Sitz, der ihm zuerkannt, indes die Menge im Vordergrund stand. Der Schah sprach zu Bahrâm-i Âḏar Mahân: »Im Empfangsaal hier Sîmâh Barzîn, sag an, ist er Geldes wert oder macht er nur Pein? Ein Feind kann nicht wert der Belohnung sein.« Bahrâm-i Âḏar Mahân wusste aber klar, was der Zweck dieser Frage des Königs war und was ihr als Wurzel zugrunde lag: »Über welche Wurzel man weinen mag! Schliesslich werden ein Grab ohne Leichenlinnen und sonst nichts wir vom Herrscher des Volks gewinnen.« Also sprach Bahrâm: »Oh König voll Mutes, von Sîmâh Barzîn verlange nichts Gutes. Nur durch ihn wurde Îrân verheert und versaut; er habe im Leibe nicht Hirn noch Haut! Alles, was er spricht, ist ganz unterm Hund und er legt es seiner Entscheidung zugrund.« Als Sîmâh es vernahm, sprach solcher Gestalt er: »Oh mein bester Jugendfreund, du mein alter, bezeuge nichts Schlechtes doch wider mich und überlasse nicht gänzlich dem Dȇwen dich! Was sahst du, seit Freund du mir warst, an mir denn an Worten und Taten des Ahrimen?« Bahrâm-i Âḏar Mahân gab drauf den Bescheid: »Du hast in der Welt einen Samen verstreut, von diesem die Ernte musst du jetzt mäh’n und vom Feuer nur dunkelen Rauch ersehn.
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Denn Kasrâ hat dich einst vorgerufen und liess dich knien an des Thrones Stufen mit den Mȏbads ebenfalls Bûzurǧǝmihr und Îzad Gušasp – jener schöngesichtiger – und er fragt: ›Wem gebührt der Thron dieses Lands? Wer ist seiner würdig? Wer liehe ihm Glanz? Geb ich ihn dem jüngern, dem älteren Sohn? Wer verdient von ihnen am meisten den Thron?‹ Und alle sind wir da aufgesprungen und zur Antwort rüsteten wir unsre Zungen: ›Nicht fähig zum Thron ist der Türkinentstammte! Er findet nicht Anwert zum Königsamte! Er ist Châqânspross und im Kern höchst gewöhnlich an Wuchs und an Aussehn der Mutter ganz ähnlich!‹ Doch du sprachst: ›Hurmuz ist geeignet zum Thron.‹ Von diesem Geeigneten ist dies dein Lohn! Ich hab wider dich gezeugt deswegen und sprach, um dir Schimpfworte beizulegen.« Und Hurmuz welkte dahin vor Scham, (als er das Wahrwort des Mȏbads vernahm.) In den Kerker schickt er sie in finsterer Nacht. Zwei Nächte ward keines in Worten gedacht. Als der Mond in der dritten vom Berg sich wollt’ heben, ward vom Schah Sîmâh Barzîn der Rest gegeben, er tötet im Kerker ihn wie einen Dieb; nur Sorge und Fluch war’s, was ihm verblieb. Bahrâm-i Âḏar Mahân ward’s bekannt, dass dieser reinsinnige Mann verschwand; da liess an den Schah er die Botschaft ergehn: »Du, des Krone ragt über Mondkreises Höhn, du weisst, ich mühte mich vielmals ab, dass ich Hüllen deinen Geheimnissen gab, und vor deinem Vater, dem würdigen Schah, strebte deinem Besten ich immer nach. Einen Rat will ich geben dir, rufst du mich jetzt, wenn du zum Throne des Reiches mich setzt;
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mein Rat wird dir ganz entschieden nützen. Lass keinen Moment mich im Kerker mehr sitzen! Îrân wird daraus viel Nutzen entspriessen und den Klugen wird kein Schade draus fliessen.« Als diese Botschaft kam zu Hurmuz, wählte er einen aus, der zu schweigen wusst’, auf dass er Bahrâm herbringe zum Schah in das glorreiche Empfangsgemach. Er berief Bahrâm zu nächtlicher Zeit und sprach viel mit ihm voller Höflichkeit; er sprach: »Willst du mir nicht den Ratschlag verraten, der mein Schicksal lässt zum Besten geraten?« Er antwortete drauf: »Im Schatz hab ich stehn eine einfache schwarze Truhe gesehn, in welcher Truhe ein Kästchen steht und im Kästchen drin ist ein persisch’ Dekret. Auf weisser Seide ist’s ausgefertigt, viel Hoffnung für Îrân wird daraus gewärtigt. Es ist deines Vaters, des Weltenherrn, Schreiben; nicht unbeachtet darf’s von dir bleiben.« Als Hurmuz dies hörte, da schickte er wen, um den Schatzwart um Mithilfe anzugehn: »Such im alten Schatz eine Truhe auf, eine einfache Truhe, ein Siegel ist drauf, das den Namen Nȏšînrawân aufweist – es bleibe in Ewigkeit jung sein Geist! Noch in finsterer Nacht bring sie mir her und vertrödle mit Suchen die Zeit nicht zu sehr!« Der Schatzwart suchte die Truhe in Eil’ und brachte sie hin und das Siegel war heil, worauf der Schah, der sie offen machte, gar oft des Nȏšînrawân gedachte. Er fand auch das Kästchen mit seiner Bulle und zog das Seidenstück aus der Schatulle. Er besah die Schrift auf dem Seidenblatte, die Nȏšînrawân drauf geschrieben hatte:
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»Hurmuz wird, bis zehn Jahr und zwei Jahr verstreichen, ein Schahrǝjâr sein ganz ohnegleichen; doch Empörung kommt sodann über die Zeit und sein Name sinkt in Verborgenheit, Es erscheinen Feinde aus jedweder Richtung, einer übelentstammt wie der Geist der Vernichtung. Allüberallhin wird das Heer zersprengt und er selber wird vom Throne verdrängt. Jener Bösewicht wird beide Augen ihm blenden und man wird aus dem Körper den Geist entwenden.« Hurmuz sah die Handschrift des Vaters, bis ihn der Schrecken ergriff und die Schrift er zerriss. Beide Augen voll Blut und gelb das Gesicht, sprach zu Bahrâm er: »Oh du arger Wicht, was soll der Verweis auf dies Schriftstück heissen? Willst du mir am Ende den Kopf abreissen?« Bahrâm sprach zu ihm: »Oh du Sprosse von Türken, wann wird Blutvergiessen nicht Lust dir mehr wirken? Du stammst vom Châqân, nicht von Kai Qubâd, Kasrâ war’s, der zum König gekrönt dich hat.« Da wusste Hurmuz, dass, blieb er am Leben, er die Hand zum Morde des Herrn würd’ erheben; kaum dass er die gröblichen Worte vernahm, schickt’ er in den Kerker zurück den Bahrâm. Als der Mond nächste Nacht überm Berge erschien, erledigt’ im Kerker der Henker ihn. So blieb an seinem Hofe fortan kein verständiger Rat noch ein weiser Mann. Aus böser Natur kann nur Böses entstehn; sieh zu, der bösen Natur zu entgehn.
Hurmuzd geht von der Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeitsverbreitung über Sein Leben war nicht mehr sein Eigen hinfort, er selbst hat die Angst ins Herz sich gebohrt.
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In Isṭachr war er drei Monat’ im Jahr, in denen die Nacht am kürzesten war; die Luft war dort hell und die Stadt schön und glücklich; früher wegzugehen erschien nicht schicklich. In Isfahân war er das Herbstvierteljahr, das mit guter Luft Sitz der Grossen war. In Ṭîsǝfûn war er zur Winterszeit mit Räten und Mȏbads und allem Geleit. Und im Arwandtal schliesslich war er im Lenz; so wechselt ständig er die Residenz. Durch das Schriftstück war er in Ängsten stet; drei Wachen der Nacht lag er ob dem Gebet. Er frevelte nicht und vergoss kein Blut und sein Geist vergass auf das, was nicht gut. Als der tiefblaue Schleier nun wieder verschwand und der gelbe Juwelenberg neu erstand, da liess der Herold den Ruf erschallen: »Den Glorreichen, Würdigen, Klugen allen! Wer ein Feld zerstampft, das in Saaten steht, dass die Mühe des Bauers zugrunde geht, oder wenn ein Pferd ein Saatfeld besucht oder jemand einen Obstbaum voll Frucht, sollt dem Pferd ihr Ohren und Schwanz abschneiden und das Haupt des Diebs soll den Galgen erleiden.« Der Welt verstrichen Monat und Jahr; alles Gute und Böse ward ihm offenbar; überall übt er Gerechtigkeit und so fand man ihm Beifall zollend Dorfvogt und Landmann. Einen Sohn hatte er höchst königlich, der dem Monde in jeder Beziehung glich. Den Namen Parwîz legt der Vater ihm zu, manchmal nannt’ er ihn eigenwill’gen Chosrau. Nie war der Schah vom Vater getrennt, ohne Sohn der Vater keinen Moment. Da geschah’s, dass ein Ross aus dem Stall entkam, das Schah Parwîz sich zum Reiten nahm.
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Auf ein Saatfeld rannte nun dieses Fohlen, der Wärter ihm nach, es zurückzuholen. Der Saatfeldbesitzer näherte sich und beklagte beim Wärter sich bitterlich; der Besitzer sprach: »Wem gehört dieses Pferd? Seine Ohren und Schwanz sind beweinenswert.« Der Wärter sprach: »Es gehört Schah Parwîz, der Geringeren niemals Rücksicht bewies.« Der Wärter begab sich darauf zum Schah und berichtete, was der Besitzer sprach. Hurmuz sagte zu ihm: »Sei Herr des Verstands! Sofort schneid dem Pferde ab Ohren und Schwanz! Den Schaden, den das Saatfeld genommen, muss man der Zahl nach herausbekommen; der Chosrau muss diesen Schaden tragen, mag er hundert, mag er siebenhundert betragen. Schüttet nur hin aus dem Schatze die Gelder auf den Acker vor den Besitzer der Felder.« Parwîz liess die Grossen von allen Seiten Bitten um Entschuldigung unterbreiten, dass vom Vater Verzeihung der Schuld ihm käme und man Schweif und Ohren dem Rappen nicht nehme. Übers Ross war der Schah aber aufgebracht, die Erfahrnen wurden heruntergemacht, der Wärter, von Furcht um Chosrau beseelt, lief zum jungen Pferd hinaus auf das Feld; mit dem Dolch schnitt er Ohren und Schweif ihm ab, dessen Huf dem Saatfeld die Tritte gab. Auf des Schahs Befehl auch eine Entschädigung entrichtete Chosrau zur Anspruchserledigung. Drauf begab sich der Schah in das Jagdgefild und jeder erbeutete zahlreiches Wild. Einen Weingarten nahm nun ein Ritter gewahr, der Feldherrnspross und ein Glückskind war; jeder Weinstock hing voller unreifer Beeren; er befahl seinen Dienern, die Stöcke zu leeren,
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und manche schnitt ab einer von diesen Reben, um daheim sie an Küche und Koch zu geben. Da kam der Weingartenbesitzer hinzu und sprach: »Oh du bösgläubiger Frevler du, du warst nicht als Wächter hier angestellt und gabst als Preis weder Gold noch Geld. Was machst du die Arbeit andrer zunichte? Ich klag es dem Schah, dass er darüber richte.« Der Tapfre, besorgt, dass Schaden er litte, löste rasch seinen Gürtel von seiner Mitte und gab ihm den Gurt, den goldenen, feinen, jedes Glied reichbesetzt mit edlen Gesteinen. Als den Gurt der Besitzer sah, sprach er: »Es hat vieles zu verbergen, wer Übles tat. Mach mit dem Schah nicht Bekanntschaft! Ich heiss mich nicht Händler, setze fest keinen Preis. Für den Gurt zeig’ erkenntlich ich mich, wie ich kann; hört’s der Schah, so wärst du ein toter Mann.« Ein sieghafter Mann und glorreich war Hurmuz nunmehr, der Schahrǝjâr, wegen Mannesmuts bei allen belobt; der im Kampf keine Niederlage erprobt, der Gerechtigkeit übte, nach Recht nur fragte und dessen Krone den Mond überragte. In der Stadt Madâ’in war nicht seines Bleibens; sein Haupt war voll Muts und kriegrischen Treibens. Frühling, Sommer, Winter und Herbst vor Hast fand der löwenjagende Held keine Rast. Um die ganze Welt herum ging die Reise; nach Tüchtigkeit strebt er in Königsweise.
Sâwe Schah führt ein Heer zum Kampf gegen Hurmuzd
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Als zehn Jahre so seine Herrschaft bestanden, erhob feindlicher Lärm sich aus allen Landen. Und Schah Sâwe mit Elefanten naht’
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und Pauken und Schätzen und Heer aus Herât. Willst berechnen du seiner Truppen Zahl, musst du tausend nehmen vierhundertmal; zwölfhundert Kriegselefanten! Da läge die Ansicht nah, es gäb nicht mehr Wege. Von Herât bis zum Marw füllt die Gegend ein Heer, als ob alles Faden und Einschlag wär. Von dort führt’ das Heer er ins Marwer Land, dass vor Heeresstaub aller Boden verschwand. An Hurmuz schrieb einen Brief Schah Sâwe: »Von allseits beruf zu dir die Armee, rüst Brücken und Wege und sammle Proviant und gedenke der Schwerter in unserer Hand. Ich will durch dieses Reich meinen Durchmarsch nehmen; auf dem Berg und im Tal steht mein Heer und an Strömen.« Als der König las diesen Schreibebrief, verstimmte das zahllose Heer ihn tief. Und von dort kam der Kaiser nun auch von Byzanz unter Heeresbesetzung des ganzen Lands; volle hunderttausend Romäer waren diese tapfern und edlen reisigen Scharen. Vom Lande, das Nȏšînrawân besetzt, – vor dem Namen bebte der Kaiser entsetzt –, erobert er alles mit seinem Degen; dem Befehle des Kaisers war alles erlegen. Aus jedem Lande kam nun ein Heer; und edle Grosse zogen vorne einher. Auch vom Chazar-Weg kam ein Heer beherzt; das ganze Land war von ihnen geschwärzt. Voran zog ihm ein erfahrener Held mit eigenem Heer und mit eigenem Geld. Von Armenien zum Tore von Ardabîl gab’s Reiter auf Reiter unmässig viel. Aus der Steppe von lanzenschwingenden Reitern
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kam ein Heer, an dem alle Zahlen scheitern. Voran waren Männer wie ʿAmr und ʿAbbâs, neue Heldenschar, die viel Stolz besass. Jene Gegenden wurden durch Plünd’rung verheert, aus denen Hurmuz den Tribut begehrt. Es drang das Heer bis zum Strome Furât; es gab in dem Land nirgends Pflanzen noch Saat. Als düster wurde des Glückes Stunde, da gelangte zu Hurmuz vom Heere Kunde. Durch die Meldungen von den Kundschaftern kam ins Welken der Frohsinn des Weltenherrn; die Tötung der Mȏbads nunmehr bereut er, dass sein Hof nun ledig aller Gescheuter; er hatte jetzt Mangel an allen Räten und es wand sich Hurmuz als wie getreten. Er liess die Îrânier zusammenrufen und gab allen Sitze zu Thrones Stufen. Geheimes Geschehn zog er aus seinem Fach, indem zu den Grossen von Îrân er sprach: »Gen Îrân ziehn so viele Truppen heran, wie sich’s keiner der Menschen entsinnen kann.« Jeder Grenzkommandant war bestürzt darob, indem er Gedanken in Mengen wob. »Oh König mit Einsicht und Geist«, sagten alle, »leih geneigt uns dein Ohr in dem schwierigen Falle. Du bist kluger Schah, wir geringere Seelen, wir dürfen uns nicht zu den Weisen zählen. Du hast alle Mȏbads und Sekretäre umgebracht und wichest von Sitte und Lehre. Jetzt denk nach, was man dagegen wohl macht und wer unser Land, unsre Leute bewacht.« Doch ein Mȏbad, der sein Wesir war, sprach: »Oh gelehrter und wissensempfänglicher Schah, zieht das Heer von Chazar heran zum Streit, dann finden die Krieger zum Säumen nicht Zeit. Den Romäern erzählen wir dann Geschichten,
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die Araber müssen wir gründlich vernichten. Es ist Sâwe Schah, der am nächsten dir droht, und am düstersten zeigt sich durch ihn unsre Not. Der Weg Churâsâns muss in Sorge uns setzen, dass Vernichtung er bringe dem Heer und den Schätzen. Zieht der Türke vom Ǧaiḥûn zum Kampf herbei, so verbietet sich jedwede Säumerei.« Zum Mȏbad sprach der nach Rat Suchende: »Was machen wir aber mit Schah Sâwe?« Der Mȏbad sprach: »Ein Heer rüste doch; durch das Heer hebt ein König den Nacken hoch. Und den Musterer ruf; die Zahlen nenn er: Was haben wir nötig? Wieviele Männer?« Zum Schah mit dem Buch über den Heeresbestand kam der Musterer und gab die Zahlen bekannt: hunderttausend betrug die Gesamtzahl der Streiter, doch gab es viel Fussvolk inmitten der Reiter. Zu ihm sprach der Mȏbad: »Mit Truppen wie jenen können wir gegen Schah Sâwe auf uns lehnen. Nach Menschlichkeit musst du und nach Wahrheit trachten und jeglichen Trug und Täuschung missachten, dann befreist du das Haupt der Geringern vom Bösen, so wie es geziemt der Könige Wesen. Du hörtest, was man zu erzählen weiss von Arǧâsp, dem schädlichen wölfischen Greis, wie er Guštâsp und Luhrâsp des Glaubens wegen Böses zugefügt mit Čîns reisigen Degen, was da kam über Balch für ein Angstgewitter, dass das Leben in jenem Lande ward bitter, bis endlich Isfandjâr befreit sich betätigt in jeglicher Art von Streit. Wird vom König dem Rat kein Gehör geliehn, sieht des Argen er viel von den Türken von Čîn. Übertreff ich den Fürsten auch an Bejahrung, so doch nicht an Denkkraft und an Erfahrung.«
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Zum Mȏbad sprach drauf der Schahrǝjâr: »Vom Kaiser droht uns nicht Kriegsgefahr. Ich liefere ihm nur die Städte aus, die der Schah besetzt, und er zieht nach Haus.« Er suchte einen schreibkundigen Gesandten, einen klugen, gelehrten und weltgewandten, und sprach also zum Kaiser: »Ich will von Byzanz keine Stadt; sei du der Herr jenes Lands. Doch du setz den Fuss nicht nach Îrân herein, willst du künftig zu Grösse und Glück gedeihn.« Sowie der Gesandte zum Kaiser gekommen, berichtet er, was er vom Schah vernommen. Sofort kehrt heim der Herr von Byzanz und kein Stäubchen schädigt er dieses Lands. Der Grosskönig Hurmuz erwählte ein Heer, vor dem Heerstaub sah man den Tag nicht mehr. Sie wurden zum Lande von Chazar gesandt, (damit dieses Land sie setzten in Brand.) Ihr Feldherr zog gegen Charrâd heran, der mit Glanz und Würde und Recht angetan. Und als nach Armenien kamen die Streiter, zog das Heer der Chazaren von dort weiter. Und sie töteten noch viel ihrer Leute und machten im Lande zahlreiche Beute. Als zum König nun die Kunde drang, welchen Sieg Charrâd mit dem Heere errang, blieb nur der Krieg mit Schah Sâwe zuletzt; durch ihn war sein Geist sehr in Sorge versetzt.
Mihrân Sitâd gibt Schah Hurmuzd die Kennzeichen des Bahrâm-i Čûbîne an und Hurmuzd lässt ihn kommen Einen Diener besass der Schah, der, sehr klug, wach und froh, den Namen Nastȏh trug. Er sprach zum Schah: »Lebe stets im Glück! Ferne bleibe dir immer der böse Blick!
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Mein Vater ist Mihrân Sitâd, so gescheit, wie sonst keines solchen gedenkt die Zeit. Mit dem Zandawest hockt im Hinterhalt er, an Hoffnung der Welt wurde schwach er vor Alter. Kürzlich hab ich ihm einen Besuch gemacht, einen Tag war ich bei ihm und eine Nacht. Ich sprach zu ihm auch von Schah Sâwe, den Kriegselefanten, der Riesenarmee. Er gab mir zur Antwort: »Es tritt nun zutage vergangener Zeiten Schicksalssage. Ich bat den Greis, mir das zu berichten, was ihm im Gedächtnis von alten Geschichten. Er gab mir die Antwort: ›Will mich befragen der Weltenherr, werd ich Geheimes ihm sagen.‹« Vom Grosskönig ward der Befehl gleich erteilt, dass im Laufe ein Edelmann zu ihm eilt’. So hoben den Greis sie eilends auf und brachten ihn in der Sänfte im Lauf. Und als vor den Schah der Alte nun trat, das Herz voller Wissen, das Haupt voller Rat, sprach der Fürst zu Mihrân Sitâd: »Nun berichte, was dir bekannt ist von unsrer Geschichte.« Also gab Antwort dem König der Greis: »Oh König, der redegewandt vieles weiss: zu jener Zeit, als der Châqân entsandt’ deine Mutter aus Čîn ins Îrâner Land, da führte ich hundertundsechzig Mann neuentsandter Tapfrer zur Werbung an. Dein Vater, Grosskönig, weis’-rechtlich gesinnt, warb beim Châqân nicht um ein Dienerinkind. Er sprach zu mir: ›Nimm nur ein Kind der Châton; eine Dienende ziemt sich nicht für den Thron.‹ So kamen wir denn zum Châqân von Čîn und grüssten als König huldigend ihn. Er hatte fünf Töchter in den Kemenaten, wunderschön und würdig des Thrones geraten,
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mit dem Gang des Fasans und dem Blick gleich dem Lenze, voll Farbe und Duft und Zier ohne Grenze. In die Frauengemächer entsandt’ mich der Schah und so kam ich in jenes glorreiche Gemach. Man hatte geschmückt der Frauen Wangen und die Spitze der Locken mit Blüten behangen; keine Krone trug deine Mutter alleine noch auch Hals- und Armband und Edelsteine. Sie sass kopfgesenkt so, schweigend und schlicht, vor Scham hielt die Ärmel sie vor das Gesicht. Nur sie aber war ein Kind der Châton, (trotz des Mangels an Schmuck und an Farbe und Ton.) Die Châtûn war Čînesin, des Faġfûr Kind und im Kerne adelig-edel gesinnt. Der Mutter brach fast darüber das Herz, dass das Kind sollte fern leben anderwärts; auch die Tochter des Herrschers war traurig gestimmt, da es not, dass vom Hause sie Abschied nimmt. Diese war’s, die ich von den Töchtern erkor, denn ich zog sie all den anderen vor. Der Châqân aber sprach: ›Eine andre erwähle, alle fünf sind ja schön und sind sonder Fehle.‹ Meine Antwort war: ›Ich wähle nur diese, denn mich trifft Gefahr, wenn ich andre erkiese.‹ Drauf liess er die Mȏbads zusammenrufen und liess sie knien an des Thrones Stufen; er befragte sie nach der Art und Weise, in der seiner Tochter Glücksstern kreise. Der Sterndeuter sprach: ›Nur des Angenehmen kannst ersehn du und nichts als Rechtes vernehmen. Dem König von Îrân wird von deinem Kind ein Sohn geboren, wie Löwen gesinnt, mit hohem Wuchs und gewaltigen Händen, 381.2: erkiesen: mhd. greifen, wahrnehmen; später bis 18. Jh.: auswählen; heute veraltet
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ein Löwe an Mut, eine Wolke im Spenden, schwarzäugig, zornmütig und unduldbar; sein Vater stirbt, da wird er Schahrǝjâr. Von des Vaters Schätzen wird viel er verschlingen und im Bösen nicht viele Tage verbringen. Hernach wird ein starker König erstehn, von den Türken bringt er grosse Armeen; Îrân und Land Jemen werden durch sein Wirken vollkommen besetzt von der Menge der Türken. Der Schah von Îrân wird drob trüben Blicks und fürchtet den Sieg des hohen Geschicks. Doch weitab wird ihm ein Untertan leben, ein stolzer Ritter, dem Herrscher ergeben, von hoher Gestalt, der Körper dürr-trocken und rund um das Haupt die Moschushaarlocken, gewaltig die Knochen, die Nase kräftig, dunkelgesichtig, die Sprache stark-heftig. Dem legt man den Beinamen Čûbîne bei und sagt, dass vom Pahlawânstamm er sei. Zum Hofe des Königs zieht einher solcher Mann als Diener mit wenigem Heer; jenen Türken wird er sofort vernichten und sein sämtliches Heer zugrunderichten.‹ Wie solches erklärte der Sternedeuter, sah ich über den Châqân niemand erfreuter; er gab seine Tochter dem Nȏšîrawân, die als Krone den Töchtern ragte voran. Im Namen des Schahs nahm ich sie in Empfang und wir wandten hierauf uns zum Heimwärtsgang. Er bracht’ an Juwelen und kostbaren Dingen, dass wir Mühe hatten, es fortzubringen. Zum Ǧaiḥûn zog er, sein Herzblättlein setzte er am Ufer ins Schiff hinein. Voll Blut war sein Herz, als er heimwärts kehrte, der Schmerz ob des Abschieds vom Kind sein Gefährte. Jetzt hab ich dir alles genau erzählt,
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was ich erlebte, oh Herrscher der Welt. Such in diesem Land diesen Mann jetzt auf! Dem Laufenden musst du noch sagen: ›Lauf!‹ Denn der Sieg des Schahs liegt in seiner Hand. (Weder Feind noch auch Freund werde dies bekannt.«) Er sprach’s und das Leben verliess den Greis. Die Leute beweinten in Trauer ihn heiss. Der Grosskönig war der Bestürzung so voll, dass Herzblut ihm aus den Wimpern quoll. Den Îrâniern sagt er: »Die Geschichte hat im Gedächtnis aufbewahrt Mihrân Sitâd. Als er alles uns mitgeteilt hatte, verschied er und Gott übergab er die Seele so bieder. Ich sage Gott Dank, dass wir durch den Alten diese wichtig-unfehlbare Kunde erhalten. (Hätte man eine Stunde ihn später gebracht, so hätt mich sein Tod viel grämen gemacht.) Jetzt gilt’s, dass jedes Land man nach jenem durchspürt, der, ob hoch ob gering, diese Merkmale führt. Nun sucht, dass ihr ihn mir zur Stelle bringt und die Sorgen unter die Füsse zwingt!« Nun lebte ein namhafter Vasall, der Oberste über den Pferdestall; Zâd Farruch war dieser Mann geheissen; den Schah zu erfreun war sein Sichbefleissen. Der kam zum König: »Die Merkmale, die jener würdige Mann dem Stolzen lieh, sind Bahrâms, Sohns Bahrâms, Sohns Gušasps des Reiters, des stolzen die Rosse zügelnden Streiters. Er will mir nicht aus den Gedanken weichen – und wich er, so würd ich nur Luft erreichen –; zu Bardaʿs und Ardabîls Grenzkommandanten ward bestellt er mit Pauken und Elefanten.« Mit Eilboten mahnte der Schah ihn zur Hatze,
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dass er auf der Reise sich nicht einmal kratze, aus Ardabîl komme zum Königsthron, ohne Pauken und Heer nur in eigner Person. Der Bote bestellte dies dem Bahrâm und die Mitteilung auch, die von Mihrân kam.
Bahrâm-i Čûbîne kommt zu Schah Hurmuzd Der Held, der eilends aus Bardaʿ tritt, nahm keinen der Tapfer’n des Heeres mit. Als er sich bis zum König begeben hatte, befahl dieser, dass man ihm Zutritt gestatte. Der Held sah des Königs Angesicht und erfüllte ihm die Huldigungspflicht. Der Schah betrachtete seine Erscheinung und bekam von ihm eine sehr gute Meinung; die Merkmale Mihrân Sitâds erblickt’ er bei ihm und lächelte frisch und beglückt; drauf begrüsste und befragte er ihn; eine herrliche Wohnung ward ihm verliehn. Als den Moschusduftschleier fallen liess die finstere Nacht und die Sonne sich wies, ging der Grenzkommandant zum König hinein und die Grossen und Mächtigen liessen ihn ein. Der Weltherr rief Bahrâm zu sich heran, setzt auf einen Thronstuhl ihn obenan und fragt ihn: »Schliesse mit Schah Sâwe ich Frieden? Entsend ich eine Armee?« Es antwortete der nach dem Kriege Süchtige: »Ein Friede mit Schah Sâwe ist nicht das Richtige. Denn da er den Krieg zu rüsten sucht, wäre Friede verlangen nur feige Flucht. Zweitens wächst dem Feind gleich die Tapferkeit, sieht er bei dir Niedergeschlagenheit. Doch siehst du das Kriegführen vor dem Fest, dann legt er sich auf den Gehorsam fest.« Drauf sagte Hurmuz: »Bleib ich am Ort,
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was wäre dein Rat, oder ziehe ich fort?« Er erwiderte drauf: »Zieht der Feind zurück sein Haupt von Gerechtigkeit, kündet dies Glück. Wie lautet des mächtigen Weisen Satz? ›Das Unrecht hat niemals beim Rechte Platz.‹ Mit dem bösen Feind musst den Kampf du beginnen; mit dem Feuer kann Wasser zusammen nicht rinnen. Und sollte in anderer Art sich’s gestalten, neuen Schah erwählten die alten Gewalten. Wenn die Stärke wir unserer Arme zeigen, alle Tüchtigkeit weisen, die uns zueigen, dann trifft uns kein Vorwurf vom reinen Gott noch bei Prüfung von Helden Schande und Spott. Wenn zehntausend Îrânier unumgebracht in Verwirrung das Haupt wir drehn von der Schlacht, so sagte der Feind, der nach Tadel suchtet, du seist kampflos vor dem Gegner geflüchtet. Lassen Pfeile wir regnen dem feindlichen Volke, machen wir unsre Bogen zur Frühlingswolke, wie hunderttausend Schwerter und Keulen gezückt werden in den Schlachtheeressäulen, wenn sich dann uns nicht zeigt der Sieg, dann will ich verzweifeln am Glück im Krieg, dann fügen wir uns unsrer Feinde Gebot, dann werden wir kraftlos, entleibt und tot. Lass uns wirken, bis uns des Himmels Kreisen, was bestimmt uns an Nutzen und Schaden, wird weisen.« Als der Schah diese Rede Bahrâms vernahm, da lacht’ er, indes der Thron Schimmer bekam. Dann verliessen des Königs Gegenwart die Erfahrnen, deren Herz blutig ward; sie sagten zu Bahrâm: »Fragt er dich was, zuviel Mut in den Reden beiseite lass! Das Heer Schah Sâwes ist so ausdermassen, dass es Mücke und Ameise sperrt die Strassen.
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Und wie du es vor dem König gesagt: wer ist’s, der des Heeres Held zu sein wagt?« Bahrâm gab den Grossen diesen Bescheid: »Oh ihr Männer voll Adel und Tapferkeit, ordnet solches des Königs Befehl erst an, so bin ich gerüstet als Heer-Pahlawân.« Da begaben sich aufmerksame Spione ohne jeden Verzug zum Träger der Krone; jedes Wort, das Bahrâm an jene gerichtet, wurde in das Zehnfache umgedichtet.
Hurmuzd bestellt Bahrâm-i Čûbîne zum Pahlawân Der Schah fand wieder die Heiterkeit, denn er war von der Furcht vor dem Heere befreit; er setzt’ ihn als Feldherrn den Truppen vor; zu den Wolken hob jener sein Haupt empor. Jeder Held, dem nach Ruhm der Wille stand, von dem wurde Bahrâm Feldherr genannt. Der Feldherr stellte dem Schahrǝjâr gegürtet mit krieg’rischen Waffen sich dar: »Der König möge mir Vollmacht geben, vom Mustrer die Zahlen zu erheben, dass ich sehe, wieviele als Krieger zu buchen und wieviel sich Zeit lassen, Ruhm zu suchen.« Er sprach: »Der Feldherr des Heeres bist du und Gutes und Böses schreibt man dir zu.« Da begab sich der Feldherr zum Musterungsamt und beschied vor sich das Heer insgesamt. Er erlas von Îrâniern sich eine Schar, jeden, der von den Reitern hervorragend war; so trugen sie ein zwölftausend Streiter, so Mann wie Ross gepanzerter Reiter. Die Vierzigjährigen trugen sie ein, sie durften nicht jünger noch älter sein. Der Feldherr war Bahrâms Sohn Bahrâm,
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der durch Kampfaufsuchen zu Namen kam. Einen gab es, der sich Jalân Sîne nannte, dessen Brust von der Lust zu kämpfen brannte; den macht er zum Haupt seiner edelen Streiter, dass am Schlachttag er ging vor der Front als der Leiter, dass er tummelt das Ross und so mahnt ans Geschlecht und im Herzen erregte die Lust zum Gefecht. Ein andrer, der Îzad Gušasp da hiess und vor Feuer das Ross nicht zurückschrecken liess: dem befahl er, dem Trosse das Ohr zu leihn und genau recht- und linken Flügel zu reihn. Nardâ Gušasp war im Nachhuttross, der packte den Schweif des Löwen vom Ross. Zu dem Heere sprach dann der oberste Held: »Oh ihr edelen Männer, geisteserhellt, wollt Gott ihr zum Helfer bei euerem Wandel und dass er erhell’ euern düsteren Handel, müsst ihr möglichst von jeder Schäd’gung euch wenden, und gürtet zum Bösen nie eure Lenden. In der finsteren Nacht beim Posaunenschalle bewegt von euerem Standort euch alle; in solcher Art treibt an eure Pferde, dass in finsterer Nacht Verwirrung werde. An Kraft und Erholung von Ross und Mann darf man nicht mehr denken, wenn Krieg begann.« Als der König nun die Nachricht empfing, wie der kluge Bahrâm zu Werke ging, machten Rede und Tat ihn freudig strahlen; er liess öffnen den Schatz und den Sold auszahlen; er gab auch Bahrâm seinen Schatz an Geschossen und Waffen, dann wurde die Türe geschlossen. Was er an freiweidenden Rossen hatt’, das brachte er herdenweise zur Stadt. Er befahl, dass der Pahlawân für das Heer alles Nötige von dem König begehr’.
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Also sprach der Schah zu Bahrâm: »Du hast aller Arten Kampf schon ins Auge gefasst, und du hörtest, was der edle Schah Sâwe für Waffen besitzt und eine Riesenarmee, dass der Kampf der Türken am Tage der Schlacht den Boden der Erde erzittern macht. Du erlasest vom Heere zwölftausend Streiter, mit gepanzerten Rossen gepanzerte Reiter; wie willst du mit diesem Material etwas ausrichten gegen die Riesenzahl? Statt junger schwerterzückender Scharen nimmst du Leute vom Volk von vierzig Jahren.« Der Feldherr gab Antwort dem Weltenherrn: »Holdredender Fürst mit dem glücklichen Stern, du hast wohl die Geschichte der Grossen erfahren, die vormals die Weltenkönige waren. Die Erzählungen können dafür zeugen, wenn der mächtige Fürst sein Ohr will neigen: will das sieghafte Glück seinen Beistand leihn, so geht’s gut, ist die Zahl der Helfer auch klein. In Hâmâwarân schloss man Kâwȏs Kai’n mit einem unzählbaren Heere ein. Da wählte Rustam zwölftausend Streiter, lauter passende mutvolle Helden und Reiter, und befreit aus der Sperre Kâwȏs Kai; jene Edlen erlitten nicht Schaden dabei. Und Gȏdarz Sohn des Kašwad nicht minder, Haupt glorreicher freier Adelskinder, kor zum Krieg des Sijâwuš zwölftausend Streiter, die gepanzerten Rosse tummelnde Reiter. Zwölftausend brachte auch Isfandǝjâr gegen den Arǧâsp, der mächtig war, und er wirkte damit, was sich wirken liess, dass das Heer und die Veste in Staub er zerblies. Wird das Heer über jenes Ausmass mehr, so verlieren sich Mut und Einsicht im Heer.
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führt ein Feldherr zum Kampf ein Heer ohne Zahl, so zeigt er, dass ihm das Kämpfen fatal. Ferner sagst du, es seien nicht mehr als die Jungen vierzigjährige Männer von Kampflust durchdrungen. Doch durch lange Übung in vierzig Jahren hat der Mannesmut wohl Mehrung erfahren; sie müssen auch denken an Salz und an Brot, was über sie hinging an Glück und an Not, man fürchtet Verleumdung und Schmach und Schand’ und hält deswegen dem Kampfe stand; wegen Weib und Kind und der ganzen Verwandtschaft zeigt ein lebensgeschliffener Geist sich standhaft. Ein Jüngling sieht Neues, lässt Trug mit sich treiben und es fehlt die Geduld ihm, am Orte zu bleiben; nicht Weib hat noch Kind er, nicht Felder noch Weiden und kann Wertvoll und Wertlos nicht unterscheiden; und da Mangel an Übung nicht führt zu Verstand, wird von ihm der Geschäfte Hauptsache verkannt; gelingt es ihm einmal, den Sieg zu erringen, so ist froh er und lachend nicht weiter zu bringen; indessen, sobald man ihn einmal besiegt, der Feind nur den Rücken zu sehen kriegt.« Als der König dies hörte, da ward sein Gemüte so froh und frisch wie im Frühjahr die Blüte. Er sprach: »Nun geh, zieh den Panzer an und begib dich am Saale hinaus auf den Plan.« Der Feldherr verliess den König nunmehr; Gürtel, Panzer und Griechenhelm forderte er; die Panzerung legt’ er dem Fuchsen auf, band die Fangschnur auf den Sattel hinauf. Mit Ball und Schlegel und Pfeilen schritt auf den Spielplatz der Schah, der Wesir ging mit. Der Feldherr kam auf des Königs Plan, mit Panzer und Keule und Helm angetan. Als der Weltherr ihn sah, begann er zu grüssen; der Feldherr küsste den Staub ihm zu Füssen.
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(Er zeigte ihm Künste, im Frieden gepflogen, mit Keule und Schlegel und Pfeilen und Bogen.) Der König von Îrân leichtlich hielt in der Hand mit dem tiefblauen Drachenbild die Standarte, die einst in alten Tagen Held Rustam hatte im Kampfe getragen; die streichelt er lachend und gab sie Bahrâm und sprach viel vom Segen, der von ihr kam; und er sprach: »Er, den meine Königsahnen einst nannten das Haupt aller Untertanen, dessen Namen lautete Rustam der Held, Eroberer, siegreich und geisteserhellt, seine Fahne ist’s, die du hältst in der Hand; werde königstreu stets und siegreich genannt! Ich vermeine, dass Rustam der Zweite du heisst durch heldischen Mut und Gehorsamsgeist.« Und daraufhin huldigte ihm der Held: »Sei du siegreich stets und geisteserhellt!« Dann kehrte der Feldherr zurück von dem Plane nach Haus, in der Hand des Tahamtan Fahne. Die Helden des Königs zerstreuten sich und des Heeres Pahlawân freute sich.
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Als vom Berghaupt das Haupt hob das Morgenrot und der strahlende Schild fern dem Auge sich bot, kam der Feldherr hinein in des Königs Gemach und warf in den Staub sich vor dem Schah und er sprach: »Was ich ward, war nicht meine Schuld; ich ward Krone der Zeit durch den Glanz deiner Huld. Nur ein Wunsch werde mir vom Schah noch gewährt: er sende mit mir einen Mann, der gelehrt, dass den Namen jedes, der kämpfend ringt und einen der Feinde zu Boden zwingt, 536.2 warf … Schah: W: wälzte sich auf dem Boden vor dem Heer.
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er ordentlich in ein Register schreibe, dass sein Wunsch auf der Welt nicht unerfüllt bleibe.« Also sprach Hurmuz: »Mihrân der Greis ist ein tüchtiger Redner, der sehr viel weiss.« Er befahl, dass dieser den Feldherrn begleite und schnell von der Halle zum Krieg hinaus reite. Aus dem Lande von Ṭîsǝfûn zog nun das Heer und ein Feldherr wie Bahrâm vorne einher, das Heer an Verstand und an Heldenmut reich und der stolze Feldherr den Löwen gleich. Er zog ab, doch der König kehrte zurück und sein Mȏbad begleitete ihn dies Stück. Zum Mȏbad sprach Hurmuz: »Am Tage der Schlacht wird der Mann zufrieden und froh und lacht. Was, meinst du, geschieht in den kommenden Tagen? Es ist gut, darüber ein Wörtlein zu sagen.« Drauf sagte der Mȏbad: »Leb ewiglich du, denn ein ewiges Leben kommt sicher dir zu. Mit der hohen Gestalt wird wohl dieser Held, mit der Rede so scharf und so geisteserhellt, in ständigem Frohsinn den Sieg erringen und die fruchtlose Welt wird zu Früchten er bringen, Nur fürcht’ ich, dass er am schliesslichen Ende das Haupt vom erhaltenden König wende. Er zeigte sich tapfer in dem, was er sprach, und Löwenmut im Gespräch mit dem Schah.« Da sprach Hurmuz: »Verdirb nicht die Arznei durch das Gift einer bösen Vorahnerei. Gelingt es ihm, Schah Sâwe siegreich zu schlagen, so darf ich ihm Krone und Thron übertragen. So sei es und möge nie anders sein! Er würde als Schah mit Segen gedeihn.« Als der Mȏbad die Worte des Schahs vernommen, biss er sich auf die Lippen und war sehr beklommen; doch im Herzen bewahrt dies der Schahrǝjâr, bis lange Zeit darüber verstrichen war;
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er sucht einen am Hof, der Geheimnisse wahrte, damit ihm die Sache sich klar offenbarte; zu dem sprach er: »Folg’ eilends dem Pahlawân, und was du erblickst, das zeige mir an.« Der Aufspürer folgte ihm auch zur Stunde und von seiner Absicht bekam keiner Kunde; er kannte in Leuen und Schicksal sich aus und sagt jedes Werkes Ausgang voraus. Bahrâm verliess Ṭîsǝfûn und zog weiter mit der Lanze unter den ersten der Reiter. Aus der Ferne kam ihm auf diesen Wegen ein Verkäufer von Hammelköpfen entgegen, einen reinen bedeckten Weidenkorb tragend, doch mancher Kopf aus der Decke ragend. Der Feldherr spornte sein Ross und stiess oh Wunder! auf einen Kopf mit dem Spiess; er ritt, bis die Lanze gerade er hielt, und den Kopf warf er dorthin, wohin er gezielt. Eine Weissagung wusst’ aus dem Kopf er zu schöpfen: »Ich werde Schah Sâwe auch so köpfen; seinen Kopf werf’ vor seinem Heer ich zur Erde, worauf ich das Heer ganz vernichten werde.« Als der Abgesandte des Schahs dies erblickte, deutet er’s auf die Zukunft, so wie’s sich schickte; er sprach: »Diesem glückhaften Mann wird als Lohn seiner Mühen schliesslich zuteil der Thron. Wenn er dann seinem Wunsche Erfüllung gewann, verlässt er den Schah und wird harter Tyrann.« Er kam und berichtet’s dem Herren der Welt; dem wurden da Kummer und Sorge gesellt; dieses Wort war ihm bittrer als Todesgraun; er welkte, das grüne Laub wurde braun. Einen jungen Boten des Hofs sprach er an und sandte ihn eilends zum Pahlawân; er sprach: »Geh und sage dem Feldherrn sofort:
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›Verlass, wo du lagerst, heut Nacht nicht den Ort; in der Dämmrung brich auf und begib dich hieher; ich mache den Raum dann von Fremden leer, dass ich alles Nötige ratend dich lehre und alles dir sag, was von Nutzen dir wäre.‹« Der Gesandte begab sich zum Pahlawan; das Gehörte bestellte der junge Mann. Darauf gab er Antwort: »Oh König, so klug, man ruft doch kein Heer zurück von einem Zug. Jeder Rückzug ist etwas, was Missahnung schafft; solche Vorgänge stärken dem Feinde die Kraft. Bin ich siegreich, werd ich zurück zu dir kehren und dein Land und dein Heer wird der Glanz verklären.« Der Bote kam wieder zum Schah, ihm zu melden, was er vernommen vom gütigen Helden. Der König war mit diesen Worten zufrieden; des Eilenden Müh’ war kein Nutzen beschieden. Der Feldherr führte das Heer in der Früh dann weiter und Gott rief er an für sie. Er zog bis zum Lande Chȏzistân; das Heer stellte gar keinen Schaden an. Inmitten des Heeres trug einen Sack, mit Heu gefüllt, ein Weib huckepack; da kam ein Reiter, den Sack zu kaufen, doch zahlte er nichts, sondern wollte entlaufen. Das Weib rief zu Bahrâm mit lautem Geschrei: »Man hat mir weggenommen mein Heu! Ich hab einen wertvollen Sack gehabt, vor deinem Heer bin vorbei ich getrabt: nun hat mir ein Reiter den Sack geraubt; einen Helm aus Eisen hat er auf dem Haupt.« Sie spürten sogleich diesen Menschen auf und zerrten ihn vor den Feldherrn im Lauf. Der Feldherr sprach, als der Plünd’rer zur Stelle: »Hältst du, was du getan, denn für Bagatelle?«
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Dann schleppte man ihn vor das Feldherrnzelt, Kopf, Füsse und Hand wurden ihm zerspellt und der Leib mit dem Messer entzweigeteilt; jeder Frevler wurde von Schrecken ereilt. Ein Ruf erscholl von dem Feldherrnzelt: »Oh ihr Edlen, denen die Klugheit gesellt, keinen Beistand und keinen Helfer hat, wer künftighin wegnimmt vom Heu nur ein Blatt! Mit dem Schwert wird sein Leib in zwei Hälften zerlegt! Mit Silber bezahlt, was ihr kaufen mögt!« So führt er Recht übend sein Heer dahin und Weg und Weglos war sicher durch ihn.
Schah Hurmuzd sendet Charrâd Barzîn zu Schah Sâwe mit trügerischer Botschaft Durch Sâwes Elefanten und Schätze und Heer kannte Hurmuz sich vor Sorgen nicht mehr; gar viele Gedanken durchzogen sein Herz, wegen Bahrâms war er voll Furcht und voll Schmerz; sein Geist war voll Gram und sein Herz war gespalten, seinetwegen von Ängsten besetzt gehalten. Als die finstere Nacht überm Mondkreis erschien, sprach also der Schah zu Charrâd Barzîn: »Mach dich auf zum Ritt, bis beim Feinde du bist, gib dir Müh’ und gestatte dir keinerlei Frist! Was sein Heer und wie zahlreich, erspähe mir, wer der Feldherr ist und wer Offizier.« Er befahl, einen rathaltigen Brief zu schreiben an jenen Mann mit dem schädlichen Treiben, mit kostbaren Ehrengeschenken; es lassen sich solche Werte in Zahlen nicht fassen. Zum Gesandten sprach er: »Wohlan, nun zieh, bis ein Heer dir in Sicht kommt, gegen Herî. Du musst wissen, dass Bahrâm kriegslustig ist und das Heer keines andern es ist, was du siehst.
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Von dem Weg musst du rasch zu Bahrâm kommen und ihm melden, was du von mir vernommen. (Lass von mir an ihn Grüsse und Segen gelangen: ›Magst du geisterhellt stets im Siege prangen!‹) Richt’ ihm aus: ›Ich bin in froher Erwartung; ein Netz will ich aufstellen ganz neuer Artung. Du darfst dein Geheimnis ihm nicht offenbaren, er darf deinen Namen daher nicht erfahren. Ich will ihn locken in deine Schlingen und lange höfliche Worte vorbringen.‹« Es rüstet sich Charrâd Barzîn zur Reise und ritt in der ihm befohlenen Weise. Er bestellte Bahrâm, als er zu ihm gekommen, die geheimen Worte, wie er sie vernommen. Von dort begab er sich zu Schah Sâwe, zu Elefanten und Schatz und Armee; er sah ihn und pries ihn mit mancher Verneigung und bestellte den Auftrag unter Verschweigung; er mehrte die Botschaft in jeder Art lange, auf dass das Heer nach Herî gelange. Als nun kam ins Gefild von Herî der Held, schlug am Stromstrand er auf sein Feldherrenzelt. Da kam ein Wachposten der Türken daher und erblickte Bahrâm samt seinem Heer; kaum sah er aber die tapfre Armee, so lief er zum Hofe des Schahs Sâwe, um die Ankunft des Heers mit dem namhaften Helden im Gefild von Herî dem Schah zu vermelden. Den wegsuchenden Schah Sâwe überkam aber Sorge schwer, als er dieses vernahm; er sprach vieles sehr heftig, nachdem er vom Zelt den Gesandten hatte zu sich bestellt: »Oh du abgefeimter Betrüger du, von der Höh eilst du wohl jetzt dem Abgrund zu. 617.2 bestellte … unter Verschweigung: das Gehörte sagte er ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit.
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Vom Hof des Schahs Hurmuzd kamst du zu mir; mir Fallen zu legen, war Absicht dir. Ein persisches Heer hast zum Kampf du gestellt, in den Auen von Herî schlugst du auf dein Zelt.« Charrâd Barzîn sprach da zum Schah: »Gegen deine Armee ist die Schar nur schwach; es ist nur – lass doch solch’ schlimmen Verdacht – ein Grenzkommandant, der den Durchmarsch macht, oder ein Edler sonst aus dem Land, der um Schutz sich zu seinem König gewandt, oder führt ein Heer der Kaufleute Scharen, um die Sicherheit ihrer Reise zu wahren. Wer stellte sich dir wohl und deinem Heer? Dann würden wohl kriegslustig Berg und Heer. (Ich send einen Mann zu ihm, zu erfahren, wer es sei, der des Weges da kommt gefahren.)« Schah Sâwe war ob seiner Rede froh und sprach: »Sehr gut, das ist richtig so. (Wir entsenden einen, der sage uns an, ob uns Gutes will oder Böses der Mann.«) Als zurückkam zum Zelt Charrâd Barzîn und schnell finstere Nacht vom Berg her erschien, da setzte er eilig ins Werk seine Flucht, sonst würde vom Unheil er heimgesucht. Als die Nacht immer finsterer zog empor, hiess der Schah mit dem Heer seinen Sohn Faġfor vom Vater weg wider den Pahlawan in den Kampf ziehn, den jungen verständigen Mann. Wie er nah dem iranischen Heere schon, entsandt’ einen Reiter der Königssohn, um zu fragen, wer die Kriegslustigen seien und warum sie gebildet die Angriffsreihen. Von den Türken kam wie der Wind dieser Reiter und rief ihnen zu: »Oh ihr glorreichen Streiter, wer ist euer Feldherr und wem unterstellt? Wer ist der im Kampfe berühmte Held?
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Denn der Lieblingssohn Faġfûr des Schahs Sâwe will allein ihn sehen ohne Armee.« Da kam ein Mutiger vom Heer zu Bahrâm und meldete, was von ihm er vernahm. Aus dem Zelte trat nun der Pahlawâne, 645 über ihm erhob sich die strahlende Fahne. Als Faġfûr aus Čîn ihn erblickte, da hetzte er den springenden Fuchs, dass in Schweiss er ihn setzte; er fragte ihn: »Wo kommst du denn her? Und weshalb machst du hier Halt mit dem Heer? Ich hörte, du sei’st aus Pârs entkommen, hättest Blut vergossen und Schaden genommen.« Also sprach Bahrâm: »Es sei mir fern, dass an Streit ich dächte mit Îrâns Herrn. Zum Kriege zog ich aus mit dem Heer 650 von Baġdâd auf Befehl des Schahs bis hieher. Als die Kunde vom Heer unter Sâwe-Schah gelangt in der Grösse Empfangsgemach, da sagt er mir: ›Auf, ihren Weg zu verkeilen mit Keulen und Schwertern und Lanzen und Pfeilen!‹« Als Faġfûr dies hörte, da machte er kehrt und berichtet dem Vater das, was er gehört. Der Schah ward von Misstrauen drob überfallen und suchte den Abgesandten vor allem. Einer sagte: »Charrâd Barzîn ist entflohn; 655 seit er herkam, weint’ blutige Tränen er schon.« Schah Sâwe sprach zu dem Sohne Faġfor: »Dass der Gauner entkam, kommt mir merkwürdig vor. Die Nacht so finster, das Heer nicht zu zählen: der Wachposten liess es an Diensteifer fehlen.«
Sâwe Schah sendet eine Botschaft an Bahrâm-i Čûbîne Er entsandte darauf einen alten Mann zu Bahrâm, dem beredten Pahlawan; er sprach: »Geh hin zu dem Perser und sage:
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›Vergeude nicht sinnlos hier ruhmvolle Tage! Das wirst du doch wissen zweifellos: dieser König sucht deinen Tod ja bloss; denn zum Kampfe mit einem hat er dich geschickt, wie man seinesgleichen nur wenige erblickt. Er sagte dir: ‹Auf! ihm den Weg abzuschneiden!› und du hörtest Worte, die nicht wohl zu leiden. Wenn ein Berg sich mir in den Weg will stellen, mit Elefanten und Heer will ich gründlich ihn fällen.‹« Bahrâm vernahm diese Worte und lachte, (weil ein so düstres Geschäft er draus machte;) also antwortet er: »Geht des Weltherren Willen dahin, mich zu töten so ganz im Stillen, was an mir liegt, gescheh’, um ihn zu befriedigen, und müsst ich ins tiefste Grab mich erniedrigen.« Als der Abgesandte zu Schah Sâwe kam, berichtet er, was gehört er von Bahrâm. Jener sprach: »Geh zurück und sag ihm: ›Wozu brauchst der Worte und aber der Worte du? Du, der du her auf dies Schlachtfeld gekommen bist, sag uns klar, was denn dein Begehren ist.‹« Der Gesandte, bei Bahrâm neu eingetroffen, sprach: »Was du geheimhältst, sage nun offen; denn er ist ein Herrscher mit glücklichem Stern und er hat Diener, wie du bist, gern.« Bahrâm sagte: »Geh, ich lasse ihm sagen: ›Wer die Rechtlichkeit sucht, muss der List sich entschlagen. Wenn es wirklich innerer Wunsch dir wäre, dass der Weltenherr dir den Frieden gewähre, dann will ich als Gast dich im Lande empfangen und, was du nur immer willst, sollst du erlangen; dann schenke ich Silber und Gold deinem Heere und Krone und Gurt dem, der würdig des wäre; auch send einen Reiter ich ab an ihn, er mag halben Wegs dir entgegenziehn.
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Kann der Schah dich zu seinen Freunden zählen. lässt er dir’s an Proviant gleich wie ihnen nicht fehlen. Doch kamst du hieher nur, weil Krieg dein Ziel, so gerätst in die Klauen du dem Krokodil und du verlässt so das Tal von Herî, dass weint über dich die Aristokratie. (Ich lass dich beim Rückzug das Elend ereilen, 680 doch lass ich dich hier nicht länger verweilen.) Ein Abgrund tu auf sich vor deinem Fuss, hinter dir der Sturm, dein Begleiter der Guss. Was dich hergeführt, war des Schicksals Ungnade, dass sich dir überm Haupte das Übel entlade.‹« Der Bote kam wie der Wind zurück und bestellte die Botschaft Stück für Stück. Als Schah Sâwe sie vernahm, fasste Wut ihn über des Löwenherzigen Mut; er sprach zu dem Boten: »Kehr um und trage 685 zu dem dȇwischen Mann, was jetzt ich dir sage: ›In dem Kampfe mit dir ist kein Ruhm zu gewinnen, auch steht nicht nach deiner Tötung mein Sinnen. Dein Schah ist am Hofe mir untergeben; deine Untergebenheit muss dies noch heben. Willst du, ich solle dir Schonung gewähren, so will überm Volke dein Haupt ich ehren; du findest bei mir dann wertvolle Sachen, deinem Heer lass ich volle Ausrüstung machen. In unnützer törichter Redeflut 690 sucht kein Eroberer Mannesmut.‹« Der Bote des Übermütigen kam nun wieder zurück zum Helden Bahrâm; seine beissende Botschaft bestellte er und was nach den Worten die Absicht wär. Als er diese herzlose Antwort vernommen, sprach er: »Dieser Fürst muss drauf Antwort bekommen. ›Ist meine Untergebenheit‹, sag ihm, ›so gross,
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dass ich deshalb aller Ehre bin bloss, dann suchte der Grosskönig mit seinem Heere nicht den Kampf mit dir wegen Mangels der Ehre. Aus Geringheit zog ich mit dem Heere aus, um auszurotten Schah Sâwes Haus. Dem Schah schick sein Haupt ich, geköpft vom Schwert; auf dem Speer es zu tragen, das ist es nicht wert. Fleht um Schonung ich an dich, wär’s dir keine Ehre, da meine Geringheit zum Ziel gemacht wäre. Nur am Schlachttag wirst du mich wiedersehn und die tiefblaue Fahne hinter mir wehn. Deinen Tod bedeutet der Anblick des Drachen; Kopf und Helm will ich zur Speerscheide machen.‹«
Schah Sâwe und Bahrâm-i Čûbîne ziehen gegeneinander die Fronten Als er diese harten Worte gehört, machte Schah Sâwes Gesandter kehrt; er berichtete, was er erlebt; vor Hassen konnte sich der Schah der Türken kaum fassen. Er befahl, ins Gefilde die Pauken zu tragen zu Elefanten, die stolz hoch ragen. Das Land wurde schwarz von der Hufe Stäuben; das Hörnergetöse konnte betäuben. Als Bahrâm vernahm vom Nahen der Armee, dass gelb, rot, schwarz Tal und Ebene man seh, da befahl er, aufzusitzen in Eile, und gepanzert kam er, in der Hand die Keule die Stadt Herî hatte er im Rücken und vor sich der Krieger Schwerterzücken. Dem linken Flügel glich an er den rechten; ein Herz und ein Leib war das Heer zum Fechten; du meintest, die Welt sei ein einziger Panzer, Glanz gaben den Sternen die Spitzen der Lanzer. Schah Sâwe beschaute das Feld der Schlacht, diese Ordnung und Ausrüstung und diese Macht.
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Auf Herî, sah er, stützte sich Bahrâms Rücken und er fühlte die Enge peinlich sich drücken. Also sprach hierauf er zu seinen Reitern, den erfahrenen mühegewohnten Streitern: »Es hat mich ein Schwindler aufgesucht von dieser persischen Adelszucht und so lange geschwätzt, bis die Stadt war besetzt und Dornengestrüpp unser Standort zuletzt.« So zog er die Front in dem engen Raum; die Luft sah man tief schwarz, den Erdboden kaum. Vierzigtausend formierten die rechte Seite, Keulen schwingend und Speere führend im Streite; vierzigtausend auch die linke im Heere, die Schwerter zückend und lenkend die Speere (und vierzigtausend des Heeres Mitte, die Schwerter und Speere zückend im Stritte), während vierzigtausend der tapferen Scharen hinterm Rücken des Heers in Bereitschaft waren. Viele Krieger konnten zur Tat nicht gelangen, sie waren im engen Raum wie gefangen. Vor dem Heere standen die Elefanten, die wie eine Mauer den Weg verrammten. Schah Sâwes Herz war kummerbedrängt, da die Stellung des Heers er sah so beengt. Du meintest, es sagt ihm sein Schicksal schon, bald werde unnütz dastehn sein Thron.
Schah Sâwe schickt eine zweite Botschaft an Bahrâm-i Čûbîne
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Ein beredter Held ward ein zweitesmal, ein betrügender Mann von Herî aus dem Tal zu Bahrâm gesandt und sprach: »Oh Held, ein himmlisches Glück ist dir nicht gesellt. Viele Reden und Rat gab’s, du hörtest nicht drauf; nimm zum Freund den Verstand! Tu des Herzauge auf! Auf zwei Menschen bist du nunmehr gestossen,
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wie’s nicht mehr ihrer gibt vom Stamme der Grossen; wie die Sonne strahlen am Himmel beide, das ganze Jahr mutig im Panzerkleide; der eine bin ich, der König der Welt, der zweite mein Sohn Parmûde, der Held. Du zählst auf den Bäumen der Blätter nicht mehr als der glückhaften Helden in meinem Heer. Zähl ich ab Elefanten samt Heeresvolke, so lachst du des Regens der Frühlingswolke. Da sind Waffen und Kriegsausrüstung und Zelte, mehr als Phantasie zur Verfügung stellte, und Rosse und Mannen in Berg und Tal – willst du zählen, so hältst du nicht aus ihre Zahl. Die Könige alle sind mir untergeben, sind sie’s wert nur, als Untergeb’ne zu leben. Käme alles Wasser des Meeres ins Fliessen, könnten Berge laufen auf ihren Füssen, meinen Schatz könnten sie nicht von der Stelle schaffen noch meine Kriegsausrüstung und meine Waffen. Jeder Fürst ausser deinem persischen Herrn nennt mich seinen König nah und fern. In meiner Hand liegt auch dein Geschick; dies liegt klar vor meinem geistigen Blick. Wenn ich mein Heer von der Stelle bewege, versperrt es Ameise und Mücke die Wege, auch tausend gepanzerte Kriegselefanten, dass vor ihrem Geruch alle Reiter noch rannten. Wer kommt mir zuvor in Îrân und Turan, dessen Kommen die Sorge mir mehren kann? Von hier bis zu Ṭîsǝfûns Tor reicht mein Heer und ich erhalte in Zukunft noch mehr. Man hat dich, du Feindlichgesinnter, betört, doch dein Schwindler der ist wohl geistesgestört. Du hast mit dir selber Mitgefühl nicht, und war es schon da, zeigt es nicht sein Gesicht;
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denn dein Aug weiss nicht Gutes und Böses zu trennen, wie sollt Torheit es scheiden von klarem Erkennen? Lass ab von dem Kriege und komm zu mir, sonst lass ich kein längeres Dasein dir. Ich geb eine Tochter dir und ein Reich und Würde und ein Diadem zugleich, ich mache dich unabhängig und gross; das Untergebensein wirst du dann los. Wird der König von Îrân im Krieg umgebracht, kommt sein Thron und die Krone in meine Macht, übergeb ich dir Krone und Thron als Gabe, Diadem und Schätze und fahrende Habe. Ich ziehe von hier dann gegen Byzanz, du bleibst Herr der Schätze, des Heers und des Lands. Ich sage dir dies, weil du mir gefällst und weil du geschickt zu der Tat dich stellst, weil in Heeresausrüstung und List du erfahren und Vater und Grossvater Feldherren waren. Nicht zur Schmeichelei sag ich dies und zur Preisung, ich trage mich mit einer Gnadenerweisung. Du hast heute mit ganz geringer Macht gegenüber erkoren den Ort zur Schlacht. Du bekommst von mir weitere Botschaft nicht mehr, kehrst das Haupt du von dem ab, was ich begehr.«
Bahrâm-i Čûbîne erteilt Schah Sâwe Antwort Der Gesandte sprach und der Feldherr vernahm; düster war das Wort, das als Antwort kam. Also gab er Bescheid: »Du mit bösem Zeichen, inmitten der Grossen, an Übermut Reichen, du unnützer Fürst, der nur Worte mehrt, es ist keiner verblieben, der dich noch ehrt. Aus dem frühern Wort und dem spätern erseh ich, du bist wahrhaftig zu reden fähig. Wessen Leben sich seinem Ende schon naht,
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zeigt gewandt sich in Rede statt mannhafter Tat. Ich hörte sehr viel unnützes Geschwätze und mein Herz ist in Angst, dass es Schädigung setze. Erstens sagst du: ›Den Schah bring ich um und geb dir das Land und sein Königtum,‹ Kennst du wohl die Geschichte eines der Grossen, wie den Bettler aus einem Dorf man verstossen? ›Der Grösste war ich‹, rühmt’ er überall sich, ›alle waren nur Knechte und Herr war ich.‹ Die Sonne kommt drüber nicht zu zwei Malen und beleuchtet die Welt mit ihren Strahlen, dass auf einer Lanze dein Haupt am Ende ich an den Gebieter der Welt versende. Was du von deiner Tochter dann vorgebracht und von Schatz und von Land und von Heeresmacht, so würde ich dankschuldig dann mich bekennen und einen weltkundigen König dich nennen, sobald du mir dann deine Tochter schenkst, wenn du nicht mehr des Thrones von Îrân gedenkst, und aus deinem Palast samt all ihrer Zier Tochter wie Kleinodien schickst zu mir. In Îrân war ein Freund so wie ich dir beschieden und der Krieg mit den Tapferen wär dir vermieden. Doch jetzt muss dein Ohr meine Lanze wohl leiden und ich will mit dem Schwerte dein Haupt abschneiden. Wenn du gehst, gehört alles mir, Haupt, Krone, Thron und die Tochter und all deiner Mühen Lohn. ›Mir sind zahllos zu eigen‹, so sprichst du dann weiter, ›so Krone wie Thron, Elefanten und Reiter.‹ Ein Berühmter hat auch die Bemerkung gemacht, dem es schlecht gefiel in den Reihen der Schlacht: ›Mit Ungestüm läuft eilig der Hund, solang ferner das Wasser bleibt seinem Schlund.‹ Dein Herz drängten Dȇwe vom richtigen Pfad, da bist du kriegslustig dem Schah genaht.
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Du musst vor der göttlichen Strafe dich krümmen und dem, was geschehen an Taten, an schlimmen, ›Mir sind untergeben‹, sagst du ausserdem, ›die Mächtgen mit Kronen und mit Diadem, alle Städte der ganzen Welt sind mein Eigen, die Zeit kann das, was ich sagte, bezeugen‹ Zu all diesen Städten sind offen die Strassen, begangen von König und Volk gleichermassen; pochst an die Tore du an deiner Städte, findst als Reich du vielleicht eine Trümmerstätte. Dass du ferner mich gnadenwürdig nennst, zeigt, dass du mir Mannesmut aberkennst; deine Gnade hört auf, siehst du erst meinen Speer und du rechnest auf meinen Gehorsam nicht mehr. Dein gepriesenes Heer sowie dein Palast, Elefanten und Thron und was du sonst hast, sind mir nichts, wenn die Front ich erst aufziehn liess, deine ganze Armee acht’ ich keinen Pašîz. Wer als König wie du solche Lügen spricht, erwirbt Ruhmesglanz in der Welt sich nicht. (Ferner hast du gesagt, ich gefiele dir sehr, du hattest mich gerne zum Führer beim Heer: ich gefiel dir erst, als schon hoch ich stand und mein König an mir Gefallen fand.) Ich gebe dem König drei Tage Frist; wenn der Weltleuchte Krone dann sichtbar ist, dann trägt deinen Kopf nach Îrân das Heer und sieht seinen Thronsitz dann auf dem Speer.« Die Wangen ganz gelb kam der Bote zurück; vergreist war sein fruchtbares junges Glück; er bestellte die Botschaft dem Schah Sâwe, dessen Antlitz sich drob ganz verfinsterte. Faġfûr sprach: »Was soll dies Geplapper meinen? Ein derartiges Heer bringt wirklich zum Weinen.« Er trat auf des Königszeltes Schwelle 786.2 Pašîz: kleine Geldmünze
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und befahl, dass man Zimbel und indische Schelle und Pauken und Elefanten brachte und den Himmel ebenholzfarbig machte. Als den Edlen er sah das Kriegswerk besorgen, ward der stolze König erfüllt von Sorgen. (Der Kampf mit Bahrâm war dem Schah ein Grauen, sein frisch-grünes Baumlaub war welk anzuschauen.) Zum Sohne sprach er: »Beginne erst morgen, du Liebling des Heeres, den Kampf am Morgen.« Beide Heerfronten wurden zurückgestellt. Der Wachposten kam aus dem Führerzelt. Hüben und drüben brannten die Lagerfeuer. Die Spannung der Welt war ganz ungeheuer.
Bahrâm-i Čûbîne hat ein Traumgesicht und ordnet das Heer
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Als Bahrâm, der allein blieb in seinem Zelte, aussandte und die Îrânier bestellte, beriet er den Kampf mit dem Heere derart, solang’ bis die Welt ganz finster ward. Die Türken und Perser lagen im Schlummer und vergassen der Welt mit Lust und mit Kummer. Wie Bahrâm, der Held, so schlief in dem Zelt, war die ganze Nacht ihm die Qual gesellt. Leu Bahrâm sah im Traum nun die Türkenscharen, wie tapfer im Kampfe mit ihm sie waren, wie vernichtet sein eigenes Heer allesamt, wie der Weg zum Hofe ihm war verrammt, wie er stets die Helden um Schonung bat, zu Fuss ohne Ross, ohne Freund und Rat. Als vom Schlaf er erwachte, war er beklommen, sein edeles Haupt von Furcht überkommen. 799.2 Die Spannung … ungeheuer: W: die Welt wurde infolge dieses Geheimnisses voller Gerede. 802.2 vergassen … mit Kummer: W: die Welt war den Weltsuchern gleichgültig.
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Gram und Kummer gesellten sich nächtlich dem Krieger; er zog sich an, das Traumbild jedem verschwieg er. Und zur selbigen Zeit bei ihm erschien, Schah Sâwe entflohen, Charrâd Barzîn. (Er erzählte davon, wie mit List er entfloh’n, von dem weiten Heer und des Unheils Droh’n, und dass keiner je eine grössre Armee auf der Welt gesehn als die des Schahs Sâwe.) Er sprach zu Bahrâm: »Woher guter Dinge? 810 Hüte dich wohl vor dieser Ahrîmans-Schlinge! Der Îrânier Leben verscherze nicht! Behüte die Edlen nach Recht und Pflicht! Mit dir selber hab menschliches Mitgefühl, denn niemals gewinnst du doch solches Spiel!« Bahrâm sprach zu ihm: »Deine Heimatgegend ist mit grossem Wagemut nicht gesegnet; man befasst sich dort nur mit dem Handel von Fischen, vom Sommer zum Winter, dem schneestürmischen. Dein Gewerb ist das Netz, deine Stelle der Teich, 815 Speer und Keule und Pfeil sind nicht dein Bereich. Blickt die Sonne vom schwarzen Gebirge erst her, will den Kampf ich dir weisen von König und Heer. (Sein Heer samt den Elefanten allen und Feldzeichen siehst in den Staub du fallen.)« Aus dem Zeichen des Leun hob die Sonne sich, dass die Welt wie ein Griechengesicht erblich; man blies das Erzhorn, es gab Lärm und Rufe, es schwankte der Grund von der Rosse Hufe. Da ordnet das Heer er und stieg zu Pferd, in der Hand eine Keule, im Kampfe bewährt. Auf dem rechten Flügel dreitausend Streiter 820 zählte man, geübte, gepanzerte Reiter; auf den linken ebensoviele entsandt’ er kampflustiger Reiter und Kriegsgewandter. Îzad Gušasp stand zur einen Hand, der die Wasser des Stroms zu Ross überwand;
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zu seiner Linken war Kundâ Gušasp, Verehrer des glückhaften Âḏar Gušasp. Jalân Sîne aber stand dahinten mit Kriegern, die später erst dem Kampfe dienten (Hamdân Gušasp jedoch stand davor,) seines Rosses Huf setzt’ in Feuer des Rohr. Tausend Helden nannte ein jeder sein, kriegsmutige Reiter und Herzen von Stein. Und ein Ruf erscholl vor der Heeressäule: »Oh ihr goldbehelmten Träger der Keule, wer immer vom Heer aus dem Kampfe flieht, ob er vor sich nun Leu oder Panter sieht, bei Gott, den Kopf will vom Leib ich ihm trennen und den nutzlosen Leib auf dem Feuer verbrennen.« Auf zwei Seiten des Heers gab’s ein Wegepaar, dass der Fluchtweg äusserst erleichtert war; da erhob er aus Lehm zehn Spannen hoch Wälle; er behielt in der Mitte des Heers seine Stelle. Es nahte dem Heerpahlawân sich nunmehr des Weltenherren Gross-Sekretär und sprach zu ihm: »Jedes Verhältnis fehlt, die Sache ist hoffnungslos, wenn man zählt. Gib gut acht auf das Heer auf dem Feld, denn wir sind ein weisses Haar auf dem schwarzen Stier. (Dieser Krieg wird Îrân noch zum Höllenrachen und das ganze Land einfach zur Wüste machen.) Gebirg’ kann man, Boden und Strom nicht gewahren vor Tûrâns vielen schwerttragenden Scharen.« Bahrâm aber schrie ihn an auf einmal: »Feiger Unglücksrabe, du bist mir fatal! Du gehörst zu Tintenfass und Papier! Wer gab Auftrag, die Leute zu zählen, dir?« Er kam zu Charrâd Barzîn: »Allein ein Dȇw kann Bahrâm Genosse sein.« Und den Weg zur Flucht suchten beide Alten, um dies jüngste Gericht sich fernzuhalten.
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Aus Angst vor dem König und dem Regen der Speere bissen auf ihre Lippen die Sekretäre. Ein Berg erhob steil sich, vom Kampfe weiter, zur Seite dem Weg der tûrânischen Reiter. Von der Strasse erkletterten beide diesen, weil die Heere sich gut überschauen liessen. Sie wandten auf Türken und Bahrâm die Blicke, zu sehn, wie er zornig zum Kampf sich anschicke. Als Bahrâm das Heer in die Ordnung gebracht, kam er laut rufend vom Orte der Schlacht, vor Gott warf im Staub sich auf das Gesicht er und sprach: »Oh du reiner und billiger Richter! Erscheint mein Kampf kein gerechter dir und bist du Schah Sâwe geneigter als mir, dann magst du im Kampfe ihm Ruhe gewähren und erfüll’ gegen Îrân dann sein Begehren. Doch entspricht auch deinem Willen mein Ziel, setz ich deinetwegen den Kopf aufs Spiel, dann lass mich und mein Heer siegesfreudig sein und durch unseren Kampf alle Welt gedeihn!« Laut rufend bestieg er von dort sein Pferd, die Hand mit der Rindskopfkeule bewehrt. (Wie als Rustam kämpfte mit Kâmôs, war das Herz auch der Mutigsten hoffnungslos; wie Rustam war er im Kampf vordringend, einen Panter reitend, den Drachen schwingend.)
Kampf Bahrâm-i Čûbîn mit Schah Sâwe »Durch Zauberkunst öffnet den Weg!« so sprach zu seinem Heere Sâwe der Schah, »dass sie Herz und Aug der Îrânier verdrehe und damit euch selber kein Unheil geschehe.« Alle Zauberer übten da Zauberkunst, in den Lüften entfachten sie Feuersbrunst, 841 Aus Angst … der Speere: W: vor dem Grosskönig und dem Regen der Pfeile
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(ein Zauberer ritt auf einem Leuen von gewaltigem Wuchs und mit mächtigem Dräuen, mit grosser Schlange die eine Hand, mit starkem Schwerte die and’re bemannt; diese wies er, dass Ross und Mann und Heer der Feuerbrand auf dem Schlachtfeld verzehr’,) dass ein Sturmwind und schwarzes Gewölk sich erhob und aufs Heer daraus ein Pfeilregen stob. Da rief Bahrâm: »Wohlan, ihr Vasallen von Îrâns Grossen und Tapferen allen, ob des Zaubers könnt ruhig das Aug ihr zudrücken! Lasst das Heer nur in Wut in den Kampf ausrücken! Dies will durchaus nur Täuschung und Zaubertrug scheinen; ob solcher Kunst muss man über sie weinen.« Es ertönte Geschrei, das die Perser ausstiessen, und sie gürteten sich zum Blutvergiessen. Auf das Schlachtfeld herab sah Sâwe der Schah, er sah, sie gaben dem Zauber nicht nach. (Er sah, dass der Feind zum Angriff kam, hinten war das Heer und davor Held Bahrâm). Er führte das Heer rechts gegen den Feind, wie ein Wolf vor der Herde von Lämmern erscheint. Als er einen Flügel des Heers überrannt, streckte er gegen das Zentrum Bahrâms die Hand. Bahrâm hielt Ausschau vom Zentrum her und fliehen sah er das Heer vor dem Heer. Er kam und drei der Krieger stiess er am Boden kopfüber mit seinem Spiess; dabei rief er: »So ist’s die richtige Schlacht, so will es die Regel und so wird’s gemacht. Habt ihr nicht Scheu vor dem Weltenherrn und den namhaften Grossen von glückhaftem Stern?« Dann wandte zum rechten Flügel er sich wie ein wütender Löwe, der hungerig. So durchtrennte das Heer der Pahlawâne,
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unsichtbar wurde des Feldherrn Fahne; worauf er schliesslich zum Zentrum eilte, wo der Feldherr bei seinem Heere verweilte. Zu dem sprach er: »Dies muss ein Ende erhalten. Schickt dieser Kampf sich an, zu veralten, so wird in dem Kampf unser Heer noch zerstreut. Sieh um dich, wo jetzt sich ein Weg dir beut.« Sie gingen und suchten, ein Weg fand sich nicht, denn ein Berg kam auf jener Strasse in Sicht. So sprach er zu seinen Heeresvorstehern: »Vor uns erhebt eine Mauer sich ehern, Wer da immer hinein eine Bresche schlüge, hinausfände aus dieser Mauer Gefüge, der wär’ sicher und rettet’ nach Îrân sein Leben, um zum König der Tapferen sich zu begeben. Setzt ganz euer Herz an das Blutvergiessen! Den Schild hebt ans Haupt! Kämpft mit Schwertern und Spiessen! Vielleicht will das wache Glück uns belohnen für unsere Mühe mit Thronen und Kronen. Man darf nicht an Gottes Gnade verzagen, sonst seht ihr düster ein weisses Tagen.« So sprach zu den Grossen der Schah Sâwe: »Die Elefanten bringt vor die Armee! Werft das Heer hinein in den Kampf in Menge und jenen macht düster die Welt und enge!« Als Bahrâm fern die Elefanten erblickte, war’s mit Angst, dass das Schwert von der Lende er zückte. Und also sprach er zu den Vasallen, den Edlen und Kriegslust erfüllten allen: »Die čâčîschen Bogen spannt mir jetzt! Und von jedem der Helm auf das Haupt gesetzt! Bei dem Herren der Welt, seinem Haupt, seiner Seele, 876.2 und Spiessen: nicht im Original
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bei dem Liebling der Grossen, der Besten Juwele: wer da Pfeil und Bogen besitzt, alle Mannen müssen unbedingt jetzt den Bogen spannen! Vom Dreihartholzpfeile macht dass die Spitze, die nach Blut sich streckt, in dem Rüssel sitze der Elefanten! Die Keulen schwingt und im Kampfe den Tod euern Feinden bringt!« Seinen Bogen spannte der Feldherr zumal und setzte aufs Haupt sich den Helm von Stahl. Da begann es ganz vorne Pfeile zu regnen, die Bogen wie Wolken im Frühling zu segnen; hinterher zog das Heer; das der Sterne – schwarz von den vielen Pfeilfedern und -spitzen ward’s. Durch der Elefantenrüssel Benähen wurden Tal und Gefilde zu blutigen Seen. Als die Pfeilschüsse fühlbar wurden den Tieren, begannen sie, auf ihr Heer zu marschieren, denn sie wandten wegen der Wunden den Rücken und wünschten vom Schlachtfelde auszurücken. Und den Elefanten folgte das Heer; der Erdboden wurde zum blutigen Meer. Man ward handgemein, viele kamen ums Leben, dem Unheil war voller Erfolg gegeben. Ein lieblicher Hügel ragte zur Höh im Rücken der mitgenomm’nen Armee; darauf war errichtet ein Thron von Gold; Sâwe sass auf ihm, der den Krieg gewollt. Das Heer war ein wandelnder Berg von Erz; jedes Haupt voller Staub und verdüstert das Herz. Riesenelefanten wütig zertraten hinter ihm mit den Füssen die Soldaten. Voll Nass war das Auge des Schahs Sâwe: weshalb war geflüchtet seine Armee? Auf den Araberfuchsen setzte er sich 894.2 zum blutigen Meer: W: zum Nîlstrom
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und eilte und bebte vor Angst fürchterlich. Hinter ihm kam Bahrâm wie ein Brunftelefant, die Fangschnur am Arm, mit dem Bogen gerannt. Zum Gefolg sprach er also: »Ihr Tapferkeitsreichen, vom Missgeschick kam über jene ein Zeichen. Doch nicht Zeit ist’s zu Rätseln noch Tag zu Wörtern; nun tummelt euch mit den alten Schwertern! Von Pfeilen schickt ihnen zu einen Regen! Bemüht euch und tut das Werk guter Degen!« Er kam auf den Hügel, wo auf dem Throne Schah Sâwe gesessen mit goldener Krone; er sah, auf arabischem Renner durchflieg er, dem löwengleichen, das Feld wie ein Tiger. Einen Hartholzpfeil erwählte er jetzt, klargespitzt, mit vier Adlerfedern besetzt; indes seine Hand über den Čâǧbogen strich, setzte auf das Rehfell der Daumenring sich; die Linke macht grad er, das Gerade krumm, da entfuhr dem gekrümmten Bogen Gesumm. Der Pfeil war dem Finger entlang geglitten und fand Durchgang durch seiner Wirbel Mitten; in den Staub sank das Haupt des Schahs Sâwe und es floss unter ihm von Blut ein See. So ging solchen Heeres Gebieter davon von goldener Krone und goldenem Thron. So ist’s mit des Himmels sich dreh’ndem Getriebe; es darf keiner verlassen sich auf seine Liebe. Sieh zu, dass du hoch nicht auf Thronen prangst! Bist du sicher, so pack dich vor Unheil die Angst. Als zu ihm gelangte Bahrâm der Held, zog auf dem Gesicht er ihn durchs schwarze Feld, worauf er den Kopf von dem Leibe ihm hieb, während jeder der Seinen ihm ferne blieb. Als die Türken schliesslich beim Schah erschienen, lag am Weg nur der blutige Leib vor ihnen.
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Da begannen sie alle Geschrei zu erheben, voll Lärm war die Erde, die Luft voller Beben. Der Sohn sprach: »Dies wirkte göttliche Macht, dass über Bahrâm das Glück so gewacht.« Wo für’s Heer sich ein Weg ergab aus der Enge, da kam in dem Engpasse um eine Menge; vielen gaben Elefantenfüsse den Tod, nur ein Zehntel der Leute kam heim zur Not, teils infolge des Elefantengestampfs, teils wurden geköpft sie am Orte des Kampfs.
Bahrâm-i Čûbîne tötet den Zauberer Als vom Unglückstage verstrichen neun Stunden, wurde keiner der Feinde am Leben gefunden als die kriegsgefangen und eingespundet, vom Kummer der Geist, der Leib pfeilverwundet. Der Weg war voll Panzern und Helmen, vom Tod wurde auch durch den Helm das Haupt bedroht. Auch gab’s Pfeile und Bogen und indische Degen, wo die Feinde sie wegwarfen, auf allen Wegen. Das Land war in einen Blutstrom verkehrt; gesattelt lag in jedem Winkel ein Pferd. Bahrâm durchforschte ringsum das Heer, wer gefallen und tot von Îrâniern wär; Dann sprach zu Charrâd Barzîn der Held: »Sei heute nur unsrer Bemühung gesellt! Sieh nach, wer von den Îrâniern gefallen; solcher Schmerz erzeugt Tränen dann bei uns allen.« Und Charrâd Barzîn durchwandert das Feld und kreiste umher von Gezelt zu Gezelt. Man vermisste einen Mann aus dem Heere aus Feldherrngeschlecht, voll Tugend und Ehre, einen Helden, entsprossen Sijâwušs Samen, iranischen Führer, Bahrâm mit Namen. 934 einen Helden … mit Namen: Umstellung!
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Wie ein Toller durchspähte er jegliche Ecke, Ob er von ihm eine Spur nicht entdecke. Verwundete zog hervor er viel und Leichen, doch fand von Bahrâm er nirgends ein Zeichen. Der Feldherr war drob von Schmerz übermannt und traurig sprach er: »Oh Held voll Verstand …« Eine Zeit blieb er aus, dann kam er hervor, wie ein Schlüssel kam er dem verschlossenen Tor; mit rotem Türken, des Auge tränte, dass unmutbedrückt sein Herz man wähnte. Als Bahrâm den Bahrâm sah, da sprach er: »Nie sei du mit dem Grabe in Kompanie!« Dann fragte den hässlichen Türken er dies: »Oh du Höllengesicht, fern dem Paradies, wer bist du? Lass mich deine Herkunft kennen! Deine Mutter muss über dich ja flennen.« Der erwiderte: »Ich übt’ Zaubereien und bin weit entfernt von einem Freien. Sobald sich der Führer befindet im Streit, (kann er mich gut brauchen in schwieriger Zeit.) Des Nachts zeig ich viele Dinge in Träumen und mach eilen die Leute, die sinnen und säumen. Einen Angsttraum wies nachts ich auch deinem Blick, der Art, dass dich treffe ein Missgeschick. Ich muss stärkere Mittel zur Anwendung bringen, da die früheren Zauber nicht mehr verfingen. Ein böses Gestirn, das uns wieder erschien, liess zu Luft werden allen Ertrag unsrer Mühn. Erhalte von dir ich Schonung des Lebens, sieh in mir einen tüchtigen Freund deines Strebens.« Bahrâm übersann dies, als er’s vernommen; seine Wange ward fahl, sein Herz schmerzbeklommen. Einmal sagte er: »Von Nutzen mag er mir sein, geht es schlecht am Entscheidungstag.« 937.2 voll Verstand … : Anscheinend Textlücke 939 des Auge tränte: Oder katzenäugig?
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Dann wieder: »Was nutzte dem Schah Sâwe dieser Zauberkünste dunkle Idee? Alles Gute kommt doch von Gott allein jenem Mann, der versteht, ihm dankbar zu sein.« Er befahl, dass das Haupt von dem Rumpf man ihm schlage, und beendete so seine nutzlosen Tage. Doch als sie ihn töteten, da sprang er auf: »Du gerecht-billiger Richter!«, rief er darauf, »so Grosse wie Sieg und Glanz sondergleichen und Hoheit und königsherrschaftliche Zeichen und Trauer und Lust sind durch dich nur zuteil; dem Tapfern, der deinen Weg sucht, sei Heil!« Hernach erschien der Grosssekretär und sprach: »Oh Held, so stark und so hehr, Held Firȇdûn sah keinen Pahlawân wie dich noch Bahrâm noch Nȏšîrawân, nie der Tapferkeit, Würde, des Rates nie bar, einmal bist du die Zuflucht, dann wieder Gefahr. Alle Städte von Îrân leben durch dich, alle Helden, nur dir ergeben sie sich. Auf dich wird der Thron der Hoheit gestützt, die Untertanen vor Schaden geschützt. Ein Feldherr bist du, stammst von Feldherren ab; Heil der Mutter, die solchem Sohn das Leben gab! Vom Glück kommst du her und lässt glückliche Spur, majestätsvoll von kluger Kaiennatur.« Worauf sich von dort die Grossen zerstreuten samt Heerpahlawânen und Edelleuten.
Bahrâm-i Čûbîne sendet einen Siegesbrief mit dem Kopf des Schahs Sâwe an Hurmuzd Als die finstere Nacht nun die Locken drehte und das Drehen den Schlaf in die Augen wehte, in Erscheinung trat das Ebenholzzelt und vom Lärm der Pauken ruhte die Welt,
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der Himmel beschleunigte seinen Lauf, die Nacht gab die längere Dauer auf, kam ein hellgelbes Schiff aus dem Meer in den Hafen und die Sorge wuchs und verscheuchte das Schlafen: einen Boten liess da zu den Freunden gehen der Feldherr, ersuchend, ihm beizustehen: wo immer ein Höh’rer gefallen wäre von den Grossen der Türken und Führern im Heere, wer immer ein Führer der Menge zu nennen, dem sollten vom Rumpfe das Haupt sie trennen. Hinter jedem Kopf eine strahlende Fahne, die da waren die Krone der Pahlawâne, Gefangne und Köpfe, zusammengebracht, schickten sie fort vom Felde der Schlacht. Einen Schreiber zum Briefschreiben rief er herbei und diktierte von allen ihm vielerlei: von jenem Heer ohne Zahl und Ende, von Truppenbewegung und Schicksalswende, von dem Kampf und den Listen jeglicher Sorte, wie das Heer er geführt und zu welchem Orte, wie die Müh’ der Îrânier im Kampfe die grösste, wie kein Reiter am Tage den Gürtel löste. Als den Brief geschrieben der Sekretär, wählte er einen Eilboten aus seinem Heer; Sâwes Kopf wurde erst auf die Lanze gesteckt und die Fahne, die ihn im Kampfe gedeckt; und die Köpfe der Grossen von Turan und die Fahnen der Ritter von Čîn sodann hiess er rasch sie laden auf eilige Tiere, dass man sie zum Schah von Îrân verführe. Die Gefangnen sowie die Sachen von Wert behielt in Herî er zurück unversehrt. Dass der Schah noch weit’re Befehle erteile, sandte mit den Köpfen er Ritter in Eile; auch sollte der Schah erst Erlaubnis geben, den Krieg gegen Parmûde anzuheben.
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So zogen denn fort die eilenden Rosse, ein Führer ritt vor dem Reitertrosse. (Sie zogen des Wegs und ertrugen Beschwerden, um des Königs in Eile ansichtig zu werden. Sie legten dem Herrn der Welt vor die Füsse auch vom Pahlawân und den Grossen die Grüsse.) In der andern Richtung zog nackt und bloss der Türk ohne Rüstung, Gepäck und Ross. So kamen sie alle nach Tûrân hin, die Reiter der Türken, die Reiter von Čîn. Als zu Parmûde jene Kunde gelangte, warf die Krone er hin, mit der er prangte. Geschrei und Gejammer erscholl, denn die Ritter der Türken empfanden ihr Schicksal sehr bitter, die Augen voll Wasser, das Haupt bestaubt, Esslust, Schlaf und Ruhe war jedem geraubt. Dann rief er die Helden zu sich heran, indes Herzblut ihm aus den Wimpern rann; er befragte sie, ob denn am Tage der Schlacht dieses zahllose Heer nichts zuwege gebracht. Von einem der Führer ward drauf ihm versetzt: »Wir haben jenes Heer unterschätzt. Einen Ritter, wie Bahrâm es ist, der Held, sah zur Kampfzeit noch keiner auf dieser Welt. Gegen hundert von uns stand bei ihnen nur einer, doch verletzt ward von ihnen kein Bursch, auch kein kleiner. Der Herr unser Gott zog jenen empor; wenn ich mehr drüber spräche, so leih mir kein Ohr.« Das Herz des Parmûde, der dies vernommen, ward ob seiner Lage von Sorge beklommen, seine Wange ward gelb und es war wie ein Krampf; aus Herzweh setzt er zum Ziel sich den Kampf. An Kriegern besass er der Tausende hundert, ob ihrer Kriegstaten alle bewundert. Nun führt er das Heer vom höfischen Schloss
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hinein in das Tal, das der Ǧaiḥûn durchfloss. (dass er stolz für den Vater Rache nähme, über Bahrâm-i Čûbîne Unheil käme). Und wohin der Brief von dem Pahlawân an den Sohn war gerichtet des Nȏšîrawân, mit den Grossen sass dort der Schah, zu beraten, und sprach ratlos zu ihnen: »Ihr Optimaten, zwei Wochen sind es nun schon zur Stunde, dass dem Hof von Bahrâm zukam keine Kunde. Was sagt ihr? Wie wird sich die Sache gestalten? Wir müssen darüber uns wohl unterhalten.« Kaum hatte solches geäussert der Schah, da trat der Empfangswart auch schon ins Gemach und so kündigte er frohe Botschaft ihm an: »Möge ständig der Weltenherr Freude empfahn! Bahrâm errang über Sâwe den Sieg und wurde die Weltleuchte in diesem Krieg!« Sofort liess er kommen des Bahrâm Mann und setzte den Grossen ihn obenan. (Er befragt über Heer und Paladin, über jene berühmten Recken ihn.) Der Bote sprach: »Oh erhabener Schah, diese Schlacht geschah deinem Wunsche nach. Lebe glücklich und froh und für Lust empfänglich! Denn das Glück deiner Feinde ward greis und vergänglich. Die Köpfe des Schahs Sâwe und des Faġfôr – welchen Namen dem jüngeren Sohn er erkor – sind auf die ragenden Lanzen gespiesst, welches Schauspiel das ganze Land jetzt geniesst.« Der Grosskönig hörte, sprang auf und alsbald brachte er in Krümmung die grade Gestalt; so stand vor Gott im Gebete der Schah, indem er: »Oh weisester Richter!« sprach, »bezwungen hast du meine Feinde in Waffen; du bist es, der Sonne und Mond hat geschaffen.
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Ich war ganz verzweifelt und konnt’ mich nicht fassen, ich meinte, ich müsste den Thron schon verlassen. Kein Feldherr hat dies und kein Heer vollbracht, wohlwollend dem Knecht war die göttliche Macht.« Hunderttausend wurden dem Schatz entnommen an Dirhams, vom Vater ihm überkommen; ein Drittel verteilte an Arme er, die Dienerschaft bekam davon mehr; dann ein Drittel der Feuerstätte zum Besten von den Naurȏz- und von den Sade-Festen; die Priester sollten bedacht damit werden, dass sie es reihten den Feuerherden; mit dem Rest sollten Stätten, die öde lägen, Karawanserein an den Wüstenwegen, strebsame Menschen neu machen gedeihn, dass man ohne Angst könnte reisen und Pein. Er erliess die Grundsteuer von vier Jahren, wenn sie arm, wenn mit Krone und Thron sie waren. Vom Schah wurden Schreiben dann ausgesandt an die namhaften Leute in jedem Land: »Bahrâm hat besiegt jene grosse Armee, den Kopf schnitt man ab dem Schah Sâwe.« Im Gebet war der Schah vierzehn Tage lang. Als der Weltleuchte Haupt auf zum Himmel drang, rief des Pahlawâns Boten er heran und setzte den Edeln ihn obenan. Einen Antwortsbrief schrieb er, ohne zu warten, und pflanzt’ einen Baum in der Grösse Garten. Einen silbernen Thron auch sandt’ er ihm zu und samt allerlei Wertsachen goldene Schuh’. Von Haitâl zum grossen Strom mit den Marken belehnte er auch diesen Helden, den starken. Er befahl ihm: »Verteil an die Heeresleute das vom Heerzug du heimgebracht hast als Beute, Schah Sâwes persönlichen Schatz ausgenommen; denn der muss hieher zum Hofe kommen.
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Gegen Parmûde rüste den Krieg sonach; (warte nicht, bis er wird zum siegstolzen Schah.«) Den Îrâniern auch schickt er in jede der Städte Wertsachen mit einem Widmungsdekrete. Dem Gesandten beschafft man ein Ehrengewand, um ein Abschiedsross wurden die Diener gesandt. Der Gesandte traf richtig bei Bahrâm ein, seine Freude darüber war nicht klein. Er verteilte die Beute an seine Armee, ausgenommen als unrein den Schatz Schahs Sâwe. Mit dem sandte er seine eigenen Reiter, weltkundige und namhafte Streiter, damit man zum Hofe des Königs ihn brächte. Er selbst mit dem Heere zog ab zum Gefechte.
Kampf Bahrâm mit Parmûde, dem Sohn des Schahs Sâwe, und Flucht Parmûdes in die Festung Âwâze Parmûde erhielt die Nachricht davon, jener trachte nach dem Königsthron. Nun besass Parmûde Âwâze, die Burg, und fühlte sich sicher-behaglich dadurch. Was er immer hatte an Dirhams, Dinaren, Juwelen und sonst, liess er dort verwahren. Übern Ǧaiḥûn wurde von ihm gesetzt und stolz marschiert er zum Kampfplatz jetzt. Beide Heere nahten zum Kampf sich alsbald, auf dem Wege machten sie nicht längeren Halt. Zwei Stationen von Balch entfernt ward das Feld zur Schlacht von den Heeren schicklich gewählt; da ihr Abstand zwei Farasangen betrug, war die Fläche zu Schlachtzwecken weit genug. Am anderen Tage in Eile kam, die Helden Parmûdes zu sehen, Bahrâm. Parmûde hielt Ausschau und sah ihn; es schien dem Tal ihm ein steiler Berg vorzuziehn.
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Sein Heer wurde ganz droben aufgestellt; so war’s, dass kein Standort verblieb auf dem Feld. Parmûde sah da der Truppen so viel, dass das Feld beim Anblick Verwirrung befiel. Er erblickte auch ihn, der dem Heere zuvor sein kriegrisches Haupt hob zum Himmel empor. (Sein Wuchs, seine Arme machten ihn staunen; oft musst’ er den Namen Gottes raunen.) Da ward trüb er und sprach zu dem Heere verdrossen: »Ahrîman hat dieser Held zum Genossen! Die Zahl seines Heeres ist nicht zu ersehn und keiner mag gern solchen Kampf sich erstehn. Übermütig der Feldherr und zorngemut; unter ihm wird die schwarze Erde zu Blut. Wir wollen zur Nacht einen Überfall wagen, aus dem Herzen verjagen so Sorge wie Zagen.« Als das Feldherrnzelt Parmûde betrat, hielt er über alle Art Kriegstaten Rat; er sprach: »Von den Heldentaten ist’s eine, ist ihre Heerzahl auch jetzt eine kleine. Ihre Reiter und Rosse sind bester Rasse und die stolzen Krieger sind erster Klasse; und Waffen sind da und Bahrâm schreitet vorn, vor dem alle Lanzen nur Spreu sind und Dorn. Der Sieg über Schah Sâwe hat den Mut ihm geschwellt und ihn trunken gemacht von Blut. Nimmt Gott, der Weltschöpfer, sich an meiner Sache, übe ich an dem Berg für des Vaters Blut Rache.« Zur Zeit, als in Bahrâm die Kriegslust entbrannte und aus Îrân er gegen die Türken sich wandte, hatte ein Astrolog dem Bahrâm gesagt: »Am Mittwoch nur nie einen Schritt gewagt! Wenn du dies nicht befolgst, wirst du Unheil und Schaden und Unangenehmes auf dich laden.«
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Ein Garten lag in der Heere Mitten und hüben und drüben der Ort, wo sie stritten. In den Garten ging er am Mittwochmorgen: »Heut sei’n wir hier fröhlich und ohne Sorgen!« Kostbare Teppiche bracht’ man hinein und Speisen und Musikanten und Wein. Er kam in den Garten und trank. Eine Wacht ging vorüber von dieser finsteren Nacht, da meldet Parmûde ein Posten: »Der Held Bahrâm ist nun Wein und Becher gesellt.« Da wählte der Feldherr sechstausend Streiter aus seinem Heere der Helden und Reiter; er schickte sie aus, dass sie dichter und dichter jenen Garten umzingelten ganz ohne Lichter. Als sie nun dem Feldherren hinterbrachten, was des Fürsten Plan war und was sie machten, sprach er zu Jalân Sîne: »Wie stets Kopf hoch! In die Gartenmauer brich mir ein Loch!« Und Bahrâm und Îzad Gušasp und die Männer, die kriegslustigen, bestiegen die Renner. Durch die Bresche den Garten verliessen sie; wer wüsste bei diesen Helden das Wie? Es drang aus dem Tore der Hörner Klang; der Feldherr setzte zum Kampf sich in Gang. Rasch schlug man Bresche an anderer Stelle; so stiessen denn Heer auf Heer in Schnelle. Einen Speer in der Hand eilte Bahrâm voran, so als wäre er ein halbtrunkener Mann. Seinen Händen konnten nur wenige entrinnen; nach Blut nur gierte sein trunkenes Sinnen. Geschmetter erdröhnt beim Zusammenstosse, als hämmerten Schmiede auf Eisenambosse. Vom Garten bis dorthin, wo Parmûde war, lag die Strasse voll Rümpfen, der Köpfe bar. Als beim eigenen Lager er wieder kam an, ging auf Nachtüberfall dieses Stolzen Plan.
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Wie der finsteren Nacht verstrichen zwei Viertel, da band sich der kriegrische Feldherr den Gürtel; er führte die Truppen in jener Richtung; kein Posten der Türken erhielt von ihm Sichtung, und wieder kam dem Schlachtfelde er nah, drang zum Mond der Signalhörner Taterata. Als zur Nachtzeit die Drommeten erschollen, brachen auf die Türken, die kampfmutvollen. (Vom Heer drang ein solches Gelärme empor, dass dem wütenden Leun es zerriss das Ohr.) Es erhob sich im Finstern ein Kriegsgeschrei, ob’s vom linken Flügel, ob’s vom rechten sei; es erkannte kein Mensch, wer der andere wäre, es war finster die Nacht, lang waren die Speere. Aus den Schwertern liessen sie Feuer flammen und Himmel und Erde rannten zusammen. Es blieb nicht viel von den Türken allen; vom Blut glichen alle Steine Korallen. Auf der Flucht lief der Edle wie Windesbraut, sein Mund ganz trocken, die Lippe blaut. Als das Morgenrot eilig nahm seinen Lauf und die finstere Nacht ihren Saum zog herauf, kam der Feldherr Îrâns zu den Türken heran; wie ein wütender Leu fing zu brüllen er an; zu Parmûde rief er: »Du feiger Entweicher, zur Gesellschaft nicht passt du Tapferkeitsreicher; du bist noch kein Mann, sondern kleiner Bube; saug die Muttermilch in der Kinderstube!« Zu ihm sprach der Schah: »Oh du beissender Leu, Blut vergiessen, das kannst du ganz ohne Scheu. An dem Schlachttag ward satt von der Edeln Blut Leopard auf dem Land, Krokodil in der Flut. Wird vom Blutvergiessen nie satt denn dein Geist? 1088.2 drang zum Mond … Taterata: W: dringt zum Mond der Lärm der Signalhörner. 1089.1 Drommete: Trompete
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Ein Leu bist du, das steht mir fest, der zerreisst. Schah Sâwe hast das Haupt du abgetrennt, den geliebt, da er lebte, das Firmament; du machtest sein Heer so völlig zuschanden, dass Sonne und Mond darob Mitleid empfanden. Von dem kriegerischen König bin ich der Erbe; mir gabst soviel Trauer du, dass ich dran sterbe. Die Mutter gebar uns zum Tod allesamt, ob von Türken man oder von Persern stammt. (Oh lass mich ein wenig noch auf der Erde, dass ich einer von deinen Persern werde.) Ich bin auf der Flucht und du läufst mir nach, doch du kriegst mich erst, bis mein Tag anbrach. Bekomm meine Waffen ich wieder zu fassen, wird im Kampf von uns einer das Leben lassen. Mach den Tollkopf nicht und den Feuergeist; nicht solcher Art sei, wer sich Heerführer heisst. Jetzt will ich zum eigenen Hof mich begeben, vom Beginn meine Reise neu anzuheben. Ich will einen Brief an den König verfassen, er soll zu diesen Verhältnissen passen. Nimmt er mich hier wirklich in Gnaden auf und leistet mir Hilfe nach eiligem Lauf, dann will jenem Hof ich ein Diener heissen, ganz dem Willen zu herrschen mein Herz entreissen. Entfern aus dem Haupt Kriegs- und Rachegefühle! in Güte veranstalte Feste und Spiele!« Da Bahrâm dies hörte, verliess er ihn, der betreffs der Herrschaft ihm gleichgesinnt schien. Als vom Kampfe erholt war seine Armee, zog er zum Lager des Schahs Parmûde; er durchkreiste das Schlachtfeld und trennte den Edelgefallnen von ihren Rümpfen die Schädel; als man diese sammelte, ward’s eine Masse, gehäuft zur hohen Felsenterrasse; die Helden sprachen von dieser Stelle
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fortan nur als von dem Bahrâm-Telle. Was an Ritterwaffen und Werten es gab, das lagert an diesem Hügel man ab. Einen Brief an den Schah verfasste er über Parmûde und sein zahlloses Heer, in dem er von dem Erlebten sprach, von den Türken und ihrem kriegslustigen Schah: »Aus Furcht vor dem Schwert hat er List versucht und er wandte von dort sich zu elender Flucht.« C stattdessen (Nach dem Vater der Rachedurst frischte sich auf und er begab sich zur Festung Âwâze hinauf.) Doch drüben der Châqân verschloss seine Feste, indes ihn der Sorgen Unmenge presste. C (Es folgte ihm nach ein unzähliges Heer, das lagerte rings um die Festung sich her.) Es sammelten um die Festung sich viele, doch keiner wusst’ seine Kampfesziele.
Parmûde bittet Bahrâm-i Čûbîne um Schutz Also sprach er darauf: »Auf dem Felde der Schlacht ist Schwäche das, was uns säumen macht.« Jalân Sîne sagt er, drei Tausende solle der Reiter erwählen, kampflustvolle; und Îzad Gušasp lasse weitere viere von diesen Helden besteigen die Tiere. Er befahl, dass sie jedem, den sie erschauten, mit Heftigkeit schnell auf den Nacken hauten; vielleicht komme der Schah aus dem Festungswerke, wenn im ganzen Gefild’ er den Blutstrom bemerke. Drei Tage blieb er an der Festung Tor; als am vierten die Weltleuchte flammte empor, da sandte er Parmûde einen Boten, des Landes und dieser Sippe Despoten: »Oh Schah und Beherrscher von Türken und Čîn, 1118.2 Telle: tal/talle – Hügel
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ist der Welt eine Festung denn vorzuziehn? Wo blieb denn der Weltdrang des Schahs Sâwe, wo all seine Schätze und Machtidee? Wo alle die Panzer und Elefanten, wo alle die Grossen, die geistig-gewandten? Wo blieb alle Täuschung und Zauberei? Solches wurde dir jetzt wohl einerlei. Alles Land der Türken war ihm zu wenig; wie dein Vater war auf der Welt noch kein König. Wie die Weiber sitzt du auf der Burg jetzt gefangen; mit zwei blutigen Händen schlägst du dir die Wangen. Das Festungstor öffne! Um Sicherheit fleh’ und dass freundlich beim Schah ich zur Seite dir steh! Aus der Festung schick alle Beutel mit Geld, Dinare und Schätze heraus aufs Feld! Bewahrst du die Schätze, dann nicht das Land; für Könige sind Schätze ja doch nur Tand. Am Hofe des Schahs bin ich Mittler für dich, denn im Lande Îrân der Hauptheld bin ich. Über alle die Grossen mach ich dich gross; besser, als du denkst und träumst, wird dein Los. Wenn sich ein geheimer Plan bei dir birgt, der im düsteren Geiste Helle bewirkt, so eröffne ihn getrost und sag ihn mir offen; wie die Lage ist, darfst du auf Zög’rung nicht hoffen. (Du sollst wissen, Beschützung erlangst du von mir, den Weg, zu entkommen, erschliesse ich dir; wenn nicht, wirst du wie dein Vater sterben und dich sehn weder Sippe noch Leibeserben.) Doch kannst du im Kriege auf Freunde noch zählen, hast viele Dinare du noch und Juwelen, lass die Pauken schlagen und räche dich; ein Heer, wenn’s nur Geld gibt, das findet sich.« Der Bote bestellte, was auftrug Bahrâm. Als der eigenwillige Mann es vernahm, gab er folgende Antwort: »Hör, was du ihm sagst:
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›Such das Rätsel der Welt nicht, solang du’s vermagst! Vielleicht erfasste dich Grossmannssucht, denn die Mühn, die du trügest, brachten dir Frucht. Im Sieg gebiete der Eitelkeit Halt; bist du auch ein Neuling, die Welt ist doch alt. Des Himmels Geheimnisse kennt man nicht und sie zeigen nie uns ihr Angesicht. Einen Fürsten verhöhnen ist gar nicht schön; ich hatt’ auch Elefanten und Paukengedröhn. Im Trug ist der hohe Himmel bewandt; du sei nicht vom Herzen so arrogant. Meinen Vater, den Weltherrn, stets wach und bedacht, den hast du gesehn am Tage der Schlacht; wie er wollte, dreht sich der Himmel; die Erde war unterworfen dem Huf seiner Pferde. Wohl erstrebt er, was erstreben er nicht sollte, doch litt er, weil trügerisch war, was er wollte. Verdienst wird durch Zaubern unsichtbar gemacht, sodass der Feind in der Ferne lacht. Wenn du erstens sagst, dass des Heeres Zahlen übertreffen des Monds und der Sonne Strahlen, Elefanten und Reiter wie Grassamen sind, die wegfegt der Mühlenflügel Wind, so bleibst doch, dreht sich auch dir das Glück, du nicht froh und als Leuchte der Welt zurück. Hab Angst vor der Rache säenden Zeit, dass sie nicht aus dem Heilmittel Gift dir bereit’! Wer sich zum Gewerb macht das Blutvergiessen, dass im Herzen des Feindes er Sorgen lass spriessen, dessen Blut vergiesst man in solcher Art, wie von ihm das der Edlen vergossen ward. Willst du kriegrisch das Land der Türken verheeren, werden schliesslich auch sie nach Rache begehren. Ohne Heer zieh ich nicht in den Kampf gegen dich, sonst heisst, wer mir wohl will, wahnsinnig mich. Ich trete dir nicht sogleich entgegen,
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doch hab ich nicht Angst meines Lebens wegen. Du bist nur ein Knecht und ich bin ein König; wie würde dem Knechte ich untertänig? Wenn ich Schonung erbitte von deinem Schah, weil die Not mich bedrängt, so ist’s keine Schmach. Burg und Schätze und Leute sind dann dir zu Eigen, deinem Wunsch wird dies glorreiche Land sich dann neigen.‹« Der Bote kam und die Botschaft bestellt er: ob der Botschaft war Bahrâm freudenerhellter.
Bahrâm-i Čûbîne begehrt von Hurmuzd einen Schutzbrief für Parmûde Ein wichtiges Schreiben erging hernach an Hurmuzd, an den erhabenen Schah: »Um sein Leben fleht jetzt der Châqân von Čîn; Bahrâm der Held hält belagert ihn. Man braucht nunmehr Siegel und Dokument. Eine Botschaft ist dies, die ihr feiern könnt. Da er fleht, dass man das Leben ihm schenkt, zur Niedrigkeit von solcher Höhe gesenkt, so muss ihn der Grosskönig nunmehr begnaden, da des Dufts und der Farbe er jetzt ganz entladen.« Als der Brief zum Schah gelangte, da hob’ zu den Wolken empor er seine Krone darob; er sandt’ aus und liess die Îrânier rufen und setzte sie zu des Königsthrons Stufen. Den Brief zu verlesen erging sein Befehlen; auf den Vorleser schüttete man Juwelen. Zu den Persern sprach er: »Gott sei Dank! Zu ihm bet’ ich allnächtlich drei Wachen lang: denn mir untertan ist der Châqân von Čîn; als Krone ist mir der Himmel verliehn. Sein Haupt erhob er zum Himmelszelt und wusste sich Herrscher der ganzen Welt; jetzt ist Knecht, der zuvor allerhöchst sich geglaubt,
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der Feldherren länderbegieriges Haupt. So kam es, dass er uns huldigt als Diener, der Feldherr und Fürst der Türken und Čîner. Bedankt sei der Herr über Raum und Zeit, der über die Machtfülle Macht verleiht! (An die Armen verteil ich die Schätze, die alten, hab ich dieser Kunde Bestattung erhalten.) Auch eure Verpflichtung ist’s, Gott zu verehren und alles Gute noch zu vermehren.« Den Gesandten des Helden rief er herbei und sprach mit ihm huldvoll vielerlei. Einen edelsteinstrotzenden Gürtel bestellt er, ein königlich Kleid sowie einen Zelter; jenes Ross war mit goldenem Zügel gezäumt, jedes Abteil war mit Juwelen gesäumt; dem Gesandten gab er dann auch noch Dinare, einen Geldbeutel und viel Edelware. Durch die Ehrengeschenke, die er ihm verliehn, schätzte er ihn als Fürsten-Paladin. Darauf liess einen Schreiber er vor sich bescheiden und man schrieb einen Brief sodann auf Seiden: »Als mein Freund ist Châqân Parmûde bekannt und geniesst meinen Schutz in diesem Land. Für Brief und Siegel ist Gott der Zeuge, denn er ist der Herr, dem als Knecht ich mich beuge.« Dem Helden schrieb Antwort er überdies, einen Brief voll Ehrung wie ein Paradies. Darin hiess es: »Den Parmûde ohne Heer verabschiede freundlich zum Hofe her. Die Beute, die du von dem Heere gemacht, die so schnell du im Dienste zusammengebracht, von der sende zu Hofe das, was für ihn passt, wobei du den Schöpfer zum Beistand hast. Durchspähe den Ort, der feindlich war; 1184 über Raum und Zeit: W: über Sonne und Mond 1190 ihm: Bahrâm
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wenn dem Feinde er bietet Behausung dar, dann besetz ihn, bewach ihn, verbrenn das Gehöft und Glückstern und Schicksal leucht’ deinem Geschäft. Und brauchst du Vermehrung der Heeresleute, mehren sie mit unsrer auch deine Beute. Verlang sie im zweiten Brief nur geschwind und ich sende so viel, wie dir nötig sind. Wen von den Îrâniern du bei dir hast und wessen Verlässlichkeit du hast erfasst, dessen Namen führe an in dem Schreiben; ihre Mühe soll für sie Früchte treiben. Die Grenzkommandantschaft gebe ich ihnen und dir die Krone der Paladinen.«
Bahrâm-i Čûbîne zürnt gegen Parmûde
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Als der Pahlawân diesen Brief bekam, wurde jung das Herz dem Helden Bahrâm; in Erstaunen setzte ihn dieser Brief, sodass die Îrânier zusammen er rief. Die Gaben des Schahs brachte er herbei; wer sie sah, stimmte ein ins Beifallsgeschrei. Wo Worte von den Îrâniern aufschienen in diesem Briefe, die zeigte er ihnen. Ein Huldigungsruf erscholl in der Halle, dass du meintest, die Erdbodenfläche walle. Jenes edle Schreiben, in dem der Schah dem Parmûde Sicherheit versprach, das sandte er zu ihm in sein Kastell; da wurde die düstere Seele ihm hell. Herab kam der Edle vom Festungswall und pries den König mit lautem Schall. Alle Wertsachen wurden Bahrâm behändigt, die in der Burg waren, und alles beendigt. (Als von seinen Anstalten er vernommen, an den Hof des erhabenen Königs zu kommen, entsandte Bahrâm in die Burg seine Hüter
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zur Verzeichnung vorhand’ner brauchbarer Güter.) Der Stolze verliess sein Festungsschloss und bestieg wie der Wind sein streitbares Ross. Mit Gefolg trat er aus der Burg an die Reise; um Bahrâm kümmert er sich in keiner Weise. Als Bahrâm es hörte, empfand er’s als Schmach, war in seine Hand auch gekommen ein Schah. Er entsandte Leute und rasch brachte er zu Fuss ihn vom Weg zurück zu dem Heer. (»Ist dies«, fragte zürnend Bahrâm ihn, »bei euch denn die Sitte in Tûrân und Čîn? Du nimmst reissaus, ohne mich zu fragen? Dies ist wahrhaftig ein töricht’ Betragen.«) Also sprach Parmûde zu ihm: »Ich war hochragend über jegliche Schar; so von Stolz erfüllt musst’ ums Leben ich bitten, vom Zenith der Macht in die Niedrung geglitten. Heut zeigst du wahrhaftig Gutherzigkeit nicht, da du mich herbeiholst, du Bösewicht. Jetzt fand ich den Brief, der mir sichert das Leben, und will mich nunmehr zum König begeben; vielleicht wird er mich als Bruder behandeln und mein schweres Geschick in ein leichteres wandeln. Was hätte ich weiter mit dir zu schaffen? Ich gab Krone und Heim dir und Werte und Waffen.« Bahrâm ward geröteten Aug’s und erregt, durch Parmûdes Rede zum Zorn bewegt. In der Glut gab er ihm einen Peitschenschlag, wie er für Unwürd’ge sich ziemen mag; man fesselte auch seine Füsse sofort, ein ganz enges Gezelt ward sein Aufenthaltsort. Charrâd Barzîn sprach, als er dies sah: »Diesem Pahlawân liegt Vernunft nicht nah.« Dann begab er sich zum Grosssekretär und sprach: »Keinen Mückenflügel schwer
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findet man Vernunft bei dem starken Helden; deshalb lässt er niemanden andern gelten. Man muss es ihm sagen; ’s ist nicht zu vermeiden, durch den Zorn muss er bösestes Unglück erleiden.« Und die beiden kamen zu Bahrâm gegangen, ihre Zungen voll Rats und ganz fahl ihre Wangen; sie sprachen: »Die Mühe vernichtest du so; eines Edlen Kopf brenn nicht lichterloh.« Bahrâm leuchtete da das Unschöne ein; trockne Ziegel legt er ins Wasser hinein. Er griff an den Kopf sich vor Reue und Schande und liess Parmûde abnehmen die Bande. Er sandt’ ihm mit goldenem Zaume ein Pferd und in goldener Scheide ein indisches Schwert und er begab sich zu ihm auf der Stelle, dass den düsteren Sinn er ihm wieder erhelle. Er blieb, bis jener den Gürtel schloss und bis er bestiegen ein schnelles Ross. Der Feldherr ritt mit ihm des Weges ein Stück, er sah, des Schahs Antlitz seh’ nicht aus nach Glück. Als die Abschiedszeit kam, da sprach er: »Du suchst vor mir zu verbergen, dass du mir fluchst. Ist dem so, sag es nicht dem Schah von Îrân, denn du würdest davon keinen Glanz empfahn.« Der Châqân sprach darauf: »Wir haben zu leiden durch das Geschick, und Gott soll entscheiden. Ich gehör nicht zur Zahl, die da über jeden gewillt ist sehr viele Worte zu reden. Erhielte nicht Kenntnis dein Schahrǝjâr, dann wär er der Grosse nicht würdig fürwahr. 1241 Du suchst … mir fluchst: W: Du verbirgst vor mir, dass du beleidigt (gekränkt) bist. 1242.2 Glanz: W: Farbe und Duft 1243 Wir haben … soll entscheiden: W: Wir haben zu klagen über das Geschick und ich überlasse es Gott (lasse es frei für ihn).
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Mich hat das Schicksal in Fesseln geschlagen; dass ein Knecht mir Böses tat, will ich nicht sagen.« Bahrâm vernahm’s, wand sich und erblich, doch frass er den Zorn, sich ermannend, in sich, und er gab zur Antwort: »Es wird uns berichtet, dass ein namhafter Edler den Spruch gedichtet: ›Du sollst Samen des Bösen womöglich nicht säen, sonst lässt dessen Frucht das Schicksal dich sehen.‹« (»Oh Edler«, dies fügte Bahrâm bei, »lass womöglich nicht laut werden solcherlei.) Weshalb hab ich mich dir zur Verfügung gestellt, 1250 nur das Gute für dich verlangt von der Welt? An den Weltenherrn sandte ich doch ein Schreiben; deine Fehler liess alle verborgen ich bleiben.« Der Châqân sagte ihm: »Das ist schon vorüber, und was vorüber ist, gilt keinen Stüber. (Bei Gott, ich will mich nicht rächen an dir; jene Rachelust währte nicht lange bei mir. Hast du Gutes mir mehr als dies Üble getan, so wiest du den Weg zur Güte mir an.) Doch wer im Kriege Erniedrigung gefunden, hat Geduld zu beweisen in Friedensstunden. Sind dir Zorn und Friede dasselbe Ding, dann ist dein Verstand wahrhaftig gering. Schlägt der Feldherr den Weg seines Herrn nicht ein, 1255 weil er es besser weiss, wird’s ihm verderblich sein. Auch muss man die Wege Gottes stets treten, alle Finsternis aus dem Herzen jäten. Wenn du jetzt nicht mehr Worte machst, handelst du richtig; was an Bösem geschehn, ist dem Winde gleich flüchtig.« Bahrâm vernahm den und sprach: »Dies bliebe geheim meiner Ansicht nach. 1250 zur Verfügung gestellt: W: das Herz gerüstet 1252.2 gilt keinen Stüber: W: ist Wind geworden
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Doch da deine Klage mir Schaden nicht weckt, sei durch seidenen Schleier ich nicht versteckt. Wenn du hinkommst, sprich, was dein Herz 1260 nur begehre, denn dadurch mindert sich nicht meine Ehre.« Zu ihm sprach der Châqân: »Ein Schahrǝjâr, der weder das Gute noch Schlechte nimmt wahr, der des Knechts böse Taten in Ruhe hinnimmt, der ist ohne Gehirn und Vernunft bestimmt. Wenn dabei dich von Ferne ersieht ein Feind oder auch ein Genoss’ und wer’s gut mit dir meint, wirst du leichtsinnig von ihm und hirnverbrannt und der Schah unverständig und geistschwach genannt.« Bahrâm vernahm dies und er erblasste. 1265 Charrâd Barzîn, der ins Aug’ ihn fasste, hatte Angst, dieser hitzig-blutdürstige Mann tue in seinem Hochmut ihm etwas an. »Oh Feldherr des Schahs«, so sprach er zu ihm, »verschluck deinen Zorn! Lass vom Ungestüm! Was der Châqân sagte, das ist sehr wahr. Denk an Böses nicht, und das Ohr leih dar! Fielen Worte nicht solcherart kalt und hart, wären dir und ihm viele Schmerzen erspart.« Bahrâm sagte ihm: »Der unedle Mann 1270 strebt den Aufenthaltsort seines Vaters an.« Der Châqân sprach darauf: »Keine Tat der Gewalt! Werde ich nicht auch ohne Vater noch alt? Wer hier auf der Welt ist, so wie du auch, das Haupt voll von Staub und das Herz voll von Rauch, ist mit keinem einig, hat Böses nur vor, hebt durch Trug und durch Grausamkeit sich empor. Vor dem Grosskönig willst du mir Furcht einjagen, mein Haupt abkehren von künftigen Tagen. Er ist meinesgleichen von stolzem Geschlecht 1275 und ist zu mir nicht wie ein feindlicher Knecht; verständig, besonnen und edelentsprossen,
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gedenkt er der vielen Adelsgenossen. Bei des Königs von Îrân Haupt und Leben, jetzt musst du von hier dich zurück begeben. Hüte dich, die Bosheit durch Antwort zu mehren! Sprich kein Wort mehr darüber, sonst kriegst du zu hören!« Bahrâm vernahm’s; rachebrütend ging er zu dem Orte zurück, wo gelagert das Heer; also sprach Bahrâm, der geschulte Soldat, 1280 zu den Edeln von reinem Sinn und Rat: »Charrâd Barzîn und die andern Bewährten, die Schreiber und Grossen und sonst Gelehrten lassen einen Brief an den Weltherrn ergehn mit Bericht, was da offen und heimlich geschehn.« Zugleich sprach der Feldherr zu Mȏbads und Weisen in vollem Zorn: »Nun gilt es, zu reisen, ihr Klugverständigen, von hier zu der Veste; seid geschwind wie der Wind und müht euch aufs Beste! Zu den Wertsachen schaut in jenem Kastelle, 1285 welche Schatzmenge bergen die Festungswälle!« Die Schreiber gingen, das Herz voller Bangen. Von der Früh, bis drei Wachen der Nacht vergangen, schwärzten sie mit den Zahlen viele Bände und kamen im Schreiben doch nie zuende. Die Burg war vor Wertsachen nicht zu passieren. Auch nach einem Jahr war nicht Mind’rung zu spüren. Seit Arǧâsps und Afrâsjâbs Zeiten waren die Schätze an Perlen und an Dinaren und die Kleinode, die in dem Bergwerksverlies 1290 die Fügung des Himmels erwachsen liess, allesamt in der Festung Âwâze verwahrt, deren Ruhm in der Welt immer aufgefrischt ward. Vor allem ein Gurt aus Sijâwušs Besitze, mit Juwelen besetzt jede Ecke und Ritze, dann sein Ohrgehängepaar, wie solch wertvolles Ding noch niemals besessen Gross und Gering –
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Kai Chosrau schenkte es einst Luhrâsp und Luhrâsp gab es hernach dem Guštâsp und Arǧâsp hätt’ es in der Burg hinterlegt, welche Zeit keiner mehr im Gedächtnis hegt. Und Stück für Stück wurden niedergeschrieben alle Schätze, die in dieser Festung verblieben. (Von keinem ward je solche Summe gezogen, nicht von reichen Männern noch Astrologen). Ein Schreiber wurde von Bahrâm entsandt, gedächnisstark, klug und redegewandt; von ihm wurden die Schätze zusammengebracht von der Festung und auch vom Felde der Schlacht, unter welchen Schätzen das Ohrringepaar und juwelenverziert ein Stiefelpaar war; eine goldene Schnur war darauf gewirkt und das Ende der Schnur juwelenumzirkt; zwei jemenische Stoffe auch, golddurchzogen, die sieben Man ein jeglicher wogen. Der Feldherr wartet’ aus Stolz und Trug nicht erst auf einen Entscheidungsspruch; beiseite schafft er die zwei Stoffe aus Jemen und die Stiefel liess nicht ins Verzeichnis er nehmen. Dem Îzad Gušasp befahl er denn weiter, dass zu Pferde sich setzten er und die Reiter; er erwählte vom Heere just tausend Mann, um mit ihm zu ziehen zum Hofe hinan. (Auf den Rossen nahmen die Tapferen Platz; so bracht’ Îzad Gušasp hinweg jenen Schatz.) Vom Châqân verlangt‘ er dreissig Züge Kamele, worauf jedem Treiber die Traglast er zähle. So ritten die Reiter, und der Châqân ritt mit seinen eigenen Edlen voran.
Der Châqân kommt zu Schah Hurmuzd So kam der Châqân zu des Königs Schloss mit dem alten Schatz und mit Mann und Ross.
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Zu Pferd stieg der Schah, wie ihm dies ward bekannt, auf dem Haupt eine Krone, die Keule zur Hand. Also ritt der Schah zum Tore heran. Wie er von der Vorhalle sah den Châqân, harrte er, wie er auf dem Weg sich gebärde, ob er mit dem Gefolge steige vom Pferde und ob bei dem Anblick er von ihm sich kehre; voll Sorge war drob der Gierige nach Ehre. Mit dem Mȏbad Îzad Gušasp zum Schloss kam der Châqân heran nun hoch zu Ross. (Der Schah, der Weltherr, kam nun ganz nah; mit Gefolg’ setzt er in Bewegung sich da.) Doch nunmehr stieg der Châqân vom Pferde und kam laufend zum Herrn der iranischen Erde, der Grosskönig spornte sein Ross, das schnelle, und verweilte nicht lange mit ihm bei der Schwelle. Jener wartete, bis der Weltherr Schah zum Saal gelangt aus dem Empfangsgemach. Als der Châqân hinter dem Schah nun kam und der Vorhanghüter den Zügel gleich nahm, stieg schnell von dem Rosse Parmûde herab, der Ergebenheitszauber zum Besten gab. Er schritt in Ruhe zum Throne heran; der Grosskönig bot seinen Gruss ihm dann; er wies ihm den Sitz vor ihm an unter Fragen; sein Argwohn erregt ihm nun Missbehagen. Man gab eine Wohnung ihm, die seiner wert, und ein herrlich Gemach wurde für ihn geleert; man brachte geziemende Gegenstände und was man für Parmûde nötig fände. Das Gefolg wurde ebenfalls bei ihm geborgen, dafür hatte ein Sekretär zu sorgen. 1310 Also ritt … heran: Das Folgende einigermassen wirr und unnütz breit; man weiss oft nicht mit Sicherheit zu bestimmen, ob vom Schah oder vom Châqân die Rede ist.
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Als ihm die Mitteilung wurde gemacht von den Werten, die Parmûde zugebracht, schickt’ er zu den Kameltreibern an dem Platz, dass bei ihnen verwahrt sei der reiche Schatz. Sieben Tage ruht’ er von der Reise Ungemach, dann befahl an dem achten ein Fest der Schah. Wie der Châqân nun vor dem König sass am festlichen Tische im Prachtgelass, gab Befehl er, dass auf dem Rücken die Frachten der Kamele sie zu den Häuptern brachten. Es berechnete einer der Träger Zahl: zehntausend arbeiteten auf einmal. Am zweiten Tag liess der Schah schon am Morgen für den Tisch, wo er sass, den Wein besorgen. Fünfzigtausend Werkleute schleppten vom Platz auf den Rücken enge herbei jenen Schatz. Schätze stellt man aus Âwâze an hundert bereit und der Schah wurde von diesem Werke befreit. Von Stoffen liess der Schah einen Stoss vor das Heer hinschaffen, hoch und gross, juwelenbesetzt Gurt und Ohrgehänge, ganz von Gold und Edelsteinen die Menge. (Dem Boten gab er’s mit Preis und Lob und der Bote küsste den Boden darob.) Von dem Festplatz erhob sich ein Beifallsgeschrei: »Dass der Weltherr Schah immer siegreich sei!« Zu Îzad Gušasp sprach der Schahrǝjâr, da jener sein voller Vertrauter war: »Was meinst du wohl von Čûbînes Tat? Wie er tapfer den Krieg beendet hat!« Îzad Gušasp sprach, der Sekretär: »Oh gelehrter geistheller Schahrǝjâr, 1337 Was meinst … Tat: Rede und Gegenrede haben anscheinend die Aufgabe zweier unübersetzbarer Kalauer: čû bînî (wie siehst du – was meinst du). 1337 Čûbîne: čûbîn: Krähe, hölzern
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gibt bei einem Festmahl den Ton an die Krähe, so ist das Menü neuartig, verstehe.« Diese Worte machten misstrauisch den Schah und besorgt dachte einige Zeit er nach.
Hurmuzd erhält Kunde von der Unredlichkeit Bahrâm-i Čûbînes und schliesst einen Vertrag mit dem Châqân Ein Eilbote kam zugleich nun daher mit einem Briefe vom Grosssekretär; »Der Herr der Welt möge froh stets leben, Haupt und Krone dem Knecht im Gedächtnis stets schweben! Jemenischer Stoffe, wiss, gab es zwei, ein Juwelenstiefelpaar war auch dabei sowie Ohrgehänge Sijâwušs des Helden, von dem uns die Erinnerungen vermelden. Der Pahlawân nahm die Sachen an sich; da die Mühen er trug, ist’s nicht wunderlich.« Der Edle begann diesen Šâhak zu fragen: er sollte, was er gesehn, genau sagen. Da Šâhaks Bericht mit dem Briefinhalt stimmte, geschah’s, dass der stolze König ergrimmte, und er sprach sogleich: »Čûbîne verlor seinen Weg und hebt sich zum Monde empor; erstens nämlich schlug er den Châqân von Čîn, wie es seinem Charakter entsprechend schien; zweitens passte das Ohrgehängepaar nur für einen, der wurde Schahrǝjâr. Seine Mühe ist ganz in Luft zerronnen und in Unrecht verkehrt, was er Rechtes ersonnen.« So sprach er und Parmûde rief er heran, auf den Ehrenplatz setzt’ er ihn obenan. Sie schmausten in Ruh, bis die reisende Nacht 1339 gibt bei … die Krähe: W: bei dem Festmahl, dessen Refrain die Krähe ist.
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entschüttelt die schwarze Lockenpracht. Zum Châqân sprach er: »Bei diesen Scharen hast du meinetwegen viel Leides erfahren.« Sitzend bog er sich vor und ergriff seine Hand, was Parmûde sehr erstaunlich fand. Er sprach auch: »Erneuere unseren Schwur und miss das Ganze mit anderer Schnur, dass bei Gott, der mächtiger ist als Macht und der Zuhre und Muštarî hoch überwacht, du, wenn du zurückkehrst, nicht abfällst von mir noch von dem Volk und den Edlen hier.« Und also schworen sie schwere Eide bei Gott und dem Leben der Fürsten beide, bei Sonne und Mond und bei Sitz und Krone und beim Âḏar Gušasp und Siegel und Throne, dass der Châqân dem Schah nicht untreu werde und durch Taten nicht seine Ruhe gefährde. Sie sprachen den Eid, brachen auf sonach und schlugen den Weg ein ins Schlafgemach. Als die Sonne das Haupt hob vom Berge, dem gelben, erhoben das ihre vom Schlafe dieselben. Da rüstet der König ein reiches Präsent, Gold und Silber und Rosse und Dinge ohn’ End, wie goldene Gürtel, juwelengesäumt, und arabische Rosse, golden gezäumt, in Goldscheiden indische Schwerter die Menge, Halsspangen und Armspangen und Ohrgehänge; dies alles schickte der Schah dem Châqân; zwei Nachtlager ritt er mit ihm seine Bahn. Am dritten Tag wünschte dem Schah er Glück und zog weiter, der Schah aber kehrte zurück. Als die Nachricht gelangte zu Bahrâm von dem Ehrenpräsent, das jener bekam, der Châqân von Čîn kam zurück von der Reise, 1357.2 Zuhre und Muštarî: Zuhre: Venus; Muštarî: Jupiter 1365 wie goldene … gezäumt: Umstellung!
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vom Schah befriedigt in solcher Weise, da ritt ihm entgegen der Pahlawân und alle Wohlwollenden von Îrân. Wo er durchzog, sorgt’ er für Futter und Mahl, in Stadt, Dorf und Nachtlager, Berg und Tal. Zur Entschuldigung eilte er auf ihn zu; seiner feindlichen Seele liess Scham keine Ruh. Als er Parmûde sah, begrüsste er ihn, doch von ihm wandte ab sich der Châqân von Čîn. Was er ihm auch brachte, das lehnte er ab, ob Proviant er, ob Geld oder Gut er gab. So zog Bahrâm mit ihm dahin, doch nicht achtete seiner der Châqân von Čîn. Sie zogen drei Tagreisen so ihrer Bahn, doch Parmûde sprach auch nicht einmal ihn an. Der Châqân liess am vierten ihm sagen: »Mach kehrt, da das Mitreisen dir viel Mühe beschert.« Als Bahrâm dies hörte, verliess er ihn, um mit Ungestüm gegen Balch zu ziehn. (In Balch verweilte düster Bahrâm, das Getane bereuend, das Herz voller Gram.)
Hurmuzd schickt Bahrâm-i Čûbîne einen Spindelbehälter und ein Weibergewand
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Und missgestimmt war der Weltherr auch, vor Hitze war sein Geist voller Rauch; erstens wegen der Kränkung des Châqâns von Čîn – denn Bahrâm verletzt’ den Respekt gegen ihn –, zweitens hatte er sich erkühnt, wertvolle Sachen sich ohne jedweden Auftrag zu eigen zu machen. Sonach schrieb der Schahrǝjâr einen Brief an Bahrâm: »Oh du ganz nichtswürdiger Dȇw, (du glaubst, denn du kennst dich selber mitnichten, du könntest auf alle Grossen verzichten,) als von Gott hast du Tugenden nie gesehen und sitzest hoch droben auf Himmelshöhen;
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du gedenkst nicht mehr meiner Müheverwendung noch auch meines Heers und der Schätzespendung; du gehst nicht den Weg eines Pahlawân; das Haupt erhebst du zum Himmel hinan. Du wendest dich ab von meinen Befehlen, um Pläne anderer Art zu wählen. Deiner würdig ein Ehrengeschenk kommt hier, das du brauchen kannst und es macht dir Pläsir.« Der Schah versiegelt’ den Brief. Eine Kunkel befahl er, dass man im Behälter tief dunkel und die damit zu verspinnende Wolle sowie wertlosen Flittertand herschaffen solle, dann ein wollenes Weiberkleid tiefblau, Hose rot, Haube gelb, alles für eine Frau. Einen Boten wählte er, der, ordinär, zu der wertlosen Gabe passend wär. »Zu Bahrâm geh«, sprach er, »und sag diesem Herrn: ›Du hast, wertloser Mensch ohne inneren Kern, den Châqân von Čîn in Fesseln geschlagen und findest am Unglück der Grossen Behagen. Ich werde des Throns, der da steht, dich entsetzen und dich künftighin für niemanden schätzen.‹« Wie der Wind kam der Bote mit dem Geschenk und trug vor, des Gehörten eingedenk.
Bahrâm-i Čûbîne zieht das Weibergewand an und zeigt sich in dieser Tracht den Heerführern Als Bahrâm den Brief sah, die Gabe dazu, da entschloss er sich zu schweigender Ruh. Er dachte: »Dies also hab ich davon, vom Schah ist dies meines Kampfes Lohn. Der Schah hat sich’s selber nicht ausgedacht, Einflössung des Feinds hat’s zustand nur gebracht. Der Herrscher ist Herr über seine Knechte, 1390 Kunkel: W: Spinnrocken, Spinnstab
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wenn er mich erniedrigt, so ist er im Rechte. Dass zum Ohr des Königs der neidische Feind einen Weg hinfänd, hab ich nicht vermeint. Seit ich eilig mit dem geringen Heer von dem Hofe des Königs zog daher, was ich seither vollbracht, nahmen alle wahr, wie ich Kummer trug und Mühn und Gefahr, dass die Müh’ mit Verhöhnung wurde erwidert, dass aus Glück ich unwürdig wurde erniedert. Zu Gott klag ich über des Himmels Getriebe, das gänzlich zerriss zu mir seine Liebe.« Er gedachte des Schöpfers in seiner Not und zog dann das Gewand an, gelb und rot. Was der Schah ihm geschickt, das legte und stellt’ er vor sich hin, jenen schwarzen Kunkelbehälter. Er befahl, dass, wer von den Grossen da wäre, von den Edlen des Weltenherrn in dem Heere, insgesamt bei ihm zusammenkämen; voll von Sorge war er und düsterem Grämen. Sie kamen zusammen und Alt und Jung sah des Helden Tracht der Erniedrigung. Von Erstaunen wurde ein jeder erfasst und das Herz jedem schwer von der Sorgen Last; bis der Pahlawân des Heers schliesslich sprach: »Solche Ehrengabe schickt’ mir der Schah. (Ihr hörtet und saht das, was ich vollbracht, meine Keulenschläge in Kampf und Schlacht. Auf der Kaie Thron hatt’ er Aussicht nicht; die Welt war ihm düster, ich machte sie licht. Ich zog an diese unwillkommene Gabe, weil vom hohen Schah den Befehl ich habe.) Der Schah herrscht, wir folgen seinem Befehle, denn Liebe zu ihm füllt Herz uns und Seele. Was dünkt euch nun als einsicht’gen Leuten? Was sollen wir, meint ihr, dem König bedeuten?« Und jeder schickte zum Sprechen sich an:
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»Oh edler und tapferer Pahlawân, wird also dein Wort beim König geschätzt, sind wir Krieger dem Hofe nur Hunde jetzt, bedenk, was der weise Greis einst sprach, als in Rai Ardašîr das Herz ihm brach: ›So Mȏbad wie Königsthron sind mir zur Qual, ist mein Gutes und Schlechtes ihnen egal.‹ Wer also die Achtung vor dir verletzt, was suchst du, wie willst du, dass der dich schätzt?« Darauf sprach Bahrâm: »Sag dies nicht, sei so gut, da die Ehre des Heers auf dem König beruht. Wir sind seine Knechte doch Mann für Mann, wir empfangen, er ist es, der geben kann.« Der Îrânier Antwort kam da am Ende: »Wir gürten in Zukunft nicht mehr die Lende! Wir wollen ihn nicht mehr als Schah von Îrân und nicht mehr Bahrâm als Heerpahlawân.« So sprachen sie und verliessen das Haus des Feldherrn und gingen ins Freie hinaus. Der Feldherr beriet seine Heeresgenossen, doch hielt trotz dem Rat er die Lippen verschlossen.
Bahrâm-i Čûbîne sieht sein eigenes Schicksal
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Als ein Wochenpaar darüber verfloss, kam der Feldherr in das Gefild aus dem Schloss. Ein Gehölz kam in Sicht ihm, bestanden mit Bäumen, einem Weinzecher wert, um darin zu träumen. Einen Wildesel sah er in jener Au, wie ein schöneres Wild keinem kam zur Schau. Bahrâm nun ritt auf ihn zu ganz sachte, ohne dass er drum warm seinem Reittier machte. In der Waldung war nun das Jagdrevier; auf einen Engpfad stiess er in ihr. Den Engpfad durchlief der Wildesel wild, da kam Steppe in Sicht und Park und Gefild. (Es trabten Bahrâm und der Wildesel schnell,
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Mann und Fuchs eingetaucht in des Schweisses Quell). Als dieses Gefild Bahrâm überschaute, wurde sichtbar ein Schloss, das man kostbar erbaute. Bahrâm nahm die Richtung nach jenem Schlosse, der Wildesel vor ihm als Weggenosse. So trieb sein Ross bis zum Schlosse er und Îzad Gušasp ritt hinterher. Die Zügel des Pferds übergab ihm der Held und sprach: »Vernunft sei dir ständig gesellt!« Zu Fuss durch den Vorraum des Schlosses schritt er und niemand zeigte den Weg dem Ritter. Doch Îzad Gušasp hielt draussen das Ross, das edle, bis einige Zeit verfloss. Jalân Sîne kam da in scharfem Ritte auf raschem Rosse, gegürtet die Mitte. Zu ihm sprach Îzad Gušasp: »Ohne Scheu geh hinein in das Schloss, du männlicher Leu! Schau nach, wohin unser Führer verschwand, unser Feldherr, weitberühmt in dem Land.« Jalân Sîne wandte dem Parke sich zu, den Feldherrn suchend, das Herz ohne Ruh. Ein Schloss, eine Halle sah dort er erbaut, wie in Îrân noch keiner gehört und geschaut; an der Seite der Halle ein Kuppelbau; dessen oberster Kreis entschwand jeder Schau. Im Kuppelbau drin stand ein Goldthron erhöht, von Juwelen und Perlen ganz übersät, von Romäerbrokat drauf ein Teppich, bunt, juwelenbestickt auf goldenem Grund. Auf dem Throne sass ein gekröntes Weib, ihre Wangen wie Lenz, wie Zypressen der Leib. (Zwei Fanglocken hingen ihr schwarz vom Haupte, durch die sie auch Kühnen die Freiheit raubte. Vor ihrem Gesicht schwand Muštarîs Glanz und ihr Anblick verwirrte die Sinne ganz. Einer Säule glich sie, mit Silber umkleidet;
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ihre Wangenglut ward von der Sonne beneidet.) An den Goldthron stiess ein Unterthron an und darauf sass des Heeres Pahlawân. Viele Dienerinnen voll Anmut stehen um den Thron mit Glücksgesichtern der Feen. (Sie sprachen insgeheim vielerlei, doch verstand es sonst niemand als die zwei.) Als nun jene Frau Jalân Sîne erschaute, sagte sie einer Dienerin: »Schöne Traute, geh schnell und richte dem Löwenherz aus: ›Du hast keinen Zutritt in dieses Haus und halt nur bei deinen Genossen dich auf!‹ Er kommt schon. Du komm ihm zuvor und lauf!« (»In der Art gib Botschaft ihm von Bahrâm, dass er ruhig heimziehe ohne Gram.«) Sie entsandte auch Diener zur selben Zeit aus der Halle zur Strasse zum Heeresgeleit, in den Stall zu bringen die Rosse der Recken und zu übergeben Sättel und Decken. Der Gärtner eröffnet zum Park das Tor nach Befehl jener Wirtin im Wangenflor. In den Park kam ein gottergebener Mann mit Murmeln, den Stab in der Hand, sodann. Sie setzten Tische hin rings in den Garten und trugen viel Speisen auf über Erwarten. Als das Mahl war verzehrt, brachte man sofort die Rosse der Stolzen zum Feldzeichen-Ort. Bahrâm sprach, als er die Frau verliess: »Deine Krone sei stets Freundin Muštarîs!« Da sagte die Frau: »Sei im Sieg allezeit und berate dich mit Gelassenheit! (Denn der Herrscher bist du von Îrân und Tûrân, die Helden und Leun führst als König du an. Geh hin! Thron und Krone von Îrân sind dein, dem Rücken der Welt wirst die Strammheit du leihn. Erobre die Welt mit Gewalt deines Schwerts
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vom finsteren Staub an gestirnewärts!« Sie sprachen noch insgeheim vielerlei, doch verstand es sonst niemand als die zwei.) Bahrâm kam heraus aus den Rosengehegen, da entströmt’s seinem Aug’ wie ein blutiger Regen. Verschieden war das, was er sprach, was er sann, sein Haupt ragte gleichsam zum Himmel hinan. Da tauchte der Wildesel wieder auf, ihm nach trieb der Feldherr des Fuchsen Lauf; also bis er aus diesem Walde kam, diente er als Führer wieder Bahrâm. Zur Stadt kam er aus dem Revier der Jagd; kein Wort davon wurde dem Heere gesagt. Charrâd Barzîn blickte auf sein Gesicht und sagte: »Oh Fürst, der stets Wahrheit spricht, was ist denn im Jagdgebiet geschehen für Wunder, das keiner gehört noch gesehen?« Dies liess ohne Antwort der Pahlawân, wurde düster und wandte sich gegen Îrân. (Kein anderer wagte es, ihn zu befragen, was die Sache so eigentlich wolle besagen.)
Machtergreifung des Bahrâm-i Čûbîne Als am nächsten Tag sich versilbert’ der Hang und in Sicht gelbleuchtend die Fackel drang, liess er breiten den Teppich aus Seide von Čîn, dass die Erde gleichwie ein Himmel erschien, goldne Stühle verteilt er im ganzen Palast, darauf Kissen von golddurchwirktem Damast; einen goldenen Unterthron stellten sie auf, des Heeres Pahlawân setzte sich drauf. Eine Grosskönigssitzung rüstet er jetzt, die Krone der Grösse aufs Haupt gesetzt. Auf sein Tun gab acht der Grosssekretar, er wusste, wie kühn und wie stark er war. Als Charrâd Barzîn er nahe gekommen,
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sagt er das, was er wusste, gesehn und vernommen. Wie Charrâd Barzîn es vernahm, war ihm klar, dass seine Sorge gereift schon war. »Nimm«, sprach er, »verehrtester Sekretär, nicht leichthin ein Ding auf, das also schwer. Keine Lippe werd’ darüber aufgemacht! Zum Schah heisst es eilen in finsterer Nacht, unserm Grosskönig war wohl der Kopf verrückt, dass die Kunkel als Ehrengeschenk er geschickt. Er dachte nicht, dass der kriegrische Leu von ihm abfallen werde so ganz ohne Scheu. Denn Bahrâm ist des Herz schon voll von der Krone und der Sitz unter ihm ward zum Elfenbeinthrone.« Sie berieten vielfach in dieser Sache; es fand sich ein Ausweg, wie fort man sich mache. Als die Farbe der Flucht gehörig gemischt, ward in finsterer Nacht aus Balch entwischt. Der Feldherr wusste, wie’s mit ihnen stand, und um ihren hellen wachen Verstand. Jalân Sîne sagt er: »Mit tausend Gefährten verfolge dieser Unvernünftigen Fährten!« Jalân Sîne traf den Grosssekretär und gleich einem Wolfe ergrimmte er; er nahm ihm alles, was bei ihm vorhanden, und brachte zurück ihn in schweren Banden. Zu Bahrâm schleppte er ihn dann von dem Ritte, auf dass er schuldlos Vernichtung erlitte. Der Pahlawân sprach: »Du Dȇwenhaupt, weshalb liefst du von mir, ohne dass ich’s erlaubt?« Er gab zur Antwort: »Mich, oh Pahlawân, brachte Charrâd Barzîn auf diese Bahn; er sprach: ›Hier wird sich’s nicht bleiben lassen, es würde nur einem Verleumder passen. Wenn Bahrâm, der Held, des Heers Pahlawân, in diesem Palast steigt zum Throne hinan, schickt für mich und für dich sich vor Tötung die Angst.
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Vielleicht glückt’s, dass du noch in die Heimat gelangst.‹« Darauf sagte Bahrâm: »Das könnte geschehn; beim Beraten muss Gutes und Übles man sehn.« Seinen Schaden liess er darauf ihm ersetzen und gab Ausrüstung ihm aus den eigenen Schätzen; dann sprach er zu ihm: »Hab ein Auge auf deine Sache genau und nicht weiter entlauf!«
Charrâd Barzîn berichtet Hurmuzd über das Verhalten des Bahrâm-i Čûbîne Charrâd Barzîn aber eilte geheim auf der anderen Seite zum Weltherren heim; das Gesprochne alles legt’ er ihm dar und was da geheim war machte er klar. So erzählte von jenem Wald und der Au dem König er alles Gescheh’ne genau, von des Wildesels Kommen, dem Pfade, dem engen, von der Ruhe Bahrâms und des Ausbleibens Längen, dem Palast, dem juwelengeschmückten Throne, den Dienerinnen, der Frau mit der Krone; er berichtete alles, was selbst er geschaut, und das, was man mündlich ihm anvertraut. Ihn erstaunte die Kronenträgerin, jedes Wort, das er hörte, drang tief in den Sinn. Als er sich des Mȏbads Rede entsann, drang kalter Wind aus dem Herzen hinan, auch durch jenes zukunftsverkündende Wort, er wende sein Haupt einst vom Throne fort. Schnell berief er den Obermȏbad jetzt; Charrâd Barzîn wurde dorthin gesetzt. »Sag, was du gesehn auf dem Weg«, so sprach zu Charrâd Barzîn nunmehr der Schah. Auf seinen Befehl begann er zu reden und besprach nach und nach von den Vorfällen jeden. 1507.2 er: Bahrâm
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Zu ihm sprach der Schah: »Was wird wohl geschehn? Es ist alles entsprechend durchzugehn: dass im Wald ihn ein Wildesel führte, du sahst inmitten der Wüste dann einen Palast, auf goldenem Thron jene Frau mit der Krone, königswürdig Gesinde vor ihrem Throne – einem seltsamen Traumbild gleicht die Geschichte, dessen man sich entsinnt aus der Alten Berichte.« Der Mȏbad sprach also zum Weltenherrn: »Ein Dȇw ist des Wildesels heimlicher Kern. Als Bahrâm er vom Weg der Geradheit rief, da zeigte bei ihm sich der trügrische Dȇw. Nur Begräbnisstätte ist jener Palast und das Weib eine Hexe, die gottverhasst; denn sie hat Bahrâm die Wildheit gemehrt und ihm Ausblick auf Thron und Krone gewährt. Voll Muts und wie trunken ging er von ihr, nie, wisse, fügt er wieder sich dir. Dein Kunkelbehälter verletzte ihn tief, dies mehrte den Einfluss dem zaubrischen Dȇw. Du hättest zu jenem der Einbildung Vollen die unziemliche Gabe nicht schicken sollen; die Îrânier haben so Kränkung erlitten, auf den König die Hoffnung ist abgeschnitten. Jetzt bereite ein Mittel, dass du jenes Heer aus Balch wegführst zu dem Hofe her.« Was der Schah selbst getan, tat in Reue ihm leid: so die Baumwolle wie das verzierte Kleid. Den Charrâd Barzîn aber fragte der Schah, was man denn am Hof von dem Weibe sprach. Er erwiderte Hurmuzd: »Oh Schahrǝjâr, dass das Glück Bahrâms dieses Frauenbild war, das sagen die Krieger hier ausnahmsohne, denn sie sass schön und freudig auf ihrem Throne.« Der König vernahm’s und im Augenblick erbebt’ er in Angst vor dem Missgeschick.
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Und es dauerte nicht sehr lange an, so kam ein Reiter vom Pahlawân mit einem Korb Schwertern herangezogen und die Schwerterspitzen sämtlich verbogen. Den bracht’ er und stellte ihn vor den Schah, der aufmerksam das Eisen besah. Er befahl, dass man diese Schwerter zerschlage und sie werfe in jene unnütze Trage. Er schickt es zurück zu Bahrâm sofort; die Lösung des Rätsels war klar ohne Wort. Den Korbdeckel schlug Bahrâm zurücke und sah, dass die Schwerter in Hälftenstücke zerbrochen ihm waren zurückgestellt; von Gedanken erfüllt war der geistwirre Held. Da schickt er und liess die Îrânier kommen. Nachdem um den Korb rings sie Platz genommen, sprach er also zu ihnen: »Seht, diese Dinge sind des Königs Geschenk, schätzt es nur nicht geringe. Es besagt: dieses Heer da ist gar nichts wert; das bezeugen die Spitzen von jedem Schwert.« Als vom König so sprach des Heeres Pahlawân, fiel drob grosse Sorge die Krieger an: »Der Schah schenkt auch uns wohl zu einer Zeit eine Kunkel mit bildergeziertem Kleid; zerbrochen werden die Schwerter dann wieder, was uns mehr als Schlage und Schimpfen zuwider. (Dass kein solcher Schah auf dem Thron sitzen möchte und dass keiner da wäre, der seiner gedächte!) Wenn Bahrâm Sohn des Gušasp noch einmal sein Ross treibt zu jenem Königssaal, sei mit Hirn und Haut Bahrâm verdammt sowie der Nichtswürdige, von dem er stammt!«
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1542–1543 Wenn Bahrâm … von dem er stammt: W: Wenn Bahrâm, Sohn des Gušasp, wieder über jenen Staub des Palastes sein Pferd führt – möge von Bahrâm nicht Hirn sein noch Haut noch jenem Nichtswerten, von dem Bahrâm ist.
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Bahrâm hatte aus diesen Reden gelernt, dass ihr Kern sich vom Kronenträger entfernt; zum Heere sprach also der Held: »Auf der Hut seid immer und habt stets fröhlichen Mut. Da Charrâd Barzîn dem Schahrǝjâr verhüllte Dinge macht offenbar, sucht jetzt euer Leben zu sichern, ihr Leute, und einen Vertrag mit mir schliesst noch heute. Ich entsende auf die Strassen wohl Leute vom Heere, die wachen, dass uns der Feind nicht versehre. Sonst denkt man, mit mir sei ein Ende gemacht und das ganze Heer sei schon umgebracht.« Er sprach’s und schlug selbst andere Wege ein. Gib jetzt acht, dann wirst du verwundert sein! (Er prüfte das Heer in jeglicher Art, da sein Herz vor dem Heere voll Ängsten ward.) Er verstreute Reiter rings um das Heer, dass nicht etwa ein Schreiben des Königs her zu den Îrâniern könnte passieren, zum Kampfe mit ihm nicht die Lenden zu schnüren. Und eine längere Zeit verlief und nie las einer vom Schah einen Brief.
Bahrâm zeigt den Führern die Absicht eigener Regierung an, und seine Schwester Gurdîje berät ihn Viele vornehme Männer berief er sonach, mit denen er vieles Geheime besprach, wie Hamdân Gušasp und den Grosssekretär, Jalân Sîne, stark und namhaft im Heer, wie den Helden Bahrâm, den Sijâwuš entstammten, und den klugen Kundâ Gušasp; die gesamten Heerführer und Grossen zog er zu Rat, wie die Leun und bereit zu kriegrischer Tat.
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Also sprach darauf des Heers Pahlawân zu der Schar, voll Hitze, verirrt von der Bahn: »Ihr, die ihr den Nacken hoch tragt in Ehren, es kann eures Rates niemand entbehren. Von uns wurde schuldlos der Fürst gekränkt, von Gebrauch und Moral ist er abgeschwenkt. Was tun wir? Lasst mich ein Heilmittel wissen! Über das, was wir tun, will ich weinen nicht müssen. Dem, der versteckt vor dem Arzt seine Qual, rinnt bald blutig die Träne vom Auge zu Tal. Verbergen Geheimes wir vor den Gelehrten, wird der leichte Fall bald zum lange erschwerten. Das Leiden, das jetzt geheim mich quält, sei den Wissenden nun der Welt erzählt. (Das sind euch alles bekannte Dinge, ihr könnt selber bezeugen, was ich da bringe.) Ich kam von Îrân so kriegrischer Seele mit solchem Heer nach des Königs Befehle; kein Mensch sah soviel der feindlichen Heere, wenn er lang auch auf Erden verblieben wäre. Hätte mit Schah Sâwe Parmûde der Türk ihre Truppen geführt gegen Îrâns Bezirk, wär Îrân kein Kügelchen Wachs mehr wert und sie hätten darauf nach Byzanz begehrt. Was mit Parmûde und Schah Sâwe geschah, ist das grösste Wunder, das je einer sah. Trotz all der Mühe, die sie verwandten, liess ich nicht Schatz ihnen noch Elefanten. Neu sammelte Schätze der Schah nunmehr, wurde reich und wurde ergrimmt auf das Heer. (Wie finde ein Mittel ich jetzt, aus den Schlingen des Netzes mein Haupt leicht herauszubringen? Für den Grosskönig wurden die Taten vollbracht und er hat sich mühelos draus frei gemacht.) Auf Auskunftsmittel denkt, dass gefunden ein Heilmittel werde für diese Wunden.
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Vom Geheimnis hab ich mein Herz nun befreit und entrissen der Untertänigkeit. Was ihr wisst an guten und üblen Wegen, das habt ihr nun schnellstens mir darzulegen.« (Durch die Rede prüfte er das Heer, denn das Heer fürchtet im Herzen er.) Dem Pahlawân lebte im Frauengemach eine Schwester von Geist, der hell stets und wach, der Liebling Bahrâms, von grossem Verstand, anmutig, feenwangig, Gurdîje genannt. Als sie hinter dem Vorhang die Rede hörte, lief das Herz ihr über, das wutempörte. So begab sie sich in Rednererhitzung, die Lippen von Worten erfüllt, in die Sitzung, (beide Augen voll Wasser, die Wangen Zarȇr, die Zunge so scharf wie die Spitze am Speer.) Als der Bruder die Stimme der Schwester vernahm, liess von Rede und Antwort ab Bahrâm. Auch von den Îrâniern einen jeden hielt die Furcht vor Schädigung ab vom Reden. Also sprach Gurdîje drauf zu dem Heere: »Oh ihr wegsuchenden Männer von Ehre, weshalb habt ihr das Reden denn unterdrückt und des Herzens Wallungen so erstickt? Was scheint euch das Richtige? Welches Spiel setzt ihr auf die blutigen Felder jetzt? Ihr seid Îrâns Häupter und kriegsgewandt, Vornehme mit wachem Sinn und Verstand.« So sprach Îzad Gušasp von Ritterart: »Du, die das Gedächtnis der Mächtigen bewahrt, wenn ein scharfes Schwert unsre Zunge wäre, sie flüchtete vor deiner Einsicht Meere. 1580.1 Zarȇr: gelbfarbene Pflanze, Reseda; hier Galle, Gelbsucht 1580.2 am Speer: Richtig: am Pfeil
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Alle eure Taten lenkt Gottes Hand, von Wissen zeugend und Mut und Verstand. Wir brauchen den Weg nicht des Panters zu wandeln, nicht jeden Bekriegen sei unser Handeln. Verlangt nicht, dass weiter ich reden muss, denn meine Weisheit kam so zum Schluss. Rüstest du den Krieg, stehen wir dir bei, wir reiten voraus der Reiterei. Hat der Pahlawân an mir Befriedigung, so mein ich, bleibe ich ewiglich jung.« Bahrâm vernahm sein Reden und sah, er treibe inmitten von Nein und Ja. Und er sah Jalân Sîne, den fragte er: »Und du, was denkst du im Geheimen nunmehr?« Jalân Sîne sprach: »Oh Feldherr und Held, wer die Wege wandelt des Schöpfers der Welt, (bekannt durch Wissen und Geisteskraft und Herr über jegliche Leidenschaft) und findet so Sieg wie Majestät, der eilt nicht dorthin, wo’s zum Bösen geht, sonst wird jener Segen in Fluch sich verkehren und Hass ihm erfüllen die himmlischen Sphären. Gott gab dir Glanz und gab Glück dir schon und auch Heer und Schätze mit Krone und Thron; es wird noch vermehrt, wenn du es empfangen; die dir Undankbaren erfasst blutiges Bangen.« Dann sprach er zu Bahrâm, Sohn des Bahrâm: »Oh Freund des Verstandes, zu dem Einsicht stets kam, was meinst du, wird Trachten nach Thron und Schätzen zur Grösse führen? in Qual versetzen?« Bahrâm kam solch Urteilsspruch lachhaft vor und er warf seinen Fingerring hoch empor;
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er sprach: »Bleibt er in der Luft droben picken, so wird sich ein Diener zum Herrscher schicken; der ist gross, du darfst ihn nicht klein ansetzen; Diademe kann keiner gering einschätzen.« So sprach er zu Kundâ Gušasp sodann: »Schwertzückender Löwe, rosstummelnder Mann, was sagst du dazu und was hältst du davon? Wird uns geziemen der Königsthron?« Also sprach Kundâ Gušasp der Held: »Oh du, der der Helden Gedächtnis erhält, es prägte ein Mȏbad den Spruch in Rai: ›Wer gelehrt und des Glückes Günstling dabei, erwirbt er einmal ein Königreich, so fliegt ihm der Geist zum Himmel sogleich.‹ Besser ist’s, als Diener sein Jahre lang, zum Glanze des Weltherrn zu fühlen den Drang.« Also sprach er drauf zum Grosssekretär: »Alter Wolf, öffne du die Lippen nunmehr!« Doch der Grosssekretär tat die Lippen nicht auf, er sass da und Gedanken kamen zuhauf; endlich sprach er also zu Bahrâm: »Wer sich Wunscherfüllung zum Ziele nahm, er findet, sucht er nur das, was ihm fleckt; weithin ist des Schicksals Hand ausgestreckt. Wenn der waltende Gott eine Sache schenkt, hat kein Wille die Macht, dass er’s anders lenkt.« Zu Hamdân Gušasp sprach er darauf: »Hinab und hinauf ging dein Lebenslauf. Alles, was immer du sprichst zu den Leuten, trifft nicht zu und will nichts als Wind bedeuten. 1604.1-2 Bleibt er in der Luft … Herrscher schicken: Unübersetzbarer Kalauer. W: Solange er in der hawâ bleibt, wird ein Knecht pâdišâ (oder wird ein Knecht des pâdišâs da sein); hawâ heisst nun Luft oder Begierde und dgl. Man muss meinen, das erste sei gemeint, aber der Redner schliesst mit dem zweiten.
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Sag jetzt, wie dir diese Sache erscheint, es sei Glück oder Unglück dabei gemeint.« Also sprach Hamdân Gušasp, der Held: »Du, den jeder Mächtige hoch stets hält, was hast du vor Ungeschehnem zu zagen und über die Königskrone zu fragen? Tu die Tat, das Getane sei Gott überlassen! Hast vor Dornen du Angst, wie willst Datteln du fassen? Für ein Haupt des Volks kommt Ruh’ nie in Frage, er kennt Seelenangst nur und Körperplage.« Des Pahlawâns Schwester vernahm mit Schmerzen diese Rede und mit verdüstertem Herzen. Ihr Mund ward im Wortstreit nicht aufgemacht von der Sonne Verschwinden bis Mitternacht. Zu ihr sprach Bahrâm: »Was hältst du für recht meine Beste, in diesem Wortgefecht?« Doch Gurdîje liess ohne Antwort ihn, der kein Rat der Grossen befriedigend schien. Den Grosssekretär sprach sie darauf an: »Du wie Dȇw und Wolf übeltätiger Mann! Deine Meinung ist so: keine Adelsperson von den Freien der Welt hat auf Krone und Thron, dieses Heer, diese Grösse, dies siegreiche Glück gerichtet einen begehrenden Blick. Sollte Herrschaft dir leichter als Dienstbarkeit scheinen? Über deine Wissenschaft da muss man weinen. Alter Könige Brauch lasst uns Führer sein, jener Höheren Worten das Ohr uns leihn. (Der Grosssekretär gab zur Antwort sodann: »Wenn meine Ansicht nicht durchdringen kann, so sag’s und tu das, was die Einsicht dir weist, geh dorthin, wohin dich Herz ziehn und Geist.« Die Schwester trat auch an Bahrâm heran und sprach zu dem eigenwilligen Mann:
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»Nichts Gutes sind Wissen und Geist, die dich leiten, sie lassen den Fuss in das Krumme schreiten.) Oft geschah’s schon, dass leer der Thron erschien, kein Untertan aber beanspruchte ihn; die Welt beschützten mit Mannheit sie, auf den Thron aber warfen ein Auge sie nie. (Wer gebildet ist und von reinem Verstand, in jeder Art von Gedanken gewandt, weiss, dass Herrschaft besser als Dienerschaft und dass Höhe mehr Lust als Niedrigkeit schafft.) Nach dem Throne der Könige streckten die Hände sie nie, sie schnürten zum Dienste die Lende, nach Grösse durch sie allein ging ihr Streben, nur ihrem Befehl waren sie ergeben. Kein Fremder hat auf die Krone ein Recht, die Grösse gebührt dem Königsgeschlecht. Von Schah Kâwȏs will ich erstlich beginnen, der Gott sein Geheimnis wollt’ abgewinnen, dass der Zahl der Gestirne er käm’ auf den Grund und das Kreisen erforschte am Himmelsrund. In Trauer und Elend fiel er auf Sârî durch üble Natur und durch Trugphantasie, ein Gȏdarz, ein Rustam, der Pahlawân, die mühten den Geist nicht mit solchem Wahn. Als nach Hâmâwarân er dann kam zum Schluss, mit Ketten sie banden schwer seinen Fuss, hat zum Throne keiner von ihnen gestrebt, sondern jeder in Angst nur und Sorge gelebt. Die Îrânier sprachen zu Rustam sodann: ›Du bist der des Thrones würdige Mann.‹ Da schrie er die an, die das sagten, und rief: ›Ihr seid Genossen der Brut eines Dȇw. Der Schah säss in Banden und ich auf dem Throne? Fern sei jene Grösse mir, fern jene Krone!‹ Zwölftausend der Reiter zog er aus Îrân,
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welterobernd und rossegepanzert, heran; aus jenem Gefängnis befreit er Kâwȏs und Gȇw und Gȏdarz und ausserdem Ṭȏs. Als ferner Pêrôz getötet war und für die Îrânier das Ende klar, da ob seiner Lage voll Muts Chwašnawâz in Ruh auf dem prunkvollen Throne sass, ging von Söhnen des Qâran hinweg Sûfarâj und schafft’ wieder den Thron der Grösse herbei. Als von seinem Siege ward Meldung getan, da zogen die Stolzen heran aus Îrân, um ihm zu huldigen als ihrem König: ›Schah werde, der bisher war untertänig.‹ Den Îrâniern sagt’ er: ›Das ist nicht gebührlich, nur dem Herrscher sind Thron und Grösse natürlich. Qubâd wird noch gross, ist er jetzt auch noch klein; bringen wir den Wolf nicht zum Walde des Leun. Zum Könige machen willst du den Proleten und die ganze Bedeutung des Stammes zertreten.‹ Qubâd wuchs zum Mann; das Haupt Sûfarâjs (einer Krone, das sah er, würdig sei’s). Auf der Leute Zureden, die nichts nütze, ermordet er den, der der Reiches Stütze. (Da entstand im Heer eine Revolution, und sie setzten Ǧâmâsp auf des Rechtes Thron). Held Qubâd wurde drauf in Fesseln geschlossen, dieser tapfere Kai, der Kaien entsprossen. Ein Bösewicht gab ihn in Razmihrs Hände, dass sein Vater in ihm seinen Rächer wohl fände, doch fand Razmihr ausspähend keine Person, die da würdig wäre für Krone und Thron; er löst ihm die Fesseln, dass er seine Lage selbst ordne und für sich selber Sorge trage. Kein Untertan war nach dem Throne süchtig, war auch seine Abstammung echt und richtig. Ein Mann namens Schah Sâwe kam von den Türken,
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um Krone und Siegelring sich zu erwirken; doch der Weltschöpfer wollte, dass er auf der Erde Îrâns zu einem Nichtseienden werde. (Was Gottes Macht in die Hand dir gegeben, wie sollte dies deiner Schlinge entstreben?) Weshalb gab er dir nach dem Throne Gelüst, da du doch nur ein Knecht gewesen bist? Jalân Sîne aber lässt springen sein Pferd: ›Bahrâm den Sohn Gušasps den werd’ in der Welt ich kreieren zum neuen Schah; die Erinn’rung an mich, die halt ich so wach.‹ Ein verständiger König wie Nȏšîrawân war durch Hurmuz jung trotz des Alters Nah’n; seine Helfer sind alle aus edlem Geschlechte, was Helfer! sie sind seine Diener und Knechte. Dreihunderttausend sind in Îrân jeder edle Reiter und Pahlawân; alle Mann für Mann dem Schah tief ergeben, dass sie seinem Befehle und Willen nur leben. Der König der Welt hat dich gekürt, so wie’s nach dem Brauche der Edlen gebührt; deine Ahnen auch mit rühmlichen Namen, die den Feinden allorts den Erfolg benahmen. Dieses Gute vergiltst mit Bösem du; dieses Böse, wiss, jagst du dir selber zu. (Fass nicht, mein Bruder, den bösen Entschluss, da aus Bösem dir Böses erwachsen muss.) Räum’ der Gier übers Denken die Herrschaft nicht ein, sonst heisst dich kein Wissender edel und rein. Zwar ein Weib, geb ich Rat wie ein Männerkonzil und zum Alter des Bruders fehlt mir nicht viel. Mach die Taten der Ahnen ins Nichts nicht zerrinnen und müsstest du nie meines Rats dich entsinnen!« Bahrâm biss die Lippen sich mit den Zähnen; die Versammlung erstaunte ob des Gescheh’nen.
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Er wusste, dass jene das Richtige sage und nur zum Guten den Weg einschlage. Jalân Sîne sprach: »Edle Schwester des Herrn, dem Rate der Könige halte dich fern. Denn Hurmuz ist nunmehr bald abgetan und der Thron gebührt jetzt dem Pahlawân. Du musst, da Hurmuz so die Tugenden fehlen, deinen Bruder zu Îrâns Königen zählen. War der Königswürde er eingedenk, weshalb macht er ein Kunkelehrengeschenk? Einem Pahlawân, den als Leun man verehrt – denn die Erde erzittert vor seinen Schwert – (wäre in der Scheide verblieben sein Degen, wären Hurmuzd, Îrân und Šâm längst erlegen) als Geschenk sandt’ er Kunkel und Weiberhaube; Pfui über den Schah ohne Treu und Glaube! Genug jetzt von Hurmuz, dem Sprössling der Türken – oh möchte das Ende der Brut man bewirken! Zählst die Jahre gut du von Kai Qubâd, ging ein Jahrtausend dahin an der Saat, die gekrönt da sassen auf goldenem Thron; jetzt ist es zu Ende, sprich nicht mehr davon! Und an Chosrau Parwîz denk ebensowenig, denn seiner zu gedenken ist wert keinen Pfennig. Die die Edelsten an seinem Hofe sind, sind für deinen Bruder niedrigstes Gesind’, Wenn Bahrâm diese Untergebenen hiesse mit schweren Banden ihm fesseln die Füsse, sie fesselten ihm die Füsse gar schnelle und dein Bruder sässe an seiner Stelle.« »Ein schwarzer Dȇw«, rief Gurdîje erregt, »hat euch auf dem Weg eine Falle gelegt! Lass du Leib und Seele von uns aus den Klauen! Nur windige Luft kann von dir ich schauen! 1689 Weiberhaube: W: Baumwolle 1693.2 Pfennig: alte dtsch. Währungseinheit, gängig seit Karl d. Gr.
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Unser Vater war Grenzkommandant in Rai; du hast angestiftet die Thronsucherei! Wird Bahrâms Herz von dir so in Wallung gebracht so auch meine Familie verrufen gemacht; die Müh’ dieses ganzen Geschlechts wird zu nichts durch die Reden so eines gemeinen Wichts! Der Empörung bringt in die ruhige Welt, deiner Führung sei jetzt Bahrâm unterstellt!« Sie sprach’s und ging tränenungehemmt in das Frauengemach, jetzt dem Bruder ganz fremd. »Wieviel wahre Worte«, so sagten nun alle, »sprach die reine Frau in der Sitzungshalle! Du meinst, in den Büchern stehe, was sie sagte, die Ǧâmâsp an Weisheit noch weit überragte.« Dies passte Bahrâm keineswegs in den Kram, der der Schwester die Rede sehr übelnahm. Sein Herz in langer Gedankenfron zeigte ihm im Traume den Königsthron; er sprach darauf: »Wer da strebt, erhält nur mit Mühen diese vergängliche Welt.« Und Tische zum Mahle rüsten hiess er, Wein, Leute und Musiker kommen liess er; zu den Musikern sprach er: »Zu Heldengesang stimmt heute eurer Lauten Klang! ›Sieben Abenteuer‹ nur darf es sein; ein Stück davon singt diesen Zechern zum Wein: wie zur ehernen Burg kam Isfandjâr und wie sein Spiel in dem Kampfe war.« Auf sein Wohl tranken sie vielen Wein hiebei: »Durch ihn gedeihe das Land von Rai! Mit dir erwächst ein Führer der Waffen; möge Gott noch viele deinesgleichen erschaffen!« Sie zerstreuten sich, finstere Nacht brach ein; das Haupt der Zecher ward wirr vom Wein.
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Bahrâm lässt Münzen mit dem Namen des Chosrau Parwîz prägen Die Sonne hob hoch schon Lanze auf Lanze und die finstere Nacht ward verstimmt ob dem Glanze; da hat Bahrâm, dieser starke Held, den Grosssekretär zu sich bestellt. Dem Châqân schrieben sie einen Aržang-Brief, der von Bildern und Farbe und Duft überlief: »Verzeih! Das Getane bereitet mir Schmerz, von Reue und Seufzern erfüllt ist mein Herz. Deinem Land, deinem Volk, deinen Marken fortan wird ob deines Wertes kein Schade getan. Wird ein reiner Fürst dieser Welt aus mir, werd ich wie ein jüngerer Bruder zu dir. Du musst den Hass aus dem Herzen brennen und das Land Îrân nicht von deinem trennen. Dass dein Herz des Geschehenen doch nie mehr gedächte! Gott nimmt Entschuldigung an von dem Knechte. Auf deinen Plänen sei stets aller Segen und auf deinem Lande und Sitze gelegen!« Auch sonst sagt er viel noch und sehr schnell ritt der Bote des Wegs als des Windes Gesell. Als er ankam beim stolzen Châqân von Čîn, hatt’ er viel des Preises und grüsste ihn. Des Pahlawâns Brief an ihn gab er ab, wobei er noch mündlich Erläuterung gab. Den Feldherrn erfreute die Botschaft gewaltig und den Boten beschenkte er vielgestaltig; auf den Antwortbrief auch liess er ihn nicht warten und pflanzt einen Baum seiner Grösse im Garten. 1722 brennen: W: waschen
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Er sandte Bahrâm, was man immer ersehnte, und Antwort, die diesem das Herz verschönte. Als er davon befreit, ging er anderes an: Zum gesammelten Schatz ward das Tor aufgetan, Geld schenkt er und Rosse und Sklaven dem Heere, denn heimlich erstrebt er die höchste Ehre. Aus dem Heer wählt er einen Pahlawân, der zum Führer taugte der Mark Churâsân, und dem Churâsân mit dem Heer er verlieh, Nišâpûr mit Balch und Marw und Herî. Gedankenvoll zog er von Balch gegen Rai am glücklichen Churdâd des Monates Dai, in ununterbrochner Gedankenkette. Er befahl, dass man eine Münzprägestätte erbaue, neue Prägart zugrundelege und Dirhams mit Chosraus Namen präge; von den Kaufleuten bring ein als klug bekannter, beredter, in feinen Geschäften gewandter in seinem Geldbeutel Stücke davon mit dieser Prägung nach Ṭîsǝfon und man solle Brokate aus Byzanz, (auf Goldgrund gewirkt der Figuren Glanz,) damit erstehn; in des Königs Nähe kämen Dirhams so, deren Prägung er sehe. Den Gesandten wählt er verstandesreich und kühn, dem himmlischen Boten gleich.
Bahrâm schreibt einen Brief an Hurmuzd, und Chosrau Parwîz flieht vor dem Vater Einen Brief schrieb er drauf, ganz windig und leer, mit aller Art Worten minder und mehr, von Parmûde schrieb er und Schah Sâwe, von der Schlacht, die er kämpfte mit seiner Armee, von dem Ehrengeschenk, das der Schah ihm gesandt, von Kunkelbehälter und Weibergewand; 1731 er: Bahrâm
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dann sagte er weiter: »Du siehst mich nun nie auch im Traum; aus dem Wasser die Angel zieh! Seitdem dein Sohn Chosrau den Thron hat bestiegen, dieser mächtige Mann und glückhaft im Siegen, mach für ihn ich den Berghang zum Tal und mit Blut seiner Feinde die Steppe zu Ǧaiḥûns Flut. Ist er Kind erst, so kommt doch die Krone ihm zu, denn er hält die Treu’, ist nicht treulos wie du. Ich anerkenne sein Herrschaftsrecht und diene fortan ihm allein als Knecht.« Der König sollte, dies war sein Bestreben, beenden des schuldlosen Sohnes Leben. (Der Vater sollte sich ärgern und grämen und ihm plötzlich heimlich das Leben nehmen.) Denn er hatte bei Parwîz Furcht vor Gefahr, da er stets der Liebling des Herrschers war. Alles dies erwähnt’ er im Brief und schon kam der Abgesandte nach Ṭîsǝfon. Zu den Kaufleuten sprach er: »Sieht Hurmuz die Prägung der Dirhams, so krümmt er sich vor Erregung; wenn Chosrau ihm nicht mehr leiht Rückgrat und Arm, erfährt er durch mich ein Schicksal voll Harm; wenn die Zärtlichkeit wir zu Boden schmeissen, werden Sâsâns Wurzeln vom Grunde wir reissen. Denn Gott schuf die Erde nicht für diese Brut; die Zeit kam, dass man beiseite sie tut.« Glückbegünstigt kam nun der Diplomat mit den Herren aus Rai in die Stadt Baġdâd. Als der Brief an Hurmuz gelangte, da wich aus den Wangen die Farbe und er erblich. Wie die Dirhamprägung vor Augen ihm kam, da mehrte der Gram sich um weiteren Gram; 1753 Alles dies … nach Ṭîsfon: Der Vers hat wohl wegzufallen.
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er misstraute dem Sohn und dies peinigte ihn und er sprach zu Âjîn Gušasp sohin: »Chosrau ist jetzt schon zur Mannheit gediehn und will sein Haupt unsrer Herrschaft entziehn. Nun lässt er schon seine Dirhams prägen; was wehrt ihm, auf Weiteres sich zu verlegen?« Ihm erwiderte Âjîn Gušasp: »Oh werde ohne dich er nicht schauen Turnierplatz und Pferde! Und ist’s auch dein eigener Sohn Parwîz, wegen dieses Vergehens ziemt ihm das Verliess.« Also sprach Hurmuz: »Ohne Zeit zu verlieren, will den Schamlosen ich aus der Welt spedieren.« So sprach der Ehrgeizige zum Ehrenreichen; »Möge keiner sein Ziel ohne dich je erreichen!« Einen Mann berief man in Heimlichkeit zum Schah und in nächtlicher Dunkelheit; ihm sagte Hurmuz: »Dem Befehle entspreche! Von Parwîz reinige die Erdoberfläche!« Er erwiderte: »Ich will’s tun. Aus dem Herzen will durch Zauber ich völlig die Liebe merzen. Es befehle der Schah, Gift werde gebracht; wenn er trunken wird in der schwarzen Nacht, geb ich Gift ihm in seinen Becher hinein; das wird besser als Blut zu vergiessen sein.« Chosrau ahnte nichts von der drohenden Gefahr, der verehrt an seinem Ruheplatz war. (Bei Fest und Musik ward dem Wein zugesprochen; er ging auf die Jagd zweimal alle Wochen.) Herzerfreuende Weiber, leichtfliessender Wein verehrt er und liess alles andere sein. (Doch es wollte Gott, dass noch viele Jahre über den Mondkreis rage Chosraus Tiare). Dem Kämmrer kam Kunde vom Plane zu, das kürzte ihm ganz Behagen und Ruh; er kam zu Chosrau in eiligem Lauf
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und deckte ihm alles Geheime auf. Und als Chosrau diese Kunde geworden, der König plane, ihn heimlich zu morden, floh in finstrer Nacht er aus Ṭîsǝfon, du meintest er sei aus der Welt entflohn. Dies wertvolle Haupt liess nicht leichthin er fahr’n und er eilte nach Âḏar Âbâdegân. Als Kunde bekamen die Grenzkommandanten, die an der Spitze der Länder standen, dass Chosrau vom Schah gekränkt worden wäre und gekommen sei mit nur wenigem Heere, da kamen die Stolzen und fragten und spürten, wohin des Verehrten Spuren wohl führten, mit dem Rechttun Kasrâs, Elefantenwucht, der wie Meer und Nil stets zu schenken sucht, (statt dessen: ein Bâdân und Pêrôz und ein Šȇrzîl, elefantenstark, dass Furcht selbst Leuen befiel) (ein Gottesverehrer Ustâ aus Gurgân, elefantenwütig Chanǧast aus ʿAmmân,) aus Šîrâz ein Sâm und Isfandjâr, aus Kirmân ein Pêrôz, der Ritterheld war, alle, Heer und Feldherr, wandten Chosru auf der Königssuche das Antlitz zu; alle sprachen sie: »Oh du Königssohn, dir gebühren Tiare und Krone und Thron. Aus Îrân und der Steppe der Speereträger, der Schwerterzücker und Schlachtenschläger, ziehn so viele, als du nur willst, zu dir her, denn es weist dein Glanz den Weg deinem Heer. Hab nur keine Angst, dass dich etwas versehrt! Lebe froh und lachenden Herzens geehrt! Einmal spornen zum Jagdrevier wir die Pferde, einmal schreiten wir betend zum Feuerherde; wir danken ihm wie die als gut sich Bewährenden und beten wie die das Feuer Verehrenden, Wenn dreihunderttausend vom Lande Îrân
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zu Rosse, um dich zu gefährden, nahm, weihn wir alle für dich unsern Leib der Vernichtung und gedenken der Toten mit Dankverpflichtung. Chosrau sprach zu ihnen: »Was mich anbelangt, ich gesteh’, dass vor Schah und Menge mir bangt. Wenn diese Edlen alle mit schweren Eiden mir die Sicherheit gewähren, wenn sie schwören vorm Feuerherd, ihre Versprechen in alle Zukunft mir nicht zu brechen, werd ich sicher in diesem Lande leben und nicht vor dem Bösen zittern und beben.« Diese Rede vernehmend wandten alle die Helden ihr Antlitz zur Feuerhalle, und sie schworen die Eide, die er begehrt: »Wie das Auge sei deine Liebe uns wert!« Als gesichert er war durch geheime Verpflichtung, sandte Späher er aus in jegliche Richtung, zu sehn, was zur Flucht sein Vater denn sage und ob er mit anderen Plänen sich trage. Als Hurmuz hörte, Chosrau sei fort, da sandte er Leute aus sofort, um Gustahm und Bindôj in Fesseln zu legen, in den Kerker zu sperren der Schädlichkeit wegen; Mutterbrüder des Chosrau waren die zwei, auf der Welt durch Mannesmut beide neu. Und auch sonst von seiner Familie jeden schleppten sie ins Gefängnis mit vielen Gereden.
Hurmuzd sendet Âjîn Gušasp zum Kampf gegen Bahrâm, und er wird getötet Zu Âjîn Gušasp sprach der Schah: »Ich bin jedem Rate fern, schmerzerfüllt ist mein Sinn. Er ist weg. Was fang mit Bahrâm ich an, dem gemeinen, selbstsüchtigen Untertan?«
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Da sann Âjîn Gušasp auf Mittel und Wege, wie er in seinen Rat Duft und Farbe lege; er sagte zu ihm: »Oh stolzer Schah, lange wurde, was über Čûbîn ich sprach, der heimlich mein Blut zu vergiessen gedenkt, denn er wurde zuerst von mir tief gekränkt. Sende mich ihm zu mit Fesseln am Bein; vielleicht wird dies dir von Vorteil sein.« Darauf sagte der Schah: »So handle ich nicht, da dies der Manier des Ahrîman entspricht. Ich sende ein Heer; du sollst Feldherr sein und der Kampf trage ruhmvollen Namen dir ein. Erst sende einen Findigen in seine Nähe, dass er seines Kopfes Inhalt erspähe; wenn er Herrschaft sucht und Krone und Thron, wendet schliesslich das Glück sein Antlitz davon; doch ist er ein braver Untertan, sieht er Ruhe als besten Ausgang sich nahn; einen Anteil gebe ich ihm an der Welt und aufs Haupt die Tiare, die trägt ein Held. Nur von Mengen wird Bahrâm der Krieger erreicht doch mein Diener ist er, ob er Rustam auch gleicht. Was immer er tut, teile vollständig mir mit! Halt dich nicht lange auf und beschleunige den Ritt!« Âjîn Gušasp führte aus, was er sprach und wie es den Plänen des Schahs entsprach. Gefesselt im Kerker des Königs lebte ein Mann aus der Stadt, der Entkommen erstrebte; er vernahm, Âjîn Gušasp, Paladin, beabsichtige, in den Kampf zu ziehn. Einen Mann aus dem Kerker entsandte er nun an ihn: »Oh Fürst, dem’s um Mittel zu tun, im Kerker hier sitz ich, aus deinem Land, doch sag ich nicht, dass ich dir schon sei bekannt. Verlangst du mich aber vom Schahrǝjâr, eile ich gleich mit dir in die Kriegsgefahr;
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für dich setz ich kämpfend mein Leben ein, kann aus Kerkerenge ich mich befrei’n.« Und Âjîn Gušasp sandte unverweilt einen Boten, auf dass er zum Weltherren eilt: »Ein Landsmann von mir sitzt in deinem Gefängnis in Fesseln sowie in Angst und Bedrängnis. Begnadigt der Schah ihn, der Weltgebieter, sofort mit mir auf die Heerfahrt zieht er.« Darauf sagte der Schah: »Von nichtsnutzigen Wichten lässt vor dir du wohl gar Kriegstaten verrichten? Eine mörderisch-diebisch-unnütze Person verlangst du von mir? Hast im Auge du Lohn? Doch jetzt ist kein Ausweg aus dieser Lage, gibt’s auch keine ärgere Landesplage.« So gab er den Mann ihm von schlechtem Gemisch, so diebisch geartet und mörderisch. Und Âjîn Gušasp führte an das Heer und zog wie der Sturmwind des Weges einher; so, bis auf die Stadt Hamadân er stiess, wo er seine Truppen sich lagern liess. Wer in dieser reichen Stadt sich fände, fragte er, der auf’s Prophezeien sich verstände. Alle sprachen: »Es kommen zu dir gegangen, die die Sterne kennen und Dank empfangen.« (Es schritt ein Greis heran, der lebte in dieser Stadt und nach Ansehen strebte:). »Hier lebt eine greise vermögende Frau, du meintest, ein Stern sei’s, der aus ihr schau. (Eine bessere Wahrsagerin kann gar nicht sein; was sie sagt, trifft genau und vollständig ein.) Es geschieht nichts andres, als was sie spricht; in Sommer und Herbst aber wahrsagt sie nicht.« Als dem Âjîn Gušasp wurde diese Kunde, entsandte er Ross und Reiter zur Stunde. Sie kam; er befragte sie, wie’s dem Schah gehe
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und wie’s um den Führer des Heerzuges stehe; dann sprach er zu ihr: »Beweg deinen Mund einsam an mein Ohr und tu mir kund: Lässt den dunkelen Leib mein Geist auf dem Kissen oder wird er vom Dolch meiner Feinde zerrissen?« Sein Geheimnis besprach er nun mit der Alten; was er sprach, ward vor allen geheim gehalten. Doch der Mann, den er aus dem Kerker befreit des Schahs und der war in seinem Geleit, ging vorüber vor der Wahrsagerin und verschwindend blickt er auf den Fürsten hin. Die Frau sprach: »Wer ist dieser Mann, dessen Schlag bewirkt, dass man über dich weinen mag, der in Händen dein wertes Leben hält? Nicht Hirn, nicht Haut sei von ihm auf der Welt!« In Âjîn Gušasps Gedächtnis kam ein alter Spruch, als er dies vernahm: was er von den Astrologen vernommen und was ihm ausser Sicht war gekommen: »Dein Leben ist von der Hand bedroht eines Weggenossen in Armut und Not; er naht, wie die Zeiten der Reise verfliessen, du jammerst und er wird dein Blut vergiessen.« (Er verabschiedete rasch sie unter Geschenken; Appetit und Schlaf verlor er vor Denken.) Er schrieb an den Schah in folgender Weise: »Diesen Mann, den ich heimsende von der Reise, aus dem Kerker zu lassen, war keineswegs gut, denn der Mann gehört zu der Drachenbrut. Der Schah sagte dies ja damals dem Knechte, doch dem Knecht waren fremd des Königtums Mächte. Wenn er kommt, gib Befehl, dass das böse Geschöpf man zur selbigen Zeit mit dem Schwerte köpf.« Er schrieb’s und der Brief ward mit Siegel verschlossen; als er trocken war, rief er den Weggenossen,
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er lobte ihn viel und schenkte ihm Werte, indem er niedrig gesinnt ihn segnet’ und ehrte; er sprach zu ihm: »Dem Herren der Welt werde heimlich der Brief von dir zugestellt. Bring die Antwort mir rasch, die er mir wird erteilen, und schau zu, nicht lange beim Schah zu verweilen.« Der Jüngling nahm den Brief in Empfang und machte gedankenvoll sich auf den Gang; er sagte: »Ich bin viel im Kerker gesessen, gefesselt und regungslos ohne Essen, doch Gott hat mich aus dieser Trübsal befreit, aus Elend und Furcht und Unseligkeit. Jetzt kehr ich zurück nach Ṭîsǝfûn wieder und Mark und Blut durchwogt meine Glieder.« Eine Zeitlang reist er in tiefem Verdruss, dann öffnet er des Briefes Verschluss, und als er den Brief des Feldherrn gelesen, erstaunt er über das Weltenwesen: »Dieser Mann hat vom König mein Leben begehrt und gesprochen, dies sei eines Fürsten wert. Jetzt trachtet er nach meinen Blut mit Hast; hat Gedenken an Böses im Traum ihn erfasst? Den Weg, Blut zu vergiessen, erblickt er nun; von Sorge und Angriff will er so ruhn.« Voll Gedanken eilt er zurück so geschwind, dass er gleichen Schritt hielt mit dem Wind. Als er so zu dem Edlen gelangt war in Hast, da sah er niemanden in dem Palast, vielmehr sass Âjîn Gušasp im Zelt, weder Diener noch Schwert noch Pferd ihm gesellt, von Sorge erfüllt, was dem Schahrǝjâr vom Schicksal bestimmt in Zukunft war. Als der Weggenosse das Zelt betrat, da wusst’ er, er sinne auf blutige Tat. 1867.2 meine Glieder: W: meinen Leib
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Zum Schwert griff der blutvergiessende Mann und der Edle flehte ihn vielmals an, er sprach: »Du Tor, hat nicht, weil ich’s begehrt, mir der Schah dein verlorenes Leben gewährt?« Er sprach; »So war’s, doch was hab ich getan, dass zur Missetat du schicktest dich an?« Drauf schlug er den Edlen auf das Genick; zuend’ war mit Fest und Kampf sein Geschick. Sein blutiges Haupt trug er aus dem Zelte, wovon dem Heer jede Kenntnis fehlte. Es soll ein ehrgeiziger Held nie allein, vor allem nicht vor einem Kampfe sein. Da er durch diesen Mord in Verrufung kam, so eilte er fort, bis er stand vor Bahrâm; er sprach: »Das Haupt deines Feinds bring ich hier; er plante das Allerböseste dir. Als er vor dich hinzog mit seinem Heer, wusst’ er um deine Pläne nicht minder noch mehr.« Da fragte Bahrâm: »Wer ist der Mann, sag? Wer ist’s, der dieses Haupt wohl beweinen mag?« Er sagte: »Âjîn Gušasp, der Held; auf Kampf mit dir war sein Wille gestellt.« Da sprach Bahrâm zu ihm: »Zu diesem Zweck zog der Reine vom Hofe des Königs weg, damit wir friedlich wieder mit ihm uns vertragen; im Schlaf hast sein Haupt du ihm weggeschlagen. Du sollst von mir eine Strafe erhalten, dass über dich weinen die Jungen und Alten.« Er befahl, am Tor einen Galgen zu bauen, Volk und Heer lud er ein, hier zuzuschauen. Lebendig ward er auf den Galgen gestreckt (und aller Verbrecher Herz aufgeweckt.) Von Âjîn Gušasps Reiterscharen, die vom Königshofe gefolgt ihm waren, 1891.2 die Jungen und Alten: W: die Menge
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zog nun eine grosse Zahl zu Bahrâm, da des Feldherrn Geschick so sein Ende nahm. Eine Schar von ihnen zog zu Chosru und manche wandten dem Schah sich zu. So wird am Tag, da ein Schneesturm wütet, die Herde zerstreut, die kein Hirt behütet.
Gustahm und Bindôj blenden Hurmuzd
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Als Kunde gelangte zum Schahrǝjâr, was mit Âjîn Gušasp geschehen war, ward aus dem Empfangssaal die Menge verbannt und keiner mehr sah ihn, den Becher zur Hand. Er verlor alle Esslust und Ruhe und Schlaf, dass man nie ohne Tränen im Aug’ ihn traf. Dass der Vorhang des Saals gesenkt blieb, bot Stoff zu vielen Gesprächen am Königshof. Von Bestürzung waren die Helden ereilt und die Meinungen waren äusserst geteilt. (Einer sagte, Bahrâm habe Krieg im Sinne und trachte, dass er die Krone gewinne; der andre, Chosrau, vom Schah schwer gekränkt, habe gegen Îrân seinen Heerzug gelenkt.) Als aus Ṭîsǝfûn kam jenes Gerücht, wurden Duft und Farbe der Herrschaft zunicht; voll Schmerz und voll Hass war das Volk allerwegen und in Fluch verwandelte es den Segen. Im Palast war gering nur der Krieger Menge, die Welt ward dem Herzen des Königs enge. Zu Gustahm und Bindôj kam Kunde davon, wie verdüstert sei der Grosskönigsthron. Alle Häftlinge warfen die Bande ab, worauf man einem die Vollmacht gab, Kunde einzuholen, wie es denn stünde, wer an Kriegern am Hof des Königs sich befinde.
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Rebellierend, erfahrend der Dinge Lauf, sagten sie dem Schah den Gehorsam auf; sie erbrachen den Kerker, es gab ein Gedröhn, dass in Wallung gerieten Täler und Höhn. Die am Ort befindlichen Soldaten wussten nicht zu helfen sich noch zu raten. Bindôj und Gustahm zogen daher gepanzert mit ihrem gerüsteten Heer, sie wuschen durchaus aus dem Aug jede Scheu, so kamen sie mutig und schnell herbei. Auf dem Markt kam es zum Zusammenstoss und die Reiter drangen ins Königsschloss. Gustahm sprach dann zum Heer: »Diese Dinge kann man keineswegs bewerten geringe. Wollt in Wahrheit ihr euch mit uns vereinen, müsst dem Schah ihr die Ehrerbietung verneinen, wollt ihr Mann für Mann euch gürten die Lenden, um zum Kampfe der Grossen Îrâns euch zu wenden – denn Hurmuzd hat sich gegen den schuldlosen Sohn gewandt, diesen Reinen, um Krone und Thron –, wer von euch will Gesetz und Moral anerkennen, dürft ihr jenen fortan nicht König mehr nennen. Um ihn zu bestrafen, streckt aus die Hand, zu Gift macht für ihn alles Wasser im Land! Anführer wollen darin wir euch sein, einen neuen König setzen wir ein. Aber wird von euch Schwäche kundgetan, überlassen wir euch das Land Îrân, um mit einer Weltecke uns zu begnügen, in die wir uns mit den Genossen verfügen.« Als Gustahm dies zu dem Heere sprach, begann es zu verfluchen den ruhenden Schah: »Nie sei ein Solcher Besitzer des Throns, der die Hand ausstreckt zum Blut seines Sohns!« Von Empörung wurde das Heer erfasst und sie legten Feuer an seinen Palast.
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In die Königshalle drangen sie ein zu jenem Schah mit dem Glorienschein; sie hoben vom Haupte des Schahs die Krone und machten den Kopf ihm hängen vom Throne. Dann blendeten sie den Schah; wie die Kerze erlosch seiner Augen hell’ Licht in Schwärze. Und so liessen lebend sie ihn an dem Platze und behoben, was da war, rein aus dem Schatze. So ist’s um den hohen Weltlauf bestellt. Häng das Herz nicht an die vergängliche Welt! Bald finden wir Schätze und dann wieder Pein; weder Gutes noch Böses kann dauernd sein. Sind es tausend, sind’s hunderttausend Jahr’, vorüberzieht, was in der Rechnung war. Wer da immer das Gute zu kaufen begehrt, sag nichts Böses, auf dass er nichts Böses hört.
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XLIII Regierung des Chosrau Parwîz Sie währte 38 Jahre.
Beginn der Erzählung
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Gustahm und Bindôj zum Feuerherde sandten aus einen Mann sowie zwei Pferde, der des Nachts sich begäbe zu Chosru und aus Îrân das Neueste brächte ihm zu. Zum neuen Schah kam der Bote; dahin war die finstere Nacht, da der Neumond nur schien. Er erzählt, was er sah von Baġdâds Rebellion; wie die Lilie weise ward der junge Sohn. Er sprach: »Wer vom Weg des Verstandes weicht und zu Hitze und Torheit hinüberstreicht, wer nicht fürchtet des hohen Himmels Falten, dessen Leben wird sich nutzlos gestalten. Geriet, was du sagst, mir dies Böse zum Guten, kämen Mahl mir und Schlaf in des Feuers Gluten. Doch nach meinem Blut hob der Vater die Hand: So macht’ ich zum Wohnsitz nicht Îrâns Land. Ihm ein Knecht zu sein, unterlasse ich nicht; auf jedes Wort horche ich, das er da spricht.« Mit dem Heer wie ein Feuer zur selben Stunde machte sich auf den Weg der Herzenswunde; (er fürchtete, dass noch früher als er der erobernde Bahrâm käme daher.) aus Bardaʿ sowie aus Ardabîl war das Heer, das mit ihm kam Schar auf Schar,
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aus Armanîje auch eilten geschwind viele Truppen mit ihm wie der stürmende Wind. Als nach Baġdâd kam die Kunde davon, dass er nahe und dass er begehre den Thron, war der Stadt Erregung gänzlich gestillt, durch die Ruhe der Wunsch des Königs erfüllt. Entgegen zog ihm der Adel der Stadt, wer immer an Vornehmheit Anteil hatt’. (Vom Weg kamen sie zu des Königs Halle und über den König berichteten alle: Allerart sprachen sie und es horchte Chosru und er wandte dem Rat dieser Grossen sich zu.) Man stellt auf den Teppich den Elfenbeinthron, legte Halskette hin und kostbare Kron’. (die viele Könige abgenutzt schon und die viele Könige sahn auf dem Thron). In die Stadt hinein kam Chosrau mit Schmerzen, zum Vater kam er, kalten Wind im Herzen. Was sag vom Gewölb ich, das eilig sich dreht und das Wirkung bewirkt ruhelos und stet? Den einen lässt es die Krone tragen, des Meeres Fische den andern im Magen; dem einen sind Haupt, Fuss und Schulter bloss, er ist ruhlos und schlaflos und unterkunftslos, dem andern gibt Milch es und Honig zur Mast und kleidet in Seiden ihn und in Damast: und schliesslich sind beide im Grabe drinnen; dem Netz des Verderbens kann keiner entrinnen. Wer als kluger Mann nicht geboren ward, der hat sich ein Leben der Kämpfe erspart; die Welt gar nicht sehn wär’ das beste Los, seist du nun ein kleiner Mann oder gross. Doch jetzt mach ich mich an Chosraus Geschichte, auf dass ich dem Leser was Neues berichte.
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Chosrau besteigt den Thron und bittet den Vater um Entschuldigung Als Chosrau nun auf dem Goldthrone sass, kam jeder zu ihm, der Vorzüge besass. Alle Reichen berief man, damit auf das neue Diadem man die Saat der Juwelen ausstreue. Zum Mȏbad sprach er: »Es finden bloss Thron und Krone hier Männer von glücklichem Los. Mein Gewerbe sei immerdar Rechtlichkeit, denn das Unrechttun führt zur Verächtlichkeit. Für jeden das Beste ist unser Begehr und von Unrechtverüben das Haupt uns leer. Neu nahm diesen Thron von Gott ich entgegen, neuen Glanz und Macht sowie Glück und Segen. Ihr müsst nun euer Herz auf Gehorsam richten und in allem euch zu drei Dingen verpflichten: die Bedrückung reiner Menschen zu fliehn, dann vom König das Haupt zurückzuziehn, ferne bleiben von fremdem Gute zum dritten; denn Schmerz wird durch alles dieses erlitten. Wer zur Zeit oder Unzeit jemanden versehrt, verhandelt sein Herz um Gut ohne Wert; nun heisst’s: Wascht die Hände von alledem rein und schlagt den Weg der Geradheit ein. Ferner was überein mit der Menschlichkeit stimmt, ist’s, was der Verstand gern entgegennimmt. Mit niemandem will ich Hader beginnen, möchte er auch auf Krone, auf Fingerring sinnen. Wem Adel der Seele und Abstammung eigen, wird in jedem Worte Gerechtigkeit zeigen. Ihr sollt nur in Sicherheit alle leben; zu Ahrimans Tun will die Hand ich nicht heben.« Wer bei der Rede des Schahs war zugegen, rief herab auf Thron und Krone den Segen. Sie gingen vom Throne froh und zufrieden;
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viel Segen war seinem Geschicke beschieden. Froh verliess der Feldherr den Thron, doch gedacht hat des Vaters Hurmuzd er die ganze Nacht.
(Chosrau kommt zu seinem Vater und bittet ihn um Entschuldigung)
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Als sich jener Ebenholzschleier verlor, fernes Krähen der Hähne drang an das Ohr, da begab sich der Weltherr zum Vater, von Schmerz das Inn’re erfüllt und verwundet das Herz. Er sah ihn und stöhnte auf vor Leid; er begrüsst’ ihn und blieb vor ihm lange Zeit. (Als Chosrau das Antlitz des Vaters sah, kalter Wind drang ihm aus dem Herzen da; voll Blut war sein Herz, sein Auge tränte und Küsse gab er ihm auf Augen und Haupt und Füsse.) Er sprach zu ihm: »Oh unseliger Schah, den Nȏšînrawân als Erinn’rung liess nach, du weisst, dass keiner, wenn ich dich stützte, selbst mit einer Nadel den Finger dir ritzte. Jetzt sage mir, was du zu tun mich heisst; du bist kummervoll und voll Blut mein Geist. Willst du für den Hof hier irgend Befehle, ich bin Knecht dir und Wächter für Leib und Seele. Ich begehr nicht die Krone, Heer ebensowenig, ich schneid mir den Kopf ab vor meinem König.« Hurmuzd sagte drauf: »Sei kein Tor, mein Lieber, die Tage des Elends gehen vorüber; auch wer dies getan hat, bleibt nicht lange hier; uns verlässt alle Sorge und alle Gier. Drei Wünsche habe ich noch an dich und mit diesen dreien erschöpfen sie sich: Erstens dass jeden Morgen zur Dämmerzeit der Klang deiner Stimme mein Ohr erfreut; dass du einen im Kampf lang erfahrenen Reiter, einen edlen – das ist meiner Wünsche zweiter –
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mir schickst, der von den Kämpfen mir sagt und der auch mitgemacht hat die Jagd, sowie einen alten gelehrten Mann, der die Königsgeschichte erklären kann, der mir ein geschriebenes Buch überbringt und der Schmerz und Elend mir dadurch bezwingt; drittens wünsch ich: Die Mutterbrüder dir sind, die nicht deinesgleichen, sondern Gesind, die sollen die Welt nicht mit Augen mehr sehn, über sie soll dein Zorn ob der Trauer ergehn.« Chosrau sprach: »Oh Schah, es möge nicht sein, der ob deiner Augen nicht Trauer und Pein empfindet und wer da lasterhaft dich befeindet, sei aus der Welt geschafft. Doch denk nur mit hellem Geiste daran, dass Bahrâm-i Čûbîne ward Pahlawân; ein Heer ist mit ihm, dass die Zahlen versagen, und Reiter und Recken, die Schwerter tragen; wenn wir gegen Gustahm die Hand erheben, wird’s für uns auf der Welt keinen Sitz mehr geben. Denk nicht an Gustahm! Von Gott kam dies, Wort und Tat eines Manns, den Vernunft ganz verliess. Was zweitens den alten Gelehrten betrifft, dass dem Schah er lese historische Schrift, den Reiter, der auferzogen in Stritten, doch auch bewandert in festlichen Sitten: so werd ich dir immer neu andere schicken; lass dich vom Verzweiflungsschmerz nicht ersticken! Dein Herz finde Trost trotz der schmerzlichen Wunden und mit dem Verstand sei Geduld stets verbunden. (Wird mir selber einmal vom Schicksal mein Recht an Gustahm und Bindôj – sie handelten schlecht –, wird dann von mir selber wohl Rache gefunden; ohne Leichentuch geb ich zum Schmaus sie den Hunden. Sei getrosten Muts, Sohn des Nȏšînrawân! Deinem Geist daure ewig die Jugend an!)«
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Er sprach dies und ging hinweg unter Weinen und sein Geheimnis verriet er an keinen. Da der Sohn gröss’re Liebe im Herzen trug, so prägte darauf ein Verständiger den Spruch: »Ein Jüngling, süss redend, von Anmut und Geist, besser als ein Alter, abscheulich, vergreist; den Tücht’gen wie den ohne Tüchtigkeit packt das Grab beim Schopf am Ausgang der Zeit. (Doch vom Lernen sich drücken ist keinem gewährt; gelehrt sollte eins sein mit ungelehrt? Einen guten Ausgang schafft dir das Wissen und gibt dir im Himmel ein Ruhekissen; und wie deinen Körper erhält die Speise, bedarf Wissen der Geist in derselben Weise. Ruf den reinen Gott, der den Sieg verleiht, an bei jeglichem Werk und lass Bangigkeit!)«
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Als Bahrâm nun von dem Schicksal vernahm, das über den glorreichen König kam, wie man seine hellen Augen geblendet, die zwei Leuchternarzissen im Garten geendet, wie auf seinem Throne jetzt sitze sein Sohn und wie sein Glück ganz verendet schon, wurde von Bestürzung Bahrâm überkommen, wurde welk und von Sorgegedanken beklommen. (Er sprach: »Für mich ist die Kampfzeit gekommen; mit Mut wird die Welt in die Faust jetzt genommen.«) Die Pauken liess tragen er aus dem Haus, die Standarten der Grosse ins Freie hinaus. Er lud auf das Gepäck, liess aufsitzen das Heer und die Mitte zum Kriege gürtete er. Wie ein wandelnder Berg rückt das Heer heran in dreistem Zug gegen Nahrawân.
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Als die Nachricht davon zu Chosrau kam, da erzeugte sein hitziges Vorgehn ihm Gram; er befahl klugen Kundschaftern, auszugehn und der Welt Verhältnisse auszuspähn; er sprach zu ihnen: »Zuerst wichtig wär es, zu erspähn den geheimen Zustand des Heeres, ob das Heer mit ihm eine Einheit ausmache, sodass aufgehalten wird unsre Sache; ferner ob Bahrâm vor dem Zentrum im Stritte sich aufhalte oder in Heeresmitte, in welcher Art den Empfang er übt und ob er sich dann auf die Jagd begibt.« Die Späher verliessen darauf das Schloss, das Heer aber blieb völlig mitteilungslos. Sie gingen und schauten und völlig geheim kehrten sie zu ihm dann wiederum heim: »Ganz eins mit ihm ist das ganze Heer, ob’s ein Held nun oder ein Bürschlein wär. Sobald er das Heer einmal anführt zum Stritte, befindet er sich in des Heeres Mitte; bald sitzt er am rechten Flügel zu Ross, bald am linken und bald auch wieder im Tross. Seine eigenen Leute sind heimlich um ihn, er braucht keine Fremden heranzuziehn. Er sitzt beim Empfang, wie’s die Könige pflegen, und mit Hunden zieht er zu den Jagdgehegen; kein weitblickender Mann, der nach Taten verlangt und so ritterlich und so rühmlich prangt! Er benimmt sich nur nach der Könige Gebühr; das ganze Buch Dimne ist seine Lektür’.« Da sagte Chosrau zu seinem Wesir: »Vor langwierigen Dingen stehen wir. Sein Ross spornt an Bahrâm feindeswärts und spaltet im Strome dem Drachen das Herz. 94 Seine eigenen ... um ihn: W: alle eigenen (verwandten?) Leute hielt er im Geheimnis.
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Zweitens hat er durch die Schulung erfahren 100 des Weltenherrn, wie sich Könige gebahren. Wenn er drittens Kalîle besitzt, so hat er wie ein anderer kaum, den besten Berater.« Zu Gustahm und Bindôj sprach er sodann: »Nun schliessen uns Sorge und Plage sich an.« So Gardôj und Šâpûr und Andijân, (der Feldherr Armeniens Dârǝmân,) die sassen zusammen mit Îrâns Schah, weise kriegrische Edle, im innern Gemach. Also sprach Chosrau zu diesen Fürsten: 105 »Oh ihr, deren Herzen nach Kampf stolz dürsten, wessen Hirn im Strahl des Verstandes glitzt, wessen Leib der Panzer des Wissens schützt, nur das Schwert des Todes wird diesem fatal, vor des Streichen zu Wachs wird der Helm von Stahl. Jetzt bin ich jünger als ihr an Jahren, als Jüngling betret ich die Welt unerfahren. Nun sagt, welches Hilfsmittel ist hier gewährt? Wer ist von den Wunden da unversehrt?« Zu ihm sprach der Wesir: »Dir sei Glücksbescherung! 110 Dem leeren Gehirn werde Glanz und Zehrung! Das Geheimnis des Schicksalsschwungs wurde bekannt: In vier Teilen verschenkt es den Verstand; eine Hälfte davon fällt dem Herrscher zu ganz, denn des Glanzes ist wert er und des Verstands; einen zweiten Teil kriegen die Männer, die reinen, und drittens die Diener des Herrschers auch einen; wer in der Nähe des Weltenherrn weilt, dem wird Verstand von ihm mitgeteilt. Nun bleibt vom Verstand noch ein kleiner Rest, 115 den die Wissenschaft Anteil des Dorfherrn sein lässt. Doch wer undankbar ist, ist verstandesentbehrend und schliesslich auch der, der nicht gottverehrend. 112 eine Hälfte davon: Nach C: ein Anteil daran 115.2 Dorfherr: Dihqân
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Wollte auf jene Worte doch hören der Schah, die ein aufgeweckter Alter einst sprach: ›Wer mit Augen des Herzens ein Ding besieht, der geniesst es, wenn durch das Herz es ihm zieht.‹« Der Schah sprach: »Dies Wort, mit Goldlettern würde ich es schreiben, ohn’ dies ist nicht Glanz und nicht Würde. In der Weisen Wort sind Juwelen verborgen. Aber ich hob im Herzen ganz andere Sorgen: wenn sich beide Heere genüberstehn, die Speerspitzen über die Zwillinge gehn, wär es Schande für mich, wenn des Heeres Mitte ich verliesse und vor die Heeresfront ritte und Bahrâm den Feldherrn laut riefe an, diesen störrischen übelberüchtigten Mann? Eine Möglichkeit der Versöhnung ihm wiese und ihn begrüsste und lobte und priese? Nimmt er’s an, so wäre es weit vorzuziehn; denn wen am Hofe gibt es wie ihn? Doch begehrt er den Kampf, will auch ich ihn begehren und es komme zur Begegnung von beiden Heeren.« Die Grossen huldigten ihm mit Applaus und riefen als König des Landes ihn aus, und die Beamten allesamt fanden sich mit seiner Darstellung einverstanden; und es sprach ein jeder zum Weltenherrn: »Oh König, stets bleibe dir Missgeschick fern! Du seist stets Besitzer des Siegs und des Ruhms und des Diadems des Grosskönigtums!« Also sprach Chosrau: »So sei’s, ohne Frage. Keiner schaue Zerstreuung und Niederlage.« Aus Baġdâd heraus führte er die Armee, neu das Feldherrnzelt in die Ebene. So kamen die beiden Heere sich nah, der Feldherr hier und der König da. Als die Weltleuchte schon bei der Krümmung war
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und die Nacht entrollte schwarzlockiges Haar, liess von beiden Seiten man Wachtposten gehn, um das Heer der Feinde genau zu durchspähn. Als die Nacht, lippentrocken, im Herzen zag, in die Flucht gejagt mit dem Schwerte der Tag, kamen von den zwei Zeltreihen Trommelschläge und die Sonne selbst wies zum Kampfe die Wege. Indes Gustahm und Bindôj der Schah befahl, auf das Haupt zu setzen die Helme von Stahl, zog er mit den klugen Grossen heran bis zu den Quellen des Nahrawân. Zu Bahrâm kam ein Wachtposten mit dem Bedeuten: »Ein Heer kam heran auf zwei Pfeilschussweiten.« Als Bahrâm dies vernahm, führt’ er an die Scharen und berief die zu sich, die da welterfahren. Er sass auf dem Schimmel mit schwarzem Schweif, galoppierend mit Erzhufen, nackensteif; seine Waffe war ein indisches Schwert, das so schlug, wie aus Wolken das Feuer fährt. Er trieb sein Ross rasch wie des Blitzes Blinken; der Schuft Îzad Gušasp, der ritt ihm zur Linken, auch Hamdân Gušasp, Jalân Sîne, die zwei, kamen hasserfüllt und voll Streitlust herbei, drei tapfere Türken der Châqâniten, zum Kriege Bahrâms gegürtet die Mitten: »Wenn anrückend wir drei den Weltenherrn zu Gesicht bekommen, der Heermitte fern, bringen wir gefesselt ihn oder als Leiche zu dir oder zu deines Heeres Bereiche.« Chosrau stand hier, dort der Pahlawân, zwischen beiden strömte der Nahrawân; und die Heere sahen zu auf jeder Seite, wie der Pahlawân zu dem König reite.
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Chosrau Parwîz trif wieder mit Bahrâm-i Čûbîne zusammen
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So trafen zusammen Chosrau und Bahrâm, des einen Antlitz offen, des andern voll Gram. Jener sass auf dem Schimmel von Elfenbein mit der Krone von Gold und Edelgestein im golddurchwirkten čînesischen Kleid; Gardôj gab als Führer ihm das Geleit. Bindôj und Gustahm sah man ihm zur Seiten und Charrâd Barzîn mit Goldkrone reiten. In Stahl, Gold und Silber war alles ertrunken, man sah nicht den Goldgurt vor Edelsteinfunken. Als Bahrâm erblickte den Schahrǝjâr, ward vor Grimm sein Wangenrot unsichtbar. Also sprach Bahrâm zu den Edlen darauf: »Aus Niedrigkeit wuchs er zur Mannheit auf und bekam die Macht und auch Taille schon, diese Lasternatur, dieser Hurensohn. Schon zeigt Moschus sich rings um sein Elfenbein, wie Firȇdûn mit Keule und Glorienschein. Er hat gut studiert der Grosskönige Brauch und rasch mit der Welt wird er fertig auch. Ein Heer nach dem Brauche des Nȏšîrawân führt düsteren Geists dieser König an. Ihr müsst euch sein Heer nur genauer betrachten; wer ist unter ihnen denn namhaft zu achten. An kriegsmutigen Rittern keinen erseh ich, im Kampf mir entgegenzutreten fähig. Doch jetzt seh’ der Mann, wie es Männer treiben, schnelle Rosse und Schwerter und Schlachtfeldstäuben und der Keulen Schläge, der Pfeile Regnen 152 Jener: W: der Weltenherr 153.2 Gardôj: Gardôj ist ein Bruder Bahrâms. 159.2 Keule und Glorienschein: W: Keule und Krone 162.2 wer ist ... namhaft zu achten: Richtig Wolf
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und Geschrei und Gehau bei der Helden Begegnen. Auf dem Schlachtfeld hält stand mir kein Elefant, komm ich mit meinem Heere zum Angriff gerannt. Mein Schlachtlärm bringt das Gebirg zum Zerrinnen und auf Flucht muss der mutige Löwe sinnen. Mein Schwert übersteigert des Meeres Flut und macht alle Wüsten und Steppen voll Blut.« Er sprach’s und spornte hinweg seinen Schimmel; du meintest, ein Adler durchfliege den Himmel. Einen engen Schlachtort besetzte er 170 und über ihn erstaunte das Heer. Vom Schlachtort zog er zum Nahrawân vor den glückbegünstigten Jüngling heran, mit ihm viele Îrânier, zum Stritte mit Schah Chosrau gegürtet die Mitte. Also sprach Chosrau: »Oh ihr stolzen Männer, wer von euch ist ein Bahrâm-i Čûbîne-Kenner?« Da sagte ihm Gardôj, sein Begleiter: »Oh Schah, schau den Helden, den Schimmelreiter! Der Waffenrock weiss, schwarz das Wehrgehänge, 175 treibt den Schimmel er durch die mittleren Ränge.« Als der Weltenherr den Bahrâm nun sah, seinen Anfang wusst’ er und Ausgang da; er sprach: »Den ich dort auf dem Schimmel schau, jenen Mann, den langen, wie Rauch dunkelgrau?« Gardôj entgegnete: »Der ist es, freilich. Er hat niemals etwas im Sinn, das erfreulich.« Er sprach: »Fragst den Helden mit krummem Rücken du etwas, wird harte Antwort er schicken. Der schweinsschnauzige Mann, dessen Augen geschlitzt, 180 hat das Herz, so scheint es, von Zornglut erhitzt. Du siehst es ihm an, wie boshaft er’s meint; er lebt auf der Welt nur als Gottes Feind. Seinem Haupt sieht man keine Ergebenheit an und keinem wird in Gehorsam er nahn.« Zu Bindôj und Gustahm sprach er letzten Ends:
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»Ich muss euch eröffnen diese Sentenz: ›Will der Esel selbst unter die Last sich nicht bücken, nimm die schwere und leg sie ihm auf den Rücken.‹ Ein arger Dȇw betört Čûbînen; wie soll er des Weltschöpfers Wege sehen? Kein Herz, das gequält wird von der Begierde, dem der Ratschlag der Edlen gefallen würde. (Und Čûbîne will nichts als Kampf und Streit, sein Herz hat nicht Raum für Gerechtigkeit.) Kommt es erst zum Kampf, gilt nichts mehr die Rede; drum heisst’s genau prüfen schon vor der Fehde. Wer weiss, wer im Kampfe die Siegreichen sind, ob dies Heer, ob jenes die Obmacht gewinnt? Ein Heer, so gerüstet und so gedrillt, ein Held wie Bahrâm, von Kampfmut erfüllt, ein grausamer Mann wie ein starker Dȇw, und eine Armee wie ein brüllender Löw: wenn ihr drin nun einverstanden wärt, dass mich diese Geschichte nicht entehrt, so tat ich den ersten Schritt einer Frage; besser, als dass ich im Kampf schwach verzage; vielleicht kann ich massvoll die Antwort erhalten und seine neuartigen Frevel veralten. Ich weise ihm an von der Welt eine Ecke, dass die Gabe die Dankesschuld in ihm wecke. Statt des Kampfs wird dann voller Friede erzielt, unser Ziel ist dann nicht mehr dies Kampfgefild; aus dem Frieden werde ich Vorteil ziehn, den Verstand zweifellos jede Schädigung fliehn. Lässt ein König sich auf das Handeln ein, muss dem Reinen dies Anlass zur Freude sein.« Zu ihm sprach Gustahm: »Oh Schahrǝjâr, lebe glücklich ewig und immerdar! Du hast Wortedelsteine uns ausgestreut! Der Allweiseste bist du! Tu, was dich freut! Du tust recht, doch dein Knecht ist unrecht gesinnt,
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du hast Hirn im Kopf, aber jener bloss Wind.« Chosrau vernahm’s, da durchmass den Pfad er und stolz vor das feindliche Heer hin trat er; von ferne begrüsste er Bahrâm den Recken; zur Kriegszeit wollt’ er ein Fest entdecken. Zu Bahrâm sprach er: »Du stolzer Held, wie ergeht es dir auf dem Kampfesfeld? Du bist für den Hof eine Dekoration und bist wie ein Reichtum für Krone und Thron, eine Säule des Heeres zur Kampfeszeit, du leuchtest als Fackel der Festlichkeit. Ein Weltsucher bist du, so fromm wie kühn; möge nie der Schöpfer die Hand von dir ziehn! Eine Zukunft hab ich in Absicht für dich, deine Sache in Güte regele ich. Dich mit deinem Heer lad ich ein als Gäste; dein Anblick gereich’ meiner Seele zum Feste. Ich ernenne zum Feldherrn dich von Îrân und rufe den schaffenden Gott für dich an.« Held Bahrâm vernahm die Rede, die ganze, liess die Zügel dem Schimmel mit Moschusschwanze, von dem Pferdrücken liess seinen Gruss er ergehn und blieb dann längere Zeit vor ihm stehn. Also gab ihm dann Antwort der Schimmelreiter: »Auch ich bin erfreut und höchst glücklich und heiter. Ein Schicksal der Grösse sei dir nicht beschieden! Recht und Unrecht des Schahs wird von dir nicht geschieden. Wenn der Schah von Alân sich zum König macht, wird vom Manne des Unheils ihm Hilfe gebracht. Eine Zukunft nehm ich in Aussicht für dich: einen ganz neuen Strick für dich drehte ich, einen hohen Galgen erricht’ ich in Eile, beide Hände umschnüre ich dir mit dem Seile, dann lass ich vom ziemlichen Galgen dich schweben; ein bitt’res Geschick sollst du durch mich erleben.«
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Als Chosrau die Antwort Bahrâms vernahm, durch die sein Gesicht Blütenweisse bekam, wusst’ er, dass sein Herz nach Königsart von Krone und Thron unabreissbar ward; also gab er Antwort: »Du Undankbarer, so redet kein Gottesverehrer, kein wahrer. Kommen an deinen Tisch aus der Ferne Gäste, gibst du ihnen Schimpfnamen wohl beim Feste? (Wenn du deinen Gast an den Galgen hängst, ist es so, wie den Grund du zu legen gedenkst?) Solcherart war niemals der Könige Brauch, noch der nackenerhobenen Ritter auch, und der Perser und Araber Sitten waren nicht also seit dreissigmalhundert Jahren. Ein vernünftiger Mensch muss darob sich schämen; hüte dich vor undankbarem Benehmen! Begrüsst dich dein Gastfreund mit einem Heil, wird vom Dȇw ihm so eine Antwort zuteil. Ich fürchte, dass du in dein Unglück rennst (und schliesslich bestürzt deinen Sinn erst erkennst.) In der Hand jenes Herrschers nur liegt, was dich heilt, der da ewiglich lebt und Befehle erteilt. Du frevelst an Gott und weisst ihm keinen Dank, der Leib verachtet, die Seele bang. Doch wenn du Schah von Alân mich heisst, und auf eine Abstammungsseite weist – fehlt vielleicht mir das Recht zum Grosskönigsthrone und passt für mich nicht der Grösse Krone? Hurmuzd mein Vater, ein Kasrâ der Ahn – wen siehst du für thronberechtigter an?« Bahrâm sprach zu ihm: »Du von Lastern Voller, in Worten und Taten Vernunftlos-Toller, du hast mit dem Gastfreund ja angefangen; deine Mischung ist neu, doch der Spruch altvergangen. Was hast du mit Worten der Könige zu schaffen? Weder Weisheit kennst du noch Führung der Waffen.
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Von Alân Schah warst du, bis jetzt ohne Rechte, geringer geachtet als Knecht der Knechte. Als nutzloser Frevler lebst du dahin, weder Schah noch tauglicher Hauptpaladin. Sie huldigen mir als dem König jetzt; von dir sei kein Fuss auf den Boden gesetzt! Und zweitens sagt’ ich: Dein Glückstern ist schlecht, zum König- und Fürstentum fehlt dir das Recht. Deshalb sag ich: Oh thronunwürdiger Chosru, niemals sitzest auf einem Throne du. Kein Îrânier ist Freund dir und will von dir wissen, mit den Wurzeln will man dich vom Grunde gerissen, dass man dich entadre und dich enthäute und dein Fleisch vorwerfe der Hundemeute.« Zu ihm sprach Chosrau: »Warum denn so wütig, du Übeltäter, und übermütig? Hässlich Reden ist Fehler bei jedem Mann, doch dir lag’s im Wesen vom Anfang an; deinem Hirn ist der helle Verstand entrissen; glücklich der, den Verstand erzogen und Wissen! Wenn die Todesstunde dem Dȇw nahe rückt, wird lange zur Rede die Zunge gezückt. Ich will nicht, dass wie du solch ein Held durch Jähzorn in Pein und in Ohnmacht verfällt. Es geziemt, dass du Zorn aus dem Herzen entfernst, nicht aufbraust und Jähzorn bezähmen lernst. Des waltenden Richters sei eingedenk! Dem Verstand dadurch eine Grundlage schenk’! Einen Berg hast du vor dir, schau nur hin, du siehst Bîsutûn überragend ihn. Wenn von dir einmal ein König entspringt, ist’s ein fruchtloser Dornstrauch, der Früchte bringt. Dein Sinnen nach Herrschaft ist nicht zu stillen; wir werden ja sehen der Gottheit Willen. Wer hat dich wohl solche Verruchtheit gelehrt, mit Ahrîman-Religion beschwert?
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Wer solche Reden und Lehren dir bot, der wollte nichts anderes als deinen Tod.« Er sprach’s und stieg ab vom Elfenbeinpferd, vom Haupte nahm er die Krone voll Wert, er klagte, das Antlitz zur Sonne gewandt, da bei Gott allein seine Hoffnung stand; er sprach: »Der du strahlst gerecht im Gerichte, der Baum der Hoffnung auf dich bringt uns Früchte. Du weisst, wer vor mir dieser Knecht da ist, dass man über der Krone Schmach Tränen vergiesst. Will dieser als echter König sich sehn von der Kaie Stamm und ich lass es geschehen, dann will Diener ich sein bei der Feueresse und will keine Nahrung als Milch und Kresse, will im Schatze nicht Gold noch auch Silber leiden, am Verehrungsort mich in Wolle kleiden. Aber wenn dieses Reich mir gehört, so will ich ein Verehrender sein, gerecht und billig. Doch du gib den Sieg meinem Heere zum Lohn, gib nicht einem Knecht meine Krone und Thron! Erfüllst du den Wunsch mir, die Krone, dies Pferd bringe eilend ich hin vor den Feuerherd, auch dies Halsband, dies Armband, die Ohrgehänge, das Goldstoffkleid mit Juwelengepränge, zehn Geldbeutel auch mit Dinaren, den gelben, streu ich aus in den dunkelblauen Gewölben, hunderttausend Dirham den Priestern send ich, sobald mit dem Sieg diesen Krieg beend ich. Alle Bahrâmiden, die kriegsgefangen durch jemanden in meine Macht gelangen, mach ich zu des glückhaften Feuers Ministern, die Herzen erfreuend den Mȏbads und Priestern. Was durch Frevel verwüstet wurde an Städten, Wildeseln und Löwen nun Durchzugsstätten, das wird, so will ich’s, neu angebaut, nicht lass ich’s voll Dornen und wildem Kraut.
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(Hunderttausend Dinare ausserdem schick ich, sobald aus dem Kampfe nach Hause rück ich.)« Er sprach’s und erhob sich vom Boden sonach; ihm war Unrecht geschehn, es war wahr, was er sprach. Den Ort des Gebetes verliess er im Nu und laut rief er Bahrâm-i Čûbîne zu: »Oh du höllischer Kerl, du Dȇwenknecht, verstandfern und fern von Würde und Recht, ein frevelnder Dȇw ist’s mit Zorn und Gewalt, der das Auge dir blind macht solcher Gestalt. Statt Verstandes fandest du Wut nur und Hass, den Beifall der Dȇwen erregte das. Als Stadt zeigt sich dir eine Dornenhecke und ein Garten scheint dir eine höllische Strecke. Deinem Auge erlosch das Licht des Verstands, aus Seele und Herz wich dir Helle und Glanz. Nur trugvolle Zauberei war dies, die als eine Höhe den Abgrund dir wies. Der Ast, nach dem du die Hand heute streckst, hat Giftlaub, in dem eine Giftfrucht wächst. Deine Sippe suchte niemals nach diesem, und wer danach sucht, der sei nicht gepriesen. Gott hat dir nicht Würde und Recht hier verliehn; denkst du nicht an Mîlâds Sohn Gurgîn? Der Krebs besitzt nicht eines Adlers Schwingen; auch der Aar wird es über die Sonne nicht bringen. Oh du Unrecht verübend-unseliger Mann, bilde dir nichts ein, was nicht werden kann! Beim reinen Gott und bei Thron und Tiare, wenn ich dich einmal ohne Heer gewahre, und ich send’ einen kalten Hauch über dich, dann siehst du nicht lebend im Kampfe mich. Wir hörten viel Worte der Widrigkeit und verlassen auf ihn uns, der Sieg verleiht. 280.2 die als eine ... dir wies: W: die in der Höhe den Abgrund dir zeigte.
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Bin ich dessen nicht würdig, zu leben als König, will ich doch nicht leben als untertänig.« Also gab Bahrâm ihm die Antwort zurücke: »Du törichter Schuft voll teuflischer Tücke, deinem Vater, der Welt Herrn, dem Glauben hold, solchem Mann hast du keine Achtung gezollt, der niemals kalt einen angehaucht, hast vom Thron in die Niedrigkeit ihn getaucht. Nach ihm willst du als der Weltenherr walten? Willst dich immer verständig und wachsam verhalten? Du bist Gottes Feind und bist unrein geartet, sodass dich vom Gütigen nur Übles erwartet. Hätte Hurmuzd auch im Recht sich übernommen, würden Raum und Zeit doch zu Hilfe ihm kommen. Du bist nicht geeignet, bist du auch sein Sohn, über Îrân und Nîrân zu herrschen vom Thron. Unwert, dass du lebst, steig vom Throne herab; du Glückferner hast nur ein Recht auf ein Grab. Ich nehme der Rache für Hurmuzd mich an, bin ich erst der Herrscher über Îrân. Jetzt frische mir auf die Geschichte du; wer ist von den Edlen, der stimmte zu, dass du des Königs Augen geblendet oder den, der sie blendete, ausgesendet? Du wirst fortan finden, das Reich müsse mein von der Sonne zum Rücken des Fisches sein.« Darauf sprach Chosrau: »Nie sei es so, dass der Knecht ob der Qualen des Vaters sei froh. Geschrieben stand’s, so geschah, was geschah; was häufst so Worte auf Worte du da? Du hast selber aus dir einen König gemacht, kommt der Tod, findest du keine Leichentracht. Fremder Rosse und Panzer hast du zwar viele, und doch bist ein Schah du, der nie kommt zum Ziele. 291–292 deinem Vater ... ihn getaucht: Umstellung 296.2 Nîrân: Nîrân ist das, was nicht Îrân ist.
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Nicht Haus und nicht Hof und nicht fair und nicht hehr; ein König, die Mitte ist Loch doch und leer; mit dem Heer und dem Gut und als Gauner verschrien – auf dem Throne wird dir wenig Glanz erblühn. Vor dir haben auch schon Tapfre gelebt, die mit schweren Keulen die Welt erstrebt, aber nicht den Thron, da Geringe sie waren und daher nicht würdig für Thron und Tiaren. Du trägst stets das Haupt hoch vor blinder Wut, 310 in dein Auge kommt niemals die Schamtränenflut. Das Geschick ist in Grimm gegen dich allezeit, feindlich aufbrausend ob deiner Schlechtigkeit. Gott schuf Könige wegen Übung des Rechts, wegen Tüchtigkeit und edlen Geschlechts, den Thron gibt er dem, der am meisten geeignet, dem am meisten Verstand und Unschädlichkeit eignet. Zum Alân Schah hat dich der Vater gemacht, den für uns dein Netz in Bedrängnis gebracht. Jetzt verlieh Gott mir das Grosskönigtum 315 und Grösse und Krone und Thron und Ruhm; ich nahm es entgegen vom Schöpfer der Welt, der da weiss, was klar, was verborgen sich hält. Hurmuzd der Schah stimmte zu dem Erwerbe, der selbst nach dem Vater war Kronenerbe, auch Obermȏbad und kluge Männer, die Grossen und Helden und Weltlaufskenner, nach dem Glauben, gebracht aus dem Paradies, den des Zardušt kluges Greisenhaupt wies, der die Botschaft Gottes gab dem Luhrâsp, 320 der sie annahm und weitergab dem Guštâsp. Ein jeder, der Mühn für uns auf sich genommen, ferner jener, von dem wir Schätze bekommen, sie sind alle in meinem Schutze vereint, sie mögen nun Freund mir sein oder auch Feind. 306 nicht fair und nicht hehr: W: nicht Land und nicht Herkunft
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(So Weib wie Söhne nennen zu Recht wir Herrscher nur dann, wenn die Abstammung echt.) Einer sei es wie immer verwüsteten Stadt, einem Ort, der heimliche Armut hat, will die Armen ich reichlich ausstaffieren, 325 so die sesshaft sind wie die vagabundieren. Dornensteppen mach ich zu Paradiesen, voll Menschen und Vierfüsslern, Äckern und Wiesen. Nichts lass ich verborgen, was irgend gefällt, bis dass Lohn dieser Welt wieder eine Welt. Wir kommen, für’s Herz machen wir eine Waage und wägen, bis Kraft in dem Arm man trage. Als Hurmuzd Schah war voll Gerechtigkeit, waren froh über ihn so Raum wie Zeit; vom Vater erbte die Herrschaft der Sohn 330 und Tiare und Gürtel und Glück und Thron. Du trügrischer Mensch und äusserst verrucht, du hast Krieg mit Hurmuzd zuerst gesucht, alles Übel, es kam nur, weil du es geheischt, du hast stets betrogen, gehext und getäuscht. Wenn Gott es will, den Sonnenglanz mache ich zur Finsternis dir für den König zur Rache. Wessen Werk gibt nun Anrecht auf das Diadem? Wenn es mir nicht gebührt, wem gebührt es dann? Wem?« »Mein bester Held«, sprach darauf Bahrâm, 335 »es gebührt eben dem, der die Herrschaft dir nahm. Als die Tochter Bâbaks Ardašîr gebar, gab’s kein solches Gefeilsch für Aškân an fürwahr, noch als Ardašîr tötet’ Ardawân, mit der Kraft seiner Faust seinen Thron gewann. Nun sind fünfhundert Jahre vorübergewallt, 328.2 bis Kraft ... man trage: Sehr dunkle Stelle. Es wäre wohl besser, statt bejâjîm zu lesen bejâbîm, und zwar als Fortsetzung von V. 327: bis wir als Lohn der Welt eine Welt finden. 336.2 Gefeilsch: Für Aškânîden dâr und gîr übersetze ich hier mit Gefeilsch. Wolff gibt Pomp, Pizzi tumulto e scompiglio fra .
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Sasanidenkrone und -haupt wurden kalt. Jetzt sind Thron und Krone unser Geschick, Haupt und Werk unser mit sieghaftem Glück. Wenn wir dein Glück und dein Angesicht sehn, deinen Thron und die Krone und deine Armeen, strecken wir nach dem Erbe Sâsâns die Hand, wie ein zahmer Leu, den die Wut übermannt. Ihre Namen lösch’ alle ich aus der Geschichte und den Thron Sâsâns, den tret’ ich zunichte. Die Grösse gebührt den Aškânîden, hörst du den, dem rechtes Wissen beschieden.« Also gab ihm Antwort darauf Chosrau: »Oh du unvernünftiger Feind aller Ruh, soll Herrscher aus Königsstamm werden ein Mann, wie kämest denn du unter diese dann? Alle Leute durchaus, die da kommen aus Rai, kennen Menschlichkeit nicht, nur Betrügerei. (Aus Rai kam der unreine Mensch Mâhjâr, der verdunkelt den Samen des Isfandjâr). Aus Rai kamen auch manche Truppen daher und verschmolzen zu eins mit Iskandars Heer; sie gürteten sich mit den Leuten von Rûm und besetzten den Thron im Kaikönigtum. Dies gefiel fürwahr nicht des Schöpfers Gnade, dass diesen von diesen selbst kam solcher Schade. (Die Îrânier schnallten darauf zum Stritte Mann für Mann die Gürtel sich um die Mitte.) Und so hat der hilfreiche Richtende jetzt auf Ardašîrs Haupt jene Krone gesetzt. Auf die Kaienkrone hatt’ er ein Recht, denn er war aus des herrschenden Königs Geschlecht. Doch jetzt ist der Ruhm all der Edlen verpufft und all unsre Worte verwehten in Luft. (Als Gott ihn erwählte zum Schahrǝjâr, nahm der Herrgott von ihm nichts als Gutes wahr.) Wer ist jetzt des Fürstentums würdiger Held,
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der die Welt für die Welt als ein Weltenherr hält? (Sage Antwort mir nur, die der Wahrheit entspricht; schlag den guten Weg ein und nach Trug trachte nicht.« Als die Worte von solcher Art er vernahm, da schickt’ anders für Antwort sich an Bahrâm.) Bahrâm sprach zu ihm: »Ich bin Krieger und die Wurzel der Kaie reiss ich vom Grund.« »Es lautet ein Spruch«, sprach Chosrau zu Bahrâm, »den ein Weiser aus alter Zeit übernahm dass Unwissenden, Toren und Kindern man nicht die Waffen der Grösse vertrauen kann; verlangt man zurück sie, so ist dies nichts nütze, die Besitzer sind nämlich berauscht vom Besitze. (Wenn er es bekommt, so ist er ergötzt, doch verlangst du’s zurück, so ist er entsetzt.) Wie spricht jener süssberedte Gelehrte: ›Wer da grundlosen Leuten den Grund gewährte, hat am Ausgange nichts als Müh und Beschwer; mit Undankbaren steh nicht im Verkehr!‹ Mein Vater, jäh handelnd und unbedacht, nahm vorm Äussern dein Innres nicht gut in acht; um ihn war manch grosser und kleiner Mann; er vertraute die Reichswaffen Grundlosen an. Dich macht’ er zum Führer der Edlen all, im Lande Kašân wurdest du der Vasall. Und frech wurdest du und hochmütig nun, aus schlechtem Charakter kam schlechtes Tun; von dem silbernen Thron und dem Königsring wurdest du so berauscht, dass dein Schritt sich verging. Jetzt nennen Čûbîne Bahrâm alle, und der silberne Thron wurde dir zur Falle. Auf dem Thron willst über den Mond du streben, du bist Feldherr und willst dich zum König erheben. Wer dir solches riet, war nicht weise noch gelehrt; ich glaube, ein Dȇw ist’s, der mit dir verkehrt.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Du Mann übler Taten,
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bei dir sind Schmähungen nur geraten; jede Pflicht gegen Gott lässt du ausser acht und erstrebst unwürdig den Thron und die Macht. Den Weltenherrn blendetest du, den alten; solche Tat, wie würde geheim sie gehalten? Alle Freunde, jetzt wurden sie Feinde dir, in den Worten mit dir, doch im Herzen mit mir. Darin wird vom Châqân mir Beistand geliehn und von dem, was an Heer ist in Îrân und Čîn. Ich hab Rechttun und Liebe und Schwert und Hand, von dem Feinde werde ich nie übermannt; meine Grösse trag ich von Pârs nach Rai und lass fürder bestehn nicht den Namen Kai. Einen Recht-Staat will ich auf Erden errichten, auffrischen von Mîlâd begründete Pflichten. Ich bin dem berühmten Âraš entstammt; führ ich Krieg, bin ich Feuer, zur Höhe entflammt. Ich bin ein Enkel des edlen Gurgîn und bin auch der Feuerbrand des Barzîn. Nach Îrân zog mit dem Plan Schah Sâwe, dass nicht Thron noch Ring und Tiare besteh, dass dem Boden er gleich mach die Feuerherde und Naurȏz und Sade nicht gefeiert werde. Die Îrânier verfielen in Sklaverei, da gürtet’ ich mich und eilte herbei. (Durch den Pfeil, den ich vom Bogen entsendet, wurde das Leben Schah Sâwes geendet.) Willst du wissen die Zahl dieser störrischen Seelen, musst du über die vierhunderttausend zählen, von den Kriegselefanten zwölfhundert und mehr, dass du meinst, alle Wege verstellte das Heer. Dies gewaltige Heer, es flüchtete sich, wie ein starker Leu folgte brüllend ich. Es soll sinnlos keiner, dem Tüchtigkeit fehlt, nach dem Sitze trachten der Grossen der Welt. 379.2 Barzîn: Ein Feuertempel
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Meinem Helme entströmt der Duft der Krone, meinem Schwerte entstammen Elfenbeinthrone; doch wenn dir eine Mücke den Krieg erklärt, stürzt sie dich vom Throne herunter zur Erd.« Darauf sprach zu ihm Chosrau: »Unseliger Wicht, was gedachtest des Gurgîn in Rai du nicht, dessen Throns in der Welt nicht wurde gedacht, dem Grösse und Würde fehlten und Macht? Der Welt war dein Name ganz unbekannt, verborgen in Niedrigkeit warst du gebannt; da kam Mihrân Sitâd, der berühmte Mann, deine Kennzeichen gab er dem Könige an, aus dem finstern Staub zog er dich so empor, welcher Tag sich ganz aus dem Aug dir verlor. Er gab dir Schätze und Waffen und Heer und Tahamtans Banner, wie Mondstrahlen hehr. Gottes Wille war’s nicht, dass in Wüstenstrecken das Land Îrân verkehrten aus Čîn die Recken; er lieh seinen Beistand dir in diesem Streit, deine Krone hob über die Wolken sich weit. Wenn’s der Waltende will, dem die Sphären sich drehn, wird dem Herrscher alles vonstatten gehn, und du schreibst dies nur deiner Tüchtigkeit zu: nie kommest zu Grösse und Gutem du. Wenn dies Reich vom Stamme der Kaie sich wegwenden soll – wozu gürtest du dich? Der Welt tat ein Mann wie Iskandar not, der der Könige Glück mit Verdunklung bedroht. Du, wie Erde gefärbt, mit dem Dȇwengesicht, nur im Grabe, sonst sei auf der Erde nicht! Dass der Tag wurde finster dem Schah von Îrân, das hat deine Verirrung, dein Frevel getan: auf die Dirhams liesst meinen Namen du schreiben, um mich dadurch aus der Welt zu vertreiben. Der Welt Böses zu wirken, bist du berufen, von Verworf’nen nimmst ein du die höchste der Stufen.
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Die volle und ganze Verantwortung ruht auf dir für alles vergossene Blut. In der finsteren Nacht find’st im Schlafe du nicht, was am Tag du gesucht hast im Sonnenlicht. Oh du unseliger Frevler du, bring dein Leben nicht ganz im Truge zu! (Füge töricht dir selber nicht Unrecht zu, sonst verbleibst in Frevel und Kummer du.) Auf Gottes Zufriedenheit habe Bedacht, zum Gewerb werde Klugheit und Wahrheit gemacht! Mir und dir zieht dies alles vorüber im Flug, es zählt vor uns die Zeit jeden Atemzug. Wer sagt, dass der Wahrheit Trug vorzuziehn sei? Weshalb rüstest das Herz du zur Täuscherei? Gehorch nur, und was du verlangst ist dein; ein Anteil an diesem Reich soll deiner sein; dann lebst du ruhig, zufriedengestellt, fern vom Bösen der Feinde auf dieser Welt; und musst der vergänglichen Welt du entfliehn, so wird ohne Pein sich der Abschied vollziehn. Eines Mehr oder Minder bedarf es da nicht, dem Zardušt im Zandawestâ spricht: ›Wer immer vom reinen Glauben sich wandte, die Gottesfurcht aus dem Herzen verbannte, dem muss man ein Jahr lang Belehrung erteilen; vermochte der Rat ihn noch dann nicht zu heilen, dann ist’s not, dass der König ihn hinrichten lasse und werfen den schuldigen Leib auf die Gasse. Wer dem König der Welt sich feindlich erweist, dem nehme sofort man Leben und Geist.‹ Sie vergiessen dein Blut auch unzweifelhaft, da dies dein unseliges Schicksal schafft; dein Leben wird nunmehr nicht geheuer, und stirbst du, so kommst du ins Höllenfeuer. Doch entziehst du so weiter noch längere Zeit dich dem König und Gottes Gerechtigkeit,
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dann wirst du in bittere Reue geraten ob der unguten Reden und ob deiner Taten. Du bist krank, gute Ratschläge sind dir Arznein; ich will trachten, du sollst gesund wieder sein. Doch will Gier dir und Neid das Herz bezwingen, sag ein Wort, einen anderen Arzt will ich bringen. Guter Rat ist der Arzt, der Verstand Medizin, 425 die die Sucht nach der Krone dem Herzen entziehn. Durch den Sieg hat dich solcher Stolz überkommen, von Gedanken an Geld ist dein Kopf ganz benommen. Du vernahmst, wie Ḍaḥḥâk jedes Dankes vergass, vor Zaubrer und Dȇw die Welt ängstlich sass, und als Qualen den Herzen der Grossen genaht, was Firȇdûn, der selige, mit ihm tat. Dein ganzes Heer ist mir nur ergeben, mit den Herzen mein im Tod wie im Leben. Sie fanden durch dich von Glanz ein klein Stück, 430 so zogen das Haupt sie vom Rechttun zurück. Lege offen ich meine Schätze hin, mach ich friedfertig-menschlich der Krieger Sinn. (Keinen gibt’s von dem Heer, der noch zu dir hält, denn du hast weder Namen noch Glanz noch auch Geld.) Dass den Sieg du gewannst über Schah Sâwe, wiegte im Glauben die ganze Armee, nie würden erleben sie ein Misslingen, berauscht und gesättigt von kostbaren Dingen. Durch meine Hand sollen sie nicht zur Beute der Vernichtung werden, die furchtlosen Leute, nein, es soll nicht dies Heer, das kriegrische, schwere, 435 die tapferen Krieger voll Ruhm und Ehre, verschwinden, solange Îrân besteht, bis vernichtet der Thron der Majestät. Wer war Schah denn zur Zeit des Âraš? Sprich! Vielleicht endet für mich dies Gesuche sich.« Also sprach Bahrâm: »Manȏčihr war damals Schah mit dem Heer und mit der Tiar’.«
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»Du tief Verderbter«, sprach zu ihm Chosru, »davon, dass er Schah war, hast Kenntnis du, und du weisst nicht, dass Âraš nichts war als sein Knecht, 440 unterworfen seinem Befehle und Recht. Und sodann ein Kai Chosrau, ein Schlachtenkühner, hatte einen Mann wie Rustam zum Diener; die Welt zu erobern war Macht dem und auch des Thrones der Könige Rechte und Brauch. Doch Rustam hielt ein, wozu er verpflichtet, und hat auf den Thron nie das Auge gerichtet. (Weshalb willst du nicht suchenswert uns erkennen? Weshalb willst du Chosrau nicht König nennen? Du Dȇw wie Ahrîman, erdfarb’nen Gesichts, deine Sucht geht nach Krone und Thron und sonst nichts.)« Bahrâm sagte: »Nach dem Wege des Rechts bist du einer des Sasanidengeschlechts; denn Sâsân war ein Hirt und Hirten entstammt, 445 nicht gab ihm erst Bâbak das Hirtenamt.« Zu ihm sprach Chosrau: »Nicht Sâsâns Blut, du Frevler, gab dir solchen Übermut. Dein ganzes Gerede will nichts als betrügen, es ist keine Kunst, immerzu zu lügen. Du bist nur ein Bösewicht und ein Fallot; zogst aus Sâsâns Samen du nicht dein Brot?« Zu ihm sprach Bahrâm: »Nicht verborgen der Welt ist es, dass man Sâsâns zum Hirten bestellt.« Zu ihm sprach Chosrau: »Dârâ beim Sterben 450 liess Sâsân die Krone der Grösse nicht erwerben. Ist das Glück dahin, wo bleibt das Geschlecht? Aus unrechtem Reden wird nimmermehr Recht. Mit diesem Geist und dem Glanze des Ruhms trachtest du nach dem Throne des Grosskönigtums?« 448 Fallot: Im pers. Original steht: bȋbonân („ahnenlos/ abstammungslos“). Aus dem Franz. falot: seltsamer Mensch; mundartl. bay. u. wien. Fallot: Gauner, Lump, Spitzbube, Haderlump
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Bahrâm und Chosrau kehren zurück. Gurdîje erteilt Bahrâm Ratschläge, und Chosrau fasst mit den Îrâniern einen Plan
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Er sprach’s und lachend verliess ihn Chosru und wandte dem eigenen Heere sich zu. Von den drei starken türkischen Châqân-Leuten, die blutgierig so wie die Wölfe dräuten, und die zu Bahrâm einst gesagt hatten: »Wir wollen an dem Schlachttag aus Ruhmbegier es sei nun tot oder lebend hieher dir den König bringen zu deinem Heer«, kam einer, ein unrein-unmenschlicher Mann, der wild und furchtlos auf Kampf nur sann, sehr düster geritten, von Kampflust warm, die vielfach gewundene Fangschnur am Arm. Als dem Elfenbeinschimmel er näher kam und die reiche Krone zum Ziele nahm, geschah’s, dass die Schnurwindungen beim Schwingen sich in der Spitze der Krone verfingen. Doch Gustahm hieb auf die Schnur mit dem Schwert – das Haupt des Schahs blieb ganz unversehrt –, da spannte den Bogen der Held gar schnelle, mit den Pfeilen benahm er dem Himmel die Helle. (Er schoss auf den Türken den Hartholzpfeil und der Kampflustige wandte von ihm sich in Eil’). Bahrâm sprach zum bösartigen Türken: »Es werde dir nur ein Versteck in der dunkelen Erde! Wer hiess mit dem Schah in den Kampf dich gehn? Sahst du mich denn nicht hier vor ihm stehn?« Dann ritt zurück er wieder lagerwärts, sein Geist bedrückt und voll Kummer das Herz. 458.2 vielfach: W: sechzigfach 463 Bahrâm sprach ... Türken: Es könnte auch heissen: „Er sprach zu Bahrâms bösartigem Türken.“
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Gurdîje erteilt ihrem Bruder Bahrâm Ratschläge Als seine Schwester nun vernahm, es kehre vom König zurück Bahrâm, da warf die Edle den Stirnreif hin, ihren Schleier bracht’ eine Dienerin, und in Eile lief sie zum Bruder jetzt, verdüsterten Geistes, im Herzen verletzt. Sie sagte: »Du mächtiger kriegswütiger Mann, wie ist dir’s mit Chosrau ergangen? Sag an! Ist er jugendhitzig und -wild, lass zum Frieden du selber dir nicht den Willen ermüden.« Zur Schwester sprach also Bahrâm der Held: »Er werde nicht unter die Könige gezählt! Kein kriegrischer Ritter, kein Gerne-Schenker, kein leuchtender oder gelehrter Denker. Tüchtigsein ist mehr als die Abstammung wichtig; geschickt sei ein König vor allem und tüchtig.« Zu Bahrâm sprach seine gebildete Schwester: »Du scharfsinnger Mensch, du vom Ehrgeiz gepresster, was ich dir auch gesagt, ist vorübergeflogen, du hast Bosheit und Heftigkeit vorgezogen. Sieh zu, was der Weise aus Balch hat entdeckt: dass ein wahres Wort immer bitter schmeckt, denn wer dir mitteilt, worin du fehlst, deckt dir eine Wahrheit auf, die du verhehlst. Plane nicht, dein Land in Schutt zu begraben, willst du an der Welt deinen Anteil haben. Darauf hat auch einen Spruch geprägt, wer nicht geringe Weltkenntnis hegt’: ›Ein Esel begehrte vom Rinde das Horn: beide Ohren hat er an die Rinder verlor’n.‹ lass die Welt nicht Mann für Mann dich schmähn: ›Deine Sippe liess nie einen König erstehn.‹ Wenn in der Mitte der Jüngling nicht stände
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und stimmte mich düster nicht das Geblende der Vater am Leben, der Thron, der sich hält, du stündest dazwischen vorn hingestellt. Ich weiss nicht, welchen Ausgang das nimmt, nur dass mir das Aug’ stets im Blute schwimmt. Nur Qualen suchst auf du damit und Fluch, du saugst töricht ein Giftblumengeruch. Man sagt, dass als Schimpfname Čûbîne gilt, dass Bahrâm man nennt, wenn man flucht und schilt, es laste der Zorn der Gottheit darauf, deinen Geist nehm der Kerker der Hölle auf. (Die Welt ist für keinen, mein Bruder, beständig, der Name des Guten allein bleibt lebendig.) Sieh, ob ausser Hurmuzd dem Schahrǝjâr jemand auf dieser Welt dein Gönner war. Als du Schah Sâwes Thron und Gerät geraubt, da setztest du dir die Tiare aufs Haupt; da du dadurch wardst zur berühmten Person, so trachtest du nach dem Grosskönigthron. Von Gott kommt alles Gute fürwahr; sei du diesem König nicht undankbar, Blas nicht auf dich, weil dir der Kampf geglückt, sei nicht übermütig, warst du auch geschickt. Zum Herzensfreund machtest du dir einen Dȇw und versündigst dadurch an der Gottheit dich tief. Als vor Grimm aufkochte Hurmuzd der Schah, wie der unreine Âjîn Gušasp zu ihm sprach, und als er vom Elend ward heimgesucht, kam aus Bardaʿ der Sohn voller Rachesucht. Geduldig zu sein wollte dir da gebühren, denn der Untertan hat nicht Krieg zu führen; du musstest kommen zum neuen Schah, einrichten den Thron seinem Wunsche nach. Nur nach deinem Rat hätt’ der Jüngling gehandelt und du sähst dein Geschick auf das Beste verwandelt; 482.2 das Geblende: die Blendung
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du wärst ruhig und froh und dein Glück wäre wach: weshalb trachtest dem Thron und der Krone du nach? Du weisst, von Ardašîr-Abstammung sind Könige zur Stelle, alt und jung mit dem Schatz und dem Heere unzählbar; wer nennt in Îrân dich den Schahrjâr? Wenn den Blick auf Îrân zu richten, wäre einem König möglich mit Schatz und mit Heere, so wär es nur Sâwe, der Herrscher von Čîn, der ein Heer in das Land von Îrân liess ziehn; doch der Herrgott hat dich über ihn gesandt, seine Bosheit von Îrân und Nîrân gewandt. Seit der waltende Gott erschuf diese Welt und darüber emporzog das Himmelszelt, sah niemals man noch wie Sâm einen Recken, dem zu nahn wilden Löwen wehrte der Schrecken. Als Nȏḏar von Glückswegen Unrecht tat und mit Füssen trat seines Vaters Rat, wollten alle Grossen den Sâm erkiesen und rüsteten einen Thron von Türkisen; doch er sprach: ›Nie geschah’s, dass des Feldherrn Seele sich die Krone des Herrn zum Ziel erwähle! Der Staub des Manȏčihr dient mir zum Throne und von Nȏḏars Thron ist der Fuss meine Krone.‹ (Sâm, weiss ich, war mannhafter noch als du; doch, von gutem Kern, liess den Thron er in Ruh. Ein Dastân, ein Rustam, an Leib Elefant, suchten nicht die Herrschaft in diesem Land.) Damit sag ich, oh Bruder, dass der Thron nur dem Manne mit siegreichem Glück wird zum Lohn, der hat Würde der Herkunft und spendende Hand, rechtlich fühlendes Herz und hellklaren Verstand. Was mit dir geschehen wird, weiss ich nicht, denn es kam deinem Sinn der Verstand ausser Sicht.« Bahrâm sprach zu ihr: »So ist es fürwahr; es bezeugt’s der reine Gott, dass es wahr.
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Doch seither ist vielerlei vorgegangen und Herz und Hirn sind mir nun voller Bangen, ob ich König werde, der Tod mich bezwingt, da der Tod auch durch stählerne Helme dringt. (Vielleicht, dass der neue Schah mich verletzt, dass mein Heer ihn des neuen Thrones entsetzt, oder setzt einen andern als König es hin, denn vom Hass gegen ihn geschwärzt ist sein Sinn.)«
Beratung des Chosrau Parwîz mit seinen Feldherren und Mȏbads Doch froh hatte drüben der junge Mann überschritten die Brücke des Nahrawan. Alle Heergrossen wurden berufen jetzt, wer würdig, auf Throne des Reichs gesetzt. So sprach er: »Ihr edlen und gütigen Männer, geschulte Krieger und Weltlaufskenner, dies ist meines Königtums erster Beginn; Probieren und Übung nur bringen Gewinn. Keinem haben wir uns dankesschuldig zu bekennen, mögen wir auch vieles Gute erkennen, euch wurde von uns nichts Gutes beschert, vielmehr leider viel Kummer und Mühe gemehrt. Ihr habt denen gedient, die Ahnen mir waren, und viel Wirrnis und Bittres der Welt erfahren. Einen heimlichen Plan will ich offen euch legen, geheim bleibe er dem Heere dagegen. Was ich den Îrâniern hab vorzubringen, das darf nicht aus ihrer Mitte dringen, denn mein ganzer Plan wird durch Reden zunicht’, dringt davon durch euch in das Heer ein Bericht. Ich plane, dass heute in nächtlicher Weile mit meinem Heere zum Kampfe ich eile. Bahrâm ist, wie beim Gesprach er erschien, ein rosstummelnder Ritter und tatenkühn, doch sah ich nicht, dass Vernunft in ihm wäre
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noch in einem der Edlen von seinem Heere. Vom Kampfe mit Sâwe spricht jedes Wort, dieses alte Zeug wärmt er auf immerfort; ein vernunftloses Kind – so sehe ihn ich, mit Keule und Schwert nur schreckt er mich. Er kennt nicht den nächtlichen Überfallplan; in Kampfe bring ich den Schrecken wohl an. Erfüllt mir im Kampfe die Freundschaftspflicht! Wenn die Nacht herankommt, so säume ich nicht. Wenn mit Ambra das Antlitz sich wäscht die Nacht, ausstreut moschusduftende Lockenpracht, dann besteigt eure Rosse, zum Kampfe bewehrt, und fasst in die Fäuste Keule und Schwert.« Darin kamen sie allesamt überein, dem Befehle des Schahs gehorsam zu sein. Als Chosrau ins Königszelt kam, machte er den Raum von sämtlichen Fremden leer; er liess holen Gustahm und Bindôj und den welterfahrenen Helden Gardôj, den Plan des Nachtüberfalls sagt’ er ihnen, um ihm als Genossen und Helfer zu dienen. Zu ihm sprach Gustahm: »Warum so gefeit fühlst du dich, oh König, vor Misslichkeit? Du wirst heut einen nächtlichen Überfall wagen und vielleicht aus den Herzen die Liebe verjagen. Das Heer kommt so zu dem Heer deines Feinds und sie sind mit Leib und mit Seele eins. Der Enkel steht hüben und drüben der Ahn: welch Gebräu rührt sich da in den Hirnen an! Vom Bruder wird hier, dort vom Vater gefochten: alle sind mit einander aufs Schönste verflochten. Dass der Sohn mit dem Vater zusammen ficht: mit solchem Wunsch kitzle den Feindgaumen nicht! Man darf kein Wort dem Heer davon sagen; wenn du’s sagst, wirst du alles sogleich zerschlagen.« So sprach Gardôj: »Das ist schon vorbei.
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Vergang’nes ist Wind in der Wüstenei. Die Stärke und Schätze und Wunsch und Heere führen junge Köpfe oft in die Quere. Auf diesem Schlachtfeld sei nicht heute Nacht, dass man Heer dir und Schätze nicht wertlos macht. Denn es wurde von deinem heimlichen Plane und der Rüstung dazu, wie ich nicht bloss ahne, jenem Heere jetzt schon die Nachricht gegeben; überliefre dem Feind doch nicht Kopf und Leben!« Als es Chosrau vernahm, schien es annehmbar und dass ihm dieser Rat von Vorteil war; so erwählt’ eine Schar er aus seinem Heere, die im Guten und Bösen ihm hilfreich wäre; Charrâd Barzîn war’s, den er erkor, Gustahm, der Leu, Andijân und Šâpor, Bindôj-i Charrâd, dem Heere ein Licht er, und Nastȏh, der Feldherr, der Heldenvernichter, und noch jeden, der gewachsen der Sache, dass er schätze und Heer und Haupt ihm bewache. (Sie kamen zu einer Anhöhe hin, die ihnen beim Kampfe verspräche Gewinn.) Einen Hügel erstieg er, grün-festlichen Ort, aus der Ferne sah er auf die Truppen von dort. Sie kamen, das Herz gerüstet zum Streit; dort verharrten die Helden einige Zeit. Auf der anderen Seite sass Held Bahrâm, und Gross und Klein von dem Heere kam. Der Feldherr befragte die Edlen: »Erging aus euerer Sippe an euch ein Wink? Schickt, wen an Verwandten ihr haben mögt, jedem, die euch einig sind in Glauben und Reden: wenn sie nahn und sich dem Befehle beugen und die Geister für ihre Verbundenheit zeugen, (dann werden aus meinen Schätzen sie reich und zu reinen Edelleuten euch gleich), 558.2 dort verharrten ... einige Zeit: fehlt in C
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bleibt das Heer nur aus Bardaʿ und Ardabîl und schlappfüss’ger Armenier nicht gar viel, vor denen zu bangen kein Anlass ist: aus Bard’ die Kerls – eine Handvoll Mist.« Als die stolze Schar diese Worte vernahm, die Meinung des kriegerischen Helden Bahrâm, wählten sie einen Mann, der Schreibkunst beflissen, beredt und gedächtnisbegabt und voll Wissen; der vollzog in geheimniswahrender Weise und in langer Wanderung die nächtliche Reise. Was ihm von den Grossen gesagt worden war, legte jenen Edlen und Tapf’ren er dar. Als Bescheid der Îrânier hörte er: »Bevor in den Kampf nicht eintritt das Heer, werden wir nicht von Chosrau zurück uns kehren, so bangt uns, die Sache werd’ lange währen. Haltet euch nicht für sicher an dieser Stelle, denn Chosrau macht nächtliche Überfälle.« Als der Abgesandte die Antwort vernahm, war er wie der Wind beim Heer des Bahrâm; das, was er vernommen, das sagte er nach, nicht öffentlich, da er heimlich sprach. Bahrâm war es durch diese Mitteilung klar, dass die Stimmung des Heeres ihm wohlwollend war; er befahl die Entzündung von Feuerbränden und das Brennen von Fackeln an allen Enden.
Bahrâm-i Čûbîne macht einen nächtlichen Überfall auf das Heer des Chosrau, und Chosrau Parwîz ergreift die Flucht
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Aus dem Heere erwählte Bahrâm eine Schar, die erobernd-kühn und heldenhaft war. Als die Schwertzücker zählten die Listenführer, da gab es gerade sechstausend ihrer, (und jene drei von den Châqân-Leuten, 563.2 schlappfüss’ger ... viel: ein bis zwei Schwadronen
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die Türken, die gierigen Wölfen gleich dräuten.) Er hielt eine Ansprache dann an jene: »Wenn die Pauke erschallt beim Krähen der Hähne, dann brecht ihr auf mit Geschrei und mit Dröhnen, 580 um die Häupter mit Blutdiademen zu krönen.« Wie der Held es befahl, so ward es getan; die drei stolzen Türken zogen voran. So kamen sie an des Königs Heer, Gewalttat im Sinn und voll Rachebegehr. Gedröhn kam von Morgenstern, Keule und Schwert, Staub wurde die Wolke und Eisen die Erd’ Jeder fragte: »Wo ist denn der Chosrau? Heute fallen uns der Sieg und die Macht zur Beute.« Auf der Höhe hielt Chosrau, erfüllt von Qual, 585 blutige Tränen im Aug und das Antlitz fahl. (Ihn bestürzte, was auf der Welt geschah, und Sorgengedanken traten ihm nah.) Also, bis vom Berge kam lichtes Tagen, wurde ihm mit dem Schwert das Heer ganz zerschlagen. Als der Saum der finsteren Nacht war verschwunden, sah das Schlachtfeld er voll von Toten und Wunden. Er sprach zu den Edlen: »Steht mir jetzt bei, macht, dass über die Feinde erfolgreich ich sei. Mein Schutz ist und Freund, der den Sieg verleiht. 590 Jetzt ist Schwerter- und Keulenschlag an der Zeit.« Dann rannte er los auf die Türken, die drei – was Türken! Drei Wölfe mit gierigem Gedräu. Einer spornte bis nahe zu Chosrau das Pferd und zog von der Mitte das blitzende Schwert; des Königs Haupt wollte er treffen mit Schlägen, doch der König hielt seinen Schild ihm entgegen. Unterm Schild mit dem giftfarbnen Schwert hieb er scharf, dass er jenen kopfüber zu Boden warf, und er rief: »Ein zweitesmal, Edle, gilt 595 es hier auszuharren im Schlachtgefild!« Doch das ganze Heer wandte ab das Gesicht
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und achtete des Weltherren nicht. Zu Bindôj und Gustahm sprach er: »Zuletzt verlässt auch mich die Zuversicht jetzt. Ein Sohn wird noch immer von mir gemisst, in der Sippe ist keiner, der thronfähig ist; sollte ich daher auf dem Schlachtfelde sterben, bliebe keiner übrig, die Krone zu erben.« Zu ihm sprach Bindôj: »Es kann, oh Held, deinen fürstlichen Glanz nicht entbehren die Welt. Das Heer ist geschwunden, du bleib hier nicht stehn, denn ein Helfer ist dir jetzt nicht zu ersehn.« Zu Gardôj sprach nun der Schahrǝjâr: »Von hier reite eilig hinweg mit Tuchâr; tausend Reiter von dem verbliebenen Rest bring, und was auf dem Schlachtfeld sich auffinden lässt.« Und Zelte, Brokate und Schätze und Krone, Geldbeutel und Sklaven und Elfenbeinthrone verluden die Grossen und Schätze; viel Plagen wandten mühsam sie auf, um dies alles zu tragen. Zugleich kam die Drachenstandarte zur Schau und erzeugte der Welt violettes Blau und hinter ihr kam Bahrâm in Schnelle und im Kampf benahm er der Welt alle Helle. Aufeinander stiessen Chosrau und Bahrâm, ein Paar Löwen, das grimmig zusammenkam, wie der Kriegselefant, der wütend schnaubt, und sie schlugen sich gegenseitig aufs Haupt. Bahrâm war so wie ein Löwe im Groll, doch die Waffen waren nicht wirkungsvoll; und so, bis die Sonne schied vom Gewölbe, blieb der Ungestüm seines Angriffs derselbe. Tuchâr kam in dieser Zeit zu Chosrau; er zog Schatz und Gepäck jener Brücke zu. Chosrau hört’s und sprach zu Gustahm: »Leiht uns keiner denn Beistand in diesem Streit?
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Den starken Helden voran, wie gross ist das Heer! Wir sind unsrer zehne bloss; und wenn auch der Helfer uns Glorie gab, ohne Beistand wenden die Häupter wir ab. Viel besser als Kampf scheint Flucht oft zu sein; kein Standhalten gibt es, bist du allein.« So ritt unerfahren der junge Mann bis zur Brücke über den Nahrawan. Bahrâm verfolgt’ ihn mit Heftigkeit, den Kopf voll Hass und das Herz voll Streit. Chosrau sah ihn und hielt auf der Brücke an, Gustahm rief er, den erfahrenen Mann; »Bringt«, sagte er ihm, »mir meinen Bogen, als Dolmetsch im Kampf von mir beigezogen!« Den Bogen brachte der Schatzwart da, welches Amt Gustahm damals versah. Nach dem Bogen griff der Heerführer-Held; der Luft raubten Pfeile, was sie erhellt’. Wie die Wetterwolke liess Pfeile er hageln, mit dem Holzpfeil den Helm auf das Haupt zu nageln. Ihm nach eilte Bahrâm voll Ungestüm, ein Bogen zur Hand, ein Drach unter ihm; in der Faust hielt er seinen Bogen bloss und das Ross, das er ritt, war panzerlos. Chosrau war erfreut, als er solches erkannte, indem er die Winkel des Bogens spannte; einen Pfeil schoss er auf des Rosses Brust, der dem Renner zum Rennen verrammte die Lust. Schon zu Fuss, ergriff der Held seinen Schild, indem hilflos die Hand vor den Kopf er hielt. Jalân Sîne kam wie der Wind herbei, zu den Helden zählt’ ihn der tapfere Kai; bis diesem sein Pferd zu verwunden gelang und von der Brücke Jalân Sîne sprang. Die Nahrawân-Brücke verliess nun die Schar, ein Jeder, ob alt oder jung er war.
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Als Bahrâm sich gewandt, haute Chosrau die Brücke des Nahrawân eiligst und völlig in Stücke und kummervoll ritt er ṭîsǝfûnwärts, die Augen voll Blut und voll Pein das Herz. Das Stadttor wurde mit Eisen befestigt. So sass er, von Unmengen Sorgen belästigt. Aus den Burgen berief die Vasallen er jetzt. Übers Stadttor wurden Wächter gesetzt.
Flucht Chosraus nach Byzanz. Ermordung seines Vaters Hurmuzd Er begab sich von dort zum Vater Hurmuzd, beide Augen voll Blut und verwundet die Brust; er begrüsste den Vater, sobald er ihn sah, und durch eine längere Zeit blieb er da. So sprach er zu ihm: »Jener reisige Held, den du einstens, oh König, hast auserwählt, gehabt sich wie Könige, glanzvoll und hehr, und brachte mit sich ein sehr zahlreiches Heer. Ich habe ihm Rat zu erteilen versucht, doch alles Beraten blieb ganz ohne Frucht. Nur Kampf und Getümmel waren sein Hang; oh käme doch niemals sein Name in Gang! Wider Willen erduldeten schwer wir die Schlacht; vom Geschick wurden viele in Schaden gebracht. Die Truppen zogen von mir wieder ab; nur wie auf der Reise sahn sie mich knapp. Als König riefen sie Bahrâm aus; sie sahn nicht am Anfang den Ausgang voraus. Hinter mir bis zur Brücke des Nahrawân führt’ sein Heer er wie wandelnde Berge heran; ich floh, als mir jegliche Hoffnung vergangen, um im Netz des Verderbens mich nicht zu verfangen. Ich muss sehn jetzt, was schadet und was mir nützt, ob mich nicht das Arabervolk unterstützt; und ordnet solches der Schahrǝjâr an,
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zieh’ ich Araberreiter zum Kampfe heran.« Da sagte ihm Hurmuzd: »Das hat keinen Sinn; jetzt setzt du sicher den Fuss nirgends mehr hin. Dorthin gehn würde doch nur Mühe dir schaffen, (denn du fandst dort nicht Schätze noch Leute noch Waffen.) Die Araber werden dich nicht unterstützen, denn du könntest ihnen weder schaden noch nützen. Da ihr Herz nicht an deinem Stamme hält, überliefern sie leicht dich dem Feinde für Geld. Darin stützte dich einzig nur Gottes Macht und dass dir das Glück dazu freundlich lacht. Und da du planst das Verlassen des Lands, so begib dich eilig direkt nach Byzanz. Diese Worte des Knechts, der um Hilfe fleht, bringe vor bei des Kaisers Majestät. (Aus dem Schatz mög der Kaiser dir Hilfe leihn und gegen dein Heer wunscherfüllend sein.) Wo Religion ist und Kostbarkeit, stehn Waffen und Heer gerüstet bereit. Firȇdûns Söhne sind auch dir verwandt, und kommst du in Not, gehn sie dir an die Hand.« Chosrau hört’s und den Boden küsste sein Mund, viel Segen und Lobpreisung gab er kund. Zu Gustahm sprach er, Bindôj und Gardôj: »Jetzt gesellen sich Sorge und Mühe uns zu. Macht euch reisebereit, ladet auf das Gepäck und gebt Îrâns Land an die Feinde weg.« (Zu ihm sprach Gustahm: »Oh Schahrǝjâr, nie nehme dein Auge ein Missgeschick wahr!« Und Chosrau sagte: »Das Himmelsgetriebe trägt Zorn bald als Frucht und bald wieder Liebe.«) Er sprach’s. Eine Stimme vom Auslug erscholl: »Oh König mit Glückstern, gerechtigkeitsvoll, es kommt schwarzer Staub auf der Strasse daher und ein glänzendes Banner inmitten dem Heer.«
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Als Chosrau dies hörte, bestieg er geschwind seinen Renner so wie der Rauch und der Wind; er stürmte von dannen mit Ungestüm, eine tiefdunkle Fahne folgte ihm, das Bannerbild war wie ein Drache gestaltet, am Nahrawân hatte Bahrâm es entfaltet. Er wandt’ Schulter und Brust und Gesicht herum, nach Gustahm und Bindôj sah er sich um. Es ritten die zwei in gemächlicher Ruh, doch Chosrau rief laut und heiss ihnen zu: »Was, ihr Taugenichtse, ist denn geschehn, dass im Feind ihr schon mögt die Eigenen sehn? Wenn nicht, was soll’s, dass gemächlich ihr trabt, da ihr doch Bahrâm euch im Rücken habt?« Zu ihm sprach Bindôj: »Oh König, quäle doch Bahrâms wegen nicht deine Seele! Er sieht nicht die Staubwolke von unserm Zug, denn das schwarze Banner ist fern genug. Die Rede läuft unter den Deinen rund: ›Dafür, dass wir hasten, besteht kein Grund, da Čûbîne sich in das Schloss begibt und dem Hurmuzd Krone und Thron übergibt. Als Wesir sitzt dann ihm zur Seite er; sein Netz senkt erfolgreich sich in das Meer.‹ Und ein Brief als vom Schah an den Kaiser berichtet: ›Aus dem Land ist ein unnützer Mensch geflüchtet; erscheint er innerhalb eures Lands, so finde nicht Ruhe er in Byzanz. Richtet sich dieser Mensch wieder einmal gerade, so droht uns daraus nur Täuschung und Schade. Kommt er in euer Land, legt in Ketten ihn, in das frohe Herz lasst ihm Trübsal ziehn; dann sendet ihn an unsern Hof zurück, duldet nicht, dass er wieder erheb’ das Genick.‹ 665 das Bannerbild ... es entfaltet: Dieser V. gehört offenbar nach V. 662 (so bringt ihn auch C).
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Sie sollten die Füsse mit Fesseln umstricken und weinend den Schah diesem Hof wieder schicken.« Als Chosrau dies hörte, bestürzte es ihn, sodass seine Wange ganz dunkel erschien; er gab zur Antwort: »Es wäre ergrimmt das Schicksal, wenn uns es ein solches bestimmt. Die Worte sind lang und hart sind die Werke; vertraun wir uns ganz Gottes Schutz und Stärke.« Er spornte das Ross: »Was Gott unsern Scheiteln von Schönem und Hässlichem einschrieb, vereiteln lässt sich das nicht noch durch Denken verkehren möge nie dem Feinde entstehn das Begehren!« Als er sich wandte, verliessen ihn die zwei Übeltäter, voll Rache ihr Sinn. Von dem Wege kamen sie in den Palast, voll Verbrechen das Herz und Sorgenlast. Wie dem Throne näher gelangten jene, entfernten sie rasch aus dem Bogen die Sehne und warfen dem Würdigen sie um das Genick und hängten ihn auf im Augenblick. Und Krone und Thron standen plötzlich leer, als ob niemals ein Hurmuzd gewesen wär. So ist’s nun einmal mit dem Schicksalslauf: Bald bringt süsse Frucht er und Giftfrucht darauf. So ist’s Kapital, heisch da Zinsen nicht, denn verlangst du sie, kommt nur Müh dir in Sicht. Als also zuende ging Hurmuzds Geschick und leer stand der Thron und das Haus voller Glück, erhob sich der Pauken Gedröhne sogleich und die Wange der Mörder ward lilienbleich und zugleich sah das Banner des Feldherrn man auf der Strasse inmitten des Heeres nahn. Da schlugen den Fluchtweg ein von dem Ort Gustahm und Bindôj, die Verbrecher, sofort. Und als bei der beiden Männer Anlangen Chosrau sie erblickte mit bleichen Wangen,
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da wusst’ er, weshalb sie geheimnisbeschwert von dem Weltenherrn beide zurückgekehrt. Wie die Blüte der Lilie ward sein Gesicht, doch die Tapferen liess er es merken nicht. Zu ihnen sprach er: »Vom Hauptverkehr vermeidet die Strasse; es naht ein Heer; ihr müsst Umwege und die Wüste erwählen; lasst es alle an Mühenertragung nicht fehlen.«
Chosrau kommt nach Byzanz
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Als er in des Königs Palast hinein kam, traf die Wahl aus dem kriegslust’gen Heere Bahrâm, von sechstausend eine gepanzerte Schar verfolge schwertzückend den Schahrǝjâr. Diese edle und heldenhafte Schwadron übergab er Bahrâm, des Sijâwuš Sohn. Chosrau hatte sich in die Wüste begeben, vor den drohenden Feinden zu retten das Leben; so gelangte er schliesslich zu einem Hospize; man erschaute nie seiner Mauern Spitze; Jazdânsarâj nannte man diesen Ort, denn eine Verehrungsstätte gab’s dort und er fungierte als Geistlichensitz der Bischöfe und des Metropolits. So sprach Chosrau zum Manne der Gottesverehrung: »Was gibt es hier eigentlich zur Verzehrung?« Der Bischof sprach: »Es gibt hier zum Essen ungesäuertes Brot mit Uferkressen. Da solcher Art Speise geziemt hierzuland, so diene bloss sie dir zum Reiseproviant.« Vom Rosse stieg eilig der Schah wie die Reiter, die mit ihm gekommen als seine Begleiter. Er begann, sich zu frommem Gemurmel zu wenden mit den zwei Getreuen, die Stäbe in Händen; 708.2 Metropolits: Sagt man Metropoliten, so reimt es sich nicht.
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auf weich-dunkeln Ufersand setzt’ man sich dann, und was da war, verzehrte in Eile man. Zum Bischof sprach er dann: »Aber Wein – sollte der, du glücklicher Greis, nicht da sein?« Der Bischof sprach: »Den wir aus Datteln bereiten im Herbst in den grossen Hitzezeiten; nur ein Schluck erglitzert rosenfarb-hell in der Sonne wie Bernstein rötlich-grell.« Zugleich bracht’ er den Dattelwein im Pokal, der verdunkelte jeglichen Sonnenstrahl. Chosrau trank drei Becher vom Wein, den er bot, und ass zu dem Wein edles Gerstenbrot. Als die Kühle vom Wein aus dem Hirn verschwand, schlief er plötzlich ein auf dem weichen Sand. Sein Haupt war auf Bindôjs Schenkel gelegt, sein Herz war verwundet, sein Geist schmerzerregt, und als sein Haupt schon der Schlaf umfing, rief der Oberbischof, der zu ihm ging: »Auf der Strasse kommt schwarzer Staub daher und im dunkelen Staub ein zahlreiches Heer.« Darauf sprach Chosrau: »Ein Unglückstag, dass der Feind solcher Art uns umwerben mag! Nicht Leute stehn uns noch Rosse bereit; weit kam’s heut mit unserer Hilflosigkeit.« Zu ihm sprach Bindôj: »Ersinn eine List, da der Feldherr schon nahe am Anrücken ist.« Zu ihm sprach Chosrau: »Weise mit gutem Rat, da du mir wohlwillst, darin den Pfad.« Zu ihm sprach Bindôj: »Oh Schahrǝjâr, ich rette durch List dich aus dieser Gefahr. Doch werd es als Lebensaufopf’rung gezählt vor dem jungen edlen Herrscher der Welt. Wer dem Königshofe Schach will geben, wird im Jenseits das Paradies nicht erleben.« Zu ihm sprach Chosrau: »Ein Gelehrter aus Čîn prägte einen noch schöneren Spruch daraufhin:
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›Verlieren den Halt die Stadtmauern und Wälle, so bleibt auch der Marktplatz nicht an seiner Stelle; gerät in Bankrott eine Stadt einmal, verbleibt nicht im Betriebe ihr Hospital.‹ Führ die List nun aus, fällt eine dir ein, doch wird Gott dabei auch nötig dir sein.« Zu ihm sprach Bindôj: »Die Goldkrone dort, Ohrgehänge und Gürtel gib mir sofort und den Rock, gold-rubinengewirkt aus Čîn; diese Sachen gedenke ich anzuziehn. Du verweil nicht, nein, eile zum Heere in Schnelle wie ein Schiff, das der Seemann treibt durch die Welle.« Was Bindôj ihm riet, tat der Jüngling sofort und verliess als Genosse des Winds diesen Ort. (Wie der Wind trieb Gustahm mit ihm dahin, das Haupt voller Rachsucht, voll Schmerzen den Sinn.) Als den Listenschmieder hatte verlassen Chosrau, wandte sich der Erfahrne dem Bischof zu: »Jetzt müsst ihr auf diesem Berge, dem hohen, verweilen, den Blicken der Scharen entflohen.« Er selbst wie der Wind kam zum Anbetungsorte und in Eile verschloss er die eiserne Pforte, zog das Kleid darauf an, das bunt-goldgestickte, worauf er die Krone aufs Haupt sich drückte, stieg, was ihm nicht lieb war, auf die Terrasse und sah auf vier Seiten rings Heeresmasse. Dort blieb er, bis kriegsgerüstet die Scharen näher an die Veste gekommen waren. (Er erhob sich auf der Terrasse nunmehr und zeigte sich so dem ganzen Heer.) Mit der Goldkrone sah von fern ihn die Menge und mit Gürtel und Halsband und Ohrgehänge. Ein jeder sprach, dass dies Chosrau sei, mit der Krone und mit dem Kleide so neu. Als Bindôj gewiss war, dass man sie beide, den König und ihn nämlich, nicht unterscheide,
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ging hinab er, zog rasch sein Gewand wieder an und stieg neuerlich furchtlos aufs Dach sodann; er rief: »Oh ihr neuen Rüster von Fehden, wen von euch hab’ als Führer ich anzureden? Denn ich hab eine Botschaft vom Schah, dem Helden; wie von ihm ich sie hörte, will ich sie ihm melden.« »Ich bin Führer und heisse Bahrâm«, so sprach der Sohn des Sijâwuš zu dem auf dem Dach. Da sprach er: »Der Weltenherr lässt euch sagen: ›Von der Mühe des Wegs bin ich ganz zerschlagen, die Reiter sind allesamt wund und zerstossen und wegen des Weiterziehnmüssens sehr verdrossen; hier im Hause derer, die trauergewandet, bin ich mit fünf der Gefährten gelandet. Wenn das Morgenrot lichten Tages sich weist, lass am Laufe der Welt ich verzweifeln den Geist; dann ziehen wir alle als deine Begleiter zu Bahrâm, dem nackenerhebenden, weiter. Zu dem, was ich sagte, such ich keine Frist, wenn mir hold und freundlich der Himmel ist. Meine Ahnen, die vor mir gewesen sind, waren alle redlich und gläubig gesinnt, und hätt’ ihre Glückszeit länger gewährt, enthielten dem Volk sie nicht, was es entbehrt. Jetzt sagten wir, was uns am Herzen lag, da über uns kam ein Unglückstag. Von der strahlenden Sonne zur Erde, der nächtigen, geschieht nur, was Gott gefällt, dem allmächtigen.‹« Als die Fabel vernahm der Kommandant, war daran nichts, was er auszusetzen fand; jeder andre, der diese Rede vernommen, ward von herzlichem Mitgefühl überkommen. 753 Ich bin Führer ... auf dem Dach: Bei dem Folgenden darf man nicht ausser acht lassen, dass es nun zwei Bahrâms gibt, nämlich diesen Sohn des Sijâwûš und den Bahrâm-i Čûbîne. Von welchem die Rede ist, muss man jeweils erraten.
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Das Heer blieb dort lagernd in dieser Nacht und gab auf Chosraus Verreisung gut acht. Am nächsten Tag stieg Bindôj auf das Dach und ging auf der Mauer dem Bahrâm nach; er sprach zu ihm: »An diesem Tag geht’s nicht, dass der Schah aufbricht, wegen Gebets; er hat auch die ganze finstere Nacht im Gebete wach vor dem Höchsten verbracht. Jetzt ist auch die Sonne schon hoch gestiegen, von der Hitze könnte er Schaden kriegen. So gedenkt er, bis morgen früh auszuruhn und inmitten des Heers dann die Reise zu tun.« Also sprach Bahrâm zu den Edlen im Heer: »Diese Sache ist sowohl leicht als auch schwer; man darf es dem Chosrau nicht gar zu schwer machen, sonst gerät er in Glut und wird Krieg entfachen. Er allein in Person ist ein ganzes Heer, ehrgeizig und wach und tapfer ist er. Fände auf dem Felde der Schlacht er den Tod, so hätten wir mit Bahrâm unsre Not. Drum ist’s besser, uns heut in Geduld zu fassen, mag die Kost auch zu wünschen viel übrig lassen. Dann wird guter Laune er, lässt alles gelten und folgt ohne Kampf uns und ohne Schelten.« Bis die Nacht vom Gebirg’ kam, war das Heer solcher Art gelagert rings umher. Das Heer drang herein aller Ecken und Kanten, indes allerorten die Feuer brannten.
Bahrâm-i Sijâwuš bringt Bindôj vor Bahrâm-i Čûbîne Als die Erdoberfläche sonnfarben lag, stieg Bindôj der Beredte wieder aufs Dach; er sprach zu Bahrâm: »Welterfahrener Held, wiss’, als damals sich Staub erhob auf dem Feld und Chosrau euch erblickte, ist unverweilt
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er mit seinem Gefolg’ nach Byzanz geeilt. Hättest Adlerflügel du jetzt auch am Leibe und erhöbst du dich über die Sonnenscheibe, so erblicktest du Chosrau doch nur in Byzanz, denn er ist alter Insasse schon jenes Lands. Wollt ihr mir nun Schonung des Lebens versprechen, so will ich zum Heerpahlawân aufbrechen und gebe ihm Auskunft auf alle Fragen, was vom Wenig und Viel dieses Volks zu sagen; wenn nicht, so leg meine Waffen ich an und hebe den Kampfstaub zur Sonnenbahn.« Als Bahrâm von ihm diese Rede vernahm, ward das Herz des Jünglings ganz alt vor Gram; er sprach zu den Freunden: »Was nutzt es mir auch, mach ich nun aus diesem Bindôj nichts als Rauch? Besser ist’s, wenn zum Pahlawân ich ihn bringe in solcher Art willig und guter Dinge, dass, was jener vom König weiss, er erfahre, ob das Haupt er gibt, ob er nimmt die Tiare.« Zu Bindôj sprach er: »Bahrâm berichte, du Lügenerfinder, die ganze Geschichte.« Vom Dach kam herab da Bindôj der Leu und ritt mit den Edlen ganz ohne Scheu. Als Bahrâm vernahm, es käme das Heer und dass Chosrau kriegslustig nach Rûm gereist wär, war ergrimmt er gegen Sijâwuš’s Sohn und rief: »Du erbärmlich-unseliger Patron, was ich dir befohlen, das ist dir missglückt; grundlos lobte ich dich, der so ungeschickt.« Der Feldherr liess drauf Bindôj vor sich führen und Bahrâm liess ihn seinen Zorn verspüren und er sprach zu ihm: »Du entbehrst jedes Adels, betrüg’rischer Gauner und wert jedes Tadels, du hast meine Truppen arglistig getäuscht und getan, was dein übler Charakter erheischt. Mit dem elenden Chosrau wardst du zu einem,
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einen Weltklugen machtest du aus diesem Kleinen. Jetzt kommst du daher, voll Gerede die Brust, dass du Altgewordnes neu machen musst.« »Erhabener Mann«, sprach da Bindôj zu ihm, »Suche Wahrheit bei mir und lass Ungestüm! Bedenk, dieser Grosskönig ist mir verwandt und dass Grösse wie Edelsinn stets vor mir stand. Ich gab ihm mein Leben und musste es geben; bist du Fürst, so wirst du nach Krummem nicht streben.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Ich will mitnichten 805 dich ob deiner Schuld ganz zugrunde richten; doch von seiner Hand wirst den Tod du bald finden und wirst mich als Wahrheitspropheten verkünden.« An die Füsse legt’ man ein Fesselpaar und er gab Bindôj-i Charrâd dem Bahrâm in Verwahr, er blieb dort, bis dass sich der Sonne Schein versteckte, und schlief voll Sorgen ein.
Beratung der Îrânier und Bahrâms wegen der Herrschaft: Sie setzen ihn auf den Thron
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Als die Sonne das Schwert aus der Scheide zog und der gelbe Schleier die Welt überflog, sandt’ er aus und berief seine Edlen jetzt; sie wurden auf Königsstühle gesetzt. Ein goldener Thron wurde aufgestellt; froh sass er wie siegreiche Könge der Welt. Mit erhobener Stimme sprach er sodann: »Wen immer von euch man hochschätzen kann, (gebt mir euren Bescheid; ihr sollt sicher sein und sollt glücklichen Sinn meinen Worten leihn. Dass ihr alle das Ohr meiner Rede leiht, meinem schwierigen Handel mit Aufmerksamkeit!) Von den Königen ein schlechterer als Ḍaḥḥâk trat nie auf, soviel man auch forschen mag, der den Vater des Reichs wegen umgebracht und Îrân durch den Mord brachte in seine Macht.
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Als zweiter ermordete Chosrau, der ganz verruchte, den Vater und zog nach Byzanz. Doch jetzt, bis sichtbar wird in der Welt vom Stamme der Grossen ein namhafter Held, der den Thron zu erstreben würdig wäre und Tiare und Gürtel und Glück und Ehre, wen habt ihr, der jetzt die Mitte sich schnürte und die Kaie-Regierung herauf wieder führte? Beim hohen waltenden Himmelsherrn, wäre dabei ich behilflich euch gern.« Die Edlen hörten die Worte an, die geäussert dieser bedeutende Mann. Keiner drückte sich, grade heraus zu sprechen. Einen edlen Greis gab es, stolz, ohne Schwächen, er hatte den Namen Šahrân Gurâz; dieser Greis erhob sich vom Platz, wo er sass und sprach also: »Du berühmt-hoher Held, du warst, seit du bist, stets von Nutzen der Welt, Es lebte noch, wärst du nicht, Schah Sâwe, der in dieses Land kam mit der Armee; er gedachte, die Freien alle zu knechten, keiner war ihm gewachsen in Kampf und Gefechten. Für die Welt hast mit Mut gegürtet du dich, dass die Sorge von den Îrâniern wich. Vierhundertmaltausend betrugen die Scharen, die sämtlich Helden und kampftauglich waren; mit dem einen Holzpfeil hast du sie gebändigt und für Îrân Trübsal und Unruh beendigt. Der Thron von Îrân ist jetzt deiner wert; dein waches Glück ist’s, das Bürgschaft gewährt. Wer deinen Befehlen sich widersetzt oder gegen dich die Verpflichtung verletzt, den wollen wir, ist er ein Held auch, bezwingen und wenn alle sein Lob als König auch singen.« Er sprach’s und setzte sich nieder; sodann trat vor ihn der Feldherr Churâsân
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und sprach: »Dieser Greis, dieser forschende Weise, wieviel Worte sprach er in diesem Kreise! Weshalb er dies alles gesagt, sag ich an, der ehrgeizige wissende alte Mann. Indem deiner Wohltaten so er gedacht, hat den Herzen der Hörer er Freude gemacht. Doch gibt’s einen Spruch gar schön und fein, der mag Reingesinnten willkommen sein. Zardušt nämlich sagt im Zandawest: ›Wer immer den hohen Schöpfer verlässt, dem sollt ihr ein Jahr lang Belehrung erteilen und die Mittel geben, den Schaden zu heilen; kommt nach Jahrsfrist er nicht auf das richtige Gleis, so müsst ihr ihn töten auf Königs Geheiss. Wer gerechtem Könige feindlich ist, habe gleich einen Kopf, der den Rumpf vermisst.‹« Dies sprach Churâsân und schwieg darauf wieder und setzte auf seinen Platz sich nieder. Und nunmehr trat Farruchzâd vor, sein Haupt hob er über die Menge empor und sprach also: »Oh wohltätiger Held, spricht man besser was recht oder was gefällt? Ist Gerechtigkeit besser, so gebe es keinen, dem ein ungerecht Wort mag erfreulich erscheinen; doch wenn nach Gefallen beim Reden wir jagen, so wird seine Gunst uns der Herrgott versagen.« Zu Bahrâm sprach er: »Sei glücklich, oh Held, und es sei dein Anblick die Zehrung der Welt. (Setze dich auf die Stelle, die für dich passt, der die Länder vom Übel gereinigt du hast.) Lebe glücklich, oh Schah, alle Ewigkeit, Hand und Zunge der Bösen bleib von dir weit!« So sprach der Beherzte und setzte sich drauf. Chazarwân-i Chosrau, ein Leu, stand nun auf; also sprach er: »Viel Worte uns vorgesungen haben nun die alten Leute und jungen.
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(Sie sagten und jedermann hörte sie’s sagen: an dir ist’s, den weiteren Weg einzuschlagen.) Bist den Weg des Rechts du zu wandeln gesinnt, so entsend einen Eilboten gleich wie der Wind; warte nicht, bis Chosrau, der stolze, im Kampfe den erwogenen Weiterweg dir zerstampfe. Für das, was geschehn, um Entschuldigung bitte und richte nicht dreist zu dem Thron deine Schritte; denn solange am Leben des Königs Person, hat der Feldherr kein Anrecht auf seinen Thron. Doch schau, wenn vor Chosrau du Furcht hast im Geist, dass den Fuss du von Pârs und von Ṭîsǝfûn reisst; im Lande Churâsân lebe in Ruh, denn zu Ruh und Vasallentum passest du; lass Entschuldigungsbriefe an Brief sich reihn, vielleicht lenkt dann Chosrau zu dir wieder ein.« Noch hatte Chosrau seinen Fuss nicht gehoben, (hatte seinen Zâd Farruch schon vorgeschoben.) Ein Wort sprach darauf Zâd ǝ Farruch mit Recht: »Oh ihr edlen Männer von Glücksgeschlecht, ich hörte die Reden der Granden an, die erkorene Häupter sind von Îrân. Zuerst eine Rede, die knechtisch war: ›Ein Pahlawân würde nun Schahrǝjâr.‹ Kein Kluger billigte, was man da schwätzte, das die Mannesehre heruntersetzte. Churâsân sprach manches sinnvoller Art, doch sag ich nicht, dass mit Verstand es gepaart. Noch heftiger war, was Farruchzâd brachte, der die Herzen Verständ’ger ermüden machte. Der Feldherr Chazarwân war dann der vierte, dessen Rede mit der Vernunft harmonierte; denn seit der Schöpfer erschuf dies All, auftrat dieser kreisende Schicksalsball, vom Araber Ḍaḥḥâk angefangen, 859 Chosrau: der Redner
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der unreinen Sinnes Frevel begangen, der Ǧamsȇd, den Edelsten, umgebracht und frevelnd die Welt brachte in seine Macht, dass die Reinen wurden voll Schmerz und Not, weil ein Dȇw auf der Welt als Herrscher gebot: – (bis Firȇdûn, der leuchtende Schahrǝjâr, Beendiger dieses Geschickes war); seit der böse Afrâsǝjâb dann kam zweitens aus Tûrân im Wege Stromüberschreitens, des edlen Nȏḏar Haupt mit Graus durch das Schwert abtrennte und alles war aus; und drittens kam aus Byzanz dann Iskender nach Îrân, verwüstend unsere Länder; Dârâ, den Schwertzücker, tötete er – da fiel Essen und Schlaf den Îrâniern schwer; und als vierter der frevelnde Chwašnawâz vermindert den Ruhm, den das Land besass, da Pêrôz, dem König mit hohem Stern, dem Erobernden und der Könige Herrn, unversehns die Haitâler das Leben kürzten und die Spitze des Grosskönigsthrones stürzten;– sah keiner noch auf der Welt solches Wunder, wie es über Îrân hereinbrach jetzunder: dass ein Schah wie Chosrau vom Throne flüchtete und vom Heer zu den Feinden die Reise richtete.« Er sprach’s. Vor Schmerz weinend setzte er sich. Seine Rede bewirkte, dass Bahrâm erblich. Sînâr stand nun auf, erfahrungsbewährt, gegürtet, zur Hand das indische Schwert; er sprach also: »Dieser mächtige Held ist gross und gerecht und geisteserhellt; nun bis einer vom Kaiengeschlechte sich fände, der den Gürtel bände um seine Lende, ist’s das Beste, dass er den Thron jetzt besteigt, der Heldenmut, Kriegslust und Glücksgunst zeigt.« Da das Haupt der Krieger die Worte hört’,
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erfasst’ er und zog von der Hüfte das Schwert; er rief: »Wenn ein Weib aus dem Königsgeschlechte man in einer Herberg’ auffinden möchte, (so trenn ich ihr Haupt ab mit scharfem Schwert, dass zum jüngsten Tag ihre Seele fährt,) ich duld’ nicht, dass jemand Kronanwartschaft, inmitten der Ritter ein Rittertum schafft.« Es vernahmen die Helden von Ahrîmans Blut des unedlen Führers frechen Mut, sie zückten das Schwert, sprangen auf sodann und schickten zu neuer Rede sich an: »Bahrâm ist der König und wir sind gleich Knechten, die das Haupt seiner Feinde zertreten möchten.« Als Bahrâm gezückt ihre Schwerter sah, so Klugheit wie Gradheit wählte er da; er sprach: »Wer da seinen Sitz verlässt, aufsteht, seine Hand an den Schwertgriff presst, dem trenn’ ich die Hand ab im Augenblick; in den trunkenen Kopf kehrt Vernunft dann zurück.« Er sprach’s und ging von den Edeln und Frei’n zu dem königswürdigen Rosenhain. Hierauf löste sich auf diese grosse Tagung, die Wange voll Runzeln, das Herz voll Zerschlagung.
Thronbesteigung des Bahrâm-i Čûbîne Als den Schleier man sah in der Farbe des Teers und am Himmel das Glitzern des Sterneheers, als die Stimme des Nachtwächters drang empor, verlangte Bahrâm nach Papier und Rohr. Ein verständiger hochedler Schreiber kam, stellte Tinte und Feder hin vor Bahrâm. Also sprach er zu ihm: »Auf Seidenstoff wird 886.2 Herberg: Pizzi spricht von Dorf oder Burg. 887.2 zum jüngsten ... fährt: W: aus ihrer Seele hebe ich den Atem der Auferstehung.
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der Îrânier Vertrag jetzt schriftlich fixiert; ›Bahrâm ist Schah und ist sieghaft beglückt, der der Krone würdig den Thronsitz schmückt; nur Rechtlichkeit strebt er an auf der Welt, so vor allem Volk wie auch ungesellt.‹« So schrieb man und dann nahm man fort die Kerzen und verbrachte die Nacht mit sorgendem Herzen. Als der tiefdunkle Schleier sich aber versteckte und die Welt der Sonnenblick gelb überdeckte, kam ein Mann von sieghaftem Glückeslauf und den Thron stellt’ in Bahrâms Halle er auf. (Wie Elfenbein rein ward die Halle gefegt und über den Thronsitz die Krone gelegt.) Man umgab den Goldthron mit Unterthronen und gewährte dann Zutritt den andern Personen. Bahrâm als Schah sass nun auf dem Throne und setzte aufs Haupt sich die Kaienkrone. Auf die Seide geschrieben brachte daher jenes Königsdiplom nun der Sekretär; ein Zeugnis ward so schriftlich ausgestellt von allen: »Bahrâm wurde Herrscher der Welt.« Sie führten darauf ihre Namen an und er fügte ein goldenes Siegel daran. Also sprach er: »Die Herrschaft ist nunmehr mein, dafür soll euch der Herrgott Zeuge sein. Und also verbleibe es tausend Jahr, dass aus meinem Geschlecht sei der Schahrǝjâr, und hochgeehrt folge der Sohn dem Sohn mit dieser Krone und hohem Thron.« Im Monat Âḏar war’s, am Tage Hôr, dass vom Löwen befreit ward der Rücken des Gôr. (Ein Stern stieg auf an der Sonne Ort; wie Luftspiegelung ward die Welt sofort. 915 Hôr: Sonne, Glück 915.2 vom Löwen ... Gôr: gôr (Wildesel) – Sternbilder
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Werden alle Zypressen gefällt im Garten, darf man an ihrer Stelle nur Gras erwarten.) Den Îrâniern sagte er dann: »Es sind Stritte und Hass entstanden in unserer Mitte. Wer sich damit nicht abfinden kann, er sei nun ein krummer, ein aufrechter Mann, dass drei Tage am längsten in Îrân er bleibe, wenn am vierten am Himmel die Sonnenscheibe aufsteigt, begebe er sich zu Chosrau, denn in unserem Land findet er keine Ruh. (Denkt einer, dass länger er hier verbleibe, verbliebe die Seele nicht lang ihm im Leibe.)« Nicht vom Herzen kam ihr Beifallsgeschrei: »Nie werde von dir der Boden frei!« Wer dem Schah als Verwandter und Freund war verbunden, dessen Herz musste diese Herrschaft verwunden. Sie verliessen alle die Grenzen des Lands und begaben vereinzelt sich nach Byzanz.
Bindôjs Flucht aus der Haft Bahrâms Wie ein Gepard gefesselt brachte Bindôj siebzig Tage in Bahrâms Gefängnis zu. Der Hüter Bindôjs aber war Bahrâm, der nur widerwillig dieses Amt übernahm. Ihn wusste Bindôj neu herumzukriegen, der auch in Banden nicht liess von Intrigen: »Für den Schah zu verzweifeln hast du nicht Not; auch nach finsterer Nacht kommt das Morgenrot. Obwohl sein Glück sehr lange Dauer besass, schwand das Siegerglück doch auch bei Chwašnawâz. Der Weltschöpfer schenkte dem Kai Qubâd Glück in Gnaden und gab ihm die Welt zurück. Auch Bahrâm bleiben nicht Krone und Thron; was denkt dieser Glückbegünstigte schon? 927 Bahrâm: Natürlich wieder Bahrâm, Sohn des Sijâwûš
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Vom Dorfvogtgeschlecht gebe es keine Leute, die sinnlos sich gäben dem Winde zur Beute. An den Fingern zähl’ ab einen Mond oder zwei, dann kommt aus Byzanz schon ein Heer herbei; seine Krone, sein Thron wird in Brand gesetzt und sein Kopfschmuck wird zerhaun und zerfetzt.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Will für mein Leben mir der Schah Verschonungszusich’rung geben, so mach deinen Rat ich zum Schmuck meiner Seele und tu, was du auch sagst, nach deinem Befehle. Einen strengen Eidschwur verlang ich beim Mond und bei Âḏar Gušasp und bei Krone und Thron: dass, wenn Chosrau zurückkehrt ins Land hieher aus Byzanz vom Kaiser mit einem Heer, mein Leben zu schonen du ihn bestimmst, diese schwierige Sache nicht leichtlich nimmst, dass von ihm aus mein Leib bleibe unversehrt und er um schädliches Wort sich nicht kehrt.« Er sprach’s und liess sich das Zandbuch bringen, um Bindôj durch einen Eidschwur zu zwingen. Als Bindôj das Zandawestâ-Buch ergriff, sprach er: »Nur Mühsal und Fluch vom Schöpfer der Welt möge Bindôj schauen, nie sicher sein auf den vergänglichen Auen, wenn ich nicht, sobald Chosrau ich wiedersehe nach seiner Rückkehr, fussfällig flehe, dass sein Bote dir einen Fingerring oder ein Diadem der Grossen bring.« Als Bahrâm vernahm diesen seinen Eid und Verbundenheit sah und Aufrichtigkeit, da sprach er zu ihm: »Jetzt sei dir ganz laut mein gesamtes Geheimnis anvertraut: Ich lege dem Čûbîne jetzt eine Schlinge, dass durch List meine Rache zustande ich bringe; mit giftwasserhartem Schwerte beim Fest geb ich ihm, denn dies will und vermag ich, den Rest.
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Eher bleibt kein Tropfen Wassers im Meere, als dass Čûbîne König zu nennen wäre.« Zu ihm sprach Bindôj: »Oh kluger Gesell, wisse mich verständig, gewandt und schnell. So schnell wird auch der Weltenherr kommen und der Thronsitz wird neu von ihm eingenommen. Was ich immer ihm sagen mag, sein Gesicht wendet er von dem Wort seines Knechtes da nicht; er vergibt dir das frühere Vergehn und zum Lohne schenkt er auf mein Wort dir die eigene Krone. Wenn du, wie du gesprochen, so auch willst handeln und im Herzen nicht krumme Pfade willst wandeln, dann mach beide Füsse von Fesseln mir frei, dass als Erstes dem Chosrau gemeldet es sei. Dein Geheimnis erschliesst dadurch sein Tor, deine Stimme dringt hellklar an sein Ohr.« Als Bahrâm dies vernahm, war er nicht mehr bleich und entfernte von ihm die Fesseln sogleich. Als den Moschusschleier die Helle umwob und die Morgenröte die Hand darnach hob, sprach er zu Bindôj: »Wenn mein Herz es verträgt und Čûbîne heute die Bälle schlägt, so mach ich ein Ende mit ihm; beschlossen ward dies gestern nachts mit fünf der Genossen.« Er begehrte ein Panzerhemd; damit bewehrt unterm Rock, bestieg er vorm Tore das Pferd. Held Bahrâm hatte ein unkeusches Weib, das unter die Erde wünscht’ seinen Leib, da sie Liebe zu Bahrâm-i Čûbîne hatte und tief verhasst war ihr der eigene Gatte. Sie schickte zu Bahrâm-i Čûbîne drum: »Um einen Helfer für dich schau dich um! Bahrâm trägt heimlich ein Panzerhemd und hat seine Maschen festgeklemmt. Ich weiss nicht, was er für Böses mag brüten, 964 Bahrâm: ebenso
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doch du musst dich jedenfalls gut vor ihm hüten.« Als er diese Worte der Frau vernahm, die vom Ballspiel abgeraten Bahrâm, und wenn auf den Spielplatz des Čûbîne 970 nun wer hinkam und in seines Schlegels Näh, so wusst’ er mit warmen Worten den Rücken ihm sanftiglich mit der Hand zu drücken, bis die Reihe am Sohn des Sijâwuš war – da bemerkt er den Panzer ganz offenbar. Zu dem sprach er: »An Tücke den Schlangenbiss schlägt, wer beim Spiel unter Seide ein Panzerhemd trägt.« Er sprach’s, und das kriegerische Schwert erhoben durchschnitt er ihn rein von unten bis oben. In der Stadt drinnen wurde es bald bekannt: 975 »Getötet ist Bahrâm und er verschwand.« Als Bindôj von dieser Tötung erfuhr, ward des Tages Licht ihm ein kurzes nur; er panzerte sich und gürtet die Mitte mit Zittern und Zagen sich zum Ritte. Feit jedem, der Bahrâm verwandt oder der sich mit Bindôj verstand, ergriff aus der Stadt er den Weg der Flucht, da jeder Vernichtung zu meiden sucht. Sie kamen zum Nachtquartier, ihrer schon viel’, 980 und eilten dahin gegen Ardabîl. Als Bahrâm verliess des Ballspiels Raum, zog im Zorn durch das Blut er des Kleides Saum; hernach gab Befehl er dem Mâhrôj, nun der Wächter zu sein über den Bindôj. Doch sagte man dem Bahrâm nunmehr: »Oh Schah, Bindôj macht dir nicht mehr Beschwer; denn kaum erfuhr er die Tötung, schnell wurde er des Sturmwindes Weggesell.« (Er erkannte, dies sei das Werk des Bindôj; 969.2 Bahrâm: Bahrâm-i Čûbîne 974.2 von unten bis oben: Natürlich von oben bis unten
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Bahrâms Tötung schrieb dessen List er zu.) Ob der Tötung des Freunds überkam ihn die Reue, er ahnte, dass trübes Geschick ihn bedräue; er sprach: »Wer den Feind nicht vom Freund weiss zu trennen, dem sind Hirn und Haut nicht zuzuerkennen. Auf Elefantenzähnen weiss einer zu schlafen, einer fühlt sich im Nilstromgewog wie im Hafen, einer kennt vor dem Herrscher sehr kühnlich nicht Scheuen und der Vierte packt bei der Pranke den Leuen: Das Geschick wendet sich von den vier Personen, so musst du denn gnädig ihr Leben verschonen. Ein anderer wieder bewegt einen Berg und will eine Menge als Helfer beim Werk; er selbst plagt im Schweiss sich des Angesichts und hat schliesslich in seinen fünf Fingern – nichts. Übers Wasser fahren im lecken Kahn ist besser als Werk, übereilt getan. Willst mit Augen du schaun in den Sonnenborn, wirst verwirrt du und kehrst zurück mit Zorn. Am Wege bleibt stecken der, dem ein Blinder zu dienen hat als der Pfadefinder. Wessen Hand nach der Schlange greift, die da zischt, der findet den Tod und die Schlange entwischt. Wer da Gift trinkt, um es auszuprobieren, kriegt Schmerzen zu spüren und wird dann krepieren. Bindôj hab ich nicht gleich getötet; durch Flucht hat er sich befreit und hat Ränke gesucht; über dies mein Vorgehen muss ich weinen und werd sehen, was Gottes Wille mag meinen.« Doch Bindôj wie der Wind auf der anderen Seite mit wenig Gefolg suchte schleunigst das Weite; jeder trug mit sich, was zu tragen sich lohnte, dorthin, wo Môsîl der Armenier wohnte. 995 die da zischt: Relativsatz nicht im Original
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Eine Wüste mit Raubtierfährten; ein Zelt sah er irgendwo darin aufgestellt. Den Armenier Môsîl erblickt’ er indessen und fliessendes Wasser und etwas zum Essen. Der Weltsucher Bindôj kam allein und eilte in diese Oase hinein. Als er Môsîl sah, begrüsste er ihn und sagt’ ihm, was sonst zu verbergen ihm schien, Môsîl sprach zu ihm: »Geh nicht von hier, denn hier wird stets neue Kunde dir, welches Schicksal Chosrau in Rûm ist beschieden, ob den Krieg er erneut oder aber den Frieden.« Als Bindôj dies hörte, verblieb er am Ort und berief aus der Steppe die Freunde sofort.
Chosrau gelangt durch die Wüste nach Byzanz, und ein Klausner gibt ihm Kunde von der Zukunft
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Jetzt teile ich Chosraus Erlebnisse mit, seitdem er aus Ṭîsǝfûn flüchtend ritt. All sein Heer, teils einzeln, teils zu zweit, nahm Aufenthalt im Lande verstreut. Mit Verwandten ritt er gegen Byzanz inmitten des wasserlos-trockenen Lands. Als Chosrau zu dieser Wüste kam hin, eilte er, seine Wangen weiss wie Jasmin. Chosrau eilte denn vor sich hin zum Kaiser, weder Wasser noch Gras gab’s noch Wegeweiser. Die Zügel liess locker er seinem Ross (und ritt ungern nach Bâbile hoffnungslos.) Entgegen kamen die Grossen der Stadt, wer da irgend an Menschlichkeit Anteil hatt’. Als Chosrau zu ihnen gekommen war, liess vom Ross er dort absteigen seine Schar. Grad wie er sich lagerte mit seinem Haufen, kam ein Bote aus Îrân eiligst gelaufen; 1013.2 Bâbile: C liest Bâbile, dagegen M: Bâhile.
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einen Brief, von Bahrâm-i Čûbîne gesandt, trug er eingehüllt in seinem Gewand; gerichtet war er an Bâhiles Granden: »Kommt zu dir eine Schar, so leg sie in Banden; mein Heer ist hier schon verfolgungsbereit und kommt in deine Stadt mit der Zeit.« Der Grande las so beschaffenen Brief, worauf er sofort zu Chosrau lief. Als Chosrau den Brief gesehn und gelesen, da bestürzte ihn des Weltlaufes Wesen; er besorgte, ein Heer möchte hinter ihm kommen, und war sehr von Müdigkeit hergenommen. So gürtete er sich zum Aufbruch die Mitte und setzte sich gleich auf zum Weiterritte. Bis zum Euphratstrom ging die Reise flugs; in dem Land sah man keinerlei Pflanzenwuchs. Alt und Jung wurde hungerig allgemach; da sah ein Gehölz man sowie einen Bach. (Als vor Chosraus Blick diese Meldung erschien, da führte die Schar er hinein in das Grün. Hungrig waren die nüchtern-geschwächten Leute; man spannte den Bogen und spähte nach Beute, aber laufend bemerkte keiner etwas, nur den fliessenden Bach sowie Bäume und Gras.) Doch da sah eine Karawane man von Kamelen, der Zugführer ritt ihr voran. Als der Jüngling erblickte das Antlitz Chosraus, entbot diesem Edlen er seinen Gruss. Zu ihm sprach Chosrau: »Wo kommst du denn her? Und wie heisst du? Und wohin zielt dein Begehr?« »Ich bin Qais ibn Hâriṯ«, erwiderte er, »und von edlen Arabern stamme ich her. Aus Ägypten mit dieser Karawane kam ich, der als Führer den Weg ich bahne. Am Ufer des Euphrats ist mein Gezelt – und von dort kam zum Walde ich – aufgestellt.«
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Da sprach zu ihm Chosrau: »Hast du was zum Essen? Der Decken zum Ausbreiten nicht zu vergessen. Denn wir sind alle hungrig und müde und matt; keiner, der Proviant und Gepäck bei sich hat.« Der Araber sprach: »Bleibe du nun hier; Gut und Leib und Leben sind eins mir mit dir.« Der Araber bewies seine Liebe Chosrau, denn er brachte herzu eine schönfette Kuh. Die schlachteten sie, worauf Feuer brannten, zu denen sie trockenes Reisig verwandten. Der Araber stellte aufs Feuer Kabâb; das Gefolge schlang schleunigst das Essen hinab. P (Zu murmeln begann, wer glaubensfromm war; bei dem Essen sass die gesamte Schar.) Viel Kabâb assen sie und kein Brot dazu und es rüstete jeder die Stätte der Ruh; sie schliefen lange, dann standen sie auf und sandten neuen Lobpreis hinauf zum gerechten Gott, der durch seinen Ruf die Welt mit Mächt’gen und Machtlosen schuf. Zu den Freunden sprach der König da: »Wer immer von euch schon oft etwas versah, mir ist er darum nur umso werter und aus allen Untertanen geehrter! Wer immer viel Böses begangen hat und mich verlassen und Gottes Pfad, der kann umso Besseres von mir erhoffen, und sagt ihm, der Weg steh zum Glücke ihm offen.« Die Freunde riefen ihm Beifall zu: »Reinsinniger frommer Chosrau du, stets möge dir Gott seinen Schutz verleih’n und Krone und Thron nie ohne dich sein!« C für 1050 (Helles Herz mag dir stets sein und frohes Glück, der gerechte Gott geb’ den Thron dir zurück! Gott gab solchen Glanz dir und Majestät, dass in Rechttun und Liebe sich jeder ergeht.
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Die Welt muss als Hort des Verstandes dich schätzen; du weisst Böses durch Gutes stets zu ersetzen.« Als der Schah erfreut war von diesem Preise, kamen ihm in den Sinn die Sorgen der Reise.) Dem Araber stellte sodann er Fragen: »Welchen Weg mit Gefolg hab ich einzuschlagen?« Der sagte: »Durch siebenzig Farasangen müsst ihr noch über Wüste und Berge gelangen. Fleisch und Wasser, wenn du die Erlaubnis erteilst, bringe ich auf den Weg, sofern du nicht eilst.« Chosrau sprach zu ihm: »Es ist nicht zu umgehen, dass wir uns mit Proviant und mit Führer versehen.« Da entsandte jener ein Eildromedar, 1055 dass den Weg es zurücklege vor der Schar. So eilt’ mit der Schar er durch Wüste dahin und Gebirge in Mühsal und ängstlichem Sinn. Da zeigte fern in dem Wüstenrevier eine andere Karawane sich ihr. Ein Mann, der vermögender Kaufmann war, näherte bald sich dem Schahrǝjâr. Zu ihm sprach der Schah: »Woher kommst du? Sprich! Wohin willst du reisen so hurtiglich?« Da sprach jener: »Aus Chwurre-i Ardašîr 1060 einen schreibkund’gen Kaufmann siehst du in mir.« »Wie nannte dich, der gezeugt dich hat?« fragte er. Da sprach er: »Mihrân Sitâd.« Um Proviant ersucht’ ihn der Schahrǝjâr, da sagte jener: »Oh Edler, fürwahr, ist der Händler Gesicht auch nicht frisch, an Essen ist soviel da, dass es nicht zu ermessen.« (Dann sprach dieser Kaufmann: »Ich will ohn’ Verweilen das, was ich besitze, zu bringen mich eilen.«) Chosrau sprach zu ihm: »Wenn du einen Gast 1065 auf dem Weg findest, wird noch mehr, was du hast.« Der Kaufmann erschloss die Deckel der Ware; Dirhams kommen oft mehr zupass als Dinare.
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Er setzt sich auf den Boden nach Bringung der Speisen und begann den Schah zu segnen und zu preisen. Als die Speisen verzehrt waren, da erfasste das Handtuch der Kaufmann, so freundlich dem Gaste. Dies nahm Charrâd Barzîn von ferne wahr und rannte zu Chosrau von dort wo er war; er nahm dem Kaufmann das Warmwasser ab, 1070 dass es Grund zur Beschämung dem Weltherrn nicht gab. Nun brachte der Kaufmann Wein auch schnell, der war wie Rosenwasser so hell. Und Charrâd Barzîn ein zweitesmal kam herbei und kredenzte dem Schah den Pokal. Dem Dienenden brachte das Dienen Gewinn und macht’ ihn noch mächtiger als am Beginn. Darauf sprach zum Kaufmann der Schahrǝjâr: »Wo ist nun der Reiseweg meiner Schar?« Der Schah, dem der Kaufmann den Weg gewiesen, 1075 befragte um Namen und Merkzeichen diesen: »Du gastfreier Mann, wo denn finden wir deine Wohnung zu Chwurre-i Ardašîr?« »Edler Schah«, sprach der Kaufmann, »Gott segne dich! Zu den Kârazer Kaufleuten zähle ich.« (Die Adresse gab an er ihm klipp und klar und machte Geheimes ihm offenbar.) Namen und Adresse liess er ihn diktieren und vom Schreiber Rȏzbih genau notieren; »Lebe wohl!« sprach er zu dem Kaufmann sodann, 1080 »Vernunft sei dir ewig verwebt, junger Mann.«
Chosrau kommt ins Romäerland Als die Schar verlassen das Blühn dieses Lands, führt’ er rasch weiter sie ins Land von Byzanz. So kam er schliesslich bei jener Stadt an, der der Kaiser den Namen verliehn Kârǝsân. Als von fern sie bemerkten die Christen darin, liefen schleunig herbei sie durch dick und dünn,
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ihre Habe schleppten sie in ihre Wälle und verschlossen das Stadttor fest auf der Stelle. Dies verblüffte den Schah, die Leuchte der Welt; drei Tage blieb er mit Gefolg auf dem Feld, am vierten sandte er jemanden ab: »Das Gefolg ist gering nur, das bei mir ich hab. (Wir sind an die Stadt zwar ganz dicht gekommen doch des Kampfs wegen sind wir nicht gekommen.) Steht uns bei und sendet uns etwas zum Essen, anstatt eure Machtfülle an uns zu messen.« Darauf achteten jene aber nicht recht; das Gefolg war sehr hungrig und ganz geschwächt. Da ward alles von schwarzem Gewölk erfüllt, das brüllte, so wie ein Löwe brüllt. Die Stadt durchzog, ein Sturmwind daraus, Hilferuf und Geschrei kam aus jeglichem Haus. Als die Hälfte verflossen der nächtlichen Stunden, war ein guter Teil ihrer Mauer verschwunden. Die ganze Stadt war darob ganz baff und Gott um Entschuldigung bat der Pfaff. Sie bemühten sich überall, Proviant zu beschaffen und ins Freie eilten drei alte Pfaffen. Von allen den Gütern des fruchtbaren Lands, allen Stoffen, die her stammten aus Byzanz, schleppten sie zum Könige hin hohe Ballen: »Unsere Schuld, oh Schah, wurde klar nun uns allen.« Da Chosrau ein Jüngling von Seelenadel, sah bei jenen er ab von jeglichem Tadel. In der Stadt war ein Schloss von derartiger Hoh’, dass es sogar die Wolken bedroh’. Von Sklaven gab es drin ganze Massen; das hatte der Kaiser aufbauen lassen. Vom Feld zog herein er in dieses Schloss und blieb drin, bis längere Zeit verfloss. Die Romäer kamen, ihn huld’gend zu grüssen, und streuten ihm Edelsteine zu Füssen.
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Da solch blühender Ort kam in seine Gewalt, ruht’ er aus und nahm längeren Aufenthalt. An den Kaiser schrieb einen Brief der Schah, der von Schwarzgewölk, Regen und Sturmwind sprach. Er zog, als er diese Stadt verliess, nach Mânûj; man nannte sie ein Paradies. Wer geisteswach war von den Mânûjiten, verständig und edel und von guten Sitten, Bischöfe und Mönche kamen in Scharen mit Geschenken und Spenden zum Schahrǝjaren; mannigfache Reden wurden gehalten vom Regenguss und von der Stadt, der alten: »Wir sind deine Knechte«, sprach jeder von ihnen, »bereit, jedem Worte des Königs zu dienen.«
Ein Klausner sagt Chosrau Parwîz die Zukunft voraus In der Stadt blieb Chosrau drei Tage lang. Am vierten, sobald die Weltleuchte schwang zu den Wolken empor den schneidenden Degen, zog der König der Stadt Warȇġ entgegen. Aurîġ war nämlich der Name der Stadt, die da Christentum und Hospital hatt’. In der Wildnis sah er eine Einsiedelei und vernahm draus des Klausners Litanei, und er rief laut beim Nähertreten: »Deine Tätigkeit sei nichts als das Beten! C für 1113/2 (»Wer ist zufrieden so beim Beten?« Sie sagten: »Ein alter Mann lebt hier, durch hohes Alter ganz gelb wie Zarȇr. In der Astrologie ist er ganz perfekt und keinerlei Taten sind ihm verdeckt, was immer er sagt, trifft pünktlich ein; kein Zweifel an seinem Prophezein.« An der Türe rief er beim Nähertreten: »Deine Tätigkeit sei nichts als das Beten!«)
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Steigst du aus der alten Klause herab, so segne dich der, der nur Gutes gab.« Schon war der Klausner, da er vernommen, 1115 was er sprach, und ihn sah, heruntergekommen; wie der Beter ihn sah, begrüsste er ihn; ihr Gespräch zog durch einige Zeit sich hin. Er sprach: »Du bist Chosrau gewiss und vom Thron deines Vaters bist du unfroh geflohn, der Hand eines üblen Knechtes entrannt, eines Dieners, so unrein wie arrogant.« Da der Klausner so ganz Ungewöhnliches sprach, erblühte von Liebe das Herz dem Schah. Erstaunen war es, was ihn durchdrang, 1120 und er rief seinem Schöpfer Lobpreis und Dank. Vom Rücken des Fuchsen begann er nun an den Klausner noch weitere Fragen zu tun; er sagte, dass er auf die Probe ihn stelle: »In Îrâns Heer bekleid’ ich nur niedere Stelle. Ich hab eine Botschaft zum Kaiser zu tragen und zum Herrn den Bescheid, wenn er einen wird sagen. Ist dieses mein Kommen vom Glück gesegnet, sieh zu, was mir dann am Ausgang begegnet.« Da sagte der Klausner: »Red’ nicht solche Sachen! 1125 Du bist Schah und willst dich zum Schahsucher machen? Ich sagte es gleich, als ich dich gesehn; dies Auf-die-Probe-Stellen lass gehn! Fern sei deiner Religion das Betrügen; dein Brauch und dein Weg seien niemals das Lügen. Viele Mühsal ertrugst du und Angriffe schon; vor jenem Knecht bist du schliesslich geflohn.« Chosrau überkam da Verwunderung; er schämte sich, bat um Entschuldigung. Der Klausner sprach: »Entschuldigung lass 1130 und frage mich über die Zukunft was. Sieh der Zukunft entgegen froh und gefasst; der Welt sei ein früchtetragender Ast.
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Denn Gott wird dich jedes Mangels entheben und dir Glücksstern und Erhabenheit geben. Der Kaiser wird dir so Truppen wie Waffen und eine thronwürdige Tochter beschaffen. Sollte Kampf dir mit deinen Knechten sein, wird der Weltenherr seinen Beistand dir leihn. Der Schuft wird zur Flucht seinen Schritt endlich lenken und wird oftmals der Tage des Glückes gedenken; weit von diesem Kampfe entfernt er sich bald und in jenem Land nimmt er Aufenthalt. Da Entfernung von deinem Vertrag er gewählt, wird auf deinen Befehl er verblutend entseelt.« Zu ihm sprach da Chosrau: »Nur so soll es sein; was du sagst, weiser Alter, das treffe ein. Was meinst du, wird es noch lange währen, bis die Herrschaftsgewalt zurück mir wird kehren?« Er antwortete drauf: »Zwei Monde und zehn werden, bis du die Krone zurückkriegst, vergehn; sind weiterhin zehn und fünf Tage vergangen, wirst als welterleuchtender König du prangen.« Dann fragte Chosrau: »Wer, der bei mir lebt, ist mich zu schäd’gen und quälen bestrebt?« Also gab er Antwort: »Bistâm heisst er, und hat einen der stolzen fröhlichen Geister, Mutterbruder nennst du ihn, oh Schahrǝjâr, und er macht frisch dir Monat und Jahr. Halt den Mann dir fern, der nicht Nutzen bringt und von dem dir nur Mühsal und Schade entspringt.« Da sprach Chosrau zu Gustahm wuterfüllt: »Der Klausner hat mir ein Geheimnis enthüllt. Als Bistâm hat die Mutter zur Welt dich gebracht und du selbst nennst dich Gustahm in der Schlacht.« Zum Klausner sprach er: »Mein Oheim ist er, mir blutsverwandt von der Mutter her.« Der Klausner sagte: »So ist eben das:
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Von Gustahm erfährst du viel Mühsal und Hass.« Zu ihm sprach Chosrau: »Der gut mich berät, sage mir, was in Zukunft daraus entsteht.« Also sprach der Klausner: »Sorg dich nicht deswegen! Du erfährst hierauf nämlich nichts als Segen; denn nie überkommt dich etwas des Schlimmen, mag auch hartes Werk dir die Gottheit bestimmen. Jener Stolze mag deine Ruhe empören, deinem Willen wird fortan jedoch alles hören, und mag jener Feindliche höher auch klimmen, deine Hand wird auch ihm seine Zeit bestimmen.« Zu ihm sprach Gustahm: »Dass diese Sache deinem Herzen, oh Schah, keine Sorgen mache! Bei dem reinen Gott, der die Welt erschuf und wie dich einen König, oh Held, erschuf, beim Âḏar Gušasp und bei Sonne und Mond, bei Leben und Haupt des Königs, der thront, solang Gustahm lebt, zieht die Wahrheit er vor und pocht niemals an der Täuschung Tor, und sollte er anderswohin sich drehn, so bleibe sein Geist nicht auf Erden bestehn! Seit der Weltenherr diese Welt erbaut, ward der Schlüssel des Rätsels keinem vertraut. Um die Worte des Christen was scherst du dich jetzt und hörst aufs Gefasel, das unnütz er schwätzt? Gib vor seinen Reden mir Sicherheit und such’ keine Ausflucht; ich schwor einen Eid.« Chosrau sprach zu ihm: »Mann, der Angst verspürt, was soll vieles Reden, das zu nichts führt? Von dir hab ich nie noch was Übles erlebt, du hast nie nach Trug und nach Torheit gestrebt. Bei des Himmels Art wär’s verwunderlich jedoch nicht, erwiesest als schädlich du dich. Doch muss etwas nach Gottes Willen geschehn, müssen Wissen und Klugheit abseits stehn.« Zum Klausner sprach dann der Schahrǝjâr:
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»Sei glücklich und frohen Sinnes immerdar!« Wie ein leuchtender Blitz aus der Wolke, von hier begab er zurück sich zur Stadt Warȇġ; entgegen kam ihm an Grossen der Stadt, wer immer an Menschlichkeit Anteil hatt’.
Chosrau Parwîz sendet dem Kaiser von Byzanz einen Brief Sobald sich Chosrau in der Stadt befand, traf ein Reiter schon ein, vom Kaiser gesandt: »Begehr, was vom Lande dir Freude macht, bei Wünschen nimm nicht auf Könige Bedacht, denn ist auch mein Eigen dieses Reich, so halten wir dich doch mit uns selber gleich, dass so sicher und froh du in der Stadt dort seist, von Besorgnis vor Üblem den Sinn ganz befreist. Es sind alle Romäer dir untergeben, mögen viele auch stolz sich und mächtig erheben. Mich soll, bis ich Waffen und Heer dir kann rüsten, nach Essen und Schlaf und Ruh nicht gelüsten.« Als Chosrau dies hörte, ward froh er und heiter und fühlte den Geist von Sorgen befreiter. Er liess kommen Gustahm und Bâlôj, den ehrgeizigen Andijân dazu, Charrâd Barzîn, den Leuen Šâpor und es schrieb der Schah ihnen Folgendes vor: »Wenn es hell wird, sattelt die Rosse; ihr sollt auch den Beipferden auflegen Sättel von Gold. Goldgewirkte čînesische Röcke legt an, seid einmütig reingesinnt Mann für Mann. Zum Kaiser reist dann aus dieser Stadt und sprecht und hört an, was zu sagen er hat. Seid vernünftige Männer und geisteswache, hört aufmerksam, höflich seid und süsser Sprache. Sobald sich der Kaiser zum Spielplatz begibt, den Bogen verlangt oder Ballspiel übt,
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bemüht euch bei diesen Kaisertreuen, dass euch nicht Misserfolg mag bedräuen, dass man wisse, man bringe aus Îrân Rittermut und die Stärke von Löwen heran.« Dem Charrâd Barzîn befahl er: »Geh hin und bring schwarze Tusch sowie Seide von Čîn. Einen Brief gilt’s dem Kaiser zu schreiben, der glänze wie die Sonne im Paradieseslenze, die Rede nur kurz, aber wohlüberlegt, dass es jedem sich in das Gedächtnis prägt. Denn er hat bei sich gewiss Philosophen und ihr Ohr werde nicht von Torheit getroffen; sie wissen die Wortbildungskunst zu dozieren und dürfen nichts Tadelnswertes erspüren. Liest den Brief er, so lass deiner Zunge den Lauf; denn im Reden nimmt keiner es mit dir auf.« Zu Bâlôj sprach er: »Ich beauftrage dich: spricht der Kaiser im Rate was über mich, über Bund und Verwandtschaft und Eid und Vertrag, dann antwort’ und Honigsüssestes sag. In der Sitzung bist du ja mir Zunge und Stimme, mein Dolmetsch, es sei nun gut oder schlimme. Um Mittel, dass Elend uns nicht übermannt, bemüht euch und dazu betätigt die Hand. Nimm entgegen meine Verpflichtungsakte und behalt im Gedächtnis das, was ich sagte.« Was der glorreiche Jüngling zu ihnen sprach, vernahmen die Helden geisteswach; die Erfahrnen riefen ihm Beifall zu: »Möge keiner die Krone tragen als du!« Sie schickten sich an, zum Kaiser zu reisen, die wegesuchenden herzhellen Weisen. Als der Kaiser vernahm, dass von Îrâns Granden Abgesandte des Schahs sich im Lande befanden, zu seinem Palast kommend von der Reise, Schickt’ entgegen er Leute vom Höflingskreise;
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mit Brokat wurde der Palast ausstaffiert, alles Goldgrund und mit Juwelen verziert. Er selbst sass auf seinem Elfenbeinthrone und setzte aufs Haupt sich die strahlende Krone; er befahl, den Vorhang emporzuheben und vom Flur her rasch ihnen Zutritt zu geben. Der edle Gustahm schritt voran und ein Mann wie Bâlôj und Held Andijân und Charrâd Barzîn, Šâpûr am Ende, alle Kronen am Haupt und gegürtet die Lende. So näherten sie sich des Kaisers Thron und brachten ihm Gruss und Devotion. Einhellig wurde ihm Lobpreis gezollt und Juwelen gestreut auf den Thron von Gold. Dem Schah galten erstlich des Kaisers Fragen, Îrân und dem Heer und den Reiseplagen. Charrâd Barzîn hört’s und unverweilt kam mit des Schahs Brief zum Thron er geeilt. Auf Befehl des berühmten Herrschers der Welt wurden vier der Goldstühle hingestellt; die Stühle wurden besetzt von drein; Charrâd Barzîn blieb stehen allein. Der Kaiser sprach: »Es nimmt Platz auf den Stühlen, wer die Reisemühsale musste fühlen.« Charrâd Barzîn hingegen sprach: »Keinen Weg zum Grosstun gab mir der Schah; ich darf vor dem Kaiser zu sitzen nicht wagen, einen Brief des Schahs hab ich zu ihm zu tragen. Vielleicht dass mein Dienst dir Gefallen schafft und ich durch die Botschaft dir vorteilhaft.« Der Kaiser sprach: »Dem Geheimnis leih’ Laut, das der stolze Weise dir anvertraut.« Als Charrâd Barzîn zu sprechen begann, hörte ihn der Kaiser aufmerksam an. 1205–1206 Der edle Gustam ... gegürtet die Lende: Reihenfolge etwas geändert.
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Erst pries er den Schöpfer, aber geringe schätzt’ er beim Preisen die irdischen Dinge: »Der Höchste der Höchsten ist er und desgleichen allmächtig und wissend in allen Bereichen. (Durch ihn wird uns deutlich die Himmelszahl, er gab uns Vernunft, Geist und Liebe zumal.) Der Himmel muss drehn sich, wie er es will haben, denn er ist über Raum und Zeit weit erhaben. Alle Himmel und Sterne sind von ihm gemacht, an dem drehenden Kreis sind sie angebracht. Als die Lebewesen er schuf aus der Erde, erging an Kajômarṯ vor allem sein Werde. So, bis er den Schah Âfǝrȇdûn beseelte, den von den Erhabenen er auserwählte. Dieser Same zeigte sich nun aller Welt, was verborgen war, wurde aufgehellt. Bis zu Kai Qubâd ging’s so weiter zuletzt, der die Krone der Grösse aufs Haupt sich gesetzt. Die Familie hat nie etwas Böses erlitten, sie ist achtsam die Wege Gottes geschritten. Doch jetzt kam ein unnützer niederer Knecht und setzt’ auf dem Thron der Könige sich zurecht. Ich verlange mein Recht von des Frevlers Person; Diadem nicht noch Gürtel noch Krone noch Thron! Ein jeder, der auf dem Throne will sitzen, muss Verstand und Ruhm sowie Glück besitzen. Er weiss gut, wem Thron sowie Majestät und des Grosskönigs Stirnreif mit Recht zusteht. Darin mögt ihr mir nun Beistand leisten, eure Macht fühlen lassen den Treulos-Dreisten. Denn wir wandern rings umher in der Welt, wobei Scham vor Gross und Klein uns befällt.« Als diese Worte vernahm der Kaiser, wurde auf seinen Wangen lilienweiss er 1229.2 Diadem nicht ... noch Thron: das heisst: Er hat weder Recht auf das Diadem noch auf .
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und diese Lilien wurden betaut und Zunge und Geist voller Klagelaut. Jener Brief, den er las, vermehrte die Schmerzen, seinem Aug begann jener Thron sich zu schwärzen. Zu Charrâd Barzîn sprach der Kaiser: »Klar weiss ein Gebildeter dies und Weiser, mir ist Chosrau mehr als Verwandter und Schwager und mehr als das Leben der Wortesager; es sind Waffen für euch da und Schätze und Heer; schau zu, was davon für euch tauglich wär. Wenn mein Auge du willst, es sei euch gewährt und das Auge gilt mehr als Dinare und Schwert.«
Der Kaiser beantwortet Chosraus Brief
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Dem erfahrenen Schreiber, den er kommen liess und dem einen Ehrenplatz er anwies, befahl er ein Antwortsschreiben, die Wiese sollte schöner nicht glänzen im Paradiese, voller Rat und Verwandtschaft und Zärtlichkeiten von jenem Tag an zu den ältesten Zeiten. Als dem müden Schreiber das Schreiben schon bitter, sah der Kaiser einen der tapferen Ritter, der beredt, gedächtnisstark, geistesklar und klug und gelehrt und schreibkundig war; zu dem sprach er: »Zu Chosrau geh und bestell: ›Oh König, gewandt und geisteshell, mir fehlt’s nicht an Waffen, an Mannen und Schätzen, man braucht darum niemand in Müh zu versetzen. Hätten wir sie nicht, von den Ländern allen würden Geld wir verlangen und allen Vasallen, auf dass du aus Rûm befriedigt zurück nach Îrân magst ziehen zu ruhigem Glück. Sei nicht hier im Lande düsteren Blicks, denn dies ist nun einmal die Art des Geschicks, bald Zuflucht zu bieten, bald Schaden zu bringen, bald ist’s süss und zärtlich und bald legt es Schlingen.
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Nun, bis Waffen und Heer ich und Dirhams dir bringe, sei du nicht betrübt sondern sei guter Dinge.‹« Als der Bote zu Chosrau gekommen war, legte er ihm die Worte des Kaisers dar.
Brief des Kaisers an Chosrau. Rückzug von der Freundschaft mit ihm. Antwort Chosraus darauf
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Den Ort macht’ der Kaiser von Fremden leer; mit dem Ratgeber sass er gedankenschwer; er sprach zum Wesir: »Dieser Rechtswerber wollte, dass man vor der Welt ihm Schutz bieten sollte. Was tun wir, damit er gekräftigt sei und vom Makel der Schande des Knechts sich befrei’?« Zum Kaiser sprach sein Berater sohin: »Von Philosophen mit reinem Sinn muss man einige Herzwache kommen lassen, die zusammen mit uns sich damit befassen.« Der Kaiser entsandt’ einen Edelmann und vier Philosophen rückten drauf an, aus Byzanz gebürtig die jungen und alten, und es wurden langwierige Reden gehalten: »Von dem Volke Îrâns, seit Iskandar entschwunden aus der Welt, empfingen wir heimliche Wunden, da sie raubten und kämpften und auf uns stiessen und grundlos unschuldig Blut strömen liessen. Doch der reine Gott liess die Übeltaten durch übles Tun ihnen übel geraten. Jetzt verhalte dich ruhig und unentschieden, da gelähmt der Glücksschritt der Sasaniden. Wenn Chosrau königlich wieder thront, dann hebt er das Haupt empor bis zum Mond; dann begehrt er wieder Tribut von Byzanz und tritt mit Füssen die Gänze des Lands. Jetzt lass, wenn es angeht, Vernünftigkeit walten: der Îrânier Worte dem Wind gleichzuhalten.«
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Als der Kaiser nun hörte ihren Befund, legte er zu andrer Ansicht den Grund. Einen Reiter zum Schah entsandte der Kaiser und schrieb einen Brief und war Wegeweiser nach den Worten der aufgeweckten Gelehrten, deren Reden immer so lange währten. Als der Reiter bei Chosrau war angekommen, berichtete alles er, was er vernommen, und wies das Schreiben des Kaisers ihm vor, indem er sich masslos in Worte verlor. Wie Chosrau es sah, ward sein Herz ganz beklommen und vor Sorgen den Wangen die Farbe genommen. Also gab er Antwort: »Wenn jene Geschichten, die sie da aus den alten Zeiten berichten, stets zu beherzigen wär’ unsre Verpflichtung, führte dies zu aller Mühen Vernichtung. Und sieh einmal zu, ob unsere Ahnen, erwählt-reine Herrscher und Pahlawânen, mit Unrecht Krieg führten oder mit Recht; wer erinnert sich noch an das alte Geschlecht? (Wir besetzten und zogen zurück uns sodann; möge niemals Bedarf euch sein nach Iran.) Befrag drob von Rûm eine Wissenssäule: Kam dies Übel vom Raben? Kam’s von der Eule? In Byzanz war auch keiner, wie stolz sie auch wären, der die Hilfe des Schöpfers könnte entbehren. Unsre Ahnen waren von Ruhm erhellt und reich an Erfolgen in aller Welt; sie ertrugen von keinem die Arroganz, Überheblichkeit, Ungestüm und Ignoranz. Jetzt kann solches Reden dem nichts nützen, der sein Haupt im Rachen des Drachen hat sitzen. Bring nun dem Kaiser von mir einen Gruss, und Worte, sag ihm, ohne Hand und Fuss
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sind für’s Denken der Edlen kein Gegenstand; Gut und Böse hat schliesslich keinen Bestand. Fortan wird geschlafen nicht noch geruht, bis den Saum ich zog aus der trüben Flut. Will sich der Romäer nicht hilfreich erweisen, so lass ich zum Châqân gleich jemand reisen. Jedes Wort war vergeblich, das ich sprach; zu trübem Sumpfwasser wurde der Bach. Sobald meine Gesandten zur Stadt wiederkehren, wird mein Aufenthalt drin nicht länger mehr währen.« Den Îrâniern sagt’ er: »Befolgt die Befehle und lasst drum nicht verzweifeln die Seele. Gott, der Siegverleiher, steht für uns gut, denn Menschlichkeit trägt uns und Edelmut.« Seinen Mut berührte die Sache nicht tief; er sandte vermittels Tuchârs einen Brief; diesen Brief verfasst’ er in solcher Art, dass Schön und Hässlich vermieden ward. So reiste aus Chosraus Nähe Tuchâr, bis am Hofe des glorreichen Kaisers er war.
Zweiter Brief des Kaisers an Chosrau in der Art eines Freundschaftsschlusses mit ihm Der Kaiser las aufmerksam durch dieses Schreiben und liess mannigfach Denken durchs Herz sich treiben. Er sprach darauf zum mächtigen Wesir: »Dieses Rätsel da suche zu lösen mir. Die Edlen und Tapferen ruf mir herbei, von vergangenen Taten sprich vielerlei; erforsch, ob Chosrau sich im Kampfe des Glücks wird erfreuen oder winden ob des Missgeschicks.
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Wenn ihr sagt, dass er keinen Sieg sich erringe ihm, und dass ihm sein Leben kein Neujahr mehr bringe, dann lassen wir ihn zu dem Châqân ziehn, da er krank wäre, hin zu der Medizin. Doch wäre ihm im Kampfe der Sieg beschieden, dass er wie der Vater regierte in Frieden, wär’s besser, mit Heer ihn von hier ziehn zu lassen, dann gedächte sein Herz nicht mehr uns zu hassen.« Der Wesir hatte kaum das Gehörte erwogen, so gab er Befehl, dass die Astrologen sich mit den uralten Tabellen bewehrten; drei Nachtwachen sprach er mit den Gelehrten. Und schliesslich sprach einer der Sternausleger also zum Kaiser: »Oh Kronenträger, ich hab die uralten Tabellen beschaut, die Falâtûn auf Grund der Sterne gebaut; Chosraus Königtum kommt gar bald zur Entstehung und im Grosskönigtum kommt’s zu neulicher Drehung und so achtunddreissig Jahre wird ihn dunkle Erde nicht wagen zu überziehn.« Der Kaiser vernahm’s und sprach zum Wesir: »Jetzt liegt das Geheimnis enthüllt vor mir. Welche Antwort erteilen wir dessenthalben? Was tun wir, um diese Wunde zu salben?« (Der edle Wesir sprach zum Kaiser jetzt: »Was am Himmel die Sternbilder festgesetzt, ist durch Wissen und Mut in nichts abzuhandeln; möge Gott weiter hilfreich sein deinem Wandeln!«) »Zieht wirklich ins Land des Châqân Chosrau, begehrt von ihm Beistand und kommt zur Ruh, und rüstet an anderem Ort er ein Heer, dann endigt den Hass gegen dich er nicht mehr, Sieh zu, dass nun du es seist, der weiser und machtvoller für deinen Wunsch, oh Kaiser.« Der Kaiser sprach: »Dass wir jetzt ein Heer
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zum Schah senden, lässt sich umgehn nicht mehr. Wohlerwogen ist’s besser, ich spare nicht Schätze, wenn dadurch ich ausser Gefahren mich setze.«
Der Kaiser schreibt ein zweites Mal einen Brief an Chosrau Parwîz
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Und zu gleicher Zeit schrieb er rasch einen Brief, der von Lob und Aberlob überlief: »Mit dem Mȏbad, uns gleicher und klarer Idee, berieten wir rein unser Wohl und Weh; wir erörterten jeder Art Stück für Stück und kamen zum früheren Ratschluss zurück. Jetzt wurden geschlossen Reden wie Plan; das Tor alter Schätze wird aufgetan. In Konstantinije hab ich nicht mehr als zur Landbewachung benötigtes Heer. Wir haben in jeder Art Worte verwendet, in jeglichen Winkel um Truppen gesendet, und wie sie so nach und nach einrücken, werden unbedingt wir gleich sie euch schicken. Diese Zögerung und dies viele Besprechen, dies den Rachen des Leun mit dem Messer Zerstechen, kam daher, weil der alten Taten stet der gedenken muss, der da etwas versteht. Denn zu Schah Šâpûrs, Sohn Ardašîrs, Zeiten ward des Jünglings Herz alt vor Mühseligkeiten, durch viel Rauben und Morden und eilige Züge und durch ungerechtes Rüsten zum Kriege; bis schliesslich Hurmuzd und Kai Qubâd kamen, die auf Billigkeit keinerlei Rücksicht nahmen, und neununddreissig von unseren Städten die Îrânier machten zu Dornenstätten; das Gefild ward vom Blute der Häupter zum Teich, gefangen verschleppt Weib und Kinder zugleich. Wenn ins Herz des Romäers sich Rachgier schlich, so sei dir dies gar nicht verwunderlich.
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Doch lehrt unser Glaube nicht andere quälen; möge immer ein Brauch zu freveln uns fehlen! Wir kennen nichts Bess’res als Gradheit-Lernen, von Trug und von Lüge uns weitab Entfernen. Wir beriefen, wer immer erlitt Gewalt, 1335 und redeten darüber mannigfalt, das Herz der Menschen ward rein durch Kultur, alles beissende Gift zur Gegengiftskur. Und die alten Geschichten – mir ist es lieber, keiner spräche in dem Punkt ein Wort darüber. (Was du sagst, das befolgen wir allerwege,) (unsre Seelen verbürgen diese Verträge.) Doch müsst auch ihr euer Wort uns drauf geben, mit uns nicht mehr in Feindschaft zu leben. Du musst sprechen: ›Werde ich wieder Schah, 1340 dann acht ich die Mühen nicht niedrig und schwach; von Romäern verlange ich nicht mehr Tribut und verschacher’ ihre Mühn nicht für Geld und Gut. (Ferner was ihr besitzt von der Grenze des Lands – aus Îrân betrete keiner Byzanz.)‹ Zu fraglichen Wünschen fügt noch ein Plus durch Rüstung mit uns und durch Bundesschluss. Sobald es euch irgendwie nötig erscheint, und wär’s auch ein unnützer Streit mit dem Feind, werden wir zu Freunden euch werden und Brüdern, 1345 ja uns manchmal zu Untergeb’nen erniedern. Und wenn unser Land ihr dann nicht mehr braucht und in euren Herzen der Hass nicht verraucht, führt ihr über Tûr und Salm weiter Reden und der alten Zeiten sinnlose Fehden. Doch nun fordere ich einen festen Vertrag, den ein tüchtiges Siegel bekräftigen mag: ›Wir werden hinfort von des Êraǧ Streit nicht mehr sprechen noch von Händeln der uralten Zeit. Îrân und Byzanz seien eins nun, die beiden, 1350 und wir wollen nicht suchen, die Länder zu scheiden.‹
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Eine Tochter lebt mir hinterm Vorhang, untadlig, Hochadligen ziemend, weil selber hochadlig; werbt um sie nach unserem reinen Glauben, so wie’s unsere Sitten und Bräuche erlauben, dass die Rache für Êraǧ, kommt zur Welt ein kaiserlich Kind, in Vergessenheit fällt, dass das Land von Krieg und von Rebellion ausruhe und finde zur Religion. Betrachtest du nun mit dem Aug’ des Verstands, 1355 du findest gewiss es als Wahrheit ganz. Durch Verschwägerung wird unser Bündnis stet; so will’s Gottes Befehl, der an uns ergeht. In der Zeit bis Chwašnawâz seit Pêrôz wie auch in der Zeit, die später verfloss, die alle zwei ihre Köpfe verspielten – gab es Herrscher nicht, die Verträge nicht hielten! Es lehrt uns dies der Messias-Prophet: ›Der Verstand ist verdreht, der den Rechtsweg nicht geht.‹ Viel Listen bot auf darin Chwašnawâz, 1360 weil dem Pêrôz der Kopf in der Zange nicht sass: da Pêrôz sich hart ihm wies, sah in dem Kampf er gar nichts andres als finsteren Dampf. Das Heer und der Königsthron werden vernichtet, ist das Haupt des Schahs nicht auf Rechttun gerichtet. Du bist jung, dir fehlt noch der praktische Blick; willst du Früchte erzielen dir vom Geschick, leih Beistand nicht dem, der Verträge bricht; wer Vertrag bricht, verdient auch ein Leichentuch nicht. Von Krone und Thron wird der Schah verflucht, 1365 der Verträge bricht und der Rache sucht. Nun lies diesen Brief vom Anfang zum Ende, und hast du am Tische geschmeidige Hände, so bedenk deine Antwort und schreib sie nieder, nur Schönes ersinne und glücklich erwider. 1359.2 Der Verstand ... nicht geht: W: der Verstand windet sich, wenn du dich vom Recht abwendest.
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Ich will nicht, dass ein Schreiber den Inhalt erfahr’, so mach selber den scharfsinnigen Sekretar. Werde ich dann diesen Antwortbrief lesen, so schaue ich dir in das eigenste Wesen. Zugleich will ich Heer, Geld und Waffen dir schicken; der Kummer soll nicht dein Herz mehr ersticken. Und jedem, der dir besonders wert ist, wenn einer bei dir auch noch mehr geehrt ist – hegst du gegen jemanden Hass im Herzen, so musst du den Hass mit Gewalt ausmerzen – seine Sünde beim waltenden Gott vergib; Feind und Freund ist der letzte Tag wohl nicht lieb. Wenn du willst, dass das Schicksal Sieg dir gewähre als Herrscher mit Krone und Thron und Heere, halt die Hand zurück von dem Gute der andern und den Geist lass den Weg der Geradheit wandern. Die Eigenen magst du zärtlich umarmen und sei ein eifriger Wächter den Armen. Wenn du freigebig bist und hilfsgewandt, streckt keiner nach Krone und Thron dir die Hand. Wer von den Königen stets war auf Wacht, die Welt vor den Feinden gut nahm in acht, denen wurde vom Feind niemals Übles beschert und ihr Glanz durch göttliche Hilfe gemehrt. Einen Bund wünschen Fürsten, es sei in Person für sich oder für einen rein-echten Sohn, doch ein jeder von uns ersehnt nun dich und rüstet zu diesem Vertragsschluss sich.« Die Aufschrift war schon getrocknet jetzt, ein Moschussiegel ward drauf gesetzt. (Seinen Siegelring drückte der Kaiser auf und gab es mit Gruss dem Gesandten darauf.)
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Chosrau Parwîz schreibt den Vertragsbrief und sendet ihn dem Kaiser
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Als jener Brief nun zu Chosrau kam, vom Vertragsschluss er neue Kunde bekam, sagte er den Îrâniern: »Heute brennt 1385 ganz anders die Sonne am Firmament. Ein hoher Brief kam vom Kaiser an mich, seine Ausdrücke sind durchaus förderlich. Er sucht nach dem Weg, dass der Sucht nach Rache in Byzanz und Îrân er ein Ende mache.« Der Bescheid, den von den Îrâniern er fand: »Immer dann, wenn der Hass aus der Mitte verschwand, ward von keinem der Grossen die Krone begehrt und die Hand solcher Heere blieb nicht geleert. Und wird solches zu deiner Zeit wahr verbleiben, 1390 wird deinen Namen man auf die Kronen schreiben.« Als sie ihre Ansicht so dargetan, ordnet Chosrau Entfernung der Fremden an; er befahl Tinte, Rohr und čînesische Seiden und liess einen Schreiber vor sich bescheiden; dann schrieb einen Brief er auf Pahlawî in der üblichen Schrift seiner Dynastie: »Beim reinen Herrgott«, erklärte Chosrau, »bei der Sonne, die kreist, und der Erde in Ruh: sobald ich der Schah bin und throne hehr 1395 und Îrân besitze und Schätze und Heer, begehr ich Tribut nicht von den Herrn von Byzanz und kein Heer send ich über die Grenze des Lands. Jede Stadt, die zu jenem Lande gehört, und wäre sie unnütz und war ohne Wert, will ich Stück für Stück dem Kaiser tradieren und dies beglaubigt dokumentieren. Eine Tochter sodann, deren Mutter echt und aus dem Kaiser verwandten Geschlecht, nehmen wir zur Frau mit des Vaters Konsens 1400
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und freuen uns ob dieser Werbung immens. Die aus Îrân an deinem Hofe jetzt leben und die in deinen Schutz sich begeben, ein Gustahm, Šâpûr und Andijân, ein Charrâd Barzîn, der Pahlawân, übergib ihnen, schickst du mir Heer und Geleit, deine Tochter, die kluge und edle Maid. Durch die Schwägerschaft bin ich verbunden dir enge, wie vordem schon jene edle Menge: Kajômarṯ zuerst und Ǧamsȇd sodann, der die Welt hielt durch Furcht und Hoffnung im Bann; denen ferner glückliche Herkunft ward, (gelehrt und machtvoll von Königsart;) der Bericht von den alten Königen geht zu Kâwȏs und Kai Chosraus Majestät und zum grossen Qubâd in der nämlichen Art, dessen Recht tun das Lamm und den Wolf gepaart, und so Schritt für Schritt bis zu Schah Luhrâsp und von Luhrâsp endlich zu Schah Guštâsp, dann zum Haupt der Erhabenen Isfandjâr, dessen Blute der edele Bahman war, zu Bâbakân Ardašîr gleicher Art, durch den greiser Stern wieder jugendlich ward, dann Chosrau, des Hurmuzds Sprössling, der echte, mit dem Kaiser vom selben Sinn und Geschlechte, der zum Urahnen Salm hatte; ich berichte ohne Trug und ohne dass ich erdichte. Wir wollen den Hass zwischen uns jetzt bereinigen, das Volk von Îrân und Byzanz ganz vereinigen. Indem ich vom Kaiser die Tochter annehme, unter den Mädchen gleich dem Diademe, wie sie geht und steht, in Ordnung geht’s; für diesen Brief sei Gott Zeuge stets. 1416 wie sie geht ... Ordnung geht’s: W: was sie an Mängeln und Tugenden besitzen, es ist richtig.
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Er ist eigenhändig völlig und ganz; meine Handschrift hat in der ganzen Welt Glanz. Mein Siegel setz auf den Brief ich nunmehr wie Gesetz verlangt, Sitte und Glaubenslehr’. Wer auch nach dir Kaiser wird, jede Person, weit erfassend und machtvoll mit Krone und Thron, was ich hier geschrieben, zeugt gegen mich, 1420 für Geist und Verstand offenbart es mein Ich. Von dem, was ich sagte, will ich nicht weichen, im Grossen nicht und im Kleinen desgleichen. Dass, was ich hier sage, in Ordnung geht, bezeugen Herz, Stern sowie reiner Gott stet. Bitte, was du versprachst, nicht hinauszuschieben, denn ich bin in der Stadt hier zu lang schon geblieben.« In dieser Art wurde das Schreiben beendigt und dann Chwaršȇd-i Charrâd eingehändigt. Dieser Feldherr verliess wie der Wind den Palast 1425 und bestieg seinen Fuchsen in grosser Hast; und auch wie der Wind ritt zum Kaiser er fort und bestellte Chosraus vernommenes Wort. Der Kaiser empfing das Schreiben, erbrach’s und erblickte die Handschrift des hohen Schahs; er befahl, dass alle gelehrten Geister, alle, die jener Sprache Meister beim Kaiser sich sammelten zur Session, und befragte sie Person für Person: »Was nun wenden wir an, das da heilen mag? 1430 Welcher sei mit dem Schah von Îrân der Vertrag? An Ausfluchtsmitteln vom Brief weiss ich keins, ganz Byzanz und ganz Îrân wurden ja eins.« Die Granden und Weisen sprangen auf und rüsteten sich zur Antwort drauf: »Du bist Kaiser, wir Knechte in Devotion; nur du bist der Herrscher mit Krone und Thron. Jetzt betätige die Einsicht, du hast zu befehlen, du magst von uns heischen so Leiber wie Seelen.«
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Als der Kaiser dies hörte, begann er zu preisen diese edlen Männer, die frommen und weisen. Bis die Himmelsleuchte, solange wartet’ er, an Gebahren und Aussehn ward andersgearteter.
Die Romäer verfertigen ein Zauberbild und stellen die Îrânier auf die Probe
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Als die kreisende Sonne die Farbe verlor und der Hundsstern trat am Himmel hervor, holte der Kaiser einen Künstler heran, dass er ausführe einen lange erwogenen Plan: »Sofort sei ein Wundergebild mir gedrechselt, das jeder mit Menschenleibern verwechselt. Voll Scham sitze auf elegantem Thron langgewandet und schön eine Frauensperson. Dienerinnen stehen zur Linken und Rechten und hinten und vorn eine Reihe von Knechten. Sie sitz’ auf dem Throne und rede nicht; einer Weinenden gleiche das Schimmergesicht. Von Zeit zu Zeit streck die Hand sie empor und die Träne quill aus den Wimpern hervor.« (Sowie an den Künstler der Auftrag ergangen, fabriziert’ er das Weib mit den Strähnen, den langen.) Wem von fern dies Gebilde kam zu Gesicht, sah darin ein Weib, dessen Wangen voll Licht, welches den Messias beweinte voll Trauer, rot die Wangen, die Wimpern wie Lenzregenschauer. Als es fertig war, verständigt’ ein Weiser von des grossen Kunstwerks Vollendung den Kaiser. (»Wir haben das, was du befahlest, vollbracht, aufgetragenermassen die Sache gemacht.«) Der Kaiser vernahm dies vom Wissenschaftsmann und langte rasch vor dem Zauberbild an. Das Wunder verblüffte ihn, als er es sah; an sich beschied er Gustahm da; 1441.2 Knechten: Es könnten aber auch Sklavinnen sein.
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jene Zauberer wurden reichlich bedacht, ausser Geld ihnen noch Geschenke gemacht, Zu Gustahm sprach er: »Held, ruhmesreich, eine Tochter besitz ich, dem Frühlinge gleich. Sie wuchs auf und wurde reif für den Gatten. Einem ruhmgierigen Vetter, den wir hatten, hab ich sie nach des Heilands Brauch angefreit und enthüllte ihr Antlitz aus Unwissenheit. In des Jünglings Palast hab ich sie dann gesandt, dem die Seele leider zum Himmel entschwand. Und nun sitzt sie da in Trauer und Schmerze; der hellichte Tag wurde für sie zur Schwärze. Sie bleibt stumm, will Rat nicht von mir annehmen, die noch neue Welt wird greis vor Sich-Grämen. Nimm die Mühe auf dich und schau zu ihr; der Gelehrten Reden erwähle dir. Du bist jung und aus adeligstem Geblüt, vielleicht eröffnet sie dir ihr Gemüt.« Zu ihm sprach Gustahm: »Das führe ich aus; vielleicht bring aus dem Herzen die Lieb’ ich heraus.« Zum Kunstwerk begab sich der Edle sofort mit offenem Sinn und mit willigem Wort. Als er weiter kam zu des Thrones Fuss, entbot das Gebild ihm vom Thron einen Gruss. Ein niedriger Sitz ward vom Edlen erlesen und er sprach manche Worte zum trauernden Wesen. Mit trefflichen Ratschlägen kühnlich begann er und mancherlei nützliche Reden ersann er. Er sprach: »Oh dem Kaiser entstammte Maid, nie beklagt der Kluge Gerechtigkeit. Auch der Fittich des Aars wird vom Tode erkrallt und der Fisch in der Flut und der Löwe im Wald.« Doch des Helden Redeerfolg war nicht gross, denn der Leib war geist-, das Haupt war zungenlos. Vor dem Rede-Arzt ohn’ Unterlass wischte sie mit den Fingern das Tränennass.
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Gustahm erstaunte darüber tief; da entsandte der Kaiser wen, der ihn rief. »Was meinst du?« sprach er, »Der Tochter Schmerz und Trauer bekümmern aufs Tiefste mein Herz.« Jener sprach: »Ich gab ihr viel guten Rat, der leider bei ihr nichts gefruchtet hat.« Anderntags sprach der Kaiser Bâlôj an: »Geselle dich heute zu Andijân, und dem Fürstensohn Šâpûr ebenso, vielleicht macht er uns ob der Tochter froh. Begib dich zu meinem traurigen Mädel und erzähl ihr vom Schahrǝjâr, der so edel; vielleicht glückt’s dir, Antwort von ihr zu erlangen, und es kann mein Kopf dadurch Feuer fangen. Es ziemt sich, dass ihr mir darin Beistand leiht und Fragen stellt an die edele Maid; vielleicht dass auf Rat und Ermahnung sie hört, euern Grundstock zu schätzen weiss und euern Wert. Ich glaube, dass heute ihr Antwort bekommt. Und lautet die Antwort so, dass sie uns frommt, bin die Sorge ich um die Trauernde los, die Blutwasser rinnen lässt in den Schoss.« Da gingen die werten Edlen, die drei, und jeder sprach mancher- und vielerlei, doch Antwort wollte sich keinem zeigen, das Weib ohne Zunge bewahrte sein Schweigen. So kehrten sie aus dem Zimmer der Maid zum Kaiser zurück voll Hilflosigkeit: »Soviel wir auch sprachen und Ratschläge gaben, das Trauerherz wollte nicht Ratschläge haben.« Der Kaiser sprach: »Böser Schicksalsschluss, dass ich ob der Traurigen traurig sein muss.« Da er Abhilfe bei diesen Edlen nicht fand, ging auf Charrâd Barzîn er unverwandt; zu ihm sprach er: »Oh tapferer Helden Zier, Erlauchter vom Samen des Ardašîr,
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du musst dich zu meiner Tochter bequemen, vielleicht kannst du ihre Stimme vernehmen; (ihr Treiben macht mich besorgt um sie und ganz kummervoll ihre Apathie. Mit welchem Schicksalsspiel ward sie beglückt? Ich bin davon äusserst niedergedrückt. Vielleicht kannst du mich davon erlösen als adliger Mann von fein-klugem Wesen.)« Mit einem Getreuen sandte er ihn sodann aus dem Saale zur Trauernden hin. Als Charrâd Barzîn zu ihr nun kam und Gesicht, Kopf und Stirnreif in Augenschein nahm und beobachtend lange Zeit vor ihr stand, entbot ihm das Trugbild den Gruss mit der Hand. Vom Kopf bis zum Fusse beschaut’ er die Frau und auch ihre Dienerinnen genau; er sprach viel, doch konnte nicht Antwort gewinnen; da geriet der Fürstenentstammte ins Sinnen. Er sprach: »Macht der Kummer sie sinnlos, warum sind dann auch ihre Dienerinnen so stumm? Da ihr Tränen entströmen, die Leiden lindern, so müssten sie auch ihren Unmut mindern; sie lässt Tropfen nur vorn auf die Brust hin sinken und bewegt sich nicht zur Rechten und Linken. Eine Stelle treffen die Tränen allein und die Hand nur den Schenkel von einem Bein. Würde Leben in diesem Körper sich regen, würde er nicht Hand und Fuss bloss bewegen; woandershin liesse die Tränen sie quellen und die andre Hand greifen nach anderen Stellen. Doch kann ich kein Leben im Leibe bemerken. Dies gehört zu den philosophischen Werken.« Er kam zum Kaiser mit lächelndem Mund: »Mit dem Schimmergesicht steht Vernunft nicht im Bund. Ein Trugbild romäischer Fabrikanten:
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was Bâlôj und Gustahm nicht erkannten. Du hast uns hinter das Licht geführt, über uns Îrânier dich amüsiert.« Als dies der Schah hört, lacht er zu Tränen mit offenen Lippen und silbernen Zähnen.
Charrâd Barzîn erklärt die Inder
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Zu ihm sprach der Kaiser: »Leb für und für, 1505 denn du taugst gut zu der Könige Wesir. Ein Zimmer habe ich in dem Palast, das ein übermässiges Wunder umfasst. Wenn du’s siehst, weisst du nicht, ob dies zaubrische Ding sein Sein von der Kunst oder Gottheit empfing.« Als Charrâd Barzîn vernahm, was er sprach, begab er sich in dies alte Gemach; er sah, es schwebte drin stehend ein Ritter, und zurück zu dem glorreichen Kaiser schritt er. (Er sprach: »Oh Schah, dessen Glück ohne Fehl, 1510 dieser Thron ist wohl ein kostbar Juwel. Ein schöneres Kunstwerk ersah noch keiner, noch hörte von Sachverständigen es einer. Den Gelehrten darf’s nicht verborgen bleiben, denn nirgends ist Ähnliches aufzutreiben.« Zu ihm sprach der Kaiser: »Wie kommt’s, dass nach oben dieses Werk ohne Seele und Leib wird gehoben?«) »Was den Ritter betrifft, ist aus Eisen derselbe«, sprach er, »und aus jenem Stoff das Gewölbe, den man wissenschaftlich Magnet nennt jetzt, 1515 über’s eiserne Pferd vom Romäer gesetzt. Wer immer da liest in dem Buche der Inder, der wird heiter und hellen Geistes nicht minder.« Da fragte der Kaiser: »Auf seinem Gang was erreichte der Inder für Stand und Rang? Was ist ihr Glaube? Wer ist’s, dem sie dienen? Verehren sie Götzen oder wie steht’s mit ihnen?«
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Charrâd Barzîn sagte: »Es wohnt in Indien der Glaube an Kuh und Mond. Gott kümmert sie nichts, noch das Himmelsgetriebe; 1520 zu sich selber hat keiner von ihnen Liebe. Sie sind mehr als die Sonne, die sich dreht, und glauben, dass keiner von uns was versteht. Wer da immer entzündete einen Brand, ging hinein und hat sich selber verbrannt. Er weiss in der Luft ein Feuer schwelen nach des befehlenden Gottes Befehlen, der Inder-Gelehrte nennt es den Äther, geschmeidig-gefällige Worte versteht er. Er sagt: Wenn das Feuer dem Feuer naht, 1525 verschwindet die Sünde von jeglicher Tat; daher sei unumgänglich das Feuer-Anbrennen, durch Verbrennen lern’ er die Wahrheit erkennen.« Da sprach der Kaiser: »Das ist ja nicht wahr; dafür zeugt des Messias Geist immerdar. Weisst du nicht, was ʿÎsâ Sohn Mirjams sprach, damals als er den Bann des Geheimnisses brach: ›Wenn einer dir wegnimmt das Oberkleid, so beginne mit ihm nicht heftig den Streit, und wenn seine Hand auf die Backe dich schlägt, 1530 dass sich Dunkelheit vor deine Blicke legt, gib dem Zorn dich nicht hin, dein Gesicht sei nicht falb, schliess die Augen und sprich nicht frostig deshalb. Sei mit Wenig an Nahrungsmitteln zufrieden; streb nach Teppichen nicht, sind sie dir nicht beschieden. Solche Übel dürft ihr als Übel nicht fassen, wollt ihr unversehrt diese Trübsal verlassen.‹ Die Leidenschaft herrscht über euern Verstand, das Herz ist von Rechttun und Ehrfurcht verrannt. Zum Kȇwân empor wuchsen eure Säle 1535 und die Schlüssel für eure Schätze, die zähle! 1528.1 ʿÎsâ Sohn Mirjams: Jesus, Sohn der Maria
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Und mit euren Schätzen auch Heeresscharen, Goldgeräte aus Rûm und aus ʿÂd Tiaren. Das Heer führt ihr frevelhaft überallhin, um aus ihrer Ruhe die Schwerter zu ziehn. In Wüste durch Blut wird die Quelle verkehrt; dies hat der Messias fürwahr nicht gelehrt! Der lebte als armer Mann in der Not, durch der Hände Arbeit verdient’ er sein Brot; nur Käse und Milch war sein Speisegenuss 1540 und Butter war schon ein Überfluss. Da bekamen die Juden ihn in ihre Macht, haben hilfe- und schutzlos ihn umgebracht; an den Galgen hängten sie noch den Toten, seinem Glauben wurde so Hohn geboten.« Als Charrâd Barzîn solches vernahm, hör an, welche Antwort jener bekam! Also sprach er: »Er hatte Menschennatur, folgte achtsam des Guten und Hässlichen Spur; da er geisteshell wurde, empfänglich für Wissen, 1545 gelehrt, mit Gedächtnis und redebeflissen, fand die Zeit er auch zum Prophetentum und gewann in der Jugend durch Klugheit schon Ruhm. Er war der Sohn Gottes, wie du meinst, und lachte getötet am Galgen einst: Ein verständiger Mensch muss darüber lachen; bist du klug, musst du Gott zur Zuflucht dir machen. Denn er ist, hat Bedarf nicht nach Sohn oder Frau und was nur geheim ist das kennt er genau. Was lehnst des Kajûmarṯ Glauben du ab, 1550 Lehre und Gesetz, die Tahmûraṯ einst gab? Sie besagen: Der Herr dieser Welt ist nur einer, einen Grund, ihm nicht zu dienen, hat keiner. Der erfahrene Dorfherr, der Gott verehrt, wenn den Stab in der Hand zum Gebet er sich kehrt, verschluckt keinen Tropfen Wasser, nicht einen, mag vor Durst ihm auch Wasser im Traume erscheinen,
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zu Gott nimmt er Zuflucht am Kampfestag, ohne dass er im Kampf kaltes Wasser mag. Die Qibla ist ihm das Urelement, das er höher als Luft, Wasser, Erde nennt. Unsre Schahs sollen Glaubensverschachrer nicht sein, dem Gebot des Gebieters das Ohr stets leihn; nach Juwelen, Dinaren steh’ nicht ihr Sinnen, Ruhm und Ehre lass sie nur durch Rechttun gewinnen, einmal durch hoher Paläste Verschenken, dann durch traurige Herzen in Freude Versenken, drittens jener, der am Tage der Schlacht die kreisende Sonne mit Staub überdacht, und wer vor dem Feinde schirmt Leute und Land, nur der wird von Klugen ein König genannt. Wer vom Glauben was andres als Wahrheit sucht, der sei nicht gesegnet, sondern verflucht.« Als der Kaiser dies hörte, erfreute es ihn, da, ihm das, was er sagte, sehr nützlich schien. Und er sprach zu ihm: »Der da schuf die Welt, schuf dich zum Vorbild der Edlen, oh Held. Deinem reinen Wort soll man leihen das Ohr, denn den Schlüssel hast du zu der Rätsel Tor. Wer besitzt so gearteten Untertan, dessen Krone ragt übern Mond hinan.« Worauf ein Diadem er von hohem Werte, Dirhams und Dinare vom Schatze begehrte; dieses händigt’ mit viel Lob er ihm ein: »Möge Îrâns Erde durch dich gedeihn!«
Der Kaiser schickt ein Heer und eine Tochter zu Chosrau Parwîz Als er hörte, es sei ein Heer auf der Fahrt und die Welt vom Reiterstaub finster ward, wählte hunderttausend Romäer er aus, alle weithin berühmt in Kampf und Strauss; er verlangte nach Waffen und Dirhams und Rossen;
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die Zeit des Zögerns war abgeschlossen. Eine Tochter besass er, die Mirjam hiess und Verstand und Klugheit und Einsicht bewies; die gab er nach Sitten und Glauben Chosrau und erbat den Segen des Schöpfers dazu. Gustahm nahm sie in Empfang, nach den Bräuchen der Könige an Chosrau sie weiterzureichen. So viel Ausstattung wurde herbeigeschafft, dass ermüdet ward schneller Rosse Kraft: goldner Schmuck mit Juwelen, die Königen dienen, goldgestickten Gewändern sowie Rubinen, Teppiche, Romäerbrokate, bunt Zypressen darauf über silbernen Grund, und Arm- und Halsketten, Ohrgehänge, drei Kronen mit Edelsteinen die Menge; der goldenen Sänften rüstet’ man vier, ihre Decken voll reichster Juwelenzier; vierzig andre Juwelen- und Ebenholzsänften, die an Glanz mit den Augen der Hähne kämpften; dann kamen der Dienerinnen zweihundert, ob der Schimmergesichter und Anmut bewundert; und dreihundert Sklaven, klug, geisteswach, mit Silber- und Goldzäumen folgten nach; ferner vierzig romäische Dienerinnen, die berühmt, feengesichtig, die Herzen gewinnen; schliesslich vier Philosophen der Romäer, glorreiche Wissenschaftsversteher. Denen sagte er, was ihnen mochte taugen, und sprach dann mit Mirjam unter vier Augen: über Ruhe und Wunsch, was sich schickt und was nicht über Schenken, Genuss und der Frauen Pflicht. Er berechnet, was kostbar da war, der Romäer mit dreihundertmaltausend mal tausend und mehr. Den Gesandten, die an dem Hofe waren, 1582 Dienerinnen: Es können auch Eunuchen gewesen sein.
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gab er edelsteinverzierte Tiaren, er gab Rosse, Gewänder und Goldstücke reichlich und gab viel von dem, was sonst noch gebräuchlich. Einen Brief befahl er dem Sekretär zu schreiben mit allem, was notwendig wär; er sprach: »Diese Männer, dem Schah untergeben, sie dürfen den Nacken zum Monde erheben. Es ersteht unter Gross und Gering kein Held geziemender als Gustahm auf der Welt; wie Šâpûr ein Fürst, so heldenhaft-mächtig, der beim Reden die Mitte einhält bedächtig; der wie Bâlôj Geheimnis zu wahren weiss und Freie verschachert um keinen Preis; wie Charrâd Barzîn sah keiner noch wen, mochte er noch so lange die Welt sich besehn; ihn schuf der Schöpfer um dessentwillen, dass er alle Geheimnisse möchte enthüllen; wie die strahlende Sonne ist rein er und gut und von Gott stammt das, was er tat und tut.« Alles dies erwähnte er in dem Brief, worauf er den Wegweiser zu sich berief, Astrologen auch sowie andere Weise: »Wann ist wohl der richtige Zeitpunkt zur Reise?« Der Kaiser brach auf am Bahrâmtage, bei Glücksstern und günstiger Weltleuchtenlage. Drei Nachtlager reiste der Kaiser mit, worauf er am vierten zum Heere schritt; er befahl, dass Mirjam vor ihm erscheine, und sprach äusserst vieles mit ihr alleine; er sagte ihr: »Bis zum Îrânierland sei achtsam und lös nicht des Gürtels Band; der Schah soll nicht unverschleiert dich sehn, denn dir wird etwas ganz Neues geschehn.« Er sprach’s und nahm liebreichen Abschied von ihr: »Auf der Reise sei hilfreich der Himmel dir!« 1593.2 Freie: Oder Perser?
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Sein Bruder war Nijâṭûs, er führte an in diesem Kriege das Heer. Er sprach: »Chosrau ist verwandt dir schon, er sei auch von deiner Religion. Ich vertrau dir die Tochter an, alle die Werte sowie auch das Heer, das also bewehrte.« Nijâṭûs nahm alles an, was er ihm gab, und der Herrscher wandte in Tränen sich ab. Das Heer zog ab, gegen Warȇġ gekehrt, Nijâṭûs ganz vorne mit Keule und Schwert. Als Chosrau vernahm, dass das Heer sich näh’re, kam er mit aus der Stadt auf den Weg mit dem Heere. Wie nun sichtbar wurde der Staub der Häupter, die Fahne der Reiter, gepanzert-bestäubter, zog das Heer einher, wie Gewölk verraucht, zur Gänze in Helme und Panzer getaucht. Dies Heer machte Chosrau die Seele lachen so wie eine Rose bei Frühlingserwachen; es liess sein klar-edles Herz heftig beben und hiess seinen Renner die Fersen heben. Er sah Nijâṭûs, zog ihn an die Brust, befragte ihn und er pries voller Lust den Kaiser, der so seiner Sorge gewehrt und durch Mühe und Heer seinen Schatz geleert. Zur Sänfte begab er sich anderseits, hinterm Vorhang erblickte er Mirjams Reiz, er befragt sie und küsst ihr die Hand, durch den Anblick der Schönen freudübermannt. Zum Königszelt brachte er dann die Maid und macht ein verborg’nes Gemach ihr bereit. Im Gespräch sass drei Tage er bei ihr im Zelt. Als am vierten die Weltleuchte schien auf die Welt, 1606 Chosrau ist ... von deiner Religion: Kann aber auch heissen: Zu ihm sprach der König: »Sie ist verwandt dir schon – und sie sei auch von deiner Religion«.
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da rüstet ein Schloss man, das auserwählt schien, und Nijâṭûs liess man kommen vor ihn mit Serges und Kût, die kriegsgeübt waren, und samt und sonders den Heerhäupterscharen. Zu ihnen sprach er: »Wo sind nunmehr die Führer und tapferen Männer vom Heer?« (der zu schwingen weiss so Keule wie Schwert und dem im Kampfe das Leben nicht wert und, sei’s dass ein Leu ihm begegne, ein Panter, im Kampfe noch niemals den Rücken wandt’ er.)« Nijâṭûs erwählte nun siebzig Männer, am Tage der Schlacht von Kampflust Entbrenner, unter deren jedem tausend Mann waren, ausgewählte schwertzückende Reiterscharen. Als Chosrau nun dieses Heer überschaute, dieses stolze, in dem die Kampflust braute, da pries er den Herrn voller Dankbarkeit, der den Himmelskreis schuf sowie Raum und Zeit, und er pries Nijâṭûs sowie sein Heer und den Kaiser sowie dessen Land pries er. Zu den Grossen sprach er: »Wenn der Schöpfer der Zeit in diesem Kampfe mir Beistand leiht, bewirk ich’s, dass klar meine Machtfülle werde und mach zum Plejadenjuwele die Erde. Gekommen zu sein soll mit Lust euch beseelen und ihr werdet das Reden statt Schweigen wählen; nur in Freundesgedanken sollt ihr euch ergehn (und der Himmel lass Liebe vom Garten euch wehn.«)
Chosrau führt ein Heer gegen Âḏar Âbâdegân
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Am siebten Tag ordnet’ das Heeresgetümmel das Sonnengesicht gleich dem drehenden Himmel. Vom Tore erhob sich der Pauken Schall,
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vom Heerstaub ward ebenholzschwarz das All. Aus iranischen Männern erwählt’ er ein Heer, gegen Âḏar Âbâdegân zog er. Zwei Wochen reit es, befahl der Schah, und rückte zum Lagerplatz nach und nach. Ein Zelt schlug er auf in der Ebne von Dûk, ein so weites Heer nach so weitem Zug. Nijâṭûs vertraute er an all diese Reiter: »Die Herde ist dies und du bist der Leiter.« Von dort führt er fort die reisigen Männer, die Zügel beliess er dem eiligen Renner. (Zur Strasse nach Chanǧast wandt’ er sich hin,) und zog seines Weges mit fröhlichem Sinn. Môsîl der Armenier haust’ an dem Fleck und benahm inmitten der Grossen sich keck. Bei ihm war sein Freund Bindôj im Lager und Bindôj war von Chosraus Vater der Schwager. Als von Chosraus Ankunft er Nachricht erhielt, kam er schnell auf die Strasse aus dem Gefild. Beide Helden kamen aus Heeres Mitten; Chosrau sah, wie auf der Strasse sie ritten. Zu Gustahm sprach er: »Die tapferen Zwei kommen sehr eilig zur Schlacht herbei. Begib dich zu ihnen und schau, wer sie sind und warum sie denn eilen gar so geschwind.« Da sprach Gustahm: »Oh Schahrǝjâr, ich glaube, vom schimmelreitenden Paar ist der eine mein Bruder Bindôj, kühn im Streite, und vom anderen Heer sein Freund der zweite.« Zum Leun Gustahm sprach Chosrau sodann: »Wie kann dies denn sein, du tapferer Mann? Willst du lebend ihn – säss er im Kerker gefangen; oder tot – dann würde am Galgen er hangen.« Doch Gustahm sprach: »Deiner Mutter Geschwister, sieh nur genau dorthin, dein Oheim ist er. Wenn er näher kommt und’s ein anderer wäre,
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dann von Gustahm nichts als das Leuen begehre.« Die Zwei, die inzwischen genähert sich hatten, stiegen ab an einem Orte im Schatten; sie kamen noch näher heran zu Fuss und entboten mit Lobpreis dem Schah ihren Gruss. Der Schah sagte zu Bindôj: »Ich glaubte, ich werde dich antreffen schon versteckt in der Erde?« Da erzählt er Chosrau, was die ganze Zeit er erlebt und von Bahrâms Menschlichkeit; welche List er an jenem Tag angewandt und von seiner Verkleidung in Königsgewand. Viel sprach er, Chosrau hörte weinend ihn an und fragte ihn dann: »Wer ist dieser Mann?« Er sagte drauf: »Schah mit dem Sonnengesicht, was befragst du Môsîl mit Liebe nicht? Seit aus Îrân du dich begabst nach Byzanz, floh der Schlaf ihn inmitten des blühenden Lands; Gezelt und die Wüste sind jetzt seine Welt, sein Palast ist das Zelt und nichts als das Zelt, wobei er ein zahlreiches Heer stets hält und Waffen der Grösse und Schätze und Geld. Bis du kämst, an der Strasse wartete er, er erharrte des Königs Wiederkehr.« Da sprach Chosrau zu Môsîl: »Deine Sorgen und Mühen, wie blieben sie wohl verborgen? Wir wollen nunmehr verschönern dein Leben, deinen Ruhm unter allen Grossen erheben.« Zu ihm sprach Môsîl: »Oh Schahrǝjâr, durch eines mach frisch mein Geschick fürwahr, dass ich deines Rosses Steigbügel küsse, deine Würde und Anmut verehrend begrüsse.« Zu ihm sprach Chosrau: »Ob deiner Plage soll erglänzen dein Schatz alle künftigen Tage; deinen Wünschen will ich Erfüllung geben, deinen Ruhm über alle Erhabnen erheben.«
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Einen Fuss zog er aus dem Bügel voll Huld; jener herzwache Mann war voll Ungeduld, auf Fuss und Steigbügel drückt’ er den Mund, von der Angst um ihn war sein Denken ganz wund. Als sein Werk verrichtet der Königstreue, hiess der Schah ihn das Ross besteigen aufs Neue. Vom unfruchtbaren Feld trieb er dann das Pferd zu des Âḏar Gušasps hohem Feuerherd. Gebetsmurmelnd trat er zum heiligen Ort, sein Herz war gänzlich vom Schmerz durchbohrt. In der Hand den Zandawestâ sah kommen man den Feuerpriester zum König, dem frommen. Den Goldgürtel löste der Schah von der Lende und warf in das Feuer Juwelenspende; Gebete verrichtend vorm Feuer erschien er und klagend verliess er den Feuergottdiener. Er sprach: »Oh gerechter und reiner Richter, sei meinen Feinden du der Vernichter! Du hörst mich ja um Gerechtigkeit flehn, bereit, nur den Weg des Guten zu gehn. Habe nicht am Frevel des Frevlers Gefallen!« Er sprach’s, um den Goldgurt dann anzuschnallen. Zur Ebene Dûk hin wandt’ er sich jetzt, den Weg suchend, schwer im Herzen verletzt. Als zurück er zum eigenen Lagerplatz kehrte, war verfinstert die Welt von der Nacht, die lang währte. Er liess Aufgeweckte als Kundschafter gehn, um der Feinde Ereignisse zu erspähn. Als das Heer von Nimrud die Kunde vernahm, dass der Weltleuchte-Schah des Weges kam, band den Elefanten die Pauken man auf und die Erde ward wie der Nilstromlauf. Durch die Nachricht wurden sie sämtlich wie neu und kamen als Helfer zu Chosrau herbei.
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Bahrâm-i Čûbîne erhält Nachricht von der Rückkehr Chosraus und schreibt einen Brief an die Häupter von Îrân
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Als zu Bahrâm davon die Nachricht gelangte, dass das Königtum wieder in Blüte prangte, hielt er Umschau nach einem von seinem Heere, voll Ehrgeiz, der Wissen besass und Ehre; Dârâ Panâh hiess der Mann, den er fand und den Wohlwollen mit Bahrâm verband. Einen stolzen Schreiber berief er sodann und sagte viel passende Worte ihm an; er befahl ihm, dass grosse Briefe er allen niederschreiben er solle den starken Vasallen, an Gustahm und Bindôj und Gardôj sodann, der Heldenruf von den Grossen gewann, an Šâpûr und an Ritter Andijân, wen immer der Helden laut rühmte man. »Den Schöpfer der Welt«, so begannen die Briefe, »preise ich vor allem aus Herzenstiefe, dass ihr alle mir aus dem Schlaf erwacht, nicht rasch stürzt ins Unglück mit Unbedacht! Denn seit auf der Sasaniden Brut aller Ecken und Enden das Auge ruht, entstand durch sie, was das Schlechteste ist, auf dem Erdkreis die Sucht nach Gewalttat und Zwist. Durch den Kopf Bâbakân Ardašîrs entstand frisch das Kampfgetümmel in jedem Land; verdunkelt wurde die Welt durch sein Schwert, aller Edlen Haupt verwirrt und verkehrt. Von Ardawân erst will ein Wort ich vermelden und von jenen edlen hellgeistigen Helden, die Welt wurde leer von ihrem Ruhm, voll Schmerz ward der Thron wie das Königtum. Welch Unheil den Sûfarâj überkommen vom verruchten Pêrôz, hast wohl du vernommen;
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er löste die Fesseln Qubâd von den Füssen und er liess von den Grossen ihn dieses büssen. Qubâd, dieser Bösling, kaum Kraft wieder fasst er, so ersetzt er im Herzen die Tugend durch Laster. Der ihm half und ihm wohlwollte, den bracht’ er um; das Herz der Edlen blieb für ihn stumm. Wer sich nicht für die eignen Verwandten bewährt, wem die Leidenschaft mehr als sein Kind ist wert, der wird auch für Fremde nicht wert genug sein; im Ebenholzblock such nicht Elfenbein. Auf die Sasaniden hört auf zu hoffen; Rubine sucht nicht, die aus Rotweiden troffen. Wenn sie dieses Schreiben an euch bestellen, möge Ôrmuzd euch glückhaft das Leben erhellen! Bei mir steht ein glänzender Platz euch bereit, so Brustteil wie Ärmel am Oberkleid. Schlaf findet ihr sowie Ruh, wenn ihr wacht, steht die Sonne hoch wie in finsterer Nacht. Wenn ihr alle kommt und euch mir gesellt, wird mir diese finstere Seele erhellt. Keine Angst macht mit seinem Kaiser mir Rûm, ihr Haupt, ihren Thron, die stürze ich um.« Auf die Briefe wurde sein Siegel gedrückt; es kam ein Gesandter, in Listen geschickt, er zog so aus, wie die Kaufleute ziehn, und eilte zum Hofe des Chosrau hin, Eine Karawane mit Gut aller Art, mit den Briefen und Gaben nahm er auf die Fahrt. Er sah jenen Prunk und so zahlreiches Heer, dass man meinte, kein Weg sei auf Erden mehr. Zu sich selber sprach da der alte Mann: »Da gilt’s, etwas zu tun, was man meiden nicht kann, so glanzvoll und würdevoll ist dieser Schah – wer sucht bei Bahrâm um Schutz wohl nach? Aus Pârs bin ich eine friedliche Seele und bringe beladen dreissig Kamele.
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Weshalb soll ich denn mich selber vernichten? Was hoch und was tief ist, ist leicht hier zu sichten. Ich gehe, die Briefe trag ich zu Chosru und stelle die neuen Geschenke ihm zu.« Voll der Sorgen kam er zu des Schahs Residenz mit des kriegrischen Untertans Korrespondenz, er brachte die Briefe, Geschenke und Geld und berichtete alles dem Herrscher der Welt. Der Schah, wie er nur die Briefe las, befahl, dass auf goldenem Stuhl er sass; er sprach zu ihm: »Der du weisst viele Dinge, Bahrâm, musst du wissen, schätz ich nur geringe. Mit dem, was du getan, erreichst du das Ziel; nun suche darin nach Ruhm nicht noch viel.« Einen Sekretär berief er zu sich für die Antwortbriefe, die notwendig; in diese Briefe schrieb er sodann: »Oh du stolzer und heldenmässiger Mann, deine Briefe lasen wir Satz für Satz und gaben dem Boten vor uns einen Platz. In unnützen Reden sind wir mit Chosru, doch im Herzen mit dir; neuen Lenz bringst du. Führst du in das Land uns hieher ein Heer, wer denkt an Byzanz noch und an die Romäer? Wir alle ziehn dann die Schwerter zum Sieg und töten alle Romäer im Krieg. Wenn Chosrau dein Heer erst vor Augen hat und den Glanz deiner Würde und Heldentat, wird sein Herz am Schlachttag Zittern ergreifen und er sucht wie ein Fuchs vor dir auszukneifen.« Auf die Briefe setzte das Siegel der Schah; jenen Freundlich-Gefälligen rief er sonach und er sprach zu ihm: »Oh du kluger Mann, für dein Tun reift der Mühe Frucht dir heran.« Mit Gold und Juwelen beschenkte er ihn und mit manchem höchst kostbaren Rubin.
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»Dem Čûbîne bring’s«, sprach der Schah zu dem Alten, »wer kopflos ist, ist für wertlos zu halten. Wenn zu strahlen beginnt mein stolzes Glück, halt ich jeden Mangel von dir zurück.« Da ging Dârâ Panâh vom Hof und geschwind legte er den Weg zurück wie der Wind; er legte die Briefe Čûbîne vor und bracht’ ihm gar süsse Worte ans Ohr.
Bahrâm-i Čûbîne führt ein Heer in den Kampf gegen Chosrau Parwîz und schlägt die Romäer in die Flucht
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Der ehrgeizge Čûbîne las den Brief, er vertrieb die Vernunft und der Leidenschaft rief er. Da er drob sich zur Heerfahrt zu rüsten begann, fiel die Îrânier Verwunderung an. Es traten die Alten vor ihn hin und sie ersahen seinen finsteren Sinn. Da sprach ein jeder: »Geh nicht von hier fort! Wenn du gehst, der jungfrische Tag verdorrt. Wenn Chosrau nach Îrân zurückekehrt, so sieht er hier nichts als Keule und Schwert. Auf dem Königsthron fühl dich nicht sicher zu viel, denn das Schicksal treibt trüg’risch mit dir sein Spiel.« Doch ihr Wort übte keine Wirkung auf ihn; er befahl dem Heer, zum Tore zu ziehn. Das Gepäck liess er laden, die Pauken rühren, um das Heer zu Ross aus der Stadt zu führen. Bis Âḏar Âbâdegân eilte er mit diesem tapfern Îrânierheer. So nahte sein Heer dem Heere dicht, für Mücke und Emse gab’s Wege nun nicht. So sprach dann der kriegslust’ge Führer: »Traun, ich will einmal das Heer mir beschaun, ich will sehn, wen es gibt an romäischen Reitern, was an Heer und an heldenmässigen Streitern.«
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Gleich sassen die Helden auf ihren Rossen, Jalân Sîne und Îzad Gušasp als Genossen; indem, um das kriegsmut’ge Heer zu betrachten, diese Mächtigen auf den Weg sich machten. Sie besahn das Heer und kehrten sodann zurück wieder zu jenem führenden Mann; »Dieses Heer da ist ja ganz grenzenlos und weit über unsere Annahme gross.« Die Romäerreiter des Schahs aber dort die eilten zu seinem Empfangssaal sofort; vor Chosrau gürteten sie sich die Mitte: »Wir haben Lust zum Îrânierstritte.« Damit war voll einverstanden der Schah, da der Wunsch des Heers dem seinen entsprach.
Kampf Chosraus mit Bahrâm-i Čûbîne und Tod des Romäers Kût
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Als der Sonne Haupt übers Bergdunkel schwoll, kam Getös, das von beiden Seiten erscholl, dass du meintest, die Erde ward Himmelsgetriebe und von Blitzen der Schwerter die Sonne trübe. Rechter, linker Flügel wurden gereiht, die Erde ward Eisengebirg weit und breit. Vorm Gewieher der Rosse und Schreien der Haufen sucht’ die Küste übers Gebirg zu entlaufen. Kaum dass Held Bahrâm ein solches erblickte, als ein wasserhelles Schwert er schon zückte. (Sein Herz kannte niemals Furcht noch Scheuen, er zerspaltet das Herz des reissenden Leuen. Den Îrâniern sagt er: »Formt den Zug zur Front durch die ganze Gegend von Dûk.«) Allein um das Heer herum ritt er rings, um zu spähen nach rechts und zu spähen nach links: zu Jalân Sîne sprach er: »Begib dich sofort vor die Front des Zentrums und warte dort; denn von diesem Heer bin ich heut ein Soldat
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und warte, bis er sich geflüchtet hat.« Chosrau besah das Gefilde der Schlacht; die Welt sah vom Heer er schwarz wie die Nacht. Die Sonne erglüht’ wie der Rachen des Leuen; es schien aus den Wolken Schwerter zu schneien. Nijâṭûs, Bindôj, Gustahm und Chosrau wandten sich vom Gefild einer Anhöhe zu. Jene Häupter sassen am Berge von Dûk, ihre Blicke galten der Dienenden Zug; das Heer übersah der Schah von dem Hügel, nach links und nach rechts und Zentrum und Flügel. Als das Paukengetös’ beiderseitig erscholl, da gingen die Männer der Kampflust voll. Du meinst, dass der Boden zum Eisenberg werde und der Himmel zum grimmen Feinde der Erde. Als Chosrau sah, was sich alles begebe, wie Himmel und Erde ein dichtes Gewebe, da sprach er zu Gott auf Pahlawî: »Der Höchste erreicht deine Höhe doch nie! Nur du weisst, reiner Gerechtigkeit voll, wer sich heute des Sieges erfreuen soll, wem heute sein Glück zu hinken beginnt, wessen Speerspitzen Dornen und Spreu nur sind.« Die Seele Chosraus war sorgenschwer, in der Welt sah nur ein Gestrüppe er. Da brach Kût hervor aus der Mitte vom Heere, als ob er ein schwarzer Eisenberg wäre, er lief heraus aus der Mitte der Schar, und als er der Berghöhe nahe war, sprach er zu Chosrau: »Der einst in Îrân, oh Erhabner, mit dir zu kämpfen begann und der sodann, dieser teuflische Knecht, dass du vor ihm flohest, sich so erfrecht, – sieh nach rechts und nach links im Heere umher – inmitten der Grossen wo ist denn er? Denn nun will ich ihn lehren, was kämpfen heisst,
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er erfahre der Krieger Gewalt und Geist.« Ob des alten Kampfes Schmerz überkam Chosrau, sobald er dies Wort vernahm, denn er sagte damit: »Du flohst vor dem Knecht und warfst fort die Waffen in dem Gefecht.« Er gab ihm daher keine Antwort darauf, 1790 sein Herz war voll Blut und er seufzte schwer auf. »Begib dich zum Reiter des Schimmels«, sprach hierauf jedoch zu Kût der Schah, »sieht er dich, wird er auf den Kampf mit dir nehmen, und flieh nicht, sonst beisst du die Lippe vor Schämen.« Als Kût dies vernahm, kehrte um er so schnell, als wär er des Sturmwindes Weggesell. So kam er brausend, den Speer in der Hand, zum Kampfplatz, ein wütender Elefant. Jalân Sîne rief laut Bahrâm zu: 1795 »Sei achtsam, reisiger Ritter du! Denn ein Dȇw wie ein trunkener Elefant naht, die Fangschnur am Sattel, den Speer in der Hand.« Bahrâm zog darauf schnell das Schwert heraus aus der Scheide und sprach den Namen aus. Als Chosrau dies sah, sprang er auf von dem Sitze und erhob das Haupt auf der Bergesspitze, den Blick gerichtet auf Bahrâm und Kût, beide Augen voll Wasser, das Herz voll Wut. Der Romäer griff an mit dem Speer, aber fest 1800 hielt Bahrâm den Fuss auf den Standort gepresst. Doch übte der Speer eine Wirkung nicht; der Krieger erhob seinen Schild zum Gesicht, mit dem Schwert hieb er ihm auf Kopf und Genicke, dass den Leib bis zur Brust er zertrennt’ in zwei Stücke. Als der Schall des Schwertes zu Chosrau kam, da lächelt er über den Hieb des Bahrâm, währenddessen Nijâṭûs die Augen schloss, da das Lächeln Chosraus ihn äusserst verdross. Zu Chosrau sprach er in seiner Wut: 1805
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»Wer in der Schlacht lächelt, oh Held, ist nicht gut. Für dich ist der ganze Krieg nur ein Spiel; die Rachsucht schläferte ein dein Gefühl. Wie Kût Sohn Hazâres sah einen Mann noch niemals jemand in Rûm und Iran. Du lächelst, weil er seinen Tod eben fand; so wisse, auch dein Glück hat sich gewandt.« Chosrau sprach zu ihm: »Es lächelt mein Mund über Tod und Zerspaltung aus folgendem Grund: Einem jeden, wiss’, der mit Spott sich ergetzt, 1810 wird vom drehenden Kreise ein Stoss versetzt. Er sagte zu mir: ›Du flohst vor dem Knecht, statt zu kämpfen, so stand’s um die Tüchtigkeit schlecht.‹ Doch vor diesem Knecht zu fliehn ist keine Schande, der zu solchem Hieb war am Schlachttag imstande.« Bahrâm aber rief auf der anderen Seite: »Oh ihr adligen Helden, berühmt im Streite, Jalân Sîne, Îzad Gušasp und Râm bindet den auf ein Ross, dem das Leben ich nahm, schickt zu seinem Lagerplatz dann seine Leiche, 1815 dass sie dort der Blick seines Schahs erreiche.« Da schnürten die Krieger fest und gut auf den Sattelrücken die Leiche des Kût und es rannte das Ross mit der stolzen Last zu dem eigenen Lagerplatz wieder in Hast. Des Chosrau Trauer um Kût war sehr gross; sie lösten die Fangschnur vom Körper los. Er liess in seine Wunden Moschus fassen, dann befahl er, die Leiche trocknen zu lassen, sodann in ein weisses Tuch sie zu nähen, 1820 die Mitte gegürtet, mit Panzer versehen. Zum Kaiser sandte er ihn zurücke: »Das Schwert jenes Knechts von teuflischer Tücke beendete seinen Kampftag so; keine Schande ist’s, wenn vor ihm ich floh.« Die Romäer wurden in Trauer versetzt,
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ohne Kampf aller Herzen aufs Schwerste verletzt; der Romäerbitrîq vergoss Tränennass, alle Wangen voll Wasser, das Herz voller Hass. Zehntausend kamen der stolzen Streiter, alle christlichen Helden und alle Reiter. Sie stürmten an, dass den Berg dabei zerriss der Romäerscharen Geschrei. Waffenklirren erhob sich, Geruf und Geheule und das Schmettern des Schwerts und der wuchtigen Keule. Ins Wallen gerate der Ozean und mitschreie der Himmel, so meinte man. Von den vielen Leichen, die sich gesammelt inmitten des Heers, war der Weg ganz verrammelt. Den Tod fand ein Heer von Romäern hier, den Tod jeder tapfere Offizier. Chosraus Herz erhielt dadurch tiefe Wunden; die Verletzten, die lebten, wurden verbunden. Man warf alle Toten auf einen Haufen, den Hügel liess an zum Gebirge man laufen. »Bahrâm-Čîd« wurde der Hügel genannt. Die Hoffnung auf Rûm ward von Chosrau verbannt; er sprach: »Wenn ein zweitesmal in dieser Art eine Schlacht von Romäern gefochten ward, dann bleibt auf der Welt kein romäisches Heer, ihre stählernen Schwerter sind Wachs und weiter nichts mehr.« Zu Sargis sprach dann der Schahrǝjâr: »Führe du morgen nicht ins Gefecht die Schar, sondern warte anstatt, ohne dich zu regen, bis das Heer ich führ’ den Îrâniern entgegen.« Den Îrâniern sagt er: »Morgen müsst ihr ohne Säumen zum Kampf ziehn mit Kampfbegier.« Sie riefen drauf alle: »Das wollen wir machen. Berg und Wüste machen zu blutigen Lachen.« 1824 Romäerbitrîq: Patriarch
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Kampf der Helden Chosraus mit Bahrâm-i Čûbîne
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Aus dem Meer schlug die weisse Standarte empor, dass der Stern jede Hoffnung auf Dunkel verlor. Aus zwei Zeltreihen sah man die Trommler treten mit Elefanten und mit Trompeten. Die ehernen Pauken und Hörner erhuben von Elefantensätteln, Getös und die Tuben, als bewegten sich fort so Ebene wie Hügel und die Sonne würde zum Rabenflügel. Als die Front geformt das iranische Heer, alle indisches Schwert in der Faust und den Speer, war’s, als wallte der Boden, und von den Spitzen der Speere begannen die Sterne zu blitzen. Als Chosrau im Zentrum ordnet’ die Reihn, da stellte bei jedem der Kampfmut sich ein. Gardôj war Befehlshaber ihm zur Rechten, ein ehrgeiziger Held und voll Mut in Gefechten, zur Linken ihm war der armenische Held gepanzert mit teuflischem Schwert aufgestellt, und Šâpûr und Andijân, mächtig im Stritte, zu diesem Kampf fest gegürtet die Mitte. Es war Gustahm ferner dem König zur Hand, der gegen den Feind ihm zur Seite stand. Als Bahrâm sah, dass das Romäerheer fehlte, war Warten und Schweigen das, was er wählte; er befahl, dass man den Elefanten aufbände die Pauken, und nilgleich ward das Gelände. Wie auf weissem Elefantenrücken so ritt er, brach dem Gegner die letzte Hoffnung in Splitter. Den Elefanten trieb er nach rechts hervor: »Oh du böser Schurke«, sprach er zu Šâpor, »hast du nicht im Briefe die Pflicht übernommen, auf dem Felde des Blutes zu mir zu kommen? So etwas sei nicht der Freien Methode; du gibst dich umsonst nun preis dem Tode.«
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Zu ihm sprach Šâpûr: »Oh du teuflischer Mann, dessen Kopf in der Knechtschaft Frechheit gewann, wie gäb’s von dem Briefe denn Namen und Zeichen, dass du solches sprichst vor den Adelsreichen?« Zu Šâpûr sprach König Chosrau indessen: »Dieser Brief war seinem Sinn angemessen. Für den Brief findest du deinen Lohn von mir und die anderen namhaften Männer hier. Kommt die rechte Zeit, will ich alles dir sagen und dir alle bösen Gedanken verjagen.« Als Bahrâm die Rede Chosraus vernahm und so auf die Mystifizierung kam, war er sehr empört und von Scham überkommen und im Zorne von Kampfgier eingenommen. Der Gewaltmensch auf dem Elefanten allein trabte eilig zu Chosraus Zentrumsreihn. Als Chosrau solches sah, sprach er Andijân mit den Worten: »Oh wütender Löwe« an: »Lasst die Pfeile regnen auf jenes Tier, in den Bogen habt Wolken des Frühlings ihr.« Und die Îrânier Mann für Mann spannten ihre Bogen gegen den Elefanten; von Pfeilspitzen ward so sein Rüssel zerstochen, als wär aus den Wunden der Nilstrom gebrochen. Sofort begehrte Bahrâm ein Pferd sowie einen Helm, eines Königs wert. Doch von neuem schlug ein Pfeileregen nun dem stolzen Rosse Bahrâms entgegen. Vom Ross stieg der Held und barg den Schurz seines Panzerhemds innerhalb seines Gurts; zum Haupt hob den Schild er und es beschert jenen Kriegern Vernichtung sein scharfes Schwert. Vor Bahrâm liefen davon sie in Eile und warfen zu Boden Čâǧbogen und Pfeile. Sie brachten ein Pferd auch und darauf setzte sich der Feldherr rasch in Lauf
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und rufend eilte zum Zentrum er, wo der Schah sich befand bei seinem Heer. Auseinander riss er des Zentrums Kern, es verschwand die Fahne des Weltenherrn. Von dort ritt zum rechten Flügel er weg, im Rücken der Perser war das Gepäck. (Chosrau sah’s und eilte zur Linken hin, so wie ein Lamm, dem ein Wolf erschien.) Diesen Flügel hatte Gardôj zu wahren, ein tapferer Krieger und welterfahren. Als der Bruder den Bruder so sah nahn, da spannt’ er den Bogen und zog ihn an. So kamen ins Kämpfen zwei Mörderische, dass man meinte, dass einer zum andern sich mische. Und eine geraume Zeit verfloss und der eine kam von dem andern nicht los. Bahrâm sprach zu ihm: »Ohne Vater Entsprossner, bist du ein zum Morde des Bruders Entschlossner?« Da sprach Gardôj: »Oh du Wolf aus dem Wald, hörtest diesen Spruch du nie voll Gehalt: ›Hast den Bruder du, hast du den besten Freund, doch besser nicht Fuss noch Haut, wird er dir Feind‹? Du bist blutgierig, frevlerisch und verrucht, Gott im Herzen Feind und vor Gott verflucht. Vor dem Bruder zeigt sich der Bruder nicht zum Kampf, wenn ihm nicht alle Ehre gebricht.« Bahrâm liess ab von ihm, als er es hört’, ergrimmt auf ihn und aufs Höchste empört. Da ritt Gardôj bis zum König dicht, er war ganz verwirrt und schwarz im Gesicht. Der König empfing ihn mit Huld und mit Ehren: »Mögen Lohn dir gewähren die kreisenden Sphären!« Von der Front zum Zentrum des Heeres ritt er; es bewegten sich heftig die tapferen Ritter. 1878 Gardôj: Der Bruder des Bahrâm-i Čûbîne
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Chosrau sandte jemand zu Šâpûr: es sei vonnöten, dass Môsîl er Hilfe leih: »Bemüht euch und stellt euch Rücken an Rücken, vielleicht wird ein glanzvoller Sieg euch glücken.« Zu Gustahm sprach der Schahrǝjâr: »Wenn am Kampf ein Romäer beteiligt war, wird Bahrâm eine Niederlage versetzt oder wird er auch nur im Kampfe verletzt, heben alle Romäer das Haupt zu den Sphären und erzählen masslose Wundermären. Ich will den Stolz der Romäer dämpfen, sie sollen durch uns sich nicht Ruhm erkämpfen. Der Romäer Tüchtigkeit konnte ich sehen gleich der Herde am Tag, da die Schneestürme wehen. Da ist’s besser doch, dass mit Čûbîne allein ich mit Wengen den Kampf besteh. Es soll keiner im Kampfe mir Beistand leihn, ich nehm Beistand zu Gottes Hilfe allein.« Da sagte Gustahm: »Zu keiner Zeit wieg die süsse Seele in Sicherheit. Ist so dein Entschluss, musst du Männer wählen, du darfst in der Schlacht dich nicht selber entseelen.« Zu ihm sprach Chosrau: »Das hat einen Sinn, was du sagst: such im Heer selbst dir Helfer drin.« Und so erwählte Gustahm nunmehr vierzehn Helden aus der Îrânier Heer: zuerst führt den eigenen Namen er an in der Rolle der Kämpfer und setzt ihn voran; zweitens Šâpûr und Andijân als Dritter, dann Bindôj und Gardôj, die mächtigen Ritter, dann Âḏar Gušasp und Šȇrzîl: das machte mit dem löwenbezwingenden Zangȏj achte; dann im Kampfe freundlich besorgt Tuchâr, der Jalân Sîne garstiges Missgeschick war; Farruchzâd und Chosrau, das Haupt hochgerichtet, und Aštâd-i Pêrôz, der Feinde vernichtet,
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der glückliche Chwaršȇd mit Ôrmuzd, vor denen der Feind ward zu Gartenblust. (Aber Gustahm schritt allen andern voran, der im Kampf auch die Übermacht stets gewann.) Diese zweimal sieben erwählte er, dann eilt er auf eine Seite vom Heer. Und Chosrau sprach zu den Paladinen: »Ihr stolzen Helden, die treu mir dienen, nehmt Gott allein euch zur Stütze und so macht euere Herzen lachend und froh; denn der Wille Gottes allein wird geschehn, solang sich die Sphären, die uralten, drehn. Es ist besser, zu finden den Tod im Gefecht, als dass unser Herr werde irgendein Knecht. Eure Aufgabe ist es, mich zu beschützen; die Zeit, sich zu regen, darf man nicht versitzen.« Alle zollten ihm Beifall voll und ganz und riefen ihm zu als dem König des Lands und verpflichteten sich vertraglich, dass sie den König verliessen im Kampfe nie. Dem Schah, der’s vernahm, war die Unruh gestillt, ihm war lieb, dass die Seinen wie er gewillt. Bahrâm dem Glückhaften liess er das Heer, mit den vierzehn Helden entfernte sich er. Von der Aussichtswarte scholl Rufen da, man gab Bahrâm die Nachricht, ein Heer sei nah. Der rege Ehrgeizige stieg gleich zu Pferd, die Fangschnur an Sattel, in Händen das Schwert. Als er jene Helden erblickte vom Renner, erwählt aus den Kriegern er etliche Männer; zu Jalân Sîne sprach er: »Ja Tapferkeit bewies der Schlechtbürtige wirklich im Streit; denn ich weiss sehr wohl, dass kein andrer es ist, der sich in der Schlacht zu stolzieren vermisst. Mit derartigen Leuten kam er daher zum Kampf – nein zum Krokodilschlund vielmehr.
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Mehr als Zwanzig sind’s nicht, die an Stolzen er fand, und von diesen ist mir kein einziger bekannt.« Zu Îzad Gušasp und Jalân Sîne dann: »Seine Mannheit verbirgt«, so sprach er, »kein Mann. Für die zwanzig müssen vier von uns reichen und wir sind nichts wert, wenn vor jenen wir weichen. Wir brauchen uns nicht über vier zu vermehren, mehr Gunst wird das Glück uns als Chosrau gewähren.« Einen Mann gab’s, sein Name war Ǧânfirôz, 1930 der die finstere Nacht vor dem Tage erkos; diesem gab er das Heer und mit drei Genossen ritt der Kühne aus auf den schnellen Rossen. Als Chosrau Bahrâm des Wegs kommen sah: »Ein Heer naht«, sprach zu den Îrâniern er da. Dass euch nur nichts eure Herzen beklemme! Für mich ist’s die Zeit jetzt, dass hier ich mich hemme. Meine Keule und ich wollen Čûbîne dämpfen und an euch ist’s, mit diesen Stolzen zu kämpfen. Ihr seid eurer vierzehn und jene sind drei, 1935 Gott behüte, man brächt’ eine Schlappe uns bei.« Nijâṭûs mit seinen Kriegern aus Rûm, weil es not war, banden die Gürtel sich um; vom Schlachtfeld stieg auf den Berg seine Schar, wo Ausblick auf beide Heerscharen war. Ein jeglicher sprach; »Weshalb will denn sein Leben der Schah für die Krone zum Opfer geben? es gibt auf dem Felde noch so viele Reiter, doch geht allein ganz verwirrt in den Streit er.« Alle hoben die Hände zum Himmel hinan, 1940 weil sie sämtlich ihn schon getötet sahn. So sprengte sein Ross Bahrâm in das Feld, Jalân Sîne, Îzad Gušasp auch, der Held; Chosrau wussten sie von den Freunden zu trennen; Wolf war jener, die Edlen Herde zu nennen. (Chosraus Freunde waren verstimmt sehr tief, als sie sahn den den Banden entronnenen Dȇw.)
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Nur Gustahm, Bindôj und Gardôj verblieben – der Schah flehte zu Gott – von den zweimal sieben. Ratlos ritt der Weltenherr kreuz und quer (und Âḏar Gušasp eilte hinter ihm her.) Zu Gustahm sprach da der Schahrǝjâr: »Fürwahr jetzt naht mir die Lebensgefahr. Was soll es jetzt, töricht zugrundezugehn, da sie meinen Rücken jetzt fliehend sehn.« Gustahm sprach: »Es kommt ein Reiter; du bist jetzt allein, wie kämpfst du da weiter?« Chosrau sah sich um; hinter seinem Tier sah Bahrâm er vor allem von jenen vier. Da auf den Schutz seines Lebens schaut’ er, den schwarzen Rossepanzer zerhaut’ er. Von ihm blieben zurück jene Ritter die drei, hinter ihm kam rachgierig der Feind herbei. Vor sich sah nun einer Bergschlucht Rand er, hinter ihm die drei Recken so wie die Panter. Der Grund der Schlucht war vom Berg abgeschlossen; entfernt blieb der Weltenherr von den Genossen; worauf denn der Jüngling vom Pferde sprang und hinauf lief über den Bergeshang. Er war nun zu Fuss und der Weg war nicht frei, das Herz des Edlen ward wund dabei. Kein Ort, zu bestehn, und kein Weg zur Flucht und hinter ihm drein kam Bahrâm mit Wucht. Zu Chosrau sprach er: »Du trüg’rischer Knab, dem Hinauf kommt jetzt zuvor das Hinab. Weshalb hetzt du denn deinen Geist so auf mich? Die Schulter trägt schwer ja schon sicherlich.« Als das Schicksal den Schah so eng schloss ein, hinter ihm das Schwert und vor ihm das Gestein, da rief er zu Gott: »Oh du Waltender du, über allem Geschehen hoch Schaltender du, um Hilfe fleh in der Not ich zu dir,
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lass mich nicht klagen zu Kȇwân und Tîr!« Wie also vom Berg seine Stimme erschallt’, zeigte sich des Sarôš, des sel’gen, Gestalt; er ritt einen Schimmel in grünem Gewand; durch den Anblick war Chosrau die Furcht ganz gebannt. Er kam näher, um Chosraus Hand dann zu fassen; dies darf, als vom Herrgott, nicht staunen uns lassen. Er führte ihn fort, vom Feinde befreit, und verliess ihn dann, schon in Sicherheit. Zu ihm sprach Chosrau: »Sag mir deinen Namen«, 1965 wobei viele Reden und Tränen ihm kamen. Zu ihm sprach der Engel: »Ich heisse Sarôš; bist du sicher erst, halte dich hinter dem Busch. Du wirst fortan der Weltherrscher sein und darfst nichts anderes sein als rein.« Er sagte dies und ward nicht mehr gesehn; keiner sah je solches Wunder geschehn. Als Bahrâm solches sah, war er ganz aus dem Haus und rief wiederholt Gottes Namen aus. (Und zitternd fiel er auf seine Knie, als er sah, dass ihm wunschgemäss alles gedieh.) Er sprach: »Solange Menschen Kriege führen, 1970 möge meine Mannheit ich niemals verlieren. Dazu kam’s, dass ich mit dem Engel fechte; mein Geschick ist so trüb, dass man weinen möchte.« (Bahrâm war hüben ganz voller Schmerz, über all seine Taten kam Reu in sein Herz.) Nijâṭûs drüben auf der Bergeskrone bat Gott den Gerechten, dass er ihn verschone, und Mirjam zerkratzte sich beide Wangen, ob des Gatten, des Weltherren, voller Bangen. Das Heer war im Feld und in Berg und Tal, 1975 das Herz der Romäer voll Malen und Qual. (Als Chosrau Nijâṭûs verschwunden schien, 1960.2 Kȇwân und Tîr: Saturn und Merkur 1966.2 hinter dem Busch: W: fern vom Lärm
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führte dieser die Goldsänfte anderswohin.) Zu Mirjam sprach er: »Bleib sitzen hier; Îrâns Schah ist dahin, so fürcht ich schier.« Doch Chosrau erschien just im selben Moment auf dem anderen Berghang, vom Heere getrennt. Übers edle Heer kam drob Freudigkeit und Mirjams Herz war vom Schmerze befreit. Als Chosrau Mirjam wieder kam nah, 1980 erzählt’ er vom Wunder, das an ihm geschah; er sprach: »Oh du kaiserentsprossene Maid, ich erfuhr vom Herrgott Gerechtigkeit. Weder Feigheit noch Herzschwäche war’s, in der Schlacht ist’s das schwache Herz ja, das feige uns macht. Als ich freundlos zurückblieb in jener Schlucht, hab ich schmerzvoll beim Schöpfer Beistand gesucht; dem Knecht machte er das Geschehen der Welt offenbar, das er allen verborgen hält. Firȇdûn der Selige sah solches kaum 1985 noch Tûr, Salm und Afrâsǝjâb je im Traum, was an Zeichen des Siegs, oh ihr edlen Leute, und des Königtums mein Auge sah heute. Jetzt sollt den Angriffszorn ihr erneuern und im Kampf euch das Denken an Chosrau befeuern.«
Dritter Kampf des Chosrau Parwîz mit Bahrâm-i Čûbîne und Niederlage Bahrâms Zugleich zog vom Berge das Heer in das Feld und vom Reiterstaube ward schwarz die Welt. Auf der ändern Seite führt’ Bahrâm das Heer und es blieb dem Tag keine Helligkeit mehr. Er sprach: »Jeder, der den Heerführer macht, benötigt Verstand, Mannesmut sowie Macht. Die Tapfern, die meine Lanze erspähn und meine Heldennatur ersehn, denen will mehr ich als Chosraus heissen,
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den Ruhm Nȏšînrawâns will zu Boden ich schmeissen.« Tollkühn ging vom Heer auf den Schah er los, er spannte den Bogen und plötzlich schoss einen Pfeil er dorthin, wo den Gürtel man schnallt, doch der Seidenstoff hemmte der Spitze Gewalt. Ein Knecht, der gesehn, wie der Pfeilschuss getroffen, 1995 zog die Spitze heraus aus den seidenen Stoffen. (Doch dem Feinde Bahrâm-i Čûbîne drauf nahte sich der Schah in eiligem Lauf;) Seinen Speer stiess er gegen sein Gürtelband, doch ein Panzerhemd trug er, die Masche hielt stand, die Lanzenspitze zerbrach in zwei Stücke und Angst überkam den Mann voller Tücke. Das Brechen des Speers bracht’ den Schah in Wut und er hieb mit dem Schwert auf den eisernen Hut; aber auch zur Gänze das Schwert zersprang 2000 und blieb stecken im Helm, in den es drang. Wer diesen Hieb sah, der musste ihn preisen oder wer auch nur klirren hörte das Eisen. (Des Schahs ganzes Heer erhielt wieder Kraft, denn das Tun Bahrâms erschien mangelhaft. Bahrâm trübten Sonne und Mond ihr Licht, widerwillig wandt’ er vom Schah das Gesicht; er erkannte die Schwierigkeit, die es da gab, und stand vom mutvollen Angriff ab. Und als sie des Königs Löwenmut sahn, stürmten an die Krieger aus Rûm und Îrân, sie zückten die Schwerter zum Kampf allesamt und berggleich griffen sie an entflammt.) Sie kamen machtvoll von hinten her und schlugen zusammen ein solches Heer. Da trat Bindôj zu dem Schah heran: »Deine Krone wächst über des Mondes Bahn! Wie Heuschreck und Ameise wimmelt dies Heer über Sandwüste, Steppe und Feld weit umher. Unnütz’ Blutvergiessen ist unwert zu finden 2005
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eines Königs wie mit dem Knecht anzubinden. Wer uns bittet, dass wir das Leben ihm stunden, trifft’s besser als Tod in der Schlacht oder Wunden.« Zu ihm sprach Chosrau: »Die Schuld sei vergessen des Bereuenden; ich bin nicht auf Rache versessen. Alle stehn durchaus unter meinem Schutz und sind an meiner Krone Zierde und Putz.« Die Nacht zog von finsteren Bergesgraten und beidseitig gingen zurück die Soldaten. Es gab Wachenrufe und Schellenklang, vom Heere schliefen nicht viele noch lang. Der ehrgeizge Bindôj kam von dort, zwischen beiden Heeren schritt eilig er fort; zum Herold erwählte er einen vom Heere, der beredt und von schön-klarer Stimme wäre; er befahl ihm, dass ein Ross er besteige und zum Heroldsamt sich gerüstet zeige; dann begebe er sich zwischen beide Heere, dass der Abstand vom Feinde nicht grösser mehr wäre. »Ihr Untertanen«, verkündete er, »wer in Schuld verfiel und nach Glück trägt Begehr, wer von euch in das grösste Verschulden geglitten und im Kampfe wer höchsten Ruhm sich erstritten, bei Gott will der Weltenherr ihm verzeihn seine Schuld, sie mag offen, mag heimlich sein.« In finsterer Nacht drang die Stimme empor und jedermann lieh ihrem Klange das Ohr, und alle Bahrâm-Leute Mann für Mann schnallten sich zum Abzug die Gürtel an. Als die Weltleuchte sich von dem Berge erhob, der Tag mit Seide die Erde umwob, waren leer die Zelte im ganzen Gefild, wovon Bahrâm die Nacht keine Kenntnis erhielt, und was man in allen Zelten erschaute, waren nur Bahrâms allertreuste Vertraute. 2008.2 Zierde und Putz: W: Ohrgehänge
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Als er von dem Heer schliesslich Nachricht bekam, da durchwanderte jene Zeltreihn Bahrâm; er sprach zu den Freunden: »’s ist besser, man flüchtet, als man bleibt ruhig hier und wird vernichtet.« Er befahl, dass dreitausend Kamele man stelle, schaumwerfende, widerstandsfähige, schnelle; was im Schatze des Mitnehmenswerten man fand, an Teppichen, Decken, sowie an Gewand, an Gold und an Silber und Elfenbeinthronen, an Gold-Hals- und Armspangen und an Kronen, alles lud man auf und er selbst stieg zu Ross, indem er sich zum Rückzug entschloss.
Flucht Bahrâm-i Čûbînes vor Chosrau und sein Einlangen beim Châqân von Čîn
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Als die Sonne strahlend schmückte den Osten, kam aus des Königs Nähe ein Posten, er sah niemanden in dem Feldherrenzelt und die Zeltreihen leer, zwar noch aufgestellt. Dies teilte dem Schah er mit, heimgekommen; ob des Kriegslust’gen war der Schah ganz beklommen. Dreitausend wählte er von seinen Streitern, auf gepanzerten Rossen gepanzerten Reitern; Nastȏh hiess er aufsitzen und die Mitte sich gürten zu einem eiligen Ritte. Nastȏh ritt dahin, sein Herz voller Pein, er fühlte Bahrâm nicht gewachsen zu sein. Doch auch Bahrâm wusste mit seiner Schar vor dem Recht und dem Land sich nicht ausser Gefahr; das Herz voller Angst ritt auf Seitenpfaden dahin er, mit Gold und mit Silber beladen. Jalân Sîne, Îzad Gušasp auf den Rossen führten ihn zur Seite die Kampfgenossen; auf Schleichwegen führten sie diese fort und zitierten dabei der Könige Wort. Ein ärmliches Dorf kam in Sicht ihnen fern,
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nicht wert war dies Dorf eines grossen Herrn. Bahrâm ritt voran in die Ortschaft hinein, voller Reue, das Herz voll von Blut und Pein. Der Durst dörrte ihnen die Kehle aus; so kam er in einer Greisin Haus. Sie übten höfliche Redeweise und baten die Alte um Trank und um Speise. Die Alte lieh ihren Reden das Ohr und setzte ein altes Sieb ihnen vor; einen Schlauch legt’ sie auf, geflickt zur Not, sowie auf das Sieb hin ein Gerstenbrot. Jalân Sîne reichte den Stab dem Bahrâm; der vergass ganz auf das Beten vor Gram. (Sie assen das Brot nach leisen Gebeten, das Publikum war durch Weiber vertreten.) Als die Gerste verzehrt war, begehrten sie Wein und stellten den Mund aufs Gebetmurmeln ein. Die alte Frau sprach: »Soll ich Wein dir reichen, der ist da und ein alter Kürbis desgleichen; den Kürbis köpft’ ich, er war noch frisch und macht’ einen Pokal, den setz ich auf den Tisch.« Zu ihr sprach Bahrâm: »Gibt es nur einen Wein, wie könnte ein Becher dann schöner sein?« Als die Alte mit Becher und Wein wieder kam, wurde über den Becher vergnügt Bahrâm; einen vollen Becher nahm er zur Hand, dass auch die Alte dran Freude empfand. Er sprach zu ihr: »Würdiges Mütterlein, sprich, was auf der Welt ereignete sich?« Die Alte sprach: »Ich hab soviel gehört, mein altes Gehirn ist davon ganz verstört. Aus der Stadt kamen viele heut’ und das Gerede war von nichts anderm als von Čûbînes Fehde. Sein Heer habe den König aufgesucht und der Feldherr sei mit dem Gefolg’ auf der Flucht.« Bahrâm sprach zu ihr: »Bestes Mütterlein,
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für mich lass solche Erzählungen sein. Dies tat Bahrâm wohl nach dem Verstand oder hatte der Wunsch bei ihm Oberhand.« Die alte Frau sprach: »Oh Mann weitbeliebt, weshalb hat ein Dȇw deinen Blick getrübt? Als Bahrâm Sohn Gušasps, mit dem Hurmuzdspross zu kämpfen, das weisst du wohl, spornte das Ross, verlachte ihn, wem der Verstand nicht ganz fehlte, da keiner ihn zu den Erhabenen zählte.« Zu ihr sprach Bahrâm: »Stellt den Wunsch er drauf ein, dass aus einem Kürbis er trinkt den Wein und vom alten Sieb das Gerstenbrot isst, so hält’s ihm vor, bis Gerstenernte ist.« Die Nacht kam, er ging hier im Finstern zur Ruh, auf dem Panzer die Schulter, der Rock deckt’ ihn zu. Doch fand er nicht Ruhe, noch kam ihm der Schlaf, da statt Wunsches Erfüllung Versagung er traf. Als die Sonne Geheimes brachte zutage, hiess der Feldherr, dass die Trommel man schlage. Er führt’ an, die ihm geblieben, die Mannen und die Edlen zogen mit ihm von dannen. Ein Rohrgebüsch lag auf dem Wege den Rittern und darin eine Menge von Röhrichtschnittern. Sie sahen nun Bahrâm schon von fern, ein weites Gefolg eigenwilliger Herrn; zu Bahrâm sprachen sie: »Möge Glück dir tagen! Was hat dich hieher in das Röhricht verschlagen? Ein grosses Heer steht dort im Gelände, zum Kampfe wuschen mit Blut sie die Hände.« Also sprach Bahrâm: »Es können allein diese Reiter vom Heere des Königs sein; als wir unsre Absicht darauf gestellt, zur Reise zu rüsten aus unserem Zelt, hat der Weltenherr, so kam’s mir zu Ohren, Nastȏh mit massigem Heere erkoren,
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(nämlich mit dreitausend von seinen Reitern, im Kampfe widerstandleistenden Streitern) dass er, uns verfolgend, hinter uns lauf; erblick ich ihn, hört sein Lebenslauf auf. Schnallt enge die Sattelgurte den Rossen und zieht rings ums Heer herum die Genossen.« Von den Reitern ward rasch der Gurt gespannt und sie nahmen die indischen Schwerter zur Hand; an das Rohrgestrüpp legten Feuer sie an und das Heer zerschlugen sie Mann für Mann. Das ganze Röhricht brannte zusammen, einer fiel und den andern verzehrten die Flammen. Doch wie Bahrâm den Nastȏh ersah, die Zügel liess er seinem Renner da, mit der Fangschnurschlinge riss er ihn vom Ross und man fesselt die Hand ihm, der hilfelos. Um Schonung des Leidens bat Nastûh: »Oh glorreicher Schah«, so erging sein Gesuch, »was willst du denn durchaus mir an das Leben, statt meinem unsel’gen Geschick zu vergeben? Nein, töte mich nicht, dann komm ich zu dir gelaufen und bettle vor deiner Tür.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Einen Mann deinesgleichen will mein Blick auf dem Schlachtfelde nicht mehr erreichen. Ich will dich nicht köpfen, es brächte mir Schand, dass mit solchem Mann ich im Kampf mich befand. Ich lasse dich frei gehn, und nun lauf nur zu; was du von mir erlebt, das berichte Chosru.« Als Nastȏh dies hörte, da küsst’ er den Boden zu seinen Füssen und sang ihm Oden. Von diesem Gehölz zog Bahrâm nach Rai mit der tapferen sieghaften Reiterei. Dort ruhte er aus und zog wieder ab, indem er sich eiligst zum Châqân begab.
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Brief des Chosrau Parwîz an den Kaiser über den Sieg und Antwortbrief des Kaisers Chosrau anderseits mit seiner Schar kam zum Lager, wo Bahrâm gewesen war; die Lagerplünd’rung ward freigestellt; an das Heer verteilte er Kronen und Geld. Er setzte sich auf ein schnellaufendes Ross, indem er sich zu einer Wallfahrt entschloss. Vor ihm erschien ein Dornengeheg; zu Fuss macht zum Werkplatz er sich auf den Weg. Vor Gott hin beugt’ in den Staub das Gesicht er und sprach: »Oh gerechter und reiner Richter, du zwangest den Feind, das Land zu verlassen, jedes Werk hast das Mass überschreiten du lassen; ein unwürdiger Knecht bin ich, der hier fleht, dem Befehl stets gehorsam, der von dir ergeht.« Von dort begab er sich zu seinem Zelte, wo sich ein Weiser zu ihm gesellte. Er befahl, einen Schreiber kommen zu lassen und auf Seide einen Brief zu verfassen; von allem, was in dem Kampfe geschehn, liess der Schah an den Kaiser Bericht drin ergehn. Das Erste war, dass er Gott darin pries, der ihn mutvoll und glückhaft und tüchtig sein liess. Zweitens schrieb er: »Vom Weltschöpfer wurde zuteil mir im Tiefgeheimen das grösste Heil. Zum Âḏar Gušasp ging ich mit dem Heer in Eile und nach meiner Wiederkehr geriet ich im Kampfe in solches Gedränge, dass der Ort zum Kämpfen mir wurde zu enge. Doch mangels der Hilfe von seiten des Himmels erstarb jener Feuerhauch des Getümmels. Dass er hilflos war und kein Heer ihm blieb, war’s, was in der Dämm’rung zur Flucht ihn trieb. Wir haben sein Heer völlig weggefegt
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und an sein Lager Feuer gelegt, und nach dem Befehle des Weltenherren will ich ihm auch jeden Ausgang versperren.« Auf den Brief setzte man des Königs Siegel; die Gesandten lenkten zur Reise die Zügel. Der den zu bestellenden Brief übernahm, ritt, bis er zum Hofe des Kaisers kam. Als der Kaiser den Brief las, den er ihm gab, kam der glückhafte Mann von dem Throne herab und er sprach zu Gott: »Oh du Meister der Führung, unerschütterlich ewig ist deine Regierung. Du hast deinem Knechte den Sieg gegeben und nimmst dem verworfenen Manne das Leben.« Viel Dinare gab er den Armen und Speise und Trank gab er eselslastenweise. Der Antwortsbrief, den er schreiben liess, war gleich einem Baume im Paradies. Am Anfang des Briefs wurde Gottes gedacht, der den Sieg verleiht und das Recht und die Macht, »der den Mond regiert und die Sonne regiert, der Gewalt kommandiert und dem Tag kommandiert. Von ihm kommen Grösse und Glück, musst du wissen, ihm sei Zeit des Lebens stets Dank beflissen. Nur Rechtes und Gutes lass aus dir keimen, so öffentlich wie auch im Geheimen.« Eine Krone, Wahrzeichen der Kaiserwürde, die er aufbehielt, bis sie nötig ihm würde, ein Paar Ohrgehänge, Halskette und -bänder, hundertsechzig goldgestickte Gewänder, ferner dreissig Kamellasten von Dinaren, Rubinen und Perlen, die zahllos waren, einen grünen Waffenrock, golddurchwoben, goldfädenbesponnen Juwelen droben, ein Kreuz sandte er, juwelenverziert, und mit Edelsteinen den Thron dekoriert, von Romäerphilosophen zwei Paar
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die brachten Geschenke und Spenden dar. (Als Chosrau gemeldet ward, eingetroffen seien jene glorreichen Philosophen) Da sandte er tausend der mächtigen Degen, seiner wertvollen Ritter ihnen entgegen. Die Grossen kamen zu Chosrau, in Händen trugen sie durchaus diese neuen Spenden. Als Chosrau dies sah und las jenen Brief, da erstaunte er über die Kleinode tief; er sprach zum Wesir zu jener Zeit: »Dieses juwelengestickte Romäerkleid war nicht bei den Dorfvögten hergebracht, sondern ist der christlichen Priester Tracht. Wenn wir ein Kreuz auf dem Kleide trügen, so würden wir christlichem Brauche uns fügen. Zöge das Kleid ich nicht an, so würd’ es ihn kränken und er würde an andere Sachen noch denken. Doch zög’ ich es an, so redeten nach mir die Grossen alle: ›Dieser Schah ist wohl Christ geworden des Geldes wegen und mag sich nur unter Christen bewegen.‹« Der Weise sprach: »Religion besteht nicht in der Kleidung, oh Majestät. Du hast des Propheten Zardušt Glauben, den kann dir die Kaiser-Verwandtschaft nicht rauben.« Da bekleidete sich der Schah mit dem Kleide und hängt auf jener Krone Juwelengeschmeide. (Nun befahl den Vorhang er aufzuheben und den Grossen zum Hofe Zutritt zu geben.) Îrânier und Romäer erschienen und Leute jeglicher Art unter ihnen; wer Verstand besass und das Kleid erblickte, wusste, dass er dem Willen des Kaisers sich schickte, doch ein anderer sprach: »Der Weltenherr ist doch in aller Heimlichkeit jetzt ein Christ.«
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Nijâṭûs wird zornig auf Bindôj, und Mirjam stiftet Frieden zwischen ihnen
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Anderntags sass der Schah auf geschmücktem Throne und setzt auf das Haupt sich die Kaienkrone. Tische deckte man im festlichen Rosenhain, und er sprach: »Die Romäer lade mir ein.« Nijâṭûs und sie setzten, eingetroffen, zu Tische sich mit den Philosophen. Chosrau verliess auf dem Throne den Platz im Juwelenschmuck des Romäerornats und schritt lächelnd zu einem Tisch herab; 2145 auch Bindôj kam, in der Hand den Stab. Der Weltherr ergriff ihn und fing an, im Stillen mit Murmeln die Pflicht des Gebets zu erfüllen. Als Nijâṭûs es sah, warf er hin sein Brot und verliess seinen Tisch, von Zorn ganz rot; er sprach: »Kreuz vom Kaiser und Murmelgebet verletzen Messias und Majestät.« Bindôj nahm es wahr und versetzte sogleich dem Verehrer vom Kreuz einen Backenstreich. Wie dies Chosrau sah, ward er ärgerlich, 2150 dass der Lilienblüte die Wange glich; zu Gustahm sprach er: »Voll Geistesschwächen soll nicht dieser Held mit Streitsucht zechen. Was will vom Romäer Nijâṭûs er haben? Er macht heut sich verächtlich durch solches Gehaben.« Nijâṭûs eilte zu Pferde von hinnen; in sein Lager begab er sich, halb von Sinnen; zum Kampf zog er an sein Panzerkleid, um ein Ende zu machen der Festlichkeit. 2146.2 mit Murmeln ... zu erfüllen: W: Im Geheimen mit Gebetsmurmeln beriet er mit den Helden. 2148 Kreuz vom Kaiser ... und Majestät: W: Murmeln und Kreuz zusammen – vom Kaiser vom Messias ein Frevel (Pizzi übersetzt: vituperio e questo a Christo re pel greco Imperatore [?]).
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Die Romäerreiter, kampferpicht, wandten Chosraus Hof alle zu das Gesicht, und einen Boten auf stürmendem Ross sandte Chosrau zu dem Romäerspross: »Weshalb mit der Hand schlug Bindôj, der nichts wert, auf die Wange des Mannes, der Gott verehrt? Schicke diesen Mann sofort zu mir her! Wenn nicht, so siehst du ein Volksmalheur. Von mir wirst du mehr als vom Knechte gequält, den die Gier nach dem Grosskönigsthrone beseelt!« Chosrau hört’s und sprach mit empörter Seele: »Keiner wagt’s, dass den Glauben an Gott er verhehle, von Kajûmarṯ und Ǧamsȇd bis Kai Qubâd keiner, der des Messias gedacht auch nur hat. Mir sei’s fern, dass ich den Glauben der Väter, der erlesenen Herrscher und reinfrommen Beter verlasse und mich zum Messias bekehre, nicht mehr murmle bei Tisch und das Kreuz verehre. Du allein hast falsche Berechnung gemacht; die Romäer sah tüchtig ich in der Schlacht.« Zu Chosrau sprach Mirjam: »Ich selber bereite ein Ende dem Streite dieser zwei Leute. Du musst Bindôj mir anvertrauen, auf dass die Romäer sich ihn beschauen; dann stell ich zurück ihn dir unversehrt; keiner ist, der unsinnig Krieg begehrt.« Da sandte der Schahrǝjâr Bindôj dem Nijâṭûs mit zehn seiner Reiter zu, zugleich mit Mirjam, der Frau, der klugen, deren Lippen gute Ratschläge trugen. »Geh, dem Vaterbruder sag ins Gesicht:« sprach er: »›Händelsüchtiger Bösewicht, sahst du nicht am Schah des Kaisers Bescherung an Grösse und Würde und vielerlei Ehrung, an Bund und Verwandtschaft und Kostbarkeiten und Männern und Schätzen, den für ihn bereiten?
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Du willst Bund und Verwandtschaft vom Grunde graben und den Glanz des Kaisers soll ich nicht mehr haben. Hast vom Kaiser gehört du, den Glauben werde Chosrau verlassen auf Îrâns Erde? Was sprichst du solch Grundloses, da an der alten 2175 Religion, wie du weisst, fest die Dorfvögte halten? Du schliesse den Bindôj in deine Arme und sprich keine Worte als herzlich-warme, und beginnt er ob der Religion zu schmähen – beim Dummkopf darfst du nach Weisheit nicht spähen. Vernicht nicht des Kaisers Mühe und Taten! Mögst du einst nicht dran denken, was ich dir geraten,‹« Chosrau gab Botschaft ihm ausserdem: »Mir ist Bindôj weder wert noch genehm. Durch des Vaters Blut bin ich herzverletzt 2180 und dadurch in schwere Trauer versetzt, mein Herz ist für ihn auf der Rachesuche, meine Zunge erfüllt von Pein und von Fluche.« Als Mirjam dies hörte, kam eilig die Frau wie der Wind und erzählte ihm dies genau. Nijâṭûs nahm Mirjams Ratschläge an, was sie sagte, schien alles ihm wohlgetan. (Für Bindôj nahm Weichheit bei ihm überhand, weil er vor Bindôj Scham empfand.) Er sprang auf, als er Bindôjs ansichtig ward und verlangt einen Zelter vom Schätzewart; er befragte ihn lächelnd, beschenkte ihn 2185 und sie beide gingen zum König hin. Als Chosrau Nijâṭûs sah, sprach er: »Es trachtet nach Gutem kein Mann, der das Gute nicht achtet. Bindôj ist Verwirrung und Krieg nur lieb; mach du uns die Welt nicht traurig und trüb, mach des Kaisers Mühe nicht jählings zu Wind, bleibe hier, dass wir alle zufrieden sind.« Nijâṭûs sprach: »Such, Herr, zu keiner Zeit
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beim berauschten Romäer Vernünftigkeit. Der Glaube der Väter genüge dem Sohn; kein Kluger verlässt seine Religion.« Das Gespräch zog sich noch ein längeres Stück, dann kehrte Nijâṭûs ins Lager zurück.
Rückkehr des Nijâṭûs und der Romäer aus Îrân zum Kaiser von Byzanz Der Schah wies Charrâd Barzîn an: »Rüste den Musterungsort und berufe den Diwan! Über alle Romäer halt Musterung, es seien die Krieger nun alt oder jung. Zahl ihnen zwei Anteile aus der Kasse; es gehört sich nicht, dass man darben sie lasse.« Wer der Ehrengabe sich würdig gemacht und sich ausgezeichnet am Tage der Schlacht, die sollt’ man, befahl er, mit Ehrengeschenken und mit prächtigem Rosse vom Hofe bedenken. Nijâṭûs gab er viele Juwelen, ausser Rossen und Goldgürteln Sklavenseelen, sodass alles Mass überstiegen die Gaben, und sein Haupt war über die Reichsten erhaben. Jede Stadt, die Qubâd den Romäern genommen oder Hurmuzd und Kasrâ, die Glücksnachkommen, die gab er Nijâṭûs, dies wurde mit Tinte fixiert und mit Honig bedeckt Koloquinte. Drauf zog das Romäerheer ab nach Byzanz aus den fruchtbaren Grenzen des fruchtbaren Lands. Zwei Nachtlager weit zog auch Chosrau mit und nahm Abschied, worauf zurück er ritt. Nächste Woche brach auf er mit zehn Reitern, hellgeistigen angesehenen Streitern, von Lager zum Âḏar Gušasp-Feuerherd blickte auf den Tempel und liess das Pferd. Die Augen voll Wasser schritt er hinein und die Wangen falb wie der Sonnenschein.
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Als er nahe dem Feuer gekommen war, ward die Wange vor Tränen unsichtbar. Sieben Tage las er den Zandawest und umkreiste das Feuer darniedergepresst. Am achten Tage verliess er das Feuer; es nahte heran die Sade-Fest-Feier. Juwelenverziert Gold- und Silbergefässe, Dinare, Juwelen, Königen gemässe, brachte dem Feuer entsprechend er dar dem, was vor den Helden gesagt worden war. Dirhams aus dem Schatze verteilt’ er den Armen; im Land verblieb keiner, der weckte Erbarmen. Nach der Stadt Andîw ging nun weiter der Ritt; der teilte er auch von der Freude mit. Diese Stadt gehörte zum Sandwüstenland; der Wert ihres Bodens war keinem bekannt. Von Nȏšînrawân war erbaut ein Palast; in ihm hielt längere Zeit er Rast. Man bereitet Gemächer, dass reich er drin wohne mit einem geschmückten goldenen Throne. Auf den Thron des Ahnen setzt’ sich sodann dieser fromme Schah, der den Sieg gewann. Nun rief er einen Kenner der Schreiberei und einen scharfsinnigen Mȏbad herbei; er liess den iranischen Lehnsbrief verfassen, wie nach Brauch ihn die glorreichen Fürsten erlassen. Bei dem Werke stand Bindôj obenan als erfahrener heldenhaft-kluger Mann. Churâsân gab ganz er Gustahm zum Lehen, um es frisch mit Recht und Gesetz zu versehen. Insgesamt zum Wesir ward Burzmihr bestellt, schöngesichtiger Schreiber und kundig der Welt. Da’s des kreisenden Himmels Wille erschien, ward Isṭachr wie Dârâbgird ihm verliehn. Ein Goldsiegel kam auf den Lehnsbrief am Ende; einen gab Râm ǝ Barzîn er in die Hände;
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damit wurde ein Diener zu Šâpȗr gesandt und übergab ihn mit einem Ehrengewand. Ein zweites Siegel ordnet er an nach der Könige Gesetz für Andijân; von Kirmân gab er ihm zur Gänze das Land, da ihn Chosrau als einen der Grossen befand. Gardôj gab ein anderes Land er zu Lehen; der Brief ward mit goldenem Siegel versehen. Bâlôj belehnt er mit Čâǧ zum Lohn; den Lehnsbrief sandt’ er mit Elfenbeinthron. Den Schlüssel zum Schatzestor der Dinare übergab er zur Gänze dem Sohn des Tuchâre. (Als der Weltenherr verfügt diese Dinge, nahm Bedacht er auf Grosse und auf Geringe.) Er hiess alle, die da adelig wären, an Charrâd Barzîns Befehle sich kehren; sein Wunsch sollte massgebend sein aller Welt und die Lehnsbriefe auf seinen Namen gestellt. Die zur Zeit der Tat von den Heeresscharen bei dem glorreichen Schah verblieben waren, bedachte er mit herrlichem Ehrengewand und sie wurden zur Herrschaft ins Grenzland gesandt. Ein Herold begann den Verkündungsgang, ein Edler, herzwach, mit der Stimme von Klang: »Ihr des Weltherren Untertanen, leiht euren Beifall nur der Gerechtigkeit! Vergiesst kein Blut und sucht keinen Zwist und leitet zum Werk nicht, das böse ist! Hat einer vom Volke sich zu beklagen oder findet vom Heer einer öftere Plagen: des Bedrückers Statt wird der Galgen sein und im Jenseits drüben die Feuerspein. Ihr alle seid eurer Schätze Gebieter, der von jedem durch Mühen gesammelten Güter; verschenken sollt ihr, was ihr habt, und verzehren, (wer nichts hat, der wird schon etwas begehren.)
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In jeder Stadt liegt ein Schatz uns verwahrt, durch der Ahnen Bemühn oder meines gespart; wir sagten dem Schatzwart, wenn wer nichts besitze, dass er ihn durch Nahrung und Kleid unterstütze. findet nichts er zu essen am frühen Morgen, soll der Schatzwart ihn jeweils mit drei Man versorgen.« (Durch sein Rechttun wurde die Welt Paradies; es gebührt darum Huldigung dem Parwîz.) Wer pflichtgemäss ihm mag Beifall zollen, muss das Land blühend erhalten wollen. Ist hier ein Herrscher in solcher Weise, ist es besser als gottlos, war er auch weise.
Firdausis Klage über den Tod seines Sohnes Fünfundsechzig Jahre sind’s, die ich durchlebte; es wäre nicht gut, wenn nach Schätzen ich strebte. Vielleicht kann ich etwas Rats mir erwerben, denk ich an des eigenen Sohnes Sterben. Die Reih war an mir, doch der Jüngling ging; vor Schmerz bin ich jetzt wie ein lebloses Ding. Ich muss eilen, vielleicht hol ich ihn doch noch ein und dann eil ich zu ihm mit Frozzlerein: »Die Reihe traf mich, ich stimmte nicht zu, dass du gingst und fort mir trugst meine Ruh. Du hast mich doch vor den Übeln beschützt – was verlässt den alten Gefährten du itzt? Fand sich dir ein jüngerer Wandergeselle, dass du von mir wegliefst in solcher Schnelle?« Siebenunddreissig Jahr war er alt; die Welt ging nach Wunsch nicht, da ging er halt. Er war hart gegen mich; er hat aufbegehrt und auf einmal mir dann den Rücken gekehrt. Er schied, doch es blieben hier Kummer und Schmerz; in Blut gesetzt sind mir Augen und Herz.
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Er gelangte jetzt an einen strahlenden Ort und wählt einen Platz seinem Vater dort. Und sind noch so viele Tage verflossen, kehrt keiner zurück doch der Wandergenossen. Aus den Augen lässt er mich nimmermehr; dass so lange ich säume, macht böse ihn sehr. Fünfundsechzig mein, Siebenunddreissig sein – er fragt’ nach dem Greis nicht und ging allein. Hast fasste den Jungen, es zögert der Alte, dass von seinem Werk er etwas erhalte. Deinem Geist mög’ der Waltende Glanz verleihn! Von Verstand deine Seele umpanzert sein! Ich flehe zum Schöpfer, dem Brotgewährer, dem gerechten Richter und reinen Belehrer, dass er dir all deine Sünden vergebe und die düstere Zeit dir zum Glanz erhebe!
Geschichte des Bahrâm Čûbîne mit dem Châqân von Čîn Nun heb an eine länglichere Geschichte! Wie es Bahrâm-i Čûbîne ging, das berichte! Wie dieser kam zu der Türken Landen, zu ihren Häuptern und zu ihren Granden, kamen ihm zehntausend herzwacher Streiter entgegen, erlesene mutige Reiter; der Sohn und sein Bruder zogen voran und mit jedem von beiden beratend ein Mann. Als vom Châqân er nahte des Thrones Fuss, da huldigte er ihm und entbot seinen Gruss. Der Châqân sprang auf, als er kam in Sicht, er küsste ihn und streichelt’ ihm das Gesicht; er befragte ihn über der Reise Plagen und wie er mit Schah und Heer sich geschlagen, Jalân Sîne, Îzad Gušasp desgleichen und die Recken, die an Rachelust reichen. Als auf silbernem Throne Bahrâm sich befand,
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fasst er die Hand des Châqâns mit seiner Hand und sprach zu ihm: »Glorreicher Paladin, du Feldherr und Fürst über Türken und Čîn, du weisst, vor Chosrau ist keiner gefeit in irgendeiner Verborgenheit; ruht er aus, er wird die Qualen ihn lehren, lebt er heil, er wird seine Plagen vermehren. Wenn du mich jetzt hier bei dir empfängst, in Gutem und Bösem mir Hilfe schenkst, will ich wertvoller Freund hierzulande dir sein und in Gutem und Bösem dir Beistand leihn. Doch bereitet dir Mühe, worum ich gebeten, dann geh ich, die ganze Erde zu treten. Bist du mit dem Vorschlage einverstanden, so geh ich von hier zu den indischen Landen.« Zu ihm sprach der Châqân: »Du stolzer Mann, nie komme dich je eine Not mehr an. Du seist mir wie eines Verwandten Person – ach was Verwandter! Mehr als der eigene Sohn. Das ganze Land steht darin mir bei, ob Untertan einer, ob Fürst er sei. Ich will dich hier über die Häupter erheben, ohne die Grossen zu brauchen sollst du hier leben.« Einen Eid verlangte Bahrâm am Ende, nicht nur Worte, worin er sein Leben verpfände. »Beim höchsten Gott«, so sprach der Châqân, »der so mir wie dir den Weg weist an, solange ich leb, bin dein Freund ich, dein treuer, in Gutem und Bösem dein Sorgenzerstreuer.« Man setzte instand der Paläste zwei, schaffte alle Art von Decken herbei, und Diener und Kleider und Trank und Essen, des Aufbereitbaren nicht zu vergessen, und von goldnen und silbernen Gegenständen, Dinaren, Juwelen, die Königen anständen. Der Châqân schickte zu ihm alles dies,
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dass die düstere Seele er aufleuchten liess. Bei Ballspiel und Sitzung, im Jagdgebiet war er nie, es wäre der Freund denn mit. So hielt es mit Bahrâm der Châqân von Čîn, er kannte nur Lobpreis und Segen für ihn. Einen Freund hatte er aus edlem Geschlecht, der sein Beistand war in Krieg und Gefecht; Maqâtûre hiess er, aus höchster Sphäre, der Châqân fand an ihm Wehre und Ehre. In der Dämmrung begab er sich zum Châqân, beide Lippen drückte den Fingern er an, in der Art wie Huldigung wird geliehn vom Untertanen dem Herrscher von Čîn. Und zur selben Zeit trug tausend Dinar aus dem Schatz fort der Edle, der weltkundig war. Bahrâm beobachtet einige Zeit den Châqân erstaunt mit Aufmerksamkeit. Eines Tags sprach er lächelnd: »Du bist verehrt und über den Grossen der Erde wert. Bekomm ich als Türke zur Zeit der Empfänge an Dinaren allmorgendlich diese Menge? Soll Geschenk es sein? Soll’s als Monatslohn dienen? Oder hat er Anteil an Goldesminen?« Darauf sprach der Châqân: »Es ist so mein Brauch und Schmuck meiner Religion ist es auch, dass wer sich im Kriege am besten schlägt und zur Zeit der Gefahr auf das Warten verlegt, wenn er mehr verlangt, wir es ihm nicht verweigern; das Bedürfnis lässt sein Verlangen sich steigern. Jetzt beginnt schon ihm mehr als uns zu gehören und wir brauchen Dinare, um ihn zu beschwören. Das Heer wird erregt, fordern wir’s wieder ein und von Truppen schwärzt sich des Tages Schein.« Der Held sprach: »Ich möchte, oh Volkshaupt, sagen, du lässt ihn da dich selbst überragen; 2300.2 diese Menge: W: tausend
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ein Weltenherr, der geistrege und Held, überlässt nicht dem Untertanen die Welt. Befrei ich von ihm dich, so wäre sie dein, oder sollt’ seine Liebe dir nötig sein?« Zu ihm sprach der Châqân: »Du hast zu befehlen; 2310 zu dem Zweck sollen Plan und Vertrag dir nicht fehlen. Vermagst du es, mich von ihm zu befrein, wird alles Gestreite zuende sein.« Bahrâm sprach: »Kommt jetzt morgens gegangen Maqâtûre, um wieder Geld zu verlangen, lächle nicht und halt ihm die Augen geschlossen, gib nicht Antwort, und wenn schon, so zornvoll-verdrossen.« Am Morgen kam, als die Nacht vergangen, Maqâtûre wieder, Dinare verlangen. Der Châqân warf keinen Blick auf ihn 2315 und hört’ auf die Reden des Türken nicht hin. Maqâtûre war ob des Châqân ergrimmt, tat die Augen weit auf und war tief verstimmt; er sprach zum Châqân: »Oh Fürst, warum jetzt werd ich heute von dir so herabgesetzt? Mit dreissig Gesellen kam auf der Flucht in dies Land dieser Perservasall und sucht zur Abweichung vom Rechte dich zu verleiten, deinem Heere den Untergang zu bereiten.« Bahrâm sprach zu ihm: »Du Sucher nach Fehde, 2320 was erhitzte dich denn zu solchem Gerede? Folgt der Châqân nach meinem Rat dieser Richtung, weicht sein Denken nicht von der Vertragsverpflichtung, dann sollst du morgendlich nicht von Neuem gemach seinen Schatz in die Winde streuen. Du meinst, du verfügst über dreihundert Leute und kriegst im Kampfe den Löwen als Beute und erlangst, doch das geht nicht, vom Herrn der Welt jeden Morgen gleich eine Eselslast Geld.« Maqâtûre hörte die Rede und voll 2325
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ward er ob der Beleidgung von Hass und Groll; nach dem Köcher streckte er seine Hand und entnahm ihm den Hartholzpfeil wutentbrannt; er sprach zu Bahrâm: »Dies da ist mein Zeichen, mein Dolmetsch im Kampfe ist Seinesgleichen. Kommst du morgen zu Hofe wiederum, Schau dich gut nach meinen Pfeilspitzen um.« Bahrâm, der’s vernahm, ward streitlustig gesinnt und er kam, in der Faust ein Schwert von Hind; er gab’s ihm und sprach: »Behalt’s zum Gedenken und sieh zu, wenn es nötig wird, es zu schwenken.« Maqâtûre ging daraufhin weg vom Châqân und kam eilig bei seinem Zelte an.
Maqâtûre fällt von der Hand des Bahrâm-i Čûbîne Als die Nacht den finsteren Saum einzog und die Röte vom schwarzen Gebirg aufflog, zog Maqâtûre an das Kriegsgewand und kam, ein tûrânisches Schwert in der Hand. Wie Bahrâm es hörte, verlangt er das Pferd und den Panzer, des Schmucks eines Königs wert. Für den Kampf wählten sie einen Felsen zum Platze, worauf noch nie ein Panter setzte die Tatze. Zu Pferd stieg der Châqân, da er hörte solch Wort, seine treuen Türken begaben sich fort, um zu sehn, wem von den zwei eiligen Leun ein längeres Leben mocht’ beschieden sein. Als zum Kampfplatze kam Maqâtûre, wirbelt Staub er auf bis zur Wolkenspure; Bahrâm dem Stolzen rief laut er zu: »Was an Mannheit hast jetzt im Gedanken du? Willst die Kampfvorhand du oder lässt sie dem leuenherzigen Türken, dem Châqân-treuen?« Bahrâm sprach zu ihm: »Mach den Anfang nur du! Die Kampfursach’ schreibt deiner Rede sich zu.« Maqâtûre, der sich auf Gott besann,
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legt den Bogenenden die Sehne an; Pfeil und Sehne erfasste er froh mit der Hand und eröffnet den Ring, da der Pfeil richtig stand; er traf, wo der Ritter den Gürtel trug, ohne dass der Stahl doch den Stahl durchschlug. Eine lange Zeit wartete nun Bahrâm, dass den Kampf Maqâtûre satt bekam; Maqâtûre aber meint’, dass gezwungen er sei, und verliess seinen Kampfplatz unter Geschrei. Doch Bahrâm rief ihm zu: »Kampfsüchtiger Held, nein, ich bin noch nicht tot, lauf nicht in dein Zelt! Du sprachst: ›Es sei Rede und Antwort darauf‹, hast du sie gehört und lebst noch, dann lauf!« Er besah sein panzerdurchdringendes Holz, vor dem auch das Eisen wie Wachs zerschmolz, und schoss dem Tapferen just in die Mitte und der Edle ward satt der Dinare und Stritte. Sein Bruder hatt’ ihm, als zum Kampf er gezogen, beide Füsse geschnürt an den Sattelbogen; er fiel nun aufs Gesicht unter Tränenerguss und zur Schlafstätte ward ihm der Sattel aus Tuz. Auf dem Sattel verblieb er auch pfeilverletzt indes blieb das Kriegsross in Gang gesetzt. Zum Châqân von Čîn sprach er: »Zielerstreber, dieser Edle da will einen Totengräber.« Zu ihm sprach der Châqân: »Sieh nur besser zu, dann siehst auf dem Sattel ihn schlafen du.« Zu ihm sprach Bahrâm: »Oh du Kluger, glaub, sein Leib sinkt nun sofort in den Staub. Der Schlaf deiner Feinde sei solcher Natur, wie jener da schläft auf dem Rosse von Tûr.« Da entsandte der Châqân voll Muts einen Reiter zu jenem den Löwen ähnlichen Streiter; sie sahn ihn geschnürt, tot, elend im Blute, wie er von dem wechselnden Schicksal ruhte. Der Châqân lächelte heimlich-versteckt,
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da der Ritter seine Verwund’rung erweckt; gedankenvoll langt beim Palaste er an; seine Tiare hob sich vor Lust zum Kȇwân. Geld und Waffen begehrt er und Sklaven und Pferde und die Krone mitsamt dem Throne der Erde, Dinare, Juwelen für Majestäten und allerlei Arten von Kriegsgeräten; vom Châqân ward all dieses fortgebracht und dem Schatzwart des Helden Bahrâm übermacht.
Ein Raubtier tötet die Tochter des Châqâns
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Als einige Zeit sich von dannen gekehrt und Tag und Nacht nichts als Ruhe gelehrt – (Bahrâm schmauste, trank und schlief diese Zeit und ruhte sich aus von Kampf und Streit –) da geschah es, dass in dem Gebirge von Čîn ganz unglaublich viel wilde Tiere gediehn. Grösser als ein Ross war eins und so dick am Kopf schwarze Haarsträhnen wie ein Strick; gelb sein Leib und schwarz waren Maul und Ohr; nur zu Zeiten der Hitze kam es hervor. Zwei Pranken besass es wie Löwen, grimme, und über die Wolken drang seine Stimme. Man nannte es Šȇr-i Kappî – Löwendrache –; für das Land war es eine verderbliche Sache. Sein Atem sog in sich Fussgänger wie Reiter; die Tage wurden den Tapfern nicht heiter. Wie der Mond war des Châqân Töchterlein, hiess zwei schwarze Zöpfe der Mond nur sein; die zwei Lippen rot, feingeprägt die Nase, zwei Granaten, die lachten, zwei triste Topase, Papa und Mama bebten für dieses Kind, wenn die Sonne sein Haupt traf oder ein Wind. Eines Tags kam sie aus dem Gemache der Frauen ins Freie und kreiste umher in den Auen. Eine Jagd anderswo hielt den Weltenherrn,
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den Châqân, von diesen Auen da fern; indes die Châtûn an diesem Tag mit einem der Weisen im Schlosse Rates pflag. So zog denn die Maid in die Wiesen hinein mit anderen Mädchen und Schenken und Wein. Auf dem Berg ward erspäht sie vom Löwendrachen, er kam nieder und sog sie in seinen Rachen. Ein Atemzug – sie war nicht mehr zu sehn und um das schöne Gesicht war’s geschehn. Der Châqân ward ganz schwarz, als gemeldet es war, und die Mutter Châtûn raufte aus sich das Haar. Sie weinten in Trauer ein Jahr ungeheuer, als kochten sie über heftigem Feuer. Man suchte nach Mitteln, um von diesem Drachen und der Plage das Čîner Land frei zu machen. Als Bahrâm im Kampf mit Maqâtûre stand und dann diesen Recken im Kampf überwand, da kam die Châtûn, um ihn zu besehen, jedem sagte sie, was er tat, was geschehen. Eines Tages konnte ihr Blick ihn erreichen und hundert iranische Edle desgleichen, voran eine Schar, die zu Fusse kam, und mit einem Führer ritt dann Bahrâm. Da fragte die Châtûn: »Wer ist dieser Mann, mit göttlicher Würde und Glanz angetan?« Die Antwort eines Bediensteten war: »Der ist ein berühmter Schahrǝjâr.« Ein andrer vom Volk sprach: »Nur weltfremde Damen kennen den Helden Bahrâm nicht beim Namen. In Îrân hat er lange als Schah gethront, seine Krone war höher noch als der Mond. Die Grossen nennen ihn Held Bahrâm, weil den Heldenruhm er den Chosraus nahm. Jetzt kam aus Îrân er nach Čîn und die Erde hat bange gebebt unter seinem Pferde. Der Herr nennt ihn seinen Fürsten jetzt,
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hat die Königskrone aufs Haupt ihm gesetzt.« Die Châtûn sprach: »Bei dem Glanz mag’s uns ziemen, seiner schüttenden Fittiche uns zu rühmen. Ich möchte ihn gradaus bitten sonach, würde nicht der Châqân in der Sache schwach. Vielleicht, dass vom Drachen er Rache mir sucht, wenn er hört, wie mein Herz in Qual ihn verflucht.« Der Mann sprach darauf: »Gibst von dieser Geschichte dem Fürsten der Rechtlichen du die Berichte, bleibt vom Šȇr-i Kappî keine Spur zum Schluss 2400 als sein Aas, das ein Wolf fortzerrt am Fuss.« Die Châtûn vernahm dies mit Freudigkeit; von der Angst ob der Tochter war sie befreit. Sie eilte fort, bis zum Châqân sie kam, und erzählte das, was sie sah und vernahm, Der Châqân sprach: »Mit Ehre würd’s nicht sich vertragen, dort, wo ein Ritter wie ich lebt, zu sagen: ›Mein Kind ist verschleppt von dem Löwendrachen‹ – das würde dem ganzen Stamm Schande machen. Dieser Löwendrache schluckt, müsst ihr wissen, 2405 einen Berg von Eisen auf einen Bissen. Wenn die Maid auch dem edelsten König gehört, so ist auch dem König sein Leben was wert.« Da sprach die Châtûn: »Ich geh selbst aus auf Rache, gilt es doch meines lieben Augapfels Sache, und ob es nun Ruhm oder Schande gilt, ich sag es, vielleicht wird mein Sehnen erfüllt.« Manche Tage zogen drüber ins Land, die Frau machte keinem die Rachsucht bekannt. Da rüstet der Châqân ein Fest; lichterhellt 2410 wurde von diesem Feste die ganze Welt. Er lud auch durch Boten den Helden Bahrâm; auf silbernen Thron setzt er ihn, da er kam. Hinterm Vorhang hörte die Châtûn von Čîn seine Stimme und kam und erblickte ihn. Sie spendete Lob viel und Preis ihm: »Es sei
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durch dich stets in Blüte so Čîn wie Türkei! Einen Wunsch hätte ich an den Schahrǝjâr; erfüllt er ihn, wär’ aller Sorgen ich bar.« Bahrâm sprach darauf: »Du hast zu befehlen und nur Wunsch- und Vertragserfüllung zu wählen.« »Nicht weit von hier«, so sprach drauf die Frau, »liegt eine zu Festen geeignete Au. Die jungen Leute zur Frühlingszeit veranstalten dort eine Festlichkeit. Eine Pfeilschussweite von ihr hinweg erhebt ein Gebirg sich schwärzer als Pech. Ein Drache haust dort in dem Felsgestein; dieses Land von Čîn ist durch ihn in Pein. Der eine will Löwendrachen ihn nennen, der andre aber den Namen nicht kennen. Eine Tochter gebar ich dem Châqân von Čîn; ihren Segen hatt’ ihr die Sonne verliehn. Zu dem Festplatze ging sie aus dem Palaste, als Châqân samt Gefolg mit der Jagd sich befasste. Doch da kam vom Gebirge der Drache gezogen und hat mir das Lieblingskind in sich gesogen. Nun erscheint jeden Lenz in der Au jener Drache, auf dass er dort wiederum Beute mache. Keine Jugend verblieb mehr in Stadt und Ort und auch alle edlen Ritter sind fort. Vom bösen Šȇr-i Kappî ward alles vernichtet und das blühende Land ganz zugrundegerichtet. Die Krieger und Männer, die tatlustig waren, begaben sich in dies Gebirge in Scharen. Doch wie sie von fern Kopf und Brust nur schauen oder Rücken und Ohr oder gar die Klauen – denn er brüllt und zerreisst das Herz jedem Krieger, was Elefant neben ihm, was Löwe und Tiger! – wagt keiner es, ihm in die Nähe zu kommen, hat er nur ein wenig sein Mass genommen.« Da sprach Bahrâm: »Morgen früh will ich gehn
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und will mir einmal diesen Festplatz besehn. Durch Gottes Stärke, der Macht uns verleiht, der Sonne und Mond schuf und Raum und Zeit, will den Festplatz ich von dem Drachen befrein, zeigt den Weg man mir in der Dämmerung Schein.«
Der Löwendrache wird von Bahrâm-i Čûbîne erlegt
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Als der Mondkreis am Himmel erschien und die Nacht entrollte der finsteren Locken Pracht, da zerstreuten sich alle, trunken vom Wein, und begaben sich in den Palast hinein. Als in Sicht kam der Sonne gelbes Gefunkel und die Nacht sich die Zöpfe flocht, tiefdunkel, da zog Held Bahrâm an das Kriegsgewand und befahl sein Leben in Gottes Hand, die Fangschnur, den Bogen, drei Pfeile nahm er und zweispitzig den wilderbeutenden Speer. Als er näher kam den Bergeshöhn, liess er sein Gefolge zurück wieder gehn, und wie er dem Löwendrachen nun nahte, ward es gradezu finster am Bergesgrate. Er beschloss, dass er in das Felsgestein dringe; vom Sattelknauf hing ihm die Fangschnurschlinge; er fasste den Bogen, die Sehne spannt er und Gott, den Geber des Guten, nannt er. Der Löwendrache begab sich zur Quelle und wälzte sich drin und verliess dann die Stelle, weil des Drachen Haar, ist es gut durchnässt, keinen Pfeil in den Körper eindringen lässt. Als der Drache sah, es nah ohne Scheu aus der Ferne der Ritter gleichwie ein Leu, da schärfte zum Kampfe er Krallen und Zähne und von Kampflust erfüllt waren Kopf und Mähne; brüllend hieb auf den Felsen das Ungeheuer und dem Felsengestein entflammte das Feuer. Nun nahte der furchtbare Šȇr-i Kappî,
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dass er Bahrâm in den Rachen hinein zieh. Held Bahrâm strich darauf über den Bogen; durch den Pfeil ward der Luft aller Glanz entzogen. Einen Pfeil schoss der Held dem Drachen aufs Blatt; des Šȇr-i Kappî Leib war vom Kampfe matt. Einen zweiten schoss auf den Kopf er hernach, auf die Brust rann das Blut herab wie ein Bach. Nun sah er, wie stark und geschickt sei der Ritter, und seine Tatze durchschoss ein dritter. Zum vierten löst er die Fangschnur auf und sprang auf den hohen Felsen hinauf; seinen Speer warf er auf des Raubtieres Hüfte, dass er blutrot färbte die Felsenklüfte. Schliesslich griff er zum Schwert, um aus dem Löwendrachen durch einen Schwerthieb zwei Hälften zu machen. Er köpfte den Drachen, und kaum verschied der, so stieg er vom hohen Gebirge hernieder; er trat vor den Châqân mit frohem Berichte bezüglich dieser Šȇr-i Kappî-Geschichte. Und im Walde eilten Châqân und Châtûn wie im Laufe zu jenem Berggipfel nun; an den Busen drückt’ ihn der Feldherr von Čîn und fortan nannte er Schahrǝjâr ihn. (Als die Châtûn ging, küsste sie seine Hand und es kamen die Helden, dem Châqân verwandt.) Ein solches Geruf dieser Helden erschallte, dass du meintest, dass sich der Boden spalte. Heil riefen Bahrâm sie aus vollen Kehlen, überschütteten ihn mit Gold und Juwelen. Als der Châqân von Čîn zum Palast wiederkehrte, wählt’ er einen Gesandten, den er verehrte, sandte Dirhams vom Schatze in hundert Säcken, was nicht alles an Sklaven, Gewändern und Decken: (»Geh zum Ritter Bahrâm hin und vermeld’: ›Bei uns findest du nichts als Ehre, oh Held.
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Eine Tochter lebt hinterm Vorhang mir, auf dem Scheitel der Frauen die Kronenzier. Willst du jetzt von mir diese Tochter verlangen, sollst ein Heer und mein Land von mir du empfangen.‹« Zu ihm sprach Bahrâm: »Ja, dies ist das Rechte, der Weltherr ist Herrscher über uns Knechte.«) Er befahl, dass den Schreiber man vor ihn bescheide, und sie schrieben sein Lehndokument auf Seide. Bahrâm gab zugleich er sein Töchterlein, 2470 all sein Land sollte ihm gehorsam sein. Ein Ehrengewand nach dem Brauche von Čîn und viel Kronen und Gürtel bestellt man für ihn. Er sprach: »Jeder Fürst aus Îrân, ist er’s wert, erhalte ein solches wie er beschert.« Er kannte nur Schmausen, Geschenke und Jagen, ohne Angst vor den wechselnden Schicksalstagen. Die stolzen Grossen im Lande Čîn bedurften wie einen Brotbissen ihn, und ganz Čîn sprach: »Wir sind dir ergeben, 2475 du bist es allein, weswegen wir leben.«
Chosrau Parwîz erhält Nachricht über Bahrâm und schreibt einen Brief an den Kaiser Bahrâm ass und trank und verschenkte viel Gold und von jedem wurde ihm Beifall gezollt, bis den Weg die Kunde nach Îrân nahm und dem Herrscher der Tapferen zu Ohren kam: »Bahrâm hat die Herrschaft und hat an Schätzen schon mehr als du, ohne in Müh’ sich zu setzen.« Aus Angst vor ihm wurde er voller Schmerz und ob seines Verhaltens wand sich sein Herz. Mit den Grossen setzte zum Rat er sich nieder, sprach viel und erwog das Für und Wider. In finsterer Nacht rief den Schreiber er vor, zur Pfeilspitze macht’ er das Ende vom Rohr. Sein Brief an den Châqân von Čîn war ein solcher,
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dass du meintest, zum Schreibrohr mache den Dolch er. Er bezeigte erstens dem Schöpfer Verehrung, dem allwissend-allmächtigen Herrn der Ernährung, der heraufführt Sonne und Kȇwân und Mond, der den Schah so hinsetzt, dass hoch er thront, der den nach Bösem Trachtenden quält 2485 und der mit göttlicher Weisheit beseelt. Von Unwissenheit und Rechtsbehinderung, von Täuschung, Defekt und von Minderung kehrst du dich, wenn du sagst: »Es ist Gott nur einer, und Freund und Genoss und gesellt ist ihm keiner. Wer nach Gutem trachtet, den findet er, wer zu Bösem bereit ist, der lebe nicht mehr. Wer da einschlagen will den Weg des Herrn, der halte von Undankbarkeit sich fern. (Bahrâm-i Čûbîne heisst er – schrieb zweitens er – dem das Schicksal nie Wunscherfüllung gewähr.) Ein Knecht, der voll Undanks vom König sich wandte, 2490 der nicht Höheres kannte und Gott nicht kannte, ein Kleiner, vermögenslos, vaterlos, mein Vater zog ihn, der vaterlos, gross; (als ihn aufgezogen hatte der Schah, tat er so, wie es seinem Charakter entsprach.) Was er in der Welt getan für Dinge, blieb keinem verborgen, ob grosse ob geringe. Bei keinem Mächtigen fand er Empfang noch bei einem mit höh’rem Verstandesrang; doch bei dir fand Entgegenkommen er, du ergriffst seine Hand, als ob mächtig er wär. Jedoch stütze ihn keiner von rechtlichen Granden; 2495 ich bin keineswegs auch damit einverstanden. (Du hast wohl vergessen auf all seine Taten, bist aus Angst vor ihm in Bedrängnis geraten; denn er gab deinem Haupt viele Peitschenhiebe und bei keinem erwarb er Gefallen und Liebe.) Du darfst deinem Ruhm alle Frucht nicht entziehn,
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für Bahrâm gib nicht deine Ruhe dahin. Mit Erwägungen, stellt man dir zu den Brief, erfüll deinen Geist, der so fein und tief. Legst du diesem Knechte die Füsse in Eisen und schickst mir ihn, wirst du dich nützlich erweisen; wenn nicht, dann aus Îrân mit einem Heere verdunkle ich Tûrân die Atmosphäre.« Als dieses Schreiben zum Châqân kam 2500 und er solche Worte Chosraus vernahm, sprach er zu dem Gesandten: »Morgen früh komm um Antwort zu Hof und begehre sie.« Der Gesandte ging, das Herz voller Hast, (und er fand diese Nacht weder Schlaf noch Rast.) Er blieb, bis er sah die Weltleuchte hell und kam dann zum Hofe des Châqâns schnell. Dieser liess einen Schreiber vor sich bescheiden mit Schreibrohr und Tusch und cinesischen Seiden. Im Antwortsbrief schrieb er: »Lob und Preis, 2505 wie ihn ich, der Knecht des Weltschöpfers, weiss.« Ferner hiess es darin: »Deinen Brief studiert’ ich und deinen Gesandten vor mich plaziert ich. In solcher Art sprich du mit deinem Knecht, sie ziemt nicht für ein solch altes Geschlecht. Wer den Kleinen nicht weiss vom Grossen zu scheiden, wird den Grossen mit Rang des Kleinen bekleiden. Mir gehören ganz Čîn und Tûrân zu Eigen (und auch Haitâl muss meinem Befehle sich neigen.) Meine Art war es nie, Verträge zu brechen, 2510 daher darfst in dem Tone du nicht zu mir sprechen. Wenn ich Bahrâms Hand mit der Hand erfasse und dann unsern Vertrag zugrundegehn lasse, dann nennen die Menschen mich nicht reinempfangen; ich fühl ausser vor Gott vor niemandem Bangen. Wenn dir deine Grösse wächst und wächst und Verstand ist vorhanden, dann wächst sie zuhöchst.« Er sprach, nachdem er gesiegelt das Schreiben:
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»Du darfst hinterm Winde zurück jetzt nicht bleiben.« Der Gesandte gelangte zum Schlosse des Schahs, da den Weg er in kaum einem Monat durchmass. Als den Brief durchflog des Königs Blick, erbebt er und fürchtete Missgeschick. Er sandte aus und berief die Männer Îrâns und trug ihnen vor den Brief des Châqâns; er zeigte ihnen den Brief, ihn zu lesen; voll Sorge wurde der Grossen Wesen. Die Îrânier gaben ihm solchen Bescheid: »Oh du Glanz, Würde, Krone der Fürstlichkeit! Diese Sache darfst für gering du nicht halten und musst Rates pflegen mit klugen Alten. Mit dem Brief ist nicht diese Sache beendet; mach den alten Glanz nicht trüb, der uns blendet. Aus Îrân erwähl einen klugen Greis, voll Mut, der zu reden und schreiben weiss, dass er sich von hier zum Châqân begebe, selbst rede und dessen Ansicht erhebe; er sage ihm, was Bahrâm erst gewesen und was aus dem Heldentum er sich erlesen, wie er zugewartet, bis alles schien recht und den Herren dann verlangte zum Knecht. Lässt das Werk sich in einem Mond nicht beenden, dann bleib er, ein Jahr darauf zu verwenden. Wenn Bahrâm nicht Eidam des Châqân wär! So ist von ihm Übles zu reden sehr schwer; mit Höflichkeit heisst es da vieles reden und geheim bleibe diese Sache für jeden.«
Der Châqân von Čîn rüstet ein Heer Als Bahrâm nunmehr davon vernahm, dass aus Îrân zum Châqân ein Schreiben kam, da lief er in Eile zum Châqân von Čîn und sagte: »Oh Fürst, dem viel Segen verliehn, wie ich hörte, liess Brief auf Briefe schon
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an dich ergehn der verruchte Patron; ein tapferes Heer werd’ aus Čîn nun entsandt, dass dein Eigentum werde Îrâns Land. Mit dem Schwert erobere ich Îrân und Byzanz und nenne der Grenze dich Schah und des Lands; dein Name soll bei den Männern der Wacht in Îrân das Stichwort sein in der Nacht. Ich trenne das Haupt ab Chosrau, dem Tropf und lasse von ihnen nicht Fuss und nicht Kopf. Schnall zur Dienstbarkeit ich den Gürtelbund, dann reiss ich den Samen Sâsâns vom Grund.« Das Gehörte erwog der Châqân mannigfalt und sein Herz trieb Gedanken wie einen Wald. Er lud zu sich ein, was da war an Greisen, an beredten, gedächtnisstarken und weisen; von den Worten Bahrâms gab er ihnen Bericht und alles Geheime zog er ans Licht. So ward Antwort ihm von den klugen Kennern, so den ihm verwandten wie fremden Männern: »Welch elende schwierige Sache ist das! Für den Samen Sâsâns wurde voll das Mass. Doch da Bahrâm anführt das Heer, weist dem klugen Manne die Wege er. Er besitzt viele Anhänger in Îrân und verschwägert und Helfer ist ihm der Châqân. Die Sache wird rasch dir zum Glück ausschlagen; drum höre, was Bahrâms Worte besagen.« Da das Herz des Châqân dies frisch blühen machte legte er ein anderes Mass an und lachte. Alle Helden kamen darin überein, dass zwei junge Männer zu wählen sei’n, geeignet beide zum Kommandieren, die Mühn zu ertragen, ein Heer zu führen. Der eine Čînese hiess Ḥasnôj, der andere stolze Held Zangȏj.
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Diese beiden berief darauf der Châqân in den Dinarauszahlungsdîwân. Zu den beiden sprach der Fürst: »Habt acht und seid feinverständig am Tage der Schlacht. Auf Bahrâm habt stets euer Augenmerk gut, so zur Zeit der Lust wie zur Zeit der Wut. Übern Ǧaiḥûn besetzt alle Übergänge, macht, dass sich der Staub dort zum Himmel dränge.« Ein herzhaftes Heer übertrug er ihnen nur von Löwen und namhaften Paladinen. Von Pauken vom Hofe Bahrâms erscholl’s, vom Staub ward die Sonne zu Ebenholz. Gegen Îrân wandten sich alle zum Schluss am Morgen des Tages Sipandârmuḏ.
Chosrau sendet Charrâd Barzîn zum Châqân und er übt List, um Bahrâm-i Čûbîne zu töten
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Der erhabene Schah nach Meldungserhalt, es schreite der Wolf heraus aus dem Wald und es führe heran Bahrâm ein Heer, das den Himmel all seines Glanzes entleer, sprach zu Charrâd Barzîn in folgender Weise: »Wähl darin den Weg nach Hause zur Reise. (Zu dem elenden Châqân verfüge dich und sage ihm das, was erforderlich.) Îrân und Nîrân sind dir am bekanntsten und ihre Sprachen sprichst du am gewandtsten.« Die Schatztür erschloss er und brachte solche Juwelen und Goldgürtel, Schwerter und Dolche, dass Charrâd Barzîn darob bass erstaunte und heimlich den Namen Gottes raunte. Als nach Čîn er sich aufmachte mit den Geschenken, liess den Zug beim Ǧaiḥûn er anders schwenken. Wie er ankam am Hofe des Châqâns, 2555.2 Sipandârmuḏ: 5. Monatstag
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traf er sorgsam die Wahl eines Dragomans, zu melden, dass vom Schahe ernannt er zum Hofe gekommen sei als Gesandter. Als der Châqân es hört, schmückt er alle Gelasse und befahl, dass man ihn zu ihm kommen lasse. Wie nun der Gesandte dicht bei ihm erschien, verehrte beredter Zunge er ihn; er sprach zu ihm: »Stets, erteilst so du Befehle, erschliesst zum Reden dein Sklave die Kehle.« Drauf sprach der Châqân: »Durch Süsse der Zunge werden Herzen der Greise doch wieder junge. Ein Wort, in dem Nutzen steckt, hör ich gern; Nichtgesagtes ist Schale, Gesagtes ist Kern.« Als Charrâd Barzîn vernahm dies Wort, entsann er sich alter Reden sofort. Zur Einleitung pries er den Schöpfer der Welt, »der allmächtig das Schicksal in Händen hält, der den Himmelskreis, Raum und Zeit hat gemacht, der die Mächtigen schuf und die ohne Macht; (einen Kreis, der ganz ohne Stützen sich dreht, dessen Wie und Warum dem Gebot untersteht, dass er, der so schuf, gepriesen werde, der den hohen Himmel erschuf und die Erde, unendlich sein Wissen, endlos seine Macht, Firmament und Erde hält er in acht; die Sonne schuf er in den Kreis hinein, schuf Ruhe und Schlaf, Nacht und Tagesschein.) Seiner Herrschermacht unterstehen wir Knechte und sagen von ihm nur das Wahre und Rechte; dem einen gibt er Krone und Thron, den anderen macht er zur Dienstperson; dem einen wird Liebe, dem anderen Hass; ausser dem Weltenschöpfer weiss keiner das. Wir sind Gross und Geringe zum Staub geboren 2564.2 Dragomans: W: eines Redenden 2568.2 Kehle: W: die Zunge
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und sind hilfelos an den Tod verloren. Von Ǧam beginn erstlich ich, hoch und hehr dem Weltenherrn Tahmûraṯ segenschwer, dann zu Kai Qubâd und den edlen Alten, die wir noch stets im Gedächtnis erhalten, wie Kai Chosrau, Rustam und Isfandjâr, der jenen Edlen gleichwertig war; der Weltanteil wurde ein Grabmal ihnen, 2585 sie nahmen Gift ein statt Medizinen. Mit dir verwandt ist jetzt Îrâns König, es erfreut und betrübt ihn dein Mehr oder Wenig. Zu der Könige Zeiten war – Segen auf ihn! – seiner Mutter Vater Châqân von Čîn. Der Bund hat an dem Tag neu Frische bekommen, die Sache ein anderes Mass angenommen. Mag der Siegverleiher gewähren dir Segen und der Könige Haupt zu Füssen dir legen!« So sprach er; es lieh ihm das Ohr der Châqân 2590 und sagte: »Du Wissen feilhaltender Mann, wenn Îrân wie dich noch jemanden trüge, der den Himmel so preist, hätt’ es an ihm Genüge.« Im Palaste macht ein Gemach er ihm frei und setzte ihn zu sich ganz nahebei. Die Geschenke wurden für ihn gebracht und zur Gänze dem Schatzwarte Übermacht. Der Châqân sprach zu ihm: »Ohne Werte und Geld mögest nie du verlassen sein auf der Welt! Willst du etwas von mir entgegennehmen, 2595 dann sag’s. Ich will auch zum Empfang mich bequemen; wenn nicht: du glänzest mehr als alle Präsente, du Stern am Gelehrtenfirmamente.« Ein herrlich Gemach machte man für ihn frei und stellte ihm aller Art Kleider bei. Bei Fest und Gelag und bei Schmausen und Jagen liess nah dem Châqân er sich’s wohl behagen. Er suchte ihn einmal allein zu sprechen
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und kühn ein Gespräch vom Zaun zu brechen; er sprach: »Bahrâm ist ein Bösewicht; Ahrîman selber ist schlechter nicht; die erfahrenen Leute verkauft er um Geld, um Geld, das nicht ins Erhebliche fällt. Hurmuzd der König zog ihn heran, hob ihn wegen des Werts bis zur Sonnenbahn; in der Welt war sein Name ganz unbekannt, indes jeder Wunsch die Erfüllung fand. (Als durch sein Gebot er Gebieter ward, brach Vertrag er und Pflicht in schnöder Art; er suchte den Grosskönigsthron zu besteigen: ›Îrân wie Nicht-Îrân sind ganz mir zu Eigen.‹) Wieviel Gutes er Dir auch erzeigt haben mag, am Schluss bricht er doch mit dir den Vertrag, wie er den zerbrach mit dem Schah von Îrân, weder königstreu noch Gott zugetan. Würde er von dir zu dem Schah geschickt, war das Haupt des Schahs bis zum Monde entrückt, dein Eigentum wären dann Čîn und Îrân, wo du willst, könntest du residieren fortan.« Das Aug des Châqâns wurde trüb, da er’s hörte, da ihn diese Rede verwirrt’ und verstörte; er sprach: »Solche Reden musst du vermeiden, denn bei uns muss dadurch deine Ehre leiden. Ich kenn Bosheit nicht noch Verträgebruch; wer sie bricht, hat die Erde zum Leichentuch.« Als Charrâd Barzîn solches vernahm, wusste er, dass die Frische ins Altern kam. (Er sprach zum Châqân: »Du von Königsahnen, wie magst du an solcherlei Dinge gemahnen? Du siehst einen Schah, der den Čûbîne weit überragt und verwandt dir seit langer Zeit.« Ein zweitesmal sprach zu Charrâd der Châqân: »Dies Geheimnis wird von mir kundgetan: Hat der Kaiser von Rûm den Vertrag verletzt,
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indem er mit Chosrau einen gesetzt, dann durfte auch ich mich so verhalten und mit Helden Bahrâm einen Trug gestalten. Ich hab tausende Sklaven gleichwie Chosru und Juwelen stehen mir glanzvolle zu. Deinen Schah kränkte nicht der Herr von Byzanz, er gab Heer ihm und Schätze und Anteil des Lands. Da Bahrâm, dessen Namen man buchen liess ob des Geistes, den er im Kriege bewies, meine Achtung geniesst als mein Schwiegersohn, wie entzög’ ich zu ihm mich der Obligation?« Charrâd wurde wiederum herzbeengt und zu Mitteln der Täuschung hingedrängt; und also sprach er in seinem Innern: »Der Châqân will sich an uns nicht erinnern.«) Auf Îrân machte ihm Hoffnung Bahrâm und all seine Reden sind nichtiger Kram. Seine Hoffnung auf den Châqân wurde trüb, sodass ihm nur die auf die Châtûn verblieb. Er forschte, wer sich bei ihr befinde, dass in düsterer Seele er Helligkeit zünde. Ein Hausmeier ging ihr an die Hand, bei dem er auch seinen Wohnsitz fand. Er teilte ihm mit das Wort des Chosrau; den Mann ohne Glauben macht er dadurch froh: »Steh bei der Châtûn mir hilfreich bei, dass an ihrem Hof ich der Schreiber sei.« Der Hausmeier sprach da zum Mann der Ränke: »Dies führt schwerlich zum Ziele, wie ich denke; Bahrâm-i Čûbîne, ihrer Tochter Gemahle, gehört die Châtûn mit Kern und mit Schale. Du bist Sekretär. Eine List erfind, doch dieses Geheimnis verrat nicht dem Wind.« Als Charrâd Barzîn dies hörte, da war weder Anfang der Sorgen noch Ende ihm klar. Doch da gab’s einen Türken Qulûn, schon bejahrt,
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der von den Türken missachtet ward; sein Gewand war aus Fellen zusammengenäht, saure Milch und Gerstenbrot seine Diät. Als Maqâtûre traurig das Ende fand, getötet von Bahrâm-i Čûbînes Hand, da kochte Qulûn vor Gram das Herz und Tag und Nacht jammert aus er den Schmerz; er war blutsverwandt mit Maqâtûre auch, ob Bahrâms war sein Herz voller Qual und Rauch; sein Herz trieb ihn an, an ihm Rache zu suchen, und den Mund verschloss er nicht, ihn zu verfluchen. Charrâd beschied ihn durch Boten zu sich und wies einen Sitz ihm an vornehmlich; er macht ihm Dinare- und Dirhamgeschenke, gab Gewänder ihm, Speisen und Getränke; sass er bei Tisch, so lud er ihn ein und setzte ihn über der Vornehmen Reihn. Der gelehrte Mann war gedankenbeschwert, geduldig und klug und tatenbewährt. Bei Tag und bei Nacht war er um den Châqân, doch wurden die Lippen nie aufgetan. Andrerseits beriet über Čîns Châtûn mit dem Hausmeier er, was da wäre zu tun. Da sprach zu dem Fürsten dieser Greis: »Du erhabener Mann, der zu schreiben weiss, verstündest du dich auch auf Medizin und wäre dein Name berühmt ferne hin, ihrem Haupt wärst du dadurch Kronenzier, da ja die Tochter erkrankte ihr.« Er sprach: »Diese Kenntnisse habe ich auch; wenn du meinst, so mach ich von ihnen Gebrauch.« Der Hausmeier lief da zur Châtûn hin: »Ein neuer gelahrter Arzt erschien.« Sie sagte: »Leb froh und geniess, was edel! Bring ihn her und kratz nicht erst deinen Schädel.« Er kam zu Charrâd Barzîn: »Verborgen
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dies Geheimnis zu halten, dafür musst du sorgen. Geh zu ihr und nenn deinen Namen nur nicht, mach aus dir einen Arzt mit frischem Gesicht.« Der Ränkeschmied kam zur Châtûn ins Haus; mit dem Innern der Kranken sah’s übel aus. Er befahl, ihm zu bringen Granatapfelsaft und Flussuferlauch von besonderer Kraft, welchen Lauch man die Endivie nannte, womit aus dem Hirn er das Fieber bannte. Als auf Gottes Geheiss einer Woche Zeit verstrich, ward wie Weltleuchte Mond jene Maid. Die Châtûn brachte einen Beutel Dinare aus dem Schatz und fünf goldgewirkte Talare; sie sprach: »Nimm es an, obwohl deiner nicht wert, und was du sonst brauchst, sei von dir begehrt.« »Behalt dies,« gab er zur Antwort ihr, »wenn die Zeit des Bedarfs kommt, verlang ich’s von dir.«
Charrâd Barzîn schickt Qulûn zu Bahrâm-i Čûbîne Bahrâm seinerseits zog nach Marw hinwieder und schmückte sein Heer wie Fasanengefieder. Einer kam zum Châqân: »Aus Türkei und Čîn lass niemanden ins Land Îrân hinziehn; denn wenn von uns Nachricht zu Chosrau kommt, ist’s ein neues Geschenk, das er dadurch bekommt.« Der Châqân liess verkünden: »Auf Îrâns Gebiet wer da anders als mit unserm Siegel zieht, den lass ich sofort in zwei Hälften verwandeln und lass mir dies nicht durch Silber abhandeln.« Drei Monde liess Charrâd Barzîn verstreichen, ohne von der Geheimnisbewahrung zu weichen. In Herzenge rief er Qulûn dann zu sich und wies einen Sitz ihm an vornehmlich; er sprach: »Du weisst, dass sein Herz auf der Welt
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niemand frei von stillem Kummer erhält. Gerstenbrot, saure Milch und ein Fellgewand hast von jedem gesucht du im Čîner Land; jetzt sind Weissbrot und Lämmernes deine Speise 2660 und du kleidest dich in vortrefflicher Weise; einmal ist dies dir, dann das dir begegnet, man hat viel geflucht dir und hat dich gesegnet. Jetzt aber gelangt dein Leben zum Ende; du sahst oft Tag und Nacht, Berg und ebnes Gelände. Furchtbar ist das Werk, das ich für dich noch hab, vielleicht findest den Thron du, vielleicht das Grab. Ich nehm vom Châqân ein Siegel; so geh, als ob unter dir der Boden sich dreh. Es gilt, in die Nähe Bahrâms zu eilen; 2665 in Marw musst du längere Zeit verweilen. Ein Gewand von schwarzen Fellen leg dir an und ein Messer nimm mit auf den Weg. Auf den Monatstag Bahrâm habe acht. Geh zur Türe des Manns, der die Welt leuchten macht. Diesen Tag hält er nämlich für unheilschwanger und dies beobachten wir schon seit lang her. Eine Menge um sich zu sehn ist ihm verhasst; er bekleidet die Brust mit čîneser Damast. Von der Châtûntochter hättst du, musst du sagen, 2670 eine Botschaft zum Glorreichen hin zu tragen. Das Messer steck bloss in den Ärmel hinein, bis er zu sich beruft dich allein. Und kommst du erst Čûbîne nah, so sprich: ›Die erhabene Tochter beauftragte mich, ein Geheimnis dir in das Ohr zu flüstern, vor Fremden versteckt, die zu hören es lüstern‹. Wenn er sagt: ›Welch Geheimnis? Teil es mir mit‹, dann näh’re dich Bahrâm mit eiligem Schritt, dann stich zu mit dem Messer, durchbohr ihm den Wanst 2675 und renne davon, wenn du wegkommen kannst. 2664.2 als ob unter dir ... sich dreh: W: dass du den Boden aufrollst.
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Ein jeder, der sein Schreien vernimmt, läuft vom Feldherrn weg zum Stalle bestimmt, der eine zu Rossen, der andre zu Schätzen; der Mord muss dich nicht in Sorge versetzen, aber töten sie dich, hast die Welt du geschaut, bist mit allem Guten und Bösen vertraut. (Du hast zweitens selbst deine Rache vollbracht und so, wie du wolltest, dir Ordnung gemacht.) Doch keiner wird dazu sich Zeit nehmen nun, um dir wirklich was Böses anzutun. Und kommst du vom Mord in die Freiheit hinaus, dann häufst du die Welt und den Preis zahlst du aus, dann schenkt dir Schah Parwîz Land oder Stadt und was die Welt sonst noch an Gütern hat.« Also sprach zu dem Gelehrten Qulûn: »Keinen Lehrer und Wegweiser brauch ich nun. Über hundert Jahre wurde ich alt und Nöte erwarten mich mannigfalt, doch Seele und Leib stehen dir zu Gebot und ich finde in Nöten bei dir mein Brot.« Als Charrâd Barzîn solches vernahm, beeilt er sich, dass er zur Châtûn kam: »Die Zeit der Belohnung«, sprach er, »ist gekommen; ich sag meinen Wunsch dir, der Guten und Frommen. Man hält meine Leute drüben in Haft; an dir ist’s, zu tun, was Befreiung mir schafft. Nimm ein Siegel des Châqân, du musst es mir geben, und wisse, du schenkst mir damit das Leben.« »Er schläft im Rausche«, sprach die Châtôn, »vielleicht auf den Ring an der Hand drück’ ich Ton.« Sie verlangte von Charrâd Ton für den Ring, worauf sie zum Bett des Berauschten ging; den Ton, den sie auf das Siegel gedrückt, gab sie drauf dem Mann, dem die Heilung geglückt. Der Schreibkundige sagte ihr Lob und Preis, ging und übergab den Ton jenem Greis.
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Ermordung Bahrâm-i Čûbînes durch Qulûn Qulûn nahm das Siegel und ging mit Verv’ aus dem Lande Kašân bis zu der Stadt Merw. Dort wartete er auf den Tag Bahrâm, an dem für Bahrâm wenig Freudiges kam. Nur ein Sklave war mit ihm im Haus, beladen mit Äpfeln und Quitten und Granaten. Qulûn ging zu seinem Hofe allein: »Mein Wertester«, sprach er zum Torwardein, »die Châqânstochter wies mich zu kommen an, ich bin weder Krieger noch von Îrân; ein Geheimnis sagt’ mir die reine Frau, damit ich es diesem Herrscher vertrau. Sie sperrte sich ab von der Einlassfindung und ist ausserdem krank und steht vor der Entbindung. Verständige, die Botschaft bestellte ich gern, diesen kronetragenden vornehmen Herrn.« Der Vorhangwart eilte rasch sonach an die Tür zu des Pahlawâns Gemach und sprach: »Einer kam, sehr unelegant, er trägt Fellgewand und ist hergesandt; die Châqânstochter habe ihm aufgetragen, dem gnädigen Herrn eine Botschaft zu sagen.« Bahrâm sagte ihm: »Sag ihm: ›Von der Tür des Zimmers allein nur zeige dich mir.‹« Da machte Qulûn bei der Türe halt und zeigte den Kopf durch der Zimmertür Spalt. Da Bahrâm sah so alt und so schwach und gering ihn, so sagte er: »Hast einen Brief du, so bring ihn.« »Einen mündlichen Auftrag nur«, sagte Qulûn, »und vor niemandem will ich den kund dir tun.« 2696.2 Torwardein: Torhüter, Torwächter 2699 Sie sperrte sich ... Einlassfindung: W: wegen ihrer selbst ist die wert, versperrt zu sein.
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Da sprach er: »Komm rasch herein, mir ihn auszurichten, sag mir ins Ohr ihn und mach keine Geschichten.« Qulûn, der das Messer im Ärmel trug, kam heran und klar wurden Täuschung und Trug. Er kam näher, ihm das Geheimnis ins Ohr zu sagen – ein Dolchstich – ein Schrei drang hervor. Als Bahrâm also schrie sein Weh und Ach, eilten von der Strasse Leute zum Schah. Er rief ihnen zu: »Ergreift sofort diesen und befragt ihn, wer ihn darin unterwiesen.« Nun kamen herbei alle, die im Palast, und schleppten den Greis fort, am Beine gefasst; auch die Diener gingen empört auf ihn los mit Ohrfeigen, Faust schlagen, Stoss auf Stoss; er nahm alles hin, den Mund zugemacht, von der Mittagszeit bis zur Mitternacht; das währte, bis Hand ihm gebrochen und Fuss; man warf ihn in Schlossesmitte zum Schluss. Dann kamen sie wiederum zu Bahrâm, wund die Herzen und voll von Trauer und Gram, da das Blut aus dem Leib des Verletzten quoll; seine Wange war blau, der Mund seufzervoll. Inzwischen kam auch seine Schwester gelaufen und begann, sich vom Haupt alle Haare zu raufen; des Wunden Haupt legte sie in ihren Schoss und ging wie im Kampfe gegen sich los. Sie sprach traurig: »Oh Ritter, einst tapfer und froh, vor dem der Leu aus dem Walde entfloh, Wer hat umgestürzt diese Säule der Welt? Wer verführte den, der sie ruchlos gefällt? Weh, oh Ritter, weh, du Königsleibträger, unerschrockner Erobrer, Löwenerleger! Wer nicht königstreu ist noch auch Gott verehrt, hat den Riesenleib des Feldherrn verheert.
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Oh du Berg mit gewaltig ragender Höh, wer riss deine Wurzel vom klaren See? Wer grub aus die Zypresse, so schlank und grün, und warf die Tiare der Grossen dahin? Wer füllte mit Staub des Meers tiefe Kluft, wer stürzte den wandernden Berg in die Gruft? Wir sind fremd und allein, ferne Freunden und Lieben im Land andrer Leute im Elend verblieben. Oh du Edler des Volks, ich sag es aufs Neue: reiss nicht los vom Grund den Baum deiner Treue! Lebt vom Samen Sâsâns eine Tochter noch jetzt die sich auf das Haupt eine Krone setzt, dann ist alles Land wie ein Knecht ihr ergeben, ihrer Krone Glanz wird zum Himmel sich heben. (Alle Städte Îrâns folgen ihren Befehlen, diesen Samen verlassen niemals die Seelen.) Der Feldherr hat auf meinen Rat nicht gehört, sich an mein nützliches Wort nicht gekehrt; jetzt wirst du bereuend die Taten beklagen und vor Gott deine sündige Seele tragen. Viel Übel hat auf unser Haus sich vereint, wir wurden zu Lämmern, zum Wolf der Feind.« Als ihre Worte vernahm der Wunde, ihr Herz sah, die Meinung, die klar-gesunde, ihre Wangen zerkratzt, das Haar ausgeraubt. Herz und Auge voll Blut und das Antlitz bestaubt, da begann er traurig und schwach ein Geflüster und sprach: »Oh mein reingebornes Geschwister, deine Ratschläge waren nichts zu vergleichen, doch mich sollte das volle Mass erreichen. Dein Rat ist auf mich ohne Wirkung gewesen, ich hab einen Dȇw mir zum Führer erlesen. Kein König stand höher als Ǧamsȇd, der die Welt in Furcht und Erwartung beschied, bis die Rede der Dȇws ihn vom Wege verriss
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und die Welt er sich bannte in Finsternis. Dann war auch der geistwache Kâwȏs Kai ein gütiger Herrscher und missgeschicksfrei, des unreinen Dȇws Wort hat auch ihn zerstört; was ihm zugestossen, hast du wohl gehört. Er hob sich zum Himmel, um dort zu sehn, wie Sonne und Mond sich im Kreise drehn. (Aus dem Firmamente fiel er kopfüber in das Wasser herab bis nach Sârî hinüber.) Auch mich hat ein Dȇw vom Wege gebracht und zum Guten den Arm zu kurz mir gemacht. (Er sprach: ›Die Krone des Reichs soll dein vom Sternbild des Lamms zu den Fischen sein.‹) Ich bereu jetzt all das, was ich Böses getan; oh möchte ich Gottes Verzeihung empfahn! Geschrieben steht’s über mir nun einmal, dass ich zehre an alter Taten Qual. Das Wasser stieg mir jetzt über den Scheitel und Kummer und Lust wurden nichtig und eitel. So stand es geschrieben, es war, was da war, und was geschrieben steht, ist unwandelbar. Deine Ratschläge auch hinterlasse ich, dein Wort hängte in meine Ohren sich. So Recht wie Unrecht sind jetzt beendet; wozu noch fruchtlose Reden verschwendet! Nun richtet zu Gott empor den Blick und nehmt zur Stütze das lachende Glück! Vor Übeln wird Gott sich als Schützer euch zeigen; eure Unlust und Lust sollt ihr jedem verschweigen. Dies war mein Weltenanteil zuletzt; das Ende ist da, es heisst scheiden jetzt.« Zu Jalân Sîne sagte er: »Das Heer übergebe ich dir; waches Glück begehr! Gib auf meine liebwerte Schwester gut acht und ihren Rat zieh oft in Betracht. Keiner von euch soll vom andern sich scheiden
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und Trennung besteh nicht zwischen euch beiden. In feindlichem Lande verweilt euch nicht lang; denn thronüberdrüssig geh ich meinen Gang. Begebt euch alle zu Chosrau fort, berichtet ihm alles und hört auf sein Wort. (Sag ihm: ›Bahrâm wurde durch dich zufrieden, Zufriedenheit sei nun auch dir beschieden‹) Und sollte der Schah euch Verzeihung gewähren, sollt ihr ihn nur als Sonne und Mond verehren. An Gardôj lasst viele Grüsse gelangen und berichtet ihm, wie alles zugegangen. (Charrâd ist aus Îrân, so hab ich vernommen, mit einer Botschaft nach Čîn gekommen; zu Gardôj sprecht: ›An ihm räche mich und lass davon niemals ablenken dich.‹) In Îrân sollt ihr mir ein Grabmal errichten und in Rai den Palast Bahrâms vernichten. Auf den Châqân von Čîn hab viel Müh’ ich verwandt und nie sah ich, dass er sie anerkannt. War nicht Lohn für die Müh’, die ich auf ihn verwandte, dass mich zu bekämpfen den Dȇw er entsandte? Aber ward ihm davon auch etwas kund, so könnt er die Folge nicht scheiden vom Grund. Der Îrânier Werk war dies unbestritten und ein böser Dȇw als ihr Führer inmitten.« Vom Schreiber, den er sodann berief, liess er schreiben einen notwendigen Brief; er schrieb dem Châqân: »Bahrâm ist gegangen in Schmach und Verachtung und ohne Verlangen. Meine Hinterbliebenen mach unbeschwert, von der Feinde Bedrückung und Pein unversehrt; denn ich habe dir nie etwas Böses getan, ich strebte nur Wahrheit und Klugheit an,« Viele Ratschläge gab er hierauf seiner Schwester,
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ihren lieben Kopf an den Busen presst er, auf ihr Ohrläppchen drückt er den Mund, das Lid beider Augen bedeckte Blut; er verschied. Ein jeder beweinte jammernd ihn und man lebte Schmerzen im Herzen dahin. Die Schwester schrie laut vor Schmerz und klagte, überdenkend alles von ihm ihr Gesagte. Ihr Herz war zerspalten vor lauter Qualen; einen Silbersarg machte sie ihm, einen schmalen. Dem Kriegerleib liess sie Brokat überziehn, unterm Oberkleide lag Musselin und er wurde derart mit Kampfer bestaubt, dass darunter verborgen wurde das Haupt. So geht’s zu auf dieser vergänglichen Welt; leb froh, da du weisst, dass sie dich nicht behält. (Vornehm und gering sind dem Grab wir geboren und hilflos sind wir an den Tod verloren.) Lass die Sorgen, trink Wein bei Tag und bei Nacht, mit dem Sinne, der froh ist, dem Munde, der lacht!
Der Châqân erhält Kunde vom Tode Bahrâms. Er vernichtet Haus und Habe Qulûns und Chosrau Parwîz ehrt Charrâd Als der Châqân von Bahrâms Schicksal gehört, sah er seinen guten Namen gestört, auch kam jener Brief nunmehr zum Châqân, der Bote sprach und der Fürst hört’ ihn an. Sein Herz füllte Schmerz infolge der Kunde, Blut kam in die Augen und Bläue zum Munde. Er wurde dadurch der Bestürzung Beute und berief zu sich die erfahrenen Leute; er erzählte, was zugestossen Bahrâm, und zu weinen begann, wer solches vernahm. Ganz Čîn beweinte ihn ungeheuer, alle kochten vor Ängsten auch ohne Feuer. Alles, was ihn betraf, liess genau er erhellen,
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um den Schuldigen mit Sicherheit festzustellen. Qulûn lebten in Tûrân der Söhne zwei und Verwandte und Schwäger jederlei; als man’s wusste, legte Feuer man und die Glut verzehrte sein Haus und sein Hab und Gut; in das Feuer gab er das Söhnepaar und der Plünderung preis, was ihr Eigen war. Er wusste, dass es das Werk Charrâds sei, der in Frevel sich umtat und Täuscherei. Überallhin wurden Boten entsandt, doch fiel Charrâd Barzîn ihm nicht in die Hand. Er sprach: »Wie konnte der Hund uns entkommen, dem so vieles Feuer für uns ist entglommen!« Als dann die Châtûn an der Reihe war, zog er aus dem Gemach sie am Lockenhaar, ihre Schätze zerrte er in den Saal, ohne Rücksicht, dass sie sich bemüht einmal. Alle, die seine Diener waren in Čîn, die mussten dunkle Gewänder anziehn. Eine Zeitlang trug Trauer er um Bahrâm, da der Châqân dadurch zu Unehren kam.
Chosrau erhält Kunde von der Ermordung Bahrâm-i Čûbînes und ehrt Charrâd Barzîn Charrâd Barzîn, zu Chosrau gekommen, sagte, was er getan, gesagt und vernommen. Schah Parwîz war drob voll Zufriedenheit, denn er war von dem bösen Feinde befreit; den Armen liess er viele Dirhams reichen und was zur Bedeckung dient und dergleichen. An die Herrscher und Machtvollen liessen sie ergehen ein Schreiben auf Pahlawî: Was der waltende Schöpfer der Welt vollbracht und wie er die Feinde zunichte gemacht. Und ebenso einen Brief an den Kaiser schrieb in einer seiner würdigen Weis’ er.
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Eine Woche lang richtet er Gastmähler aus und Musik und Wein gab’s in jedem Haus; auch dem Feuerherd wurden Geschenke gemacht und die Mȏbads mit Ehrengaben bedacht. Zu Charrâd Barzîn sprach der König: »Geb ich Krone und Thron dir, so ist’s fast zu wenig.« Er füllte den Mund ihm mit teuren Juwelen, und Dinare, die an hunderttausend zählen, schüttet’ ihm auf die Füsse der Schätzewart, sodass ihm der Platz fast zu enge ward. Zu ihm sprach ein jeder: »Der helle Tag wird ganz schwarz für den, der vom Wege irrt, wär er auch wie Bahrâm auf dem Felde der Schlacht, den ein alter Türke zu Staub gemacht.« Die Mȏbads erschöpften in Beifall sich: »Nie sehe die Erde das Volk ohne dich! Wie Bahrâm möge es dem ergehn, der lieblos dein Antlitz nicht leuchten mag sehn!«
Der Châqân schreibt einen Brief an Gurdîje, die Schwester Bahrâms, und die Antwort darauf Als der Châqân sein Herz so befreit, war vom Blut das Land wie Schlamm weit und breit. Eines Tages sprach er: »Bei Willensschwund entstehen nur Taten, die ungesund. Von dem Edlen, der Bahrâm einst gewesen, kam nur Lust und Befriedigung über mein Wesen. Weshalb blieb ich durch dieses Edlen Leute nur der Schwäche und Erniedrigung Beute? Wer immer es hört, der tadelt mich nur und traut in Zukunft nicht meinem Schwur. Ist’s sein kleiner Sohn nicht, der Kummer mir schafft, nicht Sorgen Verwandtschaft und Schwägerschaft? Durch den Sohn war er mir doch blutsverwandt, durch Liebe verbunden wie durch Verstand.«
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Er befahl, dass sein Bruder zu ihm gelange, und besprach sich mit ihm ausnehmend lange. (Er sprach: »Mach von hier dich nach Marw auf die Reise, so wie im Park des Fasanenflugs Weise.) »Du musst nach des Bahrâm Leuten sehn, lass viele Grüsse an sie ergehn (und versichere bei Gott und bei meinem Thron, ich hatte vorher keine Ahnung davon.) Sag ihnen, auch mein Herz sei voller Wunden, durch den Trauerfall sei ich zeitlebens gebunden; zur Rache wusch ich mit Blut alle Gegend, dass das ganze Land mich verflucht und ihn segnet. Meine schmerzvolle Rache soll überall hin dringen, und müsst ich den Himmel zur Erde zwingen. (Beim Morde eines so Ehrgeizreichen sollt’ nicht einer von Hundert der Rache entweichen.) Den Befehlen Gottes kann keiner entgehn; wer Verstand hat, vermag solches einzusehn. Sein Geschick ist nun einmal ein solches gewesen, ein unseliger Dȇw trieb sein Zauberwesen. Der Schutzvertrag gilt, den ich ausgesprochen, nichts wird von der alten Verpflichtung gebrochen.« An Gurdîje schrieb er, davon getrennt: »Oh du rein-edle Maid, die Befleckung nicht kennt, du bist ganz Geradheit, ganz Menschlichkeit, deine Mischung ist Mehrung, von Minderung weit. Mein Denken war deinem Geschick zugewandt und geheim berieten sich Herz und Verstand. Ich weiss dir keinen bessern Gatten als mich; mein Haus magst du schmücken fürsorglich, ich will halten dich wie Leib und Leben und den Bund nie zu brechen mich stets bestreben. Sodann untersteht dir das ganze Land, deinen Wünschen setz ich mein Herz zum Pfand. Alles, was du hast, magst du um dich jetzt scharen
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und die Klugen lass diese Worte erfahren; sieh dann zu, welchen Endbeschluss du fasst, wenn du geisteshell alles erwogen hast. Mach zum Herrscher dabei deinen klugen Verstand und was du beschlossen das gib mir bekannt.« Er sprach’s, und wie die Zypresse mit Verv’ der Tauber verlässt, eilt der Bruder nach Merw. (Er entfernte mit Auftrag und Brief sich und kam) so zu den Leuten des Helden Bahrâm; was der Châqân gesprochen, das brachte er vor, dass er ob jenes Mords vor Empörung gor, sodann fuhr er fort: »Ihr allverehrten verständigen Helden, ihr tatenbewährten, dass so unverdient und so jäh er verblutet, kein Mensch auf der Welt hätte solches vermutet. Möge so etwas euch zur Warnung gedeihn, und der gerechte Richter ihm gnädig sein!« Den Brief an die Schwester vertraulich bestellt’ er und was der Châqân gesprochen erzählt’ er, von Verbindung und Rat, Liebenswürdigkeiten, von neuem Geschehen und alten Zeiten, von dem reinen Weibe, in Keuschheit stet, das den Kummer verdrängt und den Mann berät. Die Reine hörte den Jüngling sprechen und zog es vor, nicht das Schweigen zu brechen. Doch hernach, nachdem sie den Brief gelesen des Châqân, des Manns mit dem störrischen Wesen, und nachdem sie das Wissen gesellt dem Verstand, erwog sie, welchen Bescheid sie darauf fand. Dann sprach sie zu ihm: »Ich las jetzt den Brief und erwäge den Inhalt reiflich und tief. Châqân verfährt, wie die Könige verfahren, wie die vornehm sind und die welterfahren. Dass er doch unser Auge stets leuchten mache! Denn er ist es, der ausgeht für uns auf Rache. Ohne Châqân möge die Welt nie sein!
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Lust mög er der Krone der Grösse verleihn! Sein Herz sei nie wund von Kümmernissen! Die Hoffnung der Welt nie aus ihm gerissen! Wenn wir nun im Rat beieinander bleiben, wollen Punkt für Punkt wir studieren das Schreiben; wer da Grösse besitzt und besitzt Verstand, dessen Blick sei den Wünschen da zugewandt. Doch jetzt ist meine Sippe ganz Totenklage und dies zu besprechen kommt nicht in Frage. (Ist um solchen Fürsten die Trauer beendet, sei des Châqân Befehl Gehorsam gespendet.) Meine Absicht ist nicht Rückkehr nach Iran; für das reine Weib ist das Beste ein Mann. Wenn ich mit derartiger Eile verreiste, was sagte der Schah mir mit hellem Geiste? Dass in Trauer ich nur Vergnügen bezweckte aus Reinheits- und Hochherzigkeits-Defekte. Der Verständige hiesse mich unverschämt und der Châqân eine, der Ehrfurcht fremd. Ich will anhören, was mir zu hören nötig und was Redner mir vorzutragen erbötig. Sind dann die vier Trauermonde vergangen, lass ich einen Reiter zum Schah gelangen; ich will dann alles im Briefe drin sagen, den der Berater soll zu ihm tragen. Du reise jetzt frohgemut nach Haus und dem Châqân richt’ meine Botschaft aus.« Froh begann der Gesandte mit vielen Geschenken aus Marw seine Schritte heimwärts zu lenken.
Beratung Gurdîjes mit ihren Pahlawânen und ihre Flucht aus Marw Hierauf sass dieses Mädchen, das junge und weise, ganz ruhig in ihrem Beraterkreise; Sie sprach: »Jetzt hat Neues sich eingeschaltet, das ewiglich nicht im Herzen veraltet.
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Es begehrt der Châqân mich zur Frau und trägt allerlei Redeschmuck zur Schau. In ihm ist kein Fehler, er ist gross und König und tapfer und Tûrâns Heer ist ihm frönig. Bahrâm hielt mich Vaterlose bei sich zwölf Jahre, seitdem mir der Vater verblich. Hat mich jemand von ihm zur Gattin gemocht, hat das Hirn im Schädel vor Wut ihm gekocht, und solange am Leben war dieser mein Leu, trug an mich zu erinnern ein jeglicher Scheu. Nun ist nichts Geringes der Schah Châqân, alles ist seiner Machtfülle Untertan. Doch will zwischen den Îrâniern und Türken er ein Verwandtschaftsband bewirken, sieht durch Bund und Vertrag dieser Schicksalslage er nur Kummer und Sorge am Ende der Tage. Sieh, wie’s für Sijâwuš durch Afrâsǝjâb nichts andres als Glut nur der Sonne gab; das eigene Haupt gab preis dem Wind ein Jüngling, wie nie einer Mutter Kind; und der Sohn des Feldherrn, was hat er getan? Er machte zu Schutt Îrân und Tûrân. Bemüht euch, dass wir vor den Türken geheim diese Worte rasch bringen nach Îrân heim. An Gardôj richte ich ein Schreiben; – ich konnte vordem die Angst nicht vertreiben – er möchte dem Schah unsre Lage sagen und unsere Ängste und unsere Plagen. Gott gebe, dass, wenn er dies vernimmt, er zu meinen freundlichen Worten stimmt.« Jeder sagte: »Du bist die Gebieterin, du bist Rücken und Arm für Îrân und Čîn. Von der Stelle bringt dich kein Eisenberg, du leitest die Helden mit Mannheit im Werk, hast schärferen Blick als verständige Männer und bist klüger als die gelehrtesten Kenner.
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Du hast zu befehlen, wir sind dir ergeben in Plan und Pflicht zu deinem Bestreben.« Als sie’s hörte, rief sie den Mustrer herbei, gab Dirhams und setzte ihn in die Kanzlei. Sie beschaute die Truppen, es trat jeder vor sie und eintausendeinhundertundsechzig erkor sie, von denen am Schlachttag jeder der Streiter gewachsen war einer Zehnzahl der Reiter. Sie gab Dirhams und sprach die folgenden Worte, als sie heimging, zu der Kriegerkohorte: »Dem, der sieht die Steigbügellederriemen, kann nur Mut bei Hinauf und Hinab geziemen; er wird eine Menge von Helden nicht scheuen, mag die Wolke auch Köpfe nur so auf ihn streuen. (Von dem Mit-mir-Ziehn wendet nicht er das Ross und ängstigt sich nicht, läuft der Feind auf ihn los.) Wir müssen nun bis nach Îrân ziehn, zum König der tapferen Helden hin. In Tûrân sind wir Fremde, nur eben gelitten, verachtet und schwach den Grossen inmitten; ich will aufbrechen drum, wie es finster wird und das Haupt der Feinde vom Schlafe verwirrt. Habt wegen der Rückkehr das Herz nicht beklommen, sollt’ zum Kampf von Čînesen ein Heer auch kommen. Denn ich glaube nicht, dass hinter uns her die Führer ziehn mit den Keulen schwer. Nehmt euch zusammen, sollten sie nahn, beim Schlägeerteilen und -empfahn. Doch wenn dies nicht eurer Ansicht entspricht, dann rührt euch hier von der Stelle nicht.« Da riefen sie alle: »Wir sind untergeben, wollen deinem Befehle und Willen nur leben.« Völlig einig brachen sie auf daraufhin und rüsteten alle zum Kampfe mit Čîn. Jalân Sîne, Îzad Gušasp und Genossen setzten sich nieder auf ihren Rossen;
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jeder sprach: »Ruhmvoll sterben ist besser bei weitem als dem Feind durch sein Leben Freude bereiten.« Sofort eilt’ sie aufs Feld zum Kamelzug hin und liess sich die Tiere vorüberziehn; sechstausend erwählte sie von diesen Tieren, um das Gepäck ihnen aufzuschnüren. Gurdîje stieg zu Pferd, als das Taglicht verschwand, wie ein stolzer Ritter, die Keule zur Hand, in kostbarer Rüstung sie und das Pferd, mit Panzer und Helm und dem Reckenschwert, so führte das Heer sie mit Windesschnelle durch Nachtfinsternis und durch Tageshelle.
Der Châqân sendet Ṭuwurg hinter Gurdîje her und Gurdîje tötet ihn
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Viele waren vom Heere, die Schonung erbaten und hilfeflehend vor den Châqân traten. Sein Bruder kam zu ihm: »Oh Held und berühmter Fürst, von Kampfmut beseelt, ein tapferes Heer zieht nach Îrân; viele traten mit Schutzbitten an mich heran. Deinem Hofe bringt dies ewige Schande; man lacht im Heere und in deinem Lande.« Als der Feldherr von Čîn vernahm solches Wort, schwand vor Zorn aus den Wangen die Farbe ihm fort. Er sprach: »Nimm eiligst ein Heer und ergründe, wo jenes sich auf seinem Zuge befinde. Gelangst du zu ihnen, lass hart sie nichts büssen, versuch’s erst mit Worten, mit zuckersüssen. Sie ahnen von unseren Wegen nichts, vielleicht, dass dem Feind du das Rückgrat zerbrichst. Mit Güte und Schmeicheln musst du sie bedienen, durch Menschlichkeit hebe die Köpfe ihnen. Jedoch hebt an mit dir einer den Streit, sei mannhaft und ferne von Säumigkeit.
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Mach dann einen Friedhof aus ganz Merw, dessen Boden sich wie ein Fasanenflügel färb’.« Der Feldherr kam nun mit sechstausend Streitern, mit auserlesenen türkischen Reitern; am vierten Tag kam er ihnen nah. Als die Löwenherzige diese Truppen sah, machte dies keinen Eindruck auf ihre Seele, sie kam rasch wie der Wind zum Tross der Kamele; sie liess ihn im Rücken des Heeres stehn und kam, auf dem Kampfplatz sich umzusehn. Dann legte sie an ihres Bruders Gewappen und setzte sich auf den schnellfüssigen Rappen. Beide Fronten standen sich zugewandt, jedes Leben lag in der eigenen Hand. Ṭuwurg ritt seinem Heere voran, den nannte »alter Wolf« der Châqân. Den Îrâniern sagt er: »Die reine Maid ist wohl nicht in der grossen Menge zur Zeit?« Da die schwere Rüstung Gurdîje trug und den Gurt um die Mitte nach Kriegerart schlug, erkannte Ṭuwurg nicht, dass sie es sei, gab dem Rosse die Fersen und ritt ihr vorbei. Sodann sprach er: »Ich suche, wo wohl wäre die Schwester des toten Schahs hier im Heere; denn mit ihr muss ich manches zur Sprache bringen, so von alten Zeiten wie neuen Dingen.« »Da bin ich«, rief Gurdîje, »denn los auf den reissenden Löwen spreng ich das Ross.« Als Ṭuwurg nun ihre Stimme vernahm, die vom Streitross so stark wie ein Leu herabkam, »Der Châqân«, rief er, von Erstaunen beseelt, »hat aus diesem Reiche dich auserwählt, auf dass du ihm sei’st ein Erinnerungszeichen an den Ritter Bahrâm, den Leun ohnegleichen. 2925.2 Rappen: W: [schwarzes] Pferd
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Er sprach: ›Für dieses Gute den Dank hörst du mich nur an, den bring ich in Gang.‹ Er sprach zu mir: ›Eile und sage ihr: ‹Scheint das, was ich sagte, nicht tunlich dir, so ist, was ich sagte, nicht endgültig, noch kehre zurück von dem Worte ich. Dass dies Land du verlässt, will sich nicht gestatten, auch dann tus nicht, willst du nicht einen Gatten.› Sprich zu ihr zuvor Worte solcher Art und fessle sie, wenn sie dem Rat nicht willfahrt.‹ Immer, wenn er auf diese Sache verfiel, sprach er über das Mass darüber viel.« Gurdîje sprach: »Vom Kampfplatz nunmehr gehn nach einer Seite wir fort aus dem Heer. Auf das, was du sprachst, will ich Antwort dir geben und dir glückhafte Planfestsetzung erstreben.« Ṭuwurg aber begab sich nunmehr zu der starken Edlen hinweg vom Heer. Als mit ihm allein sich sah die Schlaue, entblösste vom Schwarzhelm das Antlitz die Fraue und sprach: »Du hast Bahrâm noch geschaut und an Reitkunst und Kampfweise dich erbaut. Er hatte so Mutter als Vater wie ich. Nun endigte aber sein Leben sich. Doch jetzt will ich dich examinieren und deine Kampfkunst einmal probieren. Wenn du wert des Gatten mich hältst, magst du’s sagen, auch würdest du mir als Gatte behagen.« So sprach sie und trieb ihren Renner an; Îzad Gušasp folgt ihr eilig sodann. (Vom Feldherrn von Čîn ward ein Angriff gemacht und es rangen beide Löwen der Schlacht, und die Schwester jenes Helden so hehr ging auf den Ritter los mit dem Speer.) Einen Speer stiess sie auf sein Gürtelband,
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der den Weg durch Rock und durch Panzer fand. Als herunter er sank von dem Rücken des Pferds, wurde Strom von Blut der Sand allerwärts. Jalân Sîne und manch erlesner Genoss sprengten auch auf das Feld des Kampfes das Ross. Er zerschlug das ganze čînesische Heer, viele wurden verwundet, erschlagen noch mehr. Zwei Farsangen verfolgte das Heer sie weiter, nicht viele verblieben auf Rossen als Reiter. Das Land wurde durchwegs zum blutigen Fluss, dieser Kopf war ganz weg, jener diente als Fuss.
Der Brief Gurdîjes an Gardôj
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Sie zog nach Îrân, als sie siegreich war, sie zog zu der Tapferen Schahrǝjâr. (Am vierten Tag kam sie nach Âmôj; eine Frau als Weltsucherin war noch ganz neu.) In Âmôj machte einige Zeit sie halt unter Erwägungen mannigfalt. Dem Bruder schrieb sie einen Brief in Trauer und schilderte ihm das Geschehne genauer. Darin hiess es: »Als Bruder Bahrâm, der Held, unter Ängsten und Qualen schied aus der Welt, gab uns beiden er Ratschläge vielerlei; dass sein Geist um uns ausser Sorge sei!« Dann schrieb sie: »Dem König, dem hohen und frommen, teil die Ratschläge mit, die du von mir vernommen. Ein gewaltiges Heer kam hinter uns her, alles edle Krieger, tapfer und hehr, doch wir haben sie so zu behandeln gewusst, dass fortan sie nicht Kampf sehn noch Festeslust. Der Edlen befinden sich mit mir sehr viele; behüte, dass Missgeschick sie überfiele. Ich sitze in Âmôj, bis hoffentlich eine glückliche Antwort gelangt an mich.«
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Chosrau tötet Bindôj wegen der Ermordung seines Vaters Hurmuzd Nun konnte der Schah sich der Ruhe ergeben, da Bahrâm, der Held, nicht mehr war am Leben. Keinen Kampflust’gen sah er unter den Grossen, der es wagte, mit ihm zusammenzustossen. Zum reinen Wesir sprach er an einem Morgen: »Weshalb hielte ich meine Gedanken verborgen? Meines Vaters Mörder geht unverwandt an mir stets vorbei und er ist mir verwandt. Ist mein heller Geist des Blutes so voll, so mach ich das Königtum, wie es sein soll.« Man setzte den Tisch hin, er trank viel Wein; am selbigen Tag sperrte Bindôj er ein, und sodann sprach er zu seinem Wesir: »Vom Leib müsst jetzt Hände und Füsse ihr ihm abhaun, auf dass zum Königsmord er, händelos, nicht sich gürte hinfort.« Sie hauten es ab und er war gleich tot. Seinen blutigen Geist übergab er Gott.
Gustahm wendet sich von Chosrau Parwîz ab und nimmt Gurdîje zur Frau Hierauf schickte er einen nach Churâsân ab, dem er auf den Weg viele Weisungen gab; er sprach: »Mach zu keinem die Zunge reg’, sondern dich zum Grenzwächterhof auf den Weg. Sag Gustahm: ›Bleib keineswegs dort; hast den Brief du gelesen, so komm sofort.‹« Nach der Ankunft in Churâsân des Gesandten am Hofe des starken Grenzkommandanten bestellte er Parwîz befehlendes Wort, der ein junger Schah war mit Neigung zum Mord. Als es Gustahm hörte, rief er die Scharen des Heeres zurück, die zerstreut worden waren;
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sie kamen zum Lande der Grossen sodann, aus Sârî und Âmul nach Gurgân. Er vernahm, wie hart der Schah in der Nacht seinen Bruder in Trunkenheit umgebracht. Sein Heldenfleisch riss er darauf zu Stücken und stieg herab von des Fuchses Rücken, er zerriss zur Gänze sein Heldengewand und bestreute den Kopf mit Staub und Sand. Den Vater zu rächen, trachte nach auch seinem Leben, wusst’ er, der Schah. Unter Jammern kehrt’ er zurück von der Stätte, als liefe er mit dem Wind um die Wette. Das verstreute Heer ward zusammengeballt und so zog er fort zum Nârǝwanwald. Als zum Âmulgebirge er kam heran, führte er das Heer in den Nârǝwan, er liess sie anstürmen nach allen Seiten, um durch Ansturm den Rachekrieg vorzubereiten. Wo immer ein Arbeitsloser sich bot, nahm er in den Dienst ihn um das Brot; und wo sich ein Heer des Königs befand und die Tatsache wurde Gustahm bekannt, ward ein Angriff gegen sie vorgetragen und das Heer wurde vollständig zerschlagen. Als Gardôj kam zum König sodann, erzählte er, was seine Schwester getan mit des Châqân Grenzwächtern, wie sie Verderb gebracht habe über jene in Merw. Gustahm auf der anderen Seite vernahm, dass Held Bahrâm sein volles Mass bekam und dass Gurdîje mit grossem Heere vom edlen Fürsten gekommen wäre, hinter ihr kam ein Heer zum Kriege heran, und was sie mit den Edlen von Čîn getan. Er liess drauf zum Kampfe aufsitzen geschwind und führt’ aus dem Walde das Heer wie der Wind.
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Als Gurdîje davon erhielt die Kunde, rückte sie aus Âmôj mit der edlen Runde. Als Gustahm dies sah, da kam er geritten auf gesporntem Ross aus des Heeres Mitten, von Schmerz erfüllt kam er zu Gurdîje; wegen Bahrâms war er in Angst und Weh, auch den Schmerz klagte er, den ihm Bindôj erregte, indem Blut aus dem Aug mit dem Ärmel er fegte. Als Îzad Gušasp, Jalân Sîne erscheinen von fern er sah, stieg vom Ross er mit Weinen. Er sprach: »Bindôj hat der Schah vernichtet und hat auch mich zugrundegerichtet, als hätte ihn nicht seine Schwester geboren und er seinetwegen nicht Blut verloren. Sein Schädel war für ihn ihm doch feil, und sein Leben opferte er für sein Heil. Im Rausch trennt er Hände und Füsse ihm ab, so wie sich’s aus seinem Charakter ergab. Was setzt ihr für Hoffnung auf ihn, ihr beide? Er gibt weniger Frucht als im Tîrmâh die Weide. Seid sicher, ihr werdet noch ärger zerharkt, auf dass das Fleisch billiger werde am Markt. Wenn nur von fern Jalân Sîne er schaut, ergrimmt er, die Rachsucht wird wieder laut, denn du führtest Bahrâm die Truppen ins Feld und durch ihn sahst den Wunsch du erfüllt auf der Welt. Wer ihn kennt, hält sein Sich-Enthalten für besser und für seine Kehle ein scharfes Messer. Verweilt ihr mit uns zusammen hier, so beraten die Sache ganz gründlich wir.« Jeder nahm den Rat an, der ihn vernahm, da er gerne vom Wege zum Unglück entkam. Mit Ungestüm sprach er Gurdîje an und gedachte dessen, was Bahrâm getan. 3013.2 im Tîrmâh: im Tîr-Monat – im 4. Monat
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Durch das, was er sprach, wurde Gurdîje schwach, ihr Denken gab ihrem Herzen nach. Alle waren ihm nah zu jeder Zeit; über den düsteren Sinn kam ihm Helligkeit. (Als einige Zeit darüber vergangen, war er fröhlich bald, bald trauerbefangen.) Zu Jalân Sîne sprach er: »Was zu einem Mann sagt wohl dieses Weib? Welchen Ruhm strebt es an?« Also gab er Antwort: »Ich will es ihr sagen, ihr Herz will ich säubern durch Reden und Fragen.« Zu Gurdîje sprach Jalân Sîne: »Frau, als Ratgeberin kamst du mir stets zur Schau. Mit dem Châqân machtest du Schluss; es gehörte sich, und dass deine Wahl zu den Persern kehrte sich. Was sagst du zu Gustahm, dem Königssohn? Er ist machtvoller Feldherr, ein Fürst mit Heer.« Sie sprach: »Wenn die Ahnen aus Îrân wären, würde unseren Stamm nicht der Gatte versehren.« So gab er sie Gustahm ins Eherecht, der herzhafter Held war aus Königsgeschlecht. Wie frisches Obst hielt er Gurdîje; nie sah sie Senkung auf ihrer Höh. Dem Heer, das von Chosrau zog herbei, wurde altes Schicksal wieder neu. Stets, wenn sie ein Heer geschlagen sah, den Tapferen bot sie Zuflucht dar.
Ermordung Gustahms durch Gurdîje infolge einer List des Chosrau Parwîz und des Gardôj Also, bis einige Zeit verstrich, ob Gustahms ärgert der König sich. Zu Gardôj sprach er im Grimm einmal: »Gustahm wurde Gurdîjes Gemahl. Zu ihr wendet die grosse Menge sich stet; ich glaube, sie ist es, die jene berät.
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Ein Spion aus Âmul machte offenbar alles das, was bisher noch verborgen war.« Er sprach derart, bis die Finsternis kam und dem Auge der Helden die Klarheit nahm. Als die Diener Fackel und Wein gerichtet C für 3039/1 (und von Fremden hatten die Halle gelichtet,) P für C 3039/2 (und den ganzen Palast aufs Schönste geschlichtet) machte von den Fremden den Ort er leer, auf dem Thron sass mit dem Berater er. waren Gardôj beisammen und der König und besprachen genau jedes Viel und Wenig. Er sprach zu ihm: »Ich hab zahlreiches Heer nach Âmul gesandt voller Kampfbegehr; alle kamen mit Wunden zurück und verbunden, voller Wehklagen und gequält und zerschunden. Ein Plan wird nunmehr von uns ausgeheckt, der sich wenig mit Krone und Thron zwar verträgt. Als den Weg Bahrâm-i Čûbîne damals verfehlt’, war doch Gurdîje stets von Treue beseelt. Ich bin nun auf einen Ausweg geraten, doch darfst du davon nichts der Menge verraten. An Gurdîje geh ein Brief, als fliesse ein Bach voller Wein im Paradiese: ›Du warst uns Freundin vordem immerfort und uns hilfreich zu allem an jedem Ort; seither ist so manche Zeit verflossen und mein Mund hielt des Herzens Geheimnis verschlossen. Doch nun nahte die Zeit zum Reden sich, denn Gardôj ist mir wie mein eigenes Ich. Sieh zu, dass du eine List ausstudierst, dass den garstigen Ekel los du wirst, dass auf Gustahm du einen Grabstein wälzst, unser Herz und Haus in die Hand erhältst. Ist dies vollbracht, so findet dein Heer
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und was du noch hast an Anhängern mehr bei uns das Schutzbedürfnis befriedigt und keiner wird irgendwo jemals erniedrigt. Wem du willst, dem geb ich ein Land zu Lehen 3055 und er kann an der Spitze des Landes stehen. In unserem goldnen Frauengemache verweilst du, Vollenderin unserer Rache. Darauf will ich viele Eide noch schwören, durch die Bindung meine Bindung noch mehren. (Sollt’ das Herz ich wenden von meinen Eiden, so mög ich den Tadel der Meinen erleiden.)‹« Zu ihm sprach Gardôj: »Sei an Glücke reich, der Nâhîd im Sternbild der Jungfrau gleich. Du weisst, dass mein Leben, das eigne Kind, 3060 Land und Leute und die mir verbunden sind, ich gegen dein Haupt nicht als Güter werte, und wären sie noch von so hohem Werte. Ich will damit jemanden hin zu ihr senden, ihre düstere Seele zur Heiligkeit wenden. Einen Brief mit dem Siegel des Königs möcht ich, seine Handschrift auch, wie der Schimmermond prächtig. Zur Schwester schick ich mein eigenes Weib, damit jeder Böswillige ferne bleib. Denn sowas gehört zu den Frauengeschäften, 3065 für die Frau vor allem mit geistigen Kräften. Ich will drin noch alles ins Auge fassen, deine Botschaft der Schwester zukommen zu lassen. Rasch und auftragsgemäss soll die Sache geschehn, nicht im mindesten ist davon abzugehn.« Chosrau wurde heiter, als er dies hörte, alles löste in Luft sich auf, was ihn verstörte. Er verlangte vom Schatzwart Papier zum Schreiben und Schreibtinten, wie sie aus Moschus sie reiben. Einem Garten gleich liess den Brief er prangen, 3070 dessen Rosen blühn wie der Lieblinge Wangen. An Versprechen und Schwüren ward nicht gespart,
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Schmeicheleien und Zureden jeglicher Art. Kaum war die Adresse des Briefes entnässt, ward das Moschussiegel darauf gepresst. (Mit dem Namen Parwîz einen Edelstein drückten sie in den schwarzen Moschus hinein.) Es war auch ein Schreiben Gardôjs dabei; drin sprach er von Ratschlag und vielerlei. Am Beginn sagte er, was Bahrâm gemacht, wie er Schimpf über Sippe und Land gebracht; »Der Herrgott möge ihm Gnade schenken und er möge nicht reuig des Unsinns gedenken. Wessen Seele keinen Verstand mag hegen, wird das, was er tut, nie genau überlegen. Wie er ging, gehn auch wir zu unserer Zeit und vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit. Wenn nun zu dir kommt, die mir gesellt, und deinen düsteren Geist erhellt, dann wende von ihren Worten dich nicht, sonst bekäm unser Glück ein fahles Gesicht.« Er legte des Chosrau Schreiben hinein und schlug dann den Brief in Seide ein. Die schlaue Frau nahm den Brief an sich und lauschte den Worten so selbstherrlich. Sie eilte zum Walde Nârǝwan; bei der Frau kam die Frau Gesandtin an. Gurdîjes Gesicht glich dem seligen Lenze an Duft, Farbe, Bildern darob zur Gänze. Von dem Toten Bahrâm sprachen sie sehr viel, indes Träne auf Träne den Wimpern entfiel. Sie gab heimlich den Brief ihres Gatten ihr dann und die Handschrift des Königs und wies sie an. Als der Königsbrief aufschien dem Löwenweibe, war’s, als säh sie auf Erden die Mondesscheibe; sie lachte und sprach: »Dies setzt niemand in Pein, nennt er auch nur fünf der Freunde sein.« Den Königsbrief las sie fünf Leuten nur,
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indes niemand vom Volke davon erfuhr. Sie sprach erst, nachdem sie sich jene verband, und ergriff zugleich ihre Hand mit der Hand. Sie lud zu sich ein diese fünf Personen und liess sie nahe dem Schlafzimmer wohnen. Als die Nacht kam, tötete sie alles Helle, mit der Faust packt des Gatten Lippen sie schnelle. Von diesen Männern kamen auch vier an das Ruhelager des Fürsten zu ihr. Sie bemühte sich viel mit dem trunkenen Mann, doch verschloss sie die redende Zunge ihm dann. Der Feldherr starb in der Finsternis, da er Nacht und Licht dem Begehrenden liess. In Geschrei brach die Stadt und in Hilfrufe aus und Feuer und Sturmwind in jeglichem Haus. Als den Lärm vernahm das furchtlose Weib, bedeckt mit Romäerrock sie den Leib. Die Îrânier berief sie in finsterer Nacht; vom Getöteten wurde viel vorgebracht. Jenen Brief des Schahs wies sie ihnen vor und hob Mut und Heftigkeit ihnen empor. Indem jeder Stolze ihr Beifall rief, streute Edelsteine man auf diesen Brief.
Gurdîje schreibt an Chosrau einen Brief, und Chosrau Parwîz wirbt um sie Mit den Räten sass ruhig die Furchtlos-Gesinnte und verlangte nach einem Schreibrohr und Tinte; einen Brief schrieb sie sonach an den Schah, der von Böse- und Gutgesinnten sprach. Ein Lob dessen stand an des Briefes Beginn der von Rachelust säuberte seinen Sinn: dann hiess es: »Die vom König befohlene Tat entsprach dem, was der Treuen Herz sich erbat; 3093 vier: Ich lese čâr, nicht jâr. Anders Pizzi: anche alleati le venian da quelli subitamente.
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es wurde das starke Heer zerstreut durch des grossen Königs Glückhaftigkeit; nun wart ich, was du zu befehlen gedenkst, welchen Ring in das Ohr der Sklavin du hängst.« Als dies Schreiben ankam bei Chosrau, wurde durch diese Frau er wieder froh. Er berief einen reinen Glücksstern-Gesandten, einen klugen, in süsser Rede gewandten; einen Brief schrieben sie wie der Aržang von Čîn und versahen mit vieler Lobpreisung ihn; die Machtvolle, die er zum Hof berief, nannte Krone des Mondes er in dem Brief. Wie der Wind kam jener Gesandte zur Frau und bestellte des Chosrau Worte genau. Da erglänzte vom Schreiben des Schahrǝjârs die Löwin wie Blüte des frühen Jahrs; das Heer ward berufen, die Löhnung bezahlt, das Gepäck aufgeschnürt, als der Tag erstrahlt’. Wie der Königsstadt sie kam in die Näh, zog am Wege entgegen ihr eine Armee; als sie dann zum Hof kam, fand sie Empfang und fand den König im Herzen bang. Sie brachte schwere Geschenke hernach und die sie begleitenden Edeln dem Schah. Der ganze Schatz mit Kleinodien ward genau zugezählt dem Schätzewart, die Dinare und kostbaren Juwelen, die niemand vermochte auch nur zu zählen, goldgewirkte Brokate mit Gürtel und Krone, mit goldenem Schild und goldenem Throne. Chosrau sah die edle Zypressenfrau mit der Wange wie Lenz und dem Gang wie ein Pfau, mit dem Antlitz wie Tag und den Locken wie Nacht, die Perlen vom Munde, scheint’s, regnen macht; in die Frauengemächer schickt’ sie der Schah; 3120.2 Pfau: W: ein Fasan
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über alle erhaben war ihr Gemach. Er sandte auch zu dem Bruder von ihr und zu seinem hilfereichen Wesir; nach den Bräuchen des Glaubens nahm er sie zur Frau, hielt sie wie das eigene Leben genau. Wer ihr wert war, bekam eine Ehrengabe, Dinare, Dirhams und allerlei Habe.
Gurdîje zeigt bei Chosrau ihre Tüchtigkeit Der Schah sprach zu ihr, als zwei Wochen entflohn: »Bei Sonne und Mond und bei Glück und Kron’, erzähl mir vom Krieg mit den Châqâniten; du bandest da auch ja den Gurt um die Mitten.« Sie sprach: »Oh Schah, mög dein Glück stets währen und den Geist möge stets dein Anblick ernähren! Befiehl, dass sie Ross mir und Sattel bringen und Bogen und Hinterhalts-Fangschnur-Schlingen und Waffenrock, Helm und Lanze und Keule und den Köcher, gefüllt mit dem Hartholzpfeile.« Einem Diener befahl der Schah, einen Thron aufzurichten beim Rosen-Park-Pavillon. Es kamen umsichtige Diener herbei, aus Byzanz Bedienstete und der Türkei, eintausendzweihundert der Schönen Chosrus – du meintest, im Park finde Platz gar kein Fuss. Wie die Sonne sah man voran Šîrîn mit dem Wuchs einer silbernen Säule ziehn. Zu Fuss schreitend aus ihrer Wohnung einher, um die Mitte den Gürtel, in Händen den Speer, begab Gurdîje sich zum Schahrǝjâre und begehrt’ Türkenpanzer und Rûms Tiare. Zum Weltenherrn sprach sie: »Macht sei dir und Glück! Bleib ferne dem Bösen! Halt offen den Blick!« Der Schah befahl der geschickten Frau, dass sie nun nach ihrem Rappen schau.
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Sie stützt auf den Boden den Lanzenschaft und schwang sich zum Sattel mit Windeskraft; den Garten nahm sie zum Übungsplatz 3140 und nach links und nach rechts ging’s in seltsamer Hatz. So die kreuz und die quer zog das Ross seine Reih’n und aus schwarzer Wolke erscholl ihr Schrein. Sie rief: »Als Ṭuwurg damals kämpfte mit mir, war ich wie ein Wolf voller Zorn und Gier.« Also sprach Šîrîn: »Oh Schah, beschaffen willst du einem Feinde zum Kampfe die Waffen? Die stets der Ermordung des Bruders gedenkt, ich fürchte, dass sie dich ins Unglück versenkt. Sitzst mit lauterm Gewand du auf goldenem Thron, 3145 hat doch ständigen Zutritt zu dir die Person.« Zu Šîrîn sprach da der Schah mit Lachen: »Nur auf Freundliches darfst du gefasst dich machen.« Und da Gurdîje weiter herumgaloppierte, rief der Schah sein »Zih!«, das ihr applaudierte. Sie rief: »Auf dem Kampfplatz ist fürwahr vor mir jetzt ein feindlicher Schahrǝjâr und jetzt lass ich ihn dem Schah zu Gefallen in der Art des Ṭuwurg von seinem Sattel fallen.« Über Chosrau bekam die Verblüffung Gewalt 3150 ob des Arms und der Schulter, ob Wuchs und Gestalt; zu Gurdîje sprach da der Schahrǝjâr: »Die du nicht besorgst von der Zukunft Gefahr, jetzt will ich noch sehn, ob beim Becher Wein du schwach magst oder gewaltig sein.« (Doch das Heldenweib nahm unverwandt einen Becher voll Königswein zur Hand, vor dem selbst wiche Ahrîman zurück; die Menge heftete drauf ihren Blick. Auf des Schahs Wohl leert sie’s mit einem Zug, dass die letzte Stunde dem Goldquell schlug. Der Feldherr geriet darob ganz aus dem Haus: »Oh du kampflust’ge Schöne«, so rief er aus,)
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vier Feldherren sind mir rings in der Welt, deren jeder mein Leben in Obhut hält, zwölftausend Îrânier sind bei jedem, gewaltige Ritter, geschult in Fehden, auch in meiner goldenen Frauenklause, in meinem juwelengefüllten Hause, müssen an zwölftausend Sklavinnen sein, mit Ketten und Ohrringen, keusch und rein: fortan steht dir ihre Obhut zu, für die Deinen zu sorgen hast ja jetzt du, und keine von ihnen habe alsbald ausser dir was zu sagen, ob jung oder alt.« Gurdîje vernahm dies mit Heiterkeit; von der Schmähung der Feinde war sie befreit. Und indes ihr Gesicht das der Erde fegte, gab dem Dank und der Ehrfurcht sie Laut, die sie hegte.
Über die Ursache der Verwüstung der Stadt Rai Darüber verstrich nun einige Zeit und dem Fürsten nur in Behaglichkeit, indem mit den Mȏbads er manche Nächte, mit Granden und sachkundigen Helden zechte. Beim Gelage kam ihm ein Becher zur Hand, auf dem Bahrâms Name geschrieben stand. Er befahl: »Werft mir auf den Mist diesen Becher!« Da erleichterten ihr Herz alle Zecher, so wurde Bahrâm mit Flüchen bedacht und der Becher und der diesen Becher gemacht. Er sprach: »Von Rai soll das ganze Land mit Füssen treten der Kriegselefant, alle Leute verjage man aus der Stadt und trete ganz Rai völlig flach und platt.« Da sagte der edle Wesiramtsverwalter: »Oh du, der Könige Gedächtniserhalter, bedenk, Rai gehört zu den grossen Städten,
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behüte, dass sie Elefanten zertreten; Gott wäre damit gar nicht einverstanden noch die klugen Leute in allen Landen.« Nunmehr sprach der König zu dem Wesir: »Ein Schuft ohne Sippe ist nötig mir, ein unwissend-schlechtredender Mensch, der in Rai durch einige Zeit Grenzkommandant sei.« Da sprach der Wesir: »Wenn’s dem König beliebt, dass er mir die nötigen Kennzeichen gibt, so such ich und will diesen Kerl dir bringen, doch braucht’s der Beschreibung vor allen Dingen.« »Er schwätzt viel«, sprach drauf der Schahrǝjâr, hat unseligen Stern und hat rotes Haar, krummnasig, wangenfahl, der Leib hässlich, ist bekümmert, denkt schlecht, ist vergesslich, ist ganz feig und gemein, ohne Glanz, ohne Flug, voll Rachsucht der Schädel, die Zunge voll Trug, beide Augen hat rot er und grosse Zähne, er läuft krumm auf den Wegen wie eine Hyäne.« Also wurde der Mann von Chosrau beschrieben, dass die Mȏbads alle erstaunt verblieben, worauf jeder die Welt zu umkreisen anfing, von dem Lande die Leute so gross wie gering. Bis schliesslich einer zum König kam: »Einen Mann mit solchen Kennzeichen nahm auf der Reise ich wahr und bring ihn herbei, dass der Schah ihn als Statthalter sende nach Rai.« Da befahl er, dass man ihn vortreten lasse, diesen seltenen Falken von der Gasse. Da wurde der Mann vor den König gebracht und vom Land und vom Heer über ihn gelacht. Da sprach Chosrau: »Welcher Übeltaten erinnerst du dich, so dumm und missraten?« Er gab Antwort: »Vom Bösen raste ich nicht und Verstand ist etwas, was mir gebricht. 3176.2 vergesslich: Ich denke mir auch nach kûtâh das andȇš.
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Ich handle stets anders, als ich’s gesagt, und mach Leib und Seel’ bluten dem, der mich befragt. Betrug ist mein Kapital letzten Ends. Zur Geradheit entbehre ich des Talents. Ich breche jeden Vertrag und Bund. Den Edelmut schmeisse ich gründlich zugrund.« Chosrau sprach: »Es sei vom unsel’gen Gestirne nur dieses geschrieben auf deine Stirne.« Den Lehnsbrief von Rai schrieb darauf der Dîwân; so wuchs der Gemeine zum Grossen heran. Man vertraute ihm dann das zerstreute Heer und er ging mit dem Ruf, dass ein Schurke er wär. So kam dieser tolle Kerl denn nach Rai; Herz und Aug’ macht er von Gottesfurcht frei. Die Rinnen, die auf die Dächer gefügt, liess er wegtun und war drüber sehr vergnügt, auch tötete er die Katzen alle; die Hausherren waren darob voller Galle. Mit dem Führer begab er sich nach allen Seiten und vor ihm einher musst’ ein Herold schreiten; der rief: »Wenn ich Dachrinnen wo am Platze noch sehe oder im Haus eine Katze, geht das ganze Land mir in Flammen auf und auf sie werf ich überdies Steine drauf.« Allerorten wurde nach Dirhams gejagt, und wer welche besass, mit Kummer geplagt. Man blieb aus Angst in den Häusern nicht und leistet’ aufs blühende Land Verzicht. Als es regnete, waren die Dachrinnen weg, in der ganzen Stadt keine Wache am Fleck. Durch dieses unseligen Schufts Schurkerei, der vom Hofe Chosraus gekommen nach Rai, ward zur Gänze Ruine die Stadt voller Blüte, indes auf ihr Haupt die Sonne glühte. Die ganze Stadt war Brandmal und Qual und ihrer gedachte die Welt nicht einmal.
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Gurdîje führt vor Chosrau ein Spiel auf, und Chosrau schenkt ihr Rai
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So war’s, bis im Monate Farwadîn die Erde im Rosenblattschmucke erschien. Die Nässe der Wolken wurde wie Tau und voll Tulpen wurden Gebirge und Au, wie ein Panterrücken der Berghang, die Heide so farbenbunt wie romäische Seide. In den Garten zum Spiele kamen die Granden, indes Lämmer und Rehe am Bergabhang standen. Geöffnet sah Chosrau zum Garten das Gatter, alle Parkquellen voller Wildvögelgeschnatter. Er befahl, die Hörner blasen zu lassen, und das Bringen duftwerkgefüllter Tassen; sie sassen im Grünen und forderten Wein vergnügt mit allerlei Plauderein. (Da kam zu Gardôj jemand aus Rai und erzählte ihm, was dort geschehen sei. So schwer war der Kummer, der ihn überkam, dass Gardôj zur List seine Zuflucht nahm. Zur Schwester sprach der Bruder sofort: »Vor dem Schah halt verborgen nicht solches Wort; versuch, wenn du’s kannst, eine List ohne Zaudern, die das Herz des Schahs darob brächte zum Schaudern.«) Da brachte Gurdîje ein Katzelein, doch die Katze glich ganz einem Kindlein klein, auf ein Pferd gesetzt, das golden gezäumt, und das Gold mit vielen Juwelen gesäumt, ein Ohrgehänge hing ihr vom Ohr, auf die Kralle gemalt wie ein Tulpenflor, das Gesicht wie der Lenz und die Augen wie Pech katzenjämmerlich eng wie nach langem Gezech. Wie ein Kind rannte rings im Park sie im Trab 3205 Farwadîn: 1. Monat
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und vom Pferd hing die goldne Schabracke herab. Der Schah von Îrân sah dem zu und lachte, welches Lachen die Fürsten zu Sklaven machte. Zu Gurdîje sprach er: »Liebwerte, sprich, was wär deine Laune? Was wünschest du für dich?« Das listenersinnende Weib aber sprach unter Huldigung: »Hocherhabener Schah, gedenk der Vernunft und schenk mir Rai! Die Bekümmerten mach so vom Kummer frei! Ruf zurück den unseligen Menschen aus Rai! Sag ihm, welch verruchter Schurke er sei! Er verjagte die Katzen aus jedem Haus und die Dachrinnen grub und hackte er aus.« Da sprach lachend der Schah zu Gurdîjen: »Du grause Zertrümmerin von Heeren, ich schenk dir die Stadt mit den Dorf gemeinen; du entsende jetzt einen Mann, einen reinen, aus Rai rufe er diesen Schuften zurück, dieses garstig-verruchte Teufelsstück.« In der Folgezeit gedieh sie noch mehr (durch den Königsbaum, der so hoch und hehr.)
Chosrau verteilt sein Reich und sendet ein Heer an die Grenzen von Îrân
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Als die Macht des Schahs sich weithin gezeigt, da wurde die ganze Welt ihm geneigt, alle Könige wurden ihm Untertan, jeder Untertan wuchs zur Macht heran. Achtundvierzigtausend iranische Streiter erwählte er, weit erfahrene Reiter, worauf er das Tor alter Schätze auftat, von Pêrôz gehäuft und vom seligen Qubâd. In vier Teile zerteilte er die Welt, eine Stadt wurde jedem Teil zugesellt. 3216.2 Schabracke: Satteldecke
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Zwölftausend von jenen edlen Streitern, den verständigen schwertschwingenden Reitern, entsandte Chosrau gegen Byzanz zur Bewachung des glücklichen, blühenden Lands, damit aus Byzanz nicht irgendein Heer nach Îrân ziehe und es verheer, vielmehr jeder, mit seinem Lande zufrieden, den Wert dessen erkenne, was ihm beschieden. Zwölftausend der Edlen erwählte er weiter, lauter kriegsgeübte und mutige Streiter, dass sie zögen hinaus zu der Zâbuler Mark, in das dunkle Land hinaus aus dem Park. Er sagt zu ihnen: »Wer vom Weg sich verirrt und auf seine Zunge unachtsam wird, weist ihn freundlich zurecht; wiederholt er dies, so werft ihn in Fesseln und ins Verlies. Spione entsendet in jeglicher Richtung, auf dass gar nichts bleibe sonder Belichtung. Wachtposten braucht es bei Tag und bei Nacht; schlaft nie in den Zelten unbewacht !« Zwölftausend weitere Männer vom Heere, kriegslustige Edle von Mut und Ehre, berief mit Ratschlägen er zu den Fahnen und schickte sie auf den Weg der Alânen. Er vertraute ihnen dies Tor zu dem Westen, dass die Feinde nicht mehr den Durchzug erpressten. Er sprach zu den Stolzen: »Gebt alle gut acht! Ihr steht in des Weltenherrn Schutz und Macht.« Zwölftausend andre noch wurden gekürt aus kriegerischen Männern, so wie sich’s gebührt. Gegen Churâsân liess er diese gehn, mit Ratschlag und Weisungen gut versehn: »Dass von Haitâls Grenze zum Čîner Reviere kein fremder Fuss diesen Boden berühre, es sei denn mit unserem Wissen und Willen
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und bereit, seine Pflicht gegen uns zu erfüllen. In jedem Lande sind Schätze gesammelt, der Zugriff nach ihnen sei keinem verrammelt; was ihr braucht, verlangt und lebt froh darauf los; seid verständig und jeglichen Kummers bloss.« Er erschloss das Tor, wo die Schätze man hegt’, und Dirhams, mit Hurmuzds Schriftzug beprägt, gab weinend er für die Armen her; war der Arme bekleidet, so gab er noch mehr. Doch wo sich nur Freunde des Bindôj fanden, die Gustahm und Zangȏj nahestanden, die mit seines Vaters Mord sich getragen, denen wurde das Haupt von den Leibern geschlagen. Als Rache und Fluch so gekommen zur Ruh, wandt’ er weise sich anderen Plänen zu. Dann sass er die kreisende Zeit Tag und Nacht und sie wurde von ihm in vier Teile gebracht. Von den vier wurde einer dem Mȏbad bestimmt, von dem man stets gute Worte vernimmt, von des Heers sowie von der Welt Geschichte der dem König erstattet genaue Berichte; wenn er Störung bemerkt in Heer und Gefolg oder sonstwie im untertänigen Volk, wird rasch der Gerechtigkeitssaum gedreht und das Gescheh’ne erforscht und durchspäht. Das zweite Viertel hat Lust zum Ziel, ruhig Sitzen mit Edlen beim Saitenspiel, man lebt ohne Sorgen ganz ungestört, so wie sich’s für Edelleute gehört. Der dritte Teil ist die Zeit des Betens, des Anbetend-vor-den-Weltschöpfer-Tretens. Der vierte gehörte der Astrologie, man erforschte das Was und Wieviel und Wie; vor ihm stehen dann die Sterneerklärer und wen für die Wissenschaft er sonst hat als Lehrer.
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Und die Hälfte der Nacht, der langwierigen, sass man beim Wein mit den Schönen von Ṭirâz. Auch jeden Monat teilte er ein in vier Teile, um sich der Zeit zu erfreun: Spielplatz und Schlegel und Bogen und Pfeile und ein edler Erzähler im ersten Teile; im zweiten Teil Jagd und Gefild und Gebirg, dass er dadurch Frische des Lebens bewirk’, und vom Jagdrevier beim Heimwärts-Gelangen, sei’s bei strahlendem Tag, sei’s bei Nacht, der langen, wanden auf dem Weg in der Stadt ihm Girlanden, die dazu die nötigen Mittel fanden. Zum zweiten ward Schachspiel und Nard gewählt und von alten Zeiten des Krieges erzählt. Im dritten kam, wen Gelehrtheit zierte, wer in Schriftsteller und Dichtkunst versierte, und alle setzt’ sie der Reihe nach und es sprach mit ihnen langwierig der Schah. Im vierten wurden zu Thronesstufen von der Reise die Abgesandten berufen, die Antwortschreiben verfasst und beendigt und diesen stolzen Männern behändigt; die Gesandten kehrten beschenkt und in Glück dann wieder in ihre Ruhe zurück. Auch die Länderlehnbriefe schrieb er sodann und begab sie an jeglichen Edelmann. Als der Farwadîn nun kam im neuen Jahr und der Glauben im Herzen sonnenhell war, da legte der Schah einen Schatz heimlich an, von dem keiner im Volke Kenntnis gewann.
Geburt des Šȇrôj, des Sohns Chosraus, unter bösem Omen Nach fünf der Regierungsjahre Verstreichen gab es nicht auf der ganzen Welt Seinesgleichen.
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Ihm sah gleich das Kind, das im sechsten Jahr die mondschimmrige Tochter des Kaisers gebar. Damals wurde bei Feiern nicht laut gedröhnt, für Ohren, an stilles Vergnügen gewöhnt. Dem Sohn legt der Vater zwei Namen bei, deren einer geheim, einer öffentlich sei; den geheimen raunte er ihm ins Ohr, den andern brachte draussen er vor. Ins Ohr sagt er ihm den Namen Qubâd und rief ihn laut Šȇrôj-i farruchnižâd. Als dem Kind drei Wachen der Nacht vorbei, erschienen die Kenner der Sterndeuterei. Der Schah befragte die Astrologen, was alle, die Sternbeobachtung pflogen, nun sähn und welche Prognose man stelle, was sei der Stern dieses Weltherrn gemäss der Tabelle? Der Sterndeuter gab seine Auskunft so: »Keinen gibt’s, der dem drehenden Kreis noch entfloh. Dieses Kind erzeugt eine Revolution; das Heer bereitet ihm nicht Ovation, auch wird vom Wege Gottes er weichen, und wir prophezeien noch mehr dergleichen.« Das Herz des Königs drangsalierten die unziemlichen Reden, die sie führten, und er sprach also zu den Astrologen: »Künftig seien eure Worte besser erwogen, und hütet euch, dass eure Sprache den Granden von Îrân kund sich mache.« Die Unglücksverkündung blieb unterm Siegel des Schahs versperrt hinter Schloss und Riegel. Die Sache stimmte ihn gramvoll und bang und es gab diese Woche keinen Empfang; von der Jagd und vom Wein er zog sich zurück 3287.2 Šȇrôj-i farruchnižâd: Šȇrôj von glückhafter Herkunft
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und die ganze Zeit hindurch sah ihn kein Blick. Zum Mȏbad strömten die Grossen herbei und aller Art sprachen sie vielerlei: Was habe er denn, der hohe Herr, dass den Untertanen den Zutritt er sperr’? Der Mȏbad begab sich darauf zum Schah und berichtete, was im Gefolge man sprach. Der Schah gab zur Antwort: »Ich bin beklommen durch das, was in Zukunft wird über uns kommen. Infolge des Ausspruchs der Astrologen (hab ich Angst vor dem kreisenden Himmelsbogen.«) Dem Schatzwart befahl er, das Seidengespinde zu bringen, in dem sich ein Schriftstück befinde. Er liess, da er’s bracht’, es dem Mȏbad zeigen; dessen Herz wurde eng und er wählte Schweigen. Schliesslich sprach er: »Zu Gott flüchte dich, der weiss alles am besten sicherlich. Wenn dann wieder der Himmel, der hilflos kreist, ein anderes Antlitz dem Forschenden weist und zur Fürsorge wendet vom Bösen sich dann: – wie spräche da von Wissenschaft man? Du darfst dich an ihre Reden nicht kehren; nur Freudiges mag das Geschick dir gewähren! (Wir ernten stets, was der Himmel gesät; von ihm stammt, was uns gerät und missrät. Alles wird, wie es will das Himmelsgetriebe, bald Hass und Krieg und bald Rechttun und Liebe. Durch ihn wird dem Körper Nutzen und Schaden; wer dies einsieht, wird sich der Ängste entladen.) Freund und Schützer sei dir der Schöpfer des Alls und es falle das Glück dir stets um den Hals!« Als die Worte gelangten zum Ohre Chosrus, lacht er und fasst einen neuen Entschluss; 3311.2 es falle ... um den Hals: W: das Haupt des Sterns sei in deinem Schoss (Busen).
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er beschied einen Schriftführer, der ihm gefiel, und sprach zu ihm über die Massen viel.
Brief Chosraus an den Kaiser und Antwort des Kaisers: Er wünscht den Galgen des Messias
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An den Kaiser befahl einen Brief er sonach: »Die Tiare setz auf einem würdigen Schah, da Mirjam ein mondgleiches Kindlein gebar, wie keines dergleichen auf Erden noch war. War sein Los nicht Glück und Gelahrtheit schon, so doch Freigbigkeit sowie der Thron. Ich bin hochzufrieden und so sei du’s auch, denn Frohsinn und Stolz sind dir ziemender Brauch.« Als das Schreiben beim Kaiser ein sich fand, sah er’s an und erkannte des Parwîz Hand. Da liess er am Hof die Trompeten ertönen und vom Klange das ganze Land erdröhnen, indes Weg und Steg mit Dekoration (man schmückte für Šȇrôj, Parwîz’ Sohn), und Byzanz von Grenze zu Grenze durchdrang der Musiker Saitenspiel und Gesang. An den Hof brachte man viele Kruzifixe, es gab Duft von Rosen und Weihrauchbüchse. So freuten sie sich sieben Tage lang über Kai Šȇrôj bei Wein und Gesang. Am achten kam nach seinem Befehle mit den Treibern zum Hof ein Zug der Kamele; Dirhams lud er auf hundert Dromedare, auf fünfzig weitere Tiere Dinare; goldgewirkten Brokats gab’s zweihundert daneben, dass man meinte, es fehle vor Gold an Geweben. Vierzig goldene Tische, die Füsse Korallen, so wie sich’s gehört für die Königshallen, auch viele goldne und silberne wilde Tiere, deren Augen einsetzten Juweliere.
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Viele Juwelen sandt’ er der jungen Frau; auch bekam Mirjam einen goldenen Pfau; elegante Toiletten, superfein, aus Smaragden und Perlen ein Wasserbassin. Auch den Landestribut, der ein Vierfaches war von tausendmal tausend Romäerdinar, dies sandt’ er mit vierzig Romäerleuten, sämtlich aufmerksamen und sehr gescheiten; ein Held namens Chânagî stand an der Spitze, dem keiner gleichkam an Weisheit und Witze. Mit Treibern begannen in solcher Weise zehn Kamelzüge mit den Dinaren die Reise. Als der siegreiche König verständigt ward, der Gesandte des Kaisers sei auf der Fahrt, befahl er, dass Farruch besteige das Pferd, ein Grenzkommandant, der den König verehrt, über Nîmrôz war der Heerführer er und der Ruhm dieses Helden strahlte im Heer. Mit ihm kamen des Königs Reiterscharen, auf das Haupt gesetzt die goldnen Tiaren. Als dies Heer Chânagî von ferne gewahrt, da kam er nach vorne in fremder Art. So näherten schliesslich sie sich dem Schah und gelangten zum hehren Empfangsgemach. Wie das Ziergesicht sie des Schahs erblickten und den Thron, den so herrlich und reich geschmückten, da legten sie alle die Häupter zu Boden und sangen ihm ihre Huldigungsoden. Chânagî rieb die Wange mit Staub darauf ein und sprach: »Oh Herrscher, gerecht und rein, es möge der Siegverleiher dich segnen, stets mögst König du sein, nie dir Unglück begegnen!« Die Granden erhoben sich alle in Hatz und bereiteten ihm beim König den Platz. Zum Schah sprach drauf Chânagî folgenderweise:
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»Wer ist wie du so ausnehmend weise? der du strahlender bist als die Sonne und lichter und beständiger als das Leben im Dichter. Die Welt möge nie solchen König entbehren und Gedeihn möge ihm das Schicksal gewähren! Keiner schaue den Tag ohne dein Belieben, auf der Sonne stehe dein Name geschrieben! Ohne dein Diadem sei niemals die Welt, nie ohne dein Heer das Land und Feld! Dir schickt Grüsse der Kaiser von Byzanz und wir huldigen dem hehren König des Lands. Wer solches Fürsten Schatten nicht ehrt, ist wert, dass er jedes Glanzes entbehrt. Wir nah’n mit Tribut und Geschenken von Rûm diesem Land voller Herrlichkeit und Ruhm. Wir kommen auch mit Philosophen, dass keiner durch uns sei von Trübsal getroffen. Akzeptiere vom Kaiser Tribut und Geld, da Geld wie Tribut auch Segen enthält.« Es lächelt der Schah ob dieses Gewandten; den Unterthron stellte man auf dem Gesandten. Dann schickte die Werte er in seinen Schatz und sprach: »Soviel Mühe war gar nicht am Platz.« Zu Charrâd Barzîn sprach er nunmehr: »Verlese dieses Schreiben nun vor dem Heer!« Die Aufschrift besah der Sekretar, der Gedächtnis besass und ein Redner war, und sprach: »An den Schah ist der Brief da gekommen, ›an Chosrau Parwîz den Erhabenen und Frommen, den geisthellen Herrscher des frohen Lands, dem Gott Verstand gab und Krone voll Glanz, an des Königs Hurmuzd gebietenden Sohn, der Zier ist der Krone und Zier dem Thron, vom Kaiser, dem Vater der Mutter des Kinds – ewig führe den Löwennamen der Prinz!
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stets strahle im Siege er wunderbar, alle Lebenstage seien Neujahr! Über Îrân und Nîrân erstreck’ sich sein Reich! 3365 Im Königtum komme ihm Keiner gleich! Immer sei er froh mit hellklarem Geist, sein Glück immer jung, der Verstand ergreist! Ein mächtiger Schah Kajûmarṯ und Hôšang der Sohn des Tahmûraṯ, und Vater auf Vater und Sohn auf Sohn – nie ende solche Generation! Von Gott wird segnend seiner gedacht, von den Grossen des Glaubens, den Grossen der Macht. Wie du kein Frühling, wie du kein Held, 3370 wie du in den Hallen von Čîn kein Gemäld’. Ganz Menschlichkeit bist du, ganz Liebe zum Wahren, möge dein Lieben nie Mind’rung erfahren! In Îrân und Nîrân, Türkei und Hind, in Byzanz und im Land, wo die Zauberer sind, wie dich gebar keinen der Mutter Schoss; Gott gab es, dass dir auch ein Reines entspross. Von Firȇdûn als Îrân an Êraǧ kam, als von Čîn und Byzanz er Ruhm sich nahm, spendete Segen ihm die erste Zeit, 3375 da von Trug er das Herz wusch und Dunkelheit. Alles, Glücksstern und Freiheit von der Entbehrung, und Grosse und Mannheit und Reichtumsvermehrung, habt ihr, wie du sagst, von Gott überkommen und den Ruhm des Muts bei andern genommen, kunstfördernd, freigebig, voll Edelmut, in Pein geriet keiner durch dieses Blut; Tribut zahlt und Steuer, wer feindlich gesinnt, und schleppt schwere Lasten gleichwie ein Rind. Zur Zeit des Kasrâ Nȏšînrawân – 3380 die Welt sah nie einen solchen Mann 3373 wie dich gebar ... ein Reines entspross: Umstellung! 3380 Zur Zeit des Kasrâ ... einen solchen Mann: Umstellung!
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und wird aus Königsgeschlecht keinen sehn; möge nie seines Geistes Jugend vergehn! – eine solche Mauer errichtete er, der wachsame Kai aus dem tiefen Meer; Wald Nârǝwan ward von den Türken befreit und das ganze Volk vor Sorge gefeit; so viel Welt wussten sie vom Feind zu befrei’n, und ihm Beifall zollen muss Gross und Klein; Araber und Inder schnürten die Mitte und die Îrânier vor ihm zum Stritte; vom Land der Chazaren zum Meere von Čîn, von Armenien zum Tore des Westens hin, aus Haitâl, Türkei, Čâǧ und Samarqand, was an Fürsten mit Glanz und Würde sich fand, mussten alle sich eurem Befehle neigen und mussten diese Knechtschaft bezeugen, alle Könige aus Firȇdûns Geschlecht; doch verliessen späterhin sie das Recht. Durch den jetzt geschlossenen Verwandtschaftsbund legte ich zu grossen Dingen den Grund; ich freue mich so wie der Durst’ge der Quelle oder dunkeles Grün der sonnigen Helle. Möge der Weltenherr mich zu beglücken geruhn und in Folgendem rasch Bescheid mir tun: denn ein Anliegen hab ich zu guter Letzt, dessen Gegenstand sicher nicht hoch er schätzt: das Kreuz des Erlösers liegt in eurem Horte; seht ihr nach, so findet ihr wahr diese Worte. Darüber sind schon viele Jahre vergangen; der Schah lässt es schicklich zurück nun gelangen. Durch Erfüllung dieses Wunsches erginge eine Gnade an uns so Gross wie Geringe. Von der ganzen Welt wird der Schah gepriesen: mögen Raum und Zeit niemals sein ohne diesen! Chosrau wird von mir darob Dank gebracht, für ihn bet’ ich bei Tag und drei Wachen der Nacht.
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Tribut und Steuer, Geschenke und Spende, die ich an diesen Hof nunmehr sende, nehm er an und ich lass dafür Dank ergehn; mög dein Aug nie das Antlitz des Bösen sehn! Wie selig wird fest sein und Prozession! Wie strahlt durch die Welt unsre Religion! Vollkommenes Fasten auch sonntäglich! Allüberall feiert Gottesdienst sich! Mit dem Antlitz berühren sie’s leidübermannt und dabei wird vieler Weihrauch verbrannt! Dann stellt sich im Herzen Gewissheit uns ein, dass vom Hass ihr wollt eure Herzen befrein, der da seit Firȇdûn immer gewährt und geheim unter Salm und Tûr ward genährt. Das Land wird befreit von den Überfällen, jede Kriegführungsart ist einzustellen. Den Romäern sind Weiber und Kinder versklavt, unser Herz durch Leid solcher Art bestraft. Die Welt ist durch unsre Verbindung genesen, in Freude verwandelt unsinniges Wesen. Auf dir weile beständig des Weltschöpfers Segen und der Lobpreis der Erde allerwegen!‹« Als der Brief des Kaisers zu Ende kam und der Weltherr die vielen Worte vernahm, überkam ihn heimliche Freudigkeit und die Zeiten der Grossen wurden erneut. Zu Chânagî sprach er mit Lobpreisspende: »Doch jetzt mach der Ausländerei ein Ende!« Man bereitete ihm seine Wohnung aufs Beste und räumte für ihn zwei Herrschaftspaläste, und man trug alle Werte, wie sich’s gehörte, zu dem Mann, den als wachsam und tapfer man ehrte, Die erwählte Wohnung besah er, hernach begab er sich wiederum zum Schah; bei Mahl und Pokal und bei Rat und Gejagd
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war er stets in des frommen Königs Geleit. Beim Schah blieb man einen Monat so in gutem Vernehmen und Herzensfroh.
Antwortschreiben des Chosrau Parwîz an den Kaiser Er schrieb dann, wie dieser Monat verlief, mit Mark und Glück einen Antwortbrief. Der Brief begann so: »Preis sei dem jeder Art von den Grossen, der rein sein Innres bewahrt, der Gut und Böse von Gott sieht allein und nicht aufhört, vor ihm in Ängsten zu sein, und preisend huldigt dem Herrn der Liebe, der so ständig erhält das Himmelsgetriebe. Erstens: du hast mich gelobt und geehrt und im Brief mir deine Verehrung gewährt; ich nehm es zur Kenntnis und bin hocherfreut, dass der Weisen Herr mir die Worte geweiht. Auch nehm ich die Schätze an, die du mir sendest, doch will ich nicht, dass du zu viel Mühe verwendest. Dafür hat der reine Herrgott da droben dir das Land bis über den Simâk erhoben, dass über Hind und Saqlâb und Čîn und die Chazaren es wertvoll erschien. Was an Wissen und Mut, Religion und Geduld gelangte zu euch durch Gottes Huld! Du standest als Freund mir bei in der Not und als kundiger Tröster mir zu Gebot; so freut’s mich, dass mit dir ein Band mich verbinde und mit deinem tugendhaft-keuschen Kinde; Lust ist nicht grösser am eigenen Kind, an Land und Sippe und eignem Gesind. Alle Fürsten hatten sich von mir gewandt und mich auf der Welt als verächtlich gebannt; du allein warst mir ein Freund und Berater, 3425.2 Simâk: Stern in der Jungfrau
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ja mir väterlich mehr als ein leiblicher Vater. So will ich mir dich auch künftig als wahren Vater und edelen Freund bewahren. (Zweitens: was von Šȇrôj du angeführt, meiner Stütze und Stärke, rein-unberührt, dient zur Kenntnis und soll dir zum Segen sein, in dem Glauben heiss ich dich glaubensrein.) Was vom reinen Glauben gesagt du hast, von Segen und sonntäglichem Gefast, hat mir alles der Schriftführer vorgelesen, es ist schicklich und höchst erbaulich gewesen. Ich geniere mich nicht meines Glaubens, des alten; Hôšangs Glauben muss für den besten man halten, Recht und Güte ist alles und Scheu und Liebe, Achthaben auf Zahlen im Himmelsgetriebe. Ich horche am meisten auf Gottes Sein und stelle mich ganz auf Gerechtigkeit ein. Er ist nicht gesellt noch versippt noch verehlicht, er verschwindet nicht und versteckt sich nicht schmählicht. Sein Sein wird ergrübelt nicht durch den Geist, der Führer ist er, der zum Sein uns weist. Wenn du ferner erwähnst aus alten Tagen des Messias Galgen, so ist zu sagen: Soll in Schönheit bestehn eine Religion, so ist nötig Verstandesdirektion. Wenn einer trauert, weil er daran denkt, dass man seinen Propheten aufs Kreuz gehenkt, wer da sagt, er war Gottes eigener Sohn, auf den Galgen geraten – da lacht er wohl schon. Ein Sohn ging zum Vater und blieb nicht am Galgen: mach dir drum keine Sorgen um faulige Balken. Kommt ein unvernünftiges Wort vom Kaiser, so lacht ein Erfahrener drüber, ein greiser. ʿÎsâs Galgen kann wahrlich die Mühe nicht lohnen, dass zum Schatz ihn legen die Träger von Kronen.
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Würd’ aus Îrân des Holz nach Byzanz ich versenden, so verlachte man mich aller Ecken und Enden; man bedeutet’ dem Mȏbad, ich sei jetzt ein Christ, ja ein Bischof, weil Mirjam ja Christin ist. Begehre sonst, was nur dein Wunsch auch sei, zu uns steht immer der Weg euch frei. Die Geschenke waren mir äusserst willkommen, du hast dir ja kolossal Mühe genommen. Der Mühe Ertrag hab Šȇrôj ich geschenkt und den Grundstein zu neuem Schatze versenkt. Ich hab Sorgen um Îrân und um Byzanz, mit Gedanken verbrachte die Nacht ich ganz; ich fürchte, dass, wächst Šȇrôj heran, Unglück überfalle Byzanz und Îrân. Bei dem grossen Salm hat es angefangen, Iskandar, dem Wolf mit dem Racheverlangen; aus dem neuen Hass und dem alten Hass entsteht auf der Welt vielleicht neu etwas. Wie du hörtest von deinem Tochterlein, wird durch sie deine Krone, wiss’, neu gedeihn. Des Messias Glaube ist einzig ihr Ziel, auf unsere Worte hört sie nicht viel; sie erfreut sich in glücklichem ruhigen Frieden, dass der neuartige Königsbaum ihr beschieden. Der Schöpfer sei Freund deinem Schicksalslos und es falle das Glück dir stets in den Schoss!« Auf dem Brief ward des Schahs Siegel angebracht und Charrâd Barzîn gab gut darauf acht. Zu den Schätzen öffnet das Tor man weit, die gesammelt worden in langer Zeit. Zuerst hundertsechzig Portemonnaies, voll des, was man persisch nennt Paidâwasîs, mit Juwelen, als wären es Steine, beschickt, jedem wurde ein Siegel dicht aufgedrückt; hunderttausend Dirham pro Einzelstück war der verrechnete Preis im Schatzinventar;
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goldgewirkter Brokate gab’s hundertundzwei der Tausend mit Edelsteinstickerei, fünfhundert Perlen sodann herrlich klar, deren jede ein Tropfen Wasser war; hundertfünfzig Rubine wie die Granaten dass die Kenner ganz ausser sich geraten; aus Hind und Čîn Stoffe, berbersche Muster, ägyptische Kleider und Kleider aus Šûšter, wertvolle Produkte aus allen Landen, wie sie sich sonst nie zusammenfanden; hievon ward für dreihundert Kamele die Fracht von Îrân zum glorreichen Kaiser verbracht. Chânagî bestimmt er ein Ehrenkleid, übertreffend Einheimisches und Fremdes weit, samt Rossen und Zügeln und nach Mass, was immer von Anzügen Namen besass. Damit belud er die Dromedare und eine Kamellast waren Dinare. Dann verteilte er auch an die Philosophen Dinare und Dirhams samt allerlei Stoffen. (Sie gelangten froh aus den Grenzen des Lands von Îrân zum Kaiser nach Byzanz.) Von den Granden ganz allgemein Beifall erscholl für den König des Lands, der so tugendvoll. Jetzt will alte Geschichten ich neu beseelen und von Chosrau und von Šîrîn erzählen.
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Die Geschichte von Chosrau Parwîz und Šîrîn
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Beginn der Erzählung Denn der Alten Buch ist ins Altern geraten, das erzählt von der Edlen Reden und Taten; so will aus dem Stoff ich ein neues verfertigen, das soll jene Stolzen vergegenwärtigen. Es sind das der Verse zehntausend mal sechs, geziemende Worte und tröstlich durchwegs; keinen gibt’s, der ein persisches Buch bewundert, das enthielte der Verse nur dreissig mal hundert. Wenn die schlechten Verse man nicht drin lässt, 3485 bleiben keine ganzen fünfhundert als Rest. Doch ein solcher Schah und voll Freigebigkeit, überstrahlend die anderen Könige weit, er hat keinen Blick hinein getan, Verleumder und Unglück sind schuld daran. Der Neid spielte arg mir mit, weiss Gott, und mein Handel beim König machte Bankrott. Liest diese liebwerten Worte der Schah und sinnt er mit reinem Hirn innen nach, dann werde durch seinen Schatz ich zufrieden; 3490 er lebe von bösen Feinden geschieden! Den Schah lässt hernach es meiner gedenken und vielleicht wird die Mühe noch Früchte mir schenken. Seine Krone, sein Thron end in Ewigkeit nicht und sein Glück strahle heller als Sonnenlicht! – So sprach der Dihqân, gelehrt und alt: »Das Wissen verleiht dem Menschen Halt. Man muss Kummer und Freudigkeit überdauern und vom Bittern kosten und Salzgen und Sauern. Ein Jüngling, wohlhabend zwar und von Kern, 3495 wird nie tüchtig, bleibt ihm die Übung fern. (Denn die Tüchtigkeit tritt durch die Übung hervor und eröffnet zu allen Taten das Tor.)« Parwîz war noch jung, ohne Devotion,
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der Vater am Leben, ein Held der Sohn, da war seine Freundin auf Erden Šîrîn, der strahlende Augapfel war sie für ihn. Nur an ihr allein fand er Wohlgefallen von den Schönen und Töchtern der Granden allen. Doch als man zum Könige krönte ihn, war er fern eine Zeitlang von Šîrîn, er durchstreifte die Erde ruhelos, mit dem Kampf gegen Bahrâm beschäftigt bloss. Als Chosrau von ihr sich so losgemacht, da weinte die Schöne bei Tag und bei Nacht.
Chosrau begibt sich auf die Jagd, sieht Šîrîn und schickt sie in sein Frauengemach Da geschah’s, dass Schah Parwîz eines Tags Lust bekam nach dem Revier des Gejags. Er rüstete sich, wie’s die Grosskönige taten, die vor ihm waren der Welt Potentaten. Dreihundert der goldgezügelten Pferde führte Chosrau man vor, dem Ruhm der Erde. Elfhundertsechzig, den Schah zu verehren gewohnt, kamen dann zu Fusse mit Speeren, tausendvierzig weit’re mit Schwertern und Stöcken und mit Panzern unter brokatenen Röcken, und im Lauf siebenhundert Falkeniere trugen Habichte, Sperber und solcher Art Tiere; ihnen folgten dreihundert berittene Leute, nach den Hegern der Falken die Heger der Meute; siebzig Löwen und Panter in Ketten, die beiden Raubtierarten geengt in čînesische Seiden; die Löwen und Panter waren dressiert, mit goldenen Ketten die Mäuler verschnürt; siebenhundert Rüden mit Goldhalsketten, Gazellen wussten sie auf den Feldern und Rehe zu stellen; Musikanten gab es zweitausend im Zug, deren jeder am Jagdtag die Laute schlug,
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sie sassen alle auf Dromedaren, aufs Haupt gesetzt aus Gold die Tiaren; mit Gestühl und Gezelt und mit allerlei Ställen für die vierfüssigen Hausgesellen zogen fünfhundert Kamele zuvor, die sämtlich bestimmt für dieses Ressort; zweihundert Sklaven entzündeten Pfannen, dass Ambra und Aloe sie Duft abgewannen; ferner zweihundert Jünglinge, dienstbeflissen, brachten Safran und Rosen sowie Narzissen, damit von allen Seiten den Duft zum Schah gelangen lasse die Luft. Hundert Wasserträger mit Moschus gingen vor jedem der Träger von duftigen Dingen, wobei sie den Weg ganz mit Wasser begossen, als käme Rosenwasser auf Ambra geflossen, dass nicht plötzlich ein Windstoss den Staub auftreibe und so den glorreichen Schah bestäube. Von jungen Königen dreihundert Reiter ritten mit dem herrlichen Schah so weiter, alle Kleider rot, violette und gelbe; mit der Rinderkopffahne ritt Hochderselbe, mit Ohrgehängen, kroneumzirkt, das Königsgewand mit Gold durchwirkt, mit Hals- und Armketten, gürtelumschnürt, jede Masche edelstein-emailliert. Als Šîrîn hörte, es komme die Schar und vor dem Zuge der Schahrǝjâr, zog ein duftendes Kleid sie an, ganz licht, und schminkte granatenrot ihr Gesicht, darüber roter Brokat aus Byzanz, juwelenbestickt auf Goldgrundglanz; einen Königsstirnreif setzte sie auf, nur Juwelen befanden sich heldenhaft drauf. Vom Palaste stieg sie hinauf auf das Dach,
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wobei’s ihr trotz Jugend an Frohsinn gebrach; dort wartete sie auf des Chosrau Einlangen, aus den Wimpern beträufelten Tränen die Wangen. Sie sprang auf, sobald sie erschaute Parwîz, indem sie sich aufgerichtet ihm wies; sie begann mit Worten voll Süssigkeiten und sprach zu ihm von den alten Zeiten; mit Narzissen wusch sie die Purpurrosen, mit den kranken Narzissen die krankheitslosen. Mit Glanz und mit Güte eröffnete sie den Mund heiss zur Rede auf Pahlawî: »Oh Feldherr! oh Leu! oh Kronenträger! oh glorreicher Kai! Held! und Löwenerleger! Wohin ist die Liebe? die blutigen Tränen? Der Anblick Šîrîns war einst Arzt allem Sehnen. Wohin schwand dies Nächte-zu-Tagen-Machen, Herz und Auge verweint, beide Lippen voll Lachen? Wohin ist, was uns verwandt und verbunden, wohin Schwüre und alle Verträge geschwunden?« Sie sprach’s und bittere Tränen flossen, von den Augen aufs dunkle Gesicht ergossen. (Als die Stimme drang zu Chosraus Ohr, sah er auf und blickte zu Šîrîn empor.) Da trat in die Augen Chosraus die Feuchte und sein Antlitz ward bleich wie die Himmelsleuchte. Er sandte ein golden gezäumtes Ross mit vierzig Romäern als Dienertross, sie ins goldne Frauengemach zu bringen, gefüllt mit Juwelen und kostbaren Dingen. Von dort ritt er auf das Jagdgefilde, mit Wein und Musik und der Zechergilde. Auf Berg und Tal jagt er ein gutes Stück, dann kehrt er lustbringend zur Stadt zurück. Man band überall der Girlanden Zier: »Der Schah kehrt zurück aus dem Jagdrevier!« Vom Gedröhne der Pauken und Lärmen der Flöten
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ging das ganze Gefüge des Luftraums flöten. Als des Königsstammes erhabener Spross aus der Stadt gelangt war ins hohe Schloss, da kam aus dem Frauengemache Šîrîn (und küsste auf Fuss, Hand und Lippen ihn.) Da sprach der Weltherr zu seinem Wesir: »Glaube nunmehr nichts als Gutes von mir. Die Schönwangige da sei Chosrau gesellt. Gebt nun freudige Botschaft davon der Welt!« Er nahm sie zur Frau nach den Bräuchen der Alten, da die alten Gesetze und Bräuche noch galten.
Die Grossen erteilen Chosrau Ratschläge Als nun die Nachricht vom Schahrǝjâr zum Heer und den Grossen gekommen war, im Fraungemach Chosraus sei Šîrîn und die alte Geschichte zur neuen gediehn, war von Kummer das ganze Land heimgesucht, war schmerzlich besorgt und es wurde geflucht. Drei Tage ging man nicht zu Chosrau hin. Als am vierten die Weltleuchte strahlend erschien, sandt’ er aus und hiess die Grossen sich nahn und wies ihnen Plätze der Mächtigen an. Er sprach zu ihnen: »So lange Frist hab ich euch nicht gesehn und wurde ganz trist. Angst, dass ihr mich tadelt, machte mich bangen und ins Denken an euer Geschäft mich verfangen.« Er sprach’s. Doch von ihnen sprach keiner ein Wort, sie schwiegen einfach in einem fort. Wer von Tadel und Zorn gegen ihn entbrannt, der hielt seine Augen zum Mȏbad gewandt. Der Mȏbad sprang auf, als dessen gewahr er, und sprach zu Chosrau: »Oh Edler und Wahrer, schon in jungen Jahren kamst du auf den Thron und viel Gutes und Böses Geschieh sahst du schon, viel Gutes und Böses hast du auch vernommen,
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was durch Grosse und Fürsten schon vorgekommen. Besudelt ist nunmehr das Fürstenhaus und alle Grösse entfernte man draus. (Ein Sohn, wiss’, den man wert geachtet, hat noch nie nach dem Tod des Vaters getrachtet. Jedoch trübte die Mutter die Generation und verwirrte durch diese Besudlung den Sohn. So gab Araber Ḍaḥḥâk dem Vater den Tod und Ǧamsȇd kam durch ihn in grösste Not. Iskandar hat Dârâ dann umgebracht und das Feuer des Hasses bei uns entfacht; denn Dârâ war Bruder vom Vater her und Vater nannte Failaqûs er.) Ist der Vater zwar rein, doch die Mutter verderbt, wird, wisse, dem Sohn keine Reinheit vererbt. Es sucht niemand die Wahrheit wohl bei der Lüge, auf dass er aus Wahrheit den Ärmel sich füge. Ob des starken Dȇws sind wir gramvoll-verdrossen, mit dem der Grosskönig Freundschaft geschlossen. Als ob in Îrân einzig, bloss dieses Weib weilte, dass Beifall und Gunst ihr Chosrau erteilte! Als in seinem Fraungemach Šîrîn nicht war, überstrahlt’ er die ganze Welt wunderbar. Deine weisen und stets gerechten Ahnen konnten, dass sowas geschehe, nicht ahnen.« Der Mȏbad sprach durch längere Zeit, doch der Grosskönig gab darauf keinen Bescheid. Da sagte der Mȏbad: »Wir kommen alle morgen früh wieder in diese Halle; vielleicht, dass wir morgen Antwort erlangen, denn heut sind lang von uns Reden ergangen.« Am anderen Tag schon zur Dämmrungszeit machten alle sich zum Dienste bereit; einer sprach: »Dem Mȏbad fehlt Rednergabe«, ein zweiter, dass klug er gesprochen habe, ein dritter sprach: »Gibt er uns heute Bescheid,
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ziemt ihm eine Rede der Glückhaftigkeit.« Auf den Weg machten sich alle Mȏbads sonach und kamen geschritten bis vor den Schah. Die Grossen wählten sich Sitze im Saale; da kam ein Mann, in der Hand eine Schale; poliert, als ob sie die Sonne sei, so glänzend, trug er sie allen vorbei. Warmes Blut war in dieser Schale drin; als er nah kam, setzte er sacht sie hin. Von der Schale wandte ein jeder sich ab, wobei’s in der Menge viel Flüstern gab. Chosrau sah sie an der Reihe nach, alle wurden bestürzt aus Angst vor dem Schah. Die Îrânier fragt er: »Wes Blut ist das? Man setzt es mir vor; der Grund ist was?« Der Mȏbad sprach: »Es ist unreines Blut; wer es sieht, dem wird vor Ekel nicht gut.« Man hob auf das Gefäss, als der Mȏbad so sprach, blieb regungslos und schwieg hernach. Man reinigt die reiche Schale vom Blut und mit Wasser und Sand wusch die goldne man gut. Die unreine Schale, nun blinkend und rein, füllte, der sie gewaschen hatte, mit Wein. Rosenwasser und Moschus mengte er drein, sauber strahlte die Schale wie Sonnenschein. Zum Mȏbad sprach Chosrau: »Es schaut die Schale (ganz anders jetzt aus mit einem Male.«) Da sprach der Mȏbad: »Mögest glücklich du leben! Aus dem Schlechten hat sich ein Gutes ergeben. Du wandelst die Hölle zum Paradies, dass ein hässliches Tun sich als schön erwies.« »In der Stadt war Šîrîn«, sprach Chosrau indes, »wie dieses verachtete Giftgefäss; in meinem Gemach ward zum Weine Šîrîn, sie duftet vom Dufte, den ich ihr geliehn. Ich war’s, der den guten Ruf ihr verdarb,
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die sich nicht um die Gunst der Mächtigen bewarb.« Alle Granden brachten ihm Ovation: »Das Land misse nie deine Krone und Thron! Das Beste wächst, wenn du handelst am besten, und der Grösste wird nur, den du machst zum Grössten; denn du bist Schah und bist Mȏbad und Held, bist der Schatten Gottes auf dieser Welt.«
Šîrîn ermordet Mirjam, und Chosrau nimmt Šȇrôj in Haft
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Die Grösse des Schahs mehrte nun sich immer, zum Sonnenglanz wurde der Mondes Schimmer. Bei der Tochter des Kaisers war er Tag für Tag, sie war Herrscherin in dem Frauengemach. Wegen Mirjams war Šîrîn voller Qual; vor Neid waren beide Wangen ganz fahl. Bis Šîrîn sie schliesslich mit Gift vergab, und die schöne Kaiserstochter ging ab; von welcher Tat aber niemand erfuhr, das Geheimnis behielt bei sich selber sie nur. Sie war tot, und ein volles Jahr darnach übertrug er der Šîrîn das goldne Gemach. Als sechzehn Jahr zählte Šȇrôjs Alter, hatte eines Dreissigjährgen Gestalt er. Da übergab ihn der Vater in Zucht den Weisen, dass man als tüchtig ihn möchte preisen; der Mȏbad gab gut auf den Zögling acht, wie der Schah es geboten, froh Tag und Nacht. Einst geschah’s, dass, als es zu tagen anfing, (er zum huldvollen Herren des Thrones ging,) und er sah, als zu Šȇrôj zurück er kam, dass ein Spiel diesen völlig in Anspruch nahm; er hatte ein Buch, sah er, bei diesem Spiele und auf dieses Buch war geschrieben Kalîle; in der Linken schwang der Bursch angehauen eine trockene Wolfstatze mit den Klauen,
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in der Rechten das Horn eines Büffels zum Spiel und schlug eines aufs andre, wie’s just ihm gefiel. Der Mȏbad sah ohne alle Freuden dieses Spiel und unsinnige Zeitvergeuden, da des Jünglings Herz etwas Übles drohte, so wie Horn des Büffels und Wolfespfote, so machte das Schicksal ihn schmerzdurchdrungen des unseligen schlechtgearteten Jungen; denn er hatte gesehn das Geburtshoroskop und Wesir und Schatzwart befragt darob. Er kam zu dem Obermȏbad und sprach: »Das Spiel ist nun lieb diesem jungen Schah.« Rasch verständigte dieser den König da, worauf es sich Chosrau genau besah. Ob des Sohnes wurden die Wangen ihm fahl und ihn schmerzte, was jenem drohte fatal. Es machten die Worte des Astrologen Herz und Eingeweide ihm schmerzhaft verzogen. Er sprach da: »In welcher Weise sehn wir des Himmels Wirken bei diesem Geschehn?« Šȇrôj hob seinen Nacken, als zwanzig und drei der Regierungsjahre waren vorbei; den Grosskönig kränkte der Bursche arg, denn er war noch jung und wurde sehr stark. Voll von Schmerz wurde seine Seele, die lachte, worauf er sein Schloss zum Gefängnis ihm machte, mit ihm dem, der dieselbe Milch einst getrunken und durch den ihm der Glanz ins Dunkel gesunken, und ebenso auch seine Blutsverwandten, die zur Zeit des Ratsuchens sich zu ihm wandten. Wenn man Gross und Gering von ihnen summierte, überstieg die Dreitausend, was resultierte. Den Palast in eins legte mit dem Palaste jener Mann, den der Schah mit der Sache befasste. Das, was man zu essen und anzuziehen pflegt, was man schenkt und was auf den Boden man legt,
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das wurde für ihre Gemächer beschafft und ebenso Sklaven und Dienerschaft; auch Wein und Musiker sandt’ er, im Schloss waren die Dinare ganz grenzenlos. Zur richtigen Zeit gab’s Musik und Mahl und Wächter hatten sie vierzig an Zahl.
Geschichte, wie Chosrau den Thron Ṭâqdȇs errichtet
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Jetzt füg ich Geschichte ein in Geschichte nach der Edlen einmütig-einhelligem Berichte. Vom Thron nämlich, den man da nennt Ṭâqdȇs 3635 und den auf der Rennbahn erbaute Parwîz. Der Grundstock rührte von Ḍaḥḥâk her; ein unreiner Mensch und kein Perser war der. Zur Zeit, als Held Âfǝrȇdûn kam, und den Arabern den Ruhm der Mannheit benahm, lebte auf dem Damâwandgebirge ein Mann, der beim Schah vor den andern Auszeichnung gewann; dieser Mann wurde Ǧahn Barzîn genannt, seine Wünsche erfüllt in jeglichem Land. Dem Schah ward von ihm ein Thron fabriziert, 3640 rings Kreis um Kreis mit Juwelen verziert. Von Zufriedenheit war Âfǝrȇdûn durchdrungen, weil der herrliche Thron so schön ihm gelungen. Dreissigtausend Dirham bekam dafür der Ǧehn, Ohrgehängepaar und Krone, das Gold nicht zu erwähn’. Sârî und Âmul, die verbriefen er liess, waren ihm ein Lehn wie das Paradies. Als er dann an Êraǧ vergab Îrân – von den Edeln war dieser der kleinste Mann –, waren durch Âfǝrȇdûn der Dinge drei 3645 durch den Herrscher der Welt beim Reich dabei: der Thron erstens und jene Rinderkopfkeule, an die das Gedenken fest steht wie die Säule,
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das Juwel drittens, das, wer Billigkeit kennt, den Edelstein Haftčašme nennt. Die drei Dinge blieben, als Êraǧ starb, zur Freude Manȏčihrs, der sie erwarb. Wer nun immer berührte die Königskrone, vermehrte die Werte auf jenem Throne. Wie sie an einen glückhaften Chosrau gelangte, mehrte er stark die Höh, mit der der Thron prangte. So ging’s, bis den Thron bestieg Luhrâsp und so weiter, bis er dann kam an Gustâsp. Als Gustâsp den Thron sah, sprach er: »Man verberg’ niemals das von Grossen geschaffene Werk.« Zu Ǧâmâsp sprach jener Mächtige nun: »Du mehrst, was du hast, durch solcherlei Tun. Sieh auch genau zu beim Dazuerwerben, dass uns jemand lobt, wenn wir dereinst sterben.« Als Ǧâmâsp den Thron besah, kam es ihm vor, als sei er der Schlüssel zum Wissensschatz-Tor; drauf brachte vom Himmel die Astronomie zur Erscheinung das Was, das Wieviel und das Wie; vom Mond alle Sternbilder bis zum Kȇwân brachte auf Königsbefehl an dem Throne er an. So vermehrte, bis des Iskandar Zeit nah, von den Königen, wer diesen Thron nur sah, darauf viele Kleinode Silbers und Golds und auch mancher Art von Ebenholz. Iskandar zerstückelte ganz und gar aus Unkenntnis das Werk, das ganz einzig war. Vieles machten die Grossen ungesehen und liessen von Hand zu Hand es gehen. Bis zu Ardašîr war solches der Stand, dass der Ruhm jenes alten Throns ganz verschwand; von dem Throne fand er nur Spuren dort und woandershin trug der Wunsch ihn fort. (Viel tat er, doch kam’s nicht so, wie sich’s gehörte und ohne dass es ihm Freude bescherte.)
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Der Thron blieb zurück, als er schied aus dem Leben, in dem es ihn trieb, nach der Grösse zu streben. So war es, bis schliesslich der Thron, der so prangte, der wertvolle, an Schah Parwîz gelangte. (Schah Parwîz genoss bei der Thronbesteigung aller der Grossen Liebe und Neigung. Von diesem Throne gab man Berichte und erzählt seine vergangene Geschichte. »Oh ihr Grossen«, so sprach er zum Gefolg’, »einen Wunsch habe ich nunmehr an das Volk. Diesen glorreichen Thron da will ich erneu’n, alles soll auf der Welt Chosraus eingedenk sein. Man bring eine Inschrift darauf an: ›Den Grund legte Ǧâmâsp, der glückhafte Mann, diesen Bau vollführte Schah Guštâsp, doch im Sinn und nach Plan des Schahs Ǧâmâsp.‹« Der Mȏbad machte die Inschrift so und der glorreiche Chosrau war drüber froh.) Er berief die Granden aus jeglichem Orte und über den Thron sprach er viele Worte. Er fand viel bei ihnen an Trümmerstücken und eilte froh, sie zusammenzuflicken. Er brachte den Thron Schah Ardašîrs; alle Scharfsinnbesitzer iranischen Reviers die fügten zusammen die Kostbarkeit aufs Neue in des glückhaften Königs Zeit. Aus Byzanz und Čîn kamen Handwerker heran, aus Mukrân, Baġdâd und vom Lande Îrân; elf hundertundzwanzig der Meister kamen, die das Thronherstellungs-Werk übernahmen, jedem unterstanden fröhlich und fleissig aus Byzanz, Baġdâd und Pârs noch an dreissig. Keinen Augenblick sollten sie Ruhe sich gönnen, um das Werk in zwei Jahren vollenden zu können. Als errichtet war dieser herrliche Thron, da strahlte dem Glück das Gesicht davon.
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In Raš ragte er hundert Šâhraš auf und siebzig Raš setzt man wohl noch darauf; hundertzwanzig Raš betrug seine Breite, er ging mehr in die Höhe als zu der Seite. (Ein Šâhraš ist nämlich gleich fünf Raš; so berührte die Spitze die Wolken fesch.) Einen Monat morgens ward unentwegt eine Decke nun auf die andre gelegt. (Zehn Teile hatte der Thron des Parwîz, dessen Glanz die ganze Welt leuchten liess.) Hundertvierzigtausend Türkise waren auf Goldgrund in Bildern zu gewahren, jede Kugel und Klammer war silbermetallen, sechsundzwanzig wog jede an Miṯqâlen. Wenn die Sonne im Widder hob Lichtstandarten, war dahinter Gefild und davor ein Garten; ward die Sonne im Löwen voll rauher Tücken, so hatte der Thron gegen sie den Rücken; kam der Monat Tîr herangerückt, wo man Feste feiert und Obst abpflückt, dann wandte er zu Garten und Obst sein Gesicht, dass der Duft einer Frucht ihm entgehe nicht. Im Winter, so stürmisch und regenschaurig, war auf diesem Throne doch niemand traurig; als Gewölbedecke lag ein Schleier darüber, geknüpft aus kostbarem Zobel und Biber, auch eintausend Bälle von Silber und Gold wurden dann von Dienern aufs Feuer gerollt; fünfhundert Miṯqâl wog jeder der Ballen; durch das Feuer wurden sie rot wie Korallen; eine Hälfte musste im Feuer verbleiben vor den Edlen, die andre den Frost vertreiben. Sterne siehst du, die zwölf und die sieben Planeten, 3675 Raš: Ein Raš dürfte etwa eine Spanne – nicht eine Elle – sein. 3680.2 Miṯqâlen: Gewicht (mehr als eine Drachme)
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wie der Mond strahlt vom Zeichen, in das er getreten, (manche Sterne beweglich und andere fix) sieht der Astrologe kundigen Blicks; er sieht, wieviel von der Nacht schon verstrichen, wieviel Himmel schon über der Erde gewichen. Von den Sternbildern waren golden die einen, davon viele gefüllt mit Edelsteinen. Keiner war imstande, sie ganz zu zählen, mocht’ ihn noch soviel Wissenschaftsgeist beseelen. Wenn davon ein Juwel schon geringwertig war, so war’s immer noch mehr wert als siebzig Dinar, doch ward siebenhundert oft überzogen, berechne so alles in Bausch und Bogen. Rote Steine darunter nicht zu vergessen, keiner kannte den Wert, er war nicht zu ermessen; sie machten erstrahlen das nächtliche Dunkel, wie am Himmel erglänzt der Nâhîd Gefunkel. Drei Throne standen an diesem Thron, alle ganz voll Juwelendekoration. Von diesen zu jenem der Stufen vier, jede Stufe von Gold mit Juwelenzier. Den niedrigsten Thron hiess man Mêšǝsâr, weil ein Widderkopf darauf angebracht war; den grössten Thron hiess man Lâžǝwerd, denn von Wind und Staub blieb er unversehrt. Der dritte bestand total aus Türkisen, wer ihn sah, wurde herzverbrannt von diesen. Wer Dorfherr war oder Untertan, dem wies man den Sitz am Widderkopf an; Ritter, als furchtlos am Kampftag bewährt, kamen zu dem Gewölbe Lâžǝwerd; dem Wesir aber wurde der Thron der Türkisen wegen der Hausherrnmühn angewiesen. Wer auf diesen Türkisen den Sitz aufschlug, musste fürstentreu sein und äusserst klug. (Ward ein Ratsherr Inhaber des Wesirats,
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bekam er auch wohl bei Parwîz seinen Platz.) Siebenundfünfzig Spannen lang und mit Gold durchwirkt wurde drauf eine Decke gerollt, alle Fäden waren juwelenverwoben und ein goldener Faden ward eingewebt oben, darauf sah man alle die Himmelszeichen, Bahrâm, Kȇwân, Hurmuzd und Sonne desgleichen, auch Nâhîd, Tîr und den wechselnden Mond, die dem Schah bedeuten, wo Gutes wohnt; auch gab es drauf Zeichen der sieben Zonen, wo Dorfherr und stolzer Romäer wohnen; von siebenundvierzig Königen endlich waren Haupt und Krone und Thron drauf kenntlich; die Grosskönigskrone war goldeingewebt; solche Decke hat die Welt noch nicht erlebt! In Čîn einer, der unvergleichbar war, webte an dieser Decke sieben Jahr; am Jahresbeginn, Hurmuzd-Farwadîn, kam er zum Schah von Îrân aus Čîn und brachte ihm diesen Teppich, den prächtigen, und Zugang zu ihm gewährten die Mächtigen und er legte zu Neujahr ihn auf vor Chosro; er vergass sich selbst ganz, so sehr war er froh. Auf den Teppich lud man Gesellschaft ein und beschaffte Lautenspieler und Wein. (Einen Musiker Sarkaš gab’s zu der Zeit, der Musik ausübte mit Fröhlichkeit.) Sarkaš huldigte Chosrau mit Saitenspiel und lobte und pries den Grosskönig viel; indes die Grossen Juwelen streuten, um den Glanz seiner Grösse anzudeuten.
Geschichte vom Musiker Bârbad Und immer mehr hob des Königs Glanz sich. Als er herrschte der Jahre achtundzwanzig, gab’s keinen, der am Hofe gedarbet;
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von diesem Hofe kam Kunde zu Bârbed. »Der Herr der Welt«, verständigt man ihn, »pflegt die Sänger den Grossen vorzuziehn. Wirst Sarkaš du gegenübergestellt, so gibt dir die Krone vor ihm alle Welt.« Da den Mann bei den Worten Gier beseelte, obwohl es an Geld ihm keineswegs fehlte, ging von seinem Land er zum Hof hinüber und beobachtete die Musikausüber. Sarkaš wurde düster, als er es hörte, indem es beim Lautenspiel ihn verstörte, worauf er an den Empfangswart sich wendete und ihm viel Dinare und Dirhams spendete; er sprach zu ihm: »Am Hof ist ein Sänger, mir über an Kunst und er lebt auch schon länger; den hält man am besten von Chosrau fern, denn wir veralten und er ist modern.« Als von Sarkaš dies hörte der Saalempfänger, verweigerte er Zutritt dem bartlosen Sänger. Für Bârbad stand es beim nächsten Gang schlecht um den Empfang und um den Gesang. (Keinen Zutritt gab ihm der Empfangssaalwart, sodass der Ansuchende zage ward.) Er verliess den Palast, die Verzweiflung war arg, und betrat mit der Laute des Königs Park. Dort gab’s einen Gärtner namens Mardôj; als Bârbad ihn erblickte, da wurde er froh. An den Lustort begab sich zum neuen Jahr und zwei Wochen verweilte der Schahrǝjâr. Bârbad war rasch zu Mardôj geeilt und schloss mit ihm Freundschaft unverweilt; er sprach dann zum Gärtner: »Man sagt sonder Fehle, der Körper sei ich und du seist die Seele. Jetzt hätte ein Anliegen ich an dich; für dich ist’s ein Kleines nur sicherlich. Kommt der Weltenherr uns hier in die Nähe,
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mach’s mir möglich, dass ich verborgen ihn sehe, dass, kommt zum Lustort der Schah heran, im Versteck ich sein Antlitz schauen kann.« Mardôj sprach zu ihm: »Ich tue es wegen meiner Liebe zu dir und will Furcht nicht hegen.« Als der Schah im Begriff war, zum Park zu kommen, war des Gastfreunds Herz wie in Glut entglommen; er ging mit der Meldung zu Bârbad sofort: »Jetzt besucht der Schah den Vergnügungsort.« Da färbte Bârbad ganz grün sein Kleid und auch die Laute zum Sängerstreit. Er begab sich dorthin, wo der Schah war, im Lenz bezog dieser neu eine Residenz. Eine grüne Zypresse, das Laubwerk breit, wie das Schlachtfeld Pašan die Äste weit, erklomm er, die Laute im Arm, unterm Dach der Blätter sich bergend, bis dass der Schah aus dem Schlosse herbeikam; der Gärtner indessen rüstet den Sitz ihm im Hain der Zypressen. Mit Perigesicht, jung, kam ein Schenke der Zecher, für den Schah hielt er in der Hand den Becher. Den Wein nahm vom Knaben der Schahrǝjâr; der Kristall war vor Rotwein ganz unsichtbar. Dort blieb von der Zeit er der Sonnengrelle, bis tief dunkle Nacht trat an ihre Stelle. Jener setzt’ auf dem Baum ein mit Lautenklang und dem vorbereiteten Heldengesang; das Lied klang vom Baume so fein und zart, dass der glückhafte Mann ganz betört davon ward. Mit schöner Stimme hob an er ein Lied, dessen Namen jetzt lautet »Dâd Âfarîd«. Voll Erstaunen war jeder, Mann für Mann, doch schloss jeder sich anderer Ansicht an. Sarkaš machte ganz verrückt die Musik;
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3749.2 Pašan: Ein großes Schlachtfeld zwischen Iraniern und Turaniern. 3757.2 Dâd Âfarîd: »Gerechtigkeit Schaffende(r)«
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er wusste sehr gut, wer es war, und er schwieg; denn keiner gab seiner Laute den Klang 3760 wie Bârbad, und kannte den Heldengesang. Jenen namhaften Leuten befahl der Schah: »Sucht vom Anfang zum Ende im Lustgarten nach!« Sie fanden nach vielerlei Sucherein sich schliesslich wieder bei Chosrau ein. Doch der weltkundige Sarkaš, nun auftat den Mund er: »Bei dem Glücke des Schahs nimmt es niemanden wunder, dass Zypressen und Blüten für ihn musizieren; möge ewig die Krone das Haupt ihm zieren!« Ein zweiter Schenk bot den Becher ihm dar, 3765 vom Schönwangigen nahm ihn der Schahrǝjâr. Anders stimmte der Spieler die Laute sodann, indem plötzlich ein anderes Lied er begann; »Paikârǝgurd« ist das Lied benannt, welcher Titel aus seinem Text entstand. So sang der Sänger und Chosrau hörte, indem beim Gesang er den Weinbecher leerte. Er befahl: »Ihr müsst ihn herbei mir bringen, gelt’s, den ganzen Park auf die Füsse zu zwingen.« Sie durchforschten den Park nun in Nähen und Fernen 3770 und brachten auch unter die Bäume Laternen, doch Zypresse und Weide war das, was sie sahn, und wie unter den Rosen stolziert ein Fasan. Bei dem Klange erhobenen Hauptes befahl der Grosskönig einen zweiten Pokal. Zum zweitenmal scholl nun der Saiten Klang und wieder in anderer Art der Gesang; »Sabz dar Sabz« ist nun sein Titel und er ist Beschwörungs- und Zaubermittel. Als Parwîz ihn hörte, sprang auf er entzückt 3775 3767 Paikârǝgurd: »Kampfheld« 3774 Sabz dar Sabz: »Grün in Grün«
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und begehrt einen Becher, mit Rosen geschmückt, welch’ Becher ein Man Wein in sich trug, und er leerte den leuchtenden auf einen Zug und er sprach: »Der Sänger, war er ein Engel, dann wäre er Moschus- und Ambra-Gemengel, denn wär er ein Dȇw, dann würd’ er nicht singen und das Lautenspiel würde ihm nicht gelingen. Durchsucht nur den Garten, wo er denn stecke, rechts und links all den Park und die Rosenhecke. Mund und Busen will füllen ich ihm mit Juwelen 3780 und zum Fürsten der Lautenspieler ihn wählen.« Als dem Sänger die Stimme zu Ohren kam und er die ermunternden Worte vernahm, stieg er von der schlanken Zypresse hinunter und nahte voll Würde und frisch und munter, er kam und im Staub barg sein Antlitz sich. Da sprach Chosrau zu ihm: »Wer bist du denn? Sprich!« Und er sprach: »Oh König, dir bin ich ergeben, deinem Wunsche nur will ich als Knecht hier leben.« Vom Beginn erzählt’ alles er sonder Fehle, 3785 dass er darin war ein Leib, eine Seele. Der Schah ward durch seinen Anblick froh, dem Rosenstrauch geht es im Lenzmond so. Zu Sarkaš sprach er: »Du armer Schlucker bist bitter wie Ḥanḍal, Bârbad süss wie Zucker. Was liessest du ihn nicht in meine Näh? Seine Laute tat bei diesen Hörern dir weh.« Er trank Wein behaglich bei seinem Gesang, indem den Pokal von Rubin er schwang, bis das Trinken ihn schliesslich in Schlaf liess sinken, 3790 seinen Mund voll hellklarer Perlen blinken. Bârbad wurde zum Musikerkönig ernannt und als Edler unter den Grossen bekannt. Und hiemit will ich Bârbads Geschichte beschliessen, 3787.2 Ḥanḍal: Die gelbliche Wüstenfrucht zählt zu den bittersten in der Pflanzenwelt.
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sie möge dich nur nicht zu sehr verdriessen. (Die Welt geht an Grossen und Kleinen vorüber; was grämt ein vernünftiger Mensch sich darüber?) Viel Ältern und Jüngeren wandre ich nach; ich will nicht, dass ich aus dem Schlafe erwach’. Sind ihm sechsundsechzig Jahre vergangen, so kann der Greis nicht mehr Gutes erlangen. Bin ich mit dem glorreichen Buche zuende und ist meiner Worte voll alles Gelände, dann sterbe ich nicht, sondern lebe stet, denn den Wortsamen habe ich ausgesät, und jeder, dem Geist, Glaube, Einsicht zu eigen, wird mir nach dem Tode Verehrung bezeigen. Jetzt sei neu die Geschichte Madâ’ins gefasst; ich will erzählen von Chosraus Palast.
Chosrau erbaut den Palast von Madâ’in
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So sprach ein Perser mit reinem Sinn, dem nach Wunsch zogen vierunddreissig dahin: Es sandte Chosrau nach Hind und Rûm und Čîn und die blühenden Länder herum, worauf dreitausend Kunstwerker kamen, aus jedem Land, wer dort war von Namen. Und wo sich darunter ein Meister befand, der mit Ziegeln und Gips umzugehen verstand, ergaben aus ihnen sich hundert Mann, von Romäern und aus Ahwâz und Iran; aus den Herzhaften wählte man zehnmal drei, die Mehrzahl Perser, Romäer zwei. (davon einer Perser, Romäer zwei; von den drein wurde ein Romäer erkoren, wie ihrer nicht viele zur Welt geboren.) Ein vornehmer Architekt war dieser, die Perser im Reden weit hinter sich liess er. Zum Schah kam der mit dem Weltlauf Vertraute und legte ihm dar, wie man werkte und baute.
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Der Schah sprach: »Den Auftrag von mir akzeptier’, alles, was ich dir sage, das merke dir. Ich will einen Bau, dass darin mein Sohn und zweihundert Jahr jede Generation darin sitze und dass ihm Regen und Blitze nichts anhaben können noch Sonnenhitze. (Man muss bei der Ausmessung darauf schaun, dass niemand gezwungen sei, neu es zu bau’n.« Der Baumeister nahm den Schlossbau an und sagte; »Ich habe den Auftrag« sodann. Zehn Šâhraš tief senkt er das Fundament, wobei man fünf Raš ein Šâhraš nennt. Mit Steinen und Gips ward der Bau fundiert, so will es, wer ein Werk honoriert. Als die Mauern des Schlosses waren erstellt, da erschien er vor dem Beherrscher der Welt: »Wüsste kenntnisreiche Leute vom Fach, an Jahren gereifte, vielleicht der Schah, dann liesse er einige hieher reisen, ihm gefallend zusamt dem huldvollen Weisen.« Wie er’s wünschte, so liess den Befehl er ergehn; sie kamen und sahen die Mauern stehn. Den Leuten brachte er Seide, daraus drehten fein eine Schnur sie zu Zwecken des Baus, dann nahm Mass er damit von der Mauerspitze bis zur Erde unter dem Königssitze. Als mit der Schnur vor der ganzen Schar nunmehr dieses Mass genommen war, trug er diese Schnur zu dem Schatze des Schahs und gab sie dem Schatzwart, versiegelt mit Wachs. Dann ging er dorthin, wo der Schah selber thront’: »Die Mauer des Schlosses erhebt sich zum Mond! Vierzig Tage sind am Werk nun verflossen, seit zu ihm mich zu wählen der Schah beschlossen. Wenn der eifrige Schah mir erlaubt, zu rasten, will ich mit Vollendung des Werks mich nicht hasten.
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Kommt die richtige Zeit zum Schlossbau heran, dann reicht seine Höhe bis zum Kȇwân. Zeig’ Ungeduld nicht bei dem Werke noch Grimm und mehr’ mir die Plage nicht, die schon schlimm.« Chosrau sprach: »Was begehrst du die dergestalt lange Frist? Du hast was im Hinterhalt. Du brauchst nicht zurückzuziehn deine Hand, noch hat Milde den Mangel von dir gebannt.« Er liess dreissigtausend Dirham ihm geben, um so seine Missstimmung zu beheben. Da wusste der Werkmeister, der nicht log, dass es ihm vom Gelehrten Tadel zuzog, übereilt’ er den Bau und würde er stürzen, dann würde man Speise und Trank ihm kürzen. Die Nacht kam, der Werkmeister kam ausser Sicht und man sah ihn auch von da an nicht. Als Chosrau erfuhr, Farʿân sei geflohn, ergoss sich sein Zorn auf des Melders Person; er sprach: »Stand das Wissen ihm nicht zu Gebot, was hatt’ er vor uns dann zu protzen not?« Dann befahl »Besichtigt genau das Werk!« er, »und alle Romäer werft in den Kerker! Beschafft ferner Arbeiterpersonal, Ziegel, Gips und sonstiges Baumaterial!« Man suchte, aber sofort verschwand, wer die Mauer nur sah, aus des Königs Land. Von dieser hielt ratlos die Hand er zurück, nach Ahwâz wandte jeder so Ohr wie Blick, dass aus dieser Stadt wohl ein Künstler sich fände und ein solches Werk nicht lang misste das Ende. An drei Jahr’ suchten sie umsonst nach dem Meister, einem unvergleichlichen Arbeitsleister. Viel sprach man von ihm, der das Werk unternahm, bis er endlich im vierten zum Vorschein kam. Eine aufgeweckt’ würdige Person verständigte den Chosrau davon;
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und sieh, der Romäer – schon kam wie der Wind er und der Schah sprach zu ihm: »Du arger Sünder, was hast du dabei zur Entschuldigung zu sagen 3845 und was zur Belehrung vorzutragen?« Da sprach der Romäer: »Der König, weist er, mich zu begleiten, an einen Meister, so erhält er von mir meines Vorgehns Erklärung und mit der Entschuldigung zugleich die Belehrung.« Da verfügt’ er, es ging’ aus der Halle sodann der Meister mit einem befreundeten Mann. Der gelehrte Romäer nahm nicht nur diesen Mann mit sich, sondern auch die Schnur; er mass Höhe des Baus und Tiefe: um sieben 3850 Raš war von der Schnur sie zurück geblieben. Zum Schah brachten sie dann zurück die Schnur; der Begleiter berichtete, was widerfuhr. Der Romäer sprach: »Hätte ich den Bau zu Ende geführt, erhabener Chosrau, so gäb es nicht Bau mehr, Gewölbe noch Mauern noch würde am Königshof ich’s überdauern.« Da wusste Chosrau, dass die Wahrheit er sagte und Wahres nicht zu verbergen wagte. Die Verhafteten wurden der Fesseln entledigt, 3855 auch wer Feind war, sobald er nur nicht mehr schädigt’. Einen Beutel gab jenem er mit Dinaren und viel Güter denen, die eingesperrt waren. Darüber war einige Zeit vergangen; der Schah trug nach jenem Werke Verlangen. Sieben Jahre – und fertig waren die Hallen dem reingesinnten Mann zu Gefallen; des Landes gab viel er ihm und der Ehr’ und Dinare und Dirhams und pries ihn sehr. Das Schloss besah jeder, der Schahrǝjâr 3860 kam an diesen Ort zum neuen Jahr. Keinem war solcher Bau zu Gesicht je gekommen noch hatt’ man von Fachleuten sowas vernommen.
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Da war ein aus Gold gegossener Ring der herab vom Deckengewölbe hing, eine rotgoldne Kette hing davon nieder, edelsteinbesetzt alle Kettenglieder. Wenn der Grosskönig sass auf dem Elfenbeinthrone, hängte man an diese Kette die Krone. Sass am Neujahrstage er auf dem Thron, war der Platz des Wesirs ganz nah davon, tiefer sassen die Fürsten und die gesamten Grossen und Soldauszahlungsbeamten; die Handwerker hatten auf niedrerer Stufe noch die Sitze gerüstet dem Kaufmannsberufe und den Armen schliesslich noch unter diesen, die auf Arbeitserwerb waren angewiesen, zutiefst Hand und Fuss, die abgeschlagen, und viele Leichname, die vor dem Schlosstor lagen. Eine Stimme scholl, die sich vom Schlosse erhob, und die Herzen gerieten in Wallung darob: »Ihr des Weltenherrn untergebene Knechte, seid nicht düsteren Sinns und innerlich Schlechte! Wer da immer die Blicke zur Höhe richtet, dessen Sorgen-Gedanken werden vernichtet. Von dem Thron lasst den Blick in die Ferne streben und berechnet alle, die ihm ergeben. (Und am Weg muss dann, wer von hier will gehn, der Hingerichteten Leichen besehn.) Hernach, ob schuldig, ob unschuldig er wär, blieb keiner in Banden des Königs mehr.« Mit Kleidung von Kopf bis Fuss und Dinaren beteilte er, die im Gefängnis waren; wer aber arm war in Stadt und Land, dass er am Neujahrsfest Anteil nicht fand, für den ward im Hofe ein Sitz aufgestellt und ihm ausgestreut des Schatzamtes Geld. Vor ihm fürchtete sich, wen Schuld befleckt, der Schlummernde ward aus dem Schlafe geweckt.
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Ein Herold erschien zum zweitenmal, als Heimkehrzeit war aus dem Königssaal: Oh ihr Edlen, Stolzen und Tugendreichen, was sucht ihr durch Reichtum Ruhm zu erreichen? Schaut auf den, der niedrer als ihr muss erscheinen, denn den Unglückseligen muss man beweinen. Beim Werke müsst ihr vor allen Dingen auf Sicherheit und Gesundheit dringen. Überlegt erst das Werk gut und dann beginnt. Die törichten Leute behandelt gelind. Vorher entwerfen und dann an das Werk erst gehn und hört auf die Leute, die etwas verstehn. Wer achtsam seinem Wege geht nach, schläft überall sicher vor dem Schah; doch wer die Hand streckt nach anderer Gut, den erreicht gewiss unseres Zornes Wut.« – Wenn von Chosraus Grösse ein Wort ich nun sage, so mach frisch ich wieder die alten Tage. Denn solcher Grösse, wie ich sie besinge, erinnern sich weder Grosse noch Geringe.
Über die Grösse des Chosrau Parwîz
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Wer das Buch liest, das von dem Schah erzählt, der schüttle den Saum aus von dieser Welt. Ich bring einen einzigen Spruch nur zur Kenntnis, er hat sicher der Klugen Einverständnis: »Sei nicht frech mit dem Schicksal, das jeden trifft, denn mehr als sein Gegengift wirkt sein Gift. (Doch befleck’ nicht die Hand mit Hass und Gier, mach zum ständigen Sitz nicht das Nachtquartier.) Die Welt ist vergänglich, den Weg musst du gehn, du wurdest halt alt, neue Junge entstehn. So tritt dieser an, jener scheidet von hier, kurz zehrt und verkehrt er im Nachtquartier. Wenn zum Aufbruch der Trommel Schall sich erhebt, haben Elefant und Ameise ausgelebt.«
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Vernimmst du des Parwîz Geschichte von mir, die wundersame, so merke sie dir. Denn mehr an Würdigkeit und an Macht, an Grösse und Heereskraft und an Pracht wird niemand von keinem sonst dir sagen, du magst noch so viele Gelehrte befragen. Aus Tûrân und Čîn und Hind und Byzanz, aus den Marken jedes fruchtbaren Lands schleppten sie zum Schah den Tribut in schwarzen Nächten und Tagesglut; was an Sklaven es gibt, an Diener und Magd, an Perlen, Juwelen, Rubin und Smaragd, Dinare und Geld in Unendlichkeit: solchen Chosrau gab es zu keiner Zeit. Alle Falken, der Aar, der in Lüften ruht, Löwen, Panter und das Krokodil in der Flut, sie alle sind von seinem Bunde umschlossen, sein Leben sonnengleich lichtumflossen. Erstens gründete er den Schatz von ʿArûs, aus Čîn und aus Barṭâs und Hind und Rûs. Schatz Bâdâwar aber hiess ein zweiter; sie wollten ihn zählen und kamen nicht weiter. Einen anderen wieder nannten sie, wie du hörtest, Dȇbah-i Chosrauwî. Dann der glorreiche Schatz des Afrâsǝjâb, wie’s zu Wasser und Land einen solchen nie gab. Dann war ein Schatz Sûchǝte genannt, denn wie Brand beleuchtet’ er alles Land. Ein andrer bestand aus Perlen, aus klaren, die bogenschusshoch gelagert waren; diesem gaben den Namen Chaḍrâ die Gelehrten und die kundigen Männer, die klug bewährten. (Dann ein Schatz, dessen Namen lautete Bâr, der besonders und allgemein einzig war.) Ein weiterer war der grosse Thron, von den Sängern gepriesen in starkem Ton.
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(Auf dem Golde sind rote Juwelen droben, goldne Fäden sind in das Gold gewoben.) Sarkaš gab es und Bârbad als Meister im Lied, deren Handel ihnen niemals missriet, und Mägde im Frauengemach von Gold zwölftausend, wie glücklicher Frühling hold, und an Elefanten zweitausendzwanzig, sodass auf dem Boden kein Platz mehr fand sich; ferner zwölftausend Rosse, kampfmutbeseelt, zweihundert Pferde nicht mitgezählt; (dann zehntausend Kamele mit roten Haaren, wie solche zur Zeit im Besitz keines waren) dann zwölftausend, die unter Lasten sich bogen, und über sechshundert, die Sänften zogen; sowas hat noch niemand zu sehen bekommen noch von alten fachkundigen Leuten vernommen. (Und tausend mal tausend von kriegrischen Reitern aus Türkei und Byzanz und Čîn des weitern, ferner gab es Rappen, die so rasch rannten, dass zur Kriegszeit sie kein Überholtwerden kannten; Im Frauengemach lebte ihm Šîrîn, durch die sein Rosenhain glänzend erschien.) Wird von Dieners Hand ein solcher gefällt, so brauchst nicht zu bangen du für die Welt. Zieh den Taten vor ein mühelos’ Leben, willst du durch Gerechtigkeit Beifall erstreben. Denn Gut wie Böse vergehn auf der Welt, unsre Atemzüge sind schicksalsgezählt. Einen Thron magst du finden mit Krone und Schätzen oder magst nur mit Mühe die Schritte setzen: stets sind Erde und Ziegel das Schlussresultat; nur der Same des Guten sei deine Saat. (Ein Beispiel biete dir Chosrau Parwîz; liest sein Buch du, so nimmt wunder dich dies.)
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Über das Freveln Chosraus und den Undank seines Heeres Mit dem Orte der Pracht und dem glorreichen Throne dieser Grösse und der Grosskönigskrone war der Herr der Welt nicht einverstanden und machte Îrân und Tûrân zuschanden. Der gerechte Schah kam auf Unrechtsbahnen und war froh über Unrecht der Untertanen. Da kam Farruchzâd-i Âḏarmigân dustern Blicks und murrte den Untertan an; bereit, sich in neue Müh’n zu versetzen, und nach nichts begierig als neuen Schätzen; von jedem nahm er die Kostbarkeiten und erzeugte Verwirrung nach allen Seiten; zum Fluch ward, was vordem Segen gewesen, das Lamm zum Wolf, diesem frevelnden Wesen; als Speise und Trank und die Muskeln schwanden, begaben sie sich nach den feindlichen Landen, wer immer am Schlechten Anteil hatt’, und Fluch und Trauer kam aus der Stadt. Einen Ehrlosen gab es, Gurâz genannt, an dem Wunsch und Ruhe und Glück er fand; er war immerzu für Byzanz ein Wächter, ein unseliger teuflischer Kerl, ein schlechter. Der gerechte Schah ward ein frevelnder Mann, da wandte zuerst er das Haupt von Iran. Dann kam auch Zâd Farruch, der namhaft war, zu Ehren bei Chosrau, dem Schahrǝjâr. Keiner wagte es, zum Schah zu gelangen, bat nicht Zâd Farruch, ihn zu empfangen. 3932 als Speise und Trank ... feindlichen Landen: W: als sie . und ohne Körper wurden – begaben sie sich aus Îrân nach dem Feindesland. 3934.2 an dem Wunsch ... er fand: „Er“ ist jedenfalls der Schah. In C heisst es: an dem der Schah Ruhe und Glück fand.
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Als das Mass des Grosskönigs voll bis zum Rand, geschah’s, dass der Mut auch Zâd Farruch schwand. Mit dem greisen Gurâz war er einverstanden, dass von Land zu Land sie geheim sich verbanden. Ein Brief ward vom Feldherrn Gurâz verfasst, der machte beim Kaiser auch ihn verhasst; drin hiess es: »Brich auf und besetze Îrân; vor allem will ich als Helfer dir nahn.« Als der Kaiser den Brief las, sammelte er, eine Schlacht zu schlagen, wieder ein Heer. Er brachte ein Heer auch dorthin aus Byzanz, er kam zu den Marken des fruchtbaren Lands.
Das Heer von Îrân fällt von Chosrau ab und befreit Šȇrôj aus der Haft Als den Schah die Nachricht davon erreicht, nahm die schwierige Sache er äusserst leicht; er wusste, dies habe Gurâz verbrochen, der mit dem kriegslustigen Kaiser gesprochen. Er suchte Auswege, wenn er ihn rief, und hielt für leicht jenen Königsbrief. Jener Bösewicht fürchtete Schah Parwîz und den Hof und die Ritterschaft überdies. Der Grosskönig sass mit den Grossen im Rate, mit allen Häuptern in Îrâns Staate, um sein Herz von den Sorgen rein zu waschen und aller Art Auswege zu erhaschen. Als sich seine Gedanken weiter erhellt, ward ein Brief an Gurâz zusammengestellt: »Dein Verfahren erregte mein Wohlgefallen; als Mann lobt’ ich dich vor den Männern allen. Du mehrtest die Taten durch Trug und Tücken, um das Haupt des Kaisers hinunterzudrücken. Sobald sie dies Schreiben da zu dir bringen, lass den feinen Geist dir Gedanken durchdringen. Warte zu, bis ich vom Platz mich bewege,
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dann mache auch du deine Truppen rege. Stehn die Truppen in dieser und jener Richtung, dann droht in der Mitte dem Kaiser Vernichtung. Als Gefangner soll er nach Îrân gelangen und wir nehmen alle Romäer gefangen.« Vom Hof wählt er einen, listenbeflissen, im Reden gewandt, mit geziemendem Wissen, und sprach: »Trag in Heimlichkeit dieses Schreiben in der Art, wie die Spione solches betreiben, mach, dass es ein Romäer am Weg bei dir sieht und dich einem längeren Verhör unterzieht und dich packt und dich dann vor den Kaiser führt oder aber vor den, der das Heer kommandiert; der wird dich dann fragen, woher du bist; du sagst ihm: ›Ich führe grad aus eine List, doch möcht’ ich mich damit nicht weiterhin plagen: ich hab einen Brief zu Gurâz zu tragen.‹ An den rechten Arm musst den Brief du binden und sie sollen ihn nehmen, wie dort sie ihn finden.« Als der Eilbote so nun von Chosrau ging, wobei ihm das Schreiben am Arme hing, und in die Nähe des Kaisers kam, war’s ein Patriarch, der wahr ihn nahm; die Wangen fahl und das Haupt voller Mist, blau die Lippen, schleppt ihn zum Kaiser der Christ. »Wo ist Chosrau?« begann ihn der Kaiser zu fragen, »du musst mir die volle Wahrheit sagen.« Da verlor die Fassung der listvolle Mann, zur Antwort nahm ängstliche Miene er an. »Durchsucht«, sprach jener, »den Bösewicht, der Böses erdenkt und erstrebt und spricht.« Sie durchsuchten, es löste vom Arm ihm den Brief ein schlauer geschickter Detektiv. Sogleich suchte er, bis er jemanden fand, der Pahlawî gut zu lesen verstand. Als das Schreiben verlas dieser Sekretär,
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ward die Wange des Glorreichen so wie Teer; er sprach zu sich: »Das ist Gurâz’ Rache, dass er kühn und klug sich über mich mache. Der Schah mit dreihunderttausend Mann, Elefanten, die man nicht zählen kann – er will werfen mich in seine Falle hinein – möge düster sein endlicher Ausgang sein!« Von dannen führte das Heer er dann; er liess nicht erkennen, worauf er sann. Als nun dem Gurâz wurde mitgeteilt, nach Byzanz sei der Edle zurückgeeilt, wurde schmerzvoll sein Herz und die Wange fahl; aus den tapferen Reitern traf er die Wahl; er schrieb mit Zug und in stürmischem Stil: »Was ist’s, das dem Kaiser an mir missfiel? Deshalb kehrtest zurück du aus Îrân? Sprich! In der Welt liessest Listen ersinnen du mich. Der Grosskönig weiss, ich vollführte das, und sein Herz ward ob meiner voll Schmerz und Hass.« Vom Gefolge einen der Edlen berief der Kaiser, sobald er las diesen Brief; diesen sandte der Kaiser hin zu Gurâz: »Gott erfüllte dein Sehnen im vollen Mass, dass du mir den Thron und die Krone verheerst und dass du mein Heer durch das Feuer verzehrst. Durch den Brief kamen mir nicht andere Freuden, du Schuft, als unnütz mein Geld zu vergeuden. Chosrau wolltest du in die Hand mich spielen: nie mögest du Grösse und Glanz erzielen! Die Îrânier werden – erkenn es nur recht –, sehn sie einen Schah aus dem Königsgeschlecht, keinen fremden Herrscher in Îrân belassen, sei er Kaisern entstammt oder adligen Rassen.« Wie beim Kaiser sich auch verteidigt Gurâz, er blieb in der Falle, in der er sass.
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Chosrau wählte drauf einen redegewandten, gelehrten und adligen Abgesandten; er schrieb darauf an Gurâz einen Brief: »Du wertloser Verruchter, der wirkt wie ein Dȇw, oft hab ich an diesen Hof dich beschieden, doch du hast Sitte und Rechtspflicht gemieden. Diese Krieger nun, die du bei dir hast, jedes Jahr, jeden Monat dein Ahuramazd, die mit Herz und Sinn ganz des Kaisers sind, im Verborgnen sind sie ganz anders gesinnt. Sende die zu mir, die sich abgewandt und die sich in Übermut verrannt.« Als diesen Brief Gurâz erhielt, ward der Langsamhandelnde sorgenerfüllt; zwölftausend erwählt er von jenen Reitern, aus Îrân und Nîrân den edlen Streitern, er sprach zu ihnen: »Seid einig stets und schenkt Gehör keines Menschen Geschwätz. (Von hier zieht zu Îrâns Grenze weiter, begebt euch zum Schah der tapferen Streiter.) Ihr müsst alle auf diesem Ufer verweilen und habt den Abmarsch nicht zu beeilen. Steht mit den Gefährten ihr Rücken an Rücken, könnt ihr einen Berg seinem Grunde entrücken.« Bis Chwurre-i Ardašîr zog das Heer, wer da jung von ihnen, wer alt schon wär, worauf sie an diesem Flussufer verharrten, die Befehle des Schahrǝjârs abzuwarten. Als Chosrau vernahm, was mit ihnen geschehn, hatte er keinerlei Sehnsucht, sie zu sehn; 3994.2 jedes Jahr ... Ahuramazd: Eine mir nicht ganz verständliche Stelle, die mit XLIV 239 und 302 zusammengehalten werden muss. Ôrmuzd dürfte den leitenden Glückstern bedeuten. Hier habe ich die alte Form Ahuramazda aufgegriffen, weil Firdausi das Wort auf nazd reimt, wozu Ôrmuzd keinen passenden Reim bilden würde.
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er befahl, dass Zâd Farruch käme und zu jenem Heere den Weg eilig nähme. Zum Heer trug er Botschaft folgender Art: »Die ihr früher freundlich gesinnt mir wart, weshalb schuft ihr den Weg, dass ein Heer aus Byzanz der Kaiser geführt in die Grenzen des Lands? Wer war es, der Gottes Wege verliess, gegen unseren Wunsch und Befehl verstiess?« Als das Heer diese Botschaft Chosraus empfangen, da wurden vor Furcht ganz schwarz ihre Wangen; keiner wagt’s, das Geheime zu äussern, in Qual verblieben sie so und die Wangen ganz fahl. Mit Gurâz war der Bote einmütig gesinnt, das Geheimnis wahrend vor Erde und Wind; er wusste geheim sich zu ihnen zu stehlen und erleuchtete ihre verdüsterten Seelen: »Keine Angst«, so sprach er, »ihr Grossen, denn klar wurde nicht eure Schuld dem Schahrǝjâr. Dass im Wollen und Reden ihr einig euch zeigt! Wer unter euch böswillig war, das verschweigt. Dieselbe Decke soll uns umhüllen und mutige Freundschaft uns alle erfüllen.« Kaum hörten sie seine Rede an, erriet jeder seinen geheimen Plan. Alle Edlen erhoben sich von ihren Plätzen, um gemeinsam die Antwort festzusetzen. Wie der Wind kam Zâd Farruch zurück zum Schah und teilte ihm mit, was jeder sprach. Er sprach zu ihm: »Geh zu ihnen und sag: ›Wer ist unter euch, der bestraft werden mag, den der Kaiser betrog, des Unheils Sohn, mit Schätzen und Waffen und Krone und Thron, sodass er in Schuld gegen uns sich verrannte und von unserem würdigen Throne sich wandte. Sendet jeden zu diesem Hofe her, der in dieser Art sich verging so schwer.
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Sonst seht alle ihr Galgen und Verlies, wer vom Heer den rechten Weg so verliess.‹« Dies bestellte Zâd Farruch, als hin er kam; des Heers junge Wange ward greis vor Gram; den Mund aufzutun hat sich keiner getraut, sie schwiegen vor Schmerz und kein Wort wurde laut. Zâd Farruch erschloss rasch der Rede Pforte und er gebrauchte unschöne Worte: »Ein Heer, so tapfer und jugendlich, keinen Schwachen schaue inmitten ich. Woher kommt’s, dass Angst vor dem Schah euch bedrängt? Sein Heer ist vom Hof in die Welt versprengt. Seine Grösse sehe ich dort, wo er thront, die leuchten ihm liesse Stern und Mond. Was ich sagte, behandelt als Nebensache und fürchtet nicht, dass ich euch Vorwürfe mache. Öffnet nur alle der Lippen Pforten gegen mich und den Schah zu schimpfenden Worten.« Jeder wusste, der solches von ihm vernahm, dass Alter das junge Glück überkam; alle sprangen nunmehr von den Plätzen empor und rüsteten sich zum Schimpfredenchor. Da ging Zâd Farruch zum Schah aufs Schloss: »Das gesamte Heer ist jetzt Freund und Genoss’; mir ist die Seele von Angst bedrückt, wenn der Schah mich zum Heer mit der Botschaft schickt.« Da wusste der Schah, mit trüg’rischen Sinnen bringe jener so Wasser wie Blut zum Rinnen. Dass sein Bruder ihm Angst bereitet und Sorgen, verschwieg er und hielt diese Wahrheit verborgen; denn Rustam hatte vom Schah ab sich gewandt, er selbst und zehntausend, das Schwert in der Hand. Er beobachtet auch Zâd Farruchs Sinn und wandte das Heer auch zu ihm hin.
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Die Häupter befreien Šȇrôj aus der Haft
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Zâd Farruch wusste, es ahne der Schah, was er selber an diesem Heere verbrach. Als heraus nun kam dieser Feind dem Schah, traute er sich nicht mehr ins Throngemach, er blieb vor der Türe und mit einem jeden wusste, ihn zu erproben, er vieles zu reden. So arbeitet er beständig daran, königsuntreu zu machen Mann für Mann. Er redete auf einen jeden ein und schliesslich kamen sie darin überein, es erheische der Thron einen anderen Herrn, denn Glanz, Recht und Glück seien dem jetzigen fern. Ein Greis war in Zâd Farruchs Geleit, bei jeglichem Vorgehn voll Wachsamkeit; der sprach zu Zâd Farruch: »Es sieht der Schah, du bist Ursach’ davon, was das Heer verbrach. Bringst du keinen anderen Schah ans Licht, bedarf es weiteren Kämpfens nicht, da sonst dieses fruchtbare Land zur Wüste und Îrân wie Nîrân werden müsste. Auf den Sohn muss man den Blick richten jetzt, der bescheiden ist und nicht viel schwätzt; der sitze fröhlich fortan auf dem Throne und Dinare streun wir auf seine Krone. (Dann müssen an anderes Werk wir schreiten; statt des Bittern saugen wir Süssigkeiten.) Im Verlies sitzt Šȇrôj, der kluge Sohn, so bedarf es keiner anderen Person.« Ihm erschien diese Ansicht als die rechte; es vergingen nicht viele Tage und Nächte, da wirbelte auf den Heerstaub Tuchâr, geringe nahmen sie alle die ganzen Dinge. Zâd Farruch ging dem Tuchâr entgegen, viele Krieger folgten ihm auf seinen Wegen.
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Nachdem sie beide zusammengetroffen, gab es vieles Gespräch so geheim wie offen. Zâd Farruch öffnete da seinen Mund und gab des Chosrau Böstaten kund. »Mit Mut und Einsicht will das Heer einen Schah einsetzen«, so sagte er. Der Feldherr erwiderte ihm: »Ich setze 4060 meine Kraftübung nicht aufs Geschwätze. Komme ich mit den Helden ins Kampfgedränge, dann mach allen Helden der Welt ich sie enge. Als Jüngling wurde der Schah verehrt, war Pahlawânen und Granden wert; doch wenn seine Tage in Schwarz übergehn, möge Krone und Thron er nie mehr sehn. Er ward elend, sobald er verliess das Gerechte und sich freute des Frevels seiner ungerechten Knechte. Zâd Farruch, der diesem Gehör geliehn, 4065 wählte unter den Îrâniern ihn und sprach zu ihm: »Gehn wir jetzt ins Gefängnis zu diesen Leuten in trüber Bedrängnis; wir holen draus Šȇrôj, ohne zu zagen, ehrgeizig, voll Muts, jung an Lebenstagen. Dem Fürsten, der scharf auf den Kerker schaut, würdest leichter Gehirn du nehmen und Haut. Er hält mit sechstausend geübten Rittern die traurig Gefesselten hinter den Gittern.« Worauf zu Zâd Farruch Tuchâr begann: 4070 »Was der König tut, schlagen gering wir an. Doch verjüngt sich wieder des Parwîz Glück, bleibt in Îrân kein Pahlawân zurück; wird nun Galgen, wird Haft und Verlies beschert, lässt in Îrân er keinen unversehrt.« So sprach er, das Ross ward hinweggewandt und er eilte davon wie ein Feuerbrand. Das Heer liess er gänzlich zum Kampfe eilen; der Feldherr begegnet ihm ohne Verweilen.
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Des edlen Heers Ende begann zu tagen; der Feldherr wurde im Kampfe erschlagen. Das Heer des Schahrǝjârs wurde zersprengt, schwarz wurde der Tag und die Lage bedrängt. Tuchâr stieg hinunter ins enge Verlies im Kampfgewand, denn sein Ziel war dies, er rief dort den stolzen Šȇrôj an und rasch gab dieser ihm Antwort sodann. Es wusste Šȇrôj genau, weshalb Tuchâr, der Stolze, zum Kerker gekommen war; als das leuchtende Antlitz Tuchârs er sah, voll Kummer schwoll Herz und Seele ihm da. »Wo ist Chosrau?« so sprach er zu ihm unter Weinen, »wie kann, uns zu befrei’n, euch Aufgabe scheinen?« Zum Königssohn sprach Tuchâr zur Stunde: »Bist du Mensch, so kitzle nicht Löwen im Schlunde; und stimmst du dieser Sache nicht zu und hältst wenig von der Geschichte du, wenn von sechzehn dann einer das Leben lässt, so bleiben dir fünfzehn Brüder als Rest, die alle für das Königtum passen und den Thron der Grösse sich freuen lassen.« Bestürzt blieb Šȇrôj und weinend dort. Aus dem engen Gemach begab er sich fort.
Chosrau erhält Nachricht von den Verhältnissen des Heeres Zâd Farruch verblieb in der Königsburg und keinerlei Leute liess er durch, dass der Schah von der Sache verständigt ward; am Hof war er einziger Vorhangswart. Als ins Welken geriet der Sonne Gewand, jeder Grosse die Stätte zum Schlafe fand, befahl er, dass die Wachen der Stadt, wer immer an Grösse Anteil hatt’, zusammenkämen im Königspalast,
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jenem Ort für den Schah zu Lust und Rast. Er sprach zu ihnen: »Der Ruf hat heute ganz anders als gestern zu lauten, ihr Leute. Es müssen bei jeglicher Runde die Wachen den Namen Qubâd zur Parole machen.« So gab jeder Antwort: »Ich tue dies und reiss aus dem Schädel den Namen Parwîz.« Als die Nacht erneuerte die Decke von Teer, drang von Stadt und Basar ein Gerufe her. Es riefen sämtliche Wachen der Stadt als Stichwort nunmehr den Namen Qubâd: »Glücklich lebe Qubâd mit den Grossen! Genannt werde nur sein Name im ganzen Land!« In finsterer Nacht war im Schlafe der Schah, doch Šîrîn erregt im Bett bei ihm wach. Als sie nun die Rufe der Wachen vernahm, (überlief ihr Herz vor Besorgnis und Gram;) sie sagte: »Oh Schah, wohin wird das führen? Darauf muss man irgendwie reagieren.« Der Schah wurde durch ihre Stimme wach und fühlte sein Herz voller Ungemach. Zu Šîrîn sprach er: »Mondschimmrige Schöne, was führst du im Schlaf Gered und Gedröhne?« Da sprach Šîrîn: »Du musst die Ohren aufmachen und musst hören auf die Rufe der Wachen.« Als Chosrau sie hörte, ward bleich und licht wie die Bockshornblüte sein Gesicht; er sprach: »Von der Nacht sind drei Wachen verflogen; gedenkt nun der Worte der Astrologen; als die Mutter den Bösewicht setzte ins Leben, habe geheim ich den Namen Qubâd ihm gegeben, doch Šȇrôj nannt ich ihn öffentlich, den Namen Qubâd hielt verborgen ich. Sein Name war Šȇrôj offiziell, doch jetzt rief Qubâd ihn der triste Gesell. In finsterer Nacht heisst’s nun gegen Čîn
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oder Mačîn oder Mukrân ziehn; durch List gelangen zu ihnen wir hin, ich verlange ein Heer vom Faġfûr von Čîn.« Seit am Himmel erlosch seines Sternes Geflirr, wurden seine Reden auf Erden wirr. In der finstern Nacht kam die List nicht zustand; die Sache war schwierig, die leicht er fand. Zu ihm sprach Šîrîn: »Zu dieser Frist wurde siegreich der Feind über unsere List. (Zu ihm sprach Šîrîn: »Lebe im Glück! Stets bleibe dir ferne der böse Blick!«) Mit Geist ersinne ein Hilfsmittel jetzt, dass du nicht durch den Feind in Not gerätst. Der schlaue Feind, wenn es hell wird, fasst ohne Zweifel ins Auge diesen Palast.« Einen Panzer vom Schatz heischt der Schahrǝjâr, Romäerhelm, indisches Schwerterpaar und Köcher und Pfeil und den Schild von Gold und kühn einen Knecht, der dem Kampfe hold. In den Garten ging er in finsterer Nacht zur Zeit, wo der Rabe vom Schlafe erwacht; (im grossen Garten stand Baum an Baum, der Schah fand Platz dort zum Sitzen kaum.) Den Goldschild hing er an einen Zweig, entfernt von jedem Passantensteig. Narzissen und Safran, sein Sitz waren sie, ein schweres Schwert lehnte unter dem Knie. Als die Sonne von Weitem die Speere verschoss, kam der teuflische Feind heran zum Schloss; allmählich kreisten sie darum her, doch der würdige Ort war schon königsleer. Seine Schätze gaben der Plündrung sie preis, unbekümmert um seine Mühen so heiss. Dann zogen sie, Wasser im Auge, ab, da das Schicksal zur Eile Anlass gab. 4113 Zu ihm sprach Šîrîn: In C heisst es: Er sprach zu Šîrîn.
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Was suchen wir vom raschdrehenden Gewölbe? Nie ruht vom Tun und Wirken dasselbe, dem gibt es ein Diadem ein hehres, den wirft es vor den Fischen des Meeres, dem einen entblösst es Fuss, Schulter und Haupt, Ruh, Kost und Behausung sind ihm geraubt; von Honig und Milch wird der andre ernährt und Brokat ihm und Seide zur Kleidung beschert. Schliesslich müssen sie alle hinein ins Grab, in das finstere Loch einer Gruft hinab. Wer nicht geboren zu werden war so gescheit, dem blieb Sorge erspart und Schande und Streit; diese Welt nicht zu schaun ist das beste Los, mag gering man sein oder noch so gross. Doch zurück nun wieder zu Chosraus Geschichte, dem Leser erstatten wir neue Berichte.
Chosrau Parwîz fällt in die Hand seines Sohns Šȇrôj So weilte denn Chosrau in jenem Park, einen Baum über sich, der im Schatten ihn barg. Als die Hälfte des Tages vorübergegangen, erfasste den König nach Speise Verlangen. Im Parke war nun ein Angestellter – nicht kannte das Antlitz des Herrn der Welt er – zu dem Diener sprach der mit dem Sonnenblick: »Von dem wertvollen Gürtel da löse ein Stück.« Dieses Glied bestand aus fünf goldenen Knoten mit Juwelen, die viel der Arbeit geboten. Also sprach der Schah zu dem Gärtnersmann: »Dies Gold ist’s, das heute uns helfen kann. Zum Basar trag dies Stück und Fleisch erstehe und ein Brot dazu und auf Schleichwegen gehe.« Dreissigtausend Dirham waren wohl wert die Juwelen für den, der solcher begehrt’. Der Gärtner, der gleich sich zum Bäcker trollt’,
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verlangte Brot für dieses Stück Gold. Der Bäcker sprach: »Mir ist unbekannt der Preis, ich geb’s nicht so leicht aus der Hand.« Sie trugen es beide zum Juwelier: »Bemühe dich und den Preis konstatier’.« Als der Juwelier das Stück Gold beschaute, sprach er: »Wer ist, der’s zu kaufen sich traute? Solches Stück ward in Chosraus Schatz ja bewundert; von solcher Art gab es neu alljährlich nur hundert. Wem hast du diese Juwelen entwandt? Entrissen dem Knecht, den der Schlaf übermannt?« Zu Zâd Farruch begaben sich alle drei mit Gold und Juwelen und Künstelei. Zâd Farruch nahm kaum die Juwelen wahr, so lief er zum neuen Schahrǝjâr; indem er Šȇrôj jene Steine wies, abgetrennt vom Goldgürtel des Parwîz. Zum Gärtner sprach Šȇrôj: »Kannst du nicht bezeichnen jenen Menschen, dem diese Juwelen eignen, lass den Kopf ich dir abschlagen unverweilt und auch dem, der deine Schurkerei teilt.« Da sprach er: »Oh Schah, diesen Mann sah im Garten, gepanzert, den Bogen zur Hand, ich warten, zypressenschlank, Wangen wie junges Jahr, in jeglichem ähnlich dem Schahrǝjâr. Der Garten, durch ihn steht in hellem Glanz er, wie die Sonne leuchtet er in seinem Panzer. Vom Aste des Baums hing sein goldener Schild, vor ihm stand ein Knecht, der den Gürtel hielt, davon brach er dies Stück mit Juwelen ab und sprach: ›Nun geh fort‹, indem er’s mir gab, ›und bring Brot und Speise vom Markt geschwind.‹ Im Augenblick ging ich von ihm wie der Wind.« Da wusste Šȇrôj, dass es Chosrau sei, dessen Anblick zu dieser Zeit noch neu.
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Vom Hof wurden dreihundert Reiter zum Strand des Flusses rasch wie der Wind entsandt. Es ward bleich, da von fern er gewahrte die Schar, und das Kriegsschwert zückte der Schahrǝjâr. Doch als auf den Grosskönig fiel ihr Blick, da ritten sie alle wieder zurück, zu Zâd Farruch begaben sie alle sich und sprachen darüber eindringlich: »Wir sind Knechte nur und Chosrau ist er; das Unglück fiel plötzlich über ihn her; kalt ihn anzuhauchen, wird keiner wagen, nicht im Garten noch auch, wenn Schlachten wir schlagen.« Zâd Farruch begab sich zum Schah nunmehr, von seinem Hof nahm er einiges Heer; doch ganz allein trat er auf ihn zu, er redete viel und so hört’ es Chosru. Er sprach zu ihm: »Will der Schah mich empfangen, kann ich für dies Vorgeh’n Verzeihung erlangen, sag ich alles, wie’s ist, gerad heraus, wenn nicht, so gehe ich wieder nach Haus.« »Sag, was du zu sagen hast«, sprach Chosru, »kein Tröster noch Händelsucher bist du.« Also sprach zum Schah der beredte Mann: »Sieh diese Sache vernünftiger an. Gesetzt, du würdest tausend Krieger erschlagen, du verlörst am Kampf schliesslich doch das Behagen. Alle Städte von Îrân stehn auf wider dich, zum Kampf gegen dich völlig einig in sich. Komm, auf dass der Himmel möge bewähren, ob Hass wieder könne zur Liebe sich kehren.« Chosrau sprach zu ihm: »Das ist wahr gesagt. Die Unwürdigen sind’s, was mir Angst einjagt, die unterwürfig vor mich hin traten und nichts von mir wollten als Übeltaten.« Als er Zâd Farruchs Worte vernommen,
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ward er von Entmutigung überkommen; es fiel ihm ein, was er von Sterndeutern gehört und wie deren Reden ihn damals empört: »Zwischen zwei Bergen von Knechtshand droht dir fern vom Gefolge dereinst der Tod. Zwischen Goldberg und Silberberg wirst du ereilt, du sitzt zwischen beiden, das Herz zerteilt. Einen goldenen Himmel hast du zum Dache, die Erde ist eisern, das Los voll von Rache.« »Dieser Panzer ist jene Erde jetzt, mein Goldschild dem Goldhimmel gleichgesetzt. Diese Schätze im Park sind Berge genannt, durch die mein Herz wie die Fackel entbrannt. So ist jetzt mein letzter Tag nicht mehr fern, Wo bleibt mein die Welt erleuchtender Stern? Wo sind meine Wünsche und Ruhe geblieben, die auf jeden Thron meinen Namen geschrieben?« Einen Elefanten brachte man zu ihm hin; voll Schmerz wurde da sein verdüsterter Sinn. Auf dem Rücken nahm Platz der Schahrǝjâr; aus dem Garten hinweg brachte ihn die Schar. Vom Tiere herab sprach er auf Pahlawî: »Die Schätze – wie sind Feinde Chosraus sie! Seid mit meinen Feinden niemals lieb, da ich heut’ in den Händen Ahrîmans blieb. Im Unglück halfet ihr mir nicht, versteckt euch, zeigt keinem das Angesicht.« Dem Wesir befahl hierauf Qubâd; »Man lass fühlen ihn nicht, was er Böses tat. Nach Ṭîsǝfûn, sag, soll man ihn transportieren und im Haus seines Ratgebers einquartieren, in des Mârûsǝpand geruhiger Wohnung, und behandle ihn mit äusserster Schonung. Als Gefangenenwächter behüt’ ihn des weitern Galînôš verlässlich mit tausend Reitern.« So hatte das Schicksal ein Ende gemacht;
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regiert hatt’ er der Jahre dreissig und acht; vom Âḏar-Monat ging der Dai-Tag grad ein mit Feuer und Vogelbraten und Wein. (Von Chosrau fiel ab die Grosskönigswürde, ohne Krone blieb er, als ob Knecht er sein würde.) Qubâd kam und setzte aufs Haupt sich die Krone, in Ruhe und froh sass er auf dem Throne. In Îrân huldigte ihm das Heer; einen Jahressold aus dem Schatz zahlte er. Sein Leben währt’ sieben Monat hernach; du kannst Nichts ihn schimpfen, oder auch Schah. So ist halt der Lauf der tyrannischen Welt; um ihre Verlässlichkeit ist’s schlecht bestellt, sodass jeder, der ihre Gewohnheiten kennt, sie mit Recht gehässig und rachsüchtig nennt. (Deinem Tun sei eigen stets Jugendmut; dein Denken richte auf alles, was gut. Wenn du meinst, deiner Wünsche Ziel zu erreichen, sieh zu, dass sie Fesseln und Netzen nicht gleichen. Das Schlechte strebe womöglich nicht an und vernimm, was einst sprach ein gelehrter Mann: »Such Gutes zu reden und gut zu handeln, dann wirst tadellos du die Welt durchwandeln.«)
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XLIV Regierung des Qubâd-i-Parwîz Sie währte sieben Monate.
Šȇrôj besteigt den Thron, erteilt Weisungen und sendet Edle zu seinem Vater mit Rat und Entschuldigung Šȇrôj sass froh auf dem Königsthrone, aufs Haupt setzt er sich der Gerechtigkeit Krone. Bei ihm fand sich ein jeder Held von Îrân, um ihm zu huldigen als Untertan. Und sehr laut sprach ein jeder: »Oh du verehrter aller Tugenden voller Chosrau, du werter! So wie Gott verliehen dir hat diese Krone und du ruhig sitzt auf dem Elfenbeinthrone, so verbleibe auch deinem Sohne die Welt und Verwandten und Schwägern sei sie unterstellt!« Qubâd erteilte die Antwort so: »Seid meine Genossen, siegreich und froh! In Ewigkeit fern sei uns Schlechtigkeit! Wie schön ist mit Güte Gerechtigkeit! Wir halten in Sicherheit alle Welt; die Werke Ahrîmans werden zerspellt. Wir halten die Bräuche der Ahnen wert, der Glanz unsres Glaubens wird durch sie gemehrt. Eine Botschaft lass ich zum Vater tragen und darin will ich Punkt für Punkt ihm sagen: von den unschönen Werken, die er betrieben, ist ihm schimpflicher Ruf auf Erden verblieben. Gott bitte er wegen der Sünden um Gnade
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und wandle des Rechts und der Sitte Pfade. Wenn es, ihn zu erfreun, meinen Worten glückt, ist behoben der Druck, der mein Herz bedrückt. Zu den Dingen der Welt dann neige ich mich, still und offen strebe nach Rechttun ich. An den Wohltätern will ich Wohltaten üben und des Armen Herz nicht durch Härte betrüben. Ich brauche zwei heit’re beredte Männer, durch Gedächtnis der alten Ereignisse Kenner. Wer taugt von euch für dies Amt genug? Wer vom Adel Îrâns ist so rein und so klug?« Da deuteten alle dadurch, dass sie blickten, auf zwei Meister (wenn sie ohne Unmut sich schickten.) So wusste Šȇrôj, was das Volk von Îrân aus seiner Mitte für Wahl getan, nämlich Aštâd und Charrâd Barzîn, die Greise, zwei beredte geschichtskundige Weise. Zu ihnen sprach er: »Oh ihr Gelehrten, ihr Vielerfahrenen und Praktisch-Bewährten! Habt Sorge nicht um die Dinge der Welt, denn durch Mühe findet der Stolze Geld. (Ihr beide müsst sein in des Königs Nähe, dass durch euch doch den richtigen Weg er gehe. Ihr müsst gehörig ihm alles berichten, so die neuen wie auch die alten Geschichten.)« Die Gelehrten erhoben sich wider Willen und liessen die Wimpern Tränen erfüllen, nämlich Aštâ Gušasp und Charrâd Barzîn, auf Befehl stiegen sie auf die Pferde so hin. Er sprach zu ihnen: »Beherzt, oh Weise, macht euch nun nach Ṭîsǝfûn auf die Reise. (Zu Charrâd sprach er: »Denk nicht an Ruh, Wesir sei vor allem dem Chosru.) Zum hehren Vater die Botschaft trage und merke dir Punkt für Punkt, was ich sage.
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Vermeld’ ihm: ›Nicht uns ist die Schuld beizumessen, noch hat Îrâns Volk soviel Macht besessen; und Gott wird dir seine Strafe senden, solltest du von der Güte das Antlitz wenden. Wenn erstens frevelnd ein echter Spross das Blut seines eigenen Vaters vergoss, stimmt er sicher nicht zu, dass von dieser Geschichte vor irgendeinem jemand berichte. Zweitens fülltest die Welt du mit deinen Schätzen, wusstest in Unruh jedes Land zu versetzen. (Mit Schmerz hast du alle Gerechten erfüllt, keiner war dir beizustimmen gewillt.) Drittens: so mancher tapfere Reiter, der in Îrân lebte als namhafter Streiter, konnte nicht sich erfreuen der eigenen Sprossen, seines Lands und der echten Stammesgenossen; einer ging nach Byzanz und der andre nach Čîn, zerstreut sah man sie durch die Länder ziehn. Was tat ferner der Kaiser nicht alles für dich! Um dich in jeder Art sorgte er sich. Ein Heer hat er dir und die Tochter gegeben und Schätze und vielerlei Güter daneben. Des Messias Galgen wollt’ er für Byzanz zwecks frischer Blüte besagten Lands; was hat der im Schatz dir für Vorteil gebracht? Und den Kaiser hättst du dadurch froh gemacht; du gabst ihn nicht mangels Fonds an Geist; nichts, was deine Menschenliebe beweist. Ferner war über dich so siegreich die Gier, dass das Aug der Vernunft sie ganz trübte dir. Den Hilflosen nahmst du die Kostbarkeiten und ihr Fluch liess Unheil sich über dich breiten. (Zwei liebreiche Oheime liessest du morden, durch die dein Thron war leuchtend geworden.) Deine Söhne des weitern, die zweimal acht, haben Tage und Nächte im Kerker verbracht.
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Es schlief sicher vor dir niemals ein Sohn und aus Furcht vor dir sind sie heimlich gefloh’n. Was über dich kam, stammt von Gottes Macht; bedenke das Hässliche, das du vollbracht! Ich bin Vorwand für alles Böse und Schwelle für alle Reden an erster Stelle. Bei Gott, nicht in mir liegt die Ursach’ davon, ich wollt’ nicht verwüsten den Königsthron. Du hast jetzt Rechenschaft abzulegen; gib sie diesen edlen iranischen Degen. Vom üblen Tun musst zu Gott du dich kehren, denn er ist’s, der dich das Gute kann lehren. Vielleicht wirst du Hilfe von ihm erfahren bei den Übeln, die für dich vermeidbar waren.‹« Als die beiden Männer die Botschaft vernommen, reisten ab sie, die Herzen wund und beklommen, bis sie kamen ins Ṭîsǝfûner Gebiet, voller Blut das Herz und voll Tränen das Lied, und von dort zu dem Hause des Mârûspand, in dem sich der hohe Schah befand. Galînôš sass vor dem Tor dieses Hauses, die Erde war gleichsam durch ihn voll Gebrauses. Gerüstet sein Heer und ausgeschmückt zur Gänze und alle Schwerter gezückt; behelmt und gepanzert, geschnürt die Mitte, arabische Rosse gepanzert zum Ritte. Die stählerne Keule hielt er in der Faust, das Herz war von Feuer und Sturm durchsaust. Charrâd und Aštâ Gušasp vom Pferde stiegen sie beide herab zur Erde; Galînôš sprang auf die Füsse sogleich, ihr Anblick machte ihn freudenreich. Er lagerte sie in würdige Zimmer und nannte edle Fürsten sie immer. Charrâd Barzîn setzt’ als erster ein 58 Aštâ Gušasp: Er heisst einmal Aštâd, dann wieder Aštâ.
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und spülte den Mund mit Mutwasser rein; zu Galînôš sprach er: »Der hehre Qubâd, der ist’s, der die Krone aufs Haupt sich tat. Nach Îrân kam Kunde, nach Nîrân und Rûm: Šȇrôj gehört jetzt das Grosskönigtum. Wer ist’s, gegen den du Feindschaft hegst, dass du Panzer, Helm, Keule und Bogen trägst?« Galînôš sprach: »Der die Welt du gesehn, nach deinem Wunsch möge alles geschehn! Ist’s mein zarter Leib, der dir Sorge erregt, weil er diese eiserne Kleidung trägt? Nimm Dank für diese Liebe und Treue; du bist’s wert, dass ich dich mit Juwelen bestreue. Dass immer dein liebes Wort mir verbleibe! Möge Weltenfreund sein dir die Sonnenscheibe! Warum du gekommen, das sag mir vorerst, worauf du von mir eine Antwort erfährst.« Also gab er Antwort: »Qubâd der Hehre gab an Chosrau mir mit der Botschaften mehre. Wenn du willst, werd ich alle Botschaften sagen, die Herrscher und Herde mir aufgetragen.« Galînôš sprach: »Oh adliger Greis, wer ist’s, der sich alles zu merken weiss? Jedoch hat der Schah von Îrân Qubâd mir viel Weisungen darin erteilt und Rat: ›Bei Tag und bei Nacht stimm keineswegs zu, dass den Mund sie öffnen vor Chosru.‹ Es sei denn, du verstehst seine Rede nicht, ob er Persisch nun oder Pahlawî spricht.« Darauf sagte Aštâd: »Sei guter Dinge! Nicht heimliche Botschaft ist’s, die ich bringe, eine Botschaft, die Schwerter als Früchte erzeugt und der Stolzen Häupter zur Brust herab beugt. Verlang jetzt von Chosrau, dass er uns empfange, damit an ihn die Botschaft des Schahs gelange.« Galînôš sprang auf, als er dies verstand,
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wobei er am Leib alle Knoten band; er eilt, jede Hand in der Achselhöhle, zum Schah wie ein Diener, getreu dem Befehle. Er sprach: »Oh Schah, bleibe froh und heil! Nie werde vom Bösen dir Unglück zuteil! Aštâd und Charrâd Barzîn, die zwei, bringen Botschaft des Schahs von dem Hofe herbei.« Da lächelte Chosrau und sagte laut: »Deiner Rede ist die Vernunft nicht Braut. Ist er der Schah, wer bin denn dann ich? Warum trifft in dem engen Verlies man mich? Denn du hast mich um eine Audienz zu fragen, ob sie Trug nun oder die Wahrheit sagen.« Da begab sich Galînôš zurück zu den Helden, um ihnen die Worte Chosraus zu melden: »Haltet nun auf der Brust eure Arme gequert und redet und was er redet, das hört.« Die beiden Männer, reinsinnig und klug, banden sich das Gesicht mit čînesischem Tuch. Als sie jenen erblickten, begrüssten sie ihn und die zwei liessen längere Zeit sich verziehn. Auf dem Goldthron ruht er, als sie ihn trafen, geschmückt mit den Bildern von Wölfen und Schafen, mit Gold und mit Edelsteinen verziert, die einen ins andere inkrustiert; lichtgelber Brokat war über dem Bett, sein Rückenkissen blau-violett. Eine kräftige Quitte hielt er umfasst, auf dem Throne schlummernd in trauriger Rast. Als die beiden er sah hochadliger Art, in den Wissenschaften gründlich-gelahrt, da richtete er sich vom Schlummer gerade und erbat sich im Stillen des Weltschöpfers Gnade. Auf das Kissen legt er die kostbare Quitte, damit er die beiden um Auskunft bitte, sanft liess die Quitte die Kopfkissen beide
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und rollt’ unversehrt hinab von der Seide, sie rutschte vom Throne auf diese Art, bis sie endlich am Erdboden schloss ihre Fahrt. Aštâd schritt hin, hob auf sie von der Erde, wischt’ ihr ab den Staub mit erstaunter Gebärde; der Weltenherr wandt von Aštâd das Gesicht, so sah Farbe und Duft der Quitte er nicht. Dann legten die Quitte sie auf den Thron, beide standen davor in Devotion. Den Edlen machte die Quitte tief sinnen: liess sich draus für die Grösse kein Omen gewinnen? Zum Himmel wandte zugleich das Gesicht er und sprach: »Oh du, der gerechte Richter, was du weggeworfen, wer kann es heben? Was du zerbrochen, wer kann es kleben? Sind von einem Stamm Glück und Glanz gewichen, kommt die Qual, sind die Tage der Lust verstrichen.« Er sprach zu Aštâd: »Deine Botschaft stammt von dem niedrigen Burschen, den jeder verdammt, wie von jenen unreinen Übeltätern, den verworfenen herzdüstern Verrätern. Alle streben nach Bösem und sind ohne Wissen und aus Unwissenheit jeder Freude entrissen. Das Glück will aus dieser Familie schwinden; kein Zufriedner ist in dem Stamm noch zu finden. Da Krone wie Thron an Unwürdige fällt, wird der Baum dieses Königsgeschlechtes gefällt. (Wer gemein ist, der hebt empor seinen Nacken, so muss Kummer die Seele des Hohen packen.) Unsern Söhnen bleibt die Grösse nicht haften noch den Blutsverwandten und Schwägerschaften. Dieser Sippe wird feind, wer ihr freundlich genaht, und verfolgt diesen Stamm in Wort und Tat. Diese Quitte legt das Geheime offen: keine Frucht ist vom Grosskönigsthron zu erhoffen. Wie du hörtest die Botschaft, so sprich sie nun nach;
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sie ist minder mir wert als ein rinnender Bach.« Redend taten nun auf beide Männer den Mund, alle Worte des Sohns taten sie ihm kund. (Punkt für Punkt wurde alles ihm aufgedeckt und auch kein Gemurmel blieb ihm versteckt.) Der Weltenherr horchte auf das, was man sprach, seiner Brust entwand sich ein schweres Ach; er sprach zu den Edlen: »Die Antwort hör an und dem neuen Gebieter bestell sie sodann. Sag ihm: ›Such die Fehler der anderen nicht, solang es dir selbst nicht an Fehlern gebricht. Nicht deine Rede ist, was du gesagt, der sie redete, wurde von Krankheit geplagt. Sag nichts, was den Feind, wenn er es vernimmt, als törichte Rede zum Frohsinn stimmt; denn er weiss dann, du hast nicht so viel Verstand, dass dein Hirn irgendeine Belehrung fand. Wenn du fruchtloser Rede die Stärke leihst, machst du voller Makel Vernunft und Geist. Wer dich für einen Verbrecher hält und nennt dich hernach den Herrn der Welt, der werde nicht an deinen Hof genommen und darf kein Geschäft in die Hand bekommen. Solche Botschaften lass in künftigen Zeiten, um nicht deinem Feind dadurch Lust zu bereiten. Für Gott ist mein Werk zurecht gerichtet, in jener Welt ist mein Schatz geschichtet. Durch solch erlogenes Schmähvorbringen wirst du bei den Grossen nicht Glanz erringen.‹«
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»Wenn ich alles genau nun beantworten werde, so ist’s, damit ihr es sagt vor der Herde. Nach meinem Tode zu meinem Gedächtnis Aussprechen der Wahrheit sei mein Vermächtnis. Wenn die Masse der Müh’n auseinander ich setze,
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so erkennst du, den Mühn entsprangen die Schätze. Im ersten Punkt sprichst du von Hurmuzd, von Zorn und Begierde den alten Wust: durch Verleumder geriet ins Empörungsfieber mein Vater und alles ging drunter und drüber; als uns seine Absicht ward kundgetan, flohen wir nachts auf Schleichwegen aus Îrân; (er hat mich durch Gift zu töten gesucht und ich sah kein Heilmittel als die Flucht.) Einen Weg suchend sind wir ihm durchgegangen und blieben im Netz des Verderbens nicht hangen. (Ich hatte nicht Schuld dran, was er erdachte; kein Weg, als dass ich auf die Beine mich machte.) Ich hörte, dass Böses den Schah überkam, und verliess Bardaʿ, als mein Ohr dies vernahm. Der Verbrecher Bahrâm war’s, mit seinem Heer, das Schlachtfeld rüstete vor uns er. Am Schlachttag hab ich zur Flucht mich gewandt auch vor ihm, nicht zu fallen in seine Hand. Ein zweitesmal drauf bin zurück ich gekommen und hab tapfer den Kampf mit ihm aufgenommen. (Der ergrimmte Stern wich von mir, das Glück, das entschwundene, kehrte zu mir zurück.) Nicht nur ein Kampf war’s mit Bahrâm, rundum war die ganze Welt unser Publikum. Gott hat es befohlen, des Guten Mehrer, er, der von Gut und Böse der Lehrer. So Îrân wie Nîrân ward von uns beglückt, alles Trachten Bahrâms in ein Nichts zerdrückt. Kaum war ich mit Čûbîne fertig geworden, so eilt’ ich, zu rächen des Vaters Ermorden. Wenn auch Bindôj und Gustahm Oheime waren, denen niemand als Gleicher sich konnte paaren, und sich aufopfernd ständig zu mir bekannt, mir liebreichen Herzens und blutsverwandt, war’s des Vaters Blut, und der Schmerz war stets rege
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und so war ich im Blutracheüben nicht träge. Fuss und Hände trennte ich Bindôj ab, denn er brachte den Schah in das finstere Grab. Und obwohl Gustahm in der Welt entschwand und sich irgendwo einen Schlupfwinkel fand, liess ich unversehns in das Grab ihn befördern und so ging es zuende mit diesen Mördern, Zweitens: wenn du sagst, wie es dir ergangen, was in engem Gefängnis du angefangen: Es galt, dass mein Sohn sich an mir nicht vergehe und dass ihm dafür dann nichts Böses geschehe. In der Haft wart ihr nicht in engen Banden noch habt ihr Erniederung und Angst ausgestanden; wir haben in keiner Art euch entehrt, alle möglichen Geldmittel euch gewährt. Wir haben uns an die Gesetze der Alten, nicht unnütz an andere Bräuche gehalten. An Jagden und Festen mit Musikerchören, an Vergnügungen, die sich für Fürsten gehören, habt ihr wirklich keinerlei Mangel empfunden, an Dinaren, Juwelen nicht, Falken und Hunden. Was euer Kerker hiess, war ein Palast, darin hast du fröhlich und selig geprasst. Und dann, was die Astrologen sagten, die uns vor dir grosse Furcht einjagten, (deswegen war jene Haft, die enge, dass uns von dir aus kein Unheil bedränge), dass von dir mir nichts Böses entsteh’, wie’s entstand, liess ich gleiten nicht deinen Stern aus der Hand. Bis wir schliesslich unser Siegel drauf setzten und es Šîrîn vertrauten nach all dem Geschwätzten. Sechsunddreissig Jahre unsrer Regierung vergingen in solch schöner Lebensführung. – Du vergassest all dieses sicherlich, obwohl viele Zeit über uns verstrich – da kam an dich ein Brief aus den indischen Landen –
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ich war auch damit ganz einverstanden – vom hohen Raja ein Brief kam zu mir, Gewände und Stoffe, Juwelenzier, weisser Elefant und indisches Schwert und was ich sonst noch erhofft und begehrt, golddurchwirkte Brokate jeglicher Sorte beim Schwerte und Perlen, noch undurchbohrte. An dich war ein Brief, auf Seidengespind geschrieben; ich sah die Schrift von Hind und berief einen Schreiber aus Inderland, gelehrt, und der Indisch sprach und verstand. Wie nun dieser Inder das Schreiben las, goss er auf die Wimpern der Augen Nass. Im Brief stand: ›Mögest glücklich und froh du stets leben! Du bist’s wert, goldgekrönt nach der Herrschaft zu streben, Denn im Monate Âḏar am Tage Dai wirst der Welt du der weit beherrschende Kai. Achtunddreissig Jahr soll dein Vater regieren, in solcher Art will sein Stern passieren. Ein glänzendes Schicksal wird dich beglücken, du wirst die Krone aufs Haupt dir drücken.‹ Mir wurden damals die Worte klar: aus dem Herzen wasch Liebe nimmerdar. Jetzt wurde mir kund, dass ich an deinem Glück und an deines Thrones Glanzgeschick keinen Anteil hatte als Sorgen und Schmerzen, dass der strahlende Tag sich beginne zu schwärzen. Aus Gnade und Glauben, Verpflichtung und Liebe macht’ ich nicht ob des Briefs ein Antlitz trübe. Als den Brief ich gelesen, gab ich ihn Šîrîn, aller Art Gedanken pflog ich durch ihn. Ihre Brust ist mit deinem Sterne verbunden, doch hat keiner noch Näh’res herausgefunden. Willst Genau’res du wissen, so steht es dir frei,
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doch übernimm dann die Beobachterei, Was du sehn wirst, lässt dich ins Bereuen geraten (und du suchst ein Heilmittel für deine Taten.) Was du ferner sagst von Gefängnis und Banden, es sei jemand durch uns eine Schädigung entstanden: doch solange die Welt steht, war dies das Los von Granden und Königen, edel und gross. Wenn du es nicht weisst, musst den Mȏbad du fragen und er wird dir, was dich befriedigt, dann sagen. Ist jemand Feind Gottes, ihn auf der Welt am Leben zu lassen, wäre verfehlt. Lauter Dȇwe waren in unsern Verliesen, die die Guten Geschrei erheben liessen. Mein Gewerb’ war nicht, Blut fliessen zu lassen, mit so tristen Geschäften mich zu befassen; so hielt ich die Bösen in engem Verlies, da ich andre Gefahr unbeachtet nicht liess. Jetzt liessest du, hört’ ich, die frei, die gefangen und die viel verruchter waren als Schlangen. Gegen Gott bist du so in Versündigung geraten und hast übel gehaust in Worten und Taten. Du bist Fürst, so handle mit klugem Geist, nimm zum Freund, der was weiss, wenn du selber nichts weisst. Sei keinem gnädig, der Mühe dir macht, und wenn dir auch Hoffnung auf Geld durch ihn lacht. Wer auf dieser Welt nur Schaden schafft, was verdient der denn Besseres als die Haft? Du hast ferner der Schätze Erwähnung getan, doch verbargst du dir Weisheit selber und Plan. Nach Tribut und Zoll nur ging unser Begehren, insofern sie tributzahlungsfähig wären. Jeder sagte oft, dass es Feinde sind, aus Ahrîmans Samen und böse gesinnt, doch da zur Gottheit ging Denken und Trachten, so konnten wir all diese Reden missachten.
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Von Gott erhielt ich hier Krone und Thron, manche harte Mühe erwuchs mir davon. Dem Weltschöpfer, der stets Gerechtigkeit übt, hat ein Schicksal anderer Art beliebt. Sein Wille macht mich nicht traurig, und Mehrung ist nicht, wenn er Mindrung will, meine Begehrung. Um Gottes Zufriedenheit müht’ ich mich bloss; so sehr er sich müht’ ändert keiner sein Los. Wird der Schöpfer der Welt mich einst befragen, werd ich Offenes und Verborgnes ihm sagen; der mich fragt, ist dann viel gelehrter als du, mehr Macht steht im Guten und Bösen ihm zu. Alle Schuldbeladenen, die da vor dir sind, sind dir nicht verwandt noch dir freundlich gesinnt; wie die Leute von mir dir Böses erzählen, wird auch gegen dich nicht Gehässigkeit fehlen. Sie sind alle des Silbers und Goldes Knechte; keinen findest du, der Hilfe dir brächte. Dein Herz ist vollkommen besudelt von ihnen; meiner Sünde kann es zur Läuterung dienen. In deinem Verstand will dies Platz nicht haben noch kann dran der Verruchten Seele sich laben. Doch ich denk an den bösegesinnten Mann, der dies Pahlawî-Schreiben einst lesen kann. (Er wisse, dass Reden, die Trug entfalten, bei den Königen keinen Glanz erhalten.) Es sei auch in der Welt ein Angedenken, geeignet, dem Klugen Tröstung zu schenken, und wer unsre Worte wird künftig lesen, erkennt unser Treiben und unser Wesen. Aus Barṭâs führten ein Heer wir und Čîn, einen Feldherrn setzten wir überallhin; wir wussten die Feinde anzugreifen, keiner wagte es, seinen Nacken zu steifen. Es gelang uns, die Feinde ganz zu zersprengen, und wir füllten die Schatzkammern alle in Mengen.
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Vor uns arbeitete das ganze Land; viele Perlen zog man vom Meer zu dem Strand. Der Seemann ward müde vom Aufziehwerk; mir gehörten so Täler wie Meer und Berg. Wenn die Schätze-Dirhams verausgabt waren, wurden neu die Beutel gefüllt mit Dinaren, mit Rubinen, Smaragden und Achaten, mit Gewändern und mit Kriegsapparaten. Die Krone trug ich Jahre sechsundzwanzig, als der Schatz juwelenvollgestopft fand sich, zwölftausend in jedem Geldbeutel waren trotz verausgabten kostbaren Dinaren, es kursierten persische Paidâwasî, alle Ledersäcke enthielten sie. Die Tributberechnung in jenem Jahre ergab hundertmalhunderttausend Dinare. Neue Dirhamstempel liessen wir prägen und eilten Freude und Glück entgegen. Was kam uns an indischen Tributen zur Hand, was kam aus Byzanz und dem Zaubererland! und Tribut und Geschenke aus allen Provinzen von den Vornehmen, Fürsten sowie Prinzen; an zu Naurȏz und Mihr gebräuchlichen Gaben, was an Rossen und schöngesichtigen Knaben, und Helm, Keule, Schwertern und Panzerkleid – für uns tat es keinem darum leid – an Moschus und Kampfer und Seiden und Fellen von Zobeln und Iltissen, dunklen und hellen! Wer immer nur unser Untertan war, schnürte solche Last auf das Eildromedar. So sind eilig sie unserem Hofe genaht, keiner wandte den Nacken von unserem Pfad. Wir bemühten uns in jeglicher Richtung, dass so uns gelinge des Schatzes Schichtung, lieber seinen Namen berieten wir viel, bis die Schlussentscheidung für Bâdâwar fiel.
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Ein zweiter hiess Chaḍrâ und ein Schatz ʿArôs, der diente dem äussersten Notfalle bloss. So Jahr sechsundzwanzig bis achtunddreissig durchlebte in wünschenswertester Weis’ ich. So konnten die Grossen beruhigt leben, doch die Feinde ergriff alle Zittern und Beben. Aber jetzt, wie ich von deiner Herrschaft vernommen, ist über die Welt durch dich Böses gekommen. Kein Frohsinn will auf der Welt sich mehr zeigen, man kann jetzt nichts erwählen als Schweigen. Mit Schaden erfüllst du die Welt alle Tage, mit Arbeit voll Pein und mit nutzloser Plage. Auch wer um dich ist, vernichtet die Lust, in finsteren Nächten sind sie dein Ôrmuzd; deinen Thron wollen sie zugrunderichten, um in dir allen Frohsinn zu vernichten. Wenn nur ein Vernünftiger bei dir wäre, dass er die düstere Seele dir kläre, keinem würde dein Geben dann Schaden bedeuten, dem es käme das Geld zu würdigen Leuten. Oh du blutjunger, wenig vernünftiger Sohn, dein Geist trage durch Denken Freude davon! Wisse, dass meine Schätze dir Rückhalt bieten; du kannst deinem Schicksal jetzt einfach gebieten. Sie gereichen auch dem Reiche zum Schmuck; die Welt ohne Dirham steht tief unter Druck. Ein Schah ohne Dirhams wird schliesslich verrucht; die leere Hand hat nicht Geist noch Zucht. Zum Schenken fehlt ihm die Möglichkeit ganz, man heisst ihn nicht König, sondern Popanz. Und wenn sie den Weg zu den Feinden fänden, würden Götzen sie ganz in Brahmanenhänden, dem Gottesverehrer würden sie widrig, den Klang deines Namens hielt er nur niedrig. Hast du keine Schätze, so findst du kein Heer, kein Untertan heisst dich dann König mehr.
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Ist der Hund denn der beste, der Brot von dir heischt und, ist er gesättigt, dich feindlich zerfleischt? Wenn du ferner erwähnst der Kriegerleute, die ich auf den Strassen der Länder verstreute: Deine Unwissenheit kann schwer es nur leiden, du kannst Schädlich und Vorteilhaft nicht unterscheiden. Meine Antwort ist drauf: Mit Mühe und Hetze brachte ich zusammen die herrlichen Schätze. Wir haben den Fremden die Städte genommen, 255 der Feind hat vernichtende Schläge bekommen, damit auf dem Thron wir in ruhigem Genuss ohne Sorgen sitzen und Angst und Verdruss. Im Grenzland verstreute ich Reiter und Pferd, nun schied sich deutlich vom Unwert der Wert. Lässt das Heer überall zurück du gehn, wird der Feind sich die Strasse geöffnet sehn. Îrân ist ein seliger Frühlingsgarten mit blühenden lieblichen Blumenarten, voll von Äpfeln und Quitten, Narzissen, Granaten, 260 doch wird leer von Menschen der Park, mit den Spaten kommen sie, den Majoran auszustechen und Granaten und Quitten niederzubrechen. Die Mauer des Gartens sind Heere und Wehre, seiner Hecke Dornen sind Spitzen der Speere. Wenn du unnütz die Parkmauer niederbrichst, scheidet Park und Feld, See und Berghang nichts. So gib acht und wirf um diese Mauer nicht, dass nicht Rückgrat und Herz der Îrânier zerbricht. Sonst würd es nur Raubzug und Einfälle geben 265 und der Reiter Geschrei und Streit erheben. Weib und Kind der Îrânier, Heim und Haus setze böswillig nicht dem Unheil aus. Ginge also ein Jahr für dich herum, so nennt dich der Kluge töricht und dumm. Man wollte mir hier auch ferner bedeuten, du verliehst hohe Stellen unwürdigen Leuten.
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So wisse, dass Nȏšînrawân wie Qubâd im Testament des Erwähnung tat: Wer dem Feinde ausliefert seine Waffen, hat sich selber damit den Tod geschaffen, denn benötigt er sie und will wieder sie kriegen, so wird ihn der Feind deswegen bekriegen. Ferner sprachst du vom Kaiser, und unaufrichtig nanntest du mich und eigensüchtig. Doch du sprachst nicht aus eigenem Erleben, deine Lehrer haben’s dir eingegeben. Er erwies nichts als Treue, Unrecht tat ich: wie scheiden sich Treue und Unrecht für dich? Darauf mag die Antwort dies sein, du Tor – ich trage nur, was sich gebührt, dir vor –: Du bist Kläger und willst selber Zeuge sein: das fällt einem klugen Menschen nicht ein. Als der Kaiser den Unheilsstaub lagern nicht liess, sucht zum Eidam ob seines Muts er Parwîz. Wer die Welt nicht zu bösen Taten betrat und im Hirn eine Spur von Vernunft nur hat, der weiss, Bahrâm war gegürtet zum Streit, die Îrânier mit ihm in Einigkeit; der Romäer sollte sein Heer nicht besiegen, nicht dem wandernden Sande der Berg unterliegen. Doch Beistand liess Gott mir im Kampf angedeihn und das Heer der Welt wurde vor mir klein. Die Îrânier hörten, was da geschehn, und du musst es von ihnen zu hören verstehn. Manches, was zu tun war, hab ich vollbracht für Nijâṭûs an jenem Tage der Schlacht, aus Güte und Menschlichkeit hab ich’s getan, als Vergeltung sah diesen Tag ich an. Es sagte es dir Zâd Farruch auch; – sieh die Welt nicht an mit der Jugend Aug’ –, 277 den Unheilsstaub lagern nicht liess: W: den Staub des Verderbens von der Wange wusch.
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Gušasp auch, der unser Schatzwart war, auch der reine Mȏbad und Mandatar, dass als Andenken dreitausend Beutel mit Geld ich diesen Romäern zugezählt; tausend Steine hab ich Nijâṭûs verehrt, Rubinohrgehänge von hohem Wert, wovon jeder Edelstein tausend wog an Schatzmiṯqâlen, wie Summe ich zog; (tausend Kleider zudem aus čînesischer Seide, goldgewebt davon fünf mit Juwelengeschmeide, hunderttausend Dirham für jedes Gewand bezahlte als Preis, wer als sparsam bekannt;) von schimmernden Perlen erlesene hundert, die als makellos selbst ein Kenner bewundert; dreissigtausend Dirham für jede gab gern einer der sich auf Perlen verstehenden Herrn. Hundert Rosse, mit Sätteln fünfzig, und alle auserwählt edel aus unserem Stalle, wieder andre mit Schabracken aus Seide, die wettliefen mit Stürmen auf der Heide. Dem Kaiser sandte ich alles dies, wobei ich’s am Segen nicht fehlen liess. Du erwähnst dann auch des Messias Galgen, in den Schatz geschmissene alte Balken; ich hätte nicht Nutzen noch Schaden davon; von den Christen hörtest du Schrein wohl, mein Sohn. Es wundert dich, dass ein Mann wie der Kaiser, ein so stolzer Mensch, ein so tapfrer und weiser, der die klügsten Menschen um sich scharte, Philosophen, Mȏbads und andre Gelahrte, weshalb Gott er nannte den Hingerichteten und die trockenen Hölzer, die halbvernichteten. Wäre wirklich Gott dieser Pfahl, der nichts nütze, wäre er Ôrmuzd an des Mondes Spitze, dann liess’ er sich plötzlich im Schatz nicht mehr finden Messias würd’ er und der Welt ganz entschwinden.
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Was du ferner sagst der Entschuldigung wegen: ›Tue Busse und strebe nach Gottes Wegen.‹ Die Antwort drauf ist: Qubâd zerfliesse so Zunge und Lippe wie Hand und Füsse. Mir hat Gott die Krone aufs Haupt gedrückt, ich nahm sie und war durch die Krone beglückt. Ich gab Gott sie zurück, als er sie begehrt; wozu ist eine Zunge im Mund dir beschert? Ich rede zu Gott, nicht zu einem Kind, das nicht weiss, was Gutes und Böses sind. Mir hat alles gefallen, was Gott liess geschehn, viel Unglück und Bitternis hab ich gesehn. Achtunddreissig Jahre regiert’ ich das Reich, von den Königen kam kein einziger mir gleich; wer die Welt einem gab, gibt sie anderen wieder; mich drückt keine Dankverpflichtung nieder. Mein Segen wird bei diesem Reiche sein; durch Weise möge der Boden gedeihn! Wenn Gott uns Freund ist und Beistand leistet, gibt’s keinen, der sich uns zu fluchen erdreistet. (Zu Charrâd sprach nunmehr der Schahrǝjâr: ›Du, der Erbe der Edlen der Welt fürwahr) Zu dem heftigen törichten Buben sprich: Unsre Ehre hat jetzt verdüstert sich. Von dir nehm ich Abschied auf ewig nun, bei den Weisen lieg’ unser Haupt und Tun.‹ Doch ihr, die verehrten Abgesandten, die beredten und als freiadlig bekannten, von euch beiden sei auch nunmehr Abschied genommen, berichtet nur das, was ihr von mir vernommen. Die Welt sei durchaus gesegnet von mir, die ich nur gesehen als Passagier. Wen je eine Mutter gebar, der muss sterben; wie du Chosraus gedenkst, das mag sich vererben. Ein Hôšang, Tahmûraṯ, Ǧamsȇd – die Welt
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war von Furcht beseelt und von Hoffnung erhellt; wilde Tiere und Dȇwe gehorsamten ihnen, doch sie starben, wie ihnen der Endtag erschienen. Firȇdûn, jener glückselige Weise, der das Böse fernhielt in jeglicher Weise, der dem Araber Ḍaḥḥâk die Hände gebunden, hat trotz Muts sich der Klaue des Tods nicht entwunden, Ein Âraš, dessen Pfeil flog weit eine Farsang, auch der siegreiche Qâran, der Löwen bezwang, Qubâd, der kam vom Alburz daher 325 und durch Mut Weltgebieter ward mit dem Heer, der ein Haus sich baute aus hellem Kristall und mit Fabeln draus füllte das Weltenall; (auch Kâwȏs, jener gewaltsame Held, der nach Ordnung und Plan besetzte die Welt, der verschwand in den hohen Himmel hinauf, da er Kunde nicht hatte vom Zeitverlauf,) aus schimmernden Perlen bestand sein Gebild, sein Tor war mit Glanz der Rubine erfüllt; auch Sijâwuš, der Löwen gleichende Krieger, der in Tagen der Jugend erlegte zwei Tiger und der Gang Diž mit Mühe erbaute und als Müheertrag keinen Schatz erschaute: (Wo ist Afrâsǝjâb, der Türkenschah, wie man nie einen solchen im Traum selbst sah?) Wo sind Rustam und Zâl und Isfandjâr, 330 deren Erbschaft für uns die Wortkunst war? Wo Gȏdarz, die siebzig Söhne, die raren, die Turnierplatzritter und Kampflöwen waren? (Wo Kai Chosrau, der löwen-adlige Mann, dem im Kampfe selbst ein Löwe nicht entrann?) Wie Guštâsp ein Schah, der den Glauben der Güte annahm, dass die Macht kam zu frischer Blüte? (Wohin ging jener berühmte Iskender, der drunter und drüber bracht’ alle Länder?) Ein Ǧâmâsp, der bei der Himmelsheere
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Berechnen mehr glänzte als Sonnensphäre? (Und auch wie der edle Schah Bahrâm ǝ Gor, der durch Mut und Kraft allen ragte vor; freigebig wie er ist kein Schah anzuführen, das Geschick wagte nicht, sein Haupt zu berühren; mein Grossvater war jener geistvolle Mam, der Weltenherr Kasrâ Nȏšînrawân; wo sind jene Könige vierzig und sieben und wo ist das, was sie wirkten, geblieben?) Dahin jene Grossen, Gelehrten, Beredten, die kriegrischen Ritter, Sänger, Poeten, die im Wetteifer um die Tüchtigkeit waren oder auch um das höh’re Alter an Jahren. Diese weite Welt haben sie verlassen, Halle, Spielplatz und Schlösser zurückgelassen. Von den Königen war mir gewachsen keiner, war auch die Zahl meiner Jahre kleiner. Im Guten und Bösen durchschritt ich die Welt, ich erwartete nicht, dass mich Unglück befällt. Ich ging viele Wege voll Schwierigkeit und hab mich von vielen Feinden befreit. Meiner Schätze ist das ganze Reich voll, das, so Wasser wie Land, meiner Mühe entquoll. Werd ich solcherart vom Ende betroffen, wird trüb und verstört der Fürsten Hoffen, es verbleibt meinem Sohne auch nicht der Thron, er verlässt ihn, das Ende naht meinem Sohn. Kommt der Todesengel, so sag ich: ›Mein Leben will ich dir ganz ohne Weiteres geben.‹ Durch Busse will ich mein Herz hell klären und mich mit der Unschuld als Panzer bewehren, (bis ich scheidend die Ǧînawar-Brücke betrete, unter der es nichts gibt als Rosenbeete.) Wie richtig ist, was die Dichter uns lehrten, die welterfahrenen reinen Gelehrten: ›Fängt das wache Glück einmal an, sich zu senken,
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so muss man an allerlei Schreckliches denken; wenn der Tag der Grösse einem verschwand und er ruft ihn zurück, hat er keinen Verstand.‹ Diese Botschaft ist’s, die der Welt ich bringe für alle, ob gross sie sei’n oder geringe. Frohen Segen will ich zum Abschied euch schenken; mögt ihr nicht im Bösen meiner gedenken! C für351–356 (Und die Zeit, die vergeht, wird nicht lange sein und dieser Schah und dies Heer da weih’n einander einem gewaltsamen Ende und entfachen im ganzen Lande Brände; den Vater straft der Sohn mit dem Tode und der Vater den Sohn nach derselben Methode. Was mein Feind einst sprach, wirkt er in der Tat durch unschönes Handeln und kalten Rat. Sind wir erst dahin, werden Strafe sie büssen und nicht viele Tage die Welt mehr geniessen. Sind für uns erst zu Ende Reich und Ruhm, was gilt Šȇrôj und andre im Grosskönigtum?)« Als Aštâd und Charrâd Barzîn vernahmen, welchen Auftrag sie von diesem Herrscher bekamen, ward das Herz beiden wund von spitzigem Leide und sie schlugen ans Haupt ihre Hände beide. Ob der Rede ward jeder von Reue erfasst und versetzte sich Backenstreiche in Hast; auf der Brust rissen sie sich ihr Kleid entzwei und es wurden voll Staub die Häupter der zwei und weinend gingen sie aus dem Saal, voll Sorgen den Kopf und das Herz voller Qual. Zu Šȇrôj begaben sich die zwei Alten, die Herzen voll Schmerz und die Wangen voll Falten, und bestellten die ganze Botschaft sodann an Šȇrôj, den marklosen, machtlosen Mann.
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Šȇrôj bedauert Chosrau Parwîz, und die Beamten nehmen es übel auf Als Šȇrôj dies hörte, da weint’ er sehr viel, da ihn Angst um Krone und Thron befiel. Als von ihm sich erhoben jene Leute, die ihn behandelten wie ihre Beute und entzündeten durch Lästerungen zu des Vaters Blute das Herz des Jungen, stieg herab vom Königsthrone Qubâd, indem beide Hände aufs Haupt er tat. P (Sorge um den Vater nahm Schlaf ihm und Essen und liess beide Augen sich kummervoll nässen.) Blut träufelte ihm aus den Wimpern zur Brust. Als solches dem Heere wurde bewusst, dieses Weinen und des Schahrǝjârs Trauer, da befiel alles Heer ein ängstlicher Schauer. Sie kamen zusammen an einem Orte und wechselten über Chosrau viele Worte: »Es würden, sollte Parwîz wieder thronen, die Häupter des Heers den Galgen bewohnen.« Vom düstern Gebirg’ hob die Sonne sich kaum, da erwachten die Feinde aus Schlaf und Traum und kamen gesamt ins Empfangsgemach. Da er’s hörte, bestieg den Thron der Schah. Stolz kamen die Helden und Kommandanten, sowohl die ihm fremden als die verwandten, sie setzten sich nieder mit grimmen Mienen, ohne sich der Zungen dabei zu bedienen. P (Er wusste wohl, was es bedeuten solle, dieses grimmige Sitzen, das kummervolle.) Er sprach zu ihnen: »Ein Schahrǝjâr wie war er nicht göttlichen Schutzes bar, C für 373 (Zu ihnen sprach der König sodann: »Des Galgens würdig ist jedermann) dem nicht Kummer bereitet des Vaters Schmerz;
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der ist mir ein Mensch ohne Tugend und Herz. Von ihm etwas zu hoffen muss man vermeiden, der fauliger ist als faulige Weiden.« Von den Männern der Sünde kam Antwort an ihn: 375 »Wer behauptet, dass er zwei Königen dien’, den darfst unvernünftig im Herzen du heissen; er ist niedrig, mag er in Ehren auch gleissen.« Šȇrôj sagte drauf: »Hat ein Schah kein Geld, ist’s um seine Heermacht schlecht bestellt. Einen Monat noch sagen wir Höflichkeiten, ohne irgend der Härte Weg zu beschreiten, vielleicht macht uns froh noch sein Testament, denn ein Schatz ist sein Land hier vom Anfang zum End.« Sie erhoben sich, als die Antwort sie hörten, 380 und rüsteten sich, dass heim sie kehrten. Den Köchen sagte Šȇrôj sohin, man dürfe Chosrau gar nichts entziehn: »Setzt ihm jedes Gericht vor auf Goldgerät, dass nur Gutes und Süsses vor ihm steht.« Der Träger trug auf, aber Chosrau ass nicht, sah er vor sich ein kalt oder warm Gericht, er ass nur das, was ihm reichte Šîrîn, denn Šîrîn war besorgt um das Essen für ihn. (Sie allein als Freundin war auf ihn bedacht und seine Trösterin Tag und Nacht, sie teilte Hoffnung und Furcht mit dem Schah und bebte um ihn wie die Weide am Bach. Ein Monat ist so darüber vergangen, Tag und Nacht war Chosrau in Schmerz und Bangen; er musste der Fehler und Sünden gedenken, keine Lust wollte ihm das Leben mehr schenken.)
Trauerklage Bârbads über Chosrau Leih das Ohr jetzt Bârbads Trauergesange! Das Haupt der Liebe zum Fürsten umfange! Als Bârbad erfuhr, es hab’ wider Wissen
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und Willen der Schah vom Thron steigen müssen, (dass man, ihn zu töten, auf Mittel laure und das Heer die Gefangenhaltung bedaure,) kam von Ǧahram nach Ṭîsǝfûn er gereist, die Wimpern voll Wasser, voll Blut Herz und Geist. In das Zimmer tretend, erblickte er ihn, zur Lilie geworden der Wange Rubin. Eine Zeitlang verblieb er vor dem Schah und kam schreiend dann zum Empfangsgemach. (Sein Herz war vom Feuer der Liebe verklärt, Herz und Seele von Sorge um Chosrau verzehrt; es regnen wie Frühlingswolken die Lider, vom Auge zum Schoss strömt ein Meer hernieder. Ein Klagelied macht er zum Lautenklang und schlug klagend die Laute, indem er sang.) Ein Pahlawî-Klagelied macht’ er auf ihn, indes fahl des Trauernden Wange erschien. (So war’s, dass der Schah diese Klage vernahm und jeder, der ihn zu bewachen kam. Seine Wächter weinten ganz ungeheuer, als kochten sie auf dem Liebesfeuer.) Er sang: »Oh König, oh Held Chosrau, oh Grosser, oh Starker, Heroe oh! Wohin deine Grösse und deine Macht, wohin deine Krone und Thron und Pracht? Wohin deine Würde und Höhe und Krone, der Armreif wohin samt dem Elfenbeinthrone? (Wohin sind dein Mut und Gewalt und Glanz? Deine Fittiche deckten das Weltall ganz!) Wohin Frauengemach und Musiker alle? Wohin jenes Schloss und die vornehme Halle? Wohin Kâwefahne und Stirnreif und Ketten? Wohin alle die Schwerter, die blauvioletten? Wohin der erhabene Ǧânûsǝpâr, der mit Ohrgehängen und Goldthron war? Wohin sind der Helm und das Goldpanzerkleid,
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drauf Masche auf Masche Juwelen gereiht? Wohin ist dein Rappe mit goldenem Bügel, der nur ungeduldig gehorchte dem Zügel? Wohin jene Reiter mit Goldzaum? Die Scheide ihrer Schwerter war feindliches Eingeweide. Für dich wurden sie aller Hoffnung bar. Wohin Weisselefant und Eildromedar? Wohin die im Gleichschritt ziehnden Kamele, Goldsänfte und Diener, treu deinem Befehle? Wohin diese Zunge, die süss-beredte, dieses Herz und der Geist, der klare, stete? Warum bliebst allein du von dem, was gewesen? Weshalb hast du im Buch solches Schicksal gelesen? Überheblich nie gegen das Schicksal sei, denn es bringt mehr Gift mit sich als Arzenei. Einen Sohn wolltest du, der dich stützt, dem du traust durch den Sohn kamst dem Unheil du in die Faust. Der Sohn ist’s, der Königen Stärke verleiht, ohne Makel bestehn sie die Mühen der Zeit. Doch des Grosskönigs Glanz und Stärke zerrann, als der Wuchs seines Sohns an Geradheit gewann. Wer auch immer Chosraus Geschichte vernimmt, der fühlt sich nicht mehr überheblich gestimmt. Ganz Îrân kannst zu den Wüsten du zählen, zu der Panter Behausung und Löwenhöhlen. Das Haupt des Îrâniergeschlechts war der Schah, wie Krone und Thron seinesgleichen nicht sah. Das Geschlecht ist dahin und so auch das Land, ihrer Feinde Wunsch bekam Oberhand. Keiner hatte ein Heer je mit mehr der Soldaten, als die zu ihm kommend um Hilfe baten. Von dem mächtigen Hüter kommt Kümmernis, denn jetzt tritt der Wolf in den Mauerriss. Zu Šȇrôj sagen sie ›Schah‹ ohne Scham, dies war würdig des, der den Thron einnahm. Dein Heer es hält auch keineswegs stand,
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ist erst von vier Seiten der Krieg entbrannt. Magst du Schutz vom hohen Richter empfangen und das Haupt deiner Feinde nach abwärts hangen! Bei Gott und bei deinem Ruhm, Schahrǝjâr, beim seligen Lenz und bei Mihr und Neujahr, immerdar sei von mir, sollte je meine Hand noch die Laute schlagen, der Segen verbannt! Ich verbrenne auch all meine Instrumente, dass ich nie den Feind mehr erschauen könnte.« Die vier Finger, die er vom Leib sich schnitt, nahm abgetrennt in der Faust er mit; ein Feuer entfacht’ er, als heim er kehrte, das alle Musikinstrumente verzehrte.
Die Grossen verlangen von Šȇrôj die Tötung Chosraus, und er findet den Tod durch die Hand des Mihr Hurmuzd Wer immer um diesen König war, bebte Tag und Nacht ob der Lebensgefahr, denn Šȇrôj war angstvoll und roh von Art, dass der Thron unter ihm zur Falle ward. Es wusste, wer Menschen zu deuten verstand, seiner Grösse Zeit sei nicht von Bestand. Es kam jeder, der etwas Böses gemacht, der Verwirrung in diese Sachen gebracht, herbei zum Hofe vor Qubâd, indem jeder der Untat Erwähnung tat: »Wir sagten’s schon einmal, jetzt neuerlich: noch andres als dies formt dein Schädel sich. Zwei Könige sitzen auf einem Thron, einer droben, der andre niedrer davon; wollen Vater und Sohn sich dann besser vertragen, wird den Untertanen der Kopf abgeschlagen. Dieser Sache stimmen wir keineswegs zu, drum lass uns mit ihr künftighin in Ruh.« Šȇrôj hatte Angst und fuhr fort, sich zu bangen,
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denn er sah sich in ihren Krallen gefangen. Also gab er Antwort: »Den Leun in die Falle bringen Leute nur, die verwerflich für alle. Ihr aber müsst euch nach Hause begeben, um dort die Beratung anzuheben, und sucht nach, wer hier auf der Erde lebt, der heimlich uns dieser Sorge enthebt.« Um ihn heimlich zu beseitigen, suchte nach einem Mörder der Schah, der verruchte. Keiner fand sich, der sich dessen vermass und solchen Anteil an Mut besass, um das Blut eines solchen Schahs zu versprengen, solche Bergeslast auf den Hals sich zu hängen. Der böse Schah forschte nach allen Seiten, bis man sah einen Mann des Weges schreiten, beide Wangen fahl, blaues Augengefunkel, dürr der Leib, vollbehaart, und die Lippe dunkel, die Füsse voll Schmutz und hungrig der Magen; entblösst wird der Kopf vom Verbrecher getragen. Seinen Namen zu nennen wusste keiner, weder ein Vornehmer noch ein Gemeiner. Dieser Kerl suchte Zâd ǝ Farruch auf; nie komm er ins Paradies hinauf! Der Schurke nahm von der Sachlage Kenntnis und erklärte sofort sein Einverständnis. Er sprach: »Das ist Arbeit, die mir behagt; mach mich satt und dies Wild wird von mir erjagt.« Jener sprach: »Nun geh, tu, was du vermagst, aber dass du zu keinem ein Wort davon sagst! Einen Beutel Dinare geb ich dir als Lohn und will dich halten wie meinen Sohn.« Der Mörder machte den Dolch parat, den scharfen und hellen und eilte zur Tat. Als der Bösewicht eintrat, sah er den Schah mit einem Diener im Throngemach. Chosrau, der ihn sah, befiel Zittern und Bangen,
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aus den Wimpern träufelte Nass auf die Wangen; (denn sein ahnendes Herz gab ihm das Zeugnis, es steht ihm bevor ein schweres Ereignis;) er sprach: »Du Scheusal, wie lässt du dich nennen? Deine Mutter hat wirklich Anlass zum Flennen.« »Mihr Hurmuzd«, sprach er, »werd ich genannt, ohne Freund und Genossen bin fremd ich im Land.« Also sprach Chosrau: »Die Hand bedroht eines Niedrig-Verruchten mich mit dem Tod. Einem menschlichen gleicht gar nicht sein Gesicht, seine Liebe erstrebt man auf Erden nicht.« Ein jüngrer Sklave wartet ihm auf; zu diesem sprach er: »Mein Lieber, lauf, bring mit Moschus und Ambra ein Wassergefäss und ein ganz reines Kleid, das wunschgemäss.« Wohl horchte der Bursch auf die Worte hin, doch erfasste er nicht den geheimen Sinn. Worauf der Bursch auf den Weg sich machte und dem Schah eine goldene Schale brachte mit Wasser und Handtuch und einem Kleid; Chosrau liess, es zu bringen, ihm fast keine Zeit. Als den Stab er sah, setzt mit Murmeln er ein, nicht war Zeit zu Reden und Wortmacherein. Wie der Schah das Kleid hatte angetan, hob mit Murmeln die Sündenbüssung er an; einen neuen Schleier zog er übers Haupt, um den nicht zu sehn, der das Leben ihm raubt. Mihr Hurmuzd kam, in der Hand den Dolch, die Zimmertüre versperrte der Strolch, rasch nahend zog er hinweg das Kleid und durchstiess dem Weltherrn das Eingeweid. Auf solche Art dreht sich die eilende Welt, die vor dir ihr Geheimnis verborgen hält. Wer sorglos-bedacht wie wer eitel-flüchtig, sieht in all ihrem Tun doch nichts als was nichtig. Ob du Trauer und Not hast, ob Gut und Geld,
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du verbleibst nicht auf der vergänglichen Welt, du musst Harmlosigkeit und Geradheit wählen, soll dir nicht das Lob der Gerechtigkeit fehlen. Als die Nachricht drang bis in den Bazar, dass solcherart Chosrau vernichtet war, kamen alle die Feinde zum Kerker gerückt, zum Palaste jener, die Trauer bedrückt. Fünfzehn Söhne hatte der Schahrǝjâr, ihm werte im Schloss, der in Banden war. Die Schuldlosen brachte im Kerker man um, als zuende nun ging sein Königtum. Als Šȇrôj es hörte, da weinte recht er und entsandte hernach gleich zwanzig Wächter, ihre Weiber und Kinder zu hüten nach dem Tode von jenem ermordeten Schah. Der Weltenherr wagte kein Wort zu sagen und hielt geheim jener Sorge Plagen. So verschwand jene Herrschaft und Heeresmacht, jene Grösse und Mannheit und Herrscherpracht, wie sie keinem der früheren Könige eigen noch von Edeln vordem man hörte bezeugen. Der Verständige spricht: »Ganz preislos war der, der vor dem Drachen gesichert wär. Die Welt nenn nur herzhaft ein Krokodil, das mit Zähnen zerkaut, was der Klaue verfiel.« Zu Ende ist nun Schah Parwîz’ Geschichte; Thron, Schätze und edles Heer ward zunichte. (Wer von der Welt was erhofft, der sucht auf dem Weidenstamme die Dattelfrucht. Was eilst du also dahin, verirrt, ob der Tag scheint, ob schwarze Nacht es wird? Gib mit dem, was von ihr du bekommst, dich zufrieden, sonst ist hier deinem Leben noch Schade beschieden. Erkenn, dass du selber ganz ohnmächtig seist, wenn sie manchmal sich auch dir hilfreich erweist. Unternehmungsgeist und Geradheit betreibe,
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dass nur Gutes dir in Gedanken verbleibe. Das Geld, das du hast, verschenk und verzehre, da sonst alles nur Schmerz sowie Kummer wäre. was kann’s Bessres als treue Freunde geben? Durch Freundestreue kommt Gutes ins Leben.)
Geschichte Šȇrôjs mit Šîrîn, der Frau des Chosrau Parwîz, und Tötung Šȇrôjs Mit Chosraus Geschick bin zum End’ ich gediehn, jetzt beginne ich über Šȇrôj und Šîrîn. Dreiundfünfzigmal wechselten Tag und Nacht, seit der hehre König ward umgebracht; da sandte Šȇrôj jemand zu Šîrîn: »Du verruchte geschickte Zauberin, bösartig verstehst du auf Trug dich und List, die in Îrân die ärgste Verbrecherin du bist. Durch Zauberkunst hieltst du den Schah behext, den Mond zauberst du herunter demnächst. Du Sünderin, zittre und komm zu mir! Nicht so sicher und froh im Palaste spazier.« Šîrîn war über die Botschaft empört, als den unverdienten Schimpf sie gehört; sie sprach: »Wer das Blut seines Vaters vergoss, sei glanzlos immer und würdelos! Auch von fern will nicht sehn ich den Bösewicht, bei Trauer nicht und zur Festzeit nicht.« Einen trostreichen Schreiber liess kommen sie, der ein Buch auch verfasst auf Pahlawî; mit ihm wurde ihr Testament aufgesetzt, vor ihm alle Kostbarkeiten geschätzt. Gift hatte im Kästchen sie stets vorrätig; aus der Stadt es zu holen, war also nicht nötig; sie hatte bei sich stets Gift genug; der Zypresse näht stets sie das Leichentuch. Sie sandte Šȇrôj zurück den Bescheid:
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»Kronetragender Schah voll Erhabenheit, was du sagtest, ist alles nur Wind und Laub; Herz und Seele des Bösewichts liege im Staub, der andres als bloss den Namen gekannt der Zauberei und erfreulich sie fand. War der Schah von solcherlei Art und Mass, dass sein Sinn durch Zauberkunst Frische besass, hätt eine Hexe im Frauengemach mit Augen gesehen das Antlitz des Schah. Wegen Herrlichkeit hat er mich gehalten; ohne morgens einen Zorn zu entfalten, hat zum Goldgemach er zu mir geschickt und mit meinem Anblick die Seele geschmückt. Vor Reden geniere dich, wie diese war, eine Lüge geziemt nicht dem Schahrǝjâr. Des gütigen Gottes gedenke, des reinen, und wiederhol’ solche Rede vor keinem.« Diese Antwort wurde Šȇrôj überbracht; ob der Schuldlosen wurde sein Grimm entfacht. Er sprach: »Dem Kommen kannst du nicht entgehn; Unverschämter als du ist jetzt niemand zu sehn. (Komm her und schau das Haupt unsrer Kron’; passt sie uns, erweise ihr Devotion.)« Als Šîrîn dies hörte, erfüllte sie Qual, sie wand sich und ihre Wange ward fahl. Also gab sie zur Antwort: »Ich komme bloss zu dir, wenn die Zahl der Anwesenden gross, es seien bei dir gelehrte Männer, erfahrene, vielbelesene Kenner.« Da sandte Šȇrôj um fünfzig, die waren voller Wissenschaft und gealtert an Jahren. Zu Šîrîn sandte er wieder mit Verdruss: »Mach dich auf, komm zu mir und damit Schluss.« Als Šîrîn dies vernahm, begab sich die Frau zum Schah, gekleidet in Schwarz und in Blau; sie ging zum »Rosenstrauch der Froh’n«,
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zu der Adligen Gesprächspavillon, wo sie hinter dem Vorhang des Padischas, als wär eine ehrsame Brave sie, sass. Der Schah schickte ihr einen Boten hinüber: »Von der Trauer Chosraus sind zwei Monde vorüber, jetzt sei meine Gattin, auf dass du geniesst und dass du von Botmässigkeit nichts mehr siehst. Ich will dich so wie mein Vater halten und alles noch schöner und hehrer gestalten.« Zu ihm sprach Šîrîn: »Erst musst du mir geben, was mein Recht ist, und dann gehört dir mein Leben. Dann will ich nicht ruhn und mich niemals kehren von deinem Befehl und Wunsch und Begehren.« Šȇrôj stimmte zu, dass die Schönheitsvolle ihm das berichte, was sie wolle, und die Fürstin rief aus dem Frauengemach: »Sei siegreich und froh, erhabener Schah! Du sprachst, dass ich Hexe und Zauberin und von Feinheit und Wahrheit ganz ferne bin.« Zu ihr sprach Šȇrôj: »Ich sprach wirklich das, doch in Edlen erregt Übereilung nicht Hass.« Šîrîn sprach so zu den Freien und Hohen, die da waren im »Rosenstrauch der Frohen«: »Was habt ihr an mir bemerkt vom Bösen, an Unvernunft, Täuschung und finsterem Wesen? Königsfrau Îrâns war ich manches Jahr, wobei ich den Tapferen Stütze war. Ich habe stets nur nach Wahrheit getrachtet und jede Lüge und Täuschung verachtet; vielen durch mein Wort eine Stadt verschafft’ ich und sie wurden der Welt jeder Weise teilhaftig; in mir sähe, wer gründlich zuschauen würde, Îrâns Schutz und Schutz der Krone und Zierde. Es rede ein Jeder, der sieht und vernimmt; meine Antwort mach alles klar und bestimmt.« Vor dem König die Grossen wiesen ihn
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auf den Weg der Güte betreffs Šîrîn: »Wie sie trifft keine auf Erden sich, nicht im Geheimen noch öffentlich.« Also sprach Šîrîn: »Ihr edlen Männer, welterfahrne und vielgeschulte Kenner, drei Tugenden seien einer Frau zu eigen, will sie als Zierde des Throns sich zeigen: erstens sei sie züchtig und habe Schätze, dass dem Gatten das Haus sie in guten Stand setze; zweitens muss einen glückhaften Sohn sie gebären und noch über des Gatten Glück seines mehren; drittens: Wuchs und Gesicht seien wunderbar und es genüge für ihre Bekleidung ihr Haar. Damals, als mich Chosrau zur Gattin erlesen, wurde durch die Ehe erneut mein Wesen; als gezwungen und mutlos er kam von Byzanz, war sein Sitz nicht innerhalb dieses Lands; später ist er zu jener Machtfülle gekommen, wie sie keiner auf Erden gesehn noch vernommen. Über vier Söhne, die ich ihm gebar, war äusserst erfreut der Schahrǝjâr, nämlich Nastûr und Schahrjâr und Firôd und Mardânšah, der droben im Blauen loht. Seit Ǧam und Firȇdûn gab’s nicht ihnen gleiche; ich sei zungenlos, wenn vom Wahren ich weiche. (Alle vier sind nunmehr im Grabe diese und schritten zum seligen Paradiese.)« Sie sprach’s und den Schleier zog sie vom Gesicht, vor dem mächtigen Haar wie des Mondes Licht: »Zu drittens: dies ist mein Gesicht ungeschminkt; seine Macht zeige mir, wem Trug es dünkt. Aus Züchtigkeit hielt ich mein Haar versteckt, sodass es auf Erden kein Blick noch entdeckt. Jetzt zeige ich dir all dies Hexenwesen, nicht aus List und Trug und aus Hang zum Bösen.« Keiner hatte ihr Haar je zu sehen bekommen
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noch auch von den Grossen darüber vernommen. Ihr Anblick verblüffte vollkommen die Alten; ihre Lippen konnten den Speichel nicht halten. Šȇrôj sah die Wangen der Šîrîn, da verliess die innerste Denkkraft ihn. (Ihr Antlitz verwirrte ihn solcherart, dass zu ihr sein Herz voll von Liebe ward) Er sprach zu ihr: »Ich brauche nur dich; hab ich dich zur Frau, habe Îrân ich. (Dein Wille ist immer verbindlich mir, auf das Auge mal’ ich die Ehe mit dir.)« Ihm gab Antwort die Frau mit den schönen Wangen: »Nach dem Schah von Îrân trag ich wohl Verlangen; Doch musst du zwei Wünschen Erfüllung gewähren: Es müsse das Königtum bei dir währen.« Šȇrôj sprach zu ihr: »Mein Leben ist dein! Was als zweites du wünschst, recht soll’s mir sein.« Šîrîn sprach zu ihm: »Jede Kostbarkeit, die für mich hier im Lande lag bereit, überträgst du mir gänzlich jeglicher Art, alles in dieser namhaften Gegenwart, und bestätigst im Brief mir mit eigener Schrift, dass kein materieller Schade mich trifft.« Rasch vollführte Šȇrôj, was sie ihn hiess. Als die Frau ihren Wunsch erfüllt sah, verliess sie den »Rosenstrauch der Frohen« samt allen den grossen und edelfreien Vasallen, ging nach Hause und machte die Sklaven zu Freien, um mit jenen Schätzen sie dann zu erfreuen. Was sie sonst noch besass, gab an Arme sie her, den, der ihr verwandt war, bedachte sie mehr. Sie verteilte auch viel an die Feuerpaläste und die Orte zum Neujahr- und Sade-Feste, ferner an die wüstgelegten Quartiere, Herbergen, die Ruheplatz wilder Tiere. Sie gab es zu Weltherrn Chosraus Gedenken,
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seinem Geiste durch Wohltaten Freude zu schenken. Sie ging in den Garten, entschleierte sich und setzte auf die Erde sich demütiglich. Sie rief alle Diener zusammen und hiess sie die Plätze einnehmen, die gütig sie wies, und dann sprach sie, dass laut ihre Stimme erscholl: »Wer immer von euch ist der Ehre voll, ihr alle schenkt meinen Worten Gehör, denn keiner sieht mich im Leben mehr. (Fürchtet den rechtheischenden Richter der Welt, der Gestirne und Sonne und Mond erhellt.) Sagt immer nur, was der Wahrheit entspricht; von Gebildeten kommt eine Täuschung nicht. Denn seit ich zu Chosrau gekommen, dem Schah, und neu war im goldenen Frauengemach, Haupt der Frauen war und des Königs Zier – welch Verschulden ward seither sichtbar bei mir? Man braucht kein schmeichlerisch Wort mir zu sagen – was würd’s bei verschlagenem Weib auch verschlagen?« Da ergaben sich alle vom Sitze in Eile, bedacht auf die Antwort, die man ihr erteile. »Du der Königsfrauen oberste Spitze, beredt und gebildet, mit Geist und Witze, bei Gott, dich hat keiner zu sehn je bekommen noch im Fraungemach je deine Stimme vernommen, und seit des Königes Hôšang Zeit thronte keine wie du in Erhabenheit.« Die Diener und Knechte und Mägde all, herzwaches, ehrgeiziges Dienstpersonal, riefen laut: »Erhabne Gebieterin, in Byzanz und Ṭirâz gepriesen und in Čîn, wer wagt es, dir Böses nachzusagen, weil man dich gesehen, dir nachzutragen?« Also sprach Šîrîn: »Jener Bösewicht, von dem tadelnd der hohe Himmelskreis spricht, hat den Vater getötet, um König zu werden;
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mög sein Auge nie mehr das Glück schaun auf Erden! Hat er wohl vor den Tod eine Mauer gesetzt, dass den Tod des Vaters so niedrig er schätzt? Eine Botschaft hat er mir zugesandt, die verdüsterte meinen hellen Verstand. Darauf sagte ich: mein ganzes Leben ging nach des Weltschöpfers Gnade mein Streben; meine Laufbahn hab ich ihm deutlich gemacht, doch mein Todfeind hat mich in viel Leiden gebracht; bei den Häuptern des Volks, bin ich erst gestorben, wird durch seine Zunge mein Ruf wohl verdorben. (Jeder von euch, der mein Sklave war, ist jetzt frei und ist meiner Dienstbarkeit bar.«) Indem diese Rede sie weinen liess, kochten alle vom Schmerze wegen Parwîz. Berichterstatter kamen zum Schah und vermeldeten, was die Schuldlose sprach; da fragte Šȇrôj: »Diese Gute und Werte, was war das zweite, wonach sie begehrte?« Da sandte Šîrîn zu Šȇrôj hinüber: »Es bleibt nur ein einziger Wunsch mir über: lass mir öffnen die Tür zu des Königs Grabe, da ich ihn zu sehn das Bedürfnis habe.« Da sagte Šȇrôj: »Ja, so ist es recht; diesen König zu sehen hat sie ein Recht.« Als der Wächter die Grabmalstür aufgetan, hob die Reine die Totenklage an; sie ging, ihr Gesicht legt’ sie auf sein Gesichte und gedachte ihrer vergangnen Geschichte; zugleich schluckte das tödliche Gift sie hinab, das dem Leben Šîrîns das Ende gab, Sie sass verschleiert beim König und trug am Leib ein Gewand mit Kampfer Geruch, sie starb, den Rücken gelehnt an die Mauer, sie starb und nahm mit sich verehrende Trauer. Als Šȇrôj es hörte, wurde er krank;
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ihr Anblick machte ihn furchtsam und bang. Ein zweites Grabdenkmal befahl er, zudem aus Moschus und Kampfer ihr ein Diadem, worauf die Türe des Grabmals verschloss der König und nicht lange Zeit verfloss, dass man auch Šȇrôj mit Gift vergab, da’s auf der Welt genug Könige gab. Unselig kam er und ging er. Den Thron der Könige übertrug er dem Sohn. Mancher sitzt sieben Monate auf seinem Throne und am achten trägt er die Kampferkrone. Keinen höheren Wert als den Thron kann es geben und kein böseres Übel als kurzes Leben. Schah Ardašîrs Herrschaft muss nun ich berichten, das gehört zu den unausweichlichen Pflichten.
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XLV Regierung des Ardašîr, Sohn des Šȇrôj Sie währte sechs Monate.
Thronbesteigung des Ardašîr, Sohn des Šȇrôj, und Weisungen an die Beamten
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Als Schah Ardašîr mit Königsgewalt auf dem Throne sass, nahten Jung und Alt und viele Berühmte, schon Unmoderne, die hörten, was da gesagt wurde, gerne. (Es sassen die Edlen hier und dort zu allen Seiten ihm immerfort.) Seine Rede begann nunmehr Ardašîr, der Jüngling also: »Welterfahrene ihr, wer immer den Königsthron will besteigen, muss beredt sein und Gott Verehrung bezeugen. Nach den Bräuchen der Früheren wollen wir leben und den Glanz der Religion anstreben. Gottes eingedenk seien wir früh und spat und Gerechtigkeit all unser Tun, unsre Tat. Die Vornehmen machen wir allen Wert und, die uns dienen, berühmt und geehrt. (Nȏšînrawâns Brauch will ich erneuen; es soll der Edelen Geist sich freuen. Die Bösen lasse ich nicht in Ruh’ und ziehe allezeit Mȏbads zu. Ich will Sicherheit über die Welt erstrecken; der Brauch des Ahrîman muss sich verstecken. Dem Heer geb’ nach Mass ich Rang und Titel und zu allem Tun die gehörigen Mittel.
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XLV Regierung des Ardašîr, Sohn des Šȇrôj
Mit Dinaren stelle ich sie zufrieden und jegliches Misstrau’n wird so vermieden. Wer in uns Hoffnungen setzt, dass er’s sage, wir täten das Uns’re am richtigen Tage. Wer vom Heere unsern Befehl verletzt, Vertrag und Verpflichtung beiseite setzt, hat nichts zu erwarten als den Tod, die gebührende Strafe, die ihm droht,) Das Heer übergeb ich Pêrôz-i Chosrau, der gerechtigkeitsfroh ist und königsfroh. Solang solchen Helden Îrân behält, bleibt ihr frohen Herzens und geisterhellt.« Durch sein Wort ward die Unruhe vieler gestillt und vieler Sehnsucht nach Ruhe erfüllt.
Gurâz wird mit der Regierung Ardašîrs unzufrieden und auf sein Betreiben wird Ardašîr von Fêrôz-i Chosrau getötet
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Als die Nachricht sodann zu Gûraz gelangte, vor welchem Chosrau in Sorgen bangte, sandte er aus Byzanz einen Mann mit der Kunde: »Der Thron des unseligen Šȇrôj ging zugrunde. Seine Seele umfasse die Hölle stet! Seines Grabmals Spitze sei umgedreht! Aug’ und Herz der Zeiten – wie Chosrau war, werden nie sie mehr schau’n einen Schahrǝjâr. (Durch ihn hab ich diese Höhe erklommen) und bin zur Botmässigkeit wieder gekommen. Wer dachte, die hohe Zypresse im Garten habe Schädigung vom Grase zu erwarten, das Schicksal werfe ihn vom Throne herab, plötzlich wende das Glück sein Gesicht von ihm ab, der sich drehende Kreis beginn, ihn zu hassen und sein Los in der Erde verschwinden zu lassen, ihm entrissen die Herrschaft Sonne und Mond und nähmen, worauf solches Königtum thront?
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Doch als Šȇrôj er das Königtum gab, drückte er ganz Îrân in die Nied’rung hinab. Ich erhielt keine Kunde von Schah Parwîz, der durch Böser Reden das Leben liess. Als er schied und die Herrschaft kam an Ardašîr, sind auch Alt und Jung nicht zufrieden mit ihr. So einen will ich nicht als König verehren, und sollten wir lang auch des Königs entbehren, denn im Schädel steckt ihm viel Gewalttätigkeit und sein Sinn ist mit dem des Heeres entzweit. Und müsst ihr von Îrân auch Mühn überstehn, ich lass nicht den Wind des Lands ihn umwehn. Nun zieh ich mit schwerem Heere heran, die Führer erlesen in Rûm und Îrân, ich will sehn, wem, der hier zur Herrschaft käm’, derartige Meinungen wären genehm. Seine Wurzel reisse ich so aus dem Grund, dass künftig vom Reiche kein Wort mehr wird kund.« Einen Eilboten sandte er schnellstens auf Reisen zu des Heeres von Îrân erfahrenen Greisen. Einen zweiten bösartigen Plan betrieb er, einen Brief an Pêrôz-i Chosrau schrieb er: »Der Königsthron ist ins Dunkel gefallen; ein Ehrgeiziger muss sich den Gürtel schnallen. Du kannst vielleicht eine List ausführen und aller Art Ideen aufspüren; mach Alt und Jung viele zu Freunden dir und befreie die Welt von Ardašîr. Dann kannst du ans Ziel deiner Wünsche gelangen und Freude und Sicherheit ruhig empfangen. Doch verrätst du diese geheime Sache, so gibst du dein Blut dem Schwerte der Rache. Ich bring aus Byzanz solche Heeresmassen, dass die Welt deinem Auge sie schwarz erscheinen lassen. Du musst tief und scharf meine Worte betrachten
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und darfst meine Sache gering nicht achten. (Fern sei’s, dass dir unnütz der Untergang werde; geh vom Throne der Grösse nicht unter die Erde! Die Reue bringt dir dann wenig Profit, wenn mein Schwert deinen Kopf mäht mit rächendem Schnitt).« Als Pêrôz-i Chosrau dies Schreiben sah, sah er reine Eigensucht dort und da, (worauf er gar vieles darüber erwog und mit alten Granden des Rates pflog: »Diese Sache kam plötzlich jetzt über mich; was geheim war, wird sicherlich öffentlich.« Von den Greisen kam ihm solcher Bescheid: »Oh berühmter Fürst voller Tüchtigkeit, sollte dieser Schah hier zugrunde gehen, dann ziemt dies auch uns ob diesem Vergehen. Tu so Böses nicht, wie Gurâz zu dir sprach, trachte Mitteln zu guten Handlungen nach. Schreib den Antwortbrief, der für ihn sich gehört, und mach, dass sein Haupt aus dem Traume auffährt. Sag ihm drin: ›Zerstöre nicht Gottes Plan! Gib dem Dȇw in dein Herz nicht freie Bahn! Erwäge die Tat des Schahs Parwîz, die unwürdige Tat, die ins Unglück ihn stiess. Wenn du ihn herunterstürztest vom Thron, wär das Glück des Stammes Sâsân entflohn. Als Šȇrôj den Sitz auf dem Königsthron fand, um die Königsmitte den Gürtel band, war sein ganzer Wunsch des Parwîz’ Leben, denn zu jeglichem Tun war heftig sein Streben; Die Welt wurde anders, als sie war, doch war solche Änderung des Vorteils bar. Auf die Welt wirkte also der Unverstand, dass auf einmal aus ihr alles Gute verschwand. Und da nun Ardašîr an Stelle Qubâds auf dem Königsthrone einnahm den Platz,
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zeugte seine Würde Zufriedenheit und mit seinem Glanz prunkten Raum und Zeit. Was soll’s, dass diese so ruhige Welt vor Schmerz und Hass Empörung befällt? Pocht nicht an die Tore des Bösen! Kein Heil wird durch Mord eines schuldlosen Königs zuteil. Dies schnell sich drehnde Gewölb soll mitnichten wegen solcher Rache ganz Îrân vernichten. Ich fürchte, dass dann vom Herrgott, dem hohen, noch ärgere Zeiten als diese ihm drohen.‹« Als Pêrôz vernahm, wohin der Rat lief, verfasste er einen nutzvollen Brief an Gurâz, den Schlechten aus schlechtem Kern – möge die Welt entbehren solch eines Herrn! Als Gurâz von den Worten Kunde bekam, war’s, als ob man sein Herz in die Zange nahm. Über Fêrôz-i Chosrau war er höchst entrüstet; aller Art Gepäck ward vom Feldherrn gerüstet; er befahl seinem Heere, hinauszuziehn allesamt aus der Stadt auf die Ebene hin. Als Fêrôz davon verständigt war, entsandte er raschest ein Eildromedar zu Tuchâr und rief ihn zu sich und viele der Worte machte er zu diesem Ziele. Als er Mitteilung ihm von Gurâz’ Sache machte und den Krieg, den er gegen die Krone entfachte, kam von Pêrôz-i Chosrau zu Tuchâr die folgende Antwort: »Nimmerdar trachte dem Blute der Grossen Îrâns du nach; leih Gehör nichts von dem, was Gurâz zu dir sprach. Hast du solchen Brief an ihn erst geschrieben, kommt er wohl nur zu dir von Kriegslust getrieben.« Als Fêrôz-i Chosrau den Brief gelesen, liess sein Herz nicht ab von den Gedanken des Bösen.) P 47 Sein helles Herz wurde schwarz davon, dass er Übles tue dem Königssohn.
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Ardašîr berief ihn oft zum Berichte, denn er war ein guter Redner und kannte Geschichte. An Wesirsstelle hatt’ er für ihn geschaltet und ihm ausserdem die Finanzen verwaltet. Kam in finsterer Nacht er, so fand er Empfang und freundliche Worte und Wein und Gesang. Es sass Ardašîr nun in seiner Halle, viele Alte und Junge geschart um ihn alle. Da kam Pêrôz-i Chosrau zu ihm und man glaubte, übern Himmel ragt’ er mit seinem Haupte. Er befahl: »Man lasse die Lauten erklingen«, und die Halle ward voll von Spielen und Singen. Die finstere Mitternacht brach schon herein und auf einen Zug trank der Feldherr den Wein. Berauscht war Schah Ardašîr Freundezunft, kein Musiker auch blieb bei klarer Vernunft. Vom Feinde wurden die Freunde vertrieben, nur der Schah und Pêrôz-i Chosrau verblieben. Der Verbrecher, der in das Zimmer sprang, umklammert dem Schah die Kehle so lang, bis dass Ardašîr ward vom Tode erfasst; ganz voll Schwertern und Pfeilen ward der Palast. Alle waren von Pêrôz-i Chosraus Partei, ob erst ehrgeizig einer, ob Held er schon sei. (Er regierte der Monate zwei plus vier; so schied aus dem Leben Schah Ardašîr.) Eine Post sandte er, die eilig lief, an Gurâz und ausserdem einen Brief. Wie die Sonne sein düsteres Antlitz lohte, als bei ihm eintraf besagter Bote. So viel Truppen führte er aus jenem Land, dass nicht Emse noch Mücke den Weg mehr fand. 61 lohte: entflammte, errötete 62.2 Emse: Ameise
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Wie der Wind nach Ṭîsǝfûn eilte er; zum Schlagen bereit war sein ganzes Heer. (Als er Îrâns Heer führte auf diesen Wegen, zogen dorthin ihm die Grossen entgegen.) Keiner wagte zu atmen von diesem Heere, im Land selbst gab es der Menschen nicht mehre.
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(Gurâz kam nun herein in die Stadt; er beliess nicht Wesir noch auch einen Rat. Er erwählte sich einen einsamen Ort, mit ihm sassen heimlich die Grossen dort. Fêrôz-i Chosrau hob also an und sprach: »Oh du ruhmvoller Pahlawân, wen erwähltest du für die Königswürde, der die Krone der Grösse zieren würde?« Drauf erwiderte Held Gurâz: »Ihr sollt morgen – denn wir halten vor Îrân gar nichts verborgen – einen neuen Schah erblicken, der thront nicht anders als wie der neue Mond. Durch Wissen gelangt der Mann zu Ehren; von Unbildung soll man sich möglichst kehren. Vernunft verleiht immer Beredsamkeit; ist Vernunft da, so wird man vom Bösen befreit. Am tüchtigsten ist ein vernünftiger Geist, da den Weltlauf und Wege zu Gott er dir weist. Auf Handlungen, die keinen Schmuck verleihn, lässt man am besten sich nicht viel ein, da unnütz sonst sein Ansehn vernichtet, wer schon viel Hervorragendes hat verrichtet. Wenn Vernunft aus dem Kopf, Scham vom Auge verschwand, wird Kälte gleich Wärme und Ruhm gleich Schand; vor solchem Menschen wird keiner beben,
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er mag nun schon tot sein oder noch leben. Mach das Gute womöglich zu deinem Gewerbe, denn die Welt ist keinem ein ewiges Erbe. Dein Brauch sei immerdar Menschlichkeit 0/15 und Wahrheit und Mut Religion allezeit.) Als die Kaikrone setzte aufs Haupt Farâjîn, 1 sprach er manches, das ihm bemerkenswert schien; er sprach: »Einen König hast nun du gemacht; du sitzt auf dem Throne in froher Pracht; besser als sechzig Jahre in Knechtschaft sich placken, erhöht die Mühe, gesenkt der Nacken. (Nun sitzen wir Jahre in Königspracht, aus Brokat jedes Kleid und aus Seiden gemacht.) Nach mir sitzt der Sohn hier auf diesem Throne und setzt sich aufs Haupt die Chosrau-Krone. (Nach der Art des Vaters im Königtum erhebt er das Haupt und berührt den Ruhm; wem es wird uns zufriedenzustellen gelingen, der wird auch beim Volke Erfolg erringen. Zur Festzeit trinken wir froh bei Gelagen, indes wir zur Kriegszeit die Feinde erjagen.)« Im Geheimen sprach zu ihm der ältere Sohn: 5 »Jetzt besitzt auf der Welt du Krone und Thron. Sei vertrauensselig nicht, nein, auf Schätze bedacht! Du wardst Weltherr; sei gründlich dein Werk denn vollbracht! Taucht einer vom Königsgeschlechte auf, verbleibst du ja hier nicht lange darauf. (Von der Herrschaft verbleibt dir nur Kummer und Qual, du wirst hilflos und trist sein, dein Antlitz fahl.)« Hernach sprach also der jüngere Sohn: »Jetzt besitzt auf der Welt du Krone und Thron, des Königtums würdig sind Schätze und Heer; hast du Schätze, so bleibt keine Sorge dir mehr. Firȇdûn, dessen Vater Âbǝtîn war, – 10 er trug vor ihm die Krone als Schahrǝjâr –
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drei glücklichen Söhnen gab er die Welt, denn durch Rechttun war er zufriedengestellt, Halt die Welt beständig durch Mannheit und Geld, keiner kam als geborener König zur Welt. P (Steht Befehlsmacht mir zu und Krone und Thron, so ist stolz darauf jede Glücksperson; es strahlt mein Glück sodann hocherhoben und hebt meinen Thron über den Kȇwân droben.)« Erspriesslicher schien ihm ein derartig Wort; zum Älteren sprach er: »Die Rohheit lass fort.« Den Musterer setzte er in den Dîwân, das Heer Mann für Mann rief zum Hof er heran. Bei Tag und bei Nacht Dinare-Ausspender, verteilte er Unwürdigen Ehrengewänder. In zwei Wochen blieb von Ardašîrs Schatz nicht der Wert einer Pfeilfeder mehr am Platz. Ging er in den Garten zu Weingelagen, wurden nichts als Leuchten aus Ambra getragen, achtzig vorn und achtzig hinten gereiht hinter Kerzen der Freunde, die hilfsbereit. Von Gold und von Silber die Tassen und Krüge, die goldnen mit Edelstein-Eingefüge. So zechte die ganze Nacht man dahin; die Grossen waren voll Hass gegen ihn. In finsterer Nacht kreiste er lebendig zwischen Gärten und dem Spielplatz beständig. Kein Freund war ihm in Îrân mehr geblieben, sein Geschick war dem Unheil zugetrieben. C zusätzlich (Nur für Schlafen und Aufstehn, Gezech und Gelage brachte dieser wirrköpfige Mensch Interesse zu Tage; vom Weine trunken war er nicht zu erwecken, den Kopf hatte er im Seidentuch stecken; das Heer wurde über ihn ärgerlich, das Land war voll Schmerz und empörte sich.) Farâjîn verlor jedes edlere Streben,
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wurde ungerecht, karg und von knausrigem Leben. C (Seine Frevel brachten die Menschen herunter und sie hoben zwei Hände zum Kopfe vor Wunder.) Die Augen vernäht’ er mit Gold und Geld, um Dinare war feil ihm die ganze Welt. Er vergoss unschuldiger Führer Blut, dies brachte das ganze Heer in Wut; er wurde beschimpft und wurde bedroht, alle Menschen forderten seinen Tod. Sie sammelten heimlich sich an einem Ort und vollzogen ihre Beratung dort. Von Šahrân Gurâz in der Hurmuzdnacht wurde Folgendes heimlich vorgebracht – erlesener Ritter war er aus Isṭachr, ein den Stolz der dortigen Granden Entfacher –, den Îrâniern sagt’ er: »Immer mehr fällt Farâjîn das Schicksal, ihr Edlen, schwer. Er nimmt die Granden immer ganz leicht; warum wurde Hirn auch und Herz so erweicht? Alle Augen sind seinetwegen tränennass und keinem wallt über das Herz vor Hass. C für 34 (Die Augen sind seinetwegen tränendurchnässt; trotz Herzblutens kein Arzt, der sich sehen lässt.) Nicht vom Stamme der Kaie noch auch des Sâsân – weshalb schnallt ihr vor ihm auch den Gürtel an? Er hat wohl das Herz aus der Brust euch gerissen oder schwand euer Mut in den Kümmernissen.« Also ward ihm Antwort von diesem Heere: »Da keiner mehr blieb, der thronwürdig wäre, und keiner des Hasses mehr will gedenken noch sein Herz diesen Schlechtentstammten schenken, stimmen wir deiner Ansicht vollkommen zu. Sag, wen kennst von aufrechten Leuten du? Denn vom Schah, diesem Hitzkopf, von Dȇwen beraten, ohne gute Worte und schöne Taten,
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wie sollen wir Îrâns Erde befrein? Bei ihm möge nimmerdar Segen sein!« Šahrân Gurâz erwiderte darauf: »Die Îrâniersache nimmt länglichen Lauf. Wenn ihr meine Pläne nicht böswillig stört und tut, was sich für Freie gehört, dann stürz ich durch Gottes Stärke, des hoh’n, hinab in den Staub ihn von seinem Thron.« Also gab ihm Antwort das Volk von Îrân: »Es möge dir nie etwas Schädliches nahn! Wir Truppen sind alle Freunde dir heut’ und sind deine Festung, wenn Unheil dir dräut.« Als dies hörte der chosrauverehrende Degen, suchte er den machtlosen Schah zu erlegen.
Farâjîn wird von Šahrân Gurâz getötet Es rüstet’ der Schah sich am nächsten Tage und verliess die Stadt, dass draussen er jage. Von Îrâniern war mit ihm ein Gefolg, wer gering war oder auch vornehm im Volk. Farâjîn spornte hinweg sein Pferd und eilte, wie Âḏar Gušasp dahinfährt. Den Schah umringten die Reitersleute, ins Jagdgebiet eilend von wegen der Beute. Als man dann zur Stadt zurück nahm den Lauf, passte Šahrân Gurâz ohne Bangen auf dem unseligen Schah, suchte erst einmal aus dem Köcher den Pfeil mit der Spitze von Stahl, trieb dann von der Stelle sein schwarzes Ross, indes ihn beobachtete der Tross; er hob seinen Bogen und zog ihn an, auf die Brust anlegend, aufs Haupt sodann; auf die Sehne wie spielend drückt er das Geschoss, als das Pfeilende beim Bogen war, liess er es los. Plötzlich kam ihm der Pfeil auf den Rücken gesaust und es fiel seine Peitsche ihm aus der Faust.
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Der Pfeil drang durchs Blut ganz bis zum Gefieder und die Spitze beim Nabel nach aussen wieder. (Der Schah sank häuptlings herunter vom Ross, indes durch den Schuss sich ein Blutstrom ergoss; er stöhnte tief auf, als er sich so wand in Elend und Qual auf dem finsteren Sand.) Das ganze Heer zog die Schwerter wild; schwarz erhob sich die Nacht aus dem staub’gen Gefild. Sie schleuderten Dolche bei mangelndem Licht die ganze Nacht und erkannten sich nicht. Sie nahmen dies wechselseitig entgegen, hier setzte es Fluch und dort wieder Segen. Als mit gelbem Brokat man die Welt sich sah schmücken, das Gebirg ward dadurch wie ein Panterrücken, waren viele vom Heere tot und voll Wunden und Reiter und Feldherr vom Zorn entzunden. Da ward das gewaltige Heer zersprengt, wie die Schafe, die plötzlich der Wolf bedrängt. Und lange Zeit blieben sie ohne Schah, da’s an einem Thronbewerber gebrach. Sie suchten der Königssöhne zwar viele, doch gab’s keinen, der ihnen als edel gefiele.
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XLVII Regierung der Pûrânducht Sie währte sechs Monate.
Thronbesteigung der Pûrânducht. Sie lässt Pêrôz-i Chosrau hinrichten. Ihr Ausgang
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Eine Tochter war da namens Pûrân, doch wo ein Weib Königin wird, bleibt das Staatsgefüg’ roh. (Vom Stamme Sâsâns war sie übrig geblieben; sie las Bücher viel, die von Königen schrieben.) Die Grossen setzten sie auf diesen Thron und streuten Juwelen in Devotion. Also sprach drauf Pûrânducht: »Ich zersprenge nicht gern in die Welt meines Volkes Menge. Den, der arm ist, will ich mit dem Schatze beteilen und reich machen, um seine Not so zu heilen. Es sei keiner auf der Welt mehr trist, weil sein Schmerz mir Gefährdungsursache ist. Vom Land will die Feinde ferne ich halten und will herrschen nach dem Brauche der Alten.« Sie suchte die Spur des Pêrôz-i Chosru; ein Mann brachte plötzlich Nachricht ihr zu. Als jene Mitteilung kam zu Pûrân, wählt’ aus dem Heer sie einen namhaften Mann. Dann brachten sie Pêrôz vor sie hin und sie sprach: »Du Schuft mit rachgierigem Sinn, jetzt sollst du das büssen, was du vollführt, wie sich’s für einen Nichtswürd’gen gebührt. Mit der Strafe sollst deine Tat du jetzt büssen; einen Blutstrom lass deinem Leib ich entfliessen.«
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Aus dem Stall liess sie holen ein junges Pferd, das den Sattel zu tragen man noch nicht gelehrt; auf dieses Pferd wurde wie ein Stein er gebunden, um den Hals wurde ihm ein Halfter gewunden. Dieses Füllen, das nie gesattelt ward früher, zog auf den Turnierplatz der Rachevollzieher. Auf den Platz schickte sie viele Reiter darauf; die Fangschnur wand man um den Sattelknauf, die sie, wie das Füllen in Schnelligkeit mit ihm lief, drauf warfen von Zeit zu Zeit; dann liess es sich immer zu Boden fallen; dem Füllen ward Beifall gespendet von allen. So ging’s fort, bis ihm schliesslich die Haut zersprang und das Blut ganz sacht aus dem Leib ihm drang, bis er endlich das Leben dahingab in Schmach. Was trachtest durch Unrecht dem Recht du nach? (Nur Schlechtes erhält zur Vergeltung das Schlechte, also muss man urteilen nach dem Rechte.) Diese Frau beherrschte in Liebe die Welt, kein Sturmwind wehte vom Himmelszelt. Sechs Monate ihres Werks waren um, da wurde ihr Lebenslauf plötzlich krumm. Eine Woche lang war sie krank und sie starb, nachdem sie den Namen der Guten erwarb. So ist es des Kreises Brauch, der sich dreht: Wir sind ganz ohne Macht, da die Macht bei ihm steht. (Du magst arm sein oder ein Mann von Dinaren, schwelgst im Überfluss du oder musst du sparen ob Erfüllung den Herzenswunsch dir erwidert oder ob die Begierde den Leib dir erniedert, ob du Geldmann bist oder Mann der Plage, weder Plage noch Geld währen unendliche Tage. Bist du hundert Jahr Schah oder tausend hier oder sechzig, dreissig, oder zehn oder vier, 21.2 Lebenslauf: Weltkreislauf
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kommt das Ende heran, so ist beides gleich, ob langjährig war oder kurz dein Reich. Deine Taten seien dein Freund, – und Schluss –, der überall dir beistehen muss. Die vergängliche Welt lass der Hand sich entwinden, um einen reicheren Wohnsitz zu finden. Zum Lernen musst du den Gürtel dir schnallen, durch Erkenntnis kannst du zum Himmel aufwallen.)
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XLVIII Regierung der Âzarmducht Sie währte vier Monate.
Thronbesteigung der Âzarmducht und ihr Tod
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Eine zweite Tochter, Âzarm genannt, war von Lust nach dem Throne der Grösse entbrannt. Sie kam, nahm auf dem Thron ihren Sitz und nahm diese gleitende Welt in Besitz. Vorerst sprach sie also: »Ihr klugen Männer, heldenhaft erfahr’ne, geschulte Kenner, Recht und Brauch stets zu üben sind wir beflissen, schliesslich wird uns allen ein Ziegel das Kissen. Wer sich in Freundschaft mir will zuneigen, dem will ich mich wie eine Mutter bezeigen. (Durch Dinare leit’ ich die Freundschaft ein, und wenn er sich vergeht, will ich nachsichtig sein.) Doch wer seine Pflicht gegen uns verletzt, über Brauch und Vernunft hinweg sich setzt, den Kopf schneid ich ab ihm und lass ihn pfählen, zu Arabern, Griechen und Dorfherrn ihn zählen.« (Die Grossen brachten ihr Ovation und bestreuten mit Edelsteinen den Thron. Über sie freute Îrân sich um die Wette, keiner blieb, der Misstrau’n gehegt noch hätte. Aus Byzanz und Hind und Čîn und Türkei kamen Ehrengeschenke und Beifallsgeschrei.) 4.2 ...ein Ziegel das Kissen: Brauch bei Grablegung, hier Metapher für das endliche Leben
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Vier Monate sass sie auf ihrem Thron, doch im fünften naht ihr das Unheil schon. (Von Âzarm wurde die Welt âzarmlich, die Sterne verlangten ihr Scheiden erbärmlich.) Sie schied und der Thron blieb des Herrschers bar so wie es der Wunsch der Feinde war. Dies war des sich drehenden Kreises Tat, der Hass gegen die eigenen Zöglinge hat. 9 âzarm: Ehrerbietung (nicht übersetzbares Wortspiel)
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XLIX Regierung des Farruchzâd Sie währte einen Monat.
Thronbesteigung des Farruchzâd und seine Ermordung durch einen Diener
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Aus Ǧahram berief Farruchzâd man herbei, damit auf dem Thron er der König sei. Als er den Thron bestiegen, pries er den gütigen Gott, der die Welt werden liess. »Ich bin«, sprach er, von »Grosskönigen entsprossen. Nur Sicherheit sei auf die Welt ergossen. Wer auf dieser Welt nach Schädigung trachtet, wird, wenn ich König bin, nie hoch geachtet, doch wer Geradheit im Herzen hegt, seinem Tun keinen Trug zugrunde legt, den will wie das eigene Leben ich ehren; den, der keinen versehrt, will ich nicht versehren. (Kam jemand unseretwegen in Pein, als Vergeltung der Pein will ich Schätze verleih’n. Wer von unsrer Partei ist, den halten wir wert, der Grösse wird allerorten geehrt. Ihr Untertanen seid vor uns gefeit, ob ihr Freund uns oder uns feindlich seid.)« Es huldigt das Heer ihm in Einhelligkeit: »Mögen nie ohne dich sein Raum und Zeit!« Als über dem Thron ein Monat verstrich, fanden Haupt und Glück schon im Staube sich.
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XLIX Regierung des Farruchzâd
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Wie die schlanke Zypresse hatt’ er einen Knaben, mit Schönheit und Zier und mit feinem Gehaben; Sijahčišm hiess dieser zuchtlose Wicht – einen zweiten wie ihn bring der Zeitenlauf nicht! Eine Magd war’s, an der das Herz ihm hing, die zufällig an ihm vorüberging. Er veranlasste, dass man der Magd bestelle: »Kommst du mit mir zusammen an der und der Stelle, soll’s dir an endlosen Schätzen von mir nicht fehlen, deine Krone verziere ich mit Juwelen.« Die Magd, die darauf keine Antwort erteilt, verständigte Farruchzâd unverweilt. Der Schah wurde zornig, als er es vernahm, dass vor Sorgen um Schlaf und Esslust er kam. Sijahčišm, den er fesseln liess, gab zum Aufenthalte er ein Verlies. Als dem Zuchtlosen einige Zeit war vergangen, seit der richtende Schah ihn hielt gefangen, befreite er ihn aus den schweren Banden, weil sich für ihn viele Fürsprecher fanden. Der Schah nahm ihn in den Dienst wieder auf und verkürzte dadurch seinen eignen Lebenslauf. (Dieser üble Kerl voll Verwegenheit sucht am Schah sich zu rächen Gelegenheit.) Er liess durch einige Zeit ihm noch Ruh’, dann mischte dem Weine Gift er hinzu. Jener trank ihn und lebt eine Woche noch drauf; wer es hörte, der liess seinen Tränen den Lauf. Auf die Füsse kam nun das ganze Reich, allseitig zeigten sich Feinde zugleich. (Es ward umgestürzt der Sasanierthron durch diese garstige Îrânieraktion.) 9 Knaben: Es ist beim Knaben (Diener, Sklaven) und bei der Magd (Sklavin) ganz unsicher, ob jener nicht feminini generis, diese masculini generis ist.
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Dies ist der Lauf des sich drehenden Geschicks; sichere dir einen tüchtigen Teil des Glücks; verzehr, was du hast, und denk nicht an morgen, denn dann hast du vielleicht schon ganz andere Sorgen. Dir nimmt es und gibt es dem andern zum Lohne, einem andern setzt auf es die Kaienkrone. Verzehr, was du hast; was zu viel ist, verteil, worum du dich geplagt, werd’ dem Feind nicht zuteil. Stirbst du einmal, ist das, was beiseit’ du gelegt, ja doch nichts als Wind, der das Feld überfegt. (Deinem Feinde fällt zu, was im Schatze dir liegt; schenk es her, damit dein Geist nicht noch Pein dadurch kriegt!)
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L Regierung des Jazdgird Sie währte sechzehn Jahre.
Die Thronbesteigung Jazdgirds und seine Weisungen an die Beamten
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Er starb und Schah wurde Jazdǝgird, im Monat Sipandârmuḏ am Tage Ird. Was ist’s, was der Weise gesprochen hat, der vom Rollen der Tage ward matt und satt? »Hätt’ die Mutter mich nicht geboren, so wäre über mir nicht die Drehung der hohen Sphäre. (Im engen Weltkreislauf zwei Kugeln inmitten – was sagen? Es wird nur schweigend gelitten.) Nicht Tage der Grösse, nicht Tage der Not 5 sind lange dauernd: es kommt der Tod. Das Leben gehört uns nicht, sieh nur gut zu; keinen Streit drum darüber, nimm’s hin in Ruh! Tisch’ auf das Mahl und kränz’ den Pokal; was sonst auf der Welt geschieht, sei dir egal. Wenn der drehende Kreis deinen Sattel auch trägt, unter den Kopf wird dir schliesslich ein Ziegel gelegt. (Du wirst König – und was ist das Schlussresultat? Der Beginn hat den Thron – was das Ende wohl hat?) Lass dein Herz nicht so viele Sorgen erfassen; auf den Himmel, den hoh’n, darfst du nicht dich verlassen. 1.2 im Monat Sipandârmuḏ am Tage Ird: Am 5. Tag des 12. Monats. 8.2 schliesslich ein Ziegel gelegt: Grabritual, vgl. FN S. 1241 C nach 8: – und was ist ... das Ende wohl hat: Statt čeh (= was?) lese man čah (die Grube, das Grab); dann hiesse der 2. Halbvers: »Am Anfang der Thron und am Schluss das Grab.«
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Elefant und Leu – wenn mit diesen er spielt, so wiss’, dass er damit gar nichts bezielt. Er bleibt immerfort, du verlierst dein Leben; dauert länger das Ding, nicht dich überheben! Du bist nicht mehr als Âfrȇdûn und bist kein Parwîz mit Krone und Thron. (Der Dȇw folgt nicht deinem wie Ǧamsȇds Befehle, nicht wie Kâwȏs erhebt sich zu Gott deine Seele.) Sieh scharf zu, was vollführten hoch erhoben mit Jezegerd sieben Kreise da droben.« Als er Platz nahm froh auf des Chosrau Throne und aufs Haupt sich setzte der Grösse Krone, sprach er: »Durch die sich drehende Sternenbahn bin ich echter Spross des Nȏšîrawân. Vater folgte auf Vater im Königtum sich, Sonne, Jungfrau und Fische sind für mich. (Jedem Vornehmen werde ich Grösse verleihn, der Geringere soll sicher vor Schädigung sein.) Ich suche nicht Höhe noch Wissenschaft, nicht Krieg, Ungestüm und männliche Kraft, denn keinem verbleibt sein Glück als Lohn noch Schatz, Diadem oder auch der Thron. Nur der Name bleibt ewig, der Wunsch verschwebt; werft fort jeden Wunsch, den Namen erhebt! Durch den Namen leben wir ewiglich, birgt der Leichnam auch schon im Grabe sich. (Gerechtigkeit, Glaube sind Wohltat dem Schah, seinem Namen ruft jede Zeit Segnungen nach. Solange sich lebend mein Leib erhält entreiss ich die Wurzel des Bösen der Welt.)« Die Grossen huldigten ihm voll und ganz und erkannten ihn laut an als König des Lands. So war’s, bis der Jahre zweimal acht über ihn gewechselt mit Tag und Nacht. (Er hielt die Welt unter Brauch und Gesetz und froh über ihn war Îrân stets.)
