Römische Geschichte bis zum Beginn der Punischen Kriege [Reprint 2015 ed.] 9783111473659, 9783111106748


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German Pages 680 [688] Year 1926

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Table of contents :
VORWORT
INHALT
Erster Abschnitt. DIE QUELLEN
Zweiter Abschnitt. LATIUM
Dritter Abschnitt. DIE ANFANGE
Vierter Abschnitt. DIE BEGRÜNDUNG DER MACHTSTELLUNG ROMS
Fünfter Abschnitt. DIE UNTERWERFUNG ITALIENS
Sechster Abschnitt. DIE POLITISCHE EINTEILUNG ITALIENS
Nachtrag
Zeittafel
Zu den Karten
Register der Volks und Ortsnamen
Register der Personennamen
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Römische Geschichte bis zum Beginn der Punischen Kriege [Reprint 2015 ed.]
 9783111473659, 9783111106748

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RÖMISCHE

GESCHICHTE BIS Z U M B E G I N N DER PUNISCHEN KRIEGE VON

KARL J U L I U S BELOCH

MIT DREI

KARTEN

1926

WALTER DE GRUYTER & CO. VORM. G. J. GÖSCHENSCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER KARL J. TRÜBNER - VEIT & COMP. BERLIN U N D LEIPZIG

Alle Rechte, besonders das Recht der Ubersetzung, sind vorbehalten.

Weimar — Druck von R. Wagner Sohn.

Meinen Kollegen von der

Philosophischen Facultät der

Universität Rom vivis et defunctis

1879-1926

VORWORT. Wer ein halbes Jahrhundert in Rom lebt und dort an der Universität alte Geschichte lehrt, kann nicht umhin, sich eingehend mit römischen Dingen zu beschäftigen. Ihnen waren denn auch meine ersten größeren Arbeiten zugewandt. Dann zog mich die griechische Geschichte in ihren Bann, ohne daß ich das römische Altertum aus den Augen verloren hätte, wenn ich auch lange Jahre nur gelegentlich darüber geschrieben habe. Da kam der Krieg; ich konnte nicht wissen, wie lange es mir noch möglich sein würde, an Ort und Stelle zu bleiben, und so war es Zeit, meine Forschungen wenigstens zu einem gewissen Abschluß zu bringen. Mommsens Geschichte ist ja heute zum großen Teile veraltet, in der Auffassung wie in den Ergebnissen, aber sie bleibt eine bewundernswürdige Leistung ; es lag mir sehr fern, mit einem solchen Meisterwerk in die Schranken zu treten und eine Darstellung, sei es auch nur der älteren römischen Geschichte, zu geben, bis zu dem Punkte, wo diese anfängt, zur Weltgeschichte zu werden, und also in engem Zusammenhang mit der griechischen Geschichte behandelt werden muß. Meine Aufgabe konnte nur sein, festzustellen, was sich über diese Zeit mit Sicherheit oder, wo die Überlieferung dazu nicht ausreicht, mit hoher Wahrscheinlichkeit ermitteln läßt, auf Grund der Urkunden und nach der Methode der Rückschlüsse; die annalistische Überlieferung ist nur subsidiär herangezogen. Alles was vor der Prüfung nicht stand hielt, ist beiseite geworfen, womit nicht gesagt ist, daß nicht manches davon richtig sein kann; aber nur was sich beweisen

VI

Vorwort.

läßt, gehört in die Wissenschaft. Als Leser dachte ich mir die Fachgenossen, und vor allem die studierende Jugend, die nirgends besser historische Methode lernen kann als an der älteren römischen Geschichte, wie ja die Wissenschaft eben hier diese Methode gelernt hat. Was ich meinen Vorgängern, seit Niebuhrs bahnbrechendem Werk, zu danken habe, auch vielen von denen, die ich zum Teil scharf bekämpfen mußte, zeigt jede Seite des Bandes ; angeführt aber habe ich, außer in der Polemik, die ja leider nicht ganz zu vermeiden war, nur hervorragend fördernde Arbeiten, da die Citatenmasse sonst den Text erdrückt haben würde. R o m , Weihnachten 1925. Karl Julius Beloch.

INHALT. Erster

Abschnitt.

Die Quellen. I. Die Consularfasten. j. Die M a g i s t r a t s l i s t e n . § χ. Libri Lintel i. — Libri Magistratuum 3. — § 2. Die Capitolinischen Fasten, Livius, Dionysios 4. — Die Fasten Diodors 3. 1. D e r ä l t e s t e T e i l d e r L i s t e . § 4. Die Fasten der ersten Jahre 9. — § 5. Plebejische Namen 10. — Tribusgeschlechter 1 1 . — § 6. Interpolierte Namen 12. — Unverdächtige Namen 15. 3. D i e F a s t e n v o n 269/485 b i s z u m D e c e m v i r a t . 8 7. Verschriebene Namen 15. — Die Gens Minucia 16. — P. Volumnius 19. — § 8. Sp. Tarpeius und A. Aternius 19. — T. Numicius 20. — Patricische Geschlechter 20. — Echtheit der Liste 21. — Decemvirat 21. 4. Vom Decern v i r a t bis zu m e r s t e n p l e b e j i s c h en C o n s u l a t . § 9. Consulartribune 22. — § 10. Interreges 27. — § 1 1 . Familientradition 30. — Die Anarchie 31. 5. V o m e r s t e n p l e b e j i s c h e n C o n s u l a t b i s z u m A n f a n g der P u n i s c h e n K r i e g e . § 12. Die Jahre 388/366—393/361: 32. Die Consuln von 447/307 und 448/306: 33. — § 13. Die Fasten seit dem Pyrrhischen Kriege 34. 6. D i e C a p i t o l i n i s c h e Ä r a . § 14. Polybios 35. — Cn. Flavius 35. — § 15. Der clavus annalis 36. — § 16. Die Tempelweihe im ersten Jahre der Republik 40. — Ära nach der Vertreibung der Könige 47. — § 17. Die Chronologie Diodors 42. 7. I n t e r p o l a t i o n e n . § 18. Sagengeschichte und Familientradition 43. — Wiederholungen ganzer Collégien 44. — Die Dictatorenjahre 44. — Zeit des ersten Consulats 45. 8. 8 Plebejer cini 53.

Cognomina. Paternität. 19. Cognomina der Patricier 46. — § 20. Cognomina der 50. — § 21. Paternität 52. — Stammtafeln: Aemilii Mamer— Claudii 53. — Fabii 54. — Furii 55. — Manlii 56. —

Inhalt.

Vili

Papirii 57. — Servilii 57. — Sulpicii Camerini 57. — Valerli 58. — § 22. Echtheit der Namen der Vater 59, 9. E r g e b n i s . § 23.

Geschichte der Fasten 61. — Die wahre Chronologie 62.

Π. Die Dictatoren. § χ. Die Überlieferung 63. — Die ältesten Dictatoren 63. — § 2. Iteration der Dictator 64. — § 3. Mehrere Dictatoren im selben Jahr 66. — Consuln zu Dictatoren ernannt 67. — § 4. Die Dictatoren Consiliare 68. — § 5. Plebejische Dictatoren 71. — Aus inneren Gründen verdächtige Dictaturen 72. — § 6. Unverdächtige Dictaturen 73. — Chronologische Ansätze. — § 7. Magistri equitum 75. — Dictaturen im III. Jahrhundert 76. 629. III. Die Censaren. § i. Censur von 374/380: 77. — Censuren von 365/389 und 375/379: 78. — Consulartribune mit censorischer Competenz 79. — § 2. Die ältesten Censuren 80. — Die Censur von 351/403: 81. — Echte Censuren bis 387/367: 82. — § 3. Die Lex Aemilia 82. — Der Census von 388/366: 83. — Die Überlieferung seit 388/366: 84. — Censur des Ap. Claudius 84. — § 4. Censuren des III. Jahrhunderts 84. 629. — Censur des M'. Curius und L. Papirius 85. 629. IV. Die Triumphalfasten and die Chronik der Pontífices. § ι. Die Annales maximi 86. — Die Triumphalfasten aus den Annales maximi geflossen 87. — § 2. Die Triumphe seit dem Anfang des III. Jahrhunderts 88. — Die Triumphe aus dem zweiten Samnitenkriege 91. — § 3. Die Prodigien 92. — § 4. Die Lex Ogulnia 94. — Ergebnis 95. V. Die Annalisten. § I. Fabius Pictor 95. — Quellen 96. — Die Ahnenbilder und ihre Aufschriften 97. — Oekonomie des Werkes 98. — Fasten 100. — § 2. Ennius 101. — Von Cincius bis Cassius Hemina 102. — Piso 102. — § 3. Die Annales Maximi 103. — Cn. Gellius 103. — Claudius Quadrigarius 104. — Licinius Macer 105. — § 4. Valerius Antias 105, — Aelius Tubero 106. — Verschollene Annalisten 107. — Diodor, Livius, Dionysios 107. VI. Diodors römische Quelle. I. D i e F a s t e n . § χ. Das Problem 107. — Die Dauer des zweiten Samnitenkrieges 108. — §. 2. Die Timasitheos-Episode 109. — Die Fasten des Annalisten 110. — § 3 Synchronismen i n . — § 4. Die angeblich von Diodor gestrichenen Jahre 112.

IX

Inhalt.

2. D i e G e s c h i c h t s e r z ä h l u n g . § 5. Annalistische und chronographische Stücke I i 4 . — Der Name der Aequer 115. — Verrugo 116. — Abweichende Berichte über dasselbe Ereignis 116. — Verurteilung des Camillus 117. — § 6. Aus dem Chronographen 118. — Aus dem Annalisten 120. 3. D e r C h r o n o g r a p h . § 7. Kastor 121. — Vortroische Zeit 122. — Ansatz der Königszeit 122. — Gleichung der römischen mit den attischen Jahren 123. — § 8. Die annalistische Quelle des Chronographen 124. 4. D e r A n n a l i s t . § 9. Fabius 126. — § 10. Brennos 127. — Die samnitischen Feldherren 128. — § 1 1 . Claudius Quadrigarius und Licinius Macer 130. VII. Die Gallischen Kriege bei Polybios. § ι . Annalistische Quellen 132. — Die Kriege des III. Jahrhunderts 133. — § 2. Die Intervalle bei Polybios 135. — Die Einfalle im IV. Jahrhundert 136. — Die Triumphalfasten 137. — Livius 137. — § 3. Der Friedenschluß von 329: 137. — Der dritte Einfall 138. — Der zweite Einfall 139. — Fabius 139. — § 4. Die Einnahme der Stadt 140. — Übersicht 142. Zweiter

Abschnitt.

Latium und Rom. I. Latium Yetus. ι. D a s

Gebiet der

triginta

populi.

§ I. Grenzen 144. — § 2. Ardea 147. — § 3. Das Städteverzeichnis bei Dionysios 148. — Die triginta populi Albenses bei Plinius 149. — Colonien des Aeneas Silvius 151. 2. L a t i u m i n d e r K a i s e r z e i t . § 4. Gemeinden unter Augustus 151. — Alba Longa 152. — Aefula 152. — Die Laurenter 153. — Ager Latiniensis, Labicanus 153. — Vicus Augustanus 151. — Varia 153. — § 5. Gabii 153. — Labicum. Pedum 157. — § 6. Ostia 158. — § 7. Ager Albanus 159. — Crustumerium 159. — Fidenae. Ficulea 160. — Latinienses 161. — § 8. Neuordnung in der sullanischen Zeit 162. 3. L a t i u m v o r d e m S o c i a l k r i e g . § 9. Neuordnung nach dem Latinerkrieg 163. — Scaptia 164. — Die Tribus Maecia 165. — Selbständige Staaten vor dem Kriege 165. — § 10. Verschollene Kleinstädte: im römischen Gebiet 166. — östlich von Tusculum 168. — an der volskischen Grenze 168. — im Gebiet von Praeneste und Tibur 168. — unbekannter Lage 169.

χ

Inhalt.

4. D i e S t a d t g e b i e t e . § I i . Ältestes Gebiet Roms 169. — § 12. Gebiet im V. Jahrhundert: die Tibermündang 170. — Ager Solonius 171. — Süd- und Ostgrenze 172. — Grenze gegen Veji 173. — § 13. Gebiet im Norden des Anio. Tribus Claudia 173. — Fidenae 174. Ager Crustuminus 174. — § 14. Die übrigen Stadtgebiete 176. — Flächenraum 178. II. Der Latinische Bund. § ι. Die Albanische Festgenossenschaft 179. — Die XXX populi 179. — § 2. Die römische Hegemonie 180. — § 3. Der neue Latinerbund 182. — Der Lucus Ferentinae 182. — § 4. Andere Bundesheiligtümer 186. — Gründung des Bundes 186. — § 5. Bundesglieder 187. — Bundesverfassung 188, — § 6 Das Cassische Bündnis 189. — Der Dianatempel auf dem Aventin 192. — § 7. Zeit des Bündnisses 193. — § 8. Der Hernikerbund 197. — Bündnis mit Rom 198. — Der Hernikerkrieg 199. — Ferentinum 199. ΙΠ. Die Städte in Latium. § ι. Das älteste Rom 200. — § 2. Das Septimontium 202. — § 3. Forum und Capitol 204. — Der Quirinal 204. — Der Aventin 203. — § 4. Die Servianische Mauer 207. — Die Bevölkerung 208. — § 5. Ardea 209. — Lavinium 210. — Lanuvium. Aricia. Tusculum 211. — Gabii 212. — § 6. Tibur 212. — Praeneste 213. — Signia. Cora. Norba 213. — Übersicht 215. IV. Die Bürgerzahl Roms. §1. Die ältesten Censuszahlen 216. — Die Zahlen aus dem III. Jahrhundert 216. — Volksdichte 217. — § 2. Stärke des Aufgebots 218. — 5 3. Zahl der Patricier 220. — § 4. Der Rittercensus 223. Dritter

Abschnitt.

Die Anfänge. I. Königtum und Dictatur. § ι . Die Monarchie 225. — Die Namen der Könige 225. — Die Königsliste 226. — § 2. Die etruskische Zeit 227. — Tusculum 228. — § 3. Sturz der Königsherrschaft 230. — Rom in der Königszeit 230. — § 4. Die Dictatur in Latium und Etrurien 231. — § 5. Die Dictatur in Rom 231. — § 6. T. Larcius 233. — § 7. Die Dictatur Im V. Jahrhundert 234. — § 8. Interpolation der Dictatorialfasten 235. Π. Das Decemvirat. § I. Die zwölf Tafeln 236. — Die Commission 257. — § 2. Die ersten Decemvirn 238. — T. Genucius 239. — P. Sestius, Sp. Postumius,

Inhalt.

XI

T. Veturius 240. — P. Curiatius 240. — E c h t h e i t der Liste 241. — § 3. Die zweiten Decemvirn 242. — Die Verginiasage 244. — § 4. Sturz der Decemvirn 245.

III. Die Consulartribune. § ι . Die mehrstelligen Collégien 247. — Name. Competenz 247. — 5 2. Wahlqualification 248. — Die Listen mit plebejischen N a m e n seit 554/400: 2 5 1 . — § 3. Zahl der Tribune 253. — Livius und die Capitol. F a s t e n 255. — Die Liste Diodors 256. — § 4. Die Listen m i t 6 N a m e n 258. — § 5. Die Listen aus älterer Zeit 260. — § 6. Titel 262.

IV. Die Tribusreform und das Volkstribunat. § 1. Die 35 Tribus 254. — Die Publilia 265. — Die Clustumina 265· — § 2· Die städtischen Tribus 265. — Die Landtribus 267. — § 3. Die ältesten Tribus 268. — Zeit der ältesten Tribusordnung 270. — § 4. Zeit der Tribusreform 270. — § 5. Zweck der Reform 271. — Die Tribusbezirke 272. — § 6. Die Aerarier 273. — § 7. Die Tribune 275. — § 8. Die Aedilen 277. — § 9. Concilia plebis 278. — § 10. Die Tribüne als Beamte des Gesamtstaates. Der Prozeß des Camillus 280. — § Ii. Die Überlieferung 281.

V. Die servianische Centurienordnung. § I. Steuerklassen und Stimmordnung 283. — Die vorservianische Ordnung 284. — Zeit der Reform 286. — § 2. Censussätze u n d Reitercenturien 286. — Stärke der Centurien 287. — § 3. Ursprüngliche servianische Ordnung 287. — Die erste Klasse 289. — § 4. Die Centuriae seniorum 290. — Centurien und Tribus 290. — Die Centurien und die neuen Tribus 291.

VI. Die Kriege des V. Jahrhunderts. § I. Kriege m i t den Latinern, Sabinern u n d Hernikern 293. — Aequerkriege 293. — § 2. Volskerkriege 295. — E i n n a h m e von Anxur 297. — § 3. Etruskerkriege 298. — Die Spolia opima des Cossus 299. — Einnahme von Fidenae und Crustumerium 300. — § 4. E i n n a h m e von Veji 302. — Camillus' Verurteilung 304. — § 5. Faliskerkrieg. S u t r i u m und Nepet 305. — Der angebliche Krieg gegen Volsinii 307. — § 6. Die Verträge m i t Karthago 308. Vierter

Abschnitt.

Die Begründung der Machtstellung Roms. I. Die gallische Katastrophe und ihre Folgen. § 2.

§ I . Schlacht an der Allia 311. — E i n n a h m e der Stadt 313. — Abfall der Latiner 314. — Volskerkrieg des Camillus 315. —

XII

Inhalt.

§ 3. Satricum. Velitrae. A g e r P o m p t i n u s . Setia 316. — § 4. Tusculum 318. — Die Aequer 3x8. — Sutrium 319. — § 5. Die demokratische Opposition 320. — M. Manlius 320. — Die Anarchie 321. — § 6. Sp. Cassius 323 — Die Verbrennung der neun Tribune 324. — Sp. Cassius' Consulartribunat 326. — § 7. Das Foedus Cassianum 327. — D e r Cerestempel 328. — § 8. Sturz der revolutionären Regierung 329. — D a u e r der A n a r c h i e 330. — Rehabilitierung von Sp. Cassius' A n d e n k e n 331. II. Die Plebs und ihr Kampf um die polit. Gleichberechtigung. § I. D i e Plebs 533. — D i e B e v ö l k e r u n g der eroberten Gebiete 333. — Die N a m e n der Landtribus 334. — § 2. Das wirtschaftliche Ü b e r g e w i c h t der Patricier auf dem L a n d e 335. — § 3. Die H a u p t stadt 336. — Plebejische Aristokratie 337. — § 4. Die Verfassungsänderung 340. — Die D i c t a t u r des Camillus 341. — P . Manlius 342. — Das E p o n y m e n c o l l e g i u m v o n 387/367: 343. — Das Ackergesetz 343. — § 5. D a s Consulat 344. — Die Dictatur und das R e i t e r f ü h r e r a m t 346. — § 6. D i e Praetur 347. — Die curulische A e d i l i t ä t 347. — Die Censur 349. — § 7. D i e Priestertümer 350. ΙΠ. Die Wiedererhebung Borns. § 1 . D i e l e i t e n d e n Männer 352. — § 2. T i b u r u n d Praeneste 354. — Der A g e r P o m p t i n u s 356. — Setia 358. — §3. Circeji 358. — P r i v e r n u m . Velitrae 359. — Satricum. A n t i u m 360. — § 4. Der Etruskerkrieg 361. — § 5. Caere 363. — Ferentinum. Sora 365. — Ergebnis 365. IV. Der A n s c h l u ß v o n Capua u. die A u f l ö s u n g des Latin. Bundes. X. D e r S a m n i t i s c h e B u n d . § I. Gründungszeit 366. — U m f a n g u m 350: 366. — Erwerbungen in Apulien 367. — Erwerbungen im W e s t e n 367. 2. D e r e r s t e S a m n i t e n k r i e g . § 2. Anschluß v o n Capua an R o m 369. — § 3. S c h u t z von Capua 370. — § 4. Archidamos 372.

Kämpfe

zum

3. D e r L a t i n e r k r i e g . § 5. A b f a l l von L a t i u m . Schlacht bei T r i f a n u m 373. — Weiterer Verlauf des Krieges 374. — § 6. A u f l ö s u n g des Latinischen Bundes 375. — Verleihung des Vollbürgerrechts 377. — § 7. A n t i u m . Satricum. Velitrae 380. — F u n d i und F o r m i a e 381. — D i e A u r u n k e r 381. — § 8. Einverleibung von C a p u a 382. — § 9. A b f a l l nach der Schlacht bei L a u t u l a e 384. — Angeblicher A b f a l l zu P y r r h o s 384. — Die campanischen R i t t e r 385. — § 10. C a p u a Municipium foeder a t u m 386. — Die campanischen K l e i n s t ä d t e 387. — Gebietsabtretungen 388. — § Ii. Die Sidiciner 388. — Fabrateria. Privernum. Tarracina 390.

Inhalt. Fünfter

XIII

Abschnitt.

Die Unterwerfung Italiens. I. Der zweite Samnitenkrieg. § ι. Neapolis 392. — § 2. Fregellae 395. — Die ersten Kriegsjahre 396. — § 3. Die Katastrophe von Caudium 397. — Satricum 399. — § 4. Der Anschluß Apuliens 400. — Nerulum und Forentum 401. — § 5. Die Bergvölker des Hochappennins 403. — § 6. Wiederausbruch des Krieges 404. — Einnahme von Luceria 405. — Saticula 406. — Lautulae 406. — Sieg der Römer in Apulien. — Unterwerfung der Campaner und Aurunker 407. — § 7. Eroberung von Fregellae, Caiatia, Nola, Satricum 407. — Coloniegründungen 409. — § 8. Einnahme von Sora 410. — Feldzug des Consuls C. Iunius in Apulien 410. — Schlacht bei Allifae, angeblicher Sieg des L. Papirius bei Aquilonia 412. — § 9. Angeblicher Zug des Q. Fabius über den Ciminischen Wald 412. — § i o . Frieden mit Tarquinii 414. — Q. Aemilius' Sieg bei Sutrium 414. — Q. Fabius auf dem südlichen Kriegsschauplatz 415. — § 11. Abfall und Unterwerfung der Herniker 417. — § 12. Niederlage des Consuls Ti. Minucius. M. Fulvius nimmt Bovianum 418. — Der Frieden 420. II. Der Sabinerkrieg. § I. Unterwerfung der Aequer 421. — § 2. Trebula Mutuesca 424. — Narnia 426. — § 3. Der Name Samniten 426. — Triumph des M\ Curius 428. — Triumph des L. Cornelius Rufinus 430. — § 4. Das erste Consulat des Sp. Carvilius 430. — Feldzug des M. Atilius 431. — Triumph desCn. Fulvius Centumalus 431. — § 5. Feldzug des Ap. Claudius. — Die Samniten bei Sentinum 433. — Ergebnis 434. III. Der dritte Samnitenkrieg. § ι . Kleonymos 435. — Agathokles 436. — § 2. Die Lucaner 436. — L. Scipio in Samnium 437. — Cn. Fulvius in Etrurien 438. — Das zweite und dritte Kriegsjahr 439. — § 3. Der Krieg mit den Galliern 440. — § 4. Die devotio des Decius 440. — § 5. Die Eroberung Umbriens 473. — Etruskerkrieg 444. — § 6. Unterwerfung von Falerii 445. — Capena 446. — § 7. Niederlage des Consuls L. Postumius bei Luceria 447. — Schlacht bei Aquilonia 447. — § 8. Niederlage des Consuls Q. Fabius Gurges 448. — § 9. Eroberung von Venusia 449. — Der Frieden 450. IV. Der Krieg gegen die Gallier und Etrusker. § I. Krieg gegen Volsinii 451. — Niederlage des Consuls L. Metellus bei Arretium 452. Schlacht am Vadimonischen See 452. — § 2. Eroberung des Senonenlandes 453. — Einfall der Boier 454. — § 3. Voici 455. — Tarquinii 456. — § 4. Nordetrurien 456. — § 5. Letzter Krieg gegen Volsinii 458.

XIV

Inhalt. V. Die Unterwerfung des italischen Südens.

§ ι. Krieg gegen die Lucaner und Brettier 460. — Thurioi 461. — §2. Sieg der Xarantiner über die römische Flotte 461. — Wiederausbruch des Samnitenkrieges 463. — § 3. Bündnis mit Herakleia 464. — Niederlage der Römer in Samnium 465. — Einnahme von Nerulum 465. — Q. Fabius Gurges' Erfolge gegen die Samniten 465. — § 4. Schlacht auf den Arusinischen Feldern 466. — § 5. Folgen der Schlacht 468. — Die erbeuteten Elephanten 469. — § 6. Helenos zurückgerufen 470. — Siege des Consuls C. Claudius Canina 470. — Unterwerfung der griechischen Städte 470. — Bündnis mit den Brettiern und Lucanern 471. — §7. Zerstückelung von Samnium 472. — Die Sallentiner 473. — Rhegion 473. — § 8. Unterwerfung der Picenter 474. — Die Sassinaten 476. VI. Die Nobilität und die demokratische Opposition. § I. Die Nobilität 476. — Die Opposition 477. — Q. Publilius 477. — C. Maenius 479. — § 2. L. Papirius Cursor 480. — Q. Fabius Rullianus 480. — § 3. Ap. Claudius 481. — § 4. Homines novi 483. — M'. Curius 484. — Q. Hortensius 484. — C. Fabricius 485. — Ti. Coruncanius 485. — Q. Caedicius, L. Caecilius, L. Mamilius 486. — Übersicht 486. Sechster

Abschnitt.

Die politische Einteilung Italiens. I. Die Municipalmagistrate. § ι.

Maßgebende Factoren 488.

1. L a t i n i s c h e C o l o n i e n v o r d e m S o c i a l k r i e g e . § 2. Praetoren 489. — Consuln 490. — Duumvirn. 490. 2. B ü r g e r c o l o n i e n b i s z u m S o c i a l k r i e g e . § 3. Praetoren 492. — Duumvirn 492. — § 4. Praetores duumviri 493. 3. F o r a u n d C o n c i l i a b u l a . § 5. Fora 497. — Conciliabula 487. 4. M u n i c i p i e n . § 6. Medix tuticus in Capua 498. — Dictatoren 498. — Praetoren 498. — Aedilen 499. — Octoviri 499. — § 7. Quattuorviri in den früheren latinischen Colonien und Bundesstädten 500. — § 8. Quattuorviri in Altbürgergemeinden 504. — Reste der alten Verfassung 505. — § 9. Neapolis 506. — § 10. Municipien unter Duumviri 508. 5. C o l o n i e n s e i t S u l l a . § I i . Sullanische Colonien 511. — § 12. 513. — Aquileia, Luceria, Falerii 515. — § 13. Kaiserzeit 516.

Augusteische Colonien Colonien der späteren

Inhalt.

XV

6. D a s d i e s s e i t i g e G a l l i e n . g 14. Coloniae lege Pompeia 518. — QuattuorviralVerfassung seit Caesar 5x9. — Gemeinden latinischen Rechts in Ligurien 520. 7. E r g e b n i s s e . § 15. Übersicht 522.

II. Die italischen Stadtgebiete. ι. L a t i u m . § χ. Die Grenzen 522. — Die Volskerberge 523. — § 2. Ager Pomptinus 524. — Antium 524. — Circeji. Tarracina. Privernum 525. — § 2. Die Herniker 526. 2. D a s L a n d a m L i r i s ( L a t i u m a d i e c t u m ) . § 4. Sora. Arpinum 527. — Atina 528. — § 5. Fregellae 529. — § 6. Frusino 531. — Aquinum, Casinum. Interamna 531. — Fund». Formiae 532. — § 7. Minturnae. Sinuessa 532. — Suessa 534. 3. C a m p a n i e n . § 8. Teanum 535. — Ager Falernus. Cales 535. — Ager Stellas. Trebula. Caiatia. Cubulteria 536. — § 9. Die Campanische Praefectur 537. — Nola. Abella 537. — Neapolis 538. — Nuceria und seine Bundesstädte 539. 4. S a m n i u m . § 10. Aesernia 539. — Venafrum 539. — Allifae 540. — Telesia 540. — Saticula. Trebula. Caudium 541. — | n . Beneventum 542. — Ager Taurasinus 542. — Der Samnitische B u n d 5 4 3 . — Die Hirpiner543. 5. L u c a n i e n . Brettien. Iapygien. § 12. Ager Picentinus 544. — Paestum 545. — Elea 545. — Thurioi 545. — Kroton. Kaulonia. Lokroi. Rhegion 546. — Grumentum 546. — Herakleia. Metapontion 546. — Tarent 547. — Grenze zwischen Lucanien und Brettien 547. — § 13. Brundisium 548. — Venusia 548. — Canusium. Arpi 549. — Luceria 549. — Teanum. Larinum 549. 6. D e r H o c h a p p e n n i n . § 14. Die Aequer 550. — Trebula Suffenas 550. — Carsioli 551. — A l b a Fucentis 552. — Aequiculi 552. — § 15. Die Sabiner 552. — § 16. Ager Praetuttianus 554. — Hadria 555. — Vestiner. Marruciner. Frentaner. Paeligner. Marser 556. 7. P i c e n u m . Umbrien. § 1 7 . Ankon 557. — Asculum 557. — Der Norden Picenums 558. — Firmum558. — §18. Ager Gallicus 559. — Ariminum559. — Fulginiae. Plestia 559. — Spoletium 560. — Narnia 560. — Die Tibergrenze 561. 8. E t r u r i e n . § 19. Ager Veiens 562. —

Ametinum 563.

— Capena 563. —

Inhalt.

XVI

Sutrium. Nepet 563. — Falerii 563. — § 20. Caere 564. — Tarquinii 565. — Voici. Cosa. Heba. Saturnia. Statonia 565. — § 21. Rusellae. Vetulonia 566. — Populonia 567. — Volaterrae 567. — §22. Pisae 568.— Faesulae 568. — Saena 569. — § 23. Arretium. Cortona. Clusium 569. — § 24. Perusia 572. — Volsinii 572. — § 25. Die Ligurer im toscanischen Appennin 573. — Umbrer nördlich des Appennin 573. ΙΠ. Das römische Gebiet. § ι . Vorbemerkung 574. — § 2. Exilrecht 575. — Kriegshoheit 576. — Praefecturen 576. — 5 3. Silberprägung 577. — Amtssprache 578. — § 4. Tribuseinteilung 578. — § 5. Prodigien 580. — Kalender 580. — § 6. Colonien 581. — Fora 581. — Geographische Lage 581. — § 7. Latium 583. — § 8. Campanien 584. — Aequer am oberen Anio. Herniker 585. — Land am Liris und Volturnus 586. — Abellinum 586. — Die Inseln 587. — Übersicht der I. Reg. 587. — § 9. Apulien 588. — Hirpiner 589. — Ager Taurasinus 590. — Übersicht der I I . Reg. 591. — § 10. Lucanien 591. — Herakleia. Metapontion 593. — Brettier 594. — Die griechischen Städte 595. — Übersicht der III. Reg. 596. — § χι. Aequer 596. — Sabiner 596. — Aequiculer 597. — Praetuttier 598. — Vestiner 598. — Marser. Paeligner. Marruciner. Frentaner 599. — § 12. Samnium 600. — Übersicht der IV. Reg. 601. — § 13. Picenum 601. — Übersicht der V. Reg. 604. — § 14, Umbrien 604. — Ager Gallicus 605, — Bundesstaaten in Umbrien 605. Übersicht der VI. Reg. 607. — § 15. Bürgergebiet in Etrurien 607. Etruskische Bundesstaaten 609. — Falerii 610. — Ligurer im Appennin 611. — Veränderungen séit dem Socialkriegóii. — Übersicht der V I I . Reg. 612. — § 16. Gallia eis Padum 612. — § 17. Ligurien 614. — § 18. Venetia und Histria 615. — § 19. Gallia Transpadana 615. — § 20. Anwachsen des römischen Staates 616. — § 21. Latinische Colonien 618. — Bundesstaaten 618. — §22. Flächenraum des römischen Gebietes 619. IV. Die Lex Pompeia de Qallia Citeriore. § i. Alte latinische Colonien 621. — Die Transpadaner 622. — § 2. Coloniae lege Pompeia 624. — Den Colonien adtribuierte Bezirke 624. — § 3. Freie Alpenvölker 624. — Carner 625. — Histrer 626. — § 4. Die westlichen Ligurer 626. N a c h t r a g 628. Z e i t t a f e l 631. Z u d e n K a r t e n 640. R e g i s t e r : 1. Volks-und Ortsnamen 641. — 2. Personennamen 659. K a r t e n : I. Latium Vetus. — II. Mittel-Italien beim Beginn des dritten Samnitenkrieges 298 v. Chr. — III. Italien 263 v. Chr.

I i

§ i.

I

Magistratslisten. — Libri lintei.

Erster Abschnitt

DIE QUELLEN I. Die Consularfasten. 1. Die Hagistratslisten.

I. Die Verzeichnisse der eponymen Beamten gehören überall zu den ältesten Bestandteilen der Überlieferung. Für Sparta und Athen bezweifelt das niemand, und auch für Rom hat es noch kein Verständiger in Abrede gestellt. Natürlich; denn auf diesen Verzeichnissen beruhte ja in einer Zeit, die noch keine Ära kannte, die Chronologie; und ohne eine feste Zeitrechnung kann keine Verwaltung bestehen. Es ist denn auch bezeugt, daß solche Verzeichnisse in Rom schon seit sehr alter Zeit von staatswegen geführt worden sind. Beamtenlisten, die bis wenigstens gegen die Mitte des V . Jahrhunderts hinaufgingen, waren im Tempel der Iuno Moneta auf dem Capitol noch in der Mitte des I. Jahrhunderts v. Chr. erhalten : Liv. IV 20, 8 Magistratuum libri, quos linteos in aede repostóos Monetae Macer Licinius citat (unter 326/428); 7, 12 nomina consilium horum (310/444) Licinius Macer auctor est . . . in linteis libris ad Monetae inventa·, 23, 2 Tubero et Macer libros linteos auctores profitentur (unter 320/434); 13, 7 nihil enim constat, nisi in libros linteos utroque anno (314/440. 315/439) relatum inter magistratus praefecti nomen (L. Minucius). Mommsen hat diese Zeugnisse verdächtigt und Licinius Macer als frechen Fälscher hingestellt (Chronol.2 S. 94) ; das gilt darum vielen als Dogma. Aber den Beweis ist er schuldig geblieben, vgl. Peter, Hist. Bom. rell. I 1 C C C X X X X . Ganz B e l o c h , R8m. Geschichte.

1

2

I ι.

Die Consularfasten.

im G e g e n t e i l ; ein Fälscher zitiert doch keine archivalischen Dokumente mit der A n g a b e , woher er sie g e nommen hat, so daß jeder ihn kontrollieren kann, w i e das Macer getan hat. Und er war dabei ehrlich g e n u g , auf den Widerspruch seines Berichts mit den ältesten A n n a l e n ausdrücklich hinzuweisen (Liv. IV 23, 3). W e n n Mommsen sagt, die ältere Republik habe weder Abdicationen w e g e n fehlerhafter W a h l , noch subrogierte Consulcollegien gekannt, w o v o n Liv. IV 7, 3 und Dionys. X I 62 hier erzählen, noch dazu mit „unverzeihlich erlogenen 1 ' Nebenumständen, so trifft das nicht Macer, sondern den Annalisten, der die A n g a b e n der Libri lintei, wonach Consuln, und der Annales prisci, w o n a c h Consulartribune in diesem Jahre im A m t e g e w e s e n wären, miteinander in Übereinstimmung bringen wollte, denn Macer hat in einem analogen Falle, 320, sich einfach darauf beschränkt, die A n g a b e n der scriptores antiqui g e g e n ü b e r dem Zeugnis der Libri lintei zu verwerfen (Liv. IV 23, 3), was zeigt, d a ß er richtige kritische Prinzipien hatte, und er wird also dasselbe auch 310 getan haben, wo es nicht ausdrücklich bezeugt ist, aber aus dem Zusammenhange hervorgeht. U n d nicht bloß Macer hat die Libri lintei im T e m p e l der Moneta benutzt, sondern auch Aelius Tubero. Soll der nun auch ein Fälscher g e w e s e n sein? Jedenfalls hat er nicht Macer abgeschrieben, sondern die Bücher selbst eingesehen, denn er g a b daraus die Namen der Consuln von 320 v o n Macer abweichend an. N a c h letzterem wären es C. Iulius und L. Verginius gewesen, nach T u b e r o M. Manlius und Q. Sulpicius; neuter tribunos militum eo anno fuisse traditum a scriptoribus antiquis dissimulât (Liv. IV 23, 2). Wahrscheinlich hat Tubero recht ; denn die beiden Namen, die er gibt, kehren als Consulartribune bei Diodor wieder, der also den scriptores antiqui gefolgt istMacer d a g e g e n gab die Namen der Consuln des Vorjahrs, ein Versehen daß ja bei einer Beamtenliste, die keine

I ι

§ ι.

Libri Lintei. —

Libri Magistratuum.

3

fortlaufenden Jahreszahlen hatte, sehr leicht war. A u c h anderen Leuten ist ähnliches passiert. So sagt Mommsens Schüler Pais (Rendiconti Lincei XVII, Heft ι , S. 47) Che se studiando le gesta dei consoli Decio e Fabio nel 30J a. C. (sic) e di Claudio e Volunnio per Vanno successivo verremmo al risultato che contengono una duplicazione di ciò che codesti consoli avrebbero da capo fatto nel 296 e 295, comprenderemo perchè Pisone non registrasse appunto i consolati del 307 e 306. Aber P. Decius und Q. Fabius sind 308 ν. Ch. Consuln gewesen, in einem Jahre, das Piso nicht beanstandet hat. Nur ist Pais viel weniger entschuldbar, denn er hatte nicht, wie Macer, eine alte Handschrift vor sich, sondern fand das Material schön geordnet im Corpus. Der Tempel der Iuno Moneta soll 410/344 eingeweiht worden sein (Liv. VII 28, 6). A u c h wenn das richtig ist, folgt daraus natürlich keineswegs, daß die Libri lintei nicht älter sind, wie sehr unbedachterweise behauptet worden ist. Sie können doch vorher an anderer Stelle aufbewahrt worden sein. W a r das ebenfalls auf dem Capitol, so erklärt sich, daß sie im sog. gallischen Brande nicht zugrunde gegangen sind. Es liegt also kein Anlaß vor, zu bezweifeln, daß sie bis gegen die Mitte des V. Jahrhunderts, wenn nicht in noch ältere Zeit, zurückgingen. Verzeichnisse der eponymen Beamten müssen jedenfalls schon damals geführt worden sein. Ist es richtig, daß der Praefectus Annonae L. Minucius darin verzeichnet war (Liv. IV 13, 7), so müßten sie die Namen aller Magistrate enthalten haben. Doch kann hier, da nicht wie sonst Licinius Macer als Gewährsmann angeführt wird, eine Verwechslung mit den Libri magistratuum (s. gleich unten) vorliegen. D a ß neben den Libri lintei noch andere Magistratsverzeichnisse vorhanden waren, würden wir annehmen müssen, auch wenn es nicht bezeugt wäre. Solche Libri magistratuum werden bei Livius unter den Jahren 310/444 (IV 7, 10) und 570/184 ( X X X I X 52) erwähnt. Sie gingen 1*

4

I ι.

Die Consiliari asten.

also ebenfalls bis zur Mitte des V. Jahrhunderts hinauf. Ob sie freilich für die ältere Zeit auf gleichzeitigen Aufzeichnungen beruhten, kann bezweifelt werden ; wenigstens gaben sie für 310 Consulartribune, statt, wie die Libri lintei, Consuln. Sie waren also jedenfalls von diesen verschieden. Hier waren, wie ja schon der Name sagt, alle Magistrate verzeichnet, auch die Volkstribune (Liv. XXXIX 52). W o sie aufbewahrt waren, wird nicht angegeben und ebensowenig ein Annalist als Gewährsmann angeführt; es handelt sich also hier offenbar nicht um archivalische Documente, sondern um eine Publikation für den Handgebrauch, wie aus dem zweiten Citat bei Livius hervorgeht, frühestens aus der Mitte des II. Jahrhunderts. 2. Die uns erhaltenen Listen der eponymen Beamten stammen bekanntlich alle erst aus der zweiten Hälfte des I. Jahrhunderts v. Chr. Davon stimmen die bei Livius und in den Capitolinischen Fasten, soweit diese im Original oder in den abgeleiteten Quellen erhalten sind, bis 490/264 durchaus überein, abgesehen von Schreibfehlern und aus Versehen ausgefallenen Namen. Es finden sich nur folgende Abweichungen: Fasten 310 [T. Cloelius] Siculus

Livius T. Caecilius (offenbar verschrieben)

320 [Ser. Cornelius] Cossus

Q. Sulpicius (nach Tubero, s. unten)

351 M. Furius Fusus

M. Postumius, außerdem zwei N a men, die in den Fasten als Censoren verzeichnet sind.

Unter 374 geben die Fasten neun Namen, von denen bei Livius nur sechs stehen, während ein siebenter als Censor gegeben wird (s. unten I 3 § 1). Ferner fehlen 276. 294. 449. 455 bei Livius die SufFecti, die in den Fasten verzeichnet stehen, und umgekehrt 296 und 361 j e einer der zuerst gewählten Consuln, an dessen Stelle der Suffectus gegeben wird. Endlich sind, wie bekannt, die vier Dictatorenjahre bei Livius übergangen.

I ι § 2.

Die erhaltenen Listen. — § 3.

Die Fasten Diodors.

5

Ebenso stimmt die Liste bei Dionysios, soweit diese erhalten ist (bis 311/443) mit Livius und den Capitolinischen Fasten überein. Die Abweichungen sind, von leichteren Schreibfehlern abgesehen: Livius 291/463 L. Aebutius (Chron. v. 354 ebenso) 3 0 1 / 4 5 3 P. Curatius (Cassiod. und Fast. Cap. Curiatius) 303/451 P. Curiatius (Decemvir) 309/445 P. Curatius (Fast. Hyd. und Chron. Pasch. Curtius) 310/444 T. Caecilius (Chron. v. 354 [T. Cloelius] Siculus)

Dionysios I X 67 L. Fabius, X 7 L. Aebutius P. Horatius, Saff. Sp. Furius P. Horatius C. Quinctilius T. Cluilius Siculus

T. Caecilius bei Livius ist ohne Zweifel ein Schreibfehler (oben S. 4). Der Vorname Lucius kommt sonst im fabischen Hause nicht vor; die einzige Ausnahme würde L. Fabius sein, der 552/202 Offizier in Scipios Heer war (Polyb. XV1,3, Liv. XXX 25,2), wenn der Name richtig überliefert ist. Bei Dionysios ist er offenbar aus L. Aebutius verschrieben, das die Parallelstelle bietet. Die einzige Abweichung betrifft also den Namen P. Curiatius (Curatius, Curtius), an dessen Stelle bei Dionysios zweimal P. Horatius, einmal C. Quinctilius steht. Da auch Diodor unter 301 (Curiatius) Trigeminus, unter 309 Curtius hat (der Name des Decemvir ist bei ihm ausgefallen), liegt wahrscheinlich Korrektur der Überlieferung seitens des Annalisten vor, dem Dionysios gefolgt ist. 3. Stärkere Abweichungen von den übrigen Listen zeigen bekanntlich die Fasten Diodors. Er hat zwei eponyme Collégien, die sonst überall fehlen (zwischen 296 und 297, 326 und 327, außerdem sind die fünf Collégien 360—364 wiederholt. Dafür fehlen die Collégien von 2 2 7 · 33 1 · 332· 333· 335· 387, ebenso die Dictatorenjahre, für die Anarchie wird nur ein Jahr angesetzt. Das Collegium von 334 wird zwischen 326 und 327, das von 406

6

I ι.

zwischen

Die Consiliari as ten.

409 u n d 410

Consulartribune

gestellt.

weicht D i o d o r

Auch

in

der Z a h l

vielfach v o n Livius und

den C a p i t o l i n i s c h e n F a s t e n a b (s. u n t e n III 3 § 3). Namen

der Magistrate

sind

durch

die

Schuld

schreiber oft entstellt; so stehen, v o n leichteren abgesehen:

(Namen,

Handschriften lasse ich

stehen

die bei D i o d o r nur in und

der

offensichtlich

Die

der A b Fehlern

schlechteren

verderbt

sind,

unberücksichtigt) bei Diodor

77/477 Τίτος Μινοΰνιος 281/473 Λεύκιος Στσυδιος "Ιοϋλλος 2

285/469 303/451 345/4°9 374/380 376/378

Τίτος Μινούκιος Τίτος Μινοΰκιος Γνάιος Πομπήιος Γάιος Τερέντιος Λεΰκιος Λικίνιος

402/352 418/336 431/323 435/319

Μάρκος Γάιος Καίσων Ούαλέριος Γάιος Αΐλιος Κόιντος Αΐλιος

bei Livius

und den Capii. Fasten

T. Menenius Vopiscus Iulius lulus (Fast. Capit. nach Liv. in quibusdam annalibus) T. Numicius Priscus T. Genucius (X vir) Cn. Cornelius Cossus C. Sergius (s. unten I 3 § ι) Licinius (1. Licinus) Menenius (Fast, nicht erhalten) C. Marcius Rutilus Caeso Duilius Q. Aemilius (Q. Aulius) Cerretanus Q. Aulius Cerretanus.

Dagegen hat Diodor Livius gegenüber (die Fasten sind hier nicht erhalten) das Richtige 337/417 Σπόριος Οΰετοϋριος Τ ο υ ί λιος

Sp. Rutilius Crassus (1. Sp. Veturius Rutilus Crassus).

E s b l e i b e n also f o l g e n d e D i v e r g e n z e n (von den V o r namen

abgesehen): bei Diodor

bei Livius

276/478 Γάιος ΚορνήλιοςΛεντοΰλος 281/473 Λεύκιος Στούδιος Ίοΰλλος

C. Servilius Opiter Verginius (Fast. Capit. Vopiscus lulius Iulus) Q. Minucius Sp. Oppius Cornicen (X vir) T. Verginius Caelimontanus

297/457 304/45° 306/448 λιος) 310/444 35ΐ/4°3

Λεύκιος Ποστοΰμιος Σπόριος Ούετούριος Τίτος Στερτίνιος (1. ΣερουίΣτρούκτων Τίτος Κόιντος Μάρκος Φούριος

T. Caecilius (1. Cluilius) M. Postumius (Fast. Capit. M. Furius Fusus)

Ii

§ 3.

Die Fasten Diodors.

bei Diodor 365/589 Λεύκιος Παπίριος Μάρκος Φούριος Οΰαλέριος 367/387 Λεύκιος Κοΐνκτιος Λεύκιος Κορνήλιος Αΰλος Μάλλιος 375/379 Γάιος 'Ερενούκιος Πόπλιος Τριβώνιος 377/377 Γάιος Ούεργίνιος Γάιος Κορνήλιος 4°5/349 Μάρκος Αιμίλιος Τίτος Κοΐντιος 4 Ι 7 / 3 3 7 Λεύκιος Παπίριος 426/328 Αΰλος Ποστοΰμιος

7

bei Livius L. Aemilius Α. Valerius Publicóla L. Aemilius Licinius (1. Licinus) Menenius (ausgefallen) fehlt fehlt C. Veturius C. Quinctius Cincinnatus L. Furius Camillus Ap. Claudius Crassus P. Aelius Paetus P. Plautius Proculus

Das sind, während des ganzen Zeitraumes von 268/486, wo Diodors Fasten für uns beginnen, bis 452/302, also in 185 Jahren, mit bei Livius rund 520 Namen, 17 abweichende Namen, also ein ganz verschwindender Prozentsatz, etwa 3 %. Diodor hat zwei Collégien mehr, sechs weniger (s. oben), unter im ganzen, die Anarchie und die drei ersten Dictatorenjahre abgerechnet, 177 Collégien in den Capitolinischen Fasten ; 1 7 1 oder 97 % sind ihnen also gemeinsam. Von den 46 mehrstelligen Collégien, die Diodor mit den Capitolinischen Fasten und Livius gemein hat, haben nur 13 eine abweichende Zahl von Namen, wenn wir von den offenbar durch Schuld der Abschreiber bei Diodor und Livius ausgefallenen Namen absehen; die große Mehrzahl, 7 0 % , stimmt also auch hier überein. Die Namen selbst sind, mit verschwindenden Ausnahmen, die gleichen, und werden fast durchweg in derselben Folge gegeben. Die Fasten, die Diodor vor sich hatte, stimmten also mit den übrigen Listen bis auf Kleinigkeiten überein, und gehen folglich mit diesen auf eine gemeinsame Quelle zurück. Auch in unserer sonstigen Überlieferung finden sich nur sehr wenige Abweichungen. Die Fasten müssen also, im wesentlichen, so wie sie auf uns gekommen sind,

8

I ι.

Die Consiliari asten.

schon zur Zeit der ersten Annalisten vorhanden gewesen sein. Das folgt ja auch daraus, daß die Annalistik die Fasten zugrunde legt und aus ihnen herausgewachsen ist. Mommsen meinte bekanntlich, daß Diodor einen Auszug aus Fabius gäbe, seine Fasten also mehr Vertrauen verdienten, als die übrigen Listen. Das spukt noch immer in manchen Köpfen. Aber der Annalist, dem Diodor folgt, hat erst in sullanischer Zeit geschrieben (unten I 6 § 9), auch hat Diodor seine Fasten nicht diesem Annalisten entnommen, sondern einem griechischen Chronographen (unten I 6 § 1—4). Auch kann ja ein späterer Annalist, der wie Licinius Macer und Aelius Tubero auf die Urkunden zurückging, bessere Fasten gegeben haben, als ein älterer, der der Vulgata folgte. Für 310/344 läßt sich das noch nachweisen (unten III 3 § 2). Nun hat Diodor allerdings an mehreren Stellen die bessere Überlieferung bewahrt; so gibt er 297. 304. 337. 426 patricische Namen statt der plebejischen bei Livius und (297. 426) in den Fasten. C. Terentius, was 374 bei Diodor statt C. Sergius steht, mag Schreibfehler sein; aber 375 hat er zwei offenbar interpolierte plebejische Namen, die in den übrigen Listen fehlen. Und wenn er seit 360 eine Anzahl drei- bzw. vierstelliger Collégien statt sechsstelliger gibt, so ist es viel wahrscheinlicher, daß bei Diodor Namen ausgefallen oder weggelassen sind, als daß bei Livius und in den Capitolinischen Fasten eine systematische Interpolation vorliegen sollte (unten III 3 § 4). Von den beiden Consulaten, die Diodor mehr hat als die Vulgata, ist das erste (XII 3), L. Quinctius Cincinatus und M. Fabius Vibulanus, zwischen 297 und 298 offenbar eingeschoben, um den Helden der Aequerkriege in die Liste zu bringen, wie die Capitolinischen Fasten und Dionysios ihn aus demselben Grunde 294 zum Suffectus gemacht haben. Mommsen meinte allerdings umgekehrt, das Jahr sei in den übrigen Rezensionen ge-

I ι § 3·

Die Fasten Diodors.

9

strichen worden, weil der Consul M. Fabius dieses Jahres nicht der S o h n des Q. Fabius, C o s . 287. 289. 295 gewesen sein könne, des einzigen Fabiers, der nach der S a g e die Niederlage am Cremerà überlebt hätte (Rom. F. II 260) ; aber dieser Widerspruch hätte sich doch in sehr viel weniger gewaltsamer W e i s e beseitigen lassen, wenn man einfach den Vornamen in Q. änderte. Und selbst wenn wir das Consulat streichen, ist der Stammbaum noch keineswegs in O r d n u n g (s. unten § 21, Mommsen S. 260). Diese A n n a h m e scheint also w e n i g wahrscheinlich. In dem zweiten Consulat, das Diodor mehr hat (XI 77), zwischen 326 und 327, tritt neben A . Sempronius wieder ein L. Quinctius auf, der nur L . Quinctius L. f. L. n. Cincinnatus sein kann, der S o h n des Dictators, Consulartribun 316. 329, Magister equitum angeblich 317; die beiden Consuln sind also offenbar gleichzeitig eingeschoben. A u c h an und für sich ist es j a sehr viel wahrscheinlicher, daß Consulate interpoliert, als daß sie gestrichen werden; für letzteres gibt es, wenn ich recht sehe, nur ein Beispiel, die Consulate von 447 und 448 b e i Piso (unten § 13). B e i den übrigen Divergenzen haben wir kein Mittel in der Hand, zu entscheiden, wer das richtige gibt. D i e S a c h e liegt demnach so, d a ß weder Diodor, noch Livius, noch die Capitolinischen Fasten die Redaktion, die ihnen allen in letzter Linie zugrunde liegt, in voller Reinheit bewahrt haben, wir also darauf angewiesen sind, v o n Fall zu Fall z u entscheiden, oder auch ein non liquet auszusprechen. 2. Der älteste Teil der Liste. 4. A b e r schon diese älteste für uns nachweisbare Fastenrecension war keineswegs frei von Interpolationen. Vor allem in dem ältesten Teile, denn natürlich war die Überlieferung um so lückenhafter und unzuverlässiger, j e höher sie hinaufging. S o sollen im ersten Jahre der

IO

I ι.

Die Consiliari asten.

Republik, nach unserer ältesten Quelle, L. Iunius Brutus und M. Horatius Consuln gewesen sein (Polyb. III 22, 1), also der legendarische Befreier Roms und der Mann, dem man die Einweihung des Capitolinischen Tempels zuschrieb, was, wie man glaubte, gleich nach der Vertreibung der Könige geschehen wäre. Die späteren Annalisten haben dann auch die anderen Helden der Revolution in diesem Jahre das Consulat bekleiden lassen, zunächst, neben Brutus, L. Tarquinius Collatinus, dann, nach Tarquinius' Abdankung, an dessen Stelle P. Valerius Publicóla, weiter, nach Brutus' Tode, M. Horatius; zwischen diese beiden wurde endlich noch Sp. Lucretius eingeschoben, der aber schon alt gewesen sei und sehr bald gestorben wäre. So hatte man also gleich im ersten Jahre fünf Consuln, was später, bis auf die Kaiserzeit, nicht wieder vorgekommen ist. Andere, denen das zu viel war, verteilten diese Consuln auf drei Jahre, so daß im ersten Brutus und Collatinus, im zweiten Valerius und Lucretius, im dritten Valerius und Horatius das Consulat bekleidet hätten. In die uns erhaltenen Fasten haben beide Versionen Aufnahme gefunden, wobei dann der Consul Lucretius des zweiten Jahres den Vornamen Titus erhielt, da ja Spurius, der Vater der Lucretia, im Laufe des ersten Jahres gestorben sein sollte. Es ist klar, daß hier keine urkundliche Überlieferung vorliegt, oder doch höchstens für M. Horatius, der einsam unter den Gestalten der Sage steht, in der er keine Stelle hatte, und nur in einem späteren Bericht eine unbedeutende Nebenrolle spielt (Dionys. IV 85, 3). 5. Wie Iunius Brutus einen plebejischen Namen hat, so finden sich in den Fasten der 21 Jahre von 248/506 bis 268—486 noch sechs andere plebejische Gentilnamen mit zusammen zwölf Consulaten, also fast 1 ¡ 3 aller Consuln dieser Zeit. Es sind folgende:

I ι § 4245/509 252/502 253/501 254/506 257/497 261/493

Die Fasten der ersten Jahre. — § 5.

L. Iunius Brutus Sp. Cassius Postumus Cominius M. Tullius M. Minucius Sp. Cassius

Plebej. Namen.

II

262/492 P. Minucius 263/491 M. Minucius 267/487 T. Sicinius (bei Dionysios Siccius) C. Aquillius 268/486 Sp. Cassius

Postumus Cominius

Daß alle diese Consuln später erloschenen oder durch transitio ad plebem aus dem Patriciat ausgetretenen patricischen Zweigen dieser Geschlechter angehört haben sollten, ist schon an sich höchst unwahrscheinlich. Daß es nicht der Fall gewesen ist, ergibt sich zur Evidenz daraus, daß in den Fasten der nächsten 36 Jahre, 267/487 bis 302/462 nur vier Consuln aus zwei plebejischen Geschlechtern sich finden, von denen drei sicher interpoliert sind, und in dem halben Jahrhundert nach dem Decemvirate (305/449—353/401), von offenbaren Schreibfehlern und Interpolationen abgesehen, nur ein einziger (M. Genucius, 445/309). Dazu kommt dann weiter, daß von den 35 patricischen Consuln ( 1 1 haben plebejische Namen) der 23 Jahre 246/508—268/486 (das erste Jahr der Republik, 245/509, wie billig ausgeschlossen) nur sechs Tribusgeschlechtern angehören, und zwar zwei der Veturia, je einer der Claudia, Horatia, Menenia und Servilla, die ein Zweig der Sergia war; 29 waren aus anderen Geschlechtem. Die Aemilia, Cornelia, Fabia fehlen vollständig. Und doch ist klar, daß die Geschlechter, nach denen später die Landtribus benannt worden sind, zu den angesehensten gehört haben müssen. In der unmittelbar folgenden Periode bis zum Decemvirat (269/445—302/452) finden sich denn auch 33 Consuln aus den Tribusgeschlechtern gegen 30 aus allen übrigen patricischen Häusern, und fünf plebejische Namen (die Aternier und Tarpejer eingerechnet), und noch 388/366—453/301 sind unter 72 patricischen Consuln 34 aus Tribusgeschlechtern, also

12

I ι.

Die Consularfästen.

etwa die Hälfte. Es wird dadurch sehr unwahrscheinlich, daß von 508—486 v. Chr· nur 1/e, oder, die plebejischen Namen eingerechnet, etwa 1/8 aller Consuln den Tribusgeschlechtern angehört haben sollten, und es ist schon darum so gut wie gewiß, daß die Liste dieser Jahre in der Hauptsache interpoliert ist. 6. Die Bestätigung gibt ein Blick auf die einzelnen Namen. Die Cassier sind erst 583/171 zum Consulat gelangt; sie betrachteten sich allerdings als Nachkommen des angeblichen Consuls von 252. 261. 268 und das mag richtig sein. Dieser aber hat in Wirklichkeit erst im IV. Jahrhundert gelebt, denn das von ihm mit den Latinern geschlossene Bündnis gehört in diese Zeit, und erst als dies an den Anfang der Republik, nach der Schlacht am Regillus hinaufgerückt wurde, mußte natürlich auch dessen Urheber um die W e n d e des VI. Jahrhunderts gesetzt werden (s. unten IV 1 § 6). E n g verbunden mit Sp. Cassius erscheint Postumus Cominius. In seinem zweiten Consulate soll er dessen College gewesen sein, in seinem ersten Consulate Sp. Cassius die Würde eines Magister equitum bekleidet haben. Seitdem ist kein Cominius mehr zum Consulate gelangt; wohl aber erscheint ein Mitglied des Geschlechts als Consulartribun 382/372 während der sog. Anarchie (Chron. v. 354), ein anderer in der Zeit der Samnitenkriege als Volkstribun (Val. Max. VI 1, 11 und Dionys. X V I 4) ; dieses Geschlecht war also plebejisch. Der Consul Postumus Cominius soll den Saturntempel dediciert haben, aber nicht in einem seiner Consulate, sondern 257/497 κατά ψήφισμα βουλής (Dionys. VI ι) also als Duumvir aedi dedicandae. Nach andrer A n g a b e freilich fällt die Erbauung des Tempels viel später: nec mefugit, sagtMacrob. I 8, I, Gellium scribere (fr. 24 Peter), senatum decrease, ut aedes Saturni fieret eiqiie rei L. Furtum tribunum militum praefuisse. Gemeint sein kann nur einer der drei L. Furii Medullini, die zwischen 322/432 und 384/370 das Consu-

I ι

§ 6.

Interpolierte Namen.

13

lartribunat zu wiederholten Malen bekleidet haben, wahrscheinlich der letzte (373/381. 384/370), der später 391/363 Consul gewesen ist, denn der Bau wird doch wohl erst nach der gallischen Katastrophe fallen. Und es bedarf kaum der Bemerkung, daß Gellius' Angabe vor der Vulgata bei Varrò, Livius und Dionysios den Vorzug verdient, nicht nur weil sie die ältere ist, sondern vor allem, weil unsere Überlieferung sehr oft Ereignisse aus viel späterer Zeit an den Anfang der Republik oder in die Königszeit rückt. Wenn also Postumus Cominius die Weihe vollzogen hat, muß er am Ende des V. oder in der ersten Hälfte des IV. Jahrhunderts gelebt haben; wer aber die Erbauung des Tempels an den Anfang des V. Jahrhunderts setzte, war gezwungen, ihn dahin hinaufzurücken. Weiteres unten I 4 § 5. Daß es patricische Minucier nicht gegeben hat, wird unten gezeigt werden (§ 7) ; der M. Minucius, der 257 und 263 Consul gewesen sein soll, ist also interpoliert. Das Consulat des C. Aquillius und T. Siccius (oder Sicinius) 267/487 ist schon Mommsen bedenklich vorgekommen. Ein Aquillius findet sich in den Fasten erst wieder 366/388 als Consulartribun (wahrscheinlich interpoliert), 495/259 als Consul und zwar als Plebejer, als Patricier erscheinen die Aquillier nur in der Geschichte des Brutus (Liv. II 4—5, Plut. Pubi. 3—7). Die Siccier und Sicinier sind niemals mehr zum Consulate gelangt, sollen aber als Vorkämpfer der Plebs gegen die Patricier eine hervorragende Rolle gespielt haben; C. Sicinius wird unter den ersten Volkstribunen geypannt, die überhaupt gewählt worden wären (Diod. XI 68, 8) und L. Siccius Dentatus, der „römische Achill" (Gell. II xi, Festus S. 192 M.) soll ebenfalls Volkstribun gewesen sein (Dionys. X 49, Liv. VII 101). Der Consul von 254/500 heißt bei Liv. II 19 M. Manlius Tullus; das ist aber ohne Zweifel nur Schreibfehler, da Cassiodor bei Livius M. Tullius gelesen hat, der Consul bei Dionys. V 52 M. Tullius Longus heißt, und der-

14

I ι.

Die Consiliari asten.

selbe Name in den Capitolinischen Fasten gestanden hat, denn in den daraus abgeleiteten Listen der Chronographen, die nur das Cognomen geben, steht Longus. Sonst findet sich ein Tullius, von dem aus Iulius verschriebenen Consul von 272/482 bei Liv. II 43 (Cassiodor hat auch hier das richtige) abgesehen, in den Fasten erst wieder in 673/81; diese späteren Tullii Deculae waren Plebejer. O b die Sempronii Atratini der letzten republikanischen Zeit Patricier waren, ist sehr zweifelhaft (Mommsen, Rom. Forsch. 1109) ; die Atratini der älteren Zeit scheinen es allerdings gewesen zu sein, s. unten III 3 § 2 und sie erscheinen denn auch bei Dionys. X 41,5. 42,3 als Vorkämpfer des Patriciats. Da sie aber erst nach dem Decemvirat in den Fasten wieder auftreten, auch A. Sempronius Atratinus in seinen beiden Consulaten 257 und 263 M. Minucius Augurinus zum Collegen hatte, ist er höchst wahrscheinlich zugleich mit diesem interpoliert worden. Denn sonst kommt die gleichzeitige Iteration beider Consuln in dieser Zeit nur noch 245 = 247 (P. Valerius Poplicola und M. Horatius) und 246 = 250 (P. Valerius Poplicola und T . Lucretius) vor; und die Fasten der beiden ersten Jahre der Republik sind sicher apokryph (s. oben). Auch später findet sich bis zur Wiederherstellung des Consulats in 388/366 nur ein Beispiel: 319 und 320 sollen nach Licinius Macer L. Verginius und C. Iulius Consuln gewesen sein; aber nach Valerius Antias und Q. Tubero hätten vielmehr M. Manlius und Q. Sulpicius 320 das Consulat bekleidet, und daneben steht eine andere Tradition, bei den scriptores antiqui (Liv. IV 53), Diodor XII 23 und den Capitolinischen Fasten (Chron. 354, Hydat. Chron. Pasch.), wonach in diesem Jahre nicht Consuln, sondern Consulartribune im Amte gewesen wären und zwar M. Manlius, Q. Sulpicius Camerinus Praetextus, Ser. Cornelius Cossus. Da nun die Continuierung des Consulats in der älteren Zeit ganz unerhört ist, so kann kein Zweifel sein, daß die A n -

I ι § 6.

Interpolierte Namen. — Unverdächtige Namen.

15

gäbe des Licinius auf einem Versehen beruht (vergleiche oben § 1). Gegen die übrigen Namen in den Fasten bis 268/486 ist nichts einzuwenden. Die Larcier (vier Consulate, 248. 2 53· 256. 264) kommen später in den Fasten und auch sonst nicht mehr vor, die Cloelii (256), Geganii (262), Hermenii (248), Menenii (251), Sempronii Atratini (257. 263), Vergimi (252. 258. 260. 268) erscheinen nicht mehr in den Fasten nach 387/367; sie können also nicht aus Familientradition in die Fasten gekommen sein, und es wird dadurch sehr unwahrscheinlich, daß sie interpoliert sein sollten. Auch kehren alle sicher patricischen Namen in den Fasten von 248/506—268/486 in den Fasten der folgenden Jahre bis zum Decernvirat wieder, mit Ausnahme der Cloelii, Larcii und Sulpicii. Das beweist natürlich noch nicht, daß alle diese Consulate authentisch sind; es ist möglich, daß der eine oder andere Name in die Liste eingeschoben worden ist, aber es ist doch sehr wahrscheinlich, daß die Fasten der beiden ersten Jahrzehnte der Republik zwar stark interpoliert, aber in ihrem Kern echt sind. 3. Die Fasten von 269/485 bis zum Decemvirati.

7. Sehr viel besser überliefert sind die Fasten der folgenden Periode, bis zum Decemvirat, 269/485—302/452. Von den plebejischen Namen, die sich vereinzelt auch hier finden, beruht P. Sextius 302/452 bei Liv. III 32 nur auf einen Schreibfehler, denn überall sonst steht P. Sestius, auch in Cassiodors Auszug aus Livius selbst, und in den griechischen Quellen, die Σήστιος geben, so daß eine Verschreibung ausgeschlossen ist. Nur bei Dionysios haben einige Handschriften CIKKIOC, was offenbar aus CHCTIOC korrumpiert ist (HC zu IK verlesen). Es war also sehr unbedacht, wenn neuere in diesem Consul und späteren Decemvir ein Duplikat des ersten plebejischen

ι6

I ι.

Die Consulaxfastea.

Consuls L. Sextius gesehen haben, schon darum, weil die Quantität eine andere ist. Ebenso ist bei Livius P. Curatius aus P. Curiatius (301/453) verschrieben, was bei Cassiodor und in den Capitolinischen Fasten steht, dasselbe muß bei Diod. VII 7 gestanden haben, wo nur das Cognomen Τριγέμ,ινος erhalten ist. Dionys. X 53 hat P. Horatius. Statt C. Tullius (272/482), wie in unseren Handschriften bei Liv. II 43 steht, hat Cassiodor C. Iulius gelesen, auch Dionys. VIII 90 hat C. Iulius Iulius, und derselbe Name hat in den Capitolinischen Fasten gestanden, da der Chronograph von 354 das Cognomen in Pelos korrumpiert hat. Der Name muß also bei Livius verschrieben sein. Übrigens fehlt das Consulat bei Diodor, und steht also nicht unbedingt sicher. Abgesehen von diesen Verschreibungen kommen in den Fasten dieser Zeit nur zwei sicher plebejische Geschlechter vor, die Minucier und Volumnier. D a ß es damals einen patricischen Z w e i g der Minucier gegeben haben sollte, ist sehr unwahrscheinlich, weil unter den rund 300 Consuln und Consulartribunen in der Zeit von 310/444—387/367 kein Mitglied des Geschlechts sich findet, und Plebejer auch zum Consulartribunat nicht wählbar waren, oder doch nur ganz ausnahmsweise dazu gelangt sind (s. unten III 3 § 2). A l s Consul erscheint ein Minucier erst wieder 449/305, und zwar mit einem patricischen Collegen, er war also Plebejer, ebenso alle Minucier, die später zum Consulat gelangt sind (221. 197. 193. 110 v. Chr.). Nach minucischer Familienüberlieferung wäre ein L. Minucius aus dem Patriciat ausgetreten und hätte zur Zeit der Maeliana caedes das Volkstribunat bekleidet (Liv. IV 16, vgl. Plin. NH. XVIII 15); aber eine transitio ad plebem in so früher Zeit ist doch höchst unwahrscheinlich und offenbar erfunden um zu erklären, wie die Minucier schon im V. Jahrhundert zum Consulat gelangt sein konnten. Von den vier Con-

I ι § 7·

17

Verschriebene Namen. — Die Gens Minucia.

sulaten, die von 277—297 erwähnt werden, beruhen zwei nur auf falscher Lesung: 277/487 geben die schlechten Handschriften bei Diodor Τίτος Μινύκιος, die besseren Τίτος Mtvotîvioç, was aus T . Menenius korrumpiert ist, wie alle übrigen Listen haben; ebenso ist 285/469 bei Diodor T . Minucius aus T . Numicius verschrieben. Der Name des Consuls von 297/457, der sonst überall Q. Minucius heißt, war nach Diodor vielmehr L. Postumius, und das ist offenbar richtig; der Plebejer ist anstelle des Patriciers interpoliert worden. Livius weiß denn auch von diesem Q. Minucius nichts anderes zu erzählen als daß er contra Sabinos profectus non invenit hostem (III 30, 8) ; ebenso, nur mit etwas mehr Worten, Dionys. X 30. Der Consul L. Minucius 296/458, der nach Liv. III 29, 3 und Dionys. X 25 infolge seiner Niederlage auf dem Algidus von seinem Amte zurückgetreten wäre, war nach den Capitolinischen Fasten Consul suffectus; von dem Namen des Consuls, an dessen Stelle er getreten war, ist nur das Cognomen Carven[tanus] erhalten. Nach Diodor hätte vielmehr L. Minucius selbst dieses Cognomen geführt (Καρουτιανός), während die Fasten Augurinus geben, was freilich ein Anachronismus ist, da die Minucier diesen Beinamen erst angenommen haben, seit M. Minucius Faesus zum Augurn erwählt worden war, als einer der ersten fünf Plebejer, die infolge des Ogulnischen Gesetzes 454/300 (vielmehr 458/296, s. unten IV 2 § 8) zu dem Amte gelangt sind (Mommsen, Rom. Forsch. I 65). Offenbar sind in den Capitolinischen Fasten zwei verschiedene Versionen über die Fasten dieses Jahres kontaminiert. Auch hier ist ohne Zweifel, wie im folgenden Jahre, ein Minucier anstelle eines Patriciers eingeschwärzt worden. Der angebliche Consul von 296, L. Minucius erscheint dann in der Liste der zweiten Decemvirn, offenbar als Patricier, da die beiden vollständig erhaltenen Listen, bei Livius und Dionysios, noch fünf ändere plebejische Namen geben. Doch ist diese Liste gefälscht (s. unten III 2 § 3). Β e 1 o c h, B3m. Geschichte.

2

ι8

I ι.

Die Consularfasten.

Jedenfalls kann dieser angebliche Decemvir nicht identisch sein mit dem L. Minucius, der in den Libri lintei als Praefectus Annonae in 314/440 und dem folgenden Jahre verzeichnet stand (Liv.IV 13, 7, vgl. Plin. NE. XVIII 15), denn die zweiten Decemvirn sollen sämtlich verurteilt worden sein (Liv. III 58, 10). Die Praefectura Annonae wird in unserer Überlieferung, als außerordentliches Amt, zuerst im Jahre 650/104 erwähnt (Cic. de harusp. resp. 20, 43) ; aber daraus folgt natürlich keineswegs, daß nicht schon in viel früherer Zeit, wenn eine schwere Teuerung eintrat, ein solcher Kommissar für das Getreidewesen bestellt worden sein kann. Und offenbar war doch ein plebejischer Kaufmann zu einem solchen Amte weit geeigneter, als ein patricischer Grundbesitzer, der an hohen Getreidepreisen Interesse hatte. Der Pontifex maximus, der die propter cultum amoeniorem wegen Incest angeklagte Vestalin Postumia freigesprochen haben soll, heißt bei Plut. υ. Nutzen der Feinde 6 S. 89 Sp. Minucius. Livius, der die Geschichte unter 334/420 erzählt (IV 44, 11) läßt ihn namenlos, es fragt sich also, was die A n g a b e bei Plutarch wert ist. Auch ist ja klar, daß über die näheren Umstände eines solchen Prozesses aus dem V . Jahrhundert sich keine glaubwürdige Überlieferung erhalten haben kann, um so mehr, als keine Verurteilung erfolgt sein soll. In 417/337 wäre nach Liv. VIII 15, 7 eine Vestalin Minucia propter mundiorem iusto cultum verurteilt worden; der Name des Pontifex wird bei Livius auch hier nicht genannt. D a ß plebejische Mädchen schon damals zu diesem Priestertum Zutritt gehabt haben sollten, ist ja kaum wahrscheinlich, wohl aber sieht die Geschichte ganz aus wie eine andere Version der Erzählung von Postumia. Und auch wenn die beiden Incestprozesse historisch sein sollten, so haben wir doch nicht die geringste Gewähr dafür, daß sie bei Livius unter dem richtigen Jahre eingesetzt sind. Jedenfalls geben diese Erzählungen keinen Be-

I ι § 7·

Die Gens Minucia. — § 8.

