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Titelblatt
Inhaltsverzeichnis
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Abkürzungen
Abbildungsnachweis
Stichwörtverzeichnis
1: Basic Life Support (BLS)
2: Pediatric Basic Life Support (PBLS)
3: Advanced Life Support (ALS)
4: Reversible Ursachen
5: Personen mit Vorerkrankungen und in besonderen Situationen
6: Versorgung nach ROSC
7: Peri-Arrest-Arrhythmien
8: Neonatal Life Support (NLS)
9: End-of-Life-Situationen
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Taschenwissen Rettungsdienst Reanimation 1. AUFLAGE

Andreas Fromm

Inhaltsverzeichnis Cover Titelblatt Copyright Abkürzungen Abbildungsnachweis Stichwörtverzeichnis 1: Basic Life Support (BLS) 2: Pediatric Basic Life Support (PBLS) 3: Advanced Life Support (ALS) 4: Reversible Ursachen 5: Personen mit Vorerkrankungen und in besonderen Situationen 6: Versorgung nach ROSC 7: Peri-Arrest-Arrhythmien

8: Neonatal Life Support (NLS) 9: End-of-Life-Situationen

Copyright Elsevier GmbH, Bernhard-Wicki-Str. 5, 80636 München, Deutschland Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen an [email protected] ISBN      978-3-437-48225-0 eISBN    978-3-437-05656-7 Alle Rechte vorbehalten, auch für Text- und Data-Mining, KI-Training und ähnliche Technologien. Elsevier nimmt eine neutrale Position in Bezug auf territoriale Meinungsverschiedenheiten oder Zuständigkeitsansprüche in seinen veröffentlichten Inhalten ein, einschließlich Landkarten und institutionellen Zugehörigkeiten. 1. Auflage 2024 © Elsevier GmbH, Deutschland Wichtiger Hinweis Die medizinischen Wissenschaften unterliegen einem sehr schnellen Wissenszuwachs. Der stetige Wandel von Methoden, Wirkstoffen und Erkenntnissen ist allen an diesem Werk Beteiligten bewusst. Sowohl der Verlag als auch die Autorinnen und Autoren und alle, die

an der Entstehung dieses Werkes beteiligt waren, haben große Sorgfalt darauf verwandt, dass die Angaben zu Methoden, Anweisungen, Produkten, Anwendungen oder Konzepten dem aktuellen Wissensstand zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werkes entsprechen. Der Verlag kann jedoch keine Gewähr für Angaben zu Dosierung und Applikationsformen übernehmen. Es sollte stets eine unabhängige und sorgfältige Überprüfung von Diagnosen und Arzneimitteldosierungen sowie möglicher Kontraindikationen erfolgen. Jede Dosierung oder Applikation liegt in der Verantwortung der Anwenderin oder des Anwenders. Die Elsevier GmbH, die Autorinnen und Autoren und alle, die an der Entstehung des Werkes mitgewirkt haben, können keinerlei Haftung in Bezug auf jegliche Verletzung und/oder Schäden an Personen oder Eigentum, im Rahmen von Produkthaftung, Fahrlässigkeit oder anderweitig übernehmen. Obwohl alle Werbemittel mit ethischen (medizinischen) Standards übereinstimmen, stellt die Erwähnung in dieser Publikation keine Garantie oder Anerkennung der Qualität oder des Wertes dieses Produkts oder der Aussagen der Herstellerfirmen dar. Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de abrufbar. 24    25    26    27    28            5    4    3    2    1 Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungsnachweis. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. In ihren Veröffentlichungen verfolgt die Elsevier GmbH das Ziel, genderneutrale Formulierungen für Personengruppen zu verwenden. Um jedoch den Textfluss nicht zu stören sowie die gestalterische Freiheit nicht einzuschränken, wurden bisweilen Kompromisse eingegangen. Selbstverständlich sind immer alle Geschlechter gemeint. Planung: Katharina Frank, München Projektmanagement und Herstellung: Julia Stängle, München Redaktion: Ulrike Frühwald, Hamburg Satz: Thomson Digital, Noida/Indien Druck und Bindung: Drukarnia Dimograf Sp. z o. o., BielskoBiała/Polen

Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Titelfotografie: © colourbox.com Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de

Abkürzungen 4-E-Regel Expertise, Equipment, Environment, Elapsed Time ACS akutes Koronarsyndrom AED automatisierter externer Defibrillator AF Atemfrequenz AHA American Heart Association ALS Advanced Life Support ASS Acetylsalicylsäure BLS Basic Life Support BVM Beutel-Ventil-Maske CAC Cardiac Arrest Center COPD Chronic Obstructive Pulmonary Disease CPR kardiopulmonale Reanimation CRM Crew Resource Management DNR do not resuscitate ECMO extrakorporale Membranoxygenierung eCPR extrakorporale kardiopulmonale Reanimation eFAST Extended Focused Assessment with Sonography for Trauma ERC European Resuscitation Council etCO2 endtidales Kohlendioxid

FEEL Focussed Echocardiography in Emergency Life Support FiO2 inspiratorische Sauerstofffraktion FOR-DEC Facts, Options, Risks/Benefits – Decision, Execution, Control HOPE Hypothermia Outcome Prediction after Extracorporeal Life Support LAE Lungenarterienembolie MAP Mean Arterial Pressure NLS Neonatal Life Support NPT Nasopharyngealtubus OPT Oropharyngealtubus PAW Atemwegsdruck PBLS Pediatric Basic Life Support PCI perkutane koronare Intervention PEA pulslose elektrische Aktivität PEEP positiver endexspiratorischer Druck POCUS Point-of-Care-Ultraschall PTCA perkutane transluminale Coronar-Angioplastie pVT pulslose ventrikuläre Tachykardie REBOA Resuscitative Endovascular Balloon Occlusion of the Aorta ROSC Return of Spontaneous Circulation RTH Rettungstransporthubschrauber RUSH Rapid Ultrasound in Shock and Hypotension SAMPLER Symptome, Allergie(n), Medikation, persönliche Anamnese, letzte Mahlzeit, Ereignis, Risiken

SaO2 arterielle Sauerstoffsättigung SGA supraglottische Atemwegshilfe SVT supraventrikuläre Tachykardie TCA Traumatic Cardia Arrest TTM Temperaturmanagement TVT tiefe Venenthrombose va-ECMO venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung VF Ventricular Fibrillation VT ventrikuläre Tachykardie

Abbildungsnachweis Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet sich bei allen Abbildungen im Werk am Ende des Legendentextes in eckigen Klammern. Alle nicht besonders gekennzeichneten Grafiken und Abbildungen © Elsevier GmbH, München.   E415 Ignatavicius D D, Workman M L. Medical-Surgical Nursing. 6. A.: Saunders, 2009 E355-025 Goldman, L./Schafer, A. I.: Goldman-Cecil Medicine. Elsevier, 25th edition 2016. E420 Talley, N./O‘Connor, S.: Clinical Examination: A Systematic Guide to Physical Diagnosis, 6th ed., Elsevier/Churchill Livingstone Australia, 2010 E1061 Kumari, U.: Textbook of Obstetrics. Elsevier, 1. Aufl. 2019. F781-034 Olasveengen, T.M.; Semeraro, F.; Ristagno, G. et al. Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Erwachsener („Basic Life Support“, „BSL“) Leitlinien des European Resuscitation Council 2021 Notfall Rettungsmed (2021) www.springermedizin.de/link/10.1007/s10049-02100885-x F781-035 Soar J, Böttiger BW, Carli P, et al. Erweiterte lebensrettende Maßnahmen für Erwachsene: Leitlinien des

European Resuscitation Council 2021 [Adult advanced life support]. Notf Rett Med. 2021;24(4):406-446. doi:10.1007/s10049-021-00893-x F781-040 Madar, J.; Roehr, C.C.; Ainsworth S. et al. Versorgung und Reanimation des Neugeborenen nach der Geburt. Leitlinien des European Resuscitation Council 2021 Notfall Rettungsmed (2021) www.springermedizin.de/link/10.1007/s10049021-00894-w F781-041 Patrick Van de Voorde, P.; Turner, M.N.; Djakow, J. et al. Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern („Paediatric Life Support, PLS“). Leitlinien des European Resuscitation Council 2021 Notfall Rettungsmed (2021) www.springermedizin.de/link/10.1007/s10049-02100887-9 J747 Thomas Engbert, Design & Kommunikation, Kronsgaard L126 Dr. med. Katja Dalkowski, Erlangen L138 Martha Kosthorst, Borken L141 Stefan Elsberger, Planegg L143 Heike Hübner, Berlin L190 Gerda Raichle L231 Stefan Dangl, München L234 Helmut Holtermann, Dannenberg L235 Willi Schittek, Duisburg M235 Dr. Dr. med. Jürgen Luxem, Aschaffenburg M840 Stephan Dönitz, Schwarzenbek O408 Martina Gärtner, Gauting

O1052 Dr. med. Jost Kaufmann, Köln. P109 Dr. med. Manuel Wilhelm, Gelnhausen P426 Sven Heiligers, Frankenthal P718 Dr. med. Stephan Heinrich Nolte, Marburg V348 VBM Medizintechnik GmbH, Sulz a. N. V405 Stryker GmbH & Co KG, Freiburg V447 ALSIUS Corporation, Irvine, USA V672 ZOLL Medical Deutschland GmbH, Köln V869 SMEDEX AG, Ziegelbrücke, Schweiz W924 Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD), Lübeck W928 Bergwacht Bayern im Bayerischen Roten Kreuz, KdöR, Bad Tölz

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Stichwörtverzeichnis Symbole 4-E-Regel (Notfallthorakotomie), 54 4Hs (Herz-Kreislauf- Stillstand), 31 10-Sekunden-für-10- Minuten-Prinzip, 29 A Abnabelung, 67 Adrenalin, 26 Neugeborene, 71 Advanced Life Support Erwachsene, 15 Kinder, 16 Amiodaron, 26 Anaphylaxie, 46 Angehörige, Umgang mit, 75 Aspyhxie, 32

Asystolie, 18 Atemspende Erwachsene, 5 Kinder, 12 Atemwegshilfe, supraglottische (SGA), 22 Atemwegsmanagement, 21 Neugeborene, 68 supraglottisches, 22 B Basic Life Support (BLS) Erwachsene, 1 Kinder, 8 Beatmung nach ROSC, 56 Neugeborene, 68 Beutel-Masken- Beatmung, 21 Bradykardie (Peri-Arrest-Arrhythmie), 60 C Cardiac Arrest Center (CAC), 59

Crew Resource Management (CRM), 28 D Debriefing, 30 Defibrillation bei hyperdynamem Herzstillstand, 20 manuelle, 17 Defibrillator(AED)- Einsatz Erwachsene, 4 Kinder, 11 E Ersticken Erwachsene, 6 Kinder, 13 Ertrinken, 49 Extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR), 42 F FOR-DEC- Entscheidungsfindung, 29 G

Gefäßzugang, 25 Neugeborene, 69 H Heimlich-Manöver, 6 Herzbeuteltamponade, 36 im Ultraschall, 41 Herzdruckmassage Erwachsene, 3 Kinder, 10 Herzkatheteruntersuchung (PCI), 57 Herz-Kreislauf-Stillstand bei Adipositas, 45 bei Asthma, 47 bei COPD, 47 bei dialysepflichtiger Nierenerkrankung, 48 in der Schwangerschaft, 52 reversible Ursachen, 31 Herzstillstand hyperdynamer, 19 hypodynamer, 18

traumabedingter, 54 HITS (Herz-Kreislauf- Stillstand), 31 Hyperkaliämie, 35 Hyperthermie, 50 Hypokalimie, 35 Hypothermie, 34 Hypovolämie, 33 Hypoxie, 32 I Intoxikation, 37 Intraossärer Zugang, 25 Intubation, endotracheale, 23 K Kammerflimmern, 19 refraktäres, 20 Kapnografie, 24 Kommunikation, geschlossene, 29 Koronarsyndrom, akutes (ACS), 38 Kreislaufmanagement, nach ROSC, 57

L Lawinenunfall, 51 Lidocain, 27 M Medikamente zur Reanimation, 26 Neugeborene, 70 Mini-Thorakostomie, 40 N Nabelvenenkatheter, 69 Natriumbicarbonat 8,4 %, 27 Neonatal Life Support (NLS), 63 Neugeborene, initiale Beurteilung, 64 Notfalllineal (Pädiatrie), 29 Notfallsonografie, 41 Notfallversorgung Erwachsene, 1 Kinder, 8 Neugeborene, 63

P Patientenverfügung, 74 Pediatric Basic Life Support (PBLS), 8 Peri-Arrest- Arrhythmien, 60 Point-of-Care-Ultraschall (POCUS), 41 Post-Reanimations- Behandlung, 55 Präduktale Sättigung, 68 Pulslose elektrische Aktivität (PEA), 18 Pulslose ventrikuläre Tachykardie (PVT), 19 R Reanimation Abbruch, 73 extrakorporale kardiopulmonale (eCPR), 42 Nachsorge, 55 unter Transport, 43 Reanimationshilfen, mechanische, 44 Reanimationsmedikamente, 26 Neugeborene, 70 Return of Spontaneous Circulation (ROSC), Nachsorge, 55 Rhythmusanalyse, 17

S Sauerstoffsättigung, Neugeborene, 68 Schrittmachertherapie, transthorakale, 61 Septischer Schock, 53 Slow Code, 72 Spannungspneumothorax, 40 T Tachykardie (Peri-Arrest-Arrhythmie), 62 Temperaturmanagement, nach ROSC, 58 Thromboembolie koronare, 38 pulmonale, 39 Todeszeichen, sichere, 72 Transport unter Reanimation, 43 V Vorsorgevollmacht, 74 W Wärmemanagement, Neugeborene, 66

Z Zielklinik, nach ROSC, 59

1: Basic Life Support (BLS) Erkennen der Notfallsituation Für eine erfolgreiche Wiederbelebung ist ein frühzeitiges Erkennen essenziell (➜ Abb. 1.1). Je früher mit hochwertiger Herzdruckmassage begonnen und ein AED eingesetzt wird, umso besser sind die Überlebensrate und das neurologische Outcome des Betroffenen.

Abb. 1.1  Basic Life Support bei Erwachsenen © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-034]

Hinweise auf einen Kreislaufstillstand • (Plötzliche) Bewusstlosigkeit • Fehlende oder unzureichende Atmung • Pulslosigkeit

Merke Die Pulskontrolle wird in den Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) im BLSAlgorithmus nicht mehr zum Feststellen eines Kreislaufstillstands empfohlen. Studien konnten zeigen, dass eine Pulskontrolle in stressigen Notfallsituationen oft fehlerhaft durchgeführt wird. Vorgehen am Notfallort • Eigenschutz beachten: für die Sicherheit von Helfern und betroffener Person sorgen • Person durch laute Ansprache und Rütteln kontaktieren • Bei fehlender Reaktion: Person in Rückenlage bringen • Atemwege frei machen: Kopf in den Nacken beugen, Kinn anheben • Atemkontrolle: Sehen, Hören und Fühlen (max. 10 Sek.) • Rettungsdienst alarmieren: Lautsprecherfunktion des Telefons nutzen • AED holen lassen: betroffene Person nicht allein lassen • Mit der Herzdruckmassage beginnen Vorsicht In den ersten Minuten nach einem Herzstillstand kann es sein, dass der Betroffene langsam atmet oder vereinzelte geräuschvolle Atemzüge tätigt (sog. Schnappatmung). Helfer beginnen in diesen Fällen trotzdem mit der Wiederbelebung.

Herzdruckmassage Durch tiefe Kompression des Brustkorbs wird das Herz zwischen Brustbein und Wirbelsäule mechanisch komprimiert. Hierdurch wird Blut ausgeworfen. Während der Entlastung des Brustkorbs füllt sich das Herz wieder mit Blut aus dem venösen System. Um auf diese Weise einen ausreichenden Blutdruck in den Arterien aufzubauen, braucht es viele Kompressionen in Folge. Hochwertige Herzdruckmassage • So früh wie möglich mit der Herzdruckmassage (➜ Abb. 1.2) beginnen • Druckpunkt: unteres Drittel des Brustbeins, mittig auf dem Brustkorb • Drucktiefe: 5–6 cm • Frequenz: 100–120/Min. • Vollständige Entlastung des Brustkorbs • Herzdruckmassage auf harter Unterlage durchführen • Helferwechsel alle 2 Min., bei Erschöpfung auch früher • Unterbrechungen der Herzdruckmassage vermeiden

Abb. 1.2  Herzdruckmassage bei Erwachsenen [L126]

Einsatz des AED-Geräts • AED-Gerät einsetzen, sobald es am Notfallort eingetroffen ist (➜ Abb. 1.3) • AED-Gerät einschalten und Sprachanweisungen folgen • Ggf. mit beiliegendem Rasierer Haare entfernen • Ggf. feuchte Haut mit einem Handtuch trocknen • Elektroden fest auf den nackten Brustkorb des Verunfallten aufbringen • Analyse starten (Herzdruckmassage pausieren) • Wenn die Defibrillation vom AED-Gerät empfohlen wird: – Sicherstellen, dass niemand den Verunfallten berührt – Auslöseknopf betätigen; gedrückt halten, bis Schock abgegeben ist – CPR für 2 Min. fortsetzen • Wenn kein Schock empfohlen wird: – CPR für 2 Min. fortsetzen • Analyse des AED startet alle 2 Min. automatisch • Während der Analysephase Helferwechsel durchführen

Abb. 1.3  AED mit Klebeelektroden für Erwachsene [E415]

Atemspende • Nach 30 Herzdruckmassagen den Atemweg durch Reklination (Überstrecken des Kopfs) frei machen (➜ Abb. 1.4) • Normal einatmen und mit den Lippen den Mund der verunfallten Person umschließen • Die Atemluft gleichmäßig in den Mund der betroffenen Person blasen (ca. 1–2 Sek.), bis sich deren Brustkorb hebt • Mund von dem der Person nehmen, dabei deren Atemwege freihalten, damit die Luft wieder entweichen kann • Erneut eine Atemspende durchführen

• Druckpunkt für die Herzdruckmassage erneut suchen • Thoraxkompressionen und Beatmungen im Verhältnis 30:2 fortsetzen • Für zwei effektive Beatmungen weniger als 10 Sek. aufwenden

Abb. 1.4  Atemspende bei Erwachsenen [L138]

Merke Die Atemspende soll nur von Helfern durchgeführt werden, die darin trainiert sind. Ist kein ausgebildeter Helfer vor Ort oder sprechen andere Gründe (z. B. Ekel) gegen eine Atemspende, ist eine kontinuierliche Herzdruckmassage durchführen.

Maßnahmen bei Ersticken Ersticken wird durch das Eindringen eines Fremdkörpers (Bolus) in die Atemwege (z. B. durch unzureichendes Kauen) ausgelöst. Dadurch kommt es zu teilweisem oder vollständigem Verschluss der oberen Atemwege. Besonders gefährdet sind Personen mit neuromuskulären Störungen, die zu einer Schluckstörung führen. Symptome • Unfähigkeit, zu sprechen • Hustenreiz, Würgen • Inspiratorischer Stridor Atemnot, Zyanose • Bewusstseinseinschränkung Maßnahmen bei effektivem Hustenreiz • Die Person zum kräftigen Husten auffordern • Beruhigender Zuspruch • Auf mögliche Zeichen einer Verschlechterung achten Maßnahmen bei ineffektivem Hustenreiz • Oberkörper nach vorne beugen • 5 kräftige Schläge zwischen die Schulterblätter • Bei Erfolglosigkeit: 5 Oberbauchkompressionen (HeimlichManöver) • Maßnahmen abwechselnd durchführen, bis der Bolus gelöst ist (➜ Abb. 1.5)

Abb. 1.5  Maßnahmen gegen Ersticken bei Erwachsenen [W924]

Maßnahmen bei Bewusstlosigkeit • Beginn der Reanimation (CPR)

• Entfernung des Fremdkörpers unter Laryngoskopie • Ultima Ratio: chirurgische Atemwegssicherung (Koniotomie)

2: Pediatric Basic Life Support (PBLS) Erkennen der Notfallsituation Der Kinder-Algorithmus (➜ Abb. 2.1) ist bei allen Kindern anzuwenden, die den Kreißsaal verlassen haben, aber noch keine Pubertätszeichen aufweisen. Ab der Pubertät ist der ErwachsenenAlgorithmus (➜ Abb. 1.1) anzuwenden.

Abb. 2.1  Basic Life Support bei Kindern © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-034]

Hinweise auf einen Kreislaufstillstand • (Plötzliche) Bewusstlosigkeit

• Fehlende oder unzureichende Atmung • Pulslosigkeit oder Puls < 60 Min. bei Instabilität Merke Die Pulskontrolle wird in den Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) im Algorithmus PBLS nicht mehr zum Feststellen eines Kreislaufstillstands empfohlen. Studien konnten zeigen, dass eine Pulskontrolle in stressigen Notfallsituationen oft fehlerhaft durchgeführt wird. Vorgehen am Notfallort • Eigenschutz beachten: für die Sicherheit von Helfern und verunfalltem Kind sorgen • Kind durch laute Ansprache und Rütteln kontaktieren • Bei fehlender Reaktion: Kind in Rückenlage bringen • Atemwege frei machen: Kopf in den Nacken beugen, Kinn anheben • Atemkontrolle: Sehen, Hören und Fühlen (max. 10 Sek.) • Bei fehlender oder abnormaler Atmung: 5 initiale Beatmungen • Auf spontane Lebenszeichen achten • Rettungsdienst alarmieren: Lautsprecherfunktion des Telefons nutzen • AED holen lassen: Kind nicht allein lassen • Mit der Herzdruckmassage beginnen

Merke Da Herz-Kreislauf-Stillstände bei Kindern häufig durch eine vorbestehende Hypoxie ausgelöst werden, empfiehlt das ERC, 5 initiale Beatmungen durchzuführen. Herzdruckmassage Bei Säuglingen können Helfer entweder die Zwei-Daumen-Technik oder die Zwei-Finger-Technik anwenden. Bei Kleinkindern sollte die Herzdruckmassage wie beim Erwachsenen, jedoch nur mit einer Hand durchgeführt werden. Hochwertige Herzdruckmassage • So früh wie möglich mit der Herzdruckmassage (➜ Abb. 2.2) beginnen • Druckpunkt: unteres Drittel des Brustbeins, mittig auf dem Brustkorb • Drucktiefe: ca. ⅓ des Thorax-Durchmessers • Frequenz: 100–120/Min. bei Säuglingen und Kindern • Vollständige Entlastung des Brustkorbs • Herzdruckmassage auf harter Unterlage durchführen • Helferwechsel alle 2 Min., bei Erschöpfung auch früher • Unterbrechungen der Herzdruckmassage vermeiden

Abb. 2.2  Herzdruckmassage bei Kindern [J747]

Einsatz des AED-Geräts • AED-Gerät einsetzen (➜ Abb. 2.3), sobald es am Notfallort eingetroffen ist • AED-Gerät einschalten und Sprachanweisungen folgen • Wenn möglich, Kinder-Modus auswählen und KinderElektroden anwenden • Ggf. feuchte Haut mit einem Handtuch trocknen • Elektroden fest auf den nackten Brustkorb des Kindes aufbringen • Analyse starten (Herzdruckmassage pausieren) • Wenn die Defibrillation vom AED-Gerät empfohlen wird: – Sicherstellen, dass niemand das Kind berührt

– Auslöseknopf betätigen; gedrückt halten, bis Schock abgegeben ist – CPR für 2 Min. fortsetzen • Wenn kein Schock empfohlen wird: – CPR für 2 Min. fortsetzen • Analyse des AED startet alle 2 Min. automatisch • Während der Analysephase Helferwechsel durchführen

Abb. 2.3  Einsatz des AED bei Kindern [J747]

Atemspende

• Nach 15 Herzdruckmassagen den Atemweg frei machen • Normal einatmen und mit den Lippen den Mund des Kindes umschließen • Die Atemluft gleichmäßig in das Kind blasen (ca. 1–2 Sek.), bis sich dessen Brustkorb hebt • Mund von dem des Kindes nehmen; Atemwege dabei frei halten, sodass die Luft wieder entweichen kann • Erneut eine Atemspende durchführen • Druckpunkt für die Herzdruckmassage erneut aufsuchen • Thoraxkompressionen und Beatmungen im Verhältnis 15:2 fortsetzen • Für zwei effektive Beatmungen weniger als 10 Sek. aufwenden Vorsicht Bei Säuglingen darf zum Freimachen der Atemwege keine Reklination erfolgen. Die „Schnüffelstellung“ ist eine Neutralposition des Kopfs mit Unterpolsterung des Oberkörpers. Bei Kleinkindern kann eine Reklination erfolgen.

