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German Pages 337 Year 1978
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 341
Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung Erster Band Das Planungssystem der Landesplanung Grundlagen und Grundlinien Von
Rainer Wahl
Duncker & Humblot · Berlin
RAINER
WAHL
Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung
Schriften 2um Ö f f e n t l i c h e n Recht Band 341/1
Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung Erster Band
Das Planungssystem der Landesplanung Grundlagen und Grundlinien
Von
Rainer Wahl
DÜNCKER
&
HUMBLOT
/
BERLIN
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld gedruckt m i t Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Alle Rechte vorbehalten © 1978 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1978 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3 428 04145 3 (Gesamtausgabe) ISBN 3 428 04146 1 (I. Bd.)
Vorwort Die planende Verwaltung ist seit längerer Zeit Realität — unabhängig von modischen Schwankungen des Planungsbewußtseins. Das Recht der Planung und speziell das Verwaltungsrecht der Planung hat diese Realität des planenden Verwaltungshandelns noch nicht ausreichend verarbeitet. Bemühungen zur Änderung dieser Situation müssen zumindest zweierlei i m Blick haben. Zum einen sind zu klären grundsätzliche Fragen nach der Veränderung der Staatsaufgaben, die sich i n der Bedeutungssteigerung der Planung andeutet, und nach den Auswirkungen dieses Aufgabenwandels für das System der Handlungsformen und für die organisationsrechtlichen Kompetenzordnungen. Zum anderen sind die prinzipiellen Überlegungen durch detaillierte Analysen von konkreten Planungen zu ergänzen und zu vertiefen. Dies erfordert nicht nur die Beschränkung auf einen Planungsbereich, hier die räumliche Planung, sondern bewußt ins Detail gehende Untersuchungen von landesplanerischen Planungssystemen ausgewählter Länder. I m Sinne dieser Zweiteilung enthält Band 1 der Arbeit eine verwaltungswissenschaftlich informierte Grundlegung des planerischen Handelns und des Planungsbereichs der Landesplanung; Band 2 stellt einen zentralen Sachbereich der landesplanerischen Pläne, die Konzepte zur Steuerung der Siedlungsstruktur, i n ihrer sachlich-planerischen und rechtlichen Problematik i n den Mittelpunkt konkreter Analysen. Das rasche Veralten der einschlägigen Pläne ist i n diesem zweiten Teil der Arbeit hinzunehmen, weil anders die exemplarische Durchdringung eines Planungsbereichs nicht möglich ist. Die Arbeit hat der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld i m Sommersemester 1976 vorgelegen und ist von ihr als Habilitationsschrift angenommen worden. Sie wurde i m A p r i l 1976 abgeschlossen und bei der — für die Drucklegung erfolgten geringfügigen — Überarbeitung auf den Stand vom 31. J u l i 1977 gebracht. Nachdrücklichen und herzlichen Dank möchte ich Herrn Professor Dr. Dr. Ernst-Wolfgang Böckenförde, meinem Lehrer, sagen. Sein Rat und seine vielfältigen Anregungen während einer langjährigen Zusammenarbeit waren m i r auch bei dieser Arbeit sehr hilfreich und förderlich. Nicht zuletzt entsprangen dieser Zusammenarbeit die Herausforderung
Vorwort
VI
und der Ansporn für den Versuch der sowohl theoretischen als auch konkreten dogmatischen Durchdringung von Problemen. Dank schulde ich ihm auch für die Bekräftigung, die er meinem Weg zur verwaltungswissenschaftlich informierten und angeregten Behandlung öffentlich-rechtlicher Probleme von Anfang an gegeben hat. Eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß die Arbeit i n dem vorliegenden Konzept geplant und durchgeführt werden konnte, war das zweijährige Habilitationsstipendium, das m i r die Deutsche Forschungsgemeinschaft gewährt hat. Dieser bewährten Einrichtung der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung fühle ich mich sehr verpflichtet. Danken möchte ich den zahlreichen Landtagsarchiven, Ministerien und Planungsgemeinschaften, die m i r Gesetzesmaterialien, Pläne, Programme und Berichte zur Verfügung gestellt haben. Wenn es auch durch diese — bis auf wenige Ausnahmen gezeigte — Bereitschaft gelang, die unerläßlichen Unterlagen für die vorliegende Arbeit zu erhalten, so bleibt es doch eine nicht unerhebliche Schranke für die wissenschaftliche Bearbeitung und die öffentliche Diskussion des Inhalts der Pläne und Programme, daß die notwendigen Materialien regelmäßig nur auf besondere Anforderung zugänglich sind. Die Unklarheiten über die Handlungsform und die rechtliche Bedeutung der Pläne schlagen sich i n einem Publizitätsdefizit nieder. Besonders erwähnen möchte ich die Universitätsbibliothek Bielefeld, die durch ihre Ausstattung und ihre die Interdisziplinarität fördernde Anlage maßgebliche Voraussetzungen für die Erschließung der Landtagsdrucksachen und der Literatur der Raumforschung und der Raumplanung gegeben hat. Herzlichen Dank schulde ich Frau Hildegard Hirsch, die engagiert, sachkundig und m i t hohem Einsatz i n allen Stadien der Herstellung der Arbeit hilfreich gewesen ist. Für Mithilfe beim Lesen der Korrekturen danke ich Frau Lisa Maas, Herrn Assessor Hartmut Keßler und Herrn Gerichtsreferendar Rüdiger Nolte. Nicht zuletzt danke ich Herrn Ministerialrat a.D. Professor Dr. Broermann für die Aufnahme der Arbeit i n sein Verlagsprogramm. Bielefeld, i m Februar 1978 Rainer Wahl
Inhaltsverzeichnis ERSTEH B A N D
Das Planungesystem der Landesplanung Grundlagen und G r u n d l i n i e n Einführung § 1 Raumordnung als Programmierung interdependenter hänge i n der pluralistischen V e r w a l t u n g
Zusammen-
§ 2 Gang der Untersuchung
1 9
§ 3 Begriffliche Abgrenzungen
16
Erster
Hauptteü
Das Handlungsinstrument des Planes und das Organisationsprinzip des Planungssystems 1. Abschnitt Das Handlungsinstrument des Planes
21
§ 4 Die Handlungsform von Plänen als Problem des Verwaltungsrechts
21
§ 5 Der Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion
27
§ 6 Systemsteuerung durch direkte Verhaltensregelung u n d durch Z i e l orientierung
45
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
62
§ 8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen
78
§ 9 Programmierungszusammenhänge von Plänen
88
§10 Nochmals: Die Handlungsform der Pläne u n d die verwaltungsrechtlichen Problemkreise der Planung 101 2. Abschnitt Das Organisationsprinzip des Planungssystems
114
§11 Das Planungssystem als Organisationsprinzip für Aufgabenverflechtungen zwischen selbständigen Planungsträgern 114
VIII
Inhaltsverzeichnis
§ 12 Das Verhältnis von Staat u n d Gemeinden als Paradigma planerischer Verflechtungen 132 A . Das traditionelle Verständnis der abgrenzbaren Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft 133 B. Das funktionale Selbstverwaltungsverständnis: modell u n d M i t w i r k u n g s m o d e l l
Kompensations-
139
C. Die K o n s t r u k t i o n von Planungssystemen nach dem RahmenAusfüllungs-Modell 147 § 13 Konstruktionselemente u n d Grundsätze von Planungssystemen
Zweiter
156
Hauptteil
Die landesplanerischen Planungssysteme der Länder 1. Abschnitt Die Ausbildung der Landesplanung und der landesplanerischen Planungssysteme bis 1965
171
§ 14 Ansätze der landesplanerischen Planungssysteme bis 1945
171
§ 15 Die persuasorische Landesplanung — Entwicklung bis 1965
185
2. Abschnitt Grundlinien der bestehenden landesplanerischen Planungssysteme und ihre Entwicklungstendenzen
203
§ 16 Das R O G u n d seine Bedeutung f ü r die E n t w i c k l u n g der landesplanerischen Planungssysteme 203 § 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
223
§18 Entwicklungstendenzen i n der Regionalplanung, der Kreisentwicklungsplanung u n d i m Stadt-Umland-Bereich 234 § 19 Landesplanung — Entwicklungsplanung
249
§ 20 Landes(entwicklungs)planung — Aufgabenplanung
269
§21 Bundesstaatliche Rahmenbedingungen der landesplanerischen Planungssysteme 277
Literaturverzeichnis I
293
ZWEITER B A N D
Die Konzepte zur Siedlungestruktur in den Planungssystemen der Länder Dritter
Hauptteil
D i e siedlungsstrukturellen Konzepte i n der Raumforschung und der raumordnerischen Praxis §22 Begriff der Siedlungsstruktur
1
§ 23 Siedlungsstrukturelle Konzepte i n der Praxis bis 1965 (Uberblick) . .
4
§24 Das zentrale-Orte-Konzept
11
§25 Die Verdichtungskonzeption — Das Konzept der Entwicklungsschwerpunkte u n d Entwicklungssachen
39
§ 26 Das Konzept der ausgeglichenen Funktionsräume. Die Strategie des langfristigen Umbaus der Siedlungsstruktur i m ländlichen Raum . .
54
§ 27 Siedlungsstrukturelle Konzepte f ü r die Verdichtungsräume
60
§ 28 Ziele f ü r die Siedlungsstruktur i n der landesplanerischen Praxis — Überblick
68
§29 Siedlungsstrukturelle Konzepte i m Bundesraumordnungsprogramm
83
§30 Zusammenfassung
89
Vierter
Hauptteil
D i e siedlungsstrukturellen Konzepte i m N e t z w e r k der rechtlich geordneten landesplanerischen Planungssysteme
1. Abschnitt Die landesplanerischen Planungssysteme von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz § 31 Das Planungssystem i n Nordrhein-Westfalen
93 94
§32 Das Hessische Planungssystem
117
§ 33 Das Planungssystem i n Rheinland-Pfalz
134
Inhaltsverzeichnis
χ
2. Abschnitt Die Verbindlichkeit siedlungsstruktureller Festsetzungen im Verhältnis zwischen den Planungsebenen und -bereichen
145
§ 34 Bindungswirkungen zwischen der zentralen Landes(entwicklungs)planung u n d den Fachressorts 145 A . Landes(entwicklungs)planung u n d Regierungsorganisation
145
B. Nordrhein-Westfalen
161
C. Hessen
173
D. Rheinland-Pfalz
182
§ 35 Ableitungszusammenhänge zwischen zentralen Planungen u n d der Regionalplanung , 183 A. Der rechtliche Status der Regionalplanung
183
B. Nordrhein-Westfalen
192
C. Hessen
198
D. Rheinland-Pfalz
209
§36 Siedlungsstrukturelle Vorgaben der gegenüber den Gemeinden
Landes(entwicklungs)planung
217
A. Siedlungsstrukturelle Funktionsbestimmungen u n d kommunale Selbstverwaltung 217 B. Nordrhein-Westfalen
236
C. Hessen
244
D. Rheinland-Pfalz
249
Literaturverzeichnis I I
253
Zusammenstellung v o n Rechtsvorschrif ten, P r o g r a m m e n bzw. P l ä n e n und Berichten zur Landesplanung und Landesentwicklung
275
Personenregister
285
Sachwortregister
287
Verzeichnis der Skizzen und Abbildungen ERSTER B A N D SYNOPSE der Programme u n d Pläne der zentralen Ebene
230
SYNOPSE der Planungsebenen
243
ZWEITER BAND Festlegungen der Länder f ü r zentrale Orte (SYNOPSE)
22-26
Systematik des Gesetzes zur Landesentwicklung
106
Schema der rechtlichen Bindungswirkungen i m nordrhein-westfälischen Planungssystem 108 Das System der Raumplanung i n Nordrhein-Westfalen
110
Schema der rechtlichen Bindungswirkungen i m hessischen Planungssystem 122 Hessisches Planungssystem. Langfristplanung, Ergebnisrechnungen
Durchführungsabschnitte,
124
Schematische Darstellung des Inhalts des Landesentwicklungsplanes u n d der Reg. Raumordnungspläne (Hessen) 126-127 Ablaufkonzept des Planungsprozesses I P E K S (Rheinland-Pfalz)
136
Schema der rechtlichen Bindungswirkungen Landesplanungssystem
139
im
rheinland-pfälzischen
Programmsteuerung i m hessischen Planungssystem
176
Ablaufschema f ü r die Aufstellung regionaler Raumordnungspläne (Hessen) 200 Zielvorstellungen zur Siedlungsstruktur (Regionaler ROP1 Westpfalz) . . 212 S t r u k t u r - u n d Funktionsschema (Regionaler ROP1 Westpfalz)
214
Regionaler Ausbaukatalog (Regionaler ROP1 Westpfalz)
216
Abkürzungsverzeichnis ABl.
=
a. F.
= alte Fassung
Amtsblatt
BGBl
=
BImSchG
= Gesetz zum Schutz vor schädlichen U m w e l t e i n w i r k u n gen durch Luftverunreinigung, Geräusche, Erschütterungen u n d ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz)
BReg.
=
Bundesregierung
BROP
=
Bundesraumordnungsprogramm
BT
=
Bundestag
BVerfG
=
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
Bundesgesetzblatt
BVerwG
=
BVerwGE
= Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
Bundesverwaltungsgericht
Drs.
=
Drucksache
Eildienst L k r T N W = Eildienst Landkreistag Nordrhein-Westfalen EK
=
EPlaR
= Entscheidungen zum Planungsrecht, hrsg. v. I n s t i t u t f ü r Städtebau, Wohnungswirtschaft u n d Bausparwesen e. V., Bonn
Enquete-Kommission
ESVGH
= Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs u n d des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg u n d Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder
F1NP
=
Flächennutzungsplan
FS
=
Festschrift
GABI
= Gemeinsames A m t s b l a t t
GBl
=
GMB1
= Gemeinsames Ministerialblatt
GRW
= Gemeinschaftsaufgabe Wirtschaftsförderung"
Gesetzblatt „Verbesserung der
regionalen
GV, GVB1, GVOB1 = Gesetz- u n d Verordnungsblatt Informationen
= Informationen (seit 1974: Informationen zur Raumentwicklung), hrsg. v o m I n s t i t u t f ü r Raumordnung, BonnB a d Godesberg
xiîî
Abkürzungsverzeichnis
Integrierte Planungs-, Entscheidungs- u n d K o n t r o l l systeme Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der K r a n k e n häuser u n d zur Regelung der Krankenhauspflegesätze Kreisentwicklungsplan Kreisentwicklungsprogramm Landesentwicklungsplan Landesentwicklungsprogramm Landesplanung Landesplanungsgesetz Landesregierung Landesraumordnungsprogramm Landtag Ministerialblatt Ministerkonferenz f ü r Raumordnung Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen i n Münster sowie f ü r die Länder Niedersachsen u n d Schleswig-Holstein i n L ü neburg Reichsgesetzblatt Raumordnungsbericht Raumordnungsgesetz Raumordnungsplan Raumordnungsprogramm Staatsgerichtshof Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk Staatskanzlei Verbandsordnung Verfassungsgerichtshof Verwaltungsgerichtshof Verkehrsblatt. Amtsblatt des Bundesministers für V e r kehr der Bundesrepublik Deutschland Vierteljahresschrift schichte
für
Sozial-
und
Wirtschaftsge-
Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts haushaltsgesetz)
(Wasser-
Einführung § 1 Baumordnung als Programmierung interdependenter Zusammenhänge in der pluralistischen Verwaltung I. Planung, vor einigen Jahren als der große Zug der Zeit gekennzeichnet, hat i n der Einschätzung der Öffentlichkeit spürbar an A t t r a k tivität verloren. Gleichwohl braucht sich eine wissenschaftliche Beschäftigung m i t Planungsproblemen nicht besonders zu rechtfertigen. Für die Wissenschaften ist,prozyklisches 4 Verhalten gemäß den stimmungsmäßigen Höhen und Tiefen der Planungsbegeisterung und -resignation gerade kein Maßstab. Zumal i m Wellental' der öffentlichen Planungsdiskussion sind die Chancen zur umfassenden und grundsätzlichen Analyse unabhängig vom Zeitdruck konkreter Projekte zu nutzen. Dies gilt besonders für den Gegenstand der vorliegenden Arbeit, für die planende Verwaltung. Sie ist vom Scheitern einiger anspruchsvoller Projekte der Aufgabenplanung auf der Regierungsebene relativ unberührt geblieben. I m Gegenteil nehmen die Planungen i n den Fachressorts und i n einigen ressortübergreifenden Bereichen die nach wie vor vorhandenen Bedürfnisse nach Planung — ζ. T. ersatzweise und unzureichend — auf, neue Fachplanungen (ζ. B. Standortvorsorgeplanungen i m Energiebereich) werden gefordert und die Raum- und Umweltplanung aktiviert. Vom Abbau der Planungsdichte auszugehen, wäre deshalb voreilig. Richtig ist, daß die ,Planung unter veränderten Verhältnissen 41 neue Inhalte erfordern w i r d ; auch i m Bereich der planenden Verwaltung werden sich darüber hinaus nicht alle Erwartungen auf umfassend integrierte Planungssysteme erfüllen, die zu Beginn der 70er Jahre formuliert wurden. Der hier behandelte Bereich der Raumordnung und Landesplanung bildet dabei keine Ausnahme. Die inhaltliche K r i t i k an der ,Ineffizienz der bisherigen raumgestaltenden Politik 4 ist gerade jüngst erneut deutlich formuliert worden 2 . Die i n den beteiligten Disziplinen der Raumforschung derzeit umfassend geführte Dis1 So das bezeichnende Thema der Wissenschaftlichen Plenartagung der Akademie f ü r Raumforschung u n d Landesplanung 1975. Die Referate u n d Diskussionen sind enthalten i n : Planung unter veränderten Verhältnissen, 1976. Das bekannte, eingangs zitierte D i k t u m v o n der Planung als dem großen Zug der Zeit hat J. H. Kaiser 1965 geprägt i n : Planung I , S. 7. 2 Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Gutachten S. 321 ff. (Kap. V I . Textziffer 38 ff.). Z u r Replik auf diese K r i t i k vgl. A n t w o r t der Bundesregierung auf eine K l . Anfrage B T - D r s 8/275.
ι wähl ι
Einführung
2
kussion u m eine Neuorientierung der Raumordnungspolitik zielt auf inhaltliche Änderungen i n der raumgestaltenden Planung, keineswegs jedoch auf ihren Abbau — und dies nicht zufällig: Die Forderungen nach einer Steigerung der Rationalität des öffentlichen Handelns und nach Erhöhung seiner Interessenberücksichtigungskapazität sind gerade unter den gegenwärtigen Bedingungen eines knappen Entwicklungspotentials von besonderer Dringlichkeit. Diese grundsätzlichen Forderungen waren i n der zweiten Hälfte der 60er Jahre so wenig modischer Natur, wie sie es gegenwärtig sind. Die rechtliche Aufarbeitung der Planung andererseits ist keinesfalls abgeschlossen. Speziell i n der Sicht des Verwaltungsrechts hat sich der i m Planungsbereich besonders häufige Typ der komplexen Verwaltung sentscheidung* als Brennpunkt sowohl der derzeitigen Verwaltungssituation als auch der Verwaltungsrechtssituation erwiesen, und zwar nicht nur i m Hinblick auf den Rechtsschutz, sondern vor allem auch i m Hinblick auf die sachlich vorrangigen Probleme der rechtlichen Strukturierung der Planungsprozesse, -Institutionen und -instrumente. Die langen Handlungsketten und Entscheidungszusammenhänge der Planung stellen eine nachhaltige Herausforderung an das Verwaltungsrecht dar, die noch lange nicht aufgearbeitet ist. Sie kann auch nicht allein durch immanentes Weiterdenken der Systemansätze der überkommenen Dogmatik bewältigt werden, w e i l die den langen Handlungsketten zugrunde liegende Staatsfunktion, die Gestaltungsfunktion, i n der Systemidee der überkommenen Dogmatik nicht zureichend erfaßt ist 4 . Die These, daß das Verwaltungsrecht zwar nicht eines völligen Neubaus, aber doch eines kräftigen Entwicklungsschubs bedarf, ist wiederholt m i t plausiblen Argumenten dargelegt worden. Einzuräumen ist dabei jedoch, daß auf der Abstraktionshöhe dieser Überlegungen diese These nicht abschließend gegenüber abweichenden Vorstellungen bestätigt werden kann 5 . Ihre Berechtigung muß sich i n der konkreten Analyse von Planimgsbereichen, i n und an der Auseinandersetzung mit deren Sachproblemen erweisen. Die dezidierte Zuwendung zu den Sachproblemen eines Planungsbereiches und ihre Analyse i n der A b sicht, den Sinn- und Funktionszusammenhang der konkreten Planung als Grundlage der rechtlichen Problembehandlung ausdrücklich darzu8
E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverantwortung u n d Verwaltungsgerichtsbarkeit, W D S t R L 34 (1976), S. 223 ff., 169. 4 Z u dieser zentralen These v o n P. Badura (Verwaltungsrecht i m liberalen u n d i m sozialen Rechtsstaat, 1966) u n d v o n W. Brohm (Die Dogmatik des V e r waltungsrechts v o r den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, W D S t R L 30 (1972), S. 258 ff.) vgl. ausführlich unten § 5 I V . 6 Vgl. dazu die — gegenüber den Ansätzen von Badura u n d B r o h m — v i e l zurückhaltenderen Vorstellungen v o n O. Bachof, Die Dogmatik des V e r w a l tungsrechts v o r den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, W D S t R L 30 (1972), S. 229 ff.
§ 1 Raumordnung als hochinterdependente Aufgabe
3
legen, ist dabei zugleich ein methodisches Prinzip, das J. H. Kaiser schon zu Beginn der Planungsdiskussion zutreffend herausgestellt hat 6 . I m Sinne dieser Überlegungen greift die vorliegende Arbeit m i t der Raumordnung einen bedeutenden Planungsbereich auf und arbeitet deren sachlichen Problemansatz und einige zentrale raumordnerische Konzepte relativ ausführlich heraus. Daß eine rechtswissenschaftliche Arbeit dabei immer auch den normativen Anforderungen an die Planung nachgeht, versteht sich von selbst. I m Gegensatz zur Themenstellung und -bearbeitung beim 50. Deutschen Juristentag 7 setzt sie jedoch nicht i n deduktiver Weise bei den obersten verfassungsrechtlichen Postulaten an, sondern bereitet als verwaltungswissenschaftlich informierte und fundierte Arbeit gleichzeitig die sachlichen Probleme des Planungsbereiches auf. Die Raumordnung bietet günstige Voraussetzungen für diesen Ansatz. Zentrale Probleme der Raumordnung sind nämlich gleichermaßen typisch für überall auftauchende Sachprobleme der Planung als auch für die Inadäquatheit der bisherigen Dogmatik. I n der Raumordnung und Landesplanung hat sich die Planung über die engere Koordinationsfunktion hinaus zu ausgeprägten eigenen Handlung sinstrumenten, den landesplanerischen Programmen und Plänen, ausgeformt. I n der räumlichen Planung t r i t t die Notwendigkeit der Ausdifferenzierung eines eigenständigen Handlungsinstrumentariums deshalb exemplarisch hervor. Die Programme und Pläne ermöglichen eine Strukturierung der sehr weiten Handlungsketten der planerischen Zusammenhänge, die durch die zweigliedrige klassische Dichotomie von genereller Normierung und einzelfallbezogener Konkretisierung nicht angemessen erfaßt werden können. Die Raumordnung ist für die rechtliche Aufarbeitung von Planungsproblemen ein geeignetes Feld, weil ihre Programme und Pläne sich unübersehbar unterscheiden von den vollzugsnahen — und deshalb von der traditionellen Dogmatik zur Not noch erfaßbaren — Plänen, etwa den Bebauungsplänen, die lange Zeit zu Unrecht als der Testfall der Planungsdiskussion galten. 6 I n : ders. f Planung I I , S. 8: Der konkrete Bezug zu den Sachverhalten muß als methodisches Leitprinzip gelten. Ä h n l i c h P. Oberndorfer, Strukturprobleme des Raumordnungsrechts, Die V e r w a l t u n g Bd. 5 (1972), S. 257 - 261, u n d W. Hoppe, Z u r S t r u k t u r v o n Normen des Planungsrechts, DVB1. 1974, S. 644 f. I n der methodischen Einkleidung spiegelt sich i n diesen Bemerkungen die objektive Sachzugewandtheit der heutigen öffentlichen V e r w a l t u n g ; so Badura, A u f t r a g u n d Grenzen der V e r w a l t u n g i m sozialen Rechtsstaat, D Ö V 1968, S. 452 f. u n d dersin: Das Planungsermessen u n d die rechtsstaatliche F u n k t i o n des Allgemeinen Verwaltungsrechts, i n : FS B a y V e r f G H , 1972, S. 164. 7 Vgl. die bezeichnende Themenformulierung: Welche normativen A n f o r derungen stellt der Verfassungsgrundsatz des demokratischen Rechtsstaates an die planende staatliche Tätigkeit, dargestellt a m Beispiel der E n t w i c k lungsplanung?
1*
4
Einführung
Die Raumordnung ist jedoch nicht nur exemplarisch für die Ausbildung von komplexen Planungen und Planinstrumenten überhaupt, sondern darüber hinaus auch und gerade ein Paradigma für die weitere Stufe der Bewältigung weiter Handlungsketten, für die systematische Ausbildung einer Pluralität von Planungen und von Planungsinstrumenten. Die Ausdifferenzierung mehrerer Planungsebenen und -bereiche und die Ordnung ihrer Ableitungszusammenhänge stellt die Dogmatik des öffentlichen Rechts erneut und noch entschiedener vor ein Problemfeld, i n dem ihre bisherigen Handlungsformen und -institute rasch an Grenzen stoßen. Ihren inneren Zusammenhang und ihre Grundlage finden die erwähnten Problemfelder i m Charakter der Raumordnung als eines hochinterdependenten Sachbereichs i n der pluralisierten Verwaltung, der zunächst i m Uberblick zu kennzeichnen ist (II.), ehe das Handlungsinstrument des Planes (III.) und das Organisationsprinzip des Planungssystems (IV), ebenfalls einführend, zu präzisieren sind. I I . Die Raumordnungspolitik läßt sich nicht wie die Mehrzahl der traditionellen Staatsaufgaben als ein Sektor staatlicher Aufgabenwahrnehmung verstehen, der als relativ eigenständiger Fachbereich eine spezifische Aufgabe von der Zielformulierung bis zur Verwirklichung der erforderlichen Maßnahmen als Ganzes umfaßt 8 . Die Raumordnungspolitik hat zwar einen einheitlichen Leitgesichtspunkt, der sie als eigene Aufgabe profiliert, nämlich die Einflußnahme auf die räumliche Struktur und die durch sie bedingte Qualität der Lebensbedingungen. Diese Aufgabe liegt aber nicht parallel zu den anderen Aufgaben wie Bildungs-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- u n d Gesundheitspolitik, sondern Raumordnungspolitik betrifft die räumliche Dimension dieser Politiken; sie spezifiziert einen Aspekt der Sektoralpolitiken zu einer neuen abstrakteren Strukturaufgabe. Indem die Raumordnungspolitik einen Aspekt der anderen Politiken steuern w i l l , steht sie i n dichten Wechselbeziehungen zu diesen, ohne aber deren fachlichen Gehalt zu übernehmen oder zu ersetzen. A u f diese Besonderheiten der Raumordnung(spolitik) zielen die — i n unterschiedlichen Zusammenhängen gebrauchten — Kennzeichnungen 8 Z u diesem häufig herausgestellten grundlegenden Kennzeichen der Raumordnung vgl. z . B . : Die Raumordnung i n der Bundesrepublik Deutschland, Gutachten des Sachverständigenausschusses f ü r Raumordnung, 1961, S. 11, 66 f., 83 ff. (sog. S ARO-Gutachten); H.-G. Niemeier / Gottfried Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, 1964, S. 5 - 8 ; Gottfried Müller, A r t . »Raumplanung', i n : Handwörterbuch der Raumforschung u n d Raumordnung (HRR), 2. A u f l . 1970, Bd. 2 Sp. 2542 ff.; Brügelmann / Cholewa, ROG, K o m mentar, V o r § 1 Bern. I 1, 2; W. Ernst, i n : Planung I I I , S. 150 u n d 165 f.; H.-U. Evers, Das Recht der Raumordnung, 1973, S. 44 f.; K. Roesler/W. Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, 1975, S. 7.
§ 1 Raumordnung als hochinterdependente Aufgabe
5
als Querschnittsaufgabe 9 , als hochinterdependente Fachaufgabe 10 oder als sekundäre Staatsaufgabe 11 . Alle diese Formeln bringen zum Ausdruck, daß die Raumordnung Ziele und Interessen zur Geltung bringen w i l l , die von den anderen Ressorts fast immer auch berührt, aber allenfalls als Nebenfolgen ihrer Aktivitäten beachtet werden. Besonders deutlich w i r d dieser Aspekt i m Ansatz von Schnur, der ,primäre Staatsaufgaben', nämlich unmittelbar auf Zielgruppen bezogene ,Dienstleistungsaufgaben 4 wie Gesundheitswesen, Sozialhilfe, Wirtschaftsförderung, Bauaufsicht u. ä. unterscheidet von Sachaufgaben m i t hoher Komplexität 1 2 . Raumordnung und Umweltschutz als solche sekundären Staatsaufgaben sind i n ihrem Problemansatz und -feld konstituiert durch die Ergebnisse, ,Nebenfolgen' der anderen Aufgaben. Die spezifische Schwierigkeit dieser Politikbereiche besteht eben darin, gegenüber anderen sektoral ausgerichteten, auf organisierte Interessen bezogene Politiken übergeordnete, aber nicht organisierte und nur schwer organisierbare Interessen und Belange geltend machen zu müssen 13 . Nicht zufällig sind gerade i n der Raumordnung angesichts der Notwendigkeit, Entscheidungsprozesse und Systemzusammenhänge i n einem gedanklich ,zweiten' Steuerungsansatz beeinflussen und i m H i n blick auf Ziele einer räumlichen Ordnung abstimmen zu müssen, zuerst und am ausgeprägtesten Instrumente der Koordinierung und vor allem auch der integrierten Planung entwickelt worden. Die Ausbildung neuer Planarten erreicht dabei gerade i n der Gegenwart mit den Versuchen der Integrierung der Infrastrukturplanungen und der Ein9 F. W. Scharpf, i n : Gesellschaftlicher Wandel u n d politische Innovation, 1972, S. 191 Fn. 48; vgl. auch W. Väth, i n : Grottian / Murswieck (Hrsg.), Handlungsspielräume der Staatsadministration, 1974, S. 215. Diese Charakterisierung ist incidenter auch zugrundegelegt bei der Entgegensetzung z w i schen dem raumbezogenen Ansatz der Raumordnung u n d den übrigen sachbezogenen Verwaltungszweigen bei Niemeier, Das Recht der Raumordnung u n d Landesplanung i n der Bundesrepublik Deutschland, 1976, S. 1 f. — Neuerdings werden jedoch i n einem spezifischeren u n d präziseren Sprachgebrauch als Querschnittsaufgaben n u r noch Haushalt, Personal u n d Organisat i o n verstanden, vgl. Fn. 10. 10 K . König, Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, S. 234 f. u n d R. Schnur, i n : Regierungspolitik u n d Koordination, 1976, S. 60 ff. 11 Schnur, ebd. u n d ders., Diskussionsbeitrag, i n : W D S t R L 33 (1975), S. 296. 12 Siehe Fn. 10. 13 Diese inhaltlichen Schwierigkeiten spiegeln sich exakt i n den Problemen der Organisation der Raumordnung innerhalb der Ressortgliederung. Die organisatorische Ausdifferenzierung v o n Ressorts wuchs u n d entfaltete sich i m Bereich der I n n e n p o l i t i k entlang von Aufgaben m i t unmittelbarem Zielgruppen- bzw. Publikumsbezug (Agrar- Wirtschafts-, Sozial-, Bildungsm i n i s t e r i u m u. ä.). Die Organisation ressortübergreifender oder hochinterdependenter Sachaufgaben ist dagegen nach w i e vor eine prekäre Schwachstelle sowohl der gesamten Regierungsorganisation als auch der internen Organisation v o n Ministerien. Z u m nach w i e v o r unsicheren Standort der Raumordnung u n d Landesplanung i m Gesamtgefüge der V e r w a l t u n g : Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 1 ff.
Einführung
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beziehung von finanziellen und zeitlichen Verwirklichungsaspekten i n die räumliche Planung i m Modell der Entwicklungsplanung einen neuen Höhepunkt. I I I . Bei ihrer Abstimmungsaufgabe kam und kommt der Raumordnung nur i n beschränktem Maße ein ,Abstimmungszwang aus Knappheit 4 entgegen 14 , der für die sog. Querschnittsaufgaben m i t Ressourcencharakter: Finanzen, Personal und Organisation kennzeichnend ist. Bei ihnen muß der Streit u m knappe Ressourcen durch eine Abstimmung aller Bedarfsträger innerhalb eines gegebenen Rahmens gelöst werden. Unabhängig von rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten erwächst aus der Knappheit ein Abstimmungszwang. Zwar ist auch der verfügbare Raum knapp und es nehmen auch nahezu alle Ressorts bei ihren Vorhaben Raum i n Anspruch oder w i r k e n auf i h n ein. Als knappe Ressource erweist sich der Raum jedoch nur bei den unmittelbaren Flächennutzungsregelungen auf der unteren räumlichen Ebene, jedoch nicht i n dem weiteren und für die moderne Raumordnung entscheidenden Bereich der raumbeeinflussenden Investitionen 1 5 . Hier muß die ressortund ebenenübergreifende Abstimmung durch besondere Prozesse und Instrumente hergestellt und vor allem auf relative Dauer gestellt werden. Die punktuelle, arbeitsteilig entwickeltes Regierungs- und Verwaltungshandeln nachträglich abstimmende Koordination reicht dazu nicht aus; zumal für die einzelnen, ihrerseits mittel- und langfristig planenden Sektoralpolitiken i m Infrastrukturbereich ist eine ausdrückliche und vorgängige Festlegung des räumlichen Rahmens und der Versorgungsstandards erforderlich, auf die sich die eigenen A k t i v i täten und die der anderen Sektoren einstellen können und müssen 16 . Die Erweiterung des Planungshorizonts und die Systematisierung der Raumbeeinflussung verstärken das Bedürfnis der Träger der pluralisierten Verwaltung nach verläßlichen und erwartungssicheren Festlegungen. Dazu bedarf es gesteigerter Formen der Abstimmung, nämlich der integrierenden Wirkung von Plänen und Programmen. Sie entlasten die ständigen Ausgleichungs- und Abstimmungsprozesse der Koordination, indem sie erreichte Abstimmungsergebnisse auf relative Dauer stellen und der Notwendigkeit wiederholter und immer wieder erneuerter Abstimmung i m Einzelfall entziehen und damit zugleich der Gefahr gegensätzlicher Ergebnisse bei verschiedenen Koordinationspro14
Dazu u n d zum folgenden König, DVB1.1975, S. 232 f. Z u der f ü r das Verständnis der gegenwärtigen Raumordnung u n d L a n desplanung charakteristischen Ausweitung ihres Tätigkeitsbereichs, der sich ursprünglich auf den Ausgleich v o n konkurrierenden Flächenansprüchen durch Flächen(nutzungs)regelungen beschränkte, auf die Beeinflussung der gesamten raumwirksamen u n d raumbeeinflussenden staatlichen (Investit i o n s t ä t i g k e i t ausführlich unten § 16 I I I . 16 Dazu i m einzelnen unten § 7 I I 1. 15
§ 1 Raumordnung als hochinterdependente Aufgabe
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zessen entgegenwirken 17 . Pläne ,ratifizieren 4 Abstimmungsleistungen; sie programmieren interdependente Problemzusammenhänge 18 . Rechtlich verbindliche Pläne machen i m Umfang ihres sachlichen Gehalts und der — variationsfähigen — Intensität der rechtlichen Verbindlichkeit die Abstimmung erwartungssicher. Zwar erschöpft sich der Politikbereich Raumordnung, wie Planung generell, keineswegs i n der Produktion fertiger' Pläne. Als weiterer wichtiger Teilbereich bleibt daneben die Koordinierung i m Sinne von Abstimmung von raumbedeutsamen und -wirksamen Planungen und Projekten i m Einzelfall 1 9 . Dennoch hat gerade bei der auf Abstimmung innerhalb der pluralisierten Administration zielenden Raumordnung das integrierende, auf relative Dauer gestellte Instrument von Plänen eine zentrale Bedeutung gehabt und hat sie heute noch mehr denn je. Abstimmung und Koordinierung i n den einzelnen Prozessen des Regierungs- und Verwaltungshandelns setzen Ziele voraus; insofern sind die integrierenden Leistungen von Plänen Voraussetzung zwar nicht für eine Koordinierung überhaupt, aber für ein ausreichendes Niveau der Koordination Die Arbeit beschäftigt sich vorwiegend m i t den Plänen als Instrument der Integrierung u n d geht auf die prozeßhafte Koordination nur am Rande ein. IV. Die Koordinations- und Integrationsaufgabe gegenüber Sektoralpolitiken und die Ordnungsaufgabe i m Verhältnis zwischen dem größeren Raum und den kleineren Räumen verwiesen die Raumordnung von Anfang an nicht nur auf die Prozesse und Leistungen der Querkoordination, sondern auch auf die Mehrebenenkoordination. Die Raumordnung ist deshalb prinzipiell auf die Pluralität der Verwaltung bezogen. Die eigene Abstimmungsleistung der Raumordnung kann angesichts der mehrgliedrigen Verwaltung m i t ihren zahlreichen administrativen Einheiten nicht i n einem planerischen Zugriff erbracht werden. Die Ausdifferenzierung von mehreren Planungsebenen und -bereichen und von Planarten verschiedener Abstraktion und Komple17
König, DVB1. 1975, S. 223. Diese Umschreibung deckt sich m i t der Definition v o n Badura, i n : Erichsen / Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. A u f l . 1977, S. 304. 19 Die geläufige Gegenüberstellung v o n Planung u n d Koordinierung bzw. integrierenden u n d koordinierenden W i r k u n g e n der Raumordnung u n d L a n desplanung findet sich i n der Gesetzgebung ζ. B. i n A r t . 1 Nr. 1 u n d 2 LP1G Bay, i n § 2 I Nds. Gesetz über Raumordnung u n d Landesplanung (NROG) u n d i n § 4 LP1G R h - P f sowie i m Schrifttum bei K.-H. Friauf, i n : v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 4. A u f l . 1976, S. 522; Heigl/Hosch, Raumordnung u n d Landesplanung i n Bayern, Einleitung Ziff. 2.2 u n d 2.3; Graf Finckenstein, D Ö V 1969, S. 56, m i t dem zutreffenden Hinweis darauf, daß der Raumordnung bei der Koordinierungstätigkeit gegenüber den Fachressorts leicht etwas Theoretisches anhaften muß, w e n n sie sich nicht auf ein Raumordnungskonzept beziehen kann. 18
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Einführung
xität prägte von Anfang an das Erscheinungsbild der Kaumordnung. Die Landesplanung entstand i n den 20er Jahren als eine die schon vorhandene städtebauliche Planung überwölbende, abstraktere und relativ großräumigere Planung und Planart. Wenn auch die Lösungen zunächst uneinheitlich und unentschieden waren, das Problem, planerische Zusammenhänge zwischen mehreren Planungsebenen und -bereichen i n der A r t eines gestuften Planungssystems herzustellen, gehörte und gehört typischerweise und notwendigerweise zur Raumordnung. Eben dadurch ist die Raumordnung auch wegweisend für jede komplexe Planung schlechthin geworden, w e i l sie das anschauliche Beispiel dafür ist, daß umfassende gesellschaftliche Problemlagen inhaltlich nicht durch einen einzigen synoptischen Über-Plan und organisatorisch-institutionell nicht durch die Ausbildung eines Über-Ressorts oder vollständige Zentralisierung bewältigt werden können 2 0 . Die Raumordnung bietet der generellen Planungsdiskussion ein Beispiel für die Differenzierung i n Planungsebenen und -bereiche, für ihre Verzahnung durch das Gegenstromverfahren und für die Herstellung von Ableitungszusammenhängen zwischen ihnen. Wie jede planerische Institution und Planungsart ist das landesplanerische Planungssystem nicht auf einer tabula rasa entstanden, sondern i n Anknüpfung an und i n Überformung von vorhandenen Institutionen und vorhandener Verwaltungstätigkeit bzw. Planung. Die Planungssysteme der räumlichen Planung knüpfen deshalb selbstverständlich an das Grundgerüst des Verwaltungsaufbaus an und gehen von den ,geborenen* Planungsebenen Bund, Länder und Gemeinden aus, ebenso wie ihre fachplanerischen Gegenüber die einzelnen Ressorts (auf der zentralen Ebene) bzw. Ämter (auf der kommunalen Ebene) sind. Andererseits widerspräche es dem Sinn, auch eines differenzierten Planungssystems, wenn es die vorhandenen vielfältigen Gliederungen der A d m i nistration einfach reproduzierte: Planung und Planungsorganisation sollen i m Gegenteil die systembedingten Defizite einer — für sich genommen — überdifferenzierten Arbeitsteilung und Organisationsgliederung durch inhaltliche Konzertierung und durch eine neue Schicht* organisatorischer Verflechtungen überwinden 2 1 . Insofern bildet sich i m Planungssystem ein eigenes Muster differenzierter Gliederung aus — die eigenständige Ebene der Regionalplanung ist dafür der auffälligste Beleg — sowie überhaupt die Region zu Recht als eine der für das Ver20 Gerade eine genauere verwaltungswissenschaftliche Analyse v o n R a u m ordnung u n d Raumplanung läßt die Vorstellung v o m Ü b e r - P l a n u n d v o m Uber-Ressort als das erkennen, was sie sind, nämlich polemische Schlagworte. 21 Dazu Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 25 ff. Z u r Kennzeichnung der Planungsorganisation als einer neuen Schicht organisatorischer Verflechtungen E. Laux, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne, 1973, S. 109 - 111.
§2 Gang der Untersuchung
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waltungsrecht allgemein bedeutsamen Neuschöpfungen des Raumplanungsrechts gekennzeichnet worden ist 2 2 . Auch sonst treten die planerischen Anforderungen nach Abstimmung und ressort- und ebenenübergreifender Problemverarbeitung i n ein Spannungsverhältnis zur administrativen Grundstruktur und zum traditionellen Verständnis verfassungsrechtlicher Organisationsvorschriften 23 . Der kompetenzverklammernde und das Denken i n abgeschütteten Aufgaben- und Kompetenzräumen überwindende Ansatz der Planung 2 4 kann i n seinen Auswirkungen leicht zu Aufgabenverschiebungen führen. Es ist deshalb eines der zentralen Themen nicht nur der Planungsdiskussion, sondern generell von verfassungsrechtlichen und -politischen Überlegungen, Modelle für planerische Zusammenhänge, Planungssysteme oder Planungsverbundlösungen auszuarbeiten, die sowohl den planerischen Anforderungen nach Rationalitätssteigerungen und kompetenzüberschreitender Verklammerung und Integration genügen als auch die (verfassungs)rechtlich gebotene administrative Grundstruktur, insbesondere die relative Eigenständigkeit von Ländern, Kommunen und Ressorts respektieren und auch i n planerischen Zusammenhängen widerspiegeln und stabilisieren. I n dieser auf breiter Front geführten Diskussion geht es vor allem darum, Kriterien dafür zu finden, welche Aufgaben und ,Planungshoheiten' welchen Ebenen zuzuordnen sind, ob und wie intensive Ableitungszusammenhänge zwischen den einzelnen Ebenen und Bereichen geboten und zulässig sind. Die i n den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgebildeten Planungssysteme der Landesplanung bieten für diese generellen Probleme reichhaltiges Material, sowohl für die Entwicklungsgeschichte von Planungen und Planungssystemen als auch für den gegenwärtigen Problemstand und die aktuellen Entwicklungstendenzen. § 2 Gang der Untersuchung I. Das Verwaltungsrecht der Planung findet i m Sachbereich der Raumordnung und Landesplanung und i n seinem Recht reichhaltiges Anschauungsmaterial; es läßt sich aber nicht unmittelbar an den teilweise sehr fragmentarischen rechtlichen Regelungen entwickeln. Vor der Analyse der landesplanerischen Planungssysteme i m 2. Hauptteil ist deshalb eine rechtliche Grundlegung erforderlich. I n i h r stehen die Fragen nach dem Handlungsinstrument des Planes und nach dem Or22 V. Götz, Staat u n d Kommunalkörperschaften i n der Regionalplanung, i n : FS W. Weber, 1974, S. 995. 23 Dazu neuerdings R. Breuer, Verfassungsstruktur u n d Raumordnung, Ms 1977, auf breiter rechtsvergleichender Grundlage. 24 F. Ossenbühl, Gutachten Β zum 50. DJT, S. 72 f.
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Einführung
ganisationsprinzip des Planungssystems i n ihren einleitend (§ 1) umschriebenen Problemstellungen i m Mittelpunkt. Diese Fragen betreffen nämlich die strategischen Kontaktstellen, an denen gesamtgesellschaftlich angesetzte Funktionsanalysen der Planung i n Institute und Begriffe des Verwaltungsrechts umgesetzt werden können und müssen. Die einzelnen Pläne und die planerischen Ableitungszusammenhänge innerhalb eines Planungssystems sind Teile von einheitlichen Steuerungszusammenhängen. Die Analyse dieser Steuerungszusammenhänge der zielorientierten Planung und Gestaltung bildet deshalb die Grundlage für die dogmatische Aufarbeitung des Handlungsinstruments des Planes i m 1. Abschnitt (§§ 4 - 1 0 ) und des Organisationsprinzips des Planungssystems i m 2. Abschnitt (§§ 11 - 13). I m ersten Abschnitt ist ganz bewußt das Problem der Handlungsform des Planes als leitende rechtliche Fragestellung herausgestellt. E i n Verwaltungsrecht, das der Lehre von den Handlungsformen zu Recht eine bedeutende dogmatisch-systematische Stellung einräumt, kann diese Frage für ein i n der Regierungs- und Verwaltungspraxis so wicht i g gewordenes Instrument wie das des Planes nicht unbeantwortet lassen oder ausweichend beantworten. Gerade die bekannten Schwierigkeiten, die Planung und die Pläne i n den Kategorien des öffentlichen Rechts zu erfassen, verweisen weitergehende Bemühungen auf inhaltliche Funktionsanalysen und deshalb auch auf verwaltungswissenschaftliche Informierung und Fundierung (dazu unten V.). Unter diesem umfassenderen Aspekt ist das immer wieder erneuerte und neu ansetzende Bemühen, die spezifischen Handlungsstrukturen der Pläne oder einzelner Planarten zu bestimmen, nicht als formelle, äußerlich bleibende Kategorisierungsbemühung überflüssig, sondern als Frage nach den inhaltlichen Merkmalen und nach der Funktion des Handlungsinstruments Voraussetzung für die Bewältigung der Sachprobleme. Erst wenn geklärt ist, warum die Praxis von Regierung und Verwaltung statt zu den traditionellen Handlungsformen zu Plänen greift, und nur wenn geklärt ist, welche sachlich-funktionalen Leistungen von den Plänen und allein von ihnen erbracht werden, können die auch rechtlich relevanten Strukturmerkmale der Pläne bestimmt werden. Grundsätzlicher Fundierung bedarf nicht minder das i n der Literat u r noch wenig behandelte Organisationsprinzip des Planungssystems als einer Form planerischer Zusammenhänge. Der zweite Abschnitt stellt deshalb die Verknüpfung zwischen der eingangs (§ 1 IV) umrissenen spezifischen Problemlage der landesplanerischen Planungssysteme m i t dem umfassenderen Problem der Aufgaben- und Politikverflechtung zwischen den Hauptebenen und -bereichen der Administration i m Gesamtaufbau der Bundesrepublik her.
§2 Gang der Untersuchung
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I I . Der 2. Hauptteil konkretisiert die zuvor entwickelten Grundlagen i n doppelter Hinsicht: Die Erörterungen über Aufbau, Entwicklungstendenzen und Rahmenbedingungen der landesplanerischen Planungssysteme zielen auf einen Gesamtüberblick über dieses sowohl sachlichplanerisch wie auch rechtlich zentrale Thema der Raumordnung; als Analyse eines exemplarischen Planungssystems sind sie zugleich eine Verdeutlichung des allgemeinen Problems der Planungssysteme. Unter diesem doppelten Aspekt sind sowohl i n dem der historischen Entwicklung gewidmeten ersten Abschnitt (§§ 14 und 15) als auch i n dem den gegenwärtigen Stand enthaltenden zweiten Abschnitt (§§ 16-21) die Erfahrungen sowie Erfolge und Mißerfolge bei der Ausbildung der landesplanerischen Planungssysteme aufgearbeitet. Speziell die Geschichte der Landesplanung vermittelt generalisierungsfähige Einsichten i n die — typischerweise lange — Entwicklungsgeschichte von Planungen und i n die Schwierigkeiten, i n die die Planung bei unzureichendem (dogmatischem) Stand des Planungsrechts gerät. Die gegenwärtigen landesplanerischen Planungssysteme der Flächenländer sind i n ihrem institutionellen Aufbau und den inhaltlichen Konstruktionselementen i n der A r t eines Längsschnitts i n ihren Grundzügen dargestellt. E i n intensiver Quer- oder Rechts vergleich bei jeder einzelnen Frage würde angesichts der Heterogenität der einzelnen Ländersysteme und -regelungen den Rahmen sprengen und die Gewinnung eines Gesamtüberblicks erschweren 1 . Wichtiger als der Rechtsvergleich i n jeder Einzelfrage ist dagegen die Zusammenschau aller Elemente des Planungssystems i m einzelnen Land; eine solche Zusammenschau kann jedoch die Eigenarten eines konkreten landesplanerischen Planungssystems nur dann angemessen ausschöpfen, wenn sie vertieft auf die sehr unterschiedlichen Inhalte der Pläne eingeht. Sie w i r d deshalb i m 4. Hauptteil auf eine exemplarische Behandlung für die Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beschränkt. Als Teilsystem innerhalb weiterreichender planerischer Zusammenhänge sind die landesplanerischen Planungssysteme innerhalb der Planungslandschaft der einzelnen Länder und der Bund-Länder-Planungen zu verorten. Eine isolierte Betrachtung eines Planungsbereichs verbietet sich bei den starken Interdependenzen zwischen den Planungsarten genauso w i e die Beschränkung auf die Landesebene ausscheiden muß. I m Interesse einer Überschaubarkeit und thematischen Konzentration können bei diesen Rahmenbedingungen ebenso wie bei 1 Dieser Rechtsvergleich zwischen den einzelnen Ländern liegt f ü r eine Reihe wichtiger Fragen neuerdings i n der A r b e i t v o n W. Erbguth, Probleme des geltenden Landesplanungsrechts — E i n Rechtsvergleich, 1975, vor.
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Einführung
den Entwicklungstendenzen der landesplanerischen Planungssysteme die auftauchenden (Rechts)Fragen, etwa zum Verhältnis von Parlament und Regierung bei der Planung, zur Raumordnung i m Bund-LänderVerhältnis, zu den Gemeinschaftsaufgaben u. a., nicht für sich und umfassend problematisiert und behandelt werden. Notwendig ist es dagegen, das geltende Landesplanungsrecht und seine Interpretation i m Schrifttum von dem derzeitigen Diskussionsstand i n diesen Fragen her kritisch zu überprüfen und die Möglichkeiten und Grenzen der Landesplanung i m gegebenen planerischen Umfeld zu bestimmen. I I I . 1. M i t der ausführlichen Darstellung der raumordnerischen Konzepte zur Siedlungsstruktur und ihrer Anwendung i n der landesplanerischen Praxis führt der dritte Hauptteil das Programm der expliziten Zuwendung zu den Sachproblemen eines Planungsbereiches aus. Diese Anforderung, verstärkt auf den Inhalt der Planungen und Pläne einzugehen, ist eingangs als generelles methodisches Prinzip bei der Behandlung von Planungsproblemen begründet worden und w i r d i m ersten Hauptteil speziell für die Analyse von Planungssystemen näher dargelegt werden 2 , bei denen der formelle rechtliche Rahmen über die Planbindungen und Plankoordination gerade noch nichts Genaueres über den Umfang und die Intensität der planerischen Verflechtungen besagt. Die Konzepte zur Siedlungsstruktur eignen sich aus mehreren Gründen zur detaillierten Behandlung. Sie betreffen zum einen einen umfangreichen, gewichtigen Teilbereich raumordnerischer Planaussagen, und zwar einen, auf dem der eigene Problemansatz der räumlichen jGesamt'planung deutlich profiliert ist und nicht von vornherein m i t fachplanerischen Sachbereichen i n Konkurrenz tritt. Siedlungsstrukturkonzepte sind zudem als einer der ältesten raumordnerischen Sachbereiche inhaltlich stark entwickelt und ausdifferenziert und relativ lange i n die landesplanerische Praxis umgesetzt, i n der sie eine zentrale Rolle als flächendeckendes räumliches Grundraster spielen 3 . Siedlungsstrukturkonzepte müssen weiterhin auf allen Ebenen der räumlichen Planung erarbeitet und entfaltet werden, noch mehr: sie antworten auf ein einheitliches durchgängiges Sachproblem, da die überörtliche Siedlungsstruktur aller Ebenen und die innerörtliche Siedlungsstruktur eine Einheit bilden und die abstrakteren übergeordneten Konzepte erst auf der konkreteren Ebene, letztlich erst i n der innerörtlichen (innergemeindlichen) Siedlungsstruktur Realität werden. Gerade an der i n der Sache begründeten gedanklichen Geschlossenheit der Siedlungsstrukturkonzepte läßt sich das grundsätzliche Problem von differen2
Vgl. unten § 12 C I I am Ende. Die abstrakteren Raumkategorien: Verdichtungsraum — ländliche Gebiete können i n Theorie u n d Praxis i n keiner Weise eine vergleichbare Rolle als râumliôhes Grundraster spielen. 3
§2 Gang der Untersuchung
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zierten Planungssystemen exemplarisch erörtern, einheitliche Problemzusammenhänge planerisch zu gliedern und die notwendige Koordination zu gewährleisten. Als einer der Kernbereiche der räumlichen Planung sind die Siedlungsstrukturkonzepte von der derzeitigen Grundlagendiskussion u m eine Neuorientierung der Raumordnungspolitik i n starkem Maße betroffen. I n den i n langwierigen Aufstellungsverfahren erarbeiteten Plänen der landesplanerischen Praxis haben sich die dabei diskutierten konzeptionellen Neuansätze naturgemäß noch nicht niederschlagen können. Da sie zudem inhaltlich keineswegs v o l l strukturiert sind, läßt sich derzeit auch nicht absehen, m i t welchem Ergebnis sie die vielfältigen Brechungen durch die politischen u n d administrativen Prozesse durchlaufen werden, vorausgesetzt, daß sie i n der Praxis überhaupt aufgegriffen werden. Als Exempel für die Aufarbeitung der rechtlichen (Detail)Probleme eignen sich diese Ansätze deshalb nicht. Als Gegenstand des vorhandenen Rechts, das i n weiten Teilen erst noch zu durchdringen ist, stehen i m Rahmen der Arbeit deshalb die vorhandenen Programme und Pläne der Landesplanung i m Vordergrund. I m H i n blick auf die planerischen Inhalte kann dies zur Folge haben, daß planerische Konzepte, die die Praxis beherrschen, die aber unter den Vorzeichen der neuen Planungssituation kritisch beurteilt werden, stärker repräsentiert sind als ihre i n der Theorie diskutierten Alternativmodelle. 2. Der relativen Ausführlichkeit des dritten Hauptteils liegt — neben den schon erwähnten Gründen — auch die Absicht zugrunde, die sehr verstreute und umfangreiche raumwissenschaftliche Literatur als sachliche Grundlage rechtlicher Problembearbeitung, nicht nur für die Zwecke dieser Arbeit, i n einer geschlossenen Darstellung zu ordnen und zu rezipieren. Dazu ist es geboten, die Konzepte nicht nur i n ihrem Ergebnis darzustellen, sondern auch auf ihre Grundlagen einzugehen. Gerade der Aufweis und die Nachzeichnung der weithin noch ungesicherten Grundlagen dieser Konzepte und der Raumforschung generell sind für die rechtliche Planungsdiskussion von erheblicher Bedeutung, weil sie geeignet sind, vor einer Uberschätzimg der planerischen Möglichkeiten zu bewahren und die Vorstellungen von einer vollen Durchprogrammierung der Planungen, die dem polemischen Schlagwort von der drohenden totalen Verplanung zugrunde liegen, am konkreten Material widerlegen zu können. I n gleicher Weise sind die K r i t i k an der Lückenhaftigkeit der Konzepte und die Analyse der i n ihnen enthaltenen Zielkonflikte grundlegend für eine sachgerechte Einschätzung der möglichen Intensität rechtlicher Bindungen und der Flexibilitätsund Anpassungsbedürftigkeit der Planungen.
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I V . Der vierte Hauptteil behandelt die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die siedlungsstrukturellen Konzepte i m gestuften und differenzierten landesplanerischen Planungssystem verbindlich werden können und unter denen die angestrebten planerischen Integrationsleistungen verwirklicht werden können. Die Analyse erstreckt sich auf die 3 Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Maßgebend für diese Auswahl ist zum einen, daß i n diesen drei Ländern ausgearbeitete Pläne vorliegen. Diese Voraussetzung ist vor allem auch für die bisher zu wenig konkret behandelte Ebene der Regionalplanung wichtig, die für das viel diskutierte Verhältnis der Landesplanung zur kommunalen Selbstverwaltung die entscheidende Konkretisierungsstufe ist. Da Regionalpläne (gemäß den neueren gesetzlichen Vorschriften) i n Baden-Württemberg und i n Bayern derzeit auch i m Entwurf noch nicht vorliegen, wurde auf die Behandlung dieser beiden Länder trotz ihrer umfangreichen Planwerke auf der zentralen Ebene verzichtet. Niedersachsen blieb ausgeklammert, w e i l seine Landesplanung auf der zentralen Ebene und vor allem auf der regionalen Ebene (außerhalb des Großraumes Hannover) wenig gehaltvoll ist; der entscheidende Planungsbereich ist hier die außerhalb des Landesplanungsrechts aufgestellte Entwicklungsplanung. Schleswig-Holstein und das Saarland schließlich blieben wegen der aus der geringen Größe resultierenden Besonderheiten unberücksichtigt. Für die Auswahl der 3 erwähnten Länder war zum anderen entscheidend, daß sie einerseits erheblich voneinander abweichende A l ternativen i m Hinblick auf das Verhältnis von Raumplanung und/oder Entwicklungsplanung aufweisen, andererseits zusammen einen Großteil des vorhandenen Spektrums i n dieser Frage abdecken. RheinlandPfalz repräsentiert den Typ der vorsichtigen Weiterentwicklung der Landesplanung durch Aufnahme von einigen Finanz- und Prioritätenbezügen. Nordrhein-Westfalen war bisher — neben Niedersachsen — das Exempel für den Aufbau der Entwicklungsplanung neben der Landesplanung, u n d Hessen ist das einzige Beispiel einer vollen Integration einer fortgeschrittenen Entwicklungsplanung m i t der räumlichen Planung und ihrem Recht. Die unterschiedlichen Ansätze sind i m 1. Abschnitt (§§ 31 - 33) je i n einem Gesamtüberblick über den Aufbau des (landesplanerischen) Planungssystems i n den 3 Ländern verdeutlicht. Der Quervergleich zwischen den drei Ländern weist unterschiedliche Möglichkeiten auf, nach denen die siedlungsstrukturellen Planungselemente auf die einzelnen Ebenen und Instrumente verteilt sind; er stellt damit zugleich alternatives Material und alternative Lösungsversuche für die i m 2. Abschnitt (§§ 34 - 36) behandelten Rechtsfragen bereit. Bei ihnen geht es u m eine Organisation der Planungssysteme, die den (verfassungs-)
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rechtlichen Anforderungen der relativen Selbständigkeit der Ressorts und der kommunalen Selbstverwaltung dadurch gerecht wird, daß sie die Konzept- und Planungsfähigkeit der einzelnen Ebenen und Bereiche innerhalb der planerischen Zusammenhänge gewährleistet. Diese Fragestellung erfordert jeweils für die einzelnen Relationen: zentrale Landesplanung — Fachressorts, zentrale Landesplanung — Regionalplanung, Fachressorts — Regionalplanung und Landesplanung — Gemeinden eine Untersuchung darüber, ob und i n welchem Umfang die siedlungsstrukturellen Inhalte der vorgeordneten Planung verbindlich werden dürfen. V. Die Arbeit ist als verwaltungswissenschaftlich informierte und fundierte rechtswissenschaftliche Problembearbeitung angelegt. Sie zielt auf die Lösung rechtlicher Fragen und die Entwicklung dogmatischer Lösungsmuster, wobei Problemstellung, -aufbereitung und -lösung i n wichtigen Fragen auch verwaltungswissenschaftlich angeregt und beurteilt werden. E i n Schwerpunkt verwaltungswissenschaftlicher Fundierung liegt i m ersten Hauptteil. I n i h m müssen für das dogmatisch bisher nicht bewältigte Handlungsinstrument des Planes sowie für das ebenfalls noch wenig durchleuchtete Organisationsprinzip des Planungssystems aufgrund einer verwaltungswissenschaftlichen Analyse überhaupt erst der Entscheidungsgehalt der einzelnen Planungen und die zwischen ihnen bestehenden Programmierungszusammenhänge erarbeitet werden. Erst aufgrund dieser Realanalyse können dann zusammen m i t den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen die relevanten Problemstellungen für das primär verfolgte Interesse an der Handlungsform der Pläne herausgearbeitet werden. Entsprechend diesem, auf die inhaltliche Strukturierung von umfangreichen Planungsprozessen gerichteten Interesse sind i n erster Linie entscheidungstheoretische und z.T. auch systemtheoretische Ansätze zur verwaltungswissenschaftlichen Fundierung herangezogen. E i n weiterer Schwerpunkt verwaltungswissenschaftlicher Informierung und Fundierung liegt zum anderen i m dritten Hauptteil, i n dem relativ breit und umfassend Theorie und Wissen eines konkreten Sachbereichs, der Raumforschung, rezipiert sind, die die landesplanerische Praxis und die inhaltlichen Grundsätze des Landesplanungsrechts bestimmen. I n der Absicht der vorliegenden Arbeit kann es dabei nicht liegen, einen eigenen Beitrag zur theoretischen Diskussion der Raumforschung über die richtige raumordnerische Theorie oder das beste Raumordnungsmodell zu leisten. Leistbar und geboten ist es dagegen, die sehr unterschiedlichen Ansätze der einzelnen an der Raumforschung beteiligten Wissenschaften, der (Raum)Wirtschaftstheorie, der regionalen Wirtschaftspolitik, der Wirtschaftsgeographie, der Landes-
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Einführung
künde und neuerdings der Politikwissenschaft und Politökonomie, zu kennzeichnen und zwischen beschreibenden, erklärenden und normativen Aussagen zu differenzieren. Unter dem hier verfolgten rechtswissenschaftlichen Aspekt interessieren Theorien und empirisch bestätigte Erkenntnisse der Raumforschung insoweit, als sie — erstens i n die praktische Raumordnungspolitik (Gesetzgebung und Planungspraxis) eingegangen sind, — zweitens i n der K r i t i k an i h r ungesicherte Grundlagen, Lücken und Zielkonflikte der Raumordnungspolitik aufzeigen und — drittens halten.
Konzepte einer zukünftigen Raumordnungspolitik
ent-
Rechtswissenschaftliches Interesse richtet sich nämlich nicht nur auf die Zulässigkeit und rechtliche Bewältigung der vorhandenen Raumordnungspolitik, sondern auch auf das Abstecken und Offenhalten von Spielräumen für künftige Alternativen. Gerade weil das Recht eine wichtigere Rolle i n der Planung spielt als häufig angenommen w i r d 4 — die Notwendigkeit der ,Verzweigung* geschlossener raumordnerischer Konzepte i n einem rechtlich geordneten Planungssystem ist dafür ein bedeutendes Beispiel —, muß die Rechtswissenschaft bemüht sein, nicht nur Schranken und Grenzen, sondern von vornherein auch Möglichkeiten und Spielräume zu bezeichnen 5 . § 3 Begriffliche Abgrenzungen I m terminologisch alles andere als gesicherten Gebiet der Raumordnung und Landesplanung kann es nicht die Aufgabe begrifflicher A b grenzungen sein, originelle neue Begriffsbildungen vorzuschlagen; i m Gegenteil muß es das Bestreben sein, möglichst auf dem erreichten Stand von annähernder Übereinstimmung aufzubauen. Deshalb schließen die folgenden Begriffsfestlegungen eng an die richtungweisend gewordene Terminologie des sog. SARO-Gutachtens von 19611 an. Da 4
Besonders pointiert hat wiederholt N. Luhmann die Ferne des Rechts gegenüber der Planung gekennzeichnet u n d verzeichnet, vgl. z.B.: Politische Verfassungen i m K o n t e x t des Gesellschaftssystems, Der Staat Bd. 12 (1973), S. 20. 5 Dies ändert andererseits nichts an der oben ( I I I 1) herausgestellten N o t wendigkeit, daß sich die erforderliche Detailarbeit eines Verwaltungsrechts der Planung an den vorhandenen Plänen u n d Programmen als dem allein rechtlich ausformulierten Planungs,material' orientieren muß. 1 Die Raumordnung i n der Bundesrepublik Deutschland, S. 10 f. I h m folgen auch die Begriffsbestimmungen i m rechtswissenschaftlichen Schrifttum, vgl. z.B. Brügelmann / Cholewa, ROG, v o r § 1 Bern. I 2 a; Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, 1972, S. 121 - 123 m. w . Nachw. So auch der schleswig-holsteinische Erlaß z u m Sprachgebrauch i m Aufgabenbereich der Landesplanung v o m 1. Sept. 1964 (ABl. S. 439).
§ 3 Begriffliche Abgrenzungen
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es andererseits nicht gelingen kann, durch terminologische Festlegungen die Bedeutungsverschiebungen aufzuhalten, die sich parallel zum gegenwärtigen tiefgreifenden Wandel i m Aufgabenverständnis der Raumordnung vollziehen, erscheint es wichtig, Begriffe und Unterscheidungen zu kennzeichnen, bei denen eine Bedeutungsänderung i m Gange ist. Nach dem Vorbild des SARO-Gutachtens werden i n der jüngeren wissenschaftlichen Literatur zwei Bedeutungsvarianten des umgangssprachlichen Begriffs Raumordnung wie folgt i n termini technici ausdifferenziert: M i t ,räumlicher Ordnung' w i r d der jeweilige tatsächliche Zustand der Zuordnung des Menschen zum Raum eines bestimmten Gemeinwesens umschrieben, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Zustand einem normativen Leitbild entspricht oder nicht. — Der Begriff ,Raumordnung ( w i r d dagegen i m Sinne einer wertbetonten und normativen OrdnungsVorstellung gebraucht; er charakterisiert den Gestaltungsauftrag, das dem Staat und seinen Gliedkörperschaften Aufgegebene. Die (staatliche) Tätigkeit, die zu einer Raumordnung i m Sinne einer leitbildgerechten Ordnung des Raumes hinführen soll, w i r d als ,Raumordnungspolitik' bezeichnet. Dieser — gebräuchliche — Terminus kann zu MißVerständnissen Anlaß geben: Raumordnungspolitik i n diesem weiten Sinn ist kein selbständiger Verwaltungszweig, sie hat keine benennbaren speziellen Träger, sondern sie ist gemeinschaftliche A u f gabe aller beteiligten Verwaltungen' 2 , die räumliche Dimension (nahezu) jeden staatlichen Handelns. Demgegenüber erscheint ein terminus für den abgrenzbaren Tätigkeitsbereich der Raumordnungsbehörden erforderlich; dafür w i r d hier der Ausdruck ,Politikbereich Raumordnung' verwendet. Eine technische, von der Raumordnung' unterschiedene Bedeutung hat auch noch der Begriff Raumplanung'. Er bezeichnet einen Teilbereich der Raumordnung, eines ihrer administrativen Instrumente 3 ; andere Instrumente sind die öffentliche Infrastruktur- und Investitionspolitik. Verbreitete Unsicherheiten bestehen i m H i n b l i c k auf das Verhältnis der Begriffe Raumplanung, Gesamtplanung u n d Fachplanung u n d der jeweiligen Bezeichnung f ü r das entsprechende Rechtsgebiet. Die Unterscheidung v o n 2 So schon der T i t e l des Aufsatzes v o n Graf Finckenstein, D Ö V 1969, S. 56 ff., 58. Z u diesem weiten Verständnis auch Roesler / Stürmer, Koordinier u n g i n der Raumordnungspolitik, 1975, S. 4 - 8. 8 W. Weber, D Ö V 1963, S. 786, vgl. auch das S ARO-Gutachten, S. 10; Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, 1972, S. 122 m. w. Nachw.
2 Wahl ι
Einführung
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Fachplanung(srecht) u n d Gesamtplanung(srecht) spiegelt einen E n t w i c k lungszustand der staatlichen Planungen wider, i n dem es neben einer Reihe räumlicher Fachplanungen (vor allem Verkehrsplanungen) eine ressortübergreifende zusammenfassende räumliche Planung i m Rahmen der Raumordnung, die Gesamtplanung, gab. Inzwischen ist die Z a h l der staatlichen Planungen beträchtlich gestiegen: Es gibt, zumindest i m Ansatz, mehrere ressortübergreifende Planarten, m i t der traditionellen Landesplanung k o n k u r riert die Entwicklungsplanung, zwischen die herkömmliche ,Gesamt'planung u n d die Fachplanungen schieben sich Zwischenformen ein: insgesamt hat sich ein breites K o n t i n u u m v o n Planungen m i t unterschiedlichem sektoralen bzw. übergreifenden Zuschnitt, raumbezogener u n d nichtraumbezogener A r t , herausgebildet, so daß ein scharfer Schnitt zwischen Gesamtplanung u n d Fachplanung, j e länger desto mehr nicht mehr sinnvoll erscheint 4 . Wenn die Begriffe dennoch weiter verwendet werden, dann sollte wenigstens Raumplanung n u r i m Sinne v o n Gesamtplanung verwendet werden, nicht aber als Oberbegriff f ü r Gesamtplanung u n d Fachplanung zusammen 5 . I n n e r h a l b d e r R a u m p l a n u n g w e r d e n d i e P l a n u n g s e b e n e n d e r Bundesplanung, Landesplanung, Regionalplanung u n d Ortsplanung unterschieden. D a m i t i s t eine E n t w i c k l u n g z u m A b s c h l u ß g e k o m m e n , i n d e r d i e B e g r i f f e »Landes 4 - u n d , R e g i o n a l p l a n u n g 4 , d i e ehemals als O b e r b e g r i f f e f ü r j e d e A r t v o n R a u m p l a n u n g g e b r a u c h t w u r d e n 6 , n u r noch f ü r eine spezifische r ä u m l i c h e Ebene g e b r a u c h t w e r d e n : L a n d e s p l a n u n g als R a u m p l a n u n g f ü r das gesamte G e b i e t eines Landes, R e g i o n a l p l a n u n g f ü r Gebiete, d i e k l e i n e r als das gesamte L a n d 7 , aber g r ö ß e r als d i e K r e i s e u n d G e m e i n d e n sind. D e r T e r m i n u s , O r t s p l a n u n g 4 v e r d a n k t eine h ä u f i g e V e r w e n d u n g v o r w i e g e n d e i n e m f o r m a l e n S y s t e m a t i s i e rungsinteresse. D i e Sachfragen s i n d h i e r w e i t h i n i m Flusse u n d u n g e k l ä r t , ob n ä m l i c h d i e B a u l e i t p l a n u n g m i t der O r t s p l a n u n g gleichzuset4
Dazu i m einzelnen unten § 20 I I . So Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 122, gegen E. Forsthoff / W. Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht, 1970, S. 17 f. β Der ursprüngliche Wortgebrauch, der Landesplanung u n d Regionalplanung sowohl gleichsetzte als auch als Oberbegriffe f ü r jede räumliche Planung benutzte, ist noch enthalten i n der Definition der Arbeitsgemeinschaft der Landesplaner i n ihren begrifflichen Vorschlägen: Landesplanung — Begriffe u n d Richtlinien 1953 (ζ. T. abgedr. bei J. Umlauf, Wesen u n d Organisat i o n der Landesplanung, 1958, S. 160, 164). Die ΒedeutungsVerschiebung ist abgeschlossen durch die Bemerkung von W. Weber, D Ö V 1963, S. 786 Fn. 4. — I m wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum w i r d ζ. T. der Begriff ,Regionalplanung' als Oberbegriff f ü r alle A r t e n räumlicher Planung benutzt (so bei T. Thormählen, Integrierte Regionale Entwicklungsplanung, 1973); dieser Sprachgebrauch muß inzwischen als unzweckmäßig u n d v e r w i r r e n d gelten. 7 Die Begriffe »Landesplanung' u n d ,Raumordnung 4 sind i n der Gesetzgebung u n d L i t e r a t u r nicht eindeutig abgegrenzt; sie gelten häufig als synonyme Begriffe, vgl. Niemeier, Das Recht der Raumordnung u n d Landesplanung, S. 18 f. A n dieser Auffassung ist zutreffend, daß der Begriff ,Raumordnung' nicht n u r f ü r die Ebene des Bundes verwendet w i r d , sondern auch f ü r die Raumplanung i n den Ländern A n w e n d u n g findet. Der Begriff L a n desplanung' dagegen bezieht sich n u r auf die Ebene der Länder. 5
§ 3 Begriffliche Abgrenzungen
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zen ist und ob die Bauleitplanung eine Gesamtplanung oder eine (qualifizierte) Fachplanung ist. Diese Fragen sind als nicht nur terminologische Streitfragen erneut aufgebrochen, seit der Bauleitplanung i n der Stadtentwicklungsplanimg ein ,gesamt'planerischer Konkurrent erwachsen ist 8 . Nicht zu verwechseln ist die Regionalplanung als eine Ebene der Raumplanung m i t der Regionalpolitik als einem Teilbereich der W i r t schaftspolitik, nämlich der regionalen Verwirklichung der gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen und der regional gezielten Wirtschaftspolit i k 9 . Die Regionalpolitik oder regionale Strukturpolitik w i r d nicht von den ,Regionen4, sondern von Bund und Ländern i m Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe ,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur' und daneben ergänzend von den Ländern getragen; sie bezieht sich auf besonders abgegrenzte wirtschaftliche Problemgebiete, nicht notwendig und auch nicht regelmäßig auf Regionen i m Sinne der Raumordnung.
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Vgl. unten § 14 I I 2 Fn. 42. Vgl. dazu u n d zu den Bedeutungsvarianten des Begriffes »Regionale W i r t schaftspolitik 1 D. Storbeck, A r t . »Regionale Wirtschaftspolitik A : Allgemeines 4 , H R R Bd. 3, Sp. 2621 ff. 9
2*
Erster
Hauptteil
Das Handlungsinstrument des Planes und das Organisationsprinzip des Planungssystems 1. Abschnitt
Das Handlungsinstrument des Planes § 4 Die Handlungsform von Plänen als Problem des Verwaltungsrechts 1. Das Problem der Handlungsform 1 von Plänen steht i n einem spezifischen Sinne am Ausgang der Planungsdiskussion i m Verwaltungsrecht. Dem System der Handlungsformen kommt i m dogmatischen Gebäude des Verwaltungsrechts eine zentrale, erstaunlich selten ausdrücklich behandelte Schlüssel- und Steuerungsfunktion zu. Für eine Vielzahl von rechtlichen Problemkreisen liegen nämlich die entscheidende Weichenstellung und die Formulierung der Bedingungen ihrer Problemlösung i n der Entscheidung der einen Frage nach der Handlungsform des betreffenden öffentlichen Handelns. M i t der Qualifizierung der Rechtsnatur eines öffentlichen Handelns als Rechtssatz, Verwaltungsakt, Verwaltungsvorschrift oder öffentlichrechtlicher Vertrag sind zugleich die Maßstäbe der Rechtmäßigkeit, insbesondere i m H i n blick auf die erforderliche Rechtsgrundlage, die Anforderungen an die inhaltliche Konkretheit sowie Kompetenz-, Form- u n d Rechtsschutzfragen i n den Grundzügen vorgezeichnet 2 . I n den systematisch hoch 1 Der Begriff ,Handlungsform' w i r d hier v o n dem häufig synonym gebrauchten Ausdruck »Rechtsform 4 unterschieden. Unter ,Handlungsform' w i r d die rechtlich geprägte S t r u k t u r v o n Handlungen verstanden, die sich i n V e r fahrensweise, F u n k t i o n u n d Rechtsfolgen entsprechen (im Anschluß an P. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 1974, S. 14 ff., der jedoch gerade beide Begriffe synonym behandelt, w i e der U n t e r t i t e l : »Überlegungen zu einem System der Handlungsformen der V e r w a l t u n g unter Ausnahme der Rechtssetzung' zeigt). Der Begriff »Rechtsform' w i r d hier dagegen f ü r den Handlungsmaßstab u n d f ü r die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht u n d Privatrecht reserviert. 2 Die Entscheidung über die Handlungsform bestimmt i n der überkommenen Dogmatik zumindest den Ausgangspunkt, v o n dem aus unvermeidbare Modifikationen vorgenommen werden können; dies w i r d exemplarisch an
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
komplexen Begriffen der einzelnen Handlungsformen sind jeweils unterschiedliche Argumentationsmuster und ein Arsenal von Problemformulierungen und -lösungen bereitgestellt. Insbesondere das systematisch i m Mittelpunkt stehende Gegensatzpaar von Rechtssatz und Einzelakt ist weit mehr, als seine häufig formalistisch anmutende Handhabung vermuten läßt, m i t verfassungsrechtlichen Grundprinzipien unmittelbar verbunden: Rechtssatz und Einzelakt gelten als die verwaltungsrechtlichen Äußerungsformen der unterschiedlichen Staatsfunktionen Gesetzgebung und Verwaltung; ihre Entgegensetzung ist daher direkt m i t dem Gewaltenteilungsprinzip verknüpft und verweist auch auf unterschiedliche Formen der Legitimitätsbeschaffung 3 . Es war deshalb zwangsläufig, daß für das neu auftretende Handlungsinstrument Plan die Zuordnung zu den traditionellen Handlungsformen immer wieder versucht wurde und wird, u m die i n diesen gespeicherten Problemlösungen zu nutzen. Die Einordnungsdiskussion ist bei einem beträchtlichen Teil der Pläne schon deshalb notwendig, w e i l bei ihnen ausdrückliche Vorschriften über die äußere Form des Erlasses oder die A r t der Bekanntmachung fehlen. Aber auch für die restlichen Pläne, deren Rechtsform i n der A r t des § 10 BBauG festgelegt ist, bedarf es nach der von der h. L. vertretenen These, daß es eine Freiheit der Formenwahl für den Gesetzgeber dem Grundsatz nach nicht gibt 4 , i m Zweifelsfall der Überdem zeitweise zum Kardinalproblem des Verwaltungsrechts gewordenen F a l l der Verkehrszeichen deutlich. Die pure Dezision, die allein das argumentative Patt der Einordnungsdiskussion beenden konnte u n d als die das hochwillkommene obiter d i c t u m des B V e r f G (NJW 1965, S. 2395) v o n der sich rasch bildenden herrschenden Meinung aufgenommen wurde, bestimmte das Feld, auf dem die durch die Einordnung als Verwaltungsakt nicht gelösten Probleme u n d Besonderheiten der Verkehrszeichen durch Modifizierung der sonst geltenden Regeln (z.B. i m Zusammenhang m i t § 80 VwGO) zu lösen sind. 8 Z u r Darstellung u n d K r i t i k dieses herkömmlichen Verständnisses vgl. W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 229 ff. m . w . Nachw., u n d ders., Die Dogmatik des Verwaltungsrechts, W D S t R L 30 (1972), S. 281 ff. — Vgl. auch A. v. Mutius, Rechtsnorm u n d Verwaltungsakt, i n : FS H. J. Wolff, 1973, S. 169 ff., 178 f., der die Differenzierung v o n Rechtssatz u n d Einzelakt f ü r dogmatisch unvermeidbar hält, solange die geltende Rechtsordnung hinsichtlich bestimmter Rechtsfragen v o n dem Formendualismus ausgeht, ohne hinreichend zu berücksichtigen, daß ζ. B. f ü r den Bereich der Planung gerade ein verfassungsrechtlicher Grundpfeiler dieses Dualismus, nämlich der Gewaltenteilungsgrundsatz, i n seiner überkommenen F o r m nicht mehr trägt, w i e das Stichwort v o n der »Selbstprogrammierung der V e r waltung 4 zeigt; vgl. dazu unten § 5 Fn. 66. 4 Vgl. dazu — m i t umfassendem Überblick über die L i t e r a t u r — v. Mutius, ebd., S. 177 -183, u n d grundsätzlich Ch. Pestalozza, »Formenmißbrauch 1 des Staates, 1973, insbes. S. 131 f., 134 (Formalisierung des Gesetzesbegriffs f ü h r t zu automatischer Qualifikationshoheit des Gesetzgebers), S. 141 ff., 154 ff. (§ 10 B B a u G als Beispiel eines abstrakt-definitorischen Formen-Einsatzes). Pestalozza differenziert zu Recht zwischen der Qualifikationshoheit als
§ 4 Die Handlungsform v o n Plänen
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prüfung der gesetzlichen Qualifikation, wenn auch i n diesen Fällen der gesetzgeberischen Festlegung eine wesentliche Bedeutung zukommt 5 . I n beiden Fällen richtet sich die Einordnung nach den K r i t e rien der Abgrenzung von Rechtssatz und Einzelakt. Von Anfang an wurde jedoch auch die entschiedene Gegenposition, die i m Plan ein aliud zu den vorhandenen Handlungsformen sieht, vertreten 6 . Ihre Plausibilität wuchs, je mehr m i t der Ausbreitung der Planung komplexere, weniger vollzugsnahe und insofern typischere 4 Arten von Planung entstanden und die traditionellen Lösungsmuster immer weniger sachgerechte Antworten auf die offen zutage liegenden neuen Probleme gaben. Eine gewichtige Schwäche der ,aliud-These' lag u n d liegt jedoch darin, daß entweder die zentrale Aussage i m Ergebnis zurückgenommen w i r d und Pläne notgedrungen i n die bestehende Formtypik eingeordnet bzw. hineingepreßt werden 7 oder aber, daß die These i n einer agnostischen, zunächst nur die bisherigen Handlungsformen negierenden Fassung formuliert wird. I m letzteren Fall schafft sie eine tabula rasa, die positiv auszufüllen ihren Vertretern auch i m Laufe der Jahre nicht gelang 8 . Dabei geriet die aliud-These leicht i n die Gefahr der sachlichen Überforderung, w e i l i n i h r das Ziel angelegt ist, für den Plan eine neue Handlungsform zu entwickeln, die i n derselben kompakten Weise wie die Begriffe der traditionellen Handlungsformen ganze Bündel möglicher Problemkreise strukturierten. Abgesehen von der Vielfalt der Pläne, die vorderhand ein solches Entscheidung über den Einsatz von Formen u n d der davon zu trennenden Kompetenz zur Rechtsfolgenbestimmung (S. 141 f.). Die Lösung der Fälle des sog. Formenmißbrauchs besteht deshalb darin, daß (einzelne) Rechtsfolgen, die m i t dem korrekten Gebrauch der F o r m verbunden sind, nicht akzeptiert werden. 5 So zu Recht Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 241 Fn. 59. β E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 10. A u f l . 1973, S. 309 ff.; ders., N o r m u n d Verwaltungsakt i m geltenden u n d künftigen B a u recht, DVB1. 1957, S. 113 ff.; ders., DVB1. 1957, S. 537 (Urteilsanmerkung); ders., Diskussionsbeitrag, i n : W D S t R L 18 (1960), S. 177; J. H. Kaiser, i n : P l a nung I I , 1966, S. 2 0 - 2 7 ; apodiktisch ders., N J W 1971, S. 586 u n d zusammenfassend ders., Referat auf dem 50. D J T , Verhandlungen des 50. D J T Bd. 2, T e i l J, S. 12 - 14 m. w. Nachw. — Erschöpfende Nachweise zur aliud-These sind hier schon deshalb nicht angestrebt, w e i l bei ihrem, zuweilen beiläufigen, Aufgreifen nicht deutlich w i r d , ob damit zugleich die Notwendigkeit einer eigenen Handlungsform f ü r Pläne gefordert w i r d oder n u r sachliche Eigenarten v o n Plänen innerhalb der bestehenden Handlungsformen gekennzeichnet werden sollen; vgl. dazu den weiteren Text. 7 So Forsthoff, jeweils ebd. 8 Vgl. die Stellungnahme von Kaiser auf dem 50. D J T , J 12 - 1 4 , 188, die die aliud-These w e i t e r h i n als uneingelöstes Programm formulierte; zur K r i t i k dazu auch M. Schröder i n der Diskussion; ebd., J 79, u n d Osseribühl, J 193 (der das Fehlen eines ,aliud-Profils' rügte) u n d ders., Gutachten zum 50. D J T , Verhandlungen des 50. D J T Bd. 1, Β 48. — Weitere Diskussionsbeiträge zur aliud-These: Burmeister, J 111; Achterberg, J 126 f. u n d Risken, J 147 f.
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
Verfahren erschweren, ergeben sich praktische Schwierigkeiten allein schon aus dem Rechtsschutzbereich, der auf die traditionellen Handlungsformen ausgerichtet ist und sich deshalb gegen die Anerkennung eines aliuds sperrig zeigt. Daß damit die aliud-These, die sich am materiellen Recht orientierte, am Prozeßrecht aufzulaufen drohte, stellt sicherlich das Verhältnis von materiellem und Prozeßrecht auf den Kopf 9 ; das Dilemma für die aliud-These i n ihrer kompakten Form blieb. Nicht zuletzt deshalb blieb i n der seit der Mitte der 60er Jahre intensivierten Planungsdiskussion bei der Lösung neu aufgetretener bzw. neu wahrgenommener Probleme die Frage der Handlungsform weithin ausgeklammert; man beschäftigt sich m i t den Sachproblemen des Verhältnisses von Parlament und Regierung bei der Planung, der Betroffenheit bei Planungen, des Rechtsschutzes, der demokratischen Legitimation bei der Planung. Soweit man bei diesen Problemkreisen grundsätzlich neue Problemstellungen konstatierte und neue Lösungsmodelle suchte, bewegte man sich jedoch unausgesprochen auf dem Boden der aliud-These. Denn wenn die betrachteten Planungen und Pläne nahtlos i n das überkommene Handlungssystem einzuordnen wären und richtigerweise z.B. als Gesetze gelten müßten, würde sich bei den Plänen auf Regierungsebene die Frage der M i t w i r k u n g des Parlaments überhaupt nicht stellen. Das je auf einzelne Problemkreise beschränkte pragmatische Vorgehen der Wissenschaft wurde ausdrücklich reflektiert und legitimiert von den Autoren, die den Sinn einer pauschalen Kategorisierung der Pläne anzweifeln und statt dessen für eine Aufspaltung der Frage der Handlungsform in Problemkreise plädieren. Nachdem Ossenbühl diesen methodischen Ansatz für die Behandlung der Verwaltungsvorschriften verwendet hat 1 0 , ist er für die Planung, und zwar speziell für die Struk9 Die Rigidität, die v o n der starren Verankerung des traditionellen Systems der Handlungsformen i n den Prozeßordnungen ausgeht, dürfte wesentlich zu der Diskreditierung allein schon der Frage nach der Handlungsform beigetragen haben, die i n ihrer Charakterisierung als ,leidiger Rechtsformfrage' durch Ossenbühl zum Ausdruck k o m m t (Gutachten zum 50. D J T , Β 50). Daß eine Verwaltungsrechtswissenschaft, die das allgemeine V e r w a l tungsrecht unangemessen stark unter den Gesichtspunkten des Rechtsschutzes betrachtet u n d es zu einem ,Verwaltungsgerichtsrecht' werden ließ (so pointiert P. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 103), dieser E n t wicklung Vorschub leistete, steht auf einem anderen B l a t t . 10 Verwaltungsvorschriften u n d Grundgesetz, 1968, S. 160 -163. Ossenb ü h l qualifiziert dabei — insbesondere i m Anschluß an E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt i m Bereich der Regierung, 1964, S. 78 — die Frage nach der Rechtssatzeigenschaft der Verwaltungsvorschriften als rechtstheoretische Frage u n d stellt i h r das dogmatische u n d n u r durch Rekurs auf die konkrete geltende Rechtsordnung zu lösende entscheidende Problem der spezifischen Eigenschaften v o n unterschiedlichen Rechtssatzarten gegenüber. Diese Eigenschaften w i e Erzeugungsmodus, W i r k u n g , Geltungsbereich, K o n trolle, Rang i m Rechtsquellensystem, sind f ü r jede Regelungskategorie u n d
§ 4 Die Handlungsform von Plänen
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turierung der Probleme der Raumordnungspläne, von SchmidtAßmann11 fruchtbar gemacht worden. Zur Verortung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 I V BBauG) i m Rechtssystem ist danach das Problem der Rechtsform „entsprechend der involvierten rechtspolitischen Postulate aufzugliedern i n gewisse Problemkreise, die für die Gewinnung ihnen gemäßerer, relativer Systempunkte heranzuziehen sind". Als solche Problemkreise unterscheidet Schmidt-Aßmann Aussagen über — das Verfahren, insbesondere die Kompetenzen, zum Erlaß der Pläne — die inhaltliche Bestimmtheit der Pläne — die Notwendigkeit und A r t der Veröffentlichung — den zulässigen Umfang Selbstverwaltung
der
Beschränkung
der
kommunalen
— die Verbindlichkeit der Pläne. Z u ergänzen wäre der Problemkreis der spezifischen Fehlerfolgen bei Plänen 1 2 . Damit ist i n der Tat die „leidige Rechtsformfrage" (Ossenbühl) 13 verabschiedet worden, zumindest vorläufig, bis zu einer denkbaren zukünftigen Synthese der Problemlösungen i n einer neuen Handlungsform, über deren Möglichkeit aber noch nichts ausgesagt ist. Die B r i sanz, die i n der aliud-These steckte, nämlich die Notwendigkeit einer Neuformulierung der Problemstellungen und -lösungen, bleibt dagegen inhaltlich v o l l erhalten. Denn der Ansatz, unterschiedliche Problemkreise für sich neu zu diskutieren, ist wiederum nur unter der Prämisse sinnvoll, daß die bisherigen Handlungsformen und i h r Problemarsenal für Pläne oder einzelne Planarten sachgerechte Ergebnisse nicht erwarten lassen. Der entscheidende Vorzug dieser Ansicht gegenüber der ursprünglichen aliud-These liegt darin, daß sie flexiblere und variantenreichere Verknüpfungen der einzelnen Problemkreise ermöglicht Rechtsquelle gesondert festzustellen. I n diesem Verständnis sind die einzelnen Handlungsformen begrifflich-systematische Abkürzungen f ü r eine spezifische K o m b i n a t i o n v o n Eigenschaften einer Rechtssatzart. Vgl. jetzt auch Ossenbühl, Gutachten z u m 50. D J T , Β 48 f. 11 Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S. 140 ff., insbes. S. 149, auch S. 63 f.; ders., Planung unter dem Grundgesetz, D Ö V 1974, S. 545. 12 Eine besondere D o k t r i n der Rechtsfehler bei der Ausübung des P l a nungsermessens fordert Badura, i n : FS Bay.VerfGH 1972, S. 174 ( m . w . Nachw.) sowie Hoppe, DVB1. 1974, S. 644, ders., i n : FS Scupin, S. 128, ders. u. Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Neugliederung, S. 43 ff., 130ff.; offengelassen ist die Frage v o n Scholz, W D S t R L 34 (1976), S. 183 f. Fn. 154. 18 Vgl. oben Fn. 9.
26
I. 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
und z.B. i m Rechtsschutzbereich eine mehr oder minder gewaltsame Zuordnung zu den traditionellen Handlungsformen akzeptieren kann, ohne damit automatisch gleich i n allen anderen inhaltlichen Fragen die Lösungen der betreffenden Handlungsform übernehmen zu müssen. 2. Dieses Vorgehen darf jedoch nicht nur als Befreiung von formalistischen Kategorisierungsversuchen verstanden werden. I m Lichte der oben geschilderten dogmatischen Funktion des Systems der Handlungsformen werden seine weittragenden Auswirkungen auf die Behandlung der Planungsprobleme deutlich. Die wichtigste Folgerung aus dieser Auffassung besteht darin, daß für Pläne die Reduktionsleistungen und die Entlastungsfunktion der Dogmatik 1 4 nicht unmittelbar angewendet werden können. Die vorgeschlagenen Lösungen innerhalb der einzelnen Problemkreise, handle es sich dabei u m eine Neukonstruktion eines Lösungsmusters, u m eine partielle Übernahme von vorhandenen Lösungen oder u m eine Analogie zu ihnen, können ihre Adäquatheit nicht allein durch korrekte Argumentation innerhalb des reduzierten Bezugsfeldes der vorhandenen Dogmatik erweisen. Erforderlich ist zunächst der Rekurs auf die tragenden (verfassungsrechtlichen Gründe eines Instituts oder seine Funktionen i m grundgesetzlichen System, daneben aber auch der Nachweis der Adäquatheit der Lösung i m Verhältnis zu den sachlich-planerischen Funktionszusammenhängen 15 ; dafür ist dann wiederum als Voraussetzung eine Funktionsanalyse der Planung und der Handlungsstruktur der Pläne erforderlich 16 . Das Ausmaß der Distanzierung von den Problemansätzen und -lösungen der traditionellen Dogmatik und demzufolge das Ausmaß der Notwendigkeit, i n einem weiteren System- oder Funktionszusammenhang zu argumentieren, ist dabei bei den einzelnen Autoren unterschiedlich groß. Je mehr die bisherigen dogmatischen Begriffsnetze als der Sach14 Dazu neuerdings — i n Zusammenfassung des methodischen Schrifttums — Brohm, W D S t R L 30 (1972), S. 246 ff.; vgl. neben den dort zitierten Schriften noch A. Podlech, Rechtstheoretische Bedingungen einer Methodenlehre juristischer Dogmatik, i n : Jahrbuch f ü r Rechtssoziologie u n d Rechtstheorie, Bd. 2 (1972), S. 491 ff., u n d N. Luhmann, Rechtssystem u n d Rechtsdogmatik, 1974, S. 15 ff., 22 f. 15 Dazu Kaiser, i n : Planung I I , S. 8, u n d oben § 1 Fn. 6. 16 Vgl. dazu auch das grundsätzlich ähnliche Vorgehen bei Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 544: Gegenüber der großen K o m p l e x i t ä t der Planung ist danach n u r ein schrittweises Anpassen des bislang an überschaubaren Sachverhalten entwickelten rechtsstaatlichen Instrumentariums möglich. I n dieser Strategie der schrittweisen Anpassung von Sachanforderungen u n d Rechtspostulaten spielen der A b b a u der K o m p l e x i t ä t der Planungen u n d der Pläne durch Zergliederung des Planungsverfahrens u n d des Plans, die Herausarbeitung der i n den rechtsstaatlichen Instrumenten enthaltenen zentralen verfassungsrechtlichen Anliegen sowie die Aktualisierung der v e r fassungsrechtlichen Anforderungen i n den geeigneten Planungsphasen u n d Planelementen die herausragende Rolle.
§ 5 Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion
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struktur des Hegelungsbereichs Planung äußerlich verstanden werden, desto mehr muß es darauf ankommen, daß das Bezugsfeld erweitert wird, um aus der Sachanalyse der Planung die regelungsbedürftigen Probleme und aus einschlägigen verfassungsrechtlichen Prinzipien die normativen Postulate und Bezugspunkte für mögliche Lösungen zu entwickeln. Ein Uberblick über den Stand der Planungsdiskussion interessiert deshalb vor allem unter den Aspekten, nach welchen K r i t e rien die Einordnung der Pläne i n das System der Handlungsformen positiv vorgenommen oder an welchen Stellen entscheidende Divergenzen und Strukturunterschiede angenommen werden und aus welchen zusätzlichen Argumentationszusammenhängen die Gesichtspunkte für neu vorgeschlagene Problemlösungen entnommen werden.
§ 5 Der Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion I. 1. I n nuce enthielt schon die Diskussion u m die Rechtsnatur des Bebauungsplans i n den Jahren u m 1960 die wesentlichen Elemente der später breiter geführten verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion. Dies ist um so erstaunlicher, als der Bebauungsplan keineswegs als der Prototyp des Planes schlechthin gelten kann; als primär Bürger-adressierter und relativ vollzugsnaher Plan verbleibt er grundsätzlich i n den traditionellen Problemstellungen des Staat-Bürger-Verhältnisses und unterscheidet sich nicht zuletzt deshalb wesentlich von komplexeren Planarten der räumlichen und Entwicklungsplanung 1 . Gleichwohl ist dieser Streit u m die Rechtsnatur der Bebauungspläne 2 gerade unter dem hier allein interessierenden methodischen Gesichtspunkt aufschlußreich: Die Diskussion beschränkte sich bezeichnenderweise nicht auf eine Argumentation innerhalb der Formalkategorien der Handlungsformen, sondern die dabei auftauchenden Einordnungsschwierigkeiten wurden Anlaß zum Rekurs auf grundsätzlichere Überlegungen, zur typischen Ausweitung der Diskussion auf die (staats)theoretischen Grundlagen des Schemas Rechtssatz/Einzelakt. Z u m einen wurden, wenn auch i n anderen Begriffen als heute, die Besonderheiten der Programmform der Pläne herausgearbeitet: Plänen fehlt die ,Normstruktur 4 der Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge, wie schon K . Hub er konstatierte 3 . Andererseits enthält der Bebauungsplan, wie man zutreffend feststellte, ein überindividuell ordnendes Element, das das Verständnis als Verwaltungsakt erschwerte 4 . 1
Vgl. u n t e n § 10 I. Z u r damaligen Diskussion vgl. zusammenfassend W. Brohm, Rechtsschutz i m Bauplanungsrecht, 1959, S. 53 - 62, u n d P. Baischeit, Die Rechtsnat u r des Planes, 1969, S. 31 - 56. 8 Maßnahmegesetz u n d Rechtsgesetz, 1963, S. 92. 2
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I. 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
Aber diese über-individuelle Ordnung stellt der Bebauungsplan gerade nicht i n der von der klassischen Norm gewohnten Weise, durch generalisierende Programmierung der für alle Einzelfälle gleichen und allgemeinen Merkmale her, sondern diese Ordnung entsteht durch Koordinierung u n d Abstimmung von i n ihren individuellen Merkmalen erf aßten Einzelfällen 5 . Z u m anderen wurden, noch einen Schritt grundsätzlicher argumentierend, diese Unterschiede zwischen Norm und Plan als Folge des gewandelten Staats- und Staatsaufgabenverständnisses interpretiert. Wie i n der parallelen Diskussion u m die Maßnahmegesetze 6 wurden die überkommenen Handlungsformen, insbesondere das zentrale Institut des generell-abstrakten Gesetzes i n seiner Stilisierung als ,Rechtsgesetz', als spezifische Ausdrucksformen des liberalen Staatsmodells gekennzeichnet: „Der Bebauungsplan, wie übrigens jeder echte Plan i m Sinne der Festlegung des Totalablaufs eines künftigen Geschehens, steht außerhalb der Handlungsformen des Rechtsstaates 7 » 8 ." 2. Exemplarisch hat dadurch die Diskussion um den Bebauungsplan den Ableitungszusammenhang zwischen — dem Staats(aufgaben)verständnis, — der Programmform und den — Formalkategorien der Handlungsformen i m liberalen Staatsdenken, Staatsrecht und Verwaltungsrecht rekonstruiert. Wendet man dieses methodische Vorgehen von der Vergangenheit i n die Gegenwart, so ist damit ein umfassender Bezugsrahmen bestimmt, innerhalb dessen Überlegungen zur Modifizierung oder Neu4 So Forsthoff, N o r m u n d Verwaltungsakt i m geltenden u n d künftigen Baurecht, DVB1. 1957, S. 113 ff.; ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1,10. Aufl., S. 309 f.; Brohm, Rechtsschutz i m Bauplanungsrecht, S. 58 ff. 5 Imboden, Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut, W D S t R L 18 (1960), S. 123 ff.; vgl. auch die Feststellung auf S. 122 f., daß dem Plan die abstrahierende Außerachtlassung des Besonderen fremd ist. Auch Obermayer, ebd. S. 149 f., kennzeichnet den P l a n als A b s t i m m u n g u n d Schaffung v o n Interdependenzen zwischen einzelnen Planaussagen. 6 Forsthoff, i n : Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, 1955, S. 211 ff.; Κ Huber, Maßnahmegesetz u n d Rechtsgesetz, 1963; K . Zeidler, Maßnahmegesetz u n d klassisches Gesetz, 1961. 7 So Forsthoff, DVB1. 1957, S. 115, ebenso unmißverständlich w i e i n der Kennzeichnung des Planes als Festlegung eines Totalablaufs künftigen Geschehens überzeichnend. 8 Z u m Gegensatz zwischen ungleich wirkender Planung u n d Gleichbehandlung als Essentiale des allgemeinen Gesetzes zugespitzt ist die Gegenüberstellung liberalen u n d sozialen Staatsverständnisses bei Imboden, W D S t R L 18 (1960), S. 129 ff.; Baischeit, Die Rechtsnatur des Planes, S. 53 ff.; Kuttler, Raumordnung als Aufgabe des Rechtsstaates, i n : Gedächtnisschrift für Imboden, S. 212.
§ 5 Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion
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konstruktion von Handlungsformen anzustellen sind. A u f diesen 3 sachlichen Ebenen sind die hier interessierenden Aspekte der Planungsdiskussion i m weiteren zu verfolgen. I I . 1. Innerhalb des Schemas von Rechtssatz und Einzelakt werden für Raumordnungspläne, die i m folgenden allein behandelt werden sollen, zwei konträre Zuordnungen plausibel, je nachdem, w o r i n man den geregelten Fall sieht. Die entscheidende Alternative hat Breuer 9 i m Anschluß an frühere Überlegungen 10 herausgearbeitet. Ausschlaggebende Bedeutung für die Qualifizierung raumgestaltender Pläne kann man zum einen dem Merkmal der konkreten Sachbezogenheit bzw. der Gestaltung einer konkreten Fläche geben. Dieses sachbezogene Verständnis der geregelten »Fälle* impliziert die Konkretheit der Regelung; sie ist treffend auf den Begriff gebracht i n dem von Niehues 11 entwickelten und von H. J. Wolff 12 ausgeformten Konzept des dinglichen Verwaltungsakts. Raumordnungspläne u n d andere raumgestaltende Pläne werden danach als Bündel dinglicher (materieller) Verwaltungsakte verstanden 13 . Geht man dagegen zum anderen davon aus, daß m i t der raumordnenden Ausweisung, etwa der Bestimmung einer Fläche zu einem Erholungsgebiet oder zu einem regionalen Grünzug, erst ein Planimgsziel genannt ist, das durch eine unbestimmte Zahl von plangebundenen Handlungen zu verwirklichen ist, dann läßt sich genauso stringent i h r abstrakter Charakter plausibel machen 14 . Bei näherem Zusehen ergibt sich das argumentative Patt, daß nämlich die Konkretisierungsbedürftigkeit von rahmenhaften Planaussagen ebenso zwangsläufig die Bejahung des abstrakten Charakters nahelegt 15 wie die räum9 Die hoheitlich raumgestaltende Planung, S. 44 - 60, 221 ff. (zu den R a u m ordnungsplänen). — Die alternativen Möglichkeiten der Betrachtung finden sich wieder bei M . Oldiges, Gerichtlicher Rechtsschutz gegen Gebiets- u n d Bereichsfestlegungen nach dem Städtebauförderungsgesetz, Wirtschaftsrecht 1974, S. 280 - 285, insbes. S. 282 f. 10 Brohm, Rechtsschutz i m Bauplanungsrecht, S. 53 - 62. 11 N. Niehues, Dinglichkeit i m Verwaltungsrecht, Diss. j u r . Münster 1963. 12 Übernommen i n der 6. A u f l . u n d i n späteren Auflagen verfeinert, j e weils unter § 46 V I I I . K r i t i k an dieser — hier i m einzelnen nicht zu beurteilenden — Auffassung bei W. Brohm, W D S t R L 30 (1972), S. 284 f. u n d P. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 143. — Inzwischen ist die F i g u r des dinglichen Verwaltungsakts i n § 35 Satz 2 V w V f G v o m Gesetzgeber anerkannt worden. 13 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I , 9. A u f l . 1974, § 47 I X c. 14 So entscheidet sich Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 52 u n d 223; ebenso W. Erbguth, Probleme des geltenden Landesplanungsrechts, 1975, S. 158, Κ . H. Zeller, M i t w i r k u n g u n d Rechtsschutz der Gemeinden i m Bereich der Planung, DVB1. 1973, S. 603 u. R. Hosch, Probleme des verwaltungsgerichtlichen Reòhtsschutzes bei Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung, i n : Wirtschaft u n d V e r w a l t u n g Heft 1/1977, S. 38 ff. 15 Dies ergibt sich folgerichtig als Umkehrschluß aus der dem V e r w a l tungsakt zugeschriebenen Klarstellungsfunktion, die das M e r k m a l u m -
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I. 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
liehe K o n k r e t h e i t d i e entgegengesetzte A n n a h m e des k o n k r e t e n C h a rakters rechtfertigt. Uberzeugen können jedoch beide Möglichkeiten nicht, da sie jeweils einen wichtigen Aspekt vernachlässigen. Die Interpretation als dinglicher V e r waltungsakt ist zudem i n i h r e m sachlichen Anwendungsbereich auf sachenrechtsgestaltende Regelungen beschränkt; sie k a n n bei der R a u m - u n d Entwicklungsplanung n u r den einen, u n d zwar den älteren Sachbereich der Bodennutzungsregelungen erfassen, während die inzwischen längst erfolgte Ausweitung raumordnerischer Aussagen auf abstraktere Funktionsbestimmungen v o n Orten u n d vor allem auf die Steuerung raumwirksamer I n v e stitionen außerhalb des sachenrechtsbezogenen Ansatzes des dinglichen Verwaltungsaktes bleibt. Bezeichnend f ü r die Grenzen des — alternativen — Verständnisses der Raumordnungspläne als generell-abstrakte Rechtssätze ist die den Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung gewidmete A r b e i t v o n G. Klein 16. Den Nachweis des abstrakt-generellen Charakters k a n n er zwar noch bei den von i h m so genannten ,Oberzielen' 17 führen, also bei landesplanerischen Festlegungen grundsätzlicher A r t m i t Bedeutung f ü r das gesamte jeweilige L a n desgebiet, die z . B . die Ausbildung eines vierstufigen zentralörtlichen Systems fordern oder die K r i t e r i e n f ü r das System der Entwicklungsachsen nennen. Die Rechtssatzqualifizierung läßt sich hier insbesondere damit begründen, daß diese Aussagen räumlich noch nicht konkretisiert sind, sondern f ü r das ganze L a n d gelten. Diese Klassifizierung versagt jedoch bei den zahlenmäßig häufigeren sogenannnten Unterzielen, die regelmäßig räumlich konkretisiert sind. I n ihnen u n d durch sie werden, u m i m vorigen Beispiel zu bleiben, die einzelnen Orte benannt, die Ober-, M i t t e l - oder Unterzentrum oder Entwicklungsschwerpunkt sein sollen. Die Schwierigkeit u n d letztlich die Unmöglichkeit, diese Unterziele i n die traditionellen Handlungsformen einzuordnen, sieht Klein darin, daß sie einerseits i m Verhältnis zu den ihnen vorgeordneten abstrakteren Oberzielen konkret sind, daß sie aber andererseits nicht das Maß der K o n k r e t h e i t erreichen, w i e es sonst bei Verwaltungsakten üblich i s t 1 8 . Das D i l e m m a d e r E i n o r d n u n g s v e r s u c h e i n das t r a d i t i o n e l l e S c h e m a 1 9 i s t v o l l s t ä n d i g , w e n n i n n e r h a l b eines P l a n u n g s s y s t e m s m e h r e r e A b s t u f u n g e n d e r ( r ä u m l i c h e n u n d sachlichen) K o n k r e t h e i t a u f t a u c h e n ; i n P l a n u n g s s y s t e m e n g i b t es n ä m l i c h relativ konkretisierte, aber i m m e r n o c h w e i t e r konkretisierungsbedürftige Rahmenentscheidungen. I m d u a l e n Schema a b s t r a k t - k o n k r e t i s t das s c h r i t t w e i s e E n t f a l t e n d e r a l l g e m e i n e n Z i e l e i n m e h r e r e n S t u f e n d e r r ä u m l i c h e n u n d fachlichen schreibt, daß eine Regelung nicht mehr konkretisierungsbedürftig ist; dazu Erichsen / Martens, i n : dies. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. A u f l . 1977, S. 132 f. m. w . Nachw. 16 Z u r Rechtsnatur u n d B i n d u n g s w i r k u n g der Ziele der Landesplanung, 1972. 17 Klein, ebd., S. 94 - 102, 127 ff., 169 ff. 18 Ebd., S. 95 - 97. — I h r e Konkretisierungsbedürftigkeit hebt auch O V G Lüneburg, B. v. 23.11.1972, DVB1. 1973, S. 154, hervor. 19 Vgl. auch Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 241, Fn. 59.
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Konkretisierung nicht angemessen zu erfassen 20 ; es ist deshalb nicht zufällig, daß Klein, der i m Schrifttum relativ am stärksten auf den Inhalt der raumordnerischen Pläne eingeht, von einer Einordnung der Unterziele i m Schema Rechtssatz/Einzelakt absieht 21 und sie der Sache nach, ohne jedoch den Ausdruck zu verwenden, als aliud behandelt. Dieses resignierende Unterlassen einer Einordnung erscheint jedenfalls problembewußter als die Auflösung des Doppelcharakters der sog. Unterziele durch einseitige Betonung entweder der Konkretisierungsbedürftigkeit 2 2 oder der relativen Konkretisiertheit. Angesichts dieses Doppelcharakters ist es i m übrigen nicht verwunderlich, daß auch beim zweiten traditionellen K r i t e r i u m zur Bestimmung des Rechtssatzcharakters, bei der Abgrenzung nach dem Adressaten Unsicherheiten darüber unausräumbar bleiben, ob der generelle oder individuelle Charakter vorliegt oder überwiegt. Stellt man auf die relative Konkretisierung des vorgeordneten Oberziels ab, die m i t der Bestimmung einer einzelnen Gemeinde als zentraler Ort einer bestimmten Stufe verbunden ist, dann liegt eine Qualifizierung als individuelle Regelung nahe 2 3 ; hält man dagegen für entscheidend, daß zur Zielerfüllung eine Vielzahl zielorientierter Planungen einer unbestimmten Zahl von Planungsträgern erforderlich ist, so kommt man zur gegenteiligen Qualifizierung als generelle Regelung 24 .
20 I n einem anderen Zusammenhang betont auch W. Schmidt, Die Programmierung v o n Verwaltungsentscheidungen, AöR Bd. 96 (1971), S. 337 f., 353, daß die herrschende Verwaltungsrechtslehre die Figur der programmierenden Entscheidimg über unbestimmt viele künftige Entscheidungen nicht als eigenen Begriff kennt, sondern die Unterscheidung v o n programmierender u n d programmierter Entscheidung sogleich auf den Gegensatz v o n Rechtssatz u n d Einzelakt bringt u n d damit Differenzierungsmöglichkeiten ausschaltet. 21 Ziele der Raumordnung, S. 95 ff., 97 ff. 22 So ausdrücklich gegen G. Klein, aber nicht überzeugend Erbguth, Probleme des geltenden Landesplanungsrechts, S. 158, für den die Notwendigkeit weiterer zielausgerichteter Planungen den abstrakten Charakter der Festlegungen eines bestimmten Ortes als zentraler Ort begründet. Vgl. dazu auch oben bei Fn. 14. 23 O V G Lüneburg, B. v. 23.11.1972, DVB1. 1973, S. 153. 24 So Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 154 f.; (dagegen ausdrücklich O V G Lüneburg, DVB1. 1973, S. 153); G. Klein, S. 92 f.; M . Motyl, Die Gemeinden i n der Landesplanung, S. 114 f.; Erbguth, S. 154f. — Z u r Begründung des generellen Charakters geht jedoch der Hinweis v o n Erbguth, S. 155, v ö l l i g fehl, daß durch Neugliederungsmaßnahmen neue Gemeinden geschaffen werden könnten, die ebenfalls durch die Raumordnungspläne gebunden sein sollen; der individuelle Charakter einer Baugenehmigung w i r d schließlich auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Genehmigung auch für die möglichen Rechtsnachfolger g i l t ; ähnlich auch schon — i n anderem Zusammenhang — K . Hub er, Maßnahmegesetz u n d Rechtsgesetz, S. 90 f.
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
2. Für die landesplanerische Praxis war diese Einordnungsfrage lange Zeit irrelevant, soweit es u m den landesplanerischen Normalplan ging. Entsprechend dem überkommenen Selbstverständnis der Landesplanung als einem verwaltungsinternen Arbeitsvorgang verstand man die Pläne als Verwaltungsvorschriften, als ,Richtlinien für alle Entscheidungen, Maßnahmen u n d Planungen' 2 5 . Dieses Verständnis traf auf rechtliche Schwierigkeiten, vor allem i m Verhältnis der Landesplanung zu den Gemeinden, die durch bloße Verwaltungsvorschriften nicht ansprechbar sind 2 6 . Z u Rechtsstreitigkeiten und zur Klärung der Rechtsfrage kam es jedoch nicht. N u r der Vollständigkeit halber bedarf es noch eines kurzen Hinweises auf den längst gescheiterten Versuch, die Pläne als bloße Tatbestandsmerkmale zu interpretieren, die die gesetzlichen Anpassungsklauseln ausfüllen, auf die es allein ankommen soll 2 7 . Diesem Verständnis entgehen und es umgeht einige schwierige Rechtsprobleme, aber nur u m den heute indiskutablen Preis einer vollständigen Negierung des eigenständigen Entscheidungsgehalts der Pläne 2 8 . 3. Unter der größer werdenden Zahl von Autoren, die wegen der genannten Schwierigkeiten die Möglichkeit der Zuordnung der Pläne zu den überkommenen Handlungsformen negativ beurteilen 2 9 , hat allein Stich 80 den Versuch einer positiven Umschreibung gemacht. Aus25 §§ 13 I I I , 16 V I LP1G N W 1962; maßgeblich hat diese Auffassung geprägt J. Seeger, Grundfragen des Landesplanungsrechts, Raumforschung u n d Raumordnung 1956, S. 193 ff., 199 f.; s. auch Umlauf, Raumforschung u n d Raumordnung 1957, S. 77 f. — Ausführlich dazu unten § 15 I I I . 26 F. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften u n d Grundgesetz, S. 386, 390, 392; vgl. auch C. Frühen, Rechtsfragen der Landesplanung i n N W , S. 118. I m einzelnen vgl. unten § 10 I 2. 27 H. Hohberg, Recht der Landesplanung, 1966, S. 95 ff., 99. 28 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 147 f. u n d zu der auch i n anderen Zusammenhängen benutzten, dort aber ähnlich problemverdeckend u n d -verkürzend w i r k e n d e n F i g u r : v. Mutius, i n : FS Wolff, S. 174. 29 H. U. Evers, Das Recht der Raumordnung, 1973, S. 82 ff., 87 (der f ü r die Raumordnungspläne die aliud-These i n v o l l e m Bewußtsein dessen aufgreift, daß dies mehr Verlegenheitslösung als bewußter Schritt i n Neuland ist); Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 149 ff.; Motyl, S. 125 f. (Raumordnungsplan als ein der Rechtsnorm verwandter Hoheitsakt eigener A r t ) ; O V G Lüneburg, U. v. 4.11.1970, OVGE 27, S. 328 = D Ö V 1971, S. 492 = DVB1. 1971, S. 320; U. v. 23.4.1972, DVB1. 1973, S. 157 m i t A n m e r k u n g von K ö r t i n g ; ebenso w i r d der Flächennutzungsplan als hoheitliche Maßnahme eigener A r t 4 bezeichnet, O V G Lüneburg, B. v. 17.11.1970, BRS Bd. 23, Nr. 27. 80 R. Stich, Die Planungsstufen der Orts-, Regional- u n d Landesplanung, DVB1. 1973, S. 589 ff., 593, 596. Stich stützt sich dabei auf die i n der vorigen A n m . erwähnte Rechtsprechung des O V G Lüneburg. Neben den Flächennutzungsplänen u n d Raumordnungsplänen zählt Stich auch die Pläne der L a n d schaftsplanung zu den Verwaltungsprogrammen, vgl. Stich, LandschaftsDflegegesetz v o n Rheinland-Pfalz, § 9 Rdnr. 9, § 10 Rdnr. 15, § 11 Rdnr. 19.
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gehend von einer beispielhaften Analyse der Flächennutzungspläne und der Raumordnungspläne w i l l er den Plänen unter der Bezeichnung Verwaltungsprogramm einen eigenständigen Platz i m System der Verwaltungshandlungen zuweisen. Die Bezeichnung faßt zwei von Stich herausgestellte Begriffsmerkmale positiv zusammen, nämlich zum einen die Konkretisierungsbedürftigkeit der rahmenartigen Leitpläne, die nur Grundzüge der Entwicklung regeln, und zum zweiten die Beschränkung der gezielten Rechtswirkungen auf den inneradministrativen Bereich und demzufolge den Ausschluß der Verbindlichkeit gegenüber dem Bürger 3 1 . I n diesen Merkmalen und der i n Analogie zu den Regierungsprogrammen gewählten Bezeichnung schlägt sich die tragende Grundannahme nieder, die Stich zur Anerkennung der Eigenständigkeit der Handlungsform von Plänen führt: nämlich die neue Handlungsdimension der Verwaltung; sie besteht darin, daß die Verwaltung künftige Entwicklungen erfassen u n d programmatisch lenken und leiten w i l l , ohne daß es Zweck und Ziel der Planungen ist, die künftige Entwicklung bis i n die letzten Einzelheiten zu beherrschen und festzulegen. I I I . 1. Der Überblick über die Einordnungsdiskussion bestätigt das verbreitete Unbehagen an diesen Versuchen: Der Argumentationshaushalt dieser an den vier formellen Merkmalen der klassischen Handlungsformen orientierten Diskussion ist beschränkt und erschöpft, ohne daß sich befriedigende Lösungen abzeichnen. Damit gerät aber auch die grundsätzliche Prämisse dieses Vorgehens i n Zweifel. Die Einordnungsversuche qualifizieren nämlich ein Verwaltungshandeln danach, daß sie i h m einen Platz und eine konkrete Stelle i m Prozeß der Rechtssetzung und Rechtsanwendung zuweisen. Das Ungenügen der Einordnungsversuche läßt deshalb die Frage entstehen, ob die Pläne überhaupt als ein Teil des Rechtssetzungs- und Rechtsanwendungsprozesses der bisher vorausgesetzten A r t verstanden werden können 3 2 . Die Rechtssetzung hat längst nicht mehr die zentrale Funktion, wie es die Vorstellung vom Gesetzgebungsstaat annahm. Z u Recht spricht K . Eichenberg er vom Abbau der (Beinahe)Einzigkeit der Rechtssetzung als Instrument der Staatssteuerung i m ,Viel-Funktionen-Staat' 3 3 . Wenn 81
Das dritte erwähnte M e r k m a l stellt, w i e es auch sonst häufig u n d zutreffend i n der neueren L i t e r a t u r geschieht, die Notwendigkeit u n d die besondere Bedeutung eines formalisierten Verfahrens heraus. 32 Vgl. dazu Imboden, W D S t R L 18 (1960), S. 138, f ü r den der Plan als nicht assimilierter Fremdkörper i m Rechtsstaat den zwei Grundformen der Rechts Verwirklichung, Rechtssatz u n d Verfügung, nicht folgt, u n d P. Β adura, i n : FS Bay.VerfGH 1972, S. 167. 33 K. Eichenberger, V o n der Rechtssetzungsfunktion i m heutigen Staat, i n : Probleme der Rechtssetzung, Z. f. Schweizerisches Recht, Bd. 93 I I , 1974, S. 26 f., auch S. 7,15 ff. 3 Wahl I
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gleichwohl Verfahren und Form der Rechtssetzung für Regierungs- und Planungsakte verwendet werden und die Rechtssetzung damit instrumentalisiert wird, so dient dies der Kompetenzerweiterung des Parlaments 3 4 und findet darin seine Legitimation. Da dieser Gebrauch der Gesetzes- und Satzungsform nicht von der inhaltlichen Qualität der Regelungen als generell-abstrakter Normen bedingt ist, kann umgekehrt die formelle Kategorisierung als (Nicht)Rechtssatz nicht automatisch den Schlüssel für die Lösung der rechtlichen Probleme dieser Handlungsinstrumente bilden; vorrangig sind ihre Funktion und sachliche Bedeutung, die zur Zuweisung an den parlamentarischen Gesetzgeber bzw. den Satzungsgeber Anlaß geben, i m Vergleich zur Rechtssetzungsfunktion zu klären. Als Reflexion über die vorhandenen Handlungsformen und über ihre Funktion i m Rechtssetzungs- und Rechtsanwendungsprozeß bedarf diese Fragestellung eines abstrakteren Bezugs, als es die Begründungszusammenhänge der Dogmatik bieten. Die Gesichtspunkte des Vergleichs, die die spezifische Funktion der traditionellen Handlungsformen i m Lichte von alternativen Möglichkeiten erhellen, entstammen deshalb verwaltungswissenschaftlichen Überlegungen, insbesondere den entscheidungstheoretischen Analysen von Programmierungszusammenhängen und -formen, die i m deutschen Sprachraum N. Luhmann bekanntgemacht und weiterentwickelt hat 3 5 . Dieser Ansatz fragt, angewendet auf die öffentliche Verwaltung, danach, wie das faktische Entscheidungsverhalten von Verwaltungsstellen gesteuert ist, wodurch die zunächst bestehende Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt ist. Als sachliche Strukturierung des Entscheidungsverhaltens rückt der Begriff des Programms 36 i n den Mittelpunkt. Indem Normen als Programme faktischen Verhaltens verstanden und demgemäß öffentlich-rechtliche Normen als Entscheidungsprämissen (unter anderen) für das Verhalten von Verwaltungsstellen verstanden werden, konnten 34
Eichenberger, S. 16; vgl. auch W. Schaumann, Staatsführung u n d Gesetzgebung i n der Demokratie, i n : Gedenkschrift f ü r M . Imboden, 1973 ff., S. 313 ff. 35 J. G. March IH. A. Simon, Organizations, 1958, S. 141 ff.; Simon, Perspekt i v e n der A u t o m a t i o n f ü r Entscheider, 1966, S. 73 ff.; grundlegend auch T. Eckhoff u n d K. D. Jacobsen, Rationality and Responsibility i n A d m i n i s t r a t i v e and Judical Decisions, 1960, u n d Ν. Luhmann i n zahlreichen Schriften, zuerst v o r allem i n : Lob der Routine, V e r w A Bd. 55 (1964), S. 7 ff. ( = i n : R. Mayntz (Hrsg.), Bürokratische Organisation, 1968, S. 324 ff.) u n d ders., Recht u n d A u tomation, 1966, S. 36. 36 Z u m Programmbegriff u n d zum weiteren Text P. Oberndorfer, Strukturprobleme des Raumordnungsrechts, Die V e r w a l t u n g Bd. 5 (1972), S. 201 f. m. w. Nachw. Hervorzuheben ist die Definition v o n Luhmann, i n : ders., Politische Planung, S. 165: Entscheidungsprämissen nehmen die strengere F o r m v o n Entscheidungsprogrammen an, w e n n sie zu Bedingungen werden, bei deren E r f ü l l u n g die Entscheidung als ,richtig' gilt.
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die Hechtsnormen überkommener A r t als Anwendungsfall der einen grundlegenden Programmform, der Konditionalprogramme beschrieben und ihnen i m Zweckprogramm die alternative Programmform entgegengesetzt werden. 2. Die Charakterisierung von Rechtsnormen als Konditionalprogramm enthält zwar zunächst nur die Nachzeichnung und Umformulierung der i n der Rechtswissenschaft viel behandelten TatbestandsRechtsfolgen-Verknüpfung i n das entscheidungstheoretische WennDann-Schema und erbringt allein dadurch noch keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn. Über den Programmbegriff und die Unterscheidung der beiden Programmformen w i r d jedoch ein Vergleich innerhalb eines handlungs- und entscheidungstheoretischen Rahmens möglich, der auf Unterschiede i m Ablauf der faktischen Entscheidungsprozesse und i n der A r t der Steuerung des Verwaltungshandelns zielt. Die Rezeption des verwaltungswissenschaftlichen Gegensatzes zwischen Konditionalund Zweckprogramm u n d das Verständnis der Pläne als Zweck- oder Finalprogramme markieren den Punkt, an dem sich die rechtswissenschaftlich orientierte Planungsdiskussion der inhaltlichen Entscheidungsstruktur der Planung zuwendet und die Pläne i m Zusammenhang des Prozeßcharakters der Planung als partiell programmierte und weitere Entscheidungen programmierende Entscheidungen analysiert 3 7 . Notwendig und zukunftsweisend war diese Wendung, w e i l gerade der Versuch, das neuartige Handlungsinstrument der Pläne dogmatisch zu bewältigen, Wissen über die Sachstruktur der Planung voraussetzt, also z.B. darüber, welche Handlungsmuster die Planung prägen, i n welchen Stadien der Prozesse welche Teilentscheidungen getroffen werden, wo die gewichtigen Weichenstellungen i n der Ausschöpfung von Handlungs- und Auswahlspielräumen vorgenommen werden, wor i n der Entscheidungsgehalt der Pläne liegt. Als wesentliches Ergebnis des entscheidungstheoretischen Vergleichs der beiden Programmformen erwiesen sich Unterschiede i n der Intensität der Problemverarbeitung und der inhaltlichen Determination des Entscheidungsverhaltens der vom Programm betroffenen Entscheidungsträger. Während das Konditionalprogramm für ein regelungsbedürftiges Problem sowohl die M i t t e l der Problemlösung (im DannTeil) als auch die Bedingungen der Problemlösimg (im Wenn-Teil) formuliert, nennt das Zweckprogramm typischerweise nur Zwecke und Ziele, grenzt durch diese Zwecksetzung zwar das Problem ein, ohne jedoch i m einzelnen die Schritte zur Lösung, die M i t t e l zur Erreichung 87 Diesen Ansatz haben, soweit ersichtlich, zuerst auf die Planung angewendet: K . König, Planung u n d Koordination i m Regierungssystem, V e r w A Bd. 62 (1971), S. 3, u n d speziell f ü r die Raumordnungspläne Oberndorfer, ebd.
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der Ziele, programmiert zu haben 88 . Das auf die Ziel- und Zwecksetzung folgende Stadium der Planaufstellung, die Auswahl u n d Kombination von Mitteln, ist regelmäßig von erheblichen Entscheidungs- und Gestaltungsspielräumen gekennzeichnet, die Situation ist allein durch die Zweck- und Zielfixierung noch nicht bis zur Entscheidungsreife, zur Bestimmung einer konkreten Entscheidung, rationalisiert 8 9 . Dieser Grundsachverhalt ist unabhängig davon, i n welche rechtliche Form die Zwecksetzung und die Planfixierung gekleidet sind 4 0 . Der Programmierungszusammenhang zwischen der Zielsetzung und der Planformulierung als Auswahl von M i t t e l n ist deshalb von anderer A r t als das Ableitungsverhältnis zwischen der generellen Normierung von tatbestandlichen Merkmalen i m klassischen Rechtssatz und dem konkretisierenden Einzelakt. Treffend bemerkt Badura, daß „der konstitutionelle Grundschematismus von Normsetzimg und Normvollzug seine systemleitende Funktion eingebüßt" hat 4 1 . Diese Beurteilung w i r d heute zunehmend geteilt, ebenso wie diese Situation übereinstimmend darauf zurückgeführt wird, daß zum einen die gesetzlichen Grundlagen der Planung nicht Tatbestände für von der Verwaltung auszusprechende Rechtsfolgen normieren und daß zum anderen die Pläne nicht eine gesetzliche Regelung für einen bestimmten Anwendungsfall v o l l ziehen 442 . 38 Aus dieser — von i h m geteilten — Kennzeichnung Luhmanns (in: Zweckbegriff u n d Systemrationalität, S. 179 f.) zieht W. Schmidt, Die Programmierung v o n Verwaltungsentscheidungen, A ö R Bd. 94 (1971), S. 331 334 den Schluß, daß »Zweckprogramme' überhaupt keine Programmform darstellen, da die eigentliche Programmierungsarbeit noch aussteht: Angesichts des unbestreitbaren — u n d von Schmidt auch nicht angezweifelten — U m standes, daß Zweck- u n d Zielfixierungen, zumal i n unstrukturierten H a n d lungssituationen, eine relative Eingrenzung des Entscheidungsraums bedeuten, läßt sich dieser E i n w a n d nicht n u r zurückweisen, sondern ins Positive umkehren: Zweckprogramme eignen sich gerade durch die Gestaltungsspielräume, die sie offenlassen, zur Koordinierung u n d Zielabstimmung von selbständigen Planungsträgern, die nach ihrer (verfassungsrechtlichen Stell u n g begrenzte Planungshoheit haben. Wie hier auch R. Steinberg, Evaluat i o n als neue F o r m der K o n t r o l l e f i n a l programmierten Verwaltungshandelns, Der Staat Bd. 15 (1976), S. 190 Fn. 22. Z u r Unvollständigkeit der B i n dung, die Ziele bewirken, auch H. U. Evers, Das Recht der Raumordnung, 1973, S. 80. 39 W. Schmidt, S. 333. 40 Dieser Umstand dürfte auch hinter der apodiktisch formulierten These von Kaiser stehen, nach der der Plan, auch w e n n er i n der F o r m eines Gesetzes beschlossen ist u n d i n Erscheinung t r i t t , ein aliud ist, u n d ein Plan, der i n der F o r m eines Verwaltungsaktes erscheint, ebenfalls ein a l i u d ist, Referat auf dem 50. D J T , T e i l I , S. 13. 41 Badura, i n : FS Bay.VerfGH S. 167, unter Hinweis auf Imboden, W D S t R L 18 (1960), S. 138. 42 Badura, ebd.; ähnlich Ossenbühl, Gutachten f ü r den 50. DJT, S. 161 165; Hoppe, Z u r S t r u k t u r von Normen des Planungsrechts, DVB1. 1974, S. 641 ff. Neuerdings hat N. Niehues, Schul- u n d Prüfungsrecht, 1976, Rd.
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Aber nicht nur die Programmierung der Pläne durch vorgeordnete (gesetzliche) Vorschriften, sondern auch die Programmierungswirkungen der Pläne gegenüber Durchführungsakten weichen vom gewohnten B i l d des Normvollzugs ab. Die sich auch insoweit gebildete Übereinstimmung i m Schrifttum w i r d am prägnantesten m i t Kaisers Charakterisierung des Planes als flexibles Aktionsmodell gekennzeichnet 43 . Damit sind die besonderen Flexibilitätserfordernisse bei der Plandurchführung 4 4 , die Fortschreibungs- und Anpassungsbedürftigkeit der Ziele während und wegen der Planverwirklichung, umschrieben, die für Kaiser die Plandurchführung insgesamt als ,etwas anderes als (die) Gesetzesdurchführung 4 erscheinen lassen 45 . Wegen dieser Flexibilitätserfordernisse w i r d auch gelegentlich eine besondere ,Planbindung 4 , nämlich eine gegenüber der formellen Gesetzesbindung lockere B i n dung der Plandurchführung an den Plan angenommen 46 : Der „Vorbehalt der Anpassung ist ein immanenter Bestandteil der Regierungspläne" 4 7 und, wie man ergänzen kann, nicht nur von ihnen. Konsequenterweise gilt für die Vertreter der These von der geringeren Wirkungskraft der Planbindung die Gesetzesform der Pläne als ungeeignet. 3. Die Hypothese vom Zweckprogramm- oder Finalcharakter der Planung hat innovatorisch gewirkt, w e i l sie die andere Intentionalität der Handlungssteuerung ins Bewußtsein gehoben hat. Kennzeichnend ist das gedankliche Ansetzen an Zielen, die i n der Zukunft liegen, und die Ausrichtung von Maßnahmen als Verwirklichungsschritte und M i t tel an diesen Zielen. Innovatorisch hat diese Hypothese außerdem dadurch gewirkt, daß sie die Entscheidungsprozesse der Planung und die Handlungsstruktur der Pläne i n einen durchgehenden Gegensatz zur Situation bei der Konditionalprogrammierung verwiesen hat und zur Prozeß- und Strukturanalyse von Planung u n d Plänen herausgefordert Ziff. 295, die Unterscheidung von K o n d i t i o n a l - u n d Finalprogrammen auch f ü r den Bereich der Lehrplanung fruchtbar gemacht. Daß Plänen (bzw. PlanGesetze) die (bei Maßnahmegesetzen noch vorhandene) ,Normstruktur' der Verknüpfung von Tatbestand u n d Rechtsfolge fehlt, hat schon (erstmals?) K. Hub er, Maßnahmegesetz u n d Rechtsgesetz, S. 92, herausgestellt. 43 Kaiser, i n : Planung I I , 'S. 25 ff. 44 Z u den Flexibilitätsbedürfnissen von Plänen vgl. H. P. Ipsen, i n : P l a nung I, S. 60f.; K. Redeker, Staatliche Planung i m Rechtsstaat, JZ 1968, S. 541; K. Korinek, Verfassungsrechtliche Aspekte der Raumplanung, 1971, S. 35 f. 45 Kaiser, i n : Planung I I , S. 25; ders., i n : Planung I, S. 32 unter Verweis auf die häufig zitierte These von K. Hub er, S. 92: ,Der Plan ist daher auf V o l l zug angelegt, sein Zweck ist erfüllt zu werden u n d nicht zu gelten/ 48 Kaiser, i n : Planung I I , S. 25 f.; Böckenförde, Planung zwischen Regierung u n d Parlament, Der Staat Bd. 11 (1972), S. 449, 454. 47 J. Seeger, Möglichkeiten der Beteiligung des Landtags an den Planungen der Landesregierung, 1970 (unveröff. Gutachten, ζ. T. abgedruckt i n : Parlamentarische K o n t r o l l e der Regierungsplanung, 1973, S. 75).
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hat. Solche Analysen sind aber ein notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zur juristischen Bewältigung der Planung, da die lösungsbedürftigen Problemlagen überhaupt erst durch sie lokalisiert werden können 4 8 . Beiträge zu dieser sozialwissenschaftlich angeregten Problemformulierung sind dabei nicht nur i n der engeren verwaltungswissenschaftlichen Diskussion über die Programmtypen Konditional- und Zweckprogramm geleistet worden, zumal diese i n ihrem generellen Ansatzpunkt als alternative Programmformen schlechthin weit über die Probleme der Planung hinausreichen. Darüber hinaus sind einschlägig und noch wichtiger die Untersuchungen zu Ziel-Ziel-Beziehungen und Ziel-Mittel-Beziehungen und zu ihrer Abarbeitung i n Stadien und Stufen von Planungsprozessen sowie die Untersuchungen zur Gliederung von Plänen i n ihre inhaltlichen Elemente. IV. 1. Einer häufig geäußerten Auffassung nach ist der geschilderte Wandel der Programmierungsform eine Folge veränderter Staatsaufgaben bzw. eines veränderten Staatsaufgabenverständnisses. Die Charakterisierung von Plänen als spezifische Ausdrucks- und Handlungsform des Sozialstaats hat weite Verbreitung gefunden 49 . I n der Tat muß der Sozialstaat, i n dem die Ordnung der Gesellschaft zum Problem und i n vielen Teilbereichen zum Gegenstand staatlicher Steuerung geworden ist, besonderen Nachdruck auf die Herbeiführung und Verwirklichung angestrebter gesellschaftlicher Zustände und die Beeinflussung von konkreten Lagen i m Sinne einer erwünschten Entwicklung legen. Zielformulierung und Zielplanung als Gegenstand selbständiger Entscheidungsprozesse, Zielgerichtetheit des öffentlichen Handelns und Konkretheit der Einwirkungen auf gesellschaftliche Lagen — all diese Merkmale gelten zu Recht als Kennzeichnungen der Planung wie des sozialstaatlichen Aufgabenverständnisses. Die Affinität des Sozialstaats zur Planung ist i n diesen Überlegungen zutreffend angedeutet. Es besteht auch das Bedürfnis, den Bedeutungs48 A u f dem Weg zur Erfassung der »rechtlichen Eigenart 4 der Planung sind notwendigerweise die »faktischen Eigenarten 4 der Planung zu analysieren, insbesondere dann, w e n n es bei den rechtlichen Problemen auch darum geht, die »wichtigen 1 Punkte u n d Schaltstellen i m Entscheidungsprozeß besonderen Verfahren u n d Organen vorzubehalten u n d zu verhindern, daß formelle Entscheidungszuständigkeiten u n d die tatsächliche Determination von Entscheidungen auseinanderfallen; zu apodiktisch deshalb Badura, i n : FS Bay.VerfGH, S. 164 f. i n der Betonung des auf juristische Fragestellungen ausgehenden Erkenntnisinteresses. 49 Leibfried / Quilisch, Planung i m Sozialstaat I , I I , Atomzeitalter 1967, S. 552, 610 ff.; Harnischfeg er, Planung i n der sozialstaatlichen Demokratie, 1969, S. 30 f.; Herzog, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne, 1972, S. 41 f.; Häberle, i n : FS G. Küchenhoff, 1972, S. 459; Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, 1972, S. 6; Ossenbühl, Gutachten Β f ü r den 50. DJT, S. 160 f.; Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 543.
§ 5 Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion
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wandel und die Implikationen, die der Wandel vom liberalen zum sozialstaatlichen Aufgabenverständnis i m Verfassungsrecht und i n gesamtgesellschaftlicher Sicht gehabt hat, nachzuzeichnen und aufzuspüren i n parallelen Entwicklungen i m verwaltungsrechtlichen System der Handlungsformen. A l l e i n m i t der zunächst plausibel klingenden Forderung, daß sich aus den gewandelten Aufgaben Konsequenzen für die Handlungsformen ergeben müßten, für den Sozialstaat also spezifische Handlungsformen, zumal die des Planes, ausgebildet werden müßten, ist es jedoch nicht getan. Dieses Postulat ist i n dieser Form notwendigerweise folgenlos, w e i l es keinen Weg zur Umsetzung des sozialstaatlich motivierten Aufgabenzuwachses und des Wandels i n der Aufgabenwahrnehmung i n dogmatisch profilierte Handlungsformen aufweist. Handlungsformen sind zwar die rechtlichen M i t t e l und Formen zur Bewältigung von Aufgaben 5 0 , zwischen beidem bestehen jedoch keine unmittelbaren oder direkt zu greifenden, sondern nur durch komplizierte Zwischenschritte vermittelte Zusammenhänge. Sie hat treffend und methodisch exemplarisch Badura i n seiner Abhandlung „Verwaltungsrecht i m liberalen und i m sozialen Rechtsstaat" 51 herausgearbeitet und darin zugleich die Notwendigkeit und Fruchtbarkeit einer Besinnung auf diese verzweigten Determinanten der dogmatischen Figuren belegt, ohne die eine Standortbestimmung ,der Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung' 5 2 nicht durchgeführt, noch weniger erforderliche Anpassungen zureichend begründet werden können. Als Konstruktionen der Dogmatik sind die Handlungsformen von systemleitenden Vorstellungen der Dogmatik geprägt: Die Systemidee' 5 3 des jeweiligen Verwaltungsrechts steht i n enger Verbindung zur Staatsauffassung, die ihrerseits die faktisch wahrgenommenen A u f gaben sowohl partiell bestimmt als auch i n bestimmter (oft selektiver) Weise reflektiert 5 4 . Änderungen i m Aufgabenbestand und i n der A r t 50 Vgl. dazu Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 14 ff., insbes. S. 23 f. zur F u n k t i o n der Handlungsformen, das Tätigwerden der V e r w a l t u n g zu lenken u n d zu disziplinieren. 51 Eine weitere Ausarbeitung dieser Zusammenhänge f ü r das Verwaltungsrecht des 19. Jahrhunderts hat Badura i n der Studie: Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, vorgelegt. 62 A u f der diesem Thema gewidmeten Staatsrechtslehrertagung von 1971 ist der Zusammenhang zwischen faktischem Aufgabenbestand — Aufgaben/ Staatsverständnis — System des Verwaltungsrechts u n d einzelnen Instituten vielfach angesprochen worden, insbes. v o n Bachof, W D S t R L 30 (1972), S. 202 - 223; Brohm, ebd., S. 253 - 263, u n d Badura, Diskussionsbeitrag, S. 327. 58 Badura, Verwaltungsrecht i m liberalen u n d i m sozialen Rechtsstaat, 1966, S. 5, 22 f.; zur Durchführung vgl. die gesamte Abhandlung. 54 Z u r gerade f ü r das 19. Jh. i n auffälliger Weise bestehenden Diskrepanz zwischen Aufgabenverständnis nach der liberalen Theorie u n d dem faktisch wahrgenommenen Aufgabenbestand vgl. unten § 6 Fn. 5.
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
ihrer Wahrnehmung, die neue Anforderungen an die Handlungsformen stellen, bilden sich deshalb gleichwohl nicht unmittelbar i n der Dogmatik ab; der Angelpunkt für das Stattfinden oder Unterbleiben der Anpassung ist vielmehr die Systemidee der Dogmatik, die hinter Änderungen der Staatsauffassung und -aufgaben zurückbleiben kann 5 5 . E r forderlich ist deshalb jedenfalls eine Analyse, die die noch vorhandene Prägung der geltenden Verwaltungsrechtsdogmatik durch die am vorsozialstaatlichen Staatsverständnis ausgerichtete liberale Systemidee aufzeigt. Ob man dann sogleich anschließend positiv eine neue, gehaltvolle Systemidee des Verwaltungsrechts i m sozialen Rechtsstaat formulieren kann und daran einen Neubau der Dogmatik ausrichten kann 5 6 , muß hier offenbleiben. Es spricht nämlich einiges dafür, daß die Vorstellung der Systemidee nur als nachträgliche Kennzeichnung einer abgeschlossenen Entwicklung möglich ist. Aber selbst wenn die systematische Synthese i n einer neu zu formulierenden Systemidee (vorerst) nicht zu leisten sein sollte, ist der Aufweis des dargelegten Vermittlungszusammenhangs von großer Bedeutung für die Beurteilung der Entwicklung des Verwaltungsrechts und vor allem für die Korrektur historisch bedingter dogmatischer Verzerrungen. Badura hat die Auseinandersetzung m i t der liberalen Systemidee i n der erwähnten Schrift i n genereller Weise m i t dem Ziel geführt, eine neue Methode des Verwaltungsrechts zu begründen, und hat als Neuansatz die Orientierung an den Verwaltungszwecken, an den ,nicht weiter auflösbaren Verwaltungszwecken der Gefahrenabwehr, Abgabenerhebung, Leistung und Lenkung' gefordert 57 . I n dem von Badura herausgestellten weiten Vermittlungszusammenhang 58 haben die Verwaltungszwecke ,als Fortsetzung der Staatsauf gaben i m Verwaltungsrecht' einen wichtigen Platz als Grundlage dogmatischer Differenzie65 V o r allem dann, w e n n die verwaltungsrechtliche Dogmatik zu sehr auf das berühmte D i k t u m von O. Mayer v o m vergehenden Verfassungsrecht u n d bestehenbleibenden Verwaltungsrecht vertraut. Dieser Ausspruch ist i n zwischen längst, w i e sein jüngeres Pendant v o m Verwaltungsrecht als k o n kretisiertem Verfassungsrecht (F. Werner, DVB1. 1959, S. 527) zum »geflügelten W o r t 1 des Verwaltungsrechts geworden (so Ossenbühl, i n : Erichsen / M a r tens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 62, u n d v. Münch, ebd., S. 27 f., je m. w. Nachw.) u n d hat sich deshalb von seinem ursprünglichen historischen K o n t e x t u n d auch v o n seinem A u t o r gelöst. Die kritische Auseinandersetzung m i t dem Satz betrifft deshalb p r i m ä r seine Wirkungsgeschichte u n d als solche ist sie auch erforderlich. Diese Notwendigkeit darf über dem — f ü r sich berechtigten — Bemühen, dem A u t o r O. Mayer gerecht zu werden (dazu klarstellend: Bachof, W D S t R L 30 (1972), S. 204), nicht übersehen werden. δβ So das Programm v o n Badura i n der Schrift: Verwaltungsrecht i m l i b e ralen u n d i m sozialen Rechtsstaat. 57 Ebd., S. 22 f. u n d schon ders., Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 108 f. u n d 90 f. 58 Nochmals aufgegriffen i n : Diskussionsbeitrag W D S t R L 30 (1972), S. 327 f., dort auch S. 328 das folgende wörtliche Zitat.
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rungen und Modifikationen. Die Unterscheidung i n die vier Verwaltungszwecke differenziert i n einem ersten, allgemein bleibenden A n satz Aufgabenbereiche, i n denen m i t unterschiedlichen Sachproblemen und deshalb m i t spezifischen Anforderungen (auch) an die adäquaten Handlungsformen zu rechnen ist. Darüber hinaus ist die Umsetzung i n dogmatische Institute nicht durchgeführt u n d auch nicht die Richtung des Vorgehens angedeutet 59 . 2. Einen entscheidenden Schritt weiter i n der hier interessierenden Richtung, i n der Ausarbeitung der nachwirkenden Prägung der inhaltlichen (Handlungs)Kategorien des Verwaltungsrechts durch die liberale Systemidee hat Brohm m i t seinem Referat auf der Staatsrechtslehrertagung von 1971 geleistet 60 . Den punktuellen Charakter des Verwaltungsrechts 61 und die Betonung der Vollzugsfunktion der Verwaltung, die sich i n der zentralen Stellung und ausufernden Anwendung des Verwaltungsaktsbegriffs niederschlagen, identifiziert Brohm als das Erbe des am Eingriffsakt entwickelten liberalen Verwaltungsrechts und zugleich als ein Hindernis, die neue Bedeutungsdimension der Aufgaben der gestaltenden Verwaltung und ihrer Handlungsinstrumente angemessen zu erfassen. Das liberale Erbe erweist sich als Hindernis deshalb, w e i l seine Handlungsformen i n ihrer leitenden Programmierungsform, der Determinierung der Einzelakte durch das generell-abstrakte Gesetz, ursprünglich die Aufgabenbeschränkung der liberalen Theorie gespiegelt haben und spiegeln sollten: „Die Freiheits- und Eigentumsklausel behält bestimmte Regelungsbereiche dem Gesetzgeber vor; der generell-abstrakte Charakter beschränkt dabei den Gesetzgeber auf eine Allgemeinheit der Regelungen, wie sie sozialen Gestaltungen nicht eigen ist 6 2 ." 59 Zustimmung zum u n d K r i t i k a m Ansatz v o n Badura können hier nicht i m einzelnen diskutiert werden. Manches Mißverständnis könnte dabei v e r mieden werden, w e n n der weite Vermittlungszusammenhang bedacht würde, den Badura aufgezeigt hat; danach werden die unterschiedenen Verwaltungszwecke nicht u n m i t t e l b a r als dogmatische Begriffe verstanden, sondern sie sollen systemleitenden Charakter zur erst noch durchzuführenden E n t w i c k l u n g oder Differenzierung von dogmatischen Begriffen u n d Instituten haben; zu Badura: vgl. Bachof, W D S t R L 30 (1972), S. 223 ff., 228 f.; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 108; W. Schmidt, AöR 96 (1971), S. 322 f.; W. Rüfner, Formen öffentlicher V e r w a l t u n g i m Bereich der W i r t schaft, 1967, S. 233 ff., 264 ff. 60 Die Dogmatik des Verwaltungsrechts v o r den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, W D S t R L 30 (1972), S. 245 ff., 253 ff. 61 Auch i n Brohms Analyse geht es u m das Verwaltungsrecht, also die dogmatische u n d systematische Bewertung des Verwaltungshandelns, nicht u m eine Beschreibung der tatsächlich wahrgenommenen Verwaltungsaufgaben. Die unbestrittene Tatsache, daß es i m 19. Jahrhundert Ansätze zur planenden u n d gestaltenden V e r w a l t u n g gegeben hat (dazu unten § 6 III.), berührt deshalb die These v o m punktuellen Charakter des Verwaltungsrechts nicht.
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I. 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
Es bedarf zwar keiner längeren Ausführungen darüber, daß sich an dieser Situation vieles, aber, wie sich gezeigt hat, nicht genügend geändert hat. I m Sozialstaatsprinzip ist die Ausklammerung status-quoverändernder Sozialgestaltungen prinzipiell überwunden; i n den viel behandelten Umformungen des liberalen Gesetzesbegriffes zu seinem sozialstaatlichen Pendant sind individualisierende Zugriffe auf konkrete gesellschaftliche Lagen und der intensivere Regelungscharakter des sozialstaatlichen Gesetzes, insbesondere des Maßnahme-, Lenkungsund Interventionsgesetzes ebenso grundsätzlich anerkannt 6 3 . Dies alles kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die verwaltungsrechtliche Dogmatik i n ihrer vorherrschenden Ausrichtung auf die punktuelle Vollziehung und deren Programmierung der Gestaltungsfunktion als eines Kernbereichs der sozialstaatlichen Verwaltung, systematisch bedingt, nicht gerecht werden kann. Gestaltung als Verwaltungsfunktion meint nämlich nicht nur oder nicht i n erster Linie die Ausfüllung von Ermessensspielräumen bei der Gesetzesvollziehung i m Einzelfall, sondern (Sozial)Gestaltung als gezieltes Einwirken auf komplexe Verhältnisse muß auch und gerade Zwecksetzungen und Zweckkonkretisierungen sowie die Programmgebung ergreifen, muß sich Handlungsinstrumenten m i t hoher Eigenkomplexität bedienen, die i n der Lage sind, interdependente Zusammenhänge zu beeinflussen. Dementsprechend äußert sich Gestaltung i n komplexen Entscheidungen, die i n Sachverhalten, Bezügen, Beteiligten und Folgen verflochten sind' und die i m Unterschied zur gezielten Adressierung von Vollzugsentscheidungen eine hohe Breitenwirkung haben 64 . 62 Brohm, ebd., S. 281 Fn. 106; vgl. auch Badura, Verwaltungsrecht i m liberalen Rechtsstaat, S. 23 ff., insbes. S. 25. — Eine zeitlich späte, inhaltlich aber klassische Formulierung des liberalen Denkens findet sich bei F. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, 1971, S. 330 f., zit. bei Bull, Staatsaufgaben nach dem GG, S. 251 f.: Staatliche Eingriffe auf die Vermögensverteilung müssen notwendig zu Einzeleingriffen führen, die m i t dem Grundprinzip der Gerechtigkeit, gleichmäßig zu belasten, unvereinbar seien. N u r das allgemein geltende Gesetz sei ein zulässiges M i t t e l zur Realisierung staatlicher Ziele; da dieses zur K o r r e k t u r der Wirtschaftsergebnisse untauglich sei, ein anderes auch nicht zur Verfügung stehe, müsse m a n auf das Z i e l selbst verzichten! 63 Vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 10. A u f l . 1973, S. 32 ff.; K. Huber, Maßnahmegesetz, S. 168 ff., 172 ff. u n d neuerdings zusammenfassend u n d m i t zahlreichen Nachweisen M. Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, 1974, S. 24 ff.; vgl. auch die 6 Typen v o n ,Leistungsgesetzen' bei Häberle, i n : FS G. Küchenhoff, Bd. 2, S. 455 ff. sowie ders., W D S t R L 30 (1972), S. 46 ff. — Wegen der zentralen Bedeutung des Gesetzesbegriffs für das System der Handlungsformen haben seine Wandlungen unmittelbar Rückwirkungen auf jenes; Badura, Verwaltungsrecht i m liberalen u n d i m sozialen Rechtsstaat, S. 7 f.; ders., Diskussionsbeitrag, W D S t R L 30 (1972), S. 329 f. 64 E. Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 223 ff., 269. Z u r B r e i t e n w i r k u n g Brohm, W D S t R L 30 (1972), S. 260, 284.
§ 5 Stand der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion
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M i t dem Begriff und den Darlegungen zur Gestaltungsfunktion der Verwaltung hat Brohm einen zentralen Kontaktbegriff i m vermittelten Ableitungszusammenhang zwischen Staatsaufgaben und Handlungsformen, zwischen dem verfassungsrechtlichen Prinzip des Sozialstaats und seiner verwaltungsrechtlichen Ausformung herausgestellt 65 . Dies bestätigt sich nicht nur i n der angedeuteten Ableitung handlungsformorientierter Merkmale von Gestaltungsakten (wie ihre Komplexität und Breitenwirkung) aus der zugrunde liegenden Funktion, sondern auch i n weiteren Hinsichten. Gestaltung als Funktion der Verwaltung verstanden, macht nämlich auch darauf aufmerksam, daß die Verwaltung i n einer ganz anderen, intensiveren Weise i n die Zwecksetzung und Programmformulierung eingeschaltet ist, als es dem überkommenen Leitbild von der unpolitischen Verwaltung als Vollziehung politisch entschiedener Rechtsetzung entspricht; die Stichworte von der tendenziellen Selbstprogrammierung der Verwaltung' 6 6 und von der politischen Verwaltung' 6 7 treffen diese geänderte Funktion der gestaltenden Verwaltung genau und weisen auf erhebliche Verunsicherungen und Herausforderungen für das Gewaltenteilungsverständnis hin. Die Verwaltung wächst um so mehr i n eine politische 68 Funktion hinein, je weniger die sie bindenden Rechtssätze geeignet sind, sie inhaltlich (relativ) genau und treffsicher vorauszuprogrammieren. Es wäre jedoch kurzschlüssig, i n diesem Defizit nur ein Versagen des Gesetzgebers zu erblicken, statt die tieferliegenden Ursachen herauszustellen, die gerade m i t der hier interessierenden Gestaltungsfunktion zusammenhängen. Relativ genau ist Programmierung nur möglich bei bekannten und ein für allemal entscheidbaren Interessenkonflikten. Gestaltung muß dagegen gemäß ihrer Intention, komplexe Zusammenhänge zu beeinflussen, Konflikte entscheiden, die multikausal i n ein Wirkungsnetz ein85 Daß es sich dabei nicht u m die erstmalige Entdeckung der Sozialgestaltungsfunktion der V e r w a l t u n g handelt, versteht sich; B r o h m hat jedoch k o n sequenter u n d nachdrücklicher als zuvor die systematischen Konsequenzen aus dieser F u n k t i o n u n d ihren Anforderungen an die Dogmatik formuliert. — Z u r Sozialgestaltungsfunktion vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 10. Aufl., S. 72 ff.; Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 35 f., 187; ders., D Ö V 1968, S. 448. 66 Brohm, W D S t R L 30 (1972), S. 259 f. 67 Z u m Stichwort Politische V e r w a l t u n g vgl. v o r allem die Arbeiten v o n R.-R. Grauhan, Politische Verwaltung, 1970; ders., Modelle politischer V e r waltungsführung, 1969; ders., Politikwissenschaftliche Forschung zur V e r waltung, D Ö V 1970, S. 587 ff.; vgl. auch H. Pflaumer, Öffentlichkeit u n d V e r w a l t u n g i n einem demokratischen Planungsprozeß, 1970, S. 14 ff. Umgekehrt versteht H. D. Jarass i n seinem gleichnamigen Buch P o l i t i k u n d B ü r o kratie als Elemente der Gewaltenteilung (siehe T e i l I I I , S. 93 ff.). 68 »Politisch* ist hier i n dem präzisen Sinne v o n W. Schmidt, Organisierte E i n w i r k u n g e n auf die Verwaltung, W D S t R L 33 (1974), S. 199, verstanden, nach dem eine politische Entscheidung ohne Verletzung des geltenden Rechts auch anders hätte ausfallen können.
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I. 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
gebettet sind und deren Wirkungsfaktoren abstrakt nicht durchschaubar sind, sondern erst aus Anlaß der konkreten Problemlösung festgelegt und abgeglichen werden können 6 9 . M i t der Gestaltungsfunktion ist darüber hinaus auch deshalb ein zentraler Kontaktbegriff herausgestellt, w e i l sie den gesamten w e i t gespannten Handlungsbogen von dem (häufig i m Gesetz nur pauschal formulierten) Gestaltungsauftrag über die Zielauswahl, Zielkonkretisierung und Programmierung der einzelnen Schritte bis zur Durchführung unter einem leitenden Gesichtspunkt erfaßt. Der umfassende Begriff der Gestaltung lenkt die Aufmerksamkeit auf das Ganze der mehrgliedrigen Handlungskette von programmierenden und programmierten Entscheidungen, die i n unterschiedlicher, i n der Abfolge zunehmender Programmierungsdichte und inhaltlicher Bindung i m Rahmen eines Steuerungszusammenhangs aufeinander bezogen sind. Nicht am einzelnen Glied der Handlungskette, sondern am gesamten, die einzelnen Glieder umfassenden Steuerungszusammenhang lassen sich die Veränderungen der Aufgabenwahrnehmung, die davon abhängigen Wandlungen i n der Programmierungsweise und damit auch die funktionalen Rahmenbedingungen für die einzelnen Handlungsinstrumente erkennen. Dies gilt besonders für die hier interessierenden Pläne; sie sind Teile dieses umfassenden Handlungs- und Steuerungszusammenhangs der Gestaltung. Ihre Eigenart, auch ihre rechtlichen Eigenarten, ergeben sich aus dieser Einbettung i n die gestaltenden Steuerungszusammenhänge. Die einzelnen Pläne sind jedoch an unterschiedlichen Stellen und i n unterschiedlichen Funktionen i n diese Gesamtzusammenhänge eingebettet. Die inhaltliche Entscheidungsfunktion, der Entscheidungsgehalt sowie die äußere Form der einzelnen Pläne differieren deshalb jeweils erheblich. Die Heterogenität der Pläne nach Sachbereichen, aber auch nach ihrer Komplexität, ist ein oft erwähnter Umstand; aus i h m w i r d häufig die Unmöglichkeit geschlossen, einen einheitlichen Planbegriff, der für dogmatische Zwecke geeignet ist, zu bilden 7 0 . Wenn dem so ist — und vieles spricht für die Richtigkeit dieser Einschätzung 71 —, dann sind zwar sicherlich juristische Differenzierungsarbeit und das Eingehen auf jeweils spezifische Problembereiche erforderlich, für die die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Planung, die verfassungs69 So zu Recht W. Schmidt, Abschied v o m »unbestimmten Rechtsbegriff'. N J W 1975, S. 1756. I n diesen Formulierungen n i m m t Schmidt die entscheidungstheoretische These von der Unmöglichkeit der abstrakten Entscheidung v o n komplexen Zielkonfliktsentscheidungen auf; dazu unten § 8 Fn. 10. 70 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I , § 47 I X a ; Ossenbühl, Gutachten, S. 50-52, siehe auch S. 25 ff.; Erichsen f Martens, i n : dies. (Hrsg.), A l l g e meines Verwaltungsrecht, 2. A u f l . 1977, S. 208 m. w. Nachw. 71 Vgl. unten § 10 I .
§ 6 Alternativformen der Systemsteuerung
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rechtlichen Implikationen des sozialstaatlichen Aufgabenverständnisses, die Funktionsweise der Gestaltung nicht unmittelbar herangezogen werden können. Gerade aber wenn dies so ist, ist es u m so mehr erforderlich, diesen Zusammenhängen auf der angemessenen Problematisierungsebene nachzugehen, wenn man nicht ihre Relevanz für die verwaltungsrechtliche Dogmatik völlig leugnen w i l l . V. Damit ist der Überblick über die verwaltungsrechtlich orientierte Planungsdiskussion an sein Ziel gelangt: Die Absicht der gedrängten Darstellung war es, zum einen die i m Schrifttum herausgearbeiteten Schwach- und Bruchstellen bei der Einordnung der Pläne i n die überkommene Dogmatik zu bestimmen und zum anderen den Argumentationshaushalt von Neuansätzen, insbesondere den Bezugsrahmen von weiterführenden Überlegungen aufzunehmen. Als notwendige Abstraktionsebene für die Problematisierung der Pläne haben sich dabei der Steuerungszusammenhang und das Steuerungsmodell der Gestaltung und Planung ergeben. § 6 Systemsteuerung durch direkte Verhaltensregelung und durch Zielorientierung Der Steuerungszusammenhang 1 der Gestaltung und Planung ist i m folgenden Gegenstand der Betrachtimg nicht unter der Zielsetzung, eine Theorie der Planung zu entwickeln, sondern i n der beschränkteren Absicht, die Funktionszusammenhänge, i n denen Pläne stehen und durch die ihre Handlungsstruktur bestimmt ist, herauszuarbeiten. Erweist sich dieser Ansatz als erforderlich, u m Verengungen der an der Vollzugsfunktion der Verwaltung orientierten traditionellen Dogmatik zu entgehen, dann bildet diese notwendigerweise den zentralen Vergleichsgegenstand und Gegenpart der folgenden Überlegungen zur Planung. Dies gilt auch für die hier interessierenden Steuerungszusammenhänge: I n der Unterscheidung gegenüber dem dem liberalen Rechts- und Gesetzgebungsstaat zugrunde liegenden Steuerungsmodell 1 Die Begriffe »Steuerung' u n d ,Regelung' werden — außerhalb des k y bernetischen Sprachgebrauchs (vgl. dazu G. Klaus, Wörterbuch der Kybernet i k , 1968, S. 523 u. 617) — nicht einheitlich verwendet. Eine strenge Begriffsexplikation k a n n i m vorliegenden Zusammenhang unterbleiben; es genügt der Hinweis, daß »Steuerung' nicht i n einem engen Sinne verstanden w i r d , i n dem der Begriff n u r strikte u n d einseitige Festlegungen deckt u n d Rückkoppelungen v o m beeinflußten System auf das beeinflussende System ausschließt (vgl. F. Naschold, Systemsteuerung, 1969, S. 24). Beide Begriffe w e r den hier als offene Kommunikationsmuster verstanden, f ü r die einseitige Gerichtetheit u n d ein fixiertes Programm nicht Voraussetzung sind (im A n schluß an K . König, Programmsteuerungen i n komplexen politischen Systemen, Die Verwaltung, Bd. 7 (1974), S. 138 f.). Der Begriff »Regelung' w i r d dabei besonders f ü r die Steuerung des Verhaltens der einzelnen H a n d lungssubjekte verwendet.
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
profilieren sich die Merkmale der Gestaltung und Planung. Durch die Gegenüberstellung der Steuerungszusammenhänge, die Pläne als Element umfassen, m i t dem Steuerungszusammenhang nach dem liberalen Modell ist die gleiche sachliche Ebene für vergleichende Überlegungen gesichert. I. 1. Das staatstheoretische Grundverständnis des liberalen Staates schlägt sich nicht nur i n der erwähnten 2 Aufgabenbeschränkung und den Schranken für die Regelung konkreter Lagen nieder. I n einem für den Vergleich m i t den Plänen und der Planimg nicht weniger wichtigen Aspekt prägt und begrenzt das liberale Verständnis die Handlungsformen und ihre möglichen Inhalte, indem es die Definierung von gesellschaftlichen Zielen u n d Zwecken als mögliche legitime staatliche A u f gabe minimalisiert und damit zugleich Formen für die Bestimmimg von Zielen und ihren Verknüpfungen m i t M i t t e l n i m Grundsatz erübrigt. Natürlich verfolgten Regierung und Verwaltung auch i m 19. Jahrhundert Ziele und handelten zweckrational 3 ; aber die Steuerung der Gesellschaft i m Sinne einer konzeptionellen (Innen-)Politik lag so weit außerhalb des staatstheoretischen Verständnisses, daß Zielsuche, -ausw a h l und -formulierung nicht als eigener Entscheidungsbereich ausdifferenziert und i n einem formellen Handlungsinstrument fixiert werden konnten 4 , Die bekannte Eliminierung bzw. Zurückdrängung der Wohlfahrtsaufgaben i m liberalen Staatsverständnis 5 bedeutet i n diesem Zusam2
Vgl. oben § 5 I V . Sonst hätte M. Weber nicht die staatliche Bürokratie i n der bekannten, gerade diesen Aspekt herausstellenden Weise charakterisieren u n d Forsthoff nicht die V e r w a l t u n g (und i h r Recht) als ,auf die Erzielung angestrebter Zwecke h i n angelegt' kennzeichnen können (Lehrbuch des Verwaltungsrechts I , 10. A u f l . 1973, S. 290). Es ist auch nicht bestritten, daß sich i n jedem Organisationsvorgang (also auch u n d gerade i m A u f b a u der staatlichen Bürokratien) die Ausrichtung von Handeln u n d von Handlungszusammenhängen auf Ziele u n d Zwecke ausdrückt. (Diese Erkenntnis liegt der organisationssoziologischen Definition von Organisation als zweckorientiertem System zugrunde, vgl. R. Mayntz, Soziologie der Organisation, 1963, S. 7, u n d dies., A r t . »Organisation', i n : W. Bernsdorf (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, 2. Aufl. 1969, S. 761 - 764.) Gravierende Unterschiede zwischen dem 19. Jahrhundert u n d der Gegenwart sind jedoch i m Ausmaß u n d vor allem i n der Systematisierung der Zielorientiertheit gegeben, vgl. dazu den weiteren Text. 4 Dies g i l t m i t der bezeichnenden Ausnahme des militärischen Bereichs, w o Strategieüberlegungen u n d Planung sowie auch die besonderen Organisationsformen der Planung (Stäbe!) zuerst i h r e n Platz gefunden haben. 5 Dem entspricht jedoch keineswegs eine vergleichbar starke Zurückdrängung der Wohlfahrtsaufgaben i n der Verwaltungswirklichkeit. Zur »erstaunlichen' K o n t i n u i t ä t i n der deutschen Verwaltungsgeschichte i m H i n blick auf die staatlichen Aufgaben vgl. Th. Ellwein, Einführung i n die Regierungs- u n d Verwaltungslehre, 1966, S. 13 ff., 19 ff., insbes. 2 6 - 3 0 ; ders., Das Regierungssystem der BRD, 3. A u f l . 1973, S. 76 f.; ders., Regierung u n d V e r w a l t u n g T e i l I, 1970, S. 135 ff.; ders. u n d R. Zoll, Z u r E n t w i c k l u n g der 3
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
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menhang nichts anderes, als daß es dem Staat weitgehend verwehrt ist, gesellschaftliche Ziele zu definieren und Standards für gesellschaftliche Verhältnisse zu bestimmen. Die Steuerung der ,Wohlfahrt 4 , die Erreichung einer ausreichenden oder optimalen Versorgung, die Sicherung des Wachstums oder einer geordneten räumlichen Verteilung regeln sich nach dieser Vorstellung von selbst, wenn nur eine Rahmenordnung das auskömmliche Nebeneinander der einzelnen konkurrierenden und sich entfaltenden Handlungssubjekte garantiert. Das auskömmliche Nebeneinander, die Maßbestimmung dafür, daß die Freiheit des einen m i t der des anderen auf einen Nenner gebracht werden kann, ist gesichert, wenn i n einer Rahmen- und Grundordnung die Bedingungen der freien Entfaltung geregelt sind und wenn gewährleistet ist, daß das Verhalten eines jeden einzelnen keine Gefahren für andere m i t sich bringt (Verwaltungsrecht als Recht der Gefahrenabwehr 6 ). I m übrigen rechtfertigen sich nach dem liberalen Modell die stark beschränkten Handlungsmöglichkeiten des Staates nicht etwa durch die Annahme, daß die Gesamtheit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handlungszusammenhänge von extrem geringer Komplexität seien. Sondern entscheidende Teile der Handlungszusammenhänge sollten, nicht zuletzt wegen ihrer vielfältigen Interdependenzen, staatlich nicht geregelt werden, sondern der gesellschaftlichen Selbststeuerung überlassen bleiben. Von i h r erwartete man sich das Optimum an erreichbarer Wohlfahrt und Verwirklichung von Leistungen, Zielen u n d Zwecken, wenn nur die Systementscheidung zugunsten der ungehinderten Entfaltung der freien Kräfte gefallen war. Weil immer die Selbstregelungs- und Selbstordnungsmechanismen des Marktes, der Konkurrenz und der Entfaltung der einzelnen mitgedacht waren 7 , konnten sich die formellen staatlichen Regelungen prinzipiell auf die direkte Verhaltensregelung öffentlichen Aufgaben i n der BRD, 1973, S. 210 ff.; Badura, Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 23 f., 25 ff., 31 ff., 41 ff.; J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt u n d politisches System, 1970, S. 11 - 41, bes. S. 19 ff.; vgl. auch die Nachweise bei H. P. Bull, Die Staatsauf gaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 67 Fn. 69. — Die K o n t i n u i t ä t der Aufgaben w i r d häufig unterschätzt, insbesondere bei zwei Betrachtungsweisen: nämlich einm a l i n der ideengeschichtlichen Perspektive, die die Begrenzung der Staatsaufgaben i m liberalen Denken betont, u n d zum anderen i n juristischen U n t e r suchungen, die die Legalisierung des (eingreifenden) Verwaltungshandelns i m 19. Jahrhundert herausstellen. 6 U n d — aus anderen Gründen — Recht der Abgabenerhebung. Uber die H e r k u n f t des Polizeirechts aus der liberalen Staatsidee vgl. den gleichnamigen Beitrag v o n K. Vogel, i n : FS Wacke 1972, S. 375 ff. 7 Der Ausdruck »Selbststeuerung 4 w i r d hier als K ü r z e l insbesondere auch f ü r die Funktionsweise, aber auch Funktionsschwächen privatwirtschaftlichkapitalistisch organisierter Ökonomie benutzt, w e i l er das i m vorliegenden Zusammenhang allein interessierende F a k t u m der Ausklammerung von gesellschaftlichen u n d Markt-Prozessen aus der staatlichen Steuerung bezeichnet.
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I . 1. Abschn.: Das Handlungsinstrument des Planes
der einzelnen beschränken und diese abstrakt-generell vorwegprogrammieren. Die Ergebnisse des so ermöglichten, ,freigesetzten* Verhaltens der einzelnen, die bewirkten Leistungen für die Gesellschaft, waren als solche nicht zu programmieren, w e i l von ausgewählten und inhaltlich fixierten Zielen her die Regelungs- und Ordnungsprobleme nicht aufgerollt wurden. Der liberale Staat war von seinem Modell und seinem darauf ausgerichteten Staats- und Verwaltungsrecht her agnostisch gegenüber konkreten Zielen 8 und deshalb auch sprach- u n d formenlos i m Hinblick auf die Formulierung von Zielen. 2. Systemtheoretisch gesprochen dominiert i n diesem liberalen Modell die Input-Steuerung: das (gesamtgesellschaftliche) System w i r d an seinem Eingang, am gedanklichen Anfang der Handlungszusammenhänge, bei dem Wirkungen auslösenden Verhalten der vielen einzelnen gesteuert u n d nicht von den zu bewirkenden Leistungen, vom Output her, gelenkt. Die Input-Steuerung sondert negativ bewertetes Verhalten durch Verbote aus, bestimmt durch Erlaubnisse die Voraussetzungen, unter denen ein ansonsten nicht geregeltes Verhalten zugelassen ist, und sorgt durch Gebote dafür, daß gewisse Handlungen und Leistungen stattfinden. Ganz deutlich ist das Ansetzen der Steuerung am Eingang des Handlungssystems bei den Erlaubnissen und Verboten, die positiv und negativ über die Zulassung von Verhalten befinden; sie treffen eine Rahmenordnung i n dem Sinn, daß sie, unter bestimmten Bedingungen, Verhalten freistellen. Ob dieses Verhalten auch tatsächlich verwirklicht wird, wie oft, zu welchem Zeitpunkt und i n welchen Handlungszusammenhängen dies geschieht und welche Ziele u n d Zwecke damit von den einzelnen verfolgt werden, bleibt unberücksichtigt. Entscheidend für den Steuerungsansatz ist, daß dies Verhalten, w a n n immer u n d wo immer es vorgenommen werden soll, n u r unter den geregelten Bedingungen zugelassen ist; alles übrige ist der Selbststeuerung überlassen 9 . 8 So schon treffend Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, § 4 S. 68: E i n Staat m i t einer als gegeben hingenommenen Sozialordnung k a n n einer umfassenden Konzeption der Daseinsgestaltung entraten. — I m liberalen Staatsmodell haben ,Leistungsziele' (achievement goals) keinen Platz; es dominiert die Ordnungsfunktion. Z u diesen Funktionsumschreibungen staatlichen Handelns vgl. R. Jochimsen, Planung i m staatlichen Bereich, B u l l e t i n der Bundesregierung, Nr. 113 v. 23. 7.1971, S. 1236 f., 1242. 9 Gebote ermöglichen demgegenüber theoretisch einen intensiveren Regelungszugriff; sie können das Stattfinden v o n Handlungen u n d einen H a n d lungser/oig sichern. Unter den Bedingungen rechtsstaatlicher Anforderungen an die Bestimmtheit u n d Meßbarkeit auferlegter Pflichten können aber n u r relativ überschaubare Verhältnisse durch Gebote geregelt u n d n u r dort Handlungserfolge gesichert werden, w o die Kausalverhältnisse vollständig bekannt sind, so daß dem Verpflichteten das gebotene Verhalten genau v o r geschrieben werden k a n n u n d v o n i h m nichts »Unmögliches' verlangt w i r d . Deshalb isoliert auch diese Programmierung von Geboten i n der V e r k n ü p -
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
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Diesem Grundverhältnis der Steuerung entspricht formal und programmierungstechnisch die konditionale Struktur der Rechtsetzung. Denn auch für die tatbestandliche Normierung von Verhalten ist, wie Luhmann10 gezeigt hat, systemtheoretisch die Input-Orientierung kennzeichnend, so wie andererseits die Zweckprogramme i n dieser Hinsicht die grundsätzliche Alternative der Output-Orientierung repräsentieren 1 1 . Wichtiger als die generalisierende Entgegensetzung der beiden Programmformen i n ihrer formellen Struktur ist i m vorliegenden staatstheoretischen Zusammenhang, daß die Input-Steuerung i m liberalen Staat eine höchst partielle und punktuelle Steuerung war und gerade deshalb der Ablauf der Gesamtprozesse i n hohem Maße von gesellschaftlichen Selbststeuerungsmechanismen abhängig war. Ein kurzer Hinweis auf den Bereich der Wirtschaft soll weniger das bekannte liberale Grundverständnis der staatsfreien Wirtschaft als das Ausmaß der Überlassung der Regulierung an den M a r k t und die Selbststeuerung illustrieren: Geregelt wurden nach der grundsätzlichen Freigabe der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit und dem Abbau der vielfältigen vorliberalen Schranken einerseits i m Handelsrecht die rechtliche Rahmenordnung der gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen und Vertragstypen, andererseits i n der Gewerbeordnung Gefahren, die von gewerblichen Anlagen und von unzuverlässigen Gewerfung v o n Tatbestand u n d Rechtsfolge relativ kurze Handlungssequenzen. Eine Erweiterung der Steuerungskapazität ist jedoch dadurch möglich, daß Gebote u n d Verbote, als planakzessorisches I n s t r u m e n t a r i u m konstruiert werden u n d dadurch auf deren inhaltliche Programmierungsleistungen Bezug nehmen können, w i e i m Städtebaurecht die Abbruchs- u n d Baugebote (vgl. ursprünglich §§ 19, 20 i. V. m. § 10 S t B F G a. F. u n d jetzt die §§ 39 b ff. B B a u G 1976). Z u m planakzessorischen I n s t r u m e n t a r i u m s. unten § 9 I I I . 10 N. Luhmann, Zweckbegriff u n d Systemrationalität, 1968, S. 58 - 71, insbes. S. 68 ff. m i t Ausführungen dazu, daß i m m e r beide A r t e n der Programmierung erforderlich sind. F ü r L u h m a n n enthält die Formel v o m Rechtsu n d Sozialstaat den Versuch einer Balance v o n K o n d i t i o n a l - u n d Zweckprogrammen, S. 70 f. — L u h m a n n hat i n seinen zahlreichen Schriften den Gegensatz zwischen K o n d i t i o n a l - u n d Zweckprogramm m i t unterschiedlichen Ansätzen begründet, vgl. dazu i m einzelnen W. Schmidt, AöR Bd. 96 (1971), S. 331 f. m i t Fn. 43 - 45. Der systemtheoretische Erklärungsansatz findet sich aber schon i n der ersten einschlägigen Veröffentlichung Luhmanns zu diesem Thema, i n : ders., Lob der Routine, V e r w A Bd. 55 (1964), S. 7 f.; auch i n : ders., Theorie der Verwaltungswissenschaft, 1966, S. 87, u n d vor allem auch i n : ders., Zweckbegriff u n d Systemrationalität, S. 68. Dabei betont L u h m a n n jeweils, daß die Programmdefinition an zwei u n d n u r an zwei Punkten ansetzen kann, eben deshalb, w e i l Programme n u r entweder den Eingang (input) oder den Ausgang (output) des Systems z u m Bezugspunkt nehmen k ö n nen. 11 Weiterführende verwaltungswissenschaftliche Überlegungen zum Z u sammenhang zwischen den K o m m u n i k a t i o n s - u n d Programmformen (des K o n d i t i o n a l - u n d des Zweckprogramms) einerseits u n d dem Steuerungstyp u n d den Steuerungsinstrumenten andererseits bei Κ . König, Programmsteuer u n g i n komplexen politischen Systemen, Die V e r w a l t u n g Bd. 7 (1974), S. 137 ff., insbes. S. 141 - 150. 4 Wahl I
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
betreibenden ausgehen, daneben Mindeststandards für die Ausbildung und Befähigung. Andere Gesetze wie die Steuer- und Zollgesetze setzten an anderen punktuellen Regelungsbereichen des wirtschaftlichen Handelns an. I m übrigen blieben der entscheidende systemerhaltende und -entwickelnde Beitrag der Wirtschaft zur Erzielung eines ausreichenden und steigenden Sozialprodukts, aber auch andere Folgen wie die Sogwirkung wirtschaftlicher Zusammenballungen auf die Bevölkerung und auf die Entstehung von Verdichtungsräumen, außerhalb der Systemsteuerung 12 . Zusammengenommen ergibt sich: Einzelne Verhaltensausschnitte sind — entsprechend den rechtsstaatlichen Vorhersehbarkeits- und Bestimmtheitsgeboten — sehr detailliert geregelt; die Systemfolgen des Verhaltens der vielen einzelnen sind ermöglichte, teils erwünschte, teils nicht-erwünschte, jedenfalls aber nicht gesteuerte Wirkungen und Leistungen. Geregelt w i r d partiell und eher fragmentarisch das Verhalten der vielen einzelnen i m Mikrober eich; die Folgen i m Makrobereich liegen außerhalb der Regelung. Für die Steuerung i m liberalen System sind die umfangreichen Bereiche gesellschaftlicher Selbststeuerung die notwendige Ergänzung zu den beschränkten staatlichen Handlungsmöglichkeiten. Dieses Komplementärverhältnis bestimmt auch den beschränkten Anwendungsbereich und den Inhalt der Handlungsformen 1 3 . Sie sind auf die Verknüpfung von relativ überschaubaren Handlungsabläufen beschränkt. Ermöglicht ist diese Spezifizierung auf Mikroentscheidungen und auf ihre Programmierung dadurch, daß Systemwirkungen und Systemzusammenhänge anders, durch M a r k t und Konkurrenz, gesteuert sind. Die Programmierung komplexer Prozeßsteuerungen ist dem staatlichen Handeln weitgehend abgenommen; sie stellt damit auch keine Anforderung an die Handlungsformen. 3. Die inzwischen nachhaltig eingetretenen Änderungen des liberalen Staatsverständnisses implizieren Veränderungen dieses Komple12 M i t diesen Beispielen ist zugleich der Bezugsrahmen angedeutet, innerhalb dessen hier von System u n d Systemzielen gesprochen w i r d . Da der Systembegriff auf beliebige Handlungszusammenhänge angewendet werden kann, sind auch die Kennzeichnungen der I n p u t - u n d Output-Orientierung i n hohem Maße generalisierbar u n d auf sehr unterschiedliche »Systeme' anwendbar. I m folgenden werden die — Undefinierten — Begriffe der M a k r o u n d Mikroentscheidungen (oder der M a k r o - u n d Mikroebene) verwendet, wobei die Mikroebene auf die Ebene der Handlungen einzelner Personen und die Makroebene auf Handlungszusammenhänge i m gesamtgesellschaftlichen System zielen. — I n seiner Schrift: Rechtssystem u n d Rechtsdogmatik, 1974, S. 25 - 30, wendet Luhmann die Unterscheidung v o n I n p u t - u n d O u t p u t Orientierung auf das Rechtssystem an u n d begreift Forderungen nach der Fotgenorientierung juristischer Konfliktlösungen als Output-Orientierung des Rechtssystems. 13 So schon Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1953, S. 21, u n d ders., i n : Planung I I I , S. 21.
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
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mentärverhältnisses u n d stellen deshalb auch ganz andere Programmierungsaufgaben. I n der Charakterisierung eines gewichtigen Teils der neuen Staatsaufgaben als Ersetzung von Selbstregulierungsmechanismen durch staatliche Steuerung 14 w i r d der i m vorliegenden Zusammenhang entscheidende Punkt deutlich. M i t dem Versagen der Selbststeuerung 15 entfällt i n den betreffenden Sachbereichen eine Zusatzbedingung, die für die inhaltliche Beschränkung der Handlungsformen auf überschaubare Handlungsabläufe und kurze Handlungsketten ausschlaggebend war. Der Staat übernimmt i n dieser Situation nicht nur neue Aufgaben; dabei ist nicht nur einem verstärkten quantitativen Bedarf an Programmierungen der bisherigen A r t zu genügen, sondern ersetzt werden müssen vor allem die bisher ausgeklammerten Steuerungsvorgänge, die die System Wirkungen vermitteln 1 6 ; ,Ersetzung', das heißt Überdeterminierung und (Um-)Lenkung der komplexen W i r kungszusammenhänge, i n denen die Vielzahl der Handlungen einzelner Subjekte Gesamtwirkungen i m System auslösen. Weil (einige) Ergebnisse des freigesetzten gesellschaftlichen Handelns untragbar geworden sind, vor allem i m Bereich der gesamtwirtschaftlichen Konjunkturabläufe, der räumlichen Entwicklung, der Umweltsituation, der Vermögensverteilung, können die bewirkten Zustände nicht mehr außerhalb des staatlichen Steuerungsbereichs und der öffentlichen Verantwortung bleiben. Der liberale Agnostizismus gegenüber konkreten Systemzielen und -leistungen muß aufgegeben werden, gesellschaftliche Ziele und Leistungsniveaus müssen erstmals explizit 1 7 gemacht werden, also aus14 V. Ronge, Politikökonomische Planungsforschung, i n : Ronge / Schmieg (Hrsg.), Politische Planung i n Theorie u n d Praxis, 1971, S. 145 f. i m A n schluß an Leibfried / Quilisch, Planung i m Sozialstaat, Atomzeitalter 1967, S. 553 f., u n d J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt, S. 55 f., 109 f.; vgl. auch R. Wahl, Der Staat Bd. 11 (1972), S. 465; Jochimsen, i n : Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung ,Das Parlament 4 , Β 40/ 1974, S. 12. 15 Genauer: aus der Einsicht i n das schon i m m e r angelegte Ungenügen der gesellschaftlichen Selbststeuerung i n dem i m 19. Jahrhundert v e r w i r k l i c h t e n Ausmaß. Daß die Abnahme des Vertrauens i n die Selbststeuerung zur U m stellung auf (verstärkte) Output-Orientierung führt, deutet Luhmann, a.a.O., S. 29 an, w e n n er das Prinzip der Vertragsfreiheit als (implizites) I n s t r u ment der Folgenkontrolle versteht u n d sein partielles Fraglichwerden m i t der Umorientierung juristischer Argumentation auf eine (explizite) Folgenorientierung i n Verbindung bringt. 16 Die ,black box 4 , i n der sich die Umsetzung der Inputs i n Outputs v o l l zieht, muß aufgehellt werden. 17 Das Explizitwerden der Zielsetzungs- u n d Zielkonkretisierungsprozesse ist der entscheidende Unterschied gegenüber einem Handeln, das zwar auch zielorientiert ist, bei dem die Zielfindung u n d -konkretisierung aber i m p l i z i t bleibt u n d das deshalb i m Grad seiner Zielorientiertheit u n d i n der M a x i m i e r u n g der Zielverwirklichung auf relativ enge Grenzen stößt; allgemein zur F u n k t i o n explizit formulierter Zielsysteme R. Mayntz, Thesen zur Steuerungsfunktion von Zielstrukturen, i n : Mayntz / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, 1973, S. 91 - 97.
4*
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
gewählt, definiert und verbindlich gemacht werden. Von den Zielen als zu bewirkenden Leistungen her sollen bestimmte Sachbereiche gesteuert werden. Deshalb erfordert die (partielle) Ersetzung der Selbststeuerung die verstärkte und systematisierte Output-Orientierung der staatlichen Steuerung. Damit ist aber nicht nur eine Änderung der Steuerungsrichtung, sondern vor allem eine deutliche Steigerung der staatlichen Steuerungsleistungen geboten 18 . Diese Forderung nach erhöhter Steuerungsintensität und Zielorientiertheit leitet sich — und dies sei zur Vermeidung von Mißverständnissen betont — nicht aus der unrealistischen Vorstellung einer Gesamtsteuerung nach einem einheitlichen, umfassenden und widerspruchsfreien Zielsystem ab 1 9 ; sondern erhebliche Steigerungen der staatlichen Steuerungskapazität sind allein schon deswegen notwendig, u m i n so komplexen gesellschaftlichen Problemlagen wie i n den erwähnten Bereichen die negativen (externen) Effekte des ungesteuerten individuellen und gesellschaftlichen Handelns zu korrigieren. Z u diesem Zweck w i r d sich die staatliche Steuerung selbstverständlich nach wie vor auch der direkten Verhaltensregelung bedienen und dieses Steuerungsinstrument, gerade i m Zeichen der Zielorientiertheit, i n den Bereichen effektvoll einsetzen und zur Geltung bringen können, wo relativ sicher vorausgeschätzt werden kann, daß sich das individuelle Handeln i m Sinne und als Beitrag zur Zielverwirklichung auswirkt. Daneben erfordert aber die Output-Orientierung andere Steuerungsinstrumente 20 und qualitativ andere Programmie18 Dazu — i n einem verwandten Zusammenhang, nämlich zur I n p u t - oder Output-Orientierung des Rechtssystems — Luhmann, Rechtssystem u n d Rechtsdogmatik, 1974, S. 2 5 - 3 0 ; dort auch (S. 27 u n d 30) die hier interessierende Hypothese: „Sozialsysteme, die sich auf Prozesse der Verarbeitung v o n eingehenden Informationen spezialisieren, werden einen weniger k o m plexen Apparat an kognitiven Kategorien, Entscheidungsprogrammen u n d organisatorischen Vorkehrungen benötigen als solche, die ihre U m w e l t i n bestimmte Richtungen verändern wollen." — Die Erhöhung der Steuerungskapazität des politisch-administrativen Systems g i l t i n der systemtheoretisch orientierten Politikwissenschaft als die strategisch wichtige Voraussetzung aktiver P o l i t i k i n der Gegenwart, vgl. dazu H. Schatz, i n : Mayntz / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, 1973, S. l l f f . , 15ff.; dies., ebd., S. 115ff. 19 Daß die Vorstellung eines vollständigen widerspruchsfreien Zielsystems eine unzulässige Extrapolation begrenzt positiver Erfahrungen i n Teilbereichen darstellt, haben zu Recht betont: Scharpf / Mehw aid / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, 1974, S. 27 f.; zur Problematik des Zielsystembegriffs auch U. Brösse, Raumordnungspolitik, 1975, S. 12 f. u n d insgesamt der Abschnitt über Ziele der Raumordnungspolit i k ebenda, S. 9 - 46, sowie ders., Ziele i n der Regionalpolitik u n d i n der Raumordnungspolitik, 1972, S. 34ff.; ders., Raumordnungspolitik als integrierte Entwicklungspolitik, 1975, S. 115 ff. 20 Die Output-Orientierung b r i n g t eine Tendenz zu intensiveren Formen der Aufgabenwahrnehmung m i t sich; intensiver bezogen auf eine Skala w i e bei H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 214 f.: (Rahmen)Regelung, Gewährleistung, Förderung, L e n k u n g u n d eigene A u s -
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
53
rungsleistungen, u m den konzeptionellen Ansatz bei den Zielen u n d die A u s r i c h t u n g des v i e l f ä l t i g e n a d m i n i s t r a t i v e n H a n d e l n s a n diesen Zielen i n verbindlichen Handlungsinstrumenten abbilden zu können. Dies i s t i m f o l g e n d e n n ä h e r z u b e g r ü n d e n , u n d z w a r u n t e r sachlicher B e s c h r ä n k u n g a u f d e n B e r e i c h d e r r ä u m l i c h e n O r d n u n g . Diese E i n g r e n z u n g i s t e r f o r d e r l i c h , w e i l sich die o u t p u t o r i e n t i e r t e S t e u e r u n g i n d e n verschiedenen Sachbereichen sehr u n t e r s c h i e d l i c h d a r s t e l l t : d i e A r t u n d Intensität der öffentlichen V e r a n t w o r t u n g sind i m Bereich der W i r t s c h a f t s l e n k u n g anders als b e i d e r B e e i n f l u s s u n g d e r r ä u m l i c h e n O r d n u n g ; insbesondere i s t d e r E i n s a t z d e r S t e u e r u n g s i n s t r u m e n t e — direkte Verhaltensregelung, indirekte Verhaltensbeeinflussung und eigene L e i s t u n g s e r b r i n g u n g — d u r c h d i e A d m i n i s t r a t i o n i n d e n e i n z e l nen Politikbereichen schwerpunktmäßig verschieden21. I I . 1. D i e F i x i e r u n g e r w ü n s c h t e r S y s t e m z i e l e a l l e i n w ü r d e d i e U m schaltung der staatlichen Steuerung i n den genannten Gebieten auf O u t p u t - O r i e n t i e r u n g nicht erfordern. W e n n die Wirkungszusammenhänge z w i s c h e n d e m H a n d e l n d e r e i n z e l n e n a u f d e r M i k r o e b e n e u n d d e n sich e i n s t e l l e n d e n k o m p l e x e n Systemergebnissen a u f d e r M a k r o führung. Vgl. auch die Unterscheidung von Scharpf, Probleme der politischen Aufgabenplanung, i n : Handbuch der Verwaltung, Heft 2.3, S. 4 f.; er nennt 3 A r t e n v o n Steuerungsinstrumenten: 1. direkte Verhaltenssteuerung, 2. i n d i rekte Verhaltenssteuerung mittels positiver u n d negativer Anreize, und 3. die eigene Leistungserbringung durch das politische System. 21 Z u den verschiedenen A r t e n der Steuerungsinstrumente vgl. Fn. 20. — Erhebliche Unterschiede i m Einsatz von Steuerungsinstrumenten bestehen zunächst v o r allem zwischen dem Politikbereich soziale Sicherheit u n d den Aufgaben i m Hinblick auf die räumliche Ordnung, die U m w e l t u n d das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht. Z w a r sind a l l diese Politikbereiche wegen des Ausbleibens von befriedigenden Ergebnissen bei der gesellschaftlichen Selbststeuerung i n öffentliche Verantwortung genommen worden. Aber n u r bei der zweiten Gruppe bedarf es der Steuerung langer u n d komplexer Prozesse durch Planung. Die soziale Sicherung k a n n bewältigt werden durch die Erhebung von Abgaben u n d von Beiträgen u n d durch die Erbringung v o n spezifizierten Leistungen an jeden, der bestimmte Einkommensgrenzen nicht übersteigt. Diese Leistungsverhältnisse verbleiben damit i n i h r e m G r u n d m u ster innerhalb des Rahmens des traditionellen Verwaltungsrechts (so zu Recht Brohm, W D S t R L 30 (1972), S. 257 ff.). — Bei den anderen Aufgaben erfordert dagegen die Steuerung von umfassenden Prozessen planerische Anstrengungen, w e n n auch i n unterschiedlicher Intensität. I m Bereich der Wirtschaft w i r d derzeit i n der Bundesrepublik i n erster L i n i e m i t indirekten M i t t e l n des finanziellen Anreizes u n d der Subventionierung, daneben m i t strategischer Planung i m Bereich der Globalsteuerung gearbeitet (Fn. 24). B e i m Umweltschutz hat die direkte Verhaltensregelung einen relativ hohen Stellenwert (vgl. Fn. 22). Eine Steigerung der direkten Verhaltensregelung i m Zusammenhang der Raumordnungspolitik, etwa Investitionsverbote i n B a l lungsräumen, ist selbstverständlich denkbar (vgl. entsprechende Vorschläge bei F. Scharpf, Politische Bedingungen der Wirksamkeit raumordnerischer Steuerungsinstrumatik, Raumforschung u n d Raumordnung 1976, S. 293); sie müßte aber vermutlich auf den vorhandenen u n d noch zu steigernden planerischen Leistungen aufbauen.
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
ebene durchsichtig und bekannt wären, könnten die Systemziele unmittelbar als Maßstäbe normiert werden, nach denen das Verhalten jedes einzelnen auf sein Erlaubt- oder Verbotensein überprüft würde 2 2 . Das Ziel, eine bestimmte räumliche Ordnung i m Verhältnis von Verdichtungsgebieten und ländlichen Räumen zu erreichen, wäre so durch direkte Steuerung des Verhaltens einzelner, die einen Wohnsitz begründen oder eine Arbeitsstätte errichten wollen, zu bewirken. I n einer Verhaltenssteuerung nach dem Typ des Verbots m i t Erlaubnisvorbehalt würden die Systemziele, die Ziele der angestrebten räumlichen Ordnung, als Tatbestandsmerkmale und Maßstäbe für die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis fungieren. Ein theoretisch denkbarer Versuch einer solchen direkten Verhaltenssteuerung wäre jedoch aus mehreren Gründen illusorisch und sachlich unangemessen, ganz abgesehen von der hier zunächst außer Betracht bleibenden verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit wegen der beträchtlichen unnötigen Einbußen an Freiheit. E i n solcher Versuch wäre illusorisch, w e i l es derzeit keine raumwissenschaftliche Theorie der gesellschaftlichen Raumnutzung gibt, die die Zusammenhänge zwischen dem raumrelevanten Verhalten des einzelnen und der entstehenden gesamträumlichen Ordnung erklären könnte 2 3 . Der Übergang von der Mikroebene des individuellen Verhaltens zu den Makrozuständen ist hier, wie auch i n anderen Bereichen, wissenschaftlich derzeit nicht i m einzelnen nachzuvollziehen; es bleibt ein entscheidender Sprung i m Ableitungszusammenhang. Des weiteren wäre ein solches Vorgehen sachlich verfehlt, weil es eine beträchtliche Übersteuerung bedeuten 22 Diese Situation ist ζ. T. i m Bereich des Umweltschutzes gegeben, n ä m lich insoweit, als einzelnes Verhalten als schadenstiftende Ursache isoliert werden k a n n u n d dieses Verhalten verboten oder durch Internalisierung der externen Kosten i n die Marktprozesse begrenzt werden kann. I n diesem Bereich f ü h r t deshalb U m w e l t p o l i t i k zu erheblichen Zunahmen v o n direkter Verhaltensregelung. Schwierig u n d ungelöst sind dagegen die Fälle, wo das Zusammentreffen mehrerer f ü r sich als tolerabel geltender Beeinträchtigungen Umweltgefahren hervorruft. Bezeichnenderweise versagt hier der V e r such der direkten Verhaltensregelung durch f ü r alle geltende Vorschriften, sondern hier müssen Verteilungsmodelle einsetzen, die ein Gesamtmaximum der Umweltbeeinträchtigung festsetzen u n d jedem der Verursacher einen A n t e i l zuweisen (vgl. dazu die Vorschläge der Arbeitsgruppe ,Wasserrecht 1 des Innenausschusses des B T für Bewirtschaftungspläne i m Wasserrecht, siehe: woche i m bundestag, 1975, Ausgabe 21, T e i l I I , S. 154, u n d jetzt die Regelungen über die Wasserbewirtschaftungspläne i n § 36 b W H G i. d. F. v o m 26. A p r i l 1976 — B G B l . I, S. 1109). 23 Z u m Defizit des theoretischen Wissens statt vieler D. Storbeck, G r u n d fragen u n d E n t w i c k l u n g der Raumplanung i n der BRD, i n : B. Schäfers (Hrsg.), Gesellschaftliche Planung, 1973, S. 257: „Es fehlen bisher eine Theorie der gesellschaftlichen Raumnutzung u n d eine darauf aufbauende Theorie der Raumplanung, die vor allem Aussagen über die Wirkungsweise von Instrumenten der Raumplanung geben müßte" (Hervorhebung n u r hier). Ausführlich zum Fehlen ausreichender theoretischer Grundlagen am Beispiel der Konzepte zur Siedlungsstruktur unten 3. Hauptteil, §§ 24 ff.
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
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würde. So sicher nämlich der einzelne, um i m Beispiel zu bleiben, beim Bauen Einschränkungen aus den Gesichtspunkten der Raumordnung hinnehmen muß, so wenig ist es einsichtig, daß jeweils das konkrete und punktuelle Einzelverhalten m i t seinen begrenzten Wirkungen die raumordnerisch gebotene Ordnung stört oder berührt. Nicht der einzelne Bau oder die einzelne Wohnsitzbegründung oder gewerbliche Ansiedlung ist i m allgemeinen unter systembezogenen raumordnerischen Gesichtspunkten relevant, sondern erst Aggregate oder Mengen solchen Verhaltens, die sich i n der Entwicklung von ganzen Baugebieten oder Gewerbegebieten ausdrücken. U n d nicht einmal auf diesem Aggregierungszustand ist regelmäßig der raumordnerische Bezug schlechthin gegeben, sondern einzelne Bau- oder Gewerbegebiete sind für die Bauleitplanung und allenfalls für die Regionalplanung von I n teresse; die großräumige Raumplanung i m gesamten Landes- bzw. Bundesgebiet nimmt solche Entwicklungen nur insofern zur Kenntnis, als sich i n ihnen ζ. B. Änderungen i n der Siedlungsstruktur wie Abweichungen von der erwünschten Größe und Funktion des Ortes niederschlagen oder gesamträumliche Verteilungsvorstellungen i m Verhältnis Verdichtungsraum — ländliche Räume betroffen sind. Das geschilderte Beispiel macht die Notwendigkeit und die Eigenart der Output-Orientierung i n ihrer gegenwärtig i m Vordergrund stehenden Erscheinungsform deutlich. Die Vorstellung einer räumlichen Ordnung eines Landes läßt sich nur auf einer angemessen abstrakten Ebene ausdrücken und formulieren (,konzeptualisieren'). Dementsprechend sind die Ziele der räumlichen Ordnung für hochaggregierte Bezugsgrößen zu formulieren 2 4 . I n dieser Notwendigkeit drückt sich der entscheidende Grundsachverhalt der weiten Distanz der Handlungszusammenhänge zwischen dem Einzelverhalten und der Makroebene 25 , 24 Ä h n l i c h setzt die Globalsteuerung der Wirtschaft an den hochaggregierten Größen des makroökonomischen magischen Vierecks an (vgl. zur Kennzeichnung als strategischer Planung E. Stachels, Das Stabilitätsgesetz i m System des Regierungshandelns, 1970, S. 106, S. 98 ff. u n d zu den daraus folgenden Schwierigkeiten für die Dogmatik ebd. S. 114 ff., 124 ff. sowie Seidler, Rechtsschutz bei staatlicher Wirtschaftsplanung, 1973, S. 46 ff., 53 ff.). Wie bei der Raumordnungspolitik ist dieser Ansatz nicht m i t der Disposition des Staates über die Ursachen der wirtschaftlichen bzw. r ä u m lichen Prozesse verbunden, u n d i m Gegensatz zu i h r fehlt bei der gesamtwirtschaftlichen Steuerung der administrative ,Unterbau', durch den u n d i n dem die Systemziele auf der Makroebene für einzel·wirtschaftliche Sektoren, Regionen oder letztlich auch für einzelne Unternehmen disaggregiert werden. Darauf, daß außerdem i n der Bundesrepublik i m Vergleich zum angelsächsischen Bereich die direkte staatliche Regelung gegenüber der Wirtschaft relativ unterentwickelt ist, hat Scharpf, i n : Handbuch der Verwaltung, Heft 2.3, S. 4 f. aufmerksam gemacht. 25 Κ König, Programmsteuerung i n komplexen politischen Systemen, Die V e r w a l t u n g Bd. 7 (1974), insbes. S. 144 - 146. Das Problem der langen H a n d lungsketten u n d der weiten Interdependenzen ist f ü r L u h m a n n ein zentrales
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
auf der die Systemziele (des gesamtgesellschaftlichen Systems) definiert werden, aus. Da diese Distanz (derzeit 26 ) nicht auflösbar ist, kann die Steuerung nicht an den einzelnen Ursachen der auf der Makroebene wahrnehmbaren Systemzustände ansetzen und durch treffsichere Verhaltenssteuerung der einzelnen Handlungssubjekte die Verwirklichung erwünschter Ziele sicherstellen. Die weite Distanz erfordert die Umstellung auf Output-Orientierung der Steuerung: i n i h r werden die Ziele explizit ausformuliert und — zusammen m i t fragmentarischen Vorgaben über mögliche Wege der Zielerreichung — als Sollanforderungen an die Administration und deren einzelne Handlungssubjekte adressiert; diese haben ihre Maßnahmen, Programme und Steuerungsleistungen als M i t t e l zur Zielverwirklichung einzusetzen 27 . Die Verantwortung für die Erreichung der i n hochaggregierten Größen formulierten Ziele w i r d damit, wenn man so w i l l , aggregierenden Institutionen übertragen, die infolge ihres hohen Organisationsgrades und hoher Organisationsleistungen umfangreiche Handlungszusammenhänge überhaupt erst ansprechbar, partiell verfügbar und manipulierbar machen 28 . Entwickelte Output-Orientierung, die immer mehr Interdependenzen erfassen und deshalb gedanklich bei immer weiter vermittelten Systemzielen ansetzen muß, bedarf zur Abarbeitung der weiten Distanz mehrfacher Schritte und Stufungen. Innerhalb der stark differenzierten A d ministration 2 0 müssen die hochstufigen Systemziele ,heruntergebrochen 1 werden und konkretere und sachhaltigere Ziele bestimmt werden, die Orientierungspunkte für immer konkretere Verwaltungsprogramme bieten können; darauf ist noch ausführlich zurückzukommen 30 . Problem, u n d die — von i h m behauptete — Unfähigkeit des Rechtsdenkens bzw. der dogmatischen Kategorien, sie zu erfassen, ist f ü r i h n einer der Gründe f ü r die Rechtsferne der Planung, vgl. Luhmann, Politische Verfassungen i m K o n t e x t des Gesellschaftssystems, Der Staat 12 (1973), S. 20. 29 Es spricht sogar vieles f ü r die verschärfte These, daß diese Distanz i n einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung m i t grundrechtlich gesicherten Entfaltungsmöglichkeiten f ü r die einzelnen u n d organisationsrechtlich gesicherten Gestaltungsspielräumen verschiedener administrativer Einheiten (Bund, Länder, Gemeinden, sonstige Selbstverwaltungskörperschaften, Ressorts) überhaupt nicht auflösbar ist. 27 Ähnlich begründet auch Steinberg, Evaluation als neue F o r m der K o n trolle, Der Staat Bd. 15 (1976), S. 190 f. die Erforderlichkeit v o n Zweckprogrammen m i t der mangelnden Kenntnis der Kausalbeziehungen. 28 F. Tenbruck, A r t . »Planung 4 , in:1staatslexikon, 6. A u f l . Bd. 10, Sp. 885 ff. (insbes. Sp. 892); ders., Z u einer Theorie der Planung, i n : FS Westdeutscher Verlag, 1967, S. 122 ff.; beide Schriften — i n teilweise neuer Fassung — jetzt i n ders., Z u r K r i t i k der planenden Vernunft, 1972, S. 17 ff., 141 ff. 29 Die starke Differenzierung sichert der A d m i n i s t r a t i o n eine hohe Eigenkomplexität u n d ist deshalb i m Prinzip f u n k t i o n a l erforderlich. Z u r N o t w e n digkeit u n d den strukturellen Folgen der Differenzierung politischer Zielu n d Handlungssysteme u n d entsprechender institutioneller Differenzierung vgl. Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen 1974, S. 25 ff., 29, 33 ff.
§ 6 A l t e r n a t i v f o r m e n der Systemsteuerung
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2. M i t dieser Umkehrung der grundsätzlichen Steuerungsrichtung i n den Bereichen der Planung, m i t der Orientierung auf Ziele und an Zielen w i r d jedoch andererseits nicht die Gesamtheit der Handlungszusammenhänge und -prozesse materiell verfügbar und determinierbar, w e i l die erwähnten prinzipiellen Schwierigkeiten, die genauen Wirkungszusammenhänge zu erkennen und zu beschreiben, nicht beseitigt sind 3 1 . Die Output-Orientierung kann das Faktum unvollständigen Wissens über die Verknüpfung zwischen Makro- und Mikrobereich nicht beheben, kann die unübersehbaren Zusammenhänge nicht von den Zielen her treffsicher und genau steuern und so das gesamtgesellschaftliche System oder einzelne Sachbereiche ,νοη hinten her aufrollen'. Die Unvollständigkeit des Wissens hat die Unvollständigkeit der Steuerungsmöglichkeit zur Folge. Unter den gegebenen Bedingungen unvollständigen Wissens ist deshalb auch die Steuerung der Zielverwirklichungsprozesse nie vollständig; Ziel-Mittel-Verknüpfungen sind nicht v o l l durchprogrammiert, nicht v o l l durchprogrammierbar. Wenn z.B. ein Raumordnungsplan als Ziel festlegt, daß ein bestimmter Ort zu einem zentralen Ort einer bestimmten Stufe ausgebaut oder eine zurückgebliebene Region zu einem bestimmten Standard entwickelt werden soll, so ist diese Zielsetzung immer vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, daß derzeit keine Theorie verfügbar ist, die angeben könnte, durch welche Bündel von konkreten Maßnahmen dies Ziel i n einer bestimmten Zeit erreicht werden könnte. I n der Planungspraxis finden sich auch keine Beispiele dafür, daß der Anspruch der vollständigen Durchprogrammiertheit erhoben würde. Gestaltungsspielräume für zielgebundene Planungsträger innerhalb eines vorgegebenen Rahmens sind deshalb i n den Prozessen der Zielverwirklichung nichts A u f fälliges, sondern i m Gegenteil die Regel. Vor allem bei inhaltlich umfassenderen Planungen, bei ressortübergreifenden Bereichs- und Gesamtplanungen werden die vielfältig bestehenden Interdependenzen längst nicht i n ihren Einzelheiten, sondern allenfalls i n ihrer Grundstruktur berücksichtigt werden. Die Verarbeitung der restlichen und oft gewichtigen Probleme und der verbleibenden Komplexität w i r d dann Planungs- und Verwaltungsträgern übertragen, die durch rahmenartige Ziele gebunden sind, die aber andererseits m i t selbständigen Gestaltungsspielräumen ausgestattet sind; aus Gründen der Problem30
Vgl. unten § 7 I I 2. Deshalb f ü h r t es auch nicht weiter, w e n n m a n entgegen dem hier entwickelten Verständnis Pläne als Verhaltensregelung für A m t s w a l t e r i n den einzelnen administrativen Einheiten interpretiert. Wegen der schwerwiegenden Lücken i m theoretischen Wissen über die Zusammenhänge unterscheidet sich diese »Verhaltensregelung 4 der A m t s w a l t e r von der direkten V e r h a l tensregelung der einzelnen Bürger dadurch, daß sie nicht klare Präskriptionen von konkretem Verhalten, sondern die Angabe von Zielen u n d von relat i v pauschal gehaltenen Aufträgen enthält. 31
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
Verarbeitungskapazität muß die Konkretisierung auch nachgeordneten Einheiten übertragen werden. 3. Zusammenfassend läßt sich — i n pointierter Form — die Gegenüberstellung treffen: I m liberalen Modell des 19. Jahrhunderts t r i t t die Input-Steuerung, die Steuerung des Verhaltens der einzelnen, stark hervor, w e i l weite Bereiche den gesellschaftlichen Selbstregulierungsmechanismen überlassen bleiben. Der Sozialstaat, der auf Sozialgestaltung abzielt und insbesondere i n den Bereichen versagender Selbstregulierung Aufgaben übernimmt, ergänzt und überformt die Verhaltenssteuerung u. a. durch Planung. Der Sozialstaat w i l l durch Planung die vielfältigen A k t i v i t ä t e n der staatlichen Administration sowie durch sie letztlich auch mittelbar das Verhalten der einzelnen von gesellschaftlichen Zielen her steuern, wobei wegen der prinzipiellen Unableitbarkeit konkreter Mikroentscheidungen aus Makroentscheidungen und umgekehrt Gestaltungsspielräume der vielen staatlichen Akteure i m Prozeß der Zielverwirklichung bestehen bleiben, ganz abgesehen von den Handlungsspielräumen, die den einzelnen als Grundrechtsträgern bleiben (und bleiben müssen). I I I . Input- und Output-Orientierung sind zwei Grundmuster der Systemsteuerung und i n einem politischen System immer zugleich erforderlich 32 . Der eine Steuerungsansatz macht den anderen nicht überflüssig. Dies gilt für das 19. Jahrhundert genauso wie für die Gegenwart; dies hervorzuheben ist erforderlich, u m mögliche MißVerständnisse zu vermeiden 3 3 . So hat insbesondere i m 19. Jahrhundert die Verwaltung auf die unmittelbare Verfolgung von Zielen durch gestaltende Tätigkeit nicht verzichtet, sondern vornehmlich i m Infrastrukturbereich durch den Bau von Straßen, Eisenbahnen und Kanälen, aber 32 Vgl. dazu Luhmann, Zweckbegriff u n d Systemrationalität, S. 6 9 - 7 0 ; ders., Rechtssystem u n d Rechtsdogmatik, S. 25 ff. 33 I n der Absicht der bisherigen u n d weiteren Ausführungen liegt es w e der, eine Theorie der Systemsteuerung zu entwickeln, noch, eine Realanalyse der Steuerungsformen i m 19. u n d 20. Jahrhundert vorzunehmen. I m H i n blick auf die bisher pointiert vorgenommene Darstellung erscheint der H i n weis darauf wichtig, daß I n p u t - u n d Output-Orientierung nicht als zeitlose oder sich ausschließende u n d einander ablösende Steuerungsinstrumente verstanden werden (können). Nicht die Ausschließlichkeit der einen oder der anderen Steuerungsform, sondern die konkreten Erscheinungsformen u n d i h r Verhältnis zueinander unterscheiden die einzelnen Epochen. A u f eine solche Schwerpunktverlagerung zwischen den Steuerungsinstrumenten zielt die angestellte Gegenüberstellung von 19. u n d 20. Jahrhundert. Dem liegt die These zugrunde, daß die verschiedenen Funktionen, die die spezifische Input-Steuerung des 19. Jahrhunderts u n d die spezifische Output-Orientier u n g der Gegenwart i m Rahmen der gesamten Systemsteuerung einnehmen, unterschiedliche Rahmenbedingungen f ü r das staatliche Handeln, seine Handlungsinstrumente u n d damit auch f ü r die verwaltungsrechtlichen Handlungsformen setzen.
§ 6 Alternativformen der Systemsteuerung
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auch v o n K r a n k e n h ä u s e r n u n d S c h u l e n w i c h t i g e G r u n d l a g e n u n d A b s i c h e r u n g e n f ü r d i e A u s b i l d u n g u n d d i e E n t f a l t u n g des p r i v a t w i r t schaftlichen Sektors geschaffen. W e n n t r o t z d e m die gestaltende T ä t i g k e i t f ü r das V e r w a l t u n g s r e c h t u n d f ü r d i e E n t w i c k l u n g v e r w a l t u n g s rechtlicher K a t e g o r i e n k e i n e B e d e u t u n g g e h a b t h a t , d a n n b e r u h t dies a u f z w e i G r ü n d e n : n ä m l i c h z u m e i n e n a u f d e r b e s c h r ä n k t e n sachlichen R e i c h w e i t e dieser g e s t a l t e n d e n A k t e , d i e als p u n k t u e l l e G e s t a l t u n g e n bezeichnet w e r d e n k ö n n e n , u n d z u m a n d e r e n a u f d e r E i g e n a r t des k o n s t i t u t i o n e l l e n V e r w a l t u n g s r e c h t s , B e z i e h u n g e n des Rechts erst b e i E i n g r i f f e n i n d i e P r i v a t s p h ä r e d e r einzelnen, u n d das h e i ß t erst i m D u r c h führungsstadium v o n Gestaltungsakten anzunehmen. Zusammen erg i b t sich eine s t a r k e K o n z e n t r a t i o n d e r r e c h t l i c h r e l e v a n t e n B e z i e h u n g e n a u f das S t a a t - B ü r g e r - V e r h ä l t n i s 3 4 u n d a u f überschaubare H a n d lungszusammenhänge. I m Zusammenhang d a m i t w u r d e n Handlungsf o r m e n ausgebildet, d i e z w a r z u r H a n d l u n g s s t e u e r u n g d e r e i n z e l n e n u n d z u r P r o g r a m m i e r u n g u n d R e g e l u n g v o n i s o l i e r t e n E i n z e l f ä l l e n gee i g n e t w a r e n . Diese P r o b l e m l a g e n w u r d e n aber w e i t ü b e r s c h r i t t e n , als d i e i m m e r schon v o r h a n d e n e O u t p u t - O r i e n t i e r u n g sich v e r d i c h t e t e u n d z u r systematischen, a u f M a k r o s t e u e r u n g a u s g e r i c h t e t e n G e s t a l t u n g w u r d e u n d i n d e n P l ä n e n eigene H a n d l u n g s i n s t r u m e n t e ausbildete. Die öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen i m 19. Jahrhundert haben einen beträchtlichen Umfang gehabt u n d gingen w e i t über das hinaus, was m i t der reinen Theorie des Liberalismus vereinbar gewesen wäre. Der Staat stellte nicht n u r eine normative Rahmenordnung f ü r die wirtschaftlichen u n d gesellschaftlichen Prozesse zur Verfügung, sondern initiierte Entwicklungen durch erhebliche Vorleistungen 3 5 . A l l e diese Maßnahmen hatten objektiv 34 Die Dominanz des Staat-Bürger-Verhältnisses i m konstitutionellen V e r waltungsrecht ist, dogmengeschichtlich gesehen, eine Folge des damals h e r r schenden Rechtssatzbegriffes, der am I n d i v i d u u m u n d seinem privaten Rechtskreis orientiert ist u n d n u r Beziehungen zwischen dem (als einheitliche Rechtsperson verstandenen) Staat u n d dem Bürger erfaßt, vgl. dazu E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt i m Bereich der Regierung, S. 63 ff., 71 ff. Die Ausweitung der Beziehungen des Rechts auf Verhältnisse zwischen rechtsfähigen Verwaltungen w u r d e über den Begriff der Rechtsperson vermittelt, ohne daß dadurch die inneradministrativen Beziehungen systematisch erfaßt worden wären. — Umfassend zur dogmengeschichtlichen Entwicklung, zu den verschiedenen Rechtssatzbegriffen u n d zur Ausklammer u n g des Organisations- u n d Verfahrensrechts sowie der besonderen Gewaltverhältnisse Böckenförde, Gesetz u n d gesetzgebende Gewalt, 1958. Aus dem reichhaltig ausgebreiteten Material seien beispielhaft als Belege f ü r die Ausrichtung des Rechtssatzbegriffes herausgegriffen S. 233 f. (zu Laband), S. 248 f. (Jellinek), S. 255 f., 257 f., 272 (Anschütz), S. 260 (G. Meyer), S. 284 (Haenel, der abweichend von der vorherrschenden Auffassung die organschaftlichen Normen als Rechtsvorschriften anerkennt), S. 322 (O. Mayer). Vgl. dazu auch O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. A u f l . 1895, S. 62, w o Mayer unter Berufung auf F. J. Stahl definiert: Der Verwaltungsakt soll die Bahnen u n d Grenzen seiner (des Staates) Wirksamkeit w i e die freie Sphäre seiner Bürger i n der Weise des Rechts genau bestimmen u n d abgrenzen. 35 Staatliche wirtschaftspolitische Maßnahmen sicherten auch die W i r t schaft gegen eine Reihe von Risiken, insbesondere aus dem internationalen
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
weitreichende Wirkungen, nicht n u r f ü r ihren unmittelbaren fachlichen Bereich, etwa die Bereitstellung v o n Verkehrsanlagen, auch nicht n u r als I n i tialzündung f ü r die Industrialisierung, sondern auch f ü r die Folgeprobleme der Industrialisierung w i e die U m b i l d u n g der räumlichen Ordnung. Aber sie waren nicht v o n diesen Folgewirkungen her ausgewählt u n d gesteuert 3 6 ; insbesondere die hier interessierenden raumwirksamen Maßnahmen waren nicht von einem räumlichen Konzept her gesteuert: gerade dies lag außerhalb des auf Selbststeuerung setzenden Verständnisses, ganz abgesehen davon, daß die wissensmäßigen Minimalkenntnisse über die Zusammenhänge nicht vorhanden waren. D a m i t waren Grenzen f ü r die Beachtung v o n I n t e r dependenzen gesetzt, der bewußt erlebte Handlungsraum eingeschränkt u n d insgesamt das zu bewältigende Problemfeld der jeweiligen gestaltenden u n d planenden Tätigkeit fachlich eingegrenzt u n d tendenziell auf einzelne Projekte u n d ihre örtliche oder fachliche Bedeutung ausgerichtet. Darüber h i n ausgehende Folgen von Einrichtungen w i e Krankenhäuser, Schulen oder Verkehrsanlagen f ü r die S t r u k t u r eines Teilraumes konnten n u r i n i n t u i t i v e r u n d damit stark fragmentarischer Weise 3 7 beachtet werden. Zusammengenommen ergibt sich f ü r den Infrastrukturbereich, der i n Deutschland schon frühzeitig i n öffentliche Verantwortung genommen war, unbestritten eine direkte Leistungs- u n d Zielorientiertheit der öffