Sagen der Vorzeit: Band 4 Die Teufelsbeschwörung. Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht [Reprint 2022 ed.] 9783112664247, 9783112664230


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Table of contents :
Die Teufelsbeschwörung
Einleitung
Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht
Erstes Buch
Kapitel 1
Kapitel 2
Zweites Buch
Kapitel 1
Kapitel 2
Musiknoten
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Sagen der Vorzeit: Band 4 Die Teufelsbeschwörung. Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht [Reprint 2022 ed.]
 9783112664247, 9783112664230

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Sagen der Vorzeit von

Veit Weber.

Vierter Band. Die Teufelsbeschwörung. Die Brüder des Bundes für Freyheit und,Recht.

Mit Röm. Kaiserl. aller.gnädigster Freyheit.

Berlin, bey Friedrich Maurer 179i-

Den

deutschen Männern den Vertheidigern der gesunden Vernunft

und der Rechte der Menschheit wider Geheimnißkrämerey und Unterdrückungssucht

Heinrich Christoph Albrecht Zohann Friedrich Radicke

Georg Heinrich Sieveking Hieronymus Joh. Bernhard Sitse

in Hamburg

gewidmet.

Die

Teufelsbeschwörung.

Eritis ficut Dem feien tes bonum et malum,

Mephistopheles. Folg'nur Sem alten Spruch und meiner Muhme der Schlange, Dir wird gewiß einmal bey -einer Eottahnlichkeit bange.

Göthe im Faust.

IN güldnen Zeitalte» der Möttchsherrschafft über der Laye» Verstand und Willen, da die Äapukenträ, Her allein Haushalter der Geheimnisse Gottes seyn tvossten, und ein heiliger Geist nur sie allein Künste und Wiffenschafften lehrte; da eines Unbeschor'nen -üchtigster Blick unter den Schleier der Natur Hoch­ verrath wider Gott war, und er nur, gegen Verpfän­ dung seiner Seele, Weisheit lernen konnte vom Leu­ sel ; da schon diese Lernbcgierde ihren unbekutteten Verehrer zwischen vier Mauer», Kunstfertigkeit ihn auf die Schrndbühne, Naturkunde auf den Scheiter­ haufen brachte: lebte, in Salerno, ruhig und zufrie­ den den Wiffenschafften, der Laye Pietro Narliardo, ungestöhrt den edeln Künsten zu einer Zeit, sol­ cher Jahrhunderte Mutter, welche einen Galiläi zur Aa Ab-

( 4 ) Abschwörung richtiger Nachdenkensüberzeugung mit -em Bannstrahl der Kirche ängsteten/ einen Savanarola auf den brennenden Holzstoß warffen, und Johann Faust durch den Leusel zum Fenster hinaus­ holen ließen/ weil sie dem Menschenverstände Bahn brachen durch die Wagenburg des Mönchsunsinns. Ein Jahrhundert/ vor Pietro's Augen gebohren und ausgereift/ eilte ciuch vor seinen Augen zum Grabe. Dies hatte ihn reich gemacht an Erfahrung und Men­ schenkenntniß/ und besonders der Lehre Befolgung ihm eingescharfft: nicht mit Künsten zu stolzieren/ von welchen Pfaffen und Mönche allein den Nießbrauch begehrten; nicht frey es zu gestehen/ daß er der Ur­ bildnerin nachschleiche auf ihren geheimsten Wegenund sich mühe, den Ring in der Kette erschaffener Wesen zu erspähen- welcher Engel und Teufel mit Menschen verbinde. Darum kannte man ihn nur als den Mann, der Jünglinge in eitler- menschlicher Weisheit unterrichtete- und das Geschafft neidete ihm der Mönch nicht; mußte dieser doch- einen heidni­ schen- ketzerischen Dichter verstehen zu lernen^ in der Stellung eines Hundes, der die Geissel fürchtet, vom hochwürdigen Abte dazu die Erlaubniß erheulen. Heim-

(

5

)

Heimlich, wie die Natur ihre Zeugungswerke,

trieb Barliardo k'e Geheimkünste der Zahlen und der Zauberey; doch entging den Habichtsaugen der Plätt, lirrge sein hohes Alter nicht, das noch mit so man­

chem Vorzug der Jugend prangte: nur durch Schwarz-

künsteley und des Teufels Freundschaft gestärkt, kön­ ne er, im fünf und neunzigsten Jahre, das Leben so

heiter anlächeln, und, von der Gesundheit geführt, des Todes vergessen, der, ihm schon hörbar, seine

Sichel wetzen müsse; das wähnten die Mönche. Un­ ter Pietro's Schüler mischten sie ihre Kundschaffter; ohne Frommen: der Greis entsagte dem Unterrichte

der Jugend, um mit der Gewißheit sterben zu können, daß seine Gebeine, in geweih'ter Erde, modern wür, den. Den Abend seines Lebenstages wollt' er allein

der Erziehung eines elternlosen Neffen widmen, den nahm er in sein Haus, ernannte ihn zum Erben sei­ nes Vermögens, und lehrte ihn die Rechtschaffenheit

kennen, den ächten Stein der Weisen, welcher seinem Jnnhaber die unedelsten Erze in Gold wandeln kann. Dem Umgänge mit der Welt entzog er sich ganz; Bü­

cher, mit Zahlen und Beschwörungsformeln angefüllt,

der Knabe Benederro und ein armer Detter Svam A 3

cesco,

(

6 )

«•co# den er diesem zum Gespielen und Ausseher

gab, waren seine einzigen Geselischaffter.

Nur der Knabe lebte dem Genuß der Gegenwart, der Greis, wie Francesco, in der Hoffnung der Im

fünft. Fehlte es gleich dem jungen Manne im Haus« Barliardo'S an keinem Gute, das der Götze Bauch federn und die Göttinn Bequemlichkeik heischen

konnte; doch würde er bald geringere Bauchestege

und geminderte Bequemlichkeit an größere Jugend­ freyheit getauscht haben: hätte ihn nicht eine schöne Nachbarin», die Tochter eine» vom Schlage gelähm­

ten, verarmten Bildner», mit Wucher, für da» ent­

schädigt, wa» ihm die Grämeleyen eine» Greise» und die ungesalzenen Possen eines Knabe« raubten. Sobald sich Benedetto müde gespielt, sobald Pietro in seine Bücherey i) sich eingeschlossen hatte, dort,

durch Mährchen, bekannter mit Geissern zu werden,

welche zu rufen er immer noch fürchtete; dann ssahl sich Francesco $u Enemonde, und lockte, durch Küsse,

einen freundlicherer« Geiss auf den rothen Mund der

Jungfrau, als je, durch schreckende Beschwörungen, ein Schwarzkünstler hätte Hervorrufen könne». €» i) Bibliothek.

c 7 ) Es war der holde Liebesgeist, der Zauberkreise von Kreuzen, Todteiigebeinen, weißgebleichten Hirn­

schädeln, Schwerdlern undHeiligenüberblcibseln nicht mehr achtet, als ein gescheuchtes Reh die Raine des

Jagdbezirks, der Weihwafferkessel umtandrlt, Mönchs­ platten mit Nardenöl salbt, durchs Sprachgitter i»

die Nonnenklöster schlüpft, und durch jeden Men«

schensinn sich einen Weg zu Menschenherren bahnt;

jener Geist, der aus Feuer gezeugt, doch für des dritte» Himmels edelster Jnnsaffe gehalten wird, der, strotzend von kindischem Muthwille» und Launenthorheiten, der geehrteste aller weisen Meister ist, und

dem, wenn er gleich in keiner Kirche einen Altar hat,

doch alle Welt die Kniee beugt. Lag Francesco in Enemondens Armen, im reizendsten Zauberkreise, tön­

te der Liebesbeschwörung Küssegezisch; dann ließ sich der Geist willig seiner Heimath Geheimnisse abfragen, löste die vestgeknüpstesten Räthsel, und sagte

den Neugierigen, durch die plaudernde Dollmetscherinn, die Hoffnung, ihre Schicksale vorher. Ausgefragt hatten die Liebenden! bald de» Geist, da ver«

wies er ihren Forschungstrieb an den Geist der Ehe,

und willig war der Buhle, auch diese» zu beschwö-

A4

re».

c ren.

8

)

Der Jauberkreis blieb , und durch Aech;en,

Händedrücken, Seufzen, Lächeln und Grämeln, durch

Geberden der Wuth und Verzweiflung, foderte der

Beschwörer vom Geiste der Ehe, ihn einzuweihen im schönsten aller Geheimnisse, lohnender gewiß dem

Vollendeten, als 'es je ein Geheimniß seyn konnte,

das die Herrschsucht oder der Hunger unter Spitzsäu­ len verscharrte, auf die Stirne des sonnebegierigen Adlers heftete, in Nebel hüllte, hinter einen leder­

nen, bebänderten Schur; barg oder in einen Schmelz­ tiegel senkte.

Hatte er nur dadurch zum Heiligthume

gelangen können, Francesco wäre durch Feuer gewa-

bet, durch reißende Waldströme geschwommen, hatte

l-nger als fünf Jahre Stillschweigen gehalten, sich mehr als dreyen Gelübden unterworffen, Lraumlei,

lern auf den Knieen erklettert, und gewiß den schau-

dervollsten Eyd geschworen, Pfaffenschrifft für Gottesschrifft zu erkennen und seine Vernunft unter dem Ge­

horsam ehrwürdig begrauter Narrheit gefangen zu

halten. Zum Lagewähler wuxde er, zum Jeichendeu, ter, zum Lodtelifrager; er achtete auf der Vögel Ge­

schrey, auf das Girren der Laube, auf den Wollustfuf der Wachtel, auf die Wechselschläge der Nachti­ gall,

C 9 ) -all, auf das Kreische» des Spatzeö; erbauete Altare

unter dufftenden Myrtenlauben, im Schattendunkel des großblättrigen Ahorns, im Dickicht schwarzgrüner Kastanien; er betete an in der Kühle des Abends, am Bache, der mit ihm sanstmurmelnd betete, im erfri­ schenden, stärkenden Morgenthau, er belebte die er­

quickungslose Mittagsstille durch seine Liebesklagen:

umsonst alles, der Geist der Ehe blieb unerbittlich.

Als nun Francesco jedes Opfer gebracht, jede Art der Anbetung, jede Form der Beschwörung versucht

hatte; da fragte er endlich seine Enemonde: warum sie sich weigere, dem ihre Hand zu geben, dem sie

so willig ihr Herz gegeben habe?

Enemonde. Weil ich dir nicht zugleich Säcke voll Jechinen bringen kann, die Hand, welche dein Liebes­

taumel offt rund, seidenweich und safftvoll nannte,

deiner abgekühlten Lust gekündet, sanft und fleischig zu erhalten.

Francesco. Enemonde! Enem. Spare Worte für Fremde; mir sagt schon

das Aufschwellen deiner Gesichtsmuskeln, das deine Stirne mit Hügeln besäet und deinen Mnnd zum

fiumpfen Kegel fei mt, -eine Antwort deutlich. Wohl A 5

weiß

C 10 ) weiß ich, baß nicht meine Körperschule allein, die mir das Schicksal, nach Aussage dreyer Zeugen, mei' nes Geliebten, meines Spiegels und meiner Eitelkeit, gab, den jungen Barliardo unter dem Winde meiner Laune halte- aber ich weiß auch, der blindgebohrne Francesco hatte sich deswegen Enemonde Coroaldi Nicht zum Liebchen gewählt, weil ihres Blutes Pulse selten stürmisch klopfen, nie schleichen. Wohl bin ich gewiß, Francesco werde mich nicht verlassen, nicht deswegen mir zum Hochzeitsbette den Sarg öffnen, wenn jezt ein giftiges Fieber Knoten in meiner Haut aufwürffe; aber gleich gewiß bin ich auch, Francesco Blicke würden nicht mit Wohlgefallen auf meinem Gesichte verweilt haben, trüge es schon seit einigen Jahren die Narben der Krankheitswunden. Denn, holder Liebling, glaube mir, zu jeder aufrichtig ge/ meinten Liebeserklärung lieh Körperlust die Gedanken; kleide sie, in welche Worte du willst, es bleibt der Jnnhalt derselbe — Laß mich ausreden, Trauter, du hörst, ich habe mich vorbereitet auf diese Antwort. Auch wir Dirnen haben Sinne, sie werben offt den Männern unsre Herzen, wenn sie ihnen diese nicht gar verkuppeln. Ein so ausgedörrtes Mannsge­ rippe,

(

II

)

nppe, Hcm man'S «»sehen könnt«, «S sey, durch Hül­ fe der Magerheit, dem Ringe entschlüpft, der es an die Ruderbank gefesselt hielt, das nun, jerbrocheu durch Unglück und Mangel, umherschleicht, keicht, wenn es auf ebnen Boden einhergeht, rusammenschaudert, wenn ein Windstoß den Staub non den Baumr Wipfeln rüttelt, aus dessen Auge» Krankheit und Krasstlofigkeit weinen; rin solches Etwas, das sich nur durch sein Klappern, von einem Schatten unter­ scheidet, wird uns nie $Ut Gegenliebe beschwätzen können. Eure Blicke hefften Jugend, Schönheit, volle Reire; unsre Blicke Stärke, Muth, MannStrotz. Die Ringe der Ketten, welche euch binden, schleifen sich bald durch; die Fesseln, so uns belasten, werden immer haltbarer durch den Gebrauch. Eure Gewalt über uns ist vestgegründet auf dem Bedürffniß der Schwachen, Schutz ru haben; unsere Gewalt über euch ist dar Kind eurer Begier: stirbt die Mutter, woher nimmt dann dies, immer unmündige, Kind, Krafft forttudauer» 3 Eure Stärke spottet der leisen Berührung, die leicht, wie des Knaben Finger de» Farbenstaub von des Schmetterlings Flügeln streift, «»Ire Reite verwischt; unsrer Seelenvvrrüge werdet ihr

( 12 ) ihr gewohnt, unsre Tugend federt ihr als Pflicht, und Pflichtleistungen halt man selten des Danks werth; die Gesetze der Anständigkeit und Ehetreue habt ihr gemacht, und. euch, wie's so oft Gesetzgeber thun, ausgenommen von der Verbindlichkeit, sie ru haften; des Dirnenversührerö lacht ihr oder lobt ihn, die ver­ führte Dirne verachtet ihr oder bestraft sie — für;, wir schmachten als Eheweiber noch immer in euren Banden, wenn uns langst alle Macht genommen ist, euch unterjocht zu halten. Franc. Viel weise Bemerkungen, Enemonde; doch immer nur der Eingang ;u deiner Rede. Enem. Du solltest mein nicht spotten, Francesco; ich sprach Worte, die der gute Geist der Liebe mir cingab. Franc. Gute Geister geben nur gute Worte ein, und ist nicht Verweigerung deiner Hand der Jnnhalt dieses Geschwatzes? Das Gold, so du mir geben könnest, solle mich rum glücklichen Ehemann machen! Ha, warum vergafft' ich mich denn nicht in unsrer lieben Frauen Bild tu Loretto? Goldes hat es. die Fülle. Warum laß' ich mir nicht einen Heiligenschä, del antrauen, der in einer silbernen Kapsel liegt r Das

(

n

)

Das hölzerne Bild in Goldblech gekleidet, der nackte Todtenkopf in Silber gefaßt, wird mir die zärtlichste Gattinn seyn, der Goldklang mich tristen im Unglück, der Silberton mir rathen — Enem. Warum willst du mich nicht verstehen? Verstanden wir uns doch einst ohne Worte, und jezt sind dir diese nicht einmal verständlich genug! Du bist ein Mann, wie alle Manner sind, und die Aus/ nahmen eures Geschlechts taugen allein für die Klausen. Ihr bereitet euch nur durch's Spiel zum Ernst vor, wie durch Turniere der Ritter zum Vlutkampfe; doch ist der Ernstkampf geendet, dann verlangt ihr wieder vom Spiel, daß es euch erheitere: vermag dies das gewöhnliche Spie! nicht, was hindert euch, ein anders zu suchen? Aber auch ich, Francesco, bin ein Weib, wie alle Weiber sind, und die Ausnahmen unter uns sind nur für Spittel und Irrhaus erschaffen. Der Trieb, euch zu lieben, die prickelnde Begier, von euch geliebt zu werden, webt alle unsre Hoffnungen, bildet alle unsre Wünsche, beseelt alle unsre Entschlüsse, beherrscht alle unsre Handlungen; diese mächtigen Weibergitzen lehren uns die Künste der edlern Buhlerey, schneiden unsre Gewänder zu und ändern sie so -fft,

(

14 )

esst, schaffen unsre, die Schönheit so wohlkleidenden, die mittelmäßige Gestalt verschönernde» Liebeslaunen,

um immer, durch Neuheit, eure Begier zu scharffe».

Euch trägt die kleinsüßige Dirne das kurze Gewand,

euch die Schönarmige weite Aermel, euch die Vollchusize den Schleier von Netzwerk; euch wehen di«

dicken Locken, ohne Band, im Winde, euch schalle» di« kosende» Töne des Gesangs süßer Kehlen, euch

runde» sich, im Hukdlacheln, die Grübchen auf Pfir­ sichwangen. Alles für Manne liebe! ist der Dirnen

Wahlspruch. Wir fliehen euch, damit ihr uns folgen sollt; wir thun spröde, um, unbeachteter, de» Liv

besköder beäugeln ju können; wir verweigern, daß

ihr nicht tu früh merkt, wie gern wir geben; wir

stellen uns offt zornig, wenn ihr uns etwas raubt, da­ mit euch nur unsre Freude den Dank nicht verrathe, daß ihr es thatet. Alle streben wir, de« Anfang des

güldnen Alters unsers Lebens, des Liebesaltcrs, so

früh, als es nur immer uns möglich, herbeyzuzwingen, selbst das Dirnchen, so noch nicht reif ist zur

Mannsumarmung, sucht es zu scheine»; alle mühen

wir uns, das Ende des Liebesalters, so weit wir nur

können, hinauszurücke», daher die eckelhafftesten aller un-

(

15

)

nnedeln Vuhlkünste, die Aufründungen des Er­

schlafften, die Larventünchereyen abgelebter Weiber. Die Dirne, weiche sich dies nie selbst gesteht, belügt die Natur; die, weiche es euch zu früh verrath, bringt sich um das höchste Weiberglück. Jezt bist du

noch mein, holder Francesco, ganz mein, bist mir

der Schöpfer eines neuen Lebens — Svanc. Mädchen, du spielst mit mir! Wozu die

goldstückene Decke auf dem Block, vor dem ich ster, den soll? Enem. — ich lebe nur durch dich; warum sollt' ich mich so früh todten durch einen Ehestand, wie der

unsre seyn würde, wenn Arbeit —

Franc. Enemonde, ist'ö nur das? Dies die Klufft, zwischen uns, von welcher du wähnst, sie sey nie aus,

zufüllen? Den Kuß der Ehe; Morgen bist du mein

Weib. Hab'ich denn nicht Krafft, zu arbeiten; hast du nicht Muth, mir zu helfen?

Errem Ich habe nicht Muth, dir zu helfen, nicht

Glauben an Fortdauer deiner Liebe, wenn mir schwe­ re Arbeit die Reize genommen hat, und diese wartet

unser; die Arbeit des Söldners, der, für das Thra,

uenbrodt eines Tages, mehr als die Halste der Nacht LU

(

i6 )

zu Hülffe nehmen muß, und dann der Ruhe flucht, weil sie ihn nicht genug stärkt zur blutsauer» Arbeit des kommenden Tages. Ich habe mir auch einst lieb­ liche Träume geschaffen vom Eheglück, selbst unter dem lastenden Joche der Arbeit; leicht, wie Spiele der Kindheit, so wähnt' ich, müsse dann jede Mühe

werden, das aufgefangene Regenwasser lieblicher mun­ den als der Safft der reifen Granate, die trockenste Brodrinde gleich den östlichsten Leckerbissen, am Ar­ me der Gattinn, angelächelt, gestreichelt von ihr, dem Manne das Unglück Glück, das Herbe wohl­ schmeckend, das Wenige wunderbar vermehrt werden. Franc. Und jezt warst du von dem nicht mehr überzeugt, von dem ich, wie von meinem Daseyn überzeugt bin, glaubtest nicht -? Enem. Ich glaube nicht mehr, weil ich sah, und auch du wirst nicht mehr glauben, wenn du siehst. Laß uns noch einige Schritte weiter gehen, dort, an jenem Häuslein uns setzen. Schon kühlt der Abend­ wind die Hitze des Tages, und bald wird nun Gobbo, der Bewohner dieser Hütte kommen, seine we­ nigen Rebstöcke zu behausen. Von ihm lernt' ich, wie schnell die verzärtelte Liebe vom Hause -er Armuth und

c

i7

)

unb Arbeit entweiche. Schau, dort kommt seine Frau. Erkennst du noch jert die schöne Rosabelle, die, vor

twei Jahren, Mannern Thränen der Begier, Wei« bern Thränen der Eifersucht entxreßter Franc. Teuflinn «Zerrschsuchr, als du deinen

Thron in Weiberherzen gründetest, nahmst du Besitz

von deinem Geburtslande! Kein Nasrümpfe», Enemonde; du mußt's gestehen: jedes Weib mogle gern

herrschen, durch Kindergebähre» und Mutterschaft, über den Ehemann, durch Schönheit über alle Män­

ner und Weiber. Soll dsün Rvsabelle noch jezt den Gaffern schon seyn, noch immer Eheweiber jur Eifer­

sucht reijen? Wenn sie nur ihrem Gatte» schön ge­ blieben ist. Enem. Und wen» fie's ihm nun nicht geblieben

wäre? Doch, mag Rosabelle selbst entscheide».

Grüß' euch Gott, junge Frau. Ihr tragt so schwer; die Hacke hätt' euch eur Mann auch wohl abnehme» können. Könnte mir manches abnehmw — erwiederte die

junge Frau, und trocknete fich eine Thräne von den blauumränderte», mattstrahlenben Augen — könnte

Sag.d.Vorz./k-'.B.

B

Mir

(

18

)

mir manches abnehmen ; hätt' er nur nicht selbst, s»

viel ru tragen. Franc. Tragt ihr es doch für ihn, er für euch;

tragt ihr es doch beide für eure Kinder. Rosab. Ach, eS lastet doch; auch trüg' ich's ger« ne, weun's nur frommte. Aber wir erarbeiten uns kaum so viel, daß unser Hüttendach dem Regen trotzen kann, daß diese Tücher unsre Leichname decken, daß

Mvdt und Wasser uns sättigen- Ich hab die heilige Jungfrau «hmalS um Kinder gebeten, je;t dank'ich ihr, daß sie mir keinS gegeben hat; woher hätt'lich

Nahrungskrafl nehmen sollen, eS mit meiner, Milch zu füttern, woher die Zeit, sein ru warten? Mutter oder Kind hätten zur Grube müssen drüber.

Encm. Arbeit ist schwer, gute Frau, doch erleichtert sie euch ja die Liebe des Mannes.

Rosab. Dacht' es ehmals auch; ist aber nicht wahr worden.

Wann sollen wir wohl an Liebe den­

ke»? Im Schweiß deS Angesichts liebelt sich'S nicht,

und ermattet von der. Arbeit, noch weniger.

Ich

niag Gobb» anschauen, so oft ich will und so freund­ lich ich eS nur vermag; doch griesgrämt er. Mag

ihm sagen, was ich nur Lieber und Gutes weiß; doch flucht

(

19

)

flucht er seiner Tollheit, sich ein Geschöpf aufgebürdet

zu haben, das seines Lebens Glück niederdrückt. Mag

ihn tristen, so herzig ich's kann; doch schwatzt er da« von, er werde sich bald zu den Banditen geselle» müs­ se», und für'S tägliche Vrvdt, Pilger plündern: und

sag' ich dann ein harttvnendeS Wirtchen, strack­ droht er mir mit seinem Dolche. Ach, wäre gewiß

meiner gern frei und ledig! Mögen's einige Monate

seyn, da ich siech war; so lange mir die Krankheit die Eßlust nahm, war er noch leidlich gut: als mich

aber wieder hungerte, und ich doch noch nicht arbei­

ten konnte, fluchte er mir bei jedem Slücklein Brodt, so er mir reichte.

Franc. Er war doch sonst nicht so rauh. Rosab. Ist's auch erst nach unsrer Heirath wor­

den. Es hat ihn sein Vater enterbt, weil er mich

rum Weibe nahm, und nur diesen kleinen Weinberg ihm, wie ein Allmosen, gegeben; doch war er deß,

in den ersten Wochen unsrer Ehe, wohl irufrieden, sagte »fft, kenn' er nur immer bei mir leben, mehr

wär' ihm dann diese Hütte werth denn ganz Salerno: änderte sich aber bald. De- gute», bequemen Lebens bei seinem Vater war er gewohnt, hier fand er alles D a

anders;

(20

)

anders; da ward auch er verändert.

Ich grämte

mich und grämte mir die rothen Wangen bleich, »nd die runden Arme hager und eckich, verweinte das Feuer meiner Augen; da gefiel ich ihm auch nicht mehr.

Eine rauhe Stimme schrie aus der Hütte: He,

Schwätzerinn, stiehlst du schon wieder der Arbeit die Zeit durch dein Geplauder?

Fort rum Weinberg,

oder — Rosabelle erschrak- Gobbo kommt — rief sie —

ich muß gehen, sonst schlägt er mich. Franc. Was? Ich will ru ihm, ihm vorstellc» — Rosab. Nein, geht nicht $u ihm, reizt seinen Neid nicht; ich hätt's nur dann noch schlimmer. Und

hgb' ich'S nicht verdient, daß er mich so behandelt?

Ich hält's vvrhersehen können, wie's werden würde

mit uns, und wollt's nicht. Die Heilige» behüthe» euch Beide vor solcher Blindheit.

Sie ging zum Weinberge, Francesco an Cnemon, den» Seite rur Stadt zurück. Lange sprachen Beyde nichts; endlich fragte Francesco: Also du nimmer die

Meine, Enemvnde?

E»cm. Nicht eher, e» sey den» die Arbeit Zeit­ kürzung uns, nicht-Strafe, eine Würze, nicht der Tod

( ai ) tob hu fr er Liebe. Diene du noch einige Zeit mit aller Treue dem alte» Barliardo; vielleicht vermacht er dir etwa- in seinem letzten Willen. Franc. Nimmer; er würbe glaube», jede Lire, die er mir schenke, dem Knaben Benedetto tu stehlen. Encm. Bleibt dir dann noch ei« Schatz, de» er dir! nicht vorenthaltrn kann, seine Kenntnisse und Wissenschaften; bring' ihn um diese durch de» edelsten Raub. Au- der Fundgrube nahm er seinen Reichthum. Franc. Kenntnisse und Wissenschaften lassen sich nicht so leicht und schnell schöpfen, wie man Wasser au- einem überrinnenden Bor» schöpft. Jahre werde« Hinschnecken *) und ich immer nicht der Deine seyn. Enem. Fürchtest du, da- Alter werde mich haß, lich machen? Franc. Nicht -a- Alter fürcht' ich, wohl aber den Ritter Horazio Orsalini. Hat er sich nicht schon bey deinem Vater eingebuömet? Wa- sucht er im B; Hause

*) Wie Schnecken kriechen. dessen Verjüngung Wieland im

Ei» »ernststes Wort,

4t ne zum güldnen Dank zu beschwatzen, unb um eine Hochzeitögabe anzuhalten. Lobspruche der Fahigkei,

ten des Knaben, seiner Offenheit und uneigennützigen Gutherzigkeit machten den Eingang, und innig zu­

frieden würdigte Pietro jedes Lob mit einem: wahr!

und setzte endlich hinzu: Er ist ein weiches, eindrucks­ fähiges Wachs; jeder Stempel prägt sich rein und

kenntlich drinn aus. Franc. Drum, Heil dem Knaben, daß ihn euch

das gute Glück übergab, ehrwürdiger Herr; eures

Gepräges Abdruck zu tragen, würde Fürstensühne zie­ ren. Hat man doch immer drüber geschrieen, wie

ungerecht und thöricht Frau Fortuna handle, wie abhängig von Launen sie sey; bald zugleich gebe und

nehme, bald den erbebe zum Königsthron, der im, mer unter den Sohlen des Geringsten im Volk, als

Fußschemel, sich hatte krummen sollen, bald dem Biedermann zum Hochgericht bringe, und den Schur­

ken zur Heiligsprechung, mit Wunderkraft begäbe, das wahre Lugendverdienst anerkenne, wenn es nicht

mehr nützen und das Laster ächte, wenn es nicht mehr schaden könne; wie sie Eiterjauche in Porphyrgefaße

Md Labewein in morschgefaulte Eimer fülle, den Lah­ men

c 29 ) wen rum Eilboten, den Blinden zum Wegweiser und den Stummen zum Herold mache, und deutlich dadurch beweise, sie sey noch nicht den Schmetter-

Ungstagen der Kindheit entwachsen: jezt glaub'tch, man urthelte ohne Beweis, oder, wie trage Ohren,

richter nach dem Ausspruch der Folter. Wenigstens däucht mir, Fortuna habe mich und Benedetto erse*

hen, diese übereilt gefundenen Urtheile zu widerlegen,

und die Reise ihres Verstandes, die Ueberlegung bey der Wahl ihrer Günstlinge, das-Hell sehende ihrer

Augen zu begründen; den holden Benedetto führt sie, durch des weisen Barliardo's Unterricht, Gunst und

Reichthum, zur unabhängigen Wohlhabenheit, zum forgenfreyen Lebensgenuß, und mich Unwürdigen laßt

sie hinwelken int Nichts meiner Armuth. Pierro. Wie, Vetter, ihr nennt euch arm? Habk

ihr nicht das Nothwendige, erfreut ihr euch nicht selbst des Entbehrlichen? Sind eure Arbeiten mehr

als gesundheitstärkende Bewegungen? Eure selbstge, schaffenen Sorgen, sind sie nicht eine scharfe Würze, eure Glückekost, durch täglichen Genuß unschmack,

hasst gemacht, zur Neuheit aufzufrischen? Seht ihr

nicht, wie in der Gegenwart, so in der Zukunft, eine Glücks,

C 30 ) Glücktärndte für euch reifen, die euch keine Aussaat kostete? Jezt säe ich für euch, nach mir wird es Be­ nedetta thun.

St’Aitc. Mein Vater — ihr erlaubtet mir, euch

so nennen $u dürsten, und schon diese Benennung sagt

euch, daß ich mich aller eurer Wohlthaten erinnere—

wähnt nicht, das Geständniß meiner armen Unwür­ digkeit sey Vorwurf gewesen; eS war, was die weir-

läustige Erzählung eines Genesene» von der Gefährde feiner Krankheit, in de« Arzt'S Gegenwart, ist, ein

Dank, den Worte nie besser ausdrücken, Dank für

das, was eure Vatergüte mir gab, was Benedelto'S

FreundeSgüte mich hosten läßt.

Aber werd' ich nie

mehr begehren als Kleider für meinen Leib, schmack­

hafte Speisen für meinen Hunger, Wein für meinen Durst, ruhigen Schlaf für meine ermatteten Glieder? Ueberreich dünkte sich der Knabe dabey, zufrieden der

Jüngling; ihnen war Körpergenuß alles, Farben er­ setzten ihnen den mangelnden Werth der Dinge, sie

glaubten. Glück bestehe nur darinn, immer zu em­ pfangen; ihnen ahndete nicht, es sey größeres ^lück, geben zu können. Ich bin Mann worden, die eigen­

nützigen .Spiele des Knaben, die, alle« auf sich bezie­

hende»

(

3i

)

henden, Arbeiten des Jünglings, eckeln mich an; ich

sehne mich »ach nützenderer Thätigkeit, nach Wese», die mich dazu begeistern, glücklicher werden babiu'dj;

ich fühl's, Abhängigkeit ist nicht die Bestimmung de« Mannes, durch seinen Schutz sollen Schwächere ab­

hängig von ihm seyn; ich erkenn' eS lebendig, wir sollen als Knaben und Jünglinge borgen, um, als Männer, Hauptstuhl und Zinsen zehnfach rurückgebcn

tu können. Mir gnügt nicht mehr rum vergnügten

Leben, die Aussenseite der Dinge $u kennen; der

Dinge Werth solle mir die Dinge um mich begehrens» werth machen, daS will jezt mein Herr, deß Daseyn

mir sonst nur sein Pochen nach einer Erhitzung an­

deutete. Und noch finde ich unter den denkenden Wesen um

mich keins, das sein Daseyn, durch mein Lächeln in froher Thätigkeit, glücklicher werden fühlte, dem

mein Mürrischseyn, über daS ewige Einerley meine-

Nichtsthun'-', daS Leben vergällte; ich fühle mich so reich an Thatkrafft, und wer ist reicher an Zufrieden­

heit durch mich geworden? Ich komme unter Men, scheu und bin und bleibe nur Zuschauer ihrer Freude.

Wie im Schleifer der Tänzer um seine Mittanzerin», s»

(

32

)

so dreht sich Jeder im Kreise seiner Gefreunde; mir

tönen nicht di« Schmeichelbefehle erworbener Freund­ schafft, mir willst kein Auge, nach mir streckt sich

keine Hand aus, mich in einen solche» Wvnnereigen tu ziehen. Man grüßt mich, redet mich an, ladet

mich kalt rin, bewirthet mich kalt, und sieht mich, gleich kalt, wieder gehe», dem Gedächtniß der Ge-

sellschafft bleibt von mir nur zurück, daß ich zugegen war, dort hasstet nur das, was ihr an mir mißfiel; hätte sich Einer der Mitmirgeladenen durch mich be# leidigt gehalten, im weite» Reiche der Möglichkeit

findet er kein« Ursache, von mir eine Erklärung zu

fodern, ich bin seiner kürzesten Frage nicht werth. — Kein Gedanke kümmert sich um meine Gedanken, kein Herz wird dem meinem nachgezogen, kein Seufzer

wünscht von mir belauscht zu werden. Nie darf mein

Herz reden, immer nur mein Mund, denn nicht Herze», nur Ohren, hören mir zu. Vergeß ich's einmal,

daß ich nicht des Geschlechts Vetter bin, so nennt man mich einen zutäppischen Witzbold, komme ich,

ohne geladen zu seyn, einen Ueberlastigen, biethe ich

meine Dienste an, einen Geheimnißerschleicher. Ich

bin nicht-, weil es mir Keiner sagt, weil er mir Kei­ ner

c

33

)

«er dankt, daß ich ihm etwas war.

O, Vater, er

ist eine schreckende Ueberzeugung, Keinem etwas zu

seyn, es macht einen Boden unfruchtbar, der laben­

de Frucht tragen könnte, schafft eine Wüste um mich, unabsehlich mir, wie die Ewigkeit. Diese Wüste zu beleben, darnach verlanget mich heiß, denn in ihr sreuete sich ein denkendes Wesen allein nie seinsDaseyns.

Pierro. Grübeleyen, Vetter, eitel Grübeleye»! Gespinntze der Langenweile, Gebilde des übersättigten

Genusses. Franc. Ich habe mich vffr selbst gefragt, waö mir

noch dazu fehle, meine Unzufriedenheit auf die Folter

gespannt, daß sie mir gestehe, waö sie zur Zufrieden­ heit umschaffen könne; und ich hatte einen Stummen War ich krank, eS

auf die Marterbank gebunden.

halff mir eure Pflege, die Arzney eurer Kunst zur Ge/

sundheit; war ich traurig, Venedetto'ö Scherz trieb die Gramlaune aus meiner Seele: doch schränkt sich

Menschenunglück nur auf Krankheit und Grämeley ein ?

Wenn ich jezt stürbe, ihr würdet mich betrauern, Benedetto würd' in einigen Tagen sein Spielzeug

nicht anrühren; aber ihr werdet mein doch vergessen, Sag.d.Vor-z./^.B.

C

und

(

34 )

und ich mögte so gern in eines Merisch-n Andenken, bis zu seines Gedächtnisses Ende leben — Pietro. Guter Vetter, ihr würdet in meinem Gte dächtnisse leben. Äranc. — es verdient haben. Ach, nicht leben allein; in seinem Glücke fortdauern, deß Schöpfer ich wäre, würken, handeln — Ich weiß selbst nicht was — Pietro. So däucht es mir. Franc. Schon je;t nicht leben allein mir einem theilnehmende«, vernunftbegabten Wesen, auch in ihm leben, leben durch dies Wesen; sein Leben mein Glück, seines Glücks Fortdauer, mein Leben ; Eins werden können mit ihm! Gemeinschafft der Güter, Gemeinschafft der Krafft, wie der Schwäche unter uns, Austausch einer Freude gegen die andre. Min­ derung eines Leides durch das andre! Ein Zweck, gleiche Mittel! Thun und Lassen, Wollen und Nicht­ wollen aus ähnlichen, gleichen, denselben Ursachen entstehend. — Ach, ich bin jezt nichts, wie der Feuer­ stein nichts ist allein, wie der Stahl nichts ist allein; nur wenn sie miteinander zu einem Zwecke würken, erzeugen sie Feuer. Ich bin eins Saat km dürren

Bo-

( 35 ) Bsde«, mir fehlt der Rege», der meine Krafft zum Keime», rum Fruchttragen aufschwelle.

Pierro. Meine und Benedetto's Freundschafft wird rureu Kräffte» der Regen seyn.

Lranc. Ein Staubregen, fürcht ich, mein Vater,

der nur die Oberfläche des Landes färbt, nicht zu den Saalkörnlein dringt; und meine Kräffte bedürfen ev

ne« Gewitterregens rum Keimen. Pierro. O, Francesco, die Freundschafft hat Fel.' ftnlMien fruchtbar gemacht ru guten Thaten.

Franc. Ich lustwandelte vox einiger Zeit mit Benedetto am Meersgestade, vor uns auf ging eine Dir­

ne. Ihr Wuchs — O, Menschenschvpfer, wie unge, heur tief siehe» wir unter dir; wir können dir nicht einmal nachschaffen mit Worten! — Ihr Gewand verhüllte, nicht de» Schmuck der schönen Glieder, es

umgab sie, wie dieser Bernsteintropfen in eurem Fingerreif, die hineingesunkene Ameise, ohne sie r« ver­

hüllen, er jeigte bas Nackte in der schönen Beklei­ dung der Schamhafftigkeit nur schöner, das Vollen­ dete nur reirender im Schleier der anspruchlosen Ein­

fachheit. — Leicht, wie rur Atzung die Lerche, schweb,

C -

U

(

?6

)

tt diese Dirne über den Boden hin; sie ward ein« Atzung, die mich lockte. Pietro. Vetter, ihr werdet geschwätzig, und er­ müdet mich.

Franc. Ist das Ohr des Freundes so bald" taub für daS — wen» auch — Geschwätz des Freundes; dann erzieht mich nie die Freundschafft zur Auftieden«

heit. Tagelang hätte die Dirne meinem Geschwätze tugehvrt. Pierro. Wie euren Mährchen Benedetto zuhvrt,

um sie zu vergessen, daß er fragen könne: Weißt du nicht ein neues Mährlein, Francesco?

Franc. Bey meinem Leben! nicht darum; son­

dern es, wie eines Sterbenden Aufträge zu behalten. Nahe waren wir ihr gekommen, der Schall unsrer

rasche» Schritte hemmte ihr Fortgleiten; sie schau'te

zu uns um, und Benedetto faltete die Hande, senkte die Knie und rief: Ach, Francesco, die hochgebene« de'yte Jungfrau!

Pierro. Würklich! Und ihr, Vetter?

Franc. Ich wurde nun erst, wie durch ein Licht Erhellung wird, umgab sie so, folgte ihr so, und im Augenblicke meines Werdens endete auch meine

Selbst-

(

37

)

Gelöstheit. Ihre Blicke zogen meine Lebenskrastt in

sich, mein Können, mein Wollen, sie nahm mir al­ les, indem sie mir alles gab, ich fühlte mich, ansge-

raubt bis auf das Bewustseyn, daß ich eS war, s»

sehr Nichts, daß ich mich nicht einmal über diese

Entwürdigung härmen, nicht dieser Würdigung mich freuen konnte.

Pietro. Wie das eine Würdigung heißen mag, ausgcraubt zu seyn! Ey, ey, Vetter!

Franc. Sie mußte ein Geräusch hinter uns ver­ nommen haben, denn sie wandte sich zur Stadt, ich

mit ihr, wenn ich gleich des Vesuv's Aorngebrüll

überhört hätte.

Ein Reiter sprengte un- entgegen,

an ihm erschrack die Dirne, und eilte zu einem nah­

liegende» Kästenwald, der Reiter ihr nach, und ich! Pietro. Und Benedetto?

Franc. Fragt ihr den, der zum Himmel hinauf­

gehoben wurde, ob er Acht hatte seines Pilgersta­ bes? — Der Reiter schlang seine Feldbinde um den Leib der Dirne, sie schau'te mich an, ein Blick um

Hülffe, der Teufel zur Rettung eines bedrängten

Heiligen gezogen hätte! Meine Kräffte waren jezt, alle tausendfältig vermehrt, wieder mein.

C $

Hinab

vom

38

c

)

vom Roß stieß ich den Reiter, riß ihm das Schwerst von der Hüffte, warf es ihm vor, und rief: Flieh,

Räuber, deinem Rosse nach, oder ich tödte dich.

Pierro. Und er entfloh. Die Geschichte wußt' ich schon, Vetter, man sprach überlaut von euch; daß

ihr sie mir verschwiegt, gefiel mir: mit seinen Thaten

pralen, heißt, das Stämmchen, so man jezt geimpft hat, nah' über der Erde abbrechen. Doch das zu er«

rathen, was euch zu dieser Tapferkeit stählte, müh'te

ich mich immer umsonst. Franc. Der Blick war meinen Kräfften fcuchterjeue gender Regen. Pierro. EnemondenS Blick? Vetter ihr errothet bis an die Stirne.

Sollte auch der Blick Meinem

Benedetto den Freund geraubt, Liebe euch gelehrt ha< den? Jur Gluth wird die Rothe eure- Gesichts; Detter, ich tkttre für euch; Weiberblicke solcher Art

sind Irrwische, welche den Wanderer in Sümpf«

locken.

Franc. Und wenn nun EnemondenS Blick mich Liebe gelehrt hatte? Pierro. Würd' ft euch Begier gelehrt haben, in

einen Köder ru beißen, der eine Angel umhüllt.

Franc.

(

39

)

Franc. Sollte Liebe fange», um tu tödte»?

Pierro. Und wenn sie auch nur sangen wollte; ieät'6 nicht schon Nnglück's genug, gefangen tu seyn?

Franc. Wer sich selbst Fesseln anlegt, dem ist di« Gefangenschafft Freyheit.

Pierro. Wer sich Liebesfesseln anlegt, der giebt

seinem Liebchen hie Schlüssel zu den Handschellen. Franc. Liebe macht den Mann und da« Weib tu

einem Wesen; der Buhle behält allso die Schlüssel zu

de» Fesseln, wenn er sie auch der Geliebten giebt.

Pierro. Unb. das Weib wirst dann die Schliff» fei weg!

Franc. Wohin kann eS sie werfen, daß sie der

Mann nicht fände; ihr« ganze Welt ist ja der Ort> wo sie Beyde miteinander leben? Pierro. Wozu die Witzeley? Ernsthafft, Vetter.

Eur Hm drängt euch zur engern Verbindung mit Menschen, und nur Liebe und Frcuirdschaffc bleibe» euch dazu die Wegweiserinnen, beyde IwillingStöch, ter einer Mutter, der Selbstliebe; die erste erhielt

von der Mutter die Fürstenkrone, die andre von die, ser nur ein kleines Ablehn, doch der Ewige gab ihr

«ine schönere Krone. Jene, eine junge, schälkische

C4

Dirne,

(

40 )

Dirne, die über jedes Hinderniß hiniregtändelt,

dringt sich euch auf; diese, eine ernsthaffre Matrone, die, bedachtlichen Schritts, jede Grube, jedes Stein,

chen umgeht, will gesucht seyn. Jene sodcrt die

Aufopferung eures Eigenwillen-, und kirrt euch dar»,

durch des Altars Schöne, vor dem ihr anderen sollt; diese heischt dasselbe Opfer, schweigt aber bey dieser

Federung von dem Ersatz für diese Entäußerung.

Jene plappert, wortverschwendend, von den Freuden de- Himmels, zu dem sie euch führe; wortkarger« jählt euch diese nicht- davon. Jene giebt euch dop­

pelten Genuß durch die Vorhererrählung dessen, so

ihr genießen sollt, und ihr genießt darum weniger, weil eure Phantasey euch mehr versprach, al- ihr von der Würklichkeit empfangt, sie setzt Schauessen auf,

welche die Hungrigen nur erfreuen, wenn speisenvolle Schüsseln neben ihnen stehen; diese verspricht nichts,

weil sie nicht Soldner, die blos de- Lohns wegen ar­

beiten, verlangt: giebt aber alle- euch, was sie hat, wenn ihr am Ziele seyd, und sie hat de- wahre» Glücks Füllhorn ru ihrer Willkühr. Jene prunkt in

Gold und Seide einher, ihr steht darum überall der

Zutritt offen; diese ist in ein ärmliches Gewand ge, kleidet.

(

4i

)

kleidet, deswegen bleibt sie auch fern von Fürstenh!,

fen. Ihr sollt wählen, Vetter, und wählt zur Füh,

rerinn die Liebe, denn immer noch gilt die Farbe euch eine Urkunde.de- Werth- einer Sache; noch im, iner ist euch der Geruch de- Kraut'- erster Vorzug,

nicht seine verborgene Heilkrafft; noch immer über, seht ihr wahrer Freundschafft Farbenlosigkeit, und

greisst nach dem Farbengemisch der Liebe.

Iu Han,

teilt, zu würden hat die Freundschafft, darum kann

sie nicht die Zeit aus Schmuck wib Prunk verwenden, sie ist ein rüstiger Alchymist, der nicht nacff seinen Arbeit-kleidern, sonder» nach dem Golde in seine» Tiegeln beurtheilt seyn will; die Liebe tändelt, Tän,

deley will Schmuck und Flitter: dem, der nur dik Augen zum Schauen allein hat, gefällt der Schmücke,

bold •) immer eher, als der geschafftige Arbeiter.

Freundschafft ist Werth ohne Farbe, dieser gilt euch noch nicht-.

Franc. Und Liebe wäre vielleicht Farbe ohne Werth?

Pietro. Da- nicht, 6b sie gleich vfft ihren Werth von der Farbe borgt. Ausfallend war e- mir immer,

C; ') Stutzer.

wen«

(



)

wenn ich bedachte, wie so sonderbar Liebe und Che

miteinander stehen. So lange die Liebe der Ehe, ih­

rer Juchtmcisterinn, noch nicht Unterthan ist, malt sie von cher Ehe ein reitendes Jaubergemälde, im stärksten Lichte gehen die Hanptgestalten vom Holxr hervor, ihr Licht blendet den Schauer, und verhindert,

daö er der dunkeln Schatten nicht gewahrt, welch«

diese Lichtgesialten so hervorhebt, ohne die sie nicht seyn würden; ist nun die Liebe mit Ehren unter di«

Haube gekommen, dann müht sich die Ehe selbst, daß von ihrem Kenterfay die Farben abblättern, und -a-

tvurmstichiche Holt den Käufer aneckle.

Ihr weicht mir aus, Vetter, wendet euch ab, und eilt zum Fenster; ich folg' euch.

Schau, über dir

glatte Meersebene rauscht eine Galeye. ') Wie ein

raubwitternder Hay durchschneidet sie den Wasserboden, schwimmt stolt daher mit ihren Wimpeln und

Fähnlein; ihr Gebäude spiegelt sich weit hin über die schaumgekränzten Wellenkreise, die der Ruder Ge­

gner! schlägt, in jenen tiefen Kielfurche kräuseln sich die kleinern Wogen, trichiersirmig, ihr nach! Ein

stattlicher Anblick! Wie dem Auge, unverwandt, d«

Ga< ') Galeere,




Vollrath. So ist's; wir fände» ihn auf dem

Heerwege —

Gan; entathmet stürjte je-t Herr Ernst ins ®e
uige dem Morgenländer, ehrfurcht-werther, denn ei» vom Vater auf den Sohn fortgeerbtes Kleinod, um verletzlicher, denn ein mattgerung'ner Kampfer. Zu­

rückhallen will ich meinen Athem, daß er nicht die

Blüthe eurer Tugend verwehe, meine Hand, daß

sie

nicht einmal ihren Schatten berühre, meine Blicke, daß nicht die Lust, welche bey'm Lüpffeil der Augenlied«

euch trift, diesen Thautropfe» »erschlage. Und deß hatte Adelbert Kunde, und doch konnt er, mit gewappenter

Faust der Verführung, durch dies Spinngewebe greif, fett? Ich will's dir lohnen, Unschuldsmörder, will

dich, im Namen meines ganzen Geschlechts, jur blu­

tigsten Rechenschaft federn, daß du «S so beschimpf­ test. 0, fei« Laster ist schändlicher, kein'S erniedri­

gender, deu Dirnenverführung, eS ist Einbruch in'S

Heiligthum Gottes, bittrer Hohn, daß er dem schwächsten Geschöpfe VertheidigungSwaffen gab, nur nicht dem Weibe —

Maria. Schweigt, Falkenhelm, daß ihr nicht

selbst dem Schöpfer Hohn sprecht. Wir, wen» gleich

schwach, haben doch göttlich« VertheidigungSwaffen. Eine unsichtbare Wagenburg umschließt die Tugend,

hält von uns rntfernr die Verführer» Worte, nur

halb

( 22Y )

halb hervorgehaucht aus -em Munde der makellos«»

Dirn« schlage», wie Sturmesbrause», an das Ohr -e- Wollüstling-, ei» Blick der Verachtung, eine

Thräne des gerechte» Unwillens find himmelhohe Zwinger dem Anlauf der frechste» Buben. Dort ist unsre, des Rockens, der Nadel gewohnte Hand, stär»

ker denn des Mannes Faust, wie gelähmt vom Blitz, fällt dort der Roßebändiger -em Zürne» unsrer An,

gen. Doch wehe un«, wen» wir Lder dies«» ÄreiS treten; die unreinen Geister de« Lasters erhalte« da»»

Macht über unsre Ginne; wehe uns, «en» die« Pa, radieS hinter unserm Rücke» liegt, der schwächst»

Westhauch hat dann mehr Kraft $« widerstehen, al« wir —

Horch! Go unterbrach der Gudhainrr

sei»

Weib. — Pferdegestampfe! Zum Fenster neigte «r

sich und tief: Schroffeneck kommt! Auf, Ernst, ihm

entgegen, und dann,' ,um JmbS. Wirst uns ja wohl bald etwas aufschüßrln, Trautchen, und etwas Gu,

tes; werden sich Gäste genug um den Tisch dränge»,

wie ich's gern habe. Laßt UNS «ine» Tag der Vorteil

schaffe«, Ernst, dir Sorge« verscheuche«, so lange wir schmause», kaue ungern Grille» mit hinunter, so die

P 3

schmack,

( -;o ) schmackhaftesten Speisen verfalle». Und nur'bann, wen« die Humpe»/ dreymal geleert/ vor uns stehe»/ heb' das Gespräch von unsernr Mißgeschick an; die Humpen sey'» unsre Räthe und unsre Rächet

hie Schwerdttk-

FalkenhelmS unerwartete Erscheinung in derLanp Halle hatte di« Freude auS de» Herzogs Seele ver­ bannt. Die SchreckenSkLlte der Furcht vor Ernst'« Rache, die sein Herl lusammenstarrte/ ging über in

alle Versammelte. ES schwiege» die Jubel deS Sai­

tenspiels, die Füße der Lanzer schlichen, wie ver,

krampst über de» Boden hi«, volle Becher wurde» »iedergesetzt auf di« Credenltische, und unausgeführt

stockte manches wollüstigen Schranzen langüberdach, ter Plan, Dirnenunschuld $u ternichten. Eleonore

gewahrte der schnellen Umwandlung, doch blieb ihr

die rechte Ursache verborge».

Ein Meuchelmirder,

so log der Herlvg ihr, wie den Uebrigen, sey, ihn zu tidten, herbeygeschlüpst.

Nur Otbert wußte die

Wahrheit, Sprache und Schild deS von allen An,

-er« Unerkannte», mußte» ihm, wir tu bekannt seyn;

aber

( 231

)

«ter er sang die Lügenweise de- Herzog'- fort: Wahr»

heil zu reden frommte ihm feite«. Seinem Herr«

unt> Eleonoren, die sich eifrig mühte, ihren Gesiebte» ans der ofne» Halle in die veste, sichre Pfalz zu bringen, folgte er, betäubte sie durch Seelbade,

seyen (io) über Menschenbosheit und Rachsucht,'

P4

durch

(io) So schrcli ich, well ich folgend« Ableitung de« Wort«

annehme.

Der Aussatz wurde von den Kreuzfahrern

nach Europa gebracht.

Um hier die Ansteckung -u ver«

hürhen, bau'te man Pefthäuser, wo sich die Siechen auf,

halten mußten, und errichtete Badstnben, weil, größten-

theils, die Unreinlichkett drese Seuche verbreitete.

Da

es schwer hielt, die Menschen aas den niedern Volksklaf, fen jener Zeit zur Reinlichkeit zu gewöhnen; so machte» Mönche und Pfiffen das Baden zur heiligen, verdienst-

sichen Handlung, und überredeten dieLayen, sie könnten dadurch ihre Sünden abwaschen, oder Vergebung für sse

erlangen.

Diese Bader wurden daher Seelenbäder

genannt, in viele- Klöstern Badstuben angelegt, und

Dermachtniße zu Seelenbadern gestiftet.

Die Mönche

unterließen auch dort nicht, den Saamen auSzustxeuen, der ihnen

hundertfältige Frucht bringen mußte, und

schwatzten den Badenden von ihrer Mönchöhetligkir, Un. fehlöarkeit, Menschenliebe re. viel und immer eins und

dasselbe vor; daher denn, ohnjweifel, das Wort 6tcV (en.

(

232

)

durch WortgetLse, von -er Engel und Heilige» nieer»

»übenden Sorge für da« Leben ihrer Verehrer $ daß halb ihre, von der Furcht gehärteten Augenmuskel«

Freudenthränen erweichten, und sie, nach einem zärt­

lichen Kuß, sich loßriß von Adelbert, um in ihrem Gemache dem Himmel laut, für seine Rettung |tt

danken. Auch den Herzog suchte nun Otbert zu be­ schwätzen, es sey der Gewappnete nicht Ernst von

Falkenhelm gewesen; aber er fand einen zu hartnäcki­ gen Gegner im Gewisse» des Fürsten, der inn're An­ kläger sprach zu laut, zu bestimmt, zu überzeugend

wider diese Lüge. Die Furcht verließ nicht Adelbert» Herz, eö schwand nicht das Erzittern seiner Gebeine.

Unähnlicher denn die Finsterniß dem Lichte, waren di«

Stunde« nach, den Stunden vor Mitternacht. Lau, teS Freudengetümmel lärmte vorher, jezt lagerte sich

auf (

Malend!. Und die Leute zu todte« befiehlt, so

tum Lösche« herbeyeilen, da seinen salschurtheilende» Augen die Vurg immer noch ein Haidekrautbü-

hel ist.

Schroff. Gar die Schlüssel zu den Nothbrunnen wegwirfft, weil er wahitt, die Asche einer Veste dün­

ge, wie Haidekrautasche. Zalkenh. Und ihr kaltgaffende, ruhige Zuschauer

des Brandes i Schroff. Zuschauer? Müßten San« sonderliche

Liebhaber vom Juschauen seyn. De» Fiebertollen

würd' ich packe», wo ich ihn auch faßte, und ihn fortschleudern, so weit ich's vermöchte. Ma^enbl. Ich auf die Warte rennen, und ob sie

schon im Gruude glüh'te, .dem Lhürner das Horn

aus der Hand drehen, blasen — Biederst. Ich die Nothbrunnen aufhauen —

Sundh. — auf die dicksten Flammen mich stür­ zen, durch meine Schwere sie zu ersticken.

Loelest. Ich würde suchen, Handveste», Briefe und Urkunden dem Jor« der Brunst zu entreiße». Willh. Ich mich davon machen mit den liebe» kleinen Äindlein.

Die

( 287

)

Die Mönche und Lttapprn. Wik wollt«« Was«

ftk iukragcn.

Falkenh. Allst es ist Niemand da, der das Feuer besprechen will? Gelöscht soll werde« durch That?

S, es war schon geschehen, hättet ihr euch nicht, gleich den Füchse», wenn sie Iagdgeschrey hören, iit den Vau de« Geheimwesens rurückgejogen. Gelöscht

muß werden durch LhatI Das ganze Land flammt i» Einem Brande i«m Himmel.

Der stinkende

Rauch wird weit umher getrieben, verfinstert dadurch den umliegenden Gegenden der Tag. Der glühende

Aschenregen versengt die Saat in den benachbarte» Sauen. Die Rechte der Jnnsaße« werden verschüttet,

im Drandgewimmel zersetzt die Freyheitsbriese der

Stände, die feurige Lohe verschlingt eure Haabe, frißt eure Kinder------ Auf, rum Löschen l

Alle. Auf, rum Löschen.'

Falkenh. Aber wie? Ich habe hier keine Stirn, M«, keinen Willen, sie zu lenke». Hier steh' ich ar,

mer, einschildiger Ritter (iy) de- Bundes mit mei, »em (if) Chevalier d*un Eseü, ein adlicher Dienstmann, der nur mit feinem Leib» dient,

«eichet« zogen au» mit einer

( -8S )

nem ganten Vermögen. Sprecht, wie wollt ihr das Land retten vom drohenden Verderben? Schroff. Nicht durch Seegensprechen. Sundh. Wer niedergeriffen hat, mag wieder auf/ lauen. Sieberff. Wieder ersetzen wer gestohlen hat, waer stahl. Falkenh. Hin allso, die« vomHertvg tu erstehen. Alle Hitter und Änappen. Nicht erflehen! Fehde! Fehde! Falkenh. Gegen Adelbert, euern Fürsten? Coel. Fürst? Wer war ursprünglich der Fürst? Der Erste unter seines Gleichen, der vor dem Heer zog, der vorderste im Treffen; daher der NaMe. Sundh. Und wer machte ihn -atu? Wir selbst durch unsre Vorfahren. Loel. — Die ihn ernannten tum Pfleger eine« pflegebedürffligen Volks, da« feine Gluckshabe, eben weil einer gemen Eleve, (Lance fournie) welche, mit ihnen aus zween rtttermaßigen Knechten, einem Knappen und vLoßbuben bestand. Die Mächtigsten führten zehn, zwanzig und mehrere Helm.

f

28y

)

viel Köpfe viel Sinne sind, nicht rum Beste» des Ge­ meinwesens anzuwenden verstand.

Sundh. Nur bey Armen und Sieche» sind Pfle­ ger vvnnöthen; unsre Vorfahre» waren —

€oel. — siech, weil sie zu gesund und arm, weil sie zu reich waren. Auf einen Punct die Lhätigkeit Aller zu lenken, zu einem Zweck das Vermögen Aller

zu verwenden, dazu wurden Fürsten ernannt, jener Punct, jener Zweck das Beste des Ganzen. Für diese

Mühe versprach man den Fürsten Ehrerbiethung, wie billig, Folgsamkeit, wie klüglich, und Hülfe gegen

die Feinde der ganzen Gemeinschafft, wie recht; Mit­

pfleger, allso auch Mitüberschauer, Mitordner wur­ den dem Volk« die Stande, der erste Pfleger blied

der Fürst.

Schroff. Ihr schmeichelt den Fürsten, Bruder Abt. Ich halte dafür, sie ließen sich von ihre» Schwerdtern die Oberpflegschafft auftragen. Doch es sey dem allso, wie ihr sagt. Ist den» dadurch der Pfleger rum unumschränkten Herrn seiner Pfleglinge

worden? Ist der Lenker meiner Rosse dadurch, daß er die Zügel hält, Herr meiner Rosse? Und wenn

der Pfleger seiner Pflegbefvhlne» Rechte, Vermöge»

Sag. t>. vor;. IK. L.

T

und

( sgo > und Freyheiten vergeudet, »der vergeuden läßt durch Andere, gleichviel; sollen dann diese nicht drüber kla­ ge», ihn nicht rar Rechenschaft liehen dürffenr Wenn meine Knechte, pi ihrem Vortheil, meine Ross« ab­ treiben; maß ich da;u stillschweigen ’ Zalkenh. Auf dann rum Kaiser mit eurer Klage. Biederst. Zum Feuer mit unsrer schmutzige» Wasche! Schroff. Rede du Mir vom Kaiser! Bis sein Wille hierher reicht, geht et durch hundert Hände der Freande de» Beklagten- di« immer etwas seiner Krafft «ehmen; daß er rnlert, gleich dem Bolten, der durch üusgespaimte Netze, geschossen wird, zwar ans Ziel schlägt, ader auch ermattet j« Bode» fällt. Dis sei» Urtheilsspruch bey uns hörbar wird, schallt, surrt und saus't er durch so viele Sprachrihre, Vogelpfeife», Schalmehen und Trichter; daß et dem Beklagte» ein leises: Sündige ruhig fort, wird. Die Beschwerde des Völk- liegt bey den Mitpfleger« des Fürste» zum Spruch; warum sollen wir inudern, das Urtheil ab, tufaffen r Sündh. Zum Schwerdt, tum Schwerdt! Das Böse dulden, ist eben so strastich, denn das Böse ge­ llte

( 2Yl

)

biethen; dem Schwachen die Armbrust spanne», schier so schlimm, als selbst abdrücke». Sitzen wir je-t

still, und lasse» unsre Rappen ausfütter» und wacker

striegeln, daß sie Aepftl bekommen und stattlich glänten, wen» wir dem Herzoge auf Ehrenrüge» nachtra.'

den; so vertändeln wir unsre Rechte der Mitpfleg­ schafft, und sind Wahnsinnige, die Ihre Kinder rum Köder auf die Hürden der Wolfsgruben binden, Ot»

tulf, die neuen Schwerdter liegen doch vor dem Rost sicher? Wie? Sollten wir bittend der Kolbe eNtget

gen blinrel», di« unsre Hirnschädel zu zerschmetterst droh't, rucken unter den Streichen, und durch dies

Zeichen der Ohnmacht de» Uebermüthigen reijcn ist

neuen Deginstigungen? Nimmer! Dieberst. Ist nicht der ein Feiger, welcher um

Gnade betteln wollte, «en» er -ege» eine» Buschklep-»

per seine» SchwerdtS mächtig werden kann? Meist

Schwerdt gegen da» seine; so ist's in der Regel. Sckroff. Und ist mein Fürst dieser Buschklepper; mein Schwerdt gegen fern Schwerdt, meine Krafft

gegen seine Krafft, mein Lebe» gegen sein Lebt». Er

ist mir nicht mehr Fürst, sobald er Räuber wird. Wölfin. Der Fürst ist ein Gesalbter Gottes! T i

Schroff.

C

2YL )

Schroff. Wär's auch; die Salbung l«m Fürsten hat ihn nicht, als Räuber, unverletzlich erklärt. Aus­ gehetzt oder nicht; mir eins: ich greiff ihm nach der

Kehle, wenn ich's vermag, und erstick ihn mit den

Pfülben seines Thron's. Sundh. So ist's in der Regel! Mayenbl. Und allen bösen und schwachen Fürste»,

denn Böses würkt ihre Schwäche, muß und wird es allso ergehe». Und selbst spät in der Nachwelt, wen»

auch die alles verwitternde Zeit Mensche^sehnen abge­ spannt, Menschrnwille» abgeschlafft, Menschenkrafft abgeschwächt hat; wird die preffendste Unterdrückung auch die Schwächlinge aufrütteln, aufstarken, die letz­

te Schaufel voll Erde zurückzuschleuder», welche zur gänzlichen Betäubung ein schwacher Fürst auf sie schütt

ten ließ, ei» Wüthrich selbst auf sie warf: Hervor­

brausen wird rin Orkan, über de» Thron sich wälze», mit sich fortwirbel» den Fürste« —

Sundh. Zum Schwerdt, zum Schwerdtl Eschlage dem Herzog die Ader, daß er nicht an Voll­

blütigkeit — Wölfin. Aber warum solle» eben wir das thu»?

Sundh. Ha! Hai Ward'- euch sauer, die Frage her-

( 2YZ

)

Heraustubringe» 3 Kitzelt sie mich doch zum rache».

Aber gut gefragt hast du, alter Schalk, ganz im Gei,

sie mancher Großmütter, Muhmen, Basen und Nich, ten in Baretten und Niederkleidern, die auch, aus die

Weichen gestemmt die Hande, daß sie drein schaue», wie'n Dlumennapf mit zween Henkeln, und, als ob sie «ine recht weise Frage von sich gaben, kreischen wer, den: Allein, warum mußtet denn eben ihr die seyn,

so den überallglühenden Hasen mit nackten Fausten vom Feuer nahmen? Eigentlich sollt'ich euch nichts

drauf entgegnen, Wölfin, denn e- guckt eure Schalk, heil, gar großäugig, aus der Frage hervor; doch da

sind unsre Brüder Knappen: frommt solchen vielleicht «ine Antwort. Wollen vorher die Großmütter und

Basen ausreden lasse»; komme» doch sonst nicht

tu Wort. „Was kümmert das euch? Mag der Herzog ver, fechten das, was er thut. Gott wird ihn schon rich, ten. Wer da steht, sehe wohl tu, daß er nicht über seine eig'nen Spore» falle."

Nun antwort' ich: Es ist der Mann nicht bloda, daß er seinen eig'nen Fall verhüte, datu hatt'er

an einem Auge genug, genug an einer Hand, sich tu L 3

be,

begreife»: seiner Brüder Fall soll er zuvorjukomme»

suche»; dar» hat er zwey Auge», ,wo Fäuste. Ver­ fechten muß freylich jeder das, was er thut; aber auch

verfechten das, was er nicht thut: und wollten wir «ns denn die Sünde aufladen, es nicht verhindert ru habe», daß Adelbert Land und Leute unglücklich ma-

che? Und was das uns kümmert? Willst du ei»

Mensch seyn, wohl geht dich dann alles an, was der

Menschheit schadet oder vorrheilet, und wer sie leide» sieht, und Helffen kann, muß Helffen, sey'S durch Lehr

oder Warnung, durch Rath oder That; oder fort mit ihm auf ei» wüstes Eiland, dort mit Affen ;usammen zu Hause», und von Sittichen, denen er'S eingeschwatzt hat, sich Biedermann »ernte» r« lasse».

Doch, Brüder, ihr langeweilt euch bey dem Gewäsch. Ium Echwerdt! Wölfin. Alls» Empörung, Aufruhr r

Schroff. Empörung? Dann ist auch das Unwet­

ter, so die Lufft reinig't, Empörung der Natur wi­ der Gott.

Mayenbl. Wird -er Fürst selbst Empörer gegen de« Staat, durch Eingriffe in dessen Gesetze und Ver­ fassungen, der Unterthan dadurch leibeigen seinem

( - von Rechtswegen, eingezwängt-

erscheinen; sind nichts anders, als Fuchszähne oder, Adlerskralleu, den Schwächer» zu zerfleischen. Doch,

um eben diesen Uebergewalligen zu widerstehen, welche

ihre Stärke als die Handveste ihrer Obermacht gebrauchten, behagte es den Menschen nicht, im

Stande der thierischen Vereinzelung zu leben; sie

verließe» ihre Höhle», und traten zu einer Ver­ brüderung zusammen, deren Mitglieder Alle glei­

che

(

302

)

He Lasten ttagr» feite« > um gleicher Vortheile tu

genießen. Wölfin. Und seit diesem Zusammentreten? — Falkeich. — wurden sie Bauleute au einem und ßn einem Bau, der Zweck Aller einet, das Beste de« ®unten, zugleich das Grundgesetz der Verbrüderung. Dies Gesetz machte die Verbündeten menschlichste?, und erhielt ihnen diese Freyheit, so lange nichts sie hinderte, diesem Zwecke tu leben, da- tu chun, was jedem Eintelnen und Allen zugleich nützlich, also recht «ar. So verschiedenartig auch die Mittel und Arbei» len, diesen Zweck zu verwürklichen, seyn mußte«; so gleich waren doch alle Arbeiter einander durch den Zweck. Ohne Unterschied würkte Jeder für sich, da er für'« Ganze, für s Ganze, da er tu seinem Besten sich beschäfftigte. ES wurden die Werkleute uneins, den» Mancher suchte, das Beste le« Ganzen auf einer Waage, von seinem Eigennutz erfunden, tu wägen, und der Bau stockter Dies zu verhindern, wählte» die Arbeiter aus ihrem Mittel Aufseher, Schiedsrichter der Streit­ händel; ihnen vertraute die ganze Gemeinheit am «ach dem Grundgesetz der Genoffenschafft, über die Rech-

c 303

)

tenden z« urtheln, und tu strafen den Friedens, und FreyheitSstöhrer, der fein Wohl dem Wohl des Gan,

zen vorgezogen wisse» wolle. Dadurch wurden diese Erwählten nicht von der Arbeit losgesprochen, da,

durch sticht mehr de»» Ihresgleichen; man wies ih,

nen nur «ine andere Art der Würksamkeit an, neMlich achttuhade», zu untersuchen, zu urtheilen.

Ma»

stellte fir so, daß sie ihre Mitgehülffe« zum Bau «6er, sehen könnten, Und gab ihnen, daß auch Jeder sie

gleich kenne, gewisse Abzeichen, färbt« ihre Mänte

Mit einem tveitscheinenden Roth, Und hefftete um ih,

tt Häüpter schimmernde Ringe. Der Zweck Aller- daS Grundgesetz der Vereinten, die Mittel ihn zu errei,

chen, waren dadurch in Nichts verändert; es blieb der Aufseher der Knecht des Gemeinwesens, wie Der,

so den Schutt wegschafft«, Jedem der Lohn der Müht

gleich getheilt: doch gab nun die vestergefugte Ord, nun- dem Bau wahrere Schönheit, nutzendere Stär­ ke; doch wurde dadurch, daß man den Willen Met

durch den Mund Einiger bekannt machte, Zeit er, spart, und die Sicherheit Aller, das zu thun, was

recht, einerley mit dem, was dem Ganzen vortheilt«,

gefördert. Der Baumeister «ar und blieb die Frey, beit,

(

304 )

-eit, »der das, jedem Einzelnen gesicherte Recht, da­

thun zu dürsten, was ihm, rur Vollendung des Ge­

bäudes, zu thun oblag.

Nun geschah es aber bald, daß sich einige Aufse­ her des Verbrechens schuldig machten, $u dessen Ver­

hinderung oder Bestrafung man sie erwählte. Zu ih­ rem Einzelnutzen riefe» sie Arbeiter vom Bau ab, be­

gehrte» von den Steinmetzen, ihnen eine Ehrensäule 1» errichten, da doch die Forderung des allgemeine»

Glücks ihnen das schönste Denkmaal gewesen; ver­

langten von de» Maurern, daß sie ihnen eine veste,

sichere Pfalz bauen sollten, da doch die Sorge der Ge­ meinheit für die Sicherheit Aller, auch für die Si­

cherheit des Einzelne» wachte — Wölfin. Allein, hatten denn die Aufseher nicht da- Recht, dies zu heische« ?

Falkenh. Nein, denn nicht ihnen, dem gemeinen

Nutzen lebte» und webten di« Werkleute, und dieser Pflicht konnt' es nie seyn, den Achthabern eine Pfalz

t» errichte»; unter dem Gebäude, das die ganze Ei­ nung deckte und schirmte, fanden auch sie Schutz und

Obdach. Das, was sie nicht begehren, nicht einmal laut wünschen durssten, ertrotzten, erzwangen sie,

und

(

305

)

und der Mantel, das Wahrreichen ihres Amt-, wurde nun, dunkler gefärbt im Blute der Bezwungenen, dar Kennreichen ihrer Unwürdigkeit, dieses Amt ru ver­

walten, welches sie bald r» einem Erbamte machten.

Nu» mußten die Lasten rum Besten des Ganren auf­ neue »ertheilt werden; auch die Gewalt, die- thu» ru

sinnen, erkämpften sich die Schiedsrichter durch ihre Uebergewalt, und nahmen sich und ihre Gehülffen zu

Unterdrückung der Schwächer», vom Tragen aus: da­ durch wurde nun jedes einzelnen Trägers Arbeitslast

größer. Unter dem Uebertheil dieser Bürde ru keu­

chen, konnte nun nicht mehr die Pflicht de- Einzelnen seyn, denn es frommte dem Ganzen nicht, und so -ra­ chen die Friedensrichter, die Freyheitserhalter, zuerst das Gesetz des Friedens und der Freyheit, da sie heisch­

ten, r« thun, was nicht recht war.

Wer sich weigerte, die Säcke der Aufseher, dem geduldigen Esel gleich, jur Mühle zu «schleppen, aus,

lickte wider den Stachel des Treibers, de» strafte» sie, als hätt' er sich der Arbeit rum Allgemeinbeste» entzogen. So geschah's, daß diese Söhne der Barm­

herzigkeit Gottes, ihren Nutzen, statt des gemeine» Nutzen, zum Iweck der Einung machten, oder mitein,

Sag. d. vorz. IV. B.

U

ander

(

?o6

)

ander verwechselten, sobald er ihnen frommte, und

Gesetze gaben, welche dadurch, daß sie der Aufseher Vortheil vom Wohl der ganren Gemeinheit trennten, Eingriffe in das Haupt- und Grundgesetz wurde».

Ein Schritt führt rum ander», der erste Trunk reizt zum zweyten. Bald verlangten die Aufseher von

ihren Mitgehülffen dafür, daß diese ihre Äraffte zum Nutzen des Ganzen verwenden dürjste», Lohn, dulde, ten in ihrem Vaterlands kein Arbeitszeug, dem nicht

ihr Siegel aufgedrückt war, dessen Innhaber nicht für dieses Besiegeln bezahlt hatte. Sie nannten das, was sie der ganzen Gemeinheit gestohlen, ihr Eigen­

thum, trugen Verwaltung und Nießbrauch einzelner

Stücke ihren Brüdern auf, und erkauften sich dadurch die Fäuste dieser Habsüchtigen zur vesteru Gründung

ihrer Gewalt.

So entstanden die Vorzugsrechte des

Oberherrn, Abgaben, Zehnten, Zölle, Steuern, so die Lehnsverfassung und Leibeigenschafft.

Die Einfalt

hielt den güldnen Hauptring des Aufsehers für «ine»

Steruenkranz, den Gott selbst gewunden, ließ ruhig

das Grundgesetz der Verbrüderung verjähren, und es schwand die Freyheit, denn Jeder mußte nun thu«, was der Aufseher Recht nannte.

Nu» ward, statt des

c

zv7

)

des Gotteshauch, der Fürsten Wille, der Beherrscher des Menschen, er durffte nicht das übe«, was er als Recht erkannte, seine Kniffte dem gemeinem Nutzen

aufzuopfern) sondern mußte auf dem Acker des Ge, walthabers den Pflug riehen. Summa: Es ist nur ein Recht, für und rum Besten des Ganren würden,

nur ein Unrecht, dies verhindern. Mer das thut,

auch nur versucht, verdient ernste Weisung; frommt

diese nicht: dann halte man ihn durch That ab, Um recht ru begehen, er sey nun Fürst oder Knecht, Pfaff oder Laye.

Sundh. Wahr, wahr! Ich hörte das nie von dir, Bruder, nie von irgend einem Menschen, und doch baucht mir, ich gäbe dir jedes Wort ein, du

machtest nur meine Gedanken laut. Diebeist. Bey meinem Eydl schier so ist's mir.

So hatt' ich gesprochen, könnt' ich der Worte so leicht wie der Gedanken habhafft werden. Das, was du

sagtest, Falkenhelm, hat mir immer eine Stimme rm

gerufen; doch wo sie aufschallte, vermögt'ich nie tu ergründen.

Wölfin. Wen» aber eure Empörung —? Schroff, Es ist nicht Empörung, Mönch, Wir

U a

schwm

(

3OS

)

schwuren nicht so dem Herzog, wie du der Orden-regel. Wahle deine Worte besser, oder schweig.

Wölfin. Ich wähle nie ängstlich unter Ausdrücke», bin ich bey meinen Freunden. Wenn nun eur Aufste-

he» wider Adelbert das Unglück de« ganzen Lande­ würde? Lalkenh. Da- kann und wird nicht sey».

Bürgerfehde folgt nicht daraus.

Eine

Nur gegen Adel,

bett# Verführer blinken unsre Schwerdter. Wölfin. Wird es dem Ganzen fromme» ? Brüder,

nehmt meine Fragen für nicht- ander-, al-für da-, «a- sie sind, Kinder meiner Wißbegier.

Lalkenh. Es wird ihm frommen, den Uebermuth andrer Fürste» zügeln, das Glück unsrer Mitbrüder

schaffen oder erhöhen.

Denkt euch einmal de» Zu­

stand unser- Lande-, denkt, wie leicht und bald unsre

duldende Unthätigkeit di« Unterdrückung-sucht man­ ches böse» Fürsten anfeuern oder stärken würde. Ist der Herzog, durch sein Aufsehen, nur ei» Mitarbeiter der Innsaßen? Denn mehr soll er nicht sey». Ist er

nur der, welcher sorgt, daß Jeder, unbehindert, sein

Scherfiei», zum gemeinen Vermöge« beysteuern kann 1

Denn die- nnr ist der Krei- seiner Thätigkeit. Ist er der

(

309

)

ter Aufrechthalter des Grundgesetzes? Dazu allein würd er erkohren. Er ist nichts, was, und ist alles, was er nicht seyn darf. Ihm sollen wir eine Pfalz

bauen, tu seinem Schmuck Perlen bohren, Golderz

graben, ihm tu Tische dienen; den Glücksertrag, der

aus der Schatzkammer des Allgemeinbesten, jedem Einzelnen wird, soll Iedczr

alle Ketzerrichter gegen mich, aus tausend Kehlen,

stimmen, wenn alle: Nachsicht! schreien, alle fürch­ ten, Streng« bringe nicht Herren au^ unsre Seite;

Unser (30) Al- sich eie verfolgten Albigenser nach Deiier« ge, flüchtet hatten, rief diese Worte der heilige Domnin

tu- dem Anführer der Belagerer, Grafen von Montfort, iu, der den Katholiken unter den Einwohnern da» Leben schenke» wollte.

Hißoire de Languedoc «t des Albigeois.

(

4$i

)

Unser sey der Bund, oder der Vernichtung! ist doch

jezt meine Losung, das Ziel, wohin ich strebe, uNd schiben sich $u Welten Hindernisse vor mir zusammen-

Wähnt nicht, Brüder, ich schaue verächtlich auf unsre Feinde hinab, glaubte, sie allein, durch meinen Fußtritt, zermalmen zu könne», kennte sie nicht diese

Männer, im edelsten Sinn des Worts, so ich an mein Herz drücken würde, wie zärtlichgeliebte Waffenge, feilen, verwendeten sie nur ihr Psund für die Sache

Gotter. Noch vor einer Stunde stand ich an Falken­

helm- Seite, bewundernd den Edelmuth, der die Seele diese- Körper- ist, anstaunend diese» jungen

Krieger, mit der hehren, thatenschwanger« Man»-, krafft, der, um di« verklommene Schlange Vslkofrey,

heir, welche einst die Pfaffheit, die Fürsten, und Adel,

schafft tödtlich verwunden wird, zu erwärmen, Haab und Blut, so ruhig hingebe» kau», wie ein Reicher verrufene Münzen. Den Heil'gen rühm't man wun, derselten Großthaten nach, dieLegendenbücher strotze»

von ihren Ausopferunge»; aber sie buhlte» um den Himmel damit: und ich will da- Panier unsers Ge,

richt- den Sarazenen, zur Feldsahne, geben, wenn

Ernst von Falkenhelm des Himmel- und seiner Freude»

Ff»

dachte

c 452 ) -acht«, als er eifrig reden sonnte für das Glück Ande­ rer, Blitzesworte, welche treffen und künden-, wohin sie fallen, und ungeftagt um ihre Antwort de» Bube» ließ, welchen er iu Eleonoren sandte, daß sie zu ihm Heimkehr«. Diese Schwester, seines ruhigen Mters Hoffnung, wäre eines Kaiser« edelster Schatz gewesen, und sie fand er entehrt, geschändet auf immer; und doch wartete er, nach ihrem Endschluß,u fragen, bis man einig war, was für die Freyheit des Volks zu thun sey. Wer das Herr eines Mannes hat, der sage mir, wann ein Mann ie einen größer» Sieg über de» Bruder errang! Wohl, kenn' ich den hohen Geist dieses Ritters, fei» felsenvestes Vertrauen tu seiner Krafft und Ausdauer, das dem Mann« mehr ist, den» Königskronen und KriegSheere, feinen richttggelenkten Ueberschaunngsblick, seine Faffniigsgabe, seine treffen-de Urtheilskrafft; ich kenne auch seine» Arm, vfft fühlt' ich in Turnieren sein Sch werbt auf meinem Schädel, und ließ das meine gewiß für den Tag, ge­ gen ihn, rasten. Wie ihn, kenne ich den wackern Reinhard von Sundham? weiß, welch' ein köstlicher Stein in dieser rohe» Erdhülle liegt, dieFeuerflamme

Moritz von Schroffeneck, die eiserne Warte Luz von Bieber»

(

453

)

Bieberstädt, Krafft von Sothaa, diesin Gott seiner Freunde, diese» Teufel seiner Feinde, den Falke«

Mayenblüth, da- treue Hausthier Christoph Willhöft, kenne den ganze» Bund, und finde an den vereinte«

Kriegsleuten keine Mackel, denn daß sie nicht unser sind, nicht für die Sache Gottes kämpfen. Oh, daß

sie eure Kaputzen trüge», an euren Stellen knie'ten;

ich wollte die Welt mit ihnen unterjochen! Eie kvt^ neu nicht unser werden, »immer! Verschiedenartiger

denn ihre und unsere Zwecke sind kaum Etwas und

tttchrs; drum Vernichtung über den Bund! Vernichtung! Hallte die MönchSschaar nach.

Prior. Er darf nicht das Aeußerste wagen, nicht die Fehde beginnen, schon die Zurückgabe der Lehe»

hätten wir verhindern solle«; sonst sieht der Her«

log------ Ha, wen» ich sein nur denke, eckelt mich dieser Schmarotzerpflanze, die sich an jeden Binsen«

Halm schmiegt!

Wär' nicht, tut Erreichung unsers

Zwecks, die Erhaltung seines Lebens nothwendig; ich könnte dies Mittelding von Mensch und Schmetter­ ling, dies breyweiche, planlose, taubenherzige Iwit-

tergeschöpf, durch kleine Dirnen, mit Ruthen, todt

peitschen lassen — Verhindern müssen wir hie Fehde, Ff ;

sonst

(

454

)

sonst steht tiefet Umriß eines Fürsten, die Brüder

opfern nicht für eine Grille, sondern für die Wahr» heit, Haab' und Leden; sonst giebt er ihnen nach,

folgt ihrem Rathe, macht sie zu seinen Vormündern, und es wird weder der Bund vernichtet durch uns,

noch Adelbert ein Abhängling von unsern Winken und

Blicken.

Drum Vernichtung über de» Bund, und

Ms den zertrümmerte» Säulen seiner Große erbauen

wir uns den Grund zur Herrschafft über dies Land. De» Herzog treibe die Furcht vor dem Interdikt tu

uns, blend' ihn, daß er nicht sehe, was wir thun, 6ex

täube ihn, daß er das TvdeSröcheln seiner alte» Freunde nicht höre, die er bald liebt, bald haßt, entx

nerve ihn, biö wir auf dem Stuhl seiner Väter sitze»,

und von ihrer Fürstenschafft nichts mehr fei« ist, den»

der Purpur und die Benennung: gnädiger Herr. Auf dann mit vereinter Krafft rum Werke. Eie nur bringt den Sieg, und der Dank, um den wir kämx

pfen, hat reichen Loh» für uns alle, Jezt von dem, wqs schon gethan ist. Damit ihr mich nicht für einen Großsprecher haltet, der, gleich

dem Storch' im hohen Giebelneste, gegen den Hund

seine Siege herklappert, vor dem er auf dem Blachx selbe

( 455 ) selbe flieht; so wißt, ich begann schon da-Werk der

Vereinzelung der Bundesbrüder, denn nur Stamm vor Stamm roden wir diese» Wald aus, der uns Warme und Sonnenlicht nimmt. Ernst von Falken«

Helm ist in meiner Gewalt. Ein Meisterstreich! jubelte» die Mönche. — Und

wie gelang euch der? Prior. Da- Falkenhelm, wenn der zuletzt ent­

schlafene Tag zur Ruhe sich neige, zu Moritz von

Schroffeneck eilen werde, erfuhr ich durch Wölfin; daß seinem Hange zu Abentheuer» jede Gelegenheit,

sie zu bestehen, willkommen sey, wußt' ich, weil ich

ihn seltne: drum mußte sich ei» Reisiger in glänzen­ den Stahl kleiden, meine Schwester, als hätt' er sie geraubt, vor sich auf's Roß nehme», und über des

Ritters Weg sprengen. Der Dirne Hülfsruf zog ihn,

wie des Voglers Geräusch die neugierige Nachtigall zur Falle, dem Reisige» nach, bis rum Steinbruche;

-ort wandte sich schnell der Reisige, wie ich'S ihm be, fahl, und der Ritter stürzte hinab, wie ich'S hoffte.

3» des Tode- dunkeln Rachen sollt' er taumeln, so sollt' ich's, denn wer's versuchte, bey Sonnenlicht,

ohn' Arglist und Gefährde, ihn, durch'» Schwerdt, Ff 4

dem

(

456

)

tytm Knichler auszuliefern, würd' ihm zum Reisegespann dienen müssen. Er fiel hinab; doch er muß sich

sehr gut mit dem Schutzheilige» stehen, von dem Menschenaugen noch nie ein treues Abbild sahen: al»

ich, verkappt, zur Grube trat, ihn anrief, mich vom unverdientesten Siege zu überzeugen, den je der Lod

über das Leben davon trug; antwortete er mir, und «erlangte, so kalt, als ob ein Zecher begehrt r Nehmt

die geleerten Krüge hinweg Steinschilder entladen. Wort entfuhr ihm.

ich sollt' ihn des

Keine Klage, kein harte«

Warum auch? Wär' er doch

auch in seinem Beruf, auch so auf dem Bette de»

Ehre gefallen. Zu St. Lüdigers Kloster wollt' er, ich bot ihm auf meinem Mayerhofe ein Nachtsedel (31)

an, und nun folgte mir der, kaum aus den Armen de« Todes Erstandene, so ruhig, als gehe er in sein ge­

wöhnliches Schlafgemach.

Unter dem Vorwande,

Wich, durch'« Gefühl, mit seinen Wunden bekannt zu

machen, betastete ich ihn, um, ich gesteh's nur euch,,

kinnk ich sein Meister werden, ihn, meuchlings, niederzubvhren-

Auf seine Brüst griff ich, und in regel­ mäßigen

(v) Von Nacht uniStiil», Pohnung, Sitz, Auftinhalt.

c 457 ) mäßigen Pulsen pochte das Blut durch seine Herr­ kammern.

Die- Vertraue» eines tapfern Man»'-

konnt' ich nicht mißbrauchen; ungenutzt blieb mein Dolch in der Scheide: ich ließ mir gnügen, de» Er­

ste» meiner Feinde in meiner Gewalt ru wissen.

Dies war' auf einer Seite geschehen; auf der an­

dern : Ich schrieb an Eleonore von Falkenhelm einen Brief, und entdeckte ihr, sie sey nicht das Eheweib des fürstlichen,Knabe»; «»Windstoß, der den Nothanke«

von Adelberts Glücksschiff reißt, und es in den Strudel

des Unglücks wirbelt. -- Was geschah durch euch? Der Hofnarr, Einer von denen, welche ant Gitter

standen, nahm nun allso das Wort: Ein Schimpfspirl ließ ich darstcllen durch eure Novitzen, gewiffenhaffte«

konnte» nicht die Brüder des Bundes für Freyheit

und Recht dem Herzog das Abbild vom Zustande sei­ nes Volk« entgegengespiegelt habe», als diese Posse

es that.

Unvorsichtig schluckte er die Angel nieder«

woran das Interdikt hing.

Sein Mürrischsey» ob

dem, war er sah, traf den alten Willhöst, den letzten! Friedcnsbothen der Verbündeten; er wurde mit eine»

abschlägigen Antwort heimgeschickt.

Di« Heiligen­

bilder, so meine vermummten Gaukler vom Apostel

Ff 5

Lhomast

(

458

)

Thomas empfingen, theilten sie den Landleute« aus,

und wiesen sie dadurch mit ihre» Beschwerden an den Himmel. Das brachte in diesen Fässer» dieEmpvrung

1«m Gährcn, und —

Prior. Ich sah eure Holzstöße brennen in der vori,

-en Nacht; doch, warum erloschen sie, ohne etwa« mehr, den» sich selbst, verzehrt zu haben?

«Jofnarr. Als Klausner verkappt, halt' ich schon eht Heer von Ausrührern, Stadter und Landleute, ge­

worben , schon wollt' ich Bothen senden in entfernter«

Ortschafften, auch dort die Pestlufft der Meutere» zu verzettel»; da führte ein Unstern Ernst von Falkenhelm

zu meinen Kriegern: und er hielt sie ab, den Herzog, auf diese Art, umzulenken. Prior. Aber wie? Durch welche Gründe? Re­

det. erzählt mir alles. Wo, wie und wann ich nur

kann, mag ich gerne von diesem Mann lernen. Ge, gengiffte sind auch Gisste. *5ofn. Wie ein lebenskluger Mann, Kinder, s»

sich gegen de» Juchtmeister verschworen, behandelt; so behandelte Falkenhelm die Empörer. Er nannte sie auch Kinder, verglich sie Kindern, welche ihren Im

stand nur dann verschlimmert hätten, «en» sie wieder

in

(

459

)

in die Klosterschnle zurück müßten, der sie entsprangen, auf immer könnten sie ihr doch nicht entlaufen; allso

vermöchte» ,a auch sie nicht, wie einmal die Dinge in der Welt, durch Brauch und Mißbrauch, geord,

net wäre», ohne Fürste» j» leben, und müßten, was sie auch jezt unternähme», was sie sich auch ertrotze ten, doch alles wieder der Willkühr des Fürsten zu, rückgeben, sich, sammt ihren Kindern und Gütern. —

DaS Joch Eines Wüthrich'S strebte» sie, $» zerbree chen, und bedächten nicht, -aß im Aufruhr Jeder ein Joch emporrccke, um es dem Nächsten überzuwerfen.

Jeder nach der Krone, nach dem Heerführerstabe greife; daß sich denn der Stärkste an Krafft oder List,

wieder rum Ersten morden, rum Reichsten raube»

muffe, sich Vortheile erpresse und Rückhalt, wo und wie er nur könne, so lange er freye Hände habe, sich

gegen Stärkere oder Listigere zu »ertheidige»; daß

Alle immer an Eine» verlöhren, und ob auch jeden Lag ein Anderer sich zum Oberhaupt morde oder schleü

che. — Man werde bald nicht wissen, was dem Lande ersprießlich oder schädlich sey, denn in einer solchen

Verwirrung, wie sie immer den Aufruhr begleite, könne nichts überlegt, nichts durchdacht, nicht zum

Gm

c 460 ) Guten gerathen, nicht das Schlimm« deutlich erkannt »erden. Ts gäbe dann gar kein Allgemeinbeste-, auch sinne Keiner dafür sorgen, da Jeder, wie im Schiff«

bruche nur suche, ein Brett zu erhaschen, sich drauf zu retten.

Der Herzog habe eine» Eyd geschworen,

des Lande- Wohlfahrt zu befördern; solche- zu erfüt«

hn dürften die Stünde von ihm begehren: wer aber im Mordgetümmel einen Eyd abnehmeu, drüber Hal«

ton solle, daß der Gewalthaber thue, was dem Gan«

zen fromme, da seine Gewalt uneingeschränkt sey? — Eine neue Verfassung ließe sich nicht, wie reife« Korn hervordreschen, und Gesetze der Pflicht, de« Rechts und der Billigkeit würde» nie mit blutigem

Schwerdte geschrieben. — Wer sein Getraide auf de» Winter sichern wolle, beginne nicht damit, seine

Schuppen und Schemen niederzureißen, wie sie, die alles für die Grille gaben, um Vicht« zu spielen.

Prior, Wahr! Wahr! Weiter.

Hof». Mangel und theure Zeit würden fie übers Land bringen, denn wenn sie nicht arbeiteten, und ob sie das yermögten unterm Srurmdach oder auf dem

Sattelt — ihres Feldes nicht warteten, ihrer Vieh­

zucht nicht yblagen, könnten sie dem Städter nichts

ver«

(

46i

)

verkaufen, dieser das rohe Landeserzeugniß nicht ver­

arbeiten, »och verhandel»; er müsse dann das Geld -um Lande hinausschicke», betrüge», um sich durchtuhelffen, und sie würden — verhungern, weil sie

nicht- zu verkaufe» hätten. -- Wie es bald im Herrogthume zusteheu werde? Die Biederleute müßte«

ja, ihr Leben zu sichern, entfliehen, und ob dar heiße, für der Kranke» Genesung sorge», wenn man den Arrt rum Spittel hinaussivße? — Sie sollten ihm

einmal sagen, was sie begehrten, wodurch sie es $u er­

reiche» hofften; er würden die Antworten so verschie,

den ausfallen, als Wünsche um Wetter. Regen wer­ de Der, Sonnenschein Jener heischen, der Seemann Wind r»r schnellern Fahrt verlangen, der Landbauer Windstille, daß nicht sein Obst, unreif, von de«

Bäume» falle.

Einer werde Hitze wollen, daß sei»

Getraide gedeihe, der Andre Um kühle Witterung

bitten, bloß dem Nachbar rum Trotze, seine, wen«

auch die tollste Laune, Jeder für die Allgemeinbeste ausgeben. — Sie sollte» ihm einmal ihren Anführer

teigen; entweder Keiner oder Alle hielten sich dazu fähig.

Sie migten einmal einen wählen; et wäre

überreugt, sie würde» bald rwischen todte» Leichna­ me«

(

46-

)

men stehen. Sie dürften ja nicht denken, daß wenn

sie Alle auch einen Willen hatten, obwohl dies eben so unmöglich, denn daß alle Baume des SothauerwaldeS in eine Spitze zusammenwüchsen, dieser durch

Empörung schnell und leicht zu verwürklichen sey» Im Getümmel raube es sich gut, und die Räuber

würden dies schon zu unterhalten wissen. Ihrem Vor­

nehmen wolle er die Nativitat stellen: es werd' ihnen ergehen, wie den thörichten Bauern imMährchen (32), wel an vor Gott und diesem heil'gen Glaubensgerichte, klage an den Ritter £11$ von Bieberstädt, daß er Mar-

then, des LohfelderS Wittib, der Aauberey und Ge­ meinschafft mit dem Teufel vermährt, berüchtigt und

mitRecht verdächtig, den Vaterhänden des heilgenKe-

tzergerichts enttisse», und sie, durch seine Reisigen, von der Wafferprobe befreyet hat; klage ihn an aufStrang

und Scheiterhaufen ob dieser schrecklichen Unthat. Aus

dem Munde seiner Bundesbrüder haben meine Ohre« es gehört, daß £uz diesen teuflische» Frevel verübte. Prior. Gott woll' ihm vergeben! Bruder War-

dia», euch liegt nun ob, an den Fraisgrafen dieser Stadt den Befehl zu erlassen, zur gefänglichen Hasst,

den Angeklagten, innerhalb vier und rwanjig Stun­ den, dem heiligen Gerichte r» überliefern, daß über

ihn ergehe, was Recht ist, und Gottes Sache fördert. Wie unumgänglich nöthig es sey, Brüder Beysaßen, de» Bund für Freyheit und Recht zu zerstöhren, mö­

gen euch einige Aeußerungen Falkenhelms, möge« euch einige Sätze aus den« Bundesbriefe begründe».

Wölfin Hirte ihn Vorgestern lesen, und wurde so dessen durch sein Gedächtniß habhafft, was Cölestin seine«

Händen immer zu entziehen-wußte. Sag. d. Porz. IV.'S-

Gg

Wölfin.

( 466 ) Wölfin. Es sey nicht vernünftig wahrscheinlich,

-aß das, in den Kirche» gehaltene, Amt einem dort

begrab'nen Sünder könne frommen rum ewigen Leben; so lautete eine Stelle des Briefes. Gotteslästerung! Schrieen einmüthig die Mönche

«nd schlugen die Fäuste über ihren Häuptern rusamme». Wölfin. Eine andere: Pfaffe» hätten de» Layen die Decke des Irrwahns und Aberglaubens überge,

worfen, unter welcher fie nicht sehen könnten de»

Strang, der sie nach der Pfaffen Willen leite.

Gottes ewiger Fluch treffe die Lügner! Brüllte» die Mönche.

Prior. Und, Brüder, durchdenkt das, unter die­ sen Lügnern waren Pfaffen, die gleisnerischen Mem­

men Cölestin und Urban. Uns ahndete viel Böses vow dem Bunde, doch solche Teufelseingebungen, ahnde­

ten Keimen als Möglichkeiten.

Und diesen Brief hat­

ten Aebte verfaßt, diesem Briefe konnten Aebte ihre

Namen unterschreiben! Weinen wird der glorreiche Benedict, die ersten Reuethränen, welche je ein Hei­ liger im Himmel weinte, je weinen kann, über diese

Unwürdigen, und uns es kmken, wenn wir die Häu­ ser

( 467 )

ser der Erde gleich machen, in welchen solche Verruchte

alle Mönchsorden schändeten. Wölfin. Eine der Aeußerungen Falkenhelms war

diese: Ec habe gehofft, bey seiner Heimkehr ins Va-

terland, aufgehaben zu finde« die Mönchskloster. Prior. Ich seh' euch erstummen, ehrwürdige Brü­ der, unter dem Drucke des gerechtesten, heiligsten

Zorneifers, solche Greuel zu hören; ich bin überzeugt,

daß ihr eure ehmalige Nachgiebigkeit verflucht, und wünschet, diese Tollkühnen, welche die Erde umkeh,

ren könnten, wüßten sie nur außer ihren Gränzen veste»

Fuß zu fassen, auf den Scheiterhaufen röcheln zu hö­

ren. Jhr»Stunde kommt. Schoo hat der Tod, die­

ser unerbittliche Wardian, den Hammer gehoben, ih­ ren letzten Lebensschlag zu schlagen. Zeit und Gele­

genheit vortheilen uns.

Falkenhelm ist unser, der

Hirt dieser Heerde; fehlt der, die Heerde muß sich zerstreuen. Bieberstadt wird unser seyn, noch ehe hier

wieder diese Kerzen leuchten, Schroffeneck soll unser «erde», um seine Freyheit liegt schon die Schlinge;

bald zieh' ich sie zu. Auf den Leichen seiner Freunde tödtet der Gram den Sundhainer, der Kaiser ächtet die Uebrigen, der heilige Vater verflucht sie, und

Gg r

nach

(

468

)

«ach Monaten ist nicht mehr die Stäte tu finden, wo diese himmeianstrebende Schandbabel stand.

Das woll« Gott geben! Lallten die Mönche» Ein Donnergctöse wälzte sich gegen die Thür des

Gewölbes, sprengte sie auf, und ein Blitzstrahl zuckte

durch das Halbdunkel hin. Die Mönche schracken zu, sammen. Ruhig blieb der Prior, und fragte: Was

war das? Vielleicht unser Meister, versatzte derHauspfaff. Prior. Das Gericht sey geschloffen. Ich entlaß' euch.

Eine tiefverhullte Gestalt trat ins Gewölbe, ihr

eilte Gregor ehrerbietig entgegen.

gen zu ihren Zellen.

Die Pfaffen gilt/

Von sich warf die Gestalt ein

dicker Lailach, und Archimbald von der Esche stand vor den beyden Mönchen. Archimb. Hier vertraut ihr eure Ordensgeheim,

Nisse Worten?

Prior. Ja. Archimb. Sorgt für vestere Schlösser; diese sprin­ ge» schon auf, wenn der Erdschlüsse! noch schritteweit von ihnen entfernt ist. «5a noch Einer der Jüngsten eurer Eingeweih'te», noch nicht vo» Erdschlacken gereinigt. Ihr verlangt ja nicht vom Bolzen, daß er sich selbst

schieße.

Archimb. Ich verlange nie Unmkglichkeiten; daß du mir vertrauen solltest, hieß aber auch nicht etwas Unmögliches gefodert-

Hm, ich mvgte dich sehe».

wenn

( 474 ) wenn ich von dir den Schlüssel zur Schatzkammer eures Klosters begehrte.

Prior. Ihr seht den vor euch, der ihn euch über« liefert.

Archimb. Das war meine Absicht, die ich dir »et# hin entdeckte. Als Brüder solltet ihr euch kennen, du.

als der Aeltere, über Adelbert herrschen, er, der Jün­

gere, sich willig von dir beherrschen

Mußte

dann nicht das Interdikt zurückgenvmmen werden;

Kurzsichtiger! Was treibt dich im Gewölbe umher? Prior. Verdruß über meine Kurzsichtigkeit.

Archimb. Uebung schärft das Gesicht. Nimm den Schatzkammerschlüssel wieder.

Am Kreuzerhöhungs­

tage vertrau' ich dir den Schlüssel zu allen Erd - und

Himmelreichen an. — Der Herzog ist siech, Eleonore wird nicht wieder auskommen, dein Brief hat sie un­

ter die Keule des Todes gestoßen. Ich riefBeyde au« einer Ohnmacht, die dem Lode so ähnlich sah, wie'«

hier der Tag der Nacht seyn muß. Adelbert hatte die Erinnerung an seine Fürstenschafft verlohren, er war

nur Eleonorens Buhle; auf seinen Armen trug er sie

zum Lager, schrie Arzte zusammen, reichte ihr, knieend, die Arzeney.

Sie weinte und rief Wehe über ihn,

und

(

475

)

und er prieß sich glücklich, daß er dies noch aus ihrem

Munde höre» könne. Als sie einschlummerte, fühlte er erst das, was den Fürste» drückte; er warf sich in meine Arme, ich nahm ihn an zum Schüler der wah, re» Weisheit, befrey'te ihn von den Ketten des Inter«

dietS, föhnte ihn mit Otbert aus — Du hörst mir

nicht zu, Gregor; ich rede von deinem Bruder. Prior. Er ist nicht Man»; ich kann ihm nimmer

hold seyn. Archimb. Dann wirst du nimmer sein Herr.

- Prior. Ich will Verstellung lernen.

Archimb. Um den Bund für Freyheit und Recht"

hab' ich ein Netz gestellt; bald soll die Schlagwand niederfallen.

Ernst von Falkenhelm ist in meiner

Gewalt. Prior. In meiner Gewalt.

Archimb. Wenn in der deinen, allso auch in der meinen; oder du mögtest nicht wolle», daß das Deine mein seyn solle. Wer bey der Gütergemeinschafft ge«

»innt, bin ich nicht. Prior. Wohl ich. Falkenhelm, Echroffeneck und

Bieberstiidt überlaßt mir. Archimb. Immerhin. Ich lobe Männer, welche, auch

. (

476

)

auch wann ihnen fremde Hülfe nahe steht, noch ihre Kräffte versuchen,

Wuchre mit deinem geringe»

Menschenvermögen; am Kreuzerhöhungstage überantwort' ich deiner Willkühr das Vermögen der Engel

und Teufel. Prior. Die Art, wie ich's anwende, soll euch

danke».

Archimb. So dankt man auch mir nur.

Die

wilde See läßt sich gerne in Graben leiten, wenn sie auch dorr Schiff- tragen und zertrümmern kann.

Er verließ mit dem Prior das Gewölbe.

Ernst von Falkenhelm fand in der Dunkelheit, i»

welche er hinabstürzte, einen Wegweiser zum Lichte; der Schall einer Harfe rief ihn zu sich. Dem tappte er nach, bis zu einer Thür, die ihm nichts von des

Schalles Krafft vorenthielt. Er pochte an, die Thür wurde geöffnet, hinter ihr stand eine Dirne, hielt noch die Hand an dem zurückgezogenen Riegel, und schien

froh überrascht, in dem, jedem Fremden, unzugäng­ liche» Gewölbe, einen fremden Mann zu sehen, dessen offenes, trugloses Gesicht sogleich alle Besorgnisse bey

uner,

c 477 ) unerwarteten Erscheinungen solcher Art, ans ihrem Herren trieb.

Auch Herr Ernst blieb in freudiger

Bewunderung stehen, blickte die Dirne lange an und führte sie dann, als lausche außerhalb des Gemach'S

Verrath, hinein und verriegelte die Pforte.

Beyde

fragten sich schon mit den Augen aus, ehe der Mund noch fragen konnte; Beyden schien dies Geschafft, wie

das, was sie ersoäh'ten, angenehm: denn der Gram«

nebel, der auf den Augen der Dirne, wie Nachtreif auf einer srühjeitigen Blume lag, schwand, und Falkenhelms Blicke lächelten und weideten sich an der lie­

ben, süßen Weibegestalt, die so unbefangen neben ihm

stand, als stehe sie neben ihrem Vater. Der Ritter nahm ihr die Harfe, lehnte sie an die Wand, zog dann die Jungfrau zu sich nieder auf eine Bank, drückte

ihre Hand, die in der seinen willig ruh'te, und sprach: Ich dvllmetsche mir das Willkommen eurer Augen,

holdes Weib, und mein Handdruck sage euch: Will­ kommen mir. Wir kennen uns, oder Seelen haben

sich nie gekannt, wir verstehen uns, oder Herzen ha­

ben sich nie verstanden; ihr bedürft meiner, ich eurer. Ich bin Ernst von Falkenhelm. Wer seyd ihr? Ich MoritzS von Schrvffeneck Braut — antwortete schnell

(

478

)

schnell die Dirne. Bey dem letzten Laut küßte schon der Ritter ihre Stirne und ries: So weihe« wir,

durch diesen Kuß, die Freundschafft, welche so mach«

tig uns an einander zog; so sich're ich euch eurem Buhle« ru, den eur Verschwinden irr' umhertreibt.

Und so dank' ich im Voraus eurem guten Willen— versetzte die Jungfrau und reichte ihm, schamhafft

lächelnd, die Wange. Ein Gelübdopfer auf den Al­ tar der Unschuld, vH»' Eigennutz, gelegt — sprach

Der, und küßte dreimal die sauftroth gefärbte

Wange. Ich kannt' euch durch meinen Moritz — sagte nun, al- freue sie sich eines Sieges, die Dirne — Er ist doch wohl auf? Ich ehrte, bewunderte euch —

Lalkenh. Nichts davon.

Das Herr will reden,

das Her; will hören. Wer hält euch hier gefangen? Was brachte euch hierher? Fragten jezt Beyde rugleich, und Beyde

lächelten der verabredtschcinenden Frage. Mein Bruder hält mich hier gefangen — entgeg­ nete schnell das Fräulein.

Ritter, zürnt nicht, ihr

rettet mich ja. Ach, ihr wißt nicht, wer mein Bru­

der ist. Pater Gregor, der Dominikanerprior. Lalkcnh.

c

479 )

Falkenh. Mich stürzte eine entweichende Fallthüre

in dieses Gewölbe. Da» Fräul. War's in einem Tannenwäldchen? Falkenh. So bauchte mir.

Da» Fräul. Dann wich die Thür dem Willen meines Bruders.

Falkenh. Weint nicht, holde Jungfrau, ich ret­ te euch.

Da» Fräulein. Ach, wie rettet ihr mich, wie euch selbst? Lief, tief unter der Erde, in den Keller­

gemächern von St. Columban, athmen wir. Ellendicke

Quader über, um uns. Man reißt mich von euch! Falkenh. Ich habe ein Schwerdt! Wer die hun­

dertjährige Eiche mit der Hand von der Wurrel reißt, komme, dich mir zu entreißen.

Da» Fräul. Dem Hunger erliegt Hühnenkrafft.

Falkenh. Ich habe Glauben, weltvesten Glauben. Menschen «einen und bluten über uns unter dem Ei­ senscepter eines Schwächlings, harren mein, ihres

Heilandes! Ich habe Glauben, diese Quader wer­ den sich euch, werden sich mir öffnen.