Maßnahmen bei Ersticken Ersticken wird durch Eindringen eines Fremdkörpers (Bolus) in die Atemwege (z. B. durch unzureichendes Kauen) ausgelöst. Dadurch kommt es zu teilweisem oder vollständigem Verschluss der oberen Atemwege. Kinder sind aufgrund ihrer Anatomie der Atemwege (subglottische Enge) besonders gefährdet.

Symptome • Hustenreiz, Würgen, inspiratorischer Stridor • Atemnot, Zyanose, Bewusstseinseinschränkung Maßnahmen bei effektivem Hustenreiz • Das Kind zum kräftigen Husten ermuntern • Beruhigender Zuspruch • Auf mögliche Zeichen einer Verschlechterung achten Maßnahmen bei ineffektivem Hustenreiz • Oberkörper nach vorne beugen • 5 kräftige Rückenschläge • Bei Erfolglosigkeit: – 5 Brustkompressionen (Säuglinge) – 5 abdominelle Kompressionen (Kinder) • Maßnahmen abwechselnd durchführen, bis der Bolus gelöst ist (➜ Abb. 2.5)

Abb. 2.4  Atemspende bei Kindern [L231]

Abb. 2.5  Maßnahmen gegen Ersticken bei Kindern © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-041]

Vorsicht Wenn abdominelle Kompressionen angewendet worden sind, ist das Kind in jedem Fall zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus einzuliefern, da es durch das Manöver zu Verletzungen der Bauchorgane kommen kann.

Maßnahmen bei Bewusstlosigkeit

• 5 Beatmungsversuche • Beginn der Reanimation gemäß PBLS • Entfernung des Fremdkörpers unter Laryngoskopie • Ultima Ratio: chirurgische Atemwegssicherung (Koniotomie)

3: Advanced Life Support (ALS) ➜ Abb. 3.1, ➜ Abb. 3.2

Abb. 3.1  Advanced Life Support bei Erwachsenen © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-035]

Abb. 3.2  Advanced Life Support bei Kindern © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-041]

Manuelle Defibrillation

Sobald entsprechend geschultes Personal am Notfallort eingetroffen ist, wird vom AED-Modus zur manuellen Rhythmusanalyse gewechselt. Bei diesem Vorgehen kann die „No-Flow-Zeit“ während der Rhythmusanalyse in der Regel kürzer gehalten werden Ablauf der manuellen Rhythmusanalyse • Kommunikation der anstehenden Rhythmusanalyse im Team • Ab 1:50 Min. Hochladen des Defibrillators (bei laufender Reanimation) • Aufsuchen des zentralen Pulses (bei laufender Reanimation) → Helfer spürt nun die Pulswelle der Thoraxkompressionen • Beurteilung des etCO2-Werts (ist ein ROSC wahrscheinlich?) • Unterbrechen der Herzdruckmassage (max. 5 Sek.) – Auswertung und lautes Benennen des Herzrhythmus – Feedback, ob Puls weiterhin tastbar ist • Sicherstellen, dass niemand die verunfallte Person berührt • Schockabgabe bei Kammerflimmern oder pulsloser VT • Keine Schockabgabe bei Asystolie oder PEA • Bei weiterhin tastbarem Karotispuls: keine weitere Thoraxkompression • Währenddessen: Ablösung des komprimierenden Helfers • Fortsetzen der Herzdruckmassage für 2 Min. bei anhaltendem Arrest • Medikamentengabe, wenn zu diesem Zeitpunkt indiziert • Vorbereitung der nächsten Rhythmusanalyse Vorsicht

Gute Kommunikation vor einer Rhythmusanalyse hilft dabei, die „No-Flow-Zeit“ deutlich zu reduzieren. Jedes Teammitglied sollte seine Aufgabe kennen und konzentriert ausführen. Regelmäßiges Training hilft ALS-Teams, die Rhythmuskontrollen kurz und so effizient wie möglich zu halten.

Hypodynamer Herzstillstand Als hypodyname Formen des Herzstillstands werden die Asystolie und die pulslose elektrische Aktivität (PEA) bezeichnet. Bei hypodynamem Herzstillstand erfolgt keine Defibrillation. Asystolie (➜ Abb. 3.3) • Keine elektrische Aktivität im EKG zu erkennen • Gerätedefekt ausschließen (Cross-Check mit anderer Ableitung) • Auf feines Kammerflimmern achten (Defibrillation erwägen, wenn eindeutig) • Auf P-Wellen achten (bei P-Wellen Asystolie Schrittmacher erwägen)

Abb. 3.3  Asystolie [L143]

Pulslose elektrische Aktivität (PEA, ➜ Abb. 3.4) • Geordnete elektrische Aktivität ohne mechanischen Auswurf (Pulslosigkeit) • Kann bradykard oder tachykard sein • Häufig reversible Ursache

Abb. 3.4  Pulslose elektrische Aktivität (PEA) [L143]

Hyperdynamer Herzstillstand

Als hyperdyname Formen des Herzstillstands werden Kammerflimmern und die pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT) bezeichnet. Bei hyperdynamem Herzstillstand ist eine Defibrillation empfohlen. Kammerflimmern (➜ Abb. 3.5) • Tachykarde, chaotische elektrische Aktivität • Völlig arrhythmisch • Keine Kammerkomplexe abgrenzbar • Wenn Flimmerwelle nicht eindeutig („feines Flimmern“): keine Defibrillation

Abb. 3.5  Kammerflimmern [L143]

Pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT, ➜ Abb. 3.6) • Tachykarde elektrische Aktivität mit verbreiterten Kammerkomplexen • Kann rhythmisch oder arrhythmisch sein • Eine VT kann Auswurf haben (bei Rhythmusanalyse besonders beachten)

Abb. 3.6  Ventrikuläre Tachykardie [L143]

Defibrillation Die Defibrillation ist die effektivste Maßnahme zur Behandlung eines hyperdynamen Herzstillstands. Zu berücksichtigende Faktoren: Energiedosis • Erwachsene: – Nach Vorgaben des Geräteherstellers – Biphasische Stromkurve initial mind. 150 Joule – Gepulste biphasische Stromkurve initial mind. 120 Joule – Wenn Energieempfehlung unbekannt, höchste Dosis verwenden • Kinder: – 4 Joule/kg KG (ERC), 2 Joule/kg KG (AHA) – Steigerung bei refraktärem Stillstand auf 8 Joule/Kg KG (< 6. Schock) bis max. zur Erwachsenendosis Effektive Schockabgabe • Korrekte Platzierung der Elektroden (Apex/Sternum, anterior/posterior)

• Fester Sitz der Elektroden (ggf. Haare rasieren) • Trockene Haut (Feuchtigkeitsbrücken vermeiden) • Trockener Untergrund (Feuchtigkeitsbrücken vermeiden) • Schockabgabe nach vollständiger Exspiration • Elektroden mit Abstand (mind. 8 cm) von implantierten Schrittmachern aufbringen Refraktäres Kammerflimmern Kammerflimmern, das nach 3 oder mehr Schocks weiterbesteht. • Reversible Ursachen abklären und behandeln • Elektrodenposition überprüfen, ggf. verändern (z. B. anterior/posterior) • Double Sequential Defibrillation (aktuell nur in Studienprojekten) • Energiedosis überprüfen (höchste verfügbare Energie nutzen) • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) Atemwegsmanagement – Beutel-Masken-Beatmung Zu Beginn einer Reanimation oder wenn noch kein geschultes Personal für eine erweiterte Atemwegssicherung am Notfallort ist. Effektive Beutel-Masken-Beatmung • Richtige Maskengröße verwenden • Gebiss (bei festem Sitz) im Mund der verunfallten Person belassen (bessere Dichtigkeit) • OPT oder NPT zum Freimachen des Atemwegs einsetzen • Ggf. doppelten C-Griff für höhere Dichtigkeit einsetzen (➜ Abb. 3.7)

• Adäquates Beatmungsvolumen verabreichen (Beutel nicht „ausdrücken“) • Beatmung über 2 Sek. verabreichen (Druckspitzen vermeiden) • Kapnografie kann bei dicht sitzender Maske angewendet werden

Abb. 3.7  Beutel-Masken-Beatmung mit doppeltem CGriff [J747]

Gefahren einer Beutel-Masken-Beatmung • Luft gelangt in den Magen (Pneumogaster)

– Zwerchfellbewegung wird gestört (Beatmungsdrücke steigen weiter an) – Venöser Rückfluss zum Herzen wird vermindert – Regurgitation/Aspiration • Undichtigkeit Atemwegsmanagement – supraglottisch Sobald geschultes Personal für eine erweiterte Atemwegssicherung am Notfallort ist, sollte eine supraglottische Atemwegshilfe (SGA) eingesetzt werden. Man unterscheidet SGAs vom Typ Larynxmaske und vom Typ Larynxtubus. Larynxmasken gibt es mit und ohne blockbaren Cuff. Lagekontrolle • Auskultation der Lunge/Kontrolle auf Dichtigkeit • Kapnografie • Bubble-Test/Supra-Sternal-Notch-Test Gefahren supraglottischer Atemwegshilfen • Undichtigkeit bei falscher Platzierung/falscher Tubusgröße • Schwellungen/Nekrosen durch zu hohen Cuffdruck Merke Bei supraglottischen Atemwegshilfen mit blockbarem Cuff erfolgen schnellstmöglich eine Cuffdruckkontrolle und ggf. eine Korrektur des Cuffdrucks.

Atemwegsmanagement – endotracheale Intubation Eine endotracheale Intubation (➜ Abb. 3.9) ist unter Reanimationsbedingungen nur von einem sehr erfahrenen Anwender durchzuführen. Die Thoraxkompressionen werden für den Intubationsversuch nicht unterbrochen. Lediglich für das Durchführen des Tubus durch die Glottis kann kurz pausiert werden (max. 5 Sek.).

Abb. 3.8  Supraglottische Atemwegshilfe [V348]

Abb. 3.9  Endotracheale Intubation [M840]

Risiken • Unbemerkte Fehlintubation (Ösphagus) • Einseitige Ventilation (Tubus zu tief eingeführt) • Dislokation bei unzureichender Fixation

Merke Zur endotrachealen Intubation während einer Reanimation sind primär das Videolaryngoskop und ein Intubationsstab zu verwenden. Das erhöht den First Pass Success, insbesondere bei schwierigen Atemwegen. Kapnografie Die Kapnometrie misst den CO2-Gehalt der Ausatemluft (etCO2). Bei einer Kapnografie wird zudem der zeitliche Verlauf der Messwerte grafisch dargestellt (➜ Abb. 3.10). Der Normwert liegt zwischen 33 und 43 mmHg. Wird die Messküvette direkt in den Beatmungsschlauch integriert, erfolgt die Messung im Hauptstromverfahren.

