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German Pages 266 Year 1999
MARTIN SCHULTE
Rettungsdienst durch Private
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp
Band 124
Rettungsdienst durch Private
Von
Martin Schulte
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Schulte, Martin:
Rettungsdienst durch Private I von Martin Schulte. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 124) Zug!.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09823-4
06 Alle Rechte vorbehalten
© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-09823-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 43
Vorwort Das Rettungswesen ist ein (landesrechtlicher) Bereich, der in der juristischen Wissenschaft kaum Aufmerksamkeit erflihrt. Diesem Mangel soll mit dieser Arbeit, die der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen WilhelmsUniversität zu Münster als Dissertation vorgelegen hat, ein wenig abgeholfen werden. Zu der Abhilfe wäre es sicher nicht gekommen, wenn der Malteser Hilfsdienst in Bonn mich nicht während des Studiums zum Rettungssanitäter ausgebildet und mich sodann mit der rechtlichen Unterweisung seiner Zivildienstleistenden betraut hätte. Ganz besonderen Anteil an der Schaffung meiner "medizinischen" Voraussetzungen haben Herr Dr. med. Ulrich Heister und mein Bruder, Herr Dr. med. Christian Schulte, gehabt, beide tätig an den Universitätsklinken in Bonn. Sie haben mir auch auf Fragen zum rettungsdienstlichen Alltag zuverlässig und bereitwillig Auskunft gegeben. Dem Dank muß sogleich eine Bitte um Nachsicht folgen, denn das Ergebnis meiner Untersuchung kann - jedenfalls zunächst - meiner Ausbildungsorganisation sicher nur wenig gefallen. Aber schon in der Klassik wußte man, daß man sich auch mit Undankbaren einlassen muß, um einen Dankbaren zu fmden: est tanti, ut gratum invenias, experiri et ingratos! Dank gebührt auch meinem akademischen Lehrer und Doktorvater Prof Dr. Dirk Ehlers vom Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster, der die Arbeit vorbildlich betreut hat. Er hat mir nicht nur vorbehaltlos seine Bibliothek geöffnet, sondern war auch bei Fragen und Nöten im Doktorandenalltag stets ansprechbar. Zu Dank bin ich ebenfalls Herrn Prof Dr. Janbernd Oebbecke vom Lehrstuhl fiir Öffentliches Recht und Verwaltungs lehre verpflichtet, der das Zweitgutachten mit überobligationsmäßigem Engagement verfaßt hat. Schließlich bedanke ich mich bei Herrn Rechtsanwalt Horst Wüstenbecker, der mir drei Jahre Gelegenheit gab, an den Alpmann & Schmidt-Skripten im Öffentlichen Recht mitzuwirken; er hat mir damit Abwechselung und Selbstvertrauen zugleich verschafft. Maßgeblich zum Erfolg der Arbeit und des ihr vorausgehenden Studiums haben die beiden Stiftungswerke beigetragen, die mir ihre ideelle und materielle Förderung zukommen ließen. Im Studium durfte ich mich zu den Stipendiaten der Bischöflichen Studienilirderung Cusanuswerk und der Studienstiftung des deutschen Volkes zählen. Für das Promotionsstipendium geht mein Dank wiederum an die Studienstiftung des deutschen Volkes.
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Vorwort
Den Herausgebern sei für die Aufnahme in diese Schriftenreihe gedankt. Daß die Arbeit hier auch erscheinen kann, ist auf die großzügige fmanzielle Unterstützung der Universität Münster zurückzuführen. Das Manuskript wurde - von wenigen Ausnahmen abgesehen - im Dezember 1997 abgeschlossen. Bonn, im August 1999
Martin Schulte
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung................................................................................................................. 15 I. Untersuchungsinteresse ......................................................................................... 15 1I. Gang der Untersuchung ........................................................................................ 17
§ 2 Modalitäten der Krankenbeförderung .................................................................. 19 I. Notfallrettung ........................................................................................................ 20 1I. Krankentransport .................................................................................................. 22 III. Kranken- und Behindertenfahrten ......................................................................... 24 IV. Vereinheitlichte Terminologie .............................................................................. 25
§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung ............................................................. 27 I. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ................................................................. 27 1I. Vor der Novellierung in den 90er Jahren .............................................................. 31 III. Nach der Novellierung .......................................................................................... 34 I. Formaler Aufbau ............................................................................................... 35 2. Öffentliche Trägerschaft ................................................................................... 35 3. Private Notfallrettung und privater Krankentransport ....................................... 37 IV. Die Entwicklung in der DDR ................................................................................ 37
§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeführten Rettungsdienst ................................ .40 I. Gang der Untersuchung ........................................................................................ 40 1I. Vorzüge der öffentlichen Beauftragung ............................................................... .41 III. Organisationsmodelle des Rettungswesens ........................................................... 42 1. Ländermehrheit: Trennungsmodell .................................................................. .43 2. Differenzierungskriterium Aufgabenqualität: Berlin und Niedersachsen ........ .44 3. Vorbild DDR-Rettungsdienstgesetz: Brandenburg und Thüringen .................. .45 4. Vertragsmodell: Hessen .................................................................................... 48 5. Ergebnis ............................................................................................................ 50
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Inhaltsverzeichnis IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem .................................. 51 I. Privatisierung .................................................................................................... 52 a) Privatisierungsformen ................................................................................... 53 b) Der Rettungsdienst zwischen Konzessions- und Submissionssystem .......... 54 aa) Rechtsbeziehungen im öffentlichen Rettungsdienst.. ............................. 55 bb) Submissionssystem ................................................................................ 55 cc) Konzessionssystem ................................................................................. 58 dd) Sonderfall Berlin .................................................................................... 60 c) Ergebnis ........................................................................................................ 60 2. Rettungsdienst als staatliche oder öffentliche Aufgabe ..................................... 61 a) Staatliche und öffentliche Aufgaben ............................................................ 62 aa) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ............................. 63 bb) Die Ansichten in der Literatur ............................................................... 67 b) Folgerungen filr das Rettungswesen ............................................................. 71 3. Zulässigkeit eines öffentlichen Rettungsdienstes .............................................. 72 a) Kompetenz-Kompetenz des Staates ............................................................. 72 b) Anforderungen eines verfassungsrechtlich verankerten Subsidiaritätsprinzips ......................................................................................................... 74 aa) Grundlegung und Diskussion bis zur Neufassung von Art. 23 GG ........ 74 bb) Der Wendepunkt des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG n.F.. ............................. 78 cc) Folgerungen filr das Rettungswesen ....................................................... 8 1 c) Ergebnis ........................................................................................................ 84 4. Rechtsstatus der am öffentlichen Rettungsdienst Beteiligten ............................ 84 a) Leistungserbringer als Beliehene .................................................................. 86 b) Leistungserbringer als Verwaltungshelfer .................................................... 89 c) Abschließende Einordnung .......................................................................... 95 V. Ansprüche auf Beteiligung am öffentlichen Rettungsdienst.. ............................... 96 1. Verfassungs- und einfachrechtliche Mitwirkungsansprüche ............................. 96 a) Mitwirkungskonzepte der Länder ................................................................. 98 b) Muß-Übertrager............................................................................................ 99 c) Kann- und Soll-Übertrager ......................................................................... 101 d) Ergebnis ..................................................................................................... 103
Inhaltsverzeichnis
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2. Bevorzugung der Hilfsorganisationen und Art. 3 Abs. 1 GG .......................... 104 a) Begriff der Hilfsorganisation ...................................................................... 104 b) Rechtfertigung der Privilegierung der Hilfsorganisationen ........................ 106 aa) Bekannt und bewährt ............................................................................ 109 bb) Mitarbeit im Zivil- und Katastrophenschutz ........................................ 111 cc) Fazit. ..................................................................................................... 114 3. Bevorzugung der Hilfsorganisationen und Kartellrecht .................................. 115 a) Tatbestandliche Erfiillung des § 26 Abs. 2 GWB ....................................... 117 aa) Marktbeherrschung............................................................................... 118 bb) Üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr .................................... 119 cc) Nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ........................................... 119 b) Anwendbarkeit des GWB auf die öffentliche Hand ................................... 121 aa) Staat als Unternehmen im Sinne des § 98 Abs. 1 GWB ....................... 121 bb) GWB und öffentlich-rechtlicher Vertrag ............................................. 123 cc) Handeln im Geschäftsverkehr .............................................................. 127 c) Ausnahmen von der Anwendung des GWB ............................................... 130 aa) Ausnahmen durch Bundesgesetz .......................................................... 130 bb) Ausnahmen durch Landesgesetze ........................................................ 132
(1) Landeskompetenz tUr die Bevorzugungsregelungen ...................... 132 (2) Bundeskompetenz tUr das GWB im Rettungswesen ....................... 135 (3) Lösung des Kompetenzkonflikts ..................................................... 136 4. Rechtsfolgen tUr die DurchtUhrungsvergabe .................................................. 140 a) Europäisches Vergaberecht ........................................................................ 140 b) Bundes- und Landesvergaberecht... ............................................................ 145 5. Zusammenfassung .......................................................................................... 148
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst .............................................................. 150 I. Gang der Untersuchung ...................................................................................... 150 11. Genehmigungspflicht .......................................................................................... 152 III. Genehmigungsvoraussetzungen .......................................................................... 153 1. Subjektive Genehmigungsvoraussetzungen .................................................... 153 2. Objektive Genehmigungsvoraussetzungen ..................................................... 155
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Inhaltsverzeichnis a) Nonnvergleich § 13 Abs. 4 PBefG und § 10 Abs. 2 ME RDG .................. 155 b) Anspruch auf Erteilung der Genehmigung ................................................. 162 IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit ............................................................ 163 1. Das Berufsgrundrecht im Verständnis des Bundesverfassungsgerichts ......... 166 2. Schutzbereich und Eingriff in die Berufsfreiheit... .......................................... 169 a) Berufsqualität gemeinnütziger Tätigkeiten ................................................. 169 b) Berufsausübungs- oder Berufswahlregelungen .......................................... 171 3. Persönliche Anforderungen an den Genehmigungsbewerber.......................... I72 4. Funktionsschutzklausel ................................................................................... 173 a) Ziel bzw. schützenswertes Gemeinschaftsgut... .......................................... 174 b) Höchste Wertigkeit des Rechtsgutes .......................................................... 176 aal Kritik an der Gemeinwohlfonnel ......................................................... 177 bb) Öffentlicher Rettungsdienst als höchstwertiges Gut ............................ 179 cc) Kosten des Rettungsdienstes ................................................................ 181 c) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ................................ 183 d) Eignung der Funktionsschutzklausel .......................................................... 187 e) Erforderlichkeit der Funktionsschutzklausel .............................................. 191 aal Sicherstellungspflicht des Staates ......................................................... 192 bb) Einsatz von Steuennitteln .................................................................... 192 cc) Kapazitätsabbau als Forderung des Subsidiaritätsprinzips ................... 193 dd) Rettungsdienst als Einheit von Krankentransport und Notfallrettung ....................................................................................... 195 (1) Medizinisch-organisatorische Gründe ............................................ 197 (2) Schutz der Notfallrettung ................................................................ 200 f) Zusammenfassendes Ergebnis .................................................................... 203
§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht ....................................................................... 206 I. Praktische Relevanz ............................................................................................ 206
11. Gemeinsame Anwendungsvoraussetzungen ....................................................... 207 1. Grenzüberschreitender Sachverhalt ................................................................ 207 2. Kein Verkehr im Sinne der Art. 74 ff EGV ................................................... 207 3. Keine Ausübung öffentlicher Gewalt .............................................................. 208 4. Anwendbarkeit auf nicht gewinnorientierte juristische Personen ................... 209
Inhaltsverzeichnis
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III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit ........................................................... 211 I. Diskriminierungsverbot .................................................................................. 211 2. Umfassendes Beschränkungsverbot. ............................................................... 213 3. Rechtfertigung ................................................................................................ 215 IV. Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit... ........................................................ 218 V. Zusammenfassung ............................................................................................... 219
§ 7 Rechtsschutz .......................................................................................................... 220 I. Genehmigung neben anderen Unternehmern ...................................................... 221 I. Zulässigkeit ..................................................................................................... 221 2. Gerichtliche Kontrolldichte ............................................................................ 222 II. Genehmigung anstelle eines anderen Unternehmers ........................................... 224 I. Das Meinungsspektrum .................................................................................. 225 2. Rechtsnatur der Zulassungsentscheidung ........................................................ 226 3. Effektivität und Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung ...................................... 228 4. Ergebnis .......................................................................................................... 229 III. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten ........................................... 230 1. Klagebefugnis bei der negativen Konkurrentenklage ..................................... 230 2. Etablierte Unternehmer neben dem öffentlichen Rettungsdienst .................... 233 3. Durchfiihrungsbeauftragte des öffentlichen Rettungsdienstes ........................ 233 a) Beteiligung am VerfahrenlBetriebspflichtJVorrangstellung ....................... 234 b) Die Funktionsschutzklausel als drittschützende Norm ............................... 235 c) Grundrechte ................................................................................................ 237 4. Ergebnis .......................................................................................................... 238
Anhang ......................................................................................................................... 239 I. Rettungsdienstgesetze ......................................................................................... 239
II. Parlamentarische Drucksachen zum Rettungsdienst.. ......................................... 240 I. Amtliche Begründungen zu den Rettungsdienstgesetzen ................................ 240 2. Weitere ausgewählte Drucksachen ................................................................. 241 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 242 Register ........................................................................................................................ 261
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tab. 1: Normtextvergleich § 13 Abs. 4 PBefG und § 10 Abs. 2 ME RDG ................... 156 Tab. 2: Synopse von § 13 Abs. 4 PBefG und Landesrettungsdienstgesetzen ............... 157 Tab. 3: Vergleich der Preise öffentlich beauftragter und gewerblicher Anbieter im Rettungsdienst 1994 .................................................................................... 183 Tab. 4: Kennzahlen zur Leistungskraft der großen Hilfsorganisationen ....................... 186 Tab. 5: Salden im öffentlichen Rettungsdienst Bayerns ............................................... 188
Abb. 1: Schema der Rechtsbeziehungen im Submissionssystem der Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, SchleswigHolstein (Bremen, Hamburg} ............................................................................. 58 Abb. 2: Schema der Rechtsbeziehungen im Konzessionssystem der Länder BadenWürttemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen (Bremen, Hamburg) .......................................................................... 59 Abb.3: Entwicklung der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen von 1982 bis 1994 (Index: 1982 = 100) ................................................................... 181 Abb.4: Entwicklung des Einsatzaufkommens im öffentlichen Rettungsdienst ............ 196
§ 1 Einleitung I. Untersuchungsinteresse Ein jüngst vom Bundesgesundheitsministerium im Zuge der Gesundheitsstrukturreform in Auftrag gegebenes Gutachten I kam zu dem Ergebnis, daß im Rettungsdienst jährlich Wirtschaftlichkeitsreserven von 500 Millionen bis I Milliarde DM vorhanden seien. Bei einem Jahresgesamtbudget von etwa 2,8 Milliarden DM ergäbe dies ein Einsparpotential zwischen 20 und 30 %2. Dennoch ist im Rettungsdienst, anders als in den meisten anderen Bereichen des Gesundheitswesens, eine überdurchschnittliche Kostensteigerung zu verzeichnen. Besonders steil stieg die Ausgabenkurve in den 90er Jahren an. Genau zu dieser Zeit entließ der Bund die Regelung von Notfallrettung und Krankentransport, die außerhalb, d. h. im Wettbewerb mit dem landesrechtlich geregelten öffentlichen Rettungsdienst, durchgefiihrt werden, aus seiner Gesetzgebungskompetenz und gab sie vollständig zurück in die Hand der Länder3 • InI DennerleiniSchneider: Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienst der Bundesrepublik Deutschland, Gutachten der Beratungsgesellschaft rur angewandte Systemforschung mbH Augsburg (BASYS), 1995; Wirtschaftlichkeitsreserven ebenfalls bejahend: Bergmann-Pohl, BT-Dr. 12/4997 S. 34. 2 DennerleiniSchneider (Anm. I), S. 110; Dalhoff/Rau, Finanzierungsregelungen im Rettungsdienst: Gegenwart und Zukunftsperspektiven, in: NZS 1995, 153 [154]. 3 Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vom 25.07.1989 (BGBI I S. 1547), Artikel 1 § lAbs. 2 erhält folgende Fassung: ,,(2) Diesem Gesetz unterliegen nicht Beförderungen ( ... ) mit Krankenkraftwagen, wenn damit kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen befördert werden, die während der Fahrt einer medizinisch-fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen solches auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist." Artikel 2 Die Gewerbeordnung dindes findet auf Beförderungen im Sinne des § lAbs. 2 Nr. 2 ( ... ) keine Anwendung. Artikel 3 Die Länder können Regelungen über die Beförderungen mit Krankenkraftwagen im Sinne des § lAbs. 2 Nr. 2 ( ... ) erlassen. Soweit solche Regelungen erlassen werden, sind die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes und der Gewerbeordnung nicht mehr anzuwenden.
§ 1 Einleitung
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folgedessen novellierten alle Bundesländer in der Zeit von 1990 bis 1994 ihre Rettungsdienstgesetze. Neben organisatorischen Fragen war Kernpunkt der Neufassungen die Einfiihrung einer Genehmigungspflicht fiir private Unternehmer, die sich in Krankentransport und Notfallrettung betätigen wollen. Außer von subjektiven Voraussetzungen ist die Zulassung nunmehr von Umständen abhängig, die der Unternehmer nicht selbst beeinflussen kann, also von objektiven Bedingungen. Genehmigungen werden nur erteilt, wenn die Funktionsflihigkeit des bereits bestehenden öffentlichen Rettungsdienstes durch die Neuzulassung nicht geflihrdet wird. 4 Diese, aus dem Bereich der Taxenlizenzen vertraute Materie weist jedoch in mehrfacher Hinsicht Besonderheiten auf. Anders als bei Taxenlizenzen tritt die öffentliche Hand im Bereich des Rettungswesens gleichzeitig in allen Formen auf, in denen der Staat am Wirtschaftsleben beteiligt sein kann: I. als institutioneller Nachfrager rettungsdienstlicher Leistungen 2. als Leistungsanbieter gegenüber den Bürgern 3. als überwachender Genehmigungsverteiler. Eine weitere Eigentümlichkeit ergibt sich daraus, daß die Gesetzesneufassungen auf seit fast 50 Jahre bestehende Strukturen treffen, die wesentlich von den großen privaten gemeinnützigen Hilfsorganisationen (Arbeiter-SamariterBund [ASB], Deutsches Rotes Kreuz [DRK], Johanniter-Unfallhilfe [JUH], Malteser Hilfsdienst [MHD] und Deutsche Lebensrettungsgesellschaft [DLRG]) geprägt worden sind. Von einer bundesweiten Einheitlichkeit ist man jedoch weit entfernt, denn es gibt aufgrund historischer Vorbedingungen sowohl zwischen den einzelnen Ländern als auch zwischen deren Regionen zum Teil erhebliche Unterschiede. Obwohl gleichfalls aus Privaten bestehend, hat dieses Oligopol es verstanden, seine Marktmacht zu bewahren und den Status quo gegen unliebsame gewinnorientierte, aber gleichwohl durchweg preisgünstigereS Konkurrenz faktisch gesetzlich absichern zu lassen 6 • Hierzu mag beigetragen haben, daß auf der Nachfrageseite - zumindest in finanzieller Hinsicht - ebenfalls nur ein sehr kleiner Kreis steht, nämlich vor allem die gesetzlichen Krankenkassen, die
Vgl. unten S. 155 ff. Dalhoff/Rau (Anm. 2) S. 154; Bergmann-Pohl (Anm. I) S. 35. 6 Vgl. die ganz offene Darstellung bei Fuhrmann, Rechtsentwicklungen und -probleme im Bereich des Rettungswesens, in: Der Städtetag 1989, S. 31: "Durch gemeinsame Aktivitäten der Länder, der kommunalen Spitzenverbände und der Hilfsorganisationen konnte erreicht werden, daß die ursprünglich im Entwurf des Gesundheitsreforrngesetzes zu Lasten des öffentlichen Rettungsdienstes vorgesehenen erheblichen Erschwernisse zu einem großen Teil beseitigt worden sind." 4
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11. Gang der Untersuchung
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größter Finanzier des Rettungsdienstes sind. Allerdings ist zu prognostizieren, daß von seiten dieser Nachfrager größere Dynamik in den Wettbewerb getragen werden wird, nachdem die Fahrtkostenübernahme in der "Dritten Stufe der Gesundheitsreform" durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung (2. NOG) jedenfalls zum Teil um einen Selbstbehalt der Patienten geschmälert wird 7• Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, ob die neugefaßten Landesrettungsdienstgesetze besonders hinsichtlich der Durchfiihrungsbeauftragung und der Zulassungsbeschränkungen von privaten Unternehmern einer Prüfung am einfachen, Verfassungs- und Europarecht standhalten. Anlaß hierzu ist auch die Entstehung des nordrhein-westflilischen Rettungsdienstgesetzes, von dem Abgeordnete selbst sagen, daß "selten ein Gesetz so schlampig vorbereitet worden sei wie dieses"s.
11. Gang der Untersuchung Zur Grundlegung der folgenden Ausfiihrungen soll nach Klärung der Begriffe (§ 2) zunächst die tatsächliche und rechtliche Entwicklung des Rettungswesens in der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR vor und nach der Neufassung der Rettungsdienstgesetze dargestellt werden (§ 3). Die Kenntnis der überkommenen Strukturen ist notwendig, um die geltenden Regelungen einordnen und bewerten zu können. Im Hauptteil wird geprüft, inwieweit Private Anspruch auf Mitwirkung im öffentlichen Rettungsdienst (§ 4) oder auf Zulassung neben dem öffentlichen Rettungsdienst (§ 5) haben. Dabei interessiert vor allem die Vereinbarkeit der jeweiligen objektiven Zulassungsbeschränkungen und der anzulegenden Kriterien bei der Auswahl der am öffentlichen Rettungsdienst Beteiligten mit Bundes- und Europarecht (§ 6). Auf bundesrechtlicher Ebene sind dies vor allem Art. 12 und Art. 3 GG sowie das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Europarechtlich wird insbesondere auf die NiederIassungsfreiheit (Art. 52 ff. EGV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 ff. EGV) eingegangen. In prozessualer Hinsicht sollen die Rechtsschutzmöglichkeiten der bereits etablierten und der auf den Markt drängenden Organisationen und Unternehmen beleuchtet werden (§ 7). 7 "Dritte Stufe der Gesundheitsreform schon zum Jahreswechsel", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. Sept. 1996, S. 2; "Union will das Reformgesetz zum Gesundheitswesen ändern", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Dez. 1996, S. 15; "Koalition korrigiert die Gesundheitsreform", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Dez. 1996, S. 17; "Strengere Richtlinien rur Krankengymnastik und Massagen", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. Jan. 1997. 8 Abgeordnete Kuhl und Arentz, Plenarprotokoll des LT NRW 11/77, S. 9645.
2 Schulte
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§ I Einleitung
Eine Darstellung, die sich mit sechzehn verschiedenen Landesgesetzen befaßt, sieht sich besonders zwei Gefahren ausgesetzt. Entweder leidet die Übersichtlichkeit, wenn man jeder landesspezifischen Verästelung nachspürt, oder es wird zusammengefaßt, was gesondert zu würdigen wäre. Eines der Anliegen dieser Arbeit ist daher auch, im Rahmen des Vertretbaren zu gruppieren und zu bündeln, um das Rettungswesen in seinen Kembereichen erstmals als Ganzes und bundesweit faßbar zu machen. Detailunterschiede sind daher wo möglich nur im Anmerkungsapparat kenntlich gemacht. Besonderes Gewicht liegt auf der Einbeziehung der tatsächlichen Gegebenheiten im Rettungswesen. Erst so können die Kembegriffe wie "Funktionsfähigkeit,,9, "flächendeckende Vorhaltung,,10 oder "gewachsene Strukturen"JI konkret erfaßt werden. Methodisch mag dies zu dem fiir juristische Abhandlungen eher ungewöhnlichen Bild führen, daß als Belege Zahlentabellen und sie veranschaulichende Grafiken Verwendung finden.
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JJ
z. B. § 19 Abs. 4 RettG NW.
Z. B. Art. 7 Abs. 2 BayRDG. § 5 Abs. I S. 4 NdsRettG.
§ 2 Modalitäten der Krankenbef"örderung Streng zu unterscheiden sind die verschiedenen Modalitäten, nach denen hilfsbedürftige Personen behandelt und transportiert werden. Ob eine Tätigkeit schon der Notfallrettung oder noch dem Krankentransport oder gar der Krankenfahrt zugeordnet wird, hat erhebliche Auswirkungen auf deren rechtliche Beurteilung. Die in der Umgangssprache undifferenziert und synonym gebrauchten Bezeichnungen "Rettungswagen" oder "Krankenwagen" können so nicht Grundlage einer rechtlichen Analyse sein. Um sich im Rettungswesen auf begrifflich gesichertem Terrain bewegen zu können, ist es erforderlich, die verwendeten Termini einheitlich zu definieren. Obwohl es die DIN 13050 "Begriffe im Rettungsdienst" gibt, werden zentrale Begriffe in den jeweiligen Landesrettungsdienstgesetzen 1 mit unterschiedlicher Bedeutung belegt. Zur Begriffsvielfalt tragen Literaturstimmen2 und abweichende Benennungen in der ehemaligen DDR3 bei. Auch die Rechtsprechung zeigt sich in ihren Entscheidungen nicht immer terminologisch sattelfest.4 Gemeinsames Element aller Tätigkeiten im Rettungswesen ist lediglich, daß Menschen transportiert werden, die krank sind. Im einzelnen sind "Notfallrettung", "Krankentransport" und "Krankenfahrten" als gängige Typisierungen und Ansatzpunkte fiir unterschiedliche rechtliche Behandlung auseinanderzuhalten. Da die medizinische Betreuung im Zentrum des Rettungswesens steht, sind diese Begriffe in erster Linie nach medizinischen Kriterien festzulegen. Maßgebliche Unterscheidungsmerkmale, die allen Ländergesetzen zugrundliegen, sind demnach Dringlichkeit und Betreuungsbedürftigkeit. Dringlichkeit bedeutet dabei die Zeit, die zwischen Anforderung und Erbringung der Leistung höchstens verstreichen darf. Die Betreuungsbedürftigkeit meint Intensität und Aufwand der medizinischen Hilfeleistung. Nachweise sogleich. Denninger, Rettungsdienst und Grundgesetz, in: DÖV 1987,981 [983]; Richtlinien der Ärzte und Krankenkassen: Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten und Krankentransportleistungen (Krankentransportrichtlinien) vom 17. Juni 1992, in: Bundesanzeiger Nr. 183 B vom 29. Sept.l992; Ruthig, Konkurrentenrechtsschutz im Rettungsdienstwesen, in: BayVBI 1994,393 [397] "Unfallrettung". 3 V gl. Koch, Der Rettungsdienst in den neuen Bundesländern, Nottuln 1992. 40VG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 21. Feb. 1995 (unveröffentlicht) S. 15 des Umdrucks und passim kontrastiert unzutreffend Krankentransport und Rettungsdienst. I
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§ 2 Modalitäten der Krankenbeförderung
Weil solchermaßen ausfiillungs- und auslegungsfähige Abgrenzungsmerkmale fiir eine länderUbergreifende Untersuchung keinen substantiellen Fortschritt bringen, ist nach Analyse des jeweils landeseigenen Begriffsverständnisses (1-3) eine vereinheitlichte Terminologie der Schlüsselbegriffe festzulegen (4).
I. Notfallrettung Nur bei der Notfallrettung sind sich .die Ländergesetze weitgehend einig darüber, was hierunter mindestens zu verstehen ist. Gegenstand der Notfallrettunl ist es, das Leben oder die Gesundheit von Notfallpatienten zu erhalten, sie transportfähig zu machen und sie unter fachgerechter Betreuung in eine fiir die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu betOrdem6 • Unter Notfal/patienten sind Kranke oder Verletzte zu verstehen, die sich in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befiirchten sind, wenn sie nicht umgehend geeignete medizinische Hilfe erhalten 7. Marginal abweichend wird teilweise noch bestimmt, der Transport müsse mit einem Rettungsfahrzeug stattfinden8 oder ein Krankenhaus zum Ziel haben 9 • Typische Beispiele aus den Haupteinsatzfeldem der internistischen Notfälle (46, 7%) und der Gruppe der Unfälle aller Art (30,6 %)\0 sind der Herzinfarkt und der Verkehrsunfall. Die Notfallrettung hat damit drei Teilaufgaben: - Akutversorgung am Geschehensort Terminologisch abweichend: § 2 Abs. 2 RettDG RhPf "Notfalltransport". § 1 Abs.2 Satz 1 RDG BW; Art. 2 Abs. 1 BayRDG; § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG BIn; § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgRettG; § 3 Abs. 2 Nr. 1 BrernRettG; § 3 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 HessRDG; § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG M-V; § 2 Abs. 2 Nr. 1 NdsRettDG; § 2 Abs. 1 Satz 1 RettG NW; § 2 Abs. 2 RettDG RhPf; § 2 Abs. 2 SaarRettG; § 2 Abs. 2 Satz I SächsRettDG; § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG-LSA; § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG SH; § 2 Abs. 1 Nr. 1 TH RDG. 7 § 1 Abs.2 Satz 2 RDG BW; Art. 2 Abs. 3 BayRDG; § 2 Abs. 2 Satz 2 RDG BIn; § 2 Abs. 2 Satz 2 BbgRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 BremRettG; § 2 Nr. 1 HmbRDG; nur auf Lebensbedrohung stellen ab: § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgRettG; RDG M-V; § 2 Abs. 1 Satz 2 RettG NW; § 2 Abs. 2 Satz 2 SächsRettDG; § 2 Abs. 2 Satz 2 RDG-LSA; § 2 Abs. 2 RettDG RhPf; § 1 Abs. 1 RDG SH; § 2 Abs. 1 Nr. 1 TH RDG. 8 § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 BrernRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 HessRDG; § 2 Abs.2 Nr. 1 NdsRettDG; § 1 Abs.l RettG NW; § 2 Abs.2 RettDG RhPf; § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG-LSA; § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG SH; § 2 Abs. 1 Nr. 1 TH RDG. 9 § 3 Abs.2 Satz 1 Rettungsdienstgesetz RDG M-V; § 2 Abs. 1 Satz 1 RettG NW; § 2 Abs. 2 RettDG RhPf; § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsRettDG; § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG SH. 10 Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1993, Hrsg. Bundesminister für Verkehr, in: BT-Dr. 12/8335 S. 39. 5
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I. Notfallrettung
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- Herstellung der Transporttahigkeit - Beilirderung unter fachkundiger Betreuung, regelmäßig in ein Krankenhaus. Diese Dreiteilung legt nahe, daß nicht immer alle Stufen durchlaufen werden müssen. Entgegen dem gesetzlichen Wortlaut liegt nämlich auch dann ein Fall der Notfallrettung vor, wenn nach der Behandlung am Geschehensort ein Transport ins Krankenhaus überflüssig 11 ist oder der Patient die Mitfahrt verweigert 12 • In diesen Fällen wird nur die erste Teilaufgabe wahrgenommen. Gleichermaßen kommt es häufig vor, daß eine Akutversorgung - gegebenenfalls bis auf diagnostische Maßnahmen - entbehrlich ist und nur ein Transport ins Krankenhaus stattfindet. Hier wird möglicherweise nur die dritte Stufe erreicht. Eine qualitative Erweiterung auf definitorischer Ebene nimmt Hamburg vor, das auch dringende Transporte zwischen zwei Gesundheitseinrichtungen (in der Regel Krankenhäuser) der Notfallrettung zuschlägtl3. Da es sich hierbei um stabilisierte Patienten aus ärztlicher Obhut handelt, also nicht um Notfallpatienten im engeren Sinne, wird dieser Bereich herkömmlich zum Krankentransport gerechnee 4• Erstmals in der Luftrettung hat sich hierfiir der Begriff des "SekundäTtransports" IS herausgebildet, der im Gegensatz zum "PrimäTtransport" steht, welcher der bodengebundenen Notfallrettung entspricht l6. 17. LändeTÜbergreifend zusammengefaßt liegt jedenfalls immer dann eine Aufgabe der Notfallrettung vor, wenn sofort wirksam medizinisch behandelt werden muß.
Als Extreme seien Heilung und Todeseintritt genannt. Dies ist ohne weiteres möglich, da der Rettungsdienst nach herrschender Meinung keine Zwangsbefugnisse hat, vgl. Bloch, Zur Amtshaftung bei rettungsdienstlichen Notarzteinsatz, NJW 1993, 1513 [1514]; Denninger, (Anm. 2) S. 989. 13 § 3 Abs. I Satz 2 HmbRDG. 14 Vgl.: 11 1.1 sub "KrankenbefOrderung" des Berichts der Arbeitsgruppe "Strukturfragen" des Bund-lLänder-Ausschusses "Rettungswesen" vom 21. März 1996, abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter, Krankentransport und Rettungswesen, Berlin, Loseblatt Stand August 1997, Nr. 1220. 15 Nummern 5 und 8 des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung vom 8. Nov. 1988 (VR III 2-Az 13-29) VMBI 1988,270, abgedruckt in: GerdelmanniKorbmann/Kutter (Anm. 14) Nr. 1300. 16 LT-Drs. Bremen 13/314 S. 16; LT-Drs. Hamburg 14/300 S. 12. 17 Die definitorische Ausweitung der Notfallrettung durch Hamburg ist nicht unproblematisch. Wenn man im Vorgriff auf spätere Erwägungen (S. 173 ff.) hier unterstellt, daß freiheitsbeschränkende Schutzmaßnahmen zugunsten der unmittelbar lebensrettenden Notfallrettung viel eher zu rechtfertigen sind, wird der verbleibende Freiheitsraum in Hamburg entsprechend enger. 11
12
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§ 2 Modalitäten der Krankenbeförderung
11. Krankentransport Vom Regelungsbereich, der die Notfallrettung erfaßt, ist "nach unten" der Krankentransport abzugrenzen. Er liegt qualitativ unterhalb der Notfallrettung, aber über der Krankenfahrt. Um den Unterschied zur einfachen Krankenfahrt zu verdeutlichen, wird verschiedentlich auch vom "qualifizierten Krankentransport" gesprochen l8 , der aber dem ansonsten "Krankentransport" genannten Dienst entspricht. Gemeinsam ist allen landesrechtlichen Beschreibungen, daß Krankentransport jedenfalls dann vorliegt, wenn jemand ohne Notfallpatient zu sein, krank, verletzt oder in sonstiger Weise hilfsbedürftig ist und unter fachlicher Betreuung zu be fOrdern ist '9 . Von der höherwertigen Tätigkeit der Notfallrettung unterscheidet sich der Krankentransport also dadurch, daß die zu befördernde Person kein Notfallpatient ist, ihre Behandlung also weniger dringlich und intensiv ausfällt. Hier endet jedoch der Konsens der Länder. Bei der Abgrenzung zur niederwertigeren Krankenfahrt besteht kein Einvernehmen. Allerdings ist eine trennscharfe Grenze nach unten erforderlich, da Krankentransporte den Rettungsdienstgesetzen, einfache Krankenfahrten aber lediglich dem Personenbeförderungsgesetz unterliegen. Gemeinsamkeit bei den Anforderungen an den Krankentransport besteht insoweit, als der zu Transportierende hilfsbedürftig sein muß. Nach dem Wortlaut einiger Landesrettungsdienstgesetze ist es allerdings nicht unbedingt erforderlich, daß während der Beförderung eine medizinischfachliche Betreuung stattfindet, sondern es genügt, daß die Person eines besonders ausgestatteten Rettungsmittels bedarfo. Die Länder, die eine BefOrderung bereits dann dem Krankentransport zuordnen, wenn nur die besondere Ausstattung eines Rettungsmittels nötig ist oder werden kann, lehnen sich erkennbar an die Formulierung des § lAbs. 2 Nr. 2 PBefG an. Denn bereits in diesem Fall, so bestimmt diese Norm, ist das Personenbeförderungsgesetz nicht mehr
18 " ••• der fachlichen Betreuung oder eines besonders ausgestatteten Rettungsmittels bedürfen ... (qualifizierter Krankentransport)": § 3 Abs. 2 Satz 2 BremRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 HessRDG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 NdsRettDG; § 2 Abs. 3 Satz 1 RDG-LSA. 19 § 1 Abs.3 Satz 1 RDG BW; Art.2 Abs.2 BayRDG; § 2 Abs.3 RDG BIn; § 2 Abs. 3 BbgRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 BremRettG; § 3 Abs. 2 HmbRDG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 HessRDG; § 2 Abs. 3 RDG M-V; § 2 Abs. 2 Nr. 2 NdsRettDG; § 2 Abs. 2 RettG NW; § 2 Abs. 3 RettDG RhPf; § 2 Abs. 3 SaarRettG; § 2 Abs. 3 Satz 1 SächsRettDG; § 2 Abs. 3 Satz 1 RDG-LSA; § 1 Abs. 2 RDG SH; § 2 Abs. I Nr. 2 TH RDG. 20 § 3 Abs. 2 Nr. 2 BremRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 HessRDG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 NdsRettDG; § 2 Abs. 3 SaarRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 TH RDG.
11. Krankentransport
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anwendbar. Damit geht es nur um die sächliche Ausstattung eines Fahrzeugs. 21 Diese ist zumal in den im Krankentransport mehrheitlich verwendeten Krankentransportwagen (KTW) unter medizinischen Gesichtspunkten regelmäßig eher als dürftig einzustufen22 • Eine Beförderung wird hiernach demzufolge schon dann zum Krankentransport, wenn der Patient eine Trage oder einen Tragestuhl benötigt, liegend gefahren werden oder wenn eine Infusion aufgehängt werden muß. Ob sich ein derart erweitertes Begriffsverständnis von Krankentransport halten läßt, ist fraglich. Denn diese Fahrten unterfallen bereits den strengeren Landesrettungsdienstgesetzen mit ihren objektiven Bedürfnisklauseln 23 und nicht mehr dem liberalen Personenbeförderungsgesetz. Statt allein an das formal-äußerliche Kriterium der Ausstattung des Fahrzeugs anzuknüpfen ist es vielmehr geboten, der Notwendigkeit einer fachgerechten Hilfeleistung entscheidende Bedeutung beizumessen. Denn im Umkehrschluß wäre sonst jeder Unternehmer, der sein Kraftfahrzeug mit den nötigen medizinischen Gerätschaften ausstattet, von der Genehmigungspflicht nach dem Personenbeförderungsgesetz befreit, von der der Landesrettungsdienstgesetze aber noch nicht erfaßt, solange keine fachgerechte Hilfe im Sinn des jeweiligen Rettungsdienstgesetzes zu leisten ist24 • Er beflinde sich in einem quasi rechts freien Raum und wäre nur dem allgemeinen Gewerberecht unterworfen. Schon Denninger25 betont, daß es fiir das Vorliegen eines Krankentransports nicht auf die Modalitäten der BefOrderungstechnik ankommen darf, sondern daß der spezifische Rechtsgüterschutz maßgeblich ist, der im Krankentransport in der medizinischen Betreuungsbedürftigkeit besteht. Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Krankentransport nur dann vorliegen kann, wenn ein Arzt ihn verordnet hat 26 . Die Frage aufwerfen, heißt sie zu verneinen, denn andernfalls wäre der Rettungsdienst nicht zuständig, wenn sich etwa jemand beim Sport ein Bein bricht, aber kein Arzt zugegen ist: ein Krankentransport läge wegen fehlender ärztlicher Anordnung nicht vor, und da ein Beinbruch weder lebensbedrohlich noch schwer gesundheitsgeflihrdend ist, schiede auch die Notfallrettung aus. Hiergegen spricht auch nicht, daß in der
21 Die Diskrepanz von landesrechtlicher Definition und Vorgaben des Personenbef6rderungsgesetzes erkennt auch LT-Drs. Bayern 11/16437 S. 11. Zweifelhaft LTDrs. Berlin 12/2881 S. 8, wo ausgeführt wird, das Landesgesetz "konkretisiere" den Begriff des Personenbeförderungsgesetz. Ähnlich LT-Drs. Saarland 10/1339 S. 3. 22 Vgl. DIN 75080 Teil 1 und 3; wesentliche Ausstattungsmerkmale sind: Sauerstoffversorgung, Trage, ggfs. Tragestuhl sowie Verbandsmaterial. 23 Vgl. unten S. 155 ff. 24 Vgl. LT-Drs. Sachsen-Anhalt 1/1952 S. 18. 25 Denninger (Anm. 2) S. 983. 26 So § 2 Abs. 3 BbgRettG; § 3 Abs. 2 Nr. 2 BremRettG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 NdsRettDG; § 2 Abs. 1 Nr. 2 TH RDG.
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§ 2 Modalitäten der KrankenbetOrderung
Praxis regelmäßig nach erfolgter Beforderung eine Transportverordnung27 durch den später behandelnden Arzt abgegeben wird. Denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut muß die ärztliche Anweisung dem Transport vorausgehen 28 • Ob jemand einen Krankentransport benötigt, weil er medizinischfachliche Hilfe braucht, ist eine materielle Frage. Die ärztliche Anordnung hingegen hat ihre Bedeutung rur die Kostentragung und eventuell zum Beweis einer bestritten Transportbedürftigkeit. Um unsinnige Ergebnisse in der Form von Anwendungslücken zu vermeiden, ist die ärztliche Verordnung damit nicht als konstitutives Element fiir das Vorliegen eines Krankentransports anzusehen.
III. Kranken- und Behindertenfahrten Aus dem Anwendungsbereich der Landesrettungsdienstgesetze fallen die einfachen Krankenfahrten hinaus. Eine Kranken/ahrt liegt vor, wenn eine kranke Personn zu transportieren ist, die während der Beforderung keiner medizinisch-fachlichen Betreuung bedarf9 • Parallel zum Problem bei der Definition des Krankentransports wird zum Teil auch hier darauf abgestellt, daß keine besondere Einrichtung des Krankenkraftwagens in Anspruch genommen werden soll. Auch fiir die Länder, die die Krankenfahrt nicht ausdrücklich ausnehmen, gilt die Anwendungsausnahme, da sich diese Transporte mangels Betreuungsbedürftigkeit nicht unter Krankentransport subsumieren lassen. Darüber hinaus sind in einigen Ländern die sogenannten "Behindertenfahrten" aus dem Anwendungsbereich des Rettungsdienstgesetzes ausgenommen. Eine Behindertenfahrt liegt vor, wenn Behinderte befordert werden, die ausschließlich wegen ihrer Behinderung betreuungsbedürftig sind. Sowohl fiir Kranken- als auch Behindertenfahrten gilt das Personenbeforderungsgesetz, soweit die Rettungsdienstgesetze ihre Anwendbarkeit explizit verneinen. 30 Anders stellt sich auf den ersten Blick die Lage dar, wenn Behindertenfahrten nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind, wie es sich am Beispiel Nordrhein27 Sogenannter "Transportschein", der zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse bzw. Krankenversicherung nötig ist. 28 So auch Nr. 3.4 der Krankentransportrichtlinien (Anm. 2), freilich mit der Ausnahme nicht näher bezeichneter Notfalle. 29 § lAbs. 3 Satz 2 RDG BW; § 2 Abs. 3 Satz I HessRDG ("sonstige KrankenbetOrderungen"); § 2 Abs.4 Satz I Rettung Gesetz RDG M-V ("sonstige KrankenbetOrderung"); § lAbs. 2 Nr. 4 RettG NW; § 2 Abs. 3 Satz 2 SächsRettDG; § lAbs. 2 Nr. 4 RDG BIn; § lAbs. 3 Nr. 3 BbgRettG; § lAbs. 2 Nr. 5 BremRettG; § lAbs. 2 Nr. 6 HmbRDG; § lAbs. 3 Nr. 3 RettDG RhPf; § lAbs. 2 Nr. 3 RDG-LSA; § lAbs. 4, I RDG SH; § lAbs. 3 Nr. I TH RDG. 30 Art. 2 Abs. 2 BayRDG; § lAbs. 3 Nr. 3 BbgRettG; § lAbs. 2 Nr. 3 BremRettG; § I Abs. I Nr. 4 NdsRettDG; § lAbs. 2 Nr. 3 RDG-LSA; § lAbs. 4 Nr. 2 RDG SH; § I Abs. 4 TH RDG.
IV. Vereinheitlichte Tenninologie
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Westfalens zeigen läßt. Als hilfsbedürftige Personen könnten sie demzufolge dem Krankentransport und damit den Rettungsdienstgesetzen unterfallen. Die Eigentümlichkeit des Krankentransports ist aber die "fachgerechte Hilfe", § 2 Abs.2 RettG NW, die dem zu Transportierenden zu leisten ist. Im Gegenzug fUhrt das fehlende Bedürfnis von "fachgerechter Hilfe" zum Anwendungsausschluß des Rettungsgesetzes von Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 2 Nr. 4. Da sinnvolle Hilfeleistung stets Fachkunde voraussetzt, wird die fachgerechte Hilfe zu einem zu weitreichenden Tatbestandsmerkmal. Es ist daher im Zusammenhang mit den übrigen Regelungsmaterien des Rettungsgesetzes von Nordrhein-Westfalen auszulegen. Nach diesem leisten Notärzte, Rettungsassistenten, Rettungssanitäter und Rettungshelfer31 die Hilfe im Rettungsdienst. Die Fachkunde dieser Personen erstreckt sich vor allem auf medizinische Notfallgeschehen 32, nicht auf den Umgang mit Behinderten, die allein wegen körperlicher Behinderung transport- und hilfsbedürftig sind. Fachgerechte Hilfe im Sinne der Rettungsdienstgesetze ist damit nur notfallmedizinisch-fachkundige Hilfe und nicht jede Art von fachkundiger (betreuender/pflegerischer) Hilfe. Demzufolge fallen auch in den Ländern, die Behindertentransporte nicht ausdrücklich ausnehmen, diese nicht in den Anwendungsbereich des Rettungsdienstgesetzes 33 •
IV. Vereinheitlichte Terminologie Zusammenfassend läßt sich nunmehr eine vereinheitlichte Terminologie festlegen 34, die dieser länderübergreifenden Untersuchung fortan zugrunde liegt: Not/al/rettung ist die schnellstmögliche medizinische Behandlung einer Person, die sich in Lebensgefahr oder in der Gefahr schwerer gesundheitlicher Schädigungen befmdet (Notfallpatient) sowie gegebenenfalls deren Beförderung mit einem Rettungsmittel in eine geeignete Behandlungseinrichtung.
§ 4 RettG NW. Vgl. Rettungsassistentengesetz vom 10.7.1989 (BGBI I, S. 1384) abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 14) Nr. 1120; Ausbildungs-und Prüfungsverordnung filr Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten vom 7.11.1989 (BGBI I, S. 1966) abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 14) Nr. 1125. 33 Im Ergebnis auch: PrüttinglMais, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Köln 1995 § 2 Anm. 6; dieses Ergebnis bestätigen auch die Gesetzesmaterialien: Amtliche Begründung zu § lAbs. 2 Nr. 5 GV.NW 1992 S. 458. 34 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe "Strukturfragen" des Bund-lLänder-Ausschusses "Rettungswesen" abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 14) Nr. 1220 sub 11 1.1. 31
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§ 2 Modalitäten der Krankenbeförderung
Krankentransport ist die nicht zeitkritische unter medizinisch-fachgerechter Betreuung erfolgende Beilirderung von Kranken oder sonst medizinischer Hilfe bedürftiger Personen, die keine Notfallpatienten sind. Krankenfahrt ist die Beförderung einer kranken Person, die währenddessen keine medizinische Betreuung benötigt.
§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung Das Rettungswesen ist ein Beispiel dafiir, daß vielfach die geltende Rechtslage nur mit Blick auf ihren Regelungsanlaß erklärbar ist. Wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, wäre eine Befassung mit den Rettungsdienstgesetzen ohne Kenntnis der entstehungsgeschichtlichen Tatsachenlage unvollständig und würde notwendig zu Fehlschlüssen filhren. Richtet man bei der Erhellung der Hintergründe das Augenmerk auf die hier in erster Linie interessierende organisatorische Entwicklung, lassen sich drei große Abschnitte unterscheiden. Eine mangels Rechtsgrundlagen nahezu rein tatsächliche Betrachtung zeigt markante Punkte von den Anfiingen bis zur Nachkriegszeit nach dem Zweiten Weltkrieg auf (l). Sie mündet in die Phase des planmäßigen Auf- und Ausbaus des Rettungsdienstes, die erste gesetzliche Normierungen bietet (2). Schließlich wird mit der Darstellung der aktuellen Rechts- und Tatsachenlage die nachfolgende rechtliche Untersuchung grundgelegt (3). Die Rettungsdienststrukturen der ehemaligen DDR haben zwar im Gegensatz zum Hergebrachten in den alten Bundesländern kaum noch spürbare Auswirkungen. Als Parallelentwicklung mit grundsätzlich anderem Ansatz und wegen ihrer mittelbaren Nachwirkung fiir Brandenburg und Thüringen l sollen sie in einem Annex aber dennoch Beachtung fmden (4).
I. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Betrachtet man die Wurzeln des heutigen Rettungswesens, muß man zwischen der Versorgung im militärischen und zivilen Bereich trennen. Für die Entwicklung der schnellen Rettung Kranker und Verletzter war der Krieg der Vater aller Dinge. Sei es, daß man auf die Kreuzzüge (1096-1291) blickt, deren Verwundete vom Deutschritterorden2 und von den Brüdern des Hospitals vom Heiligen Joharmes, aus denen später der Malteserritterorden hervorging, versorgt wurden. Sei es, daß man die Übereinkunft der Genfer Konvention vom 22. August 1864 als Beispiel heranzieht, die auf Betreiben
I
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Siehe unten S. 45. Gegründet 1190 als Zusammenschluß von Kreuzrittern und Kaufleuten.