Müssen wir

uns auch durchrwängen, Schwester — du bist's mir, ich dein Bruder —

Da»

(

48o

)

Das Fräul. D, wie gerne! Mein Vater ist mit nun aus dem Grabe erstanden, Sabine von Rcigers, berg nun nicht mehr eine Waise.

Falkcnh. Höbe uns auch ein Erdstoß in die Lüffte, tischte auch ein Erdblitz durch unser Haar; wir wer#

-en doch frey! Jach rannte Sabine jur Harfe, griff rasch in die

Saiten und sang ru ihren Tönen: Es haschen sich Wellen im tobenden Meer, eö rollen Die Donner, mit Heersmacht Daher,

eö frduft sich Der Vlttz, wie ein zuckender Wurm, eö spielt, wie mit Federn, nut Schiffen Der Sturm.

Die Masten krachen!

Oie Wogen jachen

-um Himmel mein Schifflein empor! Jezt ankert's im Grunde, LUS klaffenDem Schlunde

stößt's wieder Der Vielfraß hervor. Mag's fliegen zum Himmel, mag'ö ankern im Grund',

mag's wirbeln der Vielfraß im heulenden Schlund; jach bringet die Windsbraut -um Staden es hin. 2e wilder, je schneller; deß' hab' ich Gewinn!

Falkenh.

c 48i ) Falkenh. Wahr, Sabine. Du opferst auch der Göttin», aus deren Altar ich so manche Spende» legte.

Sabine. Der Trösterin« Hoffnung. Falkenh. Ich opfere ihr nicht mehr.

Sabine. Gewiß! Der Hoffnung weih't jeder Mensch eine ewige Lampe. Falkenh. Denk' meiner Schwester!

Sabine. O armer, armer Bruder! Falkenh. Weint ihr das Mitleid diese Thräne?

Sabine. Das innigste Mitleid. Reine, edle Liebe hat sie um ihre Tugcndrcinheit gebracht.

ES «vmde an die Pforte gepocht, als Sabine sie

iffente, griff der Ritter rum Schwerdt. Ein Mann

trat ein, that sehr verwundert über den ungebetenen Gast, und redete dann allso ru ihm: Laßt sie rasten,

Herr Ritter, die Wehr, bedürft ihrer hier nickt. Zürnt der Nachlaßigkeit unsrer Knechte, welche die Fallthür nicht verriegelten; doch ihr sollt sie Morgen ru eurer Heimkehr auch offen finden. Jert werd' ich

euch ein Lager bereiten lassen, und etwas rum Nachte imbs senden. Er ging zurück.

Falkenh. Wer war der? Sag. b. Vor; I^.B.

Hh

Sabine.

c 482 ) Sabine. Der Hausmaier. Falktnh. Warum entführte Gregor dich deinem

Bräutigam? Sabine. Der stürmende» See und seiner Seele auf de» Grund zu schauen, wäre gleich leicht und möglich.

Du sahst heute meinen Moritz, wie fandest du ihn?

Falkenh. Wie ich immer den Man» zu finde»

wünschte, wenn mißglückte Minne ihn martert- Lief

im Herzen fühlt er beule« Verlust, doch wimmert et

nicht drüber, stets sucht er dich — Sabine. Es wird ihm nicht ahnden, daß ich hier

seyn könne. Ich glaubte Heute meine Rettung nahe. 2» der Abenddämmerung lustwandelte ich unter de» Klostermauern, da stürzte auf mich ei» Reisiger ei«, zwang mich auf fei« Roß, und eilte mit mir zum Lhore hinaus, das ihni offen stand. Er schweifte,

wie ohne Absicht, umher; am Riesendette lockte mein Geschrey einen Reiter mir zu Hülfe, der «erfolgte mei­ ne» Räuber bis zum Steinbruche. Nach einem schreck­

lichen Geprassel vernahm ich nicht- mehr von ihm — Falkeich. Der Reiter war ich, ich stürzte hinab i»

den Steinbruch. Sabine.

(

483

)

Sabine. Edler Bruder, iy>d) ehe du mich kanntest, »agtest du schon dein Leben für mich! "

Falkenh. Der Mann, welcher mich aus der Grube tog, führte mich auf's Fallgatter.

Sabine. Mein Entführer brachte mich wieder zum Kloster zurück. Jezt kamen Knechte, welche einen Lisch deckten, Wein und Speise» drauf setzten, und dann sich wieder

entfernten. Sabine. Setz dich her, Bruder, und iß.

Ich

lege dir vor, fürchte nichts. Falkenh. Gregor sendet diese Speise».

Sabine. Er ist kein Gifftmischer. Falkenh. Wer sich zur feige» List erniedrigt, ist

tu allem Bösen fähig.

Sabine. Nicht mein Bruder; seine List ruft nur, wie die Trommete, den Feind zu ihm, auf den Kampf­

platz.

Nimm, und laß dir's wohlschmecken.

Falkenh. Du vertheidigst deinen Bruder ?

Sabine. Sollt' ich diu» des Guten vergesse», was er an sich hat? Falkenh. Biedre Dirne! Dein Moritz wird sein«

Seeligytacherinn mit dir heirathen — Hh -

Sabine.

c

484

)

Sabine. Und ist dGv Gregor dein Feind?

Salkeich. Gewiß, weil ich Schroffenecks Bundes« genoß bin. Sabine. So wartet dein ein Kampf mit ihm,

oh»' alle Gefährde, Beyder Kläfften angemessen. Falkenh. Mit dem Ritter kämpft der Pfaff nie,

er habe denn die Kirche im Rücken, und dem Rückhalt traue ich nicht, seitdem die Tempel Gotte» Burgvesten

geworden sind. Sabine. Bist du ein Pfaffenhaffer? Falkenh. Nicht ferner, sobald du mir den Pfaffen

zeigst, der das, was er seyn soll, und nichts mehr ist, der Layen Lehrer, durch Wort' und Beyspiel. Mo ist der Pfaff, Sabine, der sich dadurch rum Ersten der Menschen machte, dies Amt recht würdigte, sich gnü-

gen ließe dran? Wohin du blickst, findest du Pfaffen. Rathe find sie an Fürstenhöfen, Machtbothen auf

Reichstagen, unter dem Helme schwitze» Schorköpf«; sie verfasse» Urkunden, gebe» Gesetze und legen sie aus. Und wozu?

Um Menschenglück zu befördern? Nein,

sich und Ihresgleichen empor r» heben. Läugne das,

wenn du kannst, und nie soll mir ein Widerspruch lie­ ber gewesen seyn. Es ist ihnen gelungen durch Unge-

rech-

(

485

)

rechtigkeiten, Verdrehungen und Verfälschungen jeder* Art; und was sind sie geworden? Ist der Pfaff Bür-er des Staats? Nein, er läßt sich nur mäste« vom

Staat'/ und theilt nicht mit de» Bürger« die Arbeit IUM gemeinen Nutze». Ist er Unterthan des Staat-

in dem/ durch den er lebt? Nein/ er erkennt nur den Pabst für seinen Richter. Ist er Freund/ Wohlthäter dem Staate? Nein, er rafft der Slaatsinsaße» Ver­

möge», durch Drohen und Bitten, in Schenkungeu,

Seclgcräthen und Gelübden an sich, und steurt nicht-

davon bey zu den Bedürfnisse» und Ausgaben de« Staats; daher, je mehr Kloster in einem Lande, desto

ärmer das Land. Ist der Pfaff seinen Mitmenschen

ein Mensch? Nein, ihn zieht nicht- zu Mensche«. Wird er Mönch, dann wirft er von sich die Bande« der Natur, seine Eltern sind ihm todt, seine BlutSUttb Herzensfreunde kümmern ihn nicht mehr, er ent­

sagt den süßen Pflichten der Ehe, den lohnenden Be­ schwerden der Vaterschafft.

So abgesondert zu blei­

ben, von allen Menschen, ist ihm unmöglich, er muß

sich wieder an die Menschheit knüpfen, und nun macht er sich zu ihrem Frohnvogt, und hängt mit ihr zusani-

men durch die Geißel, welche er auf ihren Rücke» nieHh 3

der-

(

derschmetter» laßt.

486

)

Nicht eher lieb' und ehre ich

den Pfaffen, er sey denn Ehemann, Vater, Staats­

bürger, Mithelfer rum gemeinen Nutze», Mensch

morden; jert ist er mir nur, was die Drohne im Bie­ nenstöcke — Sabine. Leise, Bruder, du bist in einer Pfaffen«

bürg — Falkenh. — die über einer Menschenfleischmetzge

erbauet ist. Weinend knieen Duldung und Menschen­ liebe am Eingänge dieser Mordhöhle, bitten und be» schwören die Bewohner, ihnen die Pforte r« öffnen;

umsonst. Hier gilt wahre Tugend nichts, nur die Meinung von dem, was Mönche Gottesfurcht nennen. Hier heißt, der Vernunft folge», Gott

lästern; Wahrheit suchen, Gott beleidigen. Unthaten «erden nicht hier gerichtet; nur über den Glaube» richtet der Aberglauben.

Hier meistern die Ketzer­

richter die Befferungsweise Gottes, er bittet, sie dro­

hen; er seegnet, sie fluchen; er belehrt durch Gründe,

sie durch Geißel und Folter; er verreih't, sie morden. Sie nenne« sich Christen, um de» dem Tode überlie­

fern r» können, der Christus Lehre nachlebt, und die Gesetze prüft, welche» er gehorchen soll; sie morde» Men-

c 487 ) Mensche», um Christen -u machen, utib entvölkern die Erde, de» Himmel zu bevölkern.' Varer, vcrgtefc

ihnen, ist ihr Sprichwort, und ihr Urtheil über de» Schwache» immer: Er sterbe!

Sie lüge», aus ih­

re» uiikerirrdischen Klüfften führe der Weg zur Besse­

rung, und bey'm ersten Schritte des Gefangene» über die Kerkerschwell«, steht er auf dem Scheiterhaufen,

Der Heiland ist ihnen, nur deswegen, ans Kreuz ge­ schlagen, daß sie Menschen kreuzige» können, ihnen

nur gestorben, sie zu Henkern ihrer Brüder zu machen. O, Sabme, Menschen fielen am tiefsten, als sie

Deyergerichre cm führten, und Zauberflüche er­ sannen, Denk, und Glaubenofre'fhclr in enge Gangelstühle, vsn Pfaffen erfunden, zu bannen!

Sabine. Du sprichst zu laut für den Ort, wo du bist. Falkenh. Ist nicht in einem Lande, über welchem

die Gewitterwolke der Undulduiig düstert, »eder Ort

gleich gefährlich? Wohin hört nicht hier das weitossue Ohr des Ketzergerichts.

Der Man» muß vor seinem

Weibe verbergen, was er glaubt, der Vater vor sei­ nen Kindern verbergen, wie er sich das Denkbare

denkt; das Vertrauen ist aus Trinkgelagen gewichen Hh 4

die

c

488

)

die Offenheit aus dem gesellschafftlicheu Umgang«.

Ha, diese Ketzergerichte werden uns noch das winrige Theilchen Glück nehmen, so uns die MLncherey übrig

ließ! — Und an der Spitze dieser Räuberhorden, die-

ser Verstandsmörder, dieser Herzensverderber, Sabine,

steht dein Bruder! Bey der Nacht, die er umherverbreitet, lauscht er, gleich der Eule, nach Raub —

Sabine. 0, nichts jejt davon. Ich soll drüber

lmchsinnen, wie du mich, wie du dich rette» kannst; vermag ich das, wenn ich mich hingrüb'le ist diese

Ewigkeit des Schreckens? Könntest du doch meine» Bruder befteyen aus den Bande» seines Jrrwahn's. Falkenh. Ich vcrjweifle dran. Seine Teufel ni­

sten zugleich ihm im Kopf und Herr«», nisten zu tief dort; seine Hab - und Herrschsucht macht sie Engel»

gleich — Sabine. Verstumme. Der Hausmaier kommt,

dir ein Lager anzuweisen. Gute Nacht, Bruder. Falkenh. Sie unsern nothleidenden Brüder» I

Sabine. Ich will dir den Schlaf unter Sang und

Klang zusühren; du hast die andre Hälfte meine#

Hoffmnigsliedes noch nicht gehört.

Eine Rettung-/

l,st ersinn' ich mir, und Morgen —

Der

( 489

)

Der HauSmaier brachte den Schlaftrunk, und bat

de» Ritter ihm zu folgen. Herr Ernst drückte SabinenHand, und eilte dem Maier nach. Nah an des Frau,

leins Gemach fand er sein Lager bereitet, er legte sich nieder, zu seinem Haupte das Schwerdt; Hirte schal, len die Weise des Hvffnungsliedes, schallen die Worte: ES rauschet vom Bogen -er Pfeil in die Lnfft, zerschellet, wie strohern, an felsener Ktufft,

Vie Splitter verscheuchen Vie Möve vom Nest,

Sie junge Brut, furchtsam, mit ihr eS verlaß't.

Im wilven Fluge,

im wirren Zuge,. ach! schwärmen nun alle umher. Von fernen Höhen, fürchtend sie sehen,

-nm Neste steht aller Begehr. Sie trippeln und lauschen, und flattern und fchau'n —

Allüberall Ruhe.

Ihr können sie trau'n.

Nun jacht's, mit Verlangen, zum Neste hinein.

Wer wollt vor zersplitterten Bolzen sich scheu'n? —

Das Ende des Gangs wiederholte Herr Ernst sich

yfft, und entschlief drüber.

Ken Genossen des Bund-s für Freyheit und Rechtz Hh $

war

< 49® )

war nun schon Nachricht von des Herzogs Antwort, von den Beschlüssen der, in Sundhai» versammelten, Brüder geworden; sie rüsteten sich, ihre Burgen zu verlassen, um dem Herzog das Fehdeschwerdt »orwer, fe» zu können. Auch Schroffeneck schickte sich dazu an, doch, durch die Schuld seiner Unstätigkeit, hatte er seine Veste in den ersten vier und zwanzig Stunden noch nicht geräumt. Am Morgen des Tages nach Falkenheims Gefangennahme, sah die Wache einen verkappten Mann zum Außenwcrke rennen, und an den Banupsahl eilt Pergament hefften; sie nahm's ab, und brachte es zum Ritter. Kaum hatte der es mit den Augen durchlaufen, als er freudig aufsprattg, sei­ nen schnellsten Läufer sattel» ließ und zu St, Lüdigers Kloster sprengte. Schon unterweges fand er den Sundhainer, beschäfftigt, am Riesenbette ein Lager absteche», Erdwälle aufgrabe», Derhacke anlegen und hölzerne Thürme er­ richten zu lassen. Schau, Bruder, was ich hier Haberies ihm Herr Moritz entgegen — nun hat alles Leid ein Ende! LieSl Sabine lebt — und jezt stürmte er vom Rosse, warf sich neben den Sundhainer auf de» Rasenhügsl und gab ihm das Pergament. Nu»,

*'

4yr

)

Run, Gott seegne bett mit Aitfriedenheit lebens­ lang, der dir dies Evangelium brachte — antwortete

' der, und las: „Dem gestrengen Ritter Moritz von Schroffeneck „$u eignen Händen." Schroff. Zu eignem Herzen, zn neuem Leben!

Sundh. (lesend) „Du suchst den verlohrnen Kampf,

„preis auf der Stechbahn; er liegt in der Truhe des „Mannes, der dir den Dank ertheilte. Du zürnst

„mit dem Tode; wende dich ans Leben. Don deinem „Freunde mußt du erhalten, was dir gebricht, mit

„dem Schwerdte ihm dafür danke». Deines Freun-

„des Tod ist dein Leben. Der Liebe Augen sehen Held „in der Nacht. Wo sie nicht seyn sollen, sind Weiber „vfft. Eine Stunde vor Mitternacht stißt die Spitze

«des MondglanzkegelS auf dem Teiche- unter St.