Sp. Tarpeius u. Q. Aternius.

I g

weis für die Existenz eines patricischen Zweiges der Minucier. Ein Volumnius kehrt erst 447/307, oder, wenn dies Consulat interpoliert sein sollte, 458/296 in den Fasten wieder, und zwar als Plebejer, da er Ap. Claudius zum Collegen hat. D a ß es im V. Jahrhundert einen patricischen Z w e i g des Geschlechtes g e g e b e n hätte, ist möglich, wird aber nicht dadurch bewiesen, daß Coriolans Gattin Volumnia geheißen haben soll. Es ist ebenso möglich, daß der Name P. Volumnius in dem Collegium von 293/461 einen patricischen Namen verdrängt hat. 8. „ B e i dem Consulat von 300/454 fällt nicht bloß auf, daß es zwei sonst überhaupt so gut wie unbekannte Geschlechter, die Aternier und die Tarpejer, in die Fasten einführt, sondern auch, daß diese beiden Consuln der Überlieferung zufolge (Liv. III 65) fünf Jahre nachher von den Volkstribunen cooptiert sein sollen" (Mommsen, Rom. Forsch. 1112). Sie sollen in ihrem Consulat ein Gesetz über die Multen gegeben haben, worin diese in Häuptern Vieh, Rindern und Schafen normiert waren (Cic. Rep. II 35, 60, Dionys. X 50). Nach Festus, S. 237 M. peculatus wäre das dagegen durch die Consuln T . Menenius Lanatus und P. Sestius geschehen, die nach den Fasten zwei Jahre später im Amte gewesen sind (302/452) ; quae pecudes, postquam aere signato uti coepit p. R., Tarpeia lege cautum est, ut bos centussibus, ovis decussibus aestimaretur. Da diese A n g a b e auf antiquarischer Forschung beruht, ist sie wahrscheinlich richtig; das „ G e s e t z " würde dann erst ins IV. Jahrhundert gehören, und seine Urheber Sp. Tarpeius und A . Aternius wären Volkstribune gewesen, was ja mit der A n g a b e bei Liv. III 65 übereinstimmt. Natürlich könnte es sich dann nur um die Multen handeln, die von den Tribunen verhängt wurden. Eine solche Umsetzung der Viehbußen in Geld lag ja gerade für die Volkstribune besonders nahe, solange ihre Kompetenz auf die städtischen Tribus beschränkt war (s. unten III 4 § 7), da die zu 2*

20

I ι.

Die Consularfasten.

diesen gehörigen Bürger außer Häusern und Gärten kein Grundeigentum hatten, und also auch keinen Viehstand. Das Consulat des Tarpeius und Aternius 300/454 würde also interpoliert sein, was damit zusammenhängen würde, daß man ihnen die Lex Menenia Sestia zuschrieb. Bei Dionysios X 53 findet sich unter dem folgenden Jahre ein Suffectus Sp. Furius erwähnt; er könnte einer der Consuln sein, die durch Aternius und Tarpeius von ihrer Stelle verdrängt worden sind. Auch die Numicii kommen in den Fasten nur einmal vor (T. N. Priscus 285), während Ti. Numicius 434/320 als Volkstribun erwähnt wird (Cic. Off. III 30, 109), also in einer Zeit, aus der deren Listen ohne Zweifel erhalten waren. Danach würde auch dieses Geschlecht plebejisch gewesen, und der Name interpoliert sein. Bei Diodor steht Minucius. Doch ist das offenbar Schreibfehler (s. oben S. 17). Von den Geschlechtern mit sicher patricischen Namen in den Fasten dieser Zeit tritt mehr als die Hälfte schon in der vorhergehenden Periode auf, nur die Cloelii, Larcii, Sulpicii kehren nicht wieder. Hinzu treten die Aemilii, Cornelii, Fabii, Manlii, Quinctii und vier andere, die hier nur einmal vorkommen. Von den letzteren kehren die Romilii nur noch in der Liste der ersten Decemvirn wieder, die Curiatii und Sestii in dieser Liste, und 309/445 bzw. unter Augustus. Alle übrigen 20 Geschlechter finden sich in den Fasten der Zeit vom Decemvirat bis zum ersten plebejischen Consulat, fast alle mehrfach, zum größten Teile sehr häufig. Ein Vergleich der verschiedenen Listen zeigt folgende Abweichungen (von bloßen Schreibfehlern abgesehen): 272/482

Q. Fabius, C. Iuiius (Tullius), bei Diodor ist das Consulat ausgefallen

276/478

C. Servilius (Sergius), bei Diodor C. Cornelius Lentulus.

281/473

Vopiscus

In den Capit. Fasten . . . . Esquilinus als Suffectus. Iuiius;

Opiter Verginius.

nach

Liv. I I 54

in quibusdam annalibus

I ι § 8.

Numicii. — Echtheit der Liste von 269—302.

21

294/460

C. Claudius, P. Valerius Publicóla, in den Cap. Fast, und bei Dionys. X 17 außerdem der Suffectus L. Quinctius Cincinnatus 296/458 L. Minucius, bei Diod. X 188 Λεύκιος Μινοΰκιος Καρουτιανός, in den Fast. Cap Carvent[anus], Suff. L. Minucius Esquilinus (s. oben S. 17). Zwischen 296/458 und 297/457 w a r bei Diodor ein Consulat eingeschoben, Namen ausgefallen. 2 97/457 Q- Minucius, bei Diod. X I 91 L. Postumius. Zwischen 297/457 und 298/456 bei Diod. die Consuln L. Quinctius Cincinnatus und M. Fabius Vibulanus eingeschoben. 302/452 P. Sestius, Titus Menenius, bei Dionys. X 53 außerdem der Suff. Sp. Furius.

In 29 Jahren geben also alle erhaltenen Rezensionen dieselben Namen, nur bei drei oder vier Jahren (276. 281. 297, vielleicht 296) finden sich Abweichungen, ein Jahr (272) fehlt bei Diodor, der dafür zwei Jahre mehr hat, bei vier Jahren (276. 294. 296. 302) sind in einigen Rezensionen Suffecti verzeichnet, die in den übrigen fehlen. Von den Abweichungen kommen zwei auf die beiden interpolierten minucischen Consulate. Sonst finden sich plebejische Namen nur 293/461 (P. Volumnius) und 300/454 (A. Aternius und Sp. Tarpeius), die wahrscheinlich patricische Namen verdrängt haben (s. oben S. 19). Es liegt also nicht der geringste Grund vor, zu bezweifeln, daß die Liste in der Hauptsache echt ist. Wären die Fasten des V. Jahrhunderts, von den ersten beiden Jahrzehnten abgesehen, gefälscht, so würden die beiden Helden der Aequerkriege, L. Quinctius Cincinnatus und A. Postumius Tubertus darin eine Stelle gefunden haben, und man hätte später nicht nötig gehabt, Cincinnatus als Suffectus in die Liste zu bringen (s. unten I 2 § i), oder ein Consulat für ihn einzuschieben (Diod. X I I 3 L. Quinctius Cincinnatus, M. Fabius Vibulanus, zwischen 297/457 und 298/456). Auf das Decemvirat rechnen alle uns erhaltenen Fastenredaktionen zwei Jahre (Varr. 303/451. 304/450). Da aber die zweiten Decemvirn über das Ende ihres Amts-

22

I ι.

Die Consiliari asten.

jahres hinaus im Amt geblieben sein sollen, so spricht Cicero v o n einem tertius annus decemviralis (Bep. II 37, 62). Mommsen w e i ß sogar z u sagen, daß die Decemvirn im siebenten Monate dieses dritten Jahres gestürzt worden wären, das Jahr habe am 15. Mai b e g o n n e n und die auf die Decemvirn folgenden Consuln seien am 13. D e z e m b e r ins A m t getreten (Chronol.2 62, 119); doch das steht mit anderen A n g a b e n unserer Tradition im Widerspruch, wie schon S c h w e g l e r gesehen hatte (III 68, 4), g a n z a b g e sehen davon, daß wir über den B e g i n n des Amtsjahres in dieser Zeit nichts sicheres wissen und die Erzählung von dem Sturz der Decemvirn überhaupt sagenhaft ist. A u c h ist die Liste der zweiten Decemvirn offensichtlich gefälscht. D a g e g e n ist die Liste der ersten Decemvirn, von einem interpolierten Namen (T. Genucius) abgesehen, glaubwürdig. Näheres darüber unten III 2. 4. Vom Decemvirat bis zum ersten plebejischen Consulat. 9. Über die Fasten der Zeit vom Decemvirat bis zum ersten plebejischen Consulat wird weiter unten in anderem Z u s a m m e n h a n g e gehandelt werden (III 3. Die Consulartribune). D a die Collégien in dieser Periode zum größten T e i l mehrstellig sind, sind hier bei Diodor wie bei Livius eine A n z a h l Namen durch Schuld der Abschreiber ausgefallen. Soweit die Namen aber erhalten sind, stimmen sie in allen unseren Listen mit sehr wenigen Ausnahmen überein. V o n Schreibfehlern abgesehen, finden sich nur folgende A b w e i c h u n g e n Diodor 306 P.

Stertinius

Livius (1.

Servilius)

T. Verginius Caelimontanus

Structus 309 Agrippa Curtius Chilo

P. Curatius [Cassiod. T. Curiacius],

310 T. Quinctius

T. Caecilius, Dionys. T. Cluilius

351 M. Furius, ebenso Fast. Capit.

M. Postumius

365 L . Papirius

L. Aemilius

Dionys. C. Quinctius

I ι

§ 8.

Decemvirat. —

§ 9.

Consulartribune.

Diodor

23

Livius

367 L. Quinctius

L.

L. Cornelius

Aemilius

Licinius (1. Licinus) Menenius

A. (L.) Manlius

(ausgefallen)

374 C. Terentius

C.

377 C. Verginius

C. Veturius C.

C. Cornelius

Sergius Quinctius

Offensichtliche Interpolationen bzw. unheilbare Corruptelen in den schlechten Handschriften Diodors sind hier nicht berücksichtigt. Ebensowenig die zwei plebejischen Namen C. Erenucius (Genucius?) und P. Tribonius in der achtstelligen Liste des Jahres 375 bei Diodor, deren übrige Namen in der sechsstelligen Liste bei Livius wiederkehren. Gegenüber den rund 300 Namen, die in den Fasten dieser Zeit verzeichnet sind, handelt es sich, wie man sieht, um verschwindende Divergenzen. Die Liste der Consulartribune, die gewöhnlich als so stark verderbt gilt, ist in Wahrheit sehr gut überliefert. Nur eine Anzahl Namen sind durch Schuld der Abschreiber ausgefallen, und zwar bei Livius 5 (je einer 335. 338. 358. 367. 369) bei Diodor 26 (je ein Name 329. 385, je zwei Namen 363. 368—372. 376. 378. 384, je drei Namen 360. 386), außerdem fehlen bei Livius das Collegium von 378, bei Diodor die Collégien von 331—333. 335 und 387. Das Collegium von 334 steht bei ihm zwischen 326 und 327, und zwar als zweistelliges, während es bei Livius und in den Capitolinischen Fasten vier Stellen hat. Einige plebejische Namen sind in allen unseren Listen interpoliert, s. unten III 3 § 2. Die Zahl der Consulate bzw. Consulartribunate ist folgende: Sergii bzw. Servilii

29

Papirii

Cornei»

28

Fabii

18 16

Furii

27

Iulii

14

Valerli

25

Aetnilii

14

Quinctii

22

Sulpicii

13

Manlii

19

Postumii

9

I ι.

24

Die Consularfasten.

Lucretii

8

Cloelii

2

Geganii

7

Claudii

2

Menenii

7

Hermenii

1

Vergimi

6

Aebutii

1

Veturii

5

Foslii

χ

Sempronii Atratini

5

Pinarii

1

Horatii

4

Quinctilii

1

Nautii

4

Curiatii

1

290 Dabei sind alle Namen gezählt, die in einer der erhaltenen Fastenrecensionen vorkommen, doch sind die Zahlen nur approximativ richtig, da wir ja eine kritische A u s g a b e der Fasten immer noch nicht haben 1 ). Es ist also eine, wenn auch nicht große, Anzahl interpolierter Namen mitgezählt. Im ganzen aber trägt die Liste durchaus das Gepräge der Echtheit. Alle Geschlechter, die von 269—302 in den Fasten verzeichnet stehen, kehren darin wieder, mit Ausnahme der Romilii und Sestii, die vorher nur einmal vorkommen, und der Numicii, Aternii und Tarpeji, die überhaupt in den Fasten nie wieder erwähnt werden. Ebenso finden sich alle Geschlechter, die nach 387 in unserer Überlieferung überhaupt als patricisch nachweisbar sind (vgl. die Tabelle bei Mommsen, Rom. Forsch. I 112). Die Aebutii, Cloelii, Geganii, Hermenii, Horatii, Lucretii, Menenii, Pinarii, Verginii, Veturii sind seitdem nicht mehr zum Consulate gelangt, die Sempronii Atratini erst in der Kaiserzeit, die Foslii nur noch 436. Sie alle sind nur mit wenigen Namen vertreten, haben also schon damals nur geringe Bedeutung gehabt. Es hat nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, daß diese verschollenen Geschlechter Ich hatte eine solche Ausgabe angeregt, aber G. Costa, der sie machen sollte, ist in den Vorarbeiten stecken geblieben (I Fasti consolari romani I, Mailand 1910). sammlungen.

Das Buch gibt wenigstens nützliche Material-

Dagegen enthält E. Pais' Buch über die Fasten (Rom 1916)

i a s t nichts, was nicht im Corpus und sonst zu finden wäre. gerade von Pais viel mehr erwartet.

Ich hatte

I ι

§ 9·

25

Die Consulartribune.

später in die Liste interpoliert worden wären. Für die noch später blühenden Geschlechter ergibt ein Vergleich mit der Periode von 388/366—489/265 folgendes, wobei zu berücksichtigen ist, daß von 305/449—387/367 241 Mitglieder dieser Geschlechter in den Fasten stehen, von 388/366—452/302 nur 69, von 454/300—489/265 nur 39. 454—489

305-387

388-452 12 10

3 I

Valerii

• ·

25

Sulpicii Cornelii

• · . .

13 28

8

8

Fabii

.

.

16

7

8

Papiri i

.

.

18

7

2

Aemilii

.

.

14

5

Manlii Postumii

• .

19

5

5 I

• ·

9

3

• ·

29

3

• ·

27

3 2

Servilii (Sergii) Furii

. . .

Claudii Quinctii Nautii



4

2 • ·

I .

.

14 241

ι (?) I

I

4

Foslii Iulii

3 I

-

69



X 39

Wir sehen, wie die Servilier, Furier, Quinctier, Iulier seit der Verfassungsreform 388/366 tief von der Stellung herabgesunken sind, die sie bis dahin gehabt hatten; seit dem Anfang des III. Jahrhunderts auch die Sulpicier, Papirier und Manlier. Niemand wird behaupten wollen, daß das auf Interpolation in den Fasten beruht, denn diese standen am Ende des III. Jahrhunderts im wesentlichen bereits fest, wie wir sie noch heute lesen; seitdem sind nur noch einzelne Namen interpoliert worden. Im Laufe des III. Jahrhunderts, bis zum Anfang des Hannibalischen Krieges, sind die Furier nur einmal (503/251), die Iulier gar nicht, die Quinctier höchstens einmal (483/271 nach Cassiodor K. Quinctius, in den Capitolinischen Fasten scheint Claudius gestanden zu haben), die Servilier vier-

26

I ι.

Die Consularfasten.

mal (470. 501. 502. 506) zum Consulate gelangte; in den Fasten von 305—387 stehen Angehörige dieser vier G e schlechter zusammen 92 mal, und es ist ganz ausgeschlossen, daß man zu Ehren von Familien, die damals so wenig zu bedeuten hatten, so massenhafte Interpolationen vorgenommen haben sollte. Gleichwohl ist das von Seeck behauptet worden (Kaleniertafel der Pontífices, Berlin 1885, S. 37 íí.). Er geht aus von der Beobachtung Matzats (JÌ. Chron. I 199), daß von den Gentilnamen der v o n Diodor übergangenen Collégien 331 — 335 je einer, in einem Falle drei, in den fünf vorhergehenden Collégien 326 a (nur bei Diodor überliefert) bis 330 wiederkehren, und zwar in derselben Folge; im ganzen sind also sieben Namen wiederholt. Dieselbe Erscheinung kehrt dann, wie Seeck gesehen hat, auch bei den Collégien von 338 — 342 im Vergleich mit denen von 343 — 347 wieder; hier sind dreimal je ein Name, zweimal je zwei wiederholt, im ganzen ebenfalls sieben. Die Collégien der nächsten drei Jahre, 348—350, wären dann aus den Collégien von 340—342 und 345—347 kombiniert, wobei wieder sieben wiederholte Namen herausgebracht werden, diesmal allerdings in ganz unregelmäßigen Intervallen. Danach sollen die 13 Collégien von 326a—330, 343—347, 348—350 interpoliert sein, und zwar, da in jeder dieser drei Gruppen je sieben Namen aus den vorhergehenden, bzw. den folgenden Jahren wiederholt sind, in den beiden ersten Gruppen mit fünfjährigem Intervall, von einem „priesterlichen Fälscher, der mit den heiligen Zahlen der Pythagoreer, 3, 5, 7, sein Spiel trieb" (S. 81). Es ist schade, daß Seeck nicht weiter gesucht hat; er würde dann noch mehr solche Entdeckungen haben machen können, und zwar gleich bei diesen selben und den nächsten Collégien. Denn in den Jahren 345 bis 348 ist je ein Name aus den Jahren 339—342 wiederholt, auch hier in derselben Folge, ebenso in den Jahren 348 — 350 aus den Jahren 340 bis 342, und 370—374 aus 365 — 369. Hier sind die Intervalle, nach denen dieselben Gentilnamen in derselben Folge wiederkehren, 6, 8 und 5 Jahre, die Zahl der wiederholten Namen 4, 5 und 6. Wir sehen, was die Behauptung von dem „abergläubischen Spiele des priesterlichen Fälschers" wert ist. Läge wirklich Interpolation ganzer Collégien vor, dann würde nicht in der großen Mehrzahl der Fälle nur ein Name wiederholt sein. Und überhaupt verfährt kein Fälscher in so raffiniert-komplizierter Weise. Es handelt sich hier nur um elf Geschlechter, von denen acht in der Zeit von 305 — 387 14 mal oder mehr zum Consulat oder Consulartribunat gelangt sind, es ist also klar, daß Mitglieder desselben Geschlechts diese Würden in kurzen Intervallen

I ι § 9·

Die Consulartribune. — § 10.

Interreges.

27

bekleidet haben müssen. Und da es sich fast durchweg u m mehrstellige Collégien handelt, konnte es sehr leicht geschehen, daß ein oder zwei N a m e n während mehrerer aufeinander folgenden J a h r e nach dem gleichen Intervall (5 — 8 Jahre) in der gleichen Reihenfolge wiederkehrten. Auch bilden die Namen, bei denen das der Fall ist, j a nur eine kleine Minor i t ä t . Das ließe sich durch eine eingehende Analyse der Fasten dieser Zeit leicht näher ausführen; aber die ganze Hypothese Seecks ist so handgreiflich absurd, daß das ganz überflüssig sein würde. E s ist denn auch, soviel ich weiß, niemand darauf hineingefallen, als etwa Georg Sigwart. Übrigens ist auch die Grundlage falsch, von der Seeck ausgeht. Denn bei Diodor sind keineswegs alle fünf Collégien von 331 — 335 übergangen, sondern nur vier; das Collegium von 334 ist bei ihm zwischen 326 u n d 327 hinaufgerückt, allerdings h a t es da zwei Namen weniger, als in den Capitolinischen Fasten u n d bei Livius (s. unter 1 6 § 4). Das k o m m t bekanntlich bei Diodor öfter vor. Matzat u n d Seeck haben das freilich nicht gesehen. Und so fällt auch dieser Versuch, die Glaubwürdigkeit der Fasten zu erschüttern, wie alle übrigen glatt zu Boden.

10. Wenn es noch eines Beweises für die Echtheit der Fasten seit dem Ende des V. Jahrhunderts bedurfte, würden ihn die Listen der Interreges geben. Erhalten ist davon bis 489/265 folgendes (zusammengestellt bei Willems, Sénat II, S. 10 if.) 272 Dionys. V I I I 90 A. Sempronius Atratinus cos. 263. Sp. Larcius cos. 264. 292 Liv. I I I 8, 4 P. Valerius Poblicola cos. 279. 310 Liv. IV 7, 10 Dionys. X I 62 T. Quinctius B a r b a t u s cos. 308. 334 Liv. I V 43, 8 L. Papirius Mugillanus tr. mil. 332 341 Liv. I V 51, ι Q. Fabius Vibulanus, tr. mil. 340. 358 V 17, 4 L. Valerius (Potitus), tr. mil. V 356. Q. Servilius Fidenas, t r . mil. I I 356 M. Furius Camillus, tr. mil. I I 356. 363 V 31, 8 M. Furius Camillus, tr. mil. I I I 360. P. Cornelius Scipio, tr. mil. 359. L. Valerius Potitus, cos. 362. 365 VI, I, 8 P. Cornelius Scipio, tr. mil. 359. M. Furius Camillus, tr. mil. I I I 360. 367 VI, 5, 6 M. Manlius Capitolinus, cos. 362. Ser. Sulpicius Camerinus, tr. mil. 363. L. Valerius Potitus, cos. 362.

28 399 V I I , 17, i l

I ι.

Die Consularfasten.

Q. Servilius Ahala, cos. I I 392. M. Fabius tr. mil. 385, cens. 391. Cn. Manlius (Capitolinus), cos. I I 397 C. Fabius (Ambustus), cos. 396. C. Sulpicius (Peticus), cos. I I 393. L. Aemilius (Mamercinus), cos. I I 391. Q. Servilius (Fidenas), tr. mil. I l l 385. M. Fabius Ambustus, cos. I I 398.

402 V I I 2 1 , 4 L. Cornelius Scipio, (cos. 404). 403 V I I 22, 2 C. Sulpicius (Peticus), cos. IV 401. M. Fabius (Ambustus), cos. I l l 400. 414 V I I I 3, 5 M. Valerius (Corvus), cos. I l l 4 1 1 . M. Fabius (Ambustus), cos. IV 400, (Dorsuo), cos. 409. 422 V I I I 17, 5 M. Valerius Corvus, cos. IV 419. 428 V I I I 23, 1 7 L. Aemilius (Privernas), cos. I 413. I I 425. 434 I X 7, 15 Q. Fabius Maximus, cos. 432. M. Valerius Corvus, cos. IV 419. 456 X i l , 10 Ap. Claudius (Caecus), cos. 447. P. Sulpicius (Saverrio), cos. 450. 461 X X V I I 6, L. Postumius Megellus, cos. I 305. I I 294. In der Identifizierung der Interreges bin ich einigemal von Willems abgewichen.

W i e man sieht, sind fast alle Interreges, die in den Quellen erwähnt werden, Consulare gewesen, oder hatten doch das Consulartribunat bekleidet. Das liegt ja auch in der Natur der Sache, da sie ernannt wurden, um die Wahlen der Consuln zu leiten; in dem Schema, das bei der Wahl des angeblichen ersten Interrex nach Romulus' Tode gegeben wird (Cic. Bep. II 12, 23, Liv. I 17, Dionys. II 57, Plut. Numa 2), und das Mommsen seiner Behandlung des Interregnums zugrunde legt ( Staatsr. I a 647 ff.), konnte davon natürlich nichts stehen. Es gibt nur zwei Ausnahmen. Ser. Sulpicius, der 702 die Wahl Pompeius' zum Consul geleitet hat, ist erst für das nächste Jahr zum Consul gewählt worden, war aber Praetorier, und ebenso ist L. Cornelius Scipio, Interrex 402, erst 404 zum Consulate gelangt. Auch er mag Praetorier gewesen sein, denn er war der 1 1 . Interrex dieses Jahres, und es

I i

§ IO.

Interreges.

29

gab damals, wenn sie noch alle am Leben waren, nicht mehr als sieben oder acht patricische Consulare (L. Aemilius 388. 391, Q. Servilius 389. 392, C. Sulpicius 390. 393. 399. 401, M. Fabius 394. 398. 400, Cn. Manlius 395, 397, C. Fabius 396, M. Valerius 399, 401, T. Quinctius 400, statt dessen aber, nach anderer Angabe, der Plebejer M.Popillius Consul gewesen wäre), so daß man gezwungen war, die Praetorier heranzuziehen, wenn man nicht auf die Consulartribune vor 388 zurückgreifen wollte. Da die Interreges die Stelle der Consuln vertraten, waren sie während ihrer Amtsführung eponym, und müssen also in der offiziellen Fastenliste verzeichnet gewesen sein. Es fragt sich, seit wann. Die isoliert stehenden Namen aus der ersten Hälfte des V. Jahrhunderts (273/481. 292/462) mögen interpoliert sein und dasselbe gilt wohl auch für den Interrex von 444/310, da das Interregum ja damit motiviert wird, daß die Consulartribune dieses Jahres zurückgetreten und an ihrer Stelle Consuln gewählt worden wären, während in Wahrheit nur diese letzten im Amte gewesen sind (s. unten III 3 § 2). Aber daß die 32 Namen von Interreges, die bei Livius von 334—456 aufgeführt werden (mindestens 34 weitere müssen in seiner Quelle gestanden haben), sämtlich erfunden sein sollten, ist doch höchst unwahrscheinlich. Man sieht nicht zu welchem Zweck. Mit dem angeblichen Streit zwischen Senat und Volkstribunen über die Frage, ob Consuln oder Consulartribune gewählt werden sollen, hat die Sache nichts zu tun, denn solange es Consulartribune gegeben hat, ist nur einmal, 341, ein zweistelliges Collegium aus von einem Interrex geleiteten Comitien hervorgegangen. Und ebensowenig mit der Frage, ob die Plebejer zum Consulat zugelassen werden sollten, denn den acht oder wahrscheinlich zehn ganz patricischen Collégien, die von 399—443 im Amte gewesen sind, ist nur in drei Fällen ein Interregnum vorausgegangen (399. 403. 411). Und auch aus Familieneitel-

30

I ι.

Die Consularfasten.

keit können die Namen nicht erfunden sein, denn alle Interreges von 3 4 1 — 5 3 8 gehören den berühmtesten patrizischen Geschlechtern an (Aemilii, Claudii, Cornelii, Fabii, Manlii, Papirii, Servilii, Sulpicii, Valerli), die durch zahlreiche Consulartribunate und Consulate in den Fasten dieser Zeit vertreten sind. Überhaupt läßt eine solche Liste sich wohl interpolieren, wenn sie bereits vorhanden, ist, aber nicht frei erfinden ; kein Annalist hätte Autorität genug gehabt, eine derartige Fälschung zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. Daß schließt natürlich nicht aus, daß auch hier einzelne Interpolationen sich finden können; so scheinen die Interreges von 365, M. Camillu& und P. Scipio aus der Liste von 363 wiederholt. Ii. Dazu kommt weiter die Familientradition. Die Sitte, die Bilder der Vorfahren in den Atrien aufzustellen, ist in den patricischen Häusern sehr alt, jedenfalls viel älter als 388/366, da die Plebejer sie angenommen haben, sobald sie zu curulischen Ämtern Zutritt erlangt hattenDie Sitte geht also ohne Zweifel hoch in das V . Jahrhundert hinauf. Nun mögen ja diese Ahnenbilder zum großen Teil bei der gallischen Katastrophe zugrunde gegangen sein. Aber abgesehen davon, daß die Männer, die in den letzten Jahrzehnten vorher curulische Würden bekleidet hatten, damals zum größten Teil noch am Leben waren, müssen die Bilder oder doch ihre Beischriften (tituli) sogleich wieder erneuert worden sein, und da die Erinnerung noch frisch war, ohne Zweifel in der Hauptsache richtig. Nun beruht die Filiation, wie sie in den Capitolinischen Fasten gegeben wird, für die ältere Zeit auf solcher Familienüberlieferung, diese Tradition muß also, was den Namen der Consuln angeht, im wesentlichen mit den Fasten gestimmt haben, wie sie bei den Annalisten überliefert waren, sonst hätte die Filiation sich nicht einsetzen lassen. Denn es wird doch niemand behaupten wollen, daß es im III. Jahrhundert oder noch früher einen Mann gegeben haben sollte, der

Ii

§ li.

Familientradition. — Die Anarchie.

31

auf Grund der Familiendokumente in den einzelnen patricischen Häusern die Consularfasten der älteren Zeit zusammengestellt hätte. Also sind die Fasten, von einzelnen Interpolationen natürlich abgesehen, von der Familientradition unabhängig, und da sie mit dieser übereinstimmen, müssen sie im wesentlichen echt sein, soweit diese Tradition glaubwürdig ist, also bis hoch in das V. Jahrhundert hinauf. Der Beweis liegt darin, daß es noch jetzt möglich ist, die Stammbäume der hauptsächlichsten Adelsfamilien seit dieser Zeit zu rekonstruieren (s. unten § 21). Das alles ist ja an sich klar, und ich würde mich nicht so lange dabei aufgehalten haben, wenn nicht Ettore Pais die Echtheit der Fasten für das V . und IV. Jahrhundert bestritten hätte. Die Begründung sollte in einem eigenen Werke über die Fasten gegeben werden. Das Buch ist dann endlich während des Krieges erschienen (Rom 1916), aber der Verfasser macht dort nicht einmal den Versuch, für seine These den Beweis zu geben, und beschränkt sich darauf, die allbekannten Divergenzen zwischen den verschiedenen Fastenrezensionen zusammenzustellen, die doch nur zeigen, daß die Fasten an einer Anzahl Stellen interpoliert sind. Und auch hier wird keines der vielen Probleme gründlich in Angriff genommen. Wir erhalten den Eindruck, daß Pais selbst nicht mehr glaubt, was er früher so zuversichtlich behauptet hatte; jedenfalls hat er den apagogischen Beweis für die Echtheit der Fasten gegeben.

In diese Zeit fällt die sog. Anarchie, während der es keine curulischen Magistrate gegeben haben soll. Nach Diod. X V 75 hätte sie ein Jahr gedauert, nach Livius V I 35 fünf Jahre, nach Hydatius vier; auch nach Fabius scheint sie eine 3—4 jährige Dauer gehabt zu haben (s. unten IV 1 § 5). Nun ist es ja klar, daß Rom, ich sage nicht fünf Jahre oder ein Jahr, aber nicht einen Monat ohne Regierung geblieben sein kann; es handelt sich also um eine Zeit, in der eine revolutionäre Regierung am Ruder war, die später nicht als legatim anerkannt wurde; ganz wie in dem Falle der Anarchie in Athen. Der „Chronograph von 3 5 4 " gibt denn auch Magistratsnamen für die einzelnen Jahre; wahrscheinlich haben sie schon

32

I ι.

Die Consularfasten.

in den Capitolinischen Fasten gestanden, von denen der Chronograph abhängt (s. unten IV ι § 5). W a s die Namen wert sind, ist eine andere Frage, denn eben die Bezeichnung dieses Zeitraumes als άναρχία (Diod.) oder solitudo magistratuum (Liv.) zeigt, daß die offiziellen Fasten diese Namen nicht hatten, wie sie denn bei Diodor und Livius fehlen. Eben deswegen läßt sich auch über die Dauer der Anarchie nichts sicheres sagen; jeder setzte sie so lang an, wie es zu seinem System paßte. W e r nicht so willkürlich verfahren wollte, rechnete nur ein Jahr, wie der Chronograph, dem Diodor folgt. D a ß es sich höchstens um wenige Jahre gehandelt haben kann, liegt in der Natur der Sache. 6. Vom ersten plebejischen Consulat bis zum Anfang der Punischen Kriege.

12. In der Zeit von dem ersten plebejischen Consulat bis zum Ende des IV. Jahrhunderts stimmen Zahl und F o l g e der Consulate in allen uns erhaltenen Fastenrezensionen überein, nur daß bei Diodor die Collégien der Jahre Varr. 406/348—409/345 in der Folge 409. 406. 407. 408 gegeben werden. Auch die Gentilnamen sind, von Schreibfehlern abgesehen, überall die gleichen; ebenso, mit wenigen Ausnahmen, die Vornamen und Cognomina. Die Liste scheint demnach im ganzen glaubwürdig überliefert. Bei Piso waren die Consulate von 447/307 (Ap. Claudius, L. Volumnius) und 448/306 (P. Cornelius, Q. Marcius) übergangen. Memoriane fugerit in annalibus dirigendis an consulto binos cónsules, falsos ratus, transcenderit, incertum est (Liv. IX 44, 4). Die erste Alternative ist offenbar ausgeschlossen, denn Piso hat gerade auf die Fasten besondere Sorgfalt verwendet; er hat nicht nur die Namen der Consuln, sondern auch der curulischen Aedilen (fr. 28 bei Liv. X 9, 12), also offenbar aller curulischen Magistrate gegeben, und zwar mit Bezeichnung der

I i

§ 12.

Die Consulate von 447 und 448.

33

Paternität (fr. 28. 36). Wenn er also die beiden Consulate ausgelassen hat, muß er seine guten Gründe gehabt haben. Beide Consulate kehren noch einmal wieder. 458/296 und 466/288; doch das kommt noch öfter vor. Was aber nicht wieder vorkommt, ist, daß die beiden identischen Consulpaare beide Male die gleichen Vorgänger (Q. Fabius und P. Decius) haben. Ap. Claudius wäre nach Liv. IX 42, 4 in seinem ersten Consulat überhaupt in Rom geblieben, und der Feldzug des L. Volumnius gegen die Sallentiner (Liv. IX 42, 4) könnte aus seinem zweiten Consulat, wohin er viel besser paßt, in das erste Consulat hinaufgerückt sein (vgl. Liv. X 17,12). Aber der Abfall der Herniker, die von Q. Marcius unterworfen worden sind, wie alle unsere Quellen übereinstimmend angeben (Liv. IX 43, die Triumphalfasten, Cic. Phil. VI 5, 13, Plin. NU. XXXIV 23, vgl. Diod. X X 80, 4), kann nicht wohl in dessen zweites Consulat 466/288 gesetzt werden, da sie damals ganz isoliert gewesen wären, während er in das erste Consulat aufs beste paßt, in das er von Diodor, Livius und den Triumphalfasten gesetzt wird, was durch die Errichtung der Tribus Teretina in 455/299 (Liv. X 9, 14) bestätigt wird, die nur in dem Gebiet der Herniker oder von Frusino gelegen haben kann, das zugleich mit den Hemikern unterworfen wurde. Sind also die Consulate von 447/307 und 448/306 zu streichen, so müßte Q. Marcius in 308 oder 305 Dictator gewesen sein; das ist aber unwahrscheinlich, schon darum, weil dann für den Abfall der Herniker und die übrigen Ereignisse, die aus dem Jahre 306 berichtet werden, in diesen Jahren kaum Raum bleiben würde, vor allem aber, weil Q. Marcius dann vor seiner Dictatur noch nicht Consul gewesen sein würde, was in dieser Zeit und später, von ganz besonderen Fällen abgesehen, nicht vorgekommen ist (s. unten I 2 § 3). Auch hat bereits Fabius die beiden Consulate gehabt, denn er rechnet 34 Jahre von Varr. 422/332 bis zur Schlacht R η 10 c h, B8m. Geschichte.

3

34

I ι.

Die Consularfasten.

bei Sentinum, wobei die drei Dictatorenjahre, die in diesen Zeitraum fallen, nicht mitgezählt sind (Polyb. II 19, 1—5, s. unten I 7 § 3). Ferner würde die Censur des M. Valerius und C. Iunius 447/307, wenn wir die Consulate dieses und des folgenden Jahres streichen, in 449/305 zu stehen kommen, also unmittelbar vor die Censur des Q. Fabius und P. Decius in 450/304. Das wäre nur möglich, wenn die Censoren von 447/307 kein Lustrum gehalten, also abgedankt hätten; das ist aber nicht geschehen, da das Lustrum von 442/412 in den Capitolinischen Fasten als das XXVI., das von 460/294 als das X X X . bezeichnet wird, also drei Lustra dazwischen liegen, entsprechend den Censuren von 447. 450. 454. Überhaupt ist nicht abzusehen, zu welchem Zwecke die Interpolation der beiden Consulate erfolgt sein sollte. Jedenfalls müßte sie in recht alter Zeit vorgenommen sein, nicht nur ehe die Dictatorenjahre eingelegt wurden (denn sonst würde man auch da Consulate interpoliert haben), sondern auch ehe der Archetypus sich bildete, von dem alle erhaltenen Fastenredaktionen abhängen, also lange vor Fabius Pictor, und damit kommen wir in eine Zeit, die diesen Ereignissen so nahe steht, daß eine Interpolation unwahrscheinlich wird. Wir werden also mit Fabius gegen Piso an den beiden für 447 und 448 überlieferten Consulaten festhalten müssen. Sonst ist gegen kein Consulat aus der Zeit von 391—452 etwas einzuwenden, und dasselbe gilt für die beiden ersten Jahrzehnte des III. Jahrhunderts. 13. Mit dem Anfang des Pyrrhischen Krieges kommen wir dann endlich auf ganz festen Boden. Es steht durch das Zeugnis des Polybios, wie aus einer Reihe anderer Gründe absolut sicher, daß die Consuln P. Sempronius und P. Cornelius (Varr. 536), unter denen der Hannibalische Krieg ausbrach, im Frühjahr 218 ins Amt getreten sind. Zählen wir von diesem Jahre aufwärts, so fällt das Consulat der P. Valerius und Ti. Coruncanius (Varr. 474, Beginn des Pyrrhischen Krieges) in das Jahr 280, ent-

I ι § 13. Die Fasten seit d. Pyrrli. K r i e g e . — § 14. D a s erste Consulat.

35

sprechend dem Ansatz der Πυρρου διάβασις in den griechischen Quellen (Ol. 124, 4, Frühsommer). Seit dieser Zeit ist also die Liste der Consuln authentisch, wie denn die Überlieferung von Störungen der regelmäßigen Folge nichts zu berichten weiß. Dem entsprechend stimmen die uns erhaltenen Redaktionen der Consularfasten von hier an, von Schreibfehlern abgesehen, fast vollständig miteinander überein ; nur in den Cognomina finden sich, in der Periode zwischen Pyrrhos und dem ersten Punischen Kriege, vereinzelte Abweichungen. Es liegt also kein Grund vor, an der richtigen Überlieferung der Fasten seit dem A n f a n g des III. Jahrhunderts (Consulat des M. Valerius und Q. Appuleius, Varr. 454/300) zu zweifeln. 6. Oie Capitolinische Ära.

14. W e n n aber die verschiedenen Fastenrezensionen für die Zeit vor dem Anfang des III. Jahrhunderts in der Zahl der eponymen Collégien vielfach Abweichungen zeigen, so stimmen sie doch in dem Ansatz des ersten Consulats annähernd überein. Unsere älteste Quelle, Polybios, setzt τους πρώτους κατασταδ-έντας δπάτους . . . . δφ' ων συνέβη κα0·ιερωθ·ηνοα κάΐ τό τοδ Διός ιερόν του Καπετωλίου, L. Iunius Brutus und M. Horatius, πρότερον της Ξέρξου διαβάσεως εις την Ελλάδα τριάκοντ* ετεσι λείπουσι δυοΐν (III 22, 1). Gemeint ist natürlich, da es sich um ein Epochenjahr handelt, Ol. 75,1 = 480/79 v. Chr., das erste Consulat fällt also in Ol. 68,1 = 508/7, oder, falls inklusiv gezählt sein sollte, in 507/6; da Polybios aber die römischen Jahre mit den attischen Jahren gleicht, in deren Laufe sie begannen, so fällt das erste Consulat nach ihm in 509 oder 508. Schon anderthalb Jahrhunderte vor Polybios hatte der Aedil Cn. Flavius für die Einweihung des capitolinischen Tempels annähernd das gleiche Jahr gegeben. P. Sempronio L. (sie) Sulpicio cos. Flavius . ... ex (pecunia) multaticia faeneratoribus condemnatis aediculam [aerearn] 3*

36

I ι.

Die Consiliari asten.

fecit in Graecostasi, quae tunc supra comitium erat, inciditque in tabella aerea factam earn aedem CCIIII annis post Capitolinam dedicatam (Plin. NH. X X X I I I 19 l ). Flavius war Aedil in 450/304 (s. unten IV 2 § 7), wenn er also hier, wie doch wahrscheinlich inklusiv gerechnet hat, fällt die Einweihung des Capitolinischen Tempels in 247/507. Natürlich kann Cn. Flavius nicht nach den Fasten gezählt haben, denn noch Varrò kennt von dem Consulat des Brutus (245/509) bis zu dem Consulat des P. Sempronius und P. Sulpicius (450/304), also nach seiner Chronologie in 206 Jahren nicht mehr als 198 eponyme Collégien, wobei eine ganze Reihe sicher oder höchstwahrscheinlich interpolierter Collégien mitgezählt sind, und wir werden doch nicht annehmen wollen, daß Flavius mehr Collégien gekannt hat, oder gar die Dictatorenjahre und die fünfjährige Anarchie. Auch steht ja seine Angabe mit der Weihung des Capitolinischen Tempels in direktem Zusammenhang. 15. Nun bestimmte ein altes Gesetz, lex vetusta priscis litteris verbisque scripta, ut qui praetor maximus sit, idibus Septembribus clavum pangat: fixa fuit dexto lateri aedis Iovis optimi maximi... Eum clavum quia rarae per ea tempora litterae erant, notam numeri annorum fuisse ferunt, ebenso wie es in Volsinii im Tempel der Nortia als nota numeri annorum geschah (Cincius bei Liv. VII 3, 5—8). Vgl. Festus ep. S. 56 M. clavus annalis. Das sollte also jährlich am 13. September durch den jeweilig höchsten Beamten geschehen. Diese Überlieferung ist offenbar glaubwürdig. Dann sei der Brauch abgekommen. Jedenfalls wurde später mitunter ein eigener dictator clavi ßgendi causa ernannt, l)

E i n „eherner Tempel" ist Unsinn.

„ein roher, viereckiger Erzklotz" gewesen,

Seeck meint, die aedicula

sei

den höchstens einige Säul-

chen gliederten ( K a l e n d e r t a f e l S. 35), „ v i e l zu klein, um Kultuszwecken zu dienen" (S. 42).

Ja, was soll denn ein Tempel, in den man keinen Gottes-

dienst halten k a n n ? (tabella

aerea)

Es ist doch klar, daß aerearn

in den T e x t interpoliert ist.

aus dem Folgenden

I ι

§ 14.

Cn. Flavius. — § 15.

Der Clavus annalis.

37

zuerst erwähnt 391/363 (Liv. VII 3, 9, Fast. Capii), dann 423/331 (Liv. V i l i 18, 2) und 441/313 (Liv. IX 186), jedesmal wegen einer Pest, endlich 491/263 (Fast. Capit.), aus welchem Grunde erfahren wir nicht. Doch steht diese Überlieferung keineswegs unbedingt sicher; so ist der Dictator von 441/313, C. Poetelius, nach den Capitolinischen Fasten und dem Hauptbericht bei Livius vielmehr rei gerundae causa ernannt worden, und auch der Dictator von 423/331 scheint nicht in allen Annalen gestanden zu haben (Liv. VIII18, 2 nec omnes auctores sunt, vgl. Mommsen, Chronol.2 176, Anm. 342). Es bleiben also die Dictaturen von 391 und 491, und da zwischen beiden gerade ein Jahrhundert liegt, hätte es sich nach Mommsen (aaO.) um eine saeculare Nagelschlagung gehandelt. Aber von einer solchen ist nichts überliefert und die 100 Jahre kommen nur bei der varronischen Chronologie heraus, eingerechnet die vier Dictatorenjahre. Auch werden bei Livius noch andere Nagelschlagungen erwähnt, allerdings ohne Angabe eines bestimmten Jahres und Namens: seniorum memoria vor 391/363, also etwa um 350/400 aus Anlaß einer Pest (VII 3, 3), und vor 423/331 aus A n l a ß einer secessio plébis (VIII 18, 12). A l s dann die Dictatur am Ende des III. Jahrhunderts abgeschafft wurde, konnte natürlich ein dictator clavi figendi causa nicht mehr ernannt werden ; der alte Brauch aber ist bestehen geblieben, denn noch Augustus hat 752/2 dem von ihm erbautem Tempel des Mars Ultor das Vorrecht der Nagelschlagung verliehen, die hier von Männern, welche die damals höchste Magistratur, die Censur, bekleidet hatten, vollzogen werden sollte (Dio Cass. L V 10, 4). Danach kann kein Zweifel sein, daß die Nagelschlagung ursprünglich in jedem Jahre vollzogen worden ist, natürlich von dem jeweils höchsten Beamten, also von einem der Consuln, oder, wenn gerade ein Dictator im Amte war, von diesem. Später ist sie nur noch in besonderen Fällen vorgenommen worden, wie Cincius, natürlich der



I ι.

Die Consularfasten.

Antiquar, nicht der Annalist, bei Liv. VII 3 ausdrücklich bezeugt, und außerdem daraus hervorgeht, daß seit 491/263 kein dictator clavi figendi cama mehr ernannt worden ist, während d o c h beide C o n s u l n sehr häufig am 13. September von Rom abwesend waren. A l s o die A n g a b e a consulibus postea ad dictatores, quia maius Imperium erat, solemne clavi figendi translatum est (Liv. aaO.) kann nicht wohl richtig sein, denn wir müßten sonst annehmen, d a ß der Brauch überhaupt abgekommen wäre, seit keine Dictatoren mehr ernannt wurden. E s fragt sich, wann die jährliche N a g e l s c h l a g u n g abgekommen ist. Gleich der erste dictator clavi figendi causa L. Manlius 391/363 soll eine A u s h e b u n g veranstaltet haben perinde ac rei publicae gerendae ac non solvendae religionis gratia creatus esset, und d e s w e g e n von den Tribunen zur A b d a n k u n g g e z w u n g e n worden sein (Liv. VII 3, 9) ; aber schon Mommsen hat eben mit B e z u g auf diesen Fall hervorgehoben, d a ß „das R e c h t der Kriegführnng streng genommen dem A m t inhärierte, und durch j e n e Kompetenzbestimmung ihm rechtlich nicht genommen werden konnte" (Staatsr. II3, ι , 157). Eine Beschränkung der unbedingten Machtvollkommenheit des Dictators (αότοκράτωρ, wie die Griechen sagten) ist eben ein staatsrechtliches Unding. Erst in der Zeit der Senatsherrschaft im III. Jahrhundert hat a u c h die Dictatur sich unter den Senat beugen müssen, aber davon war man um die Mitte des IV. Jahrhunderts n o c h weit entfernt. Daraus f o l g t dann, daß im IV. Jahrhundert nur die Namen der Dictatoren verzeichnet worden sein können, nicht aber die Spezialkompetenzen W ä r e es 1)

Mommsen widerspricht sich hier selbst, wenn er meint, „ d a ß der

der consularischen Gewalt ursprünglich fremde und in gewissem

Sinne

immer fremd gebliebene Begriff der Kompetenz, das ist die Beschränkung auf ein gewisses Geschäft vielmehr zum Wesen der Dictatur gehöre", und dann doch sagt, daß das Recht der Kriegführung, also das wichtigste aller

magistratischen

Rechte,

dem Dictator

durch

bestimmung rechtlich nicht genommen werden konnte

jene

Kompetenz-

(Staatsr. I I 3

I, 157).

I ι § ΐ5· Der Clavus annalis.

39

anders gewesen, so könnten bei den Annalisten nicht so viele Widersprüche sich finden über den Grund, warum die einzelnen Dictatoren ernannt worden wären. Das haben die Annalisten aus eigenen Mitteln hinzugefügt, und es ist aus ihnen in die Capitolinischen Fasten gekommen. Bis 391/363 werden überhaupt nur Dictatoren rei gerundete causa erwähnt. Wir haben also nicht die geringste Gewähr dafür, daß die Dictatoren, die clavi figendi causa ernannt sein sollen, wirklich zu diesem Zwecke bestellt worden sind. Sie können, die Richtigkeit der Angaben vorausgesetzt, den Nagel auch eingeschlagen haben, weil sie am 13. September des betreffenden Jahres die Dictatur bekleideten. Ohnehin sind die Angaben über diese Dictaturen in 423/331 und 441/313 zweifelhaft, und wie es mit der Dictatur von 391/363 steht, haben wir eben gesehen. Der Dictator Cn. Fulvius ist 491/263 allerdings zum Zweck der Nagelschlagung ernannt worden, denn hier sind wir bereits in einer geschichtlich hellen Zeit, aus der gleichzeitige offizielle Aufzeichnungen, die Tabulae pontificum, vorlagen. Aber dieser Dictator ist ernannt worden, nicht etwa weil die Nagelschlagung nur von einem Dictator hätte vorgenommen werden können, sondern nur, weil die beiden Consuln am 13. September dieses Jahres in Sicilien waren. Die jährliche Nagelschlagung kann doch nur in einer Zeit abgekommen sein, wo es öfter vorkam, daß beide Consuln im September im Felde standen und man nicht jedesmal einen Dictator ernennen wollte, oder, falls auch der Dictator im Felde stand, ernennen konnte. Das kann also frühestens im zweiten Samnitenkriege geschehen sein, da bis dahin alle Kriege in unmittelbarer Nähe Roms geführt worden waren; vielleicht auch erst im ersten Punischen Kriege, und es kann sehr wohl sein, daß der Dictator Cn. Fulvius am Anfang dieses Krieges zum Zweck der regelmäßigen Nagelschlagung ernannt worden ist, was dann die letzte gewesen sein würde. Je

40

I ι. Die Consularfasten.

später die Sache gesetzt werden kann, um so wahrscheinlicher. Jedenfalls aber hat die jährliche Nagelschlagung zur Zeit von Cn. Flavius' Aedilität entweder noch bestanden, oder sie ist doch erst wenige Jahre vorher außer Übung gekommen, und es war also damals möglich, durch Zählen der Nägel die Zahl der Jahre zu bestimmen, die seit der Einweihung des Capitolinischen Tempels verflossen waren. Es ist nicht abzusehen, in welcher Weise Cn. Flavius sonst die Dauer dieser Zeit bestimmt haben könnte; wenigstens würden wir uns bei jeder anderen Annahme in große Unwahrscheinlichkeiten verstricken. Die Einweihung des Capitolinischen Tempels ist also das erste Ereignis der römischen Geschichte, dessen Jahr, innerhalb einer sehr kleinen Fehlergrenze, unbedingt sicher steht. 16. D a ß die Einweihung des Tempels gleich nach der Vertreibung der Könige erfolgt wäre, hat Cn. Flavius offenbar noch nicht gewußt, sonst würde er a regibus exactis oder a consulibus primis geschrieben haben. Für die späteren, die das glaubten, ist das Jahr der Tempelweihe zum ersten Jahre der Republik geworden, und damit zum Eckstein der römischen Chronologie. W i e dieser Glaube sich gebildet hat, können wir freilich nicht sagen. D a ß M. Horatius' Name auf der Front des Tempels gestanden hat, wie später der Name des Catulus auf dem neuen Tempel (Tac. Hist. III 72, Dio Cass. XLIII 14), oder wie M. Agrippa L.f. cos. III fecit auf der Front des Pantheons steht, wird doch niemand behaupten wollen, der sich, die Sache einmal ordentlich überlegt; Dionysios erzählt es allerdings (V 35 τήν έπιγραφήν ελαβε Μάρκος'Οράτιος), aber zu seiner Zeit war der alte Tempel schon seit einem halben Jahrhundert zerstört. Aber zum Consul des ersten Jahres der Republik, wo er unter lauter Sagengestalten steht, ist M. Horatius nur geworden, weil er den Tempel geweiht haben sollte. Möglich, daß das Gesetz über die Nagelschlagung seinen Namen getragen hat, und es lag ja sehr

Ii

§ i6.

Die Einweihung des Capitolinischen Tempels.

41

nahe, dies Gesetz in der Zeit der Tempelweihe hinaufzurücken. So alt kann es natürlich nicht gewesen sein, ist doch der Tempel höchstwahrscheinlich noch in der Königszeit eingeweiht worden (s. unten III χ § 3), während das Gesetz von dem Praetor maximus sprach. Ursprünglich ist der Nagel ohne Zweifel von dem König, dann von dem Rex sacrorum eingeschlagen worden, später von dem höchsten politischen Beamten; das muß durch ein Gesetz bestimmt worden sein. Ein M. Horatius ist zum letztenmal 305/449 Consul gewesen; damals, gleich nach dem Decemvirat, könnte das Gesetz gegeben sein. Allerdings scheinen die höchsten Beamten bereits damals den Titel Consul geführt zu haben (s. unten III 3 § 6), aber noch im Vorjahre hatten Decemvirn an der Spitze des Staates gestanden, und es konnte jeden Augenblick ein Dictator ernannt werden. Praetor maximus ist aber der höchste Magistrat, welchen Titel er immer führen mag. Dieselbe Ära, aber als [λετά τήν έκβολήν των βασιλέων bezeichnet, will Dionysios in den τιμητικά δπομνήματα aus dem Consulat des L. Valerius Potitus und T. Manlius Capitolinus gefunden haben, und zwar wäre dies Jahr das 119. dieser Ära gewesen (I 74, 5). Das Dokument soll in dem Familienarchiv der Nachkommen eines der Censoren dieses Jahres (L. Papirius Cursor, M. Cornelius Maluginensis) erhalten gewesen sein. Natürlich hat Dionysios es nicht selbst eingesehen, und die Angabe geht auf einen Annalisten zurück. In dem Dokument, falls dieses authentisch war, kann natürlich nur das Consulat gestanden haben; das Jahr der Ära hat also erst der Annalist hinzugefügt. Das Consulat des L. Valerius und T. Manlius entspricht dem Jahre Varr. 362/392; bei Diodor steht es zweimal, XIV 103 unter Ol. 97, 4 (389/8) und X V 14 unter Ol. 99,1 (384/3), beidemal zwei Jahre vor dem Consulartribunate des K. Q. und N. Fabius, Q. Sulpicius, Q. Servilius, P. Cornelius, XIV n o . X V 20, Ol. 98, 2 (387/6) und 99, 3 (381/1) unter dem die gallische Katastrophe erfolgte. Doch

42

I ι.

Die Consiliari asten.

darüber weiter unten (I 3 § 2); hier kommt es für uns nur auf den Gebrauch der Ära an. Auch Cato und Varrò setzen das erste Consulat in 509 v. Chr., folgen also, mit einer kleinen Verschiebung, ebenfalls der Ära des Flavius. Welches Jahr Diodor angegeben hat, ist nicht direkt überliefert, da dieser Teil seines Werkes verloren ist. Das erfordert also eine eigene Untersuchung. 17. Diodor setzte die Gründung der Stadt in Ol. 7, 2 = 751/0, 433 Jahre nach dem Falle Troias (Euseb. I 283), und diesen, Apollodor folgend, 80 Jahre vor die κάθοδος 'Ηρακλείδων, die 328 Jahre vor Ol. 1 erfolgt wäre (I 5, 1), also der Fall Troias 80 -f- 328 -f- 776/5 = 1184/3 v. Chr., was für die Gründung der Stadt ebenfalls Ol. 7, 2 ergibt, (1184/3—433 = 751/0). Es ist schwer zu verstehen, wie man diesen klaren Zeugnissen gegenüber, ohne den Schatten eines Grundes, behaupten kann, Diodor habe die Gründung Roms in Ol. 8, χ gesetzt; daß es doch geschehen ist (Leuze, Rom. Jahrzählung, S. 38 if.) zeigt nur, wohin es führt, wenn man die Quellen in das Prokrustesbett chronologischer Systeme zwingen will, statt das System auf die Quellen zu gründen. Auf die Königszeit rechnete Diodor, wenn wir die Einzelzahlen bei Euseb. 1 2 9 1 zusammenaddieren, 250 Jahre; es kann aber kein Zweifel sein, daß die 33 Jahre, welche die Liste Ancus Marcius gibt, nichts weiter sind als eine Wiederholung der 33 Jahre seines Vorgängers Tullus Hostilius, da alle übrigen Quellen Ancus nur 23 oder 24 Jahre geben; bei Eusebios steht also eine X zu viel, und Diodor hat 23 Jahre geschrieben, so daß sich für die Königszeit 240 Jahre ergeben. Mommsen, der das richtig gesehen hat, wollte, nach Eusebios' Kanon, die 33 Jahre des Servius Tullius in 32 korrigieren; es bedarf heute keiner Bemerkung, daß das methodisch falsch ist, da die Zahlen im Kanon gar keine Gewähr haben. Und wenn Eusebios, gleich nachdem er die Liste Diodors ge-

Ii

§ 17.

Die Chronologie Diodors. — § 18.

Interpolationen.

43

g e b e n hat, die K ö n i g s z e i t auf 244, die Zeit von Romulus bis zur Einnahme von Troia auf 441, zusammen 675 Jahre (sie) ansetzt, so haben diese Zahlen mit Diodor nichts z u tun, der j a das Intervall von Troias Fall bis zur Gründ u n g der Stadt auf 433 Jahre a n g e g e b e n hatte. Das erste Jahr der Republik ist also nach Diodor Ol. 67,2 = 511/0. In den Excerpta vaticana aus Diodor wird der Sturz der Königsherrschaft zwischen der Ermordung des Hipparchos (514/3, X 17, 3) und der Zerstörung von Sybaris ( X 23) erzählt; diese letztere fällt, nach Diod. X I 90, 3. XII 10, 3 ετεσιν δκτώ πρός τοις πεντήκοντα vor den A r c h o n Lysimachides, Ol. 81, 4 = 453/2; also, exklusiv gezählt, Ol. 67, 2 = 511/0. Damit ist bewiesen, daß Diodor nicht mehr als 240 Jahre auf die Königsherrschaft gerechnet hat, und da eben diese Zahl sich aus der Liste bei Eusebios ergibt, ist sie offenbar richtig, und Diodor hat die Vertreibung der K ö n i g e in dasselbe Jahr wie die Zerstörung von Sybaris und die Vertreibung der Peisistratiden aus A t h e n gesetzt. N u n gleicht Diodor das Jahr des L. Philippus und Sex. Iulius, Varr. 663/91 mit Ol. 1 7 2 , 1 = 92/1 v. Chr., das erste Consulat Caesars 695/59 v. Chr. mit Ol. 180, ι = 60/59 v · Chr. Danach entspricht Ol. 67, 2 bei Diodor dem Jahr Varr. 244/510. Er hat also den Beginn der Republik ein Jahr vor Varrò, z w e i Jahre vor P o l y b i o s gesetzt. 7. S i e Interpolationen. 18. W e n n nun auch die Liste der Consuln v o n A n f a n g an erhalten geblieben sein sollte, was j a keineswegs feststeht, so würde die Zahl dieser Consulate d o c h nicht g e n ü g t haben, die Zeit bis 508 auszufüllen. E s war also für Interpolationen ganzer eponymer Collégien freies Feld. Diese Interpolationen waren von doppelter Art. Zunächst die Interpolationen aus der S a g e n g e s c h i c h t e und der Familientradition, die auf die ersten Annalisten, zum T e i l (Iunius Brutus, und also wohl auch noch andere) in die vor-

44

I ι. Die Consularfasten.

annalistische Zeit zurückgehen. Chronologische Zwecke lagen diesen Interpolationen ganz fern, denn um solche Dinge bekümmerte sich damals niemand. Glaubte doch noch Ennius, daß Rom etwa 700 Jahre vor seiner Zeit, also am Anfang des IX. Jahrhunderts gegründet sei, er hat sich also noch keine Gedanken darüber gemacht, ob denn dieser Zeitraum durch die Regierung der sieben Könige, und die in den Fasten verzeichneten Consuln ausgefüllt werden könnte. Auch Fabius und seine nächsten Nachfolger haben ohne Zweifel für die ältere Zeit noch keine vollständigen Fasten gegeben, da sie unter sehr vielen Jahren nichts hätten erzählen können, und ihren griechischen Lesern doch eine Reihe bloßer Consulnamen nicht bieten durften. Das erste Jahr der Republik stand unabhängig von den Fasten fest, und das Gründungsjahr der Stadt wurde bestimmt, indem man eine auf Grund der sieben Generationen der Königszeit berechnete Zeit zuschlug. Dazu traten dann später die Interpolationen zu chronologischen Zwecken. Die Reihe der eponymen Collégien stand damals bereits fest, man konnte also keine neuen Collégien mehr erfinden. Man half sich damit, daß man eine Anzahl Collégien zweimal ansetzte. So wiederholt Diodor die Collégien Varr. 360/394—364/390, bei ihm Ol. 98, 4—99, 4 (385/4—381/0), unmittelbar vorher Ol. 97, 2—98/2 (391/0—387/6 v. Chr.), und bringt damit die gallische Katastrophe, bei ihm Ol. 98, 2 = 387/6 v. Chr. unter dasselbe Collegium von Consulartribunen, unter dem sie bei Livius steht. Das ist ja ein sehr naives Verfahren. Andere suchten darum denselben Zweck durch die Einlegung der vier sog. Dictatorenjahre Varr. 421. 430. 445. 453 zu erreichen, ein Mittel, das freilich kaum besser ist, da es eine staatsrechtliche Absurdität involviert. Fabius, oder wer der Annalist sein mag, dem Polybios in seinem Abriß der Geschichte der gallischen Kriege gefolgt ist, hat noch

I ι § 18.

Die Interpolationen. — Zeit des ersten Consulats.

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keine dieser beiden Interpolationen gekannt oder anerkannt. Auch der griechische Chronograph, dem Diodor seine römischen Fasten entnommen hat, hat die Dictatorenjahre noch nicht, und sie müssen also auch in dessen römischer Quelle gefehlt haben; sie erscheinen für uns zum ersten Male bei dem Annalisten aus sullanischer Zeit, dem Diodor in der älteren römischen Geschichte gefolgt ist (s. unten I 6 § 1), dann in den Capitolinischen Fasten. Bei Livius fehlen sie bekanntlich in der Geschichtserzählung, während er sie bei den Jahreszahlen, die er gibt, mitrechnet. Diese Interpolation ist also im Laufe des II., spätestens am Anfang des I. Jahrhunderts erfolgt. Weiter die Anarchie, über deren Dauer nichts überliefert war; sie konnte also je nach Bedürfnis verschieden lang angesetzt werden (s. oben S. 31). Das erste Consulat, dessen Zeit so gut wie sicher steht, ist das von 454/300. Vor diesem Jahre gaben die Capitolinischen Fasten 200 eponyme Collégien, die vier Dictatorenjahre und die fünf Jahre der Anarchie ungerechnet. Davon sind sicher interpoliert die beiden ersten Collégien (245 und 246), die Consulate von 261. 263. 267, das Jahr der zweiten Decemvirn (304), also zusammen sechs eponyme Collégien ; es bleiben 194. Diodor hat zwei Consulate mehr, zwischen 296 und 297 und 297 und 298. In unserer sonstigen Überlieferung werden andere Collégien nicht erwähnt. Das sind im ganzen 196 Amtsjahre, wozu dann noch mindestens ein Jahr für die Anarchie kommt. Sind alle diese Collégien echt, so würde das erste Consulat in 257/497 fallen; das muß ungefähr richtig sein, da der Capitolinische Tempel 247/507 eingeweiht ist und der Sturz der Königsherrschaft einige Zeit, aber nicht sehr viel später fällt (s. unten III 1 § 3). Auch das spricht dafür, daß die Fasten in der Hauptsache glaubwürdig überliefert sind. Natürlich schließt das nicht aus, daß noch andere Eponymcollegien interpoliert, oder, namentlich im ältesten Teil der Liste, ausgefallen sind.

46

I ι.

Die Consularfästen.

8. Cognomina — Paternität.

19. Ein Cognomen, sogar ein doppeltes, hat bekanntlich schon L. Cornelius Scipio Barbatus, Cos. 456/298 geführt, und ohne Zweifel sind Cognomina in patricischen Häusern bereits in viel älterer Zeit üblich gewesen; so hat A. Cornelius, wenn auf die Angabe bei Liv. IV 20, i x Verlaß ist, sein Cognomen Cossus 326/428 oder zwei Jahre später auf die Weihinschrift seiner Spolia opima gesetzt. In den uns erhaltenen Senatsbeschlüssen dagegen stehen die Cognomina in der ersten Hälfte des II. Jahrhunderts noch nicht und beginnen erst am A n f a n g des I. Jahrhunderts aufzutreten. Daraufhin hat Mommsen die Behauptung aufgestellt, daß auch die ältere Magistratstafel noch keine Cognomina gegeben habe, und daß diese erst in verhältnismäßig später Zeit nachgetragen worden seien. Aber dieser Schluß ist keineswegs zwingend; denn es ist doch etwas ganz anderes, ob in einem Dokument die Namen der Consuln zur Datierung und der Zeugen zur Beurkundung des Aktes genannt werden, oder ob es sich um ein Verzeichnis handelt, das nur aus Namen besteht, und dazu bestimmt ist, diese Namen für alle Zukunft in chronologischer Folge festzuhalten. Da hier dieselben Gentilnamen beständig wiederkehrten, mußten genauere Bestimmungen gegeben werden, um jeden Zweifel an der Identität auszuschließen. Das scheint a priori klar, und wird durch die uns erhaltenen Fasten bestätigt. Da diese Fasten in den Gentilnamen bis auf unbedeutende Divergenzen übereinstimmen, müssen sie auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen, die älter sein muß als der Beginn der Annalistik, also spätestens bereits in der Zeit des Hannibalischen Krieges vorhanden war (s. oben § 3). Nach Mommsen selbst würde diese Redaktion sogar um die Mitte, oder doch an das Ende des IV. Jahrhunderts fallen (Chronol.2 208 ff.). Nun haben aber die Cognomina schon in der Fastenrezension gestanden, die bei Diodor zugrunde liegt, also bei dem

Ii

§ 19.

Cognomina der Patricien

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griechischen Chronographen, dem er gefolgt ist (s. unten I 6 § 3) und bei dem römischen Annalisten, der diesem als Quelle gedient hat. Diodor selbst (oder schon seine griechische Vorlage) hat sie allerdings zum größten Teil unterdrückt, und gibt sie, auch nicht ganz vollständig, nur bis zum Decemvirat, und zwar für 52 von den 68 Consuln,. die er von 268—302 aufführt, später nur noch vereinzelt, was zunächst offenbar durch die große Zahl der Namen der Consulartribune verursacht, und dann beibehalten worden ist. Aber eben diese Erwähnungen beweisen, daß die Quelle die Cognomina gegeben hat. Und diese stimmen, soweit sie bei Diodor stehen, von Schreibfehlern abgesehen, mit den Capitolinischen Fasten überein (Mommsen CIL. I 2 1, S. 95). Die einzigen Divergenzen sind folgende (ganz evidente Schreibfehler nicht berücksichtigt): Fasten

Diodor 268 Πρόκλος Ούεργίνιος Τρίκοστος 2Ó9 Σεροΰιος Κορνήλιος Τρίκοστος

Rutilus, der Consul hatte beide Cognomina Maluginensis (Tricostus bei Diodor ist aus dem Vorjahr wiederholt

269 und 271 Κόιντος (Μάρκος) Φάβιος Σιλουανός bzw. Σιλανός

Vibulanus (Silanus bei Diodor dar-

276 Γάιος Κορνήλιος Λεντοΰλος

[C. Servilius Stru\ctus Ahala (Len-

aus korrumpiert) tulus kommt erst seit 427 vor, also bei Diodor korrupt)

282 Λεύκιος Πινάριος Μαμερτΐνος

Rufits;

nach den Fasten von 265

(bei Diodor ist dieses Jahr ausgefallen) hatte der Consul beide Cognomina 286 Κόιντος Σερουίλιος Στροΰκτος

Priscus, 259 Priscus Structus (dies Jahr

stand

bei

Diodor

im

X . Buche) 298 Μάρκος Οΰαλεριος Λακτοΰκα

Maxumus,

356 Lactucin.

Maxum.

(bei Diodor ist der Name unter diesem Jahr ausgefallen)

I ι.

48

Die Consiliari asten.

Diodor

Fasten

305 Λεύκιος Ούαλέριος Τουρπίνος (1. Τουρρΐνος)

Potitus, der andere Consul hieß M. Horatius [Tu]rrinus Barbatus (CIL. I 2 S. 56), dessen Cognomen ist also bei Diodor auf den Collegen übertragen.

3ο6 Τίτος CTEPTXNIOC (1. ΟΥΕΡ-

Tricostus, Structor bei Diodor daraus corrumpiert

ΓΙΝΙΟΟ) Στρσύκτωρ 3ΐ8 Αΰλος Κορνήλιος Μακερΐνος

Maluginensis, Macerinus bei Diodor ist aus dem Vorjahre, wo M. Geganius Macerinus Consul war (dessen Cognomen bei Diodor nicht steht) hierher gesetzt.

337 2πόριος Ούετοΰριος 'Ρουίλιος

Der Name ist in den-Fasten ausgefallen, bei Livius steht Sp. Rutilius Crassus, das Cognomen ist hier zum Gentilnamen geworden.

Ähnlich ist das Verhältnis zwischen Livius und den Fasten, und auch sonst finden sich in unserer Überlieferung nur sehr wenige Abweichungen in den Cognomina. Danach kann kein Zweifel sein, daß die Cognomina der Patricier, fast so wie wir sie heute lesen, schon am Ende des III. Jahrhunderts in den Fasten gestanden haben. Und es wird doch niemand behaupten wollen, daß es vorher und bis zur Mitte des II. Jahrhunderts, in Rom einen Mann gegeben hätte, der imstande gewesen wäre, die Cognomina auf Grund der Tradition in den einzelnen Geschlechtern in die Fasten zu interpolieren; solche gelehrte Forschung lag dieser Zeit noch ganz fern. Also müssen sie von Anfang an in den Fasten gestanden haben, außer etwa in dem allerältesten Teile der Liste. Es ist denn auch bezeugt, daß bereits die Libri lintei aus der zweiten Hälfte des V. Jahrhunderts sie gehabt haben: quod . . . magistratuum libri, quos linteos in aede repositos Monetae Macer Licinius citat .... cum T.

I i

§ 19.

49

Cognomina der Patricier.

Quinctio Poeno A. Cornelium Cossum consulenti habeant (Liv. IV 20, 8), vgl. Liv. IV 7, 10 T. Quinctius Barbatus cónsules creai L. Papirium Mugilanum L. Sempronium Atratinum .... qui ñeque in annalïbus priscis ñeque in libris magistratuum inveniuntur. Licinius Macer auctor est et in foedere Ardeatino et in linteis libris at Monetae inventa. Doch könnten die Cognomina von Licinius Macer aus eigenen Mitteln hinzugefügt worden sein. Die Annalisten allerdings haben die Cognomina zum großen Teil unterdrückt, wie wir j a an Diodor und Livius sehen, und das wird, schon aus Rücksicht auf seine griechischen Leser, bereits Fabius Pictor getan haben. W e r dann solche Quellen vor sich hatte, und die C o g nomina wieder einsetzen wollte, mußte auf die offiziellen Fasten zurückgreifen, und es ist klar, daß es dabei nicht ohne manche Versehen abgehen konnte. A u c h Interpolationen war damit Tür und Tor geöffnet. Daraus erklärt es sich, daß die Cognomina nicht so zuverlässig überliefert sind, wie die Gentilnamen. Der Versuch, einige der Cognomina patricischer Geschlechter als späteren Ursprungs zu verdächtigen (Cichorius, De Fast. S. 221 ff.) ist gänzlich mißlungen. D a ß Ap. Claudius der Censor von 442, Cos. 447. 458 erblindet sei, ist doch offenbar aus dem Cognomen erschlossen, nicht umgekehrt; daneben kann er auch das Cognomen Crassus gehabt haben (Frontin. de Aquis I 5). Ebenso die sabinische Herkunft des Claudius aus dem Cognomen Inregillensis (bei Diodor Regillus bzw. Regillanus), was dann weiter dazu geführt hat, den drei ersten Consuln aus diesem Geschlecht (259. 283. 294) auch das Cognomen Sabinus zu geben, das ohne Zweifel interpoliert ist, da der Consul von 283 und Decemvir von 303 bereits zwei andere Cognomina (Crassus Inregillensis) hat, und die Consuln von 294 und 405 ebenso wie der Consulartribun von 351 nur diese beiden letzten Cognomina führen. O b dieser Schluß richtig ist, ist eine andere Frage, da B e i o c h , Rbm. Geschichte.

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50

I ι.

Die Consiliari asten.

es zwar eine Stadt Regillum im Sabinerlande gegeben hat (Liv. II 16, III 58, Dionys. V 40, XI 15, Suet. Tib. 1), aber auch einen Lacus Regillus in Latium. Das C o g nomen Siculus der Cloelier (Coss. bzw. Consulartribune 256. 310. 376) braucht keineswegs von Sicilien abgeleitet zu sein, denn die Sicani werden bei Plin. III 69 unter den 30 populi Albenses aufgeführt, Siculus aber ist die ältere Form des Ethnikon Sicanus, vgl. Volsculus für Volscus beiEnn. fr. 116 Bährens, Graeculus neben Graecus. Und die Ansicht, daß einst Sikeler in Latium gesessen hätten, gründet sich eben darauf, daß es dort einen solchen Ortsnamen gegeben hat; ein Stadtteil von Tibur hieß noch in Augustus' Zeit Σικελικόν (Dionys. I 16, 5). Die Cloelier können also dies Cognomen sehr wohl schon lange vor der Zeit geführt haben, in der Rom zu Sicilien in enge Beziehungen trat. 20. Während also gegen die Cognomina der patricischen Geschlechter, auch in den älteren Teilen der Fasten, nichts wesentliches einzuwenden ist, sind die Cognomina der Geschlechter mit plebejischen Namen, die vor 354/400 zum Consulat, Decemvirat, oder Consulartribunat gelangt sein sollen, durchweg interpoliert. Ohne weiteres klar ist das für die Minucii und Genucii Augurini, die unter den Jahren 257. 262. 263. 296. 297. 304. 449 (Minucii) und 303. 309. 355. 358 (Genucii) in den Fasten verzeichnet stehen; denn dies Cognomen kann erst angenommen worden sein, nachdem Mitglieder der beiden Geschlechter 454/300 zu Auguren erwählt worden waren (Mommsen, Rom. Forsch. I 65—68). Ebenso unwahrscheinlich ist es,, daß P. Volumnius Amintinus Gallus, Cos. 293, das letztere Cognomen geführt haben sollte zu einer Zeit, wo noch kein Gallier nach Mittelitalien vorgedrungen war, und nicht viel anders steht es mit dem Cognomen Auruncus des Consuls von 253 und 261 Postumus Cominius, denn zu den Aurunkern ist Rom erst anderthalb Jahrhunderte später in Beziehung getreten. Die Cognomina Montanus.

Ix

§ 20.

51

Cognomina der Plebejer.

Capitolinus des Consuls von 300/454 Sp. Tarpeius endlich scheinen aus den Gentilnamen herausgesponnen, da ja das Saxum Tarpeium auf dem Capitol gelegen hat (Cichorius, De Fast. S. 224). Das ist aber nur ein weiteres Zeugnis dafür, daß diese Consulate interpoliert sind; denn hätte es damals patricische Glieder dieser Geschlechter gegeben, so würden sie ebenso unverdächtige Cognomina führen, wie die übrigen patricischen Häuser. Es darf also nicht, wie es Mommsen getan hat, zum Beweis dafür verwendet werden, daß die Cognomina in den Fasten dieser Zeit noch nicht gestanden haben; vielmehr folgt im Gegenteil daraus, daß die Cognomina der unzweifelhaft patricischen Geschlechter schon in dieser Zeit echt sind. Von den ersten Jahrzehnten der Republik natürlich abgesehen. Die Cognomina der plebejischen Consulartribune der Jahre 354. 355. 358 könnten an und für sich in ihrer Mehrzahl echt sein; auch gegen das griechische Cognomen Philo des L. und Volero Poblilius (354. 355) ist nichts einzuwenden, da der Consul Poblilius (415. 439) dasselbe Cognomen führt, und auch P. Sempronius Sophus, Cos. 450 ein griechisches Cognomen hat. Aber Cn. Genucius (355. 358) heißt auch hier Augurinus, und schon Mommsen hat darauf hingewiesen, daß die Duilier, die 418 und 494 Consuln waren, kein Cognomen geführt haben, und es also unwahrscheinlich ist, daß der Consulartribun von 355 (C. Duilius Longus) ein solches geführt haben sollte (R. F. I 58 A. 91). Um so mehr, als dasselbe Cognomen bei dem angeblichen Decemvirn von 304 wiederkehrt, der sicher gefälscht ist. Das macht auch die übrigen Cognomina dieser Consulartribune verdächtig· Die Geschlechtsnamen könnten trotzdem immerhin echt sein, denn es lag ja sehr nahe, diesen plebejischen Consulartribunen Cognomina zu geben, wie ihre patricischen Collegen sie hatten; wahrscheinlich aber sind auch die Namen interpoliert (s. unten III 3 § 2). 4*

52

I ι.

Die Consularfasten.

Daß ursprünglich nur die Patricier Cognomina geführt haben, ist also ohne Zweifel richtig. Aber es fehlt jeder Beweis für die Behauptung, daß der Gebrauch des Cognomens den Plebejern gesetzlich untersagt gewesen sei; es ist auch kaum abzusehen, wie das möglich gewesen sein sollte, seit ihnen der Zutritt zu curulischen Ämtern offen stand. Die plebejischen Consuln haben denn auch in den Fasten von Anfang an, seit den sog. Licinischen Gesetzen, fast durchweg Cognomina. Offenbar haben die plebejischen Geschlechter, die zu Reichtum und Ansehen gelangt waren, nach dem Beispiel der Patricier Cognomina angenommen. 2i. Spätestens seit dem Anfang des III. Jahrhunderts v. Chr. haben die Fasten auch die Paternität enthalten. Piso gab sie in seinen Annalen für die curulischen Aedilen des Jahres 455/299 (fr. 28 bei Liv. X 9, 12), also offenbar für alle curulischen Magistrate und natürlich auch für die folgende Zeit ; ich kann mir nicht vorstellen, daß er diese Notizen aus den einzelnen Familienarchiven zusammengetragen haben sollte, er muß sie also in den Fasten gefunden haben. Und das Jahr 455 wird doch nicht gerade das erste gewesen sein, für das er sie gegeben hat. Es fragt sich, seit wann diese Namen in den Fasten gestanden haben. Auskunft können uns hier nur die Fasten selbst geben. Ich stelle im folgenden die Stammtafeln der wichtigsten patricischen Geschlechter für die ersten beiden Jahrhunderte der Republik zusammen, soweit das auf Grund der Angaben über die Filiation in den Capitolinischen Fasten möglich ist und mit Beschränkung auf die Männer, über die solche Angaben dort vorliegen. Andere Namen sind nur aufgenommen, um zu zeigen, daß auch sie sich zwanglos in die Generationsfolge einfügen.

I χ § 2 1 . Paternität. — Aemilii Mamercini. — Claudii.

Aemilii L. — cos.

270.

M. - - (um

276.

Mamercini.

281

M. — (um

300)

Mam. — (um

Ti. — cos.

285)

Mam. — tr. mil. 3 1 6 diet. 3 1 7 . 320. 3 2 5

330)

M. — Mam. f. M. η. cos.

363· 365·

344. tr.mil. 349-351-353

371· 372-374

L. — mag. eq.

284.

Ti. — (um

L. — Mam. f. M. η. tr, mil. 367·

53

287

320)

C. — Ti. f. Ti. η. tr. mil.

360.

363

L. — tr. mil. 3 7 7 , cos. 388. 391, mag. eq. 3 8 6

402

L. — L. f. L. n. Privernas cos. 4 1 3 . 4 2 5 mag. eq. 4 1 2 , diet. 419. 438

M. — cos. 405 (Diod. X V I 59)

Claudii. M. — (um

230)

Αρ. — Sabinus Inrigillensis cos. 259 Αρ. — Αρ. f. M. η. Crassus InrigilC. — Ap. f. [M. n.] Inrigillensis Sabinus cos. 294 lensis Sabinus cos. 283, X v i r 303 P. -

I

(um

315)

Αρ. — Crassus tr. mil. 330

Αρ. — P . ί. Αρ. η. Crassus Inrigillensis tr. mil. 3 5 1 Ap. — Crassus Inregillensis diet. 392

I

C. — Inrigillensis diet. 4 1 7

I

P. — (um

380)

Αρ. — Ρ . f. Αρ. η. Crassus Inrigillensis cos. 405

Αρ. — C. f. Αρ. n. Caecus cens. 442. cos. 4 4 7 . 4 5 8 Αρ. — Αρ. f. C. η. Rufus cos. 486

Daß Αρ. Caecus, der Censor, nicht der Enkelsohn des Ap. Crassus tr. mil. 3 5 1 gewesen ist, sondern sein Urenkelsohn, bedarf keines Beweises; offenbar war der Dictator von 392 sein Großvater. Ebenso klar ist, daß

I ι.

54

Die Consularfasten.

P. Pulcher cos. 505 nicht der Sohn des Censors gewesen sein kann. Der trib. mil. von 351 kann natürlich nicht mit dem gleichnamigen Consul (ebenfalls P. f. Ap. n.) von 405 identisch sein, trotz des videtur idem im Corpus, sondern war dessen Großvater. Doch ist der Consul von 405 vielleicht interpoliert, da Diodor unter diesem Jahr andere Namen gibt (M. Aemilius, T. Quinctius). Der angebliche Dictator von 392 Ap. Claudius Crassus Inregillensis (Fasti Capitol., wo das Praenomen und die Paternität weggebrochen sind, Liv. VII 6, 12) wäre nach Liv. VI 40, 2 nepos decemviri gewesen; natürlich muß abnepos gelesen oder verstanden werden, da zwischen beiden ein Jahrhundert liegt. Er war also der Großvater des Censors. Die Dictatur scheint allerdings interpoliert. Fabii. K . Fabius Vibulanus K . — Vibulanus,

Q. — Vibulanus,

M. — Vibulanus,

c o s . 270. 273.275

c o s . 269. 272

c o s . 271. 274

Q. — M. f. K . n. Vibulanus, cos. 287. 289. 295, X v i r 304

M. — Vibulanus, cos. 297 a (Diod. X I I 3 , 1 )

Q.

M. — Vibulanus cos. 312. tr. mil. 321

Q. — Q. f. M. n. Vibulanus, cos. 331. 338. 340

M. — Ambustus (um 340)

Κ. - M. f. Q. η. Ambustus tr. mil. 35°· 353· 359- 364

N. — I

M. — Κ. f. M. n. tr. mil. 373. 385. cens. 391

• (um 300)

N. — Q. f. M. n. Vibulanus, cos. 333. 339. 347

Ν. - Μ. f. Q. n. Ambustus cos. 348

Q . - M . Í . Q. n. Ambustus Vibulanus cos. 342 trib. mil. 364

M. — N. f. M. n. Ambustus cos. 394. 398. 400. diet. 403 Q. — M. ί. N. n. Max. Rull. cos. 432. 444.446.457. 459 diet. 439. mag. eq. 430 cens. 450 In der Fastenliste CIL. I 2 1 S. 114 steht unter 348 durch einen Druckfehler N. F . Q. f. M. n.

I ι § 2i.

Stammtafeln: Fabii. — Furii.

55

Von Q. Vibulanus, Cos. 287 an, ist der Stammbaum in Ordnung, ebenso der ältere Teil, von den drei Brüdern K. Q. M., Coss. von 269—275 bis zu den beiden Brüdern Q. u. N. Coss. 331 und 333. Beide Teile lassen sich aber nur schwer vereinigen, denn der Consul von 287 kann doch nicht wohl der Vater der Consuln von 331 und 333 gewesen sein. Es handelt sich also hier wahrscheinlich um zwei verschiedene Zweige des Geschlechts, die von den Neueren zusammengeworfen worden sind, weil Q., der Consul von 287, der einzige Fabier gewesen sein soll, der die Katastrophe am Cremerà überlebt hätte, was ja handgreiflich absurd ist. Sohn eines M. und Enkelsohn eines K. könnte dieser gleichwohl gewesen sein aber es ist keineswegs notwendig, daß sein Vater und Großvater mit dem Consul von 271. 274 und dessen Vater identisch waren, da ja beide Namen in den Fasten des Geschlechts beständig wiederkehren. — M. der nur bei Diodor als Consul des Jahres zwischen 297 und 298 erwähnt wird, aber in allen übrigen Fastenredaktionen fehlt, muß der Sohn eines der drei Brüder K. Q. und M., Coss. 269—275 gewesen sein ; welches läßt sich nicht sagen. — N., der Vater des M. Ambustus Cos. 394 kann nicht der Consul von 348 sein, sondern war ohne Zweifel dessen Neffe, Sohn des M. Ambustus bei Liv. V 25, 5, der nicht zum Consulat gelangt ist. Furii. Sp. — Medullinus Fusus cos. 290. suif. 301 [L.] — Medullinus tr. mil. 322. 329. 324 L. — L. f. Sp. n. Medullinus trib. mil. 347. 349.

Sp. — L. f. Sp. n. MeduU. tr.

356. 357- 359- 360· 363

œil· 354

L. (Diod.) Sp. (Liv.) — trib. mil. 376

L. — Sp.f. L. n. Medull. tr. mil. 373. 384. cens. 391

M. — L. f. Sp. n. Camillus cens. 351, tr. mil. 353. 356. 360. 368. 370. 373, diet. 358. 364. 365. 386. 387 M. — Camillus

Sp. — M. f. Camillus praet. 388 (Liv. V I I χ, 2 Suid. πραίτωρ)

L. — M. f. Camillus cos. L. — Sp. f. M. n. Ca405. diet. 404. 409 millus cos. 416. 429

56

I ι.

Die Consularfasten.

L. Furius (Camillus nach Liv. VII 24, 1 1 ; 25, 1 0 ) Cos. 405 gilt als Sohn des berühmten Camillus, weil nach App. Kelt. 2 ein Sohn von diesem die Gallier geschlagen hat; der Vorname wird nicht genannt, es kann aber nach dem Zusammenhange nur Lucius gemeint sein (vgl. Tac. Ann. II 52). Das ist aber wegen des Zeitunterschiedes nicht recht möglich, vielmehr muß Lucius sein Enkelsohn gewesen sein; hieß Lucius' Vater, wie der Großvater Marcus, so erklärt sich die Verwechslung sehr leicht. Doch ist das Consulat zweifelhaft, da Diodor unter diesem Jahr andere Namen gibt ( X V I 59), und auch die erste Dictatur scheint bedenklich. Übrigens hatte Camillus nach Plut. Cam. 35 einen Sohn Lucius, der in dem angeblichen Volskerkrieg von 365 unter ihm befehligt haben soll. E s ist klar, daß dieser nicht erst 60 Jahre später zum Consulat gelangt sein kann. Manlii Vulsones. Cn. — P. i. (um Cn. — (um 280) A. — Cn. i. (um 315) Q. — A. f. Cn. n. tr. mil. 349. 352. 357

250)

A. — Cn. f. P. n. cos. 280 X v i r 303 M. — tr. mil. 320. 334

Q. — A. f tr. mil. 358

P. - M. f. Cn. n. tr. mil. 354

Manlii Capitolini (Imperiosi, Torquati). Α. — (um 310) Α. — Α. f. (um 340) A. —

P. — A. f. A. n. Capitol, tr. mil. 375. 387, diet. 386

L. — Capitol, tr. mil. 332 L. —

T. — T. f. A. n. (Liv. V I 20, 2)

T. — Q. f. (um 335)

A. — T . f . A . n . Capit. tr. mil. 365. 369. 3 7 1 , 384 ( ?) (Liv. V I 20, 2)

M. — T. f. A. n. Capit. trib. mil. 362 (Diodor A u lus)

L. — A . f. [Cic. Cn. — L. f. A. n. Capitol. X. — L. f. A. n. Imperiosus O / / . I I I 3 1 , 1 1 2 ) Imperiosus cos. 3 9 5 . 3 9 7 . Torquatuscos. 407.410. 414. Capit. Imper. mag. eq. 409. cens. 403 diet. 401. 405. 435 diet. 391 A. Manlius, der um 310 gelebt hat, kann ein Sohn des Decemvirn A . Vulso sein; sein Sohn (?) Lucius, Consulartribun 332 ist der erste, für den das Cognomen Capitolinus bezeugt ist.

Ii

§ 21.

Mänlii. — Papirii. — Servilii. — Sulpicii. Papirii

M. — cos. 313

C. — tr. mil. 370

Crassi.

Papirii

57

Cursores.

L. — cos. 318

C. — (Diod., L. Liv.) cos. 424

L. — tr. mil. 367. 369, cens. 361

M. — (um 345)

Sp. - C. f. (um 355)

Sp. — L. f. (um 395)

L. — M. f. tr. mil. 372. 378

Sp. — Sp. f. C. n. tr. mil. 386

L. — Sp. f. L. n. cos. 428. 434. 435. 439. 441, diet. 430. 445, mag. eq. 414. 434

I

L. — L. f. Sp. n. cos. 461. 482 cens. 483 Servilii

Prisci

Structi

Fidenates.

P. — Priscus Structus (um 230) P. — Priscus Structus cos. 259

Sp. — P. f. (um 260)

Q. — Priscus Structus cos. 286. 288

P. — Sp. i. P. n. Priscus Structus cos. 291

C. — (um 320)

Q. — P. f. Sp. n. Priscus Fidenas diet. 319· 336 Q. — Q. f. P. n. Fidenas tr. mil. 352.

C. — C. i. (um 350)

I

356· 359· 364- 366· 368

Sp. — C. t. C. n. Structus tr. mil. 386

Q. — Fidenas tr. mil. 372. 376. 385

Sulpicii

Sp. — Priscus cens, 376

Camerini.

Ser. — Camerinus Cornutus cos. 254

Q. — Camerinus Cornutus cos. 264

Ser. — Ser. f. Ser. η. Camerinus Cornutus cos. 293, Xvir 303 Ser. — (um 320)

Q. — Camerinus Praetextatus cos. 320 (oben § 6)

Q. — Ser. f. Ser. η. Camerinus Cornutus tr. mil. 352. 356

Ser. — Q. f. Ser. η. Camerinus eos. suff. 361, tr. mil. 363

58

I ι.

P. — Volusi f. . . . n. Poplicola cos. 2 4 5 . 2 4 6 . 247 I P. — P. f. Volusi n. Poplicola cos. 2 7 9 . 2 9 4 I L. — P. f. P. n. Poplicola Potitus cos. 3 0 5 I L. — L. f. P. n. Potitus tr. mil. 3 4 0 . 3 4 8 . 3 5 1 . 353· 356. 361. 362, mag. eq· 364 L. — Poplicola tr. mil. 360. 365. 367. 371. 374

M. — Poplicola cos. 3 9 9 . 401

Die Consularfasten.

Valerli. Volusus M. — Volusi f. Volusus cos. 2 4 9

M.' — Volusi f. Maximus diet. 2 6 0

Volusus — (urn 2 8 0 )

M. — M.' f. Volusi n. Maximus cos. 2 9 8

L. - Volusi f. (um 310)

M. — M. f. (um 3 2 5 )

L. - L. f. Vol. n. Potitus Volusus tr. mil. 3 3 9 . 3 4 7 . 3 5 0 , cos. 3 4 4 P. — L. f. L. n. Potitus Poplicola tr. mil. 368. 370. 374. 377. 384· 387

M. — Μ. ί. Μ. η. Lactucinus Max. tr. mil. 3 5 6 . 359

P. — Poplicola cos. 4 0 2 , diet. 4 x 0

M. — M. f. M. n. Maximus Corvus cos. 4 0 6 . 408. 4 1 1 . 4 1 9 . ( 4 5 4 . 4 5 5 ) , diet. 4 1 2 . ( 4 5 3 )

M. — M. f. (um 3 8 0 )

M. — M. f. M. n. Maximus Corvinus cos. 4 4 2 . 454· 455· 465. diet. 4 5 3 , cens. 4 4 7 I M. — M. f. (um 4 6 5 ) I M'. — M. f. M. n. Messalla cos. 4 9 1 , cens. 5 0 2 Die Consulate von 454, 4 5 5 und die Dictatur von 453, die in den Fasten Corvus g e g e b e n werden, gehören in Wahrheit seinem Sohne Corvinus, wie heut allgemein anerkannt ist (s. unten V 2 § 1 ) .

I ι § 21.

Valerli. — § 22. Echtheit der Namen der Väter.

59

Eine nähere Begründung der obigen Tafeln kann hier nicht gegeben werden; der Leser wird bei einigem Nachdenken leicht selbst sehen, warum ich die Namen in dieser Weise geordnet habe. Einzelnes muß ja bei der Beschaffenheit unserer Überlieferung zweifelhaft bleiben. Die Hauptsache aber steht sicher. Und hier und da ist ja wohl auch manches neue dabei abgefallen. 22. Das oben zusammengestellte Material ist umfangreich genug, um Schlüsse darauf zu gründen. Die Intervalle zwischen dem ersten Consulat bzw. Consulartribunat des Vaters und des Sohnes betragen in Jahren: 19, 20, 23, 24, 24, 26, 27, 27, 28, 28, 29, 30, 30, 32, 32, 33, 33, 34, 34, 35, 36, 36, 38, 38,

38, 38, 39, 39, 39, 41·

Mittel 31 2 / 3 .

Zwischen Großvater und Enkelsohn: 49, 50, 50, 54, 54, 55, 58, 59, 60, 60, 61, 61,

62, 62, 62, 63, 65, 68, 76.

Mittel 59V2·

Zwischen Urgroßvater und Urenkelsohn: 8 1 , 81, 82, 82, 83, 85, 86, 86, 86, 86, 89, 90, 94,

94, 94, 95, 97, 98, 99,

I0

«,

I0



Mittel 93V7·

Die mittleren Intervalle sind also genau das, was wir von vornherein erwarten sollten, 30—31 2 / s für jede Generation. Wenn ein Fälscher imstande war, Angaben über die Paternität zu erfinden, die so vollständig in den Grenzen der Wahrscheinlichkeit bleiben, und es möglich ist, Stammtafeln wie die obigen danach aufzustellen, dann war er ein ernsthafter Forscher, und ein solcher pflegt sich doch nicht mit Fälschungen abzugeben. Daraus folgt dann zur Evidenz, daß die Angaben über die Namen der Väter in unseren Fasten, und zwar bis um die Wende des VI. Jahrhunderts hinauf, wenigstens in der Hauptsache aus guter Überlieferung geflossen sind, sei es nun aus

6o

I ι.

Die Consulaxfasten.

den offiziellen Fasten selbst, sei es aus der Tradition in den einzelnen Adelshäusern, die ja gerade in diesem Punkte besonderes Vertrauen verdient. W i r sehen, was von der Behauptung zu halten ist, der Redaktor der Fasten hätte die Filiation aus eigenen Mitteln hinzugefügt, in der Weise, ut singulis consulibus eos daret patres et avos, qui eiusdem gentis Ulis praecederent cónsules in indice eponymorum; quo quidem modo effecit, ut ei soli legerentur in originibus, qui summos magistratus administravérant, ñeque potuit fieri, quin saepe neglegeretur temporum ratio, cum modo eodem decennio, modo quinquaginta annorum intervallo interposito bini eiusdem gentis exstarent cónsules. Cichorius (De Fastis S. 241) würde diese Sätze nicht so zuversichtlich vorgetragen haben, wenn er sich die kleine Mühe genommen hätte, selbst Stammtafeln zu entwerfen, statt Lübbert (was liegt an dem überhaupt) oder Borghesi nachzuschreiben; er würde dann gesehen haben, daß das Gegenteil richtig ist. Die Namen der Väter haben wahrscheinlich von vorn herein in den Fasten gestanden; bei der beständigen Wiederkehr derselben Geschlechtsnamen war das notwendig, um Verwechslungen vorzubeugen. Die Hinzufügung des Namens des Großvaters auf Denkmälern ist, soweit die erhaltenen Inschriften ein Urteil gestatten, erst seit dem A n f a n g des II. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung üblich geworden; die ältesten Beispiele sind die Inschriften auf den Weihgeschenken des M. Fulvius Cos. 565, aus der Beute von Ambrakia ( C I L I 2 2, 615, 6x6), die Meilensteine des M. Aemilius Lepidus, Cos. 565, Cens. 575 (CIL. I2 2, 617. 618), die Grabschrift des L. Cornelius L. f. P. [n.] Scipio, Quaestor 587, gestorben um 593 (CIL. I2 2, 12). Die Namen der Großväter werden also auch in den Fasten erst seit dieser Zeit gestanden haben, wie sie denn Piso für den Anfang des III. Jahrhunderts noch nicht gegeben hat (fr. 28 bei Liv. X 9, 12). Die Angaben in den Capitolinischen Fasten für die ältere Zeit

I i §22. Die Namen d. Großväter. — § 23. Geschichte d. Fasten.

6l

mögen auf den Liber Annalis des Atticus zurückgehen, der sie aus der genealogischen Familientradition geschöpft haben muß (Nep. Att. 18 et quod difficillimum fuit, sic familiarum originem subtexuit, ut ex eo clarorum virorum origines possimus cognoscere, vgl. Cichorius, De Fastis, S. 249). 9. Ergebnis.

23. Danach ergibt sich folgendes. Die Eponymenliste stand bereits im III. Jahrhundert, vor dem Beginn der Annalistik, im wesentlichen so fest, wie wir sie noch heute lesen. Sie beruht in der Hauptsache auf echter Überlieferung, ist aber in den ältesten Teilen, bis 268/486, sehr stark interpoliert. Dann, bis 390/364, kommen Interpolationen ganzer Collégien nur noch selten vor, wohl aber sind öfter einzelne Namen durch andere verdrängt worden, oder, in der Zeit des Consulartribunats, ausgefallen. Von da an sind, vielleicht mit einer Ausnahme (447. 448) ganze Collégien nicht mehr interpoliert worden, und Varianten in den Namen finden sich nur noch vereinzelt. W o h l aber sind, zu chronologischen Zwecken, die vier Dictatorenjahre 421/333. 430/324. 445/3°9· 453/301 eingesetzt worden, auch die Dauer der Anarchie scheint auf fünf Jahre verlängert worden zu sein. Die Namen der Väter und die Cognomina haben schon in der ursprünglichen Liste gestanden, außer vielleicht in dem ältesten Teile, müssen aber auch hier sehr früh eingesetzt worden sein. Da die Fasten seit Varr. 454/300, soweit wir sehen, zuverlässig überliefert sind, entsprechen die Consulate seitdem den Jahren vor unserer Zeitrechnung, die sich ergeben, wenn wir von Varr. 753/1 v. Chr. (Cos. Cossus Lentulus u n d L. Piso) aufwärts zählen, natürlich unter Berücksichtigung des jeweils geltenden Antrittstermins und der durch den Gang des Kalenders bedingten Verschiebungen. Für diese Zeit haben wir also festen Boden unter den Füßen. In der vorhergehenden Periode seit

62

I ι.

Die Consiliari asten.

— I 2.

Die Dictaturen.

388/366 sind die vier Dictatorenjahre in A b z u g zu bringen, das Jahr Varr. 388 entspricht also 362 v. Chr. Sollten auch die Consulate von 447/307 und 448/306, die Piso nicht hatte, interpoliert sein, so käme Varr. 388 in 360 v. Chr. zu stehen, doch ist das nicht wahrscheinlich (s. oben § 12). Zu der Annahme, daß noch andere Consulate dieser Zeit interpoliert oder ausgefallen sein sollten, liegt kein Grund vor; die Chronologie steht also auch jetzt noch annähernd sicher. Da ferner das Jahr Varr. 387, das bei Diodor fehlt, interpoliert scheint, so entspricht Varr. 386/368 dem Jahr 363 v. Chr. Die gallische Katastrophe 364/390 würde dann in 385 v. Ch. kommen, da aber die Anarchie doch nicht wohl fünf Jahre gedauert haben kann, etwa in 383 oder, wenn wir mit Diodor nur ein Jahr dafür ansetzen, in 381. Das Jahr der zweiten Decemvirn 304/350 ist sicher interpoliert (s. unten III 2, § 3); das Decemvirat (303/451) kommt danach, je nachdem wir der Chronologie Varros oder Diodors folgen, der vier Jahre weniger hat (331. 332. 333. 335. Varr. 334 steht bei Diodor zwischen Varr. 326 und 327), etwa in 443 bzw. 439 v. Chr. Aus älterer Zeit ist das einzige annähernd sichere Datum das Jahr der Einweihung des Capitolinischen Tempels, 507 v. Chr. Oder zur Tabelle zusammengestellt: Wahre Varr.

Chronologie v. Chr.

Einweihung des Capitolinischen Tempels . .

245/509

Decemvirat

303/451

507 443

Gallische Katastrophe

364/390

383

Erstes plebejisches Consulat

388/366

362

Beginn des Latinerkrieges

414/340

336

B e g i n n des zweiten Samnitenkrieges .

.

.

.

Caudinischer Frieden E n d e des zweiten Samnitenkrieges B e g i n n des dritten Samnitenkrieges

.

.

.

.

428/326

323

433/321

319

450/304

303

456/298

398

Seitdem steht die Chronologie sicher.

I x § 23. Die wahre Chronologie. — I 2 § I. Die älteren Dictaturen.

63

II. Die Dictaturen. I. Die Dictatur war, von den ersten Zeiten der Republik vielleicht abgesehen, kein regelmäßiges Amt. Die Dictatoren hatten also kein eigenes Amtslokal, kein Bureaupersonal und kein Archiv. Daraus folgt, daß es besondere Dictatorialfasten niemals gegeben haben kann. Und auch in den Consularfasten können die Dictatoren ursprünglich nicht verzeichnet gewesen sein, da ja nicht nach ihnen datiert wurde. Die Nachrichten über die Dictaturen in älterer Zeit stammen also aus Familientradition, oder aus öffentlichen Dokumenten, wie ζ. B. der bekannten Weihinschrift, die der Dictator T. Quinctius nach seinem Siege über Praeneste gesetzt hat (Liv. VI 29,9). Diese Dokumente trugen aber natürlich kein Consulardatum, und ebensowenig gab die Familientradition solche Daten. Die Dictaturen der älteren Zeit sind also erst von den Annalisten chronologisch festgelegt worden, und Interpolationen hatten hier ein weites Feld. Die Bestätigung gibt ein Blick auf die Dictatorenliste bis zur Mitte des IV. Jahrhunderts. 1 ) D a ß die Dictatoren aus den ersten Jahrzehnten der Republik rein sagenhaft sind, abgesehen vielleicht von T. Larcius, der aber jedenfalls kein Dictator im späteren Sinne des Wortes gewesen ist (s. unten III 1 § 6), bedarf keiner Bemerkung. Es sind übrigens außer T. Larcius nur drei: M. Valerius, der von einigen Annalisten statt T. Larcius als erster Dictator genannt wurde, A . Postumius Albus Regillensis 255/499 oder 258/496 und M. Valerius Maximus 260/494, außer zwei anderen, die nur bei Lydus de Mag. I 38 erwähnt werden (A. Sempronius Atratinus 271/483 und C. Aemilius Mamercus 291/363). 1)

Das Material ist zusammengestellt, aber nicht methodisch

arbeitet, von Fr. Bändel, Die römischen

Diktaturen,

Die Arbeit ist gleichwohl sehr dankenswert.

ver-

Dissert. Breslau 1910.

64

I 2.

Die Dictaturen.

Ganz sagenhaft sind auch die Dictaturen der beiden Helden der Aequerkriege, L. Quinctius Cincinnatus 296/458. 315/439 und A. Postumius Tubertus 322/432. Der letztere kommt überhaupt in den Consularfasten nicht vor, soll aber 320/434 Reiterführer des Dictators Mamercus Aemilius Mamercinus gewesen sein ; Cincinnatus steht als Consul nur in dem bei Diodor zwischen 297 und 298 interpolierten Jahre, das in allen übrigen Rezensionen fehlt (s. oben I 1 § 3), außerdem in den Capitolinischen Fasten 294/460 als Suffectus, eine Angabe, die für diese Zeit mehr als verdächtig ist, seine zweite Dictatur haben die älteren Annalisten, Cassius Hemina und L. Piso, noch nicht gekannt (Dionys. XII 4). L. Quinctius und A. Postumius sind also von den Annalisten zu Dictatoren gemacht worden, weil sie in den Consularfasten nicht verzeichnet waren ; der letztere ist dann später hineingebracht worden. Von einer Iteration der Dictatur gibt es kein sicher beglaubigtes Beispiel. In der Zeit vor 388/366 sollen, außer L. Quinctius, drei Männer die Dictatur mehrmals bekleidet haben: Mamercus Aemilius Mamercinus 317/437. 320/434. 328/426. Q. Servilus Priscus Structus Fidenas 319/435. 336/418. M. Furius Camillus 358/396. 364/390. 365/289. 386/368. 387/367.

Von M. Camillus läßt sich nachweisen, daß alle diese Dictaturen gefälscht sind, mit Ausnahme der ersten, in der er Veji genommen hat. Auch von den drei Dictaturen des Mamercus Aemilius kann höchstens eine echt sein, denn er soll in der ersten und dritten Dictatur gegen Fidenae gekämpft haben, und das zweitemal ernannt worden sein, weil man einen Einfall der Etrusker post Fidenas captas befürchtete, der dann aber nicht stattgefunden hätte (Liv. IV 23, 4—24, 2); offenbar hat man über das Jahr der Dictatur nichts sicheres mehr gewußt. Q. Servilius Fidenas soll in seiner ersten Dictatur Fidenae erobert haben, was nur aus seinem Beinamen herausgesponnen ist, denn Fidenae ist viel später genommen

I 2 § 2.

65

Iteration der Dictatur.

worden. In seiner zweiten Dictatur hätte er Labicum erstürmt, sein Reiterführer wäre C. Servilius, Priscus oder Axilla (Ahala), gewesen. Aber L. Sergius Fidenas (nach Diodor Marcus) und Servilius Axilla sind in diesem Jahre Consulartribune gewesen, und es ist doch sehr unwahrscheinlich, daß der Dictator und sein Magister equitum mit ihnen gleichnamig gewesen sein sollten, denn Sergius und Servilius sind Varianten desselben Geschlechtsnamens, und auf die Vornamen ist in der Überlieferung aus dieser Zeit wenig Verlaß. Es wird dadurch sehr zweifelhaft, ob Q. Servilius überhaupt Dictator gewesen ist, um so mehr, als er das Consulat nicht bekleidet hat (s. unten § 3). Jedenfalls war über das Jahr auch hier nichts überliefert. Später soll die Iteration der Dictatur noch viermal vorgekommen sein, und zwar in folgenden Jahren: T. L. L. C. L.

Manlius Imperiosus Torquatus 401/353. 405/349. 434/320. Furius Camillus 404/350. 409/345. Aemilius Mamercinus Privernas 419/335. 438/316. Maenius 434/320. 440/314. Papirius Cursor 429/325. 444/3x0.

T. Manlius, der übrigens erst 407/347 Consul geworden ist, soll in seiner ersten Dictatur den Frieden mit Caere geschlossen haben (Liv. VII 19. 20), man sieht nicht recht, warum das nicht auch die Consuln hätten tun können, um so weniger, als einer davon ein so hervorragender Mann wie C. Sulpicius Peticus war. Die zweite Dictatur ist ein Duplicai dieser ersten, oder umgekehrt, denn der Reiterführer ist beidemal derselbe, A. Cornelius P. f. A. n. Cossus Arvina. Die dritte Dictatur ist sicher interpoliert, denn sie fehlt bei Livius, auch soll der Reiterführer L. Papirius Cursor gewesen sein, der in diesem Jahre das Consulat bekleidet hat. Ferner werden aus demselben Jahre noch zwei andere Dictaturen erwähnt, des L. Cornelius Lentulus, der gleichfalls L. Papirius Cursor zum Magister equitum gehabt haben soll, und des C. Maenius. Die letztere ist nichts weiter als eine Vorausnahme der Belach, Rem. Geschichte.

6

66

I 2.

Die Dicta turen.

Dictatur desselben Mannes in 440/314, denn der Reiterführer ist beidemal der gleiche (M. Foslius), und aus beiden Dictaturen wird dasselbe berichtet; da nun die Dictatur in 440/314 zweifellos echt ist, muß die andere gefälscht sein. A u c h wird sie bei Livius unter diesem Jahr nicht erwähnt, erst später, unter 440/310 beiläufig in einer Rede (IX 34, 14); L. Furius Camillus soll 350 comitiorum habendorum causa zum Dictator ernannt worden sein (Liv. VII 24, 11) und die W a h l zweier Patricier durchgesetzt haben; in seiner zweiten Dictatur hätte er einen Krieg g e g e n die Aurunker geführt, der Iuno Moneta einen Tempel gelobt, und, cum victor Rotnam revertisset, sein Amt niedergelegt (Liv. VII 28, 2—4). Ebenso soll L. Aemilius das erstemal zur Leitung der Wahlen ernannt worden sein (Liv. VIII 16, 12 mit absurder Motivierung); auch diesmal wurden zwei Patricier gewählt (vgl. unten IV 2 § 5). Demnach scheint es, d a ß die ersten Dictaturen der beiden Männer gefälscht sind, aus demselben Grunde wie die Dictatur des C. Iulius Iulus 402/352, der durchsetzten sollte, ut ambo putridi cónsules crearentur, was ihm selbst freilich nicht gelungen ist, sondern erst den interreges, die auf ihn gefolgt sind. W o h l aber ist die zweite Dictatur des L. Aemilius sicher gefälscht, denn er soll sie ein ganzes Jahr lang bekleidet haben (Liv. IX, 21, 1; 22, 1), und sein angeblicher S i e g vor Saticula ist nichts weiter als ein Duplikat der S i e g e der Consuln im folgenden Jahre (s. unten V 1 § 6). Ebenso gefälscht ist die zweite Dictatur des L. Papirius, denn der Sieg, den er als Dictator erfochten haben soll, ist nichts weiter als ein Duplicat des Sieges seines gleichnamigen Sohnes bei Aquilonia (293, s. unten V 1 § 8), und mit dem Siege fällt auch die Dictatur. 3. Natürlich konnte immer nur ein Dictator im Amt sein; erst im Hannibalischen Kriege ist man davon abgegangen, als Q. Fabius Maximus 217 M. Minucius zur Seite gestellt wurde. Das würde nicht ausschließen, d a ß

I 2 § 3· Mehrere Dictât, im selben Jahre. — Consuln als Dictât.

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mehrere Dictatoren nach einander im selben Jahre ernannt worden wären. Da man aber doch nur in Fällen der Not zur Ernennung eines Dictators geschritten ist, konnte das nicht oft vorkommen. E s werden denn auch nur fünf solcher mehrfachen Dictaturen im selben Jahr erwähnt, und zwar 386/368 M. Furius Camillus und M. Manlius Capitolinus. 433/321 Q. Fabius Ambustus und M. Aemilius Papus. 434/320 C. Maenius, L. Cornelius Lentulus, T. Manlius Torquatus. 441/313 Q. Fabius Rullianus und C. Poetelius Libo. 452/302 C. Iunius Brutus Bubulcus und M. Valerius Maximus.

Von diesen Dictaturen sind die des M. Camillus (s. unten IV 2 § 4), C. Maenius und T. Torquatus (s. oben § 2 und unten § 4), Q. Fabius Rullianus (s. unten V 1 § 7) und M. Valerius Maximus (s. unten V 2 § 1 ) sicher interpoliert, und dasselbe wird dadurch auch für die Dictatoren des Jahres 433/321 sehr wahrscheinlich, um so mehr als sie beide comitiorum habendorum causa ernannt sein sollen, es aber trotzdem zum Interregnum gekommen ist (Liv. I X 7, 1 2 — 1 4 ) . E s ist also, bis 217, niemals mehr als j e ein Dictator im selben Jahre im Amte gewesen. Daß ein fungierender Consul zum Dictator ernannt wurde, war staatsrechtlich möglich, die Sache hatte aber keinen rechten Zweck, und es ist j a klar, daß der Consul, der die Ernennung zu vollziehen gehabt hätte, wenig Lust haben konnte, zugunsten seines Collegen abzudanken. E s wird denn auch, soviel ich sehe, nur einmal berichtet, von Q. Publilius Philo 415/339, abgesehen von zwei Fällen aus den ersten Jahren der Republik (T. Larcius 253/501, Liv. II 18, 5 und A. Postumius Albus 258/496, Dionys. V I 2) und der sicher bezeugten Dictatur (comitiorum habendorum causa) des Consuls M. Livius Salin ator 547/207. Da aber die Gesetze, die Q. Publilius als Dictator gegeben haben soll, erst in späteie Zeit gehören (s. unten V 6 § 1), so wird diese Dictatur sehr zweifelhaft (vgl. unten § 5). 5*

68

I 2.

Die Dictaturen.

In 414/340, dem ersten Jahr des Latinerkrieges, soll L. Papirius Crassus als Praetor zum Dictator ernannt worden sein. Als solcher soll er g e g e n Antium g e z o g e n sein, aber nihil memorabile ausgerichtet haben (Liv. VIII12, 3). Das hätte er ebensogut als Praetor tun können. Schon Livius ist die Sache bedenklich vorgekommen, als Motiv gibt er an, der Consul T. Manlius sei krank gewesen, aber darüber kann es unmöglich eine Überlieferung gegeben haben, auch war j a der andere Consul P. Decius noch da, denn die Erzählung von dessen T o d e in der Schlacht bei Trifanum ist nichts weiter als eine Legende (s. unten IV 4 § 5). Diese Dictatur ist also g a n z sicher gefälscht. 4. Das Gesetz über die Einsetzung der Dictatur soll bestimmt haben, daß nur Consulare zu dem Amte ernannt werden sollten (Liv. II 18, 5). Seit 434/320 ist es denn auch so gehalten worden, mit wenigen, durch besondere Verhältnisse veranlaßten Ausnahmen: Q. Hortensius um 467/287, M. Claudius Glicina 505/249, M. Minucius Rufus 537/217 (Mommsen, Staatsr. II® 145). Und es liegt ja auch in der Natur der Sache, daß nur bereits erprobte und angesehene Männer zu Dictatoren genommen wurden. Gleichwohl finden sich, aus der Zeit bis 433/3 21 ) in unserer Überlieferung eine lange Reihe von Ausnahmen, nicht weniger als 21. Aber davon sind M. Valerius, nach einigen Annalisten der erste Dictator, A . Postumius 245/499 oder 258/496 (Cos. im letzteren Jahr), M. Valerius Maximus 260/494, L. Quinctius Cincinn a t i 296/458. 315/439, Α . Postumius Tubertus 321/433 (kein Consulat) ganz sagenhaft; L. Quinctius hat man übrigens für 294/260 zum Cos. Suffectus gemacht (Fast. Capit.), um ihn als Consular zur Dictatur gelangen zu lassen. O b Q. Servilius Priscus Structus, 319/435. 336/418 (kein Consulat), überhaupt Dictator gewesen ist, scheint sehr zweifelhaft (s. oben § 2). P. Cornelius Rutilus Cossus, Diet. 346/408, Consulartribun 348/406 soll ein bellum haud

I 2 § 4· Die Dictatoren Consiliare.

69

memorabile gegen die Volsker und A e q u e r geführt haben, wobei er gleichwohl bis zum Fucinus v o r g e d r u n g e n wäre (IV 57, 7), wohin die R ö m e r erst ein Jahrhundert später gelangt sind. D a s ist offenbar F ä l s c h u n g , und damit wird auch die Dictatur verdächtig, jedenfalls ist auf das Jahr kein Verlaß. Die Dictatur des A p . Claudius Crassus 392/362 trib. mil. 403/351, cos. 405/349) ist gefälscht, wie der g a n z e Hernikerkrieg, in dem er gekämpft haben soll (s. unten II 2 § 8). E b e n s o die Dictatur des T . Quinctius Capitolinus (cos. 400/354· 403/351) 393/361, da der S i e g über die Gallier, den er erfochten haben soll, erfunden ist (s. unten IV 3 § 2); übrigens scheint er in 400/354 Dictator gewesen, und mit dem Consulartribun von 386/368 identisch zu sein (s. unten IV 1 § 4). T . Manlius Torquatus soll dreimal Dictator g e w e s e n sein, 401/353. 405/349. 434/420 (cos. 407/347. 410/344. 414/340), in Wahrheit nur einmal (s. oben § 2), das Jahr stand offenbar nicht sicher, seine Dictatur könnte also auch nach 407/347 g e s e t z t werden. Über C. Iulius Iulus 402/352 (kein Consulat) und L. Camillus 404/350. 409/343 (cos. 405/349) s. oben § 2, über L . Papirius Crassus 414/340 (praetor 414/340, cos. 428/326. 424/330) oben § 3. Der Dictator M. Papirius Crassus 422/332 soll w e g e n einer fama Gallici belli (s. unten I 7 § 3) ernannt worden sein (Liv. VII 17, 6). Das wäre j a an sich möglich g e n u g , aber würde man dazu einen Mann genommen haben, der das Consulat noch niemals bekleidet hatte, der also militärisch noch unerprobt war und auch später nie mehr hervortritt? Die Dictatoren C . Claudius Crassus 417/337 und P. Cornelius Rufinus 420/334, die das Consulat niemals bekleidet haben, sollen, weil vitio creati, gleich nach ihrer Ernennung zurückgetreten sein (Liv. V I I I 1 5 , 5 — 6 ; 17, 2—4), verdächtig sind auch die Magistri equitum, C. Claudius Hortator aus einem Z w e i g e der Claudier, der sonst niemals erwähnt wird, und M. Antonius, aus einer plebejischen Familie, die erst viel später zu curulischen Ä m t e r n ge-

70

I 2.

Die Dictaturen.

langt ist. Der Decemvir T. Antonius Merenda und der Consulartribun Q. Antonius Merenda (332/422) sind interpoliert (s. unten III 2 § 3, III 3 § 2). Es kann demnach kein Zweifel sein, daß dasselbe auch von den beiden Dictatoren zu gelten hat. Über die beiden Dictatoren des Jahres 433/321, Q. Fabius Ambustus und M. Aemilius Papus s. oben § 3. Die Dictatoren von 391/363, L. Manlius Capitolinus, und 423/331, Cn. Quinctius Capitolinus, sollen zum Zwecke der Nagelschlagung ernannt sein und dann abgedankt haben (Liv. VIII 3, 4, VIII 18, 12). Da diese Zeremonie sonst von den Consuln vorgenommen wurde (s. oben 1 1 § 15) lag ein Grund zur Ernennung eines Dictators eigentlich nicht vor. Vor allem aber, sämtliche übrigen Dictaturen von Männern, die das Consulat noch nicht bekleidet hatten, sind entweder sicher falsch, oder doch stark verdächtig; die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht also dafür, daß auch diese Dictaturen interpoliert sind. C. Poetelius Libo Visolus, Dictator von 441/313, soll nach Liv. IX 28, 6, ebenfalls zum Zwecke der Nagelschlagung ernannt worden sein. Nach einer anderen Version hätte er freilich Fregellae und Nola genommen (Liv. IX 28, 3—5), doch werden diese Erfolge bei Diod. X X 101, 3 dem Dictator Q. Fabius zugeschrieben, die Einnahme von Nola bei Liv. c. 28, 6 dem Consul C. Iunius, s. unten V 1 § 7. Auch im Namen des Magister equitum stimmen die Quellen nicht überein; nach Liv. c. 28, 2 wäre es M. Foslius gewesen, nach den Capitolinischen Fasten M. (Poetelius) M. f. M. n. Libo, also der Consul des Vorjahres. Gleichwohl kann die Dictatur echt sein, denn zwischen dem zweiten und dritten Consulat des C. Poetelius C. f. Q. n. Libo Visolus, cos. 394. 408. 428, liegen 20 Jahre, es ist also wahrscheinlich, daß das dritte dieser Consulate seinem gleichnamigen Sohne, C. Poetelius, C. f. C. n. Libo Visolus, dem Dictator von 441 gehört. 5. Seit die Plebejer zum Consulat gelangt waren,

I 2 § 4·

Die Dictatoren Consiliare — § 5.

Plebejische Dictatoren.

71

muß ihnen rechtlich auch die Dictatur offen gestanden haben ; gleichwohl werden bis zum Ende des Jahrhunderts nur sieben plebejische Dictatoren erwähnt, g e g e n 32 patricische, ungerechnet die vier Dictatorenjahre. Von diesen sieben Dictaturen ist die des Q. Publilius 415/339 so gut wie sicher interpoliert (oben § 3). M. Claudius Marcellus soll 427/327 zum Dictator comitiorum habendorum causa ernannt worden sein, weil beide Consuln von Rom abwesend gewesen wären, aber weil vitio creati sogleich wieder abgedankt haben (Liv. VIII 23, 13—17) ; die Erzählung scheint ein Duplikat der V o r g ä n g e bei der W a h l seines gleichnamigen Urenkels 215 (Münzer in Pauly-Wissowa III 2, 2737). Jedenfalls hat er nicht als Dictator fungiert; liegt also echte Überlieferung vor, so würde der Fall nur beweisen, daß die Ernennung eines Plebejers damals noch als dem Herkommen widersprechend gegolten hat. Die Dictatur des C. Maenius in 434/320 ist nichts weiter als eine Vorausnahme seiner Dictatur in 440/314, s. oben § 2. Über die Dictatur des C. Iunius Bubulcus 452/202 s. oben § 3. Es bleiben die Dictaturen des C. Marcius Rutilus 398/356 und des C . Maenius in 440/314. Die letztere ist unzweifelhaft echt (s. unten V 1 § 6), um so zweifelhafter die andere. C . Marcius ist der erste plebejische Censor gewesen; ist es wahrscheinlich, daß er auch der erste plebejische Dictator gewesen ist, und daß dann, nachdem einmal das Eis gebrochen war, 42 Jahre bis zur nächsten plebejischen Dictatur vergangen sein sollten? A l s Feldherr war er noch so gut wie unerprobt, denn der Sieg über die Privernaten, den er im Vorjahr als Consul errungen haben soll, ist ohne alle Folgen geblieben, und also entweder erfunden, oder war doch eine ganz unbedeutende Sache. Und da sollte er zum Dictator ernannt worden sein, nachdem eben M. Fabius Ambustus, einer der ersten Männer des Staates, gegen die Tarquinienser eine schwere Niederlage erlitten hatte? Er selbst

72

I 2.

Die Dictaturen.

soll allerdings einen Sieg errungen und triumphiert haben, aber das ist eine Fälschung (s. unten IV 3 § 4). A u s inneren Gründen zweifelhaft ist die Dictatur des Patriciers Q . Servilius Ahala (cos. 389/365. 392/362. 412/342) in 394/360. Er soll einen g r o ß e n Sieg über die Gallier am Collinischen T o r erfochten haben, hat aber nicht triumphiert, vielmehr verzeichnen die Fasten unter diesem Jahre einen Triumph des Consuls C. Poetelius de Galleis et Tiburtibus. Die Gallier sind damals überhaupt nicht nach Latium gekommen (s. unten I 7 § 2 f.). Der Dictator von 410/344, P. Valerius Publicóla soll feriarum constituendarum causa ernannt worden sein (Liv. VII 28, 7), ähnlich der Dictator von 432/322, A . Cornelius Cossus Arvina ludorum faciendorum causa (Liv. VIII39,16 ff). Der Magister equitum ist 410 Q. Fabius Ambustus, 432 M. Fabius Ambustus, die sonst nirgends erwähnt werden, denn der Vater des Rullianus, der zum erstenmal 394/360 Consul gewesen ist kann doch unmöglich gemeint sein. A . Cossus Arvina soll einen großen Sieg über die Samniten errungen haben, der aber von Anderen den Consuln des Jahres, Q. Rullianus und L. Fulvius zugeschrieben wurde, was offenbar richtig ist, da diese triumphiert haben. V o n P. Valerius wird überhaupt nichts weiter erzählt; das sieht verdächtig aus, doch können die beiden Dictaturen immerhin echt sein, und ich habe sie darum nicht streichen wollen. Wohl sicher gefälscht ist dagegen die Dictatur des L. Cornelius Lentulus 434/320 (cos. 427/327), der nach einigen Annalen den Revanchefeldzug für Caudium geführt haben soll ; sein Reiterführer wäre L. Papirius Cursor gewesen, der nach anderen diesen Feldzug als Consul geführt hätte (Liv. IX 15, 9—10). Aber der Feldzug hat überhaupt nicht stattgefunden (s. unten VI § 3) und damit fällt auch die Dictatur. 6. Unverdächtig sind demnach nur folgende Dictaturen :

I 2 § 5· Verdächtige Diktaturen. — §6. U n v e r d ä c h t i g e D i c t a t u r e n . 3 1 7/437

358/396

369/385 374/380 386/368 396/35 8

403/351 405/349

4 0 9/345 410/344

412/342

429/325

432/322

439/3!5

73

oder 3 2 0 / 4 3 4 oder 3 2 8 / 4 2 6 Mamertus Aemilius Mamercinus (trib. mil. 3 1 6 / 4 3 8 ) . Mag. equ. L. Quinctius Cincinna t u s bzw. A. P o s t u m i u s Tuber t u s oder A. Cornelius Cossus. M. Furius Camillas (trib. mil. 3 5 3 / 4 0 1 . 3 5 6 / 3 9 8 . 3 6 0 / 3 9 8 . 3 6 0 / 3 9 4 usw.). Mag. equ. P. Cornelius Maluginensis (trib. mil. 357/397. 3 6 4 / 3 9 0 ) oder P. Cornelius Scipio (trib. mil. 3 5 9 / 3 9 5 ) , wahrscheinlich derselbe Mann, der beide Cognomina g e f ü h r t h a t , oder doch g e f ü h r t h a b e n soll. A. Cornelius Cossus (cos. 3 4 1 / 4 1 3 ) . Mag. equ. T. Quinctius Capitolinus (trib. mil. 3 6 9 / 3 8 5 ) . T. Quinctius Cincinnatus (trib. mil. 3 6 6 / 3 8 8 . 3 7 0 / 3 8 4 ) . Mag. equ. A. Sempronius A t r a t i n u s (sonst u n b e k a n n t ) . P. Manlius Capitolinus (trib. mil. 3 7 5 / 3 7 9 . [ 3 8 7 / 3 6 7 ] ) . Mag. equ. C. Licinius Calvus (cos. 3 9 3 / 3 6 1 ) . c • Sulpicius Peticus (cos. 3 9 0 / 3 6 4 . 3 9 3 / 3 6 1 . 399/355· 4 O I / 3 5 3 · 403/351) Mag. equ. M. Valerius Publicóla (cos. 3 9 9 / 3 5 5 . 4 0 1 / 3 5 3 ) . M. Fabius Ambustus (cos. 3 9 4 / 3 6 0 . 3 9 8 / 3 5 6 . 4 0 0 / 3 5 4 ) . Mag. equ. Q. Servilius Ahala (cos. 3 8 9 / 3 6 5 . 3 9 2 / 3 6 2 . 4 x 2 / 3 4 2 ) . [ 4 0 1 / 3 5 3 oder 4 3 4 / 3 2 0 ] T. Manlius Torquaius (cos. 4 0 7 / 3 4 7 . 410/344. 414/340). Mag. equ. Q. Cornelius Cossus A r v i n a (cos. 4 1 1 / 3 4 3 . 4 2 2 / 3 3 2 , diet. 4 3 2 / 3 2 2 ) , bzw. ( 3 3 4 ) L. Papirius Cursor (cos. 3 2 8 / 3 2 6 usw.). [404/35°] Furius Camiilus (cos. 4 0 5 / 3 4 9 ) Mag. equ. Cn. Manlius Capitolinus (cos. 3 9 5 / 3 5 9 . 3 9 7 / 3 5 7 ) · P . Valerius Publicóla (cos. 4 0 2 / 3 5 2 ) . Mag. equ. Q. F a b i u s A m b u s t u s (diet, angebl. 3 3 3 / 4 2 1 , sonst niemals erwähnt). M . Valerius Corvus (cos. 4 0 6 / 3 4 8 . 4 0 8 / 3 4 6 . 4 1 1 / 3 4 3 . 4 1 9 / 3 3 5 ) . Mag. equ. L. Aemilius Mamercinus Privernas (cos. 4 1 3 / 3 4 1 . 4 2 5 / 3 2 9 . diet. 4 3 8 / 3 1 6 , angeblich 4 * 9 / 3 3 5 ) · £ · Papirius Cursor (cos. 4 2 8 / 3 2 6 . 4 3 4 / 3 2 0 . 4 3 5 / 3 1 9 · 439/315· 441/313)· Mag. equ. Q. F a b i u s Rullianus (cos. 4 3 2 / 3 2 2 usw.). Λ . Cornelius Cossus Arvina (cos. 4 1 1 / 3 4 3 . 4 2 2 / 3 3 2 , m a g . equ. 405/349)· M. F a b i u s A m b u s t u s (sonst n i c h t g e n a n n t ) . 6 · Fabius Rullianus (cos. 4 3 2 / 3 2 2 usw.). Mag. equ. Q. Aulius Cerretanus (cos. 4 3 5 / 3 1 9 , 431/323).

vielleicht auch

74 440/314

I

(cos.

C. Maenius

2.

Die

Dictaturen.

416/338).

M a g . e q u . M. F o s l i u s F l a c c i n a t o r 441/313

C.

Poetelius

Libo

M a g . e q u . M. P o e t e l i u s 442/312

C. Sulpicius

Longus

M a g . e q u . C. I u n i u s Mag. equ. 448/306

(cos.

Visolus

(cos.

436/418).

428/326).

Libo.

( c o s . 417/337· 4 3 1 / 3 2 3 · Bubulcus

44°/3i4)·

( c o s . 437/317. 441/313. 443/311,

444/310).

i 3 . Cornelius

Scipio

Barbatus

Mag. equ. P . Decius

Mus

(cos.

(cos.

426/328).

442/312.

446/308.

457/297.

459/295)· 452/302

C. Iunius Mag.

Bubulcus

Brutus

e q u . M. T i t i n i u s

(cos.

437/317. 431/323.

(sonst nicht

410/314).

genannt).

E s mag sein, daß die eine oder andere dieser Dictaturen gefälscht ist, und andererseits, daß einige Dictaturen, die oben als verdächtig beiseite gestellt sind, in die Liste hätten aufgenommen werden sollen. Auch können Dictaturen in unserer Überlieferung ausgefallen sein. Im großen und ganzen aber wird die Liste, wenigstens seit der Mitte des IV. Jahrhunderts, der Wahrheit nahe kommen, und mehr ist mit unseren Mitteln nicht zu erreichen. Die Jahre, in welche die Dictaturen gesetzt werden, sind wenigstens seit 439/315 (Q. Fabius Rullianus) ohne Zweifel richtig. In dieser Zeit müssen also die Dictaturen in den Consularfasten verzeichnet gewesen sein. Ebenso klar ist aber, daß das im V. und wenigstens bis zur Mitte des IV. Jahrhunderts nicht der Fall gewesen sein kann. Das zeigen die Ansätze der Dictaturen des M. Aemilius Mamercinus und T. Manlius Torquatus auf j e drei, des L. Furius Camillus auf zwei Jahre ; der Dictatur des T . Quinctius Cincinnatus auf 374/380 in den Capitolinischen Fasten (neugefundenes Fragment Not. Scav. 1899, S. 384) und bei Livius (VI 28,3), während Diodor (XV 47, 8) den Krieg gegen Praeneste, der in dieser Dictatur geführt wurde, unter 382 erzählt, und die Dictatur wahrscheinlich erst in 400/354 gehört (s. unten IV 1 § 4). Dem entspricht es, daß seit 439/315 (einschließlich) nur noch drei interpolierte Dictaturen vorkommen (Q. Fabius Rullianus

I 2 § 6.

Chronologische Ansätze.

— § 7.

Magistri equitum.

75

441/313, L. Papirius Cursor 444/310, M. Valerius Maximus 452/302). 7. Daraus folgt, daß die Namen der Magistri equitum in der älteren Zeit von den Annalisten eingesetzt sein müssen aus der Familientradition, oder, wo diese versagte, aus eigenen Mitteln. In den imaginum tituli standen aber nur die Namen der Dictatoren bzw. der Reiterführer ohne Angabe, wen sie zum Collegen gehabt hatten, wie die Elogia beweisen, die ja auf diese Beischriften der Ahnenbilder zurückgehen, und anderweitige Aufzeichnungen darüber können nur ausnahmsweise vorhanden gewesen sein. Wir haben also keine Gewähr, ob die Reiterführer, die bis 438/316 neben den Dictatoren genannt werden, wirklich in diesen Jahren im Amt gewesen sind, oder in anderen Jahren, oder auch gar nicht. So werden Mamercus Aemilius in seinen beiden ersten Dictaturen die Helden der Aequerkriege als Reiterführer zur Seite gestellt, L. Cincinnatus und A. Tubertus, in seiner dritten Dictatur der Held des Fidenatenkrieges A. Cossus. P. Manlius Capitolinus, der den Plebejern den Zutritt zum Consulat verschafft hat (s. unten IV 2 § 4) soll L. Licinius Calvus zum Magister equitum gehabt haben, einen der ersten plebejischen Consuln, und doch ist klar, daß damals, als die Reform noch nicht in Kraft getreten war, ein Plebejer nicht zu diesem Amt gelangt sein kann. Überhaupt finden sich plebejische Reiterführer vor 439/315 nur ganz vereinzelt, und diese sind ausnahmslos interpoliert, ebenso wie die Dictatoren, denen sie zur Seite gestanden haben sollen. Es sind C. Plautius Proculus und D. Iunius Scaeva, neben den beiden ersten plebejischen Dictatoren C. Marcius und Q. Publilius, die natürlich plebejische Reiterführer gehabt haben sollten, dann Q. Publilius Philo und L. Fulvius, die Magistri equitum des L. Aemilius Mamercinus Privernas in dessen angeblichen Dictaturen 419/335 und 438/316, endlich M. Antonius 420/334. Alle übrigen Reiterführer aus dieser Zeit sind

76

I 2.

Die Dictaturen. —

I 3.

Die Censuren.

Patricier. Wir sehen, daß sogar die Interpolatoren der Dictatorenliste Bedenken getragen haben, Plebejer zu diesem Amt zu befördern. Der erste sichere plebejische Magister equitum ist Q. Aulius 439/315. Dann folgen, bis zum Ende des Jahrhunderts, M. Poetelius Libo 441/313, C. Iunius Bubulcus 442/312 und 444/310, P. Decius 448/306, M. Titinius 452/302. Die Plebejer haben also zur selben Zeit Zutritt zu dem Amt erlangt, wie zur Dictatur, nach der Niederlage bei Caudium, was ja auch in der Natur der Sache liegt. In dem ersten Jahrzehnt das III. Jahrhunderts ist kein Dictator ernannt worden, da weder bei Livius, der bis 461/293 erhalten ist, noch in den Capitolinischen Fasten, die uns bis 464/290 (einschließlich) vorliegen, ein solcher erwähnt wird. Zwischen dieses Jahr und 470/284, von welchem Jahre bis 474/280 die Fasten wieder erhalten sind, gehören die Dictaturen des —

Ap.

Claudius

Caecus (cos. 447/307. 458/296), nur in seinem Elogium

bezeugt. —

Q. Hortensius

(war niemals Consul), nach L i v . Per.

i x in einem der

Jahre von 465/289 bis 469/285. —

P.

Cornelius

Rujinus

(cos.

464/290.

477/277),

von

C.

Fabricius

479/275 aus dem Senat gestoßen, und zwar nachdem er bereits die Dictatur bekleidet hatte (Dionys. X X 13, auch sonst öfter bezeugt), er ist also wahrscheinlich in einem der Jahre 289—285 Dictator gewesen, s. unten V 2 § 3). 474/280

Cn. Domitius die Capitol.

Calvinus Maximus

(cos. 471/253)

bezeugt durch

Fasten.

Gegen keine dieser Dictaturen ist etwas einzuwenden. Die Namen der Magistri equitum sind nicht überliefert. Dann folgt wieder eine Lücke in den Capitolinischen Fasten von 475/279—468/266. Wahrscheinlich sind in diesen 8 Jahren Dictatoren im Amt gewesen, aber wir wissen nichts darüber, denn auch die anderen Quellen lassen uns hier im Stich. Vielleicht gehört in diese Zeit der Dictator M. Aemilius Q. (oder M.) f. L. n. Barbula, der nur

I 2 § 7· Diktaturen im III. Jahrh. — I 3 § I. Die Censur v . 374/380.

77

aus seinem Elogium bekannt ist (CIL. Ia 1, El. 34, S. 200), wenigstens würde es schwer sein, früher eine Stelle für ihn zu finden. Da damals, von ganz besonderen Fällen abgesehen, nur Consulare zu Dictatoren ernannt wurden, müßte er mit M. Aemilius Cos. 469/285 identisch sein, der allerdings nach den aus den Capitolinischen Fasten abgeleiteten Quellen Lepidus geheißen hat, aber beide Cognomina geführt haben kann, denn die Lepidi fangen ungefähr da an (285) wo die Barbulae aufhören (230).

I. Die Censuren. ι. Der Census soll ursprünglich von den Königen, dann von den Consuln gehalten worden sein, und das ist ohne Zweifel richtig. Als dann die sog. Consulartribune an die Stelle der Consuln traten, ist es ebenso geblieben. Liv. V 1, 2 führt unter 351/403 statt sechs Consulartribunen acht auf, von denen die beiden letzten in den Capitolinischen Fasten als Censoren bezeichnet werden. Und 374/380 geben die verschiedenen Fastenrecensionen folgende Listen der Consulartribune : Fasti Capit. {Hermes X X X V I I I 116)

Liv. V I 27, 2 — 4

Diodor X V 5o, ι (χιλίαρχοι οκτώ)

1. L. Valerius

L. Valerius V

ι . Λεύκιος Ούαλέριος

2. L. [Valerius] L. f. [L. n. Pot]itus Poplic.

P. Valerius III

2. Πόπλιος [Άγκος]

3. Ser. Cornelius P. f. M. n. Maluginens.

Ser. Cornelius Maluginensis Licinius Menenius II

4. Licinus Menenius T. f. T. n. Lanatus

4· Λεύκιος Μενήνιος

5. C. SulpiciusM. f. M. n. Peticus.

5· Γάιος Σολπίκιος

6. [L. Aemilius] . . . n. Mamercus.

7· Λεύκιος Αιμίλιος

7. Cn. Sergius . . . Fiden. Coxo

3. C. Sergius III

3· Γάιος Τερέντιος

78

I 3. F a s t i Capit.

(Hermes

XXXVIII

Die Censuren.

Liv. V I 27, 2 — 4

Diodor X V 50, 1

116)

8. Ti. P a p i r i u s . . . . Cras-

(χιλίαρχοι όκτώ) 5. P. Papirius

6. Τίτος Παπίριος

sus 9. L . (Papirius) gillanus

Mu-

8.

[Φλάβιος Μδρκοςΐ

Censoren. C. Sulpicius Camerinus Sp. Postumius

Re-

gillensis

Bei Diodor ist ein Name ausgefallen; Τερέντιος offenbar aus Σέργιος korrumpiert: die beiden eingeklammerten Namen stehen nur in den schlechten Handschriften. Da der Censor C. Sulpicius in den Fasten (hier mit anderem Cognomen) und bei Diodor unter den Consulartribunen aufgeführt wird, enthalten diese Listen auch die Censoren. Der andere Censor, Sp. Postumius, soll nach Livius im Amte verstorben sein, darauf habe sein College Sulpicius abgedankt und es seien andere Censoren gewählt worden, deren Namen nicht angegeben werden, weil sie vitto creati non gesserunt magistratum. Es ist klar, daß es über solche Dinge eine glaubwürdige Überlieferung aus so früher Zeit nicht geben konnte. Postumius wird in den beiden anderen Listen übergangen, statt seiner erscheint bei Diodor L. Aemilius, in den Fasten außerdem noch L. Papirius, offenbar als suffectus. Vgl. Liv. V 31, 6 (unter 361/393) C. Iulius censor decessit; in eius locum M. Cornelius suffectus. Auch unter 365/389 hatte Diodor (XV 22, 1 ) acht Namen: Πόπλιον Κορνήλιον, Λεύκιον Οόεργίνιον, Αεύκιον Παπίριον, Μαρκον Φουριον [και] Οδαλέριον, Αδλον Μάλλιον, Λεύκων [Αίμίλιον] και Ποστούμιον. Die Liste ist sonst nur bei Livius VI 1 erhalten. Die sechs Namen, die er gibt, stimmen mit Diodor überein, L. Papirius und M. Furius, die bei Livius fehlen, werden also censorische Kompetenz gehabt haben,

I 3 § ι.

Die Censuren von 365/389 und 3 7 5 / 3 7 9 .

79

um so mehr, als um diese Zeit ein Census gehalten worden ist, da die neuen Tribus im vejentischen Gebiete nach Liv. VI 5, 8 in 367/387 errichtet wurden. Ebenso viele Namen gibt Diodor (XV 51) unter 375/379, nämlich außer den sechs, die bei Livius stehen (VI 30) noch Γάιος Έρενούκιος (offenbar Genucius) und Πόπλιος Τρεβώνιος, sodaß also auch damals ein Census gehalten worden sein müßte. Liv. VI 31, 2 hat diesen Census erst unter dem folgenden Jahre, die Censoren wären Sp. Servilius Priscus, Q. Cloelius Siculus gewesen, zwei Patricier, was richtig sein wird, da die plebejischen Namen bei Diodor offenbar interpoliert sind (s. unten III 3 § 2). Der Census ist wahrscheinlich schon im Vorjahre (375/379) gehalten worden, nicht nur wegen der acht Consulartribune bei Diodor, sondern auch darum, weil 374/380 ein Census hätte stattfinden sollen, der aber nicht zustande gekommen ist (Liv. VI 27, 5), und diese Angabe scheint glaubwürdig, da gleich darauf wieder ein Census vorgenommen worden ist, was doch wohl im folgenden Jahre geschehen sein wird. Danach würden also in den Jahren, in denen ein Census gehalten werden sollte, acht Consulartribune statt sechs gewählt worden sein, und zwei davon die Geschäfte der Censur besorgt haben. Wer das in Abrede stellen wollte, müßte annehmen, daß die Namen der Censoren in die Listen der Consulartribune hineininterpoliert worden wären. Ein Grund dafür ist nicht abzusehen ; auch finden sich Tribunencollegien mit acht bzw. neun Namen nur je einmal in den Capitolinischen Fasten und bei Livius, sonst nur bei Diodor, und es wäre doch schwer zu verstehen, warum die Interpolationen gerade bei dieser Fastenredaktion vorgenommen sein sollten. Sehr viel wahrscheinlicher ist es doch, daß Diodor, wie so oft, das ursprüngliche bewahrt hat, und daß die Tribune, die als Censoren fungierten, in den übrigen Quellen weggestrichen worden sind. Das mußte mit Notwendigkeit geschehen, seit man glaubte, daß die Censur schon seit 311/443 als

8o

I 3.

Die Censuren.

selbständiges Amt bestanden hätte. Aber ein Blick auf den ältesten Teil der Censorenliste genügt, um zu zeigen, daß diese Annahme unrichtig ist. 2. Überliefert sind bis 365/389 folgende Namen: 311/443

L.

Papirius

Mugillanus,

L.

Sempronius

I X 21, 3, Liv. I V 8, ι , Zonar. V I I

Atratinus.

319/435

C. Furius Pacilus Fusus, M. Geganius Macerinus

324/430

( ?) L.

Papirius,

P.

Pinarius

(Cic. de rep. I I

circiter et quinquagesimo anno post primos 336/418

L.

351/403

M. Furius C\amillus, ΛΓ] Postumius

Papirius

. . . .

(Fas/.

(Cic. faut.

19). (Liv. I V 22, 7). 35, 60 quarto

cónsules).

Capit.). Albinus Regillens. L. f. X V I

{Fasten, bei Liv. V 1, 2 stehen sie unter den Consulartribunen). 361/393

\L. Papirius

Cursor, C. Iujlius

M. Cornelius [Maluginens.]. 365/389

L.

Papirius,

M. Furius

/[«ins], statt des letzten Suff. (Liv. V 31, 6, I X 34, 20).

(Diod. X V 22, 1 unter den Consular-

tribunen s. unten.

W i e man sieht, ist der eine Censor in fünf von diesen sieben Censuren ein L. Papirius, und es ist doch klar, d a ß das nicht mit rechten Dingen zugehen kann; die Gens Papiria würde ja sonst in dieser Zeit eine Art Monopol auf die Censur gehabt haben, und nicht nur die Gens, sondern nur die Papirier, die Lucius hießen. Die Censoren dieser fünf Jahre müssen also zum größten Teil interpoliert sein. Das ergibt sich denn auch für die Censur von 361/393 aus der bekannten Stelle des Festus (S. 364 M.) dicitur etiarn quoddam (tributum) temerarium, ut post urbern a Gallis captarti conlatum est, quia proximis XV annis census actus (so Niebuhr, cod. alius) non erat. D e Boor hat sich vergeblich bemüht, diesen Census zu verteidigen (Fasti Censorii, S. 57) ; was Dionys. I 74 von den τιμητικά όπομ.νήματα dieses Jahres sagt, die zu seiner Zeit noch vorhanden gewesen wären, wird wenige Gläubige finden, und wenn Plinius angibt, es seien vor der Einnahme Roms durch die Gallier bereits 152573 capita libera gezählt worden (NH'. XXXIII 16), so ist das einfach Schwindel, könnte übrigens ebenso auf den Census von 351/403 bezogen werden.

I 3 § 2.

Die ältesten Censuren.

8l

Die Namen der Censoren von 311/443 hielt Mommsen bekanntlich für interpoliert, weil dieselben Männer nach den Libri lintei im Vorjahr das Consulat bekleidet haben, was er für eine Fälschung ansah. Das würde nun freilich, auch wenn es richtig wäre, für die Censur nichts beweisen. Das Consulat ist aber echt (s. unten III 3 § 2), und eben darum ist es unwahrscheinlich, daß diese Consuln im nächsten Jahre zu Censoren erwählt worden sein sollten; den Census können sie gleichwohl gehalten haben, aber als Consuln 310/444, nicht als Censoren im folgenden Jahre. Mommsen hat also, trotz seiner falschen Prämisse, doch das rechte gesehen. Die Namen der Censoren L. Papirius und P. Pinarius (um 324/430) und L . Papirius (College unbekannt) (336/418) sind, nach dem gesagten, offenbar ebenfalls gefälscht, wie sie denn auch in den Fasten der Consulartribune nicht vorkommen. Echt ist von allen diesen papirischen Censuren allein die von 365/389 (L. Papirius und M. Furius Fusus). Da also in diesen Jahren zwei Furier, M. Fusus und M. Camillus (351/403) die Censur oder besser gesagt das Consulartribunat censoria potestate bekleidet haben, ist es unwahrscheinlich, daß noch ein dritter Furier in derselben Zeit zu dieser Würde gelangt sein sollte, und die Censur von 319/435, C. Furius Pacilus, M. Geganius Macerinus, wird dadurch sehr zweifelhaft. Es bleiben also nur die Censuren von 351/403 und 365/389. Über das letztere Jahr s. oben § 1 ; für 351/403 geben unsere Quellen folgende Namen : Fasti Capitol. {M'. Aemilius] Mam. f. M. n. Mamercin. I I IAp. Claujdius P. t. Ap. n. [Crass. Inregille]ns. [M. Qui]nctilius L. f. L. n. [Var]us M. Furius . . . . Fusus Β β 1 o c h, Röm. Geschichte.

Liv. V ι M.

Aemilius

Mamer-

Diod. X I V 35 Μάνιος [Αιμίλιος]

cus II L. Valerius Potitus I I I

[Άππιος] Κλώδιος

Αρ. Claudius Crassus

Μάρκος Κοΐντιος

M. Quinctilius Varus

Λεύκιος Ιούλιος 6

I 3. Die Censuren.

82 Fasti Capitol. L. Iulius [Sp. í. Vopisci n.] lulus L. Valerius L. f. P. η. Potitus III

Liv. V ι

Diod. XIV 35

L. Iulius Rullus

Μάρκος Φούριος

M. Postumius

Λεύκιος Οϋαλεριος

Censores.

M. Furius L. f. Sp. n. C[amillus] [M.] Postumius A. t. A. n. Albinus Regillens.

M. Furius Camillus



M. Postumius Albinus



Bei Diodor können Namen ausgefallen sein, da hinter χιλίαρχοι keine Zahl steht. Die erhaltenen N.amen sind dieselben wie in den Fasten, abgesehen von den beiden Censoren; gegenüber der Liste bei Livius fehlen die beiden Marci Postumii, es kann aber sehr wohl sein, daß auch diese bei Diodor gestanden haben. Bei Livius fehlt, gegenüber den Fasten, der eine der Marci Furii, an dessen Stelle ein zweiter M. Postumius steht. Echt sind demnach nur folgende Consulartribune censoria potestate : 351/403 365/389 374/380 376/378

M. Furius Camillus, M. Postumius Albinus Regillensis. L. Papirus, M. Furius. C. Sulpicius, Sp. Postumius Albinus Regillensis. Sp. Servilius Priscus, Q. Cloelius Siculus.

Daß zwischen den beiden ersten Jahren kein Census stattgefunden hat, ist bei Festus ausdrücklich bezeugt (s. oben). Zwischen 365/389 und 374/380 ist von einem Census nichts überliefert, und bei der Kürze der Zeit ist es auch an sich sehr unwahrscheinlich, daß ein solcher gehalten worden sein sollte. Die Überlieferung, daß der Census von 374/380 nicht zustande gekommen ist, ist richtig, wie der zwei Jahre später, 376/378, gehaltene Census zeigt. Ob zwischen diesem und dem Census von 391/363 ein Census gehalten worden ist, wissen wir nicht. 3. Mit der Wiederherstellung des Consulats in 388/366 wurde es notwendig, die Censur von dem Oberamt ab-

I 3 § 3·

Die Lex Âemilia. — Der Census von 388/366.

83

zutrennen; erst seit dieser Zeit hat es Censoren im vollen Sinne des Wortes gegeben. Die Lex Aemilia, welche die Dauer der Censur auf 18 Monate festsetzte (Liv. IV 24, 5 ; IX 33, 6) kann also erst damals erlassen worden sein. Wenn Livius (a. a. O.) sagt, die Dauer der Censur sei bis dahin fünfjährig gewesen, so ist das vollständig verkehrt, denn solange die Geschäfte der Censoren von den Consuln bzw. den Consulartribunen versehen wurden, mußten sie im Laufe des Amtsjahres beendet sein. Die Lex Aemilia hat also nicht eine Verkürzung, sondern eine Verlängerung der Amtsdauer festgesetzt. Urheber des Gesetzes war ohne Zweifel der Consul von 388. 391, L. Aemilius Mamercinus. Als man dann den Anfang der Censur in das V. Jahrhundert hinaufrückte, mußte natürlich das Gesetz mit; es wurde jetzt einem Dictator Mam. Aemilius Mamercinus zugeschrieben, der 320/434, im Jahr nach dem Antritt der angeblich zweiten Censoren, 319/433, im Amte gewesen sein sollte (Liv. a. a. O., s. oben I 2 § 2.) Nach den Capitolinischen Fasten und Liv. VI 27, 3 wäre gleich im ersten Jahre der neuen Ordnung, 388/366, ein Census gehalten worden; aber die Censoren Sp. Postumius Regillensis Albinus und C. Sulpicius Peticus sind gleichnamig mit den Censoren von 374/380, nur daß C. Sulpicius im letzten Jahre bei Livius das Cognomen Camerinus hat, während er in den Fasten auch hier Peticus heißt. Beide Male stirbt der eine Censor während seiner Amtsführung (Liv. VI 27, 3—4, VII 1, 7). Kein Zweifel also, daß hier ein Duplicai vorliegt. Die acht bzw. neun Namen von Consulartribunen, die in den Fasten unter 374/380 verzeichnet sind, geben den Beweis, daß in diesem Jahre ein Census stattgefunden hat, oder doch stattfinden sollte; also sind die Censoren von 388/366 interpoliert. Das ergibt sich ja auch daraus, daß schon drei Jahre später ein Census gehalten worden ist. Gegen unsere Überlieferung über die Censoren aus 6*

84

I 3.

Die Censuren.

der Zeit von da (391/363) bis zum Ende von Livius' I. Dekade (461/293), ist nichts wesentliches einzuwenden, weder was die Namen der Censoren angeht, noch die Jahre, in denen sie im Amte gewesen sind. Diese Überlieferung muß also auf offiziellen Aufzeichnungen beruhen. Widersprechende Angaben finden sich nur über die Censur des Ap. Claudius, die nach den Capitolinischen Fasten, Liv. IX 29, 6, Frontin. de aquis I 5 442/312, nach Diod. X X 36, 1 440/310 begonnen haben soll. Die nächsten Censoren (M. Valerius Maximus, C. Iunius Bubulcus Brutus sind 447/307 ins Amt getreten (Fast. Capit., Liv. IX 43, 25, Χ I, 9) also, da das Dictatorenjahr 445/309 dazwischen liegt, 4—2 Jahre später. In demselben Jahre hat A p . Claudius das Consulat bekleidet, und zwar, wie Livius in quibusdam annalibus berichtet fand (IX 42, 3), gleich nach Ablauf seiner Censur, die er über die gesetzliche Frist von 18 Monaten verwaltet hatte (Liv. IX 33, 4; 34, 26; Frontin aaO.). Da nun diese Angabe und ebenso die Censur von 447 in keiner Weise beanstandet werden kann, so ist klar, daß Diodor ein falsches Datum gegeben hat, und A p . Claudius in 442 Censor geworden ist. 4. Die Überlieferung über die nächsten Jahrzehnte, bis zum Anfang des ersten Punischen Krieges, ist auch für die Censur lückenhaft. Es ist zwar keine Censur ausgefallen, oder doch keine, die bis zum Lustrum gelangt ist, denn nach den Capitolinischen Fasten haben die Censoren von 460/294 das 30.. die von 489/265 das 35. Lustrum gehalten, und dazwischen sind vier Censuren überliefert, abgesehen von einer fünften (471/283), bei der die Censoren zurückgetreten sind. A b e r bei drei von diesen Censuren ist das Jahr, in dem sie gehalten sind, nicht sicher bezeugt. Die Censur des Q. Gurges und Sp. Carvilius wird nur in der Periocha von Liv. XI erwähnt, zwischen der Eroberung des Sabinerlandes (464/290) und der Secessio plebis auf das Ianiculum, deren Jahr ebenfalls nicht feststeht, die aber um 467/287 erfolgt sein

I 3 § 3· Die Censur d. Ap. Claudius. — § 4. Censuren d. III. Jahrh.

85

muß. Eine genauere Bestimmung ist zur Zeit nicht möglich. Die Censur des Q. Aemilius und C. Fabricius erzählt Liv. Per. 14 zwischen Pyrrhos' A b z u g aus Italien 479/275 und der römischen Gesandtschaft an Ptolemaeos Philadelphos 481/273 (Eutrop. II 15); nach Zonar. VIII 6 wären die Censoren τδ αότω ετει mit Pyrrhos' A b z u g im Amte gewesen, und es fehlt jeder Grund, dies Zeugnis zu bezweifeln. So richtig Leuze, Censur S. 6, während De Boor diese Censur gegen die Überlieferung in 278/276 setzte. Die Censur des M.' Curius und L. Papirius wird in der Periocha aus Liv. X V übergangen. Unser einziges Zeugnis ist Front, de aqu. I 6, nach dem M.' Curius post annos XL quam Appia perducta est anno ab urbe condita CCCCLXXXI den Bau des Anio vetus verdungen hätte, und zwar Sp. Carvilio L. Papirio cos. (482/272). Dem entsprechend heißt es I 5, die Aqua Appia wäre M. Valerio Maximo P. Dedo Mure cos. in die Stadt geführt worden, also 442/312; bis dahin hätte sich Rom 441 Jahre ohne Wasserleitung beholfen (14). Diese Angaben stimmen miteinander überein, wenn wir annehmen, daß Frontinus die Gründung Roms ein Jahr später als Varrò, also in 752 v. Chr., gesetzt hat. Und doch müssen sie falsch sein, denn L. Papirius hat 482/272 das Consulat bekleidet, kann also nicht gleichzeitig Censor gewesen sein, und es gab damals in Rom keinen anderen Mann gleichen Namens, der Ansehen g e n u g gehabt hätte, um Censor werden zu können. Nun gleicht Frontin. I 7 das Consulat des Ser. Sulpicius und L. Aurelius (Varr. 610) mit 608 der Stadt, I 8 das Consulat des M. Plautius und M. Fulvius (Varr. 629) mit 627, I 9 das zweite Consulat des Augustus, und des L. Volcatius (Varr. 721) mit 719 ; er setzt also hier die Gründung der Stadt konsequent in 751. Hat er I 4. 5. 6 ebenso gerechnet, wie wir doch annehmen müssen, so kommt die Vollendung der A q u a Appia in 441 (311

86

I 3.

Die Censuren. — I 4.

Die Triumphalfasten.

v. Chr.), die Verdingung des Anio vêtus, 40 Jahre später, in 481 (271 v. Chr.). Beides ist richtig, denn es ist doch klar, daß der Bau der Aqua Appia nicht schon im ersten Jahre von Ap. Claudius' Censur (312 v. Chr.) fertig geworden sein kann, wie ja auch Frontin selbst angibt (15 Z. 18 Bücheler) und ebenso, daß M.' Curius seine Wasserleitung gleich am Anfang seiner Censur verdungen haben wird. Der Fehler, den Frontin bei seiner Berechnung begangen hat, liegt darin, daß er die Vollendung der Aqua Appia gleich an den Beginn der Censur des Ap. Claudius setzt (Anfang I 5 M. Valerio P. Dedo cos), und dem entsprechend die Verdingung des Ario vetus in das 40. Consulat darauf, L. Papirius, Sp. Carvilius (I 6), beides ein Jahr zu früh. Die Censur des L. Papirius und M'. Curius gehört also in 271 v. Chr. Es ist ja ganz natürlich, daß L. Papirius gleich nach seinem Siege über Tarent zum Censor gewählt wurde; sein College Sp. Carvilius war es bereits früher gewesen, und konnte also nicht noch einmal gewählt werden. Die Censorenliste von 391/363—489/265 ist unten in der Zeittafel gegeben.

IV. Die Triumphalfasten und die Chronik der Pontífices. ι . Jede eindringende Untersuchung bestätigt, daß die Angaben der Capitolinischen Triumphalfasten für die Zeit des ersten Punischen Krieges in der Hauptsache richtig sind, auch in den Tagdaten; vgl. Griech. Gesch. IV a 2 § 430 und Varese in meinen Studi di Storia antica, Heft III, Rom 1902. Es ist also klar, daß diese Angaben auf gleichzeitige Aufzeichnungen zurückgehen und offenbar auf eine amtliche Urkunde, denn eine private Geschichtschreibung gab es damals in Rom noch nicht. Die Quelle können also nur die Tabulae pontificum sein. Nun gehen die Triumphalfasten aber bis auf Romulus

I 4 § ι.

Die Annales Maximi Quelle der Triumphalfasten.

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hinauf und auch für diese Zeit werden Tagdaten gegeben. D a ß hier, und noch für eine viel spätere Zeit, gleichzeitige Aufzeichnungen nicht zugrunde liegen können, bedarf keiner Bemerkung. Die ganze Liste trägt aber einheitlichen Charakter; sie muß also einmal bis auf die Gründung der Stadt fortgesetzt worden sein. Das ist in der Gracchenzeit geschehen, als auf Grund der Tafeln im Archiv der Pontífices die Annales maximi redigiert wurden, nach gewöhnlicher und offenbar richtiger Annahme auf Veranlassung des Pontifex maximus (seit 624/130) Mucius Scaevola. Älter können sie jedenfalls nicht sein, denn noch Cato kennt nur die tabula apud pontificem (Orig. IV fr. 77), also die Originaldokumente in der Regia. Er hat die Origines in den letzten Jahren seines Lebens geschrieben, das VII. Buch 149 v. Chr. oder kurz nachher (Cic. Brut. 23, 59, Liv. Per. 49); damals existierten also die Annales maximi noch nicht. Im folgenden Jahr (148) ist die Regia abgebrannt (Liv. Per. Oxyrh. 50 a. E., Obsequ. 19), die Tafeln müssen aber erhalten geblieben sein, sonst hätten die Annales maximi nicht geschrieben werden können. Diese Annalen begannen ab initio rerum Romanarum (Cic. de orat. II 12, 52); die einzelnen Ereignisse waren per singulos dies verzeichnet (Serv. z. Aeri. I 373), also jedes mit seinem Kalenderdatum, und diese Daten können für die Zeit, aus der keine gleichzeitigen Jahrtafeln mehr vorlagen, nur ganz ausnahmsweise in den Quellen zu finden gewesen sein. Sie mußten also ergänzt werden; nach welchem Prinzip man dabei verfahren ist, entzieht sich natürlich unserer Kenntnis. Die Sache wird aber so wenig Schwierigkeit bereitet haben wie die Ergänzung der Censussummen, mit der schon Fabius Pictor den A n f a n g gemacht hat. Nun kehren die in den Capitolinischen Fasten verzeichneten Triumphe der republikanischen Zeit, soweit eine Vergleichung möglich ist, sämtlich, mit verschwindenden Ausnahmen, bei Livius und

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I 4·

Die Triumphalfasten und die Chronik der Pontífices.

Dionysios, die Triumphe der Königszeit bei Dionysios wieder. Die Triumphalfasten sind zwischen 733/21 und 742/12 eingegraben worden (Mommsen, Rom. Forsch. II 80), Livius kann sie also in der ersten Dekade nicht benutzt haben, und nichts führt darauf, daß Dionysios sie benutzt hätte; es muß also eine gemeinsame Vorlage zugrunde liegen, die nur die Annales maximi gewesen sein können, die in den Triumphalfasten direkt, bei Livius und Dionysios durch Vermittelung älterer Annalen zugrunde liegen. Das beweist dann weiter, daß der Redaktor der Fasten die Triumphe aus den Annales maximi, soweit diese gingen, einfach herüber genommen hat. Und da die Capitolinischen Consularfasten sowohl in der Stadtära (von 752 v. Chr. an 1 ), wie in den Namen der eponymen Beamten mit den Triumphalfasten genau stimmen (Schön, Die Differenzen zwischen den Capitolinischen Magistrats- und Triumphlisten, 1905), so gehen auch sie auf die Annales maximi zurück, was natürlich nicht ausschließt, daß Zusätze und auch Änderungen gemacht sein können. 2. Es fragt sich nun, von welchem Jahre an die Annales maximi auf gleichzeitigen Aufzeichnungen beruhen. Aufschluß darüber kann uns nur eine Untersuchung der Triumphalfasten geben. Sie enthalten noch in der Zeit des ersten Punischen Krieges zwei gefälschte, oder doch stark verdächtige Triumphe, des L. Cornelius Scipio 495/259, der in dessen Grabschrift nicht erwähnt wird, und des Q. Valerius Falto 512/241 (Val. Max. II 8. 2); die übrigen sind zum Teil sicher, zum Teil sehr wahrscheinlich echt. Und auch g e g e n die Triumphe der vorx

) Man hat aus Dionys. I 74, 3 herauslesen wollen, daß die Annales maximi Ol. 7, 2 (751/0) als Gründungsjahr gegeben hätten. Das ist ein grober Interpretationsfehler; die Angabe bezieht sich, wie aus dem Wortlaut ganz klar hervorgeht, nur auf Polybios (Holzapfel, Chronol. S. 171). Es ist ja auch an sich evident, daß die Annales maximi keinen Έλληνικός χρόνος gegeben haben können.

I 4 § 2.

Die Triumphe seit dem A n f a n g des III. Jahrhunderts.

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hergehenden Jahre bis 473/281 ist im ganzen nichts einzuwenden. Nur ist es nicht wohl möglich, daß die Consuln von 488/266, D. Iunius Pera und N. Fabius Pictor, V. K. bzw. III. Non. Oct. über die Sassinaten und K. bzw. Non. Febr. über die Sallentiner triumphiert haben sollten. Schon darum, weil vier Monate zu dem Kriege gegen die Sallentiner kaum ausreichen, da allein der Hin- und Rückmarsch (je über 500 km) zwei Monate erfordern mußte. Auch ist es unwahrscheinlich, daß man den Feldzug im Winter gemacht haben sollte, und daß g e g e n zwei so kleine Völker je zwei consularische Heere aufgeboten worden wären. Sehr bedenklich ist ferner, daß die Consuln zweimal in demselben Amtsjahre triumphiert haben sollen; das wird meines Wissens sonst nur noch einmal berichtet, von M'. Curius Dentatus in 494/290, und dort als etwas ganz außergewöhnliches hervorgehoben (Liv. Per. 11 bis in eodem magistratu triumphavit); der eine dieser Triumphe ist denn auch ohne jeden Zweifel gefälscht, oder vielmehr, die A n g a b e beruht nur auf einem Mißverständnisse (s. unten V 2 § 3). Da die Auspicien bei der Rückkehr des Consuls nach Rom erloschen, hätten sie für einen zweiten Feldzug erneuert werden müssen, und ob die so erneuerten Auspicien für den Triumph zureichten, ist zweifelhaft (Mommsen, Staatsr. I s 127 A. 2). Es scheint demnach klar, daß es sich bei den Triumphen von 488/266 um eine Dittographie handelt und die Consuln nur je einmal triumphiert haben, der eine über die Sassinaten, der andere über die Sallentiner. A u f einem ähnlichen Versehen könnte es beruhen, wenn nach den Fasten 486/268 beide Consuln über die Picenter triumphiert haben, während nach der sonstigen Überlieferung nur P. Sempronius Sophus in diesem Kriege befehligt und in der entscheidenden Schlacht den Tempel der Tellus gelobt haben soll (Flor. I 14). Immerhin war der Krieg ernst genug, um die Absendung beider Consuln zu rechtfertigen. A u c h der Triumph des C. Fabricius

go

I 4.

Die Triumphalfasten und die Chronik der Pontífices.

476/278 de Lucaneis Bruttieis Tarent. Samnitïbus ist wahrscheinlich nur ein Duplicai des Triumphes, den er über dieselben, oder doch einige dieser Völker 472/282 gehalten hat. Die übrigen Triumphe aus diesen Jahren scheinen echt. W e n n 474/280 der Triumph des Proconsuls L. Aemilius VI. Id. Quint, nach dem Triumph des Consuls Ti. Coruncanius Κ. Febr. gesetzt wird, so ist dem Redaktor der Liste offenbar nicht gegenwärtig gewesen, daß das Amtsjahr damals im Mai begann, der Quinctilis also dem Februar vorausging {Gr. Gesch. IV a 2 § 131). D i e Triumphalfasten der Jahre 464/290—472/282 sind nicht erhalten. Von den Triumphen, die zwischen 454/300 und 463/291 in den Fasten verzeichnet stehen, sind die der Jahre 461/293 (Sp. Carvilius und L. Papirius) und 459/ 2 95 (Q· Fabius) zweifellos echt; g e g e n die Triumphe des M. Fulvius de Samnitibus Nequinatibusque 455/299, des Cn. Fulvius de Samnitibus Etrusceisque 456/298, des M. Atilius de Volsonibus et Samnitib. 460/294 liegt kein Verdachtsgrund vor, wenn wir uns erinnern, daß die Sabiner in den Annalen dieser Zeit, und danach in den Triumphalfasten in der Regel als Samniten bezeichnet werden (s. unten V 2 § 3). Falsch ist d a g e g e n der Triumph des L. Postumius de Samnitibus et Etrusceis 460/294, denn der Consul hat in diesem Jahre g e g e n die Samniten bei Luceria eine schwere Niederlage erlitten (Liv. X 1 3 — 1 5 , s. unten V 3 §7) und in Etrurien überhaupt nicht befehligt. Wahrscheinlich ist der Triumph, den Postumius in seinem dritten Consulat 463/291 nach der Einnahme von Venusia g e feiert hat (Dionys. XVII—XVIII 5, s. unten V 3 § 7) in sein zweites Consulat übertragen. Auch der Triumph, den Q. Fabius Gurges als Proconsul 464/290 (oder 291) über die Samniten gehalten haben soll, ist sehr verdächtig, da hier ebenfalls eine große Niederlage vorausgeht (s. unten V 3 § 8) ; er scheint ein Duplicat des Triumphes in seinem zweiten Consulat 478/276 über die Samniten. — G e g e n die Tagdaten aus dieser Zeit ist nichts einzu-

I 4 § 2.

Die Triumphe aus dem zweiten

Samnitenkriege.

wenden; sie gehen von prid. Non. Sept. (459/295) bis V. Kai. Apr. (460/294) ; nur Gurges soll K. Sext. triumphiert haben, aber als Proconsul. Demnach sind die Triumphalfasten auch für die Zeit von 454/300—490/264 richtig, abgesehen von den Dittographien unter 488/266, den aus anderen Jahren wiederholten Triumphen von 460/294, 464/290 (291), 276/274 und von dem vielleicht von dem Collegen übertragenen Triumph des Ap. Claudius in 486/268, im ganzen, diesen letzteren eingerechnet, sechs interpolierte Triumphe unter einer Gesamtzahl von 29 (ca. 20%). Dies ändert sich, so wie wir ins IV. Jahrhundert hinaufgehen. V o n den Triumphen der Dictatorenjahre sind die des L. Papirius 445/309 und M. Valerius sicher gefälscht (s. unten V 1 § 8. 2 § 1), sehr wahrscheinlich auch der des Q. Rullianus de Etrusceis in demselben Jahre (s. unten V 1 § 10) ; der des L. Papirius 430/324 ist vielleicht echt, würde dann aber in das Vorjahr gehören. Der Triumph des L. Papirius 435/319 ist aus 439/415 hinaufgerückt. Der Triumph des Q. Publilius 428/326 de Samnitibus Palaeopolitaneis ist entweder falsch, oder gehört in 439/415 und ist nur über die Samniten gefeiert. Stark verdächtig sind die Triumphe des L. Fulvius und Q. Fabius in 432/322, des Q. Aemilius in 443/311. Gegen die übrigen Triumphe aus dem zweiten Samnitenkriege, des C. Sulpicius 440/314, M. Valerius 442/312, C. Iunius 443/311 und 452/302, Q. Marcius 448/306, M. Fulvius 449/305, P. Sempronius und P. Sulpicius 450/304 ist kaum etwas begründetes einzuwenden. Von den 17 Triumphen, die in den Fasten von 428/326—453/301 verzeichnet stehen, sind also nur acht unverdächtig, und unter den richtigen Jahren eingesetzt, zwei sind zwar sicher oder doch wahrscheinlich echt, stehen aber unter falschen Jahren, vier sind stark verdächtig, zwei sind sicher, ein anderer sehr wahrscheinlich gefälscht. Sehr bedenklich sind zum Teil auch die Tagdaten.

g 2

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Die Triumphalfasten und die Chronik der Pontífices.

Zwar daß Q. Marcius schon prid. K. Quint, über Anagnia triumphiert hat, kann bei der Nähe dieser Stadt richtig sein, nur müßten wir dann annehmen, daß der Bericht der Annalen über den Feldzug des Consuls in Samnium gefälscht ist. D a ß aber die Triumphe von 440/314— 443/311 sämtlich im Juli oder August gehalten wären (K. Quint., Id. Sext., Non. Sext., Id. Sext.), ist schwer zu glauben. Es scheint klar, daß eine Liste, die so voll Fehler steckt, nicht auf gleichzeitige amtliche Aufzeichnungen zurückgehen kann, oder doch höchstens in den letzten Jahren seit 448/306. Und je weiter wir hinaufgehen, desto größer wird die Zahl der verdächtigen oder sicher gefälschten Triumphe. Daraus ergibt sich, daß es eine amtliche Chronik in Rom erst seit der W e n d e des IV. Jahrhunderts gegeben haben kann. A u f dieselbe Zeit führt es, daß die Consularfasten seit 454/300 feststehen, während unmittelbar vorher die Interpolationen beginnen. Die Dictatorenjahre und, wenn Piso recht hat, die Consulate von 447/307 und 448/306 hätten nicht eingelegt werden können, wenn es für diese Zeit bereits eine sichere Überlieferung gegeben hätte. 3. Ferner ist klar, daß die Prodigien von Anfang an in den Tafeln der Pontífices verzeichnet gewesen sein müssen. D a ß das zur Zeit des ersten Punischen Krieges der Fall war, sagt Cato an der bekannten Stelle aus dem IV. Buch der Origines (f. 77 Peter), in dem dieser Krieg erzählt war: non lubet scribere, quod in tabula apud pontificem maximum est, quo tiens annona cara, quotiens lunae aut solis lumine caligo aut quid obstiterit. Die älteste Sonnenfinsternis, die in den Annales maximi verzeichnet stand, war die vom 13. Juni ( = 5. Juni des römischen Kalenders) 288, die auch bei Ennius erwähnt war (Cic. rep. 1 1 6 , 25, Hermes LVII, 1922, 119ÎÏ.); da die Annales maximi zu dessen Zeit noch nicht existierten, muß er sie den tabulae

I 4 § 3· Die Prodigien. pontificum entnommen haben. der Ausdruck bei Ennius

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Auf diese Quelle führt auch

Nortis Itinis soli luna obstitit et nox

vgl. die oben angeführte Stelle aus Cato. Kurz vorher waren zwei andere mit bloßem A u g e in Rom sehr deutlich sichtbare Finsternisse eingetreten, am 15. A u g u s t 310, 7 Uhr 12 Minuten morgens, 10,2 Zoll (die sog. Finsternis des Agathokles), und am 24. Mai 297, 6 Uhr 40 Minuten morgens, 10 Zoll (Ginzel, Spezieller Kanon der Finsternisse, S. 14). Da sie beide in den Sommer fallen, ist es nicht wahrscheinlich, daß die Sonne durch Wolken verdeckt gewesen sein sollte. Nun ist es ja möglich, daß in Rom Nebel gewesen wäre, was im Sommer am Morgen öfter der Fall ist, dann würden die Finsternisse aber auf den Albanerbergen sichtbar gewesen sein, und hätten also ebenfalls als Prodigien verzeichnet werden müssen. Danach steht es so gut wie sicher, daß die Aufzeichnung der Finsternisse durch die Pontífices zwischen 297 und 288 begonnen hat. Bestätigt wird das durch Livius, der in den ersten neun Büchern Prodigien nur ganz vereinzelt erwähnt, dann aber, im X. Buch, unter 296 und 295 (c. 33,1 und 31,8). Mommsen hat allerdings auf Grund des Titels von Obsequens' ab anno urbis conditae DV prodigiorum liber behauptet, daß die Pontífices erst von diesem Jahr ab mit der Aufzeichnung der Prodigien begonnen, und Obsequens das bei Livius bemerkt gefunden habe (in Otto Jahns Ausgabe der Periochae S. XX). Das Jahr Varr. 505 ist bei Livius 502 {Per. 49 vgl. Censorin. 17, 10), Varr. 605 ist 602 {Per. 49); hat also Obsequens sein Datum, wie doch wahrscheinlich, aus Livius herübergenommen, so entspricht es dem Jahre Varr. 508/246. Damals war Ti. Coruncanius Pontifex maximus, der erste Plebejer, der zu dieser Würde gelangt ist (Liv. Per. 18; sein Nachfolger war L. Caecilius Metellus seit 243, Cic. de senect. 9, 30,

I 4.

Die Triumphalfasten und die Chronik der Pontífices.

vgl. Val. Max. Vili 13, 2), den Neuere danach für den Urheber dieser Reform gehalten haben. Aber hat es denn die geringste Wahrscheinlichkeit, daß Livius gesagt haben soll: von diesem Jahr an haben die Pontífices die Prodigien aufgezeichnet? Wo findet sich denn in seinem ganzen Werke eine ähnliche Angabe? Jedenfalls kann die Finsternis des Ennius unmöglich so tief herabgerückt werden. Auch führt Orosius IV 1, 1—4 und 5, χ aus 485/269 und einem der nächsten Jahre ganze Reihen von Prodigien auf, die er doch aus Livius entnommen haben muß. Dieser hat also die Prodigien bereits in der ersten Hälfte der II. Decade (Buch XV) oder vielmehr, wie die angeführten Stellen aus Buch X zeigen, seit dem Ende der I. die Prodigien ganz in derselben Weise gegeben wie in der III. und später; und diese Angaben müssen in letzter Linie auf die Chronik der Pontífices zurückgehen. Diesem Tatbestand gegenüber können bloße Kombinationen nicht das geringste beweisen. 4. Das alles läßt kaum einen Zweifel, daß es eine Chronik der Pontífices erst seit dem Anfang des III. Jahrhunderts, genauer gesprochen seit 296 gegeben hat. Erinnern wir uns jetzt, daß das Collegium der Pontífices eben damals durch die Lex Ogulnia reorganisiert worden ist. Die beiden Ogulnier sollen dies Gesetz 454/300 als Volkstribune gegeben haben (Liv. X 6—9). Aber die Plebiscite haben erst durch die Lex Hortensia um 287 Gesetzeskraft erlangt; die Ogulnier können das Gesetz also erst in ihrer Aedilität 296 zur Annahme gebracht haben, s. unten IV 3 § 7. Ist das richtig, so würde die Chronik gleich im Jahre der Reorganisierung des Collegiums begonnen worden sein. Für uns kommt übrigens hier nichts darauf an, denn auch wenn die Lex Ogulnia schon in 300 gehören sollte, könnten die Pontífices ja erst einige Jahre später angefangen haben, die Prodigien aufzuzeichnen. Jedenfalls scheint klar, daß die Sache mit der Reform des Pontificates zusammenhängt.

I 4 § 4·

Die Lex Ogulnia. — Ergebnis.

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Ist das Gesagte richtig, so beruhen die aus den Annales maximi geflossenen Angaben der Triumphalfasten seit 296 auf gleichzeitigen Urkunden und verdienen also vollen Glauben, soweit nicht nachgewiesen oder doch wahrscheinlich gemacht werden kann, daß spätere Interpolationen vorliegen. Die Angaben der Fasten über die Triumphe vor diesem Jahre haben keine solche urkundliche Gewähr mehr; sie haben keinen höheren Wert, als die übrige annalistische Überlieferung, nur daß es eben Überlieferung aus der Gracchenzeit ist, während alle anderen uns erhaltenen Annalen erst aus caesarischer oder augusteischer Zeit stammen. Die capitolinischen Triumphalfasten sind darum von den ärgsten Entstellungen noch frei. Sie bilden infolgedessen neben den Consularfasten und dem wenigen, was bei Polybios, Livius und sonst von der älteren Annalistik erhalten ist, die Grundlage, von der jede Untersuchung über die äußere Geschichte Roms im V. und IV. Jahrhundert auszugehen hat. Jeder römische Sieg, dem in den Capitolinischen Fasten kein Triumph entspricht, ist im höchsten Grade verdächtig, und bis zum Beweise der Echtheit aus der Geschichte zu streichen.

V. Die Annalisten. ι . Der älteste römische Annalist, Q. Fabius Pictor, hat im gallischen Krieg 225—222 mitgefochten (Eutrop. III 5, Oros. IV 13, beide nach Livius) ist also spätestens um 240 geboren. Das Cognomen hat zuerst C. Fabius Pictor geführt, weil er den Tempel der Salus auf dem Quirinal mit Gemälden ausgeschmückt hat, nach seiner eigenen Angabe 450/304 (Plin. X X X V 19, Val. Max. VIII14, 6) ; Q. Fabius Pictor muß also sein Nachkomme, wie der Altersunterschied zeigt, sein Urenkelsohn gewesen sein. Ein Sohn des ersten Fabius Pictor war ohne

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I 5.

Die Annalisten.

Zweifel der Consul von 488/266 Ν. Fabius C. f. M. η. (Fasti triumph.), ein anderer, wegen des Praenomens der älteste, der Consul von 485/269, C. Fabius Pictor. Einer dieser beiden muß der Großvater des Annalisten gewesen sein, wenn wir nicht annehmen wollen, daß der ältere C. Pictor noch andere Söhne gehabt hat, und zwar war es wahrscheinlich Numerius, da der Münzmeister N. Fabius Pictor, nach der Darstellung auf seinem Denaren, ein Nachkomme des Flamen Quirinalis (seit 564/190) Q. Fabius Pictor gewesen ist, dieser aber höchst wahrscheinlich der älteste Sohn des Annalisten (die Belege bei Münzer in Pauly-Wissowa VI 2, 1836. 1841, der aber die Folgerungen daraus nicht gezogen hat). Das letzte Ereignis, das in den Fragmenten von Fabius' Annalen erwähnt wird, ist die Schlacht am Trasimen (Liv. XXII 7 , 1 ) ; es kann aber kein Zweifel sein, daß er den ganzen Hannibalischen Krieg erzählt (Polyb. III 9, 1, App. Hann. 27, Dionys. I 6, 2), und sein Werk also erst nach dem Ende des Krieges geschrieben oder doch vollendet hat. Da Fabius griechisch geschrieben hat, also für ein griechisches oder griechisch gebildetes Publikum, muß er griechische Historiker gelesen haben. Bezeugt ist es nur für Diokles aus Peparethos δς δοκεϊ πρώτος έκδουναι 'Ρώρις κτίσιν, . . . . φ και Φάβιος δ Πίκτωρ έν τοις πλείστο ις έπηκολουθ-ηκεν (Plut. Rom. 3)· Man sollte meinen, daß Fabius gerade dafür eine griechische Quelle am wenigsten nötig gehabt hätte; auch hatte ja schon vor ihm Naevius die Gründungsgeschichte erzählt. Die Werke des Timaeos und Philinos können ihm nicht wohl unbekannt geblieben sein, doch war darin über die römische Geschichte vor Pyrrhos sehr wenig zu finden. In der Hauptsache hat Fabius jedenfalls nach einheimischen Quellen gearbeitet; die chronologische Grundlage gaben die Fasten. Für die Zeit seit dem Anfang des III. Jahrhunderts konnte er die Chronik der Pontífices benutzen, auch wird er vieles aus mündlicher Tradition geschöpft haben. Q. Fabius Gurges

Χ 5 § ΐ·

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Fabius Pictor.

(Cos. 292. 276) war der Großvater des Cunctators, der mit dem Annalisten ungefähr gleichen Alters oder doch nur wenig älter war. Für das IV. und Y . Jahrhundert war er im wesentlichen auf die Überlieferung in den Adelshäusern angewiesen, unter denen sein eigenes Geschlecht eine so hervorragende Stellung einnahm. Ohne Zweifel ist die Sitte sehr alt, Wachsmasken der Vorfahren in den Atrien aufzustellen, aus der sich dann das ius imaginum entwickelt hat. Das zeigt der hocharchaische Brauch bei den Begräbnissen, den Polyb. VI 53, 6 schildert, wobei diese Masken von Männern in der Amtstracht jedes der Ahnen angelegt wurden, die nun unter Vortragung der Fasces der Leiche das letzte Geleit gaben. Die Ahnenbilder trugen Aufschriften (titilli), von denen uns die Grabschriften der Scipionen einen Begriff geben können; sie gaben den Namen des Mannes, den das Bild darstellte, und den Namen das Vaters, die curulischen Ämter, die er bekleidet, die Siege, die er erfochten, die öffentlichen Bauten, die er errichtet hatte. Die ganze Familiengeschichte ließ sich aus diesen tituli ablesen. A u c h auf öffentlichen Denkmälern waren solche Elogia des Stifters und seiner Vorfahren vielfach verzeichnet, was zuerst von Ap. Claudius Caecus (Cens. 312) berichtet wird (Plin. NH. X X X V 12). Bei Begräbnissen wurden dann in der Leichenrede (laudatio) alle diese Taten der Vorfahren aufgezählt. Ein vornehmer Mann und Senator wie Q. Fabius Pictor muß in seinem langen Leben Begräbnissen von Männern aus allen Geschlechten der römischen Nobilität beigewohnt, und so die Geschichte aller dieser Geschlechter gehört haben, bei den meisten gewiß zu wiederholten Malen; auch stand ihm natürlich jederzeit der Zugang zu den Ahnenbildern und ihren Aufschriften offen; hier fand er das Material, den Rahmen zu füllen, der in den Fasten gegeben war. Freilich war dies Material nicht immer zuverlässig; es gab auch gefälschte oder i n t e r p o l i e r t e tituli ( C i c . Brut. Beloch, Röm. Geschichte.

1 6 . 6 1 , L i v . V I I I 40, 4), 7

und

9

8

I 5.

Die Annalisten.

Niederlagen waren darin natürlich niemals erwähnt. Daneben wurden Sagen und Familienanekdoten, wie die Erzählung von der Insubordination des Magister equitum Q. Fabius Rullianus g e g e n seinen Dictator L . Papirius in das Werk aufgenommen (fr. 18 bei Liv. VIII30,9). Ebenso wird eine Reihe anderer, nachweislich falscher Angaben über die Laufbahn des Rullianus und Gurges, die in unseren Annalen sich finden, auf Fabius Pictor zurückgehen. Und überhaupt war Fabius bemüht die Dinge in für Rom möglichst günstigem Licht darzustellen. So hat er die Niederlage des L. Postumius bei Luceria 294 (s. unten V 3 § 7) in eine unentschiedene Schlacht verwandelt (fr. 19), die Niederlage des Consuls T . Manlius gegen die Gallier 299 vertuscht (Polyb. II 19, 2, s. unten V 3 § 3), und sogar v o n dem Gallierkriege der Jahre 225—222, in dem er doch selbst mitgekämpft hatte, eine tendenziös gefälschte Darstellung gegeben (Hermes LVII, 1922, S. 127 if.). A u c h sonst hat er mitunter die Überlieferung gefälscht, und ζ. B. die Unterwerfung der Senonen M'. Curius zugeschrieben, statt P. Dolabella (s. unten V 4 § 1). Die Sagengeschichte, bis zum Anfang der Republik, wo der Stoff reichlich floß, war sehr ausführlich behandelt; ebenso, aus demselben Grunde, die Zeit der Punischen Kriege; d a g e g e n war von der Geschichte der dazwischen liegenden Zeit nur ein verhältnismäßig kurzer Abriß gegeben (Dionys. 16, 2). Citate aus der griechischen Ausgabe mit A n g a b e der Buchzahl haben wir nicht; angeführt wird nur das IV. Buch der lateinischen Ausgabe, worin die W a h l des ersten plebejischen Consuls erwähnt war (bei Gell. V 4, 3). Bekanntlich ist viel darüber gestritten worden, ob es sich hier um eine Übersetzung bzw. eine lateinische Bearbeitung handelt oder um ein selbständiges W e r k eines jüngeren Fabius. Das letzte scheint schon durch die Art ausgeschlossen, wo Gellius die Stelle anführt: ibi expositae erant Fabii Annales, bonae atque sincerae vetustatis libri, wobei doch nur an das berühmte Werk des

I 5 § ι.

Fabius Pictor.

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Fabius Pictor gedacht werden kann. Ferner gab es lateinische Ausgaben auch von den Annalen des Q. Postumius (Macrob. III 20, 5) und C. Acilius; daß es sich bei dem letzteren um eine Übersetzung handelte, wird ausdrücklich bezeugt (Liv. X X V 39, 11 Claudius, qui annales Acilianos ex Graeco in Latinum, sermonem vertit). Es ist demnach klar, daß es sich mit den lateinischen Annalen des Fabius ebenso verhält. D a ß Cic. de or. II 51 und 53 Cato, Pictor und Piso in dieser Reihenfolge nennt, beweist gar nichts, denn er hat unzweifelhaft den bekannten Annalisten gemeint, ebensowenig, daß bei Quintil. Instit. or. I 6, 12 Enniurn Pictoremque Fabium steht, da beide ja Zeitgenossen gewesen sind; auch haben wir gar kein Recht bei solchen gelegentlichen Anführungen pedantische Rücksicht auf die chronologische Folge vorauszusetzen. Und wenn Non. S. 578, 34 den Historiker Fabius Pictor mit dem Verfasser des lus Pontificium für identisch hält, so hat er einfach die beiden gleichnamigen Autoren zusammengeworfen. Damit erledigt sich, was Münzer über die angeblichen Annalen der Ser. Fabius Pictor zu sagen weiß (in Pauly-Wissowa V I 2, 1843). Ed. Meyer meint allerdings, es sei „ganz unmöglich," daß das erste plebejische Consulat bei dem alten Fabius Pictor im IV. Buche g e standen hätte (Kl. Sehr. II 305, 1). Aber was wissen wir von der Ökonomie des W e r k e s ? Die Fragmente zeigen doch, daß selbst aus der älteren Geschichte der Republik viele Einzelheiten gegeben waren. Schon aus Rücksicht auf das griechische Publicum, für das das Werk bestimmt war, kann die Darstellung nicht gar zu knapp und trocken gewesen sein. Jedenfalls aber müssen wir von dem bezeugten, hier also der A n g a b e des Gellius, auf das unbezeugte zurückschließen, nicht umgekehrt. Unter der Annahme, daß Fabius, wie Livius, mit der Zulassung der Plebejer zum Consulat ein Buch begonnen hat, hat die Zeit bis dahin bei ihm drei Bücher gefüllt, statt sechs bei Livius. Die Fragmente zeigen, daß Fabius 7*

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I 5.

Die Annalisten.

die Zeit bis zur Gründung der Stadt, und die Gründung selbst ausführlicher behandelt hat, als Livius; die Ereignisse bis zum Sturze der Königsherrschaft, die Livius im I. Buche erzählt, werden also bei ihm zwei Bücher gefüllt haben, wie bei Ennius ; die ersten anderthalb Jahrhunderte der Republik nur ein Buch, g e g e n fünf Bücher bei Livius. Das Jahrhundert bis zum Beginn des ersten Punischen Krieges (388/366—490/264) mag dann etwa zwei Bücher in Anspruch genommen haben (bei Livius 9, V I I — X V ) . Die A u s z ü g e aus Fabius' Erzählung des ersten Punischen Krieges nehmen bei Polybios etwa 31 Capitel ein, ein gutes Drittel des I. Buches (c. 10—12, 5; 16—40; 59—61, vgl. Gr. Gesch. I V 2 2 § 5), die Erzählung des Gallischen Krieges, die höchstwahrscheinlich ebenfalls auf Fabius zurückgeht, 13 Capitel (II 22—34); da die Quelle natürlich ausführlicher war, als der Auszug, auch sehr vieles darin gestanden hat, was Polybios nach anderen Quellen oder gar nicht erzählt, muß Fabius für die Jahre 264—220 mindestens ein Buch gebraucht haben (Livius fünf Bücher). Das sind also bis zum Beginn des Hannibalischen Krieges wenigstens sechs Bücher. Diesen Krieg selbst hat Fabius ohne Zweifel sehr eingehend behandelt, da er ja hier die Geschichte der eigenen Zeit gab. Bei Polybios füllt der Krieg von 219—210 über zwei Bücher (III und Teile von V I I — I X ) ; ist Fabius hier die Quelle gewesen, was doch immer die wahrscheinlichste Annahme bleibt, so kann dessen Darstellung nicht wohl kürzer gewesen sein, auch wenn wir berücksichtigen, daß Polybios daneben noch andere Quellen benutzt hat. Für den ganzen Krieg kann Fabius demnach nicht unter vier Bücher gebraucht haben, und es ergibt sich ein Gesamtumfang von wenigstens zehn, vielleicht zwölf Büchern. Die Gründung der Stadt setzte Fabius in Ol. 8, 1 ebenso die übrigen Quellen; was sie an Detail mehr bieten, ist von sehr zweifelhaftem, oder vielmehr gar keinem Werte (vgl. Mommsen, BF. II 173 ff.). Sein Vermögen wurde natürlich eingezogen; ein daraus gestiftetes Weihgeschenk, eine eherne Statue mit der Aufschrift ex Cassia familia datum stand im Tempel der Ceres (Liv. II 41, 10, Dionys. VIII79,3 Plin. NH. X X X I V 1 5 ) , wo es offenbar noch die älteren Annalisten gesehen haben. Auch die Angabe, daß sein Haus niedergerissen, und die Stätte der Tellus geweiht wurde (Liv. und Dionys. aaO., Cic. de domo 38, 101) mag

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I V ι.

Die Gallische Katastrophe und ihre Folgen.

richtig sein; wenigstens erklärt sich nur so, d a ß Cassius an dieser Stelle eine Statue errichtet wurde (s. unten S. 331), denn diese Statue muß viel älter sein, als der T e m p e l der Göttin, der hier 484/270 erbaut worden ist (Cic. de domo aaO., Flor. 1 1 9 , 2), ein oder z w e i Jahrhunderte nach Cassius' Tode, w o niemand mehr daran gedacht haben kann, seine Bildsäule aufzustellen. Die Beschuldigung, nach der Tyrannis gestrebt zu haben, ist ohne Zweifel ebenso unbegründet, wie später die gleiche Beschuldigung gegenüber den Gracchen, deren Geschichte die Annalisten für die Erzählung von Sp. Cassius die Farben entnommen haben (Ackergesetz, Getreidespende, B e g ü n s t i g u n g der Bundesgenossen); es fehlte ihm eben, g a n z wie den Gracchen, der Glanz großer kriegerischer Erfolge, und darum der militärische Rückhalt. Ein legitimes Collegium von Consulartribunen wird in den Fasten zuerst wieder unter 384/370 verzeichnet; also ist Cassius' Sturz in diesem Jahre erfolgt. Diodor gibt die Dauer der Anarchie auf ein Jahr an; Varrò, die Capitolinischen Fasten und Livius rechnen bekanntlich fünf Jahre. Das ist kaum wahrscheinlich; denn wenn die revolutionäre R e g i e r u n g so lange am Ruder geblieben wäre, würde sie sich auch weiter behauptet haben. D a ß der ,,Chronograph von 354" Consulartribune für alle fünf Jahre gibt (379/375—383/371), was wahrscheinlich schon in den Capitolinischen Fasten gestanden hat, ist kein Gegengrund, denn die Listen können interpoliert sein. Das wird sogar sehr wahrscheinlich dadurch, daß für das erste und letzte Jahr nur j e ein Name g e g e b e n wird, mit dem Zusätze solo bzw. et solo; g a n z ebenso heißt es bei dem Chronographen unter 705/45 Caesare IIJI et solo, wo die Capitolinischen Fasten sine [conleg.] haben, und so ist et solo also auch 379/375 und 383/371 zu verstehen. Dieser Fall konnte aber, solange es Consulartribune gab, nie vorkommen. Wenigstens diese beiden Jahre scheinen also eingeschoben, sodaß höchstens drei Jahre für die

I V ι § 8. Dauer d. Anarchie. — § 9. Sp. Cassius' Andenken.

331

Anarchie bleiben würden, und so hat vielleicht schon Fabius Pictor gerechnet (s. oben § 5). 9. Wenn es aber dem Senat auch gelungen ist, Sp. Cassius zu stürzen, sein Werk hat er nicht zu zerstören vermocht. Zwischen dem Ende der Anarchie und dem ersten plebejischen Consulat liegen nur vier oder wahrscheinlich drei Jahre (s. unten IV 2 § 4) ; es ist evident, daß Sp. Cassius der Verfassungsreform den Boden bereitet hat. Dieser Zusammenhang ist ja auch in unserer Überlieferung nicht verwischt, nur daß diese, hier wie sonst, die Revolution eliminiert hat, und alles in schön verfassungsmäßiger Weise zugehen läßt, wobei dann freilich ganz unverständlich bleibt, warum die Patricier schließlich nachgaben, nachdem die Volkstribune ihre schärfste Waffe, die Verhinderung der Wahlen, vergeblich angewendet, und die Obstruction, in dieser Erkenntnis, fallen gelassen hatten. Nach dem Siege der Plebs ist Sp. Cassius' Andenken natürlich rehabilitiert worden (Liv. II 42, 1 haud diuturna ira populi in Cassium fuit). Die Stätte seines Hauses war freilich der Tellus geweiht und konnte der Familie also nicht zurückgegeben werden. S o errichtete man denn dem Vorkämpfer der Freiheit an dieser Stelle eine Statue. Piso berichtet darüber (fr. 37 Peter bei Plin. NE. XXXIIII30) M. Aemilio C. Popilio Herum, consulibus (596/158') a censoribus P. Cornelio Scipione M. Popilio statuas circa forum eorum qui Magistratum gesserant subíalas omnis praeter eas quae popiili aut senatus sententia statutae essent, earn vero quae apud aedem Telluris statuisset sibi Sp. Cassius, qui regnum adfectaverat, etiarn conflatam a censoribus. Aber daß Sp. Cassius sich nicht selbst eine Statue gesetzt haben kann, sollte klar sein; und hätte er es getan, so würde sie gleich nach seinem Sturze beseitigt worden sein. Sie hat aber bis 158 v. Chr. gestanden, also ist sie von Sp. Cassius' Anhängern errichtet worden, etwa den Volkstribunen, solange dessen Verdienste noch frisch im Ge-

IV ι.

332

Die Gallische Katastrophe und ihre Folgen.

dächtnis standen, also bald nach 388/366. Piso, obgleich er selbst, wie ohne Zweifel auch die Censoren von 158, in dem Glauben befangen war, daß Sp. Cassius nach der Krone gestrebt habe, hat also das richtige erzählt, was seiner Wahrheitsliebe alle Ehre macht, und wir haben nicht nötig, sein Zeugnis mit der Vulgärtradition durch Interpretationskunststücke in Einklang zu bringen. So hat Mömmsen gemeint (BF. II 167 A), hinter a censorihns am Ende der Stelle seien bei Piso die Namen älterer Censoren genannt gewesen, die Plinius weggelassen habe. A b e r damit wird garnichts erklärt; die Censur ist frühestens 443 geschaffen worden, wenn also die Statue nicht sofort nach Cassius' Sturz eingeschmolzen wurde, ist es ganz gleichgiltig, ob sie seit 486 ein halbes Jahrhundert, oder drei Jahrhunderte stehen geblieben ist. Cassius' Staatsstreich müßte also erst nach 443, oder doch unmittelbar vorher gesetzt werden. Nun ist klar, daß eine Statue, die eingeschmolzen werden konnte, also von Bronze war, sich nicht von 486—152 erhalten haben kann, schon darum, weil die gallische Katastrophe dazwischen liegt. Das allein würde zum Beweise genügen, d a ß Sp. Cassius erst im IV. Jahrhundert gelebt hat. In die erste Zeit der Republik ist er nur darum hinaufgerückt worden, weil man glaubte, daß in ihm abgeschlossene Bündnis mit den Latinern gehöre in die Zeit gleich nach der Schlacht am Regillussee. Das einzige, was von Sp. Cassius urkundlich bezeugt ist, ist das Bündnis mit den Latinern.

Davon haben wir also auszugehen.

Dies Bündnis

kann er aber nur als höchster Beamter des Staates abgeschlossen haben. Die Fasten zeigen, daß er das seit 388/366 nicht

gewesen

ist; vorher

aber kann er es, als Plebejer, nur während der Anarchie gewesen sein. Dieser Schluß steht also unbedingt sicher.

D a m i t erklärt sich dann ohne

weiteres, was von seinem Staatsstreich berichtet wird. D a ß das alles auch hohe innere Wahrscheinlichkeit hat, wird die obige Darstellung klargelegt haben.

Wer

Änderung wird.

sich

dieser Einsicht verschließt,

muß

zur

willkürlichen

der Überlieferung greifen, mit der gleichwohl nichts erklärt

Es bleibt also nur die Konstruktion möglich, die oben gegeben ist.

IV 2 § I.

Die Plebs. — Bevölkerung d. eroberten Gebiete.

333

II. Die Plebs und ihr Kampf um die Gleichberechtigung. ι . Über die Entstehung der Plebs ist bis zum Ekel geschrieben worden; als ob es, von ganz primitiven Zuständen abgesehen, überhaupt einen Staat geben könnte ohne Ungleichheit des Besitzes und also ohne den Gegensatz von vornehm und gering. Die beiden Stände müssen also schon in der Zeit bestanden haben, als die Stadt noch auf den Palatin beschränkt war, und das Gebiet sich nur auf wenige Milien vor den Toren ausdehnte. Schon sehr früh aber hat Rom es vermocht, die umliegenden Kleinstädte zu unterwerfen; das Gebiet, das ursprünglich nur etwa 150 qkm umfaßt hatte, vergrößerte sich dadurch, bis um die Mitte des V. Jahrhunderts, auf über 800 qkm, oder auf mehr als das Fünffache der früheren Ausdehnung. Die Bevölkerung des so erworbenen Gebietes soll zum guten Teil in die römische Bürgerschaft aufgenommen worden sein, der Adel sogar unter die Patricier; eine Anzahl der vornehmen Geschlechter Roms, wie die Geganier, Iulier, Quinctilier, Servilier rühmten sich albanischer Herkunft. Die in die römische Bürgerschaft aufgenommenen Geschlechter müssen im Besitze ihres Grundeigentums geblieben sein, oder doch wenigstens einen Teil davon behalten haben. Der größte Teil des eroberten Gebietes aber ist römisches Staatsland geworden, und dann entweder an römische Bürger assigniert, oder von den vornehmen Familien occupiert worden, ganz wie es bei den Erwerbungen in späterer Zeit geschehen ist. Den Beweis geben die Namen der Landtribus, in die •das römische Gebiet um die Mitte des V. Jahrhunderts, oder etwas später eingeteilt wurde. Zehn dieser Tribus sind nach patricischen Geschlechtern benannt, die in den Fasten bis 317/437, meist wiederholt, vorkommen, und ¿¡war die

334

IV 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

Horatia 509. 477. 457. 449· Menenia 503. 452. Voturia 499. 494. 462. Claudia 495. 471. 460. Fabia 485—479. 467. 465. 459. 442. Cornelia 485. 478 (bei Diod. X I 52). 459. Aemilia 484. 478. 473. 470. 438. Sergia 478 (bei Dionys. IX 16). 437. Romilia 455. Papiria 444. 441.

Die Zahlen bezeichnen die Jahre der Consulate. Die sechs übrigen Tribus (Camilla, Galería, Lemonia, Pollia, Pupinia, Voltinia) sind nach Geschlechtern benannt, die in den Fasten nicht vorkommen, und später, als patricische Geschlechter, verschollen sind. E s ist klar, daß die Tribus nach den angesehensten Geschlechtern benannt sind, die dort Grundbesitz hatten, oder doch früher gehabt hatten; denn allerdings sind die Tribus nicht direkt nach den Geschlechtern benannt, sondern nach den pagi, die ihrerseits nach den Geschlechtern benannt waren (Festus S. 1 1 5 M. Lemonia tribus a pago Lemonio appellata qui est a porta Capena via Latina). A b e r diese pagi müssen doch die bedeutendsten in jeder Tribus gewesen sein, und die Geschlechter, deren Namen sie trugen, jedes in seinem pagus das erste. Der bei weitem größte Teil der Landtribus aber muß außerhalb der Grenzen des ältesten römischen Gebietes gelegen haben. So lag die Claudia jenseits des Anio (s. oben II 1 § 1 1 ) , die Pupinia an der gabinischen Grenze (Liv. X X V I 9), während das älteste römische Gebiet sich unmöglich so weit erstreckt haben kann. Nun mögen j a einzelne Tribusgeschlechter erst später in den römischen Staatsverband aufgenommen sein, wie die Papirier, die zu den gentes minores gehörten (Cic./am. I X 2 1 , 2), und, wenn die Sergier ursprünglich mit den albanischen Serviliern identisch gewesen sind (Mommsen, Röm.Forsch. I 8. II 295) auch diese, ebenso, nach der Sage, die Claudier; aber die

I V 2 § ι . Die Namen d. Landtribus. — §2. Clienten d. Patricier.

335

meisten sind doch ohne Zweifel altrömischen Ursprungs. Sie können also ihren Grundbesitz außerhalb der Grenzen der alten Feldmark erst infolge der Eroberungen erhalten haben. Dasselbe zeigen die Cognomina patricischer Geschlechter, die von als Gemeinden untergegangenen Ortschaften abgeleitet sind; Medullinus der Furier, Camerinus der Sulpicier, Mugillanus der Papirier, und die analog gebildete Coritinesanus der Herminier, Maluginensis der Cornelier, Vibulanus der Fabier, Carventanus eines ungewissen Geschlechts (Mommsen aaO. II 292). Die Zweige der Geschlechter, die diese Beinamen führen, haben also in dem Gebiete dieser Ortschaften ihren Grundbesitz gehabt. 2. W e n n aber römische Patricier an die Stelle der alten Grundbesitzer getreten waren, die Arbeiter waren geblieben. Sklaven g a b es in dieser Zeit nur wenige, und das ländliche Proletariat des altrömischen Gebietes hätte bei dessen geringer Ausdehnung die nötigen Arbeitskräfte nicht liefern können, auch bot die nahe Stadt lohnendere Beschäftigung. Die neuen Herren konnten also nichts anderes tun, als die Arbeiter verwenden, die bereits für die früheren Besitzer das Land bebaut, oder durch die Eroberung ihre eigenen Bauernstellen verloren hatten. Diese traten damit zu den patricischen Geschlechtern in ein Verhältnis wirtschaftlicher Abhängigkeit; sie wurden deren Clienten. Und auch den Kleinbauern und Käthnern der unteren Klassen gegenüber hatten die Patricier ein großes wirtschaftliches Übergewicht. Von dem Heredium von zwei Iugera konnte eine Familie nicht leben; wer nicht mindestens das doppelte oder dreifache besaß, war darauf angewiesen, bei den größeren Besitzern auf Arbeit zu gehen. Ebenso müssen die Söhne von Kleinbauern, die auf der väterlichen Scholle für ihre Arbeitskraft keine Verwendung fanden, bei den Patriciern in Dienst getreten sein. So herrschten diese in den Landtribus unbedingt. Und in einer Zeit erst beginnender Geldwirtschaft, wie es das V. und noch das IV. Jahrhundert in Mittelitalien

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

gewesen sind, geht der größere Besitz nicht leicht durch Kauf in andere Hände über. Für den Kleinbauern gibt es überhaupt kaum eine Möglichkeit, zu größerem Besitz zu gelangen; wohl aber schwebt er beständig in Gefahr, durch Mißwachs, Krieg und andere Unfälle in Schulden zu kommen und den ererbten Besitz zu verlieren. Wäre also Rom ein ausschließlich ackerbauender Staat gewesen, so würde die Verteilung des Grundeigentums, und damit das sociale und politische Übergewicht der Patricier unverändert geblieben sein, oder sich vielmehr immer weiter zu ihren Gunsten verschoben haben. 3. Ganz anders lagen die Verhältnisse in den Tribus urbanae. Allerdings hatten die reichen Patricier Häuser in der Stadt, und sie werden meist hier gewohnt haben, wenigstens so weit sie im Senat saßen; aber sie stimmten in den Landtribus, wo ihr Grundbesitz lag, und in den diesen Tribus entsprechenden Centurien. In den Stadttribus stimmten nur die Handel- und Gewerbetreibenden, die auf dem Lande keinen Grundbesitz hatten, und die waren natürlich, mit verschwindenden Ausnahmen, Plebejer. Aber Rom war schon im VI., jedenfalls im V. Jahrhundert eine bedeutende Stadt, nach der Ausdehnung zu schließen die größte in ganz Mittelitalien. Das hat zur Voraussetzung, daß Handel und Gewerbe hier in hoher Blüte gestanden haben, und daraus folgt weiter, daß viele Kaufleute und Gewerbetreibende zu Wohlstand und Reichtum gelangt sind. Wir hören denn auch, daß die Mitglieder der centuriae fabrurn mit der ersten, oder, nach anderen Angaben, mit der zweiten Klasse gestimmt haben, also deren Census besessen haben müssen, und diese Centurien bestanden schon in der Zeit vor der „servianischen" Reform, die sie aus der alten Ordnung herübergenommen hat. Und es liegt in der Natur der Sache, daß diese Gewerbetreibenden so gut wie ausschließlich Plebejer gewesen sind.

I V 2 § 3·

Die Hauptstadt. — Plebejische Aristokratie.

337

Ein Blick auf die Consularfasten zeigt denn auch, d a ß es zu der Zeit, als das Consulat den Plebejern zugänglich wurde, bereits eine größere Anzahl reicher plebejischer Familien gegeben hat. Von den 22 plebejischen Geschlechtern, deren Angehörige das Consulat im Laufe des IV. Jahrhunderts bekleidet haben, sind vier nur durch j e einen Consul vertreten (Q. Publilius Philo, C . Maenius, Q. Aulius, L. Volumnius) und später nie mehr zum Consulate gelangt; ein Sextier erst wieder in 124, doch war dieser (C. Sextius Calvinus) ebenso wie der Praetor von 202, M. Sextius Sabinus, wahrscheinlich kein Nachkomme des Consuls von 366 (L. Sextius Lateranus). Von letzterem wird erzählt, er sei ein strenuus adolescens et cuius spei nihil praeter genus patricium deesset gewesen (Liv. VI 34,11). Die meisten der übrigen haben bis gegen Ende der Republik oder noch später zu den angesehensten des Staates gehört; es sind (das Jahr des ersten Consulats steht in Klammern) die Licinii (364), Popillii Laenates (359), Plautii (358), Marcii (357), Aelii Paeti (347), Atilii (336), Domitii (332), Claudii Marcelli (331), Iunii (324), Fulvii (322), Minucii (305), Sempronii (304), Livii (302); drei andere, die Genucii (365), Decii (340), Duilii (336) sind bis zur Mitte des III. Jahrhunderts, die Poeteiii (360) bis zum Ende des IV. Jahrhunderts in hohem Ansehen geblieben. Es ist klar, daß diese Familien sich nicht so lange Zeit in dieser Stellung hätten behaupten können, wenn sie nicht einen festbegründeten Reichtum besessen hätten. Dieser Reichtum kann aber nicht, oder doch nur in einzelnen Ausnahmefällen, auf ererbtem Grundeigentum beruht haben, denn der große Grundbesitz war am Anfang des IV. Jahrhunderts noch so gut wie ganz in den Händen der Patricier. Allerdings hat Rom im Laufe des Jahrhunderts größere Erwerbungen von A g e r publicus gemacht, aber das eroberte Land ist zum großen, und wohl zum größten Teil sogleich an das Volk aufgeteilt worden, und mögen die Plebejer sich auch an der Occupation des Β β 1 o 0 h, R8m. Geschichte.

22

338

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

Ager publicus beteiligt haben, wie das von Licinius Stolo erzählt wird (Liv. VII 16, 9), so gehörte doch auch dazu ein bedeutendes Capital. Der Wohlstand der plebejischen Familien muß also aus Handel und Gewerbe geflossen sein. Später haben sie natürlich auch Grundeigentum erworben, soweit sich durch die Eroberungen im IV. und namentlich im III. Jahrhundert dazu Gelegenheit bot. Münzer meint allerdings (Römische Adelsparteien Cap. II Einbürgerung fremder Herrschergeschlechter [sie]), diese reichen Plebejer seien Patricier aus anderen italischen Städten gewesen, die nach R o m übergesiedelt wären. Aber ein reicher Mann, der in seiner Heimat politischen Einfluß besitzt, wandert doch nicht aus, um in der Fremde ατίμητος μετανάστης zu werden. Nur als Verbannter verläßt er die Vaterstadt; er h a t dann aber sein Eigentum verloren, und damit fehlt ihm die Basis für jede politische Tätigkeit. Das hätte Münzer, wenn sein eigenes politisches und historisches Verständnis nicht ausreichte, schon aus den Geschichten von L. Tarquinius (Liv. I 34) und Ap. Claudius (Liv. II 16, 4) lernen können. Oder glaubt Münzer etwa, die Römer hätten solchen Verbannten neuen Grundbesitz gegeben, wie das von Ap. Claudius erzählt wird ? Und glaubt er überhaupt an die Sage von der Einwanderung der Claudier ? Natürlich kann er auch nicht den Schatten eines Beweises für seine Behauptung beibringen. Das Grab a m Ponte Lucano bei Tivoli aus dem I. Jahrhundert der Kaiserzeit beweist für die Herkunft der alten stadtrömischen Plautier nichts. Auch gehörten die dort bestatteten Angehörigen des Geschlechts zur Aniensis ( C I L X I V 3608, vgl. Cic. Plane. 22, 54 und dazu Dessau aaO. S. 398), waren also wahrscheinlich Nachkommen von bei der Errichtung dieser Tribus 299 im Tal des Anio oberhalb Tibur angesiedelten römischen Bürgern. Daß um diese Zeit Plautier auch in Rom ansässig waren, zeigt die Inschrift der ficoronischen Ciste, Novios Plantíos med Romai fecid (CIL. X I V 4112); freilich waren sie kein „Herrschergeschlecht", sondern einfache Gewerbetreibende. Ganz eben so windig ist der angebliche Beweis für die campanische Herkunft der Atilier. M. Atilius Regulus, Cos. 419/335 hat doch den Beinamen Calenus nicht weil er aus Cales war, sondern weil er die Stadt als Consul ge nommen hatte. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Atiiii Caiatini, die für uns übrigens nur durch den Consul von 496/258 usw. vertreten sind; ob der A. Atilius, der Sora verraten haben sollte, Schwiegersohn des Q. Fabius Rullianus (Val. Max. V I I I 1, 9), wirklich schon diesen Beinamen geführt hat, steht keineswegs sicher, würde auch, wenn es richtig wäre, noch keineswegs beweisen, daß er aus Caiatia stammte.

I V 2 § 3·

339

Plebejische Aristokratie.

Und die calenischen Töpfermeister K . und N. Atilius (CIL. X 8054, 1) haben doch aller Wahrscheinlichkeit nach den römischen Colonistenfamilien angehört, die 334 an die Stelle der einheimischen Bevölkerung getreten waren. Bei L. Fulvius Curvus, Cos. 432/322 liegt die Sache ganz anders; der war aus Tusculum, einem Municipium, also nicht in Rom eingewandert, und von Haus aus römischer Bürger. Er ist überhaupt der erste in der langen Reihe der Consuln, die nicht aus Rom selbst stammten. Doch es lohnt sich wirklich nicht, über Münzers Phantasien ein Wort weiter zu verlieren, es wäre schade um das Papier. W. Schur h a t diese Phantasien dann weiter gesponnen ; er beweist aus der Coriolansage die volskische Herkunft der Marcier, und hält die Sempronier für „ein umbrisches Rittergeschlecht aus der Stadt Tuder", weil ein Zweig von ihnen Tuditani heißt. Mit Wissenschaft h a t so etwas nichts mehr zu tun; gleichwohl hat das Zeug im Hermes Aufnahme gefunden ( L I X , 1924, 450ff.). Natürlich hätte Rom nicht zur Großstadt werden können, ohne starken Zuzug von außen, aus dem eigenen Landgebiet wie den übrigen Latinerstädten, vereinzelt auch aus Etrurien und dem Volskerlande. Und diese Einwanderung muß, der Entwicklung der Stadt entsprechend, zum sehr beträchtlichen Teil bereits in die Königszeit fallen. Aber die Einwanderer kamen, um in R o m Arbeit zu finden, und dort womöglich ihr Glück zu machen, sie müssen also den unteren Schichten der Gesellschaft angehört haben, die keinen Grundbesitz hatten, von dem sie leben konnten. Sie sind dann mit der römischen Plebs zusammengeflossen; und manche der später angesehenen plebejischen Familien mögen ursprünglich fremden Ursprungs gewesen sein. Ob aber die Publilier volskischer Herkunft gewesen sind (Schur, aaO. S. 462) ist sehr fraglich. Das Cognomen Vulscus des angeblichen Consulartribunen von 350/400 L. Publilius beweist gar nichts, denn die Cognomina bei den Plebejern sind jung. Und ebenso wenig beweist der Name der Tribus Publilia. Denn diese ist allerdings wahrscheinlich im alten Volskerlande errichtet (396/358), aber auf dem Gebiete der damals zerstörten latinischen Colonie Pometia; wenn also die Tribus auch nach einem pagus Publilius benannt sein sollte (s. unten I V 3 § 1), was j a eine bloße Vermutung ist, so könnte dieser Name auch aus der Zeit der latinischen Colonie stammen, und also von einem latinischen Geschlecht abgeleitet sein, das bei der Deduction der Colonie dahin ausgewandert war. Wir sehen, was von der Behauptung zu halten ist, „ d a s Haus des (Publilius) Philo habe um die Mitte des I V . Jahrhunderts eine wahrhaft fürstliche Bedeutung in seiner Heimat besessen" (Schur S. 463); schon das griechische Cognomen würde den Beweis für das Gegenteil geben. 22*

340

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf u m die Gleichberechtigung.