§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
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von Henri Dunant mit der Unterstützung Napoleons III. abgeschlossen wurde und die die Kriegsverwundetenversorgung wesentlich verbesserte. Rettungsbemühungen in Form von Krankentransporten waren bereits bei den ersten Kulturvölkern bekannt. So schildert Homer im Elften Gesang seiner Ilias die Rettung des Verwundeten Deomedes auf einem Streitwagen3 und beschreibt eine bei den Schiffen liegende Stätte, die man heute wohl als Hauptverbandsplatz bezeichnen würde4 • Ausweislich Livius' Beschreibungen des Zweiten Punischen Krieges (218-201 v. ehr.) setzten die römischen Feldherren ebenso wie Hannibal Hilfsvölker zur Verwundetenbergung ein5 . Wesentliche Verbesserungen bis etwa zum Beginn der Neuzeit stellten sich nicht ein. Nachdem bereits im 16. Jahrhundert teilweise Verwundete nicht erst nach der Schlacht versorgt, sondern bereits währenddessen mit Schubkarren und Sänften zu den Pflegezelten beim Troß gebracht wurden, waren es die "fliegenden Ambulanzen,,6 des Franzosenkaisers, die am Beginn des 19. Jahrhunderts erstmals auf offenem Feld operierten. In Deutschland hingegen mußte die Sanitätspflege bis ins 19. Jahrhundert ein Dasein als "Stiefkind" des Heerwesens fristen 7. Im Gegensatz zum militärischen Rettungs- und Sanitätswesen als Teil der Staatsaufgabe Wehrwesen ist die Außerhausversorgung Kranker und Verletzter im Zivilleben die Geschichte des Einsatzes von Privatleuten, nämlich in erster Linie caritativer Vereinigungen. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts gab es punktuelle Ansätze einer institutionalisierten Rettung, die jedoch weitgehend auf WassernotflilIe beschränkt blieb. Vor allem die Hafengebiete von Amsterdam, Paris, London, Hamburg und Köln wurden von diesen Einrichtungen versorgt. Die Entwicklung im übrigen Binnenland blieb allerdings dahinter zurück. . Denn erst etwa hundert Jahre später bildete sich nach dem Vorbild der Londoner "St. John's Ambulance Association" in Kassel der Deutsche Samariterbund (1885) als Zusammenschluß lokaler Samaritervereine. Damit war der
Siehe Voss, Homers Ilias, München 1959 Zeilen 396-400. Siehe Voss (Anm. 3) Zeile 825. 5 Buch 23, 44: "Et Nolani aciem Romanam auxerunt: ... saucios ex acie efferre ... ; pugna abstinere ... " und Buch 23, 36: "Hannibal ... saucios vehiculis portari ... "; siehe Livius, Titus: Der punische Krieg: 218-201, übersetzt und herausgegeben von Hans Arnim Gaertner, Stuttgart 1968. 6 Sefrin, Geschichte der Notfallmedizin in Deutschland, in: Biese u. a (Hrsg), Handbuch des Rettungswesens, Hagen, Loseblatt Stand 1995, A 1.2. 7 von Esmarch, Über den Kampf der Humanität gegen die Schrecken des Krieges, Kiel 1869 S. 42. 3
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I. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
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Grundstein des organisierten Rettungswesens gelegt. Weitere entscheidende Ereignisse waren 1883/84 die Einfiihrung der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung sowie die 1912 vom Reichsgesundheitsrat erlassenen "Grundsätze fiir die Ordnung des Rettungs- und Krankenbeilirderungswesens". Hierin wurden bereits Regeln fiir die organisatorische Durchfiihrung8, die Ausrüstung und die Ausbildung im Rettungswesen festgelegt. Dies war notwendig geworden, weil es mittlerweile eine Vielzahl von Rettungseinrichtungen gab. Nachdem der Versailler Vertrag die militärisch-zivile Zusammenarbeit zwischen Rotem Kreuz und Wehrmacht untersagte, verstärkte das Rote Kreuz seine Aktivitäten auf dem Gebiet der zivilen Rettung. Es entwickelte sich zur tragenden Säule des Rettungswesens in der Weimarer Republik. Daneben wirkte aber noch eine große Anzahl sonstiger privater Vereinigungen mit9 • Qualitativ neu war jedoch, daß die Freiwilligen Feuerwehren und die Berufsfeuerwehren der großen Städte ebenfalls im Rettungswesen tätig wurden. Auf diese Weise beteiligte sich die öffentliche Hand erstmals an der Durchfiihrung des zivilen Rettungswesens. Allerdings währte dieses Engagement nicht lange. Schon 1942 zog sich der Staat in Gestalt der Feuerwehren wegen kriegsbedingter Überbeanspruchung in den Bereichen der Brandbekämpfung und der technischen Hilfeleistung wieder ganz aus dem zivilen Rettungswesen zurück. Durch "Führererlaß"IO wurde dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) die ausschließliche Zuständigkeit fiir die Krankenbeilirderung im nichtmilitärischen Bereich übertragen, also erneut ganz in die Hand einer Privatorganisation gelegt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelte sich das Rettungswesen nicht mehr deutschlandweit einheitlich. Die drei Westmächte verfolgten unterschiedliche KonzeptelI. In der französischen und amerikanischen Zone blieb die Durchfiihrung des Rettungswesens Sache des Roten Kreuzes (BadenWürttemberg, Bayern, Saarland, Rheinland-Pfalz), während in der britischen Zone das englische System Pate stand und die Aufgaben den Gemeinden übertragen wurden, die sich wiederum ihrer Feuerwehren bedienten (NordrheinWestfalen, Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen, Hamburg)12. Es sind vor allem
8 Insbesondere zur sukzessiven Verbesserung der eingesetzten Technik im Rettungswesen: Curio, Die Geschichte des Krankentransports, Diss. Köln 1971, S. 32 ff, 43 ff. 9 Biese, Das öffentliche Rettungswesen, in: Handbuch des Rettungswesens (Anm. 6), A 1.2; Lüttgen, Perspektiven des Rettungswesens, in: Der Landkreis 1980, 605. 10 Gesetz vom 30. Nov. 1942 (RGBI I, S. 17). 11 Zur sowjetischen Besatzungszone sogleich. 12 Korbmann, Kräftiger Kostenanstieg im Krankentransport, Die Ersatzkasse 1980, 454 (454 f.).
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§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
diese Nachkriegsstrukturen, die heute erhebliche Auswirkungen auf das Rettungswesen haben. Da der Aufbau des Rettungswesens nicht zu den vordringlichen Nachkriegsaufgaben zählte, dominierten bis zum Ende der fiinfziger Jahre die samaritanen Hilfsorganisationen mit ihren ehrenamtlichen Helfern. Inzwischen betätigten sich neben dem bereits 1945 wiedergegründeten Arbeiter-SamariterBund (ASB) auch die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und der MalteserHilfsdienst (MHD) im Rettungswesen \3. Deren Kräfte konnten aber mit dem steigenden Methodenreservoir des Teils der Medizin, der später zur Notfallmedizin wurde, nicht Schritt halten l4 • Invasive Maßnahmen wie Schockbekämpfung, Reanimation mit Intubation und Beatmungsgeräten sowie Defibrillation wurden bald zum Standard. Außerdem setzte sich die Erkenntnis durch, der Arzt müsse zum Patienten, nicht der Patient zum Arzt gebracht werden l5 • Die Zielsetzung wandelte sich demzufolge vom möglichst schnellen Transport zur Wiederherstellung und Erhaltung der Vitalfunktionen, der Herstellung der Transportfiihigkeit und der Behandlung während der Fahrt. Aus der Transportaufgabe Rettungsdienst wurde die Disziplin Notfallmedizin l6 . Der Anstoß fiir einen planmäßigen Auf- und Ausbau des öffentlichen Rettungswesens wurde jedoch erst in den sechziger Jahren durch die schnell anwachsende Zahl von Verkehrsunfallopfern im Gefolge der Massenmotorisierung gegeben 17 • Das Rettungswesen wurde nunmehr als Aufgabe betrachtet, deren Sicherstellung der Staat zu garantieren hat. Doch der Mangel an gesetzlichen Grundlagen war umfassend. Obwohl die Gesetzlichen Krankenversicherungen von Anfang an (damals noch nicht so genannte) Krankentransport- und Notfallrettungsleistungen bezahlten, wurde erst
13 LechleuthnerlMaurer, Die "Rettungsdienst-Evolution": ein historischer Exkurs, in: Rettungsdienst 1997, 16 [18]. 14 Ahne/eid, Der Rettungsdienst im Spiegel unserer Zeit, in: Der Rettungsdienst im Spiegel unserer Zeit, Referate, 14. Bundeskongreß Rettungsdienst, Engelhardt (Hrsg.), Edewecht 1996, S. 15. 15 So schon 1938: Kirschner, Die fahrbare chirurgische Klinik, in: Der Chirurg 1938, 713; erste Städte mit organisiertem Notarztdienst waren Köln und Heidelberg. 16 Ebenso bereits: Münchener Medizinische Wochenschrift 1908, 1360. 17 Die Geburtsstunde des heute existierenden modernen Rettungsdienstes lebt in der umgangssprachlichen Bezeichnung "Unfallwagen" fort, obwohl Straßenverkehrsunfälle lediglich noch gut 12% der Einsätze ausmachen: Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1993, Hrsg. Bundesminister für Verkehr, in: BT-Drs. 12/8335 S. 39.
11. Vor der Novellierung in den 90er Jahren
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1974 durch das Rehabilitationsleistungs-Angleichungsgesetz 18 § 194 in die RVO eingefilgt. Damit war eine erste gesetzliche Grundlage filr die Übernahme der Rettungsdienstleistungen durch die gesetzlichen Krankenversicherungen geschaffen. Heute ist diese Norm durch § 60 SGB Versetzt. Zusammenfassend lassen sich aus dem kurzen Abriß der Entwicklung des Rettungswesens zwei Leitlinien gewinnen, die im weiteren Fortgang der Untersuchung noch an Bedeutung gewinnen: Von Ausnahmen abgesehen, war das Rettungswesen bis in die jüngste Vergangenheit immer Sache von Privaten. Die Entwicklung des Rettungswesens bezog sich immer auf die Entwicklung der Notfallrettung - und nicht des Krankentransports.
11. Vor der Novellierung in den 90er Jahren Nachdem der politische Entschluß gefaßt war, die Aufgaben des Rettungswesens nicht mehr den wohltätigen Organisationen und Verbänden zur alleinigen Regelung und Wahrnehmung zu überlassen, wurden erste gesetzliche Grundlagen geschaffen. Der Rettungsdienst wurde als eine Aufgabe der Gefahrenabwehr und der Daseinsvorsorge 19 angesehen und fiel demgemäß nach Art. 30, 70 GG grundsätzlich in die Kompetenz der Länder. Dem Bund kam allerdings die Gesetzgebungszuständigkeit filr das Berufsbild des dort tätigen Personals (Art. 74 Nr. 19 GG a.F.), filr die Krankenkassen als größten Finanzier (Art. 74 Nr. 12 GG a.F.) und filr den Straßenverkehr (Art. 74 Nr. 22 GG a.F.) zu, zu welchem die KrankenbefOrderung nach dem damals geltenden PersonenbefOrderungsgesetz20 noch zählte. Diese Zuständigkeitsverteilung ftlhrte zur Bildung des auch heute noch bestehenden Bund-lLänder-Ausschusses "Rettungswesen,,21, der 1973 den Musterentwurf eines Rettungsdienstgesetzes vorlegte 22 . In Anlehnung hieran erließen alsbald Baden-Württemberg23 , Bayern24, Nordrhein-Westfalen 25 , das Saarland26 und Schleswig-Holstein27 erste Rettungsdienstgesetze.
Vom 7. Aug. 1974 (BGBI. 1 S. 1881). Statt vieler: Lippert/Weissauer, Das Rettungswesen, Berlin usw. 1984 Rn. 22. 20 Vom 21. März 1961 (BGBll S. 241). 21 Aus dem Bund-lLänder-Ausschuß "Rettungswesen" wurde allerdings der Ausschuß "Rettungswesen", in dem nach dem Rückzug des Bundes nur noch die 16 Länder vertreten sind. 22 Anlage 1 zu BT-Drs. 7/489. 23 Gesetz über den Rettungsdienst vom 10. Juni 1975. 18
19
§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
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Trotz des Musterentwurfs ist eine bundesweite Vereinheitlichung aber nur teilweise gelungen. Wegen der vorgefundenen unterschiedlichen Strukturen, die sich vorgesetzlich in den einzelnen Ländern entwickelt hatten, schlugen die Landesgesetze nicht nur terminologisch, sondern auch inhaltlichorganisatorisch verschiedene Wege ein. Dies wird besonders deutlich am Beispiel der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, die gar keine eigenen Rettungsdienstgesetze erließen, sondern lediglich ihre Feuerwehrgesetze ergänzten 28 • Hessen begnügte sich mit öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen als Rechtsgrundlage, Niedersachsen mit ministeriellen Richtlinien empfehlenden Charakters29 • Die Rettungsdienstgesetze aus der Mitte der siebziger Jahre waren reine Organisationsgesetze 30 mit nachvollziehendem Charakter. Das bedeutet, daß sie nicht die Rechtslage aktiv gestalteten, sondern sich im wesentlichen damit begnügten, das bisher allgemein Praktizierte gesetzlich zu fixieren 3l • Außer in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, in denen als Nachwirkung der britischen Besatzung die Berufsfeuerwehren die bestimmende Stellung im Rettungsdienst einnahmen, waren Private in allen Bundesländern maßgeblich an der Durchfilhrung des öffentlichen Rettungsdienstes beteiligt. Diese Privaten erschöpften sich aber weitgehend in den gemeinnützigen Hilfsorganisationen (Arbeiter-Samariter-Bund [ASB], Deutsches Rotes Kreuz [DRK], Johanniter-Unfallhilfe [JUH], Malteser Hilfsdienst [MHD] und Deutsche Lebensrettungsgesellschaft [DLRG]), die auch schon vor dem Gesetzeserlaß den Rettungsdienst als Verbandsaufgabe wahrgenommen hatten. Erst zu Beginn der achtziger Jahre traten daneben private Fuhrunternehmer auf, die Krankentransport und Notfallrettung als Gewerbe, also gewinnorientiert betrieben. Mit deren Betriebsaufnahme trat die schwache materielle Kraft
Bayerisches Gesetz über den Rettungsdienst vom Il. Jan.1974 (GVB!. S. I). Gesetz über den Rettungsdienst vom 26. Nov. 1974 (GVNW S. 1481). 26 Gesetz Nr. 1029 über den Rettungsdienst vom 24. März 1975 (AmtsB!. S. 545). 27 Rettungsdienstgesetz vom 24. März 1975 (GVOBI S. 41). 28 Berlin: Gesetz über den Brandschutz und die Hilfeleistung in Notfällen vom 26. Sept. 1975 (GVBI S. 2523); Bremen: Gesetz über den Feuerschutz im Lande Bremen vom 18. Juli 1950 (GB!. S. 8I); Hamburg: Feuerwehrgesetz vom 15. Mai 1972 in der Fassung vom 9. Dez. 1974 (GB!. S. 381). 29 RdErl. vom 14.0kt. 1974 (Nds. MBI. S. 1823) geändert durch RdErl. vom 15. Aug. 1975 (Nds MBI. 1529); RdErl. vom 9. Okt. 1979 (Nds MBI. S. 1663). 30 LT-Drs. Baden-Württemberg 10/5817 S. 26; LT-Drs. Bayern 11/16437 S. 1,9; LTDrs. Rheinland-Pfalz 11/4287 S. l. 31 Für Bayern: BayVGH, Beschl. vom 20. Dez. 1988 - 4 CE 88.1946 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter, Krankentransport und Rettungswesen, Berlin, Loseblatt Stand Aug. 1997, Nr. 8429 S. 5. 24 25
H. Vor der Novellierung in den 90er Jahren
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der Rettungsdienstgesetze deutlich zutage. Denn als - wenn auch besondere Fonn der BefOrderung von Personen unterfiel die gewerbliche KrankenbefOrderung, sei es in der Notfallrettung, sei im Krankentransport, lediglich dem Personenbef6rderungsgesetz. Nach den §§ 1, 13, 46 Abs. 1 Nr. 3, 49 Abs. 4 PBefG 1961 hatte jeder Unternehmer, der die gesetzlichen subjektiven Voraussetzungen erfüllte, also zuverlässig und sachkundig32 war, Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur PersonenbefOrderung33 • Den besonderen Anforderungen der Rettungsdienstgesetze, denen der öffentliche Rettungsdienst unterlag34 (flächendeckende Vorhaltung rund um die Uhr) mußten die Unternehmer nicht entsprechen. Demzufolge beschränkten sich viele auf die Durchfiihrung von Krankentransporten in größeren Städten zur aufkommensstarken Zeit am Vor- und Nachmittag 35 • Sie wurden damit in die Lage versetzt, ihre Leistungen erheblich preisgünstiger als die Durchfiihrenden des öffentlichen Rettungsdienstes zu erbringen. Die Qualität ihrer Leistungen litt hierunter nicht. Dieses Verhalten trug den Unternehmern von seiten der Unterstützer des öffentlichen Rettungswesens den Vorwurf ein, "Rosinenpickerei" 36 zu betreiben. Ihr Verhalten gefilhrde die Existenz des öffentlichen Rettungsdienstes. Die öffentliche Hand reagierte mit Boykottmaßnahmen. Polizeidienststel1en und Krankenhäuser in staatlicher Trägerschaft wurden angewiesen, ihre Bef6rderungsaufträge nur noch über den öffentlichen Rettungsdienst abzuwickeln 37 • Auch weigerten sich die gesetzlichen Krankenversicherungen, den gemäß § 60 32 Vgl. dazu die damals geltende Verordnung über den Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung von Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs (PBetEignungVO) vom 10. April 1979 (BGBI. I, S. 458). 33 Für den Krankentransport: OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Nov. 1984, OVGE 38, 372 [375] = DÖV 1986,370 = MedR 1986, 88; BVerwG, Beschl. vom 19. Juni 1985, NJW 1985, 2778 = NVwZ 1984, 900 = DÖV 1986, 26. 34 Gemäß § 58 Abs.l Nr.l PBefG 1961 iVm § 1 Nr.2 FreistellungsVO vom 30. Aug. 1962 (BGBI. I, S. 601) galt fiir den öffentlichen Rettungsdienst das Personenbeförderungsgesetz nicht. 35 Trumpp, Konkurrenzdruck geht zu Lasten der rettungsdienstlichen Versorgung in Baden-Württemberg, in: Der Landkreis 1985, 550 [551]; Lippert/Breitling, Der Private im Rettungsdienst und Krankentransport, in: NJW 1988, 749; Denninger, Rettungsdienst und Grundgesetz, in: DÖV 1987,981 [982]; Conrad, Gerechte Bemessung der Kosten im Rettungsdienst durch eine duale Gebührenstruktur, in: Der Landkreis 1985, 570 [571]. 36 Abgeordneter Börnsen, BT-Drs. 1114224 S. 6; fiir Nordrhein-Westfalen: Abgeordneter Kreuz, Protokoll des Landtages Nordrhein-Westfalen 11/77 S. 9646; fiir Schleswig-Holstein: Conrad (Anm.35) S.571; fiir Bayern: "Rosinen klauben", vgl. OLG München, Urt. vom 12. Okt. 1995, in: NJW-RR 1996,1323 [1324]. 37 Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. Jan. 1986 - 3KfH 0 129/84 - abgedruckt in: GerdeimanniKorbmanniKutter (Anm. 31) Nr.8225; BGH Urteil vom 26.5.1987 NJW 1990, 1531 = abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 31) Nr. 8254.
3 Schulte
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§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
Abs.5 SGB V zu erhebenden Eigenanteil der Versicherten von DM 20,_38 einzuziehen und an die Durchfilhrenden zu überweisen, während sie dies fllr den öffentlichen Rettungsdienst taten. Dies führte vor allem bei regelmäßigen Auftraggebern zu erhöhten Verwaltungsaufwendungen und schnell dazu, private Unternehmer nicht mehr einzusetzen39 . Schließlich weigerten sich die Krankenkassen, mit privaten Unternehmen außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes Vergütungsverträge nach § 133 SGB V abzuschließen40 . Da den Unternehmern gleichzeitig die Mitwirkung im öffentlichen Rettungsdienst versagt wurde, blieb ihnen als potentieller Kundenkreis nur die ca. 10% privat versicherten Patienten. Eine Beschränkung, die faktisch zur Geschäftsaufgabe zwang. Die rigoros niedrig gehaltenen Preise der gewerblichen Anbieter auf der einen Seite und die Abschottungsmaßnahmen der öffentlichen Hände auf der anderen, stellten gegen Ende der achtziger Jahre den vorläufigen Höhepunkt des Konkurrenzkampfes im Rettungswesen dar.
III. Nach der Novellierung Diese Situation führte dazu, daß nach einem vergeblichen Anlauf in der zehnten Legislaturperiode 41 die Krankenbellirderung im Jahre 1989 mit Wirkung zum 1. Januar 1992 ganz aus dem Anwendungshereich des Personenbetorderungsgesetzes herausgenommen wurde42 . Auf Gesetzgebungsinitiative der Länder43 begab sich der Bund - bis dahin beispiellos 44 - im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung also eines Gegenstandes, den er von Anfang an fllr sich in Anspruch genommen hatte (Art. 74 Nr. 11,22 GG a.F.)45, wenn er auch von der Verordnungsermächtigung in § 58 Abs. 1 Nr. 2 PBetD 1961, die es ihm erlaubte, den Rettungsdienst zu regeln, niemals Gebrauch gemacht hat. In der Folgezeit novellierten alle Länder ihre Rettungsdienstgesetze beziehungsweise Unterdessen erhöht auf DM 25,-. Vgl. LG Dortmund, Urteil vom 16. Feb. 1989, abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 31) Nr. 8252 = Die Ersatzkasse 1990, 378. 40 Vgl. SG Koblenz, Urt. vom 27. Feb. 1989 - S 2 Kr 109/89 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 31) Nr. 7988; VGH München, Beschl. vom 20. Dez. 1988 - 4 CE 88.1946 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 31) Nr.4829. 41 BT-Drs. 10/3425. 42 Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vom 25. Juli 1989 (BGBI I, 1547). 43 Vgl. BR-Drs. 544/87; BT-Drs. 1I/2170. 44 Fromm, Das sechste Gesetz zur Änderung des PersonenbefOrderungsgesetzesEnde einer Odyssee, in: NJW 1989, 2378. 45 OVG Lüneburg Urt. vom 11. Nov. 1980 DÖV 1981,227. 38 39
III. Nach der Novellierung
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nahmen den Kompetenzzuwachs zum Anlaß, ein eigenes Rettungsdienstgesetz erstmals zu erlassen. Der Bund-/Länder-Ausschuß "Rettungswesen" hat im Dezember 1989 einen Musterentwurf eines "Landesgesetzes über den Rettungsdienst, die Notfallrettung und den Krankentransport',46 vorgelegt. Trotz erkennbarer Bemühungen um Vereinheitlichung, spiegeln die novellierten Rettungsdienstgesetze dennoch die Eigenheiten der jeweils im Land vorgefundenen tatsächlichen Lage wider47 . Das nimmt nicht wunder, denn das gerade war das Ziel der die Änderung initiierenden Länderkammer. 48 Die Unterschiede sind so gravierend, daß sich eine Untersuchung auf der Grundlage des Musterentwurfes verbietet.
1. Formaler Aufbau Der formale Aufbau der Gesetze differiert erheblich. Von Unterteilungen in vier bis acht Abschnitte, über drei bis sieben Teile mit oder ohne Unterabschnitte bis hin zum ungegliederten Gesetz (Brandenburg) und einer Paragraphenzahl, die zwischen 13 (Brandenburg) und 35 (Baden-Württemberg) schwankt, sind fast alle Variationen vertreten. Inhaltlich sind aber, jedenfalls was die im Rahmen dieser Arbeit interessierenden Strukturen angeht, Gemeinsamkeiten vorhanden.
2. Öffentliche Trägerschaft In allen Ländern besteht ein bodengebundener Rettungsdienst in öffentlicher Trägerschaft. Dessen Träger variieren allerdings: in den Flächenstaaten sind dies vor allem die Landkreise und kreisfreien Städte49 . In Baden-Württemberg sind die Hilfsorganisationen und bei Bedarf andere Stellen primäre Aufgaben-
abgedruckt in: Biese u. a (Anm. 6) B.III.O.2. Vgl. z. B. LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S. 17. Ein knapper Überblick zu den Kategorien Aufgaben, Qualität, Trägerschaft und Mitwirkungsmöglichkeiten Privater in den jeweiligen Landesrettungsdienstgesetzen findet sich bei Hausner, Mitwirkung Privater arn Rettungsdienst, Dissertation Regensburg 1993, S. 75 ff.; eine synoptische Darstellung gibt Ufer, Leitlinien in den neuen Rettungsdienstgesetzen, in: Rettungsdienst 1993, S. 878 ff.; 1994, S. 51 ff. 48 BR-Drs. 544/87 S. 3. 49 § 3 Abs. 1 BbgRettG; § 8 Abs. 1 HessRDG; § 6 Abs.2 Satz 2 RDG M-V; § 3 Abs. 1 Nr. 2 NdsRettDG - hier sind auch noch vier Städte zusätzlich benannt; § 6 Abs. 1 Satz 1 RettG NW; § 3 Abs. 1 RettDG RhPf; § 3 Abs. 1 RDG-LSA; ; § 6 Abs. 2 Satz 1 RDG SH; Holstein § 3 Abs. 1 TH RDG. 46 47
§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
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träger, während den Land- und Stadtkreisen nur eine subsidiäre Auffangträgerschaft zukommtSo. Gleiches gilt in Berlin fiir die Teilaufgabe des KrankentransportssI. In den Stadtstaaten wird der öffentliche Rettungsdienst im übrigen vom Land selbst getragenS2 . In Bayern, Sachsen und dem Saarland tragen Rettungszweckverbände, die aus den Landkreisen und kreisfreien Städten eines Rettungsdienstbereiches gebildet werden, den öffentlichen Rettungsdienst S3 . Allerdings fUhren die Träger den Rettungsdienst regelmäßig nicht selbst durch, sondern übertragen die Durchfiihrung auf geeignete Dritte. Der Rettungsdienst hat die Aufgabe, Notfallpatienten zu retten (Notfallrettung) und Nichtnotfallpatienten, die aber dennoch der fachkundigen medizinischen Hilfe bedürfen, zu transportieren (Krankentransport). Der Träger hat sicherzustellen, daß diese Aufgaben im ganzen Land bedarfsgerecht erfüllt werden s4 . Die Erfüllung der Aufgabe "Rettungsdienst" ist den Trägem in den Flächenstaaten nach traditioneller Begriffiichkeit entweder als Selbstverwaltungs- oder Auftragsangelegenheit55 zugeordnet. Wo eine Selbstverwaltungsangelegenheit vorliegt, ist einerseits größerer Gestaltungsspielraum eröffnet, da nur kommu§ 2 RDG BW. § 5 Abs. 2 Satz 1 RDG Bin. 52 Nur Notfallrettung: § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG Bin wonach die Notfallrettung Aufgabe der Berliner Feuerwehr ist und diese gemäß § 5 Abs. 2 Feuerwehrgesetz Bin, i.V.m. § 2 Abs. 2 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz nachgeordnete Ordnungsbehörde des Senats; § 5 Abs. 1 Nr. 2 BremRettG; § 7 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG in Verbindung mit der Anordnung zur Durchflihrung des hamburgischen Rettungsdienstgesetzes (vom 5. Aug. 1992, Amtlicher Anzeiger Nr. 156 S. 1529) und §§ 1 Abs. 1,4 Abs. 2 Nr. 9 des Gesetzes über Verwaltungsbehörden. 53 Art. 18. Abs. 3 BayRDG; § 5 Abs. 1 SaarRettG; § 3 Abs. 1 SächsRettDG. 54 §§ 1, 2 RDG BW; Art.18 Abs. 1 BayRDG; § 2 Abs. 1 RDG Bin; §§ 1 Abs. 2,3 BbgRettG mit Erweiterung um "Sofortreaktion", d. h. Hilfeleistung bei einer Vielzahl von Verletzten, § 2 Abs. 4 BbgRettG; § 3 Abs. 1 Satz 2, 5 BremRettG; § 6 HmbRDG; §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 8 HessRDG; § 6 Abs. 1 Abs.2 RDG M-V; §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 NdsRettDG; § 6 Abs. 1 Satz 1 RettG NW; §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 3 RettDG RhPf; §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 SaarRettG; §§ 2 Abs. 1, 3 SächsRettDG; §§ 2 Abs. 1,3 Abs. 1 RDG-LSA mit Erweiterung um "Sofortreaktion"; § 6 Abs. 1,2 RDG SH; § 3 Abs. 1 TH RDG. 55 § 2 Abs.2 RDG BW; § 3 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG; § 9 Abs. 2 Satz 1 HessRDG; allerdings ist die Einrichtung einer zentralen Leitstelle nach § 6 Abs. 4 HessRDG eine Auftragsangelegenheit; Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayRDG; § 6 Abs. 2 Satz 3 RDG M-V; § 6 Abs.3 RettG NW; § 5 Abs. 1 Satz 1 SaarRettG; die Weisungsaufgaben nach monistischem Aufgabensystem werden hier der Rechtsprechung folgend als Auftragsangelegenheiten angesehen (BVerfG, Urt. vom 23. Jan. 1957, E 6, 104 [116]; BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1964, E 19, 121, 123; zum Streitstand Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Auflage, Berlin New York 1995, Rn. 38 Fn. 12 mit weiteren Nachweisen). 50
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IV. Die Entwicklung in der DDR
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nalaufsichtliche Mittel Anwendung finden, andererseits führt dies regelmäßig zur Ausbildung unterschiedlicher Rettungsdienststrukturen innerhalb desselben Bundeslandes. Um Verwechselungsgefahren zu verringern, wird - in den meisten Gesetze ebenso wie in dieser Arbeit - mit dem Begriff "Rettungsdienst" die Wahrnehmung von Notfallrettung und Krankentransport durch bzw. im Auftrag der öffentlichen Träger im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung bezeichnet56 •
3. Private Notfallrettung und privater Krankentransport Des weiteren existiert in fast allen Gesetzen als ein Kernstück 57 der Novellierung die Regelung von neben dem öffentlichen Rettungsdienst durchgeführter privater Notfallrettung und privatem Krankentransport durch Unternehmer. Bislang vollzogen sich diese (im alten Bundesgebiet) nach dem Personenbeförderungsgesetz. Jetzt ist diese Materie ebenfalls den Landesrettungsdienstgesetzen unterworfen58 • Bedeutungsvollster Unterschied zur alten Rechtslage ist, daß nunmehr eine Genehmigung nicht schon dann zu erteilen ist, wenn der Unternehmer sachkundig, sicher und leistungsfähig ist. Eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn hierdurch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nicht beeinträchtigt wird59 . Die Zulassung zum Beruf des Notfallretters bzw. Krankentransporteurs außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes ist also auch von Voraussetzungen abhängig, die der Berufsanwärter nicht beeinflussen kann.
IV. Die Entwicklung in der DDR In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR gliederte sich der in den siebziger Jahren auf- und ausgebaute Rettungsdienst in die Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) und den organisatorisch davon getrennten KrankentransVgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 RDG SH. So LT-Drs. Baden-Württemberg 10/5817 S. 33; LT-Drs. Bayern 11/16437 S. 10; LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 47; 58 §§ 15 ff. RDG BW; Art. 4 ff. BayRDG; nur rur Krankentransport: §§ 5 Abs.2, 10 ff. RDG Bin; § 5 Abs. 3, 4 BbgRettG; §§ 15 ff. BremRettG; §§ II ff. HmbRDG; §§ 13 ff. HessRDG; §§ 14 ff. RDG M-V; nur rur Krankentransport: §§ 19 ff. NdsRettDG; §§ 18 ff. RettG NW; §§ 14 ff. RettDG RhPf; §§ 12 ff. SaarRettG; §§ 40 ff. SächsRettDG; §§ 14 ff. RDG-LSA; §§ 10 ff. RDG SH; § 15 TH RDG. 59 § 16 Abs. 2 RDG BW; Art. 7 Abs.2 BayRDG; § 13 Abs.3 Nr.2 RDG Bin; § 5 Abs. 5 BgbRettG; § 12 Abs. 3 HmbRDG; § 13 Abs. 4 S. 2 HessRDG; § 15 Abs. 2 RDG M-V; § 19 Abs.4 RettG NW; § 19 Abs. 3 RettDG RhPf; § 16 Abs. 2 SaarRettG; § 17 Abs. 2 SächsRettDG; § II Abs. 3 RDG SH. 56
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§ 3 Tatsächliche und rechtliche Entwicklung
port. Insgesamt hatte der Rettungsdienst in der DDR ein größeres Aufgabenspektrum als der in der Bundesrepublik. Dem Krankentransport oblagen neben der Durchfiihrung von Krankentransporten im westdeutschen Sinne auch einfache Krankenfahrten. Die Schnelle Medizinische Hilfe vereinigte zudem in etwa die westdeutsche Notfallrettung und den kassenärztlichen Notfall- bzw. Bereitschaftsdienst in sich. Entsprechend umfassend gestaltete sich deren Aufgabe. Außer fiir Notfallpatienten war die Schnelle Medizinische Hilfe zuständig: zur schnellen Schmerzlinderung bei Verhaltensstörungen, die im Interesse des Betroffenen oder anderer Bürger dringende ärztliche Maßnahmen erfordern bei Havarien und Katastrophen als "Sofortreaktion,,60. Die Schnelle Medizinische Hilfe unterteilte sich wiederum in die Einsatzkategorien: Dringliche Medizinische Hilfe (DMH) und Dringlicher Hausbesuchsdienst (DHD). Dabei entsprach die Dringliche Medizinische Hilfe, die akute Notfalle behandelte, am ehesten der heutigen Notfallrettung. 61 Besonders hieran war jedoch, daß zu jedem Einsatz ein Notarzt ausrückte, während in der gegenwärtigen Notfallrettung nur knapp 40 Prozent der Fälle Ge nach Meldebild) von einem Notarzt versorgt werden. Das ärztliche und pflegerische Personal wurde vom staatlichen Gesundheitswesen, der Fuhrpark nebst Kraftfahrer vom Roten Kreuz der DDR gestellt62 . Eine Ausnahme bildete Ost-Berlin, in dem ausschließlich das Rettungsamt zuständig war63 . So wurden auch in der DDR die von der sowjetischen Besatzungsmacht geschaffenen Strukturen bewahrt64 • In der DDR gab es ausschließlich den öffentlichen Rettungsdienst; daneben tätige Privatunternehmen waren nicht vorhanden. Die Organisation des Rettungswesens in den neuen Bundesländern entsprach bis Ende 1992 weitgehend der der untergegangenen DDR. Denn gemäß § 12
60 Rahmenordnung fiir die Leitung, Organisation und Planung der Schnellen Medizinischen Hilfe (SMH) vom 12. Juni 1979, VuM des MfGe Nr. 6 S.89. 61 LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 15. 62 Modes, Leistungsanalyse im Rettungsdienst fiir 1992, in: Rettungsdienst 1993, S.838. 63 Vgl. Stolte, Neuordnung des Rettungsdienstes in der Deutschen Demokratischen Republik - Gesundheitsreform oder Monopoly?, in: Rettungdienst 1990, 583 mit Nachweisen der entsprechenden ministeriellen Anordnungen. 64 LechleuthneriMaurer (Anm. 13) S. 18.
IV. Die Entwicklung in der DDR
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des Rettungsdienstgesetzes der DDR65 waren die Regelungen über die Schnelle Medizinische Hilfe weiter anzuwenden 66 • Auch nach dem Außerkrafttreten hat das Rettungsdienstgesetz der DDR die Gesetzgebungsvorhaben der neuen Bundesländer maßgeblich beeinflußt67 •
65 Vom 13. Sept. 1990 GBI DDR I S. 1547, Inkrafttreten 21. Sept. 1990; längste Geltungsdauer bis 21. Dez. 1992. 66 Die wesenlichen Bestimmungen sind zusammengestellt in: DDR-Ministerium für Gesundheit (Hrsg), Sozialistisches Gesundheitsrecht, 2. Auflage, Berlin 1989 Ordnungsziffern 2 ff, 65 ff. 67 Vgl. unten S. 45 und Ufer, Rettungsdienst und Deutsche Einheit, in: Rettungsdienst 1991, 1.
§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeführten Rettungsdienst I. Gang der Untersuchung Im Rettungswesen besteht die Besonderheit, daß in der überwiegenden Mehrzahl der Bundesländer der Staat und Private dieselben Tätigkeiten wahrnehmen. Hieraus entwickelt sich weniger Kooperation als vielmehr Konkurrenz. Es ist allerdings nichts Ungewöhnliches, daß Staat und Private sich auf demselben Aufgabenfeld engagieren, man denke nur an den Bankensektor (SparkassenlPrivatbanken), den Wohnungsbau (öffentliche Wohnungsbaugeseilschaften/private Bauträger), das Bildungswesen (öffentliche Schulen und UniversitätenlPrivatschulen und Privathoch- und Fachhochschulen), die Verund Entsorgungsbetriebe (Kommunale Eigenbetriebe/private Unternehmen) oder an das Versicherungswesen (gemeindliche Eigenversicherer, Versicherung der Sparkassenorganisation/private Versicherungswirtschaft). Eine Eigentümlichkeit liegt jedoch darin, daß der Staat in allen Ländern einerseits per Gesetz gezwungen ist, einen flächendeckenden Rettungsdienst aufzubauen und zu unterhalten, daß er aber andererseits zugleich in landesrechtlich unterschiedlicher Intensität dazu angehalten wird, die Durchführung der Aufgabe Rettungsdienst auf Private zu übertragen. Abgerundet wird das Bild dadurch, daß die Privaten, die Beauftragte der öffentlichen Hand sind, auch noch in Konkurrenz zum Staat, ihrem Auftraggeber, tätig werden können. Für privatrechtlieh organisierte Einrichtungen wie die gemeinnützigen Hilfsorganisationen und gewerbliche, also gewinnorientierte Unternehmen, gibt es demnach zwei Möglichkeiten, im Rettungswesen tätig zu werden. Zunächst ist es möglich, im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung des öffentlichen Trägers mit der Aufgabenwahrnehmung betraut zu werden. Ob, und wenn in welcher Fonn Ansprüche auf Berücksichtigung bestehen, soll in diesem § 4 geklärt werden. Daneben können in den meisten Ländern gemeinnützige Organisationen und gewerbliche Unternehmer außerhalb des öffentlich organisierten Rettungsdienstes "auf eigene Rechnung" als Notfallretter und Krankentransporteure am Markt auftreten, sofern sie die erforderliche Genehmigung besitzen. Die Genehmigungspflicht ist Gegenstand von § 5. Nachdem zunächst erläutert wird, was die öffentliche Beauftragung so attraktiv macht (11), werden die Organisationsmodelle des öffentlichen Rettungsdienstes in den Ländern dargestellt (III). Sodann wird der öffentliche Rettungs-
H. Vorzüge der öffentlichen Beauftragung
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dienst als Privatisierungsproblem erfaßt (IV), in die laufende Diskussion eingeordnet (IV. I), seine Aufgabenqualität (lV.2) und Zulässigkeit (IV.3) untersucht und schließlich der Rechtsstatus der Beteiligten bestimmt (lV.4). Danach wird nach den Beteiligungsansprüchen gefragt (V, V.I), an die Vergaberegelungen der Maßstab des Gleichheitssatzes (V.2) und des Kartellrechts (V.3) angelegt und hieraus die Rechtsfolgen (V.4) abgeleitet.
11. Vorzüge der öffentlichen Beauftragung Sich um eine Mitwirkung am öffentlich durchgefilhrten Rettungsdienst zu bemühen, ist fiir Hilfsorganisationen und sonstige Private gleichermaßen aus mehreren Gründen attraktiv. Vom Träger des öffentlichen Rettungsdienstes damit betraut zu werden, dessen Sicherstellungsverpflichtung zu erfilllen, ist der risikoärmste und wirtschaftlich sicherste Weg, im Rettungswesen tätig zu werden. Denn vor allem ist der öffentliche Träger dem Beauftragten ein sicherer Schuldner der vereinbarten Gegenleistung, so daß ein Kostenausfallrisiko wie gegenüber vielen privaten Vertragspartnern (Patienten) nicht besteht. Tritt einmal eine Kostenunterdeckung ein, ist vielfach die Pflicht eines Finanzausgleichs zwischen den Leistungserbringern vorgesehen I . Darüber hinaus trägt die öffentliche Hand in den meisten Ländern - jedenfalls zum Teil - die Investitions- und Wiederbeschaffungskosten von Anlagegütern (Fahrzeuge, Gebäude, medizinische Geräte, Femmeldeausstattung) der Beauftragten2 • Weiterhin machen die gesetzlichen Krankenversicherungen gegenüber den beauftragten Unternehmen keine Schwierigkeiten bei Rahmenverträgen nach § 133 Abs. I SGB V3 und rufen ihnen gegenüber nicht zum Boykott auf'. Hinzu kommen die Vorteile, die sich daraus ergeben, daß der öffentliche Rettungsdienst jedenfalls im Bereich der alten Bundesländer seit Jahrzehnten eingefilhrt und bekannt ist. So gibt es lang bestehende LeistungsI § 28 Abs. I Satz 3 RDG BW; Art.24 Abs.3 BayRDG; § II Abs.3 Satz 2 HessRDG; § 10 Abs. I Satz 3 SaarRettG. 2 § 26 RDG BW; Art. 23 BayRDG; § 20 RDG Bin; § 10 BbgRettG; §§ 6 Abs.2 Satz 2, 13 Abs. I BremRettG; §§ 10, II HessRDG; §§ 10, II RDG M-V; §§ 14--16 NdsRettDG; § 15 RettG NW; §§ 11, 12 RettDG RhPf; §§ 9, 10 SaarRettG; §§ 26, 27 SächsRettDG; §§ 20, 21 RDG-LSA; § 8 RDG SH; § 12 TH RDG; zu diesem Motiv vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 18. Nov. 1985, abgedruckt in: Gerdelmann/Korbmann/ Kutter, Krankentransport und Rettungswesen, Berlin, Loseblatt Stand Aug. 1997, Nr.7840. 3 Vgl. BGH, Urt. vom 12. März 1991, in: WuWIE BGH 2707 - Krankentransportunternehmen H -. 4 V gl. BGH, Urt. vom 10. Okt. 1989, in: NJW 1990, 1531 - Neugeborenentransporte -.
§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgefiihrten Rettungsdienst
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beziehungen zwischen ihm und den Hauptauftraggebern Krankenhäusern, Ärzten, Alten- und Pflegeheimen und der Polizei. Ein in der täglichen Praxis nicht zu unterschätzender Vorteil ist auch, daß die Rufnummer der öffentlichen Krankentransportzentrale seit Jahren den entscheidenden Personen in Krankenhäusern und Arztpraxen vertraut ist oder jedenfalls in der Telefonliste ganz oben steht. In der Notfallrettung gibt es zur bundeseinheitlichen Rufnummer 112 ohnehin keine erfolgversprechenden Konkurrenzmöglichkeiten. Um Kundenakquisition und die Bildung des Bewußtseins, daß es im Krankentransportmarkt auch noch andere Anbieter als die öffentliche Hand gibt, muß sich der öffentlich Beauftragte überhaupt nicht kümmern. Längerfristig betrachtet bedeutet eine gesicherte Stellung im öffentlichen Rettungswesen auch, daß an den etablierten Hilfsorganisationen und Unternehmen im Falle einer weitergehenden Liberalisierung des Rettungsdienstmarktes kein Weg vorbei fUhrt. Die starke Stellung des öffentlichen Rettungsdienstes fUhrt nämlich dazu, daß sich - bundes- bzw. landesweit gesehen - keine echte private Konkurrenz entwickeln kann. Sollte der Markt des Rettungswesens einmal freigegeben werden, würde sich die Lage faktisch auf lange Zeit hinaus nicht verändern. Kurz gefaßt: Durch die Betrauung mit der DurchfUhrung des öffentlichen Rettungsdienstes entledigt sich der Beauftragte weitgehend des unternehmerischen Risikos 5 • Das Interesse Außenstehender, in den öffentlichen Rettungsdienst eingebunden zu werden, ist demgemäß groß. Ob mit diesem auch ein klagbarer Anspruch einhergeht, soll im vierten Teil (IV) dieses Abschnitts untersucht werden. Damit wird zugleich der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt, eine Klärung darüber herbeizufUhren, "ob und unter welchen Voraussetzungen einem privaten Krankentranportunternehmer ein subjektivöffentliches Recht auf Beteiligung an der Erfilllung einer öffentlichen Aufgabe zustehen kann,,6.
III. Organisationsmodelle des Rettungswesens Will man die Organisationsmodelle typisieren, nach denen das Rettungswesen in den Ländern geordnet ist, lassen sich zwei Konzeptionen aus den gesetzlichen Einzelregelungen über die öffentliche Trägerschaft und die Genehmigungsanforderungen destillieren. Die hier mit eigenen Schlagworten versehenen Ordnungsprinzipien lassen sich wie folgt umreißen: BFH, Urt. vom 18. Jan. 1995, E 177, 154 (159]. BVerfG, Beschl. vom 13. Jan. 1992, abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 2) Nr. 7841. 5
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III. Organisationsmodelle des Rettungswesens
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(1) Trennungsmodell: Es besteht ein geschlossenes System des öffentlichen Rettungsdienstes mit Rettungswachen und eigener Leitstelle. Getrennt davon können Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes mit eigenen Standorten und eigener Leitung von gewerblichen und gemeinnützigen Einrichtungen betrieben werden.
(2) Eingliederungsmodell: Freie Betätigungsmöglichkeiten rur gewerbliche Krankentransporteure gibt es nicht. Wer im Rettungswesen tätig werden will, muß in die Aufgabendurchruhrung des öffentlichen Rettungsdienstträgers eingegliedert sein. Als erster Befund läßt sich festhalten, daß nur das Trennungsmodell gesetzgeberisch "sortenrein" verwirklicht worden ist. Das Eingliederungsmodell mag teilweise Leitlinie des Gesetzgebers gewesen sein, eine gradlinige Umsetzung ist jedoch nirgends erfolgt.
1. Ländermehrheit: Trennungsmodell
Für eine unbeschränkte Verwirklichung des Trennungsmodells haben sich entschieden: Baden-Württemberg7, Bayern8, Bremen9, Hamburg lO, Mecklenburg-Vorpommern ll , Nordrhein-Westfalen I2 , Rheinland-Pfalz I3 , das Saarland l4 , Sachsen IS, Sachsen-Anhalt l6 und Schleswig-Holstein 17. Dieser zahlenmäßigen 7 §§ 2 ff. RDG BW (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 15 ff. RDG BW (private Unternehmen). 8 Art. 4 ff. BayRDG (private Unternehmen), Art. 18 ff. BayRDG (öffentlicher Rettungsdienst). 9 §§ 5 ff. BremRettG (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 15 ff. BremRettG (private Unternehmen). 10 § 1 Abs. 1 HmbRDG mit deutlicher begrifflicher Trennung zwischen Rettungsdienst und privater NotfallrettunglKrankentransport in der Beschreibung des Anwendungsbereichs des Gesetzes; §§ 6 ff. HmbRDG (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 11 ff. HmbRDG (private Unternehmen). 11 §§ 6 ff. RDG M-V (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 14 ff. RDG M-V (private Unternehmen). 12 §§ 6 ff. RettG NW (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 18 ff. RettG NW (private Unternehmen). 13 § 5 RettDG RhPf (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 14 ff. RettDG RhPf (private Unternehmen). 14 § 1 SaarRettG trennt schon begrifflich streng zwischen den bei den Durchfiihrungsformen in der Geltungsbereichsbeschreibung; §§ 5 ff. SaarRettG (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 12 ff. SaarRettG (private Unternehmen). 15 § 1 SächsRettDG nimmt eine Klammerdefinition des Rettungsdienstes als öffentliche Aufgabe vor und stellt dem begrifflich die privaten Unternehmer gegenüber; §§ 3 ff. SächsRettDG (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 14 ff. SächsRettDG (private Unternehmen).
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§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgefiihrten Rettungsdienst
Dreiviertelmehrheit von Bundesländern steht ein Viertel der Länder mit abweichendem Regelungsbild gegenüber.
2. Differenzierungskriterium Aufgabenqualität: Berlin und Niedersachsen Berlin und Niedersachsen nehmen nicht die Rechtsform der Leistungserbringer, sondern die Aufgabenqualität zum Anlaß rechtlicher Differenzierung. So ist es Privaten in diesen Ländern untersagt, Notfallrettung in eigener Regie zu durchzufilhren. Berlin erklärt in § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG BIn die Notfallrettung zur Ordnungsaufgabe 18 der Berliner (Berufs-)Feuerwehr. Hieraus allein ergibt sich noch nicht der Ausschluß von Privatinitiative. Dieser erfolgt erst in § 5 Abs. 1 S. 2, 3 RDG BIn, der andere neben der Feuerwehr nur im Rahmen von Durchfilhrungsbeauftragungen zuläßt. Freie Notfallrettung ist daher im Umkehrschluß verboten. Bezüglich der Notfallrettung hat Berlin also das Eingliederungsmodell verwirklicht. Niedersachsen wählt eine etwas abweichende Normierungstechnik, indem es in § 5 Abs. 2 Satz 1 NdsRettDG die "geschäftsmäßige Durchfilhrung" von Leistungen des Rettungsdienstes, verstanden als Notfallrettung und Krankentransport l9 , generell den öffentlichen Trägern und deren Beauftragten vorbehält. Für den Krankentransport werden dann in den §§ 19-29 NdsRettDG ausdrückliche Ausnahmen filr den Krankentransport eingefilhrt. Auch Niedersachsen hält sich in der Notfallrettung demnach an das Eingliederungsmodell. Krankentransport darf im Gegensatz zur Notfallrettung in beiden Ländern von Privaten wahrgenommen werden. Berlin schreibt sogar ausdrücklich eine organisatorische Trennung von Notfallrettung und Krankentransport vor20 ,
16 Zwar bezeichnet § 1 RDG-LSA Notfallrettung und Krankentransport durch Klammerdefinition ausnahmslos als "Rettungsdienst", hält dieses Begriffsverständnis aber nicht durch, wie sich aus der Überschrift zu Abschnitt 3 "Beteiligung Dritter am Rettungsdienst" ergibt; §§ 3 ff. RDG-LSA (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 14 ff. RDGLSA (private Unternehmen). 17 §§ 6 ff. RDG SH (öffentlicher Rettungsdienst), §§ 10 ff. RDG SH (private Unternehmen). 18 Den ordnungsrechtlichen Charakter der Krankentransports zweifelt zu Recht an LT-Drs. Berlin 12/2881 S. 8, 10. 19 Vgl. § 2 Abs. 2 NdsRettDG. 20 § 2 Abs. 4 Satz 1 RDG BIn; diese Trennung wird aber nicht konsequent durchgehalten, denn § 8 Abs. 2 RDG BIn zwingt die privaten Krankentransporteure zum Anschluß an die Krankentransport-Leitstelle, die wiederum zusammen mit der Berliner Feuerwehr die Rettungsleitstelle bildet: die Forderung nach strikter organisatorischer Trennung in § 2 Abs. 4 Satz 1 RDG BIn ist insofern ProgrammSatz geblieben.
III. Organisationsmodelle des Rettungswesens
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räumt der öffentlichen Hand aber ein Beteiligungsrecht ein 21 . Diesem korrespondiert wiederum eine subsidiäre Sicherstellungspflicht der Feuerwehr filr den Fall, daß die Privaten versagen 22 . Niedersachsen kennt eine derart strenge Separation allerdings nicht. In beiden Ländern gibt es im Krankentransport ein Nebeneinander von öffentlicher Hand und genehmigten Privaten23 . Das Trennungsmodell ist hier also nur auf den Bereich des Krankentransports angewendet.
