Sagen der Vorzeit: Band 5 Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht. Buch 3 [Reprint 2022 ed.] 9783112627686


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Sagen der Vorzeit: Band 5 Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht. Buch 3 [Reprint 2022 ed.]
 9783112627686

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-XXXßCS

Sagen der Vorzeit von Veit Weber.

Fünfter Band. Die Brüder des Bundes für Freyheit und Recht. Drittes Buch. Mit Röm. Kaiser l. a ll e r q n a d i g st e r F r e y h e i t.

Berlin,

bey Friedrich Maurer 179s.

Die

Brüder des Bundes für

Freyheit und Recht.

Drittes

Buch.

Für Tugend, Menschenrecht und Menschenfreyheit sterben

Zst höchst erhabner Much, ist Welt - Erlösertoü:

Denn nur tue göttlichsten der Heldenmenschen färben Dafür den Panzerrock mit threty Herzblut roth.

Bürger.

Sie

Brüder

des für

Bundes

Freyheit und Recht.

Drittes Buch.

denn ihre Rettung hängt von der Eile ab. Aber wenn unter ihre» Füße« der Boden nicht mehr zit­

tert, wen» das Geheul der kreißende« Erde ver­ stummt; dann schaue« sie um, daß sie erfahren, wer

von ihnen sich rettete; dann fallen sie einander, sprachlos, i» die Arme und Zähren der Freude und

Wehmuth mische« sich auf ihren Wangen; dann blicken sie um zur Heimath und verfolge», mit thränentrüben Augen, die Säule von Rauch, Dampf

und Schuttstaub, welche aus den Trümmern ihrer Wohnung himmelan steigt.

Scho« war den Geächtete» das Steinwerffen dePöbels nicht mehr gefährlich; schon zerschnitt nicht mehr das Jubelgeschrey, seines Wahns, gesiegt zu habe», ihre Herzen: als sie still standen, sich hals',

ten,

( 47 ) fett, Mariens, Willhöst's, der Knaben »aßgeweinte»

Wangen trocknete», sich ohne Worte steu'ten, daß sie doch einander, der guten Sache, erhalten wäre» und mm um sahe» rum Vaterlande. Als ob Keiner de» Ander» r»r Betrübniß verführe» wolle, wenn

er Thräne» in des Bruders Augen gewahre; so

sorgsam barg Jeder vor dem Nachbar die Augen. Mayenblüth that, als wische er den Staub vom Antlire, Sundhai» hielt die Hand über dir Stirn­

ais blend' ihn die Sonne, Reckiiitz rupffte sich das Haar ins Gesicht, Anton von Stornwald weh'te sich

Kühlung mit seiner Feldbinde, Sebastian setzte eines Knappe» Sturmhaube auf's Haupt; nur Falken­

helm -and mit trocknen, offne» Augen und suchte

dir Hochgiebel seiner Burg. — Ein ernstes, düst­

res Stillschweigen rings umher.

Selbst die Natur

schien diese Lrauerandacht ju scyer».

Kein Blätt­

chen rauscht«, fei» Vogel fang, keine Biene sumste,

kein Lüfftchen säuselte------- Endlich schluchzte» dir Kinder laut auf, und die Männer weinte» mit

ihnen.

Heiß würd' es unter Falkenhelms Stirn;

doch schnell faßte er SundhaiuS und Mavenblüth'S

»iedergefunknen Häupter, hob sie sanft empor und sprach

(

48

)

sprach muthig und groß: Brüder, ist nicht der Himmel noch so vest über uns gewöldt, als vorher?

Fallen nicht noch auf uns die Strahlen der Sonne? Gränen nicht unter unsern Füßen noch Moose und

Krauter?

Tragen nicht unsre Glieder uns auf,

recht? Leben nicht wir, herrscht nicht Gott noch? Ist wohl von unsrer Krafft ein Tausendrheilchen bey

unsern Waffen, von unsrer Redlichkeit das winzigste Etwas in unsern Durgen zurückgeblieben? — War­ um ragen wir denn, da wir noch die sind, so wir

waren? Gehab' dich wohl, Vaterland; bald kehren

wir in dich zurück, deine Fesseln zu lösen. Und

Freunde, keinen Blick vorwärts, keinen Schritt. Der Weg zum Glück' unsrer Brüder liegt hinter

uns. Leb wohl, Vaterland! Er wandte sich um und eilte rasch fort.

Die

Bundesgenossen sagten ihrer Heimat!) Valet, die

Knaben ihren Hunden, Waffen und Steckenpferden.

DaS drang den Sundhainer ins Innerste des Her­ zens. Fluch dem — rief er — der diesen Unschuldi­

gen ihr Spielzeuq nehmen konnte! Alle gingen nun, stumm und in sich gekehrt,

Herrn Ernst nach. In jeder Brust rang die Betrüb­ niß

(

)

49

nifi mit der Hoffnung, der Kummer mit dem Muthe. Ost mahnte sie Sundhain rum Aasrasten, und jeder

blieb auf dem Platze, wo er die Mahnung hörte, ließ die Blicke dorthin gerichtet, wohin sie trafen,

sah nicht um rum Folgenden, redete ihn nicht an. Ein Fluß rvg sich über ihren Weg, doch hielt er sie

nicht auf; sie durchwateten ihn an einer seichten Stelle, und traten nun unter hohe, schüttend«

Baumhaufen, welche, wie ein hehres Tborgewölbe ru einem stillen, dunkeln Walde, ihre stolren Wipfel,

freundschafftlich, in einander schloffen. Kein. Weg, kein Pfad reizte sich ihnen hier. Durch den Wind jiisammeugeschleudert, paußte sich

da- braune, von Feuchtigkeit dick geschwellte, Laub unjcrstampfft in Hügeln auf.

Ihrer Frucht «nbe
att' es Gott für Verbannte geschaffen, welche eine Zeitlang des Nachdenkens pflegen müssen. Wir haben mt keine Wohnstätte; wohlauf, uns hier anzusiedeln.

Den Männern gefiel der Vorschlag.

Die Kna,

den kreischten: Ach ja, gllter Falkenhelm, ist's doch

gar zu schin hier — und Hainz.und Hans sprangen

gleich vom Gaule. Adelhard kletterte hinunter und wälzte sich durchs hohe Gras.

Die Ritter hob^n

Frau Marien vom Sattel, und entlasteten sich und

die Rosse der drückenden Rüstungen. Mo der Fluß einen Halbzirkel ins Thal schnitt, steckte Herr Ernst

em Viereck mit Zweigen ab, dorthin eine Hütte zu bauen, und froh geschäfftig, als kämen sie aus den Armen des labendsten Schlafes, fällten Männer und

Knappen, mit einer Streitaxt und zweyen Schwerd-

teinv die ihnen ihrer Vertreiber Zornblindheit ge/

lassen

(

53

)

lasset» hatten, Bäume, hieben Aeste ab zum Flecht­ werke und stachen Rasen aus, die Zwischenräume zu füllen und dem Eindringen des Regens und der

kalten Nachrlufft zu wehren.

Noch konnte Keiner

sich des Vergangenen erinnern, noch wollte Keiner

deS Künftigen erwähnen. Als ob sie nur allein und für immer, ihre Kraffte auf die Erbauung einer

Hütte verwenden müßten, so amfig müh'ten sich alle, diese rn errichten.

Da lief Adelhard zu Frau Maria und jammerte: Mutter, mich hungert so, gieb mir zu essen. Bey'm

Hungtz». schrey des Knaben sanken die Arme der Ar­ beitenden. Die Sundhainerinn rief: Komm, sollst mit deinem Bruder Ernst theilen — und führte den

Kleinen hinter einen Baum; aber bald kam der 'Knabe zurück und klagte: Oie Mutter wähnt, mich

dürste; aber mich hungert.

Herr Reinhard preßte

die geballten Hände an den Mund und wimmerte:

O, Gott, Gott, gieb dem Buben Liegerwuth, daß

er mein Fleisch fresse! Falkenhelm sah umher und

fragte: Hat nicht Einer von euch etwas Brodr?

Die Reisigen durchsuchten ihre Säcke.

Adelhard

schau'te begierig zu und lief von Einem zum Andern:

D 3

Voll-

( 54 ) Vollrath fand eilten Wecken und gab ihn dem Kna­

ben, der froh hinein biß. Hans federte etwas durch

Micke, starr auf de» Mund des Bruders gerichtet — und Adelhard theilte mit ihm feine Haabe. Hain;,

so sehr ihn hungerte, begehrte nichts, er warff sich ins Gras, drückte das Gesicht auf einen Schild und

weinte sich satt. Sundhain. Die Kinder mahnen uns schrecklich

an unsre Armuth und Pflicht.

Salkenh.

Ich bett'le ihnen und uns Lebens­

unterhalt. Herrmann, Sprenger von Raufach, Schroffen­

ecks Knappe, entgegnete:

Nicht allso; ihr müßt

hier bleiben, Bruder, ich gehe. Bin noch nicht so

fange aus der Zucht als ihr, drum ist mir das Bet­

teln noch geläufiger. Vorhin, vernahm ich Glocken­ geläut, aus jener Gegend, schallen; wv's läutet, sind Mönche, und wo Mönche sind, giebtS volle

Speisekammern. Vollr. Ich tieh mit dir auf Erwerbabentheuer. Wollen einmal sehen, ob

die Acht schon unsre Zun­

gen gelähmt habe.

Sie

( 55 ) Sie eilten in be» Wald.

Adelhard sprang an

seinem Vater empor und plapperte: Mach mir «inen Turniergaul, Vater. Mutter thut Zaum und Zügel -ran; will auch gegen den Herzog reiten, darum, daß er uns hier betteln läßt. — Und schnell warff

Herr Reinhard die Axt hin und laubtt «inen Ast ab rum Turniergaul für den Knabe».

Die Uebrigen arbeitete» fort, aber iezt, den Fal­ kenhelmer ausgenommen, so still und verdrossen, als ob sie den erschlagenen Freunden di« Gräber grüben.

Mayrnblüth stimmte ein Hoffnungslied a», allen

Brüder» bekannt.

Lange saug nur er und Herr

Ernst; dann fielen Willhift und Frau Maria ein,

zuletzt sangen Alle mit. Ihr Vertraue» zum Menschenschöpfer stärkte sich, je herziger sie seines Lieb­

lings , des Hoffnungsengels dachten.

Dem Liede

folgten mehrere, und die Geächtete» erkannten jezt dankbar - froh, wie schnell auf Schwinge» des Ge­ sanges, die Erinnerung von traurigen Gegenstände»

sich entferne» könne. Di« Hütte und ein Schuppe» waren bald errichtet, vest und trotzend dem Winde

und Regen.

T> 4

Gegen

(

56

)

Gegen Abend kehrten Vollrath und Herrmann rurück.

Auf einer grvbgrjimmerten Bahre trugen

sie ein Reh, Brvdt, Obst, Honig, Wurzeln und Meth. Die Knaben tanzten ihnen fröhlich entgegen ;

die Männer sahen es an, alS brachte» sie unermeß­ liche Reichthümer,

wrllh. Gokk segne die guten Mhnchel

hierum.

Nun, wenn ihnen nicht mehr wird alS

sie verdienen, werden sie sich an dem Seegen nicht

Unverdaulichkeir essen. Volle,

Ihnen danken wir wenig; aber einig«

tausend Schritte südwärts im Wnldr liege «ine zcrstöhrte Burg, und haus't dort ein Klausner, und

hörte der kaum, daß uns hungre, da führt' er uns

in seine» Keller, hieß uns nehm?» von seinem Vor­ rath, so viel wir fortbringen könnte» und gab uns

die Bahre in den Kauff, Herrn», Der verstand sich dr.auf, wie man wohl­ thun müsse; gab, ohne zu fragen, wem er gebe.

Volle.

Und muß das die Regel nicht lehren.

Die Mönche folterten ans schier mit Fragen, wer wir wäre», wohin wir gehörte» und gedächte», und

Laben uns so viel, als wähnten sie, das Fasten werde

c

werde uns frommen.

57

)

Verdrüßlich rege» wir von

ihnen, da fdttle Sprenger das Reh —

Herrn». Und erhielt noch etwas, deß wir hier höchst nöthig bedürffen. Das, lieben Brüder, müs­ sen wir sorglich bewahren und so wir erst wieder

ruhig im Vaterlande sitze», es in einem Taber­ nakel ausstellen. Schau t, einen Feuerstahl — den

schenkte mir ein Leibeigener, der mit damit gewis seine ganze Haabe gab. Falkenh. Ich will eS dir und deinen Brüdern

vergelten, und sollt' es mir auch meine ganze Haabe,

mein Leden, kosten. Jejt machte 'Frau Maria Anstalten. $ttm JmbS. Mayenblüth zündete ein Feuer vor der Hütt« an.

Fakkenhelm verband den Knappe» und Knechte» die Wunden, Sundhain schnitt Gras ab, und bereitete davon für Weib und Kinder ein Lager über Sat­ teln und Wapenröeken. Die Knappen futterten die

Rosse; Krippen und Rauffen zimmerten ihnen die

von Stornwald.

Willhöst weidete das Reh au-

und zerlegte es, das Fell spannten die Kinder um einen Baumstamm, zum trocknen; die Snndhaine-

rinn bestimmte es ihrem kleinen Ernst zur Decke. D f

Dann

(

58

)

Dann setzten sich Alle ums Feuer rum Essen und tranken Meth aus Bickelhauben auf das Glück des bieder» Leibeigenen, des wackern Klausners und der fragsüchtigen Mönche; doch schien es, als wollte» noch Alle der Erinnerung an das Vergangene aus, weichen, den» Jeder sprach nur von dem Wohlge«

schmacke des Obst's und Meths oder non der Schön­ heit des Thals. Endlich unterbrach Herr Reinhard

dies erzwungene, selbstsüchtige Gespräch allso:

Für unsern Moritz wäre dies ein seiner Speise, saal gewesen. Darin« hätt' er zwischen durch «acker herum tobe» gekonnt, wenn's ihm in der Haut zu

eng wurde. Adelh. Wo ist den» der r Mavenbl. Auch über die Gränze gebracht, wie

wir, aber — Sundh. — zu aller guten Mensche» Vaterland. Adelh. Wo liegt das hinaus;

Hain;. Im Himmel, wo unsre Vorfahre» sind und mit den Heiligen banketiere«.

Adelh. Ja? Da ist er ? Das wird ih» baß

freue».

Aber, er ist nun gar weit von uns, und

das wird ih» nicht freuen. Mutter, wenn du willst,

wellen

( 59 )

wollen wir ihn einmal in der blauen Burg da oben heimsuchen. Maria. Wir werdend. Adelh. Wer führt uns dahin? willh. Die Rechtschaffenheit uitb der Tod. Adelh. Welcher Tod? der Großvater» so lange neckte, eh'er mit ihm fortging, oder der Hausteins

Ulrich von der Mauer warff? willh. Wer dem lieben Gott eben rur Hand ist, das gilt gleich. Adelh. Der letzte soll mich hinführe», der Andre nicht, der hat Großvätern so gequält. willh. Ey, Gottes Engel quälen nicht, und hat der Andre es mit dem Großvater doch auch gut gemeint. Adelh. Zuletzt, da ließ fich Großvater vo» ihm rinstnge». Wen» ich auch noch so viel sang, er wollte doch nicht einschlafen. D«, Mutter, wie heißt denn Gotts Sundh. Ey, Junge, welch — ? Maria. Reinhard von Sundhain heißt er dir.

Adelh. lein so?

Wir der Dam r Und mir nur al­

Maria.

( 6o ) Mari«.

Md deinen Brüder».

Andern Kindern

heißt er rote ihre Väter heiße».

Hain;.

Weil sie de« Kinder» Gottes Gabe»

»urtheilen. Adeih,

und dem Vater?

Sundh. . Maria, welche Pflichten mir

durch

Antwort aus?

deine

bürdest du

Verführst

de»

Knaben zur Abgörterey; doch, leider! das hast du nicht tu befürchten.

Ader wenn

nun

der Junge

Mich falle» sieht?

Maria.

Lieber-Man», das t» »erhüthen, steht

bey dir. Adelh. Sundh.

Wo schlaf' ich den» hier? Du schläfst mit deinem kleinen Bruder

Ernst in der Hütte bey der Mltter.

Hain; und

Hans liegen tut Schuppen bey dem schwervenpunde«

ten Klaus Egen. wachen.

Wir andern, Männer und Buden,

Haben zu rakhschlagen —

Hain;.

Sundh. Hain;.

Sundh,

Laßt mich auch wachen?

Nein.

MsjU?

Daß ich's lerne« Harre der Noth, sie wird dich ftüh

genug in die Lehre nehmen.

Hain;.

(

^ain;.

6i

)

Vater, ich mag nicht bey Klaus Egel«

schlaft». Sundh. Warm« nicht?

«Zar»;. Weil — er------ fein Junker ist. Sundh. WaS? Daß dir ein Junker aufstoße, so oft du einen Menschen such-! Fündling! Welcher tolle Hofhund hat dich gebissen? Ich konnt' dir das

Hirn zerschmettern —

Maria. Väterchen, zürn' ihm nicht; das spricht nicht unser Hainz, -aS trätscht Stumpfens Kurd

aus ihm.

Sundh. Wart' ihm auf, Mutter, Hans, Adel Hard, dient ihm, backt ihm Brvdt, schafft ihm

Meth,

Der hochadliche Junker darff nicht essen,

nicht trinken von diesem.

Leibeigene haben «S ge­

backen , ein Klausner hat den Meth zugerichtet. Sagt' ich's nicht immer, ans Kurd's Auge« schmunzle

der Hofartsteuftl?

Um meß willen sind wir hier,

Junker Hainz? He! Vielleicht uns und unsern Tur­

niergesellen im Herzogthnme Grafen, und Fürsten­

rang zu verschaffen?

Unsern Nachkommen Angel­

haken und Nägel in die Geißelstränge zu flechten, daß sie leichter und schmerzender die Haut der lln
ert einander so froh «»lächeln, «erden einst » » »beyde rugleich die Hände nach meinem Für« « » „stenhuthe ausstrecke», und Behde gegründete«

Recht

(

log

)

„ „ »Recht ba;u haben, denn Beyden gehört er, „ „ „Beyde find die Aeltesten.

Beyde» darff ich

>> „ „ ihn nicht gebe»; zween Köpfe lassen sich nicht

„ „ „ unter Einen Furstenhuth bringen, der Purpur „ „ „kann nie zween Menschen so kleiden, daß er

„ „ „sie beyde deckte. Einer muß zurückstehn, oder „ „ „sie werden erkämpfen wolle», was Jeder dem

„ „ „Andern mißgönnt.

Durch List oder Gewalt

„ „ „ wird Einer siegen, und durch Brudermord ge„ „ „weihet werden zu jeglichem Lasier, wird da-

„ » « durch seines Volkes Liebe verliehren, sie wie, „ „ „der erzwinge» wollen, und was man erzwingt

„ „ „ist Haß.« « « Sundh. Ober Betrug, und auch der ist Haß.

£ lauen. „ „ „Laut tust die unvorsichtige Freude

„ „ „meiner Untersaffen: Dem Herzoge sind Iwil, „ « „ linge gebohren.

Die Kurzsichtigen! Ihnen

„ „ «ahnet nicht, daß sie ihrer Nachkomme» Un„ „ „glück verkünden.

Ich will einen Sohn ver-

» „ „liehren, um tausend Mensche» der Welt, dem „ » „Himmel zu erhalten. Nimnt eins derKnäb,

»» „ „lein, Ludolf. Nimm dies, das jezt sich un#

„ „ „ruhig windet, und sein Antlir weinend ver, zieht.

(

„ „ >, zieht.

HO

)

Sieh, e- scheint vor der Gefahr ju

,» „ „ erschrecken, einst Brudermörder werden zu

„ „ „ können. DciitWeib ist jezt geseegnet, «rwar, „ „ „tet täglich ihre Stunde; spreng' aus, «s habe „ » „ dir Zwillinge gebohrrn. Erzieh dir das Büb,

„ „ „ lein rum Sohn, seinem Bruder und Fürste» » »rum Freunde. Nimm dar Kntblei». Nimm » „ „ es. — Doch nein; nimm den Lächelnde» da,

>, „ »Jst's nicht, als freue er sich, daß ihm der

5/

99 99

Fürstenhulh bleiben solle? Schadenfreude riemt

„ „ „keinem Fürsten." " “ ^iundh. Mir schaudert dar Herr in der Brust.

Doch Gott nahm ja einen der Knabe». Dlauon. „ „ „Nein, nimm den Grämler. Mür«

„ „ „rische Herr» können so selten ihrer Nntertha,

„ „ „ ne» Liebe erlangen. Nimm, Ludolf, wähle, » „ „ eh' ich in El'neni die sanften Aüne der Mutter

„ „ hi« entdecke» wähne, ihn zum Fürste» bestimme

„ „ „und dem armen Bruder Unrecht thue. Wähle 1 „ ,, „Wähle! Ich will mich abwenden. Das Glück „ „ „wird ja nicht mit uns gebohreo — “ " " Sundl). O, Vaterherr, Daterherr!

Dlaus».

(

III

)

Dlausn. „ „ „Zufriedenheit hält fich nickt al, „ „ „ lein iu Einem Stande. Hab' ich dich nicht „ „ „oft beneidet? Wahle!" " " „ „ Allst der Herrog. Ich sah ein — fuhr 6et „ „ edle Wolfsbühel fort — wie gar groß Recht „ „Adelbert habe, doch zauderte ich — " “

Sundh. Er war Vater, kannte das — Dlausn. — „ „fiel dem Biedermann um beit „ „Hais, herzte ihn, bis feine Thränen zu strömen

„ „ begannen, und — nahm den Grämler. “ " Sundh. Nahm ihn?!

Klauen. „ „ Der Herzog schau te um und sprach:

n «Ich will ihn salbe« mit meinen Thränen zum „ „unbeneideten Glück des prunkloseu Freudeuge, „ „nuffeS, stegnen mit meinen Seufzern, daß ihm

,, „werde, was Fürste» st selten wird, Liebe seiner „ „ Arbeitsgeseven — Ich mußt ihm das Vüblein „ „entwinden, fast hätt' er es vvt Wehmuth w

„ „drückt; es schien ihm jezt lieber geworden zu „ „ seyn, denn das Herrlein — “ “

Smrdh. Ach, der verlohrne Sohn ist dem Vater

immer der liebste. Dianen.

c In ) »laus«. „ „Wir ließen verbreiten, Einer der

„ „Knaben sey gestorben. Außer uns Beyden, wußte

„ „nur die Herzoginn, der Hauspfaff, die Weh« „ „mutter und mein Weib, er lebe.

Mir wurde

„ „er nun gebohren, erzogen als mein Sohn, als „ „Adelgitz von WolfSbühel — er war der kleine

„ „Grämler." « Mavenbl. Er, mein Adelgitz! Falkenh. Und ist todt ?

Sundh. Nein, das kam mir »«vermuthet. Lü< dolf, warum »ahmst du nicht lieber den Lächler? »lauen. „Ludolf richtete sich empor, raunte mir

„ins Dhr: dem Abte von St — und verschied.

„ Kaum fühlt' ich den letzten Ledenshauch des wacker« „ Mannes an meinen Wangen erkalten; da engte ei» »»unerklärliches Mißbehagen meine Brust zusammen, „ergriff mich Unwille gegen den Entschlafenen.

„Meine Blicke strebte» nieder zum Bode», als ost „sie dort etwas suchte»; meine Hände Hobe» sich

„schnell zum Haupte, als ob sie dort etwas zu Hal,

„ten hatten. Ich wandte mich jach, sah zurück, als

„ob mir etwas entfalle» wäre, ging hastig auf und

«nieder- Ich vermißte etwas; nicht meine» Pfleg«, vater.

c in ) „vater, ohne Rührung sah' ich auf seinen erblassen»

„den Leichnam hi»/ bückte mich über ihn/ fragte:

„Nu«/ dem Abte r» St — ? und knirrschte die „Zähne zusammen/ daß mir keine Antwort wurde. „Immer wollt' ich rum Gemach hinaüsrennen, und

„doch hielt mich dort etwas zurück/ nicht Wolfs» „bühels Körper/ nicht meine Pflicht, ihm die Augen

„zozudrücken; nein, etwas UnncnnbahreS, das mich „auffvderte, eines erlittenen Unrechts wegen von

„ Jemand Genugthuung zu begehre». Die güldene „Kette mit meines VaterS Bildpfennige riß ich mir

„vou der Brust, schleuderte sie auf's Bette hin, und

„griff schnell wieder darnach, sie unter meinWamms „zu schieben.

Meine Pflegbrüder traten ins Ge-

„mach, mich ärgerte ihr dreistes Eintreten; auf fle „hinabsehcnd, ging ich zum Burghofe."

Sundh. Das wird ein harter Strauß werden! lUmien.

„Pfalz.

„Tief unter mir im Thale lag die

Die Sonne spiegelte sich in den großen,

„venedischen Glasscheiben; ich hätte gern, mit

„einem Faustschlage, all die Glanzherrlichkeit zerr „schmettert.

Ein Knecht fragte: Adelgötz, wie

„ steht'« um unsern Herrn? Sitg. d. fort. s. 25.

Stolz schaut' ich ihn H

an,

C

114

)

„an, blähte mich auf und entwertete $ Wohl; —

„Ja, wohl für ihn — entgegente, seufzend, der „ Knecht, und Traurigkeit verstellte seine Gebehrde."

„Schnell faßlich seine beyden Hände, rief: „Ist'S nicht unbillig, nicht höchst Ungerecht? — Er

„rüste die Achseln, sah rum Himmel empor und

„ erwiederte: Wer kann gegen Den!" „Ich kehrte ihm den Rücken pi, als hätt' er

„mich nicht verstanden. Lieber Ritter — sprach er

„ nun — wir müssen ja alle von hinnen, der Leib„ eigene so güt wie der Herzog." „Fragen wollt' ich: Ist der tobtkrank? — doch

„mein Herr schlug so wild, daß es meine Stimme „übermannte.

Ich riß mein Schwerdt aus der

„Scheide, als müßt' ich mich gegen einen Meuchel-

„ Mörder vertheidige», rannte dann rum Stall, warst „meinem schnellsten Läufer die Trense über, mich

„darauf und sprengte rum Thor hinaus. Wohin?

„Rief der staunende Knecht. Zum Kloster — schrie „ich, und — leitete meinen Gaul tut Pfalz. Nab'

„ am See hielt' ich, wollt' hineiujachen; das Roß „scheu'te, bäumte sich, kehrte um, hin auf den Weg

gen

c

n5 )

„gen Wolfsbühel. Ich spornte «S querfeldein, rur »Gräni«, über die Gränre" —

Sundh. Sieg! Sieg! Dlas't, Lrommeter! »laus». — „durch Wald und Moor; Blut

>, rann nieder auf mein Wamms, ich hörte mir zu„ brüllen: Brudermörder!

Sundh. Ach, et rief es selbst.

»lausn. „ Mich überlief'- kalt und »aß. Air „bauchte, mein Haar werde himmelan gerissen, es „ donn're, blitze um mich." —

Sundh. Nun, Alter, das that's ja auch,

»lausn. „Der Rappe stürzte.

Ich fand mich

„in eines Klausners Hütte wieder, gelähmt, zer, „schlage«.

Zwar halt' ich den Herrfchsuchtsreufel

„gefesselt, doch nicht überwunden. Ich konnte, fast „fürcht' ich, wollt' es noch nicht.

Immer noch

„blieb mein Ohr seinen Verhetzungen offen, mich

„in Besitz dessen zn setze», was nach göttlichem und „menschliche» Willen, mein Ligenthunr sey," —

Sundh. Nicht Eigenthum! willh. Ey, Bruder, der Böse, Gott bewahr'

«ns vor ihm! sprach ja nur so.

H »

»lauen.

(

n6

)

Blauen. — „ kein Mittel $u scheuen, das Scep-

„ter in meine Hand, de» Fürstenhuth ans mein

„Hauxt zu bringen. Scho» damals vernachläßigte „Adelbert seine Pflicht, und ich schmeichelte allso

„meiner Leidenschassr, wenn ich einem Fürsten die „Macht nähme, durch Schwachheit sei» erhabenes „Amt »u schände», würd' ich mir des Volkes „Liebe erwerben.

Endlich erstickte ich de» Der-

„ suchungsteusel “ —

Sundh. Dank de» heissenden Heiligen!

Dianen. — „durch die Vorstellung, welch' Un„glück ich auf das Herzogthnm Haussen müsse, so „ ich, meine Rechte als Mitbesitzer des Throns ver-

„fechten wolle, tilgte die Eindrücke jener Fieber„träume aus meinem Herzen, und erkannte: es sey

„besser, in der dunkeln Einsamkeit mit sich selbst „ in Frieden, als auf dem Herrscherstuhle in nimmer-

„ endender Fehde mit seinem Gewissen zu leben."

Dies war meines AdelgitzenS Geständniß, dies der Vorsatz, den er männlich aussührte und ein

Märtyrer seiner Pflicht wurde. Einst übernachtete» zween Ritter bey uns, erzählten schreckende Dinge vom Zustande ihres Vaterlandes, verwünschten de»

Herzog,

(

117

)

Herzog, fluchten seinen Günstlingen tiitb weissagten Aufruhr und Bürgerkrieg.

AdelgLtz zog sich dies

tu Gemüth, fiel in ein hitziges Fieber und — starb. So in Gedanken, Ritter Falkenhelm.?

Lalkeirh. Gott will uns.

Llauon.

Wozu ? Was versammelte euch Alle

hier 3 Sundh. Wir sind geächtet, vertriebe», verlamm

det, weil wir dem Lächler durch den Sin» stürmte», seine Gaucklerhorden zerstreue» —

Falkcnh.

Ich must jezr von hin»«», oh»

Aufschub — Mavenbl. Ich zieh' ins Vaterland.

Llausn. Ich geleit' euch, daß ihr mir erzählt — Sundh. In dunkler Nacht? Llsnsn.

Ich weiß hier Wege und Stege im

Dunkeln zu finden.

Alle. Dis zum Wiedersehen, Gott und der gute»

Sache befohlen.

Bey seiner willkomm'nen Rückkunft in St. Lär digers Münster fand Wolfram Mayrnblüth alle H 3 Minche

(

iiS

)

Mönche fruchtlos befchäfftigt, die Unschuldigen, welche am Altare Schutz gesucht hatte», de» Fol­

gen der Fehde u»d Acht ru entrücke». Viele Dienst­

linge der Bundesbrüder flüchtete» mit Weiber» und

Kinder« dorthin; sie glaubte», unter dem Strahlenfcheine des Heilige» vor der VerfolgungSwuth

eines erzürnte» Pfaffe« am ficherste» zu seyn. FalkenhelmS Knappe» trafen einige Stunde» nach dem

Sturm in de» ehmaligen Besitzungen ihres Herr« ei», und begehrten Rath vom Abte, wohin sie sich nun zu wenden hätten.

I» einer Jelle erwartete

Sothau den Tod, in einer andern Eleonore, welch« durch den Ritter fast entseelt aus der menschenleeren

Pfalz zum Kloster gebracht war, das Urtheil des Schicksals, ob ihre frühzeitige Entbindung von

einem sterbenden Knablein, auch sie des Lebens be­

raube» werde. Die Mönche fühlten die Noth ihrer Pfleg- und Schützlinge um desto schmerzender, weil

sie für das Unglück der Mehrsten keine Linderungs­

mittel kannte», und sich, bis zu Mayenblüths Ankunfft auf wörtliche Vertröstungen einschränken muß­

ten) denen nur die Erzählungen des Harfners von dem HvffnungSmnthe der Verbannte», Werth und

Gehah

( Gehalt gaben.

ii9

)

Mayenblülhs Zustimmung bestärkte

Coelestins vorsorglichen Beschluß, daß Falkenhrlm«

Knappen, unter dem Schilde der Nacht, Lebens­ mittel, Decken und Kleider, Wagenarmbrüste (43)

WaffG und Gold zum Waldthale, — Schroffeneck« Leichnam war schon beygesetzt — den Kinder« ihre

Hunde bringen müßte»; daß die geschreckte» Dienst­ leute so lange in den Mayerhofen der BuudeSklister

Arbeit, Unterhalt und Schutz finden sollten, bi« Zeit und Glück sie wieder in ihre Hütten geleiteten, und baß Sothau und Eleonore — doch wenn die Aath-

pflrgenden dieser Schwerlcidenden dachten, wehrten NerzweiflungSthränen dem flüchtigsten Blick in die

Zukunft, und ihrer Herzen bemächtigte sich eine

gleiche Ahndungsfurcht, wie sie jezt die Layen beun­ ruhigt«, welche der Wahlstätte am nächsten wohnteo, wo der schändlichste Pfaffentrug siegte.

Das Gerücht von Sothau'S Betrage» in der

Pfalz hatte sich schnell verbreitet, aber wie die Kreise, H 4

welch«

(43) EroFe Armbrüste, welche auf Einspännerkarsii be-

etfliqt waren, und in Schanzen lind Lagern oder eins

HccrziWn gebraucht werden, feindliche Angriff« turnetiutrkiden.

(

120 )

welche ei» geworffener Stein auf einer Wasserfläche bildet/ immer mehr an Rundung und Bestimmtheit verliehren, je weiterer fie sich ausdehnen, je istrer sie sich vervielfältigen; so verlvhr auch diese Kunde immer mehr au Wahrscheinlichkeit/ je istrer sie wie,

verholt «urde.

Statt einte DvlksrächerS sprach

man bald von einer ganzen Schaar/ dir sich am Lager

de- Herzogs verbündet habe/ ihn zu morde»; S»,

thau'S Nothschrey wurde in eine Aussoderung aller Inn fassen verwandelt/ sich zu bewaffne»/ die Rüge,

laud-säule» umzustürze» und den marklosen Händen

der Gerechtigsbilder die Richtschwerdter zu entmin, den; doch weil Jeder überzeugt «ar/ der Sothauer könne zu einem so ungesetzliche» Verfahren nicht ge, rathen habe»/ mußte es ein Teufel, in der Gestalt

des Ritter-/ gewesen seyn: dies bewiese»/ so klügel, te» die Ueberlieferer der, Sage, die Brandflecke», welche die Kralle» des HiUenbewohners den Lager, decke» eingesengt hätte». Wer diese Fündlein Hirte,

dem schwatzte sie die Sucht, immer das Abentheuer,

lichste zu glauben, als Wahrheiten auf. Nur Gregor erblickte die nackte Wahrheit durch alle Verzierungei» der Lüge; aber fein Vortheil heischte es, die Be­

logene»

(

121

)

loge««» in ihrem Irrthume ju lassen. Je mehr er,

fürchtete Feinde er um Adelbert und das Volk »er, sammeln konnt«/ desto früher und glorreicher siegte

er.

Ob Sothau oder ein Teufel Mvrddrohungen

»ii Adelberts Lager ausgestoßen hab«/ galt ihm gleich; beydes war Gift dem Herrvge, beydes würkte

ohne fein Zuthun. Am lag es jezl näher/ Archim,

balds Treue versichert zu seyn; drum sandt' er rur verödeten Burg HühnenfelS/ wo der Engelseher/ nach Wolfins Aussage/ seinen Mammon versteckt«/ einen

erprobten Lehnsmann, den Schatz ru heben, bey wel­

chem der Gauner sein Her; rurückließ. Der Klausner hatte den Harfner, durch Richt,

weg«, rur Gräme gebracht, und war kaum wieder in HühnenfelS, als der Reisig« bey den Trümmer»

abstieg, sein Roß anband, und nun dreist und unver, schämt alles durchstöberte; die Hofart mißfiel dem

Klausner, er »erwies sie dem Reisigen glimpflich,

und bat ihn, seine Ruhe nicht r« stihren. Dieser

wollte nicht hören, spottete des gebückten, graubar, tigen Alten, zerschlug aus Uebermuth das ärmliche

Hausgeräth, warff den Bettschragen um und begann dann, das Wandgetäfel loSrubrechen.

H $

Der Klau»,

ner

(

132

)

«er droh'te, der Reisige lachte höhnisch und fuhr

endlich mir dem Schwerdt' ans der Scheide. Plötz« lich hob ksich der vorgekrümmte Kopf des Greises empor, seine Stagen erglüh'te», sein Schleichen wurde

rascher, vester Gang; er riß hinter einem Crucifix eine Streitaxt hervor und griff den Reisigen an. Spöttelnd zögerte dieser, sich zu wehre», wich nur,

lauter lachend, zurück, erschrack aber höchlich, als der Stahl des Klausners, ohn' einen Fehlstreich, in die Fugen seines Harnisches traf und krafftvoü die

Gewerbe der Schienen zerschmetterte.

Finten wür,

den ihn retten, wähnte er nun; doch der Klausner hieb sich durch sie hin zum Knie, zum Haupte seines

Gegners, und streckte ihn, betäubt und gelähmt zu Bode», fesselte ihm Händ' und Füße, und eilte dann,

Heilkräuter zu sammel», die Wunden zu verbinden, welche er kurz vorher geschlagen hatte.

Als sich die Sinne des Reisigen dem Betau«

bungstaumel entrissen, als er seine Wunde» schon verbunden und den Klausner beschafftigt fand, ihm ein Lager von Laub und Stroh zu bereite», rief

er voll Bewunderung: Unter wessen Stahl bin ich gerathen ? Blaus».

c

irr

)

Llausn. Unter beit Stahl eines Mannes, der sich nicht. Nm die Finten eines Spielfechters kümmert,

evelcher das Schirmen, wie'S scheint, nur mit Hof, huben getrieben hat.

Aber woher bringt dich die

Unverschämtheit?

Der Reisige. Wollt nicht zürne» —

Llausn. Woher) Der Reisige.

Aus dem angrä»ie»deu Herjog,

thume —

Llausn. Wie geht'S dort? Der Reisige. Zu Ende geht'S mit dem Herroge;

aus alle» Ständen haben sich Tausende zum Meuchel,

mord gegen ihn verschworen. Wie Feuerfunken einen Schlafenden, trafen dis Worte den Klausner, er sprang empor, rum Keller hinaus, auf das Roß feines Gefangenen und jacht»

im gestreckten Rennen rum Herrogthume. Von der

Hast beynahe aufgerieben, langte er im erstem Pfalz«

Hofe an. Diele Sassen harrten dort der Augenblicks, wenn sich ihre schadenfrohe Neugier an Unruhr und

Getümmel weiden könne. Sie fielen dem Klausner in die Züge! und begehrte» die Ursache seiner »»vor« sichtige» Eile tu wissen, Keuchend

(

124

)

Keuchend entgegente der Klausner: Lieben Lands, leute, wackere Manner, die ihr so lange das Recht liebtet und das Unrecht haßtet, der Pflicht treu bliebt und den Verrath verabscheu'tet, duldet nicht, daß Gesetzlichkeit unterliege und Selbsirache sich er, hebe! Laßt euch mt nicht zur Untätigkeit schrecken, da der Meuchelmord gegen euer» Fürsten seinen tausendschneidiyen Stahl zuckt! Bedenkt, Adelbert ist ein Mensch, ein guter Mensch, der euch gerne beru, higen und zufrieden stellen mögte, aber jezt nieder, gesunken ist unter den schweren Lasten der Regierung, der Reue und Verzweiflung. Keiner von euch, Nie< mand tat ganzen Lande würde unter einem solchem Drucke sich aufrecht erhalten haben; Erbschulden und Erbamter sind doppelt lastend, Reue und Verzweif,. lung mästen sich von den Vorwürffen der Beleidig, ten. Richtet ihn mit Sanftmut!) und Güte wieder empor. Wer wird deswegen seinen Freund tobten wollen, weil eine Zentuerbürde ihn zu Boden ge­ drückt hat? Wer ein ganzes Haus Niederreißen, weil ein Balken drinn gebrochen ist? Beurtheilt, wie ihr wünscht beurtheilt zu werden hier und dort. Macht nicht die Schwäche einem Siechen zum Der, breche»

(

125

)

-rechen und hätt' er sich auch die Krankheit selbst zu,

gezogen!

Schützt den Herzog durch eure Liebe; ihr

schützt dann euer eignes Gut: pflegt sein durch Oe* horsam; ihr pflegt dann eures eignen Glücks: stärkt ihn durch Pflichttreue; sie belohnt euch selbst am

reichlichsten.

Eure Kinder bitten euch durch mich

darum. Sie können verlangen, daß sie dort in Ruhe

und Frieden erwachsen, alt werden und sterben, wo

sie in Frieden empfangen und gebohren wurden. Zwingt das streng vergeltende Schicksal nicht, eure Missethaten noch an ihnen $it rächen, sie unstätt und

flüchtig durch die Welt zu jagen, und ihnen Flüche

gegen Gott und euch abzufoltern! Ich bin erweckt aus dem Grabe der Einsamkeit, aufgestihrt durch

Geisterruf — Den Sassen entfuhren vor Schrecken die Zügel des Rosses.

Bleuen. — getrieben durch AhndungSangst euch

zu warnen, euch zu beschwören: Faltet eure Hände zum Gebet für euern Fürsten, statt.sie zu öffnen, den

Mordstahl zu fassen — Tod und Verderben den Meuchelmördern! Hin,

ihre Dolche zu zerbrechen! — schrie der Pöbel, sprengte

c

126 )

sprengte sich auseinander, und — machte de» Auf­ wallungen der Mitleids, bey Freunden, Bekannte« und Hausgenosse«, durch Geschwätze Lust.

Der

Klausner entwich im Getümmel.

Gregor bekam schnell Nachricht von dem allen» und hielt den Klausner für einen Genossen des Frey,

heitSbundeS. Um de» gute« Eindruck zu vertilgen, den eine solche Warnung und Bitte rurücklasseir mußte, um rugleich den Geächteten zu schaden, wen»

er ihre Grundsätze dem Volke auf eine Art bekannt mache, daß er es dadurch jur Empörung reizen und die Brüder nachher als die Stiffter des Unglück­ verschreien könne, das die Voreiligkeit des Pöbels

bewürkr; wappente er sich, vermummte seinen Schor»

köpf mit Sundhains Helm, nahm einen Bundesschilb an den Arm, und ritt so, von Allen für Reinhard vo«

Sundhain gehalten, zum Pfalzhofe. Die Begierde, Stoff zu neue« Seelbädereyen zu finden, hatte dort

eine Menge Volk- versammelt; sie «rschrack, als sie

de» Vundeöschild erblickte und floh.

Der Prior brüllte ihr nach: Steht, ihr Pfaffen» docken, ihr Weiber in Mannskleidern! Das Volk stutzte und hielt sich im Rennen auf.

Gregor.

(

127

)

Gregor. Her zu mir, unter diese Linde, von

wannen ihr immer froh zu Hause eiltet, weil die

Gerechtigkeit euch hier zur Begleiterinn die vffent,

liche Sicherheit gab; hier lernt vom Sundhainer, wie ihr euch zu betragen habt gegen euer» Fürsten»

Das Volk näherte fich furchtsam. Gregor. Wie ist's ? Was muß ich von euch

Horen? Ihr wollt -en Herzog meuchlings zur Welt hinausschaffen? Ihr, die gebohrnen Richter feinet Handlungen? Habt ihr dergleichen von uns gesehn?

Sind wir euch »e mit solchem Schandbevspiele vor» zegangen? —

Beobachte» müßt ihr ihn sorgsam»

aber ihr dürfft ihn nicht umstellen, wie ein Wild, dessen Tod schon vorher bestimmt ist. Rechenschafst müßt ihr von ihm {obern, wozu er das Glücksver»

mögen seiner Unterthanen verwendet habe; aber ihr dürfft ihn nicht knebeln, daß sein erzwungenes Still» schweigen zu jeder Klag'frage Ja nicke.

DeS Herr

rogshuth» könnt ihr ihn verlustig erklären; aber ihr hürfft ihn nicht des Vorrechts berauben, so ihm al«

einem Menschen gebührt, sich gegen seine Ankläger

zu een eidigen.

Strafen müßt ihr ihn; aber ihr

dürfft ihn nicht mit Aextrn und Beilen anfallen,

wie

(

128

)

wie einen Wahrwolf, der um'S Leben gebracht wer­

den soll, gleichviel, wie. Unterlaßt ihr jenes und thut dieses, so verliehrt ihr eure Nichterrechte un­

verdient, daß man gegen euch und eure Kinder alle

Hyänen der weiten Welt hetze. Wenn hoch die Sonne am Himmel steht, wenn die Greise in ihrer Mittagöwarme sich laben, und eure Kindlein wachen; wenn durch's ganze Land ein schaudervoller Feyertag eingelautet ist, an dem Jeder­

mann von seiner gewöhnlichen Arbeit ruhe, um alle Gedanken und Kräffte zu dem wichtigsten Ernstge-

schaffte zu sammeln; wenn eurer Weiber und Dirnen

Mitleidsthränen euern Zorn gegen den Beleidiger des Volks vertilgt haben; wenn ihr selbst mit euerm

Gewissen und Pfaffen zu Rath gegangen, überzeugt seyd, daß auch euch schwere Verbrechen drücken:

dann federt den Herzog vor Gericht, ruft seine

Freunde und Günstlinge, Eingesessene und Fremde auf, ihn zu vertheidigen und scheidet Verläumdun-

gen von Beschuldigungen, Lügen von Wahrheiten

Schwachheitsfehler von Bosheitssünden. Falls dann die Waagschale, in der die Thränen eures, täglich neuen, Unglücks, der Schweiß eurer, Jahrhunderte

dauern-

(

129 )

dauernden, Frobndienstbarkeit, das Blut eurer Vor­ eltern, die zum Messer des Selbstmordes griffen, um der Folter der Lyranney zu entkommen, eure Frey­ heiten und Menschenrechte, eure Anweisungen auf Erdenglück und Himmelsseeligkeit liegen, zum Bo­ den niederdonnert- Purpurmantel, Kron' und Scep­ ter aus der hinaufgeschnellren Schale schleudert: dann sprecht Adelbert das Urtheil, vergebt ihm unlr überlaßt ihn seinem Schrcksale.

Falls aber die Furcht vor Hinterlist Ein Haar seines Hauptes bleicht, oder seinen Schlaf um eineAthemzugs Zeit kürzet; falls der Schlangenrachen des Meuchelmords auch nur gegen ihn anzischt und ihn durch die schädlichste Pestluft vergifftet: dann sollen die Herzen meiner Brüder das Mitleid in sich versteinen, dann sollen Feuer und Schwerbt so wunderschnell gegen euch wüthen, daß über dem sterbenden Adelbert ein Leichenhügel der erschlage­ nen Henker sich austhürme, der die letzten Seuf­ zer seines Lebens — für euch würden sie um Gnade fi-hen! — verschlinge und sie selbst dem Erbarmet dort oben unhörbar mache! Merkt euch das. Der Sag. d.vorz.s.B.

2

Sund-

(

130

)

Sundhainer hat's gedroht, der nie etwas droht,

ohn' es vollführen zu «ollen und vvllführen zu könne». Er ritt durch Schleichwege zum Kloster und er­

wartete, spähend und lauschend, da« Umsichglkmmen

des Funken«, den er in dürre« Holt warst. Damit

-seine List ihrer Absicht gewiß nicht verfehle, beorderte er einen Mönch zum Hoflager des Kaisers, dort das,

was er jezt angezeltelt hatte, für bas Werk der Bu», desbrüder ausjugeben. — Nach Gregor'« Entfernung

terstreute sich da« Volk und theilte die neue» Erfah­ rungen Kinder» und Hausgenossen mit.

Auch auf

diese würkte die geisterartige Erscheinung des Pfaf­

fe«, wie auf die Augenzeugen und ließ gleiche Ein­ drücke in ihnen jiirück; auch sie ergriff des ver­

meinten Reinhards Ausspruch: die Unterthanen

sind gebohrne Richter ihrer Fürste» — vest, doch nicht unsanft. Am andern Tage fiel eine Kirchweihe ei». Dort­ hin tvgen die Unzufriedene» der nächste» Gauen, di«

schon lange dem Müßiggänge geftöhnt hatten, weil

auch die zweckmäßigste Arbeit ihnen nicht zum Glücke

c 131

)

Glücke frommte, und schwatzten auf dem Lie (44), UNterdeß die Jüngern das Gedenken an ihr Unglück zu vertäuten suchten, von dem wichtigen Geheim uiffe, das der Sundhainer, wie sie wähnten, den Pfalzgauern entdeckt habe. Zwar fühlten sich nicht selten Einige dieser Manner, wenn sie die Hand, lungen ihres Fürsten beurtheilten, weit über ihn er, haben, zwar ahndete Manchem von ihnen vorher etwas ähnliches: aber nie hörten sie das, was nur gleich dem Säuseln eines fernen Schalls an ihren Ohren vorüberrauschte, wörtlich und vernehmlich rxie jejt, denn nie hatte ein Ritter oder Höfling sich solche Dinge verlauten lassen. Die Vesten der Ersten wußten, wie gefährlich es sey, diese Wahr, heiten ganz rohen, ungebildeten Menschen einzm händigen; die Schlimmen, wie das Hofgeschmeiß, I2 suchten (44) Ein offener, mik Linden oder Rüstern umgebener, runder oder eyförmiger, einige Fuß hoher und mit Feldpemen oder Schranken befriedigter Plah tn den Dör­ fern, gemeiniglich unsern der Klrcbe, wo das Freygena-t gehegt, der Landtag gehalten und bey Volksfesten getanzt und getrunken wurde. Im Hessilchcn und Hanrröverlschen finden ssch noch solche, so benannte Plähe.

(

132

)

juchten immer allen bene«/ welche der bettelstolz« Adel Dolkspöbel nannte/ durch Wort und That ein«

zuschärfen: es sey ihm nicht einmal ru erlaube»/ dir Handlungen der Große»/ groß geworden durch Va,

sallenkriecherey/ Fürstenlamie/ erlogene Ahnenreinheit

oder Rauberwerb/ zu beurtheile»/ weil das Auge des WurmS nur dazu geschaffen sey/ ihn vor dem Fuß­ tritt deS Elephanten zu verberge«/ nicht aber Acht

I« haben/ woher der Verwüster komme/ noch wohin er gehe. In ihnen Allen sprach Etwas für die ge­ gründet^ Gewißheit dessen, was ihnen Gregor zu,

rief; sie erkannte» zu Recht: da- Thier gehöre vor

den Pflug- ihn zu ziehe»/ der Mensch hinter de» Pflug/ ihn zu lenken — wer einer Gürergemeinschafft beytrete, sey auch befugt über die Anwendung des

Gemeinvermögens zu urtheilen.

Sie fände» bald/

«eil der Prior sie auf die Fährte setzt«/ daß sie/ alt Zahl die Vornehmste»/ doch in Hinsicht des Ver­ mögens die Geringste» wäre»/ und fühlten schmer,

zend dir Unbilligkeit/ erwerbe» zu müsse»/ ohn« deS Erworbene» in gleicher Maaffe mit denen z» ge­

nieße»/ für welche sie arbeitete». Da sie sich durch Gtegvrt Drohung aufgefodert hielte»/ de» Herzog



c

133

)

ju richten, so entschlossen sie sich schnell und unbe.'

-achtsam dazu, wollten auch darauf dringen, daß sie

mit Ihresgleichen iu gleichen Theilen gehen dürff« ten; widrigenfalls das nehmen, was ihnen vorent-

halten werde.

Don gesetzlicher Gleichheit hatten sie

keine Begriffe. Getheilt sollte werden, einerley, ob

mit der Waage oder dem Schwerdte; sie hofften, immer dabe» $« gewinne». Natürlich, daß jezt der Bund für Freyheit und

Recht ei» Gegenstand ihres Rathpflegens wurde.

Wenn gleich durch ihn manches Unglücklichen Kum­

mer s und Schmerzenlast vermindert war; so hatte der Bund die Liebe des Dolkspibels doch nicht ge­ wonnen: die Mitglieder verstanden rS nicht, diesen» grobnervigte» und zugleich höchst reizbaren Augen­

diener des ZeitbedürffnisseS, diesen» leichtsinnige» Ueberseher der Ursachen und strenge» Beurtheiler der Würkunge» einer Handlung, durch ihr äußeres

Betrage», zu beweisen: was sie thäten, geschehe nicht, um eigne» Vortheils willen, sondern zum Besten des Gemeinwesens.

Daß Sundhain in der

Zerstreutheit oft die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunfft auf einmal erblickte, riß seine Gedanken zu I?

schnell

(

134

)

schnell von einem Gegenstände zum ander« über,

Hinderte die Aufmerksamkeit des Rathfragenden, verführte ihn, von dem Rathgeber ru glauben, er

sehe überall nur sei» Selbst und beziehe alles allein darauf.

Erinnerte sich der Ritter dieses Fehlers,

dann suchte er ihn dadurch zu bessern, daß er die Gründe für feine Meinung bäuffte, sie hefftig und

herrisch vortrug; das machte ihm den bösen Lau, mund, er fei) stolz und selbstsüchtig.

Vieberstadt

hielt feilte Meinungen in sich verschlossen, weil er

ihnen selten angemeßne Worte unterlegen konnte; sein Schweigen galt für >, Hvckbn'isiigkeit. “

Den

Ritrer von SchrvsseneK kümmerte das Urtheil der

Menge über seine Handlungen nicht; er nannte eS Zeitverderb, seinen Thaten lange vorzureden oder ihr »en Leicheiipredigteii nachzugrämeln: dadurch brachte er sich um die Gunst des Volks, das Aburtheln und Geschwatze Höre» für eins seiner unentbehrlichste»

Bedurffnisse halt. Sorhau hatte sich nur gefürchtet gemacht, weil er grade dahin schlug, wo et einen

Strafbaren wußte, ohne nachzndenkeu, ob sei» Schwerdt auch zugleich einen Unschuldigen treffe. So »st er einen Nothleidenden rettete, so »ft »er, letzte

c 135

)

letzte er ihn, denn auch dann ließ er allein stille Hand walten, das Auge gebrauchte er blos, den Hülffsbedürfftigeu zu ersehen. Daher das Spruch,

wort, gang' und gäbe int Herzogthume: Wer vom Sothauer einen Geselleudienst begehrt, muß sich vor, her mit Wundbalsam versorgen. Mayenblürh suchte gern an allen Menschen die schlimme Seite auf, nach Art weiser Aerzte, welche zuerst den Sitz der Krank, heit auszufinden streben, ehe sie die Heilung begin­ nen; darum beschuldigte man ihn der Bösherzigkeit. Oie von Stornwald und Recknitz schienen den ad, l-ichen Brüdern nur untergeordnet, waren es würklich, fühlten dies, und mißtrau'ten ihren Krüssren; und jedes Mißtrauen gegen uns selbst, erzeugt Kälte und Zurückhaltung gegen Andere. Diese vorgefaßten bösen Meinungen wurden dem Volke durch die,- vom Kaiser über den Bund ausgesprochne Acht und durch Gregors Hinterlist be­ stätigt ; doch schadete die Verheimlichung ihrer Zwecke der Verbrüderung am mehrsten. Ganz und allein mit der guten Sache beschaffrigt, hatten die Genossen versäumt, dem Volke, auf das sie doch wurkerr wollten, ihre Absichten zu vertrauen, und I4 nichts

(

136 )

nicht- gethan, den Verdacht des sträflichste» Eigen, nutzes vou sich zu walzen, da die Verbrüderung, durch des Herzogs Befehl, sie zu trennen, als dem Lande schädlich verschrieen wurde. Sie waren Mit­ glieder eines Standes, der von jeher suchte, sich auf Kosten der Fürsten und Unfreyen zu heben und zu bereichern; sie hatten, wie es sich nun ergab, auch nach dem Verbothe des Herzogs, den Bundesschild getragen, dies verheimlicht, und das Geheimniß­ dunkel nur verlassen, um den Herzog zu befehden. Darauf gründeten die Mißvergnügten ihre Wahn, Überzeugung, die Ritter hatten sich bloß vereint, den Fürsten zu stürzen und dann seine Gerechtsame zu schmählern, und bau'ten ihre Hoffnung, die Bru­ der wurden einer Empörung beytreteu, aus Gregor'Mahnung, den Herzog zu richten. Zwar erinnerten einige Pfalzgauer, Falkenhelm habe sie noch vor fünf Tagen von einer Empörung zurück gerissen und ihnen des Bundes Absichten entdeckt; aber viele Stimmen antworteten ihnen: Das hat der gute Ritter für sich allein gethan, ohne daß der Bund drum wußte. Er will uns glücklich machen, der Bund uns aussaugen

und drucken, sobald er nur de- Herzogs Meister worden

(

137 )

worden ist, dem muß gewehret werden. Hat uns der Bund genützt/ daß wir theilen können/ so werd' er vertilgt; nur Falkenhelm soll leben, soll dann un, ser Fürst seyn. Nicht durch Ranke hatte sich Herr Ernst zum Dolksliebling emporgeschwungen/ sondern durch verkommende Leutseeligkeit, durch freundliche Offen, heit und theilnehmende Dreistigkeit; die Gunst der Menge sich erworben durch achtsames Zuhören, nach, gebendes Einhelffen / gutmüthiges Bezweifeln und sanftes Zurechtweisen/ durch Gründe/ dem Erkennt, nißvermögen des großen Haufens angemessen, durch treffendes Urtheilen und gänzliches Entäußern seiner Selbstheit, wenn er sich Andern zu Rath und That hingab. Er hörte dem Rathheischenden lange und geduldig zu, antwortete dann rasch und kurz, doch nie rauh oder befehlend; der Frager fand immer seine eignen Worte in dem Bescheide wieder, den ihm der Ritter ertheilte. Er halff säuberlich, ließ aber den Nothleidenden nie ganz unthätig dabey bleiben; dieser mußte sich allzeit einen Theil seiner Rettung selbst zurechnen können, wenigstens wußte ihm Falkenhelm dies immer wahrscheinlich zu machen: I 5 dadurch

(

i;s

)

dadurch erhielt ex die Freundschafft des Geretteten zum Lohn, die dem stolzen Selbstsüchtigen nimmer

wird, weil er den Neid deö Mindervermögenden

n-eckr. Nie erschien er bey Dienstleistungen als die Hauptperson. Er hob Jeden hervor, dem er nützte;

er selbst blieb Lm Hintergründe. — Deswegen son,

-erten ihn die Meuterer von den Bundesbrüdern ab, nahmen ihn aus, als den Uebrigen das Vertilgung-,

loos gervorssen wurde, und verdammten ihn zur lang, /amen, peinlichsten Todesstrafe, das Haupt einer

Räuberhorde zu werden, die nach aufgehabenen Ge, setzen, nach gebeugtem Rechte, nach gestürzter Frey,

heit, einer Fahne folgen wollte, welche im Mord, aufruhr' erobert seyn würde.

So sprachen die Räthleinsführer der Empörung

auf der Kirchweihe über das Leben des Herzogs ab, über den Untergang des Bundes und das Glück des

Landes.

Es waren die ersten Funken, welche der

Zugwind von glimmenden, mit Erde und Steinen

bedeckten Scheiten stößt, wenn man sie auflüpft.

Um die Meuterey in Flammen zu setzen, gebrachs den Uuzufriednen noch an Krafft, sie zur freyen Lufft emporzuheben.

Dies bewürken zu können, sandten

sie

(

139

)

sie Bothen in alle Gauen, Mithelffer zur Arbeit zu werbe», zu den Geächteten, ihres Beystands sich r»

versichern, «men rhmaligen Pfründner des Falken, heimischen Siechenhauses.

Gregor roch den Brand bald, den er entzündet«;

aber er ließ ihn fortschwehlen; die Brunst eines Auf»

ruhrS vortheilte ihm.

Sobald sie seinen Scheuer»

»nd Vorrathshäuseru »der dem Lebe» Adelberts ge, fährlich wurde, konnt' er sie ja mit dem Strahl des InlerdictS ausschlage».

So sehr es ihn auch freute,

die Sprache der Redlichkeit so täuschend »achgeahmt tu haben, und den Gisst seiner Bosheit selbst noch durch die Arzney hervorwürkeud zu finden; so sehr

überraschte eS ihn doch, daß dies Volk so kindisch

und knechtisch am Aeußern hänge, und seine Freund» hassen könne, weil sie es nicht verstanden, ihm de»

Glücksbecher hofflttig zu kredenzen.

ES blieb ihm

gleichgültig, «er de« Bund zur Schlachtbank liefere, wenn er stlbst nur das Mordmesser führen könne;

poch daß man de» Falkenhelmer auf den Thron setze» «olle, mißhagte ihm höchlich; Dies zu verhindern,

beschloß er den Tod des Ritters. Iezt stimmte er Archimbalds Ausspruch bey: der Vortheil des Sie,

ge»

c 140 ) (je« sey die schönste Ehrensäule eines GiSges. Drey tapfre Edelknechte erhielten Befehl, Herr Ernst ru verfolgen, und ihn nieder zu metzeln, wo

sie ihn fänden.

Adelberts Seele las noch immer ohnmächtig um ter der Gewalt des Kummers, doch ließ die Wuth

der Krankheit nach. Die Elenden, welche nun des

Fürsten Günstlinge zu werden strebten, standen in der Ferne, und freuten sich der Seufzer seiner Qual; was ihnen jezt der Gram des Herzogs verriethe, das, hofften fie, werde einst ihr Glück befördern.

Der

junge Sothau pflegte Adelberts, wie der Bruder des Bruders. Dem Prior gefiel es sehr, daß Einer feix ner Feinde selbst die Gelegenheit mit Schrecken 6e#

waffne, de» Herzog in die Grube zu stürzen, wo Pfaffenlist die Falle aufgestellt hatte.

Bald nachher, als der Klausner aus dem Herr zogthume zurückgekehrt war, langte Archimbald, in der Verkappung eines fahrende» Schülers, (45) auf

einem (4?) Menschen, die in Deutschland von einem -Ort zum andern zogen, Sonnen - und Mondfinsternisse »erfüll» »ilten, Kalender f; er um trugen, sich auch dabey, wo sie

Gelegen-

(

141

)

einem Maulthiere, bey de» Trümmer» Hühnenfels an. Er wollte kundschaffren, wie er des WardianS

Meister werde» könne, den ihm der Prior aufdrang. Wähnend, der Klausner sey Gregors Beevllmächlig-

ter, umging er ihn spähend; aber er fand einen ru

schlauen Wächter, der sich nicht durch Unbesonnenheit verleite» ließ, zu verrathen, was er nicht, und was er bewache, und der sogar von dem Späher

herauSzulocken wußte, welche Witterung ihn anziehe.

Kaum hatt' er das erfahren, da verlangte er mit Un­ gestüm, der Engelseher solle sich entferne», und als

dieser zögerte, faßte und packte er ihn nicht alljusanst auf das Maultbier und trieb e§ in de» Wald. Arch-

imbald alaubte, die Kurte decke einen Ritter, drum zog er mürrisch fort, denn nun mußte er das verdie­ nen, was er lieber znm zweytenmale gestohlen hätte.

Jejt drang der Klausner in seinen Gesangenen und zwang ihn durch das, was er von Archimbald

erEcleaenhcit fanden, mit Ecisterbannen, Schahqraben, Wahrsagen ans der Han», Naiivitacstellen, Quacksal­

bern, auch mit, darnala wenig dekaumen, physikalische» rind chemischen Versuchen abgabeu, dadurch viel Auf­

sehen machten und ihr Drodt reichlich verdienten.

(

142

)

erhaschte, zum Geständnisse. Der Reisige hatte Gregors Willen zu schlecht gusgerichtet, als daß er zu

ihm zurückkehren durffte; drum beichtete er dem

Einsiedler und bat, er möge ihn zum Genossen sei­

ner Einsamkeit anuehmen.

Dazu verstand sich der

Klausner. Veyde brachen dann im Keller einen zu­

gespitzten Stein los, der nach Wolfins Angabe übet des Engelsehcrö Schatz liege, und fanden einen Topf mit gemünztem Golde und köstlichen Kleinoden, ei­

nen Sack voll zusammengeschlagener gvldnen und sil, bernen Meßgerathe. Fröhlich eilte der Klausner mit diesem Funde zum Waldthale, gab alles dem Sund-

Hainer und überließ'S dem, wozu er das gestohlene Gut des Vundesfeindes verwenden wolle.

Herr

Reinhard bestimmte die eine Hälfte des gemünzten Geldes zum Ankauf von Pferden, Waffen und Haus-

geräth für die Pilgerdruher, für die andere sollten, „zur Sicherheit Adelberts," Knechte geworben und unterhalten werden. Die Kirchengefäße wollte man

auf St. Lüdigerö Altar niederlegen, die Kleinode ver­

kaufen, und das daraus gewonnene Geld, durch die

Klosterbrüder, den Wittwen und Kindern der, itt der Fehde gebliebenen, Krieger geben lassen.

Der

(

M3

)

Der Machtbothe der Unrustiedeiien kam zum

Waldthal und fand den Sundhainer am Flusse, be,

schäfftigt, Fische ru angeln. Er grüßte ihn und lei« tete das Gespräch allso ein.

Jdr seyd ;u rechter

Zeit rum Fang' ausgangen, edler Herr; «S ist er» Gewitter in der Lufft und dann pflegt'S Geflösst

gut ru beißen. Sundh.

Das haben di« Fischt mit de» Men­

schen gemein; die sind auch leicht r» sahen, wen» ihnen ein Unwetter über dem Haupte hängt. Wo­

hin denkt ihr? Pfründner. Zu euch.

Sundh. Zu mir? Kennt ihr mich? pfründ». Wohl; und müßte der das Gedacht«

«iß eines jener neun Aussätzigen haben, der dessen vergessen könnte, von dem erlernte, der Todesgefahr

Esel bohre».

Sundh. Habt ihr u«ter mir gedient? pfründ». Gegen Stumpf von Stumpfe». Dacht' damals nicht, daß ich euch einst so still und heimlich nachspür«» müßte, wie ei» Wilddieb einem ange-

schoßnen Thiere. Sundh.

(

144

)

Sundl). Ich hoff', ihr fandet keine Absprünge

in meiner Fährte. pfründn. Nein, Herr, und hat mich da« baß gewundert. Gundh. Warum?

pfründn. Weil ihr geächtet seyd.

Sundh. Ey, ein andre« ist's mit dem, den bis« Menschen ächten, ein andres mit dem, den sein Ge, wissen oder Gott ächtet. Geht zwar die Fährte de«

Unglücks an Beyder Spur hart hin, wie man auf srischgefallnem Schnee die Fährte des Fuchses neben der de« Hasen findet; aber die Fährte des Bieder«

mann« ist grade und »est ausgetreten, dir Fährt« de« Schurke» flach, und nur int Lauf' dem Boden aufge,

drückt, kreiset sich in - und wieder auseinander, gleich einem Irrgartensgang; jene führt euch sicher aus'« offne Feld, diese gewiß in Sümpfe und Vernicht — pfründn. Man bedaurt euch gar sehr im Her«

rvgthume. Sundh. Bedauern guter Menschen ist ei» weü che« Kopfkissen.

pfründn. Wünscht euch wieder rurück — Sundh. Der Wunsch kann erfüllt werben,

pfründn.

c

ms

)

pfründn. — mit dem Schwerdt' an der Seite und der Lanze auf der Hüffte. Sundh.

Gegen die Ruhestihrer. Oie sind aber arg verpanzert.

pfründn.

Sundh.

Mögen sie; ihre Harnische haben

aen, die sich in keines Biedermann'ö Eisenwamms Anden, grade über dem Herzen.

pfründn.

Wagen sich selten ins Nachfeld —

Sundh. ^>ann muß man sie int Lager aussuchen,

pfründn.

Sundh.

Und das denkt ihr doch zu thun? Wer läßt fragen? —

Du, halt ein,

mal den Regenwurm, der will sich zur Beckelhaube

hinausringeln. pfründn.

Es sind Viele im Herzogthume, die

sich iu euerm Paniere schlagen werden- so bald ihr es aufwersst.

Sundh.

Schlimm genug; es sind eitel Un,

glückliche. pfründn.

Bürger, Bauern und Leibeigene; die

Tdeln und Herrn haben noch vollauf zu schwelgen. Sundh. Pfui!

Werden sehen, wie's ihnen gedeihet.

Ein falscher Biß, Und der Köder rein

ab­

gerissen.

Sag. d.pc>rz,5. D-

K

pfründn.

Mül? muß eS ihnen nicht gedeihen

pfründn.

lassen. Wärt ihr im Lande geblieben, nach dem Herzog würd' auch wohl die Reihe an sie ge­

kommen sey».

Sundh. wie Heist ihr?

pfründn. Weyderich. Wir hatten stark darauf gerechnet.

Sundh. Wer? pfründn. Die Kathner im Pfalz« Elfen < und

Wcssergau.

Sundh.

Wenn'- nur bey'm Rechnen geblie­

ben ist — pfründn.

Nein, Ritter, da« nicht.

Hätten

wir nur einen Anführer gehabt, würden schon langst

Gericht gehalten haben über den Herzog und die Schinder mit den güldnen Brustketten. Sundh. Der güldnen Ketten wegen. Hör, das Geschwätz verscheucht mir die Fische und ich muss

noch den Abeiidkmbs für ein Dutzend hungriger Leute zusammenangeln, und auch auf's Koche» nierken, den» sonst wird hier alle- versalzen. Geh' in

dir Hütte, laß dir einen Trunk Meth geben und damit schab' ab.

pfründn.

(

M7

)

pfründn. Herr, ich kam i» euch.

Simdh. Nun, zu war Tube?

pfründn.

Ihr wißt's am beste«, wie’# zusteht

int Lande. Wir fühlen's wohl, Jeder für sich, aber ihr überseht'S im Ganzen. Nun denken wir, so lange man Kräffte habe, müsse man sie brauchen —

Sundh. Arbeitet! pfründn. Für wen ? Daß die Räthe und Schram zen am Hofe, die Ritter nnd Kastenvigte in de»

Vurgen, die Grafen und Schiopen in den Städte»,

die Schreiber und Schulze» auf den Dörfern immer

etwas in unfern Truhen und Säcken finden, wen» sie auf Plünderung ausgehen? Für die haben wir so lange gearbeitet tind zu Neste getragen. Unsre Kin,

der sind vrüber zu Kümmerlingen worden, und wir so abgeschwächt, daß wir allzumal drei» sehen, al» hätten wir das Heubrvdt (46) mit Sündigen ver­

dient.

Der Herzog läßt sich marmorne Häuser

K1

bauen,

(46) AuS gemahlncn Heu gebacken, das man aß, wenn Mißwachs eingefallen war. Auch findet man in asten Mönchsregeln, für gewisse Vergehen die Strafe, vestgesetzt, eine Zeitlang Heubrvdt essen zu müssen.

(

148

)

bauen, und sie aussüttern mit Bundt und setdnen Teppichen; wir erfrieren schier zwischen unsern Rohr­ wänden. Er halt ein Gesindel von Faullenzern für

seinen Leib, als müßte jegliches Haar dran einen eignen Aufwärter haben; unsrer sieben können kaum

Einen Knecht miethen. Er stellt Feste und Gelage an, als ob er tagtäglich Hochzeiten und Kindelbiere

gebe; uns pocht's Herz vor Furcht, wenn wir einen

Spahnkranz sehen, denn stracks fallen uns die un­ bezahlten Zechen, steinschwer aufs Herz.

Seine

Günstlinge reiten die stattlichsten Gäule, Heute ei­ nen Fuchs, Morgen einen Schimmel, Uebermorgen einen Rappen, daß man's ja merke, wie reich sie

find; wir müssen unsre Weiber und Kinder vor den Pflug spannen, wenn wir ihn aus der Stelle brin,

gen wollen. Sie banketieren, als hatten sie in je­

dem Gliede einen Vielsraßmagen; von unsern Höfen

ziehen die Störche fort, weil wir jeden Abfall selbst verschlingen. Sie machen aus unsern Feldern ihre

Wildkoppeln, was nur jagdbar ist, muß uns unver­ letzlich seyn. Sie verbiethen uns Jäten und Hacken,

daß die jungen Rebhühner nicht verscheucht werden, schreiben uns vor, womit wir düngen sollen, daß ihren

(

149 )

ihren Leckerbissen ja kein widriger Geschmack an» klebe, hindern uns, au rechter Zeit iu heuen oder

die Stoppeln airrnzünden, damit die Vögel nicht

andre Wohnirter suchen; wenn wir einmal einen Knittel nach einem Hasen werffen, werden wir auf Zeitlebens in den Strafkarrn geschmiedet.

Sie

stiffceii Kapellen, und lassen briiin geigen und fiö-

len, daß die Pilger auf den Straßen darnach tan, t«n; wir können nicht aut Messe gehen, weil wir kein Wamms haben, darinn man sich vor einem

Heiligen mag sehen lassen.

Die Ritter turiiieren,

als ob das ganze deutsche Reich sich gegen sie rüste; wenn wir sie um Hülffe anspcechen, klagen sie

filier Zipperlein und Gicht, und damit wir ihnen glauben, peitschen sie uns, eigenhändig, aus ihren

Besitzungen. — Sundh. Ihr armen, armeil Leute! Habt Ge­

duld ! Noch ein Weilchen. pfrfmtm.

Nein, Herr; wir wollen und kön­

nen es nicht. Die Pfalz - Elfen < und Westergauer Dauern sind schon einig mit einander, den Herzog

itt richten und den Raubrittern die Haut zu weiten, die Adern zu leeren und dir Kröpfe ausaudrücken.

K

3

Die

(

i$o

)

Die übrigen Gauen «erden uns beytrete», die Bür­

ger sich nicht faul finden lassen, Zille und Abgabe» ru mindern, und die Leibeigenen nicht säumen, ein,

mal einen Wecken ru kosten, der für ihrer Peiniger Lasel« bestimmt «ar.

Und dabey, Herr Ritter,

migten wir euch und eure Brüder gern an der Spitze

haben, euch fehlt's nicht an Ursachen jur Rache, und

bi» ich darum gekommen, euch t» bitte«, daß ihr uns anführet.

Treu, hold und gewärtig wellen

wir euch seyn, und soll nicht- geschehen ohne eur Wissen und Zuthun, und di« Beute ru gleichen Thej, le» twische» euch und uns gewissenhaft —

Sundh. Daß dir die Raben de« Hochgerichts meine Antwort rukrächzte», du grauhaariger Wolf! Mir und meine» Brüdern so etwa- rurmuuthenl

Glaubt ihr, wir würde» mit Schande» rurückkehre»

in« Herzogthum, aus dem wir mit Ehren gegangen find? He, Hainj! Han-! Adelhard! Herbey, daß

ihr lernt wie ein Vaterlandsverräther drein, sieht! Wähnst du, wir hätten das Wasser trübe gemacht, um drinn ru fischen r Wähnst du, wir sollten uns,

wie gestürrte Hofschranre» rache», Räuber werde»

und

(

1)1

)

und Aufrührer und Mordbrenner? Daß dich Gott für diesen Wahn verdamme, und hättest du auch

sonst täte eilt Heiliger gelebt! Fort von hier, d»

doppelter Klosterhankert, oder meine Knappen sollen dir den Schaudbalg so zerbläuen, daß ich dich wie

Mal; in de» Fluß schütte» kann, Fische dadurch anzulocken!

Der Pfründner entfloh mit Hasenrile.

Sundh. Vrech' Einer sich die Jahne au- um de» Volk» willen, es glaubt, man thue es, sich dafür ein Keulergewerfft cinsetzen zu lassen! Denk, Maria — so ries er seiner Frau zu, die mit Voll­

rath und den Knaben zu ihm rannte — denk, die wahnsinnige» Pfalzgauer lassen uns eiuladen, Auf­ ruhrs Hauptleute zu werden! Ist das nicht schier so arg, als hätten die Tolle» vv» deine» Jungen

begehrt, sie sollten dich niedermetzeln? Dein Glück,

Schurke, daß Falkeohelm nicht hier war; er hätte

dich mit einem Händedruck aller Versuchungen zum Aufruhr entwLItigt. Habe» wir ihnen dazu auch nur so viel Veranlassung gegeben, Vollrath, als nöthig ist, eine» Gedanken der Art zu wecken?

Wissen darff's der Herzog nicht, sonst thun die K 4

bösen

bösen Wichte aus Furcht vor der Strafe, was sie jezr, auö Furcht vor uns, unterlaffeu. Hatt' mir so etwas geträumt; ich wollt' den Schlaf tödlich hassen, weil er mir solche Dinge vorgaukeln könnte. So verkanntzu werden! Angle, wer da will — er warst die Ruthe nieder — ich habe eine Schaar Nixen gesehen! Maria. Lieber Mann, haft du mich nicht ge, lehrt, nur nach dem Lichte flögen die Mucken? Nur das Gute werde mißverstanden in der L)e!r, weil eS nicht durch. Schaugepränge die Sinne besteche, und darum gleich der Beurtheilung jedes Schwachkopf'S stich bloß gebe? Wie mag- du denn von diesen armen Leuten, die alles nach ihren augenblicklichen Bedürffniffen messen, verlangen, sie sollten euch Ab/ sichten zuschreiben, die sie selbst nicht kennen? Sie denken nur von eines Tages Morgen bis zum Abend, beym Frühtrunk an den Mittagsimbs, beym VeSperbrodt an das Nachtessen. Sundh. Ach, Marie, dahinter -eckt Bo-heit, Dedürffniß, Böses zu thun — Maria. Das Bedürffniß hat kein erschaffenes Mesen. Sundh.

c 153

)

Smrdl). — und Gregor! Und der sollt' uns doch

beurtheilen sinnen.

Pfui der Welt, worinn das

Gute so selten ist, daß Niemand auf dessen Gang und

Gebehrden fußen kann. Maria.

Du bist ungerecht, Reinhard.

Wie

hättet ihr euch dann zusammen gefunden, wenn der

Sohn der Biederkeit nicht wenigstens durch ein Muttermaal kenntlich wäre? Sundh. Muttermaal oder Riesengestalt, das gilt

gleich.

Kleine Zeichen sind auch Merkzeichen, nur

müssen sie untrüglich seyn. O, ihr armen Jungen! Da steht ihr jezt auf der Wegscheide des Guten und

Dösen. Eur Jugendsinn ist ein hitziger Wein, der euch berauschen wird; eure Bedürfnisse sind ge­

zähmte Löwen, die ihre Martpl lecken, bis sie Blut saugen und dann zur Wildheit ergrimmen; eure End­

schlüsse sind nachahmende Affe» des Geistes der Zei­ ten, in welchen ihr lebt; eure Leidenschafften Nat­

tern, die wenn sie ausgewachsen sind in der Vahr­ mutter, fich durchnagen zur Freyheit! Ach, und kein Führer den Taumelnden! Kein Warner gegen den

Naturtrieb des Löwen! Kein Kluger, der vor dem Affen das Messer verbirgt! — K 5

Zwey

c

154

)

Zwey reichgekleidete Männer, von Edelknabe» de« gleitet, sprengten jezt aus dem Walde und unterbra-

che» den Ritter. Sie saßen ab, und fragte», ob sich

nicht in den, Lhale die Freyhertsbrüder aufhielten? Sundhain antwortete; So ist's. Hier seht ihr

Einen, da de» Andern, dort drey vo» ihnen, die, so klein sie auch noch sind, doch schon der Freyheit

Treue im Leben und Sterben geschworen habe». Der Markgraf Friedrich, unser gnädige Herr — so begann Einer der Angekouiinenen — hat von

dem Mißgeschick gehört, das der guten Absicht eures Bundes so schlimm lohnte.

ES zu verhin­

dern stand nicht mehr in seiner Macht, weil er es

erfuhr, als schon der Schlag geschehen war; aber

alles was in seinem Vermögen ist, die Folge» eures jetzigen Ungemachs zu mildern, läßt er euch, durch uns darbkerhen, u»d wünscht, euch an sei­

nem Hof zu sehen, damit das einzige seiner Gü­ ter, worauf er Werth setzt, sein Herz, euch für

eure Biederkeit lohnen könne. S»»dh, Liebe» Jungen, vergebt mir! Ich bitt' euch, vergebt mir!

Hain; und Hans. Ach gerne, Vater.

Adelh.

( Adelh.

ISS

)

Gern, Vater; da hast meine Hand

darauf.

Maria.

Wißt ihr denn, war ihr dem Vater

vergeben sollt?

Hain;. Ey ja, daß er vorhin sagte, es waren

keine guten Menschen mehr in der Welt.

Maria. Nun, und — ? Hans. Der Markgraf ist doch ein wackerer Kerl, der kennt die guten Leute am Muttcrmaal.

Maria. Und, Kinder, ihr vrrgeßt's dem Va­ ter auch?

Hans und ?ldc!hard. Ja, Mutter. Hain;. Er hat's ja Heute auch schon vergessen, daß ich Vorgestern Unrecht that; hätte mich sonst

nicht eine» Freyheitsbruder genannt.

Sundh.

Ihr liebe» Herr», kommt in die

Hütte, die Sonne sticht und ihr seyd scharf gerit­

ten.

Müßt so vorlieb nehmen mit uns.

Kommt,

«olle» eures Markgrafen Gesundheit trinken. Hätt'

ich doch von dem St. Jürgenswei» hier, Maria!

Aber was das mit euch Fortziehen anlangt, dar­

über werden wir wohl nicht so gleich einig.

Was

meinst du, Vollrath?

volle.

c

VoIIr.

i)6

)

Uns Männern geht hier nichts ab.

Suirdh. Und ihr Knaben?

Hans. Ich denk, hier lernen wir'- am Besten, wie wir Männer werden können.

Sundh.

Dies ist unser Sammelplatz; es gäbe

Verwirrung, wenn wir ihn Verliesen.

He, Wrll-

Höst! der kommt grade zu rechter Zeit heim. Der Alte stupste mit einem Sack voll Rüben,

Wurjeln und Wickenschoten Hexan, leerte ihn aus und sprach: Ich hab reichlich erhalten Heute; eö giebt hier wohlhabende Leute im Markgrafenthume

und dabey herzensgut — Adelh. Hörst du, Vater!

Sundh. Schweig, Junge! Der ist, wie'S Ge-

wissen.

Trete sich Einer vor seinen Kindern einen

Dorn in den Fusi, gleich glauben sie, den Vater im­

mer hinken zu sehen. Willhvst, der Markgraf laßt uns an seinen Hof rufen. Was sagst du dazu? willh. Für die edle Frau und die Kleinen sag'

ich Ja, für mich Nein. Hans. Wir Haber; schon für uns selbst Nein gesagt,

rvillh.

So in freyer Lufft ist man dem Herr-

gort naher.

Der

(

157

)

Der erste markgrästiche Diener.

Winter sind nicht fern, klärt

ihr seyd

Herbst u»6

vsgelfrey

er­



Auch die Vögel sind in GotteShand und

willh.

unter Gottes Schutz, und denk' ich, wir sind ihm, was

die Trappen

und Aucrhähne

de» Königen

und Fürsten.

Su»dh.

Und wen» wir dort wäre», migte die

Gunst des Markgrafen wunderviel aus «ns mache»,

und das könnte der guten Sache schaden.

Mög' es

allfo bey Herrn Friedrichs lieben Willen i» Hin­ sicht unser verbleibe»; aber für mein Weib und Nest« Büchlein nehm' ich's mit Dank an.

Maria.

Mich freu't'S Trauter, daß du wieder

schertest. Eundh.

Hab' ich geschertt?

Maria.

DaS Weib sollte den Man» im Un­

glücke verlassen? Sundh.

Heiss Gott, daß es dir nur nicht sauer

werde, bey mir ansznharre». Alle hier.

Ja, dann bleiben wir

Sollt' uns etwas über fallen, dem wir

«icht gewachsen wären, da werde» wir »ns gern a» de» Markgrafen wenden.

Zverrei-

(

158

)

Zweier markgrfl. Dienen

Unser Herr wird

euch Maurer und Zimmerleute —

Sundh. Sollen uns gar schön willkommen seyn.

ES ist mit der Bequemlichkeit wie mit dem Weine, man pflegt beyde nie auSjiischlagen; wer in der Be­

quemlichkeit erwärmt ist, der laßt sich den Pelr nicht gerne nehmen — Unsre Brüder Ritter sind in die Welt gangen — ich bi» der Platzhalter, der Hüther des heiligen Graal's unsers Geschlecht-,

meiner Maria — Einige thun Kuechtsdieuste für

mich und die Schwachen, die Andern — Gott geb'

sie uns wieder! Wir haben schon viel verlohre», Moritz von Schroffeneck, den rechten Arm der Ge-

n-offenschafft, Kraft von Sothau, die Galle, Luz von

Bicbcrstädt, de» Nervensaft des BundeskörperS — Weine nicht, liebe Maria. Er war ihr Bruder: —

Deine Thränen könnten auch Seelige bekümmern. Erster markgrfl. Diener. Ihr seyd — 1 Sundh. Reinhard von Sundhain, der Mage» des Bundes.

Aber das Herr des Bundes, unser

Falkenhelm, ist noch frisch und gesund, und die Augen, unser Mayenblüth und Falkenhelm, sind noch

wacker und scharfsichtig, und der Verstand, unser Falken,

c

159

)

Falkenhelm, noch hell und — Ach, wenn irir An­ dern auch dahin sind, er ist noch Alles chne Alle.

Nun, zur Hütte, ich will euch recht viel von ihm — DieLnabcn — erzähle», von Falkenhclm? Ja,

ja. Kommt, liebe» Herr». Sie zogen die Gesandte» in die Hütte. Wenig

wurde über das Gegenwärtige, viel von dem Ver­

gangenen gesprochen.

Um Mitternacht kamen Fal­

kenhelms Knappen; ihre Nachrichten flohrte» den Gram der Geächteten aus seinem Erhvhlungssthlum-

mcr, erweckten zugleich die Freude aus ihrer Ohn­ macht. Thränen stoffen den Erblichenen, wie denen,

welche wieder vom Tode erstanden, wie denen, so ihrer Auflösung harrte».

Auch de» Machtbothen

war nun Schroffencck gestorben, und Eleonore dem

Grabe entronnen; auch sie beteten zitternd für die

Genesung des biedern Weibes, des edel» Sothaus.

Sundhain vertrieb Schlaf und Sorge durch über­ eilende GeschLffligkcit, die neuen Genossen zu be­

herberge», das KriegSgerath zu ordnen und zu »er­

theilen.

Die Knaben koset«» mit ihre» Hunden

Frau Maria begehrte jezt innigst von den Mark-

vraftschen, sobald als möglich, Maurer und Zimmer, leute

c

160

)

teilte zum Waldtha'.e zu sende».

Schon am an-

der» Morgen sah sie ihre» Wunsch erfüllt, und bald erhob sich neben der Hütte, eine kleine,

mir Wällen und Graben wohlbevestigte Burg, die

ihre» genügsamen Bewohnern hinreichende Be,

quemlichkeit gewährte.

Herr Ernst hatte bis $nm Anbruch des ersten Tages «ach der Fehde beynahe die Halste des We­

ges gen Sonneck rurückgelegt, Sterne und Morgen­

roth sicherten ihn so lange vor der Gefahr irre r»

reiten; aber dann trübte sich der Himmel, schon um Mittag schien eS Abend $u werde», und dieser drohte

die dunkelste Regennacht.

Der Ritter dachte der

Menschheit und verfehlte, sein vergessend, des We­

ges.

Auflenchtende Windhellen, schwache Monds­

strahlen, einzelne Sternenblick« konnten weder bas

Ungemach verhindern, noch ibn aus dem dichtem Fihrenwalde leite», in welchem er sich gegen die

Mitternacht eingeklemmt fand.

Er saß ab, band

sei» Roß a», brach durch das dürre Unterholz hin, und tappte einem flache» Graben nach, der ihn, wie

er

(

i6i

)

er hoffte, aufs offne Feld führen werde.

Ein Ge­

räusch vor ihm, und die Frage: Bist du's, Hetzel?

hielt ihn vest. Schon wollt' er antworten, aber die Stimme fuhr fort t

Niemand? Und doch sah ich eben den Wagen

über 4tür am Himmel.

Es muß nicht fern von

Mitternacht seyn. Radebert? DU bist's. kenne dich an deinem Keuchen.

Ich er/

Necke mich nicht!

Wo bleiben denn die Andern? Wenn sie wieder weich t und feigherzig worden waren — würden

ihrem Muthe Nachher oft zuttinken, ohne daß er

ihnen Bescheid thun könnte.

Was uns jezt nicht

glückt, gelingt uns nie. Sitzt der Ritter erst wie/ der hinter seinen Eisengattern, dann sitzt er für

unsre Rache in Abrahams, Schooß. Herr Ernst drückte sich zwischen einen Baumhausen.

Die Stimme fragte leise. Kannst oder willst du nicht sprechen? Komm nur näher, mir gram schier! Wie's so naßkalt ist, und der Wind mich so fieber-

lich schüttelt! Von jedem Vaumwipsel neigt sich mir ein Gespenst entgegen.

Wenn der Sturm ei­

nen Tannzapfen vor sich hinwälzt, ist's, als ob ich Sag. d.vorz.r.V.

i

einen

(

16a )

einen geharnischten Mann gehen höre.

Ha! Nun

knickert's dSrc in Len dürren Aesten! Fußtritte! Da find sie!

Gut, daß sie kommen; mar' sonst

auch wieder heimgekehrt.

Don der entgegengesetzte» Seite tönten die Fuß, tritte zweyer Menschen. Die erste Stimme fragte, doch leise und kaum hörbar dem Ritter: Wer da?

Wipprecht und Radebert — flüsterte» zwo andre

Stimmen. — Und du? Rugger? Rugger. Ja. Endlich! Dacht schon, ihr hattet

euch zu den Weibern ins warme Bett gelegt, weil

die Nacht etwas kaltgründig ist. wipprecht. Bette? Hat dir der Menschenschin­

der «och das Bette gelassen, deinem Weibe noch so viel Blut, daß du dich an ihm warmen kannst; so magst deinem Wohlthäter etwas verbeten, wenn et

in den Flammen zusammenhotzelt.

Radebert ließ

mich warte».

Radebert. Hatte meine Ditne Gestetu zum Klo, stet geschickt, Schwefelfaden zu kaufen, und dachte,

fie werde schon den Abend zurück kommen; ist abet

erst Heut mit der Rächt heimgekehrt.

Mußte am

Samstag für den eingefleischten Leusel fieben Mei­ len

(

i6z

)

leit Dothenlaufen und sind ihr Gestern die kaum

überharschten Wanden unter den Füßen wieder anst gesprungen.

Dey meiner armen Seele, Rugger,

alles Fleisch war von den Sohlen, wie mit einem Messer abgeschnitten, die nackten Flechsen und Kno


Wozu denn eine Kohlenpfanne?, War­

um nicht gar einen Feuerheerd? Stahl und Stein war genug.

wkppr. Er nahm mir Gestern den Stahl bey'm Lreibiageii, fein Waidmesser dran zu scharfe», und stiess das nachher meinem Jnngen ins dicke Bei»,

weil der einen Hafen hatte seitwärts springen lasse».

Gab mir den Stahl nicht wieder, und einen Pfennig konnt' ich nicht aiifbriiigen, mir einen andern zu kaufen. Die Pfanne haben wir gestohlen.

Rugg. Hetzel bleibt lange. wrppr.

Ist Gestern vom Hvlleniäger bey'M

Treiben zu Boden geritten, die rechte Seite ihm

ganz zerquetscht — Radeb. — und Heute schon einige Stunden nach Tagesenden gewandert, seiner Schwester Leichnam

am Tempelhof einraden zu lassen. Seren' Tod hat der Junker auch auf seinem Gewissen.

Sie am

Freytage so zu prügeln, weil sie ihm, in ihren Um­ ständen, die Handdieiiste nicht leisten konnte! Und

er hat sie doch geschwächt. Rugg. Käme nur Hetzel! Der Mond drängt sich

durchs Geäste. Hätt' auch nicht nöthig zuzuschauen.. wlppr.

(

165

)

wippr. Sah er doch tu, da du mit dem Ohr'

an den Burgbann genagelt warst, und dich der Rit­ ter mit Pfrieme» stechen ließ, bis du ausriffest und

das halbe Ohr am Pranger rurücklaffe» mußtest;

mag allso auch wohl ruschen, wie du das rächst.

Rugg.

Da knistert und knastert immer etwas,

und von dorther kann doch Hetzel nicht komme»,

auch hör' ich etwas schnaufen. Das ist ja in meiner Brust, darin»

Radeb.

saust's bey jedem Athemzuge wie der Wind im Schlottfange.

Auch ein Andenken vom Ritter.

Seit dem Fußtritt, den er mir zutheilte, als ich ihm auf der Kirchweihe die Spore» abgelöst hatte,

kann ich nicht Athem Helen, ohne daß mir's wie

ein Lanzenstoß durch die Brust fährt.

RugZ. Du, schau da — rechts — hier durch, wohin ich dich drehe — ei» geharnischter Mann. Radcb.

Käm' n»S jezt eben gelegen.

leibhaftig so aus; ist's aber nicht.

Sieht

Die Föhren­

stämme sind noch naß voni Regen und darauf scheint der Mond.

Kaum blickt der weg, so ist auch die

Gestalt verschwunden.

L;

Rugg.

(

i66

)

Rugg. Daß doch Hetzel eilte! Mir wird angst und bange, es überschleicht uns hier Jemand. Woll­

te, da- es gethan wäre! Da sind sie! Hetzel — ? Eine Stimme. — und Goswin und — Rugg.

Wer steht denn dort neben euch? Ei»

Weib?

Heyel. Koselweih's Wittib. Wir fanden sie anr Gottesacker über den Leichnamen ihrer drey Kindex

klage» und heulen, und nahmen sie mit uns, daß sie sich hier trösten könne. Der Ritter hat zwey dänische Doggen an den Kindern versucht, die ha,

den die armen Meinen so wasdlich zerbissen, daß sie sich todtgeblutet —

Rugg. Horch, da wiehert ein Pferd! Sosw.

Und neckt mich die Furcht nicht, so

blinkt dort ein Harnisch.

Herr Ernst trat hinter dem Baumhaufe» hervor.

Rugg. Da steht er. Kommt zu uns. — (leiser) —

ES ist ein Ritter; er muß nieder, köiint «ns sonst verrathe»; auch nehmen wir seinen armen Leuten

dadurch eine Mühe ab.

Hetzel, Goswin und ich,

werffen ihn rücklings zu Boden, wenn ich wohlan!

rufe, Wipprecht schüttet ihm Moos und Laub in den

c 167 ) be» Helm, daß er nicht schreye« kann, knie't bann

mit Radebert auf seine Arme und — Falkenh. Grüß' euch Gott, ihr guten Leute.

Rngg. Großen Dank. Wir sammeln hier dür»

res Reisich — Falkenh. — um euer« Herrn,"«'« jener Jagdhütte,

tu verbrennen. Die Leibeigenen fuhren, erritternd, zurück. Falkenh.

Eur Erschrecken wird mir tun« Ge,

standniß eures Vorhabens.

In der sinneverwirren,

den Betäubung des Elends entschloßt ihr euch da,

zu, drum konnt' es euch nicht anders als rin Freund und Heiland erscheinen; aber ich bin frey

von den Vorurtheilen eures Schmerzes, und mich

macht e» besorgt und tief bekümmert um euch.

Die That muß, statt euch t« rette«, euch noch tiefer iu§ Elend drücken. Radeb.

Nichts kann un- tiefer Niederdrücke»,

nichts kann uns noch etwas nehme» —

Falkenh.

Blieb euch nicht noch Gewissen-,

ruhe? — Gern verzeih' ich's euch, daß ihr euerm grausamen Herrn rürnt, und billige es, daß ihr sucht, glücklicher tu werden; aber dres erreicht ihr

L 4

nie

( nie durch Mordrach«.

i68

)

Der Tod eure- Wütherichr

verbessert tut Schicksal nicht, verschlimmert e- viel­ mehr. Wohin wollt ihr dann entfliehe»? Ueberall

kennt man das Zeichen, so Gott Mörderstirnen ein­ prägt.

Ihr werdet auf der Folter -erben; eure

That wird man einer zu ««beschränkten Freyheit zu­ schreiben, und Ture-gleichen nur noch enger ei»,

schließen.

Steht ab von dieser Rache und über,

tragt mir, den« Sachwalter jede- Unglückliche», Ich will euer» Herrn zur Rechen»

eine edlere.

schafft fodern, ihn bitte», Menschen menschlich zu behandeln, und Hirt er mich nicht, dann soll iiy Kampf auf Lebe« und Tod

Rugger rief: Wohlan! und jählings wurde der Ritter niedergsworffe».

Wipprecht stopffte ihm

Moos ins Helmgitter und knie'te mit Rade­ bert auf ihn,

Rugg.

5eit brennt an, und wenn der Meiler

roth glüht, so kürzen wir den z» seinem Kumpan

fns Feuer; können dann Beyde in der Hölle Zwie, sprach treiben.

Mit flackernden Schwefelfaden eilten die Leib, eigene» zur Hütte und -eckte» sie an. Radeb.

c 169 ) Radeb. Hu! Wie's so jach und gern entbrennt! Sah' ich, rund um meine Käthe, Schätze brennen,

mürb mir nicht so sanft thun, denn dieser Anblick.

Muß auch eine Hand im Spiele haben.

Wipp­

recht, du hältst ja den wohl so lange allein?

Kaurn hob sich Rahebert empor, da schlug Fal­ kenhelm mit dem Eisenhandschuh so heffiig wider

Wipprechts Stirne, daß dieser betäubt rurücktorkelte, dann schnellte er sich vom Boden auf, zog

sein Schwerdt und öffente sich einen Weg in die stammende Hütte.

Die Leibeigenen retteten sich

durch die eiligste Flucht.

Wie in Feuer gekleidet, kehrte jejt Herr Ernst aus der Hütte rurück,

Sein Helmbusch und Wa-

penrock, feine Feldbinde und das vorstehende Un­ terfutter des Harnisches loderten.

Zn den Armen

trug er einen schlaftrunkneu Mann. Er wallte ihn über die nassen Lannennadeln, hielt ihm feuchte Erde

an die Pulsadern.

Zum fürchterlichsten Schrecken

erwachend, rief dieser: Wehe! Wehe! Feuer hinter

mir, über mir! Eine Feuergestalt neben mir! Wo bin, wo war ich?

L $

Herr

C

170

)

Herr Ernst lösete den Helm, schüttelte die glühen»

den Funken von sich und «ntgegente. In den Arme« des Schlafs wart ihr, «nd schon hatte, der Tod seine

Arme durchs Feuer nach euch ausgestreckt. Der Mann. Ha! Ein Mensch! Sein Element ist nicht das Feuer! Wer zündete die Hütte an? Falkcnh. Unglückliche, die eure beyspiellose Grau» samkeit gegen euch zum Mord aufwiegel« mußt«,

Leibeigene —

Der Mann. Ihre Namen?! — Und ihr, wer seyd ihr? Falkenh. Ein Ritter, den die Nacht i« diese«

Wald irre führte, der de« Mordanschlag erhorchte —

Oer Mann. Und mich rettete?

Falkenh. Ich weckte euch. Der Mann. Und dabey bitte euch die Flamme

so gefaßt? Nein, ihr rißt mich aus dem Feuer. Der uneigennützigsten Biederthat edelster Lohn werde

euch dafür! Ihr habt einem Unschuldigen das Leben erhalten. Falkenh.

Ihr unschuldig? Dann ist auch der

erste Aufrührer unter den Engel» unschuldig an ihrer HLllenstrafe.

Der

( I?I

)

Der Mann. Nicht wahr/ ihr hörtet den Namen

-es WüthrichS aus hem Munde der arme» Leute? Sie fluchten einem gewissen Heinrich von Adelborn?

Falkenh. Möglich/ daß ich dies horte.

Der Mann. Ich bin nicht dieser Heinrich/ son­ der» Helfrich von Aßelhorn. zu einer große» Jagd geladen.

Adelborn hatte mich

Gestern Abend ver­

ließ ich ih»/ um zu meiner Burg zurückzukehren.

Bekannt mit dem Wege/ war mir die Nacht nicht ru dunkel.

Doch / mein Schweißhund entlief mir/

ich sandte meine Knechte fort/ ihn $u suchen/ suchte ihn selbst; so kam ich in dies Fvhrendickicht / und

konnte nicht weiter/ wollt' ich nicht mir und mei­

nem Rosse den Kopf zerschmettern.

Ich sand die

Hütte und legte mich dort zum Schlafe nieder. Die Leibeigenen müssen das ausgekundschafftet/ mich

für ihren Herrn genommen habe» — Falkenh. Wohl/ wenn dem allst ist; mir ist's

lieb um «urentwillen,

Ich hoffe/ ihr schaltet oft

euer» Freund —

Astelh. Nicht mein Freund/ nur mein Bekann­

ter ist er; aber doch »erwies ich ihm fti» Verfahre»/ nicht selten/ hart und »»glimpflich —

Falkenh.

(

172

)

Falkenh. Und werdet mich Morgen zu ihm ge, leiten, ihm in meiner Gegenwart seine unritterlü che» Streiche Vorhalten, jugleich mit mir darauf

dringen, daß er fleh ihrer nicht wieder schuldig mache, und sollt er sich weigern, mit gejucktem

Schwerdte — ? Aßelh. Freylich; doch Herr Ritter, ich mögte auch bekannter mit euch werden.

Zwar kenn' ich

euch an solchen Merkzeichen, die der Schurke nie erkünstel» kann, kenne euch als einen Mann, der

selbst den Schuldiggeglaubten rettet, tim ihn der

Besserung fähig zu erhalten — nennt mir avso euer» Marne« —

Falkcnh. Ernst von PilgerSruh; es würde mir mehr gefrommt haben, hättet ihr ihn einst von mei­ nen Feinden gehört. Aßelh. Eure Heimath?

Falkcüh. Ich suche noch eine Heimath.

Aßelh. Die Mstcht eures Zuges?

Falkenh. Ich bemühe mich Menschenelend j» mildern.

Aßelh,

Die Antwort muß mir gnüge»; doch

um euch tu banke» gnügt mir dies« Stunde nicht, werde»

(

173 )

werden mir Jahre nicht guüge». Laßt'S euch ge, fallen, Herr Ritter, einmal meine Burg Svnneck, einen Ort, wo euch der wärmste Dank erwartet, als eure Heimath anjusehen; rieht mit mir dahin. Falkenh. Die Burg Sonneck gehörte ehmals denen von Faikenhelm.

Aßelh. Ich kaufte sie von de!r Templern, als der letzte Falkenhclm gestorben war. Falkenh. Gestorben?! Aßelh. Der Welt. Dir Templer halten ihn gefangen. Falkenh. Nicht weil ich in eurer Vurg Dank, sondern Gelegenheit ru finden hoffe, die Absicht mei, ne» Zuges ru erfüllen, werd' ich euch dorthin folgen, Wie weit liegt sie von uns? Aßelh. Gleich über der Gränre des Herrogthums, kaum zwo Stunden von hier. Falkenh. Wir sind jert in HerrvgS Adelberts Landen? Aßelh. Ja. Falkenh. Ihr seyd Lehnsmann des Markgrafen Friedrich? Aßelh. Seit anderthalb Jahre».

Falkenh.

(

174 )

Falkenh. Heinrich von Adelbor« wäre Vasall de-Herrogs? Ich hörte seinen Namen nie bey ei, «em Turnier. Astelh. Er har sich erst seit kurrem im Herzog thum niedergelassen.

Falkenh. Ihr begleitet mich Morgen r» ihm? Aßelh. Ich habe eint« gewandten Hauspfaffen, er soll euch ein Ermahnung-schreiben an den Adel, borner aussetzen; auch einem Verbrecher. muß man die Fehde ansagen. Falkenh. Wahr; doch kann ich selbst schreibet Aßelh, tim desto besser, Würkt der Brief nicht/ dann greifen wir rum Echwerdte. Laßt uns jezr riehen. Mond «nd Feuer werden uns durch de« Wald leuchten. Sie führten ihre Rosse aus dem Wald «nd er­ reichten glücklich den Heerwcg/ saßen aus und spreng­ ten , dem Rufe des Herzens, dem Befehle des Ge­ wissens gehorchend, gen Sonueck. Diese Eile ver­ hinderte die Fortsetzung des Gesprächs. Beyden lag daran, nachjudenken, Falkenhelm, wie er seinem Bru­ der die Freyheit erwerben, Aßelhor», wie er seine« Erretters Hände binde» könne, daß sie nicht tngleich seinen

c

i75

)

seinen Leibeigenen die Fesseln (6seit und von ihm die

Decke der Lüge abrerren mochte»/ die er über seine Grausamkeit gebreitet hatte.

Er war's/ dem der

Mordanschlag galt/ er/ ein Unmensch, der den Leib, eigenen für eine Gattung Vieh hielt, das sich vor

andern Thieren nur durch die Sprache auszeichne,

der seine Mayerhöfe im Herzogthume da« Elend nannte, wohin er die verwies, welche sich seine Um

gnade zuzoge», und diese Mayerhofe nur darum kaufte, um einen Freyort zu habe», wo er um gestraft alle die Grausamkeiten üben könne, aus welche er, Tag und Nacht sann.

Der Markgraf

kannte die Eingesessenen seines Landes, wie ein Ackersman» seine Felder; er schätzte Bürger und Dauern höher als die Adlichen, und gestand ohne

Hehl: einem guten Hauswirthe sey eS ersprieß­ licher, Saatfelder und Wiese«, Heerde» und Bie­

nenschwärme, denn Tanjplätze, Kegelbahnen, Lust­

garten und Wildgehäge zu besitzen; ihm galt der

Name oder Stand eines Verbrechers nichts; web eine Missethat beging, büßte sie immer durch eine Strafe der Missethat angemessen.

Unter den Au­

gen eines solchen Fürste» konnte Aßelhor»

do»

Blut-

c

176 )

Blutdurst nicht stillen, zu -em er sich in Kriegen und Fehden gewöhnte; Adelberts feige Blindheit hingegen sicherte ihn vor gesetzlicher Ahndung und ließ ihm noch den Trost: er sey nicht der Schlimmste von denen, welche das Herzogthum zu einer Mördergrube machten. Bey der letzten Jagd hatte er seine armen Leute dort so mißhandelt, daß sie ih­ ren Schmerz nicht verbeißen konnten; um diejeni­ gen desto schneller zu strafen, welche vielleicht durch

verfängliche Reden Rache verrathen würden, nahm er sein Nachtlager in der Waldhütte; den Schlupf­ winkel des Wütherichs entdeckten die Leibeigenen und suchten ihn dort zu tödten. Dadurch, daß Fal­ kenhelm ihn rettete, ward der Bösewicht der Feind seines Retters, denn wenn er die Leibeigenen be­ strafen wollte, mußte ihr Vertheidiger um Krafft und Gelegenheit gebracht werden, ihn zur Rächen­ schafft zu fodern.

Je naher er der Burg Svnneck kam, desto fröh­ licher wurde er, desto trauriger Herr Ernst. Der Gedanke, wodurch dem Geschlecht der Falkenhelme dies Erbbesitzthum genommen sey, verwirrte ihn so f daß er einen heimlichen Pfad zur Veste ein­ schlug.

Ci 77

)

schlug. Aßelhorn folgte ihm, doch oh»« flch etwa­ merken zu lassen, wie sehr ihn dies mißdünke; aber

kaum hatte flch Ernst zum Schreiben gesetzt, da ent#

deckte Helfrich dem Hauspfaffen die Geschichte der vorigen Nacht und den Argwohn, daß der Fremde

vielleicht ein Falkenhelm sey, und Beyden schien es nöthig, ihn strenge zu beobachten.

Den Brief übergab Herr Ernst dem Burgherr» mit dem Begehren, ihn sogleich an Heinrich von

Adelbor» zu schicken, warff flch dann wieder auf's Roß und ritt zum Lempelhofe.

Um sich nicht zu

verrathen, wollte ihm Aßelhorn dies noch nicht wehren, doch sandt er einige Reisigen aus, die ihn mit Gewalt gen Sonneck zurückbringen sollte»,

würd' er sich weigern-, gutwillig heimzukehren. Iezt mußte der Hauspfaff das Schreibe» offne»

Und vorlese». Der Anfang lautete allso: „Wie soll ich euch anreden? Wie das Geschöpf

„nettnen, welches für Seinesgleichen nicht einmal »das fühlt, was Thiere gegen die von ihrer Art „empfinden?" Aßelh. Das denk' ich doch. Nicht, Pater? Wo#

her härt' ich sonst siebe» Bankerte? 6sg. d. Vorz. $. D.

M

«Zauspf.

(

17$

)

Hauspf. (lcstnd) ,, Nicht- Mensch, ober ich

„müßte denn wähne», der Teufel habe die Men» „scheu erschaffen;" — Aßelh. Das wähnte jene Dirne auch, der ich,

gleich nachher als ich bey ihr geschlafen, drey Fin­

ger abhacken ließ, weil sie mir in der Sinnenver­

wirrung den Säckel gestohlen hatte. Hauspf. — „nicht Mann, ober ich müßte der

„Mannes Vorzug darinn setze», Schwache zu er


schlufft gehe«, weinte vor Wonne und warff ihm

heiße Küsse nach.

Schon am folgenden Morgen wünschte, am Mit, tage hoffte, am Abend' erwartete Eleonore Walfrieds Rückkehr; durchwachte bey einer hochflackernden

Lampe, ein Leitstern, der ihn zu ihr führen sollte,

die Nacht; fand die Dunkelheit langeweilend, die Dämmerung unerträglich, das Tageslicht heim,

tückisch, weil es ihr den nicht reizte, dessen sie harrte; rürnte der Ungeduld, welch« die Zeit im

Fluge aufhalte, und beschäfftigte sich doch einzig mit dem, was diese Feindinn rweckmaßiger Arbeitsam,

feit starken mußte. Bald gesellte sich die Furcht zur Ungeduld, der Klausner könne irre gegangen oder

von Räubern erschlage», der Herzog todtkrank oder landesverjagt seyn.

Mariens Tröstungen, Sund,

Hains und Sothau's Gegengründe wurde» kaum ge,

Hirt, alles, was einem der Hausgenossen mißglückte, «ar Eleonoren der Vorlaut ihres Unglücks, und di« Derrweiflung entwickelte schon die Schlingen des

SelbstgeschoffeS, wodurch sie ihr« Opfer fällt. Rein,

Hard murrte mit seiner Frau, „daß sie einer kaum genesenen Wahnsinnigen die Ketten ihrer Gefangen,

schafft

(

-57 )

schafft versprochen habe. Gotha« tobte, «nd alle Pilgersruher verstimmte schon die unholde Laune ihrer Brüder: al- endlich der Klausner, am vierte« Abend nach seiner Entfernung, de» Hausfrieden wie-

der herstellte. Gott Lob, daß ihr eintrefft — rief ihm Sund­ hain entgegen — wären schier alle Milz- und mond­ süchtig worden. Habt ihr Wei« und Oel des Tro­ stes mitgebracht r so gießt's der Schwärmerinn ins Herr: sonst stirbt sie uns unter den Hände». Eleonore wagte kaum, den Klausner durch Blick« «m etwas ru fragen. Sundh. Aber, jezt gewahr ich deß zuerst, ihr »ragt ja, statt eurer braunen Kotze, eine Dominikanerhaut. Ist der Schaafspelt vielleicht die Larve, i« der man allein bis zum Herzog gelange» kann r Blauen. Nicht zu viel auf einmal begehrt!

Geduld. Ich werde euch keine meiner Erfahrungen «orenthalte». Sundh. Wohl. Zuvörderst allss, wie gehabe« sich die Dinge im Herzvgthum«?

Blaus». Besser, als nach meiner Vermuthung die Umstände fie mache» mußten. Sas.d.vorz.l.D.

9t

Eleonore

(

-58 )

Eleonore stürzte zum Klausner hi«, und drückte

ihm eine» Dankkuß auf die Stirne.

Maria er,

rathete.

Snndh. Muß deu Weibern doch größerer Ern mit der Liebe seyn, al« uns.

Sokhau. Ein Pfeil dringt ja tiefer io weiches, denn in hartes Holz. Sundh. Schlägt aber auch leichter durch, und in dir Lücke lassen di« Weiber nicht gerne lange dir

Sonne scheinen. Hört, Bruder Walfried, ich denk',

ihr beginnt eure Erzählung, ehe die Falkenhelm fragt; svnst kommt ihr vor allem Fragen nicht rum Antworte».

Eleon. Ich will euch nicht irren, guter Vater; doch meine Blicke kann ich nicht von eitern Augen

abzirhen. Ihr saht ihn?

Rlauon. Ja —

Eleo». War er gesund? Frey? Dacht er mein? Wünscht' er mich zurück?

nachspähen?

Schien er — ?

Sundh. (leise.) Sprich doch ei» Machtwort, Marie; sonst fragt sie sich bis zu Adelberts (Eni# pfängniß.

Maria.

( 259

)

Maria. Schwester, der Klausner hat sich icit

trhohlt; wird nun im Zusammenhänge — Eicon. Ich muß ihm —

Snndh. — zuhjre»!! EIrsn. Ey ja, Grämler. Llanen. Mit Tagescuden erreicht' ich dar Her« zoathum.

Die Dämmerung, so mich, unsern der

Pfalz, überfiel, wäre mir bald gefährlich worden; Skraßenräuber machen die Gegend unsicher.

Eleon.

Ihr habt »hn doch gesund und frey

y erlasse»? lUauen. Ja, liebe Tochter.

Dey allem, wat

sch erzähle, denkt dessen zu eurer Beruhigung. Sundh.

Wallt's schon über? Daun, HerztH,

wird deine Herrschasst bafd in Schaum zerrinnen, dein Reich in Dampf aUfgehki».

Maria. Däterchen, soll Ernst seine Schwestet

auf der Bahre finden? Klauen. Ich ahmte back Wissen der Buschritter

nach, und schlich mich, als einer ihres Gelichters,

mitten durch sie, zum Außenwerke. Ma» ließ mich ein, sobald ich zeigte, ich sey unbewaffnet — R r

Eleon.

(

Eleon.

s6o

)

Da» war sonst nicht.

W«n hat den»

jezt Adelbert zu fürchte»?

Sundh. Sich selbst, und — Maria, (warnend.) Reinhard! Rlanev. — führte mich rum Herzoge. Wacht, feuer erleuchteten die Pfalzhöfe, Lanzner saßen um#

her, kochten und brateten, wie zu einer Hochzeit; gesattelte Pferde zerstampften die Blumenselder,

Wehren, und Waffen schimmerten überall.

Die

Schlaggatter, hingen, höchstens drey Fuß, über dem

Boden; nicht ohne Gefahr, sich den Rücken zu zer# reißen, mußte man bruuter hinkrieche».

Eine lau#

schende Stille lag in der Dnrg, wie eine Kundschaftterinn; das leiseste Geräusch verscheuchte sie. Ties«

Gänge waren dunkel; in andern glimmten auf den vielarmigen Kronenleuchtern nur einzelne Kerzen#

stümpfchen.

Die Pracht der Prunkzimmer stach

schauerlich - traurig gegen die Reistgen ab, welch« die seidenen Lotterbette mit ihren Spore» und Pan# zerstacheln zerfetzten, die gewirkten Wandteppiche zu

Decken, die goldstückene» Seffelpfülben zu Speise#

tischen nutzte».

Die Credenzschreine standen halb#

leer; daß die Gefäß« aus der Mitte neggenomme»,

bewies.

( -6r

)

betete#, die Diebe hätten wenig Stihrung tu fürchten gehabt.

Sundh. Kein Händeringen, Eleonore. Wer spät entbehren lernt, lernt noch spät etwas gutes. Blauen. Das Ganje glich einer Haushaltung, wo die Frau kürzlich gestorben ist. Im Vorgemache würffelten zwey Dominikaner und einige Leibbube» um geräucherte LambertSnüffe. Schrämen und Flie, gen schiene» mit der warme» Witterung »er, schwunde» —

Sundh. Must doch dort (»leite» noch sommer­

lich seyn; sonst hauseten die Dominikaner nicht da. Blauen. Sie schau'ten mich groß an, leuchtete» Wir ins Gesicht, betasteten meine Säckel und Aermel,

spöttelten: Wieder ein Plusmacher — und setzte» ihr Spiel fort. Ich ging zum Herzoge. Er trug ei« Kettenwamm-, eine blau und weiss gestammte Weiberscherpe — Eleon. Hirst btt, Maria! Blauen. Eur Konterfay, liebe Eleonore, zwi­

schen zween Spiegeln, war so gestellt, daß es sich, durch die gegenüberhängenden Spiegel sechs - bis achtmal abbildete.

R;

Eleon.

( Eleon.

16a

)

Schwester, hab' ich mit ntm geschmei,

chelt? Guter Vater, wie freut es mich, daß rin so

scharsflchtiger Beobachter mein Böthe wurde! »lausn. Wild und zerstöhrt wirrte sich bas geldgelbe Haar um seine eingesunknen Schläfen, um

di« gichtifchgespannten Wange».

Er hielt einen

Haildbegsn schußrecht, und zielt« nach der Flamme

einer Kerze. Brennen!« und anögclischte, zerschos, feil« Lichter standen umher.

Ein junger, schöner

Edelknecht reichte ihm Bolzen zu, Gundh.

Dein Gotthard, Sothau.

Eine lanr

desoaterlichr Deschäffkigung, Lichter auszuschießen! Sorhau.

Wird sich übe« wollen, die Herzen

seiner Verführer zu treffen.

Maria. Weine nicht, traute Eleonore.

Wohl

dir, daß ihn die Langeweile nicht schädlichere Zeit?

kürzungen lehrte. »lauen. Seine Augen, molkigt und trübe, ruh» te« lange auf mir, dann trat er näher, sah mich noch forschender an, fragte vest und hingegeben zugleich:

Was begehrt ihr?

„Daß

(

-6;

)

„ Da? ihr Gott vertraut, und eure Krafft«

„durch Hoffnung stärkt.

Ich bringe euch frohe

„Dothschafft."'

Er starrte empor, winkte mit den Hände» und sagte, so wehmüthig - lächelnd, daß Thränen meine

Auge» füllten: Sprich leise; ich habe gar zu ge­ schwätzige Höflinge —

Sundl).

Dacht' ich'S nicht?

Die bekuttete«

Spieler, welche um Nüsse würsseln, und Herren

ureynen. Klauen. — Vor Sothau — er umarmte de»

holde» Knaben — darffst du nichts verheimliche. Aber, du spottest böslich des unglücklichste» Manuel

in diese»! Lande, wenn du nicht Todte erwecken, Hyäne» rähme», Bannfessel» sprengen kannst.

«Eicon. Bereitet ihn ja vor, Walfried; er könne

r« der Freude erliegen!

Klaus».

Das vermag ich nicht — erwiederte

ich, und Adelbert wand sich von mir, drückte die

obersten Kettenringe feines Wamms zusammen, both

Sothau die nackte Brust dar, und rief: Freund, todte mich Kit! — Doch — so fuhr ich fort, und

er ding mit gierigen Blicke» a» meinem Munde — R 4

bin

( 264 ) Ein ich ost Zeuge gewesen, baß da« keße» de» Lod tu necken schien und siegreich erstand, wen« der Feind, schon seines Sieger gewiß, das Schlacht»

opfer verließ. Sie lebt?! Schrie Adelbert.

Warnend sprach ich: Schwätzer hören scharff. Auch seyd ihr noch nicht stark genug, der Hoffnung

ruhig ins Antliz ju sehen; drum — Hab' ich nicht ihren Verlust überlebt? — Fragte der Herzog kleinlaut, und schlug die Auge« nieder,

als schäme er sich, daß er nicht sein eigner Mörder geworden. — Ich bin stets. Unglück krafftigt. Ohne I« zitter» eß' ich mit meinem Würger aus einer

Schüssel, schlafe ruhig mit ihm in einem Bett« —

Eicon. Barmherziger Gott! Eristwahnfinnig! Handelt, redet so — Sundh. Nicht doch. Kan» der immer bey der Stange bleiben, dem die Furcht auf dieser, aus jener

Seite die Hoffnung ein Bein unterzuschlagen droht?

Llauon. — Entfährt mir ein «errätherischeS Wort, wenn du mir meinen Glücksschatz zeigst; so versinke et für mich in einen bodenlosen Abgrund.

Weinen hören mich meine Hössinge oft; ob aber die

Freude

c 265 ) Freud« ober der Schmer; aus mir weine, sönnen die

verschwielten Ohren nicht unterscheiden —

Eicon. Guter Walfried, quält ihn nicht länger. Llauon. — Seht, ich bin gefaßt, und doch ent# decktet ihr mir schon, baß die größte Erdenwonne

meiner «arte; ihr Anblick wird mich allst nicht ent#

mannen können. Hier will ich knieen, mein Haupt an deine Brust drücken, ruhig hören, und wie ein

Sohn, der des Vaters Segen empfangen hat, be# ruhigt aufstehen, und gestärkt tu meiner Pflicht hin# eilen. — Allst der Herzog.

Ich hob ihn empor, schloß ihn vest in mein»

Arme, herzte ihn wie eine« wiedergefundenen Bruder «nd raunte ihm zu: Eleonore lebt!

Noch einmal schütte dieses Füllhorn über mich aus, Vater — stammelte ex — Gotte« Gnaden#

Hand wird ja nie leer.

Noch einmal — noch ein­

mal,,ohn Aushören, bis der Segen an mir in Er­

füllung geht.

Er blickte mich an. Ein Teufel hätte diesem bit# tendrn Blicke die Gewährung nicht verweigert. Sie lebt — wiederhvhlte ich, oft, sehr oft. Er lallte tf

«ach, und Sothau — R $

Maria.

c 266 ) Maria. 3

Srmdh.

v> (tttgleich ) Sie lebt k

Gorhau. j

Eleon. Freunde! — O, daß doch jedem ttu/ glücklichen ein solcher Augenblick lächelte; die unter/ indischen Tempel der Verzweiflung und des Selbst/ mordes würden bald in Schutt und Moder zerfallen! Llauon. Aber jezt hatte ich einen Kampf zu bestehen, der mich ermattete. Adelberts Fragen: Wie, durch wessen Hülffe, durch welches Wunder cur Leben gerettet? Ob ihr seiner noch dächtet, ihm verziehen hättet, von ihm reden hören wogtet? Wo ihr wohntet? Wer um euch sey? Ob eö euch auch an nichts mangle? — und tausend Fragen, welche nur die Liebe erdenken, die unbedachtliche Freude arMoben kann, trieben mich in die Enge, neckten, ängstigten mich: Doch ich gab auch nicht die witt/ zigste Blöße, beantwortete kerne Frage — Eleon. Keine! Nicht eine? Nicht die eine, ob ich ihm verziehen — ? R lauen. — um nicht mein Geheimniß den ge/ schwatziqsten Leidenschafften zu verrathen. Adelbert flehte, drohte, schmeichelte; versprach mir ausläridü sche

( 267 ) sche Blumen und Staude», Perlhühner u»d sch!»/

gekoppte Lauben, plappernde Sittige und abgerich, tete Falken, die auch den Lammergeyer nicht furch, teten — Geschenke, welche mich dem Geber geneigt

mache» muhten, weil er dadurch den Bedürffniffeu

des Alieinseyns so herzig - theilnehmend abzuhelffe»

suchte; er wollte mir eine Klause bauen lassen, „roor< in» selbst der eitelste Hvsschranz die Einsamkeit auf

immer liebgewinnen solle:" ich grantelte: Frommt

das euerm Volke? Er rih sich, ungestüm, aus de» Banden des Miß' Muths, trat frey und vest auf, blickte siegbegierig

umher und rief: Ich will Eleonoren zwingen, sich

mir zu offenbahren.

Das Glück meines Volks soll

sie an- dem fernsten Kloster zu mir herbeschwvren,

den Dank mit dem Urheber zu theile». Sundl). (leise zu Sothau ) Wasserblasen - gtbro;

del! TS legt sich, so bald man da- Feuer unterm Kopse wegnimmr.

Sorhau. Iezt war's Zeit, Walfried, den Kämpft lustigen fit waffne».

Klauen.

Ich that's, stellte ihn an die Spitz­

seiner Freunde; bezeichnet» ihm die Gegend, wo er

schlage«

c -68

)

schlage» müsse» mustert« seine Feinde, machte ihn mit ihrer Stärke und Schwäche bekannt; sagte

ihm, wo sie sich lagern, wo ihn erwarten, wie sie liehen, auf welche Art sie ihn angreife» würden,

rind warnte ihn, sich nicht von ihrem ersten Flie, he», unvorsichtig fortreißen tu lassen, weil Räuber

den gewaltigen Haufen immer im Hinterhalt lege». Ich belehrte ihn, wie er die Vortheile ihres ver,

stellten RückttitzrS nutzen, wie sich der Ueberwunde»en versichern, wie di« Kundschaffker entlarven

müsse. Ich stärkte ihn durch Gründe tu dem Ent, schluffe, nicht schwachherzig zu werden, wann Hart, Herzigkeit Tugend sey, und nicht von der Wahlstatt ru weichen, er habe den» alle Volksfeinde entwaff,

«et.

Ich unterrichtete ihn, welche Fesseln er dann

den Gefangnen anschmieden, wie er durch Groß,

Muth, Wohlthätigkeit und Aufopferungen die Ver, führten bessern, durch gesetzliche Strenge die Ver,

führrr hindern müsse, sich selbst und andern z« schaden, ohne ihnen durch entehrende, ächtende

Strafen jede Hoffnung zu rauben, der Erfüllung

ihrer Pflichten, Freyheit, Sicherheit und Bürger, glück verdanken tu können.

Adel,

c -69 > Adelbert Hirte mir so aufmerksam zu, al- Hütt' Ich ihm vo» seiner Eleonore errählt —

S::ndh. Gebe Gott, daß der gute Saame rur

Aerndte reife! Maria, vergiß nicht, Morgen Sem, melbrodt zu backen; die alte« Brüder haben -rauf

gerechnet. Blauen. — weigerte sich, mich ru entlasse», ehe ich jeden Zweifel an der Ausführbarkeit meine«

Plans gehoben hatte, gelobte dann, ihn gewisse«, hasst und murhiq zu befolgen, und trennte sich, am vierten Morgen so ungern von mir, als ob er, in

Fehde begriffen, ein Heer geübter Krieger verab,

schiede« müsse.

Einer der Dominikaner, welch«

jeden meiner Schritte i« der Pfalr beachteten, schlich mir »ach; ich wähnte, auf des Herzogs B«,

fehl, und schon wurmte es mich, daß er ein« seiner Verspreche» breche.

Dor der Sturmhaide verlvhc

ich de» Mönch au- dem Gesichte, doch als ich in

das Dickicht des Gränzwalde- trat, sprang er plötzlich hinter einer Eich« hervor, hob eine»

Dolch —

Eicon. Deckt das Herr meine- edel» Freunde«, Engel Gotte-!

Blauen,

( 270 ) Ätotion. — und suchte ihn mir, mit Len Wor­ ten: Gruß und Dank für den guten Rath vom Pater Gregor — in die Brust zu bohren. Ich wich

zurück, schlug nach dem Stahl ane, traf aber die Schläfe des Menchelmörders so unglücklich, daß er todt zu meinen Füßen stürzte.

Sundh. Was unglücklich? Billig und recht!

Käme mir nur der Prior einmal so vor dl« Streitaxt 1 Sochau. Weint nicht, Frau Marie. Solch ei»

Scheusal, dar mit gezücktem Dolche im Hinterhalte

laurt, darff nur von seines Gleichen beklagt werden. Eicon. Irh Unglückliche! Ich bin Ursache seiner

Derdammniß.

Sorhau. Nicht doch. Gregor ist'». Sinnen. So sehr mich auch dieser Sieg be­ trübte, doch wollt' ich ihn nutzen. Ich harrte, daß

der Todte erkalte, dann zerfleischt' ich sein Antliz bis zur Unkenntlichkeit, schnitt die MönchSkrone ab,

den langen Bart dem meinen gleich, zog dem Leich­ nam meine Kotze an, und trug ihn in die vorbey

fließende Aue. Der Strom treibt ihn an das Stack, werk neben der Pfalz.

Adelbert wird glaube», es

sey

(

271

)

sey mein Körper, und allso nicht versucht werden, mir nachspähen zu lassen. Sundh.

Potz, Vater Walfried, ihr seyd -a

noch ein gar handfertiger Klopffechter, und müßt

doch, wie eur Bart zu behaupten scheint, die

ManuSschuhe langst ausgetreten haben. viele Jahre schleppt ihr?

He, wie

Ey, ist das des Er-

rvthens werth? Der Klausner stand schnell auf, antwortete kurz:

Wenn ich ausgeschlafen, will ich euch Antwort ge­ be» — und entfernte sich.

Sundh.

Du trägst mir auch etwas unter der

Kaplitze, daS nicht Jedermann sehen darff! Eicon. Schon wieder argwöhnisch, Ritter? der

gute Klausner war beleidigt.

Sundh.

Desto schlimmer für ihn.

Ich traue

keinem Geschöpfe, das sich, ohne Ursache, 'bis auf die Sohlen verhüllt. NN», ich leqe dir auch noch

einmal ein Kreuz in den Weg, da« dein Teufel nicht überschreite» soll. Komm, Sotyau, in Vie Fuchs, Hütte; eS ist Heller Mondschein.

Wer der Pfaffen

«nd Klausner Meister werden will, muß stillfitzen

mid schweigen lernen.

Eicon,

Eleon. Der rauhe Mann! Was macht ihm doch teil ehrlichen Alten verdächtig? Maria. Di« feurige Sprache, das rollende Aug« und der schlagfertige. Arm, welche tunt greisen Barte schlecht paffen. Reinhard will ihn schon irgendwo,

in gant andrer Kleidung,- gesehen haben. Er haßt ihn nicht; ist aber immer sehr auf seiner Huth, wenn er etwas mit ihm verhandelt. Du kennst ja meinen Sundhain; wo er eine Kaputze erblickt, da

denkt er gleich der Stränge und Dolche, welche sich, freylich gar leicht, drunter verbeten lassen,

«leon. Ich wollte den Klausner noch um so mancherley fragen. Maria. Mich freut'-, daß Reinhard dies »er, hindert har. Sieh nicht böse, traute Schwester; du kannst auch tu viel über Adelbert hiren.

Eleon. Zu viel gutes? Maria. Au viel, wa- dir und ihm schmeichelt; und dann wird es dir tu schwer werden, ihn t» vergessen.

Eleon. vergessen?

Marie, ich liebe ihn und sollt' ihn Maria.

( -7;

)

Kann Eleonore von ffalkenhelm ivinu

Maria.

scheu, das Weib des Mannes ru werden, dessen Ge­

nossinn sie »rar? Eleon. ES ist doch kein Verbrechen, unmögliche

Dinge zu wünschen? Maria. Unmögliche?

Eleon. (schnell und freudig.) Hältst du es nicht für unmöglich? Maria. Nein; aber ich fürchte, daß —

Eleon. — wir nicht glücklich miteinander seyn

würden? Maria. Willst du mich ausreden lassen?

Eleon. Gerne, gerne! Sprachst du auch meiner

Hoffnung das Todeöurtheil; ich könnte dir uicht zürnen t brächst du mir auch das Herz; sein vorletztes Pochen würde dir noch Freundschafft geloben —

doch, das letzte — ihm — ewige Liebe .' Maria. Glaube mir, Eleonore, nichts halt b«S

Glück der Zufriedenheit vom Ehestände entfernter, denn daß der Mann sich fein Liebchen als eine Heilige, die Dirne ihren Buhlen als einen Halbgott denkt.

Eleon.

Schwester, ist das auf wich und ihn

arm endbar?

Sas.d.Vorz.5.V.

S

Maria;

C

-74

)

Maria. Ja, beim auch das Mitleid ernennt Hei­

lige und Halbgötter. Die Siebe, so du beinern schö­

nen Herren, deinen anspruchlvsen Lugenden verdankst, ist Adelbert dem Schicksal schuldig, das ihn unter Räuber und Mörder falle» ließ. Seine erste Äupp-

letimi, dich ju verführen, war die Eitelkeit, die

zwvte, bas Mitleib. Hätt' er den Abt Coelestiii mit Tonnen Goldes bestochen, er würbe bir Winipstngenr

Schurkereyen rn keiner besser - gewählten Zeit haben entdecken können. — Schwester, erlaß mir die Be­

weise, daß du den unglücklichen Adelbert stärker lie­ ben mußtest, als b» den glücklichen Fürsten liebtest. An einen geknickte» Blüthenztveig, dem ich den Um, lauf des Nahrungssaffts erhalten mögte, darff ich ja

feilt niederziehendes Gewicht hangen.

Eleo».

Nichts hält das Glück vom Ehestände

entfernter, denn daß der Man» sich feilt Liebchen als

eine Heilige, die Dirne ihre» Buhle», als einen Halbgott denkt! Maria, dies wirst du mir doch be­ weisen bürsten?

Maria. Ich hoff' es. Er glaubt sich überzeugt, feine Zufriedenheit werde Mein ihr Werk sey», sie,

er könne alle ihre Wünsche erfüllen; dadurch schließen Beyde

( 27?

)

Beyde schon die Freundschafft von einem Bunde ditf, dem nur das Geständniß gegenseitiger Schwaches und Bedürssnisse, das Vertrauen auf gegenseitige

Unterstützungen und Hülfsleistungen, Vesiigkeit und

Dauer giebt; dadurch erzeugt sich der Wahn, welcher so manche Ede zerrüttet: Braut und Bräutgam dürffteil nur vor Liebesglrrch rasen, und am Traualtüke

harre ihrer die Glücksgöttinn, gehe, gleich einer

leibeigenen Magd, mit den Neuvermählten heim, hause immer unter ihrem Dache, und weiche nur dem

Lodesengel, der Mann und Weib zugleich, in einem Arme, gen Himmel trage. Weil jeder der Liebenden -em Andern alle Vollkommenheiten zutraut, vorsorgt Keiner für den Andern; weil der Mann die Heiligen über jede Leidenschafft erhaben weiß, weil die Dirne

-en Halbgöttern die Macht zuschreibt, Wollen uild

Vollbringen zu vereinigen: so gewöhnen flch Beyde -u einer Unthaiigkeit, von welcher nicht einmal die

drückendste Noth gänzlich entwöhnt. Einer fürchtet, dem Andern an Vollkommenheiten nachzustehen, dar­ um verstellen sich Beyde. Der Betrug urstet sich un­

vermerkt in die Herzen, und tüdtet gleich einem Bas Plisken, wenn er entdeckt wird. Noch erlangen öie S»

Liebem

c

276 )

Liebenden war sie wünsche», weil eine so hochheilige

Minne sehr bescheiden fodert; genau genommen, et#

halten sie mehr dadurch, daß sie nichts von einander begehren, denn dadurch, daß sie sich einander vie­

les gäbe». Aus der Kirche geht der Weg zum Hause über Mayen und Saalahre», Kinder werffen den Braut­

leuten Kalmus, Rosen und Lilien — Alte, Tannen«nd Eppichbüschel zu, Mädchen und Jünglinge sin­

gen ihnen das Vierzeitenlied nach. Eleon. Sing' es mir, Schwesterchen; ich HLre deine Stimme so gerne. Maria. Der Gesang würbe dir iett nicht lieb­

licher als meine Warnung schalle»!

Eleon. Herzenskündigerinn! Dergieb. Der thö­ richte Kranke, der die Arzney widert, rürnt ja im­ mer dem Arzte.

Maria. Alle Leidenschaffteu stürmen mit in die

Brautkamnier; nur die ernste, nie sich aufdringende Freundschasst kehrt nahe vor der Hausthür um. —

Der Rausch verdampft, die Blumen verduffte», das

Jubelgetöse schweigt, und die Heilige fühlt mensch­

liche Begierden, der Halbgott menschliche Schwä­ che»

(

277 )

eher». Beyde verheimliche» die-; aber ist gleich die Liebe blind — Eicon. Ach, und taub!

Maria. — die Ehe sieht mit tausend Augen,

hört mit tausend Ohren.

Verstellung srvmmt da

nichts, wo das leiseste Herzen-pochen rum Verräthst

wird.

Vedürffniffe entstehen, erwachse», werde»

übermüthig, wollen Nahrung und Kleider.

Di«

Ilnthätigkeit hindert Beyde, dem Mangel, ohne Ver­

abredung, abruhelffen.

Der Man» begehrt eS von

der Frau. Sie staunt. Staunen wurst Entfernung, Entfernung Kälte, Kälte im Ehestände — Haß. Das Weib begehrt es vom Manne.

Der Man»

schlägt die Bitte ab, weil er sie nicht gewähren kann.

Da« Weib erschrickt, schmollt, weint, klagt, es sey Hintergange» und vergißt, daß r- eine Heilige tu spiele» habe. Nun ist sie von ihrem Himmel-throne

gestürzt, und — gestürzte Engel wurden ja Teufel! Der Man» hält jezt jede Schwachheit seine- Weibe-

für ei» Laster, jeden Fehltritt für «ine Todsünde; eben, weil er seiner Ehefrau alle Lugende» zueigente,

verkennt er nun ihre würklichen Vorzüge; eben, weil

«k sie fehlerfrey glaubte, däucht sie ihm jezt ein Jnn-

S ?

begriff

c 27s ) begriff aller Fehler. Wie Andere uns, so beurtheile» wir sie gemeiniglich wieder, und schieben gerne die falsche Münze Dem zurück. Per uns damit hinter­ ging. Die Frau ist durch den Manu betrogen, wie sie ihn betrog; was ihm das Recht giebt, sie zu Haffen, giebt ihr gleiches Recht. Kein Haß ist schadengieriger als der, so aus getäuschter Liebe entsteht, durch beleidigte Eitelkeit genährt wird. Gutes und Böses können einander nicht hefftiger befehden, als solche Ehegenoffen. Auf Versöhnung ist nicht zu hof­ fen. Die beurtheilende, berichtigende, auStragende Schuld und Kosten gleichtheilende Freundschafft bleibt welrenweit von einem entzweyten Paare fern, das nur darüber eins ist, mit dem letzten Athemzuge Pen ersten Stillstand in seinen Feindseeligkeiten zu machen. — Du starrst so vor dlch hin, Eleonore? Eleon. Ich finde deine Fußstapsen nicht auf dem Wege zu diesem Abgrunde. — Du lebst iy einer so glücklichen, beneideten Ehe, und Poch bist du deinem Manne alles, wie er dir — Maria. — um uns gegenseitig zu bessern, mit UNS und der Welt zufriedner zu werden; nicht unsrer eignen Eitelkeit zu stöhnen, wenn Einer dem Andern das

c 279

>

bas Wundervermögen zutrau't, da w bauen, wo Fein Grund, da i» ärndte», wo nicht- gefiel ist.

Al-

Reinhard um mich warb, erkannt' ich gleich den edeln, braven, streng , rechtschaffnen Mann, der audem Schatze seines Herzens mehr zum Besten de-

Nächsten, denn zu eignem Nießbrauch nimmt; aber er verheimlichte es mir nicht, daß sei» voreiliger Argwohn ihn oft in ungerechte Fehde» verwickle,

seine Rachgier ihm die Freuudschaffr vieler Bieder.-

leute entziehe. Er sah, weil er sehen wollte, daß ich

mich müh'te, die Pflichten der Tochter und Freun, dinn gewiffenhafft zu erfülle», die Pflichten de- Wei, bes und der Mutter kennen zu lernen, und mich zu

ihrer Ausübung zu stärken; aber, e- entging seiner

Aufmerksamkeit nicht, daß ei» eigennütziger Aber, glaube mich bethört habe, zu gut von allen Menschen zu urtheilen; daß ich daher nicht immer vermied, was ich vermeide» konnte; mich innerlich kitzelte, wen» ich gekränkt wurde, daun leise das Köpfchen

aufwarff, und, durch einen halb duldende», halb

siegende» Blick, zu sage» pflegte: Wird mir doch

dies Leide» von Gott als ein Verdienst angerechnet. Kurz, ich wußte, daß Sundhain nicht vollkommen,

S 4

tr,

(

28o )

er, -aß ich keine Heilige sey. Go trete» wir mit

einander in den Ehestand, desto sorglicher, je mehr wir r« sorgen, desto vorsichtiger, je mehr wir für

einander tu fürchte» hatten. Ich suchte ihn von dem vorschnellen Mißtrauen, von der lange nachtragende» Rachsucht zu entwöhnen; er kannte kein nöthiger'-

Geschäfft, als mir es;u beweise», man könne durch selbstgeschaffene Leiden bey Golt nicht- verdienen.

Wenn sie sich uns jezt grade in den Weg stellen, «erden wir Meister dieser Laster; doch habe» wir

sie »och nicht aller Kräffte beraubt, an- hinterlistig |tt schaden.

Eleo». Du nennst eine unbegränzte Gutmüthig« feit Laster?

Maria. Hoffte ich mich "nicht dadurch bey Gott «mzuschmeicheln? Und ist der Schmeichler je mehr

als ein treuer Augendiener seines Herrn? Wie bald

hätte mich auch dies Astertrauen zur unerträglichsten Hausgenossin», rum Plagegeist meines Mannes und unsrer Kinder machen müssen, weil ich Wunderdinge von ihnen würde begehrt haben, um nur dadurch zu

keide», daß Menschen mich ihrer nicht gewähre»

könnten? —

Unsre Schwachheiten sind uns, wie

Stet»?

( -8t

)

Reinhard sagt, was einem Feldherrn feindliche Streiftet»«, die ihn und fein Lager beunruhigen; er würde nie ein sicherer Mittel finden können, seine Krieger wachsam zu erhalten. — Ein Zweck, durch unser und unsrer Kinder Bestes das ©e# meindeste zu fördern, beschäfftigt «ns immer. Zu­ friedenheit, die Frucht dieses zweckmäßigen, nutzen, den LhätigseynS, — Eleou. (stiif-cne.) Gestürrte Engel wurden Teu­ fel! Was werden dann gefallene Menschen? Maria. Schwester — teieon, In dieser Stimmung will ich die Nacht durchwachen. Morgen dank' ich dir für feine Seeligkeit.

Als der Ritter Falkenhelm vom Tempelhofe heim­ kehrte, empfing ihn Aßelhorn mit offnen Armen, ließ Semmelbrodt und Malvasier rum Frühtrunke auf­ setzen, diente dabey ru Tische, seelbäderte über das Glück, Erkenntlichkeit zeigen zu können, wünschte, daß ihm dies Glück bald lächle; und beredete dann den Gast, sich zu entwaffnen, und, bis zur Rückkunft S $ des,

c

»sä

)

des, tum Adelborner gesandte», Bothen, der Ruhe tu pflegen.

Herr Ernst bedurffte dieser Erholung,

drum vertrauere er sich und seine Waffen dem Manne, dessen Leben er rettete; doch, damit ihn der Schlaf nicht um einen Tag bringe, bat et den Wirth, ihn

nach zwo Stunde» tu wecke». Noch ehe sie verflos­

sen waren, erbebte die Thur von Lautenstöße». Falkeiihelm fuhr auf, öffnete die Pforte, und fand in der Vorhalle eine Schaar reisiger Knechte, die sich

ihm ungestüm entgegen drängte». Ihre Feldbinden,

verschieden von denen, welche die Aßelhorner trugen, ihre Schilde mit Greiffenklauen, ihre Beckelhaube»

mit Drachenköpfen gefiert, ihre blutigen Schwerdter,

ließe» ihn vermuthen, er sey von Fremde», von Feine den des Burgherr» umringt. Drr Ausruf der Be« fehlshaberS: Ei» Geselle unsers Gefangene» I Bringt

auch ihu in vesten Gewahrsam! bestätigte dies. Ma» überschrie des Ritters Vertheidigung, rannte ihn nieder, und schleppte ihn, trotz des tapferste» Wider«

standes, in einen Kerker. Von dort sah er, durch

ein Gitter, das ihm in schräger Richtung eine» Blick tum Schloßhvfe vergönnte, den Aßelhorner, gefesselt,

i>: einem Rüstwage» trage». Eine junge Dirne eilte dem

c äs?

)

Sem Entführte», weinend und händeringend, »ach; aber Knechte verrannten ihr den Weg und leiteten

sie, nahe am Gitter vorüber, in die Burg. FalkenHelm erkannte, da« Fraulein; es war seine Freundin»

Sabine, Mifryulh erstarrte ihn. Von neuem sand er sich im Laufe ausgehalten, zurückgestosieu vom

Kampfe, unthätig gemacht die Krafft, Nvthlei-

dende;u retten. Die Ankunft eine- jener Fremden, der ihm ge­

both, den Kerker ru verlassen, milderte den herben Schmerz. Er felgte und fragte: Warum behandelt man mich so?

Selbsterhaltung befiehlt's. —

Entgegente der

Reisige. Falkenh.

Warum muß ich, durch das, ver­

diente oder unverdiente, Schicksal meine- Gast­ freunde- leiden?

Ich weiß euch auf diese Frage nicht i» antwor­ te». — Versaht« der Fremde.

Falkeich. Freyheit verlang' ich, ju gehen, wo­ hin es mir gefällt. «Mir ist befohlen, euch die- Gemach r»r Woh­

nung auiuweisen.

Falkenh.

c 284

)

Lalkenh. Was soll mit dem Fräulein von Rei

gersperg werden? Der Knecht ging «nd verschloß die Thür.

Um

Mittag kam er zurück, brachte Speise lind Trank, stand aber dem Fragende» nur r« gleichgültige» Dinge» Rede. Nack einigen Tagen, welche de» Ritter mit

allen -Qirateii entrückter Hoffnungen, mit allen Pla­

gen der Langenweile vertraut machte», besuchte ih» Archimbalb.

Don einer Warte hatte dieser de»

Gefangenen, durch ein Fernrohr, belügt, um sich an den Scharfblick eures rechtschaffene» Mannes zu

gewöhnen.

Unaufgrfodrrt erzählte der bestochene

Lügner: der jetzige Besitzer Sonneck's habe, seit

zweyen Jahren, mit dem Aßelhorner in Fehde ge­ lebt, und ihn nun, durch eiucn Ueberfall nicdergeworffe«, den Austrag des Streits für sich vottheil-

haster einjuleite» — Aber — so unterbrach ihn Falkenhelm — warum

begegnet er auch mir feindlich r

Archimb. Damit ihr seine gelbsüchtigen Plane

nicht vereiteln könnt. Er hat geschworen, euch und Aßel,

c -85 ) AßelhornS Stiefschwester, die von RelgerSperg, bis

zur gesühnten Fey-e hier eingekerkert zu halte». Falkenh. Sein Name? Archimb. Räuber hängen ihre Wapenschilde nie

an das Heiligenhaus auf der Wegscheide, wo fie Pilger plündern. Falkenh. Ihr vertheidig den Burgherrn nicht?

Archimb. Ich weiß nur, daß «r rin Mensch ist, und sich alles erlaubt, wodurch er etwas gewinne»

mag. AIS Mensch könnt' ich ihn entschuldigen, als Mitglied der bürgerlichen Gesellschafft darff ich ihn

nicht vertheidigen. Falkenh. Wer seyd ihr?

Archimb. Ein fahrender Schüler, Lebrechk K* seilkreuz genannt, den der Burgherr auf der Straße

anhalten und hier «insperre» ließ, daß er euch die Zeit kürze. Falkenh. Der Burgherr kennt mich nicht, drum

wähnt er, ein Mann, her sich dem heillosen Geschaffte widniete, bi« Flüche deü Aberglaubens als Seegnunr

gen Gottes anzupreisen, und Vorurtheile, zu Lebens­ regeln aufgeschmückt, auszufeilsche», werde mir ein willkommner Geftllschaffter seyn. Bittet den Burg­

herrn

c -86

)

Herrn iit meinem Name«, euch der Freyheit wieder tu gebens

Archimb.

Ritter, heißt es, den unwissenden

Sklaven frey machen, wenn man ihm Pforten und

Thore öffnet? Wer ihn unterrichtet, läßt ihn wahr,

hasst frey. Sollt' es euch nicht die angenehmste Nn,

Erhaltung gewahren, die Ketten meiner Irrthümer

tu lösen? Ihr verliehrt nichts dadurch, wodurch ich reich werde. Falkenh. Ich gewinne zur Bereicherung Mehre,

rer. Bleibt. Wie seyd ihr L» euerm Lruggeschaffte gekommen? -lvchimb.

Wie der erste Arrt zum Gedanken

kam , dem Verwundeten, der über das Brennen bet

zerrrß'nen Theile klagte, kühlende Blatter drauf ru

legen. Ich mH Andere leiden, und wagte eS, ihre

Schmerzen, durch unschädliche Mittel zu lindern. Falkenh. Kein Vorurtheil ist unschädlich — Archimb. — doch sind nicht alle gleich schädlich.

Was der Balsam der Natur unter dem Blatterschirme

heilt, wird dadurch wenigstens vor einem Quacksalber gesichert, der die Wunden verschlimmert, um dem

Dreßhasten desto langer rrnentbehrttch i« seyn. Falkenh-

c

287

)

Falkenh. Kein Dorurtheil ist so unschädlich wir

frische Blätter reinen Wunden; sie sind alle Gisste in ihren Folgen, und Gisst bleibt Gisst, es mag lang­ sam oder schnell würken.

Wer Menschen rum Ge­

horsam gegen Dorurtheile erzieht, wer ihren Aber­

glauben nährt, flosst wenigstens Schmutz und litt# reinigkeit in Wunden —

Archimb.

Alle unsre Begriffe find auf vorge­

faßte Meynungen, auf Vsrurtheile gegründet; allrs

Glauben ist Wähnen, Wahn — Aberglaube. Nehmt Worurtheile und Aberglauben den Menschen, und sie

«rkennen nichts, vertrauen auf nichts; ihnen mangeln Arzneymittel — Falkenh. Du willst den Krieg in Feindes Land

spielen; doch, noch weich' ich nicht von deinen Gränze».

Wen» du den Einfältigen vorschwatzest: Um

Mitternacht verlassen Geister der Verstorbenen die Gräber und nehmen Gestalte» an> Lebende zu war­ nen, zu schrecken, oder zu strafen; wen» du die

Habsüchtige» überredest: Wo — feuertheilige — Sumpflüste entbrennen und — zu schwer zum Cmporlodern — am Boden gaukeln, da liegt, klafter­

tief

< 288 ) tlef in der Erde, ein versenkter Schatz) wenn -u die Elemente mit Salamandern, Nixen, Allraurreu,

Kobolden, Fayen, Drachen, wilden Jägern und Wahrwölfen bevölkerst; wenn du rothäugige Werber verläumdest, sie könnten hexen und zaubern, und je­ den weisen Mann bezüchtigst, er stehe im Bunde mit

dem Leusel; wenn du die Kürze oder Länge, Bläffe oder Nöthe der Falten in den Flachhanden zu Lebens-

Sterbens - Glücks - oder Unglückslinien stempelst; wenn du Kalender verfertigst und darinn, als untrüg­

lich, anzeigst: Heute ist gut Aderlässen, Morgen gut Kinderentwöhnen, Uebermorgen gutHeirathen; wenn

du Nothhemde (49) feil biethest und ihre schützende

Krafft beschwörst, die Länge Jesu (50) verkaufst und sie (49) Ein leinenes Gewand, wie ein Hemd gestaltet, daDon dem, der es trug, Würffe, Schlage und Stöße abhalren sollte; auch legten es Gebührende an, die Ge-

burth dadurch zu erleichtern

Cs mußte in der Christ­

nacht, von unbefleckten Jungfrauen, Vie den Teufel zu Hulffe gerufen, gesponnen, gewebt, geblaicht und ge,

nahet seyn.

(50)

Ein Pergamentriemen, fünf Fuß lang und eine Han-

breit,

auf welchem geschrieben

war: Die- ist die heilige

(

289

)

sie rum Ableiter jedes Unglücks machst — : Mit met,

chen Kenntnissen bereicherst du dadurch die Ä?enscheu, worauf lenkst du ihr Vertrauen, welche Heil- und

Genesungsmittel lehrst du sie? Du vergrößerst nur dadurch heilige Länge unsers servil.

Gelobet sey

der allerheiligste Nahme Jesu und seine hei, lige Länge in alle Ewigkeit, Amen.

Wer die-

fen Ättemen, in ein Tuch von fünferlei) Farben- ge­ wickelt, auf dem bloßen Leibe trug, war —* so lehrte der Aberglauben — sicher vor Straßenraubern, Zaube­ rern, Mordbrennern, Verlaumdern re. re kurz, vor allen sichtbahren und unsichtbahren Feinden, ihn traf kein Blitz, ihn verletzte kein Feuer, ibn erstickte kein Was­ ser» Diese Lange sollte bey dem heiligen Grabe gefun­ den seyn. Einige Pabste sanetionirten den Aberglauben durch öffentliche Anerkennung der Wunderkrafte dieser Kiemen, und befahlen, daß eine solche Lange von Dem, der sie besitzt, dreymal des Jahres solle gelesen werden (wer nicht lesen konnte, der mußte sie sich vortesen las­ sen) um ,, allzeit geseegnet -u seyn, auf dem Wasser und auf dem Lande, bey Tag und bey Nacht, an dem Leib und der Seele, in alle Ewigkeit. Amen." Im Jahr 1790 wurde von einem badischen Granzjäger ein Wilddieb erschossen, der eine heilige Lange auf dem Leibe trug. Sag. d. Vorz. 5. B.

(

290

)

dadurch das Gefolge der Furcht, dieser Lieblings­

tochter der Unwissenheit, von dem wir schon, bis tum Ersticken, gedrängt averden r d« vermehrst die Gewalt der Hoffnung, dieser Iwillingsschwester der

Habsucht, die uns mit Drathgeisseln vor sich her rum Grabe treibt. Du entmannst unsern Muth, weil

wir überall auf unsichtbare, hieb - und schußveste, Feinde tu stoße» wähnen; du verführst uns, den Freunden tu mißtrauen, welche Willen und Vermögen haben, uns tu beschützen. Du machst das Zufällige,

durch die Täuschung -er EinbildungSkraffr, zur wür-

kenden Ursache von Glück und Unglück, von Leben und Tod; du betrügst n»S um die Helffende Gunst der Zeit, welche nur dem Arbeitsame» ihr Segens, Horn öffnet. Sind wir denn noch nicht reich genug an Furcht, nicht arm genug an erfüllten Hoffnung«»,

daß du aus Rauch und Dampf Schrecknisse bilden, oder unsern Händen das entziehen müßtest, womit du unsrer Begier schmeichelst? Sind wir so offen­

herzig, tntranend und liebevoll gegen unsre Brüder,

kennen wir die Wohlthätigkeit der Elemente so ge­ nau, daß du jene», wie diesen, geheime Bosheit, Sucht, uns tu schaden, andichten müßtest? Sind wir

(

291

)

Wik von äußern Dingen so unabhängig, st> onum-

schränkte Meister der Zeil, so anerkannte Herrn der

EinbildungSkrafft, daß du uns von Selbstständigkeit

entwöhnen, jene Gehülffiun uns verdächtig machen,

dieser Betrügerinn einen noch geraumern WürkungSr kreis geben müßtest?------- Pfaffenjünger! Dein

und deiner Lehrer Vorbild ist der Wolf, der da­ schnelle Reh auf'S Eis jagt, daß es dort au-gleite,

um dann durch den Räuber erhascht werden tu können.

Wenn Mönche, in eine Form, vom Geitz erfunden

und durch die Herrschsucht ausgemeißelt, geweih'te-

Wachs gießen, und dies Gebilde der schändlichsten Lridrnschaffte» Gore nennen; wenn sie dem empsäng«

lichem Stoff die Züge ihrer Fratzen eindrücken, e-

iürnen oder grämeln "lassen, wie'« ihr Vortheil heischt; wenn sie dem Urbilde ihrer Künsteley die

niedrigsten Bedürfnisse zuschreiben, lügen, es über­ treffe an Iornsucht die Schlang«, an Rachgier «in

beleidigtes Weib, an Blutdurst de» Tiger« an Hab­ sucht ein verzärteltes Kind, an Unversöhnlichkeit sie

selbst; wenn sie den Schöpfer des Weltalls zum

Dienstmann des Pabstes, zum Gegenstände der NeckeT »

reye»

(

2Y2

)

reve« des Teufels, seinen Willen von Jubelfesten,

hergeplapperte» Paternostern, entgeißeltem Blute,

menschenschädlichem Müßiggehe» und gestifftetc« Seelgeräthe», seine Gegenwart von Kreurschlagen abhängig machen: mit welchen Kenntnisse« bereichern sie dadurch di« Layen, worauf lenken sie ihr Ver­

trauen , welche Heil - und Genesungsmittel lehren, welche Menschen bilden sie? Elende Heuchler, welche Gott lieben, weil sie den Teufel für »och schlauer

und schlimmer als ih« halten, Gott fürchte», weil sei« Statthalter unfehlbar genannt wird.

Fröm­

melnde Schurke», welche Wittwe« und Waisen be­

stehlen, um der heiligen Hehlerinn, der Mutter

Lirche, Ansehen, Pracht und Verehrung, durch den Raubzehnten zu sichern.

Tagwählende Wüstlinge,

welche Freytags faste», Sonnabends beichte», Sonn­ tags drey Messe» höre», um in der größer« Wochen,

Hälfte jedem Lastermahle ungestraft beywohnen und

durch die abfallende« Brocken, durch den Spühlkelch Unschuldige verführen tu können.

Heimtückische

Schlaukopfe, welche sich der Dunkelheit freuen, weil

sie ihr Straucheln dem mangelnden Lichte schuld ge, be» dürffen. Solche Kinder Hut jene Mutter gerne.

An

(

293

)

An solchen erleben die Erzieher Freude! Sie ge­ wöhnten die Arbeitsscheuen rum Müßiggänge, um ihre Herren ru offnen Häusern aller Laster r» machen.

Sie füllte» da- Gehirn der Wißbegierige» bis rum

Zerplatzen, mit Vornrtheilen, um schon dadurch jede ausklärende Kenntniß von ihnen entfernt ru halte».

Sie unterjochten die Schwärmer dem Aberglauben,

um die Geblendeten durch eingebildete Bürden niederzudrücken, durch eingebildete Hülffen aufzurich» ten. Sie — Archimb. (schreyend.) O, ihr unpartheylsche»

Heiligen, übertäubt diese Erinnerung, oder ich ge­ winne meine Fesseln lieb, und hasse den, der sie mir

nimmt! Falkenh. WaS erschreckt euch r

Archimb.

Die Wahrheit, Ritter.

Die, mir

durch Erfahrung bestätigte Wahrheit: es sey gefähr­

licher, Vorurtheile auszurotten, als ihr Wachsthum iu dulden. Daß doch dich, edler Falkenhelm, die

Erfahrung hätte warnen können, ehe du die Axt an

einen Baum legtest, dessen Fall ein ganze- Volk zer­ schmettert! Nicht allso, gestrenger Herr, es ist rin­

der gemeinschädlichsten Vorurtheile, daß Weisheit

T;

sich

( 394 ) sich fortpflanze wie Farbe der Haut; daß Gerechtig,

keirsllede, Edelmut!) und Pflichttreue besondere Men, schenklassen, wie den Fichteuarten die Hartigkeit, an,

gestammt sey; daß einige Tropfen Oel, einige Grane Gold, einige Spannen Holz, einige Ellen Purpur-

sammt, den damit gesalbten, geschmückten, bewaffen,

ten und bekleideten Menschen fehlerfrey machen; daß die Nachkommen Derer, welche ihre Sessel auf Lei, cheuhaufen ermordeter Prüder stellten-, deswegen

Gott am ähnlichste» find ?

Falkenh. Wer läugnet dies? Archimb. Es ist Aberglauben, verderblicher dem Allgemeinhesten, als Nachtfröste den Pfirsichblürhen,

daß es ein Verbrechen sey, Salboel für Sckmeer,

Krvnengvld für Erz, Scepter für hölzerne Dläuel,

Purpurmäntel für Werke des Seidenwurms, Webers und Färbers zu halten; daß es an Gott freveln heiße, die Thaten solcher Emporkömmlinge unsrer feigherzi, gen Nachgiebigkeit, mit offnen Augen, zu betrachten,

auf der Gesetzeswaage zu würdigen, und sie Laster zu

nennen, wenn sie Laster sind; daß es eine Sünde wi, der den heiligen Geist sey, die Trugschlüsse in ihrer

unsauber« Nacktheit darzustellen, welche ganze Volker UNt

c

295

)

um ihre Freyheit betrogen, sie des Rechts beraubten, durch Rechtthun glücklich zu werden, und daß der Held Gotte- Langmut!) spotte, welcher eine Macht

zu schwachen unternimmt, die nur durch erzwungen«

Ohnmacht vieler Tausende besteht? Lalkenh. Ja. Aber — ?

Archimb. Ein Biedermann, Ernst von Falken.­

helm — selbst da- wortreiche, athenstark« Gerücht verzweifelt, ihn laut und würdig genug lobe» zu kvn/

nen — dachte wie wir, suchte jene- Dorurtheil zu entwaffnen, den Aberglauben vom Thron zu stürzen,

und —

Diese Thränen wein' ich dir, edler Fal-

krnhelm!

Salkenh. Und — ? Und — I

Archimb. Aus der Hand, die sich öffente, Leben zu geben, empfangen jezt Tausende den Tod. Eie

wollte Wasser in die Gluth gießen, vergriff sich — und goß Oel hinein.

Salkenh. Rosenkreuz, du verläumdest!

Archimb.

Ueber Falkenhelm weinen jezt Witt­

wen und Waise», ihm fluchen Verzweifelnde, ihn

lade» HungerSsterbende vor Gottes Gericht, ihn preise» Verbrecher, weil er ihnen da- Beil der T 4

Selbst-

-y6

(

Selbstrache au«lieferte.

)

Er hat dem Bürgerkrieg«

ein Schlachtfeld geebnet, das dieser Teufel nicht eher

»erlassen wird, er habe es dann ru einem leichenvollen

Blutacker gemacht.

Valet, Ritter. Daß ihr mich

weinen saht, beschimpft mich nicht; aber wenn der

Mann wider die Verzweiflung kämpft, dann brand­

markt ihn jede« Zeugen Gegenwart mit Schande. Lalkenh. Bleibt, bleibt!

Ohne der Bitte l» ackten, entwich Archimbald; er wollte jett dem Angegriffnen nicht Stand halten.

In der Vertheidigung-hitze erfrische» leichte Wunden de» Helden, die wachsende Kühnheit de- Feinde«,

erhöht die Tapferkeit de« Befehdeten; doch Falken­

helm« Gewissen-muth sollte entweder, ohne Gegen­

wehr, um so schneller den Nachwehrn der Streif­

wunden erliegen, welche ihm das in Gisst getauchte Schwerdt der Verlaumdung schlug, oder der Kampf­ gierige sollte seine Kraffte wider einen Schatten ver­

käsen und durch Ermattung feigherjig werden. Aber de« Schwarrkünstler« List mißglückte.

Falkeiihelm

war übertrugt, seine Hand habe nicht Oel statt Was­

ser ergriffen, nicht Leben dargebothen und Tod gege­ ben; er wußte ju gut, es sey thöricht, gegen ein

Dunst-

(

297 )

Dunstgebilde zu fechten, weil auch der geübteste Käm­ pfer sich nur verhauen oder selbst treffen könne.

Sehnlich, wie ein Pilger den Warnungsruf des Wegekundigen, wünschte er die Stimme seines Ge­ wissens zu hören; doch cS schwieg, und ruhig sah er

nun der Zukunft entgegen.

Ehe noch Archimbald den wahrscheinlichen Erfolg seiner List zu tiefer eindringenden Ranken verrechne» konnte, bereitete ihm Gregvr'S Vorschnelligkeil neue

Arbeiten. Die Edelknechte, denen der Prior Falken­ helms Ermordung austrug, hatte» ihm bis Sonneck

nachgespührt, und begehrten nun dessen Auslieferung. Archimbald, überzeugt, daß er dann alle Plane zu FalkeuhelmS Erniedrigung vergeblich entworffen, alle

Massen, de» Dominikaner i» überragen, umsonst zu, sammengehauft hab«; daß er dann dem Prior höchst

entbehrlich sey», und als Mitwisser de- TruageheimnisseS, das erste Opfer eigner Sicherheit werden

müsse: wendete alle Gewalt einer schlaue» Beredsam­ keit an, AßelhvrnS Einwilligung zu verhindern. Er

stellte ihm vor: „Der herrschsuchtstrunkne Gregor » halte immer das nächste Schwerdt für das stärkste »und schärfste, de» schnellsten Läufer für den dauerLr

»haste-

c 2Y8

)

„ Hafteste». Er wolle jede» Augenblick durch eine» „neuen Sieg verherrlichen, und vergesse, daß es der „wohlfeilste Sieg sey, eine» Feind austuhungern. «Er bedenke nicht, daß es dem Sieger tu grvßerm „Ruhme gereiche, den gefangene» Heerführer hinter „sich hertuschlcifen, als ihn auf dem Schlachtfeld«, „milden übrigen Todten verscharren tu lassen. Er

„ achte, sehr uiiweislich, der Vortheile nicht, so de» »Sieger daraus erwüchsen, daß er Geißel in seiner „Gewalt habe, welche jedem Vertrage bündigere „Vestigkeit gewährten, als Schwüre auf Reliquie» „und unbeschvltne Eydbürge« — Ein tollkühner, „über de» Adler hinaussehender Reiter steche aus „einem lahmen Rosse de» Ring am sichersten ab. — „Freundschafft und Liebe adelte» auch den niedrig« „sten Dienst; unter ihren Händen wandle sich das „ schmutzige Bley in reines Gold. — Der eilige „Pilger türne nur der Nacht, wenn der Abend „dunkle; sobald er am ander» Morgen die Felsen, „schlünde neben dem Wege erblicke, seegne er die „Dunkelheit, der er sei« Lebe» verdanke. — Wer „einen Pfeil int Köcher turücklaffe, entäußere sich „dadurch weder des Rechts »och der Krafft, ihn tu

,,ge«

(

299

)

„gebrauche» oder ru vernichten, und gant unbillig

„sey eS doch auch nicht, des Mannes Leben einige „Wochen ru verlängern, dem wir das uusrige schul-

„big waren." Diese Erinnerung an Falkenhelms Edelmuth gab Archimbalds Gründe» gehaltvolleres Gewicht, als

Gregors Befehle jeft für Aselhorn halten, der sich rwar jeden Betrug, sobald er ihm unmittelbar

frommte, erlaubte, aber noch nicht boshaft genug war, seinen Retter deswegen morden ju lassen, weil

ein Dritter r» voreilig fürchtete, das Daseyn diese«

Mannes könne ihm einst gefährlich werden.

Der

HauSpfaff mußte Archimbalds Meynung dem Prior

schreiben; mit diesem Briefe wurde» die Edelknechte abgesertigt, und der Schwarrkünstler rüstete sich wie?

-er, einen Biedermann ru überlisten, dessen Tod er

auS eigennütziger Ruhmsucht verhinderte. Er schlich ru Falkenhelm, erschrak vor dem ru­

hige» Blicke dessen, den er der Vcrrwsiflung nahe glaubte, änderte schnell Plan' und Mittel, hörte,

achselr»cke»d den Wunsch des Gefangenen, seine Frey­

heit ru befördern mid lenkte da- Gespräch auf den Ritter, der so unglücklich gewesen, der Verderber de«

Volk«

C

300

)

Volks jtt werben, dem er sich zum Erlöser dargeb»/ then.

Ernst erkundigte sich nun genauer «ach dem

Zustande deS Herjogthnms, und schloß aus -en Ant, Worten: nur Gregor könne die Stimmung des be, drückten Volks für wahre Freyheit so gemißbraucht

haben, eS zu einem Bürgerkriege tu entflammen, der

jedes Glück mit der Wurzel ausrvttet und jedes Un, glück i» einer, kaum in Jahrhunderten bezwingbare»

Allgewalt erstärkt,

Er wiederholte feine Bitten,

Archimbald möge sich für ihn verwenden, daß er dem Gefängnisse entkomme; aber der Geheimkünstler

deckte sich durch -en Schwur des Burgherrn. Fal, kenhelm wurde von neuem der Äugel de« Gesprächs. Jezt konnte sich -er Ritter nicht enthalten, $u fragen:

wodurch das Volk verleitet sey, einem Manne, dessen Gesetzlichkeit allgemein anerkannt werde, die Absicht zuzutrauen, er habe eS zum Umsturz jeder gesellschafft, sichen Ordnung verhetze» gewollt.

Was von jeher den großen Haufen leitete — grämelte Archimbald — leitete ihn auch diesmal:

Glauben an unerwiesene Gerüchte, Vertrauen auf vorgefaßte Meynungen; diese kehrer' aller Arten,

Gott zu verehren, diese Gründer der Throne» und

Mönchs,

(

)

MönchSveste». Wer den Hang des LavenxLbclS kennt, auf das Kerbholz einer Auclorilüt hin zu denke» und

zu urtheilen, zu glauben oder zu zweifeln, sich zu freuen oder Leid zu tragen, zu gehorchen oder ein Joch

abjuschülteln, Heute unschuldig Geißelhiebe zu dulden

und Morgen für bell Sohn des Henkers durch's Feuer zu laufe», zu sündigen und Buße zu thun, sich fertig

sprechen oder verdamme» zu lasse»; wer diese» Haug durch Wahn und Gerüchte zu benutzen weiß: der hat

den Nacken des tölpischen Bären, des Nimmersatten Wolfes, des wühlenden Ebers und des verwüstende»

Büffels Haarseile ringedreh't.

Er sorge nutt daß

diese nicht verheilen, und durch den leichtesten Ruck

zwingt er die wilden Bestien zum Gehorsam. Falkeich. Pfui des herzempörenden Bildes!

Archimb. Verzeih't, gestrenger Herr; «S ist ki­

ll em Hatzmeister abgeborgt. Ich mußte euch ja be­

weise», daß ich de» Gisst, welche» ich ehmals au-,

feilschte, nicht mit dem Athem in mich gezogen habe. Falkenh. Nur die Gesundheit eurer Seele kann mir dies überzeugend beweise». Archimb.

Zur Sache!

Adelbert hat Falkenhelms Schwester

geschändet, billig zürnt der Bruder dem Ehrenräuber.

Nicht

(

302

)

Nicht lititge nach des Ritters Heimkunft au- fremden Landen sagt der Bund für Freyheit und Recht, deß Mitglied Herr Ernst ist, dem Herroge ab.

Ein

Feind dieser Genossenschaft sprengt aus: prrsbnliche Rache, nicht das Elend des Vaterlandes habe eine

Fehde nöthig gemacht, deren Folgen Empörung uiid

Bürgerkrieg werde». Weil dieser Wahn dem Volke behagt, «eil es nun auf das Kerbholz eines Dritte»

hinsündige» kann; so verbreitet es die Lüge als Wahrheit, glaubt ihr, wie der Vollgültigkeit einer päbstliche» Ablaßbriefes.

„Halt sich der Mann,

„welcher doch besser denn wir wissen muß, was r» „verantworten steht, berechtigt — so urtheilt der

„gern beringte Haufe — um eine- vergeudeten

„Jnngfrauenkränzleins willen, ein ganzes Volk dem „Schwerdte, dem Hungerkode oder der Pest Preis „geben zu dürsten; warum sollen wir dann, feig/

„ herzig, denen verzeihen, welche uns empfindlicher

„ beleidigten, als ihn der Herzog? Har man ihn je, „wie uns, gleich dem Vieh, in einen Stall gesperrt, „ das Futter ihm zugemeffen «nd seine Äräffle dem

„Pfluge geopfert? Hat man ihm je, wie uns, ge,

„wehrt, das lieb zu haben, was ihn liebenswürdi-

„ dünkte.

(

303

)

„ dünkte, ober zu freyen, wenn er Brunst litt? Hat „man ihn je, wie uns, gezwungen, den Wüthrich

„anznbeten, der uns auf der Folter der Willkühr

„lahmte, damit wir nicht ausreißen könnten? Hat „man ihn je, wie uns, bey der geringste» Wider-

„fetzlichkeit, mit Holzdvrnen zerpeitfche» und Pfeffer „und Salz in die Wunde« reiben lassen? — Daß

„ feine Schwester eine Zeitlang weder eine Jungfrau „war, noch für eine Frau galt, ist ihm hinreichen,

„der Grund, gegen feinen Landesfürsten aufzustehen; „daß wir, seit unsrer Geburt, weder die Genießer „unsers Erwerbes find, noch für Geschöpfe Gottes

„gelten, sey auch uns genug, unsre Henker zu wür, „gem" — Ihr schweigt, Ritter? Sucht Falke«, Helm nicht t« vertheidigen?

Aalkenh.

Dringt mein« Stimme zu den Br,

trogenen? Oeffnet mir die Pforte» dieser Burg, und

jch will den Verläumdeten bündig rechtfertige».

Archimb. Spottet meiner Ohnmacht nicht, ge< strenger Herr. —

Eine Beschuldigung der Art,

welche solchen Hintergang'nen auch die edelsten Ab, fichten eines uneigennützigen Menschenfreundes »er,

dächtig

(

304

>

dachtig mache» muß, giebt dann der Behauptung

des Bundesfeindes: Kein rechtschaffner Mann könne sich an die Spitze eines Aufruhrs stellen, wenn die,

fett gleich die Verzweiflung der Unterdrückte» erzeugt habe — Wahrheitsgehalt.

Falkenh. Wodurch? Archimb. Er zerstöhrt — heißt eS — die ein­

geführte Ordnung der Dinge, hindert den gewohnte» Gang der Geschaffte.

Falkenh.

Heiligt denn die Ordnung im kaffer

das Laster, das grade, stuffenweise Forlschreiten im Bösen das Bise? Ist die Uebereinstimmung einer

Räuberhorde zum Stehle» und Morde« ei» Schutz­ brief, de» Jeder ehre» muß? Verdient ei» Dieb des­

wegen int ruhigen Besitze der Beute zu bleiben, weil

er zuerst seinen Geschwistern Leckereyen entwendete, dann Säckel leerte, drauf i» Hauser einbrach, und

endlich, zur Plünderung und Lvdschlag gleich bereit­

willig, Reisende auf den Landstraßen niederwirfft? Archimb. Er richtet Verwirrung an. Falkenh. Wem zum Nachtheile? Nicht denen, welche den Gesetze» gehorchen, nur denen, welche

ihrer spotte».

Archimb.

( 3OS ) Arckimb. Er kann dann nicht unterscheiden; sein Eifer wird ihn blenden.

Falkenh. Eifert er nicht für das Gute? Wer

-ieS liebt, wird schnell auf seine Seite treten. Ihm -arff es nicht rugerechnet werde»/ daß der Sturm, welcher ansteckende Pestlüffte verjagt/ auch kranke

Bäume niederstürzt, Blumenbeete verwüstet und

Häuser abdeckt. Ihn kann man nicht grausam nen­ ne»/ wenn die Gluth, so das Gold lautert/ auch ge­

haltlose Schlacken in Nichts verwandelt, wenn die Wafferfluth/ welche dürre Sandufer zur Fruchtbar­ keit überschlammt/ auch Pfriemengras auswllrzelt und

Kaferlarven erstickt.

Archinrb. Er weckt Partheyen —

Falkenh.

Hat nicht diese die Noth geweckt?

Waren nicht schon Unterdrücker und Unterdrückte?

Archimb.

hemmt die Wirksamkeit der Ge­

setze — Falkenh. — dadurch/ daß er ihreKraffte zu er­

starken sucht? Zwar/ so lange das schadhafte Ge,

triebe gebessert wird, würkt es nicht; aber soll man

es denn lieber ganz zerfallen lassen, weil die Würksamkeit durch das Ausbeffern unterbrochen wird? Sag. d. v-rz. 5. B.

U

Archimb.

(

3o6

)

Archimb. — zerreißt die Bande» der menschliche» Gesellschaffk, Freyheit, Recht, Pflichtgefühl — Falkenh. Rvsenkreuz, ihr schwatzt wie ein Wahn­

sinniger! Ich könnt' es einem Archimbald von der Esche auftragen, Qualen zur Bestrafung des Böse­ wichts zu ersinnen, der Empörung in einem Lande

«»zettelte, wo »och Pflichtgefühl geehrt wird, wo

der beleidigte Bürger noch auf die Hülffe, der Be­ güterte wie der Arme, noch auf den Schutz der Ge­

setze zählen kann, wo das Recht noch nicht eine

Waare, die Freyheit noch nicht der verpöente Traum eines Fieberkranke» ist.

Wir sprachen von einer

Fehde, durch die Verzweiflung ganzer Stände er­ regt, von einem Gegenkrieg», den ein Volk wider

seine unmenschlichen Frohnvvgte führt. Sich an die

Spitze der Verzweifelnde» zu stellen, ist de- kältern, nachdenkeuden Biedermanns Beruf.

Dadurch, daß

er die Zahl vermehrt, wird nicht mehr Unheil ge­ schehen;. aber manches Böse wird verhindert wer­

den, wenn er das Zutrauen des rohen, erbitterte»

Haufens gewinnt. Er übernimmt ein Amt, das ihn, bey der ge-

«isseiihaffkesten Verwaltung, auf'S Rad oder unter

dir

(

3°7

)

die Spieße seiner Bevollmächtign bringen kann; ein Amt, da- ihn mir Beschwerden berercherr, durch

Sorgen rur Thätigkeit stählt, durch Leiden aller Akt zur Ausdauer stärkt, mit Undank ihm lohnt; ein

Amt, dem nur der Held und Weise gewachsen ist, der jeden unerlaubten Gelüst überwunden, jede zwey-

heutige Begierde besiegt, rede gute Neigung genährt, jedes Lugendkeims in seinem Herzen gepflegt Hatz -er die Ursachen und Würkuugen des Thun und

Lassens der Menschen kennt, ja Klugheit und Krafft genug besitzt, das Gute allein liebenswerth darzu­

stellen, das einmal geschehene Böse zum Guten zu

lenken. Mitten im Gedränge der zrrstöhlendsten Lei-enschafften muß er das Ziel des allgemeinen Srre,

bens, Volksylück und Volksruhe, unverwandt im

Auge behalten, weder zur Rechten noch zur Linken ausweichen, weil jeder Schritt über de» Weg, so die

Noth vorzeichenre, Menschen tidter und Städte ver­ wüstet, Folgegeschlechter zu Bettlern, mit ihm leben,

de zu Unholden macht.

Er darf nicht dulden, daß

gesetzliche Freyheit, der zu errrngende Siegsdank, während des Kampfes, von denen gering geschatzet

werde, welche Haabe und Leben dafür wagen, und U»

sich

c

3es

)

sich dadurch zu Würdiger des Danks aufwerffe». Er darf nicht »«geben, daß die Vortheile des gesellscbafft-

lichen Vertrags den Empörern wider das Allgemein, beste verweigert werden, «eil sich fonjt die Neberge-

walt des Siegers, auch im Frieden, zum Dollmcrsch der Gesetze, die Selbstrache zum Richter erheben mogte.

Er darf keine Verletzung der Sittlichkeit

ungeahndet lasse»; weil Volksglück nie ohne Sitt­

lichkeit besteht, und rin Bürgerkrieg gar »u leicht die »arten Keime der häuslichen Lugende» zermalmt und

selbst den Mutterbode» für jede» Anbau verdirbt.

Er muß gerecht ohn« Grausamkeit, milde ohne Weich­ herzigkeit, uneigennützig ohne Verschwendung des

ihn: Anvertraute» seyn. Er muß strafen ohne Zorn, verzeihen ohne Partheylichkeit, bessern ohne Dünkel.

Er muß überlegen können im Augenblick« der Gefahr, sich für den Nothfall spare» im hitzigsten Gefechte,

sich mäßigen können im Augenblicke des Sieges. Er

muß den Sieg verfolgen, ohne die angebohrncn Rechte der Ueberwundenen zu schmähleru, die Ver­ heile des Siege- de» Nachkommen der Kämpfer zu

sichern wissen; und dann, prunklos, in die Reihe» derer zmücktreten, welche er anführte, so ohne Ein,

siuß

(

309

)

flufi auf sie, wie vor dem Kriege der Nothwehr, (»

arm, wie ehmals, da er sich ru ihnen gesellte, und frey von aller Anmaaßung, etwas mehr als Einer

seiner Mitstreiter gethan zu haben. — Glaubt ihr,

Rosenkreuz, daß Kaiser und Reich einen solchen Mann achten, die Stande ihn fürchten würden; daß sich das Vaterland seiner schämen, die Nachwelt ihm fluchen werde? Archimb, Gewiß nicht. Aber wo liegt die Hei,

math dieses Helden, Weisen und Menschenfreundes? Welches Jahrhundert wird ihn hervvrbringen?

Lalkcnh.

Das Jahrhundert des allgemeine»

Kampfs der Freyheit gegen Leibes - und Geisteszwang, deö Rechts gegen das Unrecht, des Lichts gegen die Finsterniß, der Wahrheit gegen jede Lüge, die sich,

als Pfaffenlehre oder Fürürnwille, der Herrschafft

über Gewissen und Fäuste der Layen bemächtigt hat. Archimb.

Wer poch unter den Fahnen dieser

Heiligen siegen oder sterben könnte! — Doch, $u unserm verkannte» Biedermanne zurück.

Wen jene

Beschuldigung, dieser Wahnsatz nicht wider ihn ein­

nimmt, den bestrickt zuletzt die Verlaumdung: Fal­ kenhelm suche, durch die Empörung des Volks dem tt?

jetzigen

(

3io

)

jetzigen Herzog, meuchelmörderisch, Reich und Le­

ben ru rauben, um sich dann den Fürstenhuth zuzueig'nen —
rz< 4tev Bd, S. 458 — 464

S. 647 -— 651.

(

313

)

pickt auch Leidenschafften schlimmerer Art beschtvkch, tigen können? Wenn allgemeine Noth jezt die Sas­ sen verleitet hat, mit vergüteten Waffen gegen ihre Feinde zu kämpfen; ist's dann nicht mein Beruf, ihnen diese zu entwinden, und gesetzmäßige dafür zu geben? Räth mir nicht die Pflicht, dies wenigstens

zu versuchen? Nur id) allein kann dabey verliehren. Und hab' ich nicht schon dem Vaterlande viel ge­ wonnen, wenn id) ihm einige Bürger erhalte, die den Gesetzen gehorchen? Das kleine Flämmchen des Leuchtthurms ist in der Nacht, meilenweit umher, ein Wegweiser, „Ich soll öffentlich kund thun, warum ich un, thätig bleibe," Wird dies nur Freunden des Vater­ landes bekannt werden, nicht auch dem Herrschsucht tigen Gregor und den Genossen jenes Bundes, wel­ cher Meuchelmord befiehlt? Was wird nicht in der Kröte zu Gisst? Widerlegt der stumme Buchstabe die Einwürffe, so man gegen den Sinn der Worte machen kann? — Ich will meinen waffenarmen Fein­ den keine Bolzen zuschießen, die ihnen tteherlegenheit über mid) geben wurden; nur Mund zu Mund

mich vertheidigen, nur fo warnen, so belehren; Ge­ ll s

wissen,

C 314 ) wissenlosigkeit ist der Wahlspruch in de« Panieren des Aufruhrs.

Aber — ich bin ja gefangen! Und doch will

ich? — An Schwerster, die man ungenutzt liegen läßt, hängt sich Rost. O, Freyheit, Freyheit mir, -aß nicht die ttnthatigkeit meine Kraffte verzehre!

Der Wunsch versenkte den Ritter wieder in tie­ fes, stilles Nachdenken. Archimbald hatte ihn be­ horcht, und hielt nun strenge darauf, daß Falken, Helm, Lage-ja Wochenlang keine Menschen, als dio sehe, welche seinen unentbehrlichsten Bedürffiiiffeu

abhalffe»; von ihm mußten die Knechte erzählen, eine gefahrdrohende Krankheit zwinge ihn, das Zim­ mer zu hs.rhe«. Endlich hoffte der Gsheimkünstler dem Ziele näher treten zu dürsten. Wer durch Unmöglichkeiten ge­ hindert wird — so urtheilte er — seine Entschlüsse zu verwürklichen, überläßt sich dem gerechten Zorne gegen das Schicksal; diesem Zorne drängt sich eine Nothberuhiguug nach, daß selbst die kühnsten Vor­ sätze nie Wunderkraffte erwecken können, und dieser Beruhigung folgt eine Unthätigkeit, welche auch Riesensehne« erschlafft, Zwar bettet die Beruhigung nur

( 3H

>

nur Schwächlinge sanft, schläfert nur Zärtlinge schnell ein; aber allmahlig besiegt sie auch den Mann, der nichts gewinnen, alles verdienen oder erringen will, Falkenhelms letzter Wunsch beweiset meine Behaup­ tung. Und ist nicht auch sein stolzer, Hartauftreten, -er Schritt schon (eifer und schleichender geworden? Sp icht er nicht schon seltner mir sich selbst, fragt er nicht weniger? Verweilt er nicht schon bey'm JmbS und bey'm Weinkruge? Wird nicht sein Schlaf schott langer und ruhiger? — Sinnlichkeit ist die Tochter -er Untharigkeit. Mütter sind gebohrne Kupplerin, neu ihrer Töchter; auch die bescheidenste lobt ihr Kind, putzt es heraus, macht auf die kaum erkenn, baren Reize des unreifen Dirnchenö aufmerksam. — Der Held, in die weibische Tracht der Geschafftlosigfeit gehüllt, wird Sabinens sanften, vollen Arm Nicht fliehen, ihrem Busen, der dem müden Haupte -es Mannes entgegen zu schwellen scheint, nicht aus, weichen, dem schönen Munde den seinen nicht ent, riehen, wenn sie es wagt, ihm neues Leben einzu, hauchen. Und sie wird's wagen! In Kolumbans Kloster stiffrete ein Augenblick Freundschafft zwifchett Beyden. Freundschafft? Nein; so blindlings hast, beit

(

Zi6

)

delt Freundschafft nicht, nur Liebe. Küßte doch dort Falkenhelm Sabinens Wange. Um wie viel reizen,

der ist ihr Mund! Es heißt, den Becher berühre», wenn man der Dirnen Wangen, den Stärkungswein trinken, wenn man der Dirnen Mündlein küßt; und

ei» ächter Trinker vergißt nie den Wein über den Becher. — Aber Sabine? — Sie ist erst seit so

kurzer Zeit verwittwet. Destobesser. Es hält schwer, sich von Liebkosungen zu entwöhnen.

ES gibt ja

Augenblicke, worinn das Weib »ach dem ganzen männlichen Geschlechte gelüstet; in solchen Augen, blicken hat die Phantasey mehrere Sünderinnen ge,

macht als die Verführnngskunst au-gewiegter Wollust, linge in Jahren. —

Unschuldig sind Beyde.

Un­

schuld ist ein Boden, den die Gelegenheit für Kraut und Unkraut gleich urbar findet. — Ich sehe 'Sa,

bine im Irrgarten. Wohlan, zur Ausführung, daß ich erfahre, was Mutter Unthätigkeit für Töchterchen

Sinnlichkeit gethan habe. Krankheitsschwäche erkünstelnd, öffente er langsam

Falkenhelms Gemach,, und sagte, mit leiser, ge, dämpfter Stimme: Lieber Ritter, meine Bitte hat

es über den Burgherrn vermocht, daß er euch ver«

gönnt,

317

(

)

gönnt, im Garten ju lustwandeln. Falkenhelm freute sich dessen, und eilte an Archimbalds Seite dahin.

Kaum nahten sie sich den Jrrgangen, als Sabine her« »vrtrat, staunte, froh erseufzte, laut schrie: Ernst

von Falkenhelm! ihm in die ausgebreiteten Arme

sank und schluchzte: Mein Moritz ist todt! Seinen Feinden — erwiederte Ernst und hielt

das Fraulein innig umfangen — auf Schroffenecks Freunde ist sein Geist fortgeerbt; er lebt in jeder

ihrer edel» Handlungen. Sabine. Dann soll mich nichts trennen können

von dir, damit ich seines Geistes in allen deinen Handlungen gewahre.

Ärchimb. Ihr? — Ernst von Fallenhelm! So

ist's doch gegründet, daß Suchen zum Finden nicht immer stemme. Herr Ritter, lehrt mich, euch ähn­ lich werden; ehet darff ich nicht hoffen, eure Freund­

schafft verdienen zu können. Sabine.

Sey der Freund dieses guten Man,

lies, trauter Ernst.

der grausame Feind

Ihm verdank' ich'», daß mir

meines Bruders

liebreich

begegnet.

Falken-

c

gis

)

Falkenhelm drückte dem Versucher die Hand und

raunte ihm ru: Rosenkreuz/ schon hab' ich vergess«»/ wer ihr gewesen seyd.

Archimb.

Wollt Gott/ ich könnt' es auch so

schnell vergessen; aber — ! Die Winterlufft ist mit

tu rauh; ich will mich in mein Kämmerlein trolle». Euch/ Fräulein/ muß ich warne»/ den Namen die, ses Helden nicht wieder so laut als vorhin ausj»,

ruft». Dort lauschen Knappen. Erfährt der Burg,

Herr/ «en er gefangen hält; so wird der Kerker Falkenhelms Grab. Ei» Bösewicht haßt immer de» Rechtschaffnen.

Er schlich fort und — barg fich hinter de» Taxushecken.

Jejt ergoß Sabine ihre Klage um Schroffeneck-

Lod/ jezt fragte sie, ohne der Antwort zu harre»/ jezt frohlockte sie über Falkenhelms Gefangenscbafft,

jezt pries und schalt sie das Schicksal in einem Atdeni. „Er ist mir genommen, du bist mein. Ih»

„ seh' ich nie wieder; dich lasse ich nimmer.

Ich

„fürchtete, mit ihm alles verlohren zu haben; ilt

„dir find' ich den Jwillingsbruder de« Derlohrne». „Dich soll mir der Lod nicht rauben; Btyver 911

„illrich/

(

319

)

„ gleich, oder Keines vo» uns Beyde» soll er Meister „werden! Wie du, lächelte ost mein Moritz, wenn

„ich dem Unglücke Hohn sprach; wie du, stemmte „er dann seine» starke» Fuß gege» den Boden, und

„both seine breite, eherne Brust dar, als wollt er „auf sie alle Streiche des Schicksals lenken. Und er

„ ist hi»! Zerschmettert die Heldenbrust, in welcher „ das zärtlichste Herr für mich schlug! Du mußt es „mir ansehen könne», Bruder, was sein Verlust mir

„gekostet hat. Mein Leben bauchte selbst dem Tode „nicht eines Sichelschnitts werth.

Jezt freu' ich

„mich deß; meine abgeschiedene Seele wäre doch

„ keine gute Gefangenwärterinn gewesen." So wechselten Sabinens Empfindungen, Falken#

Helm Hirte ihr, theilnehmend sich selbst vergessend

gu, trvckente ihr, wie einer ohnmächtige» Kranke», die Thräne» von frelr gebleichten Wangen, rieb ihre kalten, zitternden Hände warm, und vertrauere ihr

daun die Ursachen des Grams, der sein Auge verfim stert, die Rithe seiner Wangen gesalbt habe.

Sabine mischte in ihr Gekose oft da- Spruch­ wort : Der Hoffnung weih't jeder Mensch eine ewige Lampe.

Keine Leidenschafft hält sich der Hoffnung

verpflichteter alr die Liebe, keine ist ihr ergebener,

keine williger, halbverstandne» Tröstungen zu glau­

ben, und sich, ohne'Schwimmbündel, ins tobende

Meer ru stürzen, oder, baarfuß und unbekleidet, durch Eiswüsten zu pilgern; natürlich war es daher, daß Sabine auch oft der treuesten Verehrerin» ge­ dachte, wenn sie jene Heilige lobte, und Liebende

glücklich pries, welch« durch die dunkelste Regennacht Sterne blinken sahen, in den unwegsamsten Gebürgen Dahn fänden.

Herr Ernst, dem jeder Heiligen­

dienst mißfiet, weil er des Mannes Selbstständigkeit

schwächt, behauptete rwar: Wen» Hoffnung die Erz­

heilige der Liebe ist, so müssen ihre Schützlinge, im­ mer unmündig, durch Wunderdunkel tappen und zur Unthätigkeit gewöhnt, von jedem Augenblicke ab­

hängen, der ihre thierischsten Bedürffuifft stillt; aber Sabine bewies ihm bald, daß die Liebe ihre jüngsten Zöglinge volljährig mache, di« blödesten Augen stärke, Freunde und Feinde in de» weitesten Fernen zu er­ kennen, Schwächlinge zur Arbeitsamkeit kräftige und

Muth,

(

32$

)

Muthlose mit Selbstständigkeit beglücke. Ahndung-« gefühle hoher, ihm unbekannter, Freuden, ein »»er­

klärbares Sehnen und Ringe» nach einem Gute, daseine Gedanken nie ru deutlichen Begriffe» bilde»

konnte», und Sabinens truglose Herzlichkeit, thau-

reine Unschuld, offene Traulichkeit überzeugten den Ritter so schnell. Er gab sich der holden Jungfrau gern, den» er gewann dadurch an Selbstständigkeit;

er ließ sich ihr ganz, denn er ward krafftreicher da,

durch: doch einen Namen wußte er nicht für die Em­

pfindung, welche ihm dann Feindeslist zu Kinder,

»eckereye», Ketten zu Vlumenfaser» machte, wenn er stumm, und wie göttlicher Eingebungen harrend,

von den Sonnenaugen der schönen Unglücksgenoffinu durchglühet wurde.

Verdoppelt strahlte die Gluth

ihrer Blicke auf Sabine zurück, sie erquickte sich in dem Segen, den sie verbreitete und — wußte eine»

Namen für die süßeste aller Empfindungen. Sprach­

los beschwöre» sie das heilige Bündniß unerschütter« licher — Freundschafft.

Beyde trugen ein Joch,

wetteifernd, es dem Gefährte» zu erleichtern. Aber auch die leichteste Bürde quetscht den, der sie lange, ohne auszuruhen, trägt. Alle Plane de« X;

FrLu-

c 326 ) Fräuleins, mit Falkenhelm |« entfliehen, vereitelte

Archimbalds Horchen schon vor de« Versuchen, sie |u gründen. Lag und Nacht wechselte», den Freyen

zur Arbeit und Labung; den Gefangenen frommte der

Wechsel nicht: die Ketten der Hasst lagen immer

gleich schwer auf ihnen.

Der Mond wandelte oft

seine Gestalt; ihr Mißgeschick blieb ungemindert. Kein Wunder allso, daß sie endlich unter der Last deUnmuths ermattete», und die Schmerlen der Wun­

den empfanden, mit welchen sie eine beyspiellose Bos­

heit bedeckte. Wie Kinder, die ihrer Eltern Rück­ kehr erwarten, sich immer näher i» einander drängen,

je blasser das Tageslicht scheint; beyde auf einen

Stuhl niedersitzr», «en» ihnen nächtliches Dunkel

das kleine Gemach rur weiten Wüste ausdehnt; dann noch laut von der Stärke des Vaters, von der Sorglichkeit der Mutter schwatzen, als könnten sie dadurch alle Feinde verscheuchen, bis sie endlich, Mund an

Mund, Brust gegen Brust gedrückt, verstummen,

Jeder nur nach den Seufjern des mit ihm Leidende» horcht und ihn durch Liebkosungen $u beruhige»

strebt: so schmiegte sich Sabine immer rärtlichcr an

Ernst, so umschloß er sie vester, je sichtbarer das Licht

(

Z-7 )

Licht der Hoffnung erlosch, sie würden dem erwache», den Pflichtgefühl des Burgherr« ihre Freyheit ver, danke»; so suchten sie sich lange zu bereden, die BundeSbrüder müßte» ihre« Aufenthalt erspähen und sie erlösen, und so schienen sie endlich ein Wese» tu werde», das, wie Seele und Leib, nur durch die Zernichlung des letzte« tu trenne» ist. Obgleich noch immer für Andere sorgend, waren doch Beyde nur mit sich allein beschäfftigt. Unmerklich sank lähmen, de Ruhe auf sie; unter ihrem betäubenden Druck« erstumpfte das seine, zu jedes Unglücklichen Rettung wunschthätige Mitgefühl des Fräuleins, entschlum, merke der hülffwillige Eifer des Ritters, seinem Da, terlande tu nützen. Z« straffgespannte Sehnen springen leicht über, Folterqualen schläfern ein und Ohnmächtigen ist

bänglichwohl in der Vertücktheit. Weder Falken, Helm, noch Sabine fluchte jezt dem Schicksale; sie wähnte», es besiegt tu habe«, und edle Sieger hasse» nie den gedemüthigten Feind. Das stiere, unver­ rückte Hinschauen auf einen glänzenden Gegenstand hatte die Ermattete» geblendet, und nun glänzte ih­ nen auch die dunkelste Ferne im grelle» Farbenfchim- 4 mer

c

328

tuet des Nordscheius.

)

Sie glaubten, mit dem

Schicksale versöhnt zu sey», und jeder Nothleidcnde

bäuchte ihnen so glücklich.

Sie waren rufricden,

weil ihnen das Vermöge» fehlt«, Unzufriedenheit

tu außer». Den Schlafende» geben die Erlebnisse des Lage»

Stoff r» Träumen.

Die rastlose Seele wiederholt

das, was sie durch den Körper i» verwürkliche» suchte; was ihm mühsam gelang, gelingt ihr dann

spielend, wobey die geübteste Krafft ermattete, ge­

währt dann ein Handausstrecken.

Alle Regeln des

Wohlstandes find dem Träumer nicht verbindend, befreit von den Fesseln der Gefugniß handelt jede

Krafft rasch und durchgreifend, jedes Mittel heiligt

der Zweck, jeden Zweck die Begierde, so ihn gebiehrt.

Was Sabine in den Tagen der Hoffnung wünschte,

das beschäfftigte auch ihre Seele in den Nächten der

Betäubung. Ohne Zurückhaltung bezog sie jezt alles auf Falkenhelm; ohne Hehl nährte sie die Empfin­ dungen, welche ihr Herz für ihn hegte; unbekümmert

um Uebereinkunft und Sitte, nannte sie die Neigung

zu ihm Liebe; ohne Scheu frohlockte sie, daß ihr des Ritters Mund bald gestehen müsse, was seine Auge» ihr

( 329 ) hr schon seit Monaten verrathen hatten und ohne Gezier pries sie sich hochbeglückt, daß sie ihn für

alles entschädigen könne, was ihm die Bosheit der Menschen raulr. Wie der lechzende Wüstenpilger durch das Rau­ schen eines nahen Stroms entzückt wird, aber doch vor der jaden Erfüllung des quälendsten Wunsches erschrickt, und unter dem Drucke der Freude, die sich ihm vest anschmiegt, nur langsam der Labung ent, gegen schwankt; so froh übermannt erzitterte Falken­ helm, so wonnebelastet wankte er der siegsicherlächeln, den Jungfrau entgegen. Da erröthete sie plötzlich, gleich dem Kinde, das sich zur Uebernahme einer Ar, beit erbiethet, wenn man es seiner Bitte gewährt, schlug die feuchten, funkensprühenden Augen nieder und bedeckte sie mit beyden Händen. Herr Ernst preßte seine heißen Lippen auf diese Siegel, und sie wichen. Er las sein Glück in den beglaubtesten Ur, künden reiner Minne. Er genoß des Vorgefühls ehe, licher Seeligkeit in dem ersten Wechselkusse f gegen dessen Süße alle Folgeküsse bitter sind.------ Archinu bald hielt den Obern an, daß nicht seine teuflische Freude zum lauten Gelachter werde, und die sinne, X 5

be,

( 330

)

berauschende Stille verscheuche, welche — er wähnte, wie der Habicht battrlnde Häubchen — die Innig-

vereinten umschwebte. Weiber ordnen so gerne. Kaum «ar der Ritter

ruhig genug, sich ru erinnern, weise Sparsamkeit mehre auch die Schätze des Herzens, kaum hatte Sa,

feine das Vermögen errungen, ihr Glück zu würdige»; als sie, ftohgeschwätzig, alles herrechnete, was den

„heiligen Liebesknote» geschlungen habe, was ihn vesten könne, was ihn unauflöslich machen müsse;" als sie ihre glühenden Wange» unter des, beyfall-

nickenden, Buhlen wallende» Locken barg und ihm, schüchtern > zudringlich, inö Ohr kosete: Nun, Trau­

ter, schreibe die Urkunde, so dich und mich der Hasst

entledigt, daß wir, unerreichbar dem Haß' und Neide,

uns allein leben können.

Jach, wie der Durstige vom Ufer des Fluffes zurückbebt, wo er ein Ärvkodill sich sonnen steht;

bitterzürneiid, wie der edle Krieger, dem Freundesvcrralh und Datermord Siegeskränze flechten sollen;

entstürzte jezt Falkenhelni Sabinens Arme».

Als

hätten Tigerkralie« sein Antliz zerfleischt, so blutrolh, so unähnlich sich selbst wurde es. Das Blin­

zeln

c 331

)

lelii seiner heitern Augen wandelte wilder Schmer» in stiere», stechendes Staunen eines Wahnsinnigen. De», «ach labender Luft, sanstgeöffenten Mund riß

krampfendes Zucken auf. Gleich der Rebe, wtotu ein Blitzstrahl ihre Stütze zerschmettert, zitterte Sabine »ur Erde.

Ein mitleidig - furchtsamer Blick, ei»

»vehmüthig < unschuldvolles Lächeln fragte den Ge­ liebten, wodurch sie ihn beleidigt habe — und Fal,

kenhelm hob sie schnell empor, an sein laut pochende»

Herz und rief: Nicht dir zürn' ich, engelgutes Weib; dem Unholde, der uns hier gefangen hält, der — Die leichtversihnte Jungfrau schweigte den Ritter

durch feurige Küsse; aber sanft, doch vest entschlossen, entzog er sich ihr, drückte die zarte» Hände der freundlichen Trösterin« von feinem Halse und sprach rrnsthafft - warnend:

Sabine, auch der labendste

Wein berauscht. Ich bin dein, so lange Erd' und

Himmel Gottes sind; allein, bis die Thüren diese» Kerkers uns offen, bis die Feinde der gerechte« Sache, zum Kampfe gerüstet, mir gegenüber stehe», bis di«

Verräth« ihre» Vaterland«» fliehen und Biederleute die Drücken hinter ihnen abgewvrffen haben — seh'

ich nur bi, Schwester in dir. Dein Rathen, dein Trösten

(

33»

)

Trösten ist mir willkommen; deine keuschesten Lieb­

kosungen weise ich turück.

Wie d« dich vergaßest,

mögt’ auch ich mich vergessen. Noch einmal könntest

hu von mir begehre», ich solle die Urkunde ausfertigr», die meinen Leumuth unvertilgdarer schände» müßte, als Brandmaale und Verstümmelungen.

Wenn der betäubt« Buhle nur deine Bitte gefällig anhörte, würden ihn schon die Unterdrücker des Va­

terlandes ihren Sklaven schelten.

Entweder wir

werden Mann und Weib vor dem Bundesaltare, de»

«in freyes Volk der Nachkommenschafft errichtet, glückliche Bürger sind unsre Lraqreugcn und ent­ fesselte Leibeigene seegnen uns; oder wir sterben hier

»liteinquder, als Schwester und Bruder.

Dies ist

mein Entschluß; ich suhle die Krafft eines Gottes

jn mir, ihn auszuführe».

Beschämt stammelte das Fräulein: Vergicb, Bruh?r — dem Unbedacht der Liebe.

Kalkend. Sabine! Schlage deine Auge» nicht nieder.

Diese reinen, fleckenlose» Sonnen müssen

mir i« den Weg r«m glorreichsten Siege erhellen. Weine picht. Es bricht das Herr des Mannes, wen»

er Thränen sieht, die er nicht trocknen kann. Lächle mir

(

333

mir wieder, süße Braut.

)

Soll die Hoffnung ihre

treueste Anbeterinn verliehren? Wer wird diese Hei­ lige, so reizend wie du, kleiden? Wer, wie du, ihre

Thaten preisen? Wer ihr, wie du, im starrenden

Winter, Frühlingssträuße aus Sammt und Zindel winden? Fürchtest du denn eine so bettelarme Zu­ kunft, daß du deiner Beschützerin» nichts gelübdest?

— Du lächelst? Sabine, dieser Blick------ ! Am FreyhcitSaltare oder auf dem Sterbelager will ich

dir dafür danken. — menkrans.

Hier liegt ei» fertiger Blu-

Nicht wahr, Liebchen, du bestimmtest

ihn dem Cäcilienbilde, aus dessen Augen die Hoff­

nung, in himmlischer Derklärtheit, seegnet? Komm |ur Burgkapelle; wir wollen die Heilige damit schmücke». Komm, traute Sabine, komm!

Und durch einen Blick, der auch de» Muthlosesten

1» rascher, jugendlicher Thätigkeit begeistert hätte, log Herr Ernst die Sanftwiderstrebende fort.

Archiinbald weinte in seinem Horchwinkel Thränen der Wuth, und nagte vor Aerger die harten Lippe»

wund, weil er kein Seil so vest drehen, keine Schlin, ge so künstlich knoten könne, daß Falkenhelm nicht

jenes, wie mürben Zunder zerreibe, diese auflöse. Don

(

334

)

Vo» dem Tage an sahen sich dir Gefangenen selt­ ner, wechselten nur, im Raube, die vielfodernden, vielgelobenden Blicke des innigste» Einverständnisses,

wetteiferten nur verstohlen in kleinen Gefälligkeiten, in unbedeutend scheineuden Erweise» der Minnegunst,

die aber für Liebende den Werth von Leben-rettungen

haben, wurden warm, wenn sie über gleichgültige -vinge sprachen und zwangen sich, kalt zu seyn, wen» sie ihrer Verhältnisse erwähnte».

Nicht der Gruß

beym Komme», nicht der Händedruck beym Schei­

den, führte sie in die Arme der berauschenden Ver­ traulichkeit zurück, di« keinen Gedanken verhehlt,

keiner Empfindung Farbe und Larve zu geben trach­

tet. Nie rückte» sie bey'm Jmbs, wie ehmals nah' aneinander, sie ließen immer zwischen ihren Sesseln «inen Platz für Nrchimbald offen, tränke» nicht mehr

aus Einem Becher, aßen nicht ferner von Einem Bisse». Sorgsam pflegten sie im Innern der Herze«

de- heiligen Feuer- der Liebe; nach ihrem äußer« Betragen waren sie Schwester und Bruder.

Der Geheimkünstler erkrankte fast vor verhalte­ nem Grimme.; noch nie fand er seine Lage gefähr­

licher.

C

lichrr.

335

)

Mit dem Scheiterhaufen drohte Gregor

wenn er nicht schleunig Falkenhelms Entsagung»-

trief, mit Einmauern bey Wasser und Brodt Bal­

duin, wenn er nicht, »ach kurzer Frist, das Haupt des Ordensfeindes erhalte.

Aßelhorn spottete des

».überlistigen Fuchses, der seine» Schweif in eine

Wake gehängt habe, Fische anzuköder» und sich jezt eingefroren fühle." Unverhohlen kündigte er ihm Schutz und Geleit auf, „weil er es nicht mit einem

Dominikanerprior und Templerkommthur verderben wolle, um einen aberwitzige» Schurken zu retten, der selbst des Teufels Gunst erschlichen, ohne sie zu ver,

dienen."

Archimbald, dem nichts unverzeihlicher

däuchte, als an sich zu verzweifeln, ehe die Keule des

Nachrichters feine Glieder zerschmettere, zuckte die Schulter», trällert«: Krach, Here, und brich nit,

bi« stak und weich nit, bis stets unverkehrt, weil Leib' und Seele währ't,

ging zum Stall' und sattelte sein Maulthier. Dies irrte den Ritter. Sonst — das bedachte er — suchte der Engelseher, svrgsambangend, den Fährte» des Tode«

C

330

)

Todes in der ganzen Natur auözuweichen; und jezr

eilt er so dreist zum Lager des Nimmersatt's, als hab' er ihm Maulkorb und Kette angelegt.

Den

Muth verdankt der Feige seiner Krafft nicht; er stützt sich auf fremde Macht. — Die Stehler hassen den Hehler, weil sie mehr als die Beute mit ihm theilen müssen.

Wenn Gregor und Balduin mich

stumm wüßten, dann konnten sie den Raub wohl,

erworbenes Gut nennen, ohne daß ihnen wider,

stochen würde. Will mir doch das Widersprechens, vermögen sichern.

Unter meinen Augen soll mich

Schotendorn nicht betrügen. Wetterpropheten.

Auch Thiere sind

Du wirst mir zeigen, Schalk,

wie die Witterung draußen ist; drum bleibst du

hier in der Burg. Als ihm Aßelhorn dies ankündigte, stellte sich

Archimbald gleichgültig, und doch war es das, was er durch seinen erkünstelten Muth zu bewürken ge,

trachtet hatte; ihm galt es einerley, ob er eine Räuberhöhle oder ein Heiligenhaus bewache, wenn

sich nur das Dienstgeld der Mühe verlohne.

Jezt,

da er Falkenhetm nicht überwinden konnte, wollte

er

C

er, tu Befriedigung

337

)

seiner Rachgier, für ihn

kämpft». Ein Öhngefähr verrieth mir — so flüsterte er

dem Ritter zu



daß die Veste Sonneck der

Kerker ist, worinn Gregor seine Schlachtopfer füt,

tert, um sie dann öffentlich pi morden, wenn er

nöthig findet, dem unterjochten Volke ein zerstreuen, de- Schauspiel jv geben. Auch ihr seyd bestimmt,

iur Belustigung des Pöbels |u bluten; ein Ketzerrich, ter bestraft das, hienieden, als Sünde, worauf Em gel stolt seyn, wat selbst Teufel bewundern wurden.

Denket nicht arges von mir, edler Falkenhelm, daß

ich schwatze, statt ;U Helffen. Todesqualen hab' ich

gefühlt, da ich Zeuge seyn mußte, wie ein Dieder/ mann, Schurken tut Beute hingegeben, Tage, Wo, chen, ja Monate werden und schwinden sah, ohne fie

den Zeitgenossen tu Glücksjahren mache» und der Nachwelt ein Vorbild hinterlassen tu können, das,

auch höchst fehlerhaft kopeyet, Tausenden seegenreich gewesen wäre; aber der Wahn, nur aus persönlichem

Eigennütze handle der Burgherr so widerrechtlich,

und die Hoffnung, ich vermöge es vielleicht, ihm die

Unbilligkeit seines Schwurs tu beweisen, hinderten Sag. d. vorz. 5. B.

I

Mich

(

338

)

mich so lang«, eurer und meiner Qual abjuhelffen. Jezt biu ich eines Schlimmer» überzeugt; drum

rath' ich euch : fliehet; drum bieth ich mein Scherf­

lein zu euerm Losegelde dar. Nach einigen Tagen wird der pabstliche Legat, Kardinal Seoglinzzo hier über» nachten.

Er zieht zur Einweihung einer erzbischöfli­

chen Kirche mit starkem Geleite und großem Gepäcke.

Schaare» von Rittern, Pfaffe» und Pilgern nisten sich dort ein, wo er ausruhet. Ich besorge für euch eine

vollständige Rüstung und ein gutes Schweröl, für dat Fräulein eine Bnbenkleidiiiig; darüber werfft ihr Harzkappen und geht, früh morgens, al- gehörtet ihr

ium Gefolge, tief verhüllt von dannen. Der Burgherr wird feine Gäste nicht, beym Abschiede, wie jener

Höhne im Mährchen feine Schafe, betaste» dürsten;

und die Welschen will ich schon kirren, daß sie der Ueberzähl-gen nicht gewahren. — Ihr bleibt finster

und mürrisch? Mißhagt euch der Vorschlag? Falkenh. Schaffe mir meine Rüstung, mein

Schwerdt; Brandrvst wird jene, das Zeichen des Freyheitsbundes dieses kennbar machen.

Für die

Bubenkleidung soll dir Sabine eine güldene Mieder» spange zurück lassen —

Ar,

( 339 )

Archimb. Wackerer Ritter I — Ihr müßt mich wohl mit euch nehme»; hier würde dem armen Ro, senkreuz nur Gypsbrvdt gebacken werden. Er findet seine Stelle zwischen dem Gepäcke. — Hellt da» «Nr Auge? Tilgt dies die Runzeln von eurer Stirn ? Sonderbar! Falkenh. Hab' ich doch Nun Hoffnung, dir thä, tig danken zu können. Bereite mich vor zu dem loh, «endsteu Geschäffle. Woran hängt dein Herz? Was hennst du Glück? — Du schweigst? Ich will dich ausforschen, deinem unruhigem Schlummer es üblauscheu, deinen Blicken das Geheimniß stehlen, Mas du wünschest, und dir das Kleinod Zufrieden, heir erringe»,

Archimb. Ritter, dies mir tu gehen, steht schon ieit in eurer Gewalt. . Lalkenh. Und »och hast du es nicht? Da zwingst

mich, dein Schuldner zu bleibe»? Nimm, nimm was dein ist. Archimb. Gelobt mit, nie deß im Böse« jü ge, denke», was mein ehemaliger Stand mir t«r Pflicht machte — P 3

Sal,

(

340

)

Falkenh. — Mit Hand und Mund! Ich will

-eine Feinde besänftigen, was du entwendetest, sie, benfaltig, erstatten, Jeden, de» du mit sich selbst

«ntrweytest, wieder mit sich aussihne»------- Ver, kenne mich nicht, Rosenkreur; ich bin der Freude so

fremd worden < daß sie räubert, mich ru Herren. Hi»

zu Sabinen. Weiber sind weniger scheu gegen ihreGleichen. Hin r» ihr! Die Freude des Geretteten

ist dem Retter der wohlgefälligste Lohn.

Herr Albrecht vo» HabSpurg hielt ru Rheinfel, -en Hof, als Mayenblüth bis ru ihm durchdrang. DeS Harfners Fertigkeit in Saijenspiel und Gesang

iffente ihm dir Thore der Psalr

den

Weg tut Gunst eine« Fürsten, der jeder edlen Kunst

-urch gerechte» Beyfall und prunklose Freygebigkeit aushalff, weil er wußte, sie lohne ihrem Beschützer

mit Ehre und dauerndem Ruhme.

Der Aechter,

welcher sich nach de» Strahle», die vom Throne schimmerten, das Licht gedacht hatt«, so dort leuch,

te, verheimlichte, klüglich Namen und Anliege», und erspäh'te um so schneller die Denkweise des Kai» sers, weil der stolre Mann sich gar nicht verstellte.

Ob,

(

34i

)

Obgleich gegen den Obersürsten Deutschland- ring«,

nommen, gestand fich Wolfram doch willig/ er finde hier da- vollendetste Widerbild Adelbert-'/ und sei»

Feind befltze Lugende«/ welche der Herzog kaum dem Gerüchte nach kenne. Eine Beharrlichkeit war dem

Hab-purger eigen, die keiner Hindernisse achtete/ an mißlungenen Versuche» ihre Krafft stärkt«/ und/ wie ein Pfahlgrund/ desto unbeweglicher würd«/ je schwe, rere Lasten auf sie drückten; eine Tapferkeit/ die der

Waffen entbehren tu können schien; weil hohe-

Selbstvertrauen und immer neuer Muth di« Feind«/ oft.noch in der Ferne/ schlug; ein Ordnungssinn/ der jede Schneide seiner Gewalt durch den Gebrauch

schärfft«/ da- Geringe fast wunderbar vermehrte/ ihm

Zeit ersparte und Zeit gewann; eine so wandelfrey«

Herrschafft über fich selbst/ daß Jörn und Wollust ihn nie unterjochte»/ und eine Gerechtigkeit-liebe/ wel­

che dem Willen einmal gegebener/ von ihm geneh» migte»/ Gesetze wie einer unmittelbaren Stimme

Gottes gehorchte.

Doch diese Tauglichkeiten (52)

Z) 3

fromm#

p) Virtutes. I. Möser In seinen patriotische» Phantasien Ifter Th. S. in heteichnet Oie innere Güte

c

342

>

frommten dem Volke wenig, auch das sah Maye», blüth bald. Groß, aber nicht gut, hielt es Albrecht

für rühmlicher, von Feinden gefürchtet, als von Freunden geliebt |u werde»; durchgreifend aber nicht

vorbereitend, wähnte er, nur allein der schreckende, in Gtrimen niederstürzende Gewitterregen befruchte die Felder: wie weit sicherer der sanft erweichende,

mildeindringende Staubregen nutze, blieb ihm unbe, kannt; stolj und selbstsüchtig, beraubte er seine Un# terthanen jeder Freyheit, welche ihnen das, auf Leibe

eigene berechnete, Gesetz, nicht wörtlich gestattete, ihren Wohlstand würdigte er nach dem Rufe, der non kaiserlicher Gewalt und Hoheit, von den glän« teudcn Eigenschaffte» des Erste» im deutsche» Reichs

an seinem Throne wiederhallten, und herrschsüchtig und ländergierig, aber unbesorgt für das häusliche

Glück der Untersassen, glaubte er, den Gefangene»

irbm Güte (Schrot und Kern) eines Wesen» durch da» tref­ fende Wort:

Tailgsamkeir.

CS wäre jn wünschen,

daß wir dieses Work statt des, so oft am unrechten Orte gebrauchten, Ausdruckes che aufnähmen.

Tugend

in unsre E't>ra­

(

34?

)

überschwengliche Gnade tu gewähre», welk» er ihren Kerker, von Zeit zu Zeit, geräumiger mache. 9ie
st zurückschanend, entfernte sich das Volk.

Wie durch Tinen Wille»

geleitet, schlich die Menge rur Sturmhaide. Dort starrten Alle aus der finstern ^Betäubung empor, dort

weinten sie ihrem Wohlthäter das letzte Lebewohl,

wühlten den Boden auf, der sein Herzensblut trank, und nahmen die „geweih'te" Erdemir sich kn ihre

Wohnungen. Von Graudingen, Haustein und dessen Reisige»

beobachtet, blieben nur die Dwillingsbrüder und Bun­ desgenossen am Steinbvrneksee. Jejt näherten sie sich

furcht-

c 465 ) furchtloser der Leiche, winkten einander, iu schweigen, nicht hart niederzutreten, ergriffen dann, als hätten sie es verabredet, die Bahre und hoben sie auf die Schultern. Um der Tiefbekümmerte» tu schonen, fragte Graudingen leise: wo hin? Höchlich sich ver­ wundernd, entgegente Reinhard: ZurKranichskoppel. Einstimmig flüsterten Alle ihm nach: Zur Kranichs­ koppel — und tappten langsam und bedächtlich, wie auf unbekannte» Wegen in dunkler Nacht, dahin. Haustein, Graudingen und die Reisigen folgten. Eleonore, Sabine und die Frauen Vieberstädtt und Sundhains hatten zwar, von den Pfalzzwingern, des Hin- und Herwogens der Menschenmenge im Nachfelde gewahrt; aber nicht unterscheide» ge­ konnt, was dort vorgehe. Ein Unglück befürchteten Alle; doch keine wagte es, zu forschen, ob vielleicht die Freundinnen scharffer sähen, keine wollte dm luchsaugigrn Tburnwart rufe» lassen, daß er ihnen Auskunft gebe. Als der dichte Hintergrund des Volkshaufens verdämmerte, unterscheidbar einzelne Gestalten hervortraten, da erkannten die Frauen, am Umrisse, Gang' und Benehmen, ihre Ehemänner,

Eleonore den Geliebten. Sag. t>. V013. §.B.

Daß diese um eine Bahre Eg

C 466

)

sich sammelt«», sie emporhobe» und forttrugen, miß-

dünkte Sabine».

Wir wollen ihnen nach — sagte

sie kleinlaut m ihren Freundinnen, als wünsche sie eine abschlagende Antwort — es scheint, sie bringen

eine» Verwundete» heim. Die Manner greife» da­ ss hart a», was sie heilen wogten; laßt uns dem Un, glückliche» neue Verwundungen ersparen. —OhneWi­

derrede entstiegen die Weiber der Wehrmauer. Ihre -Kinder verrannten ihnen den Weg, begehrte», mir,

genommen zu werden. Die Mütter gaben de» Unge­ stümen nach. Willhöft begleitete sie. Höchlich befremdete es die Eilfertigen, daß die,

sonst so rege, Betriebsamkeit der starkbevölkerten

Gegend schon entschlummert war; daß winterliche Nachtstille des schönsten FrühlingSabends lautes Freu,

denspiel eifersüchtig verhinderte, und daß ihnen ein,

reine Wanderer scheu auswichen: aber doch verschloft

fett Alle die Sorge im geängsteten Busen, und starr,

teil, tiefsinnig, der Spur nach, welche sie rur Kra­

nichskoppel führte. Noch immer betäubt durch de» Blitzstrahl, der

über sie hinschmetterte, gruben dort die Männer mit

Schwerdtern und Dolchen ein Grab.

Sabine sah, erkannte

c

467

>

«kannte den Todten, dem sie es gruben, rief den theuern Namen des Bräutigam'-, rote ein Valet dem Lebe», tum Himmel, und schwankte sinnlos nie­

der. Ihren Gefährtinnen drangen die Meucheldolche

des Schreckens zugleich durch Augen und Ohre» iit

die Herzen, Willhvft erlag demWüthrich. Die Kin­ der hielten den heimtückischen Feind, durch ein Iam-

mergcschrey, von sich entfernt

Ihnen ähnlich wurden je$t die Männer — bald

unähnlich menschlichen Wesen------ Ihr Geheul hät, te Hyänen zur hündischen Nachgiebigkeit gerwungen

— Ihre Klagen hätten Sterbende rum thätigsten Mitleiden von den Marterlagern emporreißen, ihr«

Flüche Teufel bewegen sinnen, iu Gott um die Nicht, erhörung der scheußlichsten Verwünschungen ru br, len.------

Hanstein mußte die Rasenden, gebunden, jur Pfalz bringen lassen.

Die Weiber, schlafend im

Arme des entkräfftendsten Schmerzes, trug man ih­

nen nach. Willhvft erstand nicht wieder.

Die Nacht hüllte die Greuel des verwüstenden Schrecken- in undurchdringliches Dunkel. Auf fünf Meilen in die Runde brannte kein Licht um den Gg 2

Stein-

( Steinbornersee.

den geöffnet.

468

)

Bursen, Klöster und Hauser blie-

Ihren Bewohnern verweigerte der

Schlummer seine» Segen, und doch ertönte nirgendein Schild unter der Lanze des Jinnenhüthers, er­ klang nirgends ein Glöcklein zur Mette, erschallte»

nirgends die Hörner der Lburnwächter. Der Gotterfriede wurde weder ein - noch ausgelautct, der

Sonne Mvrgenlächeln kaum bemerkt. Einreln stahlen sich nun Sassen zur Pfalz, und lauschten, sprachlos um gute Zeitung bittend, zu

den Warten hinauf. Verweinte Augen, abgehärmte Wangen scheuchten die Theilnehmende» zurück; sie

entflohen dem Bescheide: Noch ringen hier Tod und Leben miteinander. Der Tag glich der durchwachten Nacht, wie der folgende. Bis zu den fernsten Gränzen des Herzog, thums verbreitete sich das Gerücht vo» Mkenhrlms

Edelthat. Uebcrall mißhandelte der erste Schrecken

Helden und Schwächlinge, überall ehrte man de»

Erretter ganzer Geschlechter- vom Meuchelmorde des Bürgerkrieges durch ungcheuchelte Trauer, und er­

nannte Bevollmächtigte, welche Herr» Adelgvtz, im

Name» der Gauen, huldigen sollten.

Don

( 469 )

Vorr Pilgern erfuhr Mayendlüth dke Schreckens, künde; sie zerriß ihm das Herz: aber doch pries er, mi: behender Lippe, sein Vaterland glücklich. Jezt eilte er jur Pfalz. Keiner seiner Vusensreunde kannte ihn, kaum kannte er sse noch, so sehr hatten die Folterqualen des Seelenschmec^s Alle entstellt.

Der Harfner lösete sie aus den Ketten des Wahnfinn'S. Klüglich eingeschränkte Erinnerungen an die Vergangenheit mußten den Wuthkranken die beruhi­ gende Wehmuth ruführen, welche dem menschen­ feindlichen Grame liebkoset, und ihn unvermerkt, seiner vergissteten Meuchelwaffen beraubt. Sobald nur die Selbstsucht des ersten Mangelgefühls ver­ bannt ist, folgt ihr leise das Mitleid; schlau weiß es die Trauernden von dem Vetraurten zu entfernen, „um ihn desto besser betrachten zu können;" es ruft ihnen die edeln Eigenschafften des Verlohruen ins Gedächtniß, macht die Wortkargen beredt zum Lobe des Entschlafenen, und weckt in ihnen die Liebe zum Leben dadurch, daß es die, dem ihnen Genommenen angeknüpften, durch den Tod zerrissenen, Faden des­ sen Freunden umschlingt. Der Kummer wird un­ eigennütziger, Linderung giebt es den Schwerbelaste-

Gg z

ten>

(

47°

)

ten, derer tu gedenken, welche mit ihnen durch Einen

Schlag leiden. Sie eilen diesen zu Hülffe. Die Ge-

schäfftigkeit zertheilt den erstickenden Gramnebel, di«

Zeit sammelt die einzelnen Sonnenblicke des Glücks und vereint sie endlich in Einen erwärmenden, neu,

belebende» Strahl. Langsam, aber siegreich, gewann Mayenblüth allst

seine Freunde dem Vaterland« wieder. Während ih,

rer unverschuldeten Unthätigkeit, beschäfftigte er sich, von Hanstein, Coelestin und Graudingen redlich un, terstützt, die Feinde der gvten Sache kennen zu ler­

nen, welche noch immer stech genug blieben, dar Wohl eines ganzen Volks ihrem Eigenvertheile nach,

zusttzen. Er hörte dir Klagen der Bedrückten, die Wünsche der Unzufriedenen, die Hoffnungen der Zu, stiedenern. Er prüfte die Mittel, welche ihm eigne Erfahrung, die Geschichte der Vorzeit und die Urvcr, fassung des Herzoglhums drrbothen, sein Vaterland,

durch Freyheit und Recht, wahrhaft und dauernd

zu beglücke», und wußte sie Falkenhelms Grundpla,

»en angemessen zu machen.

Er sann auf Entschädi­

gung der Eigennützige», welche durch manche neue

Einrichtung verliehren mußten, und nicht Vater,

lands

( 47i ) lanbSliebe genug besaßen, etwas dem Allgemeinbeste» aufzuopfer», auf ehrende Belohnungen der Ehrgritzigen, welche noch nicht den Lohn des Bewußtseyns, recht gehandelt ru haben, für de» reichsten Dank hielte», und selbst auf gesetzliche Iwangmittel, den/ jenigen, welche au« Vösherzigkeit, sich bessern Emsichte» nicht fügen würden, die Macht zu schaden tu raube«. Da« Ergebniß seine« Nachdenkens legte er den Abgeordneten der Stande vor, nutzte den Rath de« gesunde» Menschenverstandes, folgte den Finger­ zeigen der Klugheit, merkte sich die Winke der Weis­ heit, achtete der Zweifel de« Menschenhasses, und ehrte die Hoffnungssucht der übertriebene» Gut«lüthigkeit. Als Adelgvtz wieder urtheilen und aus dem Schatze seines Herzens und Geistes das geben konnte, was zweckgerecht war; als Sundhain, Bieberstädt und Sothau, zu Rath und That sich neubelebt fühl­ ten: da foderte sie der Harfner auf, die Anwendbar­ keit der Mittel zur Beglückung de« Vaterlandes zu untersuchen, und es geschah. Manche Mittel wur­ den gänzlich verwvrffen, „weil nur überirrdische We­ sen stark geling' seyn könnten, ihren Würkungen nicht

Gg 4

«u

(

47» )

tu unterliegen;" an einigen wurde bar Fehlende er­ gänzt, das Schwankend« vester gegründet, von An,

der» das Ueberflüssige, und darum schon Schädliche,

geschieden. Was allso, nach bestem Wissen und Ge­ wisse» für das Beste erkannt wurde, faßte man in

leicht zu übersehende, deutlich bestimmte, klar aus, gedrückte Satze, und sandte damit die Abgeordnete»

|U ihren Bevollmächtigen! zurück, um-, an Ort und Stelle, Rath zu pflegen, ob auch das einzeln aus, fühlbar und nützlich sey, was allgemeingut befu»,

den wäre.

Unterdessen bestattete man Falkenhelms Leichnam, ohne Prunk und Schaugepränge zur Erde. Seinem

Sarge folgten alle Bewohner der nahgranzenden

Gauen zur Kranichskoppel, selbst Kranke ließen sich ihm nachtragen, nur Sterbende blieben in ihren Betten. Dem Volkserretter zur Linken wurde Will, Höft, zur Rechten Schrvffeneck begraben. Ueber die

Herzen der Unersetzlichen pflanzten Sabine, Eleonore und Marie drey Eichen.

Sundhain, Bieberstädt,

Sothau und Mayenblüth pflügten den Acker frisch auf und säeten Rogke» hinein. Stillwsinend kehrte

bann Jeder Helm. Die

( 473

)

Die Machtbothen der Gauen kamen zur Pfalz zu­

rück. DaS Vorgeschlagene war alles anwendbar ge­

funden und genehmigt.

Nun wurde der Lag de,

stimmt, da man den Gesetzen huldigen und Adelgvtz als den ersten Diener des Gemeinbesten anerkennen wollte. In Hellem, heiterm Sonnenlichte glanzte der Tag

aus nächtlicher Finsterniß hervor.

Eine unzählige

Volksmenge umringte bald das Blachfeld am Stein­ hornersee. Die Abgeordneten des Ritter-Bürger­

und Bauernstandes formten den innern Kreis. Die

Fahnenbahre sah man im Mittelpunkte auf ebener

Erde.

Herr Adelgvtz, mit einem weißen, leinenen

Gewände bekleidet, wurde von Sundhains Kindern tu ihr hingeführt.

Die Bundesgenossen mischten

sich unter die Sassen. Ein Herold las die Landesverfassung und die Ge­

setze ab. Lauter Beyfall erschallte. Jedem einzelnen Gesetze huldigten Alle, ohne Ausnahme, einstimmig und einherzig.

Nun trat Sothau hervor und sprach zu Adelgvtz: Diese Bahre sey dein Thron. Sabine schlang ihm den Eichenkranz, der ihres Geliebten Schlafen im Gg 5

Lode

c 474 ) Lode bedeckte, um das entblößte Haupt, und stam-

melte, inniger Wehmuth voll: Dieser Kraiij sey dei­ ne Krone. Sundhain legte dem Freunde Falkenhelms

dlutigc Schaube au und rief: Sie sey dein Purpur. Adelhard reichte dem Herroge einen Oelrweig und lächelte ihm die Worte tu: Dies Zweiglein sey bei»

Scepter.

Durch die Volksreihen brach Mayenblüth; Al, brechts Halskoller hielt er hoch empor und sprach warnend: Des Kaiser Aldrechts Blut, von Verrwei,

selnde», denen er Unrecht gethan halte, meuchelmir, derksch, seinem Herren entpreßt, hasstet an diesem Halskoller. Trag' ihn, Adelgötz, wann du ru Ge­

richt sitzest. Eine alles erstarrende Stille lagerte sich auf die ganze Versammlung. Nur langsam wnrde die Menge wieder belebt. Jeder, Mann, Weib und Kind, ging dann r» Adel,

gvtz, gab ihm die Rechte, und gelobte, rum Himmel empor blickend: Eins und einig, in Freud und Leid,

»nm Besten des Vaterlandes.

Die

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)

DieGeseylichkeit der Befehlenden und Seh»r, chenden beglückte das Herzogrhum mit Freiheit,

Gleichheit und Recht.

Der Bund hob sich selbst auf. Adelgötz heirather

te die schöne, sanfte, edelgesinnte Tochter des Mark,

grafen Friedrich. Wahre Liebe seegente Beyde mit liebevcrdieneuden Kindern. Die Stole vereinte Eleo,

noren und Adelbert am Altare. Sie zogen gen Pil-

gcrsrnh. Der schwache Fürst wurde ein treuer Ehe, gatte, ein zärtlicher Vater, ein Ehren, und Freund, schastswerther Hausherr. Sabine verweinte ihr Le­

ben bald. Seit Falkenhelms Todestage kam kein

Lächeln auf Sundhains Lippen, floß kein Wein über

seine Junge, und doch sah er seine Knaben zu zweck, thätigen, strengschaffnen Manner» werden.

Herzog Ernst folgte seinem Vater Adelgötz im

Fürstenamte.

Jeder Einzelne trug durch redliche

Pflichterfüllung zum Wchlsrande des Ganzen bey, und Freyheit und Recht herrschten. Nach Ernst's Able­

ben

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)

k’tt Übertrust man dessen Sohne Reinhard de» Deljiveig.

Seine Regierung glich dem Herbste einer

EergcnsjahreS; er giebt reichern Genuß und Mert

geringere Anstrengung. Dann gelangt« Adelberr der drirce rum Throne. Falkenhelms Bahre hatte man

in Staub rersallen lassen. Der Fürst erhielt, statt det Oelzweig'S, erntn güldenen Scepter, statt des Eichen«

kranres, eine diamantene Krone, statt der wollene« Schaube, einen Hermelinmautel.

Da- vertärtelte

Geschlecht jener Zeit schauderte vor dem Blute einet „Selbstmörder-."

Fromm und sanft war Adelbert der dritte, wei# «end unterjeichnete er jedes Tode-urtheil, milderte,

wo ers nur vermochte, die gerechte Strenge de- Ge