Abb. 3.10  Kapnografie [J747]

Beim Nebenstromverfahren wird kontinuierlich eine kleine Luftmenge aus dem Beatmungssystem abgesaugt und durch einen externen Detektor analysiert. Kapnografie unter Reanimation • Die etCO2 hängt bei einer Reanimation unmittelbar vom Herzminutenvolumen ab. • So kann die Qualität der Herzdruckmassage überwacht werden. • Zielwert während einer Reanimation: > 20 mmHg. • Bestätigung der korrekten Tubuslage nach Atemwegssicherung. • Warnung bei Diskonnektion oder Obstruktion der Beatmung. • Plötzlicher Anstieg des etCO2 bei Auftreten eines Spontankreislaufs. Gefäßzugang Zur Verabreichung von Medikamenten oder Infusionslösung ist in einer Reanimationssituation frühzeitig ein Gefäßzugang zu legen. Der primäre Zugangsweg ist die periphere Venenpunktion. Gelingt die Venenpunktion nicht oder erscheint sie aussichtlos, ist ein intraossärer Zugang zu legen. Intraossärer Zugang Lagekontrolle • Federnder Sitz der Nadel im Knochen • Gelingende Applikation eines Flüssigkeitsbolus

• Kein Extra- bzw. Paravasat bei Bolusgabe • Aspiration von Knochenmark (kein obligates Zeichen) • Physiologischer Wirkeintritt von Medikamenten Vorsicht Die Gabe von Lidocain über einen i. o. Zugang zur Analgesie wird bei Kindern nicht mehr empfohlen. Es besteht die Gefahr der Überdosierung und Intoxikation.

Merke Reanimationsmedikamente können sowohl über einen i. v. Zugang als auch über einen i. o. Zugang verabreicht werden. Die Dosierung ist in beiden Fällen identisch. Kontraindikationen • Endoprothetik-Material (z. B. Knie-TEP) • Fraktur/Gefäßverletzung am Punktionsort oder proximal • Punktionsversuch innerhalb von < 48 Std. an derselben Extremität • Infektionen Vorsicht Bei Schwangeren ist der Gefäßzugang oberhalb des Uterus zu legen (z. B. obere Extremitäten). Eine Kompression der V. Cava kann die

Verteilung von Medikamenten und Infusion behindern.

Medikamente Als Reanimationsmedikamente werden insbesondere Adrenalin und Amiodaron empfohlen. Andere Medikamente werden nicht grundsätzlich, sondern nur in besonderen Reanimationssituationen verabreicht. Adrenalin • Katecholamin – Vasokonstriktion (Verbesserung der Perfusion) – Soll die Erfolgswahrscheinlichkeit der Defibrillation erhöhen • Indikation: – Bei Asystolie/PEA: so früh wie möglich! – Bei VF/pVT: nach der 2. (AHA) bzw. 3. (ERC) Defibrillation • Dosierung: – Erwachsene: 1 mg – Kinder: 0,01 mg/kg KG • Einspülen mit Flüssigkeitsbolus oder verdünnte Gabe • Hochhalten der Extremität Amiodaron • Antiarrhythmikum

– Soll die Erfolgswahrscheinlichkeit der Defibrillation erhöhen • Indikation: – Bei VF/pVT: nach der 3. (AHA und ERC) Defibrillation – Repetition nach der 5. (AHA und ERC) Defibrillation (halbe Initialdosis) • Dosierung: – Initialer Bolus Erwachsene: 300 mg – Initialer Bolus Kinder: 5 mg/kg KG – Repetition Erwachsene: 150 mg – Repetition Kinder: 2,5 mg/kg KG Lidocain • Antiarrhythmikum – Soll die Erfolgswahrscheinlichkeit der Defibrillation erhöhen • Indikation: – Bei VF/pVT: nach der 3. (AHA und ERC) Defibrillation – Repetition nach der 5. (AHA und ERC) Defibrillation (halbe Initialdosis) • Dosierung: – Initialer Bolus: 1,0–1,5 mg/kg KG – Repetition: 0,5–0,75 mg/kg KG Merke Über mehrere Jahre schien die Gabe von Amiodaron bei der Reanimation einer Lidocain-

Gabe überlegen. Die Guidelines 2020 (AHA) bzw. 2021 (ERC) beschreiben nun eine Gleichwertigkeit beider Medikamente. Natriumbicarbonat 8,4 % • Pufferlösung – Soll eine metabolische Azidose ausgleichen („puffern“) • Indikation: – Keine Blindpufferung bei der Reanimation – Hyperkaliämie (als Ursache des Kreislaufstillstands) – Intoxikation mit Trizyklika (als Ursache des Kreislaufstillstands) – Ggf. im ROSC nach Blutgasanalyse • Dosierung: – 1 mmol/kg KG (= 1 ml Natriumhydrogencarbonat 8,4 %/kg KG) – Höhere Dosierungen nur nach Befund der Blutgasanalyse Merke Die beste Möglichkeit, die Azidose im Rahmen der Reanimation in den Griff zu bekommen, ist eine hochwertige Herzdruckmassage sowie eine suffiziente Beatmung. CRM und Teamarbeit

Crew Resource Management (CRM) ist ein Konzept aus der Luftfahrt, das Teams hilft, auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und Fehler zu vermeiden. Während einer Reanimation erhöht die konsequente Berücksichtigung der CRMLeitsätze die Anwender- und Patientensicherheit signifikant. CRM-Leitsätze (nach Rall & Gaba) 1. Kenne deine Arbeitsumgebung. 2. Antizipiere und plane voraus. 3. Hilfe anfordern, lieber früher als später. 4. Übernimm die Führungsrolle oder sei ein gutes Teammitglied mit Beharrlichkeit. 5. Verteile die Arbeitsbelastung. 6. Mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personen und Technik). 7. Kommuniziere sicher und effektiv – sag, was dich bewegt. 8. Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen. 9. Verhindere und erkenne Fixierungsfehler. 10. Habe Zweifel und überprüfe genau (Double Check, nie etwas annehmen). 11. Verwende Merkhilfen und schlage nach. 12. Reevaluiere die Situation immer wieder (10-Sekunden-für10-Minuten-Prinzip). 13. Achte auf gute Teamarbeit –andere unterstützen und sich koordinieren. 14. Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst. 15. Setze Prioritäten dynamisch.

Closed Loop Communication Geschlossene Kommunikation vermeidet Missverständnisse: • „Daniel, verabreiche jetzt bitte 1 mg Adreanlin i. v.“ (Botschaft) • „Verstanden, ich verabreiche jetzt 1 mg Adreanlin i. v.“ (Bestätigung) • „1 mg Adrenalin ist appliziert und eingespült.“ (Durchführung) 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip • Stopp! (Außer Herzdruckmassage und Beatmung) • Evaluation der Situation • Planung und Kommunikation nächster Schritte • Aufgabenverteilung im Team • Gibt es noch Fragen? • Handeln! FOR-DEC-Entscheidungsfindung • Fakten (Facts) • Optionen (Options) • Risiken/Vorteile (Risks/Benefits) • Entscheidung (Decision) • Ausführung (Execution) • Kontrolle (Control) Notfalllineal für pädiatrische Notfälle (➜ Abb. 3.11)

Abb. 3.11  Notfalllineal als Arbeitshilfe bei Kindernotfällen [O1052]

Debriefing nach Reanimationen Ein Debriefing ist ein strukturiertes Nachgespräch. Nach einer Reanimation hilft es dem Team, die Zusammenarbeit und die durchgeführten Maßnahmen zu analysieren. Ziel ist es insbesondere, mögliche Fehler während der Patientenversorgung zu analysieren und gemeinsam Lösungswege zu erarbeiten. Die Guidelines für Reanimation empfehlen, nach jeder Reanimation ein TeamDebriefing durchzuführen. Rahmenbedingungen • Was? – Kurze Nachbesprechung mit klarer Zielsetzung (10 Min.) • Warum? – Strukturierte zur Analyse der Reanimation • Wann? – Unmittelbar nach der Patientenversorgung • Wer? – Jedes an der Versorgung beteiligte Teammitglied

• Wo? – In einer ruhigen, sicheren und abgeschirmten Umgebung • Wie? – In konstruktiver, lernorientierter Weise Struktur • Was hat das Team erlebt? • Welche Punkte sollen besprochen werden? • Was lief gut, und was hat gestört? • Was kann das Team aus dieser Erfahrung lernen? • Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse • Welche Verbesserungen können unmittelbar umgesetzt werden? Kommunikationsregeln • Sachliche und neutrale Ausdrucksweise. • Auf positive Formulierungen achten. • Lösungsorientiertes Vorgehen, keine Schuldzuweisungen. • Jeder kommt gleichberechtigt zu Wort. • Jeder Beitrag wird wertgeschätzt. • Konkrete und erreichbare Ziele setzen.

4: Reversible Ursachen Als reversibel werden alle Ursachen eines Herz-Kreislauf-Stillstands bezeichnet, die durch eine spezifische Behandlung die Wahrscheinlichkeit für ROSC stark erhöhen. ALS-Teams fahnden so früh wie möglich strukturiert nach reversiblen Ursachen (4Hs & HITS) und leiten ggf. erforderliche Maßnahmen ein. Aber: Nicht jeder Kreislaufstillstand hat auch eine reversible Ursache! 4Hs • Hypoxie • Hypothermie • Hypovolämie • Hyper-/Hypokaliämie HITS • Herzbeuteltamponade • Intoxikation • Thromboembolie (koronar/pulmonal) • Spannungspneumothorax Zielführende Untersuchungstechniken

• Auskultation der Lungen • Temperaturmessung • Kapnografie • 12-Kanal-EKG • Entkleidung • Ganzkörperuntersuchung • SAMPLER-Notfallanamnese • Begutachtung des Umfelds am Notfallort • Ggf. BGA • Ggf. POCUS Hypoxie Ein Herz-Kreislauf-Stillstand kann primär durch Sauerstoffmangel ausgelöst werden (asphyktischer Herzstillstand). Bei Kindern ist die Aspyhxie eine häufige Ursache für Herzstillstand. Bei anhaltendem Herzstillstand kann es aber auch im Verlauf zur Ausprägung einer Hypoxie kommen. Bis zum Beweis des Gegenteils sollte bei jeder zu reanimierender Person zunächst von einer Hypoxie ausgegangen werden. Ursachen • Respiratorischer Notfall (z. B. Status asthmaticus) • Aspiration • Bolusgeschehen • Intoxikation (Atemdepression) • Ertrinken • Kompressionsasphyxie – Massenpanik

– Verschüttung Symptome/Diagnose • Verlegung der Atemwege • Zyanose • Spezifische Anamnese (Wie ist es zum Herzstillstand gekommen?) • Pulsoxymetrie unter Reanimation unzuverlässig • Ggf. Blutgasanalyse Spezifische Maßnahmen • Atemwegssicherung – Lagekontrolle und Bestätigung einer sicheren Ventilation – Kein Einsatz von PEEP-Beatmungsdruck während der Reanimation • 100%igen Sauerstoff verabreichen • Qualität der Herzdruckmassage optimieren Hypovolämie Der Verlust einer erheblichen Menge an Blut oder Plasma (absoluter Volumenmangel) oder eine massive Vasodilatation (relativer Volumenmangel) können einen Kreislaufstillstand auslösen. Eine frühzeitige Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache sowie eine Flüssigkeitszufuhr i. v. kann die Wahrscheinlichkeit eines ROSC erhöhen. Ursachen

• Absoluter Volumenmangel – Traumata (z. B. Beckentrauma) – Gastrointestinale Blutungen – Rupturiertes Aortenaneurysma • Relativer Volumenmangel – Anaphylaxie – Rückenmarksverletzung – Sepsis Symptome/Diagnose • Sichtbarer Blutverlust? • Ganzkörperuntersuchung • Spezifische Hinweise in der Anamnese (z. B. Bluterbrechen?) • Ultraschalldiagnostik Spezifische Maßnahmen • Stoppen bedrohlicher äußerlicher Blutungen (z. B. mittels Tourniquet) • Infusionstherapie • Früher Transport unter Reanimationsbedingungen • Ggf. Einsatz von Blutprodukten • Ggf. Tranexamsäure • Ggf. Thorakotomie Hypothermie Durch eine starke Unterkühlung (< 35 °C) kann ein HerzKreislauf-Stillstand ausgelöst werden. Die Unterkühlung hat eine protektive Wirkung auf das Nervensystem, sodass trotz langer

Reanimationszeiten ein gutes neurologisches Überleben erreicht werden kann. Ursachen • Gefährdete Menschen (z. B. Obdachlose, Demenzerkrankte) • Intoxikation • Lawinenunfall Symptome/Diagnose • Temperaturmessung (möglichst zentral) • Umgebung/Witterungsbedingungen beachten Spezifische Maßnahmen • Vor weiterem Auskühlen schützen – Nasse Kleidung entfernen – Präklinische Wiedererwärmung nicht möglich • Körpertemperatur zwischen 30 °C und 35 °C – Defibrillationsversuche im normalen Intervall – Intervall der Adrenalingabe verdoppeln (à 6–10 Min.) • Körpertemperatur < 30 °C – Max. 3 Defibrillationsversuche – Keine medikamentöse Therapie • Möglichst horizontaler Transport, ruckartige Bewegungen vermeiden • Transport unter Reanimationsbedingungen (eCPR) Merke

Nobody is dead, until he is warm and dead! Unterkühlte Personen haben auch bei längerer Reanimationsdauer gute Überlebenschancen. Das Rettungsteam erwägt frühzeitig einen Transport unter Reanimationsbedingungen. Hyper-/Hypokaliämie Ein Anstieg (Hyperkaliämie) oder Absinken (Hypokaliämie) des Kaliumwerts im Blut kann Herzrhythmusstörungen sowie den Herz-Kreislauf-Stillstand auslösen. Ursachen • Dialyse-Notfall • Intoxikation/Suizidversuch Symptome/Diagnose • Kaliumspiegel im Blut bestimmen (z. B. Blutgasanalyse) – Hypokaliämie: K+ < 3,6 mmol/L – Milde Hyperkaliämie: K+ 5,5–5,9 mmol/L – Mittlere Hyperkaliämie: K+ 6,0–6,4 mmol/L – Schwere Hyperkaliämie: K+ ≥ 6,5 mmol/L • EKG-Veränderungen (unspezifisch): Veränderungen der QTZeit/T-Welle Spezifische Maßnahmen Hyperkaliämie • Kardioprotektion

– 30 ml Calciumgluconat 10 % oder 10 ml Calciumchlorid 10 % i. v. – Über 5 Min. verabreichen, Dosis ggf. wiederholen • Kalium ins Zellinnere „shiften“ – Glukose/Insulin Infusion oder – Natriumbikarbonat 8,4 % (50 ml) oder – Salbutamol • Kalium aus dem Körper entfernen (z. B. Dialyse) • Ursache erkennen und erneutem Anstieg des K+-Werts vorbeugen Hypokaliämie • Kalium substituieren (z. B. KCl 7,45 %) und Wert überwachen • Ursache erkennen und erneutem Anstieg des K+-Werts vorbeugen Herzbeuteltamponade Eine unter Druck stehende Flüssigkeitsansammlung zwischen Epikard (äußerer Herzwand) und Perikard (Herzbeutel) kompromittiert die Pumpleistung des Herzens und kann zum Kreislaufstillstand führen. Die sofortige chirurgische Entlastung des Herzbeutels ist erforderlich, um einen Spontankreislauf wiederherzustellen. Ursachen • Stumpfes/penetrierendes Thoraxtrauma • Z. n. kardiochirurgischem Eingriff • Z. n. PTCA/Schrittmacherimplantation

• Z. n. ZVK-Anlage • Perikarditis • Aortenaneurysma/Aortendissektion • Komplikation bei akutem Herzinfarkt • Tumoren • Strahlentherapie Symptome/Diagnose • Reanimations-Ultraschall (Perikarderguss) • EKG-Befund: Niedervoltage • Obere Einflussstauung (prominente Halsvenen) • SAMPLER-Anamnese (Reanimationskontext beachten) Spezifische Maßnahmen Notfallmäßige Dekompression: • Pericardiozentese (Nadelpunktion, ultraschallgestützt) Nachteil: Geronnenes Blut kann nicht abpunktiert werden. • Thorakotomie (chirurgische Eröffnung des Brustkorbs) Perikard wird nach der chirurgischen Eröffnung der Brusthöhle gefenstert, sodass der Erguss abfließen kann. Intoxikation Zahlreiche Toxine können einen Herz-Kreislauf-Stillstand auslösen. Rettungsteams müssen den Giftstoff, die Giftmenge, den Zeitpunkt der Aufnahme sowie den Aufnahmeweg bestimmen. Die Gabe eines spezifischen oder unspezifischen Antidots sowie die Giftentfernung aus dem Körper können die Wahrscheinlichkeit eines Spontankreislaufs erhöhen.

Ursachen • Suizidversuch • Akzidentiell (unbeabsichtigt): iatrogen (durch ärztliche Behandlung) • Arbeitsunfälle • Kriminelle Delikte/Terrorismus Symptome/Diagnose • Spezifische Vergiftungszeichen (z. B. Geruch) • SAMPLER-Anamnese • Umfeld der Notfallsituation beachten (z. B. leere Medikamentenblister) Spezifische Maßnahmen • Eigenschutz beachten, ggf. Dekontamination • Asservierung von Giftresten (zur laborchemischen Analyse) • Kontaktaufnahme mit regionaler Giftnotrufzentrale • Forcierte Elimination (z. B. Flüssigkeitsbolus und Diuretikum) • Wichtige Antidote: – Naloxon (Opiate) – Flumanzenil (Benzodiazepine) – Natriumbikarbonat 8,4 % (Trizyklika) – Atropin (Organophosphate, z. B. E605) – Hydroxycobalamin (Zyanide) Thromboembolie (koronar)

Bei einem akuten Koronarsyndrom (ACS) kommt zum teilweisen oder vollständigen Verschluss einer Koronararterie mit Ischämie des nachfolgenden Versorgungsgebiets. Die Unterversorgung des Herzmuskels begünstigt maligne Herzrhythmusstörungen sowie ein Pumpversagen des Herzmuskels. Das ACS ist die häufigste reversible Ursache eines Herz-KreislaufStillstands bei Erwachsenen. Ursachen • Koronare-Herz-Krankheit (KHK) mit Plaqueruptur • Koronarspasmus (z. B. Intoxikation) Symptome/Diagnose • Typische Symptome (z. B. Brustschmerzen) vor dem Herzstillstand • Bekannte KHK in der Anamnese • Initialer Rhythmus VF oder pVT • ST-Hebungen im 12-Kanal-EKG nach ROSC – Mind. 2 benachbarte Ableitungen – Kontralaterale ST-Senkungen – Hinterwand (inferior): II, III, aVF – Vorderwand (anterior): V1-V4 – Seitenwand (lateral): I, aVL, V5-V6 Spezifische Maßnahmen • Antikoagulation: – 250 mg ASS i. v.

– 5.000 I. E. Heparin i. v. • Transport in PCI-Zentrum unter Reanimationsbedingungen erwägen • Ggf. präklinische Fibrinolysetherapie (wenn PCI-Zentrum nicht zeitnah verfügbar) Thromboembolie (pulmonal) Embolus, der eine oder mehrere Äste der Lungenarterie (A. pulmonalis) verlegt. Häufig entsteht das Gerinnsel als Abscherung einer venösen Thrombose. Durch die Verstopfung der Lungenstrombahn wird der Gasaustausch gestört, und es kommt zu einer erheblichen Druckbelastung des rechten Ventrikels. Ursachen • Tiefe Venenthrombose (TVT) – Frühere LAE oder TVT in der Anamnese? – Operation oder Immobilisierung innerhalb der letzten vier Wochen? – Aktive Krebserkrankung? – Einnahme oraler Kontrazeptiva? – Langstreckenflug? – Komplikation während der Schwangerschaft? Symptome/Diagnose • Typische Symptome (z. B. Brustschmerzen) vor dem Herzstillstand • Kreislaufstillstand manifestiert sich meist als PEA • Hypoxämie (trotz hoch dosierter Sauerstoffgabe)

• Gestaute Halsvenen • Hypokapnie (< 13 mmHg) • Zeichen einer TVT (Schwellung, Rötung, Überwärmung) • Zeichen der Rechtsherzbelastung (12-Kanal-EKG) • Gestauter rechter Ventrikel (Ultraschall) Spezifische Maßnahmen • Antikoagulation (z. B. 10.000 I. E. Heparin) • Ggf. präklinische Fibrinolysetherapie CPR nach Lysetherapie mind. 60–90 Min. fortsetzen • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) • Ggf. chirurgische Embolektomie Spannungspneumothorax Über eine Verletzung der Lunge strömt Luft in den Pleuraspalt, kann jedoch aufgrund des Ventilmechanismus nur eindringen, nicht mehr entweichen. Mit jedem Atemzug nimmt die Luftmenge sowie der Druck im Pleuraspalt zu, das Herz wird verdrängt und die Hohlvenen knicken ab, was zum obstruktiven Schock führt. Ursachen • Thoraxtrauma (geschlossen oder penetrierend) • Strukturelle Lungenerkrankung, z. B. COPD • Z. n. ZVK-Anlage (V. subclavia) Symptome/Diagnose • Einseitig abgeschwächtes oder aufgehobenes Atemgeräusch

• Hoher Beatmungsdruck • Ggf. Hautemphysem, gestaute Halsvenen Spezifische Maßnahmen Entlastungspunktion bzw. Mini-Thorakostomie (➜ Abb. 4.1, ggf. Einlage einer Thoraxdrainage)

Abb. 4.1  Entlastung des Spannungspneumothorax [V869]

Notfallsonografie Der Point-of-Care-Ultraschall (POCUS), also eine Ultraschalluntersuchung am Ort des Geschehens, dient in Notfallsituationen dazu, lebensbedrohliche Zustände schnellstmöglich zu erkennen. Die Notfallsonografie fokussiert auf

Lunge, Herz und Abdomen. Es gibt hierfür verschiedene Algorithmen: eFAST, FEEL oder RUSH. Anwendungsbereiche • (Spannungs-)Pneumothorax (Barcode-Sign, fehlendes Lungengleiten) • Lungenödem (vermehrte B-Linien) • Pleuraerguss (echofreies/-armes Signal) • Herzbeuteltamponade (Perikarderguss, ➜ Abb. 4.2) • Lungenarterienembolie (D-Sign, großes rechtes Herz) • Kontraktilität bzw. Wandbewegungsstörungen des Herzens • Freie Flüssigkeit im Abdomen (Morrison-, Coller-Pouch)

Abb. 4.2  Herzbeuteltamponade im Ultraschallbild [F480-003]

eCPR Bei der extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation (eCPR) wird das Verfahren der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (va-ECMO) eingesetzt. Hierzu werden großlumige Katheter in die V. femoralis sowie in die A. femoralis eingebracht. Das venöse Blut wird in einem externen Gerät an einer Membran mit Gasaustauscher oxygeniert und in das arterielle System des Körpers zurückgeführt. Durch die Pumpleistung der ECMO wird ein hinreichendes Herzzeitvolumen aufgebracht, sodass während der Therapie keine manuelle Reanimation mehr erfolgen muss. Die eCPR ist als

Überbrückungsmaßnahme bis zu einer weiteren Therapie (Bridge to Therapy) oder einer Erholung (Bridge to Recovery) zu verstehen. Mögliche Kriterien • Beobachteter Kreislaufstillstand • Therapiefreies Intervall bis BLS < 5 Min. • Initialer Rhythmus VF oder pVT • Schockbarer Rhythmus bzw. PEA > 50 Min. • etCO2 anhaltend < 10 mmHg (außer bei V. a. Lungenembolie) • Lebenszeichen während der Reanimation • Wiederkehrende ROSC-Phasen während der Reanimation • Etablierung der eCPR < 60 Min. ab Beginn CPR • Alter < 75 Jahre ohne größere Komorbiditäten • Bekannte oder vermutete reversible Ursache des Stillstands Anwendungsbereiche • Hypothermie (Erwärmung des Patienten mit va-ECMO möglich) • Intoxikation (Überbrückung, bis Toxin eliminiert) • Elektrolytentgleisung (Überbrückung, bis Serumspiegel normalisiert) • Akutes Koronarsyndrom (während PCI-Therapie) • Lungenembolie (Überbrückung, bis Fibrinolyse erfolgreich)

5: Personen mit Vorerkrankungen und in besonderen Situationen Transport unter Reanimation Eine präklinische Reanimation ist grundsätzlich am Einsatzort durchzuführen. Der Transport wird eingeleitet, wenn die verunfallte Person wieder einen Spontankreislauf (ROSC) aufweist. Bei Personen mit spezifischen Vorerkrankungen kann es jedoch sinnvoll sein, einen Transport unter Reanimationsbedingungen durchzuführen, z. B. wenn das übernehmende Krankenhaus über eine spezielle Diagnostik oder Therapie verfügt. Merke Ein Transport unter Reanimationsbedingungen erfolgt mit einer klaren Zielstellung. → Keine Verlagerung der Entscheidung über den Abbruch der Maßnahmen ans Krankenhaus. • Frühzeitige Entscheidung für Transport unter Reanimation (< 10 Min.) • 10-für-10-Prinzip im Team zur Planung und Abstimmung • Telefonische Voranmeldung der Person in Zielklinik

• Ggf. frühzeitige Anforderung einer Tragehilfe • Ggf. frühzeitige Anforderung einer Drehleiter • Einsatz einer mechanischen Reanimationshilfe • Antizipation: Vorbereiten von Medikamentengaben während des Transports • Anschnallen aller Rettungskräfte während der Fahrt • Reanimations-Algorithmus während der Fahrt fortsetzen Mechanische Reanimationshilfen Mechanische Reanimationshilfen (➜ Abb. 5.1) sind elektrisch oder pneumatisch betriebene Geräte zur Durchführung einer Herzdruckmassage. Der Druck wird entweder über einen Brustkorbstempel oder ein Brustkorbband appliziert. Diese Geräte ermöglichen eine hochwertige Herzdruckmassage während der Rettung (z. B. im Treppenhaus) und während des Transports.

Abb. 5.1  Mechanische Reanimationshilfe [V405]

Merke Die Anlage einer mechanischen Reanimationshilfe erfolgt möglichst ohne Unterbrechungen der Herzdruckmassage. Rettungsteams sollten das Vorgehen deshalb regelmäßig trainieren. • Stempel/Brustkorbband korrekt positionieren und vor Verrutschen sichern • Bei BVM/SGA keine kontinuierliche Druckmassage (30:2) • Akku-Management: Netzstecker bzw. Reserve-Akku vorhalten Adipositas Die Reanimation adipöser Personen kann besondere Herausforderungen mit sich bringen. Folgende Aspekte können die

erfolgreiche Wiederbelebung erschweren: • Zugang zu Patienten und deren Transport • Zugang zum Gefäßsystem • Atemwegsmanagement • Qualität der Thoraxkompressionen • Wirksamkeit vasoaktiver Medikamente • Effektivität der Defibrillationen Spezifische Maßnahmen • Person muss nicht zwingend vom Bett auf den Boden gelegt werden, wenn noch nicht genug Helfer für den Transfer zur Verfügung stehen. • Tiefere Thoraxkompressionen (bis max. 6 cm) durchführen. – Qualität mittels Feedbacksystem und etCO2 überwachen. – etCO2 konstant < 10 mmHg: Abbruch der Maßnahmen erwägen. • Mechanische Reanimationshilfen können unter Umständen nicht passen. – Helferwechsel < 2 Min. durchführen. – Ausreichende Anzahl Helfer für Thoraxkompressionen nachfordern. • Frühzeitige Atemwegssicherung (wenn möglich: Endotrachealtubus). – Mit schwierigem Atemweg rechnen. – Die Dauer der Beutel-Maske-Beatmung aufgrund des deutlich erhöhten Aspirationsrisikos so kurz wie möglich halten.

• Defibrillationsenergie bei wiederholten Schockabgaben bis zur maximalen Energie des Geräts steigern. • Bei schwieriger Venenpunktion frühzeitig i. o. System einsetzen. • Ggf. Spezialkräfte für die Rettung nachfordern. • Ggf. Spezialfahrzeug für Transport nachfordern. Anaphylaxie Eine schwere Anaphylaxie (➜ Abb. 5.2) kann binnen Minuten zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand führen.

Abb. 5.2  Urtikaria bei schwerer Anaphylaxie [M123] Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei einer Anaphylaxie sind: • Hypoxie (z. B. Schwellung der oberen/unteren Atemwege) • Hypovolämie (z. B. distributiver Schock) Spezifische Maßnahmen • Frühzeitiger Einsatz von Adrenalin i. m. bei drohender Instabilität • Bei Herzstillstand: Anwendung des ALS-Algorithmus

• Frühzeitige Atemwegssicherung – Mit schwierigem Atemweg durch Larynxödem rechnen – „Stochern“ mit Tubus vermeiden → weitere Schwellung – Videolaryngoskopie und Intubationsstab einsetzen – Ggf. chirurgische Atemwegssicherung (Koniotomie) • Infusionstherapie (kristalloide) • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) Asthma und COPD Schwere Asthma-Anfälle oder Exazerbationen einer COPD (➜ Abb. 5.3) können einen Herz-Kreislauf-Stillstand auslösen.

Abb. 5.3  Asthma und COPD [E355-025] Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Menschen mit Asthma/COPD sind: • Hypoxie (z. B. Schwellung der oberen/unteren Atemwege) • Spannungspneumothorax (z. B. nach starkem Husten) • Elektrolytstörung (z. B. Hypokaliämie durch β2-Mimetika) • Hypovolämie (z. B. zu geringe orale Flüssigkeitsaufnahme)

Spezifische Maßnahmen • Frühzeitige Atemwegssicherung (wenn möglich: Endotrachealtubus) Mit schwierigem Atemweg rechnen (z. B. starke Verschleimung) • Ggf. Beatmungssystem diskonnektieren, um Air-Trapping abzulassen • Bei Spannungpneumothorax: Pleurahöhle dekomprimieren • Flüssigkeitsbolus i. v. erwägen • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) Dialysepflichtige Personen Personen mit einer dialysepflichtigen Nierenerkrankung sind dem höchsten Risiko für einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand ausgesetzt. Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Dialysepatienten sind: • Hypovolämie (z. B. Shuntblutung) • Elektrolytentgleisung (z. B. Hyperkaliämie bei ausgelassener Dialyse) Spezifische Maßnahmen • Bei laufender Dialysetherapie: Gerät stoppen. Blutvolumen mit Flüssigkeitsbolus zum Patienten zurückführen • Frühzeitige Blutgasanalyse zur Bestimmung des Kaliumspiegels

• Wenn verfügbar: Ultraschalluntersuchung (POCUS) durchführen • Ggf. Dialysezugang (➜ Abb. 5.4) zur Medikamentenapplikation nutzen • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) Ggf. Transport in Krankenhaus mit Möglichkeit zur Notfalldialyse

Abb. 5.4  Shunt bei einem dialysepflichtigen Menschen [E420]

Ertrinken Ist ein Herz-Kreislauf-Stillstand durch Ertrinken eingetreten (➜ Abb. 5.5), hängt die Prognose insbesondere von der unter Wasser

verbrachten Zeit (Submersionszeit) ab.

Abb. 5.5  Ertrinkungsnotfall [M235] Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Ertrinkenden sind: • Hypoxie • Hypothermie

Spezifische Maßnahmen • Wenn helfende Person hinreichend ausgebildet: Beginn der Beatmungen und Herzdruckmassage noch während der Rettung ans Ufer • 5 initiale Beatmungen • Atemwegssicherung möglichst über Endotrachealtubus • Körpertemperatur bestimmen und ALS-Vorgehen ggf. anpassen • Transport unter Reanimationsbedingungen und eCPR erwägen • Bei unwegsamem Gelände oder langen Transportwegen frühzeitig RTH-Transport erwägen Hyperthermie Eine Hyperthermie kann durch zu starke Hitzeexposition eintreten. Ein Sonderfall der Überwärmung ist die maligne Hyperthermie. Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei überwärmten Personen sind: • Hypovolämie (z. B. starkes Schwitzen) • Elektrolytentgleisung (z. B. starkes Schwitzen) • Maligne Hyperthermie (z. B. nach Anästhetika-Gabe) Merke Eine maligne Hyperthermie ist eine seltene und meist lebensgefährlich verlaufende Reaktion des Körpers auf bestimmte Anästhetika oder Muskelrelaxanzien. Die Muskelzellen werden

aufgrund der auslösenden Triggersubstanz „hyperaktiv“ und stoßen dadurch eine bedrohliche Menge Wärme aus. Spezifische Maßnahmen • Hitzeexposition beenden • Körpertemperatur > 40,5 °C: schnelle Kühlung des Körpers durchführen – Zielwert der Kühlung: 39 °C – Akzidentielle Hypothermie durch Kühlung vermeiden • Wenn verfügbar: Blutgasanalyse (Elektrolytspiegel bestimmen) • Infusionstherapie (kristalloide) • Bei maligner Hyperthermie: – Zufuhr der Triggersubstanz stoppen – Normokapnie durch Hypverventilation anstreben – Dantrolen-Gabe (2,5 mg/Kg KG) Merke Dantrolen ist das Medikament der Wahl, um eine maligne Hyperthermie zu durchbrechen. Der Wirkstoff verhindert die Freisetzung von Kalziumionen aus der quer gestreiften Muskulatur und reduziert die Muskelaktivität. Lawinenunfall

Lawinenunfälle (➜ Abb. 5.6) gehen mit einer aufwendigen Rettung und langen Transportwegen einher.

Abb. 5.6  Lawinenunfall [W928] Bei der Reanimation Verschütteter ist im Besonderen an folgende reversible Ursachen zu denken: – Hypoxie (mechanische Asphyxie) – Hypothermie (Kälteexposition) Spezifische Maßnahmen • Mit 5 initialen Beatmungen beginnen.

• Standardvorgehen, wenn Verschüttungszeit < 60 Min. bzw. Temp. < 30 °C. • Abbruch der Reanimationsmaßnahmen bei Verschüttung > 60 Min. und Zeichen einer Atemwegsverlegung erwägen. • HOPE-Score kann zur Prognoseerfassung verwendet werden. • Falls keine kontinuierliche CPR bei der Rettung möglich ist: – < 28 °C: abwechselnd 5 Min. CPR mit Pausen ≤ 5 Min. – ≤ 20 °C: abwechselnd 5 Min. CPR mit Pausen ≤ 10 Min. • Afterdrop (weiteres Absinken der Körperkerntemperatur) vermeiden (vorsichtiger, möglichst horizontaler Transport). Schwangerschaft Während einer Schwangerschaft können verschiedene Ursachen zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand führen. Primär gilt es, das Leben der Mutter zu retten. Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Schwangeren sind: • Hypoxie (z. B. Eklampsie) • Hypovolämie (z. B. vaginale Blutungen) • Lungenarterienembolie (z. B. Fruchtwasserembolie) Spezifische Maßnahmen • Frühzeitig Hilfe durch Experten anfordern, frühzeitigen Transport erwägen • Handposition zur Thoraxkompression möglichst untere Hälfte des Brustbeins

• Uterus bei Schwangerschaft < 20. SSW (Fundus oberhalb des Bauchnabels tastbar, ➜ Abb. 5.7) manuell nach links auslagern Alternativ: 15–30° Linksneigung mit Schaufeltrage/Spineboard • Atemwegssicherung möglichst über Endotrachealtubus • Indikation für Notfallsektio: kein ROSC nach 4 Min. Reanimationsdauer

Abb. 5.7  Fundusstand im Lauf der Schwangerschaft [L234]

Sepsis Die Sepsis ist eine lebensbedrohliche Organfunktionsstörung, die durch eine gestörte Reaktion des Körpers auf eine Infektion zu verstehen ist (➜ Abb. 5.8). Ein septischer Schock kann jederzeit einen Herz-Kreislauf-Stillstand auslösen.

Abb. 5.8  Petechien bei fulminanter Sepsis [M235] Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Sepsis sind:

• Hypoxie (z. B. Schwellung der oberen/unteren Atemwege) • Hypovolämie (z. B. distributiver Schock) Spezifische Maßnahmen • Frühzeitige Atemwegssicherung und Beatmung • Infusionstherapie (kristalloide) • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen (eCPR) • Nach Rückkehr eines Spontankreislauf (ROSC) – Fokus der Sepsis identifizieren und ggf. sanieren, – antibiotische Therapie einleiten. Trauma Ein traumabedingter Herzstillstand (TCA) geht mit einer hohen Mortalität einher. Rechtsmedizinische Untersuchungen konnten jedoch zeigen, dass in vielen Fällen einfach zu behandelnde Ursachen des Stillstands bei der Behandlung übersehen wurden. Häufige reversible Ursachen des Herzstillstands bei Traumapatienten sind: • Hypoxie (z. B. Atemwegsverlegung) • Hypovolämie (z. B. innere Blutungen) • Spannungspneumothorax • Herzbeuteltamponade Spezifische Maßnahmen • Thoraxkompressionen dürfen die Behebung reversibler Ursachen nicht verzögern.