4. Jedenfalls gab es am A n f a n g des IV. Jahrhunderts eine Anzahl plebejischer Familien, die den angesehenen patricischen Häusern an Reichtum gleichstanden und sie wohl auch übertreffen mochten. Wäre es anders gewesen, so hätten sie nicht so bald mit diesen zu einer neuen Nobilität verschmelzen können, nachdem sie die, politische Gleichberechtigung erlangt hatten. Und es lag in der Natur der Sache, daß ihnen diese Gleichberechtig u n g nicht auf die Dauer versagt werden konnte, seit die wirtschaftliche Grundlage dafür gegeben war. Den Hebel dazu bildete die politische Organisation, die sich die Plebs in den städtischen Tribus gegeben hatte, an die sich dann die Plebs in den Landtribus anschloß (s. oben III 4). Zunächst wurde den Plebejern die niedrigste Magistratur, die Quaestur, zugänglich; das soll 333/421 geschehen sein, als die Zahl der Quaestoren von zwei auf vier erhöht wurde (Liv. IV 43), doch wären Plebejer zum ersten Mal 345/409 zu dem Amte gelangt, und zwar A . Silius, P. Aelius, P. Pupius (Liv. IV 54, 3). Infolge der Erschütterung des Patricierregiments durch die gallische Katastrophe erlangten die Plebejer dann endlich auch zu dem höchsten Staatsamte Zutritt. A n Stelle des Collegiums von sechs Oberbeamten, sog. Consulartribunen, das seit 405 an der Spitze des Staates stand, trat ein Collegium von drei Männern, aber von ungleicher Competenz : zwei praetores maximi (daher in griechischer Terminologie στρατηγοί ύπατοι), wie man später sagte, Consuln, und ein praetor (στγατηγός) schlechtweg; zu einer der beiden höheren Stellen sollten auch Plebejer wählbar sein. Daraus folgt, daß die beiden anderen Stellen den Patriciern vorbehalten blieben; es ist denn auch bis 172 v. Chr. nie mehr als ein Plebejer zum Consulat und erst 337 ein Plebejer zur Praetur gelangt (Liv. VIII 15, 9). Zur Entschädigung erhielten die Patricier Zutritt zur Aedilität (s. oben III 4 § 8); es handelte sich also um ein Compromiß.

I V 2 § 4· Die Verfassungsänderung. — Die Dictatur d. Camillus.

34I

Nach unserer Überlieferung hätte der Senat, als er sich gegenüber der Agitation der Tribunen keinen Rat mehr wußte, 386/368 den alten Camillus zum Dictator ernennen lassen. Der hätte aber auch nichts auszurichten vermocht und sein Amt niedergelegt. Dann sei P. Manlius zum Dictator ernannt worden, der der Reform günstig gewesen sei, und einen Plebejer, C. Licinius, zu seinem Magister equitum bestellt habe, er hätte aber gegen die Opposition im Senat, die natürlich von einem Claudier, Ap. Crassus, geführt worden sei, nicht durchdringen können, und so sei die Agitation auch diesmal im Sande verlaufen. Im nächsten Jahre wären dann die Gallier wiedergekommen und darum Camillus noch einmal zum Dictator ernannt worden, der denn auch einen glänzenden Sieg über sie errungen hätte. Dann sei es, unter Vermittlung des Dictators, zwischen Senat und Tribunen zum Compromiß gekommen (Liv. VI 38—42. Plut. Cam. 39—42). Nun hat aber, nach der aus Fabius, oder doch einem der ältesten Annalisten geflossenen Angabe bei Polyb. II 18, 6 der zweite gallische Einfall erst 30 Jahre nach der Alliaschlacht stattgefunden, also frühestens Varr. 394/360, und damit fällt der Sieg und also auch die Dictatur des Camillus im Jahre 387/367; die Dictatur im vorhergehenden Jahre kann ebensowenig historisch sein, da sie nichts ist als ein Schlag ins Wasser, und der Dictator sogleich abdankt. Beide Dictaturen sind also gefälscht wie alles, was von Camillus' Taten nach seiner Verurteilung wegen Unterschlagung der vejentischen Beute erzählt wird (Burger, Sechzig Jahre S. 185. 207). Ganz durchsichtige Fälschungen sind auch die Namen der Magistri equitum: L. Aemilius Mam. f. Mam. η. Mamercinus (386/368) ist der patricische College des ersten plebejischen Consuls (388/366 und 391/363), T . Quinctius Capitolinus (so die Capit. Fasten, Liv. VI 42, 4 Pennus, 387/367) einer der Consulartribune von 386/368.

342

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

E s bleibt also nur die Dictatur des P. Manlius A. f. A. n. Capitolinus, seditionis sedandae causa, wie die Capit. Fasten angeben. Der Mann war 375/379 Consulartribun gewesen, tritt aber sonst in keiner Weise hervor: ein Grund, warum die Dictatur gefälscht sein sollte, ist nicht abzusehen, um so weniger, als der Dictator nach dem Bericht bei Livius nichts ausgerichtet haben soll. Auch ist ja klar, daß das Gesetz, das den Plebejern den Zutritt zum Consulat öffnete, nicht von den Volkstribunen eingebracht sein kann, da diese damals das Recht der gesetzgeberischen Initiative nicht hatten, es muß also von einem patricischen Magistrat beantragt sein, entweder einem Consulartribunen oder einem Dictator, denn andere Magistrate, die das hätten tun können, gab es noch nicht. Der Magister equitum kommt hier neben dem Dictator nicht in Betracht; auch ist es zweifelhaft, ob er das ins agendi cum populo hatte (Mommsen, Staatsr. II s 180). Und es liegt in der Natur der Sache, daß man dazu einen Dictator ernannte, wie das später, um 467/287, in einem ganz ähnlichen Falle geschehen ist. Natürlich nahm man dazu einen Mann, der der Reform günstig war, und das ist P. Manlius ohne Zweifel gewesen, als Neffe des M. Manlius Capitolinus, der für die Sache der Plebs sein Leben geopfert hatte. Es wird auch ausdrücklich bezeugt; er soll mit C. Licinius verschwägert gewesen sein und ihn zu seinem Magister equitum ernannt haben (Liv. VI 39, 3—4). Dieser C. Licinius wäre nach Liv. aaO. bereits Consulartribun gewesen; er kommt aber in den Fasten nicht vor, denn der Γάιος (Λεύκιος) Λιχίνιος, den Diodor unter 366/378 aufführt, ist aus Licinus Menenius corrumpiert (s. oben I 1 § 3). Vielmehr scheint klar, daß C. Licinius Stolo gemeint ist (Plut. Cam. 39, Dio Cass, fr· 39> 5)5 den die Annalisten nur darum zum Reiterführer gemacht haben, weil er als Volkstribun sein Ackergesetz nicht hätte durchbringen können (Plut. aaO., s. gleich unten). Aber Plebejer sind erst viel später, 415/339 oder

I V 2 §4·

p. Manlius. — Das Eponymencollegium von 367.

343

wahrscheinlicher 439/315, z u diesem Amte gelangt (s. oben I 2 § 7 und unten § 6). D a s beweist aber nichts g e g e n die Echtheit der Dictatur des P. Manlius; der P l e b e j e r C. Licinius hat den Namen eines patricischen Reiterführers verdrängt, etwa T . Quinctius, der dann Camillus in seiner angeblichen fünften Dictatur beigeg e b e n worden ist. Ist also P . Manlius 386/368 zum dictator seditionis sedandae causa ernannt worden, so muß er es gewesen sein, der das Gesetz über die Zulassung der Plebejer zum Consulat vor die Centurien gebracht hat. Daraus folgt dann weiter, daß die Reform im nächsten Jahre ins L e b e n getreten ist, also das Consulartribunencollegium von 387/367, das bei Diodor fehlt, in den übrigen Fastenrecensionen interpoliert ist, nicht umgekehrt bei Diodor ausgefallen. Übrigens steht P. Manlius' Name auch in diesem Collegium, so daß er jedenfalls an der Reform hervorragenden Anteil g e h a b t hat. Die Annalisten haben dann an P. Manlius' Stelle Camillus gesetzt ; die V e r s ö h n u n g der Parteien nach dem l a n g e n Hader sollte den wirkungsvollen A b s c h l u ß seiner L a u f b a h n bilden. Das ist in doppelter W e i s e geschehen. Man setzte entweder Camillus einfach an P. Manlius Stelle, oder man ließ ihn vollenden, was jener versucht, aber nicht durchzusetzen vermocht hätte. Im ersten Falle konnte die Reform in 386/368 stehen bleiben, im zweiten mußte sie in das nächste Jahr gesetzt werden und es war nötig, zwischen 386/368 und 388/366 ein Collegium von Consulartribunen einzuschieben. In den uns erhaltenen A n nalen sind beide Versionen contaminiert worden; daher die doppelte Dictatur des Camillus. Die erste dieser Dictaturen mußte darum ergebnislos bleiben und vor die Dictatur des P . Manlius gesetzt werden. Gleichzeitig mit dem G e s e t z über die Zulassung der Plebejer zum Consulat soll auch ein Gesetz de modo agrorum g e g e b e n worden sein, ne guis plus quingenta iugera

344

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

agri possideret, und zwar ebenfalls auf Antrag der Volkstribune Licinius und Sextius (Liv. VI 35, 4. 5). D a ß die Bestimmung eines solchen Höchstmaßes für diese Zeit absurd ist, sollte klar sein (Niese, Hermes XXIII, 1888, S. 410) ; es liegt einfach die Vordatierung der Bestimmung des gracchanischen Ackergesetzes vor, oder vielmehr eines anderen Gesetzes, das schon zu Catos Zeit in Geltung stand (Orig. fr. 95 e Peter), vielleicht der Lex Flaminia. Das Gesetz selbst könnte deswegen doch echt sein, denn der A g e r Veiens muß ja zum großen Teil durch Occupation in Besitz genommen sein, wobei viele Mißbräuche vorgekommen sein werden. A u c h Liv. X 13, 14 (unter 456/298) wird vorausgesetzt, daß ein Gesetz de modo agrorum bereits bestand. A b e r Volkstribune können dieses Gesetz nicht eingebracht haben, so wenig wie das Gesetz über das Consulat, da sie j a das ius agendi cum populo noch nicht hatten. Plut. Camill. 39 läßt das Gesetz darum von dem Magister equitum des Dictators P. Manlius, C. Licinius Stolo beantragt werden. Doch dieser ist, wie eben gezeigt worden ist, wahrscheinlich interpoliert. W i r würden also an den Consul von 393/361, C . Licinius zu denken haben, der nach den Fasten Stolo, nach Livius Calvus geheißen hat. Doch, wie gesagt, es ist sehr zweifelhaft, ob das Gesetz überhaupt historisch ist, denn es würde die plebejische Geldaristokratie, die in diesen Occupationen ein Mittel hatte, zu größerem Grundbesitz z u gelangen, noch schwerer getroffen haben, als die patricische Landaristokratie, wie ja gerade Stolo der erste gewesen sein soll, der es verletzt hätte (Liv. VI 16, 9, auch sonst öfter erzählt). 5. Das Gesetz über das Consulat soll bestimmt haben, daß consilium utique alter ex plebe crearetiir (Liv. VI 35, 5). E s ist klar, daß auch hier eine erst viel später getroffene Bestimmung vordatiert worden ist; denn in den nächsten Jahrzehnten, bis 433/321, sind noch öfter zwei Patricier zum Consulate gelangt, und zwar

IV 2 § 4 ·

Cas Ackergesetz. — § 5.

Das Consulat.

345

399/355 C. Sulpicius Peticus III, M. Valerius Publicóla. 400/354 M. Fabius Ambustus III, T. Quinctius, in quibusdam annalibus M. Popilius (Liv. VII 18). Alle übrigen Quellen haben Quinctius. 4 O I /353 C. Sulpicius Peticus IV, M. Valerius Publicóla II. 403/351 C. Sulpicius Peticus (V), T. Quinctius Poenus (quidam Caesonem,

alii Gaium

nomen Qmnctio

adiciunt, L i v . V I I 22).

405/349 L. Furius Camillus, Ap. Claudius Crassus. 409/345 M. Fabius Dorsuo, Ser. Sulpicius Camerinus. 411/343 M. Valerius Corvus III, A. Cornelius Cossus II. 420/334 T. Veturius (Calvinus), Sp. Postumius. 426/328 P. Cornelius (Scipio Barbatus Fast. Cap., Scapula, Liv. V i l i 22, Diod. gibt kein Cognomen), P. Plautius Proculus (Liv. VIII 22), Decianus [Fast. Cap.), Α. Postumius (Diod). 433/321 T. Veturius Calvinus, Sp. Postumius.

In 431/323 wären nach den Fasten, denen Livius folgt, C. Sulpicius und Q. Aemilius Consuln gewesen, nur quidam annales hätten statt des letzteren Aulius gehabt (VIII37, 3). Es müßte Q. Aemilius Barbula sein, der auch 437/317 und 443/311 Consul gewesen ist. Aulius stand auch in Diodors Quelle und den Capitolinischen Fasten, und nach Livius selbst (37, 3) hätte der Consul Q. Aemilius Cerretanus geheißen, also das Cognomen des Q. Aulius geführt. T . Veturius Calvinus wäre nach Mommsen B. F. 1120 Plebejer gewesen; den Beweis ist er schuldig geblieben. Es ist doch ganz klar, daß er ebenfalls Patricier gewesen ist. Sein zweites Consulat, das Jahr der 'clades Caudina, ist das letzte, in dem zwei Patricier an der Spitze des Staates gestanden haben. Bei den Wahlen waren den plebejischen Candidaten die Stimmen der Centurien der Stadttribus sicher, ferner der vier Centurien der fabri und tibicines, und wohl auch der Centurien der accensi velati. Der patricische Candidat konnte, wenn keine Zersplitterung der Stimmen eintrat, auf die Centurien der ersten Klasse in den Land-

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

tribus und die sechs Reitercenturien rechnen. Die Entscheidung lag also bei den Centurien der unteren Klassen der Landtribus. Da die Patricier hier großen Einfluß hatten, konnte es ihnen nicht allzu schwer werden, die Stimmen zusammen zu bringen, die ihnen an der absoluten Majorität fehlten. So erklären sich die Wahlerfolge der Patricier von 355—321, während die Wahlerfolge der Plebejer wohl hauptsächlich der Uneinigkeit unter den Patriciern selbst zu verdanken waren. W e n n also das Recht der Plebejer auf die Bekleidung des Consulats nicht illusorisch werden sollte, war es nötig, die Patricier von der Bewerbung um die eine Stelle auszuschließen. Das ist, wie die Fasten zeigen, nach der Katastrophe bei Caudium geschehen, in welchem Jahr (321) zwei Patricier Consuln gewesen waren (s. oben), was den Anlaß dazu gegeben haben mag. Livius, der das unter 387/367 erzählt hatte (VI 42, 11, vgl. 35, 5), fand apud quosdam, d a ß schon bei der sog. Secession des Jahres 342 bestimmt worden wäre, uti liceret cónsules ambos plebeios creavi (VII 42, 2); das ist aber erst 172 geschehen, nachdem es 215 vergeblich versucht worden war. Die Bestimmung, daß der eine Consul Plebejer sein müsse, ließ sich allerdings so auslegen, daß der andere Consul es sein könne. Plebejische Dictatoren werden erst nach 366 erwähnt, aber, bis zum Ende des Jahrhunderts, nur sieben (in 356. 339· 327· 320. 314. 313. 302) gegen 32 patricische, wobei die vier Dictátorenjahre nicht mitgerechnet sind, wohl aber die beiden Dictatoren des Jahres 313 (gezählt nach F. Bändel, Die römischen Dictatoren, Dissert. Breslau 1910). Und diese wenigen Dictaturen sind, mit zwei Ausnahmen (314 und 302), alle interpoliert, oder doch sehr stark verdächtig (s. oben I 2 § 5). Der erste sicher bezeugte plebejische Reiterführer ist Q. Aulius Cerretanus 439/315 (s. oben I 2 § 7). Das Reiterführeramt ist also den Plebejern um dieselbe Zeit zugänglich geworden, wie die Dictatur,

IV 2 §5-

Die Dictatur.

— § 6.

Die curulische Aedilität.

347

was ja auch in der Natur der Sache liegt. Wenn der •erste plebejische Dictator, C. Maenius, sich den Patricier M. Foslius zum Magister equitum gewählt hat, so mag das mit Absicht geschehen sein; die späteren plebejischen Dictatoren haben diese Rücksicht nicht mehr genommen, schon der nächste C. Iunius (302) nicht. 6. Die Praetur ist zuerst 417/337 von einem Plebejer, Q. Publilius Philo, bekleidet worden. Die curulische Aedilität soll den Plebejern gleich bei der Errichtung des Amtes (388/366) zugänglich gemacht worden sein; schon damals wäre bestimmt worden ut (aediles eurules) alternis annis ex plebe fierent (Liv. VII 1, 6). Das kann natürlich nicht richtig sein, vielmehr ist klar, daß eine längere Zeit hingegangen sein muß, bis es den Plebejern gelang, auch in dieses Amt einzudringen. W e n n es richtig ist, daß der Tusculaner Iuventius (Cic. Plane. 8, 19) einer der beiden ersten Plebejer gewesen ist, die zur curulischen Aedilität gelangt sind (Cic. Plane. 24, 58), müßte das Amt zwischen dem Eintrit von Tusculum in den römischen Staatsverband 338 (s. oben IV 1 § 4, s. unten IV 4 § 6) und der Aedilität des Cn. Flavius 303 den Plebejern zugänglich geworden sein. Mommsen meinte allerdings, das sei eine Fälschung aus der Familientradition der Iuveniler, und das ist ja an sich möglich; aber wenn Cicero in der Rede gegen M. Iuventius Laterensis sagt, er habe nie etwas davon gehört {Plane. 24, 58), so beweist eine solche Behauptung des gegnerischen Advokaten, die n o c h dazu mit großer Reserve vorgebracht wird, natürlich nicht das geringste. In 423/331 (Cos. M. Marcellus^ C . Valerius) soll Q. Fabius Aedil gewesen sein, während nach dem Turnus, wie er im III. Jahrhundert bestanden hat, in diesem Jahre die Plebejer an der Reihe gewesen wären, da zwischen 334 und 299 drei Dictatorenjahre liegen, die nicht mitzählen; dann könnte aber der Turnus damals noch nicht in Geltung gewesen und die Plebejer «rst nach diesem Jahre zur curulischen Aedilität gelangt

348

I V 2.

Die Plebs u. ihr Kampf u m die Gleichberechtigung.

sein. Nach Festus S. 326 M wären die Ludi scaenici zuerst von dem (plebejischen) A e d i l e n M. Popillius M. [f.] und seinem Collegen, dessen N a m e nicht erhalten ist, ausgerichtet worden; das soll nach Liv. VII 2, der aber die Namen der A e d i l e n nicht angibt, im Jahre 390/364 geschehen sein, und Mommsen meint darauf hin, daß die Plebejer schon damals zur curulischen Aedilität g e l a n g t wären (Staatsr. II 3 482, 2), im dritten Jahre nachdem das A m t geschaffen war. Das wäre doch sehr w e n i g wahrscheinlich, auch ist auf die Zeitangabe bei Livius kein Verlaß, denn er sagt ludi scaenici instituti dicuntur (c. 2, 3), und wir haben es hier, wie so oft, mit einer Vordatierung z u tun. Der A e d i l M. Popillius M. f., den Mommsen mit dem Consul v o n 395/359 identificiert, kann auch der C o n s u l von 438/316 sein, der ebenfalls M. f . war. Im III. und II. Jahrhundert wechselten patricische und plebejische Collégien in der Weise, daß die ersten in den graden, die letzten in den ungraden Jahren vor unserer Zeitrechnung die Aedilität bekleideten, und dieser Turnus hat doch offenbar bestanden, seit die Plebejer zu dem A m t Zutritt erhalten hatten. Nun sollen die Plebejer Cn. Flavius und Q. Anicius in dem Consulat des P. Sempronius und P. Sulpicius die Aedilität bekleidet haben (Liv. I X 46, ι eodem anno Cn. Flavius . . . aedilis curulis fuit. Plin. NH. X X X I I I 1 8 ) , also Varr. 450/304; da aber Varr. 353 ein Dictatorenjahr ist, das nicht mitzählt, so entspricht dieses Consulat dem Jahre 303 v. Chr., in dem die Patricier an der Reihe waren. E s ist also bei der Reduction der aedilicischen Fasten auf die Consularfasten ein Fehler b e g a n g e n worden. Die Annalisten, denen Livius und Plinius hier f o l g e n , scheinen das Dictatorenjahr 453/301 mitgezählt zu haben: Cn. Flavius und Q. Anicius würden dann im Consulat des Ser. Cornelius und L. Genucius A e d i l e n g e w e s e n sein, das dem Jahr 304 v. Chr. entspricht, also mit dem Turnus übereinstimmt. V g l . Griech. Gesch. IV 2 § 127 und Hermes L V I I , 1922, S. 119 fF.

I V 2 § 6.

Die curulische Aedilität.



Die Censur.

34g

Der erste plebejische Censor war C. Marcius Rutilus (351). Da er bereits zweimal Consul gewesen war (357. 352) konnte ihm das Recht, sich um die Censur zu bewerben, nicht wohl streitig gemacht werden. Aber erst seit 332 ist der eine Censor immer ein Plebejer gewesen, was also gesetzlich bestimmt worden sein muß. Das soll 339 auf Antrag des Consuls Q. Publilius Philo geschehen sein. Aber von den drei Gesetzen, die dieser damals durchgebracht haben soll (Liv. VIII 12, 14), ist das eine, ut plebi scita omnes quirites tenerent, nur eine Vorwegnahme der Lex Hortensia um 287; dadurch wird es sehr zweifelhaft, ob das zweite ut legum quae comitiis centuriatis ferrentur, ante initum suffragium patres auctores ßerent, mehr Glauben verdient, es ist vielmehr wahrscheinlich, daß das erst durch die Lex Maenia bestimmt worden ist (Cic. Brut. 14, 55), die in das III. Jahrhundert gehören muß (Mommsen, Staatsr. III2 1042, 3); das dritte Gesetz, ut alter utique ex plebe censor crearetur scheint Publilius bloß darum zugeschrieben zu sein, weil die ununterbrochene Reihe der plebejischen Censoren mit ihm anfängt (422/332). Offenbar ist die Bestimmung über die Censur zugleich mit der analogen Bestimmung über das Consulat getroffen worden, also nach 433/321. Die angebliche Censur von 340 beruht nur auf der Angabe des Eusebios, der Ol. 110, 1 (340) einen Census gehalten werden läßt; daß das aber damals, während des Latinerkrieges, geschehen sein sollte, ist doch sehr unwahrscheinlich, und die chronologische Einordnung der römischen Daten aus dieser Zeit in Eusebios' Kanon ist so unzuverlässig, daß dieser Census sehr wohl einige Jahre früher oder später fallen kann. Die Namen der Censoren sind nicht bezeugt; in der Regel wird angenommen, daß es die Brüder P. und L. Scipio gewesen sind (nach Veli. II 8, 2); doch steht das keineswegs sicher. 7. Damit waren alle curulischen Ämter den Plebejern zugänglich geworden; am Ende des Jahrhunderts ge-

350

I V 2.

D i e Plebs u. ihr Kampf um die Gleichberechtigung.

wannen sie Zutritt auch zu den hohen Priestertümern. D a s soll durch einen, von den Tribunen Q. und Cn. Ogulnius beantragten Volksbeschluß im Jahre 300 geschehen sein, was freilich nicht richtig sein kann, da die Plebiscite erst später durch die Lex Hortensia Gesetzeskraft erlangt haben. W a s die Neueren hier, wie bei den sog. L e g e s Liciniae, um von angeblich noch älteren Beschlüssen der Plebs zu schweigen, von einer Zustimmung des Senates zu sagen wissen, durch die diese Plebiscite gesetzliche Geltung erlangt hätten, sind schwächliche Compromißversuche, die zu der Überlieferung in schroffem Widerspruch stehen, denn der Senat soll allen diesen Anträgen schärfste Opposition gemacht haben, was ja auch in der Natur der Sache liegt. A l s Tribune können also die Ogulnier ihr Gesetz nicht durchgebracht haben. Aber sie sind vier Jahre später (296) curulische Aedilen gewesen (Liv. X 23, ix). Nun scheinen allerdings die Aedilen in späterer Zeit das ius agendi cum populo nicht gehabt oder doch nicht ausgeübt zu haben; wenigstens kennen wir kein Beispiel eines von Aedilen beantragten Gesetzes. Daraus folgt aber noch nicht, daß es von allem A n f a n g an so gewesen ist. Vielmehr fand sich bei Piso die ausdrückliche Angabe, daß bei der W a h l des Cn. Flavius zum Aedilen (304), ein Aedil die Leitung gehabt habe (fr. 27 bei Gell. VII 9, 2 aedilis, qui comitia habebat, negat accipere). Es ist ja sehr bequem, ein solches Zeugnis wegzuemendieren, wie es auch hier geschehen ist (Mommsen, Staatsr. I 3 194, 2). Aber damit wird nichts bewiesen. Ganz im Gegenteil; das Zeugnis eines Mannes wie Piso läßt keinen Zweifel, daß die Aedilen im IV. Jahrhundert das ius agendi cum populo gehabt haben. W i r sehen ja auch aus der Criminaljurisdiction der Aedilen, daß sie einst eine weiter gehende Competenz gehabt haben müssen als nur die Verwaltung der Hauptstadt, vgl. Mommsen, Staatsr. II3 494, der sich freilich den W e g zur Erklärung dieser Tatsachen selbst verschlossen hat. A u c h Cn. Flavius

IV 2 § 7· Die Priestertiimer.

351

kann ja seine Kalenderreform nicht als Volkstribun zur Annahme gebracht, und muß das also als curulischer Aedil getan haben, da er höhere Staatsämter nicht bekleidet hat. Da aber die Aedilen in späterer Zeit Gesetze nicht mehr eingebracht haben, mußten die Annalisten ganz von selbst dahin kommen, die aedilicischen Anträge in tribunicische zu verwandeln. Wie dem nun sein mag, jedenfalls sind die Plebejer im Jahre 300 oder etwas später in die Collégien der Pontífices und der Augurn eingetreten, so daß diese Collégien seitdem zur Hälfte aus Plebejern bestanden. Das zeigen die Namen der damals neu aufgenommenen Pontífices (Liv. X 9, 2): P. Decius (Cos. 312. 308. 297. 295), P. Sempronius Sophus (Cos. 304), C. Marcius Rutilus (Cos. 310), M. Livius Denter (Cos. 302); es handelt sich also um Männer, die sämtlich in den letzten Jahren vor 300 das Consulat bekleidet hatten. Daß die Liste aus amtlicher Aufzeichnung stammt, kann nicht zweifelhaft sein; die Lex Ogulnia gehört also frühestens in das Jahr 300 (301 ist Dictatorenjahr), kann aber ebenso gut einige Jahre später gesetzt werden. Die fünf Augurn, die damals ernannt wurden, gehören sämtlich Familien an, von denen Angehörige in den letzten vier Jahrzehnten des IV. Jahrhunderts zum Consulat gelangt sind, doch ist kein Consular darunter, wenn nicht etwa P. Aelius Paetus mit dem Consul von 337 identisch sein sollte, was doch wenig wahrscheinlich ist, oder C. Marcius mit dem Pontifex gleichen Namens, was zwar möglich, aber, da es sich um eine Neuwahl zu beiden Stellen handelt, doch sehr unwahrscheinlich wäre. Die übrigen hohen Priestentümer: das Amt des Opferkönigs, die drei großen Fiammate des Iuppiter, Mars und Quirinus, und das Collegium der Salier sind bekanntlich immer den Patriciern vorbehalten geblieben.

352

IV 3- Die Wiedererhebung Roms.

III. Die Wiedererhebung Roms. ι . Die Zulassung der Plebejer zum Consulat hatte den Ständekampf zum vorläufigen Abschluß gebracht. A b e r der Gegensatz zwischen Patriciern und Plebejern hat das öffentliche Leben Roms noch lange Jahre beherrscht. Die Plebejer strebten nach voller Gleichberechtigung; die Patricier, oder doch eine große Partei unter ihnen, suchten die Wahl von Plebejern nach Möglichkeit zu verhindern, was ihnen auch in einer Reihe von Jahren gelungen ist (s. oben IV 2 § 5). Auf dieser Seite tritt vor allem C. Sulpicius Peticus hervor, der fünfmal zum Consulat gelangt ist (390. 393. 399. 401. 403), öfter als irgend ein anderer seiner patricischen Standesgenossen in dieser Zeit, und auch Dictator (396) und Censor (388) gewesen ist. Er ist der erste, der nach der Verfassungsreforn} das Consulat mit einem patricischen Collegen (M. Valerius) bekleidet hat (399, Liv. VII 18, 1) oblato post undecimum annum a plebe consulatu), und dann noch zweimal, 401 wieder mit M. Valerius, 403 mit T. Quinctius, er muß also der volksfeindlichen Partei angehört haben. Nicht weniger angesehen war M. Fabius Ambustus, Consul 394. 398. 400, Dictator 403, Censor 396, endlich, wir wissen nicht seit wann, princeps senatus (Plin. NH. VII 133). Als Interrex hat er 399 und 403 die Wahl zweier patricischen Consuln durchgesetzt, darunter beide Male C. Sulpicius Peticus, der also sein politischer Freund gewesen sein muß, dagegen ist es ihm als Dictator 403 nicht gelungen, die Wahl des Plebejers M. Popillius Laenas zum Consul für das nächste Jahr zu verhindern. Sein Verwandter M. Ambustus, Consulartribun 373 und 385, soll allerdings Schwiegervater des Volkstribunen C. Licinius Stolo gewesen sein, und als solcher dessen Reform begünstigt haben (Liv. V I 34, 8—11 ; 36, 7. 10), aber diese Angabe beruht nur auf der bekannten Anekdote von seiner

I V 3 S I.

Die leitenden Männer.

353

Tochter (Liv. VI 34, 6—11, Flor. I 17. 26, 1—4, Dio Cass, fr. 27, i f . und bei Zonar. VII 24, Auct. de vir. ill. 20, i f . ) , und ist also sagenhaft; sollte sie aber auch richtig sein, so würde sie doch für die politische Haltung des Consuls M. Fabius Ambustus nichts beweisen. Dann treten T . Manlius Imperiosus Torquatus (Cos. 407. 410. 414, Diet. 401. 405 [434, wahrscheinlich interpoliert]) und M. Valerius Corvus in die erste Reihe der patricischen Staatsmänner; letzterer hat das Consulat viermal (406. 408. 411. 419) bekleidet, das dritte Mal mit einem patricischen Collegen, A . Cornelius. Im nächsten Jahr (412) soll er zur Unterdrückung der plebejischen Militärmeuterei zum Dictator ernannt worden sein (Liv. VII 39, 1—42, 7, App. Samn. 1). Das stimmt zu der Bekleidung des Consulats zusammen mit einem Patricier, doch ist die Dictatur zweifelhaft (Liv. VII 42, 3). Auf plebejischer Seite waren die leitenden Männer M. Popillius Laenas (Cos. 395. 398. 400 [?]. 404. 406) und C . Marcius Rutilus (Cos. 397. 402. 410. 412, Cens. 403), die zusammen die Hälfte aller plebejischen Consulate der Jahre 388—412 bekleidet haben. Im ganzen stehen in dieser Zeit 29—30 patricische Consulate gegen 18—19 plebejische. Der einzige politische Erfolg, den die Plebejer in diesen Jahren errungen haben, ist die W a h l des C. Marcius zum Censor (403); bei dem nächsten Census, um 414 (das Jahr steht nicht sicher) scheinen dagegen wieder zwei Patricier, die Brüder P. und L. Scipio, gewählt worden zu sein (De Boor, Fasti Censorii p. 74). Von den 14 Triumphen, die von 392—414 gefeiert sein sollen, entfallen nur fünf auf Plebejer. Und von diesen sind die des C. Poetelius über die Gallier und Tiburter 394/360 (s. oben I 7 § 3), des C. Plautius über die Herniker 396/358 (s. oben II 2 § 8), des C. Marcius 398/356 über die Etrusker (s. oben I 2 § 5) sicher, der über die Privernaten 397/357 (unten § 3) wahrscheinlich interpoliert, sodaß nur der Triumph des M. Popillius 407/347 über die B e l o c h , RBm. Geschichte.

23

354

I V 3-

Die Wiedererhebung Roms.

Gallier übrig bleibt (s. oben 1 7 § 3), und auch der ist vielleicht nicht gehalten worden, weil es damals zu einer Schlacht nicht gekommen ist (Polyb. II 18, 8). Das ist j a auch sehr natürlich, da die Plebejer bisher zu höheren Befehlshaberstellen noch keinen Z u g a n g gehabt hatten, es ihnen also an Erfahrung in der Führung größerer Heere noch ganz fehlte. Die Erzählung von dem Mißerfolg des Consuls L. Genucius gegen die Herniker 392/362 (Liv. VII 6, 8—9) ist ja eine Erfindung der Annalisten (s. oben II 2 § 8) ; aber die übrigen neugebackenen plebejischen Führer werden sich nicht viel besser bewährt haben. 2. Nach außen hatte Rom durch den Abschluß des Cassischen Bündnisses und die Beendigung des Ständekampfes seine Actionsfähigkeit wiedererlangt. Allerdings wagte man es noch nicht, den Galliern im offenen Felde entgegenzutreten, als diese 30 Jahre nach der Katastrophe an der Allia zum zweiten Male in Latium einfielen (Polyb. II 18, 6); was Livius und die Triumphalfasten von Siegen über die Gallier in dieser Zeit erzählen, sind späte Erfindungen, von denen die älteren Annalisten noch nichts gewußt haben, wie der Bericht bei Polybios beweist (s. oben II 7). Tibur soll damals mit den Galliern gemeinsame Sache gemacht haben (Liv. VII 11 394/360, Fast, triumph, unter 394/360), jedenfalls hat die Stadt sich vom Latinischen Bunde getrennt; doch wurde sie schon nach wenigen Jahren wieder zum Anschluß gebracht. Livius erzählt das unter 400/354: cum Tiburtibus usque ad deditionem pugnatum, universa gens positis armis in fidem consults venit (VII 19, 1—2); unter demselben Jahr verzeichnen die Fasten den Triumph des Consuls M. Fabius Ambustus de Tiburtibus, und auch die Chronik von Oxyrhynchos berichtet unter Ol. 106, 3 = 354/3 Τιβουρτεϊνοι δπό ['Ρωμαίων] καταπολεμ,η&έντες έ[αυτο]υς παρέδοσαν. In eben dieses Jahr setzt Diodor den Abschluß eines Vertrages mit Praeneste: 'Ρωμαίοι προς Πραινεστίνους άνοχάς έποιήσαντο' (XVI 45) 8).

IV 3 § 2.

Tibur und Praeneste.

355

Bei Livius steht nichts davon; dafür berichtet er unter 374/380 von einem Siege des Dictators T. Quinctius Cincinnatus an der Allia über die Praenestiner, worauf der Dictator vor Praeneste g e z o g e n wäre und dies non vi, sed per deditionem zur Unterwerfung gebracht hätte. Der Sieg wird auch bei Diod. X V 47, 8 erzählt, aber schon unter 372/382, also zwei Jahre früher. A u s der Beute weihte der Dictator auf dem Capitol einen goldenen Kranz im Gewicht von 2χ/3 Pfund mit der Inschrift Iuppiter atque divi omnes hoc dederunt, ut T. Quinctius dictator oppida novem caperet (Liv. VI 29, 9, Festus S. 363 M.). A n der Tatsache des Sieges kann also kein Zweifel sein, aber daraus folgt noch nicht, daß das Jahr richtig ist, um so mehr, als es bei Livius und Diodor verschieden angegeben wird, und wir kein Consulardatum haben. Schon an sich ist es j a sehr wenig wahrscheinlich, daß die Römer 382 oder 380, fast unmittelbar nach der Gallischen Katastrophe, bis Praeneste vorgedrungen sein sollten, das damals zum Latinischen Bunde gehörte (s. oben II 2 § 4), der Rom feindlich war, und die verbündete Stadt nicht ohne Hilfe gelassen haben würde. Vor allem, es sollen bis zum Latinerkriege nur zwei Friedensverträge mit Praeneste geschlossen worden sein, 374/380 und 400/354, und beidemal stand ein T. Quinctius Cincinnatus an der Spitze des römischen Staates; es scheint doch klar, daß es sich um denselben Vertrag handelt. Nun läßt ja die Inschrift des Weihgeschenks keinen Zweifel, daß dieser Vertrag von einem Dictator geschlossen worden ist, und in 400/354 ist T. Quinctius nach allen uns erhaltenen Fastenrecensionen Consul gewesen. Aber es g a b auch Annalen, nach denen, in diesem Jahre, neben dem Patricier M. Fabius Ambustus statt des Patriciers T . Quinctius der Plebejer M. Popillius das Consulat bekleidet hätte (Liv. VII 18, 10); das erklärt sich am einfachsten durch die Annahme, daß T . Quinctius Dictator gewesen ist, und in den Fasten M. Popillius verdrängt 23*

356

I V 3·

Die Wiedererhebung

Roms.

hat. Doch könnte T. Quinctius auch als Consul während seiner Amtsführung zum Dictator ernannt worden sein, wie 547/207 M. Livius Salinator (s. oben I 2 § 3). Er wird mit dem Consulartribun von 386/368 T . Quinctius Capitolinus identisch sein. Jedenfalls paßt der Vertrag in 354 sehr viel besser, als in 380. Offenbar hängt er mit dem Vertrag mit Tibur zusammen, der in demselben Jahre 354 geschlossen wurde ; beide Städte, und wohl auch Nomentum und Pedum, werden sich von dem Latinerbunde getrennt haben, als dieser das Cassische Bündnis mit Rom schloß. Natürlich kann von einer deditio in 354 nicht die Rede sein. Das Standbild des Iuppiter Imperator, das später auf der Basis des von dem Dictator gestifteten Weihgeschenks aufgestellt war, war keineswegs, wie Livius meint, Praeneste devectum (VI 29, 8), sondern erst zwei Jahrhunderte später von einem anderen T. Quinctius, Flamininus, aus Griechenland weggeführt (Cic. Verr. IV 58, 129). Vielmehr sind Tibur und Praeneste wieder in den Latinischen Bund eingetreten, dem sie wenig später, zur Zeit des Latinerkrieges, angehört haben. Der Praenestinerkrieg ist dann in 380 hinaufgerückt worden, um die Niederlage an der Allia durch einen Sieg auszugleichen, der deswegen eben an der Allia erfochten sein sollte (Liv. VI 28, 5 ff.), was der Geographie ins Gesicht schlägt; das allein würde zum Beweise genügen, daß der Krieg nicht in diese Zeit gehören kann. Da aber Livius die Unterwerfung der Stadt schon unter diesem Jahre berichtet, hat er folgerichtiger Weise den Vertrag von 354 gestrichen. G l ü c k l i c h e r w e i s e ist Diodor weniger consequent gewesen; er erzählt den Krieg unter 382, den Friedenschluß unter 354. Um dieselbe Zeit sind die Herniker mit Rom und Latium in Bund getreten (s. oben II 2 § 8). In 396/358 ist die Tribus Pomptina gebildet worden (Liv. VII 15, 12). Die Angaben über die Errichtung neuer Tribus sind sonst, soweit wir nachprüfen können, zu-

I V 3 § 2.

Praeneste. — Der Ager Pomptinus.

357

verlässig, und wir werden das also auch hier annehmen müssen. Eine Stadt Pometia1) wird seitdem nicht erwähnt, und hat offenbar damals nicht mehr bestanden. In 364/390 hatte sie zum Latinerbunde gehört (Cato fr. 58 Peter, s. oben II 2 § 4), und es ist klar, daß die Römei auf dem Gebiet der verbündeten Latiner keine Tribus errichtet haben können; Pometia muß also zwischen 364/390 und 396/358 von den Volskern erobert und zerstört worden sein. Dies siegreiche Vordringen der Volsker war offenbar eine Folge des Abfalles der Latiner von Rom, wodurch diese auf ihre eigenen Kräfte angewiesen waren; es gehört also in die Zeit vor Abschluß des Cassischen Bündnisses, und kann darum in der römischen Überlieferung keine Spuren hinterlassen haben, was dann zur Folge gehabt hat, daß die römisch-latinische Eroberung der Stadt im IV. Jahrhundert mit der ersten Eroberung am Ende des VI. oder im V. Jahrhundert zusammengeworfen wurde, um so mehr, als j a auch Sp. Cassius in diese Zeit hinaufgerückt worden war. Die Annalen berichten darum nichts von dieser zweiten Eroberung, und schreiben die Zerstörung der Stadt, die durch die Volsker erfolgt war, vielmehr den Römern zu. Wohl aber J ) Ganz neuerdings ist behauptet worden, der Ager Pomptinus habe mit Pometia nichts zu tun; denn ,,wie soll von Pometia : Pomptinus herkommen"? (Rosenberg, Hermes L I V , 1 9 1 9 , S. 154). Nun, sehr einfach : aus Pometinus wird durch Synkope Pomtinus, diese Consonantenverbindung aber wiederstrebt dem Lateinischen, und so wird aus Pomtinus'. Pomptinus, aus Pometia·. Pomptia (Festus S. 2 3 3 M.), ganz wie von emere : emptum, von promere : promptum gebildet wird. Auf Griechisch heißt der Ager Pomptinus Πωμεντΐνον πεδίον, die Tribus Πωμεντείνα, Dionys. I V 50 sagt, daß Tarquinius επί τους καλουμένους Πωμεντίνους ήγε τήν δύναμιν, οϊ πόλιν . . . Σΰεσσαν φκουν, und nennt die Stadt V I 29 Σουέσσαν Πωμεντιανην. „Verwirrung angerichtet" hat nicht er, sondern Rosenberg. Dementsprechend nennen Strab. V 2 3 1 , L i v . I 53, 2 ; I I 22, 3 Pometia eine Volskerstadt. Wenn letzterer I I 16, 8 sagt duo coloniae Latinae, Pometia et Cora ad Auruncos deficiunt, so hat er oder seine Quelle Suessa Pometia mit Suessa Aurunca zusammengeworfen.

358

I V 3·

Die Wiedererhebung Roms.

berichten sie von der Aufteilung des A g e r Pomptinus an römische Bürger, aber vorgreifend schon unter 367/387 (Liv. VI 6, i ) und wieder unter 371/383 (Liv. VI 21, 4), vgl. oben IV 1 § 2. 3. Da 391/363 ein Census gehalten worden (Fasti Capit.), die Tribus Pomptina aber erst beim Census von 396/358 errichtet ist, muß die Aufteilung zwischen diesen beiden Censuren erfolgt sein. Der A g e r Pomptinus war Rom gemäß den Bestimmungen des Cassischen Bündnisses zugefallen, wonach jeder der beiden Verbündeten die Hälfte des eroberten Landes erhalten sollte. Die Latiner haben also auf die Wiederherstellung von Pometia verzichtet, das bei seiner L a g e in der Ebene schwer zu verteidigen war. Dafür erhielten sie wahrscheinlich Setia. Allerdings soll dies nach Veil. 1 1 4 , 2 schon 372/382 als Colonie gegründet sein; aber Liv. VI 30, 9 sagt unter 375/379 Setiam ipsis quaerentibus penuriam hominum novi coloni adscripti; es ist klar, daß diese Angaben nicht mit einander combiniert werden dürfen durch die Annahme, die soeben gegründete Colonie habe bereits nach drei Jahren einer Verstärkung bedurft, sondern Livius' Quelle muß die Gründung schon in viel frühere Zeit gesetzt haben. A u c h bei Dionysios' wird Setia unter den 30 Latinerstädten aufgeführt, die am Regillus g e g e n die Römer gekämpft haben sollen (V 61) ; man hat an dieser Stelle Σητίνων in Σιγνίνων emendieren wollen (Mommsen, B. G. I 5 1, 350 A), aber das ist Willkür. Es war eben über die Zeit der Gründung Setias, wie aller übrigen latinischen Colonien aus der Zeit vor dem Latinerkriege, nichts sicheres überliefert. 3. A u c h Circeji ist vielleicht erst in dieser Zeit latinische Colonie geworden. Die Gründung wird allerdings schon unter Tarquinius Superbus (Liv. 156, 3, Dionys. IV 63) oder nach anderer Angabe in 361/393 (Diod. XIV 102, 4) gesetzt, aber noch in der Zeit von 369/385—371/383 wird von Feindseligkeiten der Stadt g e g e n Rom berichtet (Liv. VI 12, 6; 13, 8; 17, 7; 21, 1), auch würde die Colonie

I V 3 § 2.

Setia. —

§ 3.

Circeji. —

Privernum.

359

361/393 einen isolierten Posten mitten im Volskerlande gebildet haben, während die latinischen Colonien sonst in der Regel an den Grenzen des latinischen bzw. des römischen Gebietes angelegt wurden. Da nun 361/393 Ser. Sulpicius, 393/361 C. Sulpicius Consul gewesen ist, könnte die Gründung aus dem letzteren in das erstere Jahr hinaufgeschoben sein. Doch ist diese Annahme nicht notwendig, denn wenn Setia und Circeji erst nach der politischen Trennung Latiums von Rom, bzw. nach dem Abschluß des Cassischen Bündnisses gewonnen sind, so sind die Römer entweder gar nicht, oder als Bundesgenossen der Latiner und also unter deren Oberbefehl daran beteiligt gewesen, und das erklärt, warum von der Eroberung beider Städte, und überhaupt von diesem ganzen Kriege in den Annalen nichts berichtet wird. Noch in demselben Jahre 396/358, in dem die Tribus Pomptina errichtet wurde, soll ein Krieg g e g e n Privernum ausgebrochen sein, an dem auch Velitrae sich beteiligt hätte (Liv. VII 15, 11). Das wäre ja an sich wahrscheinlich genug, da beide Städte dem pomptinischen Gebiet benachbart sind, verdächtig ist nur, daß in diesem Jahre ein C . Plautius Consul war, wie in den Jahren 411/341 und 425/329, unter denen gleichfalls Privematenkriege berichtet werden. Der Consul C . Marcius soll dann, im nächsten Jahre (397/357), Privernum zur Unterwerfung (in deditionem) gebracht haben (Liv. VII 16,6, Fast, triumph.). Das letztere ist jedenfalls unrichtig, denn Privernum hat noch 329 gegen Rom Krieg geführt (der angebliche Krieg in 341 ist ein Duplicai davon, s. μηίβη IV 4 § I i ) ; der Triumph des Consuls C. Marcius, der in den Fasten und bei Livius aaO. berichtet wird, ist ohne Zweifel ebenso erfunden, wie der Triumph, den er im nächsten Jahr als Dictator gehalten haben soll (s. oben § 1). Aber allerdings muß Privernum, oder wenigstens das benachbarte Tarracina sich 357 oder in einem der nächsten Jahre an Rom angeschlossen haben, denn sonst hätten die Römer 343

36ο

I V 3·

Die Wiedererhebung

Roms.

nicht in Campanien intervenieren können. Von Velitrae wird nichts weiter berichtet; wahrscheinlich war es dem Latinerbund beigetreten (s. oben II 2 § 5), dem es nach Dionys. V 61 schon zur Zeit der Regillusschlacht angehört haben soll. Einige Jahre später (408/346) wurden dann auch Satricum und Antium unterworfen (Liv. VII 27, Fasti triumph.). Die Einnahme von Satricum wird allerdings schon unter 368/386 erzählt (Liv. VI 8, 10), doch das ist Vordatierung (s. oben IV 1 § 3). Bei der Erstürmung wurde die Stadt niedergebrannt (Liv. VII 27, 7), und zwar, nach dem in 377 hinaufgerückten Parallelbericht bei Liv. V I 33, 4 von den Latinern, die ja bei diesen Volskerkriegen in erster Reihe gestanden haben müssen, woran sich hier in unserer Tradition eine Erinnerung erhalten hat. Doch ist die Stadt wieder aufgebaut worden, denn sie hat noch in der Zeit des zweiten Samnitenkrieges bestanden (Liv. I X 1 2 , 5 ) , und zwar als römische Bürgergemeinde (Liv. IX 16 2, X X V I 33) ; daß hier die bekannte Stadt bei Antium gemeint sein muß, nicht das obskure Dorf bei Arpinum, das nur einmal gelegentlich in Ciceros Briefen erwähnt wird (an Quintus III 1, 2, 4), sollte doch keiner Bemerkung bedürfen. Liv. IX 12, 5 sagt allerdings, an der Einnahme von Fregellae durch die Samniten in 320 (vielmehr 315) hätten auch Truppen aus Satricum teilgenommen; aber über solche Einzelheiten kann sich aus so früher Zeit keine glaubwürdige Überlieferung erhalten haben. Das Bürgerrecht kann Satricum aber erst nach der Auflösung des Cassischen Bündnisses im Latinerkriege erhalten haben. A u c h über Antium ist 346 ein Triumph gefeiert worden (Fasti triumph., Liv. VII 27), von einer Eroberung der Stadt aber wird nichts berichtet, und sie ist also nicht erfolgt; doch kann nicht wohl ein Zweifel sein, daß Antium jetzt mit Rom und Latium in Bund getreten ist, da es j a völlig isoliert stand. Fünf Jahre später (413/341) sollen die Antiaten dann noch einmal bei Satricum besiegt

I V 3 §3·

Satricum.

Antium. — § 4.

Der Etruskerkrieg.

361

worden sein (Liv. VIII ι , 4—6), aber die Triumphalfasten wissen von diesem Siege nichts, und da die Sache bei Livius im Anschluß an einen Privernatenkrieg erzählt wird, der nichts weiter ist, als ein Duplicai des Krieges von 425/329, so scheint klar, daß wir es mit einer Wiederholung des Krieges von 346, oder einer Vorwegnahme des Aufstandes von Antium im Latinerkriege zu tun haben. 4. A u c h die Etruskerkriege wurden in dieser Zeit wieder aufgenommen. Seit den angeblichen Kämpfen um Sutrium nach der gallischen Katastrophe (s. oben IV 1 § 4) wird von Kriegen auf dieser Seite nichts mehr berichtet, was jedenfalls beweist, daß die Römer hier keine Erfolge errungen haben. In 396/358 (Coss. C. Fabius Ambustus, C. Plautius Proculus) soll dann ein Krieg mit Tarquinii ausgebrochen sein, in dem die Römer eine große Niederlage erlitten hätten; 307 römische Gefangene wären von den Siegern hingerichtet worden (Liv. VII 15, 9 f.). Da aber in diesem Jahre der zweite gallische Einfall erfolgt ist (s. oben I 7 § 3), bleibt für den Etruskerkrieg nicht wohl Zeit; auch steht bei Diodor nichts davon, dieser berichtet vielmehr erst zwei Jahre später (Coss. M. Fabius Ambustus, M. Popillius Laenas, 398/356) von einem Einfall der Etrusker, bei dem sie bis zur Tiber vorgedrungen wären (XVI 36, 4). Auch nach Livius wären die Etrusker damals ad salinas, also bis zur Tibermündung, gelangt, adversus eum terrorem wäre C. Marcius Rutilus, primus de ;plebe zum Dictator ernannt worden, der denn auch einen großen Sieg erfochten hätte, bei dem 8000 Gefangene gemacht worden wären (Liv. VII 17, 6—9). Aber diese erste plebejische Dictatur ist so gut wie sicher interpoliert (s. oben I 2 § 5). Natürlich kann die römische Niederlage gegen die Tarquinienser nicht erfunden sein, wenn auch die Hinrichtung der 307 Gefangenen vielleicht nichts weiter ist als ein Duplicai der Niedermetzelung der 306 Fabier an der Cremerà; nur gehört sie, wie das Schweigen Diodors zeigt, nicht in das Jahr 358, sondern in 356, wo ebenfalls

362

IV 3·

Die Wiedererhebung Roms.

ein Fabius Ambustus Consul war. Er ist, auch nach Livius, prima pugna geschlagen worden, und zwar, wie zur Entschuldigung angegeben wird, quod sacerdotes eorum (der Tarquinienser) facibus ardentibus anguibusque praelatis incessu furiali militent Bomanum insueta turbaverunt specie (VII 17, ι—3), dasselbe wird von der Schlacht bei Fidenae 426/328 erzählt, Liv. IV 33, 2, nur die Schlangen fehlen. Daß die Entschuldigung kindisch ist, hat Livius, oder vielmehr der Annalist, dem er folgt, selbst gesehen (c. 17, 4—5); die Fliehenden hätten also auf die Ermahnungen des Consuls hin sofort kehrt gemacht, und nun einen glänzenden Sieg erfochten. Es ist klar, daß das nicht richtig sein kann, und folgt auch daraus, daß die Etrusker sogleich einen zweiten Einfall machen (es sollen allerdings jetzt alle XIIpopuli gewesen sein, als ob die jemals gemeinsam gehandelt hätten) und ihnen nun nicht etwa der siegreiche Consul entgegen tritt, sondern der militärisch noch ganz unerprobte Dictator C. Marcius (der Sieg über die Privernaten, der aus seinem Consulat im Vorjahre 397/357 berichtet wird, ist eine Erfindung, oder doch mindestens stark aufgebauscht, s. oben § 3). Der Sieg des M. Ambustus über die Tarquinienser wird dann unter dessen drittem Consulat (400/354) noch einmal erzählt (Diod. XVI 45, 8, Liv. VII 19, 2—3), die Triumphalfasten verzeichnen aber unter diesem Jahr nur seinen Triumph de Tiburtibus, dagegen, obgleich sie von 393—425 vollständig vorliegen, in keinem dieser Jahre den Triumph eines römischen Feldherrn über die Tarquinienser, oder über irgend eine etruskische Stadt, mit Ausnahme des Triumphes des Dictators C. Marcius de Tusceis 398/356, der, wie das Schweigen Diodors zeigt (XVI 36, 4), ebenso interpoliert ist, wie dessen ganze Dictatur. Es bleibt also nur die Niederlage des M. Ambustus in 356. Sie mußte eliminiert oder wettgemacht werden, darum wird sie bei Liv. VII 15, 9 in das Consulat des C. Ambustus 358 hinaufgerückt und also M. Ambustus

tV 3 I 4.

Der Etruskerkrieg. — § 5.

Caere.

363

davon reingewaschen, bei Diodor wird sie ganz gestrichen, bei Liv. VII 17, 1 — 5 wird sie in einen Sieg verwandelt, und dann 354 noch ein zweiter Sieg hinzuerfunden (VII 19, 2 - 3 ) . Nach Diodor begann der Krieg 397/357 mit einer Fehde gegen Falerii, bei der μέγα μίν oòος auf dem Forum hingerichtet worden sein (Diod. XIX103,3). Die Stadt kann also damals keine römische Colonie gewesen, und auch nicht von den Samniten zerstört worden sein, da sie ja ihre alte Bevölkerung behalten hatte. Nach Liv. IX 24, 13 wäre das Strafgericht allerdings über Sora gehalten worden, das kann aber gegenüber den Angaben bei Diodor nicht ins Gewicht fallen (s. unten § 7). Die Deduction der Colonie nach Fregellae kann also erst 313 oder etwas später erfolgt sein, zugleich mit der Gründung der übrigen Colonien im Liristale. Es ist ja auch an sich klar, daß es über die Verhandlungen, die dem Bruch zwischen Rom und Samnium vorhergingen, keine Überlieferung gegeben hat, und wir es hier nur mit Combinationen zu tun haben. Da nun das Strafgericht über Fregellae einen Abfall der Stadt voraussetzt, muß sie vorher mit Rom im Bunde gestanden haben; und dieser Anschluß kann doch nicht erst nach der caudinischen Katastrophe erfolgt sein. Dazu stimmt es, daß unter dem Jahre vor dieser (322) ein Angriff der Samniten auf Fregellae berichtet wird (App. Samn. 4, 1). Offenbar also

396

V ι.

Der zweite

Samnitenkrieg.

hat Fregellae, wie Capua und später Arpi, bei Rom Schutz, gegen die Samniten gesucht, und das mag 328 geschehen sein; jedenfalls ungefähr um diese Zeit. Von den Ereignissen in den ersten Jahren des Krieges wissen wir sehr wenig, da der Bericht Diodors erst 318 beginnt, und die Erzählung bei Livius sagenhaft ausgeschmückt ist. Die Fasten geben bis zur Caudinischen Katastrophe drei Triumphe: 324 L . Papirius Cursor diet, de

Samnitibus.

322 L. Fulvius Curvus cos. de Samnitibus. Q. Fabius Maximus Rullianus cos. de Samnitibus et Apuleis.

Damit ist nicht gesagt, daß diese Triumphe echt sind, wohl aber, daß der Redactor der Fasten nur diese gekannt oder anerkannt hat. Demnach können die Römer 326 und 323 keine größeren Erfolge gehabt haben. Das Jahr 324 ist ein Dictatorenjahr ; der Dictator L. Papirius ist nach Liv. VIII29,9 von dem Consul L. Furius des Jahres 325 ernannt worden, und sein Sieg würde also in dieses Jahr fallen. Die Geschichte von seinem Conflict mit dem Magister equitum Q. Fabius stand schon bei Fabius Pictor (fr. 18 bei Liv. VIII 30, 9) und stammt also aus fabischer Familientradition. Das beweist noch nicht, daß sie richtig ist. Denn L. Papirius, oder sein ihm eng befreundeter College Q. Publilius (s. unten V 6 § 2) hat Q. Fabius 315 zum Dictator ernannt, was er doch gewiß nicht getan haben würde, wenn er während seiner eigenen Dictatur 325 in so schweren Conflict mit ihm gekommen wäre. Livius sagt denn auch, daß es Annalen gab, welche diese ganze Geschichte nicht hatten (VIII 30, 7). Wahrscheinlich handelt es sich nur um ein Duplicai des Sieges, den Q. Fabius in seinem Consulat 322 erfochten hat, oder doch erfochten haben sollte. Den Triumph des Consuls Q. Fabius de Apulis et Nucerinis hat auch die Schrift de viris illustr. 32, den Triumph des L. Fulvius auch Plin. VII 136, er wäre aber nicht über die Samniten, sondern über die Tusculaner gefeiert worden

V i §2. Die ersten K r i e g s j a h r e . — § 3. Katastrophe v. Caudium.

397

(vgl. Liv. VIII37,8—12). Übereinstimmend mit den Fasten berichteten quidam ductores, bei Liv. VIII 40,1, daß beide Consuln de Samnitibus triumphiert hätten, und Fabius bis nach Apulien vorgedrungen wäre ; nach Livius' Hauptquelle aber, der er folgt, hätte vielmehr der Dictator Α. Cornelius Arvina in diesem Jahre gegen die Samniten befehligt, und über sie triumphiert (VIII 38—39). Es gab also über diese Ereignisse keine feste Überlieferung, und damit werden die angeblichen römischen Siege sehr zweifelhaft. Das gilt namentlich von den Feldzügen nach Apulien 323 (Liv. VIII 37, 6) und 322. Bündnisse mit apulischen Städten werden in unserer Überlieferung erst seit 318 erwähnt, ohne irgend welchen Hinweis auf Beziehungen in früherer Zeit; solche Beziehungen haben also offenbar nicht bestanden. Weiteres unten § 4. 3. Es folgt die Katastrophe von Caudium, die sich dem Gedächtnis so tief eingeprägt hat, daß jeder Zweifel ausgeschlossen ist, an der Tatsache, wie an dem überlieferten Jahre. Nach Liv. IX 5, 4 wäre das Instrument des damals geschlossenen Vertrages erhalten geblieben (nomina omnium, qui spoponderunt, extant), und das ist sehr wohl möglich, da ja auch andere Verträge aus dieser Zeit, ζ. B. der mit Karthago, noch im II. Jahrhundert im römischen Archive aufbewahrt waren. Ist das aber richtig, so würde es beweisen, daß der Vertrag in Kraft getreten, also keineswegs durch den Senat cassieri worden ist. Daran kann auch sonst gar kein Zweifel sein. A u f Denaren des Münzmeisters Ti. Veturius ist das Schweineopfer dargestellt, wie es beim Abschluß eines Foedus gebracht zu werden pflegte, was sich nur auf diesen Vertrag beziehen kann (Mommsen, Münzte. S. 555, vgl. Staatsr. I3 231, 1), auch das ein Beweis, daß der Vertrag in Kraft geblieben ist, und dem Beamten, der die Münze schlagen ließ, einem Geschlechtsgenossen des Consuls T. Veturius, der den Vertrag abgeschlossen hatte, nicht so schimpflich erschienen sein kann. Ebenso sagt Cicero (de Inv. II 30, 91), daß in eo

398

V ι.

Der zweite

Samnitenkrieg.

foedere, quod factum est quondam cum Samnitibus, quidam adulescens nobilis porcum sustinuit iussu imperatoria; auch C l a u d i u s Quadrigarius hat den A c t als foedus betrachtet, und das war überhaupt z u L i v i u s Zeit die herrschende A n s i c h t (Liv. VIII 5, 2). E s handelt sich also nicht, wie der Annalist, dem Livius an dieser Stelle folgt, beweisen möchte, um eine b l o ß e sponsio, sondern um ein foedus, das allerdings, wie e s scheint, o h n e Z u z i e h u n g eines Fetialen v o n den Feldherren selbst abgeschlossen worden ist. E i n e solche Z u z i e h u n g war aber in dieser Z e i t zur Gültigkeit eines foedus gar nicht erforderlich (Mommsen, Staatsr. aaO.). N o c h ein Jahrhundert später, beim A b s c h l u ß des ersten Friedens mit K a r t h a g o 513/241, m u ß t e die Ratification durch das römische V o l k ausdrücklich vorbehalten werden (Polyb. I 62, 8) ; ohne diesen Vorbehalt wäre der V e r t r a g also gültig g e w e s e n ( P o l y b . III 29, 3, Mommsen, Staatsr. III 341, 2, mit Unrecht widerspricht Täubler, Staatsverträge S. 107). E s ist j a auch an sich klar, d a ß die Samniten nicht so naiv g e w e s e n sein können, einen V e r t r a g in rechtlich ungültiger Form abzuschließen. Übrigens waren die B e d i n g u n g e n sehr milde; die Samniten sollen nur die W i e d e r h e r s t e l l u n g des Besitzstandes vor dem K r i e g e gefordert h a b e n : τήν τε γην και τά χωρία πάνδ·' ήρ,Τν άποδώσειν, και τους κληροόχους άπέ των πόλεων άπάξειν, και μ,ηδέποτ έπί Σαυνίτας στρατεύσειν (App. Samn. 5j 5) ebenso Liv. I X 4, 4). U n d dabei kommen die Colonien auf Rechn u n g der Annalisten, denn F r e g e l l a e ist erst später gegründet und wir wissen v o n keiner römischen Colonie aus der Zeit vor 321 auf samnitischem Boden. Capua aber ist, wie die späteren Ereignisse zeigen, römisch g e blieben, und ebenso höchst wahrscheinlich Fregellae (s. unten § 7), s o d a ß den Römern keine Gebietsabtretungen auferlegt worden sind. Für R o m l a g also zu einer V e r w e r f u n g des Vertrages nicht der geringste Grund vor, und es ist denn auch, während der nächsten Jahre bis 315, mit Samnium Frieden geblieben.

V ι § 3·

Der Caudinische Frieden.

— Satricum.

399

Die Annalisten konnten natürlich die Schmach der Niederlage nicht auf Rom sitzen lassen. Sie ließen also den Vertrag sofort vom Senat verwerfen, wofür die Capitulation des Consuls C . Hostilius Mancinus vor Numantia (137 v. Chr.) die Farben geliefert hat. Natürlich durfte auch die Revanche nicht fehlen, und dazu gab es ein sehr einfaches Mittel, man brauchte nur die Siege, welche die Consuln L. Papirius und Q. Publilius 315 errungen haben, in ihr Consulat in 320 hinaufzurücken (Livius), oder in das Consulat des L. Papirius im folgenden Jahre (Triumphalfasten). Es ist möglich, daß das in gutem Glauben geschehen ist. In die nächste Zeit setzt die Tradition den Abfall (320) und die Wiederunterwerfung (319) der Satricaner, qui cives post Caudinam cladern ad Samnites defecerant, praesidiumque eorum in urbem acceperant (Liv. I X 1 2 , 5 ; 16, 2). Darauf soll der Consul L. Papirius triumphiert haben (Liv. IX 16, 11, Triumphalfasten unter 319). Da dieser Triumph aber mit der Einnahme von Luceria zusammengebracht wird (Liv. IX 16, 11), die erst 315 erfolgt ist, so gehört er offenbar in dieses letztere Jahr. Es ist ja auch nicht abzusehen, wie die Samniten nach dem Siege bei Caudium bis nach Satricum gelangt sein sollten (über die L a g e s. oben IV 3 § 3). W o h l aber kann das nach dem Siege bei Lautulae (315) geschehen sein, der ihnen den W e g nach Latium öffnete. Die Annalisten sind freilich bemüht gewesen, auch diese Niederlage nach Möglichkeit zu vertuschen. Daß die Samniten einmal bis in die latinische Küstenebene vorgedrungen sind, sagt Strabon (V 232) ; doch bezieht sich diese Angabe wahrscheinlich auf den Z u g nach Porta Collina im sullanischen Bürgerkriege. W a s wir, nach dem Vorgange der Annalisten, den zweiten Samnitenkrieg nennen, sind also in Wahrheit zwei Kriege, von 3 2 6 — 3 2 1 , und von 316 — 304.

Das Intervall ist nicht kürzer, als zwischen dem sog. zweiten

und dritten Samnitenkriege.

Ich habe aber, um Mißverständnissen vor-

zubeugen, die einmal hergebrachten Bezeichnungen

beibehalten.

400

V ι.

Der zweite

Samnitenkrieg.

4. W i e früher die Campaner, suchten jetzt die Apuler Schutz bei Rom gegen die Übergriffe der Samniten. Das stand zwar schon in einem Teil der Annalen, die Livius vorlagen (VIII 37, 4) sunt qui non ipsis Apuìis bellum inlatum, sed socios eins gentis populos ab Samnitium vi atque iniuriis defensos scribant ; und wenn Livius hier diese Angabe verwirft, und vielmehr die Römer die Offensive g e g e n Apulien ergreifen läßt, so gibt er ihr wenige Capitel später selbst Ausdruck, und setzt sehr verständig auseinander, daß die Römer sonst nie nach Apulien gelangt sein würden : quae regio si fida Samnitibus fuisset, aut pervenire Arpos exercitus Romam, nequissit, aut interiecta inter Romam et Arpos penuria rerum omnium exclusos a commeatibus absumpsisset (IX 13, 8). Schon 323 soll ein römisches Heer unter dem Consul Q. Aulius (oder Q. Aemilius) nach Apulien gezogen sein, nec tarnen res ulla memorabilis gesta (Liv. VIII 37,6) ; man sieht nicht, wie sich von einem solchen ergebnislosen Feldzuge eine Kunde hätte erhalten sollen. Offenbar war von Taten dieses Consuls nichts überliefert; um die Lücke auszufüllen, übertrug man auf ihn den apulischen Feldzug, sei es des Q. Aemilius Barbula Cos. 317, sei es des Q. Aulius Cerretanus Cos. 319. Im Jahre darauf, 322, soll Q. Fabius Rullianus über die Apuler {Act. triumph.), bzw. de Apulis et Nucerinis (Schrift De viris ill. 32) triumphiert haben, auch App. Samn. 4, 1 hat diesen Feldzug, und Livius fand ihn in seinen Quellen (quidam auctores) erwähnt (VIII 40, 1 ) ; aber der Bericht, dem er folgt (VIII 38—39), wußte von diesem Siege nichts, und den Berichten von Siegen des Fabius Rullianus gegenüber ist überhaupt große Vorsicht geboten. Dazu kommt, daß Q. Fabius in seinem dritten Consulat (308) Nuceria unterworfen hat und da dies beständig mit Luceria verwechselt wird, kann das der Anlaß gewesen sein, ihm einen siegreichen Feldzug nach Apulien zuzuschreiben. A u c h kann ja ein Triumph über die Apuler schon darum nicht auf gute Überlieferung

V ι S 4· Der Anschluß Apuliens.

4OI

zurückgehen, weil diese vielmehr mit Rom gegen die Samniten verbündet waren. W e n n die Consuln von 321 in die Caudinischen Pässe marschiert sein sollen, um dem von den Samniten belagerten Luceria auf dem kürzesten W e g e Entsatz zu bringen (Liv. IX 2, 3), so ist klar, daß über ihre Motive nichts überliefert sein konnte, und nur ein Versuch vorliegt, die Niederlage von Caudium zu erklären, und die Consuln nach Möglichkeit zu entlasten. Es wird nach dem allen sehr wahrscheinlich, daß die Beziehungen Roms zu Apulien erst in der zweiten Periode des Krieges, nach 321, begonnen haben. W a n n die Hauptstadt Arpi mit Rom in Bund getreten ist, wird nicht überliefert; als Rom verbündet erscheint sie zuerst bei dem Feldzug des L. Papirius und Q. Publilius, den Livius in 320 setzt (IX 13, 6—9), der aber in Wirklichkeit in deren zweites Consulat gehört (s. oben § 3). Teanum und Canusium sollen sich 318 unterworfen haben (Liv. IX 20, 4 in deditionen venerunt, Diod. X I X 10, 1), was dann unter dem folgenden Jahre von den Teates Apuli, deren Identität mit der Teanenses Livius nicht erkannt hat, noch einmal erzählt wird; Teate (Chieti) kann nicht gemeint sein, da dessen Bürger stets Marrucini heißen. Diesmal sollen sie ebenso wie die übrigen apulischen Städte ein Foedus erlangt haben (Liv. IX 20, 8—9), was ja auch ohne Zweifel richtig ist. Natürlich wird das alles so dargestellt, als ob es sich um Erfolge der römischen Waffen handelte, weshalb denn Livius, von seinem Standpunkt aus mit vollem Recht, sich darüber wundert, daß den Apulern ein Bündnis bewilligt wurde (audaeter spondendo impetravere ut foedus daretur), während doch der Anschluß freiwillig erfolgt ist, wie sich ja auch schon daraus ergibt, daß Triumphe über Apulien aus dieser ganzen Zeit (seit 322) in den Fasten überhaupt nicht verzeichnet stehen. A u c h Livius weiß von römischen Siegen nur die Eroberung vonForentum durch den Consul von 317, C.Iunius Bubulcus zu berichten, worauf dann ein Z u g nach Β β 1 o 0 h, R8m. Geschichte. 26

402

V ι.

Der zweite Samnitenkrieg.

Lucanien gefolgt sei, auf dem Nerulum erstürmt worden wäre (IX 20, 9). Die Einnahme von Forentum, oder wie dort steht Φερέντη, wird auch bei Diod. XIX 65, 7 erzählt, aber erst unter dem folgenden Jahr 316, da er unter 317 von dem Krieg in Italien üherhaupt nichts sagt. Nun lag Nerulum nach den Itinerarien im Süden Lucaniens, etwas nördlich vonThurioi (CIL. I a 2,638, Nissen, It. Landesk.il 905), was durch Sueton (Aug. 2 und 4) bestätigt wird, wonach der mütterliche Urgroßvater des Augustus e pago Thurino, sein Großvater ein Nerulonensis mensarius gewesen wäre (die Stellen fehlen bei Nissen). Nissen bemerkt über diesen Zug nach Nerulum: „Gern hätten wir ein Wort über seinen (des Consuls) Rückmarsch gehört; doch auch so bleibt das erste Auftreten der römischen Waffen an der Grenze Bruttiums ein denkwürdiges Ereignis". Ganz gewiß; aber eben deswegen hätte er sich die Frage vorlegen sollen, ob die Sache denn richtig sein kann. Die Lucaner haben ja sonst an dem zweiten Samnitenkrieg keinen Teil genommen, und da soll auf einmal ein römisches Heer ungehindert ihr ganzes Land, von der Nordgrenze bis zur Südgrenze durchzogen haben? Das übersteigt doch alle Grenzen der Wahrscheinlichkeit, und man kann sagen, der Möglichkeit. Nun hat nach den Fasten der Consul C. Iunius Brutus Bubulcus 277 über die Lucaner und Brettier triumphiert; es ist doch evident, daß die Einnahme von Nerulum erst in diese Zeit fällt, und der Consul von 317 mit seinem Sohne, dem Consul von 277 verwechselt ist. Damit der andere Consul von 317, Q. Aemilius Barbula, nicht leer ausginge, ließ man ihn an der Eroberung von Nerulum teilnehmen; das lag um so näher, als sein Sohn L. Aemilius, Cos. 281, ebenfalls in dieser Gegend Krieg geführt hat. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Einnahme von Forentum, das in der Nähe von Venusia, etwas südlich davon gelegen war, und also nicht wohl genommen worden sein kann, solange diese Stadt in den Händen der Sam-

V ι § 4·

F o r e n t u m u . Nerulum. — § 5.

Der Hochappennin.

403

niten war. Nun ist C . Iunius Bubulcus, der Sohn, auch 291 Consul gewesen, gerade in dem Jahre, in dem Venusia von den Römern genommen worden ist. Die Einnahme der Stadt ist also ohne Zweifel auch hier, wie bei Nerulum, in das Consulat des C . Iunius 437/317 hinaufgerückt worden; in Wahrheit gehört sie erst in 463/291. A b e r C. Iunius, der in diesem Jahre Consul war, hat wie Dionys. X V I I — X V I I I bezeugt, den Befehl in Samnium seinem C o l l e g e n L. Postumius überlassen, also ist Forentum von diesem genommen worden (s. unten V 3 § 9). 5. Der A b s c h l u ß der Bündnisse mit den apulischen Städten setzt voraus, daß die Römer den W e g dahin frei hatten, also die Bergstämme des Centralappennins, in den heutigen A b r u z z e n , zu Rom in freundlichem Verhältnis standen. Die Marser, Paeligner, Marruciner, Frentaner sollen allerdings erst 304 mit Rom Bündnis geschlossen haben (Liv. IX 45, 18, Diod. X X 101, 5), die Vestiner 302 (Liv. X 3, 1); sie sind also, wenn diese Angaben richtig sind, erst damals förmlich in die römischen Eidgenossenschaft eingetreten, der sie dann, ohne jemals in ihrer Treue zu wanken, bis auf den Bundesgenossenkrieg angehört haben. A b e r schon 308 sollen die Römer den Marsern g e g e n die Samniten bewaffnete Hilfe geleistet haben (Diod. X X 44,8). Bei dem Annalisten, den Liv. 41, 4 folgt, ist daraus freilich ein S i e g der Römer über die Marser und Paeligner geworden, ebenso wie die 304 abgeschlossenen Bündnisse mit den Bergvölkern als F o l g e eines siegreichen Krieges hingestellt werden (IX 45, 18), worauf dann, 302, noch ein S i e g über die Marser berichtet wird, mit denen darauf das Bündnis erneuert worden wäre (X 3, ι — 5 ) . D a ß hier Geschichtsfälschung vorliegt, zeigt schon die sehr verständige Darlegung bei Livius selbst über die ungehinderte Verbindung der Römer mit Apulien (IX 13, 7, s. oben § 4). Ü b e r die Marser war, wie man in Rom sagte, bis zum Socialkriege überhaupt nie ein Triumph gefeiert worden (Appian. Bürgeric. I 46 οδτε κατά 26*

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V ι.

Der zweite Samnitenkrieg.

Μάρσων οδτε άνευ Μάρσων γενέσ&αι δ·ρ(αμ.βον). Dagegen scheinen die Paeligner damals allerdings mit den Samniten gemeinsame Sache gemacht zu haben (s. unten § 10), wie ja auch unter dem Jahre 305 von einem Kriege gegen die Παλίνιοι berichtet wird (Diod. X X 90,3), wo doch kaum eine andere Emendation möglich ist, als Παλιγνοιίς. Der angebliche Vestinerkrieg des Consuls C. Iunius Brutus Scaeva (325, Liv. VIII 29) ist wahrscheinlich falsch, da die Römer damals, soviel wir sehen, noch nicht an das Adriatische Meer gekommen sind; es könnte sich um eine Verwechslung mit C. Iunius Bubulcus Brutus, Consul 317, handeln. Die Frentaner soll Q. Aulius 319 zur Unterwerfung gebracht haben (Liv. IX 16, 1). Um 350 scheinen sie, nach Skylax 1 1 . 16, zum Samnitischen Bunde gehört zu haben (s. oben IV 4 § 1); sie müssen sich also von diesem getrennt, und dann an Rom angeschlossen haben, denn sonst würden die Römer nie nach Apulien gelangt sein. Einige Jahre später (312) sollen die Römer δυνάμεσιν άδραϊς πεζών τε καΐ ιππέων gegen Πολλίτιον Μαρρουκίνων ο δ σαν πόλιν gezogen sein (Diod. XIX 105, 5)5 bei Livius und sonst steht nichts davon, auch die Stadt wird nirgends wieder genannt; und doch muß es sich, nach dem starken Aufgebot zu schließen, um eine größere Unternehmung gehandelt haben. Es kann sein, daß die Namen verderbt sind. Jedenfalls zeigt das Schweigen der Triumphalfasten, daß die Römer gegen alle diese Bergvölker in den Abruzzen größere Kriege nicht geführt haben; von den Aequern wird denn auch ausdrücklich berichtet; daß si e per multos annos sub specie infidae pacis ruhig geblieben wären (Liv. IX 45. 5). 6. Von Kämpfen gegen die Samniten wird bis zum Jahre 316 überhaupt nichts erwähnt; bis dahin also ist der Caudinische Frieden in Kraft geblieben. Der Wiederausbruch des Krieges soll durch einen Angriff der Römer auf Saticula veranlaßt worden sein (Liv. IX 21, 2 rebellandi causam Samnitibus dedit) ; der. wahre Grund aber lag in der Ausbreitung der Römer in Apulien, die ja sehr bald

V ι § 6. Wiederausbruch d. Krieges. — Einnahme v. Luceria.

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zum Conflict mit Samnium führen mußte. Ein Sieg des Dictators L. Aemilius bei Saticula (Liv. IX 21), von dem Diodor nichts weiß, ist jedenfalls ohne Folgen geblieben, wie denn der Dictator nicht triumphiert hat. Die Consuln sollen in Rom geblieben sein (Liv. IX 21, 1; 22, 1), was ja wenig wahrscheinlich ist; offenbar ist die Dictatur überhaupt gefälscht (s. oben I 2 § 2). Sonst wird aus diesem Jahre nur der Übertritt von Nuceria in Campanien von der römischen auf die samnitische Seite berichett (Diod. XIX 65, 7), was richtig sein wird, da die Stadt etwas später (310) im Kriege mit Rom stand (Liv. IX 38, 2 - 3 ) und erst 308 wieder mit diesem im Bund getreten ist (Liv. IX 41, 3)· Die Geschichte des nächsten Jahres (315) ist bei Livius bekanntlich bis zur Unkenntlichkeit entstellt, da er einerseits die Niederlage bei Lautulae vertuscht, andererseits den Feldzug der beiden Consuln L. Papirius und Q. Publilius, die er nicht einmal nennt, übergeht, weil er ihn schon 320 vorausgenommen hatte (s. oben § 3). Das richtige gibt Diodor; es würde sich übrigens auch aus Livius wiederherstellen lassen, da er zwar die Schlacht bei Lautulae unentschieden bleiben läßt, aber doch ehrlich genug ist, auch die andere Version zu erwähnen, welche die Niederlage eingestand. Überliefert waren natürlich nur die nackten Tatsachen, die Folge, in der sie erzählt werden, kommt auf Rechnung der Annalisten. Soviel ist klar, daß auf zwei Fronten gekämpft wurde, wie das ja, seit die apulischen Städte mit Rom in Bund getreten waren, nicht anders sein konnte. In Apulien ist Luceria erobert, und darauf eine Colonie dorthin geführt worden (Diod. XIX 72,8, der aber die Einnahme der Stadt nicht berichtet); Livius erzählt beides erst unter dem folgenden Jahre (IX 26, χ—5, was die Deduction der Colonie anlangt, wahrscheinlich mit Recht, da die Vorbereitungen dazu doch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen mußten; vor dem Frühjahr 314 können die Colonisten nicht wohl hingeführt worden sein,

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Der zweite

Samnitenkrieg.

da aber Livius die Eroberung der Stadt in das Jahr 320 hinaufgerttckt hatte, muß er sie jetzt von den Samniten zurücknehmen, und dann gleich darauf noch einmal von den Römern erobern lassen. A n der campanischen Grenze nahmen die Römer Saticula (Diod. XIX 72, 4, Liv. IX 22, 11), was richtig sein muß, da bald darauf (313) eine Colonie hierhin geführt wurde (Veil. I 14, 4, Fest. 340 M., vgl. Liv. X X V I I 10). Dafür eroberten die Samniten Plistica (Diod. X I X 72, 3, Liv. IX 21, 6; 22, 11), das nur hier erwähnt wird; auch Sora trat auf ihre Seite hinüber (Diod. XIX 72, 3; Liv. IX 23, 2). Dann drangen die Samniten tief in das römische Gebiet ein ; der Dictator Q. Fabius Rullianus, der ihnen bei Lautulae in der Nähe von Tarracina entgegentrat, erlitt eine schwere Niederlage (Diod. XIX 72, 7 f., Liv. IX 23, 4). Der große Sieg, den Livius den Dictator unmittelbar darauf erringen läßt (IX 23,6—17, wo wird nicht gesagt), und der ohne alle Folgen bleibt, ist natürlich nur zur Beschönigung dieser Niederlage erfunden. Vielmehr folgte, wie Livius selbst erzählt (IX 25, 2) auf die Schlacht bei Lautulae ein allgemeiner Abfall ; die Aurunker (Liv. aaO.) und selbst Capua (Diod. XIX 73, 3, vgl. Liv. IX 26, 5 ff.) traten auf die samnitische Seite. Auch der Aufstand von Satricum und Fregellae, den Livius IX 12, 5 schon unter dem Jahre 320 berichtet, in dem ebenfalls L. Papirius und Q. Publilius Consuln waren, kann erst jetzt erfolgt sein (s. oben § 3). Im folgenden Jahre (314) wandten sich die Samniten nach Apulien. Das steht bei Liv. IX 27, 1 und muß auch bei Diodor gestanden haben, wo es heißt κατά δε τήν Ίταλίαν ΣαρΤται μ,εν μετά πολλής δυνάμιεως έπήεσαν πορδ·ουντες των κατ' Τταλίαν πόλεων οσαι τοις έναντίοις συνηγωνίζοντο (XIX 76, i); es ist klar, daß Ίταλίαν das zweite Mal aus Άπουλίαν verschrieben ist (Drachmann, Diodors Römische Annalen, zu der Stelle). Hier erfochten die Consuln einen großen Sieg περί Κίνναν πόλιν (der Name ist corrupt), worauf dann Capua durch den Dictator C. Maenius zum Gehorsam zurück-

V ι § 6.

Schlacht bei Lautulae. — Rom. Sieg in Apulien.

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gebracht wurde (Diod. XIX 76). Livius, der die Schlacht gleichfalls erzählt, den Abfall von Capua aber vertuscht, setzt sie in die Campanische Ebene. Das kann aber nicht richtig sein, denn Capua war της μάχης άγνοοομιένης ετι abgefallen (Diod. c. 76, 3), die Schlacht kann also nicht in unmittelbarer Nähe der Stadt geschlagen worden sein. Auch befehligte gegen Capua C. Maenius; die Consuln, oder vielmehr der Consul C. Sulpicius, der nach den Fasten allein triumphiert, also den großen Sieg über die Samniten erfochten hat, muß folglich auf einem anderen Kriegsschauplatze befehligt haben. Dann wurden die Aurunker zur Unterwerfung gebracht. Livius (IX 25, 1) erzählt das schon vor dem großen Siege der Römer; es ist aber klar, daß es erst nach dem Wiedergewinn von Capua geschehen sein kann. An der Tatsache selbst kann kein Zweifel sein, da auf diesem Gebiet 313 oder 312 die Colonie Suessa gegründet wurde (Liv. IX 28, 7, Veil. I 14, 4). Die Einnahme von Sora, die Livius (IX 24) ebenfalls unter diesem Jahre berichtet, gehört dagegen erst in 312 (s. unten § 8). Die Consuln sollen dann bis ins Herz von Samnium eingedrungen sein, und den Winter über Bovianum belagert haben, ohne übrigens die Stadt nehmen zu können (Liv. IX 28, 1); es ist klar, daß es über eine solche erfolglose Unternehmung eine Überlieferung nicht geben konnte. 7. Im Jahre darauf wurden Fregellae, Caiatia, Nola von den Römern gewonnen (Diod. XIX 101, 3, Liv. IX 28). Statt Caiatia steht bei Livius Caiatia, aber dieses ist doch wohl zugleich mit Capua unter die römische Botmäßigkeit zurückgetreten. Das richtige hat der cod. Parisinus 1665 (R. bei Fischer) des Diodor, wo ΚΑΙΛΕΙΑΝ (die übrigen codd. schreiben itacistisch Κελίκν) durch eine leichte Verschreibung aus KAIATIAN verderbt ist (Mommsen CIL. X 359). Ohne Zweifel ist auch Satricum in diesem Jahre unterworfen worden. Nach Livius, der den Abfall der Stadt

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Der zweite

Samnitenkrieg.

post Caudinam cladem setzt (IX 16, 2), wäre sie schon 319 durch den Consul L. Papirius, Cursor oder Mugillanus, erobert worden; da der Abfall aber erst nach der Niederlage bei Lautulae erfolgt ist, so ist klar, daß die Einnahme erst in das Consulat des L. Papirius Cursor 313 gehört. Die Bürger wurden entwaffnet (Liv. IX 16, 10). und ihnen ohne Zweifel die Selbstverwaltung entzogen, sie blieben aber im Besitze des römischen Bürgerrechts, das ihnen ja auch rechtlich nicht aberkannt werden konnte. Von den übrigen Städten wurde Fregellae latinische Colonie, wahrscheinlich schon im nächsten Jahre (siehe gleich unten). Caiatia wurde römische Bundesstadt (Diod. X X 80, 1); es hat als solche im eigenen Namen geprägt, allerdings nur in Kupfer. Nola wird in der Geschichte der Samnitenkriege nicht wieder erwähnt, ist also Rom treu geblieben; seine Silberprägung zeigt, daß es civitas foederata war, und nicht etwa, wie ohne jeden Grund behauptet worden ist, das Bürgerrecht ohne Stimmrecht erhalten hat. Livius läßt auch Atina in diesem Jahre genommen werden (IX 28, 6), während Diodor nichts davon sagt; doch könnte es sich dabei nur um eine vorübergehende Erwerbung handeln, da die Samniten noch 293 im Besitze der Stadt waren (Liv. X 39, 5). Man hat darum Atina in Atella emendieren wollen (Mommsen CIL. X S. 359), das ist aber sehr unwahrscheinlich, aus denselben Gründen, die gegen die Lesart Caiatia sprechen. Die Erfolge dieses Jahres werden bei Diodor dem Dictator Q. Fabius zugeschrieben. In den Fasten steht nichts von dieser Dictatur, und es ist ja auch an sich sehr unwahrscheinlich, daß man dem Besiegten von Lentulae schon jetzt den Oberbefehl wieder übertragen haben sollte. Die Sache ist offenbar nur erfunden um diese Niederlage durch einige Heldentaten auszugleichen, wie schon Niebuhr gesehen hat (R. G. III 276). Das wird also auf Fabius Pictor zurückgehen. Nach anderen wären

V ι § 7- Einnahme v. Fregellae u. Nola. — Coloniegriindungen.

40g

Fregellae und Nola von dem Dictator C. Poetelius Libo Visolus erobert worden (Liv. IX 28, 5). Es g a b aber eine Überlieferung, nach der C. Poetelius davi figendi causa zum Dictator ernannt worden wäre (Liv. IX 28, 6) ; nach dieser Version sind Nola und Caiatia von dem Consul C. Iunius ßubulcus genommen worden (Liv. aaO.), und das ist offenbar richtig, denn es ist nicht abzusehen, warum man statt der Consuln, die beide erprobte Feldherren waren, einen Mann an die Spitze des Heeres gestellt haben sollte, der bis dahin noch nichts geleistet hatte. Der andere Consul, L. Papirius Cursor, hat Satricum eingenommen, vielleicht auch Fregellae, da C . Iunius nur die übrigen Städte erobert haben soll. Doch könnte Fregellae auch von dem Consul des Vorjahres, M. Poetelius Libo, genommen sein. Ein Triumph ist übrigens in 313 nicht gefeiert worden, wie denn eine große Feldschlacht in diesem Jahre nicht geliefert worden ist. Die Römer begannen jetzt die Grenze g e g e n Samnium durch die A n l a g e einer Reihe von Colonien zu sichern: Saticula in den Bergen über Capua, gegründet 313 (Festus, Saticula, S. 340 M.) oder 312 (Veli. I 14, 4), Suessa ebenfalls 313 (Liv. IX 28, 7) oder 312 (Veil. aaO.), Interamna Succasina 312 (Diod. X I X 105, 3, Liv. IX 28, 8); ohne Zweifel gehört auch die Gründung von Fregellae, die von der Tradition in 328 hinaufgerückt wird (s. oben § 2) erst in diese Zeit. Zur Sicherung des Seeweges nach Campanien ist damals eine Colonie nach der Insel Pontia geführt worden (Diod. X I X 101, 3, Liv. IX 28, 7, beide unter 313). A u c h die Anlage der Via Appia (begonnen 312) gehört in diesen Zusammenhang. Da alle diese Colonien bis zum Socialkriege oder doch kurz vorher (Fregellae) als solche bestehen geblieben sind, müssen die Stiftungsurkunden zur Zeit der älteren Annalisten noch vorhanden gèwesen sein, auch hatte natürlich jede Colonie ihre Fasten. Die Angaben scheinen also glaubwürdig, und auch aus inneren Gründen ist nichts dagegen einzuwenden.

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Der zweite

Samnitenkrieg.

8. Unter dem Jahre 312 wird bei Diodor nur ein Z u g g e g e n die Marruciner erzählt (XIX 105, 5, s. oben § 5); nach Livius (IX 29) wäre der Consul M. Valerius, profligato ferme Samnitico bello bemüht gewesen in Samnium den letzten Widerstand (reliquias letti) niederzuwerfen. Das ist j a handgreiflich falsch, denn im nächsten Jahre geht der Krieg mit ungeschwächter Heftigkeit weiter. In den Fasten wird denn auch, unter 312, ein Triumph des Consuls M. Valerius de Samnitibus Soraneisque verzeichnet. Den konnte Livius nun freilich nicht brauchen, da er die Eroberung Soras schon unter dem Jahr 314 erzählt hatte (IX 24). So steht hier Zeugnis gegen Zeugnis, und die Entscheidung hängt davon ab, wie hoch wir die Autorität der Triumphalfasten einschätzen. Dort stehen ja aus dieser Zeit manche falsche Triumphe, aber die Hauptmasse der Triumphe ist doch echt und wir dürfen also Triumphe, die dort verzeichnet sind, nur auf zwingende Beweise hin verwerfen. Und daran fehlt es in unserem Falle. Man hat zwar gesagt, es handele sich um den Triumph eines Valeriers, und den habe Valerius Antias erfunden. Aber das ist eine rein willkürliche Behauptung; wissen wir doch gar nicht, ob Antias überhaupt dem patricischen Geschlecht der Valerier angehört hat. Für die Richtigkeit der Angabe der Triumphalfasten spricht es jedenfalls, daß das Jahr 314 schon übervoll von anderen Ereignissen ist, und das Strafgericht, das nach Liv. IX 24, 14 in 314 über Sora verhängt worden sein soll, nach Diod. XIX 101, 3 vielmehr an Fregellae vollzogen worden ist. Unter dem nächsten Jahre (311) erzählt Diodor ( X X 26, 3) einen Sieg der „Consuln" (C. Iunius, Q. Aemilius), κατά την Ίταλίαν, d. h. ohne Zweifel Άπουλίαν, wie auch im Parisin. 1665 von zweiter Hand steht. D a Q. Aemilius in Etrurien gekämpft hat (Liv. IX 32), kann nur C . Iunius auf diesem Feldzuge befehligt haben, wie denn auch Livius angibt, und durch das von C. Iunius damals getane Gelübde eines Tempels der Salus bestätigt wird

V i § 8.

Einnahme ν. Sora.. — Schlacht im Saltus avius.

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(s. gleich unten). Dem entsprechend verzeichnen die Fasten einen Triumph des C. Iunius über die Samniten, •desAemilius über dieEtrusker; der Sieg über die Samniten wäre nach Diodor περί τό καλοιίμ,ενον Τάλιον (so der Florent i u s , der Parisinus 1665 [R] hat Ττάλιον) erfochten worden. Der Ort wird sonst nirgends genannt, und ist offenbar unbedeutend gewesen (τό καλουρνον Τάλιον); von den Emendationen, die man vorgeschlagen hat, ist die beste Πάλιον (Pais, Stor. di Roma I 2, 404), doch hilft sie uns nicht weiter, da die Palionenses nur im alphabetischen Verzeichnis der apulischen Gemeinden bei Plinius vorkommen, und die Lage ganz unbekannt ist. Nach L i v . I X 3 1 hätte der Consul Cluvium (im Land der Caracener, T a c . Hist. IV 5) und Bovianum genommen, wäre dann von den Samniten in eine abgelegene Berggegend (saltum avium, c · 3 1 ? 7) gelockt worden, und in eine bedrängte Lage gekommen. Dio Cassius hat avium für einen Genet, plur. gehalten, und δλαινΑορνοι (lucus a non lucendo) daraus gemacht (Zonar. Vili 1), dasselbe Mißverständnis ist übrigens Pais passiert, der Stor. di Bom. I 2, 580, 2 von einem Saltus avium spricht. Der 'Ιερός λόφος bei Diod. X X 26, 3, den die Samniten nach ihrer Niederlage bei Talion besetzt haben sollen, scheint damit identisch zu sein. Der Consul (Diodor sagt oí δπατοι) hätte aber auch diese Stellung erstürmt, und ebenso berichtet Livius von einem großen Siege. Nach Zonaras aaO., d. h. Dio Cassius, hätten die Römer unter C. Iunius hier eine Niederlage erlitten (συμ,φορα περιέπεσον), und die Erwähnung des Saltus avius sieht allerdings ganz danach aus, als ob sie eine Niederlage beschönigen sollte. D a ß die Gefahr sehr groß war, zeigt das Gelübde des Consuls, der Salus einen Tempel zu stiften (Liv. I X 43, 25. X 1, 9, vgl. I X 3 1 , 10), es muß ihm aber gelungen sein, sich daraus zu befreien, da er den Bau später als Censor verdungen (448/306) und den Tempel als Dictator geweiht hat (452/302). Dann sollen die Römer Καταράκτα und Κεραυνιλία genommen

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Samnitenkrieg.

haben (Diod. X X 26, 4) ; sie sind sonst unbekannt, mögen aber in Apulien zu suchen sein; die Identisierung von Ceraunilia mit Cerignola liegt ja sehr nahe, ist aber g a n z unsicher und hätte jedenfalls auf Kieperts Karten keine Aufname finden sollen, oder doch nur mit einem Fragezeichen. Trotz ihrer angeblichen Niederlage nahmen die Samniten im nächsten Jahre (310) in Apulien aufs neue die Offensive (Diod. X X 25, 2), worauf dann der Consul C. Marcius von Westen her in Samnium einrückt und Allifae erobert (Diod. aaO., Liv. IX 38, 1). Livius berichtet dann weiter von einer unentschiedenen Schlacht, in der der Consul schweren Verlust gehabt hätte, und selbst verwundet worden wäre (c. 38, 7—8) ; er hat denn auch nach den Fasten nicht triumphiert. Offenbar hat C. Marcius eine Niederlage erlitten. Ebenso mißglückte ein Angriff der römischen Flotte auf das Gebiet von Nuceria (Liv. c. 38. 2—3). Da muß nun der alte L. Papirius noch einmal heran; er wird zum Dictator ernannt, und erringt natürlich einen glänzenden Sieg (Liv. IX 40). Wir hören aber nicht, daß dieser S i e g irgend welche Folgen gehabt hätte, wie er denn bei Diodor überhaupt nicht erwähnt wird. Ohne Zweifel haben wir es mit einem Duplicat des Sieges zu tun, den L. Papirius der Sohn 293 bei Aquilonia erfochten hat und der mit ganz denselben Farben geschildert wird; das ist so evident, daß es schon Livius aufgefallen ist (X 38, 2). Dasselbe hat dann von dem Triumph zu gelten, den die Fasten unter dem Dictatorenjahre 309 verzeichnen. 9. Inzwischen war Rom mit den Etruskern in Krieg g e kommen. V o n der fama belli Etrusci spricht Livius schon unter 312; es wird deswegen ein Dictator (C. Sulpicius Longus) ernannt, es geschieht aber gar nichts (IX 29). Im Jahre darauf soll dann der Consul Q. Aemilius den Etruskern, die vor Sutrium lagen, eine Schlacht geliefert haben, ohne sie doch dadurch zur A u f h e b u n g der Belagerung zu zwingen (Liv. IX 32) ; bei Diodor steht überhaupt

V ι § 9·

Angebl. Zug des Q. Fabius nach Etrurien.

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nichts davon. Gleichwohl verzeichnen die Fasten einen Triumph des Consuls de Etrusceis. Aber im folgenden Jahre (310) stehen die Etrusker wieder vor Sutrium; unbekümmert darum geht der Consul Q. Fabius über den Ciminischen W a l d und dringt bis Perusia vor, und jetzt endlich ziehen die Etrusker von Sutrium ab (Diod. X X 35, ι — 5 , Liv. I X 35—39; 40, 18—20). Auch im nächsten Jahre (308, das Dictatorenjahr 309 zählt nicht) wird Fabius zum Consul gewählt, zusammen mit P. Decius, beide fallen noch einmal in Etrurien ein, und zwingen die Etrusker zum Frieden (Diod. X X 44, 8, Liv. I X 41). Doch nur Fabius triumphiert und zwar nach Liv. IX 40, 20 als Consul 310, nach den Fasten als Proconsul im Dictatorenjahr 309. So die Überlieferung, die bei Livius, wie bekannt, mit weiterem phantastischen Beiwerk ausgeschmückt wird. Zunächst ist klar, daß der eine der beiden Z ü g e in das innere Etrurien ein Duplicai des anderen ist; denn 308 marschieren die Consuln dorthin διά της των Όμ,βρικων χώρας (Diod. X X 44, 8), 310 Q. Fabius διά της των ΟΜΟΡΩΝ χώρας (c. 35? 5)ι w a s doch offenbar aus ΟΜΒΡΩΝ corrumpiert ist; wenn man das aber nicht zugeben will, bleibt die Sache dieselbe, denn die Etrusker hatten keine anderen Nachbarn, an die hier gedacht werden könnte, als eben die Umbrer. Daher wird denn auch nur von einem Triumph des Fabius berichtet. Nun ist aber Fabius in seinem Consulat 295, wo er ebenfalls P. Decius zum Collegen hatte, nach Umbrien gezogen, hat dann gegen die Etrusker gekämpft, und mit Volsinii, Perusia, Arretium auf 40 Jahre Frieden geschlossen (Liv. X 37, 5); ebenso soll Q. Fabius 310 mit Perusia, Cortona, Arretium auf 30 Jahre Frieden geschlossen haben (Diod. X X 35, 5, Liv. IX 37, 12). Demnach ist der Etruskerkrieg unter dem Consulat des Q. Fabius und P. Decius 295 in das Amtsjahr derselben Consuln 308 hinaufgerückt worden, bzw. da der Krieg von 295 von Fabius allein geführt, oder doch beendet worden ist, in

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Der zweite

Samnitenkrieg.

dessen Consulat 310. Pais hat das Verdienst, das zuerst energisch betont zu haben. D a ß ein Z u g in das innere Etrurien in 310 oder 308 auch an sich höchst unwahrscheinlich ist, bedarf keiner Bemerkung; und die Art, wie er bei Livius erzählt wird, macht ihn nicht glaubwürdiger. Endlich hat Fabius 308 überhaupt nicht in Etrurien gekämpft, sondern gegen die Samniten, im Lande der Marser (Diod. X X 44, 8) und in Campanien (Liv. IX 41, 3—4). A u c h der andere Held des Samnitenkrieges, L. Papirius, soll 310 in Etrurien gekämpft, und ad Vadimonis lacum (Liv. IX 39, 4) einen großen Sieg über die Etrusker errungen haben, von dem übrigens die Fasten nichts wissen, die den Dictator nur de Samnitibus triumphieren lassen. W i e sein S i e g über die Samniten in diesem Jahre nur ein Duplicat der Schlacht bei Aquilonia 293 (s. oben § 8), ist dieser Sieg ein Duplicat der Schlacht am Vadimonischen See 283, der auch die Farben des Berichtes entnommen sind : Polyb. II 20, 3 Τυρρηνων μεν oí πλείστοι κατεκόπησαν = Liv. IX 39? 1 1 caesum in acte quod roboris fuit. 10. Richtig ist dagegen die Angabe, daß 308 mit Tarquinii ein Frieden auf 40 Jahre geschlossen worden ist (Diod. X X 44, 8, Liv. IX 41, 5), denn 351 war ein Frieden auf dieselbe Dauer mit dieser Stadt geschlossen worden (Liv. VII 22,5), der also, wenn wir die dazwischen liegenden drei Dictatorenjahre abziehen, eben in 308 abgelaufen war; wenn hier die Erfindung eines Annalisten vorläge T würde die Rechnung nicht so genau stimmen. Daß ein Krieg vorausgegangen wäre, wie Livius geglaubt hat, ist ausgeschlossen, da die Erneuerung des Vertrages sich unmittelbar an den Ablauf des früheren Vertrages anschließt. So bleibt von den Kriegsereignissen in diesem Jahre nur der etruskische Angriff auf Sutrium. Die Tarquinienser können sich nach dem gesagten nicht daran beteiligt haben; er muß also von Falerii, vielleicht im Bunde mit Volsinii, ausgegangen sein. Der Entsatz der Stadt soll entweder durch den Consul Q. Aemilius (311, Triumphal-

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§ IO.

D a s Jahr 446/308.

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fasten) oder Q. Fabius (310, Diod., Liv.) bewirkt worden sein. W a s richtig ist, läßt sich natürlich nicht sicher entscheiden. Aber daß ein Triumph von Q. Fabius auf eine Persönlichkeit, die so wenig hervortritt wie Q. Aemilius Barbula, übertragen sein sollte, ist doch höchst unwahrscheinlich, während die fabische Familienlegende geschäftig gewesen ist, die Laufbahn des Rullianus auszuschmücken, und durch Q. Pictor maßgebenden Einfluß auf die Annalistik gewonnen hat, wie ja gerade in der Erzählung über dieses Consulat besonders deutlich hervortritt. Das Zeugnis Diodors, das ebenfalls von der fabischen Familientradition beeinflußt ist, kann also keineswegs entscheidend sein. Und ebenso wenig beweist es, daß Fabius nach den Triumphalfasten de Etrusceis triumphiert hat, um so weniger, als dieser Triumph nicht in sein Consulat 310, sondern in das Dictatorenjahr 309 gesetzt wird. Die Schrift De viris ill. 32 läßt denn auch Fabius' zweiten Triumph nicht über die Etrusker, sondern de Samnitibus gehalten werden. Höchst wahrscheinlich haben wir es also mit einer Vorwegnahme seines Triumphes über die Etrusker 295 zu tun; der Triumph soll ein Gegenstück zu dem Triumph des Dictators L. Papirius bilden, und diesen in den Schatten stellen; consul praestantiore etiam quam dictator victoria triumphans urbem est invectus (Liv. IX 40, 20); der eine ist so wenig glaubwürdig wie der andere. Vielmehr hat Q. Fabius 308 auf dem südlichen Kriegsschauplatze befehligt. Er hat dort Nuceria zum Anschluß an Rom gebracht; die A n g a b e bei Liv. IX 41, 3 oppugnando ad deditionem subegit ist allerdings zu Fabius' Ehren gefälscht, da der Stadt vielmehr ein günstiges Foedus bewilligt wurde (Cic. Balb. 11, 28). Ferner z o g er, wie es scheint mit seinem Collegen P. Decius, den Marsern gegen die Samniten zu Hilfe (Diod. X X 44, 8, s. oben § 5). Nach Liv. IX 41, 4 wären die Marser und Paeligner allerdings damals von Rom abgefallen, und, zusammen mit

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Der zweite

Samnitenkrieg.

den Samniten, von Q. Fabius haud magno certamine besiegt worden. Das ist, was die Marser angeht, sicher falsch, vgl. oben § 5, könnte aber für die Paeligner richtig sein, wenigstens ist nicht abzusehen, auf welchem W e g e die Samniten sonst in das Land dër Marser gelangt sein könnten, denn durch das Tal des Liris können sie nicht wohl g e z o g e n sein, da Sora und Arpinum damals in den Händen der Römer waren. A u c h wird 305 von einem Kriege der Römer gegen die Παλίνιοι berichtet (Diod. X X 90, 3), wo doch nur die Paeligner gemeint sein können. So würde sich erklären, daß Cerfennia im Lande der Marser an der paelignischen Grenze bis zu diesem Jahre in den Händen der Samniten geblieben ist, falls dieses, wie wahrscheinlich, unter Σερεννία (Diod. X X 90, 4) oder Cesennia (Liv. IX 44, 16) zu verstehen ist, das damals von den Römern zurückgewonnen wurde. Nach Ablauf seines Amtsjahres soll Fabius an der Spitze des Heeres geblieben sein, und als Proconsul (also 307) bei Allifae einen großen Sieg über die Samniten erfochten haben (Liv. IX 42, 6). Eine solche Prorogation des Oberbefehls ist in dieser Zeit wenig wahrscheinlich, um so mehr als ja die beiden Consuln die Hände frei hatten; Diodor sagt von diesem Siege nichts, und auch nach Livius und den Fasten hat Fabius nicht triumphiert. Nur die Schrift de viris illustril·. 32 läßt ihn seinen zweiten Triumph, statt über die Etrusker, de Samnitibus halten; doch könnte sich das auch auf seine angeblichen Siege im Jahre 313 beziehen. Der Sieg bei Allifae scheint also ein Duplicat der angeblichen Einnahme dieser Stadt durch Fabius' Collegen C. Marcius im Jahre 310 (Liv. IX 38, 1, s. oben § 8). Ii. Die Consulate von 307 (Ap. Claudius, L. Volumnius) und 306 (P. Cornelius, Q. Marcius) hatte Piso in seinen Annalen übergangen (Liv. IX 44, 3), während sie bei Fabius gestanden haben, der höchst wahrscheinlich das richtige gab (s. oben I § 13). V o n Kriegstaten der

Vi

§ il.

417

Abfall und Unterwerfung der Herniker.

Consuln des Jahres 307 wird allerdings nur wenig berichtet; Diodor sagt unter diesem Jahre nichts über römische Dinge; nach Liv. IX 42 wäre Ap. Claudius in Rom geblieben, sein College L. Volumnius hätte gegen die Salentiner gekämpft. Näheres von diesem Feldzuge hören wir nicht, nur das der Consul multa secunda proelia fecit, aliquot urbes (die nicht genannt werden) vi cepit. Das sieht verdächtig aus; und es ist j a auch an und für sich wenig wahrscheinlich, daß die römischen Heere schon in dieser Zeit so weit nach Süden vorgedrungen sein sollten. Über den angeblichen Sieg des Q. Fabius bei Allifae siehe oben. Offenbar sind die Dinge im Jahr 307 für die Römer nicht gut gegangen. Sora und Calatia (Liv. I X 43, 1), oder vielmehr Caiatia (Diod. X X 80,1, Σώραν και (Και)ατίαν, Mommsen CIL. X S. 444) mögen schon in diesem Jahre von den Samniten genommen oder zu diesen abgefallen sein, wenn unsere Quellen das auch erst unter dem folgenden Jahre im Anschluß an den Hernikerkrieg erzählen. Ebenso Arpinum, das nach Diod. X X 90, 4 gleichfalls zu den Jr. Benev(enti). E s handelt sich also um einen Latiner aus Beneventum, der dort vor dem Socialkriege (s. oben § 2) die Praetur bekleidet hatte, dann nach Telesia gezogen ist und dort zum Duumvirat gelangte. Da der Titel Praetor fehlt, könnte man meinen, daß Visellius das Duumvirat vor der Deduction der Colonie nach Telesia bekleidet hätte. So alt kann die Inschrift freilich nicht sein; aber es bleibt ja die Möglichkeit, daß sie erst 40 Jahre

496

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

später gesetzt ist; Visellius könnte um 130 Duumvir gewesen, und um 90 gestorben sein. Aber das ist doch sehr unwahrscheinlich. Da es sich um eine Grabschrift, also um keine öffentliche Urkunde handelt, wird es einfacher sein anzunehmen, daß der Titel ungenau wiedergegeben ist, wofür IX 2232 in Telesia selbst ein zweites Beispiel, allerdings aus verhältnismäßig später Zeit bietet; ebenso für Abellinum IX 2118. Und wenn Pontius, der im Socialkrieg und sullanischen Bürgerkrieg die Samniten befehligte, den Beinamen Telesinus führt, so ist das nicht Ethnikon, sondern Cognomen, vgl. App. Bürgerk. I 93 εκτεινον δε των στρατηγών Τελεσΐνόν τε καΓΑλβίνον, Plut. Süll. 29 δ Σαυνίτης Τελεσϊνος, Λυσάνδρου και Συλλα σΰγκρ. 4 τίς ίν Λαμπωνίου και Τελεσίνου των 'Ιταλικών μαχιμώτερος; Er war also jedenfalls nicht aus Telesia; für die damalige Stellung der Stadt ergibt sich aus dem Beinamen nichts. Auch die unmittelbar nach dem Socialkrieg begründete Colonie C a p u a hat unter Praetoren gestanden (Cic. Leg. agr. II 34, 93) ; es ist das letzte Mal, daß dieser Titel in einer Bürgercolonie vorkommt, und Cicero verfehlt nicht, das singulare der Sache hervorzuheben. Wir werden aber wohl annehmen dürfen, daß der offizielle Titel auch hier praetores II viri gelautet, und Cicero dem rhetorischen Effect zu liebe den Zusatz duumviri unterdrückt hat. Sonst findet sich ein praetor II vir noch in einer Inschrift, die bei Capo Selce am 55. Meilenstein der Via Appia, also etwa halbwegs zwischen Foroappi und Tarracina gefunden ist (X 6320): der Stein ist später als Meilenstein benutzt, also von seinem ursprünglichen Standort entfernt worden. Da Foroappi doch nicht unter Praetores II viri gestanden haben kann, so bleibt kaum etwas anderes übrig, als an Tarracina zu denken. Die Stadt wird ursprünglich unter Praetoren gestanden haben, dann wird, zur Differenzierung des municipalen von dem römischen Praetor, der Zusatz II vir hinzugefügt worden, bis endlich, in der ersten Kaiserzeit der Titel Praetor über-

V I ι § 4.

Praetores d u u m v i r i . — § 5.

Fora u. Conciiiabula.

497

haupt fallen gelassen wurde (Χ 6318). Das würde dann für die übrigen älteren Bürgercolonien, die später unter Duumvirn standen, zu gelten haben. 3. Fora und Conciiiabula. 5. Die Fora sind nur selten zu einiger Bedeutung gelangt, auch nachdem sie Municipalrecht erlangt hatten, und wir sind infolgedessen über ihre Verfassung meist nicht unterrichtet. W o wir Nachrichten haben, finden wir Duumviri, so in: F o r o c l o d i in Etrurien X I Forum

Novum

im Ager

p.

502.

Sabinus I X

p. 453.

F o r u m Sempronii i m A g e r Gallicus X I p. 905. Forum

Lepidi

kommt

ein

=

Regium

Quattuorvir

Lepidi vor,

XI

doch i s t

p.

173;

diese

einmal Inschrift

(XI

975)

vielleicht

n i c h t zugehörig.

Quattuorvirn werden genannt in zwei Inschriften, die bei Fiumana, 8—10 km südlich von Forli, gefunden sind (XI 623.624), doch ist es fraglich, ob das Gebiet von Forum Livii sich so weit erstreckt hat. W o h l aber hat Forum Iidium (Cividal del Friuli) unter Quattuorvirn gestanden (V 1767. 8642). Doch diese Ausnahme ist nur scheinbar, denn Forum Iuli ist von Caesar während seiner Statthalterschaft von Gallien gegründet, also zu einer Zeit, als die Transpadaner noch latinisches Recht hatten; bei der Erteilung des römischen Bürgerrechts hat die Gemeinde dann, wie die übrigen transpadanischen Gemeinden, die Quattuorviralverfassung angenommen (s. unten § 14). — Forum. lidi in der Narbonensis stand dagegen unter Duumvirn, doch haben wir hier Inschriften erst aus der Zeit, als die Stadt bereits Colonie war. Auch F o r u m G e r m a n i c i in den Alpes Cottiae, das ebenfalls unter Quattuovirn gestanden hat (V 7832) gehört nicht hierher, da es ursprünglich latinisches Recht hatte. W i e die Fora, haben auch die als Conciiiabula civium Romanorum im diesseitigen Gallien begründeten Bürgergemeinden unter Duumvirn gestanden; es sind: B e i o c h , R8m. Geschichte.

32

498

VI ι.

Ostra

X I p. 918.

Suasa

Senonum

Die Municipal magistrate.

X I p. 914 (Municipium 6165. 6167).

H a s t a V p. 857. Industria

V p. 845 (Municipium V 7478),

nur V 7479 ein I U I

vir

a(edilicia) p(otestate). Pollentia

V 7600 (in A l b a , gehört wegen

scheinlich nach

der

Tribus Pollia

wahr-

Pollentia).

4. Die Municipien. 6. Während die Verfassung der Colonien der Verfassung der Mutterstadt nachgebildet wurde, haben die Municipien in älterer Zeit auch nach der Einverleibung in den römischen Staat ihre frühere Verfassung bewahrt. So behielten Capua und die ihm engverbundenen Nachbarstädte ihren Medix tuticus bis zum Hannibalischen Kriege. In Caere und einigen altlatinischen Municipien standen noch in der Kaiserzeit Dictatoren an der Spitze der Gemeinde: Caere

X I p. 534.

Aricia

XIV

Lanuvium

p. 203. X I V p. 191, Cic. -pro Mil.

27, 45 und

Asconius

zu

der

Stelle. Nomentum

X I V p. 440.

Die beiden Dictatoren von Fidenae (I2 2, 1709 [ob wirklich aus der Zeit vor Caesars Tode?], XIV 4058, aus dem III. Jahrhundert) gehören aber nicht hierher, sondern sind eine Neuschöpfung, da die Stadt in sullanischer Zeit unter Duumvirn gestanden hat (XIV 4063). Andere Gemeinden, die offenbar schon zur Zeit ihrer Einverleibung zur Collegialität der obersten Magistratur fortgeschritten waren, haben auch als Municipien unter Praetoren gestanden; es sind: A n a g n i a X p. 584, später I I viri X 5928, vgl. 5932. Capena

X I p. 570.

Capitulum

Hernicum

XIV

2960.

C u m a e X 3685. 3698. Laurentes

X

797, X I V p. 188.

[ V e l i t r a e Χ 6554. doch ist die Inschrift nicht unverdächtig.]

VI ι § 6.

Dictatoren.

Aedilen.

499

Dagegen hat T u s c u l u m , das in vorrömischer Zeit wie die latinischen Nachbarstädte unter einem Dictator gestanden hat (Liv. III 18, VI 26, der Tusculanorum rebellantium consul bei Plin. NH. VII 136 aus dem Jahr 322 v. Chr. ist bei der rhetorischen Zuspitzung der Stelle nicht wörtlich z u nehmen), nach der Einverleibung in den römischen Staat eine andere Verfassung erhalten; wir finden hier, soweit die Inschriften ein Urteil gestatten, Aedilen als höchste Behörde der Gemeinde (XIV p. 254; Not. Scav. 1905 p. 271 : drei Aedilen, davon zwei Quinquennales). Vielleicht hat sich übrigens die alte Dictatur hier ad sacra erhalten, wie in Fabrateria vetus (unten § 9). Wenigstens findet sich bei Mattei, Tuscoli S. 176 ( = GIL. X I V falsae 212) die Inschrift Marco Baebio brix. dictatore. Mattei war kein Fälscher, und auch ein solcher würde nicht darauf gekommen sein, das sinnlose BRIX zu erfinden; offenbar ist es aus P R I S C O verlesen. Ein Collegium von drei Aedilen als Oberbeamte finden wir auch in den drei Städten, die 188 v. Chr. zum Vollbürgerrecht gekommen sind: A r p i n um X p. 556. F o r m i a e X p. 603. Fundi

X p. 603.

sodaß sie also ohne Zweifel eben damals diese Verfassung erhalten haben. Zwei Aedilen standen als höchste Beamte an der Spitze der Gemeinde in P e l t u i n u m (IX p. 324), einer alten Praefectur (IX 3429). W i e der aedilis i(ure) d(icundo) IX 263 in G n a t h i a zu erklären ist, weiß ich nicht; an eine Altbürgergemeinde werden wir bei der L a g e der Stadt kaum denken dürfen. In den meisten sabinischen Städten finden wir ein Collegium von Octoviri: A m i t e r n u m I X p. 397. N u r s i a I X p. 427. T r e b u l a M u t u e s c a I X p. 463. 32*

V I ι.

500

Interamnia

Die Municipalmagistrate.

Praetuttianorum

I X p. 485, auch der VIII

vir

IX

5158, aus S. Omero, halbwegs zwischen Interamnia und Castrum Truentum, gehört wohl nach ersterer Plestia

XI

Stadt.

5621.

In Aveia stand noch in der Kaiserzeit ein Praefectus iuri dicundo an der Spitze der Gemeinde (IX 3613). 7. Alle diese Gemeinden haben bereits vor dem Socialkriege Bürgerrecht gehabt ; nur von Peltuinum, Interamnia und Plestia ist es nicht direct bezeugt, aber eben wegen ihrer Verfassung sehr wahrscheinlich: denn die infolge der Lex Iulia in den Bürgerverband aufgenommenen Gemeinden wurden in der Weise organisiert, daß ein Viermännercollegium an die Spitze trat, bestehend aus zwei Quattuorviri iure dicundo und zwei Quattuorviri aediles. Wir finden diese Organisation seit dem Socialkriege ausnahmslos in den früheren Colonien latinischen Rechts, sofern sie nicht später zu Bürgercolonien geworden sind: Cora

A e s e r n i a I X p. 245.

X p. 645.

S i g n i a X p. 591.

B r u n d i s i u m I X p. 8.

C i r c e i X p. 635·

Spoletium

Nepet

X I p. 481.

P l a c e n t i a X I 1 2 1 7 Illlvir

S e ti a

X p. 640.

vielleicht aus augusteischer Zeit,

Cales

X p. 451.

sodaß der Quattuorvirat in die

Sora

Lirenas

X p. 525.

tärcolonie gehört (Bormann X I p.242).

X p. 5713.

A l b a I X p. 370.

Copia X

Narnia

Vibo

X I p. 602.

C a r s i o l i I X p. 382. Paestum

X p. 53

Beneventum

(Münzen)

I X p. 2117. 2121.

1632. 1634 (vor Augustus). Ariminum

oben

II vir

Zeit vor der Deduction der Mili-

L u c e r l a I X p. 74. Interamna

X I p. 702.

§ 2.

p. 18.

X p.

7.

Β o n o n i a X I 1065

aetalis

extre-

mae liberae reip. (Bormann p. 133), falls ΙΓ\ΙΙ

XI

vir zu ergän-

zen ist, doch vgl. oben § 2. Aquileia

V p. 83.

Von Norba, Saticula, Pontiae, Cosa, Luca kennen wir bis jetzt den Titel der Oberbeamten überhaupt nicht, von Ardea, Sutrium, Suessa, Venusia, Hadria, Firmum, Cremona erst seit ihrer Erhebung zu Bürgercolonien.

V I ι § 7.

Quattuorvirn.

SOI

Wie die latinischen Colonien, standen auch die foederierten Gemeinden, die durch den Socialkrieg das Municipalrecht erlangt haben, seitdem unter Quattuorvirn. Bezeugt ist es für folgende: Reg. J. A l e t r i u m X p. 566. A q u i n u m . Welchen Xitel die Oberbeamten vor der Deduction der Bürgercolonie geführt haben, ist inschriftlich nicht bezeugt. Wohl aber ist ein Brief Ciceros {Fam. X I I I 76) an die Quattuorvirn und Decurionen einer Stadt gerichtet, die nicht genannt wird, der aber ein Stück des Gebietes des zerstörten Fregellae gehörte. Von den Gemeinden, die hier in Betracht kommen können, standen Arpinum unter Aedilen, Atina, Cereatae (wenn dies damals überhaupt schon selbständig war), Frusino, Fabrateria Nova unter Duumvirn; es kann sich also nur um Fabrateria Vetus oder Aquinum handeln, doch ist es kaum wahrscheinlich, daß ein Stück des ager Fregellanus an Fabrateria Vetus gekommen sein sollte, da ja Fabrateria Nova in diesem Gebiet gegründet wurde. Auch hatte Fabrateria Vetus neben den Quattuorvirn einen Dictator (X 5655), den Cicero doch auf der Adresse des Briefes nicht wohl hätte übergehen können. Wenn Alexander Severus das 250 Jahre später getan h a t (Cod. lust. XX 40, x) so war das etwas ganz anderes; h a t sich doch schon in flavischer Zeit die kaiserliche Kanzlei um die offizielle Titulatur der Municipalbehörden sehr wenig bekümmert (s. oben § 1). Es bleibt also nur Aquinum. D a ß das Gebiet dieser Stadt in der Kaiserzeit auf das rechte Ufer des Melpis hinüber gereicht hat, zeigen die bei S. Vito und Fosso della Mola zwischen Arce und Santopadre gefundenen Inschriften mit der Tribus Oufentina ( X 5629. 5668) ; doch könnte das Gebiet bei der Gründung der Militärcolonie vergrößert worden sein. F a b r a t e r i a v e t u s X p. 552. F e r e n t i n u m X p. 572. G a b i i X I V p. 278. N e a p o l i s IG. X I V 745. T r e b u l a B a l l i e n s i s in Campanien X 4562; erst in sehr später Zeit (IV. Jahrh.) finden wir hier einen I I vir: X 4559. Reg. Apulia

et

II.

Calabria.

C a e l i a Inschrift a u s Ceglie del Campo C. Baebius C. f. Cía. Hispo IUI vir aed. IIII vir i. d. aug. qiiinq. cens, potest., mir mitgeteilt von Herrn A v v . Vincenzo Roppo in Bari.

502

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

C a n u s i u m I X p. 35; seit M. Aurelius Colonie unter Duumvirn, s. unten § 13. H e r d o n i a e I X 690; der Praetor I X 698 (litieris vetusti s et pulchris) wird in die Zeit vor dem Socialkrieg gehören, vgl. den Praetor der Lex Bantina. L a r i n u m I X p. 69. R u b i X 6180 und 6181 (Fragmente derselben Inschrift im Additamentum Ephem. Epigr. IX 72), falls Trani zu dem Gebiet dieser Stadt gehört hat; an Canusium kann trotz der Tribus Oufentina nicht wohl gedacht werden, da Cannae dazwischen liegt, das in der Kaiserzeit selbständiges Municipium war. R u d i a e bei Lecce I X 23. Hirpini. A e c l a n u m I X p. 99; seit Hadrian Colonie unter Duumvirn, s. unten § 13. A q u i l o n i a IX 6257. C a u d i u m X 1572. 1573. C o m p s a I X p. 88. L i g u r e s B a e b i a n i I X 936. I465. Reg.

III.

A ti na X p . 37; die II viri X 337 gehören wahrscheinlich nach Tegianum. B a n t i a IX 418, vor dem Socialkrieg Praetoren (Lex Bantina, Zwetajew, Inscr. Ital. dial. η. 231, Conway, Ital. Dial. η. 28, Bruns, Fontes8 S. 48 η. 8) L o c r i X p. 5. P e t e l i a X p. 15. P o t e n t i a X p. 21. R e g i u m I u l i u m X p. 4. V e l i a X p. 51. V o l c e i X p. 43; ein II vir nur Χ 1809 (aus Neapel). Reg. IV. Samnites.

Frentani.

C l u v i a e I X 2900. F a g i f u l a e I X 2556; in derselben Inschrift wird ein II vir i. d. erwähnt. S a e p i n u m IX p. 227. Duumvirn IX 2469. 6308. T e r e v e n t u m I X 2596, sonst II viri und aediles.

A n x a n u m I X p. 278. H i s t o n i u m I X p. 265. I u v a n u m I X p. 274. Marrucini. T e a t e I X p. 252. Ves tini. P i n n a I X p. 317.

VI ι § 7. Paeligni. C o r f i n i u m I X p. 296. S u l m o I X p. 290. M arsi. A n t i n u m I X p. 362, mit dem Additamentum Ephern. Epigr. I X 170. — I X 3841 ist II vir überliefert, doch stellt die Lesung nicht sicher. A n x a I X 3950. L o c u s A n g i t i a e I X p. 367;

Quattuorvirn.

503

Mommsens Zweifel aaO., ob der Ort Stadtrecht gehabt habe, sind dem bestimmten Zeugnis des plinianischen Gemeindekatalogs gegenüber ganz unbegründet. M a r r u v i u m IX p. 349; es finden sich I U I viri i. d. und II viri i. d. neben einander, und zwar aus derselben Zeit. Latini. T i b u r X I V p. 366.

Reg. VI. A m e r i a X I p. 638. I n t e r a m n a N a h a r t i u m X I p. A s i s i u m X I p. 784 (vor dem 611. Socialkrieg Marones). M e v a n i a X I p. 732. A t t i d i u m X I 5676. M e v a n i o l a XI 6603 C à m e r i n u m X I p. 8x5. O c r i c u l u m X I p. 596. C a r s u l a e XI p.665, n u r X l 4 5 7 5 P i t i n u m M e r g e n s X I p. 877. (aus augusteischer Zeit) wird ein S a r s i n a X I p. 977. II vir iure dicundo Carsulis S e n t i n u m XI p. 838. erwähnt. S e s t i n u m XI p. 884. H i s p e l l u m X I p. 766, bis auf T i f e r n u m T i b e r i n u m X I 5938. Augustus (s. unten $ 12); der T r e b i a e X I p. 728. Pr(aetor) X I 5281 mag in die T u f i c u m X I p. 829. Zeit kurz vor dem Socialkrieg U r v i n u m H o r t e n s e X I p. 747. gehören, U r v i n u m M a t a u r e n s e X I p . 894. I g u v i u m X I p. 858. V e t t o n a X I p. 747. Reg. VII. B l e r a X I p. 507. P e r u s i a X I p. 353 (seit dem C l u s i u m XI 2117. 2122, später bellum Perusinum II viri). II viri X I p. 372. P i s t o r i a e X 1541. C o r t o n a X I p. 349. T a r q u i n i i XI p. 511. T u s c a n a XI p. 450. F a e s u l a e X I p. 299. V o l a t e r r a e X I p. 325. F a l e r i i XI p. 466 (vor dem SocialV o i c i X I p. 447. krieg praetores X3081. 3156a). V o l s î n i î XI p. 424. F e r e n t i u m X I p. 454; Not.Scav. 1908, 379 f.

8. Von bei weitem den meisten dieser Gemeinden ist es bezeugt, oder doch sehr wahrscheinlich, daß sie erst

5°4

V I I.

Die Municipalmagistrate.

durch den Socialkrieg zum Bürgerrecht gelangt sind; von keiner läßt sich das Gegenteil nachweisen. Denn wenn Liv. Χ ι erzählt, daß den Trebulanern das Bürgerrecht verliehen worden sei, so kann nur Trebula Mutuesca gemeint sein (s. oben V I § 2). Die Inschrift X 3736 aus Atella, die einen 171/7/ vir praef. erwähnt, ist verloren und schlecht überliefert; ob X 3759 Cn.Stennio ... IUI vir II qq wirklich nach Acerrae gehört, ist sehr unsicher. Wohl aber gibt es sechs Städte, die zweifellos Altbürgergemeinden gewesen sind, und doch in der Kaiserzeit unter Quattuorvirn gestanden haben, nämlich: B o v i l l a e V I 1 8 5 1 . X I V 2413. C a s t r i m o e n i u m X I V 2454. C u r e s I X p. 472. R e a t e I X 4753. 4754. Diese Inschriften stammen allerdings nicht aus Reate selbst, sondern aus Contigliano und Poggio Perugino in der Valle Cañera, die aber aller Wahrscheinlichkeit nach zu Reate gehört hat. F u l g i n i a e X I p. 755. P l e s t i a X I 5619.

Bovillae und Castrimoeninum waren in älterer Zeit conciliabula civium Romanorum, die dann nach dem Socialkriege Municipalrecht erhalten haben (s. oben II 1 § 7). Die übrigen sind alte Praefecturen, die ebenso wie die Nachbarpraefecturen Amiternum, Nursia, Trebula Mutnesca ursprünglich unter Octoviri gestanden haben werden; da das Collegium der Octoviri sich aus zwei Vili viri II virali spotestate ( Χ 4545· 4547 Nursia), zwei Vili viri aedilicia potestate (X 4543. 4549 Nursia, 4891. 4896 Trebula Mutuesca), zwei octoviri fanorum (4891. 4896), zwei octoviri aerarti

(4891. 4896. 4900) zusammensetzte (daß es je zwei waren, ist allerdings nicht bezeugt, liegt aber in der Natur der Sache), so lag es sehr nahe, die ersten vier als Quattuorvirn zusammenzufassen, nach dem Vorbilde der Verfassung der benachbarten Municipien. Daß es wirklich geschehen ist, sehen wir bei Plestia, wo in älterer Zeit Vili viri, später IUI viri vorkommen (s. oben § 6).

V I ι § 8.

Quattuorvirn in Altbürgergemeinden.

5°5

U r b s S a l v i a P o l l e n t i n o r u m inPicenum stand ebenfalls unter Quattuorvirn {CIL. I X S. 526). Daß es eine Altbürgergemeinde war, ist allerdings nicht bezeugt, aber sehr wahrscheinlich, da es alle übrigen Gemeinden im Norden der Landschaft gewesen sind, von der Griechenstadt Ankon und der latinischen Colonie Firmum allein abgesehen. Als Altbürgergemeinde würde die Stadt Praefectur gewesen sein, ebenso wie die Nachbargemeinden (Caes. Bürgerk. I 15, ι , s. unten VI 3 § 13), die Quattuorviri könnten also auch hier an die Stelle von Octoviri getreten sein. Die übrigen alten Praefecturen in Picenum standen allerdings später unter Duumviri; das ist aber auch in den früheren Praefecturen Casinum, Atina, Aufidena ebenso gewesen. Natürlich bleibt die Möglichkeit, daß auch andere Altbürgergemeinden unter Quattuorvirn gestanden haben, aber es kann sich dabei nur um vereinzelte Ausnahmen handeln und die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß wir es da, wo Quattuorviri vorkommen, mit Gemeinden zu tun haben, die bis zum Socialkriege foederiert oder latinischen Rechtes gewesen sind. Manche dieser Gemeinden haben sich auch nach dem Eintritt in den römischen Bürgerverband Reste ihrer alten Verfassung bewahrt. Namentlich die Rats Versammlung wird auch jetzt noch sehr oft als Senatus bezeichnet, die Quinquennalen mitunter als Censoren; letztere sind aus der Zeit nach dem Socialkrieg bezeugt in : A b e l l i n u m X p. 1 2 7 (Quinquennalen kommen hier überhaupt nicht vor). C a e r e X I p. 534 (ebenfalls keine Quinquennalen). C a l e s X p. 451 (aus älterer Zeit, vielleicht vor dem Socialkrieg; schon früh Quinquennalen). F a b r a t e r i a n o v a X 5590 (später Quinquennalen). S e p t e m p e d a X 5584, falls die Sigi. C. F . C. censores faciundum curaverunt aufzulösen ist. S u e s s u l a X 3763 (etwa aus der mittleren Kaiserzeit. Quinquennalen kommen nicht vor, doch beweist das bei der geringen Zahl von Inschriften nichts). T r e b a X I V 3451.

5o6

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

Quinquennales censoria potestate finden sich in : F e r e n t i n u m X 5844. 5850. C a e l i a bei Bari, s. die oben § 7 angeführte Inschrift. V i b o V a l e n t i a X p. 7 . Ein II vir [cens. p]otest. vielleicht in Fabrateria Nova X 5557 (vgl. den Index zu CIL. X).

Es handelt sich, wenn wir wie billig von den Quinquennalen bzw. dem II vir censoria potestate absehen, um Bürgercolonien aus der Zeit vor dem Socialkriege, oder um Altbürgermunicipien; nur die altlatinische Colonie Cales würde eine Ausnahme bilden, falls die angeführten Inschriften in die Zeit nach dem Socialkriege gehören, doch hat Cales auch sonst manche Reste seiner alten Verfassung in die neue Zeit hinübergerettet ; so stand es in der ersten Zeit nach dem Socialkrieg unter Quattuorviri pr(aetores) (X 3923. 4657). Die übrigen Erwähnungen von Censoren gehören teils sicher, teils höchstwahrscheinlich in die Zeit vor dem Socialkriege (aus Aletrium, Beneventum, Copia, Cora, Ferentinum, Hispellum, Setia, Teanum, Tibur), zusammengestellt von Hülsen in PaulyWissowa III 2,1907, wozu noch der Keenzstur aus Bovianum vetus (Conway, It. Dial. η. 169) und der censtur der Tabula Bantina [Zwetaiew 231] kommen. Auch der Praetor von Herdoniae IX 689 (litteris vetustis et pulchris) gehört höchst wahrscheinlich in diese Zeit; später finden wir hier Quattuorviri. 9. Sonst finden wir in den nach dem Socialkrieg in den Bürgerverband aufgenommenen Gemeinden nur ganz vereinzelt Reste der alten Verfassung. So hat Aletrium neben den II viri i. d. auch Praetoren gehabt (X 5832 aus augusteischer Zeit oder wenig später), offenbar nur ad sacra (Mommsen X p. 566), ähnlich Fabrateria vetus einen Dictator (X 5655), ebenfalls neben den Quattuorviri. Das bekannteste Beispiel bietet Neapolis, wo wir neben den άρχοντες einen δήμαρχος und ein Collegium von λαυκέλαρχοι finden. Daß die άρχοντες nichts weiter sind als die I I I I viri bzw. II viri der römischen Municipalverfassung (was

VI ι § 9. Neapolis.

507

Mommsen, als er die Inser. Neap, herausgab, noch nicht wußte), ist klar, vgl. mein Campanien S. 47; später ist dann auch Mommsen zu dieser Erkenntnis gekommen, (X p. 172). Wenn aber Mommsen weiter meint, die άρχοντες seien mit den δήμαρχοι identisch, so wird das durch IG. XIV 766 a widerlegt, wo ein δημιαρχήσας neben zwei αρχοντικοί erwähnt wird; der Versuch Kaibels, diese Inschrift als gefälscht zu erweisen, ist so völlig mißglückt, daß er selbst schließlich nicht umhin gekonnt hat, sie als echt in sein Corpus aufzunehmen. Inzwischen ist dann auch das verloren geglaubte Original wieder zum Vorschein gekommen (Correrà, Napoli Nobilissima XII fase. 10). Der Demarch kann also in dieser Zeit nur noch sacrale Functionen gehabt haben (mein Campanien S. 45), wie der Praetor von Alatri. Was Mommsen dagegen einwendet (X p. 172) und Valerian Schäffer (Pauly-Wissowa IV 2, 2711) nachschreibt, es hätten Kaiser die Demarchie bekleidet und diesen wären keine Municipalämter übertragen worden nisi summi et veri, ist in seinem ersten Teil ebenso evident richtig, wie in seinem zweiten falsch ; wenn die Demarchie formell die höchste Stufe in der Beamtenhierarchie Neapels bildete, dann konnte eben nur sie den Kaisern übertragen werden, ganz gleichgültig, welche reale Bedeutung das Amt hatte, denn sonst hätten die Neapolitaner überhaupt dem Kaiser kein Municipalamt übertragen können. Daß auch die Laukelarchen in römischer Zeit nur sacrale Functionen hatten, zeigt IG. XIV 717, und ist allgemein anerkannt. Aus IG. XIV 745 ergibt sich, daß auch Neapolis, wie alle durch die Lex Iulia zum Bürgerrecht gelangten Munieipien, zuerst unter Quattuorvirn (άρχοντες τεσσάρων άνΒρδν) gestanden hat. Später ist es dann üblich geworden, die beiden II-II viri i. d. als Archonten (IG. XIV 758. 760), die beiden IUI viri aediles als άγορανόμοι (IG. XIV 758. add. 756 a) zu bezeichnen, und zwar, wenn nicht schon vorher, jedenfalls seit der flavischen Zeit (IG. XIV 760),

VI ι.

5O8

Die Municipalmagistrate.

also l a n g e e h e Neapel d e n T i t e l C o l o n i e erhielt, w a s erst unter

Caracalla

übrigens

auf

geschehen

die

ist

Verfassung

(Ephem. Epigr. der

Stadt

VIII 871),

keinen E i n f l u ß

g e h a b t hat. In ä h n l i c h e r W e i s e ist a u c h in C a r s u l a e , C l u s i u m , F a g i f u l a e , Marruvium, Saepinum, T e r v e n t u m , T r e b u l a Balliensis, Volcei,

vielleicht

auch

in A n t i n u m

Marsorum

der

Titel

Q u a t t u o r v i r durch den T i t e l D u u m v i r ersetzt, oder es sind beide

Titel

neben

einander

o b e n g e s e h e n haben (§ 7).

gebraucht

worden,

wie

wir

D a ß die Quattuorviri aedilicia

potestate e i n f a c h als A e d i l e n b e z e i c h n e t werden, k o m m t s o h ä u f i g v o r , d a ß es unnötig ist, hier B e i s p i e l e anzuführen. 10. A u s s c h l i e ß l i c h D u u m v i r i (sei es iure dicundo,

sei

es o h n e Z u s a t z ) finden wir als h ö c h s t e B e a m t e in f o l g e n d e n G e m e i n d e n , die entweder ausdrücklich als Municipien oder w e n i g s t e n s n i c h t als C o l o n i e n b e z e u g t sind (von dem diesseitigen G a l l i e n und d e n P r o v i n z e n

ist hier a b g e s e h e n ) :

Reg. I. A t i n a X p. 499, in älterer Zeit Praefectur, dann Municipium. C a i a t i a X p. 444, Municipium. C a s i n u m X p. 510, in älterer Zeit Praefectur, dann Municipium ( X I 5278, X I V 2827), endlich Colonie (zuerst als solche bezeugt 197 n. Chr., X 5796). II viri iure dicundo schon 40 v. Chr. (X 5159), also in einer Zeit, wo die Stadt sicher noch nicht Colonie war. Ein IUI vir iour. deic. CIL. I 2 2 , 1542 = X 5190, doch wird dieser Stein aus Interamna oder aus Aquinum verschleppt sein. C e r e a t a e M a r i a n a e X 5688, Not. Scav. 1921 S. 69, Municipium X 5796, falls dieser Stein hierher gehört, s. unter Verulae. C u b u l t e r i a X 4619. 4621. H e r c u l a n e u m X p. 157 Municipium. S u e s s u l a X p. 363. S u r r e n t u m X p. 76, decuriones municipesque X 676. T r e b u l a S u f f e n a s XIV 3500. U l u b r a e X 6489. V e l i t r a e X p. 652 (s. unten § 13). V e r u l a e Municipium X 5796, in derselben Inschrift ein Duumvir, doch stammt der Stein möglicherweise aus dem nahen Cereatae (s. oben), da er dessen Tribus, die Cornelia gibt (die Tribus von Verulae ist bis jetzt noch nicht bekannt).

V I ι § io.

Municipien unter Duumvirn. Reg.

509

II.

V i b i n u m I X 964. 965 (ob zugehörig?). Reg.

III.

A c e r u n t i a Lucaniae I X 6x93 (Ende der Republik). B l a n d a I u l i a X 125, der Beiname bezeugt hier so wenig wie bei Regium Iulium die Stellung als Colonie. E b u r u m X 451 (Municipium). Reg. IV. A ' e q u i c u l i I X p. 388. A u f i d e n a I X p. 259, in älterer Zeit vielleicht Praefectur (IX 2802) dann Municipium (IX 2805) unter II viri (IX 2804. 2806). C l i t e r n i a I X 4169. S u p e r a e q u u m I X p. 311; der Quattuorvir I X 3314 scheint Corfinium zu gehören. Reg. V. C i n g u l u m I X 5686. 5688. C u p r a M a r i t i m a I X 5305 und die Fasti Cuprenses I 2 S. 62. C u p r a M o n t a n a I X 5707, Municipium I X 5705. F a l e r i o I X p. 517. R i c i n a I X p. 547, Municipium I X 5842, vgl. 5748, seit Septimius Severus (5747) Col. Helvia Ricina Pertinax 5755 vgl. 5747, 5750, schon in der Municipalzeit unter II viri 5748. S e p t e m p e d a I X p. 533, municipes et incolae I X 5580, colonia 5630, II viri 5580. 5581, wahrscheinlich schon in der Municipalzeit, da 5580 von den municipes et incolae gesetzt ist, und etwa aus dem I. Jahrhundert stammt, sodaß wir municipes im eigentlichen Sinne verstehen müssen. T r e a I X p. 538, Municipium I X 5653 und 5832 (unter Antoninus Pius) später Colonie 5654. Ein Duumvir, ungewiß, aus welcher Zeit 5656. Reg.

VI.

A r n a X I 5614, Municipium 1937. M a t i l i c a Municipium unter Duumvirn X I 5646. O s t r a Municipium unter Duumvirn X I 6190. S u a s a S e n o n u m X I p. 914, Municipium X I 6165. Reg.

6174.

VII.

V e j i X I p. 557. V i s e n t i u m X I p. 444. V o n diesen G e m e i n d e n ist V e j i vielleicht dem Socialkriege,

spätestens

durch A u g u s t u s

bald als

nach Muni-

510

VI

ι.

Die Municipalmagistrate.

cipium constituiert worden; Cereatae Marianae, das früher zu Arpinum gehört hatte (Plut. Mar. 3), jedenfalls erst in nachsullanischer Zeit, beide auf altem Bürgergebiet. Herculaneum und Verulae (wenn letzteres überhaupt in diese Reihe gehört) haben erst infolge des Socialkrieges das römische Bürgerrecht erhalten; ebenso höchst wahrscheinlich Surrentum, Vibinum, Aceruntia, Superaequum, Arna. Es ist möglich, daß die eine oder andere dieser Städte in der Kaiserzeit Colonie gewesen ist, wenn wir auch keinen Anhaltspunkt dafür haben; bei Herculaneum, Surrentum, Arna. die als Municipien bezeugt sind, ist diese Annahme von vornherein ausgeschlossen. Hier also muß der Titel Duumvir den Titel Quattuorvir verdrängt haben, wofür bei Herculaneum und Surrentum das Beispiel des nahen Neapolis maßgebend gewesen sein wird, bei Arna das Beispiel von Perusia; es ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß Octavian wie die Verfassung von Perusia, so auch die von Arna nach dem Bellum Perusinum neu geordnet hat, bei Aceruntia allerdings ist eine Annahme dieser Art ausgeschlossen, da Duumviri hier schon kurz nach dem Socialkrieg erwähnt werden (IX 6193). Dagegen haben Atina und Suessula schon vor dem Socialkrieg das Bürgerrecht besessen, höchst wahrscheinlich auch Casinum, Ulubrae, die Respublica Aequiculorum, Cliternia, Visentium (das in republikanischer Zeit zu der Praefectura Statoniensis gehört haben mag; s. unten VI 2 § 20). Dasselbe hat von den picentischen Gemeinden (Reg. V) zu gelten; wissen wir doch aus Caesar, daß es in dieser Landschaft, und gerade in ihrem nördlichen Teile, zahlreiche Praefecturen, also Altbürgergemeinden gegeben hat (Bürgerkr. I 15, 1). Das an Picenum grenzende Matilica, wahrscheinlich keine Altbürgergemeinde, wird dem Beispiel der Nachbarstädte gefolgt sein. Ostra und Suasa Senonum liegen im alten Senonenlande, das 283 römisch geworden ist; es sind also ohne Zweifel alte conciliábulo, eivium Romanorum, die dann zu

V i i §io. Municipien unt. Duumvirn. — f u .

Sullan. Colonien.

51X

Municipien erhoben worden sind (s. oben § 5). Eburum wird zum Ager Picentinus gehört haben, Blanda ist im Hannibalischen Kriege erobert worden, und Aufidena ist, wie es scheint, alte Praefectur, so daß nichts der Annahme im Wege steht, daß auch diese Städte auf altrömischem Gebiet gelegen haben. Endlich Caiatia und Cubulteria haben im III. Jahrhundert Kupfermünzen mit lateinischer Aufschrift geschlagen, waren also damals wahrscheinlich foederiert. Cubulteria ist im Hannibalischen Kriege abgefallen (Liv. XXIII 39. XXIV 20) und könnte also nach seiner Wiederunterwerfung, wie das benachbarte Telesia (s. oben § 4), dem römischen Staate einverleibt worden sein. Caiatia dagegen ist Rom treu geblieben (Liv. XXIII 14, Liv. X X V I 5, mit Mommsens Emendation CIL. X S. 444). 5. Die BOrgercolonien seit Sulla.

Ii. Sulla hat nach zahlreichen Städten Veteranen deduciert; mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit lassen sich aber nur wenige dieser Colonien noch nachweisen. Es sind folgende (die Belege, soweit sie nicht hier gegeben sind, bei Kornemann Art. Coloniae in PaulyWissowa IV ι , 522): A b e l l a Mommsen, Hermes X V I I I , 1883, 164, Colonie schon 73 v . Chr. (Sallust. Hist. fr. 97 M.), Duumviri X p. 136. A r r e t i u m sullanische Colonie Cic. Mur. 24. 19, und wegen der Arretini veteres Plin. I I I 52, Duumviri X I p. 337. C l u s i u m sullanische Colonisation wegen der Clusini veteres und novi im plinianischen Gemeindekatalog, Ehrenbase für Sulla X I 2102, zuerst Quattuorvirn, dann Duumvirn, X I p. 372. F l o r e n t i a . Es scheint evident, daß unter der Colonie, die Sulla nach Faesulae führte, eben Florentia zu verstehen ist, das ja auf altfaesulanischem Gebiete liegt und zu Faesulae steht, wie Graviscae zu Tarquinii, die Arretini Fidentiores zu den Veteres, oder die Clusini novi zu den Clusini veteres. Daß die sullanischen Colonisten nicht in Faesulae selbst angesiedelt wurden, ergibt sich aus Licinian, zum Jahr 78 v. Chr. S. 45 Bonn. : Faesulani in[ru]per[unt in] castella \veterd\norum Sullano[r]u[m et complu]ri(bus) occisis agros

512

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

[sw]os re\_cep]erunt. — X I p. 306 Duumvirn, der Quattuorvir X I 1610 gehört nach Faesulae. H a d r i a . Da I X 5020 ein Venerius col. I. Felix erwähnt wird, scheint die Stadt, wie Pompeji, den Beinamen Veneria geführt zu haben, und war also, wie dieses, wohl sullanische Colonie. I n t e r a m n i a P r a e t u t t i a n o r u m , wegenIX5074, wo die Stadt municipium et colonia heißt. Höchste Beamte Octoviri X 5067, s. oben §6. N o l a wegen des decurio adlectus ex veteribus Nolae X 1273. Der I I I I vir zur Zeit der Colonie X 1236 muß in die Anfänge der sullanischen Colonie gehören, wie die Quattuorvirn von Pompeji aus derselben Zeit. P a e s t u m war Bürgercolonie schon vor Augustus, also wohl sullanisch, höchste Beamte Duumvirn, X p. 53. P o m p e j i (Cic. pro Sull. 21, 60) hat in der ersten Zeit der Colonie unter Quattuorvirn gestanden, die aber schon früh den Titel I I viri i. d. und Aedliles angenommen haben (X p. giS), den Übergang zeigt X 937. wo dieselben Männer als Duumvirn bezeichnet werden, die sich X 938 zusammen mit ihren beiden Collegen Quattuorvirn nennen. P r a e n e s t e (Cic. Catti. I 3, 8, vgl. Leg. agr. I I 28, 78) unter Duumvirn X I V , p. 289. U r b a n a (Plin. NH. X I V 62 colonia Sultana) hat keine Inschriften hinterlassen.

Wir sehen, daß durch die Sullanische Colonisation die alte Verfassung der Gemeinden nicht berührt worden ist, wie das ja auch dem Wesen dieser Colonisation entspricht, bei der einfach die neuen Ansiedler zu der früheren Bürgerschaft hinzutraten. Im Laufe der Zeit ist dann freilich fast überall der Titel Duumvir für die Oberbeamten üblich geworden, da man hinter den übrigen Colonien nicht zurückstehen wollte. Schon im Jahre 63 spricht Cicero es aus, daß die Oberbeamten in den Colonien allgemein Duumvirn genannt wurden {Leg. agr. II 34, 93). Demgemäß hat die von Caesar 59 v. Chr. nach Capua deducierte Colonie unter Duumvirn gestanden (Cic. in Pis. I i , 25, pro Sest. 8, 19). Auf der puteolanischen Inschrift CIL. I 2 2, 1620 = X 1 5 7 3 aus caesarischer Zeit soll allerdings III! vir quing. Kapuae stehen, doch ist die Lesung ganz unsicher. Auch X 3921, die in einem Hause in

VI ι | ι ι .

Sullanische Colonien. — §12. Augusteische Colonien.

513

Neucapua (Casilinum) verbaut war, wird ein IUI vir erwähnt, und zwar mit der capuanischen Tribus Falerna, der Stein kann aber trotzdem sehr wohl calenisch sein, denn Cales gehörte allerdings zur Publilia, aber der Mann kann in beiden Städten Bürgerrecht gehabt haben, wie Pollius Felix in Puteoli und Neapolis (Stat. Silv. II 2,133). Auch alle von Caesar in den Provinzen gegründeten Bürgercolonien haben, soweit wir sehen, unter Duumvirn gestanden, nur daß in Narbo Martius der alte Titel II viri praetores (s. oben § 4) auch nach der caesarischen Neucolonisation in Geltung geblieben ist. 12. Ebenso finden wir in den Colonien, die nach C a e sars Tode von den Triumvirn oder von Augustus in Italien gegründet worden sind, ausnahmslos Duumvirn als Oberbeamte. Bezeugt ist es für folgende: A n c o n a I X p. 572. Ariminum

X I p. 76.

A t e s t e V p. 240. A u g u s t a P r a e t o r i a V p. 757. Augusta Taurinorum s i c h IUI

V

p.

viri aedilicia

780.

potestate.

Neben Der

d e n II

viri i. d.

Quattuorvir

finden

schlechtweg,

der V 7034 (litteris antiquissimis) g e n a n n t i s t , g e h ö r t o h n e Z w e i f e l in d i e Z e i t v o r d e r D e d u c t i o n d e r C o l o n i e . Beneventum Bononia Brixia

I X p. 137.

Ü b e r die Q u a t t u o r v i r n o b e n § 7.

X I p. 133.

V p. 439.

Die

Q u a t t u o r v i r n V 4 1 3 1 . 4412 (derselbe M a n n ist

auch D u u m v i r gewesen).

4427 k ö n n e n ä l t e r s e i n a l s die D e d u c t i o n

der C o l o n i e . C a p u a X p. 368. Concordia V

Ü b e r d i e a n g e b l i c h e n Q u a t t u o r v i r n s. o b e n § 1 1 .

p. 178.

D e r I U I v i r V 1888 w i r d einer d e r

Nachbar-

gemeinden gehören. D e r t o n a V p. 832. Firmum

I X p . 508.

H i s p e l l u m X I p. 766. D i e Q u a t t u o r v i r n X I 5 2 8 1 . 5282 u n d d i e A e d i l e n 5279. 5288 k ö n n e n i n d i e Z e i t v o r d e r D e d u c t i o n g e h ö r e n . M i n t u r n a e X p. 595. N o l a X p. 142; über den Q u a t t u o r v i r X 1236 oben § 11. N u c e r i a X 1 0 8 1 , s. u n t e n S. 5 1 6 . Parma

X I p. 188.

Β e 10 c h , Röm. Geschichte.

33

514

VI j.

Die Municipalmagistrate.

P i s a e X I p. 273. P i s a u r u m X I p. 941; X I 6374 ein aed]il. I U I vir, sonst aediles schlechtweg. P o l a V p. 3. S o r a X p . 560. Der I U I vir X 5713 gehört vor die Deduction der Colonie. S u e s s a X p. 465. S u t r i u m X I p. 489. T e r g e s t e V . p. 53. T u d e r X I p. 678 V e n a f r u m X . p. 477. V e n u s i a I X p. 44.

Von Cremona, Fanum, Luca, Lucus Feroniae sind die Oberbeamten meines Wissens bis jetzt nicht bekannt. Dies die Colonien, deren Deduction durch die Triumvirn oder Augustus sicher bezeugt ist. Von den übrigen Colonien des plinianischen Verzeichnisses standen unter Duumvirn : A n t i u m X p. 660, alte Biirgercolonie, s. oben S. 493. A q u i n u m X p. 530.-Als Colonie bezeugt schon unter Tiberius, X 5393. A s c u l u m I X p. 494. B o v i a n u m v ê t u s I X p. 257. B o v i a n u m u n d e c i m a n o r u m I X p. 239, inschriftlich zuerst als Colonie bezeugt 75 n. Chr., I X 2564. H a d r i a I X p. 480. M u t i n a W I p. 151. Alte Biirgercolonie, s. oben § 3. Der Quattuorvir X I 848 wohl nicht zugehörig. O s t i a X I V p. 4. Alte Biirgercolonie, s. oben § 3. P l a c e n t i a X I p. 242, als Colonie auch von Tac. Hist. II 19 bezeugt. Die X I 1217 erwähnten Quattuorvirn (einer davon ist auch Duumvir gewesen) werden in die Zeit vor der Deduction der Colonie gehören. Der Titel II vir i. d. m. p. (V 5849 und X I 1230) darf nicht mit Mommsen II vir ». d. municipii Piacentini aufgelöst werden, da zu der Zeit, in die diese Inschriften gehören (um 200 n. Chr.) Placentia längst Colonie war. Es handelt sich ohne Zweifel um Duumvirn mit irgend einer potestas. P u t e o l i X p. 183, alte Biirgercolonie, s. oben § 3. T e a n u m X p. 471. Daß die Stadt bereits unter Augustus Colonie war, zeigt X 4781 Imp. Caesar, D. f. Aug. pont. max. trib. pot. XX cos. XIII [cos.] designato patri pa(triae] col. cl. firma Teanum. Die Inschrift, heute nicht mehr vorhanden, ist von Hoare überliefert, einem durchaus glaubwürdigen Zeugen (vir probus), wie Mommsen

V I ι § 1 2 . A u g u s t e i s c h e Colonien. — A q u i l e i a , Falerii, L u c e r i a .

selbst anerkennt.

515

E s ist also das reine W i l l k ü r oder v i e l m e h r ge-

r a d e z u F ä l s c h u n g , wenn M o m m s e n n u r d i e beiden l e t z t e n Zeilen der I n s c h r i f t (von designato an) in den T e x t des Corpus a u i g e n o m m e n h a t , m i t der M o t o v i e r u n g , der R e s t sei h i n z u g e f ü g t ex supplemento

tituli,

qui

ante

Claudium

non

potuit

absurdo

exarari.

Wir

w e r d e n i m Gegenteil zu schließen h a b e n , d a ß C O L . C L . hier und X 4799 nicht in C l a u d i a , sondern in classica das b e n a c h b a r t e Suessa X 4832 colonia —

a u f z u l ö s e n ist,

Iuliafelix

classica

wie

heißt.

D i e Q u a t t u o r v i r n X 4796. 4798 w e r d e n n a c h Cales gehören,

u m so m e h r , als der Q u a t t u o r v i r Ephem.

Epigr.

V I I I 5 7 5 (die In-

s c h r i f t i s t in der N ä h e des B a h n h o f s v o n T e a n o g e f u n d e n ) w e g e n der E r w ä h n u n g der p o r t a G e m i n a (vgl. X 4650) sicher c a l e n i s c h i s t .

Unbekannt sind bis jetzt die Oberbeamten von Brixellum, Rusellae, Saena Iulia und Parentium, falls dies letzte, das bei Plinius als oppidum civ. Rom. aufgeführt wird, wirklich augusteische Colonie gewesen sein sollte. D a g e g e n kommen in drei von Plinius als Colonien aufgeführten Städten in der Kaiserzeit nur Quattuorvirn vor, nämlich in: Aquileia

V p. 83

F a l e r i i X I p. 466. L u c e r i a I X p. 74.

Von einer Deduction durch dieTriumvirn oder Augustus fehlt hier sonst jede Spur; vielmehr heißt Aquileia in der guten Kaiserzeit Municipium (V 903. 968. Vitruv. I 4, 11); erst unter Septimius Severus hat die Stadt den Titel Colonie erhalten (V 8267 [colonia S]epti[mia Severa Clodia AJlbina [Aquileia]). Ebenso heißt Falerii in den ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit Municipium ; erst im III. Jahrhundert erscheint die Stadt als Colonie (XI p. 465). Luceria endlich wird zwar nirgends ausdrücklich als Municipium bezeichnet, als Colonie aber erst am A n f a n g des III. Jahrhunderts (IX 788. 804). W e n n also Aquileia und Falerii, trotzdem sie im plinianischen Verzeichnis stehen, sicher nicht augusteische Colonien gewesen sind, so wird die Sache auch für Luceria im höchsten Grade unwahrscheinlich; oder sollte gerade diese eine unter so vielen augusteischen Colonien unter Quattuorvirn gestanden 33*

516

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

haben? Der Irrtum des Plinius erklärt sich hier wie bei Aquileia daraus, daß er diese Städte in seiner geographischen Quelle als (latinische) Colonien aufgeführt fand. Daraus folgt dann weiter, daß bei Appian (Bürgerk. IV 3) das überlieferte Νουκερία nicht in Λοοκερία geändert werden darf; daß Nuceria Alfaterna schon vor Nero Colonialrecht gehabt hat, ist auch sonst bezeugt (Tac. Ann. XIII 31, Sen. Quaest. Nat. VI 2, vgl. mein Campanien2 S. 449). — Nicht so einfach zu erklären ist es, warum Plinius auch Falerii als Colonie aufführt, um so weniger, als diese Angabe in dem Verzeichnis der Colonien des Inneren vor dem alphabetischen Städtekatalog steht. Auch das Liber Coloniarum erwähnt die colonia Iunonia quae appellator Faliscos a triumviri's adsignata (217, 5), wo der Beiname Iunonia doch nicht wohl aus den Fingern gesogen sein kann; er würde allerdings auf eine Deduction in gracchanischer oder sullanischer Zeit führen (s. oben § 4). Die damals gegründete Colonie würde dann später ebenso dem Municipium Falerii adtribuiert worden sein, wie die um dieselbe Zeit (123 v. Chr.) gegründete Colonie Neptunia dem Municipium Tarentum (Plin. NH. III 99). 13. Auch die übrigen Städte, die in Italien bis zum Ende des II. Jahrhunderts n. Chr. zum Colonialrecht gelangt sind, haben durchweg unter Duumvirn gestanden. Bezeugt ist es von folgenden (die sullanischen Colonien, und alten Bürgercolonien und Fora, die in der Kaiserzeit neu colonisiert worden sind, oder einen neuen Titel erhalten haben, sind hier nicht berücksichtigt): A e c l a n u m , Colonie Hadrians I X i m , seitdem unter Duumvirn I X p. 99 (vgl. oben § 7). À l l i f a e I X 2354. X 4590 (II. Jahrhundert). A r d e a X 6766. C a l e s , Colonie V I 1 4 1 9 (ca. 300 η. Chr.) I I vir X 4631 (aus 289 n. Chr.). C a n u s i u m , Colonie des M. Aurelius I X 344, seitdem unter Duumvirn I X 223. 338, vgl. oben § 7. F a l e r i o , Colonie spätestens seit Antoninus Pius, schon vorher unter II viri, V p. 517.

V I ι § 13.

Colonien der späteren Kaiseizeit.

517

F o r m i a e, Colonie Hadrians Χ 6079, seitdem unter Duumvirn (X6090. 6094). F r u s i n o X p. 554. I u l i u m C a r n i c u m V p. 172. L i b a r n a , Colonie V 7428; die Inschrift kann nach dem Schriftcharakter (langes I) nicht wohl jünger sein, als das II. Jahrhundert. Ein II vir quinq. V 7425 unter Nerva oder kurz darauf. L u p i a e X 1795; unter Duumvirn I X 25. M e d i o l a n i u m V 5847. 5848. X I 1230 (vgl. Bormanns Bemerkungen zu letzterer Inschrift); V 5847 daneben ein I U I vir a(edilicia) p(otestate). M i s e n u m X p. 317. T e g i a n u m , als Colonie bezeugt in der pompejanischen Wandinschrift Rendic.Line. 1897 S. 389: Iudicis Aug. felic(iter) Puteolos Antium Tegeano Pompeios, hae sunt verae coloniale]. Daß hier nicht die Station ad Tegianum (was schon Rosini Diss. Isag. S. 84 in ad Tegianum emendiert hat) gemeint sein kann (Sogliano, Rendic. Line. 1897 S. 3890.) welche die peutingnische Tafel einige Milien südlich von Nola, etwa bei dem heutigen Palma zeichnet, scheint klar, denn eine Colonie im Herzen Campaniens würde doch Inschriften und andere Reste hinterlassen haben, und es würden schon sehr starke Zeugnisse dazu gehören, um die Existenz einer so völlig spurlos verschwundenen Stadt glaublich zu machen. An solchen aber fehlt es durchaus, vielmehr würde das große Gebäude, das die Tab. Peut, zu ad Tegianum zeichnet, höchstens beweisen, daß dieses keine Colonie gewesen ist, denn Colonien werden auf der Karte durch zwei Türme bezeichnet. O b freilich eine Ziegelhütte gemeint ist, wie Desjardins und ihm folgend Konrad Miller (Weltkarte des Castorius S. 95) glauben, scheint mir, um das mindeste zu sagen, sehr zweifelhaft, schon darum, weil es das einzige Beispiel der Art auf der ganzen Tabula sein würde; es läßt sich eben bei der nachlässigen Zeichnung der Vignetten sehr o f t überhaupt nicht sagen, was damit bezeichnet werden soll. Aus unserer pompejanischen Inschrift aber ergibt sich keineswegs, daß die Colonie Tegianum in Campanien gelegen hat; es kann ebensogut die lucanische Stadt gemeint sein. Von den beiden anderen Inschriften, welche die Resp. Tegianensium erwähnen, bezieht die eine (X 482, aus Paestum) sich sicher auf Tegianum in Lucanien, und nichts steht im Wege, auch die andere (X 3704, unbekannter Herkunft, jetzt in Neapel) darauf zu beziehen. — Duumvirn werden X 337 erwähnt auf einer Inschrift die am Ponte Silla südlich von Diano auf dem linken Ufer des Tanager, also im Gebiet von Tegianum gefunden sein soll, und dann nach

V I ι.

518

Die Municipalmagistrate.

Atina gebracht worden ist; sie kann schon darum nicht wohl nach Atina gehören, weil dieses unter Quattuorvirn gestanden hat (oben »· § 7)· V e l i t r a e , Colonie X 6555 (Weihinschrift an die Fortunae Antiates). Eine Bleitessera aus später Zeit hat fel(iciter) municip(ibus) Veliter(nis) (citiert X 6555), doch das beweist für die Stellung der Stadt nichts. Duumviri X p. 652, vgl. oben § 10. In a n d e r e n F ä l l e n ist bei der V e r l e i h u n g des C o l o n i a l titels die alte V e r f a s s u n g unverändert g e b l i e b e n , so bei: C u m a e , in der älteren Kaisereeit Municipium (X 3711), im III. Jahrhundert Colonie (X 3698, aus 289 v. Chr.), noch damals unter Praetoren (X 3698), die in einer am Fusaro gefundene Inschrift aus dem Anfang der Kaiserzeit (X 3703) erwähnte colonia kann demnach nicht Cumae sein, und es muß sich entweder um Puteoli oder um Misenum handeln, falls dieses damals schon Colonie gewesen ist. Mommsens Annahme, Cumae sei augusteische Colonie gewesen, ist also nicht haltbar. Vgl. mein Campanien 2 S. 450. — X 3704 kann schon wegen des Duumvirats nicht nach Cumae gehören. N e a p o l i s hat auch, nachdem es unter Caracalla den Titel Colonie erhalten hatte, unter Demarchen gestanden (X 1491. 1492). Aus C a r s i o l i , F a l e r i i , O t r i c u l u m , O p i t e r g i u m , Teate. V e r o n a , U r b s S a l v i a , die alle etwa im II. Jahrhundert den Colonialtitel erhalten haben, werden in unseren Inschriften nur Quattuorvirn erwähnt; wir können aber nicht mit Sicherheit sagen, ob eine dieser Inschriften bis in die Colonialzeit hinabgeht. 6. Daa diesseitige Gallien. 1 4 . B e k a n n t l i c h erhielten die T r a n s p a d a n e r d u r c h den C o n s u l C n . P o m p e i u s S t r a b o 8g v. Chr. latinisches R e c h t ( A s c o n . z u C i c . g. Piso 3 ) , u n d daß a u c h die L i g u r e r diesseits des P o damals dasselbe R e c h t erhalten h a b e n der Name von A l b a Pompeia. Sache, daß

zeigt

E s liegt in der N a t u r der

die so b e g r ü n d e t e n

latinischen

Gemeinden,

oder w i e sie offiziell hießen, C o l o n i e n , dieselbe V e r f a s s u n g erhielten, w i e sie die altlatinischen C o l o n i e n g e h a b t hatten, u n d es w i r d indirect b e z e u g t d u r c h C i c . Att. V 2, 3 rumor Fam. unter

de Transpadanis,

eos iussos

ΙΙΠ

viros

creare

eratque (vgl.

V I I I 1 , 2 ) ; w e n n sie d a m a l s ( 5 1 v. C h r . ) n o c h n i c h t Quattuorvirn

standen,

so

müssen

sie e b e n

unter

V I ι § 14. Coloniaelege Pompeia.

— Quattuorvirn seit Caesar.

51g

Duumvirn gestanden haben, denn der Titel Praetoren war nicht mehr zeitgemäß. Als dann die transpadanischen Colonien durch Caesar zur Civität gelangten, haben sie die Quattuorviralverfassung erhalten, wie die älteren Municipien: A c e l u m V p . 198 (IUI vir schlechtweg, ohne den Zusatz i, d.) A l b u m I n g a u n u m V p. 894. A l t i n u m V. p. 205. A u g u s t a T a u r i n o r u m V 7034 (wahrscheinlich aus d e r Z e i t vor der augusteischen Colonisation, s. oben S. 513). B e l l u n u m IUI vir i. d. V 993, IUI vir a. p. 2048, später Duumviri 2045. 2047. B e r g o m u m V p. 548. B r i x i a V 4131. 4412. 4427, wahrscheinlich aus der Zeit vor der augusteischen Colonisation, s. oben S. 513). C o m u m V p. 565. Die Stadt ist von Caesar als latinische Colonie gegründet, wie App. Bürgerkr. II 26 ausdrücklich bezeugt, und Cic. Att. V Ii, 12 bestätigt; denn wenn Comuni Bürgercolonie war, wären die Worte etsi Ule (der Comenser den Marcellus hatte durchpeitschen lassen) magistratum non gesserit, erat tarnen Transpadana ohne Sinn. Suet. Caes. 28 und Plut. Caes. 29 sagen nur, daß Caesar von dem Recht, einzelnen Colonisten das römische Bürgerrecht zu erteilen, zu reichlichen Gebrauch gemacht hatte; und die πολιτεία, von der Strab. V 213 spricht, ist das latinische Bürgerrecht. Demgemäß war Comum in der Kaiserzeit Municipium (Plin. Episi. I I ι , 8, V 15, 1, CIL V 5267. 5279. 5651) und stand unter Quattuorvirn. F e l t r i a V 2069 ( I U I vir schlechtweg). F o r u m I u l i u m im Gebiete der Carner V 1767. 8642, von Caesar als Forum latinischen Rechtes gegründet, seit der Verleihung des Bürgerrechts an die Transpadaner Municipium (V 1765), s. oben § 3. L a u s P o m p e i a V 696 ( I U I vir schlechtweg). M a n t u a V 4058. 4061, später unter Duumvirn (V 4059). M e d i o l a n i u m V 5908. 5890 ( ? ) . Auch der I U I vir 5504 (aus Brebia östl. vom Lago Maggiore) wird nach Mailand gehören. Aediles I U I viri werden häufig erwähnt. N o v a r i a V p. 719. O p i t e r g i u m V p. 186. P a t a v i u m V p. 268. T a r v i s i u m V 2118 ( I U I vir schlechtweg). T i c i n u m V p. 707.

520

V I ι.

Die Municipalmagistrate.

V a d a S a b a t i a V 7774. V a r d a g a t e V 7450 V e l e i a X I p. 205, I I viri und I U I viri a. p., wahrscheinlich haben also auch die Oberbeamten zuerst den Titel Quattuorvir geführt. V e r c e l l a e V p. 736. V e r o n a V p. 327. V i c e t i a V p. 306.

Dagegen standen unter Duumvirn und Aedilen: Alba

P o m p e i a V p. 863, Municipium noch unter Traían (V 7153), für die Annahme, daß die Stadt später Colonie geworden sei, fehlt jeder Anhalt. A l b i n t i m i l i u m V 7814. C a m u n i V p. 519. C e m e n e l u m V p. 916. E b o r o d u n u m V 7259. F o r u m G e r m a n i c i V 7832. S a l i n a e V 7907. S e g u s i o V p. 814.

Von diesen Gemeinden lagen die fünf letzten in den Alpes Maritimae und Cottiae, die von Augustus (Plin. NH. III 135), zum Teil erst von Nero (Tac. Ann. XV 32) latinisches Recht erhalten haben. Ebenso haben die Camuni in der ersten Kaiserzeit latinisches Recht gehabt (Plin. NH. III 134). Wenn auch Alba Pompeia und Albintimilium unter Duumvirn stehen, so wird es sehr wahrscheinlich, daß sie das Bürgerrecht durch Caesar noch nicht erhalten haben, sondern damals latinischen Rechtes geblieben sind. Den Intimiliern und den benachbarten Bagiennern ist die Latinität auch durch die Lex Pompeia noch nicht verliehen worden, sondern erst durch Caesar, oder wahrscheinlich durch Augustus (s. unten VI 4 § 4). 7. Ergebnisse.

15. In den bereits vor dem Socialkriege bestehenden Altbürgergemeinden findet sich die Quattuorviralverfassung nur ganz vereinzelt, in einigen sabinisch-umbrischen Praefecturen, wo sie an die Stelle der Octoviralordnung getreten ist. Dagegen sind die infolge der Lex Iulia des

VI ι

§ 14.

Ligurien. —

§ 15.

Ergebnisse.

521

Jahres 90 geschaffenen Municipien nach dem Quattuorviralschema organisiert worden. Ebenso später die durch die L e x Pompeia im diesseitigen Gallien constituierten Colonien latinischen Rechts, als sie durch Caesar zu Bürgermunicipien erhoben wurden. W i r können also ziemlich sicher sein, daß wir es überall, wo uns Quattuorvirn entgegentreten, mit Municipien zu tun haben, die erst nach dem Socialkrieg constituiert worden sind. Der Schluß darf aber nicht umgekehrt werden, denn in einer Reihe von Municipien ist die Bezeichnung der höchsten Beamten als II viri i. d. und aediles im Laufe der Zeit an die Stelle von IV viri i. d. und IV viri aediles getreten. In einzelnen Fällen ist das schon sehr früh geschehen, meist allerdings erst seit dem II. Jahrhundert der Kaiserzeit. Immerhin bleiben das Ausnahmefälle. Daraus folgt dann weiter, daß überall, wo wir in Municipien statt II viri oder IUI viri Magistrate mit anderem Titel an der Spitze finden, wie Dictatoren, Praetoren, Aedilen (als höchste Beamte), VIII viri, wir es mit Altbürgergemeinden zu tun haben. Finden wir solche Beamte dagegen neben II viri oder IV viri, so handelt es sich um Reste der alten Verfassung, die nach dem Socialkrieg erhalten geblieben sind, und die für die Stellung der betreffenden Gemeinde vor diesem Kriege nichts beweisen. Nicht so klar liegt die Sache bei den Municipien, die unter Ilviri und aediles stehen. Hier sind drei Fälle möglich : ι . es handelt sich um Altbürgergemeinden, seien es Municipien bzw. Praefecturen, seien es Fora und Conciliabula civium Romanorum, die zum Municipalrecht gelangt sind; 2. es handelt sich um Municipien, die das Bürgerrecht nach dem Socialkrieg, oder (in Gallien) durch Caesar oder noch später erlangt, aber den Titel ihrer höchsten Magistratur (IV viri) geändert naben (s. oben); 3. es handelt sich um Gemeinden latinischen Rechts, die erst nach Caesar zur Civität gelangt sind, ohne ihre

522

V I 2.

alte V e r f a s s u n g Gallien

zu

Die italischen Stadtgebiete. ändern.

Dieser

Fall

kommt

nur

in

vor.

Z u r E n t s c h e i d u n g , w e l c h e r der b e i d e n anderen F ä l l e vorliegt,

genügt

oft s c h o n

die

geographische

Lage

(s.

u n t e n V I 3 § 6). Colonien unter

latinischen

Praetoren;

findet, scheint

Rechts

der T i t e l

ist früh a b g e k o m m e n . schon

in

lege

in

älterer

der s i c h

Später,

der l e t z t e n Z e i t v o r

s t e h e n sie unter D u u m v i r n . k r i e g e die coloniae

stehen

Consuln,

zum Teil, dem

Zeit

vereinzelt wie

es

Socialkriege,

S o gleich nach dem Social-

Pompeia

in

Gallien.

A u c h die B ü r g e r c o l o n i e n s t e h e n f a s t d u r c h w e g unter Duumvirn

und

Aedilen.

alten T i t e l praetores

Nur

sehr

o d e r praetores

II

wenige viri

hatten

den

bewahrt.

Die

T i t u l a r c o l o n i e n der s p ä t e r e n K a i s e r z e i t b e h a l t e n m e i s t die Verfassung,

die sie früher als M u n i c i p i e n g e h a b t

hatten.

I!. Die italischen Stadtgebiete. Dies Problem, das für die Geschichte wie die Geographie Altitaliens von grundlegender Bedeutung ist, ist noch nie im Zusammenhang behandelt worden. Das beste gibt das CIL. in den Einleitungen zu den einzelnen Städten. Nissens Italische Landeskunde dagegen versagt auch hier vollständig; charakteristisch ist, was II 290 von Florenz gesagt wird: „ D i e Ausdehnung der Feldmark zu bestimmen, sind wir außerstande", während sich gerade hier zu recht guten Resultaten gelangen läßt (s. unten § 19); aber freilich, wer nicht sucht, wird nie etwas finden. Voraussetzung für eine solche Arbeit wäre eine Untersuchung über die Ausdehnung der Diöcesen und Stadtgebiete im Mittelalter, und dazu ist bis jetzt kaum ein Anfang gemacht. Die Karte der „Kirchlichen Einteilung Italiens vom Ende des X I . Jahrhunderts bis 1500" bei SprunerMenke Nr. 26, ist keineswegs zuverlässig, auch darum, weil sie auf kein bestimmtes Jahr gestellt ist. Die heutige Einteilung am besten bei Petri, Orbe Cattolico, Rom 1858, mit großem Atlas, und Circoscrizione ecclesiastica in relazione colle circoscrizioni amministrative, Rom 1885, herausgegeben von der Direzione generale della Statistica, mit Diöcesenkarte. Das Buch von Savio, Gli antichi vescovi d'Italia, steht noch in den Anfängen (Bd. I Piémont, Turin 1899, II Lombardei parte I 1913),

V I 2 § i.

Latium.



und ist auch bei weitem nicht ausreichend. kann ich hier nichts

523

Die Volskerberge.

Unter diesen Umständen

abschließendes geben, und muß mich darauf be-

schränken, die wesentlichen Punkte hervorzuheben, und an die der

rohen Empirie

Kieperts Formae,

unserer historischen Karten,

wenigstens

ζ. B.

noch

Stelle

Richard

den Anfang einer wissenschaftlichen Be-

handlung zu setzen. Das folgende muß natürlich werden.

Das beste Hilfsmittel

mit der Karte in der Hand gelesen

sind die Karten im C I L . ,

Etrurien und Umbrien noch nicht vorliegen. mag

man B l a t t 8 — 1 0

von Mayrs Atlas

die aber für

Für diese Landschaften

der Alpenländer

in

1:450000

{Gotha, J. Perthes) zur Hand nehmen, oder die Carta d'Italia del Touring Club Italiano in 1 : 250000, soweit sie erschienen ist.

1. Latium.

ι . Über Latium Vetus siehe oben II 1. Das volskische Gebiet umfaßte die Ebene bis Tarracina, wo der P a ß von Lautulae die natürliche Grenze bildete; doch gehörte der A g e r Caecubus um den gleich östlich davon gelegenen Lacus Fundanus (Strab. V 231. 234, vgl. Plin. II 209), wie übrigens auch heute, zum Teil noch zu Tarracina (Vitruv. VIII 3, 12 in Tarracina et Fundís Caecubum vinurn procreatur). Die Nordgrenze bildete ohne Zweifel der Trerus; auf den Höhen über dem rechten Ufer lag, Ferentinum gegenüber, die Volskerstadt Ecetra (Liv. IV 61, 5). Sie wird 376/378 zum letzten Male erwähnt (Liv. VI 31, 5), hat also ihre Autonomie früh verloren, wahrscheinlich an die Herniker, denn vor dem Latinerkrieg kann das römische Gebiet sich nicht wohl so weit ausgedehnt haben. Der nördliche Teil des Volskergebirges, bis gegen Privernum hin, bildete das Gebiet der latinischen Colonien Signia, Cora, Norba, Setia. Z u Signia muß, aus geographischen Gründen, der Ostabhang bis zum Sacco gehört haben; die drei anderen teilten sich in den Westabhang. Z u Setia gehörte auch ein Stück der Pomptinischen Ebene (Strab. V 232), das aber nur wenig ausgedehnt gewesen sein kann, da Forum Appii, nur 6 km von Setia entfernt, doch ohne Zweifel auf römischem Gebiet angelegt war;

524

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

noch im plinianischen Katalog erscheint es als eigene Gemeinde. Das Tal zwischen den Volsker- und Albanerbergen gehörte zu Velitrae (Sil, VIII 3 7 g quos incelebri miserunt valle Velitrae), das wahrscheinlich im Norden an Praeneste grenzte (vgl. Liv. V I 22, 2 ; 29, 6); wenigstens lag keine Stadt zwischen beiden, oder doch nur früh verschollene Kleinstädte. 2. Südlich von Velitrae lag in der Ebene, die bis heut den Namen bewahrt hat, die alte Volskerstadt, später latinische Colonie (Cato Orig. fr. 58 Pet.) Suessa Pometia; auf ihrem Gebiet wurde 358 die Tribus Pomptina gebildet, seitdem wird die Stadt nicht mehr erwähnt. Da die Colonie Norba gegründet wurde ut arx Pomptino esset (Liv. II 34, 6) muß Pometia westlich oder südwestlich von da gegen Cisterna hin gelegen haben. Die Publilia lag, wie es scheint, südlich davon. Wahrscheinlich reichte das Gebiet der beiden Tribus bis an das Meer, denn Clostra Romana (Plin. III 57), wo im Altertum der Nymphaeus mündete (bei Fogliano), muß wie der Name zeigt römisch gewesen sein, als die benachbarten Städte Antium und Circeji noch selbständig waren. A u c h stand der römische Besitz im A g e r Pomptinus bis zum Latinerkrieg in keiner Landverbindung mit dem übrigen römischen Gebiet, sodaß man auf den S e e w e g angewiesen war und an de r sandigen Küste ein Hafen angelegt werden mußte. (claustra heißt „Molen", vgl. Verg. Georg. II 1 6 1 Lucrinoque addita claustra). Als dann in Sullas Zeit die Landtribus ihre administrative Selbständigkeit verloren, traten an die Stelle der beiden Tribus die Gemeinden Ulubrae, das bei Cisterna oder Sermoneta oder zwischen beiden gelegen hat, und vorher niemals erwähnt wird, und Forum Appii. Ulubrae hat denn auch zur Tribus Pomptina gehört {CIL. X 6691); die Tribus von Forum Appii ist unbekannt. Das westlich vom L a g o di Fogliano gelegene Astura gehörte zu Antium (Plin. III 81), dessen Gebiet sich dann weiter nach Westen bis zur Grenze von Ardea erstreckte;

VI 2 § 2.

Das Pomptinische Gebiet.

525

der erste Vertrag zwischen Rom und Karthago zeigt, daß es schon damals die einzige Stadt an dieser Küste zwischen Ardea und Circeji gewesen ist. Seit dem Latinerkrieg (338) war es römische Bürgercolonie. Etwas weiter nördlich lag im Innern Satricum (Conca); die Stadt hatte zur Zeit des zweiten Samnitenkrieges römisches Bürgerrecht, ohne Zweifel ebenfalls seit dem Latinerkriege (s. oben IV 3 § 3) ; da sie im plinianischen Katalog fehlt, wird sie von Augustus der Colonie Antium adtribuiert worden sein. Noch weiter nördlich, am Südfuße der Albanerberge, lagen die beiden, gleichfalls nach dem Latinerkriege errichteten Tribus Maecia und Scaptia (s. oben II 1 § 9), sie haben wahrscheinlich im Osten an die Pomptina gegrenzt, und ihre Errichtung hat also den Zusammenhang zwischen dieser und dem altrömischen Gebiete, an das sie ebenfalls grenzten, hergestellt. Nach dem Socialkriege müssen sie den benachbarten Municipien adtribuiert worden sein. W i e weit die Maecia nach Süden gereicht hat, läßt sich nicht feststellen, doch kann ihr Gebiet nur wenig ausgedehnt gewesen sein. Die Südspitze des Volskerlandes nahm die latinische Colonie Circeji ein. Die Grenzen des Gebietes bezeichnen die beiden Stationen ad Turres albas und ad Turres, beide an der Küste, die eine 12 Milien nördlich, die andere 4 Milien östlich von Circeji {Tab. Peut., vgl. Nissen, Ital. Landesk. II 636), offenbar nach alten Grenzbefestigungen benannt. Nach Osten grenzte Circeij an Tarracina (Polyb. III 22,11), seit 329 römische Bürgercolonie; denDecumanus maximus des Gebietes bildete die V i a Appia (Hyginus, Feldm. S. 179), oder vielmehr, da diese bei der Deduction der Colonie noch nicht angelegt war, ist die Appia dem Decumanus gefolgt; da sie beim Tempel der Feronia, drei Milien von Tarracina, die Richtung ändert, ist der Decumanus, also die Assignation, nicht weiter nach Norden gegangen, was auch nicht wohl möglich war, da dort die Sümpfe begannen (vgl. Fig. 153 zu Hyginus aaO.). Re-

526

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

liqua pars (des Gebietes) asperis rupibus continetur (Hygin. aaO.), nämlich den Bergen, von denen Tarracina im Norden überragt wird. Bei Capo Selce, am 55. Meilenstein der Appia, unweit der Mündung des Amasenus in den Ufens, ist eine Inschrift mit dem Namen eines Praetor II vir gefunden (CIL. X 6318), der doch wohl nach Tarracina gehören muß (oben VI 1 § 4). Der Stein ist später als Meilenstein benutzt worden, stand also nicht mehr an seiner ursprünglichen Stelle, doch kann er kaum von weither verschleppt sein. Dann würde also das Gebiet von Tarracina bis in diese Gegend gereicht haben. Viel weiter aber kann es nicht gegangen sein, denn hier in der Nähe muß der Bezirk der Tribus Oufentina begonnen haben, der wahrscheinlich zwischen Ufens und Amasenus gelegen hat, da das Land westlich von Ufens von Sümpfen bedeckt war; die Tribus ist aber 318 auf dem 329 von Privernum abgetretenen Lande errichtet. Doch mag das Gebiet der Tribus nach dem Socialkriege an Tarracina adtributiert worden sein. Das Tal des Amasenus und seiner Zuflüsse bildete das Gebiet von Privernum, doch scheint das Quellgebiet um Prossedi und S. Lorenzo zu Fabrateria Vetus gehört zu haben (s. unten § 6). 3. Das Gebiet der Herniker wurde im Süden vom Trerus (Sacco) begrenzt, im Westen von dem Gebiet von Praeneste, im Norden von dem Bergzug, der das Tal des Trerus von dem Tal des oberen Anio trennt. Wenn Cereatae Marianae, wie wahrscheinlich, bei Casamari, 6 Milien von Verulae gelegen hat, kann das Gebiet nach Osten nicht weit über die letztere Stadt hinaus gereicht haben; etwas weiter nördlich bildet der Monte Castellone die natürliche Grenze gegen Sora. Frusino hat nicht zum Gebiet der Herniker gehört (Liv. X 1, 3); der Lauf der Grenze läßt sich hier nicht näher bestimmen, doch kommt darauf, bei der geringen Entfernung von den benachbarten Hernikerstädten kaum etwas an.

V I 2 § 2. Pomptinisches Gebiet — §3. Herniker. — §4. Sora.

527

Bekanntlich haben die drei Gemeinden Aletrium, Ferentinum, Verulae sich an dem Aufstande im Jahr 306 nicht beteiligt und sind darum bis zum Socialkriege in ihrer Stellung als verbündete Staaten geblieben, während die übrigen Städte dem römischen Staate einverleibt wurden (Liv. IX 43, 23). Die Grenze zwischen diesen beiden Hälften des Landes muß ungefähr der Grenze zwischen den Diöcesen Anagni einerseits, Ferentino und Alatri andererseits entsprochen haben. Aus dem römischen Teile wurde die Praefectura Anagnina gebildet, die dann später in die Municipien Anagnia, Capitulum Hernicum und Ager Hernicus geteilt worden ist. 2. Das Land am Liris (Latium Adieotum).

4. Das Gebiet von Sora wurde im Westen und Osten begrenzt von den Bergzügen, die das Liristal einschließen. Im Norden grenzte es an Antinum, da keine andere Gemeinde dazwischen lag; wo die Grenze lief, läßt sich nicht sagen, wahrscheinlich aber, da Sora bei weitem bedeutender war, näher als an diesem an Antinum, also nördlich der heutigen Provinzgrenze, etwa da, wo sie auf Kieperts Karte zum CIL. und Formae Blatt 20 gezeichnet ist. Im Süden reichte das Gebiet von Arpinum bis nahe an Sora heran ; im Fibrenus lag die Insula Arpiñas, wo Cicero das zweite Gespräch über die Gesetze gehalten sein läßt {Leg. II I, i ; 3, 6, Att. X I I 1 2 , 1); wie der Name der Insel zeigt, bildete der Fluß die Grenze. Das Gebiet von Arpinum war ziemlich ausgedehnt; es umfaßte auf dem rechten Ufer des Liris Cereatae, wo Marius geboren war {Casamari), die Hügel, auf denen Bauco liegt, werden also hier die Grenze gebildet haben. Dem entspricht es ; daß in Castelluccia di Sora, 4 km von Casamari, und gegenüber bei der Abtei S. Domenico, an der Mündung des Fibrenus in den Liris, Inschriften mit der arpinatischen Tribus Cornelia gefunden sind {CIL. X 5689. 5717). Daß Q. Ciceros Villa Laterium, nach Cic. Att. IV 7, 3 zu Arpinum ge-

528

VI 2.

Die italischen Stadtgebiete.

hörig, auf dem rechten Ufer des Liris gelegen hat, ist möglich (Nissen II 674), wird aber durch Cic. ad Q. fr. II 5, 4 nicht bewiesen. Im Süden reichte das Gebiet bis Santopadre, wie eine dort gefundene Inschrift mit der Tribus Cornelia zeigt (CIL. X 5676). Hier in der Nähe, bei Arce, muß das Arcanum des Q. Cicero gelegen haben (Nissen II 674). Man hält Rocca d'Arce gewöhnlich für die Arx Fregellana, deren Einnahme durch die Samniten bei Liv. IX 28, 3 erwähnt wird, aber der Zusammenhang zeigt, daß es sich vielmehr um die Burg der Stadt Fregellae selbst handelt; auch könnte doch ein Castell, das 7 km von Fregellae entfernt lag, unmöglich als Arx Fregellana schlechtweg bezeichnet werden. Rocca d'Arce ist also wahrscheinlich eine Grenzfestung von Arpinum gegen Fregellae gewesen, oder wenn man will, von Fregellae gegen Arpinum, jedenfalls muß die Grenze hier in der Nähe gelaufen sein, denn es liegt ziemlich auf halbem Wege zwischen beiden Städten, und auf der Wasserscheide zwischen Liris und Melpis. — Auch bei Isoletta am Liris, gegenüber von Fabrateria Nova (S. Giovanni Incarico) ist eine Inschrift mit der Cornelia gefunden worden (CIL. X 5621); es handelt sich wohl nur um einen Arpinaten, der im Gebiet von Fabrateria ansässig war. Sonst müßten wir annehmen, daß nach dem Aufstande von Fregellae das Gebiet dieser Stadt am linken Flußufer, also auch Fregellae selbst, an Arpinum gekommen wäre, was ja an sich möglich, aber kaum wahrscheinlich ist. Doch kommt hier für uns auf diese Frage nichts an. Nach Osten hat das Gebiet von Arpinum wahrscheinlich bis an die Quellen des Fibrenus gereicht, jedenfalls nicht weiter als bis Alvito, denn bei der 2—3 km östlich davon gelegenen Madonna del Campo ist eine Inschrift mit der atinatischen Tribus Teretina gefunden (CIL. X 5157). Wahrscheinlich hat indessen das Gebiet von Atina, das sehr ausgedehnt war (Cic. Plane. 9, 21 Sil. VIII 397) das ganze Becken des oberen Melpis umfaßt. Außerdem

V I 2 § 4·

Arpinum.

Atina. —

§ 5.

Fregellae.

529

begriff es im Norden das obere Tal des Sagrus, wie die hier bei Opi und Villetta Barria gefundenen Inschriften mit der Tribus Teretina beweisen (X 5146. 5147). Die Ostgrenze folgte der Wasserscheide zwischen Liris und Volturnus; eine jenseits davon bei Scapoli gefundene Inschrift (IX 2730) hat die Tribus von Aesernia. Im Süden gehörte Roccasecca bereits zu Aquinum, da drei hier gefundene Inschriften die Oufentina haben (X 5382. 5416. 5426), auch der zu Aquinum gehörige Tempel der Ceres Helvina (luv. III 317 ff.) hier in der Nähe lag {CIL. 5282, vgl. 5426). Die Südgrenze des Gebiets von Atina wird also etwa der Wasserscheide zwischen dem Liris und dem Oberlauf des Melpis gefolgt sein. 5. Auf dem Gebiet von Fregellae wurde 124 die Bürgercolonie Fabrateria Nova (S. Giovanni Incarico) gegründet. Im Westen hat diese doch offenbar an Fabrateria Vetus ('Ceccano) gegrenzt. Das etwa auf halbem W e g e zwischen beiden Städten gelegene Castro gehört zur Diöcese Veroli, die auch die Gebiete von Frusino und Fabrateria Nova umfaßt, das letztere wird also bis hierher gereicht haben, und dem entsprechend auf dem anderen Ufer des Sacco etwa bis Pofi. Die Inschrift eines Augur aus der fabraternischen Tribus Tromentina findet sich in Ceprano (X 5387). Im Süden gehörte Pastena im Mittelalter wie noch heut zur Diöcese Fondi (Diplom Innocenz III von 1211 bei Ughelli I 2 725); es ist aber nicht wahrscheinlich, daß das Gebiet dieser Stadt sich im Altertum so weit nach Norden ausgedehnt haben sollte, vielmehr wird die Grenze etwa der Wasserscheide entsprochen haben. Unweit südlich davon, bei Lenola, ist eine Inschrift mit der fundanischen Tribus Aemilia gefunden (CIL. X 6254). Wie weit das Gebiet von Fregellae sich auf dem linken Ufer des Liris nach Osten erstreckt hat, läßt sich nicht feststellen, da dieser Teil des Gebietes ganz oder doch zum Teil an Aquinum gekommen ist (vgl. Cic. Fam. XIII 76, und dazu oben VI 1 § 7). Wahrscheinlich hat Β β 1 o c h , R5m. Geschichte.

34

530

VI 2.

Die italischen Stadtgebiete.

der Melpis die Grenze gebildet, der halbwegs zwischen Fregellae und Aquinum fließt, und, vom Liris natürlich abgesehen, der einzige bedeutende Wasserlauf in dieser Gegend ist. Man hat allerdings, wegen Strabons Angabe, daß Aquinum am Melpis g e l e g e n habe (V 237 παρ' ήν δ Μέλπις ποταμός μέγας) die Ansicht aufgestellt, der Fluß habe seinen früheren Lauf geändert (Grossi, Aquino, in meiner Β ibi. di Geogr. Stor. III, Rom 1907, S. 23), aber Spuren eines früheren Bettes, die doch vorhanden sein müßten, sind nicht nachzuweisen, und die Peutingersche Tafel verzeichnet 4 Milien von Aquinum und ebenso viele von Fabrateria, also da wo die Via Latina heut die Melfa überschreitet, die Station Melfel; Strabons A n g a b e darf nicht auf die Goldwage gelegt werden, und ließe sich, wenn man sie halten will, auf das Gebiet von Aquinum beziehen. Die Inschriften aus diesem Gebiete bieten dreimal die aquinatische Tribus Oufentina ( X 5629 S. Vito, 5668 Fosso della Mola zwischen Santopadre und Arce, 5583 am linken Ufer des Liris gegenüber S. Giovanni Incarico, funus publice ex d. d. Aquinatium), einmal die arpinatische Tribus Cornelia (5621 Isoletta am Zusammenfluß des Liris und Trerus); 5585 (S. Vito) ist T. Elvio Fregellano, dec. Fabrat. Novae omnib. honorib. perfuncto gesetzt, aber eben die Hinzuf ü g u n g des Stadtnamens zeigt, daß wir hier außerhalb des Gebietes von Fabrateria sind. Auch aus Cic. Fatn. XIII 76 ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, daß ein Teil des Gebietes von Fregellae, natürlich der Osten, damals im Besitz von Aquinum war (vgl. oben S. 501). Es scheint demnach so gut wie sicher, daß 124 v. Chr. das Gebiet von Fregellae geteilt worden ist; der Teil links vom Liris wurde an Aquinum gegeben, wahrscheinlich zur Belohnung der Dienste, die dieses bei der Niederwerfung des Aufstandes geleistet hatte, der Teil rechts vom Liris bildete das Gebiet der neuen Bürgercolonie Fabrateria Nova. Allerdings werden im plinianischen

V I 2 § 5.

Fregellae. — § 6.

Frusino. Fabrateria. Aquinum.

531

Katalog unter den Gemeinden der ersten Region die Fregellani aufgeführt, das muß aber ein Irrtum sein, da Fregellae sonst in unserer gesamten literarischen und epigraphischen Überlieferung seit 124 v. Chr. nicht mehr als Gemeinde erwähnt wird (vgl. G. Colasanti, Fregellae, in meiner Bibl. de Geogr. storica Heft I S. 189ff., mit Karte, der aber die Grenzen im W e s t e n und Süden, wie ich glaube, zu eng zieht). 6. Frusino ist aus dem Altertum nicht als Bischofsitz bezeugt, und gehörte im Mittelalter, wie auch heute, zur Diöcese Veroli ; das Gebiet grenzte an Fregellae und Ferentinum (Liv. XXVI 9); oberhalb der Mündung des Cosa wird es über den Sacco hinausgegriffen haben, während weiter unten Fabrateria (Ceccano), das am Flusse lag, wahrscheinlich einen Strich am Nordufer besessen hat. W i e weit das Gebiet dieser letzteren Stadt nach Süden gereicht hat, wissen wir nicht; vielleicht bis Prossedi und S. Lorenzo im Quellgebiet des Amasenus, die seit dem Mittelalter, ebenso wie Ceccano, zur Diöcese Ferentino gehören. Zu Aquinum gehörte das nahe Pontecorvo, das 872 auf seinem Gebiete gegründet ist; mehrere dort befindliche Inschriften erwähnen die Tribus Oufentina (X 5429. 5502. 5505. 5539); e i n e einen II vir Aquini (5415), eine andere allerdings einen IIII vir munie. (5411), also von Interamna; sie ist ohne Zweifel verschleppt. Wahrscheinlich hat das Gebiet, wie später die Diöcese, auch das rechte Ufer des Liris von hier bis zur Mündung des Melpis, mit Pico Farnese umfaßt. Auch die Ostgrenze wird mit der Diöcesengrenze zusammen gefallen sein. Bei Piumarola, das an dieser Grenze liegt, ist eine Inschrift mit der Tribus Oufentina gefunden (5530), eine andere (5417) nennt einen 27 vir Casini aus der Teretina, eine dritte enthält ein Fragment der Quattuorviralfasten von Interamna (5405), sodaß offenbar die drei Gebiete hier aneinander stießen. Im Norden grenzte Aquinum wie Casinum an Atina (s. oben § 4); die Ostgrenze des 34*

532

VI 2.

Die italischen Stadtgebiete.

Gebiets von Casinum, gegen Venafrum, bildete die Wasserscheide zwischen Liris und Volturnus, etwa bei der Station ad Flexum, die ihren heutigen Namen S. Pietro in fine allerdings erst im Mittelalter erhalten hat (Grasso, Verb, d. histor. Congr. in Rom, 1903 X 27). Den Liris kann das Gebiet von Casinum, seit der Gründung von Interamna (311 v. Chr.), nur etwa an der Mündung des Rapido erreicht haben, da Interamna am Nordufer des Flusses gelegen war; das Gebiet dieser Colonie kann auf diesem Ufer, bei der Nähe von Casinum, nur einen schmalen Strich umfaßt haben, und dehnte sich hauptsächlich am südlichen Ufer aus, wo Fratta maggiore, jetzt Ausonia umgenannt (CIL. X 5366 IV vir Interamn. Liren.) und S. Andrea Vallefredda (5347 Sevir Interamn.) dazu gehörten, sodaß also der Liris, von seiner Biegung nach Süden bei Rocca d' Evandro an, die Ostgrenze gebildet hat. Über die Südgrenze, gegen Minturnae, s. unten § 7. An der Küste gehörte die Ebene vom Lacus Fundanus (s. oben § 1) bis zu den Bergen von Itri (Montes Fundani, Tac. Ann. IV 59) zu Fundi ; über die Nordgrenze siehe oben § 5 bei Fregellae. Zu dem östlich benachbarten Formiae gehörte Caieta (Liv. XL 2, 1), das im Altertum nie selbständig gewesen ist (CIL. X S. 603) ; nach der anderen Seite kann das Gebiet sich längs der Küste nur wenige Kilometer erstreckt haben, wahrscheinlich bis zum Monte Scavori (Saxa Formiana, Liv. XXII16, 4), da die Entfernung von Formiae bis Minturnae nicht mehr als 9 Milien beträgt. Die Nordgrenze bildete der Kamm der Montes Formiani (Liv. XXXIX 44, 6, Monte Petrella), denn Fratta Maggiore gehörte bereits zu Interamna (s. gleich oben). Heute gehört dieses, ebenso wie das Gebiet von Minturnae bis an den Liris, zur Diöcese Gaeta, die sich im Mittelalter vergrößert hat, als die benachbarten Bischofsitze zu gründe gegangen waren. 7. Minturnae gehörte, wie die Nachbarstädte Vescia und Ausona, bis 314 den Aurunkern, oder wie Livius

VI 2 § 6.

Interamna.

Formiae.

Fundi. — § 7.

Minturnae.

533

schreibt, den Ausonern (Liv. IX 25). Ausona ist ohne Zweifel identisch mit Suessa Aurunca (vgl. Festus ep. S. 18 M.), Vescia wird später als Stadt nicht mehr erwähnt, ihr Andenken hat sich aber in dem Namen des Saltus Vescinus erhalten. Er lag nach Fig. 150 zu Böm. Feldm. S. 178 (Möns Vescini) auf dem rechten Ufer des Liris, bei Minturnae, womit die Angabe bei Liv. X 31, 2 übereinstimmt, die Samniten wären 295 in agrum Vescinum Formianumque eingefallen, vgl. Liv. X 20, 1, ebenso Liv. VIII Ii, 5, wo gesagt wird, daß die Latiner nach ihrer Niederlage durch T . Manlius 340 sich nach Vescia geworfen hätte. Nach Liv. X 21, 7 wurden 296 duae coloniae circa Vescinum Falernumque agrum gegründet, una ad ostium Liris fluvii, quae Menturnae appellata, altera in saltu Vescino Falernum contingente agrum ... Sinuessa ... appellata. Aber Sinuessa lag bekanntlich am Fuße des Massicus (Liv. XXII 14, 1). Der Saltus Vescinus hat also mit Sinuessa nichts zu tun, und ebenso wenig mit der Rocca Monfina (Kiepert). Vescia muß demnach in den Bergen über Minturnae gelegen haben, also westlich vom Liris, wahrscheinlich in dem Gebiete, das später zu Interamna gehörte. A n der Stelle von Sinuessa soll früher eine griechische Stadt Sinope gelegen haben (Liv. X 21, 8, Plin. NH. III 59), die aber im IV. Jahrhundert nicht mehr bestanden haben kann; damals, bis zur römischen Eroberung, muß das Gebiet zu Suessa Aurunca gehört haben. Das Gebiet von Minturnae umfaßte die Küstenebene an der Mündung des Liris, aber in älterer Zeit nur bis zum Flusse selbst; erst später, ohne Zweifel bei der Nëucolonisierung durch Augustus, ist auch das linke Ufer hinzugekommen (Hyginus, Feldm. S. 178, vgl. Plin. III 59), das bis dahin zu Sinuessa gehört haben muß: denn da Suessa, das sonst allein in Betracht kommen könnte, wie Minturnae Colonie des Augustus gewesen ist, wäre es höchst unwahrscheinlich, daß ihm damals ein Teil seiner Feldmark entzogen worden sein sollte, auch kann die

534

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

Colonie Sinuessa doch nicht wohl an der Grenze ihres Gebietes angelegt worden sein. Nach Süden hin dehnte sich dieses Gebiet 9 Milien weit bis zum Pons Campanus aus, auf dem die Via Appia den Savo überschritt; hier begann der A g e r Falernus (Plin. XIV 62), und vor dessen Abtretung an Rom das Gebiet von Capua, nach dem die Brücke den Namen hatte. Die Grenze gegen Suessa mag etwa bei Cellole, 3 km vom Meer, halbwegs zwischen Sinuessa und Minturnae gewesen sein, wo Inschriften mit der suessanischen Tribus Aemilia (X 4776), aber auch mit der minturnensischen Tribus Teretina (4777) gefunden sind. Das Gebiet von Minturnae wird seit Augustus etwa bis hierher gereicht haben; die Nordgrenze bildete der Saltus Vescinus, da Fratta maggiore und S. Andrea Vallefredda bereits zu Interamna gehörten (s. oben § 6). Die Ostgrenze des Gebiets von Suessa (gegen Teanum) hat ohne Zweifel die Rocca Monfina gebildet: im Norden scheint Mignano noch zu Suessa gehört zu haben, da die hier gefundene Inschrift X 4832 von einem Aedilen von Suessa gesetzt ist. Im W e s t e n reicht die Diöcese heut, wie schon im Mittelalter (Bulle des Erzbischofs Adenulphus von Capua, aus 1032, bei Ughelli V I 2 535) bis zum Liris, und dieser Fluß wird schon im Altertum die Grenze gebildet haben, ebenso wie weiter unterhalb die Grenze von Sinuessa. Vor der römischen Eroberung hat also das Gebiet der Aurunker sich nach Osten bis zum unteren Savo, dem Massicus und der Rocca Monfina erstreckt ; nach Norden bis Mignano und zum Liris, von dessen Kniebeuge westwärts ; nach Westen bis zu den Bergen von Fratta Maggiore (Ausonia). Die Römer haben dann dieses Gebiet unter die vier Colonien Suessa, Interamna, Minturnae und Sinuessa verteilt. Über Cales, das angeblich aurunkisch gewesen sein soll, s. oben IV 4 § 11. Fundi und Formiae, die auf unseren Karten (noch bei R. Kiepert, Formae Bl. X X , bei Pauly-Wissowa und selbst bei Nissen It. Landesk.

V I 2 § 7·

Sinuessa.

Suessa.



§ 8.

Teanum Sidicinum.

535

II 656) ohne j e d e n Grund als aurunkisch bezeichnet werden, waren in Wahrheit volskische Städte (Skylax 9, vgl. Festus Sublicium pontem S. 293 M.). 3. Campanien. 8. Das Gebiet von T e a n u m kann sich nach Süden nicht weit über die Stadt hinaus erstreckt haben, da C a l e s nur fünf Milien entfernt l i e g t ; die Grenze bildeten οά δύο Τύχαι êcp' έκάτερα fòpujjivai -rîjç Λατίνης δδοί» (Strab. V 249* CIL. Χ 4633)5 s i e werden in dem Passe gestanden haben, der das T a l des S a v o mit der campanischen Ebene verbindet, etwa halbwegs zwischen beiden Städten (Nissen, It. Landesk. II 694). A u c h Carinola liegt, und l a g bereits um A n f a n g des XI. Jahrhunderts außerhalb der Diöcese Teanum, die bei der Bedeutung dieser Stadt im Mittelalter nicht w o h l kleiner g e w e s e n sein kann, als das alte Stadtgebiet, vielmehr wie wir gleich sehen werden, darüber hinausgegangen ist. Und doch muß T e a n u m ein seiner Wichtigkeit entsprechendes Gebiet gehabt haben. Da nun nach N O . , bis zum Volturnus hin, keine andere Stadt g e l e g e n hat, werden wir schon danach annehmen dürfen, daß das Gebiet sich nach dieser Seite hin ausdehnte. D a s wird durch eine Bulle Coelestins III. v o n 1198 bestätigt (Ughelli V I 2 557), die, wie sie selbst sagt, nichts weiter ist, als eine Erneuung einer alten Bulle Johanns XVIII. (1003-1009), wonach die Diöcese bereits damals denselben Umfang gehabt hat wie heute, also bis an den Volturnus gereicht hat. Sie erstreckt sich nach Osten bis R o c c a Romana, im Norden gehören Presenzano (Rufrae) und Mignano dazu, die im Altertum wahrscheinlich zu Venafrum und Suessa gehört haben, nach Westen bildet die R o c c a Monfina die Grenze. D i e Südgrenze bildeten also im Altertum ohne Zweifel der Monte Maggiore (südl. R o c c a Romana und Pietamelara) und weiter die Höhen zwischen Teanum und Cales. Forum Popilii im A g e r Falernus (Plin. III 64) lag nach

536

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

einer dort gefundenen Inschrift (CIL. X 4722) etwa bei Carinola, womit die Angaben bei Plin. XIV 62 f. über die Ausdehnung des Ager Falernus nach dieser Richtung hin übereinstimmen. Weiter unten, nach dem Meer hin, bildete der Savo die Grenze (Plin. aaO., s. oben § 7), die Südgrenze bildete der Voltumus (Liv. VIII 1 1 , 13), östlich bis Casilinum (Liv. XXII 15, 3). Die Nordgrenze gegen Cales ist nur ungefähr zu bestimmen. In Sparanise, 4 km südlich von Calvi, ist der Grabstein eines Augustalis Calibus gefunden (CIL. X 4653), das Gebiet der Stadt muß also wenigstens bis dorthin gereicht haben, was auch an sich wahrscheinlich ist. Bei dem 4 km weiter westlich, am Ostufer des Savo gelegenen Francolise findet sich der bei Plin. II 220, Val. Max. I 8 ext. 19 als in Caleño erwähnte Sauerbrunnen (Nissen, It. Landesk. II 695, 2). Nach Osten hin wird das Gebiet von Cales bis zu den Höhen westlich von Formicola gegangen sein (Monte Frattiello und Monte Grande), welche die natürliche Grenze gegen Trebula und heut die Grenze der (seit 1818 mit Teano vereinigten) Diöcese Calvi bilden. Der Ager Falernus hatte bis zum Latinerkrieg zu Capua gehört (Liv. VIII 1 1 , 13), nach seiner Abtretung infolge dieses Krieges blieb Capua nördlich vom Volturnus nur der Campus Stellas (Liv. IX 44, 5), der also östlich vom Ager Falernus gelegen hat, von Casilinum flußaufwärts; er grenzte ebenfalls an das Gebiet von Cales (Liv. XXII 13, 6). Das Gebiet östlich von dort, in der Flußbeuge des Volternus, ziemlich genau entsprechend der heutigen Diöcese Caiazzo, umfaßte die Gebiete von Trebula, Caiatia und Cubulteria. Caiatia gehörte zur Falerna, die Tribus der beiden anderen Städte sind unbekannt, überhaupt ist das epigraphische Material so dürftig, daß sich daraus über die Ausdehnung der einzelnen Stadtgebiete nichts ergibt; es ist aber klar, daß das Gebiet von Trebula etwa bis zu der Hügelreihe gereicht haben muß, die südlich im Monte Grande endet,

V I 2 i 8.

Ager Falernus.

Cales. — § 9.

Capua.

Nola.

537

das Gebiet von Cubulteria etwa bis zu den Höhen nördlich von Ruviano. 9. Über die Stadtgebiete in Campanien südlich des Volturnus habe ich Campanien S. 15 ff. gehandelt, auch auf Tafel I eine Karte dieser Gebiete gegeben, und dem dort gesagten nur wenig hinzuzusetzen. Die Campanische Praefectur (seit 211) umfaßte die folgenden zehn Gemeinden: Capua, Cumae, Casilinum, Volturnum, Liternum, Puteoli, Acerrae, Suessula, Atella, Calatia (Festus praefectura), also den ganzen Norden der Landschaft bis zu einer Linie von Pozzuoli bis Cancello supra Suessulam. Die Ostgrenze lief in den Bergen über Capua, und wird am Volturnus etwa durch den Ort Syllae bezeichnet, 6 Milien vom Tempel der Diana Tifatina (£. Angelo in Forints) an der Straße nach Telesia (Tab. Peut.)·, Sulla hatte nach seinem hier über C. Norbanus erlochtenen Siege (83 v. Chr.) das Land um den Tifata der Göttin geweiht (Veli. II 25, CIL. V 3828), das also vorher ohne Zweifel römische Staatsdomäne gewesen war, und folglich zum Ager Campanus gehört hatte, wie es auch später einen Teil des Gebietes der Colonie Capua bildete; der Name Syllae erinnert an diese Schenkung. Noch jetzt gehört diese Gegend, bei Limatola, zur Diöcese Caserta. Weiter südlich gehörte der Vicus Novanensis (bei S. Maria a Vico) in der Vallis Caudina zu Suessula {CIL. X 3764), dessen Gebiet sich aber nicht viel weiter nach Osten erstreckt haben kann, da Trebula (bei Airóla, s. unten § 10) nur etwa 7 km entfernt lag. Die Berge im Süden des Tales bildeten dann die Grenze gegen Nola. Die Grenzen der Diöcese Nola waren nach einer Bulle Innocenz III von i2i5(Remondini, Della Nolana ecclesiastica storia, Neap. 1747 "57) I 246) a Cancellate in Troclea et circa montern Vesevum usque in insulam Bubelianam (Revigliano), et a Bubeliana per flumen Dragoncellum (Sarno) et per Tercisam et Teclatam usque ad Pratum et Forum de Fine, et inde noblendo per cilium montis Virginis usgue ad

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V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

Cancellos. Tercisa und die folgenden Orte sind unbekannt ; es liegt nahe, bei Teclata an ad Teglanum zu denken, das nach der Tab. Peut. 5 Milien südlich von Nola lag, also etwas südlich von Palma. Das Forum de Fine könnte Forino sein, das südlich vom Monte Vergine liegt, jetzt allerdings in der Diöcese Salerno, aber an deren Grenze mit Nola. Die Diöcese entsprach also den alten Gebieten von Nola, Pompeji und Abella. Der Vesuv hat natürlich auch im Altertum die Grenze gebildet; nördlich davon, bei Marigliano, sind zwei Inschriften mit der Tribus Falerna gefunden (X 1330. 1334), die jedenfalls beweisen, daß das Gebiet von Neapel (Tribus Maecia) nicht bis hierhin gereicht hat, was ja auch an sich wenig wahrscheinlich sein würde; auch zu Acerrae, das wie Nola in der Falerna stand, kann Marigliano nicht wohl gehört haben, denn es liegt etwa halbwegs zwischen beiden Städten, und Nola war die bei weitem bedeutendere. Die Westgrenze von Nola wird also schon im Altertum bis zu einer Linie von Cancello bis Trocchia (am Vesuv) gegangen sein. Im Süden gehörte die Quelle des Sarno, in der heutigen Stadt gleichen Namens, zu Nuceria, wie die Sage von Epidius zeigt (Sueton. de Rhetor. 4), und durch eine Inschrift mit der nucerinischen Tribus Menenia bestätigt wird (X 8363), die 2 km östlich bei Villa Venere gefunden ist. — Das Gebiet von Abella umfaßte das Tal am Fuße des Monte Vergine; es muß bis nahe an Nola herangereicht haben, da Abella von diesem nur etwa 7 km entfernt lag. Im Westen grenzte Nola an Neapolis (Dionys. X V 5, Cic. Off. I 10, 33), dessen Gebiet dann westlich bis zu den Höhen von Camoldoli, und weiter bis in die unmittelbare Nähe von Puteoli reichte; da der Collis Leucogaeus (.Astroni) dazu gehörte (Plin. XVIII 114, vgl. X X X I 12, X X X V 174, Stob. Anthol. III 244 Mein.). Zu Neapolis gehörten ferner die Inseln des Golfes, Capri und Ischia (Strab. V 248), und ohne Zweifel auch

V I 2 §9. Nola. Neapolis. Nuceria. — § io. Aesernia. Venafrum.

539

Procida. Ischia ging, wahrscheinlich im sullanischen Bürgerkriege, verloren (oben V ι § i), wurde aber von Augustus zurückgegeben, der sich dafür Capri abtreten ließ (Strab. aaO.)· Den Süden Campaniens nahm das Gebiet von Nuceria und der diesem verbündeten Städte Pompeji, Herculaneum, Stabiae, Surrentum ein (Polyb. III 91, 4, mein Campanien S. 240). Die Nordgrenze wird bezeichnet durch den Vesuv und die Sarnusquelle, die Südgrenze bildete den Kamm der Berge, die das Sarnustal von dem Golf von Salerno trennen; die Surrentinische Halbinsel gehörte natürlich ganz zu Surrentum (s. unten § 12). 4. Samnium.

10. Der latinischen Colonie Aesernia gehörte das Quellgebiet des Volturnus; Inschriften mit der Tribus der Stadt (Tromentina) sind in Scapoli (IX 2730) und Cerro (2697) gefunden. Die Grenze wird im Westen, Norden und Osten ungefähr der Wasserscheide gefolgt sein. Im Süden hat das Gebiet, bei der Nähe von Venafrum, nicht weit über die unmittelbare Umgebung der Stadt hinausgereicht; eine Inschrift aus Pantano bei Filignano auf dem rechten Ufer des Volturnus hat die venafranische Tribus Teretina (X 4989 a), sodaß hier der Monte Falconara die Grenze gebildet haben wird, während sie auf dem linken Ufer einige Kilometer weiter südlich gegangen ist, da sich in Macchia d'Isernia eine Inschrift mit der Tromentina findet (IX 2645). Die Praefectur, seit Augustus Colonie, Venafrum, reichte nach Süden bis wenigstens zum Monte Sambuca und Monte Calvello, wie die Inschriften mit der Teretina zeigen, die in den am Nordfuße dieser Berge gelegenen Dörfern Cappagna (X 4861. 4880. 4999), R o c c a Pipirozza (4967), Sesto Campano (4982) gefunden sind. Auch der südlich dieser Berge gelegene Flecken Rufrae (bei der Station Presenzano) hat wahrscheinlich zu Venafrum ge-

54°

V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

hört, da seine Eroberung im zweiten Samnitenkriege berichtet wird (Liv. VIII 25, 4, unter 428/326), während das südlich an Venafrum grenzende Teanum damals, soviel wir sehen, auf römischer Seite gestanden hat (s. oben IV 4 § 11). Auch ist in Presenzano eine Inschrift mit der Teretina gefunden (X 4836) ; wir kennen nun zwar die Tribus von Teanum noch nicht, aber die Wahrscheinlichkeit, daß es die Teretina gewesen wäre, ist doch verschwindend gering. Allerdings gehört Presenzano seit dem Mittelalter zur Diöcese Teano (s. oben § 8) ; da dieses aber eine bedeutende Stadt war, Venafrum dagegen seinen Bischofsitz schon früh verloren hat, und mit Isernia vereinigt worden ist, kann der Sprengel von Teano auf Kosten der unterdrückten Nachbardiöcese vergrößert worden sein, was in ähnlichen Fällen sehr oft geschehen ist. Westlich von Volturnus haben zwei in Capriati gefundene Inschriften die Teretina (X 4985. 4991); dieselbe Tribus hat allerdings auch das auf dieser Seite an Venafrum grenzende Allifae, doch liegt dies zu weit entfernt, als daß sein Gebiet sich bis hierher erstreckt haben könnte. Auch liegt die Grenze zwischen den Diöcesen Isernia (zu der jetzt Venafro gehört) und Allifae etwas weiter östlich ; sie wird sich kaum zu ungunsten von Allifae verschoben haben, und mag etwa der Grenze zwischen den Praefecturen Venafrum und Allifae entsprechen, jedenfalls haben wir bei der gemeinsamen Tribus kein anderes Mittel zu deren Bestimmung. Die Südgrenze des Gebietes von Allifae bildete der Volturnus, da Cubulteria fast unmittelbar am rechten Ufer des Flusses gelegen war; die Nordgrenze hat ohne Frage das Massiv des Mátese gebildet, wie denn die Diöcese noch heute dieselben Grenzen hat. An Allifae grenzte im Osten Telesia. Inschriften mit der Tribus der Stadt (Fabia) sind in Cerreto (IX 2236) und jenseits des Calore bei Bosco S. Stefano (IX 2182) östl. Solopaca gefunden; sie könnten verschleppt sein,

V I 2 § io.

Allifae.

Telesia.

Saticula.

Caudium.

54I

das ist aber wenig wahrscheinlich, da beide Orte noch heut zu der Diöcese Cerreto gehören. Demnach reichte das Gebiet nach Norden bis zum Monte Mutria (der Fortsetzung der Mátese nach Osten), nach Westen bis zu den Bergen, die das Tal von Cerreto begrenzen, und weiter südlich bis zum Volturno, im Süden bis zu den Bergen über Solopaca, im Osten bis zu dem Bergmassiv, das sich vom Monte Mutria nach dem Calore hinzieht. Weiter südlich, in den Bergen zwischen Samnium und Campanien, muß die latinische Colonie Saticula angesetzt werden, wahrscheinlich bei S. Agata de' Goti, wo eine antike Stadt gelegen hat, deren Name nicht überliefert ist (CIL. IX S. 196). Das Gebiet muß demnach im Süden an die Campanische Praefectur, im Norden an Telesia gegrenzt haben. — An Saticula grenzte der Ager Trebulanus (Liv. XXIII14, 13, wo Trebianum steht, Cic. Fam. XI 27, 3), an der Via Appia (Cic. aaO. und Att. V 2, 1 ; 3, 2; 4, i ; VII 2, 2; 3; 12); die Stadt Trebula muß etwas entfernt von der Straße, etwa bei Airóla, gelegen haben, da sie in den Itinerarien nicht erwähnt wird, und Cicero nur von dem Ager Trebulanus spricht. Sie wird sonst nirgends genannt, hat auch epigraphische Denkmäler nicht hinterlassen, und ist also wahrscheinlich, wie das Gebiet von Caudium, von Augustus zu einer Nachbargemeinde (Beneventum?) geschlagen worden. Östlich davon lag Caudium (Montesarchio), dessen Gebiet das Tal zwischen dem Monte Taburno im Norden und den Bergen über Avella im Süden umfaßte, aber von Augustus, bis auf die Hauptstadt, an Beneventum adtributiert worden ist (.Feldm. S. 232. CIL. IX 2 163) ; es läßt sich also auf Grund der Inschriften nicht bestimmen, wie weit es nach Osten gereicht hat, wahrscheinlich bis an die Höhen (M. Frascia), die das Tal des Sabbato im Westen einfassen. Von Caudium hat der samnitische Stamm der Caudini den Namen (Liv. XXIII 41, 13 ; XXIV 20, 4, Veli. II 1, 5, bei Polyb. III 91, 5 wie es scheint in Δαόνιοι corrumpiert),

542

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

zu dem Cubulteria und Telesia gehörten, (Liv. XXIV 20, 4), also offenbar auch Caiatia und beide Trebula, und bis zur römischen Eroberung Saticula. Maluentum dagegen hat wahrscheinlich nicht den Caudinern gehört, denn sonst würde dieses, nicht Caudium, dem Stamme den Namen gegeben haben. Ii. Als latinische Colonie hat Maluentum, oder wie es fortan genannt wurde, Beneventum ohne Zweifel schon von Anfang an ein ausgedehntes Gebiet gehabt, das dann von Augustus auf Kosten der Nachbargemeinden vergrößert worden ist. Inschriften mit der beneventanischen Tribus Stellatina sind südlich von Benevent gefunden in Pastene (IX 2115), Sciarra (2114), Pietra de Fusi (2099), Dentecane (2091. 2092. 2095), also zwischen dem Sabbato und dem Oberlauf des Colore; offenbar bildete dieser Fluß die Grenze gegen Aeclanum. Im Westen findet sich eine Inschrift mit der Stellatina bei Vitulano (2131)., hier grenzte also Benevent an Telesia, weiter südlich an Caudium (s. oben). Nach Süden, gegen Abellinum, muß etwa die Flußbeuge des Sabatus die Grenze gebildet haben. Im Norden des Calor finden sich Inschriften mit der Stellatina (1502. 1503. 1528) im Pagus Veianus (Pagò); auf dieser Seite bildete also der Tammaro die Grenze gegen den Ager Taurasinus, später das Gebiet der Ligures Baebiani. Soweit wird das ursprüngliche Gebiet der Colonie gereicht haben. Ob aber Forum Novum, Aequum Tuticum (S. Eleuterio 1419), Ariano (1418), die in der Kaiserzeit beneventanisch gewesen sind, schon vor Augustus zu Benevent gehört haben, ist sehr zweifelhaft. An das Gebiet von Benevent stieß im Nordosten das Gebiet der Ligures Baebiani und Corneliani, die 180 v. Chr. hierher verpflanzt worden waren (Liv. XI 38. 41). Es reichte bis S. Bartolomeo in Galdo, wo sich eine Inschrift mit ihrer Tribus, der Velina, gefunden hat (IX 938), also bis an die Berge, die Samnium von Apulien trennen. Die Hauptstadt der Ligures Baebiani lag in der Macchia bei

VI 2 § i i .

Beneventum. Ager Taurasinus. Der Samnit. Bund.

543

Reino {CIL. IX S. 125) unweit nördlich vom Tammaro. Das Gebiet hatte früher der Samnitenstadt Taurasia gehört, und war nach der Unterwerfung Samniums Ager publiais pûpuli Romani geworden (Liv. XI 38). Im Norden grenzten Telesia, Benevent und der Ager Taurasinus an das Gebiet des Samnitischen Bundes, soweit es nach dem Pyrrhischen Krieg bestehen geblieben war; nach dem Socialkriege traten an seine Stelle die Gemeinden Saepinum, Bovianum (Undecimanorum und Vetus) Fagifulae, Tereventum, vielleicht Aufidena, sämtlich der Tribus Voltinia zugeteilt. Die Grenzen im Westen und Süden ergeben sich aus dem oben gesagten. Nach Osten reichte das Gebiet bis zum Oberlauf des Fertur, oder doch in dessen Nähe, da in Ielsi eine Inschrift mit der Voltinia gefunden ist (IX 946) ; vom Fertur zum Tifernus mag die Grenze zwischen Samniten und Frentanern etwa der Südgrenze der Diöcese Larino entsprochen, also S. Elia eingeschlossen, Ripabottoni und Morrone ausgeschlossen haben, dann wird sie das Tal des Trinius etwa bei Montefalcone durchschnitten, von da, der Wasserscheide folgend, in westlicher Richtung den Sagrus erreicht haben, und jenseits des Flusses den Bergen gefolgt sein, die dessen Tal gegen Nordwesten abschließen. Doch ist Aufidena, wie es scheint, schon in den Samnitenkriegen römisch geworden (s. unten VI 3 § 12), in welchem Falle die Grenze von Capracotta längs des Kammes der Berge im Osten des Sagrustales nach Süden bis zur Nordgrenze des Gebietes von Aesernia gelaufen sein würde. Beneventum und die Ligurer wurden von Augustus, wie die Hirpiner, seiner II. Region zugeteilt, und werden darum auch von Plinius zu dem Gebiet dieses Stammes gerechnet (III 105). Sie scheinen also vor der römischen Eroberung zu diesem gehört zu haben, und das ist auch aus geographischen Gründen, wie ein Blick auf das Flußnetz zeigt, so gut wie unzweifelhaft. Ist der Ager Taurasinus, auf dem die Ligurer angesiedelt wurden, wie

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V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

wahrscheinlich, erst im Hannibalischen Kriege römisch geworden (s. unten VI 3 § 9), so müßte er auch darum hirpinisch gewesen sein, da die Samniten im engeren Sinne in diesem Kriege Rom treu geblieben sind. Nach dem Socialkriege wurde, was von dem Gebiete der Hirpiner noch übrig war, in die Municipien Aeclanum, Aquilonia, Compsa und, wie es scheint, Aequum Tuticum geteilt, das seit Augustus zu Beneventum gehörte (s. oben S. 542). Die Südgrenze wird durch die Wasserscheide zwischen dem Golf von Salerno und dem Calor und Aufidus bezeichnet, alle jenseits liegenden Städte gehörten zu Lucanien bzw. dem Ager Picentinus. Im Osten reichte das Gebiet von Venusia, wie wir aus Horaz wissen, bis an den Vultur, was durch eine bei Rapolla am Nordfuß des Berges gefundene Inschrift mit der venusinischen Tribus Horatia bestätigt wird (X 651). Ohne Zweifel hat also der Vultur die Grenze des Hirpinerlandes gebildet, die dann weiter, bis Monte Venere, dem Aufidus gefolgt sein muß; dort bog sie nach Westen um, ungefähr der Südgrenze der Diöcesen Ascoli und Bovino entsprechend, etwa bis Accadia, und lief dann, wieder den Grenzen der Diöcesen Bovino und Troja und zugleich dem Kamm des Gebirges folgend, nach Norden bis zum Gebiet der Ligurer. 5. Lucanien, Brettien, Iapygien.

12. Südlich vom nucerinischen und hirpinischen Gebiete erstreckte sich längs der Küste bis zum Silarus der Ager Picentinus (Plin. III 70, Strab. V 251). Die alte Hauptstadt war, wie der Name zeigt, Picentia (Strab. aaO.), nach dem Hannibalischen Kriege (194) wurde die Bürgercolonie Salernum in diesem Gebiete gegründet. Auch Eburum, das ebenfalls westlich vom Silarus liegt, scheint dazu gehört zu haben; es wurde allerdings von Augustus der III. Region zugeteilt, und Plinius setzt es darum nach Lucanien, dem widerspricht aber, daß es nicht in

VI 2 § I i .

Hirpiner. —

§ 12.

Ager Picentinus. Lucanien.

545

die lucanische Tribus Pomp tina, sondern in die Fabia eingeschrieben war, und der Magistrat der Duumvirn, der an der Spitze der Stadt stand, macht es wahrscheinlich, daß diese schon vor dem Socialkriege, also im Kriege gegen Hannibal, römisch geworden i s t W e n n nach Sali. Hist. III 67 Spartacus Picentinis, deinde Eburinis ingis occulte ad Nares Lucanas pervenite so sind hier nicht Eburum und der Ager Picentinus im weiteren Sinne, sondern die Gemeinde Eburum und die Gemeinde Picentia einander gegenüber gestellt. D a ß letzteres keineswegs ein Vicus von Salernum gewesen ist, zeigen Flor. II 6 und CIL. X 3608. Auch war Salernum in älterer Zeit unbedeutend, und ist erst g e g e n Ende des Altertums zu größerer Wichtigkeit gelangt. 7 km südlich von Silarus liegt Paestum, dessen Gebiet also in römischer Zeit bis zu diesem Flusse gereicht haben muß; in griechischer Zeit hat es wahrscheinlich auch die Ebene auf dem rechten Ufer umfaßt, die dann von den Samniten erobert wurde (Skylax 11), während die Stadt selbst unter die Herrschaft der Lucaner kam. Im Süden grenzte Poseidonia in griechischer Zeit an Elea (vgl. Strab. VI 252), und ohne Zweifel auch später, da keine andere Stadt dazwischen lag; die Grenze muß also etwa das Cap Licosa gebildet haben. W i e weit das Gebiet nach Innen gereicht hat, ist nicht zu bestimmen, wahrscheinlich doch bis zu den Bergen, die das T a l des Calor im Westen einfassen. Das Gebiet von Elea umfaßte das T a l des Haies, der bei der Stadt mündet, und g i n g an der Küste wohl bis C a p Palinuros, vgl. Strab. V I 252, der die λυπρότητα της γης hervorhebt. Im Süden war Lucanien begrenzt von dem Gebiet des griechischen Thurioi, an dessen Stelle 193 die latinische Colonie Copia trat. Es umfaßte das untere Tal des Krathis; die natürliche Nordgrenze bildet der Monte Pollino, das jenseits gelegene Nerulum war lucanisch (Liv. IX 20, 9 s. oben V i § 4), später scheint B e l o o h , R8m. Geschichte.

36

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Die italischen Stadtgebiete.

es Copia adtribuiert worden zu sein (Suet. Aug. 4 vgl. 2). Im Süden wird Ruscia (Rossano) noch im IV. Jahrhundert als Θουρίων έπίνειον bezeichnet (Prokop. Goth. Kr. III 28). An der Küste des Tyrrhenischen Meeres war Laos die letzte lucanische Stadt (Strab. VI 255, Plin. III 72). Die Halbinsel südlich von Thurioi gehörte den Brettiern; nur vier griechische Städte hatten hier nach Agathokles' Tode ihre Selbständigkeit gewahrt, Kroton, Kaulonia, Lokroi, Rhegion. Seit Petelia von den Brettiern erobert war, kann das Gebiet von Kroton im Norden nicht über den Neaethos hinaus gereicht haben; nach Süden hin wird es sich weiter erstreckt haben, da die nächste Stadt hier Scolacium war, die Grenze mag etwa halbwegs zwischen beiden angesetzt werden. Kaulonia lag bei Cap Stilo (Orsi, Mon. Ant. Une. XXIII 2, 685), also etwas nördlicher, als es auf unseren Karten angesetzt wurde : die Westgrenze des Gebietes, ebenso wie die des Gebietes von Lokroi, folgte ohne Zweifel im ganzen der Wasserscheide zwischen den beiden Meeren. Die Grenze zwischen Lokroi und Rhegion bildete der Halex (Fiumara di Melito, Nissen II 955), im Norden grenzte Rhegion an Tauriana, von dem es durch den Metauros oder einen von dessen Quellflüssen getrennt war (Cato Orig. fr. 71 Pet.). Das zwischen Thurioi und Herakleia, an der Küste, oder doch in deren Nähe gelegene Lagaria (Strab. VI 263) scheint zu Grumentum gehört zu haben (Plin. XIV 69, Nissen II 910), sodaß also Lucanien hier an den Tarantinischen Golf reichte. Weiter nördlich gehörte die Küste den Griechenstädten Herakleia, Metapontion und Tarent. Die Gebiete der beiden ersten scheinen sich noch im III. Jahrhundert ziemlich weit ins Binnenland hinein erstreckt zu haben, wenigstens werden andere Städte westlich des Bradanus hier nicht erwähnt. Die antiken Befestigungen bei Valsinni (am Siris), Caprarico (am Akiris), Castro Cicurio (am Kasas) mögen etwa die Grenze bezeichnen. Östlich vom Bradanus liegt Genusia

VI 2 § 12.

Lucanien.

Brettien.

Die Griechenstädte.

547

allerdings nur 1 4 Milien vom Meere, wir wissen aber nicht, wann diese Stadt selbständig geworden ist. D a s nördlich benachbarte Mateóla (Matera) hat im III. Jahrhundert Münzen geprägt, und war also damals unabhängig. Im Osten hat Mesochorion, halbwegs zwischen Uria und Tarent, wie sein griechischer Name zeigt zum G e biet des letzteren gehört, das aber, bei der Nähe von Uria und Manduria nur wenige Milien weiter gereicht haben kann. Nach Norden wird es sich bis an die Murgia erstreckt haben, die das Becken des Mare Piccolo abschließt ; Mottola, mit wohlerhaltenen Resten griechischer Befestigungen, ist ohne Zweifel tarantinisch gewesen. Im ganzen hat das tarantinische Gebiet annähernd dem heutigen Circondario entsprochen; und es ist j a auch an sich klar, daß eine so große Stadt ein entsprechendes Territorium gehabt haben muß. Die Grenze zwischen der III. und II. augusteischen Region bildete der Bradanus, da Metapontion (am rechten Ufer) zur III., die am linken Ufer liegenden Städte G e nusia und Mateóla zur II. Region gehörten; schon Antiochos von Syrakus, in der Zeit des Peloponnesischen Krieges, setzte die Grenze zwischen „Italien" und Iapygien bei Metapontion an (fr. 6 bei Strab. V I 254). Dadurch wird wahrscheinlich, daß der Fluß, wenigstens in seinem Mittellaufe, seit dem Ende des V . Jahrhunderts die Lucaner von den Iapygern geschieden hat. Im Quellgebiet des Bradanus war Bantia lucanisch, da hier, wie die bekannte Inschrift zeigt, oskisch gesprochen wurde, wie denn die Stadt von Augustus der III. Region zugeteilt worden ist. Das östlich benachbarte Forentum ist im dritten Samnitenkrieg von den Römern genommen worden (s. oben V 1 § 4), kann also damals nicht den Lucanern gehört haben, da diese mit Rom verbündet waren. 1 3 . In Lucanien und Brettien gab es, bis zum Hannibalischen Kriege, noch keine römischen Bürgergemeinden, und, soviel wir sehen, überhaupt kein römisches 35*

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Die italischen Stadtgebiete.

Gebiet; über die angebliche Abtretung eines Teiles des Silawaldes nach dem Pyrrhischen Kriege s. oben V 5 § 6. Auch latinische Colonien hat es damals südlich von Paestum noch nicht gegeben (wegen Vibo Valentia vgl. oben aaO.). Ebenso wenig gab es in dieser Zeit römisches Gebiet in Iapygien, abgesehen von Brundisium, das 267 erobert wurde (Zonar. VIII 7, Eutrop. II 17), und also bis zur Deduction der latinischen Colonie im Jahr 244 römisch gewesen sein muß. Die Ausdehnung des Gebietes kann nur nach der Lage der Nachbargemeinden bestimmt werden: Caelium und Uria im Westen sind etwa 30, Valetium im Südosten etwa 20 km entfernt. Sonst gab es in Apulien nur die beiden latinischen Colonien Venusia und Luceria. Die Grenze von Venusia nach Westen ist schon oben besprochen worden (§ 1 1 ) ; im Norden folgte sie dem Laufe des Aufidus, unweit dessen, bei Lavello, eine Inschrift mit der venusinischen Tribus Horatia gefunden ist (X 652); die Schlacht, die am linken Ufer des Flusses 279 gegen Pyrrhos geschlagen wurde (Gr. Gesch. III 2 391), wird nach Ausculum benannt, dessen Gebiet also bis hierher gereicht haben muß. Die Südgrenze wird durch die Berge von Forentum und Bantia bezeichnet. Die Ausdehnung nach Osten ist unsicher, muß aber nicht unbedeutend gewesen sein, da, soviel wir sehen, Silvium (Gravina) hier die nächste Stadt war ; die Grenze mag also etwa halbwegs zwischen beiden Städten bei Spinazzola gelaufen sein, das auch heut zur Diöcese Venosa gehört, und dann, etwas unterhalb Lavello, den Aufidus erreicht haben. Nach Nordosten grenzte Venusia ohne Zweifel an Canusium; auch heut liegt zwischen diesem und Lavello längs des Aufidus keine Ortschaft. Auf der anderen Seite erstreckte sich das Gebiet von Canusium bis zur Mündung des Flusses, wo das έμ,πόριον των Κανυσιτών lag (Strab. V 283). Cannae muß also in älterer Zeit von Canusium abhängig gewesen sein, und ist wahrscheinlich erst nach

V I 2 § 13.

Apulien.

549

dem Socialkriege davon abgetrennt worden. Das nördlich benachbarte Salapia heißt bei Strab. V 283 των Άργυριππίνων Ιπίνειον. Aber die Stadt hat in der zweiten Hälfte des III. Jahrhunderts im eigenen Namen geprägt, wenn auch nur in Kupfer, und später kann sie natürlich nicht mehr zu Arpi gehört haben. Vielmehr war der Seehafen von Arpi Sipontum (Liv. X X X I V 45) ; es ist im Hannibalischen Kriege verloren gegangen, und 194 römische Colonie geworden (Liv. X X X I V 45. X X X I X 23). Das arpanische Gebiet hat sich also bis an den Garganus erstreckt ; Hyrion, im Norden des Gebirges, hat im eigenen Namen geprägt. Im W e s t e n liegt Luceria nur 20 km von Arpi entfernt, die Gebiete müssen also an einander gegrenzt haben. Nach Süden, gegen Aecae, wird das Gebiet von Luceria kaum über den Volgane hinaus gereicht haben, der auch jetzt die Grenze der Diöcese bildet; im Westen reichte es ohne Zweifel bis an den Kamm der Berge, die Apulien von Samnium trennen. Die Nordgrenze werden die Berge gebildet haben, die das T a l des Triolo nach Norden abschließen. Im Norden war Teanum die letzte apulische Stadt. Es lag am rechten Ufer des Fertur, das Gebiet hat also ohne Zweifel auf das andere Ufer hinübergegriffen, wie denn Teanum an Buca (Termoli) gegrenzt haben soll (Strab. V 242), oder vielmehr an Histonium, zu dessen Gebiet dieses gehörte. Die Grenze lief etwas östlich vom Tifernus, auf dessen rechtem Ufer, im Campomarino, eine Inschrift mit der frentanischen Tribus Arnensis gefunden ist (IX 2827). In dieser Gegend muß nach Plin. III 103; Mela II 65 Cliternia gesucht werden, dessen genaue L a g e noch nicht nachgewiesen ist; wir können nicht sagen, ob es zu Apulien, oder den Frentanern gehört hat. Weiter oben bildete der Tifernus die Grenze zwischen dem Frentanischen Bunde und Larinum (Plin. III 103. 106), das zwar ethnographisch zu den Frentanern gehört hat (Plin. III 105 Larinates cognomine Frentani), politisch aber für

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V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

sich stand, denn es hat im eigenen Namen gemünzt und ist darum nach dem Socialkrieg nicht, wie die übrigen Frentaner, der Arnensis, sondern der Clustumina zugeteilt worden. 6. D e r

Hochappennin.

14. Das Gebiet des Aequer wurde bei der römischen Eroberung am Ende des IV. Jahrhunderts zum großen Teil an römische Bürger aufgeteilt, und aus diesen die Tribus Aniensis und zwei Colonien latinischen Rechtes, Carsioli und Alba, gebildet. Der Rest des Landes, die Gemeinden Afilae, Treba, Trebula Suffenas im Süden, Cliternia und ein ländlicher Bezirk, der den Namen des V o l k e s bewahrte, die Respublica Aequiculorum im Norden, blieb den alten Bewohnern. Die Tribus Aniensis lag, wie der Name zeigt, im Tale des Anio, und zwar am Oberlaufe des Flusses, da der Unterlauf teils zum Gebiet der Bundesstadt Tibur, teils zum altrömischen Gebiete gehörte (s. oben II 1 § 1). A l s die Tribusbezirke nach dem Socxalkriege ihre administrative Selbständigkeit verloren, ist das Gebiet der Aniensis an Tibur adtribuiert worden, da Sublaqueum in der Kaiserzeit zu diesem gehört hat (Tac. Ann. X I V 22). Der Bezirk hat also im Westen an Tibur gegrenzt, und kann sich im Osten nicht über Sublaqueum hinaus erstreckt haben, denn unmittelbar südlich und östlich davon liegen die Municipien Afilae und Treba, die sich in das Quellgebiet des Anio teilten (Plin. III 109 Anio in monte Trebanorum ortus). D a ß die Herniker über das Gebirge bis hierher gereicht haben sollten, ist unwahrscheinlich; die Diöcese Trevi ist erst im Mittelalter mit Anagni vereinigt worden. Es müssen also alte Aequerstädte g e wesen sein. Trebula Suffenas, das bei Plin. III 107 unter den Gemeinden der IV. Region aufgeführt wird, lag in den Bergen westlich von hier, in der Flußbeuge des Anio, etwa bei Ciciliano, wo nach den Inschriften der Mittelpunkt

V I 2 § 14.

T r i b u s Aniensis.

Trebula Suffenas.

Carsioli.

55*

einer Gemeinde gewesen sein muß (XIV 3500. 3501. 3512, 3502) ; den Namen gibt eine unweit davon, bei der verfallenen Kirche S. Pietro unterhalb Saracinesco gefundene Inschrift (XIV 3492 mit der Emendation Dessaus). Bestätigt wird es, wie Cuntz gesehen hat (Österr. Jahresh. II, 1899, S. 89), durch die Tab. Peut., die an der Straße von Praeneste nach Carsioli eine Station Treblis verzeichnet, und diese Straße kann nur über Genazzano und weiter über S. Vito und durch das Tal des Fiumicino, also bei Ciciliano vorbei, gelaufen sein; die wirkliche Distanz beirägt allerdings bis Ciciliano etwa 16, von da bis Carsioli weitere 12 Milien, statt 11 bezw. 15, wie die Tabula angibt, aber die Station ad Treblas kann ja etwas südlich von Ciciliano, etwa bei Cerreto, gelegen haben, das 15 Milien von Carsioli entfernt ist, und überhaupt ist ja auf die Zahlen der Tabula kein unbedingter Verlaß. Die Angabe bei Tacitus, daß Sublaqueum zu Tibur gehört hat, braucht darum keineswegs verworfen zu werden, wie Dessau das tut; wir haben nur anzunehmen, daß das Gebiet von Trebula auf das Tal des Fiumicino beschränkt war, wie an und für sich sehr wahrscheinlich ist, und im Norden den Anio nicht erreicht hat. Auf dieses Trebula geht Martial V 71 (Cuntz aaO. S. 90). vgl·

Es gibt allerdings eine Gegeninstanz. Nach Varrò bei Dionys. 14. 2. lag Trebula 60 Stadien von Reate; da nun die Entfernung bis Trebula Mutuesca etwa das doppelte beträgt, so müßte Suffenas gemeint sein, da$ also im Sabinerlande gelegen hätte (Nissen II 1, 475). Aber dem Zeugnis der Tab. Peut, gegenüber kann diese A n g a b e nicht ins Gewicht fallen; es bleibt die Möglichkeit, daß es noch ein anderes Trebula hier gegeben hat, oder wahrscheinlicher, daß die Zahl bei Dionysios verderbt, und Trebula Mutuesca gemeint ist. Über die Grenzen der Colonie Carsioli haben wir keine Angaben, das Gebiet muß aber das Quellbecken des Turano umfaßt haben, in dessen Mitte die Stadt liegt.

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V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

Im Norden gehörte Paganico zu Trebula Mutuesca, wie eine Inschrift mit der Tribus Sergia zeigt (IX 4925) ; auf allen anderen Seiten ist das Tal von hohen Bergwällen eingeschlossen. Im Osten grenzte Carsioli an die Colonie Alba. Deren Gebiet reichte im T a l der Himella bis S. Anatolia und S. Stefano bei Scanzano, wo Steine mit der Aufschrift Albensium fines gefunden sind (IX 3930. 3929). Auf der anderen Seite reichte es bis zum Fucinus, wie schon der Name A l b a Fucens beweist, und durch Steine mit der albensischen Tribus Fabia bei Cese (3933) und südlich von A v e z z a n o (3922) bestätigt wird, während eine Inschrift aus Luco (Lucus Angitiae) bereits die marsische Tribus Sergia zeigt (3894). W o die Grenze am Nordufer des Sees gewesen ist, bleibt unsicher, doch mag Celano schon marsisch gewesen sein. Nach Norden und Süden bildet der Kamm des Gebirges die natürliche Grenzscheide. Das T a l der Himella von der albensischen Grenze abwärts wurde von den Gemeinden Respublica Aequiculorum und Clitemia eingenommen. Die Südgrenze war, wie Steine mit der Tribus Claudia zeigen, bei Torano (4120. 4123), die Nordgrenze bei Cliternia (Capradosso) selbst (Tribus Claudia 4x69), da das nahe Tal des Velino mit Aquae Cutiliae bereits den Sabinern gehörte. 15. Das Sabinerland umfaßte die Praefecturen Reate, Nursia, Amiternum, zwei Fora, Forum Novum und Forum Deci, die vici Cures und Trebula Mutuesca (CIL. IX 4882, Ephem. Epigr. VIII 203), die wohl ebenfalls Sitze von Praefecturen gewesen sind, und die Tarinates, deren L a g e noch nicht nachgewiesen ist. Von den übrigen Gemeinden, die im plinianischen Katalog als sabinisch aufgeführt werden, gehörten Fidenae, Nomentum, Trebula Suffenas, Tibur zu Latium, unter den Interamnates ist wahrscheinlich die Stadt der Praetuttier zu verstehen, da diese sonst in dem Katalog nicht genannt wird, während

V I 2 § 14.

Alba.

Aequiculi. — § 15.

Ager Sabinus.

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Interamna Nahartium unter den Gemeinden der VI. Region steht. Über die Grenze gegen Latium siehe oben II 1 § 1. Die Westgrenze, gegen die Falisker, bildete die Tiber (Plin. III 53). Forum Novum war hier die letzte sabinische Gemeinde, Ocriculum lag schon in Umbrien. W o die Grenze zwischen beiden Städten war, läßt sich nicht sicher bestimmen; daß Magliano jetzt und schon seit dem Mittelalter zur Diöcese Sabina (Forum Novum) gehört, beweist nichts, da Ocriculum seinen Bischofsitz früh verloren hat. Es ist jedenfalls nicht wahrscheinlich, daß die Grenze fast unmittelbar vor den Toren der Stadt gewesen sein sollte. Andererseits muß das Tal des Baches Aia, in dem Forum Novum lag, ganz zu diesem gehört haben, die Grenze wird also etwa an der Mündung des Baches Campana. zwischen Foglia und Magliano, gewesen sein. Weiterhin wird dann die Wasserscheide zwischen Tiber und Nar die Grenze gebildet haben; jedenfalls hat Stroncone, südlich von Interamna, bereits zu dessen Gebiete gehört, wie die hier in der Nähe bei S. Antimo gefundene Inschrift IX 4214 (civitatijs Interamna[tium) bezeugt, und durch die Inschriften aus Stroncone selbst IX 4188 (domus Umbria) und 4298 (Tribus Clustumina) bestätigt wird. Heute gehört diese Gegend zur Diöcese Narni, die sich hier auf Kosten von Interamna vergrößert hat. Das südwestlich von hier gelegene Val Cañera gehörte zu Reate, wie Inschriften mit der reatinischen Tribus Quirina beweisen, die in Contignano und weiter südlich in Poggio Perugino gefunden sind (CIL. IX 4753. 4754). Dagegen hat eine Inschrift aus dem westlich davon, im Tal der Aia oberhalb Forum Novum gelegenen Montasola die Clustumina (CIL. IX 4808); die Grenze des reatinischen Gebietes folgte also hier der Wasserscheide zwischen Tiber und Velino, entsprechend der heutigen Diöcesengrenze. Weiter östlich, im Tal des Torano (Tolenus) findet sich die Quirina in Rocca Sinibaldi (CIL. IX 4892),

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V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

die Sergia in Paganico {CIL. 4920), 11 km flußaufwärts, die Grenze muß also zwischen beiden Orten gelaufen sein. Was westlich und südlich der hier bezeichneten Grenze bis zur Tiber liegt, gehörte zu Trebula Mutuesca, Forum Novum und Cures. Weiter nördlich gehörte der Lacus Velinus zum Gebiet von Reate (Plin. III 108); die Grenze gegen Interamna bildeten die Cascate delle Marmore 2 Milien weiter unten ; über die Regelung des Abflusses des Wassers lagen die beiden Nachbarstädte öfter im Streit (Cic. Scaur. 12, 27, Ait. IV 15, 5, Varr. RR. III 2, 3). Oberhalb Terni hat die Wasserscheide zwischen Nar und Clitumnus die Grenze gebildet; wenigstens sind bei Ferentillo am rechten Ufer des Flusses Inschriften mit der sabinischen Tribus Quirina gefunden (IX 4990. 4992). Im Norden gegen Camerinum, im Osten gegen die Picenter und Praetuttier bildete dann der Appennin die natürliche Scheide. Dagegen fehlt eine solche natürliche Grenze im oberen Aternustal; Amiternum gilt hier als die letzte Sabinerstadt, Aveia und Peltuinum als vestinisch; da sie aber ebenso wie Amiternum Sitze von Praefecturen gewesen sind, muß auch ihr Gebiet schon vor dem Socialkriege römisch gewesen sein (s. unten VI 3 § 2). Zur Praefectur Peltuinum gehörten auch die Aufinates Cismontani (Plin. III 107, vgl. CIL. IX 3384.3383), sodaß der Appennin bis zum Unterlauf des Aternus die Grenze gebildet hat. Die Beuge des Aternus aber, bei Corfinium und Superaequum, lag auf paelignischem Gebiet. Die Grenze der Diöcese Sulmona läuft etwas nördlich von Secinaro, und südlich von Acciano, also nur etwa 4 Milien oberhalb Superaequum; es mag aber sein, daß das Gebiet im Altertum etwas weiter gereicht hat. Zwischen Vestinern und Marsern bildete dann das Gebirge die Grenze. Der Lauf der Grenze zwischen Sabinern und Aequern ist oben angegeben. 16. Östlich vom Appennin bis zum Adriatischen Meer erstreckte sich der Ager Praetuttianus. Die Nordgrenze

V I 2 § 15.

Sabiner. — § 16.

Praetuttier.

Hadria.

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g e g e n Picenum bildete der Helvinus (Plin. III 110), den Plinius zwischen den Tessuinus (Tessino, bei Grottamare) und Cupra Maritima (am Menocchio) setzt; der Helvinus müßte also das Flüßchen sein, das bei Marano (heut in Cupra umgetauft) mündet, denn die Acqua Rossa zwischen Marano und Grottamare, an die man auch gedacht hat, ist nur ein Graben. Dagegen setzt die Tab. Peut, den Helvinus, oder wie sie schreibt, Herminus, zwischen Castrum Novum und Truentum, und das ist offenbar richtig, denn auch nach Mela (III 65) ist Truentum die letzte picentische Stadt, während Castrum Novum vor der Eroberung von Picenum gegründet ist, also nicht auf picentischem Gebiet. Dadurch ist der Tordino ausgeschlossen, der unmittelbar südlich von Castrum Novum mündet; wahrscheinlich ist er identisch mit dem Batinus, den Plinius bei Castrum Novum nennt. Der Helvinus würde dann entweder der Salinello oder der Vibrata sein. Eine Inschrift aus S. Omero, zwischen beiden Flüssen gelegen, zeigt die interamnatische Magistratur der Octoviri (5158); es wird dadurch sehr wahrscheinlich, daß das Gebiet von Interamna bis zum Vibrata gereicht hat; es kann sich aber auch kaum weiter erstreckt haben, da sonst für das Gebiet von Castrum Truentum nichts übrig bleiben würde. Weiter westlich, im Gebirge, hat dann ohne Zweifel die Wasserscheide zwischen Tronto und Tordino die Grenze gebildet, wie später und noch heut zwischen den Diöcesen Ascoli und Teramo; sie lief, nach einer Bulle Anastasius'IV. von 1153 a capite Gomani per ipsam summitatem montium usque ad rivum qui decurrit inter Esculaniim comitatum et Aprutinum (Ughelli I2 357 und Palma, Stor. di Teramo I2 285, Teramo 1900). Die Südgrenze des A g e r Praetuttianus, gegen die latinische Colonie Hadria, bildete der Unterlauf des Vomanus (Plin. III 110). Da eine bei Basciano, am rechten Ufer 26 km flußaufwärts gefundene Inschrift die hadrianische Tribus Maecia hat (IX 5051), scheint das Gebiet der Colonie

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V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

bis hierher gegangen zu sein. Am Oberlauf des Flusses hat das Gebiet von Interamna dann ohne Zweifel auf das rechte Ufer hinübergegriffen, wie auch die heutige Diöcese ; die Worte a capite Gomani in der soeben angeführten Bulle von 1153 wird niemand pressen wollen. Die Westgrenze wird vom Kamm des Appennin gebildet. Der Ager Hadrianus hätte nach Plin. III 110 im Süden bis zum Aternus gereicht, was aber nicht ganz richtig ist, da das an der Mündung des Flusses gelegene Aternum den Vestinern gehörte (Strab. V 241/242). Vielmehr lag der Hafen von Hadria an der Mündung des Matrinus (Strab. V 241), sodaß der unweit südlich davon mündende Salino in seinem Unterlaufe die Grenze gebildet haben wird, die dann weiter der Wasserscheide zwischen beiden Flüssen gefolgt sein muß, und bei Basciano den Vomanus erreichte. Das Gebiet der Vestiner reichte bis zur Mündung des Aternus; auf den Höhen über dem rechten Ufer des Flusses erhebt sich die Hauptstadt der Marruciner, Teate, der Fluß hat also zwischen beiden Völkern die Grenze gebildet, wie noch heut zwischen den Diöcesen Penne und Chieti. Eine bei Letto Manopello 18 km oberhalb Chieti gefundene Inschrift hat die marrucinische Tribus Arnensis (CIL. IX 3072), offenbar aber hat das marrucinische Gebiet sich noch weiter aufwärts bis zur Maiella und dem Monte Morrone erstreckt, die die natürliche Grenze gegen die Paeligner bilden, wie noch heut die Grenze zwischen den Diöcesen Chieti und Sulmona. Nach Osten kann das Gebiet nur etwa bis zum Foro gegangen sein, da Ortona bereits den Frentanern gehörte. Das Frentanische Gebiet ging längs der Küste bis zum Tifernus (s. oben § 13), nach Innen im Westen bis Iuvanum am Ostfuße der Maiella, und von da bis zum Tifernus, wie oben angegeben (s. § 10). Das Gebiet der Paeligner ist auf allen Seiten von schroffen Bergwänden eingeschlossen, außer im Norden,

V I 2 § i6.

Abruzzen. —

§ 17.

Picenum.

557

im Tal des Aternus; in diesem reichte es nach oben bis Superaequum (s. oben S. 554), nach unten bis Interpromium (Torre de1 Passeri), wo eine Inschrift mit der paelignischen Tribus Sergia gefunden ist (CIL. IX 3049). Das Gebiet der Marser endlich umfaßte das Becken des Fucinus, soweit dieses nicht zu Alba gehörte, und das obere Tal des Liris bei Antinum; die Grenzen sind oben umschrieben (s. § 4 und 14). 7. Picenum, Ombrien. 17. Das Gebiet der Picenter reichte vom Helvinus im Süden (s. oben § 16) bis zum Aesis im Norden (Liv. V 35, 3, Strab. V 241, vgl. 217. 227), schloß aber die syrakusische Colonie Ankon aus (s. oben V 5 § 8). Das Gebiet der Stadt hat ohne Zweifel bis zum Aesis gereicht, der im Westen die natürliche Grenze, und noch heut die Grenze der Diöcese bildet. Auf der anderen Seite hat Numana, das ebenfalls als sikeliotische Gründung bezeichnet wird (Plin. III 110), zu Ankon gehört; der unweit südlich mündende Fluß Aspia bildete wahrscheinlich die Grenze gegen die Picenter, wie er noch heut die Diöcese begrenzt. Später ist es zum eigenen Municipium geworden

(V 6991. IX 5831.5832). Bei der Unterwerfung der Picenter 268 blieb Asculum selbständig. Wie weit das Gebiet der Stadt nach Norden gereicht hat, ist unsicher, wahrscheinlich bis zum Tessino, und weiterhin der Wasserscheide zwischen Tronto und Aso, entsprechend der Grenze der Grafschaft und Diöcese Ascoli im Mittelalter. Nördlich des Tessino, bei Cossignano, ist eine Inschrift mit der Tribus Velina gefunden (IX 5331), während Asculum in der Fabia stand. Im Westen bildete der Kamm des Appennin die Scheide gegen das Land der Sabiner, im Osten gehörte Castorano zu Asculum (IX 5283, Tribus Fabia), Monteprandone (IX 5276, Tribus Velina) zu Castrum Truentum, die Diöcesengrenze läuft noch jetzt zwischen beiden Orten.

55«

V I a.

Die italischen

Stadtgebiete.

Der Rest des picentischen Gebietes, höchstens mit Ausnahme der Gemeinde der Pollentiner (Urbs Salvia,, s. unten VI ι § 8), ist 268 römisch geworden. Die Westgrenze bildete der Appennin; die jenseits gelegenen Städte Camerinum, Matilica, Tuficum gehörten zu Umbrien, die diesseits gelegenen Cupra Montana, Septempeda, Tolentinum zu Picenum ; auch in S. Genesio, das seit dem Mittelalter zur Diöcese Camerino gehört, ist eine Inschrift mit der picentischen Tribus Velina gefunden (IX 5521), sodaß also Camerino hier über die alte Grenze hinausgegriffen hat. Auf einem Teile des eroberten Landes ist wenige Jahre später (264) die latinische Colonie Firmum gegründet worden. Da die Stadt nach dem Socialkriege in die Velina eingeschrieben worden ist, zu der auch die Nachbargemeinden gehörten, lehrt uns die Tribus hier nichts über die Ausdehnung des Gebietes ; ebenso wenig die kirchliche Einteilung, da die Diöcese im Mittelalter sehr beträchtlich erweitert worden ist. Einen ungefähren Anhalt gibt die Lage der Nachbargemeinden Pausulae, Falerio, Cupra Maritima; Cluana (Plin. III i n ) war nur ein Vicus. (Viens Cluentensis, CIL. IX 5804, bei Civitanuova gefunden); danach kann das Gebiet nach Norden kaum über den Ete Morto hinaus gereicht haben; am rechten Ufer dieses Flusses, bei Montesampierangeli, ist der Grabstein des Aquilifer der Leg. IV Macedonica gefunden (IX 5527), die von Augustus nach Firmum deduciert worden ist (CIL. IX 5420). Im Westen findet sich ein VIII vir Firmi auf einer Inschrift von Monte S. Pietro Morico (IX 5374), 6 km von Falerio, erwähnt; die Beifügung des Stadtnamens macht wahrscheinlich, daß wir hier schon außerhalb des firmanischen Gebietes stehen. Ein anderer Octovir, diesmal ohne den Zusatz Firmi, X 5367 aus Lappedona, 7 km südlich von Fermo (diese Octoviri sind sämtlich liberti, entsprechend den Seviri). Die Südgrenze hat also wahrscheinlich der Aso gebildet, denn das Tal

V I 2 § 17.

Picenum. —

§ 18.

Ager Gallicus.

55g

des Menocchio gehörte schon zu Cupra Maritima, das an der Mündung dieses Flusses lag. Im Osten stieß das Gebiet an das Meer, wo Castellum Firmanum der Hafenplatz der Stadt war. Möglich ist es, daß das Gebiet bei der Deduction der Militärcolonie durch Augustus erweitert worden, also vorher etwas kleiner gewesen ist, doch ist das kaum wahrscheinlich, denn der Flächeninhalt entspricht etwa der der anderen um dieselbe Zeit wie Firmum gegründeten latinischen Colonien, auch hat die Assignation unter Augustus in das Gebiet der Nachbargemeinden, wenigstens das von Falerio, hinübergegriffen {CIL. IX 5240). 18. Das 283 eroberte Gebiet der Senonen, vom Aesis bis zum Utens (Liv. V 35, 3) wurde in älterer Zeit als Ager Gallicus in Piceno bezeichnet. Es entspricht den späteren Gemeinden Aesis, Sena Gallica, Ostra, Suasa Senonum, Forum Sempronii, Fanum Fortunae, Pisaurum, Ariminum. Die Grenze nach dem Inneren muß etwa den Bergen nördlich von Sentinum gefolgt, dann nach Petra Pertusa südlich von Fossombrone gelaufen sein, und weiter etwa der Ostgrenze der Diöcesen Fossombrone, Pesaro und Rimini entsprochen haben. Doch scheint Montefiore, das jetzt zur Diöcese Rimini gehört, bereits zu Urvinum gehört zu haben, da in der Nähe, bei Levóle, der Stein IX 6476 mit der urvinatischen Tribus Stellatina gefunden ist. An der Nordgrenze des Ager Gallicus wurde 268 die latinische Colonie Ariminum angelegt. Deren Gebiet reichte also im Norden ursprünglich bis zum Utens, später, wie bekannt, bis zum Rubico; im Süden bildete der Crustuninus die Grenze der VIII. augusteischen Region (Plin. III 1x5), und folglich, da Ariminum deren letzte Stadt war, auch dieser Gemeinde. Das unmittelbar römische Gebiet in Umbrien beschränkte sich, bis zum Socialkriege, auf Fulginiae, Forum Flaminii und Plestia (s. unten V 3 § 14). Zur Bestimmung der Grenzen haben wir keinen anderen Anhalt als die

56ο

V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

Lage der sicher oder sehr wahrscheinlich foederierten Nachbarstädte Camerinum, Asisium, Mevania, Trebiae; die Ostgrenze wird also die Wasserscheide gegen das Quellgebiet des Chienti gebildet haben, die Westgrenze etwas jenseits des Topino gelaufen sein. Das entspricht etwa der Ausdehnung der heutigen Diöcese Foligno, nur daß diese noch Spello umfaßt. Außerdem lagen in Umbrien die beiden latinischen Colonien Spoletium und Narnia. Die ersterc grenzte im Osten an Nursia (s. oben § 15), im Westen an Tuder, zu dem der Vicus Martis Tudertium bei S. Maria in Pantano gehörte (CIL. X I 4744. 4748. 4751), die Grenze bildete also hier der Monte Martano, der sich unmittelbar östlich davon erhebt, und noch heut die Diöcesen scheidet. Im Norden ging das Gebiet von Spoletium bis Passignano rechts vom Oberlauf des Clitumnus nicht weit von der Quelle, wie eine dort gefundene Inschrift mit der spoletinischen Tribus Horatia zeigt (XI 4869). Danach scheint auch die Quelle selbst zu Spoletium gehört zu haben, bis sie Augustus seiner Colonie Hispellum zuteilte (Plin. Epist. VIII 8, 6). In dieser Gegend muß das Gebiet von Trebiae begonnen haben, das jetzt zur Diöcese Spoleto gehört, im Altertum aber eine eigene Gemeinde gebildet hat. Über die Grenze zwischen Spoletium und Nursia s. oben § 15. Im Süden mag die Wasserscheide zwischen Tinia und Nar die Grenze gegen Interamna gebildet haben; heut greift die Diöcese Spoleto darüber hinaus, bis fast vor die Tore von Terni. Das ist aber für das Altertum nicht beweisend, da Terni von ca. 833—1217 zur Diöcese Spoleto gehört hat. Für den Umfang des Gebietes von Narnia ergibt sich nichts aus der heutigen Begrenzung der Diöcese, da diese im Westen das Gebiet von Ocriculum, im Norden fast das ganze Gebiet von Carsulae einschließt, im Osten Stroncone, das zu Interamna gehörte. Die Haupt-

VI

2

§ 18.

561

Umbrien.

ausdehnung muß nach Süden hin gewesen sein, wo die nächste Stadt, Forum Novum etwa 20 km entfernt liegt; die Entfernung nach den übrigen Nachbarstädten beträgt nur 10—15 km. A u c h die Gebiete der übrigen umbrischen Gemeinden lassen sich annähernd feststellen, es kommt aber hier für uns nichts darauf an, da sie, so viel wir sehen, sämtlich mit Rom foederiert gewesen sind, und in der Geschichte nirgends hervortreten. Nur Nuceria Camellaria und Tadinum können vielleicht römisch gewesen sein, doch läßt sich darüber nichts sagen, da weder die Tribus noch die Magistrate bekannt sind. Die Ostgrenze der Landschaft, gegen Picenum, ist oben bezeichnet worden; die Westgrenze g e g e n Etrurien bildete im ganzen die Tiber (Plin. III 53), doch griff Umbrien an einigen Stellen etwas auf das rechte Ufer hinüber. So gehörte Monte (bei Anghiari) zu Tifernum {CIL. XI 5937, s. unten § 23). Weiter unten, bei S. Angelo di Colle, gleichfalls auf dem rechten Ufer, im Gebiet der Gemeinde Deruta, ist kürzlich eine von L. Velius L. f. Clu. Prud(ens) gesetzte Ehreninschrift für Hadrian zu T a g e gekommen (Not. Scavi 1905, 196). Nicht weit von da, in Castro Casalaltae agri Tudertini ist nach Muratori Thes. S. 866, 5 die Grabschrift des L. Velius P. f. Clu. Firmus gefunden (in das CIL. XI nicht aufgenommen) die, wie die neue Inschrift zeigt, ohne Zweifel echt ist. Danach scheint die ganze Ebene an beiden Ufern des Flusses zu Tuder gehört zu haben. Hier wäre es ja möglich, daß erst Augustus dies Gebiet seiner Colonie Tuder zugeteilt hätte; da aber die Stadt selbst an der Tiber liegt, ist es wenig wahrscheinlich, daß die Grenze bis dahin unmittelbar vor ihren Toren gelaufen sein sollte, während die nächste Etruskerstadt Volsinii (Orvieto) in der Luftlinie 22 km entfernt lag. Um so weniger, als auch das Gebiet von Amelia sich auf das rechte Ufer erstreckt hat, da der Vadimonische See bei Orte dazu gehörte (Plin. Epist. VIII 20, 3). Ώ e 1 o c h , Rom. Geschichte.

86

5Ó2

VX 2.

Die italischen Stadtgebiete. 8. Etrurian.

19. Die Ausdehnung des Gebietes von Veji ergibt sich aus den Namen der Tribus, die dort errichtet wurden ; der Sabatina a lacu Sabate, der Stellatina [α campo] eo qui [prope abest ab urbe Ca]pena, der Tromentina a campo Tromento (Festus), der Arnensis ohne Zweifel nach dem Flusse, der noch heut Arrone heißt, dessen antiker Name aber nicht überliefert ist. Das Gebiet reichte also von der Grenze des alten Ager Romanus bis zum See von Bracciano, nach Osten bis in die Nähe von Capena und an der Tiber längs des Flusses bis 16 Milien oberhalb Roms (Plin. III 54), also etwa bis zur Mündung des Capenas. Nach Westen ging es nicht ganz bis an das Meer, da die 245 deducierte Colonie Fregenae doch ohne Zweifel ebenso wie die um dieselbe Zeit (247) deducierte Colonie Alsium auf dem Gebiet von Caere gegründet ist. Auch die Praefectura Claudia Foroclodi bei S. Liberato, am Westufer des Lacus Sabatinus, lag schon außerhalb des vejentischen Gebietes, das also hier nicht über das 3 km östlich von S. Liberato gelegene Bracciano hinaus gereicht haben kann. A l s dann Veji durch Augustus oder wahrscheinlich schon nach dem Socialkriege (s. oben II 1. § 7) zum Municipium wurde, sind ihm alle auf dem rechten Tiberufer gelegenen Landtribus zugeteilt worden, soweit ihr Gebiet nicht der Colonie Ostia adtribuiert war (Lib. Col. 221 f.), sodaß also das Municipium Veiens bis unmittelbar vor Rom reichte ; weshalb denn das dem Marsfelde gegenüberliegende Tiberufer in der Kaiserzeit Ripa Veientana heißt (Hülsen, Rom. Mitt. 1889 S. 287), eine Bezeichnung, die natürlich nicht aus der Zeit von Vejis Selbständigkeit herstammen kann, schon darum, weil das Gebiet der alten Etruskerstadt niemals so weit gereicht hat (s. oben II 1 § 11). Daher haben die vejentischen Centumviri ihre Sitzungen mitunter in Rom gehalten (CIL. XI 3805).

V I 2 § 1 9 . Veji. Ametinum. Capena. Nepet.

Sutrium. Falerii.

563

In dieser Gegend scheint Ametinum (CIL. VI 2404 a 12. X 6440) gelegen zu haben, das bei Plinius unter den Gemeinden der VII. Region (III 52 Amitinenses) und den untergegangenen Städten in Latium (III 68 Amitinim) aufgeführt wird; auch bei Vitruv. II 7, 1 sind die lapidicinae circa urbem Ameterninae in Ametinae zu emendieren (Hülsen in Pauly-W. I 2, 1841, Nissen, Ital. Landesk. II ι , 371). Ein pagus Amentinus minor wird CIL. VI 251 (aus 27 n. Chr.) erwähnt. Der Ort wird danach an der Grenze zwischen Etrurien und Latium, am rechten Tiberufer anzusetzen sein, entweder auf dem altrömischen oder dem vejentischen Gebiet. Daß es in der Kaiserzeit eine eigene Gemeinde bildete, bezeugt außer Plinius auch CIL. X 6440 (curator Ametinorum); Ametinum wird zugleich mit Veji Stadtrecht erhalten haben. Z u Capena gehörten der heilige Hain der Feronia am F u ß des Soracte (Cato Orig. II fr. 50 Pet., Verg. Aen. VII 697, Silius XIII 85), ebenso S. Oreste am A b h a n g des Berges (XI 3932. 3935). Dieser hat also die Grenze g e g e n Falerii gebildet. Die Ostgrenze bildete die Tiber. Nördlich von V e j i lagen die latinischen Colonien Nepet und Sutrium. Die Nordgrenze von Sutrium muß der Ciminische W a l d gebildet haben, die Südgrenze die Berge am S e e von Bracciano, im Westen scheint der Vicus Matrini dazu gehört zu haben. Das Gebiet von Nepet kann im Norden nicht weit über die Stadt hinausgegangen sein, da Alt- und Neufalerii (Civita Castellana und S. Maria di Falleri) nur fünf Milien entfernt liegen; die Südgrenze mögen die Berge von Baccano gebildet haben. Die Ausdehnung nach Osten bleibt unsicher, doch wird Stabbia (jetzt Faleria) zu Falerii gehört haben, wie es noch jetzt zur Diöcese Civita Castellana gehört. Das Gebiet von Falerii reichte im Süden bis Rignano (XI 3930) und zum Soracte (Plin. VII 19), im Osten zur Tiber, im Südwesten grenzte es an Nepet und Sutrium. Im Westen reichte es ohne Zweifel bis zum Ciminischen 36*

564

VI 2.

Die italischen Stadtgebiete.

W a l d e (vgl. V e r g . Aeri. VII 697), im Norden haben in älterer Zeit wahrscheinlich Horta und Ferentium d a z u gehört, die in unserer historischen Überlieferung nie erwähnt werden, denn Falerii muß doch, wie der Aufstand von 240 zeigt, eine nicht unbedeutende Macht besessen haben (Oros. IV 11, 10, Zonar. VIII 18). Beide Städte m ö g e n damals davon abgetrennt worden sein, blieben aber foederiert, denn wenigstens Ferentium hat später unter Quattuorvirn gestanden. Die Verfassung von Horta kennen wir nicht. 20. V e j i grenzte im W e s t e n an Caere, dessen Gebiet in älterer Zeit an der Küste von F r e g e n a e (s. oben II 1 § 1) bis wenigstens P y r g i reichte (Strab. V 226 έπίνειον τδ>ν Καιρετανων, Diod. X V 14, [Aristot.] Oekon. II 20, 9) wahrscheinlich darüber hinaus bis zum C a p Linaro, da die Colonie Castrum Novum d o c h offenbar ebenso auf caeritischem Gebiete gegründet ist, wie A l s i u m und F r e g e n a e ; die B e r g e um Tolfa bildeten hier die natürliche Grenze g e g e n Tarquinii, wie n o c h heute die Diöcesengrenze. Nach Innen muß das Gebiet bis zum L a c u s Sabatinus gereicht h a b e n ; wenigstens wäre schwer z u sagen, zu welcher anderen etruskischen Stadt das W e s t u f e r dieses Sees gehört haben könnte. Wahrscheinlich sind also die B a g n i di Vicarello im Norden des S e e s identisch mit der A q u a e Caeretanae, die in A u g u s t u s ' Zeit belebter gewesen sein sollen, als die verfallene Stadt Caere selbst (Strab. V 220), also z u den bedeutendsten Bädern Italiens gehört haben; dementsprechend sind bei den B a g n i di Vicerello zahlreiche Inschriften und W e i h g e s c h e n k e g e funden worden, während die Bagni del Sasso in den Berg e n fünf Milien westlich von Cervetri, die den Neueren meist für die Aquae Caeretanae gelten, wie es scheint, antike Reste nicht aufweisen. A u c h ist es an und für sich klar, daß Caere in etruskischer Zeit ein seiner Bedeutung entsprechendes Gebiet gehabt haben muß. A l s dann, bei der A n l a g e der Via Clodia, Forum C l o d i ge-

V I 2 § 20.

Caere.

Tarquinii.

Volci.

565

gründet wurde, ist der Norden dieses Gebietes als praefectura Claudia Foroclodi von der Praefectur Caere abgetrennt worden. W i e das Gebiet von Caere bis zum See von Bracciano, so erstreckte sich das Gebiet des benachbarten Tarquinii bis zum See von Bolsena, der darum auch Lacus Tarquiniensis genannt wurde (Plin. II 209. X X X V I 168, Vitr. II 7, 3). Tuscana, und wohl auch Blera und Sorrina (nur aus Inschriften bekannt) bei dem heutigen Viterbo müssen also in älterer Zeit zu Tarquinii gehört haben. Man hat das bei Cic. f. Caec. 7, 20 als im Gebiet von Tarquinii gelegen erwähnte Castellum A x i a in dem Castellacelo bei Viterbo wiederfinden wollen, und diesen Namen darum in Castel d ' A s s o geändert, doch das ist Spielerei. A u f dem 281 von Tarquinii abgetretenen Gebiet (s. oben V 4 § 3) wurde 181 die Colonie Graviscae gegründet (Liv. X L 29, 1) und etwas später Forum Cassii (s. unten VI 3 § 15); es scheint, daß das ganze Tal des Minio damals römisch geworden ist. Im Westen grenzte Tarquinii an Volci, zu dessen Gebiet Cosa gehörte (Plin III 51), bis 273 eine latinische Colonie dorthin deduciert wurde. Z u Cosa gehörte der Möns Argentarius, denn der Hafen an dessen Südküste hieß Portus Cosanus (Liv. X X I I 1 1 6. X X X 39, 15. Geogr. Rav. IV 32. V 2, Nissen Ital. Landesk. II 310). Die Nordgrenze muß an der Mündung der Albegna gewesen sein, denn jenseits des Flusses, etwa halbwegs zwischen diesem und Magliano, bei dem Gehöft S. Maria Borroccia l a g die Bürgercolonie Heba (Not. Scav. 1919 S. 200, Ptol. III ι , 43). Wir sind hier bereits auf dem alten Gebiet von Telamón (s. unten VI 3 § 15). Nördlich benachbart, im oberen Albegnatal, lag die Praefectur, seit 183 Bürgercolonie, Saturnia, das vorher zum Gebiet der verschollenen Etruskerstadt Caletra gehört hatte (Liv. X X X I X 55, Plin. III 52). Das etwa 10 km östlich davon gelegene Suana mag in älterer Zeit zu dieser Praefectur gehört haben,

566

V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

später bildete es ein eigenes Municipium. Noch weiter östlich muß Statonia gelegen haben. Der Lacus Statoniensis mit seiner schwimmenden Insel (Plin. II 209, Sen. Nat. quaest. III 25, 8) ist ohne Zweifel identisch mit dem See von Bolsena (Lacus Tarquiniensis), von dem dasselbe Phänomen berichtet wird (Plin. II 209), nicht mit dem mikroskopischen Lago di Mezzano bei Latera, wie Cliiver wollte (S. 517) und Nissen ihm nachschrieb (Ital. LandesJc. II 335); Plin. aaO. hat diese Identität freilich nicht erkannt, da er beide Seen nebeneinander aufführt. Hier am See haben also die Gebiete von Tarquinii und Statonia an einander gegrenzt, wie sich auch daraus ergibt, daß eine besondere Steinart, die in den lapidicinae Anicianae circa lacum Volsiniensem in finibus Tarquiniensium gebrochen wurde, item in -praefectura Statoniensi zu finden war (Vitruv. II 7, 3, daraus Plin. X X X V I 168). In dieser Gegend lag Visentium, das in der Kaiserzeit unter Duumvirn stand, also Altbürgergemeinde gewesen ist, und früher zur Praefectura Statoniensis gehört haben wird (s. oben VI 1 § 10). Die Lage von Statonia selbst ist noch nicht nachgewiesen. 21. Die Diöcese Rusellae reichte, nach einer sienesischen Urkunde von 715 (bei Repetti II 539 ff.), an der Küste im Süden bis zu dem Monti dell' Uccellina, nördlich von Talamone, dann folgte die Grenze der Höhe der Berge westlich von Scansano, Montiano, Montorgiale und Cinigiano einschließend; Monticelli gehörte bereits zur Diöcese Chiusi. Weiter, im Tal des Ombrone, war die Grenze gegen Arezzo bei Poggio alle Mura und S. Angelo in Colle. Die Nordgrenze ergibt sich aus einer Bulle Clemens' III. vom 12. April 1188 (bei Repetti aaO.); danach gehörte zu Rusellae der südliche Zipfel der heutigen Diöcese Siena mit Civitella und der Abtei Ardenghesca, dann das Gebiet bis zu der Quelle der Merse nördlich von Boccheggiano, entsprechend der heutigen Grenze zwischen den Diöcesen Grosseto und Volterra, und weiter in südwestlicher Richtung zum Meer, wo der Unterlauf der Alma

VI 2 § 2i.

Rusellae.

Vetulonia.

Populonia.

Volaterrae.

die Grenze gegen Populonia bildete. In diesem Umfang ist aber auch das Gebiet von Vetulonia einbegriffen, welche Stadt nirgends als Sitz einer eigenen Diöcese bezeugt wird, und also entweder nie Bischofsitz gewesen ist, oder diesen doch sehr früh verloren hat. Die Grenze zwischen beiden Städten wird doch wohl die Lagune von Castiglione (Lacus Prilius) gebildet haben. Dann bliebe allerdings bis zur Alma für Vetulonia nur ein beschränktes Gebiet, es ist aber wahrscheinlich, daß bei dem Verfall der Stadt der westliche Teil von deren Gebiet an Populonia gekommen ist. Wir werden die Grenze etwa halbwegs zwischen beiden Städten, bei Follonica, ansetzen dürfen, wo die Diöcesengrenze übrigens auch heut wieder liegt; im Innern mag Massa Marittima, das im Mittelalter als Bischofsitz an die Stelle von Populonia getreten ist, zu Vetulonia gehört haben. Das Gebiet von Populonia umfaßte im wesentlichen das Tal der Cornia, die Nordgrenze muß etwa der Grenze zwischen den Diöcesen Massa und Volterra entsprochen haben (s. gleich unten). Auch Elba hat ohne Zweifel zu dem Gebiet gehört, da Populonia über den Ertrag der Eisengruben auf der Insel verfügte : [Aristot.] Wundergesch. 93 (95) σίδηρον, φ νυν Ιτι χρωνται Τυρρηνοι oí τό καλου^νον Ποπλώνιον οίκοϋντες, Liv. XXVIII 45 Etruriae populi pro suis quisque facultatïbus consulem [Scipio] adiuturos polliciti . . . Populonienses ferrum, Strab. V 223 άναβάντες èû τό Ποπλώνιον . . . εΓδομ,εν τους έργαζο[λένους τον σίδηρον τον έκ τής ΑΙδ-αλίας κομ,ιζόμενον, Varrò bei Serv. zur Aen. X 172. Das nördlich angrenzende Volaterrae hatte ein sehr ausgedehntes Gebiet. Es reichte im Westen an das Meer (Strab. V 223) wo Vada Volaterrana der Hafen der Stadt war; die Station ad Fines (Tab. Peut.), unweit nördlich von da, bezeichnet die Grenze gegen das Gebiet von Pisae, das Flüßchen Fine hat den Namen bewahrt. Im Norden ist eine Inschrift mit der volaterranischen Tribus Sabatina bei S. Miniato gefunden (CIL. XI 1745), ebenso im Osten

5 68

V I 2.

Die italischen Stadtgebiete.

in Barontoli 5 Milien von Siena (1809). Nach der Bulle Alexanders III. vom 21. April 1179 (Repetti V 827) hatte die Diöcese nach Süden, Westen und Norden etwa den jetzigen Umfang, im Osten gehörte fast die ganze Diöcese Colle dazu, die erst 1592 von Volterra abgetrennt worden ist, und der Westen der heutigen Diöcese Siena bis zur Montagnola und dem Monte Maggio, also fast bis zu den Toren der Stadt. Ursprünglich aber muß auch der Süden der heutigen Diöcese Pisa, vom Cecina bis zum Bach Fine und die heutige Diöcese S. Miniato bis zum Arno zur Diöcese Volterra gehört haben, da das Stadtgebiet sich im Altertum bis dahin erstreckte; diese Gebietsteile sind im frühen Mittelalter von den mächtigen Nachbarstädten Pisa und Lucca abgerissen worden, zu welch letzterem bis 1622 die ganze heutige Diöcese S. Miniato gehörte. 22. Das Gebiet von Pisae umfaßte also die heutige Diöcese von ad Fines nordwärts; nördlich vom Arnus gehörte Luca dazu, bis dieses 180 an Rom abgetreten wurde (Liv. XL 43, mein Ital. Bund S. 146, Bormann CIL. XI ι S. 295). Seitdem haben ohne Zweifel, wie später im Mittelalter, die Monti Pisani zwischen beiden Städten die Grenze gebildet. Die Küstenebene gehörte also zu Pisae; erst in viel späterer Zeit hat Lucca seine politische, und weiter auch seine kirchliche Grenze bei Viareggio ans Meer vorgeschoben. Im Norden ging das Gebiet von Pisae bis Pietrasanta, denn Vallecchia und Serravezza gehörten bereits zur Diöcese Luna-Sarzana, also zur Colonie Luna, und bis zur deren Gründung den Ligurern. Die natürliche Grenze zwischen Luca und Pistoriae bilden die Monti Albani, und hier läuft denn auch die Grenze der Diöcese Pistoia gegen Pescia und S. Miniato, die bis 1727 bzw. 1622 zur Diöcese Lucca gehörten. Die Grenze zwischen den Gebieten von Luca (vorher Pisae) und Volaterrae bildete der Arnus. Die Grenze zwischen den Diöcesen Pistoia und Florenz läuft hart östlich von Prato, in fast genau nordsüdlicher

V I 2 § 22.

Pisae.

Faesulae.

Saena. —

§ 23.

Arretium.

569

Richtung, und dem muß im Altertum die Grenze zwischen Pistoriae und Faesulae bzw., seit Sulla, Florentia annähernd entsprochen haben. Die Ostgrenze, gegen Arretium, wird durch die Station ad Fines (Itin. Anton. 285) bei S. Giovanni im Val d'Arno di Sopra bezeichnet. Innerhalb dieser Grenzen haben sich Inschriften mit der faesulanisch-florentinischen Tribus Scaptia in Vicchio am Sieve {CIL. XI 1596), Paterno, 4 Milien von Vallombrosa (XI 1616), S. Casciano (1617), S. Donato in Citilla im Val di Greve (1668) gefunden. Südlich des Arno bildet heute, und bildete schon im Mittelalter die Elsa die Grenze g e g e n die Diöcese Volterra, und ohne Zweifel lief hier bereits im Altertum die Grenze des faesulanischen Gebiets, und weiter längs der Nordgrenze der Diöcese Colle (früher Siena), und etwas nördlich der Grenze der Diöcese Arezzo bis S. Giovanni am Arno. Im Osten greift die Grenze heut in das Casentino hinüber; da dieses aber im Altertum eine eigene Gemeinde gebildet hat, muß die Grenze damals dem Prato Magno gefolgt sein, der die Wasserscheide zwischen dem Casentino und dem mittleren Arnotal bildet. Das Gebiet von Saena war nur wenig ausgedehnt, da der Süden der heutigen Diöcese zu Rusellae (s. oben S. 566), der Westen zu Volaterrae (s. oben S. 568) gehörte. Im Osten gehörten Brolio, Pacina, Pieve a Salti schon am Anfang des IX. Jahrhunderts zu Arezzo (Bulle Alexanders II. von 1070, bei Ughelli I 417, welche die Entscheidungen früherer Päpste bestätigt), doch mag die Diöcese Siena in älterer Zeit nach dieser Richtung etwas weiter gereicht haben; im Süden bildete der Ombrone von der Mündung des Serola bis zur Mündung der Merse die Grenze. 23. Arretium dagegen hatte ein ausgedehntes Gebiet. Es begann an der Tiberquelle (Plin. III 53), schloß Anghiari ein, wo eine Inschrift mit der arretinischen Tribus Pomptina gefunden ist (XI1843), das östlich benachbarte Monte

570

V I 2.

Die italischen

Stadtgebiete.

aber gehörte bereits zu Tifernum, wie eine hier gefundene Inschrift mit der umbrischen Tribus Clustumina beweist (XI 5937). Beides entspricht der heutigen Diöcesengrenze. Der jüngere Plinius besaß hier in der Nähe eine Villa; sie lag am Fuße des Appenin, am Rande einer von der Tiber durchflossenen lata et diffusa planities (Beschreibung Epist. V 6), also des Talkessels von Borgo S. Sepolcro, und zwar, wie sich aus IV 1, 4 und an Tratan 8 ergibt, im Gebiet von Tifernum, obgleich er selbst sie als Tusci bezeichnet. Etwas weiter südlich muß das Gebiet von Cortona begonnen haben. Die Diöceseneinteilung läßt uns hier im Stich, denn Cortona hat im Mittelalter zur Diöcese Arezzo gehört und ist erst 1325 davon abgetrennt worden. A u c h dann ist Montepulciano bei Arezzo geblieben, bis es 1561 zum eigenen Bischofsitze erhoben wurde. Die neue Diöcese wurde im übrigen aus Teilen der Diöcese Chiusi gebildet und die Nordgrenze des Gebietes von Clusium muß auch im Altertum in dieser G e g e n d gewesen sein, denn ein jetzt in Montepulciano befindlicher Meilenstein Hadrians aus dem Jahre 123 berichtet, daß dieser Kaiser viam Cassiam vetustate collabsam a Clusinorum finibus Florentiam atque perduxit milia passuum [a\b [Florentia L]XX[V]I (GIL. XI 6668). Die Entfernung von Florentia nach Clusium betrug auf der Cassia 87 Milien (Itin. Amt. 285), auf dem Meilenstein kann also im Minimum 72, im Maximum 81 ergänzt werden, da aber die Diöcese Chiusi sich vor 1561 bis nach Vallano, 10 —11 Milien nördlich von Chiusi erstreckt hat, ist die Zahl 81 ohne Zweifel zu hoch, denn es wäre doch unwahrscheinlich, daß das Gebiet von Clusium im Altertum weniger ausgedehnt gewesen sein sollte, als die Diöcese in der Zeit der Renaissance, als Chiusi schon seit Jahrhunderten in tiefem Verfall war (Dante, Par. X V I 75). Daß die Grenze 15 Milien nördlich der Stadt gewesen wäre, würde an sich möglich sein, doch wäre die Entfernung von Montepulciano dann so groß, daß der Stein

V I 2 § 23.

Arretium.

Cortona.

Clusium.

571

kaum dorthin gebracht worden sein würde, sondern eher nach Foiano. Die oben nach dem CIL. gegebene Ergänzung wird also richtig sein, um so mehr, als die Grenze dann in die Gegend von Valiano kommen würde, was mit den Diöcesengrenzen von 1561 genau über einstimmt. Im Westen reichte die Diöcese Arezzo 715 bis S. A n g e l o in Colle und Poggio alle Mura am Zusammenfluß der Orcia mit dem Ombrone (s. oben S. 566), doch gehörten diese beiden Orte selbst damals zu Rusellae, S. Angelo später (1462) zu Chiusi. Bis zur Errichtung 0 V O. \ jf O - Λ) JTÀV--[ r f o. ψ / Nonientium j -Ù 1 Carsiali

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