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Saʿd-i Waqqâṣ greift Îrân an, und Jazdgird sendet Rustam in den Kampf gegen ihn C
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(Doch da kam die stolze Arabermacht, deren Schwert den Tag verwandelt in Nacht; als ʿUmar Beherrscher der Gläubigen war – gepriesen sei Gott darob immerdar! –) ʿUmar sandte Saʿd-i Waqqâṣ mit dem Heere, damit Kriegsbeginn er vom Schah begehre. (Als Araberglück siegt’ ob Perserglück, wich Sasanierglück in das Dunkel zurück. Voll wurde das Mass weit beherrschender Könige, das Gold verschwand und man sah nur mehr Pfennige. Es wechselten Gut und Garstig die Stelle, statt zum Paradies sah man den Weg zur Hölle. Ganz anders sah an sich das Weltgetriebe, zu den Adelig-Freien verlor es die Liebe. Wie die Allmacht des Schöpfers es findet für Recht, so muss sein Werk hier verrichten der Knecht; keinen Widerstand gibt’s gegen böses Geschick; das Leben gibt er, er erfreut den Blick.) Als Jazdǝgird hievon bekam die Kunde, zog das Heer er zusammen allseits in der Runde; den Sohn des Hurmuzd liess mit dem Heer nach durchmessenem Wege erscheinen er, er war Rustam geheissen, war geisteserhellt, war klug und ein weit beherrschender Held, war einsichtsvoll, verstand Astrologie, indem beide Ohren den Mȏbads er lieh. (Als die Kunde erhielt der Pahlawân, kam er strahlenden Sinnes zum Schah heran, er küsste den Boden zu seinen Füssen und verweilte bei ihm nach ergebenen Grüssen. Der König war voll seines Preises: »Oh Held, 25 Saʿd-i Waqqâṣ: Saʿd ibn Waqqâṣ
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du Erbe der Könige dieser Welt, Elefantenleib hast du und Löwenkrallen, das Krokodil muss im Lauf vor dir fallen; packst du zur Kampfzeit das Schwert mit der Faust, kommt der Kopf der Stolzen heruntergesaust. Ich vernahm, dass ein zahlloses Araberheer, eines jeden Wange so schwarz wie der Teer, sich kriegslustig über das Grenzland ergoss, wenn auch ohne Geld und königslos. Ihr Feldherr, den man Saʿd-i Waqqâṣ heisst, strebt nach dem Thron mit ehrgeizigem Geist. Das Banner der Grösse und Heer und Geld vertrau ich dir an, oh wertester Held. Bring das Heer in Ordnung und rüste zum Streit und vermeide jedwede Säumigkeit. Bist von hier du fort, um zum Kampfe zu gehn, wenn die Fronten sich gegenüberstehn, nimm vor diesen Arabern selbst dich in acht, sei stets auf Nutzen und Schaden bedacht.« Zu ihm sprach Rustam: »Ich bin dein Knecht und stehe vor dir im Dienstbarkeitsrecht. Den Feinden des Schahs will das Haupt ich abschlagen, die ihm Bösgesinnten lass Fesseln ich tragen.« Er küsste den Boden und ging zum Tor; die ganze Nacht schwebten Gedanken ihm vor. Als die Sonne ihr Antlitz wies, das erhellt, ging Rustam im Laufe, der kriegsmutige Held.) Er nahm alle mit fort, die da vornehm waren, die Heldenhaften und Geistesklaren. Bis dreissig Monate um, suchten sie solcherart den Kampf in Qâdisî. Die Berechnung des Himmels war Rustam bekannt, der, gerecht und beliebt, sich auf Sterne verstand. »Dieser Kampf ist nicht ratsam«, so sprach er, »der Schahe Gewässer niemals fliesst in diesem Bache.«
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Mit dem Astrolab stellt’ er das Horoskop; so unheilvoll war’s, dass die Hände er hob. An den Bruder schrieb er einen Brief dann nachhaus, darin führte die ganze Sache er aus. Er begann ihn mit des Welt-Schöpfers Preise, durch den Glück und Unglück man sieht gleicherweise; ferner sagte er: »Wer das Weltallgetriebe erforscht, wird nunmehr misstrauisch-trübe: der sündigste Mensch auf der Welt bin ich, deshalb hält Ahrîman gefangen mich; denn dieses Haus ist vom Königtum leer, es gibt nicht des Sieges und Glanzes mehr; die Sonne erblickt von der vierten Sphäre, dass uns Unheil ereilt vom kriegrischen Heere; von Bahrâm und Zuhre wird uns Unheil erreichen, es will von dem hohen Kreise nicht weichen. Tîr und Kȇwân stehen in Opposition, ʿUṭârid im Sternbild der Zwillinge schon. So steht’s und ein grosses Ereignis hat statt, das Herz wird des eigenen Lebens jetzt satt. Die gesamte Zukunft seh ich voraus, doch wähl ich hierüber das Schweigen mir aus. (Denn das Geheimnis des Himmels verrät, dass uns nichts als Pein zu erwarten steht.) So weine ich traurig ob der Îrânier und bin trostlos gepeinigt ob der Sasanier. Weh’ Krone und Thron und Gerechtigkeit! Weh’ Grösse und Adel und Prächtigkeit! Von den Arabern naht der Zusammenbruch, nur zu Unheil verurteilt der Sterne Spruch. Es werden vierhundert Jahre vergehn und aus diesem Samen wird keiner erstehn. Ein Gesandter von ihnen ist zu mir gekommen, zum Volk hab ich aller Art Reden vernommen: 57-58: Die genannten Sterne sind: Bahrâm: Mars, Zuhre: Venus, Tîr und ʿUṭârid: Merkur, Kȇwân: Saturn.
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›Von Qâdisî bis zum Stromuferrand teilen mit dem Könige wir das Land; und andrerseits öffnen die Wege sie drüben zu einer Stadt, wo den Handel sie üben; dort pflegen wir Güterkauf und -verkauf und suchen sonst keinerlei Mehrung mehr auf. Wir entrichten Tribut und Steuern, die schweren, und lernen die Krone der Stolzen entbehren. Wir gehorchen des Königs der Könige Befehlen, und wenn er es wünscht, kann er Geiseln sich wählen.‹ So geht die Rede, doch soll’s nicht geschehen, nichts gibt’s als des krausen Weltkreislaufs Drehen. Durch ihn hört auch ein Krieg niemals auf, wo man hundert Löwen tötet im Lauf. Die Grossen, die mit mir sind in Fehden, bekümmern sich nicht um ihre Reden. Ein Ṭabarer Mîrȏj und Armanî, im Kampf haben Ahrîmans Normen sie, und Gulbôj der Sûrer und jene Granden, die schweren Keulen und Knittel in Handen, die mit ihnen sind, heben die Häupter hinan; weshalb sind sie in Îrân und Mâzandarân? Es mag Grenze und Weg, Gut und Böse sein, mit Keule und Schwert nehme man es ein. Willenskraft und Mut wollen wir anstrengen, die Welt ihnen verdüstern und verengen. Keiner kennt das Geheimnis vom Weltengetriebe, das uns anders behandelt jetzt in der Liebe. Hast den Brief du gelesen, sei klug; mit den Granden berate dich und sei einverstanden. Bring zusammen, was an Kleinodien vorhanden, an Sklaven, Hausteppichen und -gewanden und eile nach Âḏar Âbâdegân, dort trifft man die Grossen und Adligen an. 81.1/2 Wolff nimmt nišast als Versammlung, Sitzung. Pizzi übersetzt: pompose della pace.
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Und was immer du hast an Herden der Pferde, bring zum Schatzwart von Âḏar Gušasps Feuerherde. Von Zâbulistân und von Îrân das Heer, wer immer sich naht mit Schonungsbegehr, behalt’ und bekleide und schmücke mit Liebe und hab acht auf den Vorgang im Himmelsgetriebe, dem dadurch sind wir elend, dadurch froh und munter, bald geht es hinauf und bald wieder hinunter. Alles, was ich sagte, der Mutter bericht’; sie sieht niemals wieder mein Angesicht. Bestell ihr viel Grüsse von mir und berat’ sie gut, damit kein Unheil ihr naht. Wenn jemand von mir schlechte Nachricht dir gibt, so sei darüber nicht allzu betrübt. Denn wisse, dass auf der vergänglichen Welt keiner mühsam und arbeitsam spare das Geld. (Durch die Schätze der Welt wird die Pein nur gemehrt und ein anderer ist’s, der die Früchte verzehrt; Was soll all diese Mühe und diese Begierde? Als ob Mehrung Bedürfnisse mindern würde!) Wende dich zum Herrgott stets im Gebet und enthalt dich der Welt, die so schnell vergeht. Mein Leben, bedrängt, ist in grösster Gefahr; nicht sieht mich hernach mehr der Schahrǝjâr. Du mit allen von unserer Abstammung, sie seien nun alt oder seien jung, vor Gott sei von euch das Gebet vollbracht und fleht ihn auch an in finsterer Nacht. (Bemüht euch, bestrebt euch der Freigebigkeit, spart keinen Genuss auf für kommende Zeit.) Denn ich mit dem Heer bin in furchtbarer Lage, in Unheil und Kummer und Angst und Plage. Werd ich nicht zum Schlusse davon befreit – bleibe nur das süsse Land Îrân gefeit! Von dir sei, wird die Welt für den Schah beengt, nicht Schatz, Leib und Leben Beachtung geschenkt,
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denn von diesem Stamm, der so glorreich stets war, verblieb nichts als der hohe Schahrǝjâr. (Gib Obacht auf ihn bei Tag und bei Nacht, solang währt mein Kampf mit der Arabermacht.) lass keinerlei Trägheit in deine Bemühung; denn hier obliegt er allein der Erziehung, der Sasanier Erbe ist er ganz allein, nach ihm wird vom Stamm keiner sichtbar sein. Weh über die Krone und Rechttun und Liebe, dass vom Königsstamme so gar nichts verbliebe! Du sei siegreich und üb’ auf die Welt deine Macht, auf das Leben des Königs sei sorgsam bedacht! Steh schützend vor ihm, ist ihm Unheil beschert, und vertrau ihn an deinem kriegrischen Schwert! Wenn der Thron der Kanzel genübersteht, Abû Bakr und ʿUmar rühmt man stet. Unsre langen Bemühungen werden vergeblich und der Schah, der erhab’ne, wird unerheblich. Thron und Krone und Stadt siehst du als Ruinen und Glückskinder sind einzig die Beduinen. Wie Tage auf Tage sich folgen lang, ist langes Unglück vor Glück im Gang. Eine Schar von ihnen in schwarzem Kleide aufs Haupt setzen sie den Turban von Seide. Nicht Thron gibt’s, nicht Krone, nicht Schuhe von Gold, nicht Juwelen, nicht Schmuck, keine Fahne entrollt. Der eine müht sich, der andre verzehrt, Gerechtigkeit, Gnade hält keiner wert. Die Nacht kommt, dem wird sie ein Leuchtauge leihn, den andern lässt im Verborgnen sie schrein. Tag und Nacht ist’s ein anderer, der da raubt, den Gurt um die Mitte, den Helm auf dem Haupt. Verträge und Wahrheit werden verletzt und Trug und Täuschung werden geschätzt. Zu Fussgängern werden die Ritter jetzt, aufs Ross wird gesetzt, wer da prahlt und schwätzt.
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Der krieg’rische Bauer büsst Kunst ein und Zucht, Tüchtigkeit und Geschlecht bringen weniger Frucht. Einer sucht den andern hineinzulegen, unterscheidet nicht mehr zwischen Fluch und Segen. Schlechter ward das Verborg’ne als das Offenbarte, das Herz ihres Königs ward Stein, der harte. Der Sohn wird dem Vater feindlich gesinnt und der überlistet das eigene Kind. Ein ehrloser Knecht wird Schahrǝjâr, Abstammung und Grösse sind unbrauchbar. In der Welt ist auf niemanden mehr Verlass, Geist und Sprache erfüllt nur grausamer Hass. Îrânier und Türken und Araber lassen ein Mischgeschlecht werden aus ihren Rassen, Nicht Dihqân, nicht Türke, nicht Araber, nein, ihre Sprache wird wie ein Spiel nur sein. Sie stecken die Schätze zu sich und sterben und lassen den Feind ihr Erstrebtes erwerben. (Als weise gilt einer und fromm aller Welt, er müht sich darum, bis ins Netz er fällt.) Kummer, Pein und Trübsal tun sich hervor wie die Lustbarkeit unter Bahrâm ǝ Gor. Kein Fest, noch Musik, kein Trachten und Dichten, nur List und Betrug und Fallen-Errichten. (Um Geld fechten Vater und Sohn, aus Zwilch ist das Gewand und man trinkt saure Milch.) Sie schaden dem Nächsten, sich selber zu nützen, Religion wissen sie dabei vorzuschützen. Vor Winter stellt sich kein Frühling ein, zur Festzeit bringen sie keinen Wein. (Vor Reichtum und Rang fehlt jeder Verstand, man isst Gerstenbrot im wollnen Gewand). Zieht vieles vorüber von diesen Geschichten, 128 Zwilch: auch Zwillich, ähnlich dem bekannteren Drillich: dichtes, reissfestes Gewebe, vorwiegend für Uniformen und derbe Berufskleidung genutzt
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wird keiner den Blick auf die Perser mehr richten. Sie vergiessen Blut zum Erwerb von Schätzen und suchen die Fürsten herabzusetzen. Mein Herz ward voll Blut und gelb mein Gesicht, der Mund wurde dürr und die Lippe zerbricht. Seit ich aus ihrer Mitte ward Pahlawân, wurde düster das Schicksal des Stamms von Sâsân, so ganz treulos wurde das Himmelsgetriebe, ganz düster und schied uns von seiner Liebe. (Stoss ich den ehernen Berg mit dem Speer, dringt er durch, denn ich bin ehern wie er.) Meines Pfeiles Spitze kann Eisen durchbohren, doch am nackten Leib ist die Mühe verloren. Mein Schwert – Elefanten und Löwen hat es den Nacken durchschlagen und wurde nicht matt – kann den Arabern nicht die Haut zerschneiden; durch Wissen kam Leid mir zu über Leiden. Oh wenn ich diese Vernunft nicht besässe, an das Gute und Böse zu denken vergässe! Die Grossen, die in Qâdisî mit mir sind, sind hart und den Arabern feindlich gesinnt. (Sie meinen, es werde der Wald hier bluten,) wie der Ǧaiḥûn der Feind das Land überfluten. Vom Geheimnis des Himmels hat keiner Bericht; dass die Mühsal nicht kurz ist, wissen sie nicht. Wird ein Geschlecht vom Geschick überkommen, was soll alles Mühen und Kämpfen mehr frommen? Dir halte, mein Bruder, das Wohlsein an und mach froh das Herz des Schahs von Îrân! Qâdisî ist der Ort, wo mein Leichnam einst ruht, Leichentuch ist der Panzer, mein Helm ist das Blut. Das Rätsel des Himmels hat diesen Sinn; gib dem Schmerz dich nicht hin, wenn ich nicht mehr bin. Wende nicht die Augen vom König der Welt, bring dich selbst zum Opfer im Kampf auf dem Feld!
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Denn rasch rückt der teuflische Tag heran, hebt das rollende Schicksal Feindseligkeit an.« Und er sprach, als das Siegel er beigesetzt: »Den Boten begleite Segen jetzt, er soll diesen Brief zum Bruder tragen und ihm ausserdem alles Nötige sagen.«
Brief Rustams an Saʿd-i Waqqâṣ
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Einen Boten entsandte zu Saʿd auf den Ritt er, der eilte so rasch dahin wie das Gewitter. Einen Brief schrieb auf der Seide, der weissen, so glutvoll ein Schreiber wie Sonnengleissen. Die Aufschrift: »Vom Sohne des Schahs Hurmuzd, Rustam, Weltpahlawânen, des Guten bewusst, an Saʿd-i Waqqâṣ, der nach Kriegführen drängt, der sich selber verdüstert die Welt und verengt.« Am Anfang hiess es: »Vorm Weltenherrn liege Angst- und Furchtlosigkeit uns fern; denn durch ihn besteht das Himmelsgetriebe, er ist Herr der Gerechtigkeit und der Liebe. Dem Schah sei sein Segen für und für, des Throns und der Krone Schmuck und Zier! (Durch ihn strahlt glanzvoll das Grosskönigtum in Grösse und Sieg und Würde und Ruhm.) Er hält mächtig Ahrîman in Fesseln und Fron der Herr des Schwerts und der Krone, der hoh’n. Unliebsames hat sich jetzt zugetragen, durch Unvernunft Krieg und derartige Plagen. Gib mir nun Bescheid, wer dein Schah denn ist, wer du bist und welch Brauches und Weges du bist? Von wem nimmst die nötigen Mittel du her, der Feldherr nackt und nackt das Heer? Bist du satt von Brot oder hungerst du? Elefant nicht noch Thron und der Tross dazu. In Îrân war schon zur Genüge dein Leben! Thron und Krone sind schon einem andern vergeben.
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Elefanten und Schatz hat und Glanz und Thron schon ein Schah, altglorreich vom Sohn zum Sohn. Sieht er ihn, so verschwindet am Himmel der Mond; keinen König gibt’s, der so stattlich thront, sobald er beim Feste zu lächeln geruht, von den Silberzähnen die Lippen auf tut; schenkt den Wert er des, der die Araber führt, so wird der Schaden vom Schatz nicht verspürt; zwölftausend der Falken und Jagdhunde-Menge, mit Goldschellen alle und Ohrgehänge; das ganze Gefild eurer Träger von Speeren hat im ganzen Jahr nicht so viel zu verzehren, als er für Geparden und Hunde verwendet, die ins Jagdgebiet er zum Laufen entsendet. Und Geparden und Hunde fressen sehr viel, doch der Schah hält dies für ein Kinderspiel. (Von Kamelmilchzechern und Eidechsenschmausern gelang es den Arabern schön sich zu mausern, dass sie nach dem Perserthron jetzt begehren; pfui Teufel dies rollende Rad der Sphären!) Eure Blicke sind vollkommen unverschämt, Ehrfurcht vor Vernunft und Neigung euch fremd. Bei dem Aussehn, der Herkunft, der Konstitution kam die Lust dir zu solcher Krone und Thron? Begehrst du nach Mass der Welt Gewinn, so rede nicht töricht und ohne Sinn, sondern schick einen weisen erfahrenen Mann, einen Helden, der mit uns sprechen kann, damit er uns deine Absicht erklärt und wer dich den Weg zum Kaithron gelehrt. Damit send einen Reiter zum Schah ich, er solle mir mitteilen, was in der Sache er wolle. Suche Krieg mit solchem Könige nicht, da der Ausgang gewiss deinem Wunsch widerspricht, dem Urenkel des Nȏšînrawân, der jung die Greise machte durch Rechtsübung,
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alle Vorväter Könige, er selbst Schahrǝjâr – die Zeit gedenkt keines, der so wie er war. Erfüll nicht mit Fluch auf dich alle Welt, sei nicht ungläubig Recht und Glauben gesellt. (Denn den Kaienthron sucht, wer nicht vom Geschlecht, kein Besitzer von Geist und Sinn für das Recht.) Diesen Brief voll Ratschlägen halt dir stets vor und verschliess der Vernunft nicht Auge und Ohr.« Den Brief unter Siegel vertraute er an dem Pêrôz-i Šâpûr, dem adligen Mann. Der Held begab sich zu Saʿd-i Waqqâṣ und was Îrân an hellgeistigen Grossen besass, in Panzer von Gold und von Silber versunken, mit Schilden und Gürteln, die reingolden prunken.
Antwort an Rustam von Saʿd-i Waqqâṣ
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Als dies Saʿd vernahm, der vornehme Degen, zog er mit dem Heer wie der Wind ihm entgegen. Er liess ihn vom Pferde steigen sodann und befragt’ über Heer ihn und Pahlawan, auch über den Schah und Wesir und Gefolg, die klugen Führer und Land und Volk. Unter Pêrôz warf einen Mantel er und sprach: »Genossen sind uns Schwert und Speer; von Brokat sprechen Männer nicht, mannhaft und brav, nicht von Gold und von Silber, von Schmaus und von Schlaf. (Die Mannheit ist’s nicht, die bei euch etwas gilt, wie bei Weibern gilt Duft nur und Farbe und Bild. Eure Kunst ist’s, euch mit Brokaten zu zieren und Dächer und Tore zu ornamentieren.« Fêrôz übergab ihm den Brief sodann und führte Rustams Worte ihm an.) Er hörte die Worte und las den Brief, wobei bei der Antwort viel Lob unterlief.
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Die Antwort verfasst’ er in Arabersprache, drin enthüllt’ er manch schöne und garstige Sache. (Gottes Namen liess an die Spitze er treten und den Namen Muḥammads, seines Propheten.) Über Ǧinnen sprach er und Adamskinder, was der Hâšemspross sagte, der Heilsverkünder, über Einheitsbekenntnis, Koran und Verkündung, ewige Dauer und neuer Gesetze Begründung, über Pech und Feuer und Frost und Eis, die Wein- und Milchströme im Paradeis, wo Kampfer verstreut ist und Quellwasser rein und der Baum von Eden und Honig und Wein. »Wenn der Schah sich zum wahren Glauben bekehrt, sind zwei Welten zum Reich und zur Lust ihm beschert und die Krone auch sowie Ohrgehänge, Farbe ständig und Duft und Bildergepränge. Muḥammad tritt für seine Sünden ein, Rosenwasserextrakt wird sein Körper sein. Willst das Paradies du als Lohn erwarten, darfst du Hass nicht pflanzen im Unheilsgarten. Die weite Welt, Jazdǝgirds Person, alles Fest, alle Lust und Krone und Thron und Palast und Park und Platz und Bazar geb ich hin für den Blick auf ein Huri-Haar. Deine Augen hat auf der vergänglichen Welt nichts andres verwirrt als Krone und Geld. Gesichert schienst du auf dem Elfenbeinthrone durch Hunde und Falken und Glück und Krone. Eine Welt, keinen Trunk kalten Wassers wert, was ist ihretwillen dein Herz so beschwert? (Der Weise legt auf diese Welt kein Gewicht. Geh nicht irr, weich’ vom Wege des Glaubens nicht!) Wer immer mit mir kommt ins Kampfgemenge, sieht die Hölle nur und das Grab, das enge. Bekehrst du dich, kommst du ins Paradies, sieh zu, wohin jetzt deine Einsicht dich wies.
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(Jenes bleibt beständig und dies da vergeht; das weiss ein jeder, der etwas versteht.)« Das Arabersiegel setzt’ er auf den Brief, indem er den Segen Muḥammads anrief. (Es ging ab der von Saʿd-i Waqqâṣ Gesandte, indem er sich eiligst zu Rustam wandte.) Šuʿbe Muġaire war abgegangen, um zu Rustam, dem Pahlawân, zu gelangen. Da kamen Îrânier vom Wege zum Helden des Heers, um ihm seine Ankunft zu melden: »Es kommt ein Gesandter, ganz greis und matt, nicht Ross und nicht Rüstung, der Leib nicht gerad, ein schmales Schwert um den Nacken, zerrissen sieht sein Oberkleid aus und ganz zerschlissen.« Als die Rede Rustam vernahm, der Held, liess er errichten ein Seidengezelt, drin ein Seidenteppich mit Goldstickerein; wie Heuschreck und Emse drang Heer herein. Ein goldener Thron wurde aufgestellt, darauf nahm Platz der Heeresheld; (hundertsechzig Mann hatten vor ihm die Sitze,) Îrâns Ritter und Löwen in Kampfeshitze, mit Gewändern golddurchwirkt-violetten, mit Ohrgehängen und Spangen und Ketten, in Goldschuhe hüllten die Füsse sich, die Zelteinrichtung war königlich. Šuʿbe, an der Zeltschwelle eingetroffen, setzte die Füsse nur neben den Teppichstoffen, indem er den Boden bescheiden benützte und sich auf das Schwert als Gehstock stützte. Er sass auf der Erde und sah niemand an, er beachtete nicht des Heers Pahlawân. Rustam sprach zu ihm: »Du sollst fröhlich sein; mach Leib und Geist durch Wissen gedeihn!« 220-221 mit Ohrgehängen ... die Füsse sich: Umstellung von 220/2 und 221/1 in der Übersetzung.
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Er sprach: »Nimmst unsere Religion du an, so sage ich: ›Heil dir, mein Sohn!‹« Seine Worte verursachten Rustam Qual, die Stirn ward voll Runzeln, die Wange fahl. Er nahm ihm den Brief ab; der Vorleser las, was ihm geschrieben Saʿd-i Waqqâṣ. Also gab er Antwort: »›Du bist kein Schah‹, so sag ihm, ›noch strebst einer Krone du nach. Du siehst, wie das gute Glück mich geflohn, dein Herz hat Begierde nach meinem Thron. Bei Weisen findet das Wort nicht Verachtung, du hast keinen Weg drin zu scharfer Betrachtung. Hätte Waqqâṣ die Krone der Könge erreicht, wären mir so Kampf wie Fest mit ihm leicht. Doch da treulos der Stern das Böse gebiert, was sag ich, als dass heut ein Unglückstag wird? Könnte ich Muḥammad fürs Vorbild halten und den neuen Glauben vorziehn dem alten, wär auch Trug uns des krummen Rückens Gebaren und er würde mit uns in Härte verfahren.‹ Du kehr jetzt zurück zu frohem Behagen, denn das Reden passt nicht zu Kampfestagen. Sag ihm, ›es ist besser im Kampf rühmlich zu fallen als leben nur seinem Feind zu Gefallen.‹« (Als Šuʿbe von dort zum Heer wiederkehrte, meintest du, es sei der Wind sein Gefährte.)
Kampf Rustams mit Saʿd-i Waqqâṣ und Tötung Rustams
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Er befahl nach Šuʿbes Wiederkehr zum Kampfe zu rüsten seinem Heer, dann hiess er zum Aufbruch blasen die Hörner und das Heer kam zusammen von näher und ferner. Lärm erhob sich und eine Wolke von Staub; auch scharfhörende Menschen wurden taub. (Als Šuʿbe zurückkehrte zu Saʿds Sitz
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mit jenen Worten wie Donner und Blitz, befahl dieser, dass zum Kampfe das Heer so wie ein Löwe zu rüsten wär.) Beide Heere stiessen zusammen zum Schluss, an seinem Orte ward fest jeder Fuss. Die Spitzen der Speere im Staube, dem dunkeln, wie am nächtlichen Himmel die Sterne funkeln; stiessen auf den glänzenden Helm die Speere, so leuchtete er, wie wenn glühend er wäre. Drei Tage währte der harte Strauss, da ging den Îrâniern das Wasser aus. (An der Brust hatten sie die Rüstung, die schwere und als Gegner hatten sie Träger der Speere.) Vor Durst versagte den Helden die Hand und die Rosse hielten im Kampfe nicht stand. Rustams Lippen waren vor Durst eingeschnorrt, die Zunge zerrissen, der Mund verdorrt. (Als Rustam im Kampfe Umschau hielt, sah die Häupter der Edlen er tot im Gefild.) Die Kampflage wurde ganz hoffnungslos; nasser Lehm war die Nahrung von Mann und Ross. Hier Rustam, dort Saʿd erhoben wild ihre Stimmen so laut, wie der Donner brüllt, sie verliessen beide die Heeresmitten, wobei in derselben Richtung sie ritten, und allein, vom Gefolge getrennt, eilten jene an den Fuss einer hochsteilen Bergeslehne. Diesen Ort hatten sich zum Kampfplatz gewählt beide Führer des Heers, von Kampflust beseelt. Wie der Donner laut brüllend, hieb Rustam das Schwert auf den Kopf von Saʿd-i Waqqâṣes Pferd. Als das Streitross vom Hiebe fiel zur Erde, wurde Saʿd gesondert von seinem Pferde und Rustam, indem er das Schwert hoch schwang, bedeutete ihm seinen Untergang.
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Den Rumpf wollt’ er trennen ihm vom Haupte; keiner sah den andern, weil schwarz es staubte. Vom Sattel stieg er, den ein Panterfell deckte, worauf in den Gürtel den Halfter er steckte. Der Staub hatte Rustams Auge verhüllt, Saʿd eilte über das Kampfgefild, auf den Helm hieb scharf mit dem Schwerte er dann, dass vom Scheitel das Blut ins Gesicht ihm rann. Durch das Blut wurde Rustams Auge trüb, dass der kriegslustige Araber Sieger blieb. Ein zweiter Schwertstreich traf Kopf und Hals und der Rumpf sank zu Boden schweren Falls. Von beiden Heeren ward nichts gesehn, keines hatte die Möglichkeit beizustehn. Das Heer suchte dann den Pahlawân und sie kamen bis zu dem Kampfplatz heran, da sahen sie jenen im Blute bestaubt, durch das Schwert zerspalten zum Fuss von dem Haupt. Die Îrânier ergriffen darauf die Flucht, viele fielen dabei von der adligen Zucht, viele starben im Sattel, vom Durst gefällt; voll wurde das Mass der Könige der Welt. (So viele Îrânier wurden erschlagen, dass Feld und Strassen voll Toten lagen.) Zum Schah von Îrân kam das Heer, bei Tag und im Nachtdunkel eilt es einher. (Als Rustam den Tod in der Schlacht gefunden, war das Haupt der Edlen dahingeschwunden. Das Muslimenheer rannte hinterher, als ob es ein wütender Löwe wär.) Jazdǝgird war dazumal in Baġdâd und das Heer stiess zu ihm in dieser Stadt.
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Jazdgird berät sich mit den Îrâniern und zieht nach Churâsân ab C
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(Sie meldeten ihm: »Rustam lebt nicht mehr; aus Gram drüber blieb gar kein Tropfen im Meer. Eine Menge Îrânier ward umgebracht, die übrigen wichen vom Orte der Schlacht.« Von dort begaben nach Karch sich die Scharen, die Perser teils, teils Araber waren.) Farruchzâd-i Hurmuzd, ein Tränenborn, kam vom Arwandflusse herbei im Zorn, er zog nach Karch und griff wild an; von den Speerträgern blieb kein heldischer Mann. Aus Baġdâd verschwanden sie nach und nach und suchten nach Kampf, wo die Gegend flach. (Als der Kampfstaub sich hob in der Mitte des Plans, kam Zusammenbruch über das Volk Îrâns.) Farruchzâd erschien, kam zum König direkt in der Rüstung des Kriegs und mit Staub bedeckt; er stieg ab und erwies ihm seine Verehrung, beide Augen voll Blut und das Herz voll Beschwerung. Er sprach zu ihm: »Was soll’s, dass du weinst? Ist’s, damit du den Thron der Kaie bereinst? Vom Stamme der Kaie bist du der letzte, der auf den Thron mit der Krone sich setzte; allein, von unzähligen Feinden umstellt, wie willst du kämpfen inmitten der Welt? Begib dich zum Walde Nârǝwan! Es sammelt um dich das Volk sich dann, und sonach wie Firȇdûn in junger Kraft, sei von dir eine neue Rüstung beschafft.« Farruchzâd sprach’s und der König vernahm’s und zu einer frischen Gedankenwelt kam’s. Der König nahte mit Glanz seinem Throne, setzte sich auf das Haupt die Kaienkrone, um sich versammelt’ er alle verständigen
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Grossen und Mȏbads, die geistig-lebendigen: »Was meint ihr«, sprach er, »zu dieser Geschichte? Was besagen aus alter Zeit die Berichte? Farruchzâd meint: ›Zum Walde Nârǝwan führe du die Menge des Volks heran, da in Âmul drin deine Diener leben 290 und in Sârî alle dir sind untergeben. Wird das Heer sehr zahlreich, so kehre um mit Männern, imstande zum Kampf und zum Ruhm.‹« (Zum Gefolge sprach also der Schah nunmehr: »Oh ihr Häupter, die ihr erwählt aus dem Heer,) Dies ist’s, was er sagt. Geht ihr darauf ein?« Laut riefen sie alle: »Ja, so soll es sein!« Der Grosskönig sprach: »Mir scheint’s nicht angemessen. Ich hab andere Sorgen im Herzen indessen: die Grossen Îrâns und das Heer, die Nation 295 und das fruchtbare Land und Krone und Thron. Ich selbst nehm die Führung, ich bleibe nicht hier, Grösse fehlte und Mut sonst und Klugheit mir. Der Kampf mit dem Feind ist mir besser als Schmach. Drüber gibt’s einen Spruch, den der Panter einst sprach: ›Dem Feind zeige nie den Rücken verwirrt, wenn dir einmal ein hartes Schicksal wird.‹ Wie dem Untertan auf des Königs Gebot im Glück und im Unglück zu achten ist not, so darf ihn der Herrscher in Mühsal am Platz 300 nicht stehen lassen, zu schaun nach dem Schatz.« Der Grossen Beifallsrufe erschallten: »So ist’s, wie sich fromme Könge verhalten! Nun sieh zu, was du zu befehlen befindest, was du anstrebst und wozu uns du verbindest.« Den Grossen erwiderte also der Schah: »Die Sorge ist’s, die mir den Mut stets zerbrach. Am besten, wir ziehen auf Churâsân zu; vom Kampf mit dem Feinde gewinnen wir Ruh. Denn dort sind für mich viele Truppen bereit, 305
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alle Pahlawânen voll Tapferkeit. Der Châqân von Čîn und die Grossen der Türken nahn sich huldigend uns in jenen Bezirken. Diese Freundschaft soll noch Verstärkung finden: mit der Faġfûrtochter will ich mich verbinden. Zuhilfe kommt uns ein mächtiges Heer, die Grossen von Tûrân in stattlicher Wehr. Mâhûj hat, der noch Statthalter ist dort, Elefanten und Heer und Geld und so fort; er ist der Chef unsrer Hirten jetzt und unsern Feldhütern vorgesetzt; ich beförderte ihn, denn er war beredt und ein Mann, der noch gerne in Kämpfe geht; dass wir einem Wertlosen Namen und Wert, hohes Amt, Elefanten und Truppen gewährt, gescheh’, weil er wert- und bedeutungslos zwar, doch an unserem Hofe erzogen war. Von Mȏbads hab ich den Spruch vernommen, von Büchern der Alten überkommen: ›Hüte dich vor dem, dem du Böses versetzt und den du aus Unvernunft hast verletzt; setz die Hoffnung auf den, dem aus Nichts du erhoben aus Neigung das Haupt bis zum Himmel da droben.‹ Ich hab ihn in keiner Weise verletzt; an dem Feinde sucht er die Rache jetzt.« Farruchzâd schlug, da er solches sprach, beide Hände zusammen: »Oh frommer Schah, verlass dich nicht auf grundböse Leute, denn es lautet ein anderer Spruch von heute: ›Willst du einen Edelstein durch Beschwören dazu bringen, mit Farbigsein aufzuhören? Wenn der Schöpfer einmal diese Färbung beschloss, fehlt dir jeder Schlüssel zu Gottes Schloss.‹« 320–321 Willst du einen Edelstein ... zu Gottes Schloss: Man kann auch statt »einen Edelstein« setzen: »eine schöne Natur«, statt »farbig sein« mit »Trug und List« und statt »Färbung« »Artung«.
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(Nach Farbe und Herkunft fragt man bei Pferden; dir möge stets Grösse und Freudigkeit werden!«) Der Schah sprach: »Du wütiger Leu, genug, es schadet dir wohl nicht der Versuch.« Er blieb diese Nacht; als der Morgen erschien, begannen die Edlen hinauszuziehn. Von Baġdâd schlug den Weg er nach Churâsân ein; unversehrt ertrug er die Reisepein. Alle Grossen folgten von Iran voll Schmerz dem Schah, dem adligen Mann; sie riefen ihm Huldigungsworte zu: »In Raum und Zeit sei immerdar du!« Im Gefolg erschollen viel Wehs und Achs aus Angst und wegen des Wegritts des Schahs. Unter ihnen die Dorfvögte, die gesamten, und die aus den Adelsgeschlechtern stammten, wehklagend kamen sie alle zum Schah, jedem Auge entströmte, ein Tränenbach: (mit dem Ruf: »Deine Knechte sind alle wir, Leib und Seele gefüllt mit der Liebe zu dir,) »Wie erfreuten uns Wohnung und Heimatsauen, wenn wir des Königs Antlitz nicht schauen? Wir wollen von Land, Kind und Habe eilen und wollen mit dir deine Mühsale teilen. Ohne deinen Thron gibt’s für uns kein Leben; möge dein Glück nie schwanken und beben! Wir kommen zu dir, um bei dir zu bleiben, welches Spiel auch das Schlachtenglück immer mag treiben.« Welcher Mann von Îrân fein zu reden verstand, legte sein Gesicht auf den schwarzen Sand: »Wir wollen dies fruchtbare Land verlassen, da die Welt wir als dein Schutzgebiet fassen. Jetzt herzenswund gehen wir zum Châqân, aus Îrân zum Grenzlandsgebiet von Tûrân.« Indes Wasser ihm aus den Wimpern rann,
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sprach der Grosskönig also die Edlen an: »Bringe jeder nun Gott dar seine Verehrung und erbitte von ihm des Gedeihens Mehrung; vielleicht kann ich euch einmal wiedersehn; denn die Stärke der Araber wird vergehn. Ihr alle seid Pfleger mir und Berater und Erinnerungsträger mir nach dem Vater. Ich will nicht, dass euch ein Schade ereilt und dass ihr als Helfer mein Unglück teilt. Wir wollen sehn, wem dies Himmelsgetriebe fortan sich zudreht mit Huld und mit Liebe. Ihr müsst euch anpassen seinem Gang; keiner, der seinem Drehen und Willen entsprang.« Zu den Kaufleuten sprach er sodann von Čîn: »Nach Îrân dürft ihr jetzt zahlreich nicht ziehn, denn wolltet ihr dort Geschäfte erledigen, würden statt des Gewinns euch die Araber schädigen.« Sie verliessen ihn in Schmerz und Bewegung, wehklagend vor Furcht und in lauter Erregung. Farruchzâd-i Hurmuzd führte das Heer, aus Îrân berief Weltkundige er. So schied der Schah mit Klagen und Weh; voran zog der Feldherr mit der Armee. So kam er allmählich nach Rai hinein, dort erholte man sich etwas bei Lauten und Wein. Wie der Wind kam er dann von Rai nach Gurgân; willig-unwillig hielt er dort einige Zeit an. Von Gurgân schlug den Weg er ein nach Bust, voll Falten die Wangen, das Herz ohne Lust.
Brief Jazdgirds an Mâhûj den Sûrer und die Grenzkommandanten von Churâsân Nach Marw wollte ziehen der Schahrǝjâr, wo Mâhûj der Sûrer Statthalter war. Voll Schmerz und Zorn schrieb er nun an jenen, das Herz voll Sehnen, die Augen voll Tränen.
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Er berief einen kundigen Sekretär; sein Herz war gefüllt und er machte es leer. Zuerst galt sein Lobpreis dem Schöpfer der Welt, dem allwissenden Herrscher, der alles erhält, dem Herrn, der Bahrâm und Sonne dreht, dem Emse und Elefant untersteht, der das Sein, wenn er will, aus dem Nichtsein erschafft, der nicht braucht einen Lehrer der Wissenschaft. Dann schrieb er, was über ihn gekommen und diesem Land Duft und Farbe genommen, wie Rustam gefallen im Kampfgemenge, wie die Welt aus Ängsten uns wurde enge durch einen gewissen Saʿd-i Waqqâṣ, ohne Land, ohne Herkunft noch sonst irgendwas. »Jetzt steht das Heer vor Ṭîsǝfûns Tor, Bergschluchten und Wälder sind davor; an dir ist es jetzt, zum Kampfe zu rüsten, und erreg auch im Heere das gleiche Gelüsten. (In Nišâpûr verbleib ich nicht mehr als acht Tage, denn es steht mir bevor noch weitere Plage. Ich gehe nach Marw und schick dann jemand hin zum Türken Châqân und zum Faġfûr von Čîn, viele Truppen von ihnen zu verlangen; vielleicht kehrt zurück das Glück, das vergangen.) Ich selbst folge meinem Briefe geschwind zu dir, du Edler, ganz so wie der Wind.« (Ein Eildromedar entsandt’ er im Hui zu dem sûrergebürtigen Mâhûj.) Er erwählt’ vom Gefolg einen zweiten Gesandten, einen geistig hellen, im Rate gewandten.
Brief Jazdgirds an die Grenzkommandanten von Ṭȏs Einen zweiten Brief schrieb nach Ṭȏs er zugleich, voller Blut das Herz, das Gesicht ganz bleich. Den gerechten Herrgott vor allem pries er,
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dem Stärke und Glück und Tugend gibt dieser, der Herr des Sieges und Herr des Ruhms, Herr des Diadems des Grosskönigtums. Des Adlers Fittich, der Mücke Fuss, Elefant auf dem Land, Krokodil im Fluss gehorchen in allem seinen Befehlen und können den Atem nur durch ihn zählen. »Vom Weltenherrn Jazdǝgird, machtentfaltend, dessen Vater, ruhmvoll, als Schahrǝjâr waltend, Feldherrn von Îrân, der Siege Träger, des Landes Beschirmer und Beweger, vom Samen der Grossen, Gott-des-Herrn-Kundigen, der gekrönten Fürsten, der Sternkundigen, die das Antlitz der Erde fruchtbar machten, Krone, Thron und Schmuck zum Leuchten brachten, an alle die würdigen Grenzkommandanten, die als rechtlich, mächtig und prächtig bekannten, Šamîrân und Rûjîndiž und Râdǝkȏh, Kalât andrer Seite und Truppen dazu. Der Erhalter möge schützend uns führen, ein böses Geschick euch niemals berühren! Die Stolzen musste die Kunde erreichen – bekannt wurden ja aller Welt diese Zeichen –, dass für Krieger und Mutige und edles Geschlecht unser Herz voll Achtung ist, Liebe und Recht, vor allem für euer Geschlecht, denn es zählt bei den Königen Mühe mehr als das Geld. Als Bahrâm-i Čûbîne trat in Sicht, der Königskrone verweigernd die Pflicht, liess die grössten Städte er euch ersetzen mit Gärten und mit Palästen und Plätzen durch unwirtliche Hänge und hohes Gebirg; aus Angst haustet ihr in solchem Bezirk. So der Schöpfer uns aber die Stärke schenkt und nach Herzenswunsch das Geschick so lenkt, wollen Gutes vergeltend Gedeihen wir mehren
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und jenen an höchster Stelle verehren. Es wurde euch sicher schon mitgeteilt, was uns von den Sternen Böses ereilt, von den Schlangen mit eklen Teufelsgesichtern, den wissens- und schamlosen Bösewichtern ohne Adel und Ruhm, ohne Thron, ohne Geld; dem Sturm wollen sie preisgeben die Welt. (Viel Geld und Juwelen wurden verschwendet, viele Häupter unter die Erde gesendet.) So verfügt es das Kreisende droben, das hohe, dass diesem Reiche Verderben drohe, durch jene, die glanzlos mit Köpfen von Raben Verstand nicht noch Wissen noch Ehrgefühl haben, (mancher hat dem Thron da sich zugekehrt, der vernichtungsdurstig die Krone begehrt.) Nȏšînrawân hat’s im Traume gesehn, um Farbe und Glut des Throns sei’s geschehn; hunderttausend Araber, sah er im Traum, Dromedare berauscht mit Bruchbretterzaum fanden Übergang über den Arwandfluss, übern Kreis des Zuḥal zogen Rauch sich und Russ. In Îrân und Babel auf Land und Flur blieb von Saat und Ernte auch nicht eine Spur, es starb selbst das Feuer am Feueraltare, finster war’s am Sade-Fest und am Neuen Jahre und die Zinnen sind von des Königs Hallen herunter auf den Turnierplatz gefallen. Jetzt will der Sinn dieses Traums sich klären, es will das Glück uns den Rücken kehren. Der hochgeschätzt war, wird niedergedrückt und hoch hebt das Glück den, der einst sich gebückt. Das Üble wird auf alle Welt erstreckt, offenbar wird der Schaden, das Gute versteckt. Bedrückung ist überallhin gedrungen und die entsetzlichsten Heimsuchungen. 394.2 Zuḥal: Saturn
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Das Zeichen der finsteren Nacht kam in Sicht und es will von uns trennen sich Helle und Licht. Mit Gestattung des, der die Wege weist, wollen wir und die Helden mit reinsinnigem Geist nach Churâsân zu den Grenzkommandanten uns wenden, zu den von Kriegsmut entbrannten, wir wollen sehn, welcher Spruch ergeht vom Geschick, dessen Sinn sich stets wechselnd dreht. Wir wollen des Ṭȏser Statthalters wegen Elefanten und Pauken jetzt dorthin bewegen. (Wir gürteten kriegerisch unsere Mitte, bereit mit den Arabern zu dem Stritte.) Farruchzâd teilt mit uns eine Haut, durch Verbundenheit ist er uns Freund und vertraut; zum Kampf mit dem Feind führt er nun die Armee mit kriegslustigem Sinne nach Altûnîje. Der Sohn dieses Freundes Kašmagân kam jetzt auf dem Schlachtfelde bei uns an; er sagte uns, was die Ziemlichkeit erheischt und dienstwillge Rühmlichkeit; wir vernahmen, was er von dem Grenzlande sagte, was geheim, was verborgen, was tief war, was ragte. In jeder Art wies, der die Herzen brach, mir rechtlich, was ihm im Herzen war, nach. (Man verliess diesen Hof in jeglicher Richtung und begab sich zu Freunden mit Hilfsverpflichtung.) Ein so grosses Heer, wie wir es besitzen, soll nicht hier in den engen Festungen sitzen, Burg Gunbadîn-Kôh bis Charbane, Festung Lâžwardîn fürs Gepäck der Armee. Wir sassen, besprachen uns mit den Räten, alle Helden waren zusammengetreten; wir sprachen, entwarfen und überdachten, bis wir schliesslich es zum Beschlusse machten: ›Von Krone und Thron und Siegel und Zier, Stoffen aus Byzanz und aus Čîn und Kašmîr,
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was von reichen Gütern die Hand ergriff, was es da nur gibt in Byzanz und Ṭâjif, (alles das, was von uns ausbreitbar ist, was aufspreitbar und was kleidbar ist) von Goldsachen, unabgeschnittenem Tuch, andern Sachen, würdig, dass man sie trug, Esswaren und sonstigen Habseligkeiten, die uns nötig sind in den Mangelszeiten; vierzigtausend an wagenziehenden Rindern sollen Fruchtkörner bringen, den Mangel zu mindern; zwölftausend Eselslasten auch wären zu bringen mit Weizenfrucht noch in den Ähren, auch Hirse, Pistazien, Granaten in Massen soll ein Mȏbadbeamter hinschaffen lassen; zwölftausend Kamellasten jeglicher Ware schleppen zweihöckrige Dromedare. Auch sollen von Salz tausend Rinderwagen, bis dass der Himmel sich ändern mag, tragen, von Datteln tausend, von Zucker ditto; man hatte stets runde Zahlen in petto. Zwölftausend Honigfässer vom Besten ziehe man ebenfalls in jene Vesten; etwa zwölftausend weitere mit Pökelfleisch zieh man in die Festungen auf sein Geheisch, während zwei Monde lang schwarzer Naphte dreihundert Kamellasten man dahin schaffte.‹ Ein Mȏbad mit seinen Leuten soll nahn von Râdǝkȏh und von Šamîrân; zweifach zur Einsicht der geisterhellten Alten und Statthaltereiangestellten legt an in den Festungen ein Inventar, gebt unserem Schatzwart ein Exemplar und das andere mögt ihr selber verwahren, 430.1 Naphte: pers. naft-i siyâh = schwarzes Rohöl
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die ihr Granden seid unter diesen Scharen. Kein Unheil von Türken und Arabern naht diesen Bergabhängen und Bergesgrat. Euch wird durch das grausame Schicksalsgeschehn bei uns eine grosse Macht entstehn. Unser Wesir, der beredte, setze vom Befehl in Kenntnis den Hüter der Schätze, er sende auch jedem, den Mühsal betroffen, eine Fünfzahl zu von persischen Stoffen, eine schöne Tiare, gestickt mit Gold, als durch die Mühsal verdienten Sold. Durch dies Schicksal bezwungen in Trauer und Leid, wer immer ihr mit uns zusammen seid, wollen wir des Volkes Besoldung vermehren um einen der Dirhams, dass sechzig es wären, und noch sechs und vier Dang über sechzig sogar, er bring, was darauf steht, und les’ laut und klar: Gottes Name ist auf einer Seite geprägt, den man fürchtet und zu dem Hoffnung man hegt, unser Antlitz und Krone der anderen Bild, da aus Liebe wir fruchtbar gemacht das Gefild. Für Naurȏz und Mihr lässt man es bereiten, zwei grosse Feste und Kostbarkeiten. Gott möge dem Edeln Segen schenken, der unserer Krone wird gedenken!« Als das Siegel sich auf dem Schreiben befand, wurde es an die Grossen des Heeres versandt. Ein glückhaft-ehrgeiziger Reiter war’s, der das Schreiben brachte des Schahrǝjârs.
Jazdgird kommt nach Ṭȏs, und Mâhûj der Sûrer kommt ihm entgegen Von dort wurden Pauken bis hin nach Bust gerührt und das Heer von Nišâpûr bis Ṭȏs geführt. Als Mâhûj der Sûrer vom Schah vernahm, dass sein Heer vom Ṭȏser Grenzlande kam,
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zog entgegen er ihm mit dem Heere, dem schweren, alle vollgepanzert und Träger von Speeren. Als des Schahs Majestät und Würde erschien, das Banner der Grösse, die Truppen um ihn, stieg Mâhûj in Eile herunter vom Pferd, die Knechtschaftsbezeugung ward dadurch gemehrt. Übern heissen Boden schritt er weich, die Augen vor Rührung tränenreich. Er küsste den Boden zu seinen Füssen und verweilte lang nach ergebensten Grüssen. Das ganze Heer stimmte Heilrufe an, die Köpfe am Boden Mann für Mann. Kaum hatte Farruchzâd Mâhûj gesehn, liess das ganze Heer Spalier er stehn. Über Mâhûj den Sûrer ward froh sein Sinn; er versah mit vielen Ratschlägen ihn. (Zu Mâhûj dem Sûrer aber sprach Farruchzâd, als das Geheimnis er brach:) »Diesen König hier aus dem Kaiengeschlecht übergebe ich dir; du bemühe dich recht, dass sich keines Windes Wehn auf ihn richtet und dass niemand ihn mache dankverpflichtet. Ich selbst muss jetzt fort in die Gegend von Rai. Wann seh ich wohl wieder die Krone des Kai? Denn viele wie mich haben schon erschlagen auf dem Felde der Schlacht die da Speere tragen. Wie Rustam gab es noch nie einen Helden noch hörte des Klugen Ohr von ihm melden; von der Hand eines Rabenkopfs ist er gefallen und damit kam das Ende uns allen. Möge Gott mit dem Ort ihn der Guten begaben und mit Pfeilspitzen quälen die schwarzen Raben!« Zu ihm sprach Mâhûj: »Der Schah ist, oh Held, mein Augapfel und was den Geist mir erhellt. Diese Schutzaufgabe nehm ich auf mich, deinen Schah übernehm ich, der Himmel für dich!«
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Farruchzâd-i Hurmuzd zog von dort nach Rai über Auftrag des Königs fort. Und einige weitere Zeit verstrich; vom Hirne des Feinds schied die Liebe sich. (Keiner wollte zum Kampf sich gegen sie trauen, denn zum Freund hatten sie den Kreis, den lichtblauen. Die Wange des Schahs von Îrân bekam Falten, sein Herz war beengt durch der Feinde Verhalten. Mâhûj sah nun, dass der König blieb, durch Entschlusslosigkeit sein Glück vertrieb.) Die Nächte durch dacht’ an den Thron er nur, sein Gehaben ward anders und seine Natur. Er stellte sich öfters, als sei er krank, und wusste dem Königsdienst wenig Dank.
Mâhûj der Sûrer treibt Bižan zum Kampf mit Jazdgird, und der Schah flüchtet in eine Mühle
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Voll Ehrgeizes gab’s einen Pahlawân, er hiess Bižan und stammte aus Ṭarchân. Seinen Wohnsitz hatt’ er in Samarqand, mit vielen verschwägert dort und verwandt. Als Mâhûj von Eigensucht wurde getrieben, ward von ihm an Bižan ein Brief geschrieben: »Oh Pahlawânenspross, ohne Gefahr bietet dir mit Vorteil ein Kampf sich dar. Mit dem Heer ist der Weltenherr hier und dem Throne und mit seinem Stirnreif und seiner Krone. Wenn du herkommst, sind Thron und Krone dein und auch Schätze und schwarzer Schirm werden’s sein. Für die Ahnen gedenke der Rache! In Recht verwandle das Unrecht bei diesem Geschlecht!« Diesen Brief las Bižan mit Aufmerksamkeit; für den mächt’gen Mâhûj sah die Welt er bereit. Er sprach zum Wesir: »Du Rechtlichster, nun, was ist, meinst du, in dieser Sache zu tun?
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Wenn Mâhûj zur Hilfe das Heer ich führe, besorg ich, dass hier ich alles verliere. (Der Schah verspottet mich dann als Tropf, nennt mich einen Schmeichler und wirren Kopf; tu ich’s nicht, dann verhöhnen mich wieder die Leute, dass aus Angst vor dem Staub ich das Schlachtfeld scheute.)« Der Wesir erwiderte ihm daraufhin: »Du kriegslustiger Held mit dem Löwensinn, es macht Unehre dir, wenn du Hilfe gewährst Mâhûj weg von hier und zurückekehrst. Auf des Sûrers Wort in den Kampf zu rennen – jeder kluge Mann wird dich leichtsinnig nennen. Dem Barsâm befiehl, dass er mit dem Heere auf jenem Kampfplatz ihm Beistand gewähre.« Also sprach Bižan: »So scheint es mir auch, dass ich selbst mich nicht wegzurühren brauch.« Er befahl dem Barsâm, vorzurücken mit zehntausend Reitern, die Schwerter zücken, nach Marw und die Kampfrüstung dorthin zu bringen, vielleicht Îrâns Thron in die Hand zu zwingen. Von Buchârâ nach Marw kam das Heer in acht Tagen als wär’ von Fasanenflügeln es getragen. In finsterer Nacht, wenn da krähen die Hähne, erhob im Gefild sich der Pauken Gedröhne, indes der Grosskönig nichts davon ahnte, dass Mâhûj der Sûrer ihm Böses plante. Da entstand Gelärm; in gestrecktem Lauf suchte gleich ein Reiter den König auf: »Mâhûj behauptet, es ziehe heran ein Heer von Türken. Was ist des Schahs Plan? Feldherr sei der Chân des Faġfûr von Čîn, der Boden hielt aus nicht des Heeres ziehn.« Empört zog der Schah sich den Panzer an; von zwei Seiten zogen die Heere heran.
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(Sie zogen die Reihn und begannen zu schrein; der Feldherr Îrâns kam in Wallung hinein.) Den Linksflügel ordnete er zu dem rechten und die Truppen begannen nun sämtlich zu fechten. Er blieb im Zentrum stehn mit der Lanze; vom Staub wurde schwarz die Welt, die ganze. Als er sah, wie stark die Türken bewehrt, legt’ er Hand an und zog von der Hüfte das Schwert. Elefantengleich kam vor das Heer er in Wut, wie der Nilstrom strömte die Erde vom Blut. Als er also stürmte aufs Türkenheer los, war sein Rücken von Deckung durch Helden bloss. Alle wandten den Rücken, so blieb in der Mitt’ er zurück der ihm Durchlass gewährenden Ritter. Als Mâhûj auftauchte, wusste der Schah, welchen Ränken er heimlich gegangen nach. Dahin ging ja Mâhûjs planvolles Treiben, jener sollte inmitten des Heeres bleiben. Der Grosskönig zeigte im Kampfe Mut und tapfere Stärke und heldisches Blut. Sehr viele der Edlen hieb er zu Stücken; als es aussichtslos war, da wandt’ er den Rücken. Viele Türken kamen ihm nachgesaust; ein Schwert von Kâbul hielt er in der Faust; wie der Blitz aus der schwarzen Wolke Gewühle eilt’ er hin, da erblickte er eine Mühle; er stieg vom Ross, vor den Feinden verbarg er sich rasch in der Mühle am Flusse Zarq. Die Reiter suchten den Flüchtigen zu sichten, ganz Zarq war erfüllt von Gered’ und Gerüchten. Zurückblieb sein goldengezäumtes Pferd, die Keule, in goldener Scheide das Schwert. Auf der Suche wurden die Türken sehr laut und erregt, als sie Ross und Rüstung geschaut. Verborgen im Mühlengebäude sass der Schah auf gehäuftem getrockneten Gras.
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Das ist so die Regel der Welt des Trugs: hoch hebt sie und senkt dann tief wieder flugs. Solange als ihm das Glück blieb wach, 515 thronte hochgemut im Azur der Schah; die Mühle ist jetzt das Los, das ihn trifft; alle Süssigkeit übersteigt das Gift. (Bist du klug, wird dein Herz an die Welt nicht geknüpft, da dieser ja schliesslich nur Unheil entschlüpft; wie die Schlange, gestreichelt, ist sanft sie und gut, doch scheidet sie Gift aus voll hitziger Wut.) Was hängst an die Welt du dich, die deiner höhnt, ans Ohr dir beständig der Pauke Schall tönt? Wo der Ruf erschallt: »Schnüre Bündel und Säckel! Du find’st keinen andern Thron als den Grabesdeckel.« Ungespeist der Mund, voll Wasser die Lider, blieb er, bis die Sonne das Haupt hob wieder. Da wurde das Mühlentor aufgemacht 520 vom Müller, der schleppte von Heu eine Tracht; ein armseliger Mensch war’s, er hiess zwar Chosru, doch Thron, Krone, Schätze fehlten dazu. Von seiner Mühle wusst’ er zu leben, ohne sonst sich mit Arbeiten abzugeben. Da sah er jenen Zypressenschlanken auf der Erde sitzen in düstern Gedanken; ein Stirnreif für Könige schmückte ihn, seine Brust umschimmerte Seide von Čîn; Brust und Schultern des Leun, mit den Augen von Rehn, 525 kein Auge ward müde, ihn anzusehn; die Rockärmel Perlen und Gold, der Fuss der Gestalt war umkleidet vom Golde des Schuhs. Als Chosrau er sah, erstaunte er tief, sodass er verwirrt Gottes Namen rief. (Er sprach: »Oh du Mann, der sonnengleich prangt,) sag, wie bist du in diese Mühle gelangt? 527 Als Chosrau er sah: Eigentlich wäre zu übersetzen: »Als Chosrau ihn sah .«.
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Ist die Mühle ein Wohnplatz, der dir gefällt, die nur Weizen und Staub und viel Heu enthält? Wer bist du, mit Würde und Glanz im Gesicht? Deinesgleichen sieht ja der Himmel nicht.« »Ich bin,« sprach der Schah, »einer aus Îrân und ergriff die Flucht vor dem Heer von Tûrân.« Da sagte der Müller verlegen: »Bei mir herrscht nichts als die reine Armut hier. Ist mit Gerstenbrot dir gedient indessen und den ganz ordinären Bachuferkressen, die bring ich; sonst hab ich nichts, was es auch sei; einem Armen ziemt wirklich Klagegeschrei.« Drei Kampftage waren dem Schah schon verflossen, an denen er Schlummer und Lust nicht genossen. Drum sprach der Schah: »Was du bringst, ist willkommen, das Mahl mit dem Stabe wird uns wohl frommen.« Rasch tischte der Arme nun auf das Essen, das Gerstenbrot sowie auch die Kressen. Um den Stab eilend, folgt’ er der Strasse stets und gelangte dort zu dem Ort des Gebets, worauf schnell er zum Vorstand von Zarq sich begab, von ihm zu erbitten den Priesterstab. Mâhûj hatte nach des Königs Flüchtung viele Sucher gesandt in jegliche Richtung. Den Müller befragte der Edle nunmehr: »Weshalb stellst du an mich dieses Stabbegehr?« »In der Mühle sitzt«, sprach drauf Chosrau, »ein Tapferer drinnen auf Heu und Stroh; einer schlanken Zypresse gleicht seine Gestalt, indes sein Auge sonnengleich strahlt, die Narzissen trist und die Brauen rund, voll Kummer der Geist und voll Seufzern der Mund. Altes Essgerät wars, was ich ihm bot, drauf ein für mich ziemendes Gerstenbrot. 544 Narzissen: die Augen
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Den Stab will er, um Gebete zu raunen; du hast wirklich Recht, über ihn zu erstaunen.« »Du musst«, sprach der Vogt, »sofort weg von hier um Mâhûj dem Sûrer dies mitzuteilen. Dieser Unreine schlechter Herkunft soll nicht, wenn er’s hört, was in ihm steckt, bringen ans Licht.« Rasch übergab ihn der Vogt einem Mann, der brachte den Braven zu Mâhûj dann. Mâhûj fragte ihn listenkundig: »Für wen willst den Stab du? Du musst die Wahrheit gestehn.« So antwortete jener mit Angstgefühle: »Ich wollte aufladen in meiner Mühle; kaum hatt’ ich unmutig das Tor aufgerissen, traf die Sonne mein Auge, musst du wissen. Zwei Rehbocksaugen, angstvoll erschrocken, wie die finstere Mitternacht beide Locken, (sein Duften lässt Hauche von Moschus ahnen, sein Antlitz an Zierde der Krone gemahnen,) wie die Sonne wurde durch ihn die Mühle, Gerstenbrot seine Speise und Heu sein Gestühle.« Gottes Glanz würde dem, der ihn nie noch geschaut, durch die Rede des Müllers jetzt vertraut: »Voll ist seine Tiare von Edelsteinen, indes Seiden von Čîn von der Brust ihm scheinen; er ist wie der Frühling im Paradiese; keiner pflanzte so hohe Zypresse wie diese.«
Mâhûj der Sûrer sendet den Müller aus, um Jazdgird zu töten, und die Mȏbads geben ihm Ratschläge, um ihn vom Mord abzuhalten Mâhûj rief all seinen Mut herbei, denn er wusste, dass dies doch nur Jazdǝgird sei. Er sprach zu ihm: »Beeil dich, zu rennen und sofort seinen Kopf vom Leib ihm zu trennen! Sonst lass ich sofort dir den Kopf abschlagen
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und dir niemand am Leben von Sippe und Magen.« Diese Worte vernahmen alle die Grossen, die tapfern und geisteshellen Genossen, die ganze Versammlung war drob voll Zorn, der Mund voll Worten, die Augen ein Born. Ein Mȏbad war drunter, der Zârôj hiess, der den Zaum des Verstands der Seele beliess, der sprach zu Mâhûj: »Du, der hasst und nicht liebt, weshalb hat ein Dȇw den Blick dir getrübt? Königtum und Prophetentum, das begreif, sind zwei Steine am nämlichen Fingerreif; wenn du einen aus seiner Fassung brichst, wiss, dass Geist und Verstand zugleich du vernicht’st. Sieh zu, was du willst, und halt damit ein, um dem Weltenschöpfer nicht feindlich zu sein. Zuerst bist es du, den der Schaden befällt, und dem Sohn hinterlässt du besät das Feld, dessen Früchte Gift sind und Blut das Laub, in Schnelligkeit siehst du dein Haupt tief im Staub. Deine Hässlichkeit zeigt nackt sich der Welt und dein Sohn wird ernten, wie du es bestellt. Gottes Religion wird’s verderblich sein, Thron und Krone werden dich vermaledein.« Es gab einen glaubenskundigen Frommen, der nie an Frevel noch teilgenommen, Hurmuzd-i Charrâd ward er genannt, der in der Religion seine Ruhestätte fand. Der sprach zu Mâhûj: »Gewalttätiger Mann, kehr dich nicht von Gottes Tor, du Tyrann! Dein Herz und dein Denken seh ich ganz finster, in der Brust dir wuchernd nur Distel und Ginster. Du bist kraftvoll, doch hirnlos und lebensschwach, die Flamme setzt du dem Rauche nach. Die Welt wirft dir vor, seh ich, gierige Sucht, Sorge, Mühe und Pein wächst dir draus als Frucht. Jetzt wird dein Leben unschön hienieden,
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wenn du gehst, ist als Sitz dir das Feuer beschieden.« Šahrôj stand auf, als sich jener gesetzt, und sprach zu Mâhûj: »Weshalb solcher Mut jetzt? Den Schah zu bekriegen bist du gekommen, hast für Châqân und Faġfûr Partei genommen. Viele findet man freundlos von diesem Samen, die doch niemals geeilt, ihn zu töten, kamen. Bist du Knecht, vergiess Königsblut nicht, sonst verfolgt dich der Fluch bis zum jüngsten Gericht.« Er sprach’s und setzte sich weinend nieder, voll Blut und fahlem Wasser die Lider. Mihrnȏš begann, als er weinend geendet, schmerzerfüllt und laut, zu Mâhûj gewendet, wehklagend also: »Der du schlechtbürtig bist, und schlecht, bei dem Einsicht und Rechtsinn man misst, das Krokodil hat vor Königsblut Scheu, den getöteten König zerreisst auch kein Leu. Liebesärmer und böser als ein wildes Tier, bist du nach der Stelle des Königs voll Gier. Seit Ǧam fiel von der Hand des Ḍaḥḥâk, drehte sich der Himmel so manchen Tag. Als Ḍaḥḥâk die Welt überwältigt, erschien auf der Erdoberfläche Âbtîn; als von ihm gezeugt Âfǝrȇdûn ward, bekam die Welt durch ihn eine andere Art. Du hörtest, was Ḍaḥḥâk, der frevelhafte, sich selber für einen Ausgang verschaffte. Über ihn zogen hin mehr als tausend Jahr, da kam am Schluss, der der Herrscher war. Und zweitens dann jener stolze Tûr, der vernichtend gegen Êraǧ verfuhr; (sodass grundlos Êraǧ den Tod durch ihn fand und der Staub sogar Mitleid mit ihm empfand; zu Firȇdûn, dem Helden, ward er geschickt und die ganze Welt von Sorge bedrückt;)
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Manȏčihr war dieses Stammes Spross, der Schlüssel durchaus zu des Bösen Schloss. Dann band sich Sijâwuš vom Samen der Kaie widerwillig die Mitte als Dritter der Reihe, und Afrâsjâb wegen Garsîwaz Wort trug von Geist und Verstand Scham und Ehre fort. Als solch jungen Königsspross er zu Tode gefällt, ward auch feindlich-hart gegen ihn die Welt. Der Erobrer Kai Chosrau nach ihm erschien und die Welt wurde voll Rederei durch ihn; den Grossvater spaltete er mit dem Schwert und setzte in Angst, die Rache begehrt. Viertes Beispiel war die Rache Arǧâsps, der Vergiesser war des Blutes Luhrâsps. Als Isfandjâr eintrat in den Streit, liess vor Rachsucht er ihm keine Zeit. (Isfandjârs sei als des Fünften gedacht, den Rustam am Schlachttage umgebracht, worauf auch sein Leben das Ende erreichte und der Held dahinschied, die Weltenleuchte. Und schliesslich bedenk, was Bahman anrichtet, der den Sohn des Tahamtan wieder vernichtet, und sechstens die Rache des Schahs Parwîz, den Chwašnawâz Unheil erleiden liess; Sûfarâj band zur Rache für ihn sich die Lende und bereitete selbst sich dadurch das Ende.) Hurmuzd sei als fünfter Fall vorgebracht als Parwîz erwuchs die grosse Macht, liess er Bindôj und Gustahm geschehn, was geschehn, der sich drehende Kreis hört nicht auf, sich zu drehn. (Ihrer Tat nahm er sich niemals an, trotz Vatermords, Liebe, Verwandtschaft, der nah’n.) Ihr Leben nahm er, wie er hatte die Mittel; missachten nicht darf man das Rachekapitel. Rasch wird auch dich solch Geschick überkommen, 607 als fünfter Fall: P: siebenter Fall
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den Gedanken quälen, die zu nichts frommen. Dein Sohn fechst die Früchte von deinem Tun, denn nie vermag das Schicksal zu ruhn. Der gehäuften Schätze enthalte dich ganz, der Kostbarkeiten, des Kronentands. Wenn den Worten des Dȇws Gehör du leihst, trennst vom Wege Gottes du Herz und Geist. Weisst du nicht, dass durch Dinge, die dir nicht gebühren, der Dȇw dich trügerisch will verführen? Wirf selbst Leib und Seele ins Feuer nicht! Verlösch nicht der Krone weit leuchtendes Licht! Versammle dein zerstreutes Heer und an dem, was du sagtest, ändre nichts mehr! Geh von hier zum Schah, um dich zu entschuldigen und, wie du ihn siehst, ihm aufs neue zu huldigen! Mit dem Feinde bereit dich von hieraus zum Streit und von Einsicht ruh nicht und Ergebenheit! Du würdest unselig in beiden Welten, würden dir die Worte der Weisen nichts gelten. Verschiebst du, was heute sollte geschehn, auf morgen, so wird es zu Staub verwehn. Jazdǝgird, dem Grosskönig, hast du vermeint etwas Böseres noch als dem türkischen Feind, ihm, der Löwe im Kampf ist und Fürst, wenn er thront, ihm, der ebenso glänzt wie der schimmernde Mond, einigem Erben der Sasaniden; man fände keinen Ritter wie ihn, der sich gürtet die Lende; alle Ahnen adlig und lernbereit von Nȏšînrawân bis zu Ardašîrs Zeit; nach Ardašîr achte Generation, hatte Weltenherr Sâsân Krone und Thron; der die Kaienkrone trug göttlichen Rechts, und die sämtlichen Könge glückhaften Geschlechts. 611 fechsen: österr.: die Feldfrüchte einbringen, ernten
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Viele Grössere gab es als dich im Land, doch keiner hat jemals so etwas geplant. Sieh mit dreihunderttausend Bahrâm aus Rai rossetummelnd-gepanzerter Reiterei, die auf seinen Pfeilschuss den Rücken wandten und aus dem Kampffelde hin zu ihm rannten: – als des Königsstamms müde wurde sein Herz, ging der Glanz seines Glückssterns niederwärts. Farâjîn erstrebte den Königsthron, nicht wert seiner, sann er auf Rebellion; so machte man elend ihm den Garaus; den Törichten hält dieses Leben nicht aus. Fürchte du nur Gott, den Schöpfer der Welt und von Krone und Thron und was diesen gesellt. Erweck dir nicht selber Verächtlichkeit, denn dies wär’ die Folge in kurzer Zeit. Jeder, der nicht gradaus zu dir redet, ist ein Todfeind, wisse, der dich befehdet. Du bist krank und ich muss als Arzt erscheinen, ein Arzt, der blutige Tränen muss weinen. Du bist weniger als der Knecht der Knechte; oh dass doch dein Herz nicht an Herrschaft dächte! Gegen Gott erhebst du die Rebellion, weg vom Tugendweg suchst du der Hoheit Thron.« Des Hirtensohns Herz war des Thrones so voll, dass der Rat dieses Mȏbads ihm widrig erscholl. Nicht neu ist’s, es war so ohn’ Unterlass: Die Laune des Schicksals kennt kein Mass, das den einen empor zu den Sternen schwenkt und den andern in niedrigstes Elend versenkt. Keinen Kampf gibt’s mit ihm, doch auch keinen Vertrag; wer, der Gottes Geheimnis ergründen mag? Bis der Mond an Stelle der Sonne trat und die Welt sich schwärzte, erteilten Rat alle Mȏbads jenem, der kriegssüchtig war,
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doch ihr Reden fruchtete auch nicht ein Haar. Als es Nacht war, sprach er zu den weisen Leuten: »Jetzt müsst ihr verschwinden, oh ihr Gescheuten. Mit dem Sohn wird heut Nacht von mir nachgedacht und allerlei Weisheit zur Reife gebracht. Wir berufen zwanzig Kundige vom Heer, dass über kein Unglück zu weinen wär.« Die weisen Leute begaben sich fort und das Heer war bald nach den Mȏbads dort. Mit den Redlichen sass Mâhûj nun vereint. »Sagt«, sprach er, »was ihr zu der Sache meint. Lass ich Jazdǝgird weiterhin am Leben, werden Truppen von allüberallher zu ihm streben; der Welt läge dann mein Geheimnis bloss und alle wüssten es, Klein und Gross. Sein Böstun liess mich zu Ende gehn, nicht Leib hier noch Land und Frucht mehr bestehn.« Also gab ihm Antwort ein kluger Mann: »Tu das nicht, was du erstlich deutetest an. Wird im Schah von Îrân ein Feind dir erstehn, so wird es dir zweifellos übel ergehn. Wenn sein Blut du mit deiner Hand vergiesst, vergiss nicht, dass Gott hier sein Rächer ist. Links und rechts nur Mühsal und Sorge und Pein, gib gut acht drum, was für dich zu tun mag sein.« Der Sohn sprach: »Hör, weiser Vater, mein Wort: machst du dir einen Feind, dann schaff ihn gleich fort, sonst bringt er ein Heer aus Mačîn und Čîn und uns wird die Erde zu enge durch ihn; es ist nichts, das wir geringschätzen sollen; bist du siegreich, so tu, was die Leute wollen, da sie sonst seinen Saum zur Fahne erheben und dir samt dem Heere enden das Leben.«
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Als Mâhûj, der Mann, der viel Unrecht verbrach, die Worte vernahm, die sein Sohn zu ihm sprach, da sprach er zum Müller: »Brich auf! Nicht geruht! Nimm Reiter! Vergiess meines Feindes Blut! (Sonst wird, ihn zu fassen, uns niemals gelingen, der so öffentlich wusste mir zu entspringen.)« Als der Müller dies hörte aus Mâhûjs Mund, wurde weder Folge ihm deutlich noch Grund. Es war Îzân-Nacht des Monats Churdâd, dass zu Mühle und Schah er den Rückweg antrat. Als er herauskam von Mâhûjs Hof, war sein Herz voller Blut und sein Auge trof. Hinterm Müller einher sandte Mâhûj auch die Berittenen so geschwind wie der Rauch. Er befahl, dass man Krone und Ohrgehänge in keiner Weise mit Blut besprenge oder Siegel und Kleidung irgendwie, nein, dem Schah die Gewandung vom Leibe zieh. Der Müller ging tränenden Aug’s und bleichvergilbt beide Wangen, der Sonne gleich. Er sprach: »Oh du Glanz des Schöpfers droben, du bist über die Schicksalsdrehung erhoben. Ob diesem seinem garstigen Befehle quäle auch jetzt noch ihm Herz und Seele!« So kam er zum Schah voller Scheu und Bangen, den Mund voll Staub und voll Wasser die Wangen. Mit Vorsicht kam dicht er zu ihm heran, als vertraute dem Ohr ein Geheimnis er an; dann stiess einen Dolch in den Leib er dem Schah, der Stoss entrang diesem ein schmerzliches Ach. Haupt und Krone sanken dahin im Tod und vor ihn fiel auch sein Gerstenbrot. 665 Îzân-Nacht des Monats Churdâd: der 30. Tag des 3. Monats
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Wer keinen Weg findet aus dieser Welt, um dessen Verstand ist’s sehr schlecht bestellt. Wenn ein Pflegling dem Siebenkreis lästig wird, wird er schuldlos getötet wie Jazdgird. Kein König starb noch in solcher Manier noch aus seinem Heere ein Kavalier. Vernunft fehlt dem kreisenden Himmelsgetriebe, es scheidet nicht Grimm und Plage von Liebe. Es gar nicht zu schaun, ist am wenigsten schlimm, dann erfährst du von ihm weder Liebe noch Grimm. Als von des unseligen Mâhûj Reiterei die Leute sahen, der Königsbaum sei von Thron und Schlachtfeld zur Ruhe getan, da gingen sie hin und schauten ihn an. Des blauen Rocks Schnüre wurden gelöst, die Leiche von Schmuck, Reif und Goldschuh’n entblösst; der Schah von Îrân lag im Staube jetzt, voll Blut und die Seite vom Dolche zerfetzt. Dann wurde vom Grosskönig aufgebrochen und nichts als Verfluchungen ausgesprochen: »Dass doch Mâhûjs Körper diesem da gleiche! Eine zu Boden geworfene blutige Leiche!« Zu Mâhûj sagten sie: »Jener stolze Despot verlor nun so Thron wie Krieg und Not.« Er befahl, dass zur Zeit, da man Schlafes bedürfe, man von dort die Leiche ins Wasser würfe. Zwei Arbeiter, gegen ihn voll Wut, zerrten den Leib des Schahs übers Blut, C n. 690 (Die Leiche des Schahs, aus der Mühle sie bracht heraus der Müller, ein Wunder sieh!) beide wussten nicht, welchen Wert er barg und warfen ihn in den Strudel der Zarq. Als die Leiche des Helden im Wasser lag, war der Kopf bald drunten, bald kam er zutag. Doch schon kamen, als es wieder ward helle,
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zwei vornehme Männer an jene Stelle. Von den schwarz gewandeten Asketen war einer zum Rande des Flusses getreten; als im Wasser er sah die Leiche nackt, eilte rasch er fort, von Erregung gepackt. Er erzählte, nachdem er zum Kloster gerannt, was er sah, den Leuten im schwarzen Gewand: »Der Herr der Welt liegt nackt bis aufs Mark im Wirbel drinnen des Flusses Zarq.« Von den Schwarzröcken kamen nun viele geschritten, der Bischof und aller Art Eremiten. Wehklage hoben die Mönche an: »Oh du glorreicher König und edler Mann, keiner hat je solchen Herrscher geschaut noch wurde Bericht über solchen je laut. Du schütztest das Reich, das Unheil bedräut, die schlechtrassigen Hunde hast du zerstreut. Er schützte, bis Unheil ihn heimgesucht und Mâhûj sei deswegen verflucht! Weh über den Leib und die Stirn und Gestalt, über Herz und Wissen und Geistesgewalt! Weh dem Haupte des Stammes des Ardašîr! Weh über den Jüngling und Ritter voll Zier! (Weh über der Sasaniden Thron! Weh Glanz und Würde und Kaienkron’!) Voll Kraft warst du an Geist und Verstand; Nȏšînrawân gibst du jetzt bekannt, dass in der Mühle sie dir, dem Schönen, dem Weltenherrn mit dem Kronschmuckersehnen, den Leib zerschnitten vom Dolchesstoss und ins Wasser dich warfen nackt und bloss. (Jener Staub wird drauf in Tränen zerrinnen und sein Geist vor Trauer zu kochen beginnen. In Schreien gerät des Ardašîr Grab, weil es noch keinen König im Mühlwasser gab, hineingeworfen derart in die Flut,
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entblösst, kopfüber, der Leib voller Blut.«) Vier Bischöfe von den Schwarzröcken drauf stiegen blossfüssig in jenen Wasserlauf und den Leib des jungen Königs, den blossen, des Enkels Nȏšînrawâns, des Grossen, zogen sie an das Ufer aus dem Bette und es klagten Alt und Jung um die Wette. Man erbaute im Garten ein Grabmonument, dessen Spitze ragte zum Firmament. Man trocknet die Wundstellenoberfläche mit Moschus, Kampfer und Leim und Peche. Gelbe Seide und Linnen drunten, und droben tiefblaue Umhüllung, handgewoben. Moschus und Kampfer und Rosenessenz goss auf die Gruft ihm die Eminenz. Was sprach der Dorfvogt von Marw, der im Sarg die hochgewachsne Zypresse barg? »Wer Gnade durch inn’re Bemühung erhält, der scheidet zufrieden aus dieser Welt.« Ein andrer sprach: »Lacht einer oft auch, so wisse, auch er erträgt seine Kümmernisse, denn vom drehenden Kreis wird auch er betrogen, er wird einmal hinauf-, dann hinabgezogen.« Ein andrer: »Nenn den nicht weis’ und gelehrt, der den Leib, nicht den Weg des Geistes verehrt, der nur nach Kostbarkeiten trachtet und Schmach ohne Furcht vor bösem Ausgange nach.« Ein andrer: »Wenn Schweigen den Schah erfasst, sieht die Krone er nicht mehr noch Thron und Palast, nicht Siegel noch Dienerschaft in den Sälen noch Land noch Glanz noch der Krone Juwelen: und wenn ihm all dies nicht zustatten kommt, was haben ihm Leben und Mühen gefrommt?« Ein andrer: »Ich kann seine Reden nicht ehren mit Lobsprüchen, die seiner würdig wären. Die Zypresse pflanzt er im Paradies;
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sein Geist sieht den Baum, den er sprossen liess.« Ein andrer: »Gott hat deinen Geist entrafft, deinen Leib übergab er der Priesterschaft; deinem Geiste mag es zum Vorteil gedeihn und dem Leib des Verbrechers unheilvoll sein! Im Paradies ist nunmehr des Königs Stelle, des Verbrechers Seele wandert zur Hölle.« Ein andrer: »Oh König, zur Lust bereit, aus Ardašîrs Stamm und grundgescheit, du erntest nun, was du gesät im Park, die Chosrau-Fackel leuchtet jetzt stark.« Ein anderer sprach: »Oh du junger Schah, du schliefst und riefst deinen Geist jetzt wach; du schweigst, dein Geist ging zur seligen Herde, dein Leib blieb verlassen zurück auf der Erde, du bist müssig, dein Geist aber hat zu tun, deines Feindes Leib muss im Blocke ruhn. Es redet der Geist, ist versperrt auch der Mund, die Seele wächst, ist der Leib auch wund. Regiert deine Hand auch die Zügel nicht mehr, so fasst doch dein Geist mit der Faust den Speer.« Ein anderer sprach: »Heldenhafter Mann, du gingst und die Taten gehn dir voran. Ein Thronstuhl steht im Paradies dir bereit, einem andern die Erde der Unseligkeit.« Ein andrer: »Wer einem wie du gab den Tod, ist vom allerhärtesten Schicksal bedroht.« Der Bischof: »Wir alle stehn dir zu Befehle und sind Lobredner deiner reinen Seele. Dein Grab sei ein Tulpenbeet und dein Leichenkleid Gefilde und Berghang der Seligkeit.« Sie sprachen’s, erhoben den Sarg und zu Tal trugen sie ihn zu jenem Grabdenkmal. 741 Dein Grab sei ... Berghang der Seligkeit: W: »dies Grab voll Tulpen sei dein Garten, Leichentuch Feld der Seligkeit und dein Berghang«.
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Ungern begab sich der Schah in das Grab, für den es weder Thron noch Tiare mehr gab. (Oh du alter Dichtergreis, wende dich fort von dem Wege der Gier und zerbrich das Wort!) Jazdǝgird soll man sein Recht gewähren oder sollen ihn rächen die sieben Sphären. Kennt dies überhaupt Hass und Gerechtigkeit? Kein Philosoph gab mir darüber Bescheid. Wenn ein Frommer sprach, sagte er alles ganz vag’ und, das seine Antwort war, trat nicht zutag. Hast du Geld, Weiser, schau froh es auszugeben, lass ab, dies bis morgen aufzuheben, denn an dir vorüber zieht die Welt und jeder Atemzug ist uns gezählt. (Ist so in dem Leibe des Schicksals Geschehen, so darf man nur Samen des Guten säen.) Lass die Art deiner Nahrung Natur besiegen, bleibst du selbst, wirst du das, was du kriegtest, kriegen. (Guter Name nur und Zufriedenheit sind, was dir Glückspilz das Leben beut. Vermeid’ Böses womöglich zu vollbringen, aus Erkenntnis kann ja nichts Böses entspringen.) Entsprächen Einnahmen und Ausgaben sich, behandelt das Leben mich brüderlich. Wie der Tod überfiel mich der Hagel dies Jahr, dass der Tod mir lieber als Hagelschlag war. Das Tor zu Weizen, Gerste und Hammeln tat mir das waltende Schicksal verrammeln. Jetzt bring Wein! Mir bleibt nicht viel Zeit! Bring nur Wein! So war es doch stets und trug keinem was ein. (Denn vom Knechte wurde ihm Unrecht getan, mir steht Weintrinken ohne viel Reden jetzt an.)
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Die Thronbesteigung Mâhûjs des Sûrers Einer kam zu Mâhûj dem Sûrer und sprach: »Im Grabe fand seine Wohnstatt der Schah; Bischof und Pfarrer und Mönch von Byzanz, alle Schwarzgewandeten dieses Lands, kamen Alt und Jung unter Wehruf und Klagen, die Leiche des Schahs aus dem Flussbett zu tragen. Ein Grabmal erbauten sie ihm im Garten, das höher reicht als alle Bergesscharten.« Mâhûj sprach, dies unheilvoll böse Wesen: »Îrân ist vordem nie romäisch gewesen.« Er liess, wer beim Grabmalbau Hand angelegt oder wer dafür auch nur Sorge gehegt, alle töten und plündern das ganze Land; so war es mit Mâhûjs Ideen bewandt. Drauf blickte er rings in der Welt umher, doch vom Stamme der Grossen sah niemanden er. Das Siegel besass er und eine Krone; den Hirtensohn süchtete nach dem Throne. Er berief zu sich alle seine Vertrauten und liess alle seine Gedanken verlauten. Er sprach zum Wesir: »Du erfahrener Mann, jetzt kam der Tag der Entscheidung heran. Mir fehlt es an Ruhm, hoher Herkunft und Schätzen, doch will mein Leben aufs Spiel ich setzen. Auf dem Ring steht der Name Jazdǝgerd, sie werden nicht willfährig mir mit dem Schwert. Das ganze Land Îrân stand in seiner Pflicht, ob es nun verwandt war ihm oder nicht. Kein gebildeter Mann ruft Schah mir zu, meinem Siegel gehorcht nicht das Heer in Ruh. Es hat für mich anderen Ausweg gegeben; weshalb nahm ich dem grossen König das Leben? Wie ich all die Nacht vor Gedanken voll Blut war –
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der Schöpfer der Welt weiss, wie mir zumut’ war.« Der Berater sprach zu ihm: »Das ist jetzt vorbei; jene Tat erfüllte die Welt mit Geschrei. Jetzt willst deine Tat du ungeschehn wissen, was du selber gewebt, zu zerreissen beflissen. In Staub liess das Grab jetzt zerfallen ihn und der Staub wurde seinem Geist Medizin. Alle Welterfahrenen nun sammle um dich, schärfe die Zunge und süsseste Worte sprich; sprich also: »Zu Herrschaftszwecken empfing ich von dem Schah selber Krone und Ring. Als er wusste, ein Türkenheer nahte sich, und die Nacht finster wurde, da rief er mich; er sagte mir: ›Wenn sich der Kriegssturm erhebt, wer weiss dann wohl, wen der Staub begräbt? Nimm Krone und Ring! Ihr Besitzer sei! Es kommt wohl der Tag, wo du brauchst diese zwei. Ein Kind nur besitze ich, eine Maid, vor den Arabern ganz in Verborgenheit. Du darfst meinen Thron den Feinden nicht schenken und beachte darin meine Art zu denken.‹ Die Krone ist mir die Verlassenschaft vom Schah; auf dem Thron sitz ich, weil er’s geschafft. Durch die List wird das Schlechte mit Glanz überzogen; wer weiss, was da wahr ist und was erlogen?« Da rief Mâhûj: »Bravo! Du bist mein Wesir und keiner steht künftighin über dir.« Vom Heere berief er der Grossen jeden und hielt über die Sache vielerlei Reden; doch es wusste das Heer, dies alles sei nur Luft, es gehöre geköpft dieser schamlose Schuft. Ein Pahlawân sprach: »Das ist deine Affäre, ob die Rede nun wahr oder unwahr wäre.«
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Den Thron bestieg Mâhûj, als er’s vernahm, dem durch Täuschung ein Heer in die Hände so kam. Er verteilte den Grossen das Land und sprach: »Ich habe das Siegel vom Weltenschah.« (Von der Sippe beschied zu sich er jeden und hielt darüber vielerlei Reden.) Zu verteilen begann er die ganze Welt, darüber war baff das Himmelszelt. Er gab Balch und Herî dem ältesten Sohn; allüberallhin sandt’ er eine Schwadron. Den ihm übel Gesinnten ging er nach, so wie es seinem Charakter entsprach; überall wurden die Bösen zu Führern gemacht und die Verständigen darniedergebracht. Als das Haupt der Geradheit so unterlag, trat von allen Seiten Täuschung zutag. Das Heer und die Schätze wuchsen, das freute all die prinzipienlosen Leute. Er gab Dirhams dem Heer und liess Glanz es gewinnen; er wollte mit Bižan den Kampf ja beginnen. Nach Âmôj zog dann seinem Heere voran und der neuen Mannschaft der Pahlawân. Als Wachposten wurde vorausgesandt ein erfahrener Mann, Gersîjôn genannt. Nach Buchârâ machte sich auf den Weg so getanes Heer, von Kriegslust reg’. Samarqand und Čâǧ müssen sie uns lassen«, so sprach er, »mit Siegel und Krone erfassen, auf Befehl des Weltenschahs Jazdǝgerd, dem die sieben Sphären die Herrschaft gewährt. Ihn räch ich an Bižan mit Schwertesmacht, der des Königs Glück zum Erlöschen gebracht.« 800.2 so sprach er: Mâhûj
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Bižan führt ein Heer zum Kampf gegen Mâhûj den Sûrer
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Also, bis zu Bižan die Nachricht gekommen, dass Mâhûj den Thron habe eingenommen, Siegel schick’ er und Schmuckstücke überallhin und voll Freude sei alles Land über ihn, und jetzt zögen sie dem Ǧaiḥûn entgegen zum Kampf mit dem Heere, das kriegsmut-verwegen. Da fragte Bižan: »Wer gab ihm die Kron’?« und jener erstattet die Relation. (»Als du der Fârâber Wüste genaht, schwieg das Schicksal in guter und böser Tat. Von hier zog gen ihn ein Heer von Streitern, von stolzen und ehrgeizigen Reitern. ›Die Grosskönigskrone‹, so sagte er, ›schick ich heimlich dir, schickst du ein Heer, auch Fingerring und goldenen Thron; du bist die zur Herrschaft beruf’ne Person.‹ In Eile zog drauf dein Heer von hinnen, sie fanden den König in Marw darinnen; sie umringten den König von allen Seiten, die Îrânier mussten den Fluchtweg beschreiten. Es besorgte der kluge Schah, blieb er allein, vom Heere stelle sich Unheil ein. Eine Mühle war bei der Überfuhr, dorthin ging der Schah mit der Sonnennatur. Als Mâhûj dem Sûrer Kunde geworden, da sandte er einen, den Schah zu ermorden. Als der Sûrer den eignen Herrn umgebracht, bekam er mit dem Siegel die Welt in die Macht. Zwei Drittel von Ruhm und Schande sind dein, jener Kampf ist dein und die Reiterein.«) Zu ihm sprach Barsâm: »Ein zahlreiches Heer 806 C 3 so sagte er: Mâhûj 807 Zu ihm sprach Barsâm: zu ihm = Bižan
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führte ich ja, oh König, aus Čâǧ hieher. Von hier zog aus ein Heer gegen ihn, ehrgeizige Reiter und stolz und kühn. C für 808 (Ich brachte aus Marw zahlreiches Gepäck; allein aus der Mitte schwand Jazdǝgird weg.) Seinen Goldthron, sprach er, sollst du empfangen von mir und juwelenbesetzt seine Spangen, nach Čâǧ send ich auch seinen Schatz und die Kron’, denn dir ziemt allein sein Elfenbeinthron. In Marw drin kämpfte ich drei Tage lang; am vierten beim leuchtenden Sonnenaufgang stritt ich hart und verzweifelt, da wies seinen Rücken Mâhûj, jener Meister im Unterdrücken. Als der Feldherr von Îrân allein so blieb, rief die Freunde herbei er, die Stimmung war trüb. Er tötet uns viele der edlen Soldaten und wandte zur Flucht sich, als Helfer uns nahten. C (Ich weiss nicht, wer so ihm das Leben nahm als Mörder des Herrn ohne Treue und Scham.) Als Mâhûj den Schatz seines Herrn enttrug ohne Müh und ihn zu dem eigenen schlug und den Schatz sich gefüllt dieser Bösewicht, du meintest, er kenne mich nunmehr nicht. Zwei Monate blieb in Marw das Heer, doch er begrüsste uns gar nicht mehr. Seinen Herrn, solchen Herrscher, schaffte er fort, diese Leuchte der Welt, durch Meuchelmord, den Ritter, des Haupt sich inmitten vom Heere hinaushob über des Mondes Sphäre. Seiner Keule konnte kein Türke standhalten, das Herz der Edlen war durch ihn zerspalten. 809 sprach er, sollst du empfangen: er = Mâhûj, du = Bîžan 810.1 nach Čâǧ send ich: ich = Barsâm 810.2 denn dir ziemt allein: dir = Bîžan 811 kämpfte ich drei Tage lang: ich = Barsâm 813 Als der Feldherr von Îrân: wohl Jazdgird
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(Allen Rittern zuvor war an Wuchs und Glanz er, an Keule und Arm und Helm und Panzer.) Jener nahm sich das Reich, als gehäuft der Schatz; und Unreinheit jeglicher Art griff Platz. (Meldet ein Posten, es komme ein Heer: ›Es darf nicht ziehen zu uns hieher.‹) Da der kriegerische Feind dir ins Schlafgemach gekommen, wird dir mit dem Heere die Ruhe nicht frommen. Im Garten des Reichs treibe Unkraut nicht Blüten, sonst wird man den Garten zu rühmen sich hüten.« (Es ergrimmte Bižan, da er vernahm, welch Unheil durch jenen den Schah überkam.) Als Bižan es hörte, versammelt er Reiter, der Türken an Schlachten gewohnte Streiter. Aus Qaǧġârbâšî kam er in Eile und sucht’ auf dem Wege nicht Rast noch Weile. Als er gelangt in Buchârâs Näh’, überdeckte das Nachšabfeld die Armee. Er sprach zu den Freunden: »Nicht eilig jetzt, bis er den Fluss zu uns her übersetzt, um zum Kampf gegen uns mit dem Heer vorzubrechen; vielleicht kann den König an ihm ich dann rächen. Sodann fragt: ›Hinterliess der Schah einen Sohn, der ihm nachfolgen könnte auf dem Thron? Hatte denn der Schah keinen Bruder? Und mocht er keinen Sohn besitzen, vielleicht eine Tochter?‹ Dass wir ihnen, sie holend, Hilfe bringen, gegen den Mâhûj Erfolg zu erringen.« »Oh König, über den Königstamm kam das Ende heran«, sprach zu ihm Barsâm, »der Araber herrscht über Städte und Städter, kein König blieb und kein Feueranbeter.« Als dies Bižan vernahm, nahm das Heer er auf, an den Kopf griff er sich ob dem Weltenlauf.
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Ein Wachposten meldet: »Ein Heer zog heran und bald schickt es schon zum Kampf sich an.« Aus den Schiffen stieg solch ein Heer an den Strand, dass durch seinen Staub die Sonne verschwand. Vor dem Heere zog Bižan nun auch zum Streite, damit auch er einen Schlachtort bereite. Als Mâhûj der Sûrer sah diesen Zug, war’s, als nahm aus dem Leibe die Seele den Flug. Von den vielen Panzern und Helmen und Keulen, Goldschilden und Speeren, Čâǧ-Äxten und Beilen, – (Kamele gingen mit schwerem Gepäck vom Heer auf die andere Seite weg –) ward er trist und zog die Front gegenüber. Der Boden verschwand und die Luft wurde trüber.
Kampf Bižans mit Mâhûj und Tötung Mâhûjs
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Als das Heer er geordnet solchergestalt, plante Bižan dem Feind einen Hinterhalt. Dies merkte Mâhûj vom Zentrum aus; schreiend kam aus der Mitte des Heers er heraus. Bižan sah um sich, er sah seine Fahne und erkannte, dass er zu entweichen plane. Barsâm befahl er: »Vom Zentrum leite, was an Mannschaft du hast, auf die andere Seite. Es darf nicht Mâhûj der Sûrer bangen vorm Kampf und sogleich zum Ǧaiḥûn gelangen. Rück etwas vor, lass ihn nicht aus den Augen! Für ihn muss ein andres Verfahren taugen.« Als die Fahne erblickte Barsâm aus Čîn, liess das Heer er auf eine Seite nur ziehn. Erst vor der Stadt Fârâb liess die Truppen er halten, voll Flüchen die Lippen, die Wangen voll Falten. Mit beschwertem Bügel kam er gerannt, als den Feind er fand auf dem Fârâber Sand. Als er nah ihm genüber, zückt er nicht das Schwert
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und Heldenmut wurde von ihm bewährt; er packt ihn beim Gürtel und hob ihn vom Ross und warf auf die Erde ihn mühelos. Er stieg ab und legte ihm Fesseln an, warf ihn vor sich aufs Pferd und stieg auf sodann. Zugleich kamen auch seine Freunde herbei, die Ebene erfüllte Gered’ und Geschrei. »Bring nicht fort ihn!«, so sprach man zu Barsâm, »du hackst ihm am besten den Nacken ab mit der Axt.« »Das geht nicht«, erwiderte er, »von dem Funde, erhielt Bižan bisher noch keine Kunde.« Doch zugleich liess man Nachricht zu Bižan gelangen: »Jener Sklave übelster Art ist gefangen, der Streber Mâhûj von unseligem Stern, religionslos und frevelnd und Mörder des Herrn.« Als es Bižan vernahm, war er hocherfreut und lächelte, von allen Sorgen befreit. Ein Schirmdach steckt man in den Sand, den weichen. Mâhûj kam daher, heissem Wind zu vergleichen. C n. 861 (Es erhob sich ein Geschrei, und Bižan brüllt wie ein Leu, viele Tapf’re der Türken kamen herbei, miteinander besprachen sich eifrig jene und entwarfen aller Art Tötungspläne. Wer von jenem Hof ins Aug’ ihnen fiel, den töteten gleich sie, unzählig viel. Sie plünderten alles, was aufgepackt, und schleppten Mâhûj fort, bloss und nackt.) Als der Schuldige Bižans Gesicht sah, verschwand aus dem Hirn seines Schädels ihm der Verstand. Vor Angst ward er wie des Lebens beraubt und rinnender Sand gestreut auf das Haupt. Da sprach zu ihm Bižan: »Schlechtrassiger Mann, keiner zieh einen Diener wie dich heran! Was liessest den guten Herrscher du morden,
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der Herr des Throns und des Sieges geworden? Schah Vater auf Vater und selbst Schahrǝjâr, ihn, der Nȏšînrawâns echter Erbe war?« Also gab er Antwort: »Der schlechten Natur entspringt Ermordung und Tadel nur. Ob der Untat lass abhaun mein Haupt mit der Axt, dass du dieser Menge es vorwerfen magst.« P (Er fürchtete, dass er ihn schinden lasse, den Leib durch das Blut ziehn in seinem Hasse. Sein Inneres erriet der tapfere Mann und hielt mit der Antwort einige Zeit an.) Er antwortete: »Ja, das ist’s, was ich mache, damit ich mein Herz entlade der Rache. P (Bei dem Mut und dem Wissen und Einsicht kam dir nun auch nach dem Königsthron die Begier.«) Er sprach’s und die Hand hieb er ab mit dem Schwert ihm: »Diese Hand hat im Bösen keine Gefährtin.« Nach dem Handabhaun sprach er: »Die Füsse, die zwei, haut ab, damit er ortsgefesselt sei!« Er befahl dann, dass Nase und Ohren das Schwert abtrenne; so setzte man ihn auf ein Pferd. Er befahl: »Haltet ihn im heissen Sande, bis ihn der Schlaf überkommt vor Schande.« Er befahl schliesslich, dass man den Kopf abschlage, warf ihn hin und setzte sich zum Gelage, C n. 877 (Stricke zog man ihm vom Kopf bis zum Fuss; vom Hofe erscholl der Trompetengruss.) Ein Herold kreiste rings um das Heer, von Zelt zu Zelt hin wanderte er: »Untergebene des Königsmörders, hört! Dass ihr euch nirgends unsinnig empört! 869.1 schinden: mhd. häuten oder enthäuten (auch quälen), äusserst grausame und qualvolle Hinrichtungsmethode, seit der Antike bis in die Neuzeit praktiziert.
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Wer den Herrn nicht verschont, dem soll es ergehn wie Mâhûj: nie möge der Thron ihn je sehn!« Seine drei jungen Söhne im Heere waren alle ausgestattet mit Thron und Tiaren. (Der eine war Fürst, Gurâz genannt, durch den Mâhûj Ruhm fand und Stolz empfand, Kommandant von Marw zu jener Zeit, da Mâhûj ward getötet in Niedrigkeit; als er leuchtete noch, liess als ältestem Sohne er anfertigen ihm eine goldene Krone. Doch als es mit Mâhûjs Glanz war vorbei, kam von allen Seiten nach Marw Reiterei, die Stadt ward erschüttert, Getöse entstand, voll Kampf und Tumult war das ganze Land, Gurâz ward im Finstern umgebracht und der ganzen Familie ein Ende gemacht.) Zugleich ward entzündet ein hoher Brand und der Vater mit den drei Söhnen verbrannt. Vom ganzen Stamm war kein einziger verblieben, jeder, der ihn ersehen, hätte sonst ihn vertrieben. Ob des Königsmords dürstet’s nach Rache die Grossen, ein Fluch auf die Sippe ward ausgestossen; »Verfluchung verfolg’ sie und möge nie mit Recht man je unterlassen sie!« (Auch Bižan, der Türk, war ein schuldhafter Mann, und auch über ihn brach der Schicksalstag an. Vernunft wurde fremd einem Mann solcher Art; ich vernahm späterhin, dass er wahnsinnig ward; so war’s, bis er schliesslich Selbstmord beging. Bravo, mit dem Buckel du tanzender Ring!) Doch nun kommt das Zeitalter ʿUmars schon; er bringt Religion und die Kanzel wird Thron.
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Fünfundsechzig Jahr gingen hin über mich, an Schmerz und Müh mehrt’ mein Denken ich. Zur Geschichte der Könige fühlt’ ich mich gedrängt, in die Hartnäckigkeit eines Sterns gezwängt. Grosse und gelehrte Edle von Welt schrieben alles ab sich ohne Entgelt, (so stolze Männer und allseits bekannte, deren Merkmale in diesem Buche ich nannte.) Als Zuschauer sass ich von ihnen fern, du meintest, ich sei Tagelöhner der Herrn. Mein Lohn war: es riefen Bravo! alle, und von diesen Bravos zerriss meine Galle. Die alten Geldbeutel blieben verschlossen; der Verschluss hat mein helles Herz tief verdrossen. ʿAlî Dailamî Bû Dulaf aber hat daran Anteil von den Edlen der Stadt, der mein Werk unterstützte mit Güte zumeist als ein Mann mit immer hellwachem Geist. (Auch Abû Naṣr Warrâq, dem Edlen, gelang vieler Vornehmen Werbung für diesen Gesang!) es ist Hussain, Sohn Qutaibs, aus der vornehmen Welt, der von mir kein Wort wollte ohne Entgelt, Kost und Kleid kam von ihm, Gold- und Silbersegen, durch ihn könnte ich Füsse und Schwingen bewegen, Mich liess unbekümmert das Steuergesetz und ich wälzte mich inmitten des Federbetts. Als das einundsiebzigste Jahr kam in Sicht, geriet das Geschick unter mein Gedicht. In der wackligen Welt Jahre fünfunddreissig war in Hoffnung auf Schätze ich mühselig fleissig; doch die fünfunddreissig gingen dahin und brachten mir absolut keinen Gewinn.
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Jetzt, da ich nahe dem achtzigsten Jahr, ist’s mit aller Hoffnung urplötzlich gar. Nun schliesst die Erzählung von Jazdǝgird im Monat Sipandârmuḏ am Tage Ird. Seit der Hiǧra sind’s fünfmal achtzig Jahre, dass ich sang dieses Buch der Schahrǝjâre. Der Thron Maḥmûds möge immer blühn, sein Herz sei froh und sein Haupt immer grün! (ganz Einsicht und Adel und Wissensbronnen, der Perser leuchte, der Araber Sonne.) Ich pries ihn derart, dass mein Wort immerdar der Welt bleibt, geheim oder offenbar. Wollen mich die Grossen mit Lob beehren, so muss auch dies noch sein Lob vermehren. Es lebe der Kluge in aller Zeit in erstrebter gewünschter Wirksamkeit! Dieses Buch lass ich ihm als Gedächtnismal, sechzigtausend der Doppelverse an Zahl. (Rede und Gehör hat die Zeit mir geendet, als sich meine Jugend ins Alter gewendet.) die Samen der Worte verstreut’ ich beständig. Ich sterbe fortan nicht, denn ich bin lebendig, Wie ans Ende gelangt mein glorreich’ Gedicht, bin ich’s, von dem das ganze Land spricht. Wer Verstand hat und Glauben und Wissen erworben, der wird mich segnen, wenn ich verstorben. (Und tausendmal Segen und tausendmal Heil werde schliesslich von uns dem Propheten zuteil und über seine Familie sei Segen und ich segne ihn auch meines Glaubens wegen.) 904.2 im Monat Sipandârmuḏ am Tage Ird: Am 25. des 12. Monats
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Band 1 Zur Einleitung (Florian Schwarz) .......................................................vi Vorwort (Nosratollah Rastegar) ........................................................xiv Zur Herausgabe von Pollaks Übersetzungstext (Nosratollah Rastegar) ...............................................................xx Tafel der Abkürzungen ....................................................................xxiii XX
Regierung des Iskandar ......................................................1
XXI
Regierung der Aškanier ...................................................121
XXII
Herrschaft der Sasaniden. Regierung des Ardašîr Bâbakân ......................................167
XXIII
Regierung des Šâpûr, Sohn Ardašîrs ...............................208
XXIV
Regierung des Ôrmuzd, Sohn Šâpûrs .............................214
XXV
Regierung des Bahrâm-i Ôrmuzd ...................................220
XXVI
Regierung des Bahrâm-i Bahrâm ...................................224
XXVII
Regierung des Bahrâm-i Bahrâmîjân .............................227
XXVIII
Regierung des Narsî-i Bahrâm ........................................229
XXIX
Regierung des Ôrmuzd-i Narsî .......................................231
XXX
Regierung des Šâpûr ḏu’l Aktâf ......................................233
XXXI
Regierung des Ardašîr-i Nîkôkâr ....................................274
XXXII
Regierung des Šâpûr ibn Šâpûr .......................................276
XXXIII
Regierung des Bahrâm, Sohn des Šâpûr ........................279
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Regierung des Jazdgird Bazegar (des Verbrechers) .............................................................282
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Gesamt-Inhaltsverzeichnis
Band 2 Tafel der Abkürzungen ........................................................................vi XXXV/1 Regierung des Bahrâm Gôr ...........................................325 XXXV/2
Regierung des Bahrâm Gôr ...........................................429
XXXVI
Regierung des Jazdgird, des Sohns Bahrâm Gôrs ..........488
XXXVII
Regierung des Hurmuz, des Sohns Jazdgirds ................490
XXXVIII Regierung des Pêrôz, des Sohns Jazdgirds .....................492 XXXIX
Regierung des Balâš, des Sohns des Pêrôz ....................501
XL
Regierung des Qubâd-i Pêrôz ........................................513
XLI
Regierung des Kasrâ Nȏšînrawân ................................. 538
Band 3 Tafel der Abkürzungen ........................................................................vi XLI Regierung des Kasrâ Nȏšînrawân ...................................635 (Fortsetzung aus Band 2) XLII
Regierung des Hurmuzd .................................................814
Band 4 Tafel der Abkürzungen ........................................................................vi XLIII Regierung des Chosrau Parwîz .......................................933 XLIV
Regierung des Qubâd-i-Parwîz .....................................1187
XLV
Regierung des Ardašîr, Sohn des Šȇrôj .........................1225
XLVI
Regierung des Farâjîn Gurâz .........................................1232
XLVII
Regierung der Pûrânducht ............................................1238
XLVIII
Regierung der Âzarmducht ...........................................1241
XLIX
Regierung des Farruchzâd .............................................1243
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Regierung des Jazdgird ..................................................1246
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