• Äußere Blutungen stillen (manueller Druck, Tourniquet, Hämostyptika). • Frühzeitige Atemwegssicherung und Beatmung. • Beidseitige Dekompression der Pleurahöhlen (Thorakostomie). • Ggf. Herzbeuteltamponade entlasten (Thorakotomie). • Ggf. proximaler Aortenverschluss (REBOA/manuelle Aortenkompression). • Ggf. Beckenschlinge anlegen. • Ein Ultraschall kann die Diagnosestellung erleichtern. • Transport unter Reanimationsbedingungen erwägen. Entscheidung für Notfallthorakotomie (4-E-Regel) Vor einer Notfallthorakotomie ist die 4-E-Regel anzuwenden: • Expertise (Ist das Team in der Maßnahme geschult?) • Equipment (Ist das erforderliche Material verfügbar?) • Environment (Kann die Maßnahme in dieser Umgebung durchgeführt werden?) • Elapsed Time (< 15 Min. nach Stillstand?

6: Versorgung nach ROSC Nicht nur die Qualität der Wiederbelebung ist für das Überleben und die Überlebensqualität entscheidend, auch die Qualität der Versorgung nach ROSC hat einen großen Einfluss auf die Genesung der verunfallten Person. Deshalb ist eine strukturierte PostReanimations-Behandlung unabhängig vom Ort der Wiederbelebung unmittelbar einzuleiten. Sie umfasst folgende Aspekte: • Atemwegssicherung • Beatmung • Kreislaufmanagement • Temperaturmanagement • Auswahl der Zielklinik Atemwegssicherung und Narkose • Die Sicherung der Atemwege soll nach ROSC fortgesetzt werden: – Lagekontrolle der bereits etablierten Atemwegshilfe durchführen. – Intubation anstreben, wenn Atemweg noch nicht gesichert. – Magensonde einlegen. – Cuffdruck kontrollieren und ggf. anpassen.

– Tubus für Transport/Umpositionierung fixieren. • Indikation zur Umintubation präklinisch kritisch stellen: – Dicht sitzende SGA können zunächst belassen werden. – Erheblich erhöhtes Aspirationsrisiko bei Umintubation. Merke Bei Personen, die nach ROSC nicht unmittelbar ein ungestörtes Bewusstsein wiedererlangen, ist eine Narkose einzuleiten und eine Intubation durchzuführen. • Einleitung und Aufrechterhaltung einer Narkose: → Kreislaufwirksamkeit der Narkosemedikamente beachten. Beatmung Bei einigen verunfallten Personen setzt nach ROSC eine suffiziente Spontanatmung ein. Die meisten Betroffenen müssen jedoch weiter kontrolliert beatmet werden. Die korrekte Einstellung der Parameter dieser Beatmung hat unmittelbaren Einfluss auf das Outcome. Merke Die Beatmung nach ROSC ist so lange mit 100%igem Sauerstoff fortzusetzen, bis eine Pulsoxymetrie sicher abgeleitet oder eine Blutgasanalyse durchgeführt ist. Nach ROSC sind sowohl eine Hypoxie als auch eine Hyperoxie zu vermeiden. Ein Sauerstoffmangel kann den hypoxischen Zellschaden

weiter verstärken. Eine Hyperoxie führt zur Freisetzung zytotoxischer Radikale, die ebenfalls ein weiteres Zellsterben auslösen können. Ziele der Beatmungstherapie nach ROSC sind: • Normoxie – Zielwert Pulsoxymetrie: 94–98 % – Zielwert O2-Partialdruck: 75–100 mmHg – Sauerstoffgehalt (FiO2) entsprechend titrieren • Normokapnie – Zielwert etCO2: 35–45 mmHg – Bei aktivem Temperaturmanagement (TTM) engmaschig kontrollieren → Gefahr der Hypokapnie – etCO2-Wert über das Atemminutenvolumen justieren • Lungenprotektion – Atemzugvolumen: 6–8 ml/kg KG – Druckspitzen vermeiden • Überwachung – SaO2, etCO2, Atemwegsdruck (Paw), Atemfrequenz (AF), FiO2 Kreislaufmanagement Stabile Kreislaufverhältnisse nach ROSC sind wichtig, um die Perfusion der Organe sicherzustellen. Eine unzureichende Perfusion nach einem Herzstillstand verstärkt den hypoxischen Organschaden und verschlechtert das Outcome. Merke

Nach ROSC ist ein mittlerer arterieller Blutdruck (MAP) von > 65 mmHg anzustreben. Kreislaufüberwachung und Kreislauftherapie • EKG-Überwachung: QRS-Ton anschalten, um mögliche Verschlechterung früh zu erkennen. • Schnellstmöglich 12-Kanal-EKG ableiten: Bei Beurteilung auf Zeichen myokardialer Ischämie achten. • Blutdruck engmaschig kontrollieren: Durch den Abbau endogener Katecholamine kann ein initial stabiler Blutdruck schnell in eine Hypotonie übergehen. • Hypotonie unverzüglich behandeln: – Katecholamingabe: z. B. Noradrenalin-Perfusor. – Bei Hypovolämie: Infusionstherapie (kristalloide). • Bei bradykarden oder tachykarden Herzrhythmusstörungen zunächst Rhythmustherapie einleiten. • Echokardiografie. • PCI-Therapie. Merke In der Postreanimationsphase ist schnellstmöglich ein 12-Kanal EKG abzuleiten. Temperaturmanagement Auch die Körpertemperatur der verunfallten Person hat einen Einfluss auf die Qualität des neurologischen Überlebens nach einer

Reanimation. Während eine Hypothermie eher neuroprotektiv wirkt, kann eine Hyperthermie die hypoxische Hirnschädigung weiter verstärken. • In der Postreanimationsbehandlung Temperatur messen • Die Körpertemperatur mind. 24 Std. konstant auf 32–36 °C halten • Fieber (> 37,7 °C) aktiv senken • Keine prähospitale Kühlung mit kalten Infusionslösungen Merke Nach ROSC ist eine Normothermie anzustreben und aufrechtzuerhalten. Gezieltes TTM bedeutet, über mind. 24 Std. eine konstante Temperatur zwischen 32 und 36 °C aufrechtzuerhalten (➜ Abb. 6.1).

Abb. 6.1  Gerät zur therapeutischen Hypothermie [XXXX]

Auswahl der Zielklinik Die Auswahl der richtigen Zielklinik hat ebenfalls große Bedeutung für die Überlebensqualität nach einem Herzstillstand. In Deutschland können sich Krankenhäuser als Cardiac Arrest Center (CAC) zertifizieren lassen. Merke Cardiac Arrest Center (CAC) sind Krankenhäuser, die strukturell, organisatorisch und logistisch besonders auf die Behandlung reanimierter Personen ausgerichtet sind. Anforderungen an ein Cardiac Arrest Center sind: • Standardisierte Behandlungspfade zur Versorgung • Multidisziplinarität: – (Interventionelle) Kardiologie – Anästhesie/Notfallmedizin – Neurologie – Ggf. Unfallchirurgie • Übernahmeeinrichtung (Notaufnahme) • Notfallteam (Cardiac Arrest Recieving Team) • Herzkatheterlabor (PCI)

• Notfallsonografie • Computertomografie (CT): fachneurologischer Befund < 30 Min. • Intensivstation • Regelmäßige Qualitätszirkel/Qualitätsmanagement • Zertifizierte Reanimationskurse für Mitarbeiter • Ausbildungskonzept für Mitarbeiter • Protokollierung der zeitlichen Abläufe

7: Peri-Arrest-Arrhythmien Herzrhythmusstörungen mit tastbarem Puls, die unmittelbar vor oder nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand auftreten, werden als Peri-Arrest-Arrhythmien bezeichnet. Dabei werden tachykarde und bradykarde Rhythmusstörungen unterschieden. Nach individuellem Zustand können stabile und instabile Peri-Arrest-Arrhythmien unterschieden werden. Kriterien einer hämodynamischen Instabilität: • Schock (RRsyst < 90 mmHg) • Synkope (durch zerebrale Minderperfusion) • Herzinsuffizienz (Lungenödem oder Halsvenenstauung) • Myokardiale Ischämie (Brustschmerzen oder Ischämiezeichen im EKG) Bradykardie • Bei Instabilität: – Atropin 0,5 mg i. v. (AHA 1 mg) – Keine Bolusgaben < 0,5 mg (Gefahr paradoxer Wirkung) • Bei Instabilität und unzureichender Reaktion auf die erste Atropingabe: – Atropin 0,5 bis max. 3 mg i. v. – Adrenalin 0,002–0,01 mg/Min. i.v.

– Isoprenalin 0,005 mg/Min. i.v. – Transkutaner Schrittmacher – (Transvenöser Schrittmacher) • Bei fehlender Instabilität Sofortmaßnahmen erwägen, wenn: – Kürzliche Asystolie? – AV-Block II, Mobitz? – AV-Block III mit breiten QRS-Komplexen? – Ventrikulärer Stillstand > 3 Sek.? Transthorakale Schrittmachertherapie • 6-Kanal-EKG aufbringen (Sensingquelle) • Defibrillationselektroden aufbringen: Apex/Sternum oder anterior/posterior (➜ Abb. 7.1) • Pacer-Modus aktivieren – Modus: Demand oder Fix – Frequenz: 70/Min. – Intensität: Steigern bis 1:1-Kopplung – Steigerung um 15 mA als Sicherheitsmarge – Pulskontrolle (möglichst nicht an A. carotis)

Abb. 7.1  Alternative Elektrodenposition zur Schrittmachertherapie [L235]

Vorsicht Bei einer transthorakalen Schrittmachertherapie können Zuckungen der mimischen Muskulatur als Pulse der A. carotis fehlgedeutet werden.

Tachykardie • Bei Instabilität: – Synchronisierte Kardioversion (max. 3 Versuche)

– Bei Erfolglosigkeit: 300 mg Amiodaron über 10–20 Min. i.v. – Expertenrat einholen – Ggf. weitere Kardioversionsversuche • Bei stabilen Kreislaufverhältnissen: – Vagus-Manöver bei regelmäßiger SVT – Adenosin-Gabe (6–12–18 mg) bei regelmäßiger SVT – Amiodaron-Gabe (300 mg über 10–60 Min.) bei regelmäßiger VT – Magnesium-Gabe (2 g über 10 Min.) bei Torsade de Pointes Synchronisierte Kardioversion • Defibrillationselektroden aufbringen: Apex/Sternum oder anterior/posterior • Defibrillationsmodus wählen • R-Zacken-Synchronisation einschalten Optische Kontrolle, ob Synchronisation auf R-Zacken erfolgt • Defibrillator laden – Erster Schock: z. B. 120 Joule – Energiewahl vom Hersteller abhängig • Schockabgabe • Sofortige Rhythmus- und Pulskontrolle • Bei Erfolglosigkeit: erneuter Kardioversionsversuch • Bei Pulslosigkeit: Reanimation, ggf. sofortige Defibrillation Merke

Vor einer Kardioversion ist stets zu kontrollieren, ob die Synchronisationsmarken tatsächlich auf die R-Zacken des EKG-Bilds zeigen.