3. Vorbild DDR-Rettungsdienstgesetz: Brandenburg und Thüringen
Die Organisation des Rettungsdienstes im Land Brandenburg sollte sich nicht an den Erfahrungen der alten Länder orientieren, sondern der eigenen Vergangenheit und den Ergebnissen der Schnellen Medizinischen Hilfe (SMH)24 Rechnung tragen. Daher wurde das knapp drei Wochen vor der Wiedervereinigung von der Volkskammer verabschiedete Rettungsdienstgesetz der DDR25 soweit wie möglich "fortgeschrieben,,26. Einen ähnlichen Weg hat Thüringen mit seinem Rettungsdienstgesetz eingeschlagen. Die Rettungsdienstgesetze bei der Länder wollten sich ausweislich der Gesetzgebungsgeschichte 27 nicht fiir eine zweigleisige Regelung nach dem Trennungsmodell, sondern filr das Eingliederungsmodell entscheiden. Äußerlich läßt sich dies daran ablesen, daß Notfallrettung und Krankentransport durch Unternehmer - anders als in der Mehrzahl der übrigen Landesgesetze - weder im Normtext noch in Abschnittsüberschriften erwähnt wird. Die ausdrückliche Begründung eines Verwaltungsmonopols, wie es Berlin und Niedersachsen filr die Notfallrettung vorgenommen haben, oder das unmißverständliche Verbot
21 § 5 Abs. 2 Satz 2 RDG Bin. Dieses Beteiligungsrecht ist aber nur eine Übergangslösung. Eingeführt wurde es, damit das Rettungsamt des früheren Ostberlin in die Berufsfeuerwehr einbezogen werden konnte. Sowie private Unternehmer die Krankentransportaufgabe wahrnehmen, zieht sich die Feuerwehr zurück, LT-Drs. Berlin 12/2881 S.lO. 22 § 5 Abs. 2 Satz 3 RDG Bin. 23 §§ 5 Abs. I Satz I, 19 NdsRettDG. 24 Siehe oben S. 37 f. 25 Vom 13. Sept. 1990, GBI. der DDR vom 21. Sept. 1990 S. 1547 ff. 26 Müller, Das Rettungsdienstgesetz des Landes Brandenburg, in: Kontokollias, Rupprecht (Hrsg.): Qualität sichern - Strukturen optimieren, Referateband des 13. Bundeskongresses Rettungsdienst, Edewecht 1993, S. 67 [68]. 27 So Müller (Anm. 26) S. 71. Aus LT-Drs. Brandenburg 11629, der Begründung zum Landesrettungsdienstgesetz, läßt sich dies jedoch nicht ohne weiteres ableiten. Hier wird die Frage nämlich gar nicht erörtert. Für Thüringen gibt es gar keine amtliche Begründung, vgl. LT-Drs. TH 111532, 111823, 11829-831, 1/1837 und Plenarprotokolle des Landtages Thüringen 1/59 S. 4254 ff. und 1/70 S. 5034 ff.
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§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeruhrten Rettungsdienst
von Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes lassen die Gesetze jedoch auch vermissen. Ob die Landesgesetzgeber mit den jeweiligen KodifIkationen ihr Regelungsziel tatsächlich erreicht haben, ist demnach eine Frage der Auslegung. So kommt eine Ansicht zu dem Ergebnis, daß aufgrund der Gesetzesfassungen in Brandenburg und Thüringen Notfallrettung und Krankentransport auch außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes betrieben werden dürfe 2s , während dies nach der Gegenauffassung, die argumentativ allerdings nur die Historie anfUhren kann, nicht möglich ise 9 • In seinem jüngst zum brandenburgischen Rettungsdienst ergangenen Urteil äußert sich das Bundesverwaltungsgericht nicht eindeutig30 . Das Bundesverwaltungsgericht, das gemäß § 137 VwGO als Revisionsgericht die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum Inhalt des brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes zugrunde legen muß, geht davon aus, daß "ohne behördliche Gestattung,,31 der Beruf des Krankentransportuntemehmers nicht auszuüben ist. Was unter "Gestattung" zu verstehen ist, wird nicht recht deutlich. Es könnte die Genehmigung im Sinne des § 5 Abs. 3 BbgRettG gemeint sein, was fiir das Trennungsmodell spräche. Aber in einem späteren Absatz sieht das Gericht die "Betätigung ... von ... einer Übertragung und Genehmigung,,32 abhängig, was auf das Eingliederungsmodell wiese. Wenn auch die Frage erlaubt sein muß, ob das Gericht sich des Problems der (idealiter) zwei Organisationsmodelle bewußt gewesen ist, scheint es letztlich dem Eingliederungsmodell zuzuneigen: "die Aufnahme des Berufs [hängt] davon ab, daß sich die Behörde überhaupt dazu entschließt, die Durchfiihrung des Rettungsdienstes durch Private vornehmen zu lassen". 33 Zur Beilegung dieses entstandenen Streits ist eine Analyse der Normen notwendig, die sich mit den im Rettungsdienst tätigen Personen befassen. Dies sind vor allem §§ 4, 15 TH RDG und § 5 BbgRettG. §§ 4 Abs. 1 TH RDG, 5 Abs. 1 BbgRettG ermächtigen die Träger des öffentlichen Rettungsdienstes dazu, die ihnen obliegenden Aufgaben von Dritten (Hilfsorganisationen, Gemeinden, andere Leistungserbringer) erfiillen zu las-
28 Hausner, Mitwirkung Privater am Rettungsdienst, Dissertation Regensburg 1993, S. 93 ff. (Brandenburg), S. 143 (Thüringen). 29 Ufer, Leitlinien in den neuen Rettungsdienstgesetzen, in: Rettungsdienst 1993, 878 ff.; 1994,51 ff. [878]; Müller (Anm. 26) S. 71. 30 BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 = Rettungsdienst 1996, 40 = Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 5. 31 BVerwG, in: NJW 1996, 1608 [1609]. 32 BVerwG a.a.O. (Hervorhebung nur hier). 33 BVerwG a.a.O.
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sen34 • In begrifflicher Unterscheidung zu den Leistungsanbietern bezeichnet § 4 Abs. 1 TH RDG die tatsächlich Beauftragten per Klammerdefinition als "Durchführende". Allein hieraus könnte man schließen, daß es außer den "durchführenden" Leistungsanbietern auch noch andere geben müsse. Begrifflich spricht gegen das Eingliederungsmodell außerdem, daß innerhalb von § 5 BbgRettG sorgsam zwischen "Rettungsdienst" auf der einen und "Notfallrettung" und "Krankentransport" auf der anderen Seite unterschieden wird. § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG erlaubt es den Trägem, die Durchführung des Rettungsdienstes zu übertragen, während § 5 Abs. 3 Satz 1 BbgRettG für die Teilnahme an der "Notfallrettung und am Krankentransport" eine Genehmigung voraussetzt. In allen Ländern, die unstreitig das Trennungsmodell umgesetzt haben, wird die Begriffsverwendung in eben diesem Sinne durchgehalten. An die in §§ 15 Abs. 1 Satz 1 TH RDG, 5 Abs. 3 Satz 1 BbgRettG statuierte Genehmigungspflicht für diejenigen, die Leistungen der Notfallrettung oder des Krankentransports erbringen wollen35 , läßt sich noch ein weiteres anknüpfen. Welchen Sinn sollte eine solche Genehmigungspflicht ergeben, wenn Notfallrettung und Krankentransport ohnehin nur unter dem Regime des öffentlichen Rettungsdienstträgers erlaubt sind, also eine förmliche Beauftragung voraussetzen? Konsequenterweise verzichten beispielsweise das nordrhein-westflilische und das schleswig-holsteinische Rettungsdienstgesetz, die das Trennungsmodell verwirklichen, beim öffentlich Beauftragten auf das Genehmigungserfordernis 36 • Denn eine Genehmigung ist nur für Betätigungen sinnvoll, die außerhalb des von der öffentlichen Hand ohnehin kontrollierten Bereichs vonstatten gehen. Gegen die Auslegung, der brandenburgische und thüringische Gesetzgeber hätten das Eingliederungsmodell umgesetzt, spricht auch die Pflicht zur Genehmigungsversagung in bestimmten Fällen. § 15 Abs. 3 Satz 1 TH RDG und § 5 Abs. 5 Satz 1 BbgRettG verbieten dem Träger, eine Genehmigung zu erteilen, wenn hierdurch eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes zu erwarten ist. Ein nahezu wortgleiWortlaut der Vorschriften: § 4 Abs. I TH RDG: "Die Durchfiihrung von [Rettungsdienst- (Anm. d. Autors)] Aufgaben kann ... auf freiwillige Hilfsorganisationen, kreisangehörige Gemeinden und andere Leistungsanbieter übertragen werden ... (Durchfiihrende)". § 5 Abs. 1 BbgRettG: "Der Träger ... kann die Durchfiihrung des Rettungsdienstes auf die Hilfsorganisationen, öffentliche Feuerwehren und private Dritte übertragen ... " . 35 Wortlaut der Vorschriften: § 15 Abs. 1 Satz 1 TH RDG: "Wer Leistungen [der Notfallrettung/des Krankentransports (Anm. d. Autors)] erbringen will, bedarf der Genehmigung." § 5 Abs. 3 Satz 1 BbgRettG: "Private Dritte ... bedürfen zur Teilnahme an der Notfallrettung und arn Krankentransport der Genehmigung .... " 36 § 18 RettG NW; § 10 Abs. I S. I RDG SH. 34
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§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeführten Rettungsdienst
cher Versagungsgrund findet sich in allen Landesgesetzen, die unstreitig das Trennungsmodell umgesetzt haben 37 • Eine solche Versagungsvorschrift ist aber nur dort sinnvoll, wo außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes Notfallrettung und Krankentransport stattfinden und so - in welcher Fonn auch immer nachteilige Auswirkungen filr den öffentlichen Rettungsdienst eintreten können. Die Versagungsvorschriften setzen logisch eine Zweiteilung des Rettungswesens voraus. Die Existenz der Genehmigungsvorschriften Hißt damit nur den Schluß zu, daß der verobjektivierte Wille des Gesetzgebers - und dieser allein ist maßgeblich38 - darauf gerichtet ist, auch neben dem öffentlich durchgeführten Rettungsdienst die Betätigung von Notfallrettern und Krankentransporteuren zuzulassen. 39 Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis von § 133 SGB V. In § 133 SGB V ist der Abschluß von Verträgen über die Vergütung von Leistungen des Rettungsdienstes einerseits und über das Entgelt filr andere Krankentransporte mit dafilr geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen andererseits vorgesehen. Der Bundesgesetzgeber geht in § 133 Abs. I SGB V also von einem Nebeneinander von öffentlichem Rettungsdienst und privatem Krankentransport aus. Bestätigt wird dies auch vom zweiten Absatz dieser Vorschrift, der die gesetzlichen Krankenversicherungen vor einem Preisdiktat der Träger des öffentlichen Rettungsdienstes bewahren sol1. 40
4. Vertragsmodell: Hessen In Hessen wird der Rettungsdienst aufgrund historischer Vorbedingungen41 vor allem durch öffentlich-rechtliche Verträge geregelt. Dabei schließt das zu37 § 16 Abs.2 RDG BW; Art. 7 Abs.2 BayRDG; § 15 Abs.3 BremRettG; § 12 Abs.3 HmbRDG; § 15 Abs. 2 RDG M-V; § 19 Abs. 4 RettG NW; § 18 Abs. 3 RettDG RhPf; § 16 Abs. 2 SaarRettG; § 17 Abs. 2 SächsRettDG; § 11 Abs. 3 RDG SH. 38 Siehe nur Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage, Berlin usw. 1991, S. 318 f; BSG, Urt. vom 15. Mai 1991, in: NJW 1991,2989 [2990]. 39 Wenn auch das entsprechende zurückverweisende Urteil nicht mit Rechtskraft ausgestattet ist, tendiert das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis dazu, vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG privaten Krankentransporteuren einen wie auch immer gearteten Zugang zum Krankentransport zu eröffuen. Als Resultat einer verfassungskonformen Auslegung des brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes schlägt es inhaltlich die Regelung der Mehrzahl der Bundesländer vor: Genehmigungsanspruch mit Funktionsschutzklausel, BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610]. Unklar: Frischholz, Das Thüringer Rettungsdienstgesetz, in: Kommunalpraxis MO 1993, 115 [117]; ohne Erläuterung: Ufer, Neue Rettungsdienstgesetze in Brandenburg und Hamburg, in: Rettungsdienst 1992, 766. 40 Vgl. BGH, Urt. vom 12. März 1991, in: NJW 1991,2963 [2967]. 41 Darlegung der hessischen Entwicklung bei Stadtmüller, Rettungsdienst in Hessen auf neuen Füßen, in: Leben retten 1992, 150 [I 50 f.].
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ständige Ministerium mit den Spitzenverbänden der Hilfsorganisationen und des gewerblichen Krankentransportwesens landesweite Rahmenvereinbarungen42 , die wiederum durch Verträge zwischen den öffentlichen Trägem und den Leistungserbringern auf Ortsebene konkretisiert werden43. Die Soll-Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 HessRDG gibt den Trägem des öffentlichen Rettungsdienstes auf, die Versorgung in erster Linie durch die öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen sicherzustellen44. Ob der hessischen Regelung das Trennungs- oder das Eingliederungsmodell zugrunde liegt, läßt sich auf den ersten Blick nicht erfassen. Für das Trennungsmodell spricht, ebenso wie in Brandenburg und Thürigen, das Erfordernis der Genehmigung45 und die korrespondierende Pflicht zu deren Versagung46. Rein rechtlich gesehen ließe sich also auch hier die Zulässigkeit von Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes ableiten47 . Zweifelhaft ist jedoch, ob dieser Befund einer Überprüfung an der Gesetzeswirklichkeit standhält. Gemäß § 13 Abs. 9 HessRDG hat jeder Genehmigungsinhaber nämlich Anspruch auf den Abschluß einer öffentlichrechtlichen Vereinbarung mit dem örtlichen Rettungsdienstträger über die "Sicherstellung des Rettungsdienstes,,48. Jeder Genehmigungsinhaber hat also einen gesetzlichen Anspruch auf Einbindung in das System des öffentlichen Rettungsdienstes. 49 Es steht dem Genehmigungsinhaber natürlich grundsätzlich frei, diesen Anspruch nicht geltend zu machen. Ein solches Verhalten ist jedoch kaum anzunehmen, da der Unternehmer sich so der vielen Vorteile des öffentlichen Rettungsdienstes begeben würde. Ein weiterer Grund, den Anspruch auf Eingliederung in den öffentlichen Rettungsdienst nicht auszuschlagen, ist, daß regelmäßig nur über diesen Weg § 8 Abs. 2 HessRDG. § 8 Abs. 3 HessRDG. 44 Wie sich aus dem Rettungsdienstplan Hessen zum 1. Jan. 1995, HessStAnz 1995, 460 ff., ergibt, ist diese Soll-Vorgabe praktisch vollständig umgesetzt, denn nur in den Innenstadtbereichen von Frankfurt und Kassel versieht die öffentliche Feuerwehr den Rettungsdienst. 45 § 13 Abs. 1 HessRDG. 46 § 13 Abs. 4 HessRDG. 47 So Hausner (Anm. 28) S. 106 f. 48 Wortlaut der Vorschriften: § 13 Abs. 9 HessRDG: "Nach Erteilung der Genehmigung hat der Leistungserbringer Anspruch auf Einbindung in die Vereinbarung nach § 8 Absatz 3". § 8 Abs.3 HessRDG: "Zur Durchfilhrung ... schließt jeder (Träger) ... mit den jeweiligen Leistungserbringem ... eine Vereinbarung über die Sicherstellung des Rettungsdienstes .... " 49 Der bestand schon vor Erlaß des Rettungsdienstgesetzes: LT -Drs. Hessen 12/4271 42 43
S.21.
4 Schulte
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ein Zugang zu der Zentralen Leitstelle zu erhalten ist, die gemäß § 6 Abs. 2 Satz I HessRDG eine Monopolstellung für alle Hilfeersuchen hat50 • Dem korrespondiert die Einsatzpflicht der Leistungserbringer auf Anforderung der Leitstelle. 51 Der Einbindungsanspruch des Genehmigungsinhabers spricht auch in tatsächlicher Hinsicht für das Vorliegen des Eingliederungsmodells. Denn die Genehmigungsbehörde muß davon ausgehen, daß der Genehmigungsinhaber seinen Eingliederungsanspruch geltend macht. Sie wird Genehmigungen also nur erteilen, wenn im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung noch Leistungsbedarf besteht. Daher wird es faktisch Notfallrettung und Krankentransport nicht außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstsystems geben. Hessen ist mithin der Umsetzung des Eingliederungsmodells sehr nahe gekommen.
5. Ergebnis Die Einzelanalyse derjenigen Bundesländer, die sich auf organisatorische Sonderwege begeben haben, hat gezeigt, daß nirgends eine vollständige Loslösung von den beiden beschriebenen Grundmodellen erfolgt ist. Es finden sich höchstens graduelle Abweichungen. Im Bewußtsein der einzelstaatlich gelegentlich auftretenden Abweichungen kann jedoch cum grano salis festgehalten werden, daß private Einrichtungen und Unternehmen grundsätzlich auf zwei Wegen im Rettungswesen tätig werden können: als von der öffentlichen Hand Beauftragte und als freie Leistungserbringer neben dem Staat. 1. 2.
3. 4.
Es lassen sich damit vier Bereiche der KrankenbefOrderung 52 unterscheiden: Die Ausübung des Rettungsdienstes durch Kräfte des Staates (z. B. die Berufsfeuerwehren) nach den Rettungsdienstgesetzen. Der von privaten Dritten im Auftrag und in Erfüllung der Sicherstellungspflicht des Staates durchgeführte Rettungsdienst nach den Rettungsdienstgesetzen. Die außerhalb der Sicherstellungsgarantie ausgeübte Notfallrettung und Krankentransport nach den Rettungsdienstgesetzen. Die einfachen Krankenfahrten nach dem Personenbeförderungsgesetz. 53
50 Die Zentrale Leitstelle wird konsequenterweise finanziell vom Land getragen, § 10 Abs. 1 Satz 1 HessRDG. 51 Stadtmüller (Anm. 41) S. 152, 154. 52 "KrankenbetOrderung" verstanden als Oberbegriff für alle Arten von Betätigungen bei denen Kranke transportiert werden. 53 Hierzu vgl. oben S. 24.
IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem
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IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem Der Erlaß der novellierten Rettungsdienstgesetz erfolgt in einer Zeit, die von dem Bestreben nach Deregulierung, Konzentration des Staates auf seine originären Aufgaben, Privatisierung und der Rückbesinnung auf die Kräfte des Marktes geprägt ist. Beispielhaft genannt seien die Refonnen von Bahn 54 und Post55 , die der Flugsicherung56 und der Arbeitsvennittlung57 • Vor diesem Hintergrund leuchtet es ein, daß die im Vergleich zum früheren Zustand engmaschigere Durchnonnierung eines Lebensbereiches, die im Rettungswesen allein durch die Verdoppelung oder gar Verdreifachung der Paragraphenzahl plastisch erkennbar wird 58 , und der durch Bedürfuisklauseln erfolgende administrative Eingriff in bislang freie Marktsegmente kritisch betrachtet wird. Die Sicherstellung eines funktionstüchtigen Rettungsdienstes obliegt in allen Bundesländern dem Staat. Trotzdem führen in allen Ländern entweder gemeinnützige Hilfsorganisationen oder gewerbliche Transportunternehmen den öffentlichen Rettungsdienst tatsächlich durch. Art, Umfang und Intensität der Beauftragung Privater sind zwar verschieden nach Land und Region, alle Gesetze gehen aber von der Mitwirkung Privater bei der Erfiillung des SichersteIlungsauftrags aus. Wenn, wie hier, nicht der Staat, sondern Rechtssubjekte außerhalb des Staates dessen Aufgaben erfiillen, liegt ein Fall der Privatisierung vor59 . Die Teilnahme von Privaten am öffentlichen Rettungsdienst stellt sich damit als - bislang noch kaum thematisierter60 - Aspekt der gegenwärtigen Privatisierungsdiskussion dar61 •
Vgl. Art. 87 e Abs. 3 GG. Vgl. Art. 87 f, 143 b GG. 56 Vgl. Art. 87 d Abs. 1 Satz 2 GG. 57 Vgl. BeschFG vom 26. Juli 1994 BGBI I, S. 1786. 58 Z. B. Baden-Württemberg von 17 auf 35; Bayern von 15 auf 30; NordrheinWestfalen von 15 auf 31; Rheinland-Pfalz von 14 auf 30; Saarland von 11 auf 25; Schleswig-Holstein von 9 auf 24; in Hessen und Niedersachsen stieg die Zahl gar von Null auf 31 bzw. 33, da es hier vordem gar keine gesetzlichen Grundlagen gab. 59 Zur Aufschlüsselung des bedeutungsschillernden Begriffs der "Privatisierung" sogleich. 60 Soweit ersichtlich erwähnt dies nur beiläufig Bult, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, in: VerwArch 86 (1995),621 [626]. 61 Aus der kaum überschaubaren Fülle zu dieser Diskussion: Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1994), S. 204 ff; Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1994), S.243 ff; Jaag, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1994), S.287 ff; Schumacher, Die Übertragung öffentlicher Aufgaben der Gemeinden auf Dritte, in: LKV 1995, 135 ff; Schuppert, Die Privatisierungsdiskussion in der deutschen Staatsrechtslehre, in: Staatswissenschaf54 55
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Die im Zusammenhang mit der Privatisierung von Verwaltungsaufgaben auftretenden und hier interessierenden Fragestellungen sollen in vier Teilschritten erörtert werden. Nach der Einordnung in die Privatisierungskategorien (1) wird die Aufgabenqualität des Rettungsdienstes untersucht (2). Anschließend wird die Befassung des Staates mit dem Rettungsdienst auf ihre Zulässigkeit hin geprüft (3) und schließlich der Rechtsstatus derjenigen festgelegt, die einen Vorteil aus der Privatisierung ziehen (4).
1. Privatisierung
Wann immer an bisher vom Staat durchgefiihrten Tätigkeiten Dritte beteiligt werden oder ihnen die staatliche Wahrnehmungszuständigkeit übertragen wird, fällt der Kennbegriff der Privatisierung. Die übliche Grundkonstellation sieht so aus, daß bisher der Staat etwas getan hat, was nun - regelmäßig aus fmanzpolitischen Motiven - von Privaten getan werden soll. Die größeren wirtschaftlichen Erfolge traut man Privaten deshalb zu, weil sie das Risiko trifft, bei Mißerfolg den Markt verlassen zu müssen. Dem Staat fehlt dieses wesentliche Risiko und hindert ihn teilweise an ökonomisch rationalem Handeln. 62 Auch im Rettungswesen wurden und werden umfangreich Private eingesetzt. Stellt sich damit die Lage im Rettungsdienst so dar, daß man von einem typischen Anwendungsfall der populären Privatisierungsmechanik sprechen kann?63 Wegen der vielfältigen LänderspezifIka verbietet sich eine bundeseinheitliche Beantwortung dieser Frage. Dennoch können drei fiir alle Bundesländer gleichermaßen charakteristische Grundlinien der Entwicklung nachgezeichnet werden. Zunächst war das Rettungswesen in der Bundesrepublik fast ausschließlich Domäne Privater, nämlich der Hilfsorganisationen. Später wird der Rettungsdienst, jedenfalls seine Sicherstellung, zur Pflichtaufgabe64 der Ge-
ten und Staatspraxis 1994, S. 541 ff; Schoch, Rechtsfragen der Privatisierung von Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung, in: DVBI 1994, I ff.; Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: DVBI 1994, 962 ff; Der Deutsche Städte tag, Chancen und Grenzen der Privatisierung - 25 Thesen des deutschen Städtetages, in: Der Städtetag 1995, 317 ff; Witte, Privatisierung städtischer Aufgaben, in: Der Städtetag 1994, 524 ff; Hofmann, Privatisierung kommunaler Aufgaben, in: VBIBW 1994, 121 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen. 62 Osterloh (Anm. 61) S. 212; Schoch (Anm. 61) S. 3. 63 Gerade im Rettungsdienst als Zwischenbereich zwischen Leistungs- und Eingriffsverwaltung sieht hier besondere Probleme Witte (Anm. 61) S. 526. 64 Bzw. dem jeweiligen landesrechtlichen Äquivalent.
IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem
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meinden 65 . Schließlich forciert man die (Rück-)Überfiihrung auf Private, die bislang freie Marktteilnahme Privater wird aber zugleich zugunsten der öffentlichen Hand beschränkt. Entwicklungsgeschichtlich ist das Rettungswesen damit kein typischer Fall im Sinne aktueller Privatisierungsvorhaben, denn vor gut 20 Jahren war der Staat hieran noch nahezu unbeteiligt. Der Sache nach aber schon, weil Private im öffentlichen Rettungswesen eine wesentliche, in manchen Ländern die Hauptrolle spielen. Eine Einordnung der aktuellen Lage in die Privatisierungskategorien ist daher angezeigt.
a) Privatisierungs/ormen
Man muß zu diesem Zweck auf die mittlerweile gängigen vier Privatisierungskategorien 66 zurückgreifen, da sich ein einheitlicher Privatisierungsbegriff noch nicht herausgebildet hat. So unterscheidet man Vermögens-, Organisations-, materielle und funktionale Privatisierung67 , sowie Beleihung. Vermögensprivatisierung bedeutet vor allem den Verkauf von staatlichem Eigentum (Grundstücke, Unternehmensanteile); sie scheidet fiir das Rettungswesen aus. Es liegt ebenfalls kein Fall der Organisationsprivatisierung vor, bei der Verwaltungsträger sich zur Aufgabenerrullung Eigengesellschaften in Privatrechtsform bedienen. Materiell privatisiert wäre das Rettungswesen, wenn der Staat sich ganz oder teilweise aus der Aufgabenübernahme verabschiedet hätte und diesen Bereich dem privaten Sektor allein überantwortet hätte. Das ist der Verwaltung jedoch durch die neuen Rettungsdienstgesetze gerade verwehrt, die ihr die Sicherstellung des Rettungsdiensts als Ptlichtaufgabe auferlegen. Es bleibt damit nur der Bereich der funktionalen Privatisierung, der im Moment "rur den spannendsten Teil,,68 der Privatisierungsdiskussion gehalten wird. Hierbei verbleibt die Aufgabenzuständigkeit und damit die Aufgabenverantwortung bei dem Träger der öffentlichen Verwaltung. Der Vollzug der Aufgabe wird jedoch auf ein echtes ("materielles,,69) Privatrechtssubjekt übertragen. Dieses wird als Verwaltungshelfer tätig. 70 6S Vgl. § 2 ME RDG 1973 abgedruckt in: Anlage 1 zu BT-Dr. 7/489; Art. 2 BayRDG 1974 (GVBI S. 1); § 2 Abs.3 RettG NW 1974 (GV.NW. S. 1481); § 2 Abs. 1 SaarRettG 1974 (ABI. S. 545). 66 Teilweise abweichend: Monopolkommission, Neuntes Hauptgutachten, in: BTDr. 12/3031 Tz. 44; Ehlers, Interkommunale Zusammenarbeit, in: DVBI 1997, 137. 67 Zu den Kategorien statt aller: Schoch (Anm. 61) S. 962 f 68 Schuppert (Anm. 61) S. 544. 69 Zu diesem Begriff Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, in: VVDStRL 29 (1971), S. 137 [144]. 70 Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, in: DÖV 1998, 497 [506] sieht den EinSatz von Verwaltungshelfem wegen der klaren Abgrenzung zwischen exekutiver
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§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeruhrten Rettungsdienst
Mit der gerade beschriebenen Privatisierungsfonn ist die gesetzgeberisch konzeptionierte Lage des Rettungswesens der Mehrzahl der Länder im wesentlichen zutreffend erfaßt. Wenn auch die üblicherweise vorgängige Situation einer langjährigen und allzu kostenintensiven Aufgabenerfilllung allein durch die öffentliche Hand fehlt, liegt mit der Art der Durchfiihrung des öffentlichen Rettungsdienstes nach den heutigen Rettungsdienstgesetzen im Ergebnis eine funktionale Aufgabenprivatisierung vor.
b) Der Rettungsdienst zwischen Konzessions- und Submissionssystem
Bei der genaueren Einordnung in deren vier Hauptunterfonnen Fremdbezug, Gutscheinsystem, Konzessionssystem und Submissionssystem71 kommen nur die beiden letztgenannten in Betracht. Im Konzessionssystem leistet der Private direkt an den Nutzer gegen ein von diesem zu tragendes Entgelt. Im Submissionssystem erbringt der private Anbieter gegen eine vom Hoheitsträger gezahlte Vergütung Leistungen unmittelbar an den BürgerINutzer. Hierfiir erhebt der Hoheitsträger Gebühren. In Gestalt dieser Systeme erfahrt der vordringlichste Privatisierungsgrund, die Finanzpolitik, seine Umsetzung in die in Frage kommenden gemeindlichen Finanzierungsmöglichkeiten. Aus den zulässigen Kombinationsfonnen von Finanzierungsinstrumenten und dem Bürger gegenüber auftretendem Gläubiger haben sich im öffentlichen Rettungsdienst zwei Modelle entwickelt. Eines läßt sich dem Konzessions- und eines dem Submissionssystem zuordnen. Ausgangspunkt der Zuordnung ist die Art und Weise, auf die die Kosten, welche durch den öffentlichen Rettungsdienst entstehen, gedeckt werden. Hieraus sind Rückschlüsse auf die Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Beauftragtem und Patienten möglich. Zur Einnahmeerzielung stehen der Kommune neben Steuern regelmäßig72 noch Gebühren und Beiträge als öffentliche Zwangslasten zur Verfilgung 73 • Neben diesen öffentlich-rechtlichen Instrumenten zur Geldeinnahme steht es der öffentlichen Körperschaft in der Regel auch frei, die Kosten durch die Erhebung privatrechtlicher Entgelte aufzubringen 74 • Dabei ist zu beachten, daß Gewährleistungs- und privatwirtschaftlicher Erfiillungsfunktion als rur die kommunale Privatisierung vorzugswürdige Organisationsform an. 71 Einteilung nach Monopolkommission (Anm. 66) Tz. 44. 72 In einigen Ländern gibt es noch Abgaben im weiteren Sinne oder "sonstige Abgaben", vgl. BayKAG; SaarKAG; KAG SH. 73 Vgl. § I Abs. I KAG NW; zusammenfassend: Kloep[er/Malorny, Öffentliche Abgaben, in: JA 1976,41 ff. 74 Vgl. beispielsweise § 6 Abs. I Satz 1 KAG NW.
IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem
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Abgabenerhebung als öffentlich-rechtliche Tätigkeit nur dann auf Privatrechtspersonen übertragen werden kann, wenn hierzu eine ausdrückliche Ennächtigung (Beleihung) bestehes.
aa) Rechtsbeziehungen im öffentlichen Rettungsdienst Es mag an der Verschränkung von öffentlichem, Sozial- und Zivilrecht in einer entlegenen Materie liegen, daß die Rechtsbeziehungen, die dem öffentlichen Rettungsdienst zugrunde liegen, bislang kaum thematisiert worden sind. 76 Sie offenzulegen ist nicht nur fiir Haftungsfragen, das Letztbestimmungsrecht über die Kosten 77 usw. notwendig, sondern bereits zur Einordnung in die Kategorien der Aufgabenprivatisierung. Nimmt man den Regelfall, daß nicht die sicherstellungsverpflichteten Träger den Rettungsdienst durchfUhren, sondern Dritte beauftragt sind, besteht ein Vierecksverhältnis. In Beziehung zueinander treten: Rettungsdienstträger, Durchfiihrungsbeauftragter, Patient und Gesetzliche Krankenversicherung. An komplizierenden Momenten kommen die verschiedenartigen Landesrechte hinzu sowie, die Tatsache, daß anstelle der Gesetzlichen Krankenversicherung eine Gesetzliche Unfallversicherung, ein privater Versicherer oder ein Sozialhilfeträger stehen können und daß der Patient entweder willensfiihig oder nicht willensfähig (z. B. bewußtlos) sein kann. Von diesen sollen hier allerdings nur die verschiedenen Regelungsansätze in den Ländern thematisiert werden. Ausgangspunkt ist die Rechtsnatur der Gegenleistung fiir die durchgefiihrte rettungsdienstliche Leistung, die eindeutige Rückschlüsse auf die Qualität der Rechtsbeziehung insgesamt zuläßt. 78
bb) Submissionssystem Allein dadurch, daß der öffentliche Rettungsdienst eine öffentliche Einrichtung ist, kann noch nicht darauf geschlossen werden, daß seine Inanspruchnahme ebenfalls öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Der Verwaltung steht es nämlich frei, die Rechtsbeziehungen zu ihren Nutzern privatrechtlich oder öf75 BGH Urt. vom 8. Nov. 1973, in: DVBI 1974,287 [288]; Bauernfeind, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Herne, Loseblatt Stand Juli 1996, § 1 Rn. 34. 76 Heinze, ErSatz von Rettungs- und Hilfeleistungskosten im Straßenverkehr unter Berücksichtigung sozialrechtlicher Regelungen, in: NZV 1994, 49: "Die gegenwärtige Rechtslage erscheint wenig übersichtlich und schon gar nicht systematisch geordnet". 77 Siehe unten S. 58 f, 187 ff. 78 Vgl. Batschak, Entwicklungen und Tendenzen im Rettungsdienst, in: Leben retten 1996, 122.
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§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgeruhrten Rettungsdienst
fentlich-rechtlich zu gestalten. 79 Umgekehrt gilt dieser Schluß jedoch nicht. Die Gebühr ist nämlich eine "öffentlich-rechtliche Geldleistung, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistung ... als Gegenleistung auferlegt wird."sO Hieraus folgt, daß immer dann, wenn gesetzlich die Erhebung einer Gebühr vorgesehen ist, die zugrunde liegende Leistungsbeziehung öffentlichrechtlich ist. Nach den Rettungsdienstgesetzen von Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, SchleswigHolstein (sowie Bremen und Hamburg, sofern dort die Berufsfeuerwehr den Rettungsdienst durchfUhrt) erheben die Träger des Rettungsdienstes Benutzungsgebühren. SI Das Leistungsverhältnis muß demnach öffentlich rechtlich ausgestaltet sein. Das gilt jedenfalls soweit wie die Gebührenerhebungskompetenz reicht. Da die notärztliche Versorgung nach § 75 SGB V nicht zum Sicherstellungsauftrag der Rettungsdienstträger gehört, können kommunale Satzungen hierfiir auch keine Gebühren vorsehens2 . Die Vorhaltekosten, der Transport und die Versorgung durch das nichtärztliche Personal (Rettungssanitäter/Rettungsassistenten) sind dagegen Grundlage der Gebühr und damit öffentlich rechtlich. S3 Die Aufspal-
79 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, Berlin 1984, S. 175 mit ausruhrlichen Nachweisen in Fn. 9. 80 Vgl. bspw. § 4 KAG NW; Dahmen, in: Driehaus (Anm. 75) § 4 Rn. 2a mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung. 8\ § 10 Abs. 2 BbgRettG; § 13 Abs. I BremRettG bestimmt, daß "rur Leistungen des Rettungsdienstes Kosten [Anm. des Autors] erhoben werden." Über § 30 Abs. 3 BremBrandSchG (vom 7. Mai 1991 BremGBI. S. 163) in Verbindung mit der Feuerwehrkostenordnung (vom 25. Juni 1991 BremGBI. S. 191) sind Kosten "Gebühren und Auslagen", deren Höhe sich unter der Ordnungsziffer 4 der Anlage zur Feuerwehrkostenordnung ablesen läßt. In Hamburg werden Gebühren aufgrund § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung rur die Feuerwehr (vom 6. Feb. 1987 Hmb.GVBI. S. 62), deren Rechtsgrundlage § 2 Abs. 1 Hmb GebG (vom 5. März 1986 Hmb. GVBl. S. 37) ist, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. cFeuerwehrgesetz (vom 23. Juni 1986 Hmb. GVBl. S. 137), der den Rettungsdienst zu einer Aufgabe der Berufsfeuerwehr erklärt, erhoben. § 11 Abs. 1 RDG M-V; § 15 Abs. 1 RettG NW in Verbindung mit § 6 KAG NW; § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsRettDG; § 20 Abs. 1 Satz 1 RDG-LSA in Verbindung mit § 6 KAG-LSA; § 8 Abs. 1 RDG SH in Verbindung mit § 6 KAG SH. 82 BVerwG, Urt. vom 23. Juni 1995, E 99, 10 [12 ff]; a.A. BayVGH, Beschl. vom 6. März 1996-4 es 95.1755 (unveröffentlicht). Etwas anderes gilt nur rur die Kosten, die durch die Rutbereitschaft entstehen OVG Münster, Urt. vom 26. Okt. 1990, in: NWVBI 1991,200 [201 f]. 83 Zur Berechnung im einzelnen Staats, Der Rettungsdienst in Nordrhein-Westfalen, in: Rettungsdienst 1997, 44.
IV. Der öffentliche Rettungsdienst als Privatisierungsproblem
57
tung eines Benutzungsverhältnisses in einen gebührenpflichtigen öffentlichrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil ist auch nichts Ungewöhnliches. 84 Wenn dennoch mehr oder minder pauschal und ohne Begründung vertreten wird, das Rechtsverhältnis zwischen Patient und Rettungsdienstträger bzw. Durchftihrendem sei zivilrechtlich85 , so kann das nur fiir die notärztliche Tätigkeit gelten. 86 Diese macht jedoch nur einen kleinen Teil des Rettungsdienstes aus. Im wesentlichen ist die Rechtsbeziehung zwischen Rettungsdienstträger und Patient also öffentlich-rechtlich. 87 Für die Einordnung in die Kategorien der Aufgabenprivatisierung bedeutet das, daß die Länder, die Gebühren fiir den Rettungsdienst erheben, das Submissionssystem etabliert haben. In finanzieller Hinsicht treten dem Patienten damit nur die öffentlichen Rettungsdienstträger gegenüber. 88 Die Deckung der Kosten, die den Durchfilhrungsbeauftragten entstehen, müssen diese ihrerseits mit den Rettungsdienstträgern vereinbaren, was regelmäßig in dem Vertrag geschieht, der die Durchfilhrung überträgt.89 Die Zusammenhänge sind in der folgenden Skizze noch einmal anschaulich dargestellt: 90
84 OVG Hamburg, Urt. vom 17. Aug. 1982, in: NJW 1984,683: Die Behandlung in einem städtischen Krankenhaus ist privatrechtlieh, die Benutzung desselben aber öffentlich-rechtlich. S. auch Dahmen, in: Driehaus (Anm. 75) § 4 Rn. 233. 85 Lippert/Weissauer, Das Rettungswesen, Berlin usw. 1984 Rn. 434; Lippert, Haftungsrechtliche Fragen bei der Durchführung des Rettungsdienstes, in: Anästhesie und Intensivmedizin 21 (1980), S. 119 mit weiteren Nachweisen in Fn. 3; Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, Köln usw. 1990, S. 261; Spieß, Naturalleistungsprinzip oder Kostenerstattungsprinzip bei Fahrkosten (§ 194 RVO), in: Blätter für Steuern, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1983,202 [203]. 86 Ebenso implizit Heinze (Anm. 76) S. 50. 87 LT-Drs. Bremen 13/314 S. 17, LT-Drs. Hamburg 14/300 S. 15: Die Hilfsorganisationen werden, wenn sie in den öffentlichen Rettungsdienst einbezogen sind, schlichthoheitlich tätig. 88 Gebühren- oder Entgeltschuldner sind niemals die Krankenversicherungen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind zwar im Rahmen des Sachleistungsprinzips nach § 60 SGB V verpflichtet, Gebühren für ihre Versicherten unmittelbar zu übernehmen. Gebühren- und Entgeltschuldner bleibt gleichwohl der Versicherte. So VGH Kassel, Beschl. vom 25. Juni 1986, in: NJW 1987,730 [731] und OVG Münster Urt. vom I. Feb. 1988 - 1 A 2355/86 - und Beschl. vom 9. Juni 1988 - 2 A 2681/86 - (heide unveröffentlicht) zitiert nach Prütting/Mais, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Köln 1995 § 15 Erl. 4.6. 89 LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 22: Von Bedeutung ist bei dem öffentlich-rechtlichen Vertrag insbesondere die Regelung der Kostenerstattung. 90 S. Folgeseite.
58
§ 4 Mitwirkung am öffentlich durchgefilhrten Rettungsdienst öffentl.-rechtl. Vertrag
Rettungsdienstträger
Durchfiihrender
.....f------~~
I
Entgeltvereinbarung
l
VI
00
Prilfung im Bezirk der Genehmigungsbehörde Versagungskriterien l. Nachfrage nach Taxenverkehr 2. Taxendichte 3. Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter Einbeziehung der Einsatzzeit 4. Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgabe Vor neuen Genehmigungen soll ein Beobachtungszeitraum von max. I Jahr eingeschaltet werden. Sonstiges
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist
nur Krankentransport
-
a) b) Auslastung c) Einsatzzahlen, Eintreffzeit d) Entwicklung der Gesamtkosten im Rettungsdienstbereich
Rettungsdienstbereich
wenn erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten ist öffentliches Interesse an funktionsflihigem, bedarfsgerechtem und flächendeckendem Rettungsdienst
kann (§ 19 Abs. 5) max. I Jahr
vorgesehener Betriebsbereich a) flächendeckende Vorhaltung b) Auslastung c) Einsatzzahlen, Eintreffzeit d) Entwicklung der Kosten- und Ertragslage
-
Zustimmung BezReg
./
-
kann max. I Jahr
-
a) flächendeckende a) flächendeckende Vorhaltung Vorhaltung b) Auslastung b) Auslastung c) Einsatzzahlen, Eine) Einsatzzahlen, Eintreffzeit treffzeit d) Entwicklung der d) Entwicklung der Kosten- und Ertragslage Kosten- und Ertragslage
Rettungsdienstbereich
öffentliches Interesse am öffentliches Interesse am öffentliches Interesse am funktionsflihigen Retfunktionsflihigen Retfunktionsflihigen Rettungsdienst iSd § 2 tungsdienst tungsdienst iSv § 6 Abs. I
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist
./
./
./
kann versagt werden
SaarRettG
RettG NW
§ 16 Abs. 2
§ 18 Abs. 3 RettDG RhPf
§ 19 Abs. 4
NdsRettDG
PDefG Genehmigung ist zu versagen wenn Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden Beeinträchtigungsgegenstand: öffentliches Verkehrsinteresse
Tab. 2 (Fortsetzung)
§ 22 Abs. 1 S. 2
§ 13 Abs. 4
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§ 17 Abs. 3 SächsRettDG
Prüfung im Bezirk der Genelunigungsbehörde Versagungskriterien I. Nachfrage nach Taxenverkehr 2. Taxendichte 3. Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter Einbeziehung der Einsatzzeit 4. Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgabe Vor neuen Genelunigungen soll ein Beobachtungszeitraum von max. I Jahr eingeschaltet werden. ./
a) flächendeckende Vorhaltung b) Auslastung c) Einsatzzahlen, Eintreffzeit d) Entwicklung der Kosten- und Ertragslage
Rettungsdienstbereich
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist öffentliches Interesse am funktionsfllhigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz
wenn Beeinträchtigung zu erwarten ist öffentliches Interesse an funktionsfllhigem, bedarfsgerechtem und flächendeckendem Rettungsdienst
-
-
-
kann
a) bedarfsgerechte Vorhaltung b) Auslastung e) Einsatzzahlen, Eintreffzeit d) Entwicklung der Kosten- und Ertragslage
Rettungsdienstbereich
./
./
kann versagt werden
mindestens 3 Monate
Rettungsdienstbereichsplan a) b) Auslastung c) Einsatzzahlen, Eintreffzeit d) Entwicklung der Kosten- und Ertragslage
öffentliches Interesse an der Funktionsfllhigkeit des Rettungsdiensts iSv § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1,2
§ 15 Abs. 3 THRDG
§ 14 Abs. 4 RDG-LSA
§ 11 Abs. 3 RDGSH
Tab. 2 (Fortsetzung)
PBefG Genelunigung ist zu ./ versagen wenn Verkehrsintereswenn Beeinträchtigung sen beeinträchtigt werzu erwarten ist den Beeinträchtigungsöffentliches Interesse am gegenstand: öffentliches funktionsfllhigen RetVerkehrs interesse tungsdienst
§ 13 Abs. 4
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III. Genehmigungsvoraussetzungen
161
tionstahigen Rettungsdienst. Was dieser umfaßt, wird teils durch Verweis auf die Aufgabenzuweisungsnorm 23 , teils durch Bezugnahme auf den entsprechenden gesamten Teilabschnitt des Rettungsdienstgesetzes 24 näher bestimmt. 25 Zu der Frage, in welchem räumlichen Rahmen die Auswirkungen zu überprüfen sind, gibt das Personenbeforderungsgesetz den Bezirk der Genehmigungsbehörde vor. Die Länder teilen sich hier in zwei Lager. So wird einerseits ausdrücklich auf den Rettungsdienstbereich abgestellt26 , andererseits werden keine Angaben gemacht27 • Nur Nordrhein-Westfalen wählt eine eigenständige Lösung und stellt auf den vorgesehenen Betriebsbereich ab. Das ist nach § 22 Abs. 2 S. 2 RettG NW der Bereich, in dem der Unternehmer zur Entgegennahme von Bellirderungsaufträgen berechtigt ist. Das heißt, die Behörde kann den Bereich, in dem sie die Auswirkungen prüft, selbst bestimmen. Zur Ausfilllung des unbestimmten Tatbestandsmerkmals "Beeinträchtigung der öffentlichen Verkehrs interessen" zählt das PersonenbefOrderungsgesetz beispielhaft ("insbesondere") einige Kriterien auf, die die Landesrettungsdienstgesetze praktisch auf die Situation des Rettungswesens ummünzen und übernehmen. Die Nr. 4 des § 13 Abs.4 S. 2 PBefG, nämlich die "Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgaben", findet allerdings in keinem Rettungsdienstgesetz eine Entsprechung. Bremen und Sachsen-Anhalt verzichten völlig darauf, der Genehmigungsbehörde Beurteilungsmaßstäbe vorzugeben. In Bremen besteht zudem die Besonderheit, daß neue Genehmigungen öffentlich ausgeschrieben werden müssen (§ 15 Abs. 5 BremRettG). Um Auswirkungen der letzten Genehmigung abschätzen zu können, ist der Genehmigungsbehörde filr den Taxenverkehr per Soll-Vorschrift die Einhaltung eines Beobachtungszeitraums von bis zu einem Jahr auferlegt, bis sie wieder Genehmigungen erteilen darf. Diese Regelung ist bei den Landesgesetzgebern auf ein geteiltes Echo gestoßen: einige folgen 28 , andere stellen den Beobachtungszeitraum ins behördliche Ermessen ("kann"i9, wieder andere sehen
23 Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Sachsen, Thüringen. 24 Bayern, Hamburg, Schleswig-Holstein. 2S ZU den unterschiedlichen Rechtsfolgen, die aus diesen Verweisen entstehen können: BayVGH, Beschl. vom 8. März 1995, in: BayVB11995, 470. 26 Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen. 27 Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland, Sachsen-Anhalt. 28 Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen. 29 Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein.
11 Schulte
162
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
eine solche Möglichkeit nicht explizit vor30, schließlich wird nur ein Mindestbeobachtungszeitraum von drei Monaten angeordnee J•
b) Anspruch aufErteilung der Genehmigung
Bei der Funktionsschutzklausel handelt es sich nicht um eine klassische Bedürfnisprüfung 32 • Zur Erteilung einer Genehmigung ist es also nicht erforderlich, daß ein Gebiet mit rettungsdienstlichen Leistungen objektiv unterversorgt ist. Hierzu kann es - jedenfalls de iure - auch nicht kommen, weil die staatlichen Träger zur Aufrechterhaltung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Rettungsdienstleistungen verpflichtet sind. Trotzdem gehen die Gesetze davon aus, daß Genehmigungen zugunsten Privater erteilt werden können. Die Funktionsschutzklausel verlangt also aus systematischen Erwägungen keine reine Bedürfnis- , sondern nur eine Verträglichkeitsprüfung33 • Der Sache nach bleibt sie aber eine - wenn auch abgeschwächte - Bedürfnisprüfung, da inhaltlich auf die Nachfrage abgestellt wird. Der Antragsteller hat Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn er die an seine Person gerichteten Anforderungen erfUllt und die objektiven Versagungsgründe nicht vorliegen. Beim Genehmigungserfordernis im Rettungswesen handelt es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. 34 Der Gesetzgeber verbietet die an sich sozial wertvolle Betätigung der Krankentransporteure, weil vorweg geprüft werden soll, ob sie im Einzelfall mit dem materiellen Recht in Einklang steht. Dem Bewerber steht jedenfalls ein durch Art. 12 Abs. 1 GG bewehrter Zulassungsanspruch zur Seite. Dieser Anspruch ergibt sich aber auch schon aus einfachem Recht. In den maßgeblichen rettungsdienstlichen Normen sind die Genehmigungsvoraussetzungen abschließend aufgezählt, d. h., andere Versagungsgründe als die dort aufgefiihrten können nicht geltend gemacht werden. 35 Aus systematischer Sicht wäre zudem die Ermächtigung, Genehmigungen unter im einzelnen genannten Auflagen zu erBrandenburg, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt. Hessen, Thüringen. 32 So aber jedenfalls begrifflich OVG Münster, Besch!. vom 26. März 1996, in: NZV 1996,335. 33 LT-Drs. Bayern 11/16437 Nr. 3.3 zu Art 7; LT-Drs. Baden-Württemberg 10/5817 S. 33; BayVGH, Urt. vom 8. Nov. 1995, in: BayVBI 1996, 176; OVG Lüneburg, Besch!. vom 17. Juni 1994, in: NdsVBI 1995, 41; im Ergebnis ebenso: Prütting/Mais, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Köln 1995 § 19 Er!. 20; Ufer (Anm. 16) § 22 Er!. 3.1. 34 Zu den Verbotstypen Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit ErlaubnisvorbehaIt und repressivem Verbot mit BefreiungsvorbehaIt, in: DÖV 1997,401 [404,406 ff.]. 35 LT -Drs. Sachsen 1/2339 S. 50. 30 31
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
163
teilen 36, überflüssig (vgl. § 36 Abs. 1 VwVfG), wenn die Genehmigungserteilung im freien Ennessen der Behörde stünde. Selbst fiir den Fall, daß der Behörde Ennessen eingeräumt ise 7 , kann es nur ausgeübt werden, wenn die objektiven Versagungsvoraussetzungen eingreifen und nicht genere1l 38 . Denn wenn die VersagungsgrUnde nicht vorliegen, hat der Bewerber Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung. In diesem Fall ergeht eine gebundene Entscheidung. Die der Einfilhrung der objektiven Zulassungsvoraussetzung zugrunde liegende Zuversicht, daß die Genehmigung nur in einem "praktisch sehr seltenen Sonderfall versagt werden dürfe,,39, der gesetzliche Anspruch 40 sich also regelmäßig auch realisieren lasse, hat sich jedoch ausweislich der Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen zu diesen Nonnen als trügerisch erwiesen.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit Es stellt sich die Frage, ob die landesrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen mit Bundesrecht vereinbar sind. Grundsätzlich läge mit der Genehmigungspflicht ein Verstoß gegen § lAbs. 1 GewO vor, der keine Zulassungsschranken durch Landesrecht erlaubt. 41 Allerdings erklärt Art. 3 S. 2 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Personenbeforderungsgesetzes42 die Gewerbeordnung im Rettungswesen filr unanwendbar. Ein Verstoß gegen das bundesrechtliche Gewerberecht scheidet daher aus. Thematisch einschlägiges einfaches Bundesrecht neben dem Gewerbe- und Personenbeförderungsrecht ist nicht ersichtlich. Es bleibt demnach nur noch die Prüfung am Bundesverfassungsrecht.
36 § 20 RDG BW; Art. 9 Abs. 1, 2 BayRDG; § 14 Abs. 1 RDG BIn; e § 5 Abs. 7,8 BbgRettG; § 17 Abs. 4 BremRettG; § 13 Abs. 1 HmbRDG; § 15 HessRDG; § 17 RDG M-V; § 24 NdsRettDG; § 22 Abs. 4 RettG NW; § 19 Abs. 1 RettDG RhPf; § 17 Abs. 1 SaarRettG; § 19 Abs. 1 SächsRettDG; § 18 Abs. 1 RDG-LSA; § 13 Abs. 1 RDG SH; Ausnahme: Thüringen. 37 § 15 Abs. 3 BremRettG; § 22 Abs. 1 S. 2 NdsRettDG; § 14 Abs. 4 RDG-LSA. 38 Vgl. zu Sachsen-Anhalt: BVerwG, Urt. vom 3. Nov. 1994, in: NVwZ 1996, 66 [67]. 39 LT-Drs. Niedersachsen 12/3016 S. 8. 40 Einen Anspruch bejahen ohne weitere Erläuterung: LT-Drs. Baden-Württembeg 10/5817 S. 34; LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 6. 41 Locher, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, mitbearbeitet von Locher u. a., 3. Auflage, Neuwied usw. 1997, § 15 Rn. 33; vgl. auch Ehlers, Wirtschaftsaufsicht, in: AchterberglPüttner (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht, Band I, Heidelberg 1990 Rn. 191 ff. 42 Vom 25. Juli 1989 (BGBI. I S. 1547).
164
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Da die Tätigkeiten eines Notfallretters oder Krankentransporteurs von der Erteilung einer Genehmigung abhängen, die unter anderem voraussetzt, daß vom Bewerber unbeeinflußbare Bedingungen erfiillt sind, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG. In einer auf den ersten Blick eingängigen Logik wird dazu von einigen Autoren der folgende "Erst-recht"-Schluß gezogen und von einer weiteren Auseinandersetzung abgesehen: wenn schon eine objektive Zulassungsbeschränkung zugunsten des Taxenverkehrs gerechtfertigt ist, dann erst recht zum Schutz des Rettungsdienstes, der schließlich Leben und Gesundheit bewahren soll.43 Es ist jedoch auf die besondere juristische Schlußform des argumentum a fortiori, in dessen Gestalt des argumentum a minore ad maius der "Erst-recht"Schluß auftritt, hinzuweisen. Denn das argurnenturn a fortiori gehört zu den rechtlichen Begründungen, die "wirkungsvoll dazu eingesetzt werden, um Konklusionen zu erreichen, die als haltbar angenommen werden sollen, die sich aber in strengen logischen Prüfungsverfahren als logisch ungültige Schlüsse erweisen,,44 . Diese methodologische Erinnerung soll nicht die Brauchbarkeit der Argumentationsfigur fiir die juristische Wissenschaft insgesamt anzweifeln, sondern helfen, die zusätzlichen Prämissen zu betonen, deren Richtigkeit auch noch dargelegt werden muß, damit der "Erst-recht"-Schluß nicht nur formal korrekt ist, sondern auch inhaltlich zutrifft. 45 Stillschweigend vorausgesetzte Prämisse des "Erst-recht"-Schlusses ist, daß die Umstände im Taxenwesen und im Rettungsdienst im wesentlichen vergleichbar sind. Durch die Verengung des Blickwinkels auf das im Vergleich zum Taxenverkehr zweifellos höherwertige Schutzgut Leben und Gesundheit Man beachte: es wird praktisch immer mit der Situation der Notfallrettung argumentiert und der Krankentransport dann einfach angehängt! - wird die Aufmerksamkeit von den übrigen impliziten Gleichsetzungen abgelenkt. Dazu kommt eine Regelungstechnik, die (jedenfalls fiir den Taxenverkehr) dem Juristen seit 1960 vertraut ist, so daß ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten sein dürfte. Die folgende Untersuchung wird erhellen, daß die unterstellte Gleichartigkeit der Umstände keineswegs zutreffend ist.
43 Ufer (Anm. 16) § 22 Erl. 5; derselbe (Anm. 1) S. 54; Lindlahr, Der Rettungsdienst im Spannungsverhältnis zur Krankenbefilrderung durch freie Unternehmer, in: Der Landkreis 1985, 554 [555]; Gehler, Wer rettet den Rettungsdienst?, in: Rettungsdienst 1997, 556 [562 f.]; derselbe, Die Befugnisse des Gesetzgebers im Rahmen der Gefahrenabwehr, in: Rettungsdienst 1996, 619 [621]. 44 Tammelo/Schreiner, Grundzüge und Grundverfahren der Rechtslogik, Band. 2, Pullach, 1977, S. 109. 45 Vgl. KochlRüßmann, Juristische Begründungslehre, München 1982, § 23, 2.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
165
(Unausgesprochene) Zustimmung erfiihrt dieser Einwand von denen, die es nicht bei der Gleichsetzung belassen, sondern eine Prüfung im einzelnen vornehmen. 46 Hierzu gesellt sich ein weiteres. Selbst wenn man die - anzweifelbare - Taxenrechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht fiir zutreffend hält, zeigt der soeben angestellte Textvergleich des Personenbeförderungsgesetzes mit den Landesrettungsdienstgesetzen viele Abweichungen auf. Allein aus diesem Grund ist bei der Übertragung von Grundsätzen, die am Personenbeilirderungsgesetz entwickelt worden sind, Vorsicht geboten. Schließlich ist der besonderen Situation im Rettungswesen gerecht zu werden, die diesen Sektor von dem des Taxenverkehrs unterscheidet. Wie bereits in der Einleitung ausgefUhrt tritt die öffentliche Hand im Rettungswesen - anders als bei der Vergabe von Taxenlizenzen - gleichzeitig in allen Formen auf, in denen der Staat in das Wirtschaftsleben involviert sein kann: 1. als Nachfrager rettungsdienstlicher Leistungen, wenn die staatlichen Träger zur Erfilliung ihrer Sicherstellungsgarantie Private beauftragen 2. als Anbieter von Notfallrettungs- und Krankentransportleistungen, wenn der Staat den Rettungsdienst mit eigener Infrastruktur sicherstellt 3. als überwachender Verteiler, wenn er darüber befmdet, wie der Markt neben dem öffentlichen Rettungsdienst aufzuteilen und wer hierzu zuzulassen ist. Im Taxenverkehrswesen tritt der Staat dagegen nur in der letztgenannten Funktion auf. Selbst beteiligt er sich nicht. Beim Taxenverkehr stehen sich mit den Genehmigungsbewerbern außerdem jeweils Grundrechtsträger gegenüber, deren Interessen zu einem Ausgleich gebracht werden müssen. Mit dem öffentlichen Rettungsdienst tritt jedoch der Staat, also der Grundrechtsverpflichtete, den Grundrechtsträgern, den privaten Unternehmern, als Konkurrent gegenüber. 47 Abschließend müssen die Auswirkungen der juristisch-typischen punktuellen Betrachtungen des Einzelfalles beachtet werden. Selbst wenn man jede der drei oben aufgezählten Tätigkeitsmodalitäten des Staates im Rettungswesen fiir sich gesehen als noch vertretbar ansehen wollte, kann ihre Kumulation letztlich 46 Ausdrücklich OVG Niedersachsen, Besch\. vom 17. Juni 1994, in: NdsVBI 1995, 41 [42]; ansonsten BVerwG, Urt. vom. 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1609 f.]; OVG Münster, Besch\. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995, 26 ff; Prütting/Mais (Anm.33) § 19 Er\. 17 ff; explizit: Wink/er, Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes contra Berufsfreiheit der Rettungsdienstunternehmer, in: DÖV 1995, 899; Kirchner, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reregulierung durch Landesgesetze, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 1993, 595 [605 ff]. 47 Das OVG Lüneburg ergänzt, daß der öffentliche Rettungsdienst innerhalb eines Rettungsdienstbereichs anders als das Taxengewerbe nicht aus einer Vielzahl von Einzeluntemehmen besteht (OVG Lüneburg, Besch\. vom 17. Juni 1994, in: NdsVBI 1995, 41 [42]), zieht aber daraus keine weitergehenden Schlüsse.
166
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
zum gegenteiligen Ergebnis fUhren. Eine solche umfassende Beurteilung erweist sich jedoch als schwierig, da die einzelfallbetonte Grundrechtsdogmatik "weder ein Sensorium noch ein Instrumentarium entwickelt hat, um auf diese Entwicklung zu reagieren,,48. Augenfällig wird der Stellenwert, der den Grundrechtsträgem im Rettungswesen eingeräumt wird, an dem Argument, daß der "legitime,,49 Rettungsdienst es nicht akzeptieren müsse, daß seine Kapazitäten nicht ausgelastet sind, nur weil ein Privater seinen Beruf ausüben wolle. 50 Inwieweit diese Grundhaltung mit der Berufsfreiheit in Einklang steht, soll nunmehr untersucht werden.
1. Das Berufsgrundrecht im Verständnis des
Bundesverfassungsgerichts 51
Angesichts seiner überragenden rechts praktischen Bedeutung ist es unumgänglich, die Argumentationsgrundlinien des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG knapp darzustellen. Das sich aus dieser Vorschrift ergebende grundrechtsdogmatische Problem liegt vor allem darin, zu ermitteln, wo die Grenze zwischen grundrechtlich abgesicherter Freiheit des einzelnen und staatlicher Regulierungsbefugnis verläuft.
Art. 1 Abs. 3 GG bindet auch den Gesetzgeber an die Grundrechte. Aber Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG räumt ihm unmißverständlich Regelungskompetenz jedenfalls bei der Berufsausübung ein. Es besteht also ein (potentieller) Widerspruch zwischen Grundrechtsbindung und Ausgestaltungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers.
48 Hufen, Berufsfreiheit - Erinnerung an ein Grundrecht, in: NJW 1994, 2913 [2916]; Grimm, Das Grundgesetz nach vierzig Jahren, in: NJW 1989, 1305 [1309].
49 OVG Münster, Beschl. vom 2. August 1994, in: NWVB11995, 26 [27]; da ein illegitimer öffentlicher Rettungsdienst keinen Schutz genösse, bleibt die Bedeutung dieser Qualifizierung im Dunkeln. 50 Conrad/Regorz. Gesetz über die Notfallrettung und den Krankentransport rur Schleswig-Holstein, Wiesbaden 1996 § 11 Erl. 3; OVG Münster, Beschl. vom 2. August 1994, in: NWVB11995, 26 [27]. 51 Aus dem unübersehbaren das Bundesverfassungsgericht zusammenfassenden und interpretierenden Schrifttum: Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, München 1996, Art. 12 Rn. 8, 100--108; Gubelt, in: von MünchlKunig, Grundgesetz, Bd.l, München 1995, Art. 12 Rn. 40, 48-72; Scholz, in: Maun:zJDürig, GrundgesetzKommentar, Bd. I, München Stand März 1994, Art. 12 Rn. 14-16,318; Breuer, Freiheit des Berufs, in: IsenseelKirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VI, Heidelberg 1989, § 147 Rn. 32 f., 56--59; Jarass, in: JarasslPieroth, Grundgesetz, 3. Auflage, München 1995, Art. 12 Rn. 17-31.
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Das Bundesverfassungsgericht hat sich im grundlegenden Apothekenurteil von 195852 dazu folgendermaßen erklärt. Es meint, Berufswahl und Berufsausübung ließen sich weder in isolierbare zeitliche Abschnitte noch in qualitative Sachbereiche zerlegen, sondern erfaßten vielmehr nur aus verschiedenen Blickpunkten den einheitlichen Komplex der "beruflichen Betätigung".53 Infolgedessen sei entgegen dem an sich nur auf die Berufsausübung bezogenen gesetzlichen Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S.2 GG der gesamte Komplex beruflicher Betätigung der Regelungsbefugnis des Gesetzes unterworfen. 54 Insoweit beruft sich das Bundesverfassungsgericht auch auf Art. 74 Nr. 19 GG 55 , wo beispielsweise eine gesetzliche Regelungskompetenz hinsichtlich der Zulassung zu ärztlichen Heilberufen statuiert sei. Das könne nur bedeuten, daß sich der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG auch auf die Berufswahl erstrecken müsse. 56 Es stellt sich damit nur die Frage, inwiefern aus Art. 12 Abs. 1 GG überhaupt noch Grenzen staatlicher Reglementierungsintensität abgeleitet werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu eine Lösung entwickelt, bei der Berufsfreiheit und Gemeinwohl in einer nach Eingriffsintensität und Rang der zu schützenden Gemeinschaftsbelange abgestuften und differenzierten Abwägung zueinander in Beziehung gesetzt werden. 57 Dieses vom Verhältnismäßigkeitsprinzip geprägte Argumentationsschema ist im Kern bis heute gültig, wenn es auch in einzelnen Punkten verfeinert wurde. 58 Je intensiver eine gesetzliche Regelung die individuelle Freiheit des Berufs beschneidet, so der verfassungsgerichtliche Leitgedanke, um so gewichtiger müssen die Gemeinwohlanforderungen sein, die diesen Eingriff vor der Verfassung legitimieren. Dieses Muster wird in Gestalt der Drei-Stufen-Theorie weiter ausgeflichert. Das Gericht nimmt den eben verworfenen textlichen Unterschied von Berufswahl und Berufsausübung wieder auf59 und differenziert nach Regelungen der Berufsausübung und -wahl: 1. Stufe Berufsausübung - 2. Stufe Berufswahl: subjektive Zulassungsvoraussetzungen (z. B. Sachkunde) - 3. Stufe Berufswahl: objektive Zulassungsvoraussetzungen (staatliche Monopolisierung, Bedürfnisklauseln). Ein Eingriff der nächsthöheren Stufe darf nur stattBVerfG, Urt. vom Il. Juni 1958, E 7, 377 - Apotheke-. BVerfG, Urt. vom Il. Juni 1958, E 7, 377 [401] - Apotheke-. 54 Kritisch Erichsen, Das Apothekenurteil des BVerfG, in: Jura 1985, 66 [75]. Zur Kritik siehe unten S. 177 ff. 55 Heute inhaltsgleich Art. 74 Abs. I Nr. 19 GG. 56 BVerfG, Urt. vom Il. Juni 1958, E 7, 377 [401 f.] - Apotheke-. 57 BVerfG, Urt. vom Il. Juni 1958, E 7, 377 [405-408] - Apotheke-. 58 Hierzu Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, Berlin 1976, S. 57 f. Zur Kritik an der verfassungsgerichtlichen Konzeption siehe unten S. 177. 59 Kritisch hierzu Scholz, in: MaunzJDürig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 319. 52 53
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finden, wenn Regelungen der niedrigeren Stufe nicht ausreichen, um den erstrebten Zweck des Gemeinwohls zu erreichen. Die Anforderungen hieran steigen von Stufe zu Stufe. Eingriffe in die Berufsausübung (Stufe 1) sind nur gerechtfertigt, wenn sie durch "vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls,,60 getragen werden. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen fiir die Berufswahl (Stufe 2) bedürfen der Rechtfertigung durch ein "überragendes Gemeinschaftsgut, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht,,61. Objektive Zulassungsvoraussetzungen zu einem Beruf schließlich sind nur zulässig zur "Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren fiir ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut,,62. Die vom Text gelöste Interpretation des Berufsgrundrechts durch das Bundesverfassungsgericht hat von Anfang an ein zwiespältiges Echo gefunden. Die Wertschätzung umfaßt das gesamte Spektrum von der Konzedierung einer "großen prätorischen Leistung,,63 bis zur Vorhaltung, die Dogmatik des Art. 12 Abs. 1 GG sei ein "einziges Trampolin logischer Bocksprünge,,64 und leide überdies an "Inhaltsarmut,,65. Fakt ist jedoch, daß sich die grundsätzliche Konzeption des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG in Rechtsprechung und Literatur durchgesetzt hat. Sie insgesamt in Frage zu stellen, hätte in der Rechtswirklichkeit wohl wenig Aussicht auf Beachtung. Monita müssen sich daher darauf beschränken, die allgemein akzeptierten Begründungsmuster handhabbarer und rationaler zu machen, um sie so justitiabeI zu halten. 66 Wenn im folgenden der pragmatische Weg beschritten und der vom Bundesverfassungsgericht geschlagenen interpretatorischen Schneise gefolgt wird, bedeutet das nicht, daß die berechtigten kritischen Einwände ausgeblendet bleiben. Aber diese Methode erlaubt die Konzentration auf die spezifische Situation im Rettungswesen und mehrt die Chancen, in der Praxis Gehör zu finden.
BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [405] - Apotheke-. BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [406] - Apotheke -. 62 BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [408] - Apotheke-. 63 Ossenbühl, Die Freiheiten des Unternehmers nach dem Grundgesetz, in: AöR 115 (1990), S. I [9]. 64 Ridder, Die soziale Ordnung des Grundgesetzes, Opladen 1975, S. 120. 65 Lecheier, Art. 12 GG - Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1985), S. 49 [55]. 66 Die wesentlichen Kritikansätze sind nachgewiesen bei Tettinger, in: Sachs (Anm. 51), Art. 12 Rn. 124-130. 60 61
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2. Schutzbereich und Eingriff in die Berufsfreiheit a) Berufsqualität gemeinnütziger Tätigkeiten Als Beruf im grundrechtlichen Sinne ist jede Tätigkeit einzustufen, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. 67 Es unterliegt keinem Zweifel, daß deIjenige, der gewerblich Krankentransport oder Notfallrettung durchführen will, dem Berufsbegriff und damit dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. I GG unterflUlt. Gleiches gilt, sofern es sich bei den Genehmigungsbewerbern um juristische Personen des Privatrechts handelt. Jedenfalls wenn die Tätigkeit der Gewinnerzielung dient, genießen sie über Art. 19 Abs. 3 GG den Schutz der Berufsfreiheit. 68 Bedenken können sich allerdings für die juristischen Personen ergeben, die steuerrechtlich gemeinnützig sind. Ihnen könnte die "berufliche" Qualifikation ihrer Tätigkeit abgehen, weil sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgen und auf Erwerbszwecke verzichten (§§ 51-68 A0 69 ). Im Rettungswesen stellt sich die Frage mit besonderer Dringlichkeit, da die dominierenden Hilfsorganisationen alle gemeinnützig tätig werden. 70 Wenn sie in einem Rettungsdienstbereich nicht mit der Durchführung des öffentlichen Rettungsdienstes beauftragt sind - sei es, weil der Träger eigene Kräfte wie die Berufsfeuerwehr einsetzt, sei es, weil ein konkurrierender Bewerber (eine andere Hilfsorganisation, ein gewerblicher Unternehmer) den Zuschlag erhalten hat ist es vollkommen legitim, daß sie sich um die Erteilung einer Genehmigung für Notfallrettung bzw. Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes bemühen. 7 I, 72
67 BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [397] - Apotheke -; BVerfG, Beschl. vom 18. Juni 1960, E 54, 301 [313] - BuchfUhrungspriviieg -; BVerwG, Urt. vom 18.0kt. 1990, in: NJW 1991, 1766 [1767]; Jarass, in: JarasslPieroth (Anm. 51) Art. 12 Rn. 4; Gubelt, in: von MünchlKunig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 8. 68 Vgl. BVerfG, Urt. vom 4. Apr. 1967, E 21, 261 [266] - Arbeitnehmerüberlassungsverträge -; BVerfG, Beschl. vom 19. Okt. 1983, E 65, 196 [209 f.] - Betriebliche Unterstützungskasse -. 69 Auf diese allgemeinen Definitionen verweisen die einzelnen Steuergesetze, beispielsweise: § 5 Abs. 1 Nr.9 KStG; § 3 Nr.6 GewStG; § 3 Abs. 1 Nr. 12 VStG; § 4 Nr. 16, 18 UStG. 70 So ausdrücklich KleiniOrlopp, Abgabenordnung, 5. Auflage, München 1995, § 66 Anm. 1; Koch, Kommentar zur Abgabenordnung, 4. Auflage, Köln 1993, § 66 Tz 5/1. 71 V gl. hierzu die zusammengefaßten Stellungnahmen der Hilfsorganisationen zum Entwurf des Rettungsdienstgesetzes in Niedersachsen, in denen sie die Möglichkeit freier unternehmerischer Tätigkeit fordern (LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S. 22), obwohl sie den öffentlichen Rettungsdienst in diesem Land fast ausschließlich durchfUhren (ebd. S. 16).
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Tatsächlich wird teilweise die Ansicht vertreten, daß selbstloses Wirken keinen Beruf darstelle 73 , daß ohne Erwerbsziel Art. 12 Abs. 1 GG nicht eingreife 74, daß gemeinnützige Tätigkeit nicht der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage diene 7s • Dieser Auffassung kann indes nicht gefolgt werden. Denn die Frage, ob ein Privater (unsichere) Gewinnerzielungsabsichten verfolgt oder ob er von vornherein mit der Deckung seines Bedarfs zufrieden ist, gehört nicht zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Berufsfreiheit. Wer diese Wahl trifft, übt das Grundrecht nämlich bereits aus. 76 Die Lebensgrundlage wird auch dadurch geschaffen und erhalten, daß nur eine Deckung der Kosten angestrebt wird, wie dies auch bei gemeinnützigen Körperschaften erlaubt ist. 77 Der betriebliche Eigennutz wird durch die Berufsfreiheit zwar legitimiert, bildet aber kein Begriffsmerkmal ihres Schutzbereichs. Die Absicht der Gewinnerzielung ist tatbestandlieh irrelevant. 78 Im Ergebnis zeigt sich, daß auch die gemeinnützigen Hilfsorganisationen (und andere Einrichtungen, etwa eine ausgegliederte Rettungsdienst-GmbH 79) bei der Durchfilhrung von Notfallrettung und Krankentransport einen Beruf im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG wahrnehmen und sich somit im Schutzbereich der Berufsfreiheit bewegen.
72 Eine Genehmigung ist allerdings fiir den Rettungsdienstbereich ausgeschlossen, in dem der Bewerber bereits mit der Durchfiihrung des öffentlichen Rettungsdienstes beauftragt ist: OVG Lüneburg, Urt. vom 17. Apr. 1996 - 7 L 3226/95 - (unveröffentlicht). 73 Zacher, Freiheit und Gleichheit in der Wohlfahrtspflege, Köln usw. 1964 S. 102. 74 Wieland, Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 22. Dez. 1993, in: JZ 1995, 96 [97]; Scheuner, Karitative Tätigkeit der Kirchen im Sozialstaat, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Band 8, Münster 1974, S.43 [69]; Wegener, Staat und Verbände im Sachbereich Wohlfahrtspflege, Berlin 1978 S. 275; kritisch auch Tettinger, in: Sachs (Anm. 51), Art. 12 Rn. 22. 75 BachoJlScheunig, Krankenhausfinanzierung und Grundgesetz, Stuttgart usw. 1971 S.63. 76 Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, Berlin 1986 S. II I. 77 Vg!. BFH, Besch!. vom 20. Juli 1988, in: BFHlNV 1989 S. 479; KießlinglBuchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 5. Auflage, Achim 1994, S. 65. 78 Depenheuer (Anm. 76) S. 112 f.; Isensee, Kassenarztmonopol und nichtärztliche Leistungserbringer, Köln usw. 1995, S.45; im Ergebnis auch BVerwG, Urt. vom 22. Dez. 1993, in: JZ 1995, 94 [95], das nur verlangt, daß die gemeinnützige Körperschaft "geschäftsmäßig betrieben wird und kostendeckend arbeiten soll, so daß der ... ökonomische Grundbezug nicht fehlt." (Hervorhebung im Original). 79 Vg!. Schrömbgens, Gründung und Ausgliederung einer Rettungsdienst-GmbH, in: Rettungsdienst 1997, 458.
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b) Berufsausübungs- oder Berufswahlregelungen Im Hinblick darauf, ob es sich bei den Berufsregelungen der Rettungsdienstgesetze (nur) um Berufsausübungsschranken oder (schon) um Berufswahlregelungen handelt, war es jedenfalls bis 1989 bedenkenswert, ob der Rettungsunternehmer ein eigenständiges Berufsbild ist oder nur eine Berufsmodalität des Personenbeilirderers. 8o Diese Frage kann man weiterhin aufwerfen, da einfache Krankenfahrten 81 noch heute Teil der allgemeinen Personenbeforderung sind. 82 Im Gegensatz zur früheren Rechtslage, in der ein konturiertes Berufsbild fehlte 83 , gibt es seit 1989 das Rettungsassistentengesetz 84, das in seinem § I das Führen der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" von einer Erlaubnis abhängig macht und in §§ 3-10 (in Verbindung mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung fiir Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten85 ) deren besondere Ausbildung detailliert regelt. Ohne die umstrittene verfassungsgerichtIiche Berufsbildlehre86 bemühen zu müssen, kann man festhalten: allein wegen der überragenden Bedeutung der medizinischen Anteile unterscheidet sich die Tätigkeit im Rettungswesen inhaltlich wesentlich von der anderer Personenbeforderer, etwa Taxiunternehmer. In formaler Hinsicht kommt hinzu, daß das Rettungswesen nunmehr ausdrücklich aus dem Personenbeforderungsgesetz herausgenommen ist und durch besondere Landesgesetze geregelt wird. Von der beruflichen Eigenständigkeit des Rettungsunternehmers ist daher auszugehen. 87 Die statuierten Genehmigungsvoraussetzungen legen nicht das Wie einer Unterart der Personenbeilirderung als Berufsausübungsschranke fest, sondern das Ob der Berufsaufnahme, sind also Berufswahlregelungen. 88 80 Letzteres bejaht Ossenbühl, Rettungsdienst und Berufsfreiheit, Rechtsgutachten fUr das Deutsche Rote Kreuz zu § 49a EPBefG, Nottuln 1985 S. 30-47, insbesondere S. 43 zu § 49a EPBefG 1985 (Text siehe Anm. 4). 81 Siehe oben S. 24 f. 82 Mit dieser Begründung nehmen eine Berufsausübungsregelung an: LTDrs. Bremen 131314 S. 21; LT-Drs. Hamburg 141300 S. 15; LT-Drs. Hessen 12/7214 S. 42 f. 83 Es gab nur vom damaligen (s. Anm. 16) Bund-Länder-Ausschuß "Rettungswesen" am 20. Sept. 1977 beschlossene "Grundsätze zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst" (520-Stunden-Programm). 84 Vom 10. Juli 1989 (BGB!. I S. 1384). 85 Vom 7. Nov. 1989 (BGBI I S. 1966). 86 Siehe nur BVerfG, Besch!. vom 17. Dez. 1958, E 9, 39 [48 ff.] - Lose Milch -. Zusammenfassend Fröhler/Mörtel, Die "Berufsbildlehre" des Bundesverfassungsgerichts, in: GewAreh 1978,249. 87 Im Ergebnis auch LT-Drs. Niedersachsen 1213016 S. 6. Zur Abgrenzung zum Verkehrsbereich siehe auch oben S. 143 ff. 88 OVG Münster, Besch!. vom 2. Aug. 1994, in: NWVB!. 1995,26.
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Mit der Konsequenz dieser Zuordnung, nämlich in erster Linie, daß die Funktionsschutzklausel sich nur auf der dritten Eingriffsstufe rechtfertigen kann, müßte auch die Gegenauffassung konform gehen. Denn rasch nach der Erkenntnis des dreistufigen Eingriffsmusters hat sich das Bundesverfassungsgericht partiell hiervon gelöst und diejenigen Berufsausübungsregeln nach den strengen Kriterien der Berufswahlfreiheit geprüft, die so schwerwiegend sind, daß sie die Aufnahme eine Berufs verhindern. 89
3. Persönliche Anforderungen an den Genehmigungsbewerber Die Rettungsdienstgesetze greifen doppelt in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein. Einmal durch die persönlichen Anforderungen, die sie an den Unternehmer stellen und einmal durch die Funktionsschutzklausel. Angesichts der auf dem Spiel stehenden höchstwertigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) kann das Erfordernis fachlicher Qualifikation keinen Bedenken begegnen. In der Notfallrettung leuchtet dies unmittelbar ein: wer bei einem Verkehrsunfall, einem Herzinfarkt oder einer unklaren Bewußtlosigkeit wirksam helfen will, muß gut geschult sein. Aber auch im Krankentransport sind medizinische Kenntnisse unabweisbar, um etwa die krankheitsangemessene Lagerung des Patienten herzustellen, Anweisungen des übergebenden ärztlichen Personals verstehen und ausführen zu können oder die richtige Art der Beförderung90 auszuwählen. Da häufig (in der Notfallrettung immer) Eile geboten ist oder der Patient angesichts seines Gesundheitszustandes eine sorgfiiltige Auswahl und Prüfung seiner Vertragspartner kaum vornehmen kann, darf die Genehmigung auch die Sicherheit, Leistungsfiihigkeit und Zuverlässigkeit des Unternehmens voraussetzen. Insgesamt rechtfertigt die mit der Versorgung Kranker verbundene Verantwortung die Einwirkungsmöglichkeiten durch eine Genehmigungsbehörde. 91 Der Genehmigungsbewerber kann diese Voraussetzungen aus eigener Kraft erfüllen. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung werden nirgends geäußert und bestehen auch nicht. Dies steht in Einklang mit der
89 BVerfG, Urt. vom 23. März 1960, Eil, 30 [42 f.] - Kassenarzt -; BVerfG, Beschl. vom 9. Mai 1972, E 33, 125 [161 f.] - Facharzt -; BVerfG, Beschl. vom 6. Okt. 1987, E 67, 84 [106] - Arbeitnehmerüber1assung-. 90 So ist zum Beispiel bei Epileptikern wegen der Licht- und Geräuschreize eine Fahrt mit Sondersignalen kontraindiziert. 91 LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 11/3181 S. 55; LT-Drs. Brandenburg 1/629 S. 8.
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Bewertung der Vorbildregelung des § 13 Abs. 1 PBefG, der einhellig als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft wird. 92
4. Funktionsschutzklausel Besondere Schwierigkeiten ergeben sich erst bei der Rechtfertigung der Funktionsschutzklauseln der Rettungsdienstgesetze. Zusammengefaßt besagen sie, daß die Genehmigung dann versagt werden muß, wenn zu erwarten ist, daß durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an der Funktionsfiihigkeit des öffentlichen Rettungsdiensts beeinträchtigt wird. Diese objektive Berufswahlschranke hat nur dann Bestand, wenn man belegen kann, daß sie "zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut,,93 erforderlich ist. Ob man diesem Argumentationsschema folgt oder in der Stufentheorie nur die "strikte Anwendung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit" erblickt94 , bleibt der Archimedische Punkt der Begründung das Ziel der grundrechtsbeschränkenden Maßnahme und damit der Bezug zu Gemeinwohl und GemeinschaftsgUt. 95 Um zu einer möglichst rationalen und nachvollziehbaren Argumentation zu kommen und den wolkigen Formulierungen zu entgehen, die sich beim Umgang mit dem positiv nicht zu definierenden Begriff Gemeinwohl allzu leicht einschleichen, wird soweit wie möglich abgegrenzt und in kleinen Schritten vorgegangen. Bevor Eignung und Erforderlichkeit der Funktionsschutzklausel in den Blick genommen werden, wird in einem ersten Schritt ihr Ziel freigelegt. In der Terminologie der Stufentheorie entspricht das dem Gemeinschaftsgut, von dem die Berufswahlregelung die Gefahr abwenden soll. Ist dies geschehen, erfolgt die Bewertung nach Legitimität96 bzw. überragender Wichtigkeit.
92 Ehlers, Wirtschaftsaufsicht, in: Achterberg/Püttner (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht, Band I, Heidelberg 1990 Rn. 632; Fielitz/Meier/Montigel/Müller, Personenbeförderungsgesetz, Loseblatt Stand Juli 1996, Neuwied usw., § 13 Rn. 2; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Loseblatt Stand Juli 1997, Berlin, B § 13 Erl. 4 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 93 BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [408] - Apotheke-. 94 BVerfG, Beschl. vom 17. Juli 1961, E 13,97 [104]-Handwerksordnung-; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 17. März 1971, E 30, 292 [316] - Erdölbevorratung -; BVerfG, Beschl. vom 25. März 1992, E 86, 28 [39] - Sachverständigenbestellung -. 95 Hufen (Anm. 48) S. 2918. 96 V gl. Pieroth/Schlink, Grundrechte. Staatsrecht 11., 12. Auflage, Heidelberg 1996 Rn. 912.
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a) Ziel bzw. schützenswertes Gemeinschaftsgut Vor jeder Wertung oder Abwägung ist zunächst das Ziel bzw. das Gut herauszuarbeiten, um dessentwillen in das Berufsgrundrecht eingegriffen wird. Welcher aus dem Strauß der angegebenen Zwecke maßgeblich ist, wird nicht recht klar. Nur auf einer höheren Abstraktionsebene läßt sich Einvernehmen erzielen: die Zugangsbegrenzung diene der Sicherung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 S. I GG).97 Wendet man sich Konkreterem zu, wird der Chor der Meinungen dissonant. Da wird die "ordnungsgemäße Aufgabenerfiillung" in Gefahr gesehen 98 ; geargwöhnt, wahrer Grund sei der Wille zur Begünstigung der von den "Rettungsdienstträgerorganisationen durchgeführten Krankenwagenverkehre,,99; werden eine "Zweiklassengesellschaft"lOo, wenigstens aber "erhebliche negative Auswirkungen für Personen" befürchtet, die "außerhalb des Krankenhauses lebensrettender Maßnahmen bedürfen"lOl; auch wird unverblümt vorgetragen, Ziel sei "Konkurrenzschutz"lo2; ähnlich klingt es, wenn zu bedenken gegeben wird, daß die Rettungsdienstträger ohne Zulassungsschranke ihrer Sicherstellungsverpflichtung "nur in einem betriebswirtschaftlich von den Krankenkassen nicht akzeptierten Umfang,,103 würden nachkommen können; die (potentiellen) Genehmigungsinhaber sollen als "unkoordinierte Kapazitäten"l04 abgewehrt werden, da ein "abgestimmtes Verhalten bei ständig neuen und wechselnden Anbieterinnen und Anbietern" 105 nicht zu gewährleisten sei. Entscheidend kann jedoch nicht sein, was vorgetragen wird, sondern ob sich eine objektiv zum Ausdruck kommende verfassungsgemäße Zielsetzung finden läßt, auf der die Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit aufbauen
97 BVerwG, Urt. vom 26.0kt. 1995, in; NJW 1996, 1608 [1609]; LTDrs. Niedersachsen 12/3016 S. 7; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 1113181 S. 56; Denninger, Rettungsdienst und Grundgesetz, in: DÖV 1987, 981 [990]; Oehler (Anm. 1), in: Leben retten 1994, 25 [29]. 98 Denninger (Anm. 97) S. 990. 99 Bidinger, Aktuelle Änderungen im Personenbefijrderungsreeht, in: NZV 1989, 338 [342]. 100 BT-Drs. 1112170 S. 2. 101 Fuhrmann (Anm. 3) S. 32. 102 Lindlahr (Anm. 43) S. 555; OVG Münster, Besehl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995,26 [27]; gegen den Konkurrenzschutz als Zielsetzung unter Berufung auf BVerwG (Urt. vom 15. Apr. 1988, in: NJW 1988,3221) das OVG Lüneburg, Besehl. vom 17. Juni 1994, in: NdsVBI 1995, 41 [42]. 103 LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S. 31. 104 LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S.32; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 1114287 S. 32; Fuhrmann (Anm. 3) S. 32. 105 LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S. 17.
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kann. 106 Oberstes Ziel - und davon kann man bei unterstellt lauteren Gesetzgebern ausgehen - ist der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung; eine, wie Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zeigt, legitime Zielsetzung. Allerdings wird es eine unüberschaubare Anzahl von Maßnahmen geben, die diesem Ziel dienen, zumal wenn im weitesten Sinne medizinische Belange berührt sind. Erster und vornehmster Zweck des Staates war und ist nämlich die Gewährleistung von Sicherheit, welche fundamental Leben und Gesundheit umfaßt. 107 Letztlich läßt sich auf diese Zielsetzung fast alle Staatstätigkeit zurückfUhren. Das würde jedoch bedeuten, daß staatliche Maßnahmen eine Legitimation ihrer selbst abgäben. Dies kann aber angesichts des grundrechtlichen Status negativus jedenfalls fiir Grundrechtseingriffe nicht zutreffend sein. Es ist daher die Zielsetzung zu isolieren, die die Zugangssperre am unmittelbarsten legitimieren soll. Auch das Bundesverfassungsgericht geht unausgesprochen nach dieser Methode vor und benennt bei der Prüfung des Art. 12 Abs. 1 GG die spezifisch geschützten Einzelinteressen: Aufbau einer effektiven Verwaltung in den neuen Bundesländern lO8, Schutz der rechtssuchenden Bevölkerung und der in der Rechtspflege Tätigen vor ungeeigneten Beratern lO9 , Arbeitslosigkeit verhindern und Arbeitskräftemangel vermeiden und beheben 1 10 und so fort. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Saarländischen Rettungsdienstgesetz 1975 spezifisch auf den "Notfall-Rettungsdienst" abgestellt und nicht auf den Krankentransport. 111 Orientiert man sich am Wortlaut der Zulassungsnormen, so ist auch dort nicht von Leben und Gesundheit die Rede, sondern vom "öffentlichen Interesse an einem funktionsflihigen Rettungsdienst". Bei genauer Betrachtung ist Schutzobjekt somit das öffentliche Interesse, das an einem funktionsfiihigen Rettungsdienst besteht. Will man kein öffentliches Interesse an sich akzeptieren, hieße das, wiederum auf das Abstractum der Vorsorge gegen Gefahren fiir Leben und Gesundheit zurückzugreifen 112 • Wenn es fiir eine wirksame Grundrechtsgewährleistung aber nicht auf die stets legitimen Fernziele, sondern auf 106 "Erst das objektive Fehlen der von Verfassungs wegen anzuerkennenden gesetzgeberischen Zielsetzungen führt zur Verfassungswidrigkeit": BVerfG, Beseh!. vom 5. Mai 1987, E 75, 246 [268] - Rechtsbeistände - (Hervorhebung nur hier); vg!. auch BVerfG, Besch!. vom 7. Mai 1953, E 2, 266 [280 f.] - Notaufuahmegesetz -; BVerfG, Beseh!. vom 16. Apr. 1978, E 48, 227 [237). 107 Vg!. Isensee, Staat, in: Staatslexikon, Hrsg. Görres-Gesellschaft, Band 5, 7. Auflage, Freiburg 1989 S. 134 [148 f. sub IV.4). 108 BVerfG, Urt. vom 24. Apr. 1991, E 84, 133 [151 f.). 109 BVerfG, Beseh!. vom 5. Mai 1987, E 75, 246 [267] - Reehtsbeistände-. 110 BVerfG, Urt. vom 4. Apr. 1967, E 21, 245, [251] - Arbeitsvermittlungsmonopol -. 111 BVerfG (VorprUfungsaussehuß), Beseh!. vom 18. Nov. 1985 - BvR 1462/83 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter, Krankentransport und Rettungswesen, Berlin, Loseblatt Stand August 1997, Nr. 7840 S. I. 112 So aber Wink/er (Anm. 46) S. 902.
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die Nahziele ankommt, die zur Erreichung des Fernziels verwirklicht werden müssen, hat allein Mecklenburg-Vorpommern die korrekte Formulierung gewählt. Unverschleiert ist in § 15 Abs. 2 S. 1 RDG M-V nämlich die Versagung der Genehmigung angeordnet, "wenn zu erwarten ist, daß der öffentliche Rettungsdienst l13 beeinträchtigt wird". Daß diese Zielsetzung auch hinter allen anderen Rettungsdienstgesetzen steht, zeigt sich daran, daß im Anschluß an die Statuierung der Versagungspflicht nur noch auf die Einzelbedingungen des öffentlichen Rettungsdienstes abgestellt wird. Das Fernziel des Gesundheits- und Lebensschutzes spielt überhaupt keine Rolle mehr. Das - freilich nicht in Worte gefaßte - Unbehagen am Regelungsziel und zu schützenden Gemeinwohlgut Leben und Gesundheit kommt auch andernorts zum Ausdruck. Zutreffend wird dort in noch feinerer Ziselierung "die Finanzierung der Notfallrettung" als Regelungsanlaß gesehen. 114 Dies geht in der Abstufung nach unten zwar noch zwei Schritte weiter, denn Zielsetzung ist hiernach erstens lediglich der Schutz der Notfallrettung (und nicht des Krankentransports) und zweitens nur dessen Finanzierung (und nicht die Funktionsfiihigkeit). Diese Auffassung weist aber in die oben aufgezeigte Richtung: hin zum Konkreten. Die isolierte Zielbetrachtung der objektiven Zulassungsschranke ergibt damit, daß Zweck und der Berufsfreiheit widerstreitendes Gemeinschaftsgut die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes in der Form ist, wie ihn die jeweiligen Landesrettungsdienstgesetze vorsehen.
b) Höchste Wertigkeit des Rechtsgutes
Die Feststellung, wozu die Funktionsschutzklausel dienen soll, besagt noch nichts über Legitimität l15 und Gewicht des zu schützenden Interesses. Doch weder die Kasuistik II 6 noch die Literatur ll7 lassen eine Ableitung übergeordneter Kriterien zu, an denen das Gewicht des im einzelnen verfolgten Ziels festzumachen wäre.
Hervorhebung nur hier. OVG Münster, Beschl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995,26 [27]; ganz ähnlich BR-Drs. 544/87 S. 2 "Schutz der Notfallrettung". 115 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, Berlin 1984, S. 103. 116 Vgl. BVerfG in Anm. 108-110. 117 Beispielsweise Gubelt, in: von MünchlKunig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 66--68; Jarass, in: JarasslPieroth (Anm. 51) Art. 12 Rn. 31. 113
114
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
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Die Schwierigkeiten bei der Wertbestimmung der eingriffslegitimierenden Zwecke führen bei einigen Literaturstimmen zum pragmatisch-resignierenden Rückzug auf den tatsächlichen Anteil der Verhältnismäßigkeitsprüfung, seil. die Erforderlichkeit: Wenn sogar ein Grundrechtseingriff notwendig ist, dann erweist sich hieran der hohe Wert des Gemeinschaftsguts. 1l8 Die höchste Wertigkeit des Rechtsgutes soll sich also aus der Tatsache des Grundrechtseingriffs ergeben. Abgesehen von der logischen Schieflage (Schluß vom Tatsächlichen auf die rechtliche Wertigkeit) wird dem Gesetzgeber auf diese Weise freie Hand gelassen. Der Grundrechtseingriff legitimiert sich selbst, sofern er nur die Hürde der Erforderlichkeit nimmt.
aa) Kritik an der Gemeinwohlformel Die durch "inflationären und pauschalen Gebrauch" entwerteten abstrakten Begründungsformeln zu den Gemeinschaftsgütern sind neuerdings ins Zentrum der Kritik gerückt. 119 Jedenfalls Berufswahlregelungen sollen dem schutzlosen Zugriff des Gesetzgebers entzogen und wieder enger an die Verfassung gebunden werden. Zu diesem Zweck wird eine Rückbesinnung auf den Text des Art. 12 Abs. 1 GG gefordert, der in seinem Satz 2 nur die Berufsausübung in die gesetzgeberische Regelungsmacht stellt. Dem Dogma der Einheitlichkeit des Berufsgrundrechts, das erst die Schrankentransplantation auf die Berufswahl ermöglicht, wird die Lehre der verfassungsimmanenten Schranken l20 entgegengehalten. 121 Hiernach sind auch vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte durch kollidierendes Verfassungsrecht (und Gemeinschaftsrecht) begrenzbar. 122 Die Schranken der Berufswahlfreiheit können sich hiernach nur noch aus dem Grundgesetz selbst ergeben. 123
Vg!. PierothiSchlink (Anm. 96) Rn. 923. Hufen (Anm.48) S.2918; Czybulka, Berufs- und Gewerbefreiheit: Ende oder Fortbildung der Stufentheorie?, in: NVwZ 1991, 145 [147]. 120 Seit 1970: BVerfG, Besch!. vom 26. Mai 1970, E 28,243 [260 f.] - Art. 4 Abs. 3 GGlKriegsdienstverweigerung-; BVerfG, Beschl. vom 19. Okt. 1971, E 32,98 [107 f.] - Art. 4 Abs. 1 GGlBehandlungsverweigerung -; BVerfG, Beschl. vom 24. Jan. 1971, E 30, 173 [193] - Art. 5 Abs. 3 S. 1 GGlMephisto-. 121 Hufen, Inhalt und Einschränkbarkeit vertragsärztlicher Grundrechte, in: MedR 1996, 394 [399]; Lücke, Die Berufsfreiheit, Heidelberg 1994, S. 2 f., 6 und passim; zuvor schon Schmidt, Der Verfassungsvorbehalt der Grundrechte, in: AöR 106 (1981), S. 497 [508]. 122 Zu Art. J2 Abs. J GG BVerfG, Beschl. vom 1. Juli 1986, E 73, 301 [315] - Vermessungsingenieur -. 123 Lücke (Anm. 121) S. 28; Hufen (Anm. 48) S. 2917; derselbe (Anm. 121) S. 399. 118
119
12 Schulte
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Soviel dieser Ansatz an dogmatischer Stringenz rur sich hat, so gering ist sein praktischer Ertrag. 124 Denn filr die Begrenzung vorbehaltlos gewährleisteter Grundrechte genügen neben den kollidierenden Grundrechten Dritter auch "andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte"125. Zu deren Feststellung genügt allerdings ein "verfassungsrechtlicher Ansatzpunkt,,126, der bereits in Kompetenz-, Ermächtigungs- und Organisationsvorschriften gesehen wird. 127 Ein solcher Anknüpfungspunkt läßt sich stets rasch finden. 128 Für den hier in Rede stehenden Rettungsdienst etwa Art. 74 Abs. I Nr. 19 GG (Zulassung zu Heilberufen), Art. 74 Abs. I Nr. 12 GG (Schutz der Sozialversicherung l29, die Hauptfmanzier des öffentlichen Rettungsdienstes ist) oder auch Art. 2 Abs.2 Satz 1 GG (Leben und Gesundheit), der hier wohl maßgeblich sein dürfte. Fordert man hingegen den Ausschluß von "allzu sektoralen Begrundungen,,130, filhrt das geradewegs wieder zu höheren Abstraktionsgraden, beim Rettungswesen unweigerlich zu Leben und Gesundheit. Bedeutsam ist der textkritische Interpretationsansatz, weil er den Blick auf das hinter der Stufenlehre liegende Verhältnismäßigkeitsprinzip und noch wichtiger: auf die als vernünftig, wichtig und überragend wichtig klassifizierten
124 Man gewinnt fast den Eindruck, daß die Kritiker Angst vor der eigenen Courage bekommen haben, wenn sie einerseits sagen, daß nach ihrer Lesart von der "Vielzahl der objektiven Zulassungsbeschränkungen wenig übrig bliebe" (Hufen (Anm. 48) S. 2917), sie andererseits aber einen Gleichklang von "Gütern mit Verfassungsrang" und den bislang geläufigen "höchstwertigen Gemeinschaftsgütern" feststellen (Hufen (Anm.48); derselbe (Anm. 121) S. 399; Lücke (Anm. 121) S. 53: "theoretische Unterschiede zwischen der hier vertretenen Sicht und der überkommenen Deutung des Art. 12 Abs. 1 GG (sind) praktisch nahezu eingeebnet"). 125 BVerfD, Beschl. vom 26. Mai 1970, E 28, 243 [261] - Kriegsdienstverweigerung-; BVerfD, Beschl. vom 27. Nov. 1990, E 83, 130 [138] - Mutzenbacher-. 126 BVerfD, Beschl. vom 24. Jan. 1971, E 30, 173 [193] - Mephisto-. 127 Siehe BVerfD, Beschl. vom 26. Mai 1970, E 28, 243 [261] - Kriegsdienstverweigerung -: Organisations- und Ennächtigungsnonnen der Art. 73 Nr. 1, 87a Abs. 1 S. 1 GG als Wurzel und verfassungsrechtliche Grundentscheidung filr die militärische Verteidigung; methodisch bestätigt in BVerfD, Beschl. vom 12. Okt. 1971, E 32, 40 [46] und BVerfD, Urt. vom 13. Apr. 1978, E 48, 127 [159 f.]. Daneben BVerfD, Beschl. vom 20. Dez. 1979, E 53, 30 [56] - Mühlheim-Kärlich -: Art. 74 Nr. lla filr die Atomenergie, zuvor schon BVerfD, Beschl. vom 8. Aug. 1978, E 49, 89 [127 ff.] - Kalkar-. Kritisch Jarass, in: JarasslPieroth (Anm. 51) Vorb. vor Art. 1 Rn. 38 mit weiteren Nachweisen der Literatur. 128 Kritisch hierzu Ehlers, Ziele der Wirtschaftsaufsicht, Köln usw. 1997, S. 33, der erhebliche Auswirkungen feststellt, weil er nur die wichtigsten Gemeinschaftsgüter wie Leben, Gesundheit und natürliche Lebensgrundlagen als verfassungsrechtlich geschützt ansieht. Anders jedoch das BVerfD, wie aus den vorhergehenden Anmerkungen ersichtlich. 129 BVerfD, Beschl. vom 22. Dez. 1981, E 70, 1 [26,30 mit weiteren Nachweisen]. 130 Czybulka (Anm. 119) S. 148.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
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Gemeinwohlbelange lenkt. So wird der Stufenlehre der absolute Charakter genommen, ohne daß man sie - jedenfalls als erste Orientierungshilfe - aufgeben müßte.
bb) Öffentlicher Rettungsdienst als höchstwertiges Gut Man kann sich dem Bewertungsproblem auch negativ annähern, indem man jedenfalls illegitime Zwecksetzungen ausschließt. So besteht Einigkeit darüber, daß Konkurrenzschutz der bereits im Beruf Tätigen niemals objektive Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigt. 131 Die Verfolgung dieses eigentlich verpönten Ziels wird für die rettungsdienstliche Funktionsschutzklausel allerdings zum Teil ausdrücklich gebilligt.132 Dahinter mag stehen, daß nicht in erster Linie die vorwiegend mit dem öffentlichen Rettungsdienst beauftragten Hilfsorganisationen geschützt werden sollen, sondern die staatlichen Institutionen des öffentlichen Rettungsdienstes. Die Funktionsschutzklausel dient danach lediglich nebenbei den klassischen Hilfsorganisationen. Die Schutzfunktion wäre damit nur eine Nebenwirkung der objektiven Zulassungsschranke l33 und nicht ihr primärer Zweck. Letztlich wird man jedoch dem Gesetzgeber die Absicht nicht absprechen können, ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (Leben und Gesundheit) und nicht in erster Linie die bereits im Beruf Tätigen (Hilfsorganisationen) schützen zu wollen. Ob man ihm den Einschätzungsspielraum bei der Auswahl der eingriffslegitimierenden Gemeinwohlbelange verweigert 134 und auf vorstaatliche und damit abstrakte Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit zurückgreift I35 , ob man das "deutlich dezisionäre Element" der Stufentheorie anerkennt, das dem Gesetzgeber einen außerordentlich breiten Einschätzungsspielraum eröffnet 136, oder ob man ausnahmsweise die Funktionsflihigkeit öffentlicher Einrichtungen, die die Bevölkerung mit lebenswichtigen Leistungen versorgt, als gesetzgeberisch konstituierbaren Gemeinwohlbelang auf-
I3\ BVerfG, Urt. vom 11. Juni 1958, E 7, 377 [408] - Apotheken -; BVerfG, Beseh!. vom 8. Juni 1960, EIl, 168 [188 f.] - Personenbeförderungsgesetz -; Breuer (Anm. 51) Rn. 51. 1320VG Münster, Beseh!. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995, 26 [27]; ähnlich schon Undfahr (Anm. 43) S. 555; aA. OVG Lüneburg, Beseh!. vom 17. Juni 1994, in: NdsVBI 1995, 41 [42]. \33 Die allerdings möglichst zu vermeiden ist: BVerfG, Beseh!. vom 8. Juni 1960, EIl, 168 [188 f.] - Personenbeförderungsgesetz -; Gubeft, in: von MünehlKunig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 66. 134 Tettinger, in: Sachs (Anm. 51), Art. 12 Rn. 106. 135 Vg!. BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in; NJW 1996, 1608 [1609]. 136 Schalz, in: MaunzfDürig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 319.
180
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
faßt I37 : Nach allen Lesarten verfolgt der Gesetzgeber einen legitimen Zweck und schützt ein höchstwertiges Gemeinschaftsgut 138 • Dieser Befund ändert sich auch nicht, wenn man darauf verweist, daß sich der Schutz der Funktionsfähigkeit durch das allein eingesetzte Mittel der Konkurrenzminimierung auf eine wie immer geartete Bezahlbarkeit reduziert 139 • Da der Löwenanteil der Kosten auf die gesetzlichen Krankenversicherungen entfällt, steht letztlich deren Finanzierbarkeit zur Debatte. Die Finanzierbarkeit der Krankenversicherung als System einer angemessenen und solidarischen Risikoverteilung läßt sich nämlich dem Kernbestand des Sozialstaatsprinzips (Art. 20, 28 GG) zurechnen 140 und damit aufVerfassungshöhe heben. Betont man allerdings den Schutz der Gesetzlichen Krankenversicherungen zu sehr, fragt sich, ob es filr die Landesgesetzgeber legitim ist, dieses Rechtsgut zu schützen. Denn gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG fällt die Regelung der Sozialversicherung in den konkurrierenden Kompetenzbereich des Bundes, den er unter anderem mit den Sozialgesetzbüchern auch fiir sich in Anspruch genommen hat. Da der Bund gemäß § 133 Abs.2 SGB V jedoch Höchstgrenzen der Kostenerstattung festlegen kann und somit die Länder als Rettungsdienstträger finanziell betroffen sind und sie zudem die Investitionskosten tragen, können die Länder die Finanzierbarkeit des Rettungsdienstes und damit mittelbar die der Krankenkassen legitim als Gemeinwohlziel verfolgen. Über dieses - zugegebenennaßen nicht vollständig befriedigende - Resultat mag in rechtspraktischer Hinsicht wegtrösten, daß das Bundesverfassungsgericht einen Eingriff nie an der mangelnden Wertigkeit des Schutzgutes hat scheitern lassen, wenn die sorgfältige PrUfung von Eignung und Erforderlichkeit positiv ausgefallen iSt. 141 Auf diese ist im folgenden demnach besonderes Augenmerk zu richten. 137 Breuer (Anm. 51) Rn. 51; vg!. zu den Einrichtungen Bundesbahn und Bundespost BVerfG, Besch!. vom 14. Okt. 1975, E 40, 196 [218 f.] - Güterkraftverkehrsgesetz -; BVerwG, Urt. vom 4. Mai 1973, E 42,169 [170 f.]. 138 So auch das OVG Münster, Besch!. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995,26 [27], das der Ansicht ist, die Berufsfreiheit könne nicht nur durch "vorgegebene" Gemeinschaftswerte beschränkt werden, sondern auch solche, die sich erst aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen ergeben, die der (einfache) Gesetzgeber in den Rang wichtiger Gemeinschaftsinteressen erhebt. 139 Vg!. LT-Drs. Niedersachsen 12/2281 S. 31; OVG Münster, Besch!. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995, 26 [27]. 140 BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Besch!. vom 3. März 1993, in: NJW 1993, 1520; BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Besch!. vom 13. Jan. 1994, in: NJW 1994, 785. 14IVg!.BVerfG, Besch!. vom 14.0kt. 1975, E40, 196 [218]-Güterkraftverkehrsgesetz-; BVerfG, Besch!. vom 18. Dez. 1968, E 25, 1 [11] - Mühlengesetz-; BVerfG, Urt. vom 4. Apr. 1964, E 21, 245 [250] - Arbeitsvennittlungsmonopol-; Pierothl Schlink (Anm. 96) Rn. 923.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
181
cc) Kosten des Rettungsdienstes Wenn der Gesetzgeber die Finanzierbarkeit des Rettungsdienstes und damit mittelbar auch die finanzielle Stabilität der Krankenkassen als eingriffslegitimierenden Gemeinwohlbelang defmiert, muß tatsächlich eine Gefahr bestehen. Andernfalls kann es gar keine geeignete Maßnahme geben. Diese Fragestellung filhrt vom Rechtlichen zum Tatsächlichen und dort auf weithin ungesichertes Terrain. Allein die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen filr das Rettungswesen sind unstreitig. Wie der folgenden Abbildung zu entnehmen ist, stiegen sie seit 1982 kontinuierlich und weit über den allgemeinen Durchschnitt an und erreichten im Mittel jährliche Steigerungsraten von über 15 %. 350
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I-+- Rettungsv.esen --a-- GKV Leistungen insgesamt
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Abb. 3: Entwicklung der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen von 1982 bis 1994 (Index: 1982 = 100)142
Abgesehen von diesen Zahlen herrschen Uneinigkeit und Unkenntnis über die tatsächlichen Grundlagen. Der Streit um die Kosten wird seit den ausgehenden 70er Jahren gefilhrt und ist mittlerweile kaum mehr überschaubar. 143 142 Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Die gesetzliche Krankenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 19 ... , Bonn 19 ... (Jahrgänge 1982-1994). 143 NellesseniDohmen, Kostendämpfung im Rettungswesen?, in: Verwaltungsrundschau 1979, 125; Beyerle/Külahoglu, Anregungen zur Organisation von Krankentransport und Rettungsdienst, in: Der Landkreis 1980, 753; Dietz, Die Rettungsdienste können wirtschaftlicher arbeiten, in: Der Städtetag 1981,579; Korbmann, Kräftiger Kostenanstieg im Krankentransport, in: Die Ersatzkasse 1980, 454; Conrad, Gerechte Bemessung der Kosten im Rettungsdienst durch eine duale Gebührenstruktur, in: Der Landkreis 1985, 570; Froböse, Zum Ausbaustand des Rettungswesens in der Bundesrepublik Deutschland, in: Zeitschrift rur Verkehrssicherheit 30 (1984) S.66; From-
182
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Auch zwei ausführliche Gutachten 144 vermochten den Streit nicht zu beenden, sondern riefen zum Teil sehr engagierte Reaktionen hervor. 145 Unabhängig hiervon war die Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes und damit verbunden der Streit um die tatsächlichen Grundlagen auch während und nach der Novellierung der Landesgesetze Gegenstand der Auseinandersetzung. 146 Einheitliche Linien konnten sich aber nur entlang der Interessen bilden, die hinter den jeweiligen Autoren stehen (Hilfsorganisationen, Krankenkassen, usw.). Die nachstehende Zusammenstellung kann daher nur einen Eindruck der schwer nachzuvollziehenden Entgeltunterschiede geben. 147 Aus den vielfiiltigen Stellungnahmen läßt sich nur ablesen, daß Handlungsbedarf vorliegt, ein Königsweg zur Problemlösung aber nicht existiert. An dieser Stelle greift die Defmitionsmacht und Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers ein, der mit der Funktionsschutzklausel (implizit) eine Gefahr fest-
me/Henze, Aufbau und Lenkung des Rettungsdienstes im Landkreis Northeim, in: Der Landkreis 1985, 559; Luig, Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes, in: Die Ortskrankenkasse 1986, 637; Picard, Rettungsdienst aus Sicht der Krankenversicherung, in: Der Landkreis 1985, 558; Wasem, Minderung der Ausgaben bei Fahrkosten und Rettungsdienst, in: Bundesarbeitsblatt 1989, 27; Schindler, Gute Zusammenarbeit beim Rettungsdienst im Saarland, in: Der Landkreis 1985, 568; Trumpp, Konkurrenzdruck geht zu Lasten der rettungsdienstlichen Versorgung in Baden-Württemberg, in: Der Landkreis 1985, 550. 144 Beyerle u. a., Strukturreforrn des Rettungsdienstes, WIBERA AG, Düsseldorf 1995; DennerleiniSchneider, Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienst, BASYS, Augsburg 1995. 145 Steiger, Beurteilung des BASYS-Gutachtens, in: Leben retten 1995, 186; Schulte, Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienst, in: Die Krankenversicherung 1995,255; Schindler, Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienst?, in: Rettungsdienst 1996, 203; Döhler, Welche Auswirkungen hat das Gesundheitsstrukturgesetz auf den Rettungsdienst? in: Leben retten 1995, 84; Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern, Stellungnahme zum WIBERA-Gutachten, in: Leben retten 1995, 82. 146 Dalhoff/Rau, Finanzierungsregelungen im Rettungsdienst: Gegenwart und Zukunftsperspektiven, in: NZS 1995, 153; Rau, Einsparpotentiale im Rettungsdienst, in: Rettungsdienst und Notfallmedizin, Hrsg. von Holger Rupprecht, Edewecht 1995, 180; Saekel, Gesundheitsstrukturgesetz - mögliche Auswirkungen auf den Rettungsdienst, in: Qualität sichern - Strukturen optimieren, Hrsg. von KontokolliaslRupprecht, Edewecht 1993, S. 37; Saekel, Rettungs- und Krankentransportwesen: Leistungsfähig aber teuer, in: Die Betriebskrankenkasse 1993,303; Pleßke, Die Zukunft des Rettungsdienstes aus Sicht einer Hilfsorganisation, in: Leben retten 1993, 127; Köppen, Wettbewerbliche Strukturen im Krankentransport und Rettungswesen erforderlich? in: Die Krankenversicherung 1993, 287; Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 1991, Ziffer 7: Krankentransport und Rettungsdienst, abgedruckt in: Biese u. a. (Hrsg), Handbuch des Rettungswesens, Hagen, Loseblatt Stand 1995, A.I.IO mit Stellungnahme des Fachausschusses "Rettungsdienst" des Deutschen Roten Kreuzes; Borchmann, Die Bundesgesetzgebung zum Gesundheitsrecht im Jahre 1993 (II), in: MedR 1994,49 [50 ff.]. 147 S. Folgeseite.
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stellt und (explizit) die seiner Ansicht nach erfolgversprechende Maßnahme ergreift.
c) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes
Kembestandteil der objektiven Zulassungsschranken ist die Grenze der Funktionsfllhigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes. Die Funktionsfiihigkeit Tabelle 3
Vergleich der Preise öffentlich beauftragter und gewerblicher Anbieter im Rettungsdienst 1994 148 Rettungsdienstbereich Bayern PotsdamLand Hamburg Marburg Emden lever Gütersloh Merseburg
Anbieter Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl. Gewerb. Öffentl.
KTWKTW-km Pauschale 70,00 100,72d) 85,00 253,00 123,84 138,06 80,00 80,00 158,40 158,40 145,00g) 200,00h) 85,00 120,00 90,00 160,00
2,060 ) 2,90 -
Differenz Pauschale 44%
2,00b)
198%
-
1I%
-
O%e)
-
6,20n 6,20n 7,40C) 10,00 3,60n -
5,00 6,00
o%e) 38% 41 % 78%
RTW-Pauschale 464,00 772,80 250,00 401,00 390,00 533,00 870,00 870,00 425,00 425,00
300,00 130,00 370,00 270,00 515,00
RTW-km
Differenz Pauschale
-
3,00b) -
67% 60% 37% o %e)
10,00" 10,006
O%S
18,70
-
4,00n 12,80 6,00 9,00
185 % 91 %
Anmerkungen
Differenzen: Gewerblich = 100 a)Ab 16km. b) Ab 21 km. c) Ab II km. d) Landeseinheitlich 57,22 DM (Berechnungsgrundlage 15 km-Einsatz) e) Soweit gewerbliche Unternehmer in die Entgeltvereinbarung integriert. t) Nicht im Stadtgebiet. g) Privater Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes. h) Gebührenpauschale von 100,- DM (Berechnungsgrundlage 10 km-Einsatz).
dient damit als Grundrechtsschranke. Da sie Grund und Grenze des Grundrechtseingriffs darstellt, ist ihr Aussagegehalt genauer zu fassen. 149
Quelle: DalhojJIRau (Anm. 146) S. 154. Zur Wandlung des Funktionsfllhigkeitsbegriffs im Taxengewerbe, Bardarsky (Anm. 22) S. 128-134. 148
149
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Der Begriff der Funktionsfiihigkeit erscheint im Grundgesetz nur einmal, nämlich in Art. 115g Satz 2 im Zusammenhang mit der Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes im Verteidigungsfall. Im übrigen verwendet ihn das Bundesverfassungsgericht in den unterschiedlichsten Kontexten; Beispiele: Funktionsfähigkeit der Tarifvertragsparteien 15O, des parlamentarischen Systems l51 , der Justiz l52 und der vorsorgenden Rechtspflege l53 oder der Universitäten i54 . Diese Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Da das Bundesverfassungsgericht keine verallgemeinerungsfähige Definition zugrunde legt, ist der verfassungsrechtliche Gehalt dieses Begriffs schwer zu bestimmen. Es wird bezweifelt, ob er überhaupt einen solchen besitzt. ISS Jedenfalls umfaßt sein Bedeutungs gehalt die ganze Spannbreite von der Maximalgarantie der vollen Funktionsfähigkeit bis zur bloßen Bewahrung eines nicht aufgebbaren Grundbestandes von Funktionskraft. 156 Bedeutung erlangt der Begriff insoweit, als er durch die Einbeziehung von tatsächlichen Elementen den eigentlichen Sinn einer Rechtsaussage erhellt: ihren unmittelbaren Realitätsbezug. Durch ihn wird die Verbindung zwischen dem Schutz einer Einrichtung und deren Wirklichkeitsbezügen aufgezeigt. 157 Mit welchen Schwierigkeiten bei der Konkretisierung des Begriffs im Einzelfall zu kämpfen ist, zeigt der zirkuläre und damit untaugliche Defmitionsversuch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: "Die Funktionsfiihigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ist bedroht, wenn die konkret belegte Gefahr besteht, daß die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schweren Mängeln in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes fUhren kann". 158 Nach der Textaussage fast aller Rettungsdienstgesetze geht es auch gar nicht um die Funktionsfiihigkeit des Rettungsdienstes im engeren Sinne. Denn wenn alle Rettungsdienstgesetze bis auf Mecklenburg-Vorpommem das "öffentliche BVerfG, Urt. vom 4. Juli 1995, in: NJW 1996, 185 (186]. BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. vom 15. März 1996, in: NJW 1996, 2085; BVerfG, Urt. vom 9. Apr. 1992, in: NJW 1992, 2545 [2548]Parteienfinanzierung -. \52 BVerfG, Beschl. vom 10. Juni 1995, in: NJW 1995, 3173 [3175]. \53 BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. vom 22.0kt. 1993, in: NJW 1994,1718. \54 BVerfG, Beschl. vom 22. Okt. 1991, in: NVwZ 1991,361 [362]. \55 Fischer, Funktionieren öffentlicher Einrichtungen - ein Verfassungsmaßstab?, in: DVB11981, 517 [521]. \56 Lerche, "Funktionsflihigkeit" - Richtschnur verfassungsrechtlicher Auslegung, in: BayVB11991, 517 [517, 521]. \57 Lerche (Anm. 156) S. 517; Denninger, Verfassungsrechtliche Schlüsselbegriffe, in: Festschrift für Rudolf Wassermann zum sechzigsten Geburtstag, hrsg. von Broda u. a, Neuwied 1985, S. 278 [290]. \58 BayVGH, Urt. vom 8. Nov. 1995, in: BayVB11996, 176 (177]; BayVGH, Beschl. vom 8. März 1995, in: BayVBI 1995,470. 150 \5\
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
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Interesse an der Funktionsflihigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes" geschützt wissen wollen und nicht dessen Funktionsflihigkeit selbst, weist das zumindest auf weiterreichende Interessen hin. ls9 In der (gerichtlichen) Praxis geht es allerdings keineswegs um organisatorische oder medizinische Fragen oder solche des Qualitätsstandards, sondern einzig um ökonomische Gesichtspunkte. Thema ist stets, wieviel Umsatz Anbieter außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes erzielen dürfen, bis sie zur "ruinösen Konkurrenz" werden. Hinter der ftlr das juristische Auge angenehmeren Chiffre des "öffentlichen Interesses" an der Funktionsflihigkeit verbergen sich allein fiskalische Interessen. Es geht bei der Funktionsflihigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes letztlich nur darum, was er in der Form, die das jeweilige Rettungsdienstgesetz vorsieht, kosten darf. 160 Unter dem Oberbegriff der Funktionsflihigkeit werden also von allen Beteiligten einschließlich der Gerichte einzig finanzielle Aspekte verstanden. 161 Angesichts der grundrechtsbeschränkenden Wirkung der Funktionsschutzklausel muß diese im Rahmen ihres breiten Bedeutungskorridors l62 verfassungskonform und damit möglichst eng ausgelegt werden. 163 So ist die Funktionsflihigkeit nicht beeinträchtigt, wenn steigenden Bewerberzahlen Zuwächse auf dem Krankentransportmarkt gegenüberstehen. l64 Die demographische Entwicklung in Richtung auf ein immer höheres Durchschnittsalter der Bevölkerung und der damit einhergehenden zunehmenden Gebrechlichkeit spricht ftlr eine Nachfrageausweitung. Des weiteren genügt nicht jede finanzielle SchlechtersteIlung des öffentlichen Rettungsdienstes. 165 Zwar wurde das (vom Bundesverwaltungsgericht ftlr 159 Diese untersucht Wink/er (Anm. 46) S. 901 ff. 160 Vgl. BayVGH, Beschl. vom 23. Nov. 1994 - 4 B 93.3544 - (unveröffentlicht); VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 21. Feb. 1997, in: DÖV 1997, 694; BayVGH, Beschl. vom 16. Dez. 1993, in: BayVBI 1994, 407 [408]; BayVGH, Beschl. vom 8. März 1995, in: BayVBI 1995, 470 [470 f.]; BayVGH, Urt. vom 8. Nov. 1995, in: BayVBI 1996, 176 [177 f.]; BayVGH, Beschl. vom 12. Apr. 1995 - 4 CE 94.4124 (unveröffentlicht) S. 5; OVG Münster, Beschl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBl 1995,26 [27 f.]; OVG Münster, Beschl. vom 26. März 1996, in: NZV 1996, 335; VGH BadenWürttemberg, Beschl. vom 22.0kt. 1996, in: GewAreh 1997, 251 [252 ff.]; ebenso PrüttinglMais (Anm.33) § 19 Erl. 18, 20, 22: "Die Funktionsfiihigkeit würde beeinträchtigt, weil eine Leistungserbringung zu sozial tragbaren Gebühren nicht mehr möglich wäre". 161 Die in Anm. 160 Genannten; Ausnahme: BVerwG, Urt. vom 26.0kt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610], das auch auf Organisation und Koordination eingeht, diesen Gesichtspunkten aber kein ausschlaggebendes Gewicht zubilligt. 162 Vgl. Lerche (Anm. 156) S. 517. 163 Ebenso Ehlers (Anm. 92) Rn. 643 zum Taxenverkehr. 164VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 20.10.1996, in: GewAreh 1997,251 [252]; PrüttinglMais (Anm. 33) § 19 Erl. 18. 165 Zu eng PrüttinglMais (Anm. 33) § 19 Erl. 20.
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den Taxiverkehr verlangte l66 ) Kriterium von "Anzahl und Ursachen der Geschäftsaufgaben" (§ 13 Abs.4 Nr.4 PBefG) in keinem Rettungsdienstgesetz übernommen l67 . Gleichwohl fordert das Bundesverwaltungsgericht auch fiir das Rettungswesen, daß festzustellen sei "ob die Zulassung ... die Hilfsorganisationen fmanziell nur beeinträchtigt oder ruiniert".168 Inwieweit die Ruingrenze bei den bundesweit tätigen Hilfsorganisationen, bei denen der Rettungsdienst nur einen Teilbereich der umfassenden Aktivitäten darstellt, ein geeignetes Kriterium ist, mag dahinstehen. 169 Als Fazit bleibt festzuhalten, daß das Kriterium der Funktionsfähigkeit nichts anderes als Finanzierbarkeit bedeutet.
166 BVerwG, Urt. vom 27. Nov. 1981, E 64, 238 [240 f.]; zuvor schon BVerwG, Urt. vom 25. Feb. 1966, E 23, 314 [317 f.]. 167 Vgl. Textvergleich und Synopse, oben S. 157 ff. 168 BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610]. 169 Als Anhaltspunkt möge folgende Zusammenstellung dienen: Tabelle 4
Kennzahlen zur Leistungskraft der großen Hilfsorganisationen
Deutsches Rotes Kreuz (1995) Malteser Hilfsdienst (1996) JohanniterUnfall-Hilfe (1996) ArbeiterSamariterBund (1996)
Mitglieder 4.844.742 ca. 7 Mrd. DM Umsatz ca. 1,2 Mrd. DM davon Rettungsdienst Marktanteil Rettungsdienst ca. 53 % 3,7 Mio Stunden EhrenamtI. Leistungen Rettungsdienst (Wert 97,05 Mio DM) Mitglieder 807.537 Aktive Helfer 30.938 4.202 Zivildienstleistende Hauptamtliche Mitglieder 11.421 Ehrenamtliche Mitglieder 11.679 Zivildienstleistende 3.650 Hauptamtliche Mitglieder 12.975 davon Zivildienstleistende 5.824 Ehrenamtliche Mitglieder 21.205 4.976 Mitarbeiter Rettungsdienst ca. 10 % Marktanteil Rettungsdienst
=
Quellen: Bundesamt for den Zivildienst, Daten und Fakten zur Entwicklung von Kriegsdienstverwiegerung und Zivildienst, Köln, 5. Auflage 1996; Jahresbericht 1996 des Malteser Hilfsdienstes, Köln 1997; Internet: www.rotkreuz.de; www.johanniter.de; www.asb-online.de.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
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d) Eignung der Funktionsschutzklausel Die objektive Zulassungsschranke fiir private Krankentransporteure muß geeignet sein, die Funktionsflihigkeit des Rettungsdienstes im obigen Sinne aufrecht zu erhalten. Die seit den ersten Reformbestrebungen im Jahre 1985 stets neuerlich vorgetragene, aber nie nachgeprüfte oder bewiesene These lautet, daß allein eine objektive Schranke die Funktionsflihigkeit des Rettungsdienstes in finanzieller Hinsicht gewährleiste. Eine solche These mag zwar einem gewissen laienhaften Verständnis entsprechen. Dieses ginge dahin, daß die Kosten fiir rettungsdienstliche Leistungen allein von der Kapazitätsauslastung der wichtigsten Produktionsfaktoren Personal und Krankenkraftwagen abhängig sind. Diese Sichtweise ist jedoch eindimensional und berücksichtigt nicht, daß ein Kostenanstieg auch Folge der Abschottung des Marktes gegen Konkurrenz ist. Wer ein Monopol innehat, ist erfahrungsgemäß wenig erfolgreich bei der Suche nach Kosteneinsparungsmöglichkeiten.1 7o An der Eignung der Marktabschließung, die Kosten des öffentlichen Rettungsdienstes möglichst niedrig zu halten, sind auch aus einem anderen Grund Zweifel angebracht. Das entscheidende Kriterium dafiir, wie es um die Funktionsflihigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes bestellt ist, liegt in der "Entwicklung der Kosten- und Ertragslage".171 Zwar betrifft das nach dem Wortlaut der Rettungsdienstgesetze unmittelbar die Rettungsdienstträger, mittelbar geht es aber um die Kosten- und Ertragslage der Durchfiihrungsbeauftragten, also ganz überwiegend der Hilfsorganisationen. 172 Diesen muß auch klar sein, daß sie um so mehr vor Konkurrenz geschützt sind, je schlechter sie wirtschaften, je ungünstiger sich ihre Kosten- und Ertragslage darstellt. 173 In der Konsequenz bietet eine objektive Zulassungsschranke, deren Höhe an die wirtschaftliche Situation der zu Schützenden gekoppelt ist, Anreize zum Kostenschaffen statt zum Sparen. Höhere Kosten und niedrigere Erträge schaden den Durchfiihrungsbeauftragten auch kaum, weil die Investitionskosten von der öffentlichen Hand l74 und die Betriebskosten, die sich in Gebühren oder privatrechtlichen
170 Kirchner (Anm. 46) S. 606; ähnlich Landesregierung Hessen, in: LT-Drs. Hessen 12/2795 S. 3. 171 Die in Anm. 160 Genannten. 172 Vgl. BayVGH, Urt. vom 23. Nov. 1994 - 4 B 93.35544 - (unveröffentlicht) S. 7 f., der von einer tatsächlichen Betroffenheit spricht, aber im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 2 VwGO eine rechtliche Betroffenheit verneint. A. A. Ruthig, Konkurrentenrechtsschutz im Rettungsdienstwesen, in: BayVBI 1994,393 [399 f.]. 173 Vgl. Dalhoff/Rau (Anm. 146) S. 155. 174 § 26 RDG BW; Art. 23 BayRDG; § 20 RDG BIn; § 10 BbgRettG; §§ 6 Abs.2 Satz 2, 13 Abs. 1 BremRettG; §§ 10, 11 HessRDG; §§ 10, 11 RDG M-V; §§ 14-16 Nds-
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Entgelten äußern, von den Gesetzlichen Kranken- bzw. Unfallversicherungen nach den Regelungen der Sozialgesetzbücher V und VII getragen werden. Auf die Höhe der Gebühren 175 haben die Krankenkassen keinen Einfluß. Sie werden mit Billigung des § 133 Abs. 1 S. 1 SGB V ("Soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt") allein von den Ländern, d. h. von den Kommunen festgesetzt. 176 Wo die Rettungsdienstgesetze im Konzessionssystem Vereinbarungen mit den Gesetzlichen Krankenversicherungen vorsehen, ist fUr den Konfliktfall regelmäßig ein Gebührenfestsetzungsrecht der Rettungsdienstträger vorgesehen 177, welches beispielsweise in Hessen im Jahre 1994 in über 70 % der Rettungsdienstbereiche zur Anwendung gekommen ist 178 • Ein weiteres Beispiel dafUr, daß mehr Wettbewerb eher zu niedrigeren Kosten fiihrt, können Bayern und seine Landeshauptstadt München abgeben. Hier wird nämlich beklagt, daß die Spruchpraxis der Gerichte zu einer Überschwemmung des Marktes mit privaten Krankentransporteuren geftlhrt habe 179, also reger Wettbewerb herrscht. Andererseits stellen Gerichte 180 und sogar verbandspolitische Stellungnahmen 181 zunehmend positive Salden im öffentlichen
RettDG; § 15 RettG NW; §§ 11, 12 RettDG RhPf; §§ 9, 10 SaarRettG; §§ 26, 27 SächsRettDG; §§ 20, 21 RDG-LSA; § 8 RDG SH; § 12 TH RDG. 175 § 20 RDG BIn; § JO Abs. 2 BbgRettG; § 13 Abs. I BremRettG; § I GebO der Feuerwehr LV.m. § 2 Abs. I HmbGebG i.V.m. § 3 Ab.s 1 lit. c HmbFeuerwehrG; § I1 Abs. I RDG M-V; § 15 Abs. 1 RettG NW; § 26 Abs. I SächsRettDG; § 20 Abs. 2 RDGLSA; § 8 Abs. I RDG SH. 176 Vgl. BVerwG, Beschl. vom 21. Mai 1996, in: NVwZ-RR 1997, 436 [437]; und oben S. 55 ff. 177 Vgl. oben 58 ff. 178 LT-Drs. Hessen 13/6652 Anlage I. 179 Jakob, Muß die VorrangsteJlung der Hilfsorganisationen in der NotfaJlrettung einem freien Rettungsdienst weichen?, in: Leben retten 1995, 143 [144]; Oehler (Anm. 43) S. 558; 180 Salden der Einnahmen und Ausgaben im öffentlichen Rettungsdienst Bayerns: Tabelle 5 Salden im öffentlichen Rettungsdienst Bayerns Rettungsdienstbereich Land Bayern München gesamt 1991 -11.475.700 DM + 2.949.700 DM 1992 + 5.033.700 DM - 8.172.200 DM 1993 + 7.200.700 DM + 7.954.600 DM Quelle: BayVGH, Besehl. vom 8. März 1995, in: BayVBl. 1995,470 [471].
Sehnelzer, Ist die Rettung rur den Bayerischen Rettungsdienst im letzten Moment gelungen?, in: Rettungsdienst 1997, 760 [761]; Präsidium des Bayerischen Roten Kreuzes, Sicherung oder Zerschlagung des Rettungsdienstes in Bayern?, in: Leben retten 1997, 12. 181
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Rettungsdienst bei konsolidierten Kosten tUr die Patienten bzw. Krankenversicherungen fest. Diese Entwicklung spricht datUr, daß zur Erreichung der angestrebten Kostensenkung bzw. -stabilisierung mittel- und langfristig eher ein offener Wettbewerbsmarkt als ein abgeschottetes, staatlich dirigiertes System geeignet ist. 182 Zu bedenken ist, daß wirtschaftspolitische Maßnahmen wie Berufszugangsregelungen in ihrer Wirksamkeit immer umstritten sind. Ohne argumentativen Vorsprung kommt der Gesetzgeber nicht aus. Es ist folglich anzuerkennen, daß die Eignung einer Maßnahme auf diesem Gebiet nur einer Vertretbarkeitskontrolle unterliegtl83. Eignung wird immer schon dann angenommen, wenn der gewünschte Erfolg durch die Maßnahmen "gefördert werden kann,,184 bzw. wenn sie nicht "offensichtlich fehlsam oder schon als solche mit der Wertordnung des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren ist".185 Die Prüfung der Geeignetheit ist damit der Ort der vieldiskutierten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers bei Eingriffen in die Berufsfreiheit l86, 187, ohne die sich jede Wirtschaftspolitik letzten Endes auf das Bundesverfassungsgericht verlagern müßte. Hiermit ist allerdings noch kein Votum über die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte im Einzelfall abgegeben. 188 Allerdings ist mit Hufen l89 daran zu erinnern, daß die Einschätzungsprärogative nur einen Argumentationsvorsprung gewährt. Erweist sich ex post die Prognose als fehlsam, kann ein ursprünglich hinnehmbares Gesetz nachträglich
182 Die Geeignetheit zweifelt auch an: OVG Münster, Beschl. vom 26. März 1996, in: NZV 1996,335; OVG Münster, Beschl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVBI 1995,26 [28] "BedürfuispTÜfung kann im Zusammenhang der Kostenstruktur auch Nachteile haben". 183 Für Art. 12 Abs. 1 GG: Schneider, Freiheit des Berufs - Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1985), I [37). 184 BVerfG, Beschl. vom 18. Dez. 1968, E25, I [17]-Mühlengesetz-; BVerfG, Beschl. vom 14. März 1980, E 80, I [24 f.] - Multiple-Choice-PTÜfungen-. 185 BVerfG, Urt. vom 23. Jan. 1990, E 81,156 [192]. 186 Dazu Scholz, in: MaunzJDürig (Anm. 51), Art. 12 Rn. 321 mit Nachweisen von Rechtsprechung und Literatur. 187 Zum Streit um die bestehende oder nicht bestehende Ermittlungspflichten des Parlaments siehe einerseits: BVerfG, Beschl. vom 19. März 1975, E 39, 210 [226] - Mühlenstrukturgesetz-; BVerfG, Urt. vom 15. Dez. 1983, E 65, I [55] - Volkszählung-; BVerfG, Urt. vom 28. Mai 1993, E 88, 203 [310 f.] - Abtreibung -; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 3 Halbb.2, München 1994, § 91 IV 3a (S. 1354). Andererseits: Gusy, Das Grundgesetz als normative Gesetzgebungslehre?, in: ZRP 1985,291 [297 f.]; Sch/aich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefiige der Staatsfunktionen, in: VVDStRL 29 (1981),99 [108]. 188 Siehe unten S. 222. 189 Hufen (Anm. 48) S. 2919.
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
verfassungswidrig werden. 190 Für die mittlerweile durchschnittlich fiinf Jahre alten Rettungsdienstgesetze bedeutet dies, daß es den Gesetzgebern unbenommen blieb, die objektive Berufswahlschranke als geeignetes Instrument zur Sicherung der Funktionsfähigkeit respektive Finanzierbarkeit des öffentlichen Rettungsdienstes einzusetzen. Mittlerweile dürfte allerdings der zeitliche Argumentationsvorsprung aufgezehrt sein. Anband von aussagekräftigem bundesund landesweitem Zahlenmaterial zur Wirtschaftlichkeit von öffentlichem Rettungsdienst und privaten Krankentransporteuren müßte die fortdauernde Gültigkeit der gesetzgeberischen Prognose entgegen den soeben aufgezeigten anderslautenden Einwänden dargelegt werden. Es gibt zwar Erhebungen zur fachlichen Leistungsfähigkeit des öffentliche Rettungsdienstes, d. h. zu Einsatzanlässen, Flächendeckungsgrad oder Reaktionszeiten. Diese sind im Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr, den der Bundesminister fiir Verkehr alle zwei Jahre vorlegt, zusammengefaßt. 191 Auch gibt es beim KraftfahrtBundesamt Erhebungen über die Anzahl von Krankenkraftwagen in den einzelnen Haltergruppen (= Wirtschafts- und Gewerbezweige) und die Erteilung von Erlaubnissen zum Führen von Krankenkraftwagen (§ 15 e Abs. 1 Nr.8 StVZO).192 Aber nirgends werden Angaben zur wirtschaftlichen Situation veröffentlicht. Die brauchbarste Zusammenstellung leistet noch das nordrheinwestfälische Landesamt fiir Datenverarbeitung und Statistik, das die Einsätze (allerdings nur) des öffentlichen Rettungsdienstes nach Notfallrettung und Krankentransport sowie nach durchführender Organisation fiir jeden Rettungsdienstträger getrennt erfaßt. 193 Aber statistisch valide Daten zur ökonomischen Situation aller am Rettungswesen Beteiligten gibt es bislang nicht, und es besteht auch wenig Hoffnung, daß sie in absehbarer Zeit vorliegen werden. 194 Letztlich kann der Funktionsfähigkeitsklausel bei Zugrundelegung der großzügigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Fehlens von 190 BVerfG, Besch!. vom 6. Okt. 1987, E 77,84 [106] - ArbeitnehmeTÜberlassung-; BVerfG, Urt. vom 15. Dez. 1983, E 65, 1 [55] - Volkszählung - mit weiteren Nachweisen. 191 1994/95: BT-Drs. 13/4826; 1993/94: BT-Drs. 12/8835. 192 Kraftfahrt-Bundesamt, Statistische Mitteilungen, Reihe 2, Übersicht 45 Kategorie 3, Kusterdingen 1997 S. 224; Kraftfahrt-Bundesamt, Statistische Mitteilungen, Reihe 6, Gruppe F, Kusterdingen 1997 S. 68; 193 Landesamt rur Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen, Beiträge zur Statistik, Düsseldorf. 1988: Übersicht 43 (S. 143 ff.); 1989: Übersicht 43 (S. 143 ff); 1990: Übersicht 39 (S. 127 ff.); 1991: Übersicht 57 (S. 245 ff.); 1992: Übersicht 57 (S. 239 ff.); 1993: Übersicht 57 (S. 239 ff); 1994: Übersicht 57 (S. 237 ff.); 1995: Übersicht 57 (S. 239 ff.). 194 So die Auskünfte des Bundesministers rur Verkehr vom 27. Mai und 12. Sept. 1997, des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 2. Okt. 1997, der Bundesanstalt rur Straßenwesen (BASt), des Statistischen Bundesamtes und des Landesamtes rur Statistik und Datenverarbeitung des Landes Nordrhein-Westfalen jeweils vom 9. Oktober 1997 gegenüber dem Verfasser.
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aussagekräftigem Datenmaterial die Eignung nicht abgesprochen werden, das öffentliche Rettungswesen in der bestehenden Form zu schützen.
e) Erforderlichkeit der Funktionsschutzklausel
Das nur rudimentär überprUfbare gesetzgeberische Ermessen bei der Auswahl der geeigneten Maßnahme fmdet seine Grenze an ihrer Erforderlichkeit. Danach darf der Zweck nicht durch ein anderes Mittel erreicht werden können, das den Bürger weniger belastet. 195 "Erforderlich ist der Eingriff ... nur dann, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger ftihlbar einschränkendes Mittel fehlt"I96. Diese Anforderung ist gerade bei objektiven Berufswahlschranken in vollem Umfange nachprUfbar. 197 Vor jeder Einzelanalyse spricht gegen die Erforderlichkeit der objektiven Schranken, daß sich immer mehr private Unternehmer um eine Genehmigung ftir Notfallrettung und Krankentransport bemühen. Als gewerblich Tätige werden sie - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - begründete Gewinnerwartungen hegen. Diese Tatsache weist darauf hin, daß das Rettungswesen an sich kein defizitärer Sektor sein muß, der eines besonderen Schutzes bedarf. Diese Einschätzung deckt sich mit Beobachtungen in ähnlich gelagerten Konstellationen. Gegen die Erforderlichkeit von Bedürfnis- oder Verträglichkeitsklausein spricht das Beispiel einiger Städte, die im Taxenverkehr die rettungsdienstliche Vorbildnorm des § 13 Abs. 4 PBefG überhaupt nicht mehr anwenden. 198 Es wird jedem Zulassungsantrag stillschweigend stattgegeben. Trotzdem zeichnet sich dort ebensowenig eine Existenzkrise des Droschkengewerbes ab wie im Apothekenwesen nach dem Apothekenurteil. 199
195 BVerfG, Besch!. vom 16. Feb. 1971, E 30, 292 [316] - Erdölbevorratung -; BVerfG, Besch!. vom 12. März 1985, E 69, 209 [218] - Zulassung zur Steuerberaterprüfung-. 196 BVerfG, Besch!. vom 14. März 1989, E 80, 1 [30] - Multiple-Choice-. 197 Vg!. Ehlers (Anm. 92) Rn. 659 zu § 13 Abs. 4 PBefG; Hufen (Anm. 48) S. 2919. 198 Eine empirische Untersuchung des Arguments des "drohenden Marktversagens" unternimmt Bardarsky (Anm. 22), der zu dem Ergebnis kommt, daß weder in den deregulierten deutschen Städten (S. 18~20l) noch in den USA (S. 201-210) der Wegfall der objektiven Zulassungsschranke zu einem Zusammenbruch des Taxengewerbes geführt hat. 199 Z. B. Hamburg, Berlin, Regensburg. vgl. auch Fromm, Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, in: NVwZ 1992,536 [541]; Koenig, Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, Berlin 1994, S. 129
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
aa) Sicherstellungspflicht des Staates Ein naheliegender, weil allein aus dem Gesetzestext ableitbarer Einwand gegen die Erforderlichkeit der Funktionsschutzklausel ist die durch die Rettungsdienstgesetze statuierte Sicherstellungsverpflichtung des Staates filr den öffentlichen Rettungsdienst. Die Träger müssen dafilr sorgen, daß die Versorgung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransports in ihrem Rettungsdienstbereich im Rahmen der gesetzlichen Hilfsfristen jederzeit gewährleistet ist. Auf Rentabilitätserwägungen kommt es hierbei nicht an. Zwar verlangen einige Rettungsdienstgesetze sozial tragbare BenutzungsentgeIte 2OO , dieser Begriff allein taugt zur Einschränkung der Berufsfreiheit aber wenig, weil Kostensenkung durch Konkurrenzverhinderung nicht der einzige und zwingende Weg zur Erreichung dieses Ziels ist. Da der Staat beim Ausscheiden der Hilfsorganisationen aus dem öffentlichen Rettungsdienst gezwungen wäre, diesen durch Einsatz eigener Infrastruktur oder Beauftragung von gewerblichen Krankentransporteuren durchzuführen, kann der Fall, daß Gebiete überhaupt nicht mit rettungsdienstlichen Leistungen versorgt werden, schon von der Gesetzeslage her nicht eintreten. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Taxenwesen. Dort besteht keine staatliche Sicherstellungsverpflichtung, so daß das Aufhören von jeglichem Taxiverkehr (wegen ruinöser Konkurrenz) jedenfalls theoretisch möglich ist. Im Rettungswesen besteht aber nicht einmal diese theoretische Gefahr.
bb) Einsatz von Steuermitteln Als die Berufsfreiheit weniger intensiv beeinträchtigendes, aber gleichermaßen zur Stabilisierung der Finanzen geeignetes Mittel stünde die Finanzierung durch Steuern zur Verfügung. Da der Rettungsdienst, jedenfalls die Notfallrettung, eine öffentliche Aufgabe 20l wie etwa die Polizei ist, läge diese Art der Finanzierung nahe. Dabei wäre einschränkend zu bedenken, daß die Steuermittel erst eingesetzt werden müßten, wenn die Verträglichkeitsschwelle der Ertragseinbußen überschritten ist und in eine nachweisbare Beeinträchtigung, d. h. in Ruingefahr umschlägt. Mit anderen Worten: da, wo nach den Rettungsdienstgesetzen wegen der Ertrags- und Kostenlage die Genehmigung versagt werden muß, griffe die bei anderen öffentlichen Aufgaben übliche Steuerfinanzierung ein. Auf Kosten des Einsatzes von Steuermitteln wäre also die objektive Berufswahlschranke entbehrlich. 202
201
§ I Abs. I RDG BW; § I Abs. I HessRDG; § I Abs. I RDG M-V. S. oben S. 61 ff.
202
Auch dies wäre im Taxenwesen nicht möglich.
200
IV. Genehmigungspflieht und Berufsfreiheit
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Eine vergleichbare Situation hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß zum Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) zu beurteilen. 203 Dort ging es um objektive Berufswahlschranken in Form von Kontingentierungen des Güterfernverkehrs zur "Erhaltung des Bestandes, der Funktionsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn".204 Letztlich gerechtfertigt wurde diese Beschränkung damit, daß ein weiterer Ertragsrückgang bei der Deutschen Bundesbahn "staatliche Subventionen in einer Höhe erforderlich machen würde, die nur unter Vernachlässigung anderer wichtiger Staatsaufgaben aufrechtzuerhalten wären". 205 Zu kritisieren ist hieran, daß die genannten "wichtigen Staatsaufgaben" ihrerseits die zur Einschränkung des Art. 12 Abs. I GG erforderliche höchste Wertigkeit besitzen müßten, was aber nicht dargelegt wird. Das Bundesverfassungsgericht prüft hier jedoch nicht weiter, sondern überläßt es offenbar dem Gesetzgeber, abschließend über die Verwendung von Steuermitteln zu befinden. Im Ergebnis räumt es dem Gesetzgeber an dieser Stelle einen nicht weiter überprütbaren Handlungs- und Entscheidungsspielraum ein. Wenn auch die Grundsätze, die zum Güterkraftverkehrsgesetz entwickelt worden sind, wegen des zukünftigen Wegfalls der Kontingentierungen zum 1. Juli 1998206 an Bedeutung einbüßen, wird deutlich, daß der Einsatz von Steuermitteln im Verständnis des Bundesverfassungsgerichts keine mildere Alternativmaßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit einer Einrichtung darstellt. Die Landesgesetzgeber auf die Verwendung von allgemeinen HaushaltsmitteIn zugunsten des öffentlichen Rettungsdienstes als mildere Maßnahme zu verweisen, ist damit nicht möglich.
cc) Kapazitätsabbau als Forderung des Subsidiaritätsprinzips Eine weitere Möglichkeit, das finanzielle Gleichgewicht der Kostenträger des öffentlichen Rettungsdienstes zu stabilisieren, ist die Senkung von Kosten. Neben der strikteren Anwendung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeie07 kommt vor allem ein "maßvoller Kapazitätsabbau" in Frage. 208
203 BVerfG, Besehl. v. 14. Okt. 1975, E 40, 196 ff. - Güterkraftverkehrsgesetz -. 204 BVerfG, Besehl. v. 14. Okt. 1975, E 40, 196 [218] - Güterkraftverkehrsgesetz -. 205 BVerfG, Besehl. v. 14. Okt. 1975, E 40, 196 [220] - Güterkraftverkehrsgesetz -. 206 Kabinettsbesehluß zur Reform des Güterkraftverkehrsgesetzes, mitgeteilt in: NJW
1997, Heft 36 S. XLI. 207 Art. 20 Abs. 1 S. 4 BayRDG; § 21 Abs. 1 S. 2 RDG BIn; § 13 Abs. 3 S. 2 BremRettG; § 11 Abs.2 S. 1 HessRDG; § 11 Abs. 1 S. 1 RDG M-V; § 15 Abs. 1 S.4 13 Schulte
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§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Nach Ansicht des VGH Baden-Württemberg muß der "öffentlich-rechtlich organisierte Rettungsdienst Einschränkungen bezüglich seiner bislang vorgehaltenen Rettungsmittel jedenfalls insoweit hinnehmen, als diese noch verträglich sind, also seine Funktionsfiihigkeit nicht erheblich beeinträchtigen,,209. Fraglos gilt die Pflicht zum Kapazitätsabbau in den Rettungsdienstbereichen, die ihren Bestand an Rettungsmitteln und Personal über das hinaus ausgebaut haben, was filr einen "bedarfsgerechten,,210 Rettungsdienst unbedingt erforderlich ist. Jedenfalls ist das, was zwar wünschenswert, aber nicht unbedingt bedarfsnotwendig ist 2ll , nicht von der Funktionsschutzklausel erfaßt und darf bei der Berechnung der Ertrags- und Kostenlage nicht berücksichtigt werden. Die Frage ist jedoch, ob die Pflicht zum möglichst milden Eingriff in das Berufsgrundrecht einen weitergehenden Kapazitätsabbau fordert. Der VGH Baden-Württemberg, der dieses zumindest grundsätzlich verlange 12, wendet damit das Subsidiaritätsprinzip an, ohne es allerdings beim Namen zu nennen. 213 Nach der hier vertretenen Konzeption ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung eines (Freiheits-) Grundrechts in der Tat der Ort, wo das Subsidiaritätsprinzip seine Wirkkraft entfalten kann. 214 Das Subsidiaritätsprinzip kann hier der staatlichen Kompetenzaktualisierung besondere Grenzen setzen, um das betroffene Grundrecht möglichst gut zur Entfaltung zu bringen. Diesen Gedanken konsequent weitergefilhrt, müßte man dazu kommen, daß überall dort, wo private Unternehmen dauerhaft rettungsdienstliche Leistungen anbieten, der Staat sich auf seine (Reserve-)Sicherstellungsfunktion zurückziehen müßte. Eine solche Forderung ginge allerdings sehr weit, würde bei strikter und sofortiger Umsetzung die Konzeption des Rettungsdienstes torpedieren und die öffentliche Hand mit jeder Berufsaufnahme eines Privaten zu Anpassungsmaßnahmen zwingen.
NdsRettDG; § 12 Abs. 1 S.2 RettDG RhPf; § 10 Abs.2 S.2 SaarRettG; § 26 Abs.2 S. 1 SächsRettDG; § 20 Abs. 2 S. 2 RDG-LSA. 208 VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 21. Feb. 1997, in: DÖV 1997,694 [695]. 209 VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 22.0kt. 1996, in: GewArch 1997, 251 [252]; a.A. wohl OVG Münster, Beschl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVB11995, 26 [28]. 210 § 1 Abs. 1 RDG BW; § 2 Abs. 1 RDG BIn; § 3 Abs. 1 S. 2 BremRettG; § 6 Abs. 2 S.I HmbRDG; § 2 Abs.1 HessRDG; § 6 Abs.1 RDG M-V; § 2 Abs.1 S.I NdsRettDG; § 6 Abs. 1 S. 1 RettG NW; § 2 Abs. 1 S. 2 RettDG RhPf; § 2 Abs. 1 SaarRettG; § 2 Abs. 1 SächsRettDG; § 2 Abs. 1 S. I RDG-LSA; § 6 Abs. 1 S. 1 RDG SH; § 6 Abs. 1 S. 1 TH RDG. 211 LT-Drs. Hessen 12/4271 stellt fest, daß häufig mehr Fahrzeuge vorgehalten werden als zur bedarfsgerechten Versorgung notwendig sind. 212 VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 21. Feb. 1997, in: DÖV 1997,694 [695]; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 22. Okt. 1996, in: GewArch 1997,251 [252]. 213 Das tut jedoch Bayern in LT-Drs. Bayern 11116437 Begründung zu Art. 19 Anm. 2 (S. 19): "Der allgemeine Subsidiaritätsgrundsatz, der vom grundsätzlichen Vorrang von privater vor staatlicher Aufgabenerfiillung ausgeht, ist ... zu beachten". 214 Siehe oben 81 ff.
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
195
Das Subsidiaritätsprinzip in Verbindung mit Art. 12 Abs. I GG kann im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung jedoch zu einer verfassungskonformen Auslegung des Begriffes der "flächendeckenden Sicherstellung" fUhren. Wenn private Unternehmen Genehmigungen fiir ganze Rettungsdienstbereiche beantragen, bestehende verlängern oder erweitern wollen, können sie fiir ihr Gebiet eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen bieten. Einer dem öffentlichen Rettungsdienst entsprechenden Betriebs- und Einsatz-lLeistungspflicht unterliegen sie ohnehin bzw. können ihr unterworfen werden. 2I5 , 216 Wenn sie darüber hinaus alle subjektiven Voraussetzungen ertUllen und zudem die Gewähr fiir Dauerhaftigkeit bieten, kann der Rettungsdienstträger die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung auch durch die Erteilung von Genehmigungen (und die damit verbundenen Verpflichtungen) sicherstellen. Diese Auslegung läßt auch der Wortsinn von "sicherstellen" zu. Denn "sicherstellen" bedeutet nicht, die Aufgabe stets selbst oder durch Beauftragte durchzufilhren; andernfalls hätte der Gesetzgeber etwa formuliert "der Träger filhrt den Rettungsdienst selbst oder durch Dritte durch". Sicherstellen bedeutet vielmehr nur, dafilr Sorge zu tragen, daß die Aufgabe erfiillt wird, also die Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransports versorgt wird - von wem auch immer. Es ist allerdings selbstverständlich, daß dieser Rückzugsprozeß wegen der betroffenen Rechtsgüter Dritter nur vorsichtig und sukzessive erfolgen kann.
dd) Rettungsdienst als Einheit von Krankentransport und Notfallrettung Sucht man nach gleichermaßen geeigneten, aber milderen Mitteln um den öffentlichen Rettungsdienst zu schützen, ist zunächst zu fragen, ob das, was mit diesem Begriff erfaßt wird, auch als Ganzes schutzwürdig ist. Es ist also zunächst das einfachgesetzliche Verständnis des Schutzobjekts "öffentlicher Rettungsdienst" offenzulegen.
215 §§ 34, 24 RDG BW; Art. 14, 15 BayRDG; §§ 16, 17 RDG BIn; § 17 Abs.4 BremRettG; §§ 18, 19 HmbRDG; §§ 23, 24 HessRDG; §§ 25, 26 RDG M-V; § 25 NdsRettDG; § 23 RettG NW; §§ 24,25 RettDG RhPf; §§ 19, 20 SaarRettG; §§ 21, 22 SächsRettDG; § 18 Abs. 1 NT. 1 RDG-LSA; §§ 17,18 RDG SH; §§ 17, 18 TH RDG. 216 Die Betriebspflicht der außerhalb der Sicherstellungsgarantie arbeitenden Anbieter gibt Anlaß zu Bedenken. Während sie bei der Notfallrettung aufgrund der unmittelbaren Lebensgefahr gerechtfertigt erscheint, trifft dies auf den Krankentransport nicht zu. Jedenfalls kann die Amtliche Begründung nicht überzeugen, daß auch die reinen Krankentransporteure "im öffentlichen Interesse" ihren "Versorgungsbeitrag" zu leisten hätten. So aber LT-Drs. Baden-Württemberg 10/5817 S. 36; LT-Drs. Bayern 11/16437 S. 17; LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 56. "Gleiche Rahmenbedingungen" gibt als Grund an LT-Drs. Berlin 12/2881 S. 8.
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
196
Für dieses Schutzobjekt betonen alle Rettungsdienstgesetze, daß mit Rettungsdienst die Einheit von Notfallrettung und Krankentransport gemeint sei. Manche Ländern definieren den Rettungsdienst schlicht als "Notfallrettung und Krankentransport,,217. Andere haben offenbar die Gefahr dieses weiten Begriffs verständnisses und der damit einhergehenden erheblichen Beschneidung des Berufsgrundrechts früh erkannt und setzen hinzu, daß Notfallrettung und Krankentransport eine "medizinisch-organisatorische" oder wie Niedersachsen freimütig beifiigt "wirtschaftliche,,218 "Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr,,219 bilden. Allein die Tatsache, daß so viele Landesgesetzgeber die Verklammerung von Notfallrettung und Krankentransport im öffentlichen Rettungsdienst fiir im Gesetz erläuterungsbedürftig halten, ist ein Indiz dafiir, daß dieses Verständnis nicht zwingend ist. Das einfachgesetzliche Begriffsverständnis muß sich jedoch am Verfassungsmaßstab messen lassen. Als das Berufsgrundrecht weniger beschneidende Eingriffsmöglichkeit kommt nämlich eine getrennte Betrachtung von Notfallrettung und Krankentransport in Frage. Zu differenzieren wäre nach öffentlich durchgefiihrter Notfallrettung und öffentlich durchgefiihrtem Krankentransport. Auf eine solche Differenzierung weist auch das Einsatzaufkommen des öffentlichen Rettungsdienstes hin. Zwar gingen von 1985 bis 1995 die Krankentransporte von 71 % auf gut 60 % zurück, während die Notfalleinsätze von 29 % auf gut 39 % stiegen, aber die unkritischen Krankentransporte machen immer noch fast zwei Drittel aller Einsatzanlässe aus. 220 Die Statistik zeigt aber auch, daß 217 § 1 Abs. 1 RDG BW; Art. 18 Abs. 1 S. 1 BayRDG; § 2 Abs. 1 S. 1 RDG BIn; § I Abs.2 BbgRettG; § 2 Abs. 1 RDG M-V; § 2 Abs. 1 SaarRettG; § 2 Abs. 1 SächsRettDG; § 6 Abs. 1 S. 1 RDG SH. 218 § 2 Abs. 1 S. 1 NdsRettDG; ebenso LT-Drs. Hamburg 14/300 sub 1.1 (S. 8). 219 § 3 Abs. I S. 3 BremRettG; § 6 Abs. 2 S. I HmbRDG; § 2 Abs. 1 S. 2 HessRDG; § 6 Abs. I S. 2 RettG NW; § 2 Abs. I S. 2 RettDG RhPf; § 2 Abs. I S. I RDG-LSA; § 2 Abs. 2 TH RDG. 220 Die folgende Grafik zeigt die Tendenz zum Einsatz des qualifizierteren Rettungsmittels:
70,00% y-----o---c:I-----I~ 50,00% 30,00% ' - - -....---ef---~.-10,00%
+----+-----+---t------+---~
1985
1987 1 _______
1988/89
1990/91
1992/93
Notfallrettung -0-- Krankentransport
1994/95
I
Abb. 4: Enwicklung des Einsatzautkommens im öffentlichen Rettungsdienst
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
197
der Trend - aus welchen Gründen auch immer - zur Notfallrettung geht, d. h., die reinen Vorhalteaufwendungen filr sie mit der Zeit immer (relativ) geringer werden. Ob die einfachgesetzlich postulierte Einheit von Notfallrettung und Krankentransport zwingend geboten ist, haben sich auch mit diesem Gegenstand befaßte Gerichte gefragt: allen voran das Bundesverwaltungsgericht, das eine Berufswahleinschränkung filr den Bereich der Notfallrettung ohne weitere Argumentation passieren läßt, ihre Notwendigkeit filr den Krankentransport bezweifelt, letztlich aber offen läßt. 221 Ähnliche Bedenken sind auch Obergerichten gekommen. So stellt das OVG Nordrhein-Westfalen fest, daß der Krankentransport auch selbständig und von der Notfallrettung unabhängig denkbar ist222 bzw. an der Funktionsschutzklausel zugunsten des Krankentransports nur "filr das ... Eilverfahren zunächst festzuhalten,,223 ist. Desgleichen ist das OVG Rheinland-Pfalz der Auffassung, daß "Rettungsdiense24 und Krankentransport einer unterschiedlichen Betrachtung zugänglich sind,,225. Im Ergebnis hat jedoch kein Gericht die Funktionsschutzklausel (auch) zugunsten des öffentlich durchgeführten Krankentransports als verfassungswidrig beanstandet bzw. in dem hier vorgeschlagenen Sinne restriktiv ausgelegt. Häufig war das allerdings auch nicht nötig, da dem Klagebegehren auf Genehmigungserteilung aus anderen Gründen entsprochen werden konnte. Die Erwägungen, die filr und gegen eine zwingende Einheit von Notfallrettung und Krankentransport im öffentlichen Rettungsdienst sprechen, sollen im folgenden offengelegt werden. Dabei ist stets zu berücksichtigen, daß es um eine objektive Berufswahlsperre geht, die rechtfertigenden Gründe also den hohen Anforderungen entsprechen müssen, die an einen solchen Eingriff gestellt werden.
(1) Medizinisch-organisatorische Gründe
An relativ leicht zu widerlegenden Argumenten wird vorgetragen: 226 1. Eine fehlende zentrale Rettungsleitstelle würde dazu fUhren, daß die VerträglichQuelle: Bundesminister }Ur Verkehr, Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1994/ 1995, abgedruckt in: BT-Drs. 13/4826 S. 47. 221 BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610). 222 OVG Münster, Beschl. vom 2. Aug. 1994, in: NWVB11995, 26 [27). 223 OVG Münster, Beschl. vom 26. März 1996, in: NZV 1996,335. 224 Gemeint ist Notfallrettung. 2250VG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 21. Feb. 1995 -7 A 12781194.0VG - (unveröffentlicht) S. 15. 226 Alle zusammengetragen bei Oehler (Anm. 43) S. 556 f.
198
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
keitsprüfung mangels relevanter Daten nicht mehr durchführbar sei - Abhilfe: Nachweis- und Statistikpflichten, wie sie bereits heute für Krankentransporteure außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes bestehen227 • 2. Wenn ein Krankentransport zum Notfall wird, kommt es zu Verzögerungen, da kein Funkkontakt zur Rettungsleitstelle besteht - Abhilfe: Ausstattung mit BOSMeterwellenfunk 228 , gegebenenfalls mit der Auflage, ihn nur im Notfall zu gebrauchen; Verpflichtung, ein Mobiltelefon mitzuführen. 3. Der Hilfesuchende muß möglicherweise eine Vielzahl von Einrichtungen anrufen - Abhilfe: Zusammenschluß zu einer gemeinsamen Zentrale (vgl. Funktaxizentralen), andererseits ist es beim zeitunkritischen Krankentransport zumutbar, einen leistungsbereiten Vertragspartner wie bei anderen (medizinischen) Dienstleistungen selbst zu suchen. Auch der pauschale Hinweis auf organisatorische229 Schwierigkeiten kann die Einheitlichkeit nicht begründen, denn Verwaltungsvereinfachung kann Grundrechtseingriffe niemals legitimieren. 23o Als eines der Hauptargumente für die zwingende Einheit von Krankentransport und Notfallrettung wird immer wieder vorgetragen, daß 8-10 % der Krankentransporte wegen einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten in Notfallrettungseinsätze umschlügen. 23I Eine neuere Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) belegt, daß in maximal 2 % der Krankentransporte so dramatische Verschlechterungen eintreten, daß von einern Notfallgeschehen gesprochen werden muß 232 • In quantitativer Hinsicht betrifft
227 § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 RDG BW; Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 BayRDG; § 14 Abs. 1 Nr.6 RDG BIn; § 5 Abs. 4 Nr. 5 BbgRettG; § 17 Abs. 4 Nr. 7 BremRettG; § 13 Abs. 2 Nr. 5 HmbRDG; § 15 Nr.8 HessRDG; § 17 Nr. 6 RDG M-V; § 24 Nr. 2 NdsRettDG; § 22 Abs. 4 Nr. 6 RettG NW; § 19 Abs. 1 Nr. 5 RettDG RhPf; § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SaarRettG; § 19 Abs. 1 Nr.4 SächsRettDG; § 18 Abs. 1 Nr.3 RDG-LSA; § 20 Abs. 3 TH RDG. 228 BOS = Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Kein Anspruch auf Genehmigung zum Betrieb von BOS-Funk rur private Unternehmen, die zwar Notfallrettung und Krankentransport betreiben, aber im Zivilschutz mitwirken: BVerwG, Besch\. vom 29. Aug. 1990, in: NVwZ-RR 1991,152 (L). Vg\. auch OVG Niedersachsen, Besch\. vom 19. Jan. 1988, in: NJW 1989, 1559 [1560]. 229 LT-Drs. Rheinland-Pfalz 11/4287 S. 32. 230 Winkler (Anm. 46) S. 903 f. 231 Gehler (Anm.43) S. 563 unter Berufung auf "viele Sachkenner"; derselbe (Anm.43) S.619; Jarass, Rettungsdienst und EG-Recht, Rechtsgutachten, Bochum 1990 (unveröffentlicht) S. 56. Die z.T. genannten 8-10 % gehen wohl zurück auf Bouillon u. a., Ansatzpunkte rur Forschungsarbeiten zum Rettungswesen, Projektgruppenberichte der Bundesanstalt rur Straßenwesen (BASt), Bereich Unfallforschung, Bericht 25, Bergisch-Gladbach 1986, S. 54 f. 232 Kühner/Thomas, Der Krankentransport als Aufgabe des Rettungsdienstes aus notfallmedizinischer Sicht, in: Biese u. a. (Hrsg), Handbuch des Rettungswesens, Hagen,
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dieses Argument also nur 2 von 100 Fällen, wobei man noch in Rechnung steIlen muß, daß gerade im Krankentransport vielfach wenig erfahrene Mitarbeiter oder Zivildienstleistende eingesetzt werden, die regelmäßig weit schneller als geübte Kräfte eine Notsituation annehmen. Doch selbst wenn man eine Quantität von etwa 2 % für ausreichend erachtet, verflingt dieses Argument zur Begründung der Einheit von Notfallrettung und Krankentransport nicht. Denn die (auch praktizierte) Maßnahme der Wahl in solchen Situationen ist es, anzuhalten, den Patienten mit den beiden das Fahrzeug besetzenden Assistenten so gut wie möglich zu behandeln und den Notarzt über Funk hinzuzuziehen. 233 Der durch das Einheitlichkeitsargument erweckte Eindruck, es könne regelmäßig aus dem Krankentransportfahrzeug sogleich ein Mittel der Notfallrettung werden, ist also unzutreffend. Der hinzugezogene Notarzt ist ebenso schnell bei einem organisationsangehörigen wie bei einem gewerblichen Krankentransportwagen. Ähnlich lautet der Einwand, daß im Einzelfall und "vor Ort" eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Notfallrettung und Krankentransport kaum möglich ist, die abstrakte Gefahr des Notfalls sich also jederzeit realisieren könne?34 Wenn dies zuträfe, wäre es jedoch unverantwortlich, überhaupt Patienten mit einfachen Krankentransportwagen (KTW) im Rahmen des Krankentransports zu befördern. Jeder Transport müßte hiernach mit Notarzt und Rettungswagen (RTW) gefahren werden. 235 Ein solches Vorgehen wird aber weder praktiziert noch gefordert, noch erweist es sich nach den soeben genannten Erhebungen als notwendig. Eine Unterscheidung zwischen Einsätzen für die Notfallrettung und den Krankentransport ist regelmäßig sehr gut möglich. Nur in unklaren Zweifelsfällen muß zur Sicherheit auf das qualifiziertere Rettungsmittel zurückgegriffen werden. Mit Nachdruck spricht gegen die zwingende Einheit von Notfallrettung und Krankentransport im öffentlichen Rettungsdienst die Situation in den Ländern Berlin und Niedersachsen. 236 Hier sind Notfallrettung und Krankentransport unterschiedlich geregelt. Während die Notfallrettung ausschließlich von der öffentlichen Hand durchgefilhrt wird, ist der Krankentransport organisatorisch davon getrennt und ganz überwiegend in privater Hand, wobei die Trennung in Berlin am deutlichsten ausfällt. Es ist jedoch nicht bekannt, daß die rettungs-
Loseblatt Stand 1995, A.1.7.0 S. 6,9; Kühner/Thomas, Der Krankentransport als Aufgabe des Rettungsdienstes, in: Leben retten 1991,55 [58,60]. 233 Kühner/Thomas (Anm. 232), in: Handbuch des Rettungswesens, A.1.7.0 S. 6. 234 LT-Drs. Baden-Württemberg 10/5817 S. 27; LT-Drs. Hamburg 14/300 S. 13; LTDrs. Hessen 12/7214 S. 29 und 12/4271 S. 39; LT-Drs. Saarland 10/1339 S. 2; Denninger (Anm. 97) S. 985. 235 BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610]. 236 V gl. oben S. 44 f.
200
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
dienstliche Versorgung in Berlin und Niedersachsen hinter der in anderen Ländern zurückbleibt. Die Übertragbarkeit dieser Erkenntnis auf andere Länder fällt besonders leicht, da mit Berlin ein Verdichtungsgebiet und mit Niedersachsen ein Flächenstaat repräsentiert ist. Berlin und Niedersachsen fUhren also praktisch vor Augen, daß die einfachgesetzlich postulierte Einheit von Krankentransport und Notfallrettung im öffentlichen Rettungsdienst aus medizinisch-organisatorischen Gründen keineswegs zwingend ist. Im Gegenteil läßt sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur öffentlichen Notfallrettung in Berlin237 entnehmen, daß das Gericht den besonderen Schutz der öffentlichen Notfallrettung deswegen unbeanstandet läßt, weil der Gesetzgeber den Krankentransport quasi als "Kompensationsgeschäft" den privatnützigen Unternehmern überlassen hat. 238 Schließlich ist es möglich, sich entweder nur um eine Genehmigung zum Krankentransport oder nur zur Notfallrettung zu bewerben. Wäre es aus medizinischen Gründen zwingend geboten, beide Tätigkeiten in einer Hand zu vereinigen, dürfte es diese Möglichkeit nicht geben.
(2) Schutz der Notfallrettung
Als "Gesichtspunkte von Gewicht" und entscheidungserheblich hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zum brandenburgischen Rettungsdienstgesetz239 angesehen, daß "die funktionsgerechte Aufrechterhaltung der Notfallrettung zu tragbaren Kosten nur dann organisiert werden kann, wenn sich das vorgehaltene Personal und die Sachausstattung auch anderweitig einsetzen lassen,,24o. 241. Mit anderen Worten: Notfallrettungsmittel sollen aus finanziellen Gründen auch fiir einfache Krankentransporte eingesetzt werden dürfen. Dem kann jedoch aus folgenden Überlegungen heraus nicht zugestimmt werden. Die Notfallrettung muß flächendeckend und bedarfsgerecht ausgestal-
BVerwG, Urt. vom 3. Nov. 1994, in: NJW 1995,3067 [3068 f.]. In diesem Sinne LT-Drs. Berlin 12/2881 S. 7: "Das private Gewerbe ist in Berlin ... in den Krankentransport eingebunden, aber dafür wegen des ordnungsrechtlichen Charakters von der Notfallrettung ausgeschlossen". (Hervorhebung nur hier). 239 Den es entgegen der hier vertretenen Auffassung als Eingliederungssystem ansieht, vgl. oben S. 45 ff. 240 BVerwG, Urt. vom 26. Okt. 1995, in: NJW 1996,1608 [1610). 241 Hier macht sich das Bundesverwaltungsgericht stillschweigend die Argumentation des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu eigen, die dieser zur Übertragung von Notfallrettung und Krankentransport auf die Hilfsorganisationen im Rahmen des öffentlichen Rettungsdienstes entwickelt hat: BayVGH, Beschl. vom 20. Dez. 1988 - 4 CE 88.1946 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 111) Nr. 8429 S. 7. 237 238
IV. Genehmigungspflicht und Berufsfreiheit
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tet sein, d. h., innerhalb der jeweils vorgegebenen Hilfsfrist reagieren können. Bedarfsgerecht und damit von der Funktionsschutzklausel geschützt242 ist demzufolge genau die Gesamtheit an Personal und Sachausstattung, die diesen Anforderungen entspricht. Wird etwa ein Rettungswagen (= Rettungsmittel der Notfallrettung), der gerade frei ist, ftlr einen Krankentransport eingesetzt, steht er ftlr durchschnittlich I Stunde, in 5 % der Einsätze bis zu 2 Stunden243 der Notfallrettung nicht zur VerfUgung. In dieser Zeit kann der Rettungsdienst auf eingehende NotflUle nicht reagieren. Ist er dazu doch in der Lage, etwa aufgrund weiterer Rettungsmittel, sind diese nicht mehr bedarfsgerecht im Sinne der Notfallrettung, sondern gehen darüber hinaus. Wenn also tatsächlich nur die Menge an Personal und Sachmitteln vorgehalten wird, die zu einer bedarfsgerechten Notfallrettung erforderlich ist, sind Einsätze im Rahmen des Krankentransports zur Aufbesserung der fmanziellen Gesamtsituation nicht möglich. Das Argument der Doppelnutzung kann daher nicht überzeugen. Zutreffend erkennt das Bundesverwaltungsgericht allerdings, daß die objektive Berufswahlschranke nur durch eine Geflihrdung der Funktionsflihigkeit der Notfallrettung (und nicht des Krankentransports) zu rechtfertigen ist. Im Hinblick auf das verfolgte Ziel der finanziellen Stabilität formuliert der VGH Baden-Württemberg deutlich, daß die "finanziellen Einbußen ... auf den Kernbereich der Rettungstätigkeit, d. h. auf die ... Notfallrettung, durchschlagen,,244 müssen. Die hervorragende Bedeutung der Notfallrettung ergibt sich auch aus der gesetzlichen Regelung, daß sie dem Krankentransport stets vorgeht24s . Selbst wenn man die Subventionierung der Notfallrettung, die mit ihren hohen Fixkosten besonders teuer ist, durch Überschüsse aus dem Krankentransport anerkennen Will 246, fehlt es bislang an einem Nachweis daftir, daß die behaupteten Mechanismen tatsächlich Wirkung ftlr die Kostenträger zeigen. 247 Betrachtet man nämlich die Gesamtbelastung des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherungen ftlr den Fall der Nichterrichtung der objektiven ZulassungsVgl. oben S. 193. KühnerlThomas (Anm. 232), in: Handbuch des Rettungswesens, A.l. 7.0 S. 7; Puhan, Durchfiihrung von Krankentransporten im Rettungsdienst. Abschlußbericht zum Forschungsprojekt 7.8751/5 der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt); Karlsruhe 1990, S. 6. 244 VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 22.0kt. 1996, in: GewAreh 1997, 251 [252]; VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 21. Feb. 1997, in: DÖV 1997,694 [695]. 245 § 24 Abs.2 RDG BW; Art. 15 Abs.3 BayRDG; § 3 Abs.3 BremRettG; § 3 Abs.3 HmbRDG; § 24 Abs. 4 HessRDG; § 2 Abs. 5 S. 1 RDG M-V; § 2 Abs. 3 RettG NW; § 25 Abs. 4 RettDG RhPf; § 20 Abs. 4 SaarRettG; § 22 Abs. 3 SächsRettDG; § 18 Abs. 3 TH RDG. 246 Das macht das Bundesverwaltungsgericht aber gerade nicht: BVerwG, Urt. vom 26.0kt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610]. 247 Klingshirn, Staatliche Verantwortung fiir die präklinische Versorgung der Bevölkerung, in: Leben retten 1994, 146 (149). 242
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schranken fUr den Krankentransport, erscheint es kaum möglich, eine solche Belastung mit der Sicherheit nachzuweisen, die das Bundesverfassungsgericht fiir Berufssperren fordert. Denn in einem abgeschotteten Markt mögen die Kosten der Notfallrettung zwar sinken, aber mangels wettbewerblicher Anreize werden die des Krankentransports erheblich steigen. Auf diesen Umstand weisen auch die schon zitierten Entscheidungen hin. Es wird moniert, daß "tatsächliche Feststellungen fehlen ... , ob und in welchem Ausmaß und mit welcher Wahrscheinlichkeit die allgemeine Zulassung privater Unternehmen ... die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienst im Lande beeinträchtigen wird,,248. Aus der Vielzahl der wegen mangelnder Tatsachenaufklärung zurückverweisender Entscheidungen und der fehlenden Aussicht auf Abhilfe 249 allein mag man ableiten, daß eine den Anforderungen des Art. 12 Abs. I GG genügende Beweisfilhrung bezüglich einer Kostenentlastung des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherungen nicht möglich ist. 250 Wenn dies zu weitgehend erscheint, muß man jedoch einräumen, daß, solange der erforderliche Nachweis nicht geftihrt ist, der Schutz des öffentlich durchgeftihrten Krankentransports zur (mittelbaren) Aufrechterhaltung der Notfallrettung nicht erforderlich ist. Zur Qualität des Nachweises, den behauptete Zusammenhänge errullen müssen, filhrte das Bundesverfassungsgericht bereits im Beschluß zum Droschkenverkehr aus251 : "Es genügt nicht, in allgemein gehaltenen Ausfilhrungen bei jeder Lockerung der objektiven Zulassungsvoraussetzungen ,Unordnung' und ,ruinöse Auswirkungen' ... vorauszusagen, ohne daß die kausalen Zusammenhänge im einzelnen ersichtlich wären. Es muß stets dargetan werden, welche konkreten Störungen ... mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden und ob ihnen nicht durch Ausübungsregeln oder subjektive Zulassungsvoraussetzungen mit Erfolg begegnet werden kann". Daß dieser Nachweis im Rettungswesen gegenwärtig kaum zu filhren ist, ergibt sich unter anderem aus einer Stellungnahme der Bundesregierung, die feststellt, daß das Kostenniveau im Rettungsdienst "unplausibel,,252 und von "ökonomisch nicht zu erklärenden Zusammenhängen,,253 bedingt ist, was zu einer
248 BVerwG, Urt. vom 26.0kt. 1995, in: NJW 1996, 1608 [1610]; ähnlich OVG Niedersachsen, in: NdsVBl 1995,41 [42]; OVG MUnster, Besch\. vom 26. März 1996, in: NZV 1996, 335 (mit Verweis auf das BVerwG); VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 22. Okt. 1996, in: GewAreh 1997,251 [253 f]. 249 Siehe oben S. 190. 250 Ohne Berufung auf die Entscheidungen: Kirchner (Anm. 46) S. 610 f 251 BVerfG, Beseh\. vom 8. Juni 1960, EIl, 168 [185] - Personenbeförderungsgesetz-. 252 BT-Drs. 12/4997 S. 33. 253 BT-Drs. 12/4997 S. 34.
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"irrationalen Preisbildung,,254 fiUrrt. Zu diesem Ergebnis kam auch schon eine Studie aus dem Jahre 1978255 • Da die ökonomischen Zusammenhänge im Rettungsdienst zur Zeit nicht mit hinreichender Sicherheit zu beschreiben sind, kann auch die Behauptung, der Krankentransport sei zur fmanziellen Sicherung der Notfallrettung nötig, die zwingende Einheit dieser beiden Elemente nicht begründen.
f) Zusammenfassendes Ergebnis Legitimität und Eignung der Funktionsschutzklausel müssen angesichts der diesbezüglichen Weite des gesetzgeberischen Spielraums und dem letztlich rechtfertigenden (Fern-)Ziel des Lebens- und Gesundheitsschutzes anerkannt werden. Keine Zustimmung kann dagegen die umfassende Schutzwirkung erfahren, die der Begriff des öffentlichen Rettungsdienstes dadurch entfaltet, daß Notfallrettung und Krankentransport defmitorisch zu einer unauflöslichen Einheit verschmolzen werden. Vor dem das Berufsgrundrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann die objektive Berufswahlschranke mit Art. 12 Abs. 1 GG nur insoweit vereinbar angesehen werden, als sie sich auf die Notfallrettung erstreckt. Der öffentlich durchgefiihrte Krankentransport ist nicht in gleicher Weise wie die Notfallrettung schutzfiihig. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auf der Ebene der Erforderlichkeit auch besonders strikt zu handhaben, da durch das Zusammenwirken von Rechtslage und faktischer Situation die privat-gewerblichen Unternehmer besonders betroffen sind. In mehreren Ländern werden die Hilfsorganisationen bei der Beauftragung mit der DurchfiUrrung des öffentlichen Rettungsdienstes (unzulässig 256) rechtlich bevorzugt, in vielen anderen Ländern ist es faktisch ebenso. Dazu kommt, daß (mittelbar) zugunsten dieser Bevorzugten auch noch ein objektiver Konkurrenzschutz besteht. Um die Berufsfreiheit im Rettungswesen zu der ihr angemessenen Entfaltung kommen zu lassen, darf die Funktionsschutzklausel nicht auf den öffentlich durchgefiihrten Krankentransport erstreckt werden. Rettungsdienst im Sinne dieser Klauseln ist in verfassungsgemäß enger Auslegung demzufolge nur die öffentlich durchgefiihrte Notfallrettung. 257
254 Ebd. 255
Kühner/Walter, Organisation und Kosten des Rettungsdienstes, Köln 1981.
256 Siehe oben S. 104 ff. 257 Das Bundesverfassungsgericht hat bislang auch nur die Notfallrettung als beson-
ders schutzwürdig anerkannt, BVerfG (Vorprüfungsausschuß), Beschl. vom 18. Nov. 1985 - BvR 1462/83 - abgedruckt in: GerdelmanniKorbmanniKutter (Anm. 111) S. I.
204
§ 5 Neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Der Gang der Argumentation besteht verkürzt zusammengefaßt demnach aus folgenden Schritten: 1. Der Berufsfreiheit steht als maßgeblicher Gemeinwohlbelang die Funktionsfiihigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes gegenüber und nicht in erster Linie der (abstrakte) Schutz von Leben und Gesundheit. Denn auch wenn dieser hier thematisch sehr nahe liegt, kommt es auf die Mittel zur Zielerreichung an und nicht auf das Fernziel des Lebens- und Gesundheitsschutzes, das letztlich hinter aller Staatstätigkeit steht (andernfalls könnte der Staat jeden Grundrechtseingriff so rechtfertigen). [So 174-176] 2. Durch den mittelbar verfolgten Lebens- und Gesundheitsschutz ist auch die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut im Sinn der Drei-Stufen-Lehre. [So 211-214] 3. Funktionsfähigkeit bedeutet inhaltlich Finanzierbarkeit. [So 219 f.] 4. Angesichts der Großzügigkeit des BVerfG bei der Beurteilung der Geeignetheit, der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und der mangelhaften Tatsachenlage ist die Funktionsfähigkeitsklausel als geeignet zur Erhaltung der Finanzierbarkeit des Rettungsdienstes anzusehen. [So 187-191] 5. Allerdings kann die Erforderlichkeit der Funktionsschutzklausel nicht bejaht werden. Dafiir gibt es folgende Gründe: •
Immer mehr gewerbliche Unternehmen mit Gewinnabsicht wollen tätig werden. [So 191]
•
Der Staat ist sicherstellungsverpflichtet, so daß das Fall, daß bestimmte Gebiete überhaupt nicht mit NotfallrettunglKrankentransport versorgt werden, nicht eintreten kann. [So 192]
•
Weniger beeinträchtigendes Mittel gegenüber der Grundrechtseinschränkung wäre der Einsatz von Steuennitteln ab Überschreiten der zahlenmäßigen Verträglichkeitsschwelle von Anbietern. [So 192]
•
Das Subsidiaritätsprinzip verlangt im Rahmen der Erforderlichkeit einen sukzessiven Rückzug des Staates, solange sich so viele private Leistungsanbieter finden. [So 193-195]
•
Entscheidend (wenn man nicht den vorgenannten Argumenten allein oder kumuliert genügend Durchschlagskraft zumißt): der umfassende Schutz von Notfallrettung und Krankentransport ist bzgl. des Krankentransports zu weitgehend. Gründe: -
Es gibt keine zwingenden medizinisch-organisatorischen Gründe, beide Aufgaben als Einheit in einer Hand zu betreiben. [So 197-200]
IV. Genehmigungsptlicht und Berufsfreiheit
-
205
Eine Doppelnutzung von (lediglich) bedarfsgerecht vorgehaltenen Notfallrettungsmitteln scheidet aus. Ein Nachweis dafiir, daß fmanzieHe Einbußen auf den Kembereich der Notfallrettung durchschlagen, ist nicht so geführt, daß eine umfassende Berufswahlschranke zu rechtfertigen ist. [So 200-203]
§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht I. Praktische Relevanz Wie nahezu jedes wirtschaftsverwaltungsrechtliche Gebiet! weist auch das Rettungswesen Bezüge zum Europarecht auf. Die rechtliche oder faktische Bevorzugung bestimmter Leistungsanbieter bei der Durchfiihrungsbeauftragung und die objektiven Marktzutrittsbarrieren bei Notfallrettung und Krankentransport können namentlich gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 ff. EGV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 ff. EGV) verstoßen. Die praktische Relevanz dieser Fragen ist jedoch bislang sehr gering geblieben. In den zahlreichen Entscheidungen zum Rettungswesen wird das Europarecht nirgends auch nur gestreift. Auch in der spezifisch rettungsdienstlichen (mitteilenden) Literatur spielt die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen durch EG-Ausländer im Inland praktisch keine Rolle. 2 Ausländische Leistungserbringer haben offenbar den deutschen Rettungsdienstmarkt noch nicht entdeckt. Als mögliche räumliche Anwendungsregionen des EG-Rechts, die auch Keimzellen fiir Weiterungen sein können, kommen daher zur Zeit nur die der EG-Binnengrenzen Deutschlands zu Frankreich, Österreich, Dänemark und den Benelux-Staaten in Betracht. Im Hinblick auf eine möglicherweise wachsende künftige Bedeutung des Europarechts fiir das Rettungswesen sollen die Probleme, die jetzt bereits absehbar sind, an den in Frage kommenden unmittelbar geltenden3 Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit abgearbeitet werden, die insofern die Kernnormen bilden. 4
I V gl. Ehlers, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht im europäischen Binnenmarkt, in: NVwZ 1990,810. 2 Auch KochiKuschinsky, Der Rettungsdienst in Deutschland und potentielle Auswirkungen des EG-Binnenmarktes auf den Rettungsdienst/die präklinische Notfallversorgung, in: Leben retten 1992, 160 [165 ff.] vermögen keine Anwendungsbeispiele zu nennen. 3 Zur Dienstieistungsfreiheit: EuGH, Urt. vom 18. Jan. 1979, verb. Rs. 110 und 111178 (Ministere Public und Chambre Syndicale des Agents artistiques et impresarii de Belgique, ASBLlWilly van Wesmael u. a.), Sig 1979,35 [Rn. 26]; Zur Niederlassungsfreiheit: EuGH, Urt. vom 21. Juni 1974, Rs. 2174 (Reyners/Belgien), Sig 1974, 631 [Rn. 32]. 4 Als andere Vorschriften kommen noch in Frage: Art. 37, 48 ff., Art. 85, 86 EGV.
11. Gemeinsame Anwendungsvoraussetzungen
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11. Gemeinsame Anwendungsvoraussetzungen 1. Grenzüberschreitender Sachverhalt Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit sind beide nur dann einschlägig, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Gibt es "keinerlei über den rein innerstaatlichen Rahmen hinausweisende Gesichtspunkte,,5, ist das europäische Recht grundsätzlich nicht anwendbar. Die folgenden Erörterungen setzen solche Anknüpfungspunkte voraus. Angesichts der bislang noch fehlenden praktischen Beispiele wird von zwei Modellsituationen ausgegangen. Erstens von einem Anbieter des EG-Auslands, der sich in Deutschland niederlassen und entweder am öffentlichen Rettungsdienst beteiligt werden oder neben diesem Notfallrettung und Krankentransport offerieren will. Zweitens von dem EG-Ausländer, der - vorzugsweise im Grenzgebiet - Notfallrettung bzw. Krankentransport grenzüberschreitend durchfUhren will.
2. Kein Verkehr im Sinne der Art. 74 ff. EGV Die Vorschriften über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sind nur anwendbar, wenn die Art. 74-84 EGV im Rettungswesen nicht vorgängig sind. Nach Art. 84 Abs. 1 EGV gilt der fragliche Titel unter anderem nämlich für den Straßenverkehr. Für die Dienstleistungsfreiheit legt Art. 61 Abs. 1 EGV den Vorrang der speziellen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften ausdrücklich fest 6 • Für die Niederlassungsfreiheit besteht keine solche generelle Einschränkung; sie kann damit als "allgemeine Bestimmung des Vertrages" Geltung beanspruchen. 7
5 Zu Art. 52 EGV EuGH, Urt. vom 20. Apr. 1988, Rs.204/87 (Guy Bekaert), Sig 1988,2029 [Rn. 12]. Zu Art. 59 EGV EuGH, Urt. vom 18. März 1980 (Debauve), Sig 1980,833 [Rn. 9]; EuGH, Urt vom 8. Dez. 1987, Rs. 20/87 (Gauchard), Sig 1987,4879 [Rn. 12]; Ehlers (Anm. 1) S. 812; König, Das Problem der Inländerdiskriminierung Abschied von Reinheitsgebot, Nachtbackverbot und Meisterprüfung, in: AöR 118 (1993), S.591 [597 f.]; Schweitzer/Hummer, Europarecht, 5. Auflage, Neuwied usw. 1997, Rn. 1173. 6 EuGH, Urt. vom 22. Mai 1985, Rs. 13/83 (Europäisches PariamentIRat), Sig 1985, 1513 [Rn. 62]; EuGH, Urt. vom 13. Dez. 1989, Rs.49/89 (Corsica FerrieslDirection Gem!rale des Douanes Frantyaises), Sig 1989,4441 [Rn. 10]. 7 EuGH, Urt. vom 30. April 1986, verb. Rs. 209 bis 213/84 (Ministere Public/Asjens u. a.), Sig 1986, 1425 [Rn. 37, 41 f.]; EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-221189 (The QueeniSecretary of State for Transport ex parte Factortame), in: Sig. 1991, 1-3905 [Rn. 18 fI].
208
§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht
Das Rangverhältnis spielt vorliegend jedoch keine Rolle, da das gesamte Rettungswesen auch EG-rechtlich nicht dem Begriff des Straßenverkehrs unterfällt. Wie bereits oben festgestellt 8 , gehört das Rettungswesen in die Kategorie des Gesundheits- und nicht des Verkehrswesens. Eine Beurteilung der Rettungsdienstgesetze anband des Verkehrstitels des EG-Vertrags scheidet demzufolge aus.
3. Keine Ausübung öffentlicher Gewalt Des weiteren schließt der EG-Vertrag die Anwendung der genannten Grundfreiheiten aus, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die "mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind" (Art. 55 Abs. 1 EGV). Für die Niederlassungsfreiheit ergibt sich das unmittelbar aus Art. 55 Abs. I EGV; für die Dienstleistungsfreiheit aus dem Verweis des Art. 66 EGV auf jene Norm. Ein gemeinschaftsrechtliches Verständnis der öffentlichen Gewalt hat sich bislang nicht herausgebildet. Es gelten daher die nationalen Bestimmungen in dem Mitgliedstaat9 , wobei der Europäische Gerichtshof sich jedoch die Prüfung der Auslegung nach der jeweiligen mitgliedstaatlichen Rechtsordnung vorbehält. \0 Jedenfalls ist der Begriff eng auszulegen 11 und die einzelstaatliche Qualifizierung einer Tätigkeit als hoheitlich unterliegt der Prüfung, ob dies zur Wahrung der zu schützenden Interessen unbedingt erforderlich ist. 12 Nach der überwiegenden Auffassung wird nur dann öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 55 Abs. 1 EGV ausgeübt, wenn bei der Tätigkeit einseitig bindende Akte erlassen werden können. 13 Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Leistungsverhältnisses, wie dies im öffentlichen Rettungsdienst der Länder
Siehe oben S. 143 f EuGH, Urt. vom 21. Juni 1974, Rs. 2/74 (Reyners), Sig 1974, 631 [Rn. 48/50]; EuGH, Urt. vom 15. März 1988, Rs. 147/86 (Kommission/Griechenland), Sig 1988, 1637 [Rn. 8]; EuGH, Urt. vom 13. Juli 1993, Rs. C-42/92 (Thijssen/Controledienst Voor de Verzekeringen), Sig 1993, 1-4047 [Rn. 91 f]. 10 Troberg, in: von der GroebenlThiesinglEhlermann, Kommentar zum EU-IEGVertrag, 5. Auflage, Baden-Baden 1997, Art. 55 Rn. 3. 11 GA Slynn, Rs. 147/86 (Kommission/Griechenland), Sig 1988, 1637 [1649]; Erhard, in: Lenz (Hrsg), EG-Vertrag, Köln usw. 1994, Art. 55 Rn. 2; Jarass, Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Gemeinschaft, in: RIW 1993, 1,3. 12 EuGH, Urt. vom 15. März 1988, Rs. 147/86 (Kommission/Griechenland), Sig 1988,1637 [Rn. 7]; EuGH, Urt. vom 21. Juni 1974, Rs. 2/74 (Reyners), Sig 1974,631 [Rn. 42 f] 13 GA Mayras, in: EuGH, Urt. vom 21. Juni 1974, Rs. 2/74 (Reyners), Sig 1974,657 [665]; Troberg, in: von der GroebenlThiesinglEhlermann (Anm. 10) Art. 55 Rn. 2; Oppermann, Europarecht, München 1991, Rn. 1540. 8
9
11. Gemeinsame Anwendungsvoraussetzungen
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mit Submissionssystem der Fall ist, genügt nicht. 14 Die Ausweitung auf schlichthoheitliche Tätigkeiten 15 ist wegen der damit verbundenen Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Freiheiten zu unterlaufen und der beispielhaften Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu schlichthoheitlich tätigen Krankenschwestern 16 abzulehnen. Möglichkeiten, den Bürger einseitig zu binden, bestehen im öffentlichen Rettungsdienst nicht. Selbst bei akut geflihrdeten Suizidpatienten muß der öffentliche Rettungsdienst die Hilfe der Polizei oder Ordnungsbehörde (nach den landesspezifischen Unterbringungsgesetzen l7 ) in Anspruch nehmen, soll einseitig Zwang ausgeübt werden. 18 Auch die Sicherstellung des öffentlichen Rettungsdienstes an sich kann mangels Zwangsbefugnissen nicht als öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 55 Abs. I EGV qualifiziert werden. 19 Die Durchführung des Rettungsdienstes ist damit nicht mit hoheitlichen Befugnissen gegenüber Dritten verbunden. 20 Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sind demzufolge nicht wegen der Ausnahmevorschrift des Art. 55 Abs. I EGV unanwendbar. 21 4. Anwendbarkeit auf nicht gewinnorientierte juristische Personen
Geschützte Tätigkeiten sind "Dienstleistungen ... , die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden" (Art. 60 Abs. I EGV) und die "Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten" (Art. 52 Abs. 2 EGV). Erfaßt sind 14 Roth, in: Dauses (Hrsg), Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, Loseblatt, Stand April 1997, München, E.I Rn. 32. 15 Bleckmann, Europarecht, 6. Auflage, Köln 1997, Rn. 1628, 1632. 16 EuGH, Urt. vom 26. Juni 1982, Rs.149/79 (KommissionlBelgien), Sig 1982, 1845, 1852 [Rn. 7 ff.]. 17 Beispielsweise § 10 Abs. 2 UnterbrG Bay; § 17 PsychKG NW. 18 Fürstenwerth, Schutzgewahrsam und Zwangseinweisung, in: Rettungsdienst und Notfallmedizin, Hrsg. von Holger Rupprecht, Edewecht 1995, 52 ff; Ufer, Rechtsfragen aus der Praxis des Rettungsdienstes, in: Rettungsdienst 1985, 439 [441 ff.]; Ehmke, Zwangseinweisung von Suizidpatienten in geschlossene Anstalten problembehaftet, in: Rettungsdienst 1987, 612 ff. 19 A.A. Kirchner/Ehricke, Kartellrechtliche und EG-rechtliche Schranken einer Reregulierung durch Landesgesetze, in: WuW 1993,573 [588]. 20 Jarass, Rettungsdienst und EG-Recht, Rechtgutachten, Bochum 1990 (unveröffentlicht) S. 35 f. mit Ausnahmen fiir die Rettungsleitstellen. Ob diese Ausnahme gerechtfertigt ist, erscheint zweifelhaft, da die Rechtsrnacht, die Einsätze der Beteiligten einseitig festzulegen, sich außer in Hessen nur verwaltungsintem, nicht aber gegenüber Dritten auswirkt. 21 Im Ergebnis auch Everling, Auswirkungen des Rechts der Europäischen Gemeinschaft auf die gesetzlichen Regelungen in den EG-Mitgliedsstaaten, in: Biese u. a. (Hrsg), Handbuch des Rettungswesens, Hagen, Loseblatt Stand 1995, A.3 S.5.
14 Schulte
210
§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht
damit nur wirtschaftliche Betätigungen mit Erwerbszweck. Konsequent nimmt Art. 58 Abs. 2 juristische Personen, die keinen Erwerbszweck verfolgen, von der Garantie der Niederlassungsfreiheit aus. Über Art. 66 gilt gleiches für die Dienstleistungsfreiheit. Fraglich ist daher, ob auch nicht gewinnorientiert arbeitende juristische Personen diese Freiheitsrechte in Anspruch nehmen können, also etwa gemeinnützige Hilfsorganisationen des EG-Auslands, wie die nationalen Rotkreuzgesellschaften der einzelnen Mitgliedsstaaten. Es darf jedoch heute weitgehend als geklärt betrachtet werden 22 , daß der Begriff des Erwerbszwecks weit zu verstehen ist und jede wirtschaftliche Betätigung umfaßt. Auch Tätigkeiten, bei denen primär kein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, sind dann als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des EG-Vertrags aufzufassen, wenn Arbeits- oder Dienstleistungen gegen Entgelt erbracht werden. 23 Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht Voraussetzung. 24 Als Entgelt kommen auch öffentlich-rechtliche Gebühren in Betracht, soweit sie als Gegenleistung für die fragliche Leistung gedacht sind. 25 Es genügt außerdem, wenn solche Einrichtungen Funktionen ausüben, wie sie auch von kommerziellen Anbietem wahrgenommen werden, insbesondere, wenn sie mit diesen im Wettbewerb stehen. 26 Die Tätigkeiten im Rettungswesen werden entweder gegen ein privatrechtliches Entgelt durchgefilhrt (NotfallrettunglKrankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes, öffentlicher Rettungsdienst im Konzessionssystem) oder gegen Gebühr (öffentlicher Rettungsdienst im Submissionssystem). Zudem stehen die gemeinnützigen Organisationen mit gewinnorientierten gewerblichen Leistungserbringern im Wettbewerb. Ein wirtschaftlicher Zweck wird also verfolgt. Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit sind damit auf alle (potentiell) Beteiligten des Rettungswesens, also auch auf EG-ausländische Hilfsorganisationen, anwendbar. 27
22 Vgl. Benicke, Die Bedeutung des EG-Rechts rur gemeinnützige Einrichtungen, in: EuZW 1996, 165 [167]. 230ppermann (Anm. 13) Rn. 1490; Troberg, in: von der GroebenffhiesinglEhlermann (Anm. 10) Art. 52 Rn. 27. 24 Everling, Das Niederlassungsrecht im Gemeinsamen Markt, Berlin usw. 1963, S. 15; Bleckmann, Zur Dogmatik des Niederlassungsrechts im EWG-Vertrag, in: WiVerw 1987, 119 [127]. 25 EuGH, Urt. vom 26. April 1988, Rs. 352/85 (Bond van AdveteerderslNiederlande), Slg 1988,2085 [Rn. 16]. 26 Benicke (Anm.22) S. 167; Troberg, in: von der Groeben/ThiesinglEhlermann (Anm. 10) Art. 52 Rn. 28. 27 Im Ergebnis auch Jarass (Anm. 20) S. 27 f, 59 f; Everling (Anm. 21) S. 1; Oehler, Europäische Union und Rettungsdienst, in: Leben retten 1994, 138 [142].
III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit
211
IH. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit 1. Diskriminierungsverbot
Art. 52 EGV verbietet wie alle Grundfreiheiten offene und versteckte Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder Ansässigkeit. Über die Pflicht zur Inländergleichbehandlung besteht kein Streit. 28 Eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit, die (nur) als Gebot der Inländergleichbehandlung verstanden wird, kommt zunächst bei den Ländern in Betracht, die verpflichtet sind, die Durchfiihrung des öffentlichen Rettungsdienstes privaten Hilfsorganisationen zu übertragen. 29 Relativ unproblematisch in bezug auf EG-ausländische Hilfsorganisationen sind die offen gefaßten Gesetze von Bayern und Nordrhein-Westfalen, wo neben den ausdrücklich genannten nationalen Gesellschaften auch noch "vergleichbare Hilfsorganisationen" (Art. 19 Abs. 1 Nr. 6 BayRDG) bzw. pauschal "freiwillige Hilfsorganisationen" (§ 11 Abs. 1 Satz 1 RettG NW) genannt sind. Diese Bestimmungen lassen sich europarechtskonfonn dahingehend auslegen 30, daß sie auch EG-ausländische Hilfsorganisationen erfassen. Die übrigen bevorzugenden Landesrettungsdienstgesetze benennen die inländischen Hilfsorganisationen jedoch im einzelnen. Es ergibt sich daraus, daß EG-ausländische Hilfsorganisationen nicht beauftragt werden dürfen. Darin liegt eine (versteckte) rechtliche Diskriminierung und eine gravierende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. 31 Sollte diese Beschränkung nicht ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wirken diese Regelungen aufgrund des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts32 nicht gegenüber ausländischen Hilfsorganisationen, die sich um eine Durchfiihrungsübertragung bemühen. 28 Statt aller: Troberg, in: von der GroebenlThiesinglEhlerrnann (Anm. 10) Art. 52 Rn. 33; Erhard, in: Lenz (Anm. 11) Art. 52 Rn. 4; EuGH, Urt. vom 18. Juni 1985, Rs. 197/84 (SteinhauserNille des Biarritz), Sig 1985, 1819 [Rn. 14]; EuGH, Urt. vom
17. Nov. 1992, Rs. C-279/89 (KommissionlVereinigtes Königreich), Sig 1992, 1-5785
[Rn. 23].
29 § 2 Abs. 1 RDG BW; Art. 19 Abs. 1 BayRDG; § 5 Abs. I Satz 1 RDG Bin; § 6 Abs. 2 BremRettG; § 7 Abs. 2 HmbRDG; § 11 Abs. 1 Satz 1 RettG NW. Abweichend von oben (S. 99 ff.) außerdem § 5 Abs. 1 S. 1 RettDG RhPf, da hier neben "anerkannten Sanitätsorganisationen" nur noch "andere beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Rettungsdienst tätige Einrichtungen" erwähnt sind, was EG-ausländische Anbieter ausschließt. 30 Zur europarechtskonforrnen Auslegung nationalen Rechts eingehend: Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Regelung des EG-Rechts, Köln usw. 1994, S. 89 ff. 31 Jarass (Anm. 20) S. 48 zu Rheinland-Pfalz. 32 EuGH, Urt. vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64 (Costa/Ente nazionale Energia elettrica impresa gia della Edisonvolta), Sig. 1964, 1251 [1269 f.]; Oppermann (Anm.13) Rn. 523 ff.
212
§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht
Die Niederlassungsfreiheit könnte weiterhin durch die objektive Berufszulassungsschranke der Funktionsschutzklauseln33 beeinträchtigt sein. Diese Beschränkung gilt jedoch fiir deutsche und EG-ausländische Anbieter von Notfallrettung und Krankentransport gleichermaßen. Grundsätzlich findet eine rechtliche Diskriminierung hier nicht statt. Das gilt in der Hälfte der Bundesländer allerdings nur fiir die Sachverhaltskonstellation, daß keine mit (Alt-)Genehmigungen ausgestatteten Unternehmer vorhanden sind, die sich um Wiedererteilung bemühen. Denn bei der Wiedererteilung abgelaufener Genehmigungen findet in diesen Ländern die Funktionsschutzklausel keine Anwendung. 34 In den übrigen Ländern ist ein Schutz der Altunternehmer niche s oder nur insoweit gewährleistet, daß die Leistungen während der Laufzeit der Erstgenehmigung bei der Entscheidung über die Wiedererteilung "angemessen berücksichtigt" werden. 36 Auf den ersten Blick liegt auch in den Ländern, die Altunternehmer von der Funktionsschutzklausel freistellen, keine unterschiedliche Behandlung von Inund Ausländern vor. Die Altunternehmer sind gegenüber allen Neubewerbern privilegiert, egal ob diese Deutsche oder EG-Ausländer sind. Tatsächlich ist es jedoch so, daß Genehmigungsinhaber bislang - soweit bekannt - ausschließlich Deutsche sind. Der Rettungsdienstmarkt ist faktisch von Deutschen besetzt. Konkurrieren EG-Ausländer als Neubewerber mit den (deutschen) Altunternehmern, werden die Ausländer in den fraglichen Ländern3? (immer) rechtlich schlechter gestellt, da sie die FunktionsschutzhÜTde überspringen müssen, die deutschen Altunternehmer aber nicht. Da wegen der tatsächlichen Situation EG-ausländische Bewerber immer Neubewerber sind, gilt die Bevorzugung nur vom Wortlaut her gegenüber allen Genehmigungsbewerbern, tatsächlich wirkt sie sich aber vor allem gegenüber EG-Ausländern aus. Es wird also an eine Eigenschaft (Altunternehmer) angeknüpft, die ausschließlich bei Inländern anzutreffen ist. 38 Damit stellt diese Regelung eine (grundsätzlich verbotene)39 versteckte Diskriminierung dar. 40
Siehe oben S. 155 ff. § 16 Abs.4 RDG BW; Art. 7 Abs.2 Satz 5 BayRDG; § 13 Abs.3 Satz 5 RDG BIn; § 12 Abs.3 Satz 5 HmbRDG; § 15 Abs.2 Satz 5 RDG M-V; § 19 Abs. 4 RettG NW; § 18 Abs. 4 RettDG RhPf; § 17 Abs. 4 SächsRettDG. So auch § 10 Abs. 2 S. 5 ME RDG, abgedruckt in: Biese u. a (Hrsg), Handbuch des Rettungswesens, Hagen, Loseblatt Stand 1995, B.III.0.2. 3S Brandenburg, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen. 36 § 15 Abs. 4 BremRettG; § 13 Abs. 4 HessRDG; § 11 Abs. 4 RDG SH. So die Vorbildregelung des § 13 Abs. 3 S. I PBefG zum Linienverkehr. 37 Siehe Anm. 34. 38 Zum Teil wird der Begriff der versteckten Diskriminierung eng ausgelegt und verlangt, daß von der Regelung kaum inländische Personen erfaßt werden dürfen, Jarass, 33
34
III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit
213
Sofern sich keine besonderen Rechtfertigungsgründe für diese Beschränkung finden, darf die Funktionsschutzklausel gegenüber EG-Ausländern, die sich im Wettbewerb mit deutschen Altunternehmern befmden, nicht angewendet werden.
2. Umfassendes Beschränkungsverbot In Betracht kommt außerdem, daß Art. 52 EGV einen über das rechtliche Diskriminierungsverbot hinausgehenden Schutz im Sinne eines umfassenden Beschränkungsverbots gewährt. Dann wäre die Anwendbarkeit der Funktionsschutzklausel bei EG-ausländischen Genehmigungsbewerbern stets in Frage gestellt, nicht nur, wenn sie in Konkurrenz zu Altunternehmern treten. Des weiteren müßte sich die objektive Berufswahlschranke eine Überprüfung am Europarecht gefallen lassen, wenn man in den Fällen, in denen sie auf Altunternehmer nicht angewendet wird, entgegen der hier vertretenen Ansicht keine versteckte rechtliche Diskriminierung sehen will. Ob Art. 52 EGV ein generelles Beschränkungsverbot enthält, ist umstritten. Vielfach wird dies verneint und auf den Wortlaut des Art. 52 Abs. 2 EGV verwiesen, der Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit nur "nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen" schützt. 41 Vermittelnd wird vorgeschlagen, Art. 52 EGV zwar als Beschränkungsverbot, aber nicht in der Form eines Freiheits-, sondern lediglich eines Gleichheitsrechts aufzufassen. Es sorge nur daftlr, daß Maßnahmen unterbleiben, die zwar wirtschaftliche Tätigkeiten mit und ohne Auslandsbezug rechtlich völlig gleichbehandeln, rein tatsächlich die Tätigkeit mit Auslandsbezug aber schlechtersteIlen. Oder positiv: Art. 52 EGV greife nur ein, wenn die Regelung ausländische Unternehmen (faktisch) etwas stärker belastet als Unternehmen, die seit jeher im Aufnahmestaat ansässig waren. 42
Elemente einer Dogmatik der Grundfreiheiten, in: EuR 1995,202,213. Dagegen Dau-
ses, in: Dauses (Anm. 14) C. I Rn. 85 ff. zur Warenverkehrsfreiheit. 39
EuGH, Urt. vom 5. Dez. 1989, Rs. C-3/88 (Kommission/Italien), Slg 1989, 4035
[Rn. 8]; Roth, in: Dauses (Anm. 14) E.l Rn. 62; Erhard, in: Lenz (Anm. 11) Art. 52 Rn. 5; Geiger, EG-Vertrag, 2. Auflage, München 1995, Art. 52 Rn. 14. 40 A.A. Oehler (Anm. 27) S. 140; Jarass (Anm.20) S.45 sieht hierin keine Diskri-
minierung, sondern eine "sonstige Beeinträchtigung". 41 Traberg, in: von der Groeben/ThiesinglEhlermann (Anm. 10) Art. 52 Rn 38; Everling, Niederlassungsrecht und Dienstleistungsfreiheit der Rechtsanwälte in der Europäischen Gemeinschaft, in: EuR 1989, 338 [345]; HailbronneriNachbaur, Niederlassungsund DienstIeistungsfreiheit im Binnenmarkt 1992, in: WiVerw 1992, 57 [81 f]. 42 Jarass (Anm. 11) S. 5 f.; Jarass (Anm. 38) S. 216 und folgend.
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§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht
Es stellt sich jedoch die Frage, ob nicht nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs aus jüngerer Zeit eine andere Sicht der Dinge geboten ist. In der Kraus-Entscheidung 43 hat der Europäische Gerichtshof die Niederlassungsfreiheit erstmals als über das Diskriminierungsverbot hinausgehendes Beschränkungsverbot aufgefaßt. In der späteren Rechtssache Gebhard fUhrt der Europäische Gerichtshof ausdrücklich und enumerativ auf, woran mitgliedstaatIiche Beschränkungen von Art. 52 EGV zu messen sind: " ... nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, (müssen) vier Voraussetzungen erfUllen: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Al1gemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.,,44 Zum Teil wurde die wissenschaftliche Diskussion schon mit dem Kraus-Urteil fiir entschieden erklärt45 , jedenfal1s aber mit dem Gebhard-Urteil 46 • Ob das der Fal1 ist, mag angesichts der fehlenden Begründung der Urteile dahinstehen. Als dogmatische Grundlagen werden jedenfal1s Art. 6 EGV in Verbindung mit dem effet-utile-Prinzip angeboten: Schon Art. 6 EGV verbürge die Inländergleichbehandlung, die Grundfreiheiten müßten daher einen weitergehenden Regelungsgehalt haben. 47 Außerdem sei der gesamte EG-Vertrag, vor al1em Art. 3 lit. c, 7a, 8a, 102a EGV, auf eine möglichst umfassende Marktöffnung angelegt.48 Folgt man der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, hat Art. 52 EGV die Wirkungen eines Freiheitsrechts. Sobald EG-Ausländer sich
43 EuGH, Urt. vom 31. März 1993, Rs. C-19/92 (KrauslBaden-Württemberg), Slg 1993,1-1663 [Rn. 32]. 44 EuGH, Urt. vom 30. Nov 1995, Rs. C-55/94 (Gebhard/Consiglio dell' ordine degli avvocati e procuratori di Milano), Slg 1995, 4165 [Rn. 37]. 45 Roth, Annotation, in: CML Rev.20 (1993), 1251 [1257] "The Kraus judgment settIes the issue". 46 Ehlers/LackhojJ, Anmerkung zu EuGH, Urt. vom 30. Nov 1995, Rs. C-55/94 (Gebhard/Consiglio dell' ordine degli avvocati e procuratori di Milano), Slg 1995,4165, in: JZ 1996, 467 [468]: "Damit dürften die Würfel gefallen sein. Die Niederlassungsfreiheit ist ... künftig auch als Beschränkungsverbot auszulegen". Zuvor schon: Streif, in: BeutlerlBieberlPipkorn/Streil, Die Europäische Union, 4. Auflage, Baden-Baden 1993, 9.6.2 (S. 329); Ress, Binnenmarkt und Niederlassungsfreiheit , in: EuZW 1990, 521. 47 So schon Ehlers, Das Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht im europäischen Binnenmarkt, in: Hoppe/Schink (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung und europäische Integration, Köln 1990 S. 55 [58]. 48 B/eckmann, Die Personenverkehrsfreiheit im Recht der EG, in: DVBI 1986, 69 [72 f1]; Ehlers/Lackhojf(Anm. 46) S. 468.
III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit
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um die Erteilung von Genehmigungen zu Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes bewerben, muß die Funktionsschutzklausel ihnen gegenüber49 an Art. 52 EGV gemessen werden, da sie die Niederlassungsfreiheit behindert oder jedenfalls weniger attraktiv macht. Sie stellt damit (bei jeder Sachverhaltsgestaltung) eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung des Art. 52 EGV dar.
3. Rechtfertigung
Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch nationale Maßnahmen fUhren nicht zwingend zu einer Verletzung und damit zum Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts. Sie können gerechtfertigt sein. Nach dem soeben Dargelegten finden sich in den Rettungsdienstgesetzen folgende rechtfertigungsbedürftige Regelungen: a) als Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot die zwingende Bevorzugung inländischer Hilfsorganisationen bei der Durchfiihrungsvergabe sowie der Dispens der Altuntemehmer von der objektiven Zulassungs schranke bei der Genehmigungserteilung b) als Verstoß gegen das umfassende Beschränkungsverbot die generelle Anwendung der Funktionsschutzklausel (auch) auf Genehmigungsbewerber aus anderen Mitgliedsstaaten. Die Rechtfertigung der diskriminierenden und sonstigen Beschränkungen verläuft nicht parallel. Da die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch eine diskriminierende Regelung grundsätzlich rechtswidrig ist50, kann sie nur nach der Ausnahmevorschrift des Art. 56 Abs. 1 EGV gerechtfertigt werden. 51 Sie stellt die Niederlassungsfreiheit unter den Ordre-public-Vorbehalt. Die Reichweite dieser Ausnahmevorschrift wird allerdings nicht einheitlich beurteilt. Häufig wird Art. 56 Abs. 1 EGV so verstanden, daß nur spezifisch ausländerpolizeiliche Maßnahmen von ihm erfaßt werden. 52 Pflichtet man diesem 49 Da die EG-vertraglichen Grundfreiheiten einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraussetzen, gilt die Beschränkung nicht rur Inländer. Rein faktisch wird aber auch Druck auf Deutschland ausgeübt, das es sich auf Dauer nicht leisten kann, Inländer bei der Berufszulassung zum Rettungsdienst schlechter als EG-Ausländer zu stellen (vgl. Jarass (Anm. 42) S. 2.) 50 Nach Jarass (Anm.38) S.222 spricht bei einer Diskriminierung die Vermutung rur ihre Unzulässigkeit. 51 EuGH, Urt. vom 26. April 1988, Rs. 352/85 (Bond van Adveteerders/Niederlande), Slg 1988, 2085, 2135 [Rn. 33]. 52 Troberg, in: von der GroebeniThiesinglEhlermann (Anm. 10) Art. 56 Rn. I; Erhard, in: Lenz (Anm. 11) Art. 56 Rn. I; Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, Köln 1989, S. 151 ff, 182 ff; Hailbronner, in: Hailbron-
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Verständnis bei, können Regelungen der Rettungsdienstgesetze auf keinen Fall über Art. 56 Abs. I EGV gerechtfertigt werden, da sie keinen ausIänderpolizeilichen Charakter haben. Da sich aber Art. 56 Abs. 1 EGV über Art. 58 EGV auch auf juristische Personen erstreckt, kann jedenfalls filr diese der Ordre-public-Vorbehalt nicht auf ausländerpolizeiliche Regelungen beschränkt bleiben. 53 Eine unbestrittene Grenze verläuft filr Art. 56 Abs. I EGV jedoch da, wo die Klausel zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke genutzt werden soll, die dem Vertrag zuwider laufen. 54 Nationale Reservate filr bestimmte Wirtschaftszweige oder das Interesse an "nationaler Kontrolle" rechtfertigen jedenfalls keine Beschränkungen der innergemeinschaftlichen Niederlassungsfreiheit. 55 Insbesondere nimmt Art. 56 Abs. 1 EGV das Gesundheitswesen nicht als Wirtschaftsbereich von den Freizügigkeitsbestimmungen aus. 56 Selbst wenn Art. 56 Abs. I EGV tatbestandlieh eingreift, untersteht er der Schranke des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Das bedeutet insbesondere, daß die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit erforderlich sein muß. Es darf keine mildere, in diesem Zusammenhang also nichtdiskriminierende Regelung geben, die zur Zielerreichung ebenso geeignet ist. 57 Die Tatsache, daß die Funktionsfähigkeitsklausel - jedenfalls in der Praxis ihrer Anwendung - allein fiskalisch-wirtschaftlichen Zwecken dient, wurde bereits dargelegt. 58 Dies ist im Rahmen des Art. 56 Abs. I EGV jedoch ein illegitimes Ziel. Die Bevorzugung der (deutschen) Altuntemehmer durch die nerlKleinIMagiera/Müller-Graff, Handkommentar zum Vertrag über die Europäische Union (EUVIEGV), Loseblatt Stand Juni 1997, Köln usw., Art. 56 Rn. 4; Roth, in: Dauses (Anm. 14) E.I Rn. 72. Ebenso noch zu schließen aus: EuGH, Urt. vom 18. Mai 1982, verb. Rs. 115 und 116/81 (AdoniIBe1gien und Stadt Lüttich), Slg 1982, 1665 [Rn. 9,11]. 53 So hat der EuGH, Urt. vom 26. April 1988, Rs. 352/85(Bond van AdveteerderslNiederiande), Slg 1988, 2085 [Rn. 35 f] den Pluralismus im Rundfunk als Rechtfertigungsgrund fiir Werbebeschränkungen im Zusammenhang mit Art. 56 Abs. 1 EGV erörtert. Ähnlich EuGH, Urt. vom 18. Juni 1991, Rs. C-260/89 (Elliniki Radiofonia Tileorasi Anonymi Etairia [ERT]/Dimotiki Etairia Pliroforisis [DEP] u. S. Kouve1as), Slg. 1991, 1-2925 [Rn. 24-26] zu einem Sendemonopol. Vgl. auch Lackhoff, Deutsches Wirtschaftsverwaltungsrecht und die Grundfreiheiten der Art. 30, 34, 48, 52 und 59 EGV, Baden-Baden 1994, S. 90 ff. 54 V gl. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG (Einreise-/Aufenthalt-Koordinierungsrichtlinie vom 25. Feb. 1964 (AbI. S. 850). 55 Hailbronner, in: HailbronnerlKleinIMagieraIMüller-Graff (Anm. 52) Art. 56 Rn. 4; Streinz, Europarecht, 3. Auflage, Heidelberg 1996 Rn. 713. 56 EuGH, Urt. vom 7. Mai 1986, Rs. 131/85 (GuellRegierungspräsident Düsseldorf), Slg 1986, 1573 [Rn. 17]. 57 EuGH, Urt. vom 6. Juni 1996, Rs. C-101/94 (KommissionlItalien), Slg. 1996, 1-2691 [Rn. 26,31]; Roth, in: Dauses (Anm. 14) E.I Rn. 73,86 a.E.; Streinz (Anm. 55) Rn. 713, 713a; Jarass (Anm. 11) S. 6. 58 Siehe oben S. 183 ff.
III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit
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Nichtanwendung der Funktionsschutzklausel kann daher nach Art. 56 Abs. 1 EGV nicht gerechtfertigt werden. Sie ist im übrigen jedenfalls hinsichtlich des Krankentransports nicht erforderlich und müßte letztlich hieran scheitern, wollte man Art. 56 Abs.l EGV doch zur Anwendung bringen. 59 Auch die zwingende Bevorzugung inländischer gegenüber ausländischen Hilfsorganisationen ist nicht zu rechtfertigen, weil es erstens erfahrene Leistungsanbieter auch im Ausland gibt60, und zweitens die Mitarbeit im Katastrophenschutz kein stichhaltiges Argument ist61 • Nicht vollständig geklärt ist, wie Verstöße gegen das umfassende Beschränkungsverbot des Art. 52 EGV zu rechtfertigen sind. Nach der GebhardEntscheidung62 ist jedenfalls am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Wenn auch die gerichtliche Kontrolldichte noch nicht abschließend bestimmt ist63 , werden jedenfalls Bedürfnisprüfungen - und eine solche (abgeschwächte) Bedürfnisprüfung ist die rettungsdienstgesetzliche Funktionsschutzklausel - regelmäßig als nicht gerechtfertigte Beschränkungen angesehen. 64 Wie im Rahmen der Prüfung des Art. 12 Abs. 1 GG gezeigt, deckt sich diese Auffassung im Rettungswesen jedenfalls filr dessen Teilbereich des Krankentransports. Die Funktionsschutzklausel über die Notfallrettung auf den Krankentransport auszudehnen, ist zumindest nicht erforderlich. 65 Die Anwendung der umfassenden Funktionsschutzklausel gegen EG-Ausländer ist damit auch dann nicht gerechtfertigt, wenn diese nicht mit deutschen Altunternehmern um die Genehmigung konkurrieren. Die die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Regelungen der Rettungsdienstgesetze sind danach nicht zu rechtfertigen. In Fällen, in denen EGAusländer sich um eine Mitwirkung im Rettungswesen bemühen, gelten sie ihnen gegenüber wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts also nicht.
Siehe oben S. 191 ff. Jarass (Anm. 20) S. 49. Gegen "bekannt und bewährt" siehe oben S. 109 ff. 61 Siehe oben S. 111 ff. 62 EuGH, Urt. vom 30. Nov 1995, Rs. C-55/94 (GebhardiConsiglio deli' ordine degli avvocati e procuratori di Milano), Slg 1995,4165 [Rn. 37]. 63 Ehlers/LackhojJ(Anm. 46) S. 468. 64 Troberg, in: von der GroebeniThiesing/Ehlermann (Anm. 10) Art. 52 Rn. 36; Roth, in: Dauses (Anm. 14) E.I Rn. 86 speziell zur Gefahr fiir die Volksgesundheit; vgl. auch Streinz (Anm. 55) Rn. 708 d. Bereits anklingend bei Ehlers (Anm. 47) S. 68 zum Güterkraftverkehr. 65 Siehe oben S. 191 ff. 59
60
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§ 6 Europäisches Gemeinschaftsrecht
IV. Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit Neben der Niederlassungsfreiheit kommt auch ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit in Betracht. Weil Voraussetzung nach Art. 59 Abs. 1 EGV ist, daß der Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig ist als der Empfiinger der Dienstleistung, muß die Dienstleistung grenzüberschreitend stattfinden. 66 Da die Dienstleistungsfreiheit nur ein Auffangtatbestand ist67 , kommt sie nicht zum Tragen, wenn der Leistungserbringer in Deutschland eine Niederlassung besitzt. 68 Die Beauftragung mit der Durchfiihrung des öffentlichen Rettungsdienstes setzt regelmäßig voraus, daß in dem jeweiligen Rettungsdienstbereich zumindest Rettungswachen unterhalten werden69 • Daher besitzt jeder Durchfiihrende des öffentlichen Rettungsdienstes eine inländische Niederlassung, was die Anwendung der Art. 59 ff. EGV ausschließt. 70 Die Dienstleistungsfreiheit kommt somit nur fiir Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes in Betracht, wenn ein Rettungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat von dort aus in Deutschland rettungsdienstliche Leistungen anbieten will. Was die (versteckte) rechtliche Diskriminierung von EG-ausländischen Genehmigungsbewerbem im Vergleich zu deutschen Altuntemehmem in manchen Ländern angeht, gelten dieselben Erwägungen wie zur Niederlassungsfreiheit. Denn solche versteckten Diskriminierungen sind bei der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls verboten 7 I, und ihre Rechtfertigung erfolgt gemäß Art. 66 EGV ebenfalls nach Art. 56 Abs. 1 EGV.
66 EuGH, Urt. vom 23. April 1991, Rs. C-41190 (Höfuer und ElserlMacrotron), Slg 1991,1-1979 [Rn. 33]; Erhard, in: Lenz (Anm. 11) Art. 60 Rn. 17; Geiger (Anm. 39) Art. 60 Rn. 5. 67 Müller-Graf!, Dienstleistungsfreiheit und Erbringungsformen grenzüberschreitender Dienstleistungen, in: Festschrift tUr Rudolf Lukes zum 65. Geburtstag, Köln usw. 1989,471 [481]; Roth, in: Dauses (Anm. 14) E.I Rn. 26 f. 68 Zu den Anforderungen hieran: EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-221189 (The QueeniSecretary of State for Transport ex parte Factortame), Slg 1991, 1-3905 [Rn. 20 f.]. 69 Ausdrücklich § 9 Abs. 1 BgbRettG; § 5 Abs. 1 HessRDG; § 8 Abs. 2 NdsRettDG; § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 RettG NW; § 8 Abs. 1 RettDG RhPf; § 6 Abs.2 SaarRettG; § 9 Abs. 5 Satz 1 SächsRettDG; § 8 Abs. 3 RDG-LSA; § 9 TH RDG. Vgl. auch § 7 RDG BW; Art. 20 BayRDG; § 8 BremRettG; § 9 Abs. 1 RDG M-V; § 7 Abs. 1 RDGSH. 70 Vgl. Jarass (Anm. 20) S. 71. 71 EuGH, Urt. vom 12. Feb. 1974, Rs. 152/73 (SotginIDeutsche Bundespost), Slg 1974, 153 [Rn. 11]; EuGH, Urt. vom 3. Feb. 1982, verb. Rs. 62 und 63/81 (Seco und Desquenne, GirallL'Etablissement d' Assurance contre la Vieillesse et I'invalidite), Slg 1982, 223 [Rn. 8].
V. Zusammenfassung
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Die Wirkung der Dienstleistungsfreiheit als umfassendes Beschränkungsverbot hat der Europäische Gericht shof schon früher als bei der Niederlassungsfreiheit anerkannt72 ; desgleichen die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, insbesondere von Geeignetheie3 und Erforderlichkeie4 auf durch "zwingende Allgemeininteressen,,75 zu rechtfertigende Beschränkungen. Unter Bezugnahme auf die vergleichbare Konstellation bei der Niederlassungsfreiheit kann hier wiederum auf die Prüfung der grundgesetzlichen Berufsfreiheit verwiesen werden. Jedenfalls die Einbeziehung des Krankentransports in die Funktionsflihigkeitsklausel kann EG-ausländischen Genehmigungsbewerbern nicht entgegengehalten werden.
v. Zusammenfassung Sollte es zukünfig im EG-Ausland Interessenten geben, die rettungsdienstliche Leistungen in der Bundesrepublik erbringen wollen, können die Vorschriften der Landesrettungsdienstgesetze ihre Berufsaufnahme nur ganz begrenzt einschränken. Bei der Vergabe der Durchfiihrungsaufträge müssen ausländische Hilfsorganisationen wegen der Garantie der Niederlassungsfreiheit ebenso wie deutsche Hilfsorganisationen die Chance haben, berücksichtigt zu werden. Die objektive Berufszulassungsschranke der Funktionsschutzklausel kann sowohl wegen der Niederlassungsfreiheit als auch wegen der Dienstleistungsfreiheit gegenüber EG-ausländischen Bewerbern die Versagung der Genehmigung nicht begründen, jedenfalls soweit sie sich auch auf den Krankentransport bezieht.
72 EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-76/90 (SägerlDennemeyer & Co), Slg 1991, 1-4221 [Rn. 12]: unzulässiges Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis, die in anderen Mitgliedstaaten erlaubnisfrei ist. 73 EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-288/89 (Stichting Collective Antennenvoorziening Gouda u. a.lCommissariaat vor de Media), Slg 1991, 1-4007 [Rn. 15]; EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-353/89 (KommissionINiederlande), Slg. 1991, 1-4069 [Rn. 19]. 74 EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-76/90 (SägerlDennemeyer & Co), Slg 1991, 1-4221 [Rn. 15]. 7S EuGH, Urt. vom 25. Juli 1991, Rs. C-288/89 (Stichting Collective Antennenvoorziening Gouda u. a.lCommissariaat vor de Media), Slg 1991, 1-4007 [Rn. 14] mwN der Allgemeininteressen.
§ 7 Rechtsschutz Um die gefundenen materiellrechtlichen Ergebnisse soweit wie möglich verwertbar zu machen, sollen abschließend die (vorwiegend verwaltungs-)prozessualen Fragen erörtert werden, die Private im Rettungswesen aufwerfen. Bei den mehrseitigen Rechtsbeziehungen im Rettungswesen sind die Klagemöglichkeiten besonders vielgestaltig. Es kann daher nicht darum gehen, alle Permutationen durchzuspielen, sondern es ist eine Beschränkung auf die zuvor erörterten Problemlagen geboten. Ins Zentrum der Betrachtung rücken damit die Grundsätze der sogenannten Konkurrentenklagen. Mit öffentlich-rechtlichen Konkurrentenklagen bezeichnet man Klagen, mit denen sich der Kläger gegen eine staatliche Handlung wendet oder eine solche begehrt, die sein Verhältnis zu einem (potentiellen) Konkurrenten beeinflußt. 1 Nach mittlerweile weitgehend eingebürgerter Terminologie 2 erfaßt die "positive Konkurrentenklage" Fälle, in denen der Kläger eine Vergünstigung vom Staat erstrebt, allerdings nur neben, nicht anstelle des Konkurrenten. 3 In dieser einfachsten Konstellation verlangt ein abgewiesener Bewerber eine Genehmigung zu Notfallrettung und/oder Krankentransport neben dem bereits Zugelassenen (1). Verschärfend kann er sie anstelle eines positiv beschiedenen Mitbewerbers fordern. Dann greift er mit der "ausschließenden Konkurrentenklage" die Begünstigung eines Konkurrenten mit dem Ziel an, sie selbst zu erhalten (II). I Brohm, Die Konkurrentenklage, in: ErichsenIHoppe/von Mutius (Hrsg), System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian-Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, Köln usw. 1985, S. 235; Miebach, Die negative öffentlichrechtliche Konkurrentenklage im wirtschaftlichen Wettbewerb, in: JuS 1987, 956; Erichsen, Konkurrentenklagen im öffentlichen Recht, in: Jura 1994, 385. 2 Kritisch Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, Tübingen 1991, S. 79 ff, der nach Anspruchszielen differenziert und fünf Konkurrenzschutzkategorien aufstellt. Weitere abweichende Systematisierungen finden sich unter anderem bei: Scholz, Die öffentlich-rechtliche Konkurrentenklage in der Rechtsprechung der Verwaltungsund Zivilgerichte, WiR 1972, 35 ff, ihm folgend Pitschas, Verwaltungsgerichtlicher Erwerbsschutz im Personenbeförderungsrecht durch Konkurrentenklage?, in: GewArch 1981, 216 ff; Bothe, Die Entscheidung zwischen öffentlich-rechtlich geschützten Positionen Privater durch Verwaltung und Gerichte, in: JZ 1975,399 [400 fl]; Skouris, Verletztenklagen und Interessenklagen im Verwaltungsprozeß, Köln usw. 1979, S. 181. 3 Zur Einteilung: Schenke, Rechtsprobleme des Konkurrentenrechtsschutzes im Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: NVwZ 1993,718 [719]; Brohm (Anm. I) S. 236 f.
I. Genehmigung neben anderen Unternehmern
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Daneben sind Klagen von bereits im Markt Etablierten gegen neu zugelassene oder zuzulassende Konkurrenten möglich. Die Aufhebung oder Unterlassung der Begünstigung eines Konkurrenten wird als "negative Konkurrentenklage" bezeichnet (III). Ein eventuelles Klagerecht des übergangenen Bieters bei der Durchfilhrungsvergabe bleibt angesichts der laufenden grundlegenden Änderungen des Rechtsschutz bei der öffentlichen Auftragsvergabe4 außer Ansatz.
I. Genehmigung neben anderen Unternehmern 1. Zu lässigkeit
Wenn der Antrag eines Unternehmers auf Erteilung einer Genehmigung 5 nicht beschieden wird, tritt in vielen Ländern nach drei, spätestens nach sechs Monaten die Fiktion der Genehmigung ein. Dazu wird in diesen Ländern die Regelung des § 15 Abs. 1 PBefG durch Verweis übernommen. 6 Die Rettungsdienstgesetze dieser Länder verweisen dynamisch 7 auf das Personenbeförderungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung. Da die Genehmigungsfiktion erst durch das Eisenbahnneuordnungsgeseti in § 15 Abs. 1 S. 2-5 PBefG eingefUgt wurde, gilt die Fiktion in den Ländern Niedersachsen, Sachsen und
4 Als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. vom 2. Mai 1996 - Rs. C-253/95 (KommissionlBundesrepublik Deutschland), in: EuZW 1996, 575 [Rn. 10-15].) ist der Abschied von der haushaltsrechtlichen Lösung im Vergabeverfahren geplant. Nach einem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ein subjektives Recht der Bieter verankert werden, das auch gerichtlich, und nicht wie bisher durch Vergabeprüfstellen und ausschüsse, überprüft werden kann, vg\. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Juni 1997, Öffentliches Auftragswesen wird neu geordnet, S. 13, 15 und vom 4. Sept. 1997, Kabinett beschließt eine Reform des Vergaberechts, S. 15. Einen Überblick über die geplanten Änderungen des GWB gibt Prieß, Das Öffentliche Auftragswesen im Jahre 1996, in: EuZW 1997,391 [393 f.]. Inzwischen ist das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet: Entwurf eines Vergaberechtsänderungsgesetzes, abgedruckt in: BR-Drs. 646/97. 5 § 15 Abs. 1 S. 1 RDG BW; Art. 3 Abs. 1 S. 1 BayRDG; § 3 Abs. 1 S. 1 RDG Bin; § 4 Abs. 1 BremRettG; § 5 Abs. 1 S. I HmbRDG; § 13 Abs. I S. I HessRDG; § 14 Abs. I S. I RDG M-V; § 19 S. 1 NdsRettDG; § 18 RettG NW; § 14 Abs. 1 S. 1 RettDG RhPf; § 12 Abs. 1 S. I SaarRettG; § 14 Abs. 1 S. 1 SächsRettDG; § 14 Abs. 1 RDGLSA; § 10 Abs. 1 RDG SH; § 15 Abs. 1 TH RDG. 6 § 19 Abs. 1 RDG BW; Art. 5 Abs. 1 BayRDG; § 12 Abs. I RDG BIn; § 20 RDG M-V; § 17 Abs. 1 RettDG RhPf; § 15 Abs. 1 SaarRettG. 7 Weil die Genehmigungsfiktion mittlerweile schon seit einigen Jahren eingefiihrt ist und Änderungen nicht zu erwarten sind, ist die dynamische Verweisung zulässig. 8 Vom 27. Dez. 1993 (BGB\. I, S. 2378).
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§ 7 Rechtsschutz
Schleswig-Holstein nicht. § 21 NdsRettDG, § 18 Abs. 1 SächsRettDG und § 14 S. 1 RDG SH verweisen zwar auch auf § 15 PBefG, aber statisch. 9 In allen Ländern ohne Fiktionswirkung oder generell bei Ablehnung der Genehmigungserteilung muß der Antragsteller nach durchgefilhrtem Widerspruchsverfahren Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Die ansonsten bei Konkurrentenklagen problematische Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) ist gegeben, da dem Unternehmer erstens ein einfachrechtlicher Genehmigungsanspruch aus den Rettungsdienstgesetzen zusteht lO und zweitens die Genehmigung als Ausdruck eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt nur die in Art. 12 Abs. 1 GG angelegte Freiheit wiederherstellt 11, also eine grundrechtliche Klagebefugnis besteht. EG-Ausländer können sich zudem auf die Art. 52, 59 EGV berufen, die als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht ebenfalls subjektives Recht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO begründen. 12 Liegen die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen beim Antragsteller vor und greift der objektive Versagungsgrund nicht ein, verurteilt das Verwaltungsgericht die Behörde zur Erteilung der Genehmigung. Häufig wird jedoch Streitfrage sein, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der objektiven Zulassungsschranke erfüllt sind.
2. Gerichtliche Kontrolldichte
Bei der Entscheidung, ob das öffentliche Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes durch den Gebrauch der Genehmigung beeinträchtigt wird, ist der Genehmigungsbehörde nach Ansicht vieler Obergerichte parallel zu § 13 Abs. 4 PBefG ein gewisser Spielraum (Einschätzungsprärogative) zuzubilligen, weil es sich um eine prognostische Entscheidung mit wirtschaftspolitischem Einschlag handele. 13 Selbst wenn man dem beipflichten "in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Aug. 1990". Siehe oben S. 162 f. 11 Zur Wiederherstellung grundrechtlicher Freiheiten bei Verboten mit Erlaubnisvorbehalt: BVerfD, Urt. vom 5. Aug. 1966, E 20, 150 [157] - Sammlungsgesetz-. Zur Klagebefugnis in diesen Fällen: Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 2. Auflage, München 1996, § 15 Rn. 21. 12 Vg!. Frenz, Subjektiv-öffentliche Rechte aus Gemeinschaftsrecht vor deutschen Verwaltungsgerichten, in: DVBI 1995, 408 [412]; Huber, Gemeinschaftsrechtlicher Schutz vor einer Verteilungslenkung durch deutsche Behörden, in: EuR 1991,31 [44, 57 f.); Hösch, Probleme der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Konkurrentenklage, in: Die Verwaltung 30 (1997), 211 [229 zu Art. 59 EGV). 13 Zum Rettungswesen: VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 22. Okt. 1996, in: GewArch 1997, 251 [252]; VGH Baden-Württemberg, Besch!. vom 21. Feb. 1997, in: 9
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I. Genehmigung neben anderen Unternehmern
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will, kann hierdurch die gerichtliche Kontrolldichte nur unwesentlich abnehmen, denn es wäre mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, wenn die stärkste Form der Beschränkung des Berufsgrundrechts weitgehend einer gerichtlichen Überprüfung entzogen wäre. 14 Diesem Einwand schenkt auch das Bundesverwaltungsgericht speziell im Zusammenhang mit der rettungsdienstgesetzlichen Funktionsschutzklausel Beachtung. Zu § 14 Abs.4 RDG M-V führt es aus: "Das Gericht muß die Entscheidungsgrundlage selbst ermitteln. Das gilt auch für die Frage, ob durch eine ... erteilte Genehmigung das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen, bedarfsgerechten flächendeckenden Rettungsdienst beeinträchtigt wird ... ; (die Frage) ist nicht derart komplex und mit originären Abschätzungen der Verwaltung verbunden, daß die Pflicht des Gerichts, im Rahmen einer Verpflichtungsklage die Sache spruchreif zu machen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO), entfiele.,,15 Ein Gericht kann Spruchreife dann nicht herstellen, wenn die Entscheidung von Fragen abhängt, bezüglich derer der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum zusteht. 16 Wenn das Bundesverwaltungsgericht im Rettungswesen die Gerichte trotzdem zur Herstellung der Spruchreife anhält, bedeutet das noch nicht, daß es einen behördlichen Beurteilungsspielraum verneint und damit den Obergerichten widerspricht. Denn wenn das auszufiillende Kontingent nach den gesetzlichen Vorschriften nicht absolut starr ist, kann das Gericht die Behörde in vertretbarem Umfang auch über das behördlicherseits vorgesehene Kontingent hinaus zum Erlaß des begehrten Verwaltungsakts verpflichten. 17 Da die Zahl der zulassungsfiihigen Unternehmer im Rettungswesen nicht unverrückbar festgelegt ist, folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, daß die Kontrolldichte der Gerichte bei der Verträglichkeitsprüfung - wenn überhaupt - nur wenig abnimmt. Mit diesen höheren Anforderungen an die gerichtliche Aufklärungs- und Kontrolldichte setzt das Bundesverwaltungsgericht - im Einklang mit der wachsenden verfassungsgerichtlichen Skepsis gegenüber unüberprütbaren
DÖV 1997, 694; BayVGH, Urt. vom 8. Nov. 1995, in: BayVBI 1996, 176 [177]; BayVGH, Beschl. vom 8. März 1995, in: BayVBI 1996,470; BayVGH, Beschl. vom 12. April 1995-4 CE94.4124-(unveröffentlicht) S.6. Zu §J3 Abs.4 PBejG: BVerwG, Urt. vom 15. April 1988, E 79, 209 [213]. 14 Ehlers, Wirtschaftsaufsicht, in: Achterberg/Püttner (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht, Band I, Heidelberg 1990, Rn. 659 zum Personenbeförderungsgesetz. 15 BVerwG, Urt. vom 3. Nov. 1994, in: NVwZ 1996, 66 [67] (Hervorhebung nur hier). 16 Hufen (Anm. 11) § 27 Rn. 28, § 25 Rn. 54; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage, München 1994 § 113 Rn. 84 mit Nachweisen von Rechtsprechung und Literatur. 17 Kopp (Anm. 16) § 113 Rn. 88.
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Letztentscheidungsrechten der Verwaltung l8 - seine Abkehr von der Unüberprütbarkeit exekutiver Prognosen auf wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Gebiet l9 fort, die es bereits 1989 mit einem Urteil zu § 13 Abs.4 PBefG begonnen hat. 20 Will man nicht die Besonderheiten des Rettungswesens gegenüber dem Taxenverkehr zu sehr betonen, kann man angesichts des hohen Übereinstimmungsgrades von § 14 Abs. 4 RDG M-V und § 13 Abs. 4 PBefG fast schon von einer Rechtsprechungswende sprechen. Jedenfalls sind alle tatsächlichen Bedenken, die gegen die Funktionsflihigkeitsklausel erhoben worden sind21 , voll in die gerichtliche Entscheidung einstellbar. Rechtsschutzlücken in diesem höchst grundrechtssensiblen Bereich der Berufswahlbeschränkung sind damit nicht zu befilrchten. Da es ein gesetzlich normiertes Verteilungs verfahren wie in § 13 Abs. 5 PBefG in den Rettungsdienstgesetzen nicht gibt, kann eine Auswahl unter den Bewerbern nicht nach dem Prioritätsprinzip erfolgen 22 • Eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 5 PBefG scheidet aus, weil Art. 3 S. 1 Sechsten Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes23 das Personenbeförderungsgesetz filr den Bereich des Rettungswesens ausdrücklich filr unanwendbar erklärt. Somit kommt bei mehreren abschlägig beschiedenen Antragstellern der Bewerber zum Zuge, der zuerst erfolgreich klagt.
11. Genehmigung anstelle eines anderen Unternehmers Stimmt der Genehmigungsbewerber mit der Behörde darin überein, daß die Zulassung eines weiteren Unternehmers die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Notfallrettung24 beeinträchtigen würde, oder befilrchtet er, Verwaltung und Gericht würden zu diesem Ergebnis gelangen, ist eine reine Klage auf Genehmigungserteilung aussichtslos. Er muß zugleich die einem Mitbewerber erteilte Genehmigung angreifen und eine Korrektur der Verteilungsentscheidung zu 18 Zu Prüfungsentscheidungen: BVerfG, Beschl. vom 17. Apr. 1991, E 84, 34 [49 ff.]; BVerfG, Beschl. vom 17. Apr. 1991, E 84, 59 [77 ff.] - Multiple-ChoicePrüfungen -. Umgesetzt vom Bundeverwaltungsgericht in BVerwG, Urt. vom 9. Dez. 1992, in: NVwZ 1993,677 [678 f.]; BVerwG, Urt. vom 24. Feb. 1993, in: NVwZ 1993, 681 [683]. 19 So noch BVerwG, Urt. vom 15. April 1988, E 9, 208 [213] zu § 13 Abs. 4 PBefG. 20 BVerwG, Urt. vom 7. Sept. 1989, E 82, 295 [300 ff.]. 21 Siehe oben S. 187 ff. 22 Zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage hierfiir: BVerwG, Urt. vom 27. Nov. 1981, in: NJW 1982, 1168 [1169]. 23 Vom 25. Juli 1989 (BGBI. I S. 1547). 24 So die hier vertretene Interpretation der Funktionsfiiliigkeitsklausel, siehe oben S.203.
11. Genehmigung anstelle eines anderen Unternehmers
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seinen Gunsten verlangen ("ausschließende Konkurrentenklage,,).25 Voraussetzung ist, daß die Grenze der Verträglichkeit dadurch erreicht wurde, daß dem vorgezogenen Konkurrenten die Genehmigung rechtswidrig erteilt wurde. Ob weiterhin die erteilte Genehmigung noch nicht zur Bestandskraft gelangt sein darf, ist Gegenstand des Streits um die Art der zu erhebenden Klage(n).
1. Das Meinungsspektrum Da die Genehmigung unzweifelhaft einen Verwaltungsakt darstellt, sind die statthaften Klagearten auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eingeengt. Über deren Kombinationsmöglichkeit und -notwendigkeit wird kontrovers diskutiert. Die wohl überwiegende Meinung im Wirtschaftsverwaltungsrecht verlangt eine Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. 26 Da der Kläger seine Zulassung begehre, müsse er eine Verpflichtungsklage erheben. Materiell-rechtlich könne er damit jedoch nur zum Erfolg kommen, wenn Kapazitäten dadurch frei werden, daß die Zulassung des Mitbewerbers im Wege eine Anfechtungsklage aufgehoben wird. Beispielhaft erläutert der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Rezeptsammelstellen-Entscheidung, daß der Kläger "gleichsam logisch vorrangig Anfechtungsklage erheben" müsse, "um die dem bisher Begünstigten erteilte Erlaubnis diesem durch Kassation des Erlaubnisbescheides zu entziehen und überhaupt erst wieder vertUgbar zu machen".27 Andernfalls, so die Vertreter dieser Ansicht, werde die Genehmigung bestands-
25 Typische Anwendungsfiille sind das Beamtenrecht (BVerwG, Urt. vom 7. Mai 1981, in: DÖV 1982,76 f.; BVerwG, Urt. vom 25. Aug. 1988, in: NVwZ 1989, 158 f.) und ganz allgemein das Berufszulassungsrecht im Verkehrswesen, Notariats- (BVerfG, Besch!. vom 18. Juni 1986, E 73, 280 [294 tf.] - Notar -) oder Schornsteinfegerwesen (BVerwG, Urt. vom 15. März 1988, E 79,130 tf.). 26 BayVGH, Urt. vom 22. Juli 1982, in: NJW 1984, 680 [681]; Huber (Anm.2) S. 472 f.; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, Berlin 1992 S. 580 ff; BVerwG, Urt. vom 23. Aug. 1994, in: NVwZ 1995,478; BVerwG, Urt. vom 2. Sept. 1983, in: NVwZ 1984, 507; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. vom 22. Feb. 1995, GewAreh 1995,201; Ehlers (Anm. 14) Rn. 662; Quaas, Rechtsfragen der Kontingentgenehmigung im Güterfernverkehr, in: DÖV 1982, 434 [438 f.]; Scherer, Öffentlich-rechtliche Konkurrentenklagen im Wirtschafts- und Beamtenrecht, in: Jura 1985, 11 [16]; Huber (Anm. 2) S. 472 f.; Kalz, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.0kt. 1988, in: DVBI 1989, 561; Pietzcker, in: SchochiSchmidtAßmannlPietzner, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar. München, Loseblatt Stand Mai 1997, § 42 Abs. I Rn. 145; Roth, Rechtliche Probleme der Zulassung von Schaustellern zu Volksfesten, Spezialmärkten und Jahrmärkten, in: WiVerw 1985, 46, 59. 27 BayVGH, Urt. vom 22. Juli 1982, in: NJW 1984,680 [681].
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kräftig und die isolierte Verpflichtungsklage durch Erledigung unzulässig28 oder unbegründet. 29
Im Anschluß an eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Güterkraftverkehrsgesetz30 stellt demgegenüber eine andere Auffassung darauf ab, daß die Bestandskraft der Zulassung des Mitbewerbers durch Rücknahme des Zulassungsverwaltungsakts durchbrochen werden könne. Die Zulassungsbehörde sei bei entsprechender Rechtslage verpflichtet, von Amts wegen ermessensfehlerfrei über eine solche Rücknahme zu entscheiden. Unter Umständen sei sie sogar im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null zu einer Rücknahme verpflichtet, damit einem materiell-rechtlich begründeten Zulassungsbegehren des Klägers entsprochen werden könne. Demnach sei eine Verpflichtungs- oder - bei verbleibendem Ermessensspielraum - eine Bescheidungsklage ausreichend. Einer zusätzlichen Anfechtung der Zulassung des Mitbewerbers bedürfe es nicht. 31 Eine dritte Ansicht kommt mit abweichender Begründung letztlich zum gleichen Ergebnis, hält also auch eine isolierte Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage filr statthaft. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes umfasse die Verpflichtungsklage nicht nur den Antrag auf Aufhebung des eigenen Ablehnungsbescheids, sondern auch die Anfechtung der Zulassung des Konkurrenten. Bei beschränkten Kapazitäten gehe es im Zulassungsverfahren um die Auswahl zwischen den Bewerbern, bei der die Zulassung des einen und die Ablehnung des anderen letztlich nur zwei Seiten desselben Aktes seien. 32
2. Rechtsnatur der Zulassungsentscheidung
Den ersten beiden Auffassungen liegt eine andere Ansicht über die Rechtsnatur der Zulassungsentscheidung zugrunde als der zuletzt genannten Meinung. An der Rechtsnatur der Zulassungsentscheidung muß sich also der Streit entscheiden.
28 OVG Niedersachsen, Urt. vom 3. Juni 1991, in: NJW 1992, 1979 [1980]; Hufen (Anm. 11) § 15 Rn. 7. 29 BayVGH, Urt. vom 22. Juli 1982, in: NJW 1984,680 [681]. 30 BVerwG, Urt. vom 7. Okt. 1988, in: DÖV 1989,557 [557 f.]. 31 Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zustimmend referierend: Kopp (Anm. 16) § 42 Rn.65a, § 113 Rn. 89; Redekerlvon Der/zen, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Auflage, Stuttgart usw. 1996, § 42 Rn. 146; Schenke (Anm. 3) S. 720 ff; Jäde, Anmerkung zu BayVGH BayVB11990, 179 ff, in: BayVB11990, 183. 32 EyermannlFröh/erlKormann Verwaltungsgerichtsordnung. 9. Auflage, München 1988 § 42 Rn. 136. Für das Rundfunkrecht VGH Mannheim, Beschl. vom 14. Dez. 1988, NJW 1990, 340 [341].
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Sieht man die Zulassung des einen Bewerbers und die Ablehnung des Konkurrenten als rechtlich getrennte, wenn auch durch die Knappheit der Genehmigungen sachlich zusammenhängende Verwaltungsakte an 33 , so muß der Kläger entsprechend nebeneinander auch zwei Klageziele verfolgen: 1. die Beseitigung der Erlaubnis des Konkurrenten und 2. die eigene Zulassung. Wenn man die Entscheidung fiir die Zulassung des einen und Ablehnung des anderen als rechtlich einheitlichen Auswahl- und Aufteilungs-Verwaltungsakt ansiehe 4, kommt man zu einem anderen Ergebnis. Wenn Zulassung des Dritten und eigene Ablehnung rechtlich nicht zu trennen sind, kann der Kläger sein Ziel mit einem einzigen Klageantrag (auf Verpflichtung bzw. Bescheidung) erreichen, weil keine Bestandskraft eines von der bloßen Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage nicht erfaßten Gesichtspunkts droht. Soweit eine Auswahlentscheidung getroffen wird, besteht indes kein Anlaß, von der für Zulassungsentscheidungen in vielen Bereichen des Wirtschaftsverwaltungsrechts gewonnenen Erkenntnis35 abzurücken, daß ein sachlicher Zusammenhang zwischen Zulassung und Ablehnung nicht zur Annahme eines einheitlichen Verwaltungsakts zwingt. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch § 44 VwGO, der bei einem einheitlichen Lebensvorgang eine Klagehäufung ermöglicht. Diese setzt aber notwendig wenigstens zwei Streitgegenstände voraus. Die bloße Verptlichtungs- oder Bescheidungsklage enthält aber als Versagungsgegenklage nur einen Authebungsantrag bezüglich der vorangegangenen eigenen Ablehnung. Die Begünstigung des Konkurrenten stellt sich demgegenüber als selbständiger Verwaltungsakt mit dritt-, also den Kläger belastender Doppelwirkung dar. Die Regelungen, welche die Genehmigungserteilung zu Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes regeln, lassen insoweit keine Besonderheiten erkennen. Bei der Auswahl unter den Antragstellern handelt es sich in allen Ländern um mehrere, wenn auch inhaltlich zusammenhängende Verwaltungsakte. Einer isolierten Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage, die auf der Grundannahme der Einheitlichkeit von Ablehnungsund Zulassungsentscheidung fußt, kann demnach nicht gefolgt werden.
33 Schmidt-Preuß (Anm. 26) S. 158 f; Huber (Anm.2) S. 57 ff. und S.431 f; Kopp (Anm. 16) § 113 Rn. 89; BayVGH, Urt. vom 22. Juli 1982, in: NJW 1984, 680 [681]. 34 Die in Anm. 32 Genannten. 3S Besonders pointiert: Schmidt-Preuß (Anm. 26) S. 158 f
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3. Effektivität und Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung Unter den verbleibenden beiden Lösungsansätzen wäre eine isolierte Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage als einfacher (effektiver) vorzuziehen, wenn sich mit ihr das Klageziel, die Verdrängung des zugelassenen Konkurrenten, ebenso effektiv erreichen ließe wie mit einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Neben den Effektivitätsgedanken tritt noch der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Gegen das Erfordernis, zusätzlich eine Anfechtungsklage zu erheben, werden vor allem praktische Einwände geltend gemacht. Der Kläger kenne die Begünstigten häufig nicht; er wisse nicht um deren Verhältnisse und könne die Erfolgsaussichten der Klage nicht abschätzen; schließlich müsse der Kläger das Abwägungsrisiko tragen, welche Genehmigung er angreife, denn beim Angriff auf viele Genehmigungen erhöhe sich sein Kostenrisiko unzumutbar. 36 In rechtlicher Hinsicht stehe dem obsiegenden Kläger ein verfassungsrechtlich garantierter Aufhebungsanspruch (eine Unterform des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs) gegen die Behörde ZU. 37 Eine isolierte Verpflichtungsklage genüge damit. Eine isolierte Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage setzt zunächst voraus, daß zur Durchbrechung der Bestandskraft überhaupt eine Rücknahmemöglichkeit filr die bereits erteilten rechtswidrigen Genehmigungen besteht. Die Rettungsdienstgesetze vieler Länder gehen über die Ermessensvorschrift des § 48 LVwVfG mit einer spezielleren Norm sogar hinaus. Danach muß die erteilte Genehmigung zurückgenommen werden, wenn die (subjektiven) Voraussetzungen bei Genehmigungserteilung nicht vorgelegen haben 38 • Ermessen wie in § 48 LVwVfG ist der Behörde nicht eingeräumt. Da ein Prioritätsprinzip oder Gruppenproporz (Alt-/Neubewerber, Groß-lMittel-lKleinbetriebe39) nicht vorgesehen ist, werden die ausschließenden Konkurrentenklagen sich regelmäßig auch nur auf fehlende Eignung oder gleichheitswidrige Bevorzugung ihrer Konkurrenten stützen können. Die Rücknahmepflicht der Genehmigungsbehörde nach den Rettungsdienstgesetzen greift bei obsiegenden Urteilen der abgelehnten Bewerber damit regelmäßig ein. Für diese Länder sind materiell-
Schenke (Anm. 3) S. 721; zustimmend Hufen (Anm. 11) § 15 Rn. 6. Schenke (Anm.3) S. 722; Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, 5. Auflage, Heidelberg 1997, Rn. 276. 38 § 21 Abs. I RDG BW; § 15 Abs. 1 RDG Bin; § 19 Abs. 1 BremRettG (auch wenn die objektiven Voraussetzungen fehlten); § 15 Abs. 1 HmbRDG (auch wenn die objektiven Voraussetzungen fehlten); § 17 Abs. 1 S. 1 HessRDG; § 26 Abs. 1 S. 1 RettG NW; § 20 Abs. 1 S. 1 RettDG RhPf (das in verfehlter Begrifflichkeit von "widerrufen" spricht); § 18 Abs. 1 S. 1 SaarRettG (auch wenn die objektiven Voraussetzungen fehlten); § 20 Abs. I SächsRettDG. 39 V gl. § 13 Abs. 5 PBefG; § 10 Abs. 3 GÜKG. 36
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rechtliche Gründe, die einer isolierten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage entgegenstehen, nicht ersichtlich. Ein Rücknahmeermessen, das die Behörde bei erfolgreicher isolierter Verpflichtungsklage fehlerfrei ausüben müßte, gibt es allerdings in den Ländern, die ausdrücklich auf ihr Verwaltungs verfahrens gesetz verweisen40 oder gar keine spezielle Rücknahmevorschrift haben. 41 Nur wenn ein Verzicht auf die Rücknahme ermessensfehlerhaft wäre, könnte der Kläger sicher sein, nach einer obsiegenden isolierten Verpflichtungsklage auch tatsächlich zu Notfallrettung und/oder Krankentransport zugelassen zu werden. Gründe rur eine generelle Reduzierung des Rücknahmeermessens sind nicht ersichtlich. Auch kann es gerade im sensiblen Bereich des Rettungswesens Gründe von solchem Gewicht geben, welche die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Zulassung ermessensfehlerfrei rechtfertigen. Demgegenüber garantiert eine zusätzlich Anfechtung der Zulassung des Konkurrenten regelmäßig effektiveren Rechtsschutz, weil der Erfolg des Klägers dann nicht mehr von einer Ermessensentscheidung über die Rücknahme abhängt. Die Klagehäufung ist also in den Fällen, in denen keine rettungsdienstgesetzliche Spezialverpflichtung zur Rücknahme besteht, effektiver. Eine bloße Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage kommt in den Ländern, welche die allgemeine Regeln des § 48 LVwVfG anwenden nicht in Betracht. Die vom Bundesverwaltungsgericht vorausgesetzte zusätzliche tatsächliche Prämisse fiir die Unzumutbarkeit einer zusätzlichen Anfechtungsklage, nämlich die Unüberschaubarkeit der positiv beschiedenen Konkurrenten, ist im Rettungswesen gar nicht erfiillt. Im Rettungswesen ist die Situation (noch) relativ überschaubar, denn es bemühen sich im Vergleich etwa zum Taxenverkehr nur verhältnismäßig wenige Anbieter um eine Genehmigung. Wegen der relativen Übersichtlichkeit der Anbieterstruktur kann von einer Unzumutbarkeit nicht ausgegangen werden. Die notwendigen Informationen über die anzugreifende Genehmigung erhält der Kläger von der Behörde, der gegenüber er einen Akteneinsichtsanspruch um der effektiven Rechtsverfolgung willen hat. 42
4. Ergebnis Im Ergebnis ist demnach zu differenzieren. In den Ländern, in denen das Rettungsdienstgesetz spezialgesetzlich zur Rücknahme der rechtswidrigen Zu-
Art. 10 Abs. 3 BayRDG; § 22 Abs. 5 RDG M-V; § 15 Abs. 8 TH RDG. Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein. 42 Vgl. BVerwG, Urt. vom 23. Aug. 1968, E 30, 154 [168]; OVG NordrheinWestfalen, Urt. vom 22. Juli 1988, in: NJW 1989,544 [544 f.] 40
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lassungen zwingt, genügt eine isolierte Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage. Abgelehnte Bewerber in den Ländern, die der Zulassungsbehörde über die allgemeinen Regeln ein Rücknahmeermessen einräumen, müssen zur effektiven Rechtsverfolgung eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erheben. Die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist wegen (eines möglichen) Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG gegeben43 , wenn der abgewiesene Bewerber substantiiert darlegt, daß er selbst alle subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfiillt. 44
111. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten Die Erteilung von Genehmigungen an Neubewerber kann die Ertragschancen der bislang am Markt Tätigen schmälern. Es liegt daher der Versuch der Etablierten nahe, sich gegen die Zulassung weiterer Konkurrenten gerichtlich zur Wehr zu setzen. Als rechtlich zu unterscheidende Gruppierungen sind einerseits die mit der Durchfiihrung des öffentlichen Rettungsdiensts Beauftragten zu nennen, andererseits die gewerblichen Unternehmer, die neben dem öffentlichen Rettungsdienst Notfallrettung und Krankentransport betreiben.
1. Klagebefugnis bei der negativen Konkurrentenklage Das Kernproblem bei der negativen Konkurrentenklage, also der Klage, mit der allein die Begünstigung (hier: Berufszulassung) eines Dritten angegriffen wird, liegt in der Frage der Klagebefugnis. Sinn des § 42 Abs. 2 VwGO ist in erster Linie, Popularklagen auszuschließen. 45 Ein bereits auf demselben Markt tätiger Unternehmer wird durch die Zulassung eines weiteren Wettbewerbers aber spezifisch betroffen und wäre als Kläger nicht lediglich quivis ex popUIO. 46 Diese Betroffenheit allein macht ihn jedoch noch nicht klagebefugt, weil § 42 Abs. 2 VwGO eine Rechtsverletzung 43 Vgl. Schenke (Anm. 3) S. 721; Huber, in: Stober (Hrsg.), Rechtsschutz im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, Stuttgart usw. 1993, § 5 I 2e (S.70); a.A. Fromm, Zur Konkurrentenklage im PersonenbefOrderungs- und Güterkraftverkehrsrecht, in: WiVerw 1989, 26 [38], der jedenfalls bei einer Vielzahl von Bewerbern Rechtsansprüche generell ablehnt. 44 Vgl. Wahl/Schütz, in: SchochJSchmidt-AßmannlPietzner (Anm.26) § 42 Abs.2 Rn. 307. 45 Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 1986, § 24 Rn. 87; Kopp (Anm. 16) § 42 Rn. 37; Hufen (Anm. 11) § 14 Rn. 72 f 46 So Miebach (Anm. 1) S. 957, der mit diesem Argument die Klagebefugnis bejaht.
III. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten
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voraussetzt. Eine Interessenverletzung genügt hiernach nicht. Zweck des § 42 Abs. 2 VwGO ist nämlich auch die Verhinderung von Interessentenklagen. 47 Den bereits tätigen Unternehmern müssen folglich subjektive öffentliche Rechte zustehen, deren mögliche Verletzung sie substantiiert darzulegen haben. Erste Voraussetzung ist, daß es solche Rechte überhaupt in abstracto gibt. 48 Grundsätzlich gilt, daß allein das faktische Interesse an der Abwehr neuer Konkurrenten niemals ein subjektiv-öffentliches Recht konstituiert. Ein allgemeines subjektiv-öffentliches Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs ist nicht begründbar. 49 Auch wenn der Marktzutritt staatlich reguliert ist, bedeutet die Zulassung weiterer Konkurrenten nicht eine staatliche Benachteiligung gegenüber dem etablierten Wirtschaftssubjekt, sondern die Aufhebung einer im öffentlichen Interesse bestehenden Beschränkung. 50 Begründet wird dies damit, daß die Wettbewerbsposition der Altunternehmer nicht Gegenstand der Zulassungsnonnen ist, sondern die tatsächliche Begünstigung lediglich eine Reflexwirkung darstellt. 51 Das ist auch zwingend, weil Art. 12 Abs. I GG verlangt, daß Konkurrentenschutz auch als Nebenwirkung einer Regelung soweit wie möglich vennieden werden muß. 52 Dem Etablierten fehlt also regelmäßig die Klagebefugnis zur Anfechtung der dem Neubewerber erteilten Zulassung. Eine Ausnahme besteht nach weithin geteilter Ansicht filr den Bereich des Linienverkehrs nach dem Personenbeförderungsgesetz. Danach soll § 13 Abs. 2
47 Ehlers, Die Klagebefugnis nach deutschem, europäischem Gemeinschafts- und U.S.-amerikanischem Recht, in: VerwArch 84 (1993), 139 [141]; Erichsen, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit I, 2. Auflage, München 1984, S. 28. 48 Eh/ers (Anm. 47) S. 147. 49 BVerwG, Urt. vom 23. März 1982, E 65, 167 [174]; Wahl/Schütz, in: Schochl Schmidt-AßmannlPietzner (Anm. 26) § 42 Abs. 2 Rn. 291, 314; Huber (Anm. 2) S. 299; Schmidt-Preuß (Anm. 26) S. 78 mit weiteren Nachweisen; Tünnesen-Harmes, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, mitbearbeitet von Locher u. a, 3. Auflage, Neuwied usw. 1997, § 9 Rn. 60. 50 Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen des öffentlichrechtlichen Drittschutzes, BerIin 1992, S. 193: "Das ausschließlich durch das Gemeinwohl legitimierte Verbot fUhrt zu keinem Anspruch des Etablierten auf Erhaltung der günstigen Relation von ,Kuchen' und ,Essern'''. 51 BVerwG, Urt. vom 28. Juni 1963, E 16, 187 [189]; BVerwG, Urt. vom 29. Aug. 1957, in: NJW 1958,643; BVerwG, Beschl. vom 6. Dez. 1988, in: NJW 1989, 1175; BVerwG, Urt. vom 28. Jan 1960, E 10, 122 [123]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 1. Feb. 1980, in: NJW 1980,2323 [2324]; Eh/ers (Anm. 14) Rn. 661 zum Taxenrecht; Schmidt-Preuß (Anm.26) S.78; Wahl/Schütz, in: SchochlSchmidt-AßmannlPietzner (Anm.26) § 42 Abs.2 Rn. 314; Fromm (Anm.43) S. 30 f.; a.A. Brohm (Anm.l) S. 241; Miebach (Anm. 1) S. 957; Scherer (Anm. 26) S. 12 f; Frers, Die Konkurrentenklage im Gewerberecht, in: DÖV 1988,670 [672 f.]. 52 BVerfG, Beschl. vom 8. Juni 1960, EIl, 168 [188].
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§ 7 Rechtsschutz
PBefG dem Altunternehmer ein subjektiv-öffentliches Recht und somit Klagebefugnis zur Abwehr eines Newcomers vermitteln. 53 Gefolgert hat das BundesverwaItungsgericht dieses zunächst aus dem Anhörungsrecht des Altuntemehmers. 54 Später hat es sich auf das Ausgestaltungsrecht des Altuntemehmers gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2c PBefG n. F. gestützt. Es gebe den etablierten Anbietern einen Vorrang bei der Ausgestaltung neu entstandener oder erkannter Verkehrsbedürfnisse, womit sich das öffentliche Interesse und das Privatinteresse der Altuntemehmer decke 55 und ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht verleihe, weIches schließlich die Klagebefugnis begründe. 56 Ähnlich hat das Bundessozialgericht im Kassenarztrecht zunächst eine Klagebefugnis des Vertragsarztes anerkannt, der sich gegen die Ermächtigung eines Nicht-Kassenarztes zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung wandte. Die einschlägigen Normen 57 räumten den bereits Zugelassenen eine Vorrangstellung ein, die eine Klagebefugnis gegen die Zulassung weiterer Ärzte begründe. 58 Diese Ansicht hat das Bundessozialgericht jedoch alsbald ausdrücklich aufgegeben. 59 Es bleibt daher nur die Linienverkehrsrechtsprechung als Anknüpfungspunkt für ein subjektiv-öffentliches Recht der bereits im Rettungswesen Tätigen gegen den neu Zugelassenen.
53 BVerwG, Urt. vom 20. Nov. 1959, E 9,340 [341 f.]; BVerwG, Urt. vom 25. Okt. 1968, E 30, 347 [348 f.] zu § 13 Abs. 3 PBefG 1961. 54 Erstmals BVerwG, Urt. vom 7. Juni 1955, E 2, 141 [141 f.] zu § 9 DVPBefG vom 26. Feb. 1935 (RGBI I, S. 473), das ein Widerspruchs- und förmliches Bescheidungsrecht des Altunternehmers vorsah. Das Anhörungsrecht ist heute in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG geregelt, allerdings ohne die weitergehenden früheren Rechte. Erneut BVerwG, Urt. vom 20. Nov. 1959, E 9, 340 [341 f.]. Zustimmend Ehlers (Anm. 14) Rn. 661; Locher, in: Jarass (Anm. 49) § 18 Rn. 32. 5S Zur Repäsentationsfunktion des einzelnen Linienverkehrsunternehmers Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrenzschutz, Berlin 1971, S. 73. S6 BVerwG, Urt. vom 25. Okt. 1968, E 30, 347 [348]; BVerwG, Urt. vom 16. Juli 1980, in: Städtetag 1981, 667; Fromm (Anm.43) S.28; Wahl/Schütz, in: Schoch! Schmidt-AßmannlPietzner (Anm.26) § 42 Abs.2 Rn. 316; Preu (Anm.50) S. 195 f; Huber (Anm. 2) S. 124,306. 57 §§ 368 Abs. 1 S. 1, 368k Abs. 1 S. 1, 368e S. 1, 368a Abs. 4, 368n RVO a.F. = Art. 5 Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dez. 1988 (BGBI. I, S. 2477). 58 BSG, Urt. vom 27. Okt. 1987, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1989, S. 120 [120 ff.] mit Anm. Papier. S9 BSG, Urt. vom 15. Mai 1991, in: NJW 1991,2989 [2990].
III. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten
233
2. Etablierte Unternehmer neben dem öffentlichen Rettungsdienst
Eine negative Konkurrentenklage wäre am ehesten von den etablierten Unternehmern zu erwarten, die nicht mit der DurchfUhrung des öffentlichen Rettungsdienstes beauftragt und damit nicht in die vielgestaltigen Finanzierungssicherungssysteme eingebunden sind. Als mögliche drittschützende und damit zur Klage berechtigende Norm kommt nur die jeweilige Funktionsschutzklausel in Betracht. Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen dienen nämlich offensichtlich dem Schutz der Patienten. Doch auch die Normen, die die Zulassung weiterer Unternehmer mit Rücksicht auf das "öffentliche Interesse an einem funktionsflihigen Rettungsdienst" begrenzen, können ein subjektives Schutzrecht der Altunternehmer vor Newcomern nicht begründen. Das ergibt sich zunächst aus der Ansicht der Rechtsprechung und zum Teil der Literatur zur Vorbildnorm des § 13 Abs.4 PBefG. Danach dient die objektive Zulassungsschranke im Taxenverkehr ausschließlich öffentlichen Interessen. 6o Diese Stoßrichtung wird in den entsprechenden rettungsdienstlichen Schrankenbestimmungen durch die Betonung des "öffentlichen Interesses an ... " noch unterstrichen. Auch wenn dieses öffentliche Interesse als legitimierendes Abstraktum Zweifeln ausgesetzt ist6 1, dient die Funktionsschutzklausel allein dem öffentlich durchgefUhrten Rettungsdienst und nicht den Wirtschaftsinteressen der außerhalb tätigen Unternehmer. Ebenso wie bei anderen Zulassungsbeschränkungen im Wirtschaftsverwaltungsrecht ist der von ihr ausgehende Schutz nur Reflex, aber nicht Ziel der Regelung. Jedenfalls den bereits tätigen Krankentransporteuren außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes fehlt damit die zur Anfechtung einer dem Konkurrenten erteilten Genehmigung erforderliche Klagebefugnis.
3. Durchführungsbeauftragte des öffentlichen Rettungsdienstes
Diejenigen, die mit der DurchfUhrung des öffentlichen Rettungsdienstes betraut sind, stellen die zweite potentielle Klägergruppe gegen die Zulassung weiterer privater Unternehmer. Es kommen insbesondere die teilweise gesetzlich bevorzugten Hilfsorganisationen in Frage. Die EinfUhrung der objektiven Zulassungs schranken im Rettungsdienst geht nämlich nicht zuletzt auf deren (politische) Initiative zurück.
60 BVerwG, Urt. vom 7. Sept. 1989, E 82, 295 [302]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 1. Feb. 1980, in: NJW 1980,2323; BVerwG, Urt. vom 28. Juni 1963, E 16, 187 [189]; Ehlers (Anm. 14) Rn. 661; Erichsen (Anm. 47) S. 386; a.A. Brohm (Anm. 1) S. 240 f.; Miebach (Anm. 1) S. 957; Scherer (Anm. 26) S. 14 f. 61 Siehe oben S. 177 ff.
234
§ 7 Rechtsschutz
a) Beteiligung am VerfahreniBetriebspflichtlVorrangstellung
In Parallelität zur früheren Rechtsprechung zum Linienverkehr könnte man aus dem Anhörungsrecht, das zum Teil den Hilfsorganisationen und anderen am Rettungswesen Beteiligten bei der Genehmigungsvergabe eingeräumt wird62 , eine Klagebefugnis ableiten. Eine solche kann sich aus einer gesetzlich vorgesehenen Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren zwar grundsätzlich ergeben63 • Sie ist aber ausgeschlossen, wenn die Beteiligung ausschließlich im öffentlichen Interesse zur Information der Behörde vorgesehen ist. 64 Anhaltspunkte dafilr, daß der Zweck der Anhörung hierüber hinausgeht, gibt es nicht. Die Materialien begründen die Anhörung lediglich mit dem Bedürfnis der Behörde nach Information. 65 Systematisch wird dies dadurch gestützt, daß die Anhörung bei eigener Sachkenntnis der Behörde unterbleiben kann. 66 Schließlich spricht der große Kreis der Anhörungsberechtigten dagegen, daß jedem von ihnen ein Klagerecht eingeräumt ist. Die Beteiligung der Durchftlhrenden am Genehmigungsverfahren gibt ihnen folglich kein Klagerecht. 67 Denkbar ist darüber hinaus noch, daß die Betriebspflicht, der die Durchfiihrungsbeauftragten unterliegen, eine Klagebefugnis schafft. 68Aber erstens unterliegen auch die privaten Unternehmer außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes einer solchen Betriebspflicht69 und zweitens gibt es eine solche Pflicht 62 Art. 8 Abs. 1 BayRDG; § 16 Abs. 3 SaarRettG; § 15 Abs. 3 S. 1 LV.m. § 6 Abs. 3 RDG-LSA; §§ 19 Abs. 1 RDG BW, 12 Abs. 1 RDG BIn, 11 Abs. 1 S. 1 HmbRDG, 17 Abs. 1 RettDG RhPf, 18 Abs. 1 SächsRettDG verweisen sogar nur auf die Anhörungsvorschrift des § 14 PBefG; ähnlich § 21 Abs. 1 RettG NW; § 21 Abs. 1 S. 1 NdsRettDG: nur Kostenträger; § 19 HessRDG: nur Unterrichtung nach Entscheidung. 63 Schmidt-Aßmann, in: von MUnchIKunig, Grundgesetz, Bd. I, München 1995, Art. 19 Abs. 4 Rn 151; Kopp (Anm. 16) § 42 Rn. 42b. 64 Kopp (Anm. 16) § 42 Rn. 83; Redekerlvon Oertzen (Anm. 31) § 42 Rn. 146. 65 LT-Drs. Bayern 11116437 S. 14; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 1113181 S. 57; LTDrs. Saarland 10/1339 S. 9. Ebenso BayVGH, Urt. vom 16. Dez. 1993, in: BayVBI 1994,407 [409] mit Anmerkung Oehler. 66 § 21 Abs. 3 RettG NW; § 16 Abs. 3 S. 4 SaarRettG. Für die verweisenden Landesgesetze (siehe Anm. 62): § 14 Abs. 3 S. 1 PBefG. 67 Im Ergebnis ebenso: VG Augsburg, Urt. vom 10. Sept. 1993 - 3 K 92.01608 (unveröffentlicht) S. 13 des Umdrucks; BayVGH, Urt. vom 23. Nov. 1994 - 4 B 93.3544(unveröffentlicht) S. 11 des Umdrucks; Ruthig, Konkurrentenrechtsschutz im Rettungsdienstwesen, in: BayVBI 1994,393[395]. 68 So zu § 90 Abs. 1 S.4 GüKG a.F.OVG Niedersachsen, Urt. vom 9. Jan. 1959, E 13, 509 [510 ff]; vgl. Tünnesen-Harmes, in: Jarass (Anm. 49) § 9 Rn. 60 und Locher, ebd, § 18 Rn. 32. 69 § 23 RDG BW; Art. 14 BayRDG; § 16 RDG BIn; § 18 HmbRDG; § 23 HessRDG; § 25 RDG M-V; § 25 NdsRettDG; § 23 RettG NW; § 24 RettDG RhPf; § 19 RettDG RhPf; § 19 SaarRettG; § 21 SächsRettDG; § 17 RDG SH; § 17 TH RDG.
III. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten
235
auch in anderen Bereichen, ohne daß hieraus ein subjektives Abwehrrecht der Altunternehmer gefolgert würde. 70 Als weiteres Argument filr die Klagebefugnis, insbesondere der Hilfsorganisationen, wird deren Privilegierung bei der Durchführungsbeauftragung in einigen Ländern 71 genannt. Diese Bevorzugung sei mit einer vorderen Rangstelle auf den Vormerklisten nach § 13 Abs.5 PBefG vergleichbar. 72 Nach der hier vertretenen Konzeption kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Vorrangnormen rechtswidrig und damit nichtig sind. 73 Doch selbst wenn man die Privilegierungsvorschriften als verfassungsgemäß ansieht, können sie keine Klagebefugnis des Konkurrenten außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes begründen. Auf der einen Seite geht es um zwei grundsätzlich verschiedene Tätigkeitsmodalitäten des Rettungswesens. Auf der anderen Seite ist die Annahme fehlsam, den Durchführungsbeauftragten des öffentlichen Rettungsdienstes könnten eventuell benötigte Genehmigungen versagt werden, wenn es außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes "zu viele" Genehmigungsinhaber gebe. 74 Die Funktionsschutzklausel hat ausweislieh ihres Wortlauts nur den öffentlich durchgefilhrten Rettungsdienst zum Schutzobjekt. Allein auf dessen Lage wird abgestellt, nicht auf die Konkurrenzsituation außerhalb. Die Privilegierung der Hilfsorganisationen in einigen Landesgesetzen kann deren Klagebefugnis damit auch nicht begründen.
b) Die Funktionsschutzklausel als drittschützende Norm
Ein Ausgestaltungsrecht der Durchführungsbeauftragten, das dem der Linienverkehrsunternehmer ähnlich wäre, ist den Rettungsdienstgesetzen fremd. Es stellt sich damit die Frage, ob "Funktionstahigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes" zugleich die Funktionstahigkeit der mit seiner Durchführung Betrauten meint. Ist das der Fall, entfaltet sie drittschützende Kraft. In der Rechtswirklichkeit wird bei der Prüfung der Funktionsfähigkeit ausschließlich auf finanzielle Aspekte des öffentlichen Rettungsdienstes abgestellt. 7s Da dieser zu weiten Teilen durch die privaten Hilfsorganisationen durchgeführt wird, geht es Gedenfalls mittelbar) auch um deren Lage und die der übrigen Beauftragten. Es ist daher denkbar, daß dieser faktischen Berück70 Vgl. VG Oldenburg, Urt. vom 24. Juni 1986, in: GewAreh 1987, 19 [20]; SchmidtPreuß (Anm. 26) S. 406 zum Taxenrecht. 71 Siehe oben S. 99 ff. 72 Ruthig (Anm. 67) S. 396. 73 Siehe oben S. 104 ff; S. 115 ff. 74 Ruthig (Anm. 67) S. 396. 75 Siehe oben S. 183 ff.
236
§ 7 Rechtsschutz
sichtigung auch ein subjektives Recht der Durchführungsbeauftragten korrespondiert. Ein solches ist aus der Funktionsschutzklausel dann ableitbar, wenn vom "öffentlichen Interesse an einem funktionsfähigen öffentlichen Rettungsdienst" auch das an funktionsfiihigen Durchführungsbeauftragten erfaßt ist. Denn eine Norm ist dann drittschützend, wenn sie jedenfalls neben dem mit ihr verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutzbereich von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist. 76 Ob das der Fall ist, muß durch Auslegung ermittelt werden. 77 Der Wortlaut spricht, wie bereits soeben ausgeftlhrt, gegen die Bejahung von Drittschutz. Die Rechtsprechung zum Linienverkehr zeigt jedoch, daß das "öffentliche Interesse" auch die Interessen der Sicherstellungsverpflichteten erfassen kann 78 ; der Wortlaut ist also interpretationsfähig. Die Funktionsfiihigkeitsklauseln sprechen allerdings nur vom öffentlichen Rettungsdienst selbst. Dieser wird von den jeweiligen Körperschaften getragen, nicht von den Durchführungsbeauftragten. Zwischen beiden ist klar zu trennen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Linienverkehr begründet, bei dem es die Doppelkonstruktion Aufgabenträger und Durchführungsbeauftragte nicht gibt. Führt das Gebrauchmachen von einer einem privaten Unternehmer erteilten Genehmigung zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfiihigkeit des Rettungsdienstes, ist deshalb aus rechtlicher Sicht nur der Kreis der Aufgabenträger betroffen. Die Durchführungsbeauftragten sind höchstens tatsächlich berUhrt. 79 Dieser Einwand findet seine systematische Bestätigung in den gesetzlichen Anweisungen, wie die Lage des öffentlichen Rettungsdienstes festzustellen ist. Die zu erhebenden Parameter beziehen sich auf den gesamten Rettungsdienstbereich80, das heißt auf alle Durchführenden. Diese sind aber höchstens in ihrer Gesamtheit erfaßt; ein Abstellen auf einen Einzelnen oder eine spezielle Hilfsorganisation ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Durchführenden sind durch weitere Genehmigungserteilungen nur mittelbar und tatsächlich betroffen. Für die Länder, die den öffentlichen Rettungsdienst den Trägem als Auftragsangelegenheit zugewiesen haben, sei noch darauf hingewiesen, daß die Träger durch eine rechtswidrige Genehmigung nicht in ihren Rechten beein-
76 BVerfG, Besch\. vom 17. Dez. 1969, E 27, 297 [307); BVerwG, Urt. vom 22. Dez. 1990, E 61, 256 [262); BVerwG, Urt. vom 23. März 1982, E 65,167 [170). 77 BVerwG, Urt. vom 1. März 1978, E 55, 280 [285). 78 BVerwG, Urt. vom 28. Juli 1989, E 82, 260 [264). 79 BayVGH, Besch\. vom 16. Dez. 1993, in: BayVB11994, 407 [408); BayVGH, Urt. vom 23. Nov. 1994 - 4 B 93.3544 - (unveröffentlicht) S. 8 des Umdrucks. 80 Vg\. oben Tabelle 2 Zeile 4 (S. 157 ff).
III. Klage gegen die Neuzulassung eines Konkurrenten
237
trächtigt sein können (sofern unterschiedliche Rechtsträger vorhanden sind). Die Rechtsstellung der Durchftlhrungsbeauftragten kann nicht darüber hinausgehen. 8l Da die gefundene Auslegung auch im Willen des historischen Gesetzgebers ihre Bestätigung findet 82 , kann man nicht davon ausgehen, daß die Funktionsschutzklauseln auch im (Dritt-)Interesse der Durchfilhrungsbeauftragten erlassen sind. Aus ihnen können sie keine Klagebefugnis herleiten.
c) Grundrechte Nachdem dem Anwendungsvorrang des einfachen Rechts 83 Genüge getan ist, kommen noch die Grundrechte der Konkurrenten als Begründer einer Klagebefugnis in Frage. Eine Verletzung des Art. 14 GG scheidet aus, da dieses Grundrecht weder die wirtschaftlichen Wettbewerbschancen der Unternehmer noch die Aufrechterhaltung einer hohen Auslastung der öffentlichen Rettungsdiensteinrichtungen schützt. Eine Beeinträchtigung des Art. 14 GG setzt in diesem Zusammenhang zudem die ernsthafte Gefiihrdung der wirtschaftlichen Existenz voraus. 84 Eine solche läßt sich aber im Rettungswesen regelmäßig nicht belegen. 85 Auch Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Dieser schützt zwar vor berufsund gewerbespezifischen staatlichen Eingriffen, nicht aber vor hoheitlichen Maßnahmen, die Mitbewerbern die gleichen Wettbewerbschancen einräumen. 86 Durch die Berufsausübung Dritter wird das Berufsrecht des Altunternehmers höchstens mittelbar betroffen. Die bei mittelbaren Eingriffen vorausgesetzte erhöhte Betroffenheitsintensität setzt voraus, daß durch sie ein faktischer Aus-
81 BayVGH, Urt. vom 23. Nov. 1994-4 B 93.3544-(unveröffentlicht) S.9 des Umdrucks. 82 LT-Drs. Bayern 11/16437 S. 14; LT-Drs. Berlin 12/2881 S. 13; LT-Drs. Sachsen 1/2339 S. 50 erklären ausdrücklich, die Funktionsschutzklausel sei keine Existenzsicherungsklausel rur bestimmte Organisationen oder Unternehmen, sondern rur den Rettungsdienst insgesamt. Ähnlich LT-Drs. Rheinland-Pfalz I J/4287 S. 32. 83 Wahl/Schütz, in: SchochlSchmidt-AßmannlPietzner (Anm. 26) § 42 Abs. 2 Rn. 57; Rn. 294 ff. speziell zum Wirtschaftsverwaltungsrecht. 84 BVerwG, Urt. vom I. Dez. 1982, in: NVwZ 1983, 151 [152]; BVerfG, Urt. vom 13. Feb. 1964, E 17, 232 [248] - Apothekenbetriebserlaubnis -; BVerfG, Besch\. vom 18. März 1970, E 28, 119 [142] - Spielbankenzulassung -. 85 Siehe oben S. 187 ff; auch Ruthig (Anm. 67) S. 394. 86 BVerwG, Urt. 23. März 1982, E 65, 167 [173 f.]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 22. Sept. 1982, in: NVwZ 1984, 522 [534 f] jeweils mit weiteren Nachweisen; BayVGH, vom 10. Apr. 1984, in: NJW 1985,758 [759].
238
§ 7 Rechtsschutz
schluß vom Wettbewerb bewirkt wird 87 • Treten wie hier bloße Wettbewerbsnachteile ein, verleiht Art. 12 Abs. I GG einem betroffenen Dritten kein subjektives Abwehrrecht. 88
4. Ergebnis Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß weder die frei tätigen Unternehmer noch die Durchfiihrungsbeauftragten durch die Zulassungsbeschränkungen geschützt werden. Ihnen fehlt damit das subjektiv-öffentliche Recht und folglich die Klagebefugnis, um die einem Neubewerber erteilte Genehmigung zulässig anzufechten.
87 BVerwG, Besch!. vom 1. März 1978, in: NJW 1978, 1539 [1540]; BVerwG, Besch!. vom 20. Juli 1982, in: NVwZ 1984, 306 [307]. 88 Vg!. Frers (Anm. 51) S. 676; Fromm (Anm. 43) S. 29; Erichsen (Anm. 47) S. 387 mit weiteren Nachweisen; a.A. Scherer (Anm. 26) S. 13.
Anhang I. Rettungsdienstgesetze Baden-Württernberg
Gesetz über den Rettungsdienst (RDG BW) vom 19. Nov. 1991 (GBI. S. 713), geändert durch Gesetz vom 18. Dez. 1995 (GBI. S. 879)
Bayern
Bayerisches Gesetz zur Regelung von Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst (BayRDG) vom 10. Aug. (GVBI. S. 282), geändert durch Gesetz vom 28. Dez. 1992 (GVBI. S. 781)
Berlin
Gesetz über den Rettungsdienst tUr das Land Berlin (RDG Bin) vom 8. Juli 1993 (GVBI. S. 313)
Brandenburg
Gesetz über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (BgbRettG) vom 8. Mai 1992 (GVBI. I. S. 170), geändert durch Art. 4 des 1. Haushaltsstrukturgesetzes 1997 vom 17. Dez. 1997 (GVBI. I. S. 358)
Bremen
Gesetz über den Rettungsdienst im Lande Bremen (BremRettG) vom 22. Sept. 1992 (Brern.GBI. S. 589)
Hamburg
Hamburgisches Rettungsdienstgesetz (HrnbRDG) vom 9. Juni 1992 (GVBI. S. 117)
Hessen
Hessisches Rettungsdienstgesetz (HessRDG) vom 5. April 1993 (GVBI. I. S. 268)
MecklenburgVorpommern
Gesetz über den Rettungsdienst tUr das Land MecklenburgVorpommern (RDG M-V) vom 1. Juli 1993 (GVOBI. S. 623/ ber. S. 736)
Niedersachsen
Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz (NdsRettDG) vom 29. Jan. 1992 (Nds.GVBI. S. 21)
Nordrhein-Westfalen
Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (RettG NW) vom 24. Nov. 1992 (GV NW S. 458)
Rheinland-Pfalz
Landesgesetz über den Rettungsdienst sowie Notfall- und Krankentransport (RettDG RhPf) vom 22. April 1991 (GVBI. S.217)
240
Anhang
Saarland
Saarländisches Rettungsdienstgesetz (SaarRettG) vom 9. Feb. 1994 (Amtsbl. S. 610), geändert durch Gesetz Nr. 1381 vom 27. Nov. 1996 (Amtsbl. S. 1313)
Sachsen
Gesetz über den Rettungsdienst, Notfallrettung und Krankentransport ftlr den Freistaat Sachsen (SächsRettDG) vom 7. Jan. 1993 (GVBI. S. 9), geändert durch Art. 11 des Sächsischen Aufbaugesetzes vom 4. Juli 1994 (GVBI. S. 1261)
Sachsen-Anhalt
Rettungdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (RDG-LSA) vom 11. Nov. 1993 (GVBI. S. 699)
Schieswig-Hoistein
Gesetz über die Notfallrettung und den Krankentransport (RDG SH) vom 29. Nov. 1991 (GVOBI. S. 579), berichtigt durch Gesetz vom 16. Jan. 1992 (GVOBI. S. 32)
Thüringen
Thüringer Rettungsdienstgesetz (TH RDG) vom 22. Dez. 1992 (GVBI. S. 609)
11. Parlamentarische Drucksachen zum Rettungsdienst 1. Amtliche Begründungen zu den Rettungsdienstgesetzen Baden-Württemberg
Landtagsdrucksache 10/5817
Bayern
Landtagsdrucksache 11/16437
Berlin
Drucksache des Abgeordnetenhauses 12/2881
Brandenburg
Landtagsdrucksache 1/629
Bremen
Bürgerschaftsdrucksache 12/314
Hamburg
Bürgerschaftsdrucksache 14/300
Hessen
Landtagsdrucksache 12/7214
Mecklenburg-Vorpommern
Landtagsdrucksachen 1/3000 und 1/3278 (neu)
Niedersachsen
Landtagsdrucksache 12/2281
N ordrhein-Westfalen
Landtagsdrucksache 11/3181
RheinlandIPfalz
Landtagsdrucksache 11/4287
Saarland
Landtagsdrucksache 10/1339
Sachsen
Landtagsdrucksache 1/2339
Sachsen-Anhalt
Landtagsdrucksache 1/1952
Schieswig-Hoistein
Landtagsdrucksache 12/1466
Thüringen
keine Amtliche Begründung, nur Plenarprotokolle 1/59 (S. 4254) und 1/70 (S. 5034)
241
Anhang
2. Weitere ausgewAhlte Drucksachen Thema
FundsteIle
Ausgabenentwicklung im Rettungswesen
Bundestagsdrucksache 12/4997 Bundestagsdrucksache 12/5054
Begründung des abgelehnten Entwurfs zur Änderung des Personenbefbrderungsgesetzes von 1985
Bundestagsdrucksache 1013425
Begründung zum Sechsten Gesetzes zur Änderung des Personenbefbrderungsgesetzes von 1989
Bundestagsdrucksache 1112170
Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1993
Bundestagsdrucksache 12/8335
Überblick über das Rettungswesen in Hessen vor der Gesetzesnovelle
Landtagsdrucksache Hessen 12/2871
Umfangreiche Bestandsaufnahme und Bewertung des hessischen Rettungswesens in rechtlicher, organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht vor der Gesetzesnovelle
Landtagsdrucksache Hessen 12/4271
Wettbewerbssituation im Rettungswesen vor der Gesetzesnovelle
Landtagsdrucksache Hessen 12/2795
Finanzierung der Rettungsleitstelle
Landtagsdrucksache Hessen 13/2774
Bericht über den Entwurf des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes
Landtagsdrucksache Niedersachsen 12/3016
Zusammenstellung der Rettungsdienstgebühren und deren Anhebung von 1994 bis 1995/96
Landtagsdrucksachen Mecklenburg-Vorpommern 2/115 und 2/2322
16 Schulte
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Register Akteneinsichtsanspruch 229 Amerikanische Besatzungszone 29 Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts 215 Arbeitsgruppe "Strukturfragen 25 argumentum a minore ad maius 164 Aufgabe des Rettungsdienstes 36 Auftragsangelegenheit 36 Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen 181 Ausländische Leistungserbringer 206 Ausschreibungspflicht 140 Ausschuß "Rettungswesen" 31 Bedarfsdeckungsgeschäft 124 Bedürfnisprüfung 162, 217 Behindertenfahrt 24 Bekannt und bewährt 109 Beleihung 85 - Aufgabentheorie 87 - Befugnistheorie 88 -Zweck 86 Berlin 36 - Berufsfeuerwehr, SichersteIlungspflicht 45 - Gebührenerhebung 60, 85 - Organisation des Rettungsdienstes 44 - Staatsaufgabe Notfallrettung 66 - Trennung Notfallrettung und Krankentransport 199 - Trennung Notfallrettung/ Krankentransport 44 - Übertragungsvertrag 123 Berufsfeuerwehr 29,32 -Berlin 45 Berufsfreiheit - Anforderungen an Nachweis 202 - Argumentationsvorsprung des Gesetzgebers 189 - Berufswahl-/-ausübungsregelung 171 - Gemeinnützige Tätigkeiten 169 - Höchste Wertigkeit des Rechtsguts 176 - Klagebefugnis 237
-
Leben und Gesundheit 175 Literaturkritik 177 Schützenswertes Gemeinschaftsgut 174 Schutzgut Notfallrettung 201 Schutzgut öffentlicher Rettungsdienst 179 Betriebspflicht 234 Boykottmaßnahmen 33, 115 Brandenburg - Organisation des Rettungsdienstes 45 Britische Besatzungszone 29 Budget des Rettungswesens 15 Bund-lLänder-Ausschuß "Rettungswesen" 21,31,35 Bundesanstalt filr Straßenwesen 198 Bundesrecht bricht Landesrecht 137 Bundestreue 138 Bundesverfassungsgericht - Berufsfreiheit (Art. 12 GG) 166 -GüKG 192 - Kompetenzverteilung 134 - Krankenhauswesen 65 - Neue Formel (Art. 3 GG) 107 - Öffentliche Aufgabe 63 - Sozialstaatsprinzip 82 - Subjektive Beteiligungsrechte 42 - Subsidiaritätsprinzip 77 - Taxenverkehr 202 Bundesverwaltungsgericht - BbgRettG 46 - Kontrolldichte 223 - Schutzgut Notfallrettung 201 DDR 37 DDR-Rettungsdienstgesetz 39, 45 Deregulierung 51 Deutscher Samariterbund 28 Deutsches Rotes Kreuz 29,32 Deutschritterorden 27 DienstIeistungsfreiheit 218 - Diskriminierungsverbot 218 - DienstIeistungsrichtIinie 141 DlN 13050 19
262
Register
Doppelqualifikation 125 Drei-Stufen-Theorie 167 Dringliche Medizinische Hilfe (DMH) 38 Dringlicher Hausbesuchsdienst (DHD) 38 Durchfiihrungsvergabe 140, 141 - Beschränkte Ausschreibung 147 - Dienstleistungsrichtlinie 141 - Femmeldetünne-Fall 145 -GemHVO 146 - VOL 141 Einfache Krankenfahrt 22 Eingliederungsmodell 43 Einheit von Notfallrettung und Krankentransport 195 Einsatzanlässe 196 Einsatzfelder Notfallrettung 20 Einzelfallbetrachtung 165 Erscheinungsfonnen der öffentlichen Hand im Rettungswesen 16, 165 Erste gesetzliche Grundlagen 31 "Erst-recht"-Schluß 164 Europarecht 206 - Klagebefugnis 222 - Praktische Relevanz 206 Fachliche Eignung 154 Fiktion der Genehmigungserteilung 222 Finanzausgleich 41 Finanzierungsinstrumente 54 Fonnaler Gesetzesaufbau 35 Französische Besatzungszone 29 Funktionsfähigkeit 183 -BayVGH 184 - Begriff 183 - Ökonomische Gesichtspunkte 185 Funktionsschutzklausel 162, 173 - Doppelauslastung Notfallrettungsmittel 200 - Eignung 187 - Einheit Notfallrettung und Krankentransport 195 - Erforderlichkeit 191 - Ertragslage der Hilfsorganisationen 187 - Gewinnerwartungen Privater 191 - Kapazitätsauslastung 187 - Medizinisch-organisatorische Einheit 198 - Öffentliches Interesse 175 - Schutz der Notfallrettung 200
- Sicherstellungsptlicht 191 - Steuennittel 192 Gebühr (Begriff) 93 Gebühren 56 Gemeindehaushaltsverordnung 146 Genehmigung nach PBefG 33 Genehmigungsanspruch 162 Genehmigungsptlicht 152 -Beginn 152 - Brandenburg 152 - Öffentlich Beauftragte 153 Genehmigungsvoraussetzungen 153 Genehmigungsvoraussetzungen, objektiv 155 - § 13 Abs. 4 PBefG 155 - Synopse 157 Genehmigungsvoraussetzungen, subjektiv 153 Genfer Konvention 27 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 116 - Anwendungsausnahmen 130 - ÄndGPBefG 130 - Bundestreue 138 - Fortgeltende Bundeskompetenz 135 - Landeskompetenz 132 - Materialien 131 - Rettungsdienstgesetze 132 - Ausschreibungsptlicht 140 - Bedarfsmarktkonzept 118 - Geschäftsverkehr 119 - Marktbeherrschung 118 - Nachfrage der Rettungsdienstträger 118 - Öffentliche Hand - Auto-Analyzer (BGH) 126 - Doppelqualifikation 125 - Doppelqualifikation (Kritik) 126 - Gefahrenabwehr 122 - Handeln im Geschäftsverkehr 127 - Hilfsmittellieferanten 129 - Öffentlich-rechtlicher Vertrag 123 - Unternehmensbegriff 121 - Wettbewerbsverhältnis 126 - Zweiaktiges Verfahren 127 Ungleichbehandlung 120 Gesetzgebungskompetenz 31, 34 Gewerbeordnung 163 Gutachten zur Wirtschaftlichkeit 182 Helfer im Katastrophenschutz 113
Register Hessen - Organisation des Rettungsdienstes 48 - Zentralen Leitstelle 50 Hilfsmittellieferanten 129 Hilfsorganisationen 32 - Art. 3 GG 106 - Begriff 104 - Bekannt und bewährt 109 - Gemeinnützige GmbHs 113 - Gesetzliche Bevorzugung 106 - Zivil-lKatastrophenschutz 111 Hoflieferanten 116 Inländergleichbehandlung 211 Interessentenklagen 231 Investitionskosten 41
263
Krankenbeilirderung, Tätigkeitsmodalitäten 50 Krankenfahrt 24,26 Krankenhausgesetz (KHG) NW 1975 65 Krankentransport - "Transportschein" 24 - Ärztliche Verordnung 23 - Begriff 22, 26 - Behindertenfahrt 24 - Fachgerechte Hilfe 25 - Krankenfahrt 22, 24 - Medizinisch-fachliche Betreuung 22 - Qualifizierter Krankentransport 22 Krankentransportrichtlinien 19 Krankentransportwagen 199 Krankentransportwagen (KTW) 23 Kreuzzüge 27
Johanniter-Unfallhilfe 32 Kapazitätsabbau 193 Kapazitätsauslastung 187 Kartellrecht siehe Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Kassenarzt 232 Klagebefugnis 230 Kompetenz-Kompetenz 72 Konkurrentenklage 220 - Altuntemehmer 233 - Ausschließende Konkurrentenklage 220, 225 - Begriff 220 - Betriebspflicht 234 - Drittschützende Funktionsschutzklausel 235 - Durchfilhrungsbeauftragte 233 - Gerichtliche Kontrolldichte 222 - Grundrechte 237 - Kassenarzt 232 - Klagebefugnis 230 - Linienverkehr 231 - Negative Konkurrentenklage 221,230 - Positive Konkurrentenklage 220 - EG-Vertrag 222 - Zulässigkeit 221 - Privilegierung 235 - Reflexwirkung 231 - Spruchreife 223 - Subjektiv-öffentliches Recht 231 - Verfahrensbeteiligung 234 Konzessionssystem 54, 58 Kosten des Rettungsdienstes 181
Leben und Gesundheit 175 Linienverkehr 231 Malteser Hilfsdienst 32 Mangel an gesetzlichen Grundlagen 30 Massenmotorisierung 30 Militärisch-zivile Zusammenarbeit 29 München 188 Musterentwurf 1973 31 Musterentwurf 1989 35, 155 Nachkriegsentwicklung 29 Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit - Anwendungsvoraussetzungen 207 - Gemeinnützige Personen 209 - Grenzüberschreitender Sachverhalt 207 - Öffentliche Gewalt 208 - Verkehr 207 Niederlassungsfreiheit 211 - Art. 56 I EGV 215 - Beschränkungsverbot 213 - Diskriminierungsverbot 211 - Offene Rettungsdienstgesetze 211 - Privilegierende Rettungsdienstgesetze 211 - Versteckte Diskriminierung 212 - Wiedererteilung abgelaufener Genehmigungen 212 Niedersachsen - Gewachsene Strukturen 138 - Organisation des Rettungsdienstes 44 - Staatsaufgabe Notfallrettung 66
264 - Trennung Notfallrettung und Krankentransport 199 Notfallrettung - Begriff 20, 25 - Teilaufgaben 20 Öffentliche Aufgabe 62 - "Öffentlich-rechtliche" Aufgabe 63 - als Legitimationsgrundlage 64 - Ansicht der Literatur 67 - Bundesverfassungsgericht 63 Öffentliche Beauftragung - Attraktivität 41 - Finanzausgleich 41 - Investitionskosten 41 - Unternehmerisches Risiko 42 - Wiederbeschaffungskosten 41 Öffentliche Gewalt (Art. 55 I EGV) 208 Öffentliche Trägerschaft 35 Öffentlicher Rettungsdienst siehe auch Durchflihrungsvergabe - Anspruch auf Übertragung 100 - Entgelte 58 - Gebühren 56 - Mitwirkungskonzepte 98 - Kann-/Soll-Übertrager 101 - Muß-Übertrager 99 - Rechtsbeziehungen 55 - Schutzgut der Berufsfreiheit 179 - Sicherstellungspflicht 51 - Staatliche/öffentliche Aufgabe 61 - Tatsächliche Durchfilhrung 51 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 123 Organisationsgesetze 32 Organisationsmodelle 42 Personenbefiirderungsgesetz 33 - Definitorische Unterschiede 23 Popularklagen 230 Preise öffentlich beauftragter und gewerblicher 183 Primärtransport 21 Private NotfallrettunglKrankentransport 37 Private Unternehmer 32 Privatisierung - Aufgabenqualität 61 - Begriff 52 - Funktionale Privatisierung 53 - Unterformen 54 - Grundkonstellation 52
Register - Kategorien 53 - Materielle Privatisierung 53 - Öffentlicher Rettungsdienst 52, 54 - Konzessionssystem 54, 58 - Submissionssystem 54,55 - Organisationsprivatisierung 53 - Vermögensprivatisierung 53 Prognostische Entscheidung 222 Qualifizierter Krankentransport 22 Rahmenverträge (§ 133 Abs. I SGB V) 41 Reflexwirkung 231 Rettungsamt Ost-Berlin 38 Rettungsassistentengesetz 113, 171 Rettungsdienst (Begriff) 37 Rettungsdienst im 16. Jahrhundert 28 Rettungsdienst im Altertum 28 Rettungsdienstgesetze 1973-75 31 Rettungszweckverband 36 Rosinenpickerei 33 Ruinöser Wettbewerb 150 Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) 37 Sechstes Gesetzes zur Änderung des Personenbefiirderungsgesetzes 131 Sekundärtransport 21 Selbstbeteiligung des Patienten 34 Selbstverwaltungsangelegenheit 36 Sicherheit und Leistungsfähigkeit 154 Sicherstellungspflicht des Staates 51 Sowjetische Besatzungszone 37 Spruchreife 223 Staatliche Auftragsvergabe Einwirkung Art. 3 GG 106 Staatsaufgabe siehe Öffentliche Aufgabe Statistik 190, 202 Submissionssystem 54, 55 - Dienstleistungsrichtlinie 143 Subsidiaritätsprlnzip 74 - Art. 23 Abs. I Satz I GG n.F. 78 - Bundesverfassungsgericht 77 - Einfachrechtliche Verankerung 76 - Grundlegung 74 - Kapazitätsabbau 193 - Öffentlicher Rettungsdienst 81 - Quadragesimo anno 74 - Struktursicherungsklausel 80 - Verbindung mit Grundrechten 84 - Verfassungsrechtliche Verankerung 77
Register Subventionsvergabe 128 Technikentwicklung 29 Teilhaberecht 96 Thüringen - Organisation des Rettungsdienstes 45 Trennungsmodell 43
265
Verträglichkeitsprüfung 162 Verwaltungshelfer 85 -Begriff 89 - Konzessions-/Submissionssystem 92 - Merkmale 90 - Weisungsbefugnis 94
Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1993 30 Unfallwagen 30
Wettbewerb 188 Wiederbeschaffungskosten 41 Wiedererteilung abgelaufener Genehmigungen 212 Wirtschaftlichkeitsreserven 15
Vergabeverordnung 141 Verkehr (Art. 74-84 EGV) 207 Verordnungsermächtigung (§ 58 Abs. 1 Nr. 2 PBefG) 34 Versteckte Diskriminierung 212
Zivil-lKatastrophenschutz 111 Zuverlässigkeit 154 Zwangsbefugnisse 21