8: Neonatal Life Support (NLS) ➜ Abb. 8.1

Abb. 8.1  Neugeborenenversorgung © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2021 [F781-040]

Initiale Beurteilung

Die initiale Beurteilung des Neugeborenen kann bereits vor dem Abnabeln erfolgen und umfasst die Parameter Muskeltonus/Hautkolorit, Qualität der Spontanatmung sowie Herzfrequenz. Merke Der APGAR-Score ist nicht dazu geeignet, um zu entscheiden, ob ein Neugeborenes Reanimationsmaßnahmen benötigt. Muskeltonus/Hautkolorit • Muskeltonus? (normal, herabgesetzt oder schlaff) • Blässe? Zyanose? Atmung • Suffizient? • Insuffizient? • Fehlend/Apnoe? Herzfrequenz • Schnell (≥ 100/Min.): normal • Langsam (60–100/Min.): mögliche Hypoxie • Kritisch (< 60/Min): Hypoxie wahrscheinlich Merke Zur Beurteilung der Herzfrequenz kann die Pulstastung an der Nabelschnur erfolgen. Sicherer

ist es, die Herztöne auszukultieren. Einteilung • I – Keine Beeinträchtigung: normaler Tonus, lebhafte Atmung/Schreien, Herzfrequenz > 100/Min. • II – Mäßige Beeinträchtigung: normaler oder reduzierter Tonus, inadäquate Atmung, Herzfrequenz < 100/Min. • III – Schwere Beeinträchtigung: schlaff, inadäquate Atmung, Herzfrequenz < 60/Min. Bei anhaltender Bradykardie trotz effektiver Beatmung über 30 Sek.: Beginn Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 3:1 Wärmemanagement Bei Neugeborenen ist die Temperatur zu messen und zu dokumentieren. • Ziel ist es, die Körpertemperatur zwischen 36,5 °C und 37,5 °C zu halten. • Hypo- oder Hyperthermie sind während der Versorgung zu vermeiden. Vorsicht Neugeborene, die außerhalb der Klinik auf die Welt kommen, haben ein erhöhtes Risiko zu unterkühlen. Dies kann mit schlechterem Outcome verbunden sein.

Der Rettungsdienst ergreift folgende Maßnahmen (➜ Abb. 8.2): • Kind vor Zugluft schützen, ggf. Fenster schließen. • Kind unmittelbar nach der Geburt sorgfältig abtrocknen. • Kopf und Körper mit warmen, trockenen Tüchern zudecken. Alternative: Frischhaltefolie. • Gesunde Neugeborene können dann der Mutter auf die Brust gelegt werden. • Inkubator zum Transport nachfordern und vorheizen.

Abb. 8.2  Wärmeerhalt beim Neugeborenen [P718]

Abnabeln Der Zeitpunkt der Abnabelung (➜ Abb. 8.3) ist eine wichtige Entscheidung im Rahmen der Neugeborenen-Versorgung. Das Prinzip der „verzögerten Abnabelung“ bedeutet, dass die Nabelschnur nicht direkt nach der Geburt durchtrennt wird: • Gesunde Neugeborene werden verzögert abgenabelt: – Frühestens 1 Min. nach der Geburt, ggf. sogar später. – Idealerweise erst nach der Belüftung der Lungen. • Beeinträchtigte Neugeborene werden nur dann verzögert abgenabelt, wenn die weitere Versorgung effektiv umgesetzt werden kann. Wenn verzögerte Abnablung nicht möglich: Ausstreifen der Nabelschnur erwägen. • Kritische Neugeborene sind sofort abzunabeln. • Bereits während der Abnabelung auf Wärmeerhalt achten. • Zeitpunkt der Abnabelung dokumentieren.

Abb. 8.3  Abnabeln [E1061]

Präduktale Sättigung Bei der Versorgung eines Neugeborenen ist die Sauerstoffsättigung (➜ Abb. 8.4) an der rechten Hand zu messen. Dies entspricht der Sauerstoffsättigung vor dem Ductus arteriosus (präduktal, ➜ Tab. 8.1). Dieser Wert entspricht dem Sauerstoffgehalt der Gehirndurchblutung.

Abb. 8.4  Messung der Sauerstoffsättigung [P109]

Tab. 8.1

Akzeptable präduktale Sättigungswerte

Minuten nach Geburt

Sauerstoffsättigung

2

65 %

5

85 %

10

90 %

Merke Unmittelbar nach der Geburt sind niedrigere Werte der Sauerstoffsättigung physiologisch. Sollte die Sättigung nicht adäquat ansteigen, erfolgt eine Beatmung mit angepasster Sauerstoffgabe. Atemwegssicherung und Beatmung Eine suffiziente Beatmung ist die wichtigste Maßnahme, um den Zustand eines kritischen Neugeborenen zu stabilisieren. Ist die initiale Maskenbeatmung nicht erfolgreich, können folgende Manöver angewendet werden: • Erhöhung des Beatmungsdrucks • Zwei-Hände-Esmarch • Guedel-Tubus (➜ Tab. 8.2)

Tab. 8.2

Tubusgröße (endotracheal) und Einführtiefe bei

Neugeborenen Gestationsalter (Wochen)

Einführtiefe ab Lippe (cm)

Außendurchmesser (mm)

23–24

5,5

2,5

25–26

6,0

2,5

27–29

6,5

2,5

30–32

7,0

3,0

33–34

7,5

3,0

35–37

8,0

3,5

38–40

8,5

3,5

41–43

9,0

4,0

Merke Der Beatmungsdruck bei Neugeborenen sollte 25 cmH2O nicht überschreiten. Eine Larynxmaske kann bei Neugeborenen (> 34. SSW) eingesetzt werden, wenn die Maskenbeatmung nicht gelingt und eine endotracheale Intubation nicht erfolgreich oder nicht durchführbar ist. Gefäßzugang

Im Rahmen der Neugeborenen-Reanimation ist ein Gefäßzugang zu etablieren. Zugangsweg der ersten Wahl ist ein Nabelvenenkatheter (➜ Abb. 8.5). Sofern dieses Vorgehen nicht umsetzbar ist, wird ein intraossärer Zugang gelegt.

Abb. 8.5  Anlage eines Nabelvenenkatheters [L234]

Nabelvenenkatheter • Katheter zuerst entlüften → Gefahr der Luftembolie! • Desinfektion von Nabel und Nabelstumpf • Nabelband proximal der Nabelklemme anlegen • Nabel mit Skalpell proximal der Nabelklemme kürzen • Nabelstumpf mit Pinzette greifen und Nabelvene identifizieren

– „Großer“ Eingang auf 7:00 Uhr – 2 Nabelarterien auf 11:00 und 4:00 Uhr („kleine“ Eingänge) • Katheter unter Spülung ca. 5–7 cm tief einführen • Lage durch Aspiration von Blut bestätigen und Katheter fixieren Medikamente Zur Reanimation von Neugeborenen wird die Gabe von Adrenalin (➜ Abb. 8.6) empfohlen. Die Verabreichung von Glukose kann erwogen werden. Auf die Gabe von Atropin ist möglichst zu verzichten, da Bradykardien bei Neugeborenen eine Hypoxie zugrunde liegt.

Abb. 8.6  „Adrenalin-Tankstelle“ mit Dosierungshilfe für Notfallmedikamente [P426]

Adrenalin • Indikation: Herzfrequenz < 60/Min. trotz Herzdruckmassage und Beatmung • Dosierung: 0,01–0,03 mg/kg KG alle 3–5 Min. Glukose • Indikation: prolongierte Reanimation zur Prävention einer Hypoglykämie

• Dosierung: 250 mg/kg KG (z. B. 2,5 ml Glukose 10 %/kg KG)

9: End-of-Life-Situationen Sichere Todeszeichen Anzeichen, die auf einen vollendeten Sterbeprozess deuten. Sie dienen der Feststellung des Todes sowie der Bestimmung des Todeszeitpunkts. Eine erfolgreiche Wiederbelebung ist bei Vorliegen dieser Anzeichen aussichtlos. • Totenstarre (Rigor mortis) • Leichenflecken (Livor mortis, ➜ Abb. 9.1) • Verwesung • Nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen

Abb. 9.1  Leichenflecken (Livor mortis)

Merke

Wenn bereits sichere Todeszeichen vorliegen, muss keine Reanimation eingeleitet werden. Sind sich die Helfer darüber unsicher, beginnen sie zunächst mit der Wiederbelebung. Abbruch der Reanimation Zur Entscheidung, ob eine Reanimation abgebrochen werden soll, müssen medizinische, juristische und ethische Aspekte beachtet werden. Die Entscheidung ist möglichst im Team zu treffen, obgleich die letztliche Verantwortung beim behandelnden Arzt liegt. Für den Abbruch einer Reanimation existieren keine allgemeingültigen Kriterien, es handelt sich immer um eine Individualentscheidung. Mögliche Kriterien, die für den Abbruch einer Reanimation durch den behandelnden Arzt herangezogen werden können, sind: • Asystolie über 20 Min. trotz ALS-Maßnahmen • Nicht beobachteter Herzstillstand/Unklare Liegedauer • Langes therapiefreies Intervall (keine Ersthelfermaßnahmen) • Vorliegen einer gültigen und relevanten Patientenverfügung Folgende Faktoren sollten nicht als alleinige Kriterien zum Abbruch der Reanimation herangezogen werden: • Pupillengröße • Dauer der Reanimation • etCO2-Wert • Fehlende Kontraktilität im Ultraschall • Begleiterkrankungen

• Initialer Laktatwert • Alter der Person Merke Slow Code ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine absichtlich suboptimal ausgeführte Reanimation, um für Angehörige den Anschein einer guten Behandlung bei infauster Prognose zu wahren. Slow Codes sind ethisch äußerst problematisch und sollten deshalb unterlassen werden. Patientenwille Die Entscheidung zur Wiederbelebung muss auch im Sinne der betroffenen Person sein. Zahlreiche Menschen haben bereits zu Lebzeiten verfügt, nicht wiederbelebt werden zu wollen (DNR = do not resuscitate). Vorsorgevollmacht In einer Vorsorgevollmacht benennt ein Mensch eine oder mehrere Personen, die für definierte Aufgabenbereiche in seinem Sinne handeln sollen. Diese Personen müssen bei einer Reanimation zu seinem mutmaßlichen Willen befragt werden. Patientenverfügung In einer Patientenverfügung (➜ Abb. 9.2) dokumentiert ein Mensch im Vorfeld seinen Willen. Die Inhalte zur Einwilligung oder zur Untersagung einer Behandlung sind bindend, sofern die

Patientenverfügung gültig und auf diesen konkreten Fall zutreffend ist.

Abb. 9.2  Patientenverfügung [O408]

Vorsicht Die Prüfung der Gültigkeit einer Patientenverfügung kann zu einer nicht akzeptablen Verzögerung der Reanimationsmaßnahmen führen. Rettungsteams beginnen bei Unklarheit mit der Wiederbelebung.

Umgang mit Angehörigen Der Umgang mit Angehörigen in einer Reanimationssituation wird im Rettungsdienst sehr unterschiedlich gehandhabt. Gründe, die

Rettungsteams dazu bringen, Angehörige pauschal von einer Reanimation auszuschließen, sind: • Man könne während der Reanimation „nicht so frei sprechen“. • Jedes Wort würde „auf die Goldwaage“ gelegt werden. • Die Angehörigen könnten fachliche Defizite des Rettungsdienstes vermuten. • Angehörige könnten Komplikationen der Behandlung miterleben. • Angehörige würden durch die Behandlung traumatisiert. • Angehörige könnten die Leistungsfähigkeit des Rettungsteams behindern. Die wissenschaftliche Forschung belegt hingegen Folgendes: • Die Anwesenheit von Angehörigen bei der Reanimation senkt die Inzidenz psychischer Belastung nach dem Ereignis. • Der Vorwurf, das Team habe bei der Reanimation „schlechte Arbeit“ geleistet, wird erhoben, wenn die Angehörigen sich ausgeschlossen fühlen. • Die Anwesenheit von Angehörigen bei einer frustranen Reanimation wirkt sich förderlich auf den Trauerprozess aus. Merke Angehörige sollten von einer Reanimationssituation nicht pauschal ausgeschlossen werden. Die Anwesenheit hilft ihnen bei der Verarbeitung des Geschehens. Bei

frustranem Ausgang der Reanimation kann sich die Anwesenheit zudem förderlich auf den Trauerprozess auswirken. Angehörige sind aus dem Raum zu bitten, wenn • das Platzangebot am Einsatzort nicht ausreicht, • der Eigenschutz des Rettungsteams dies begründet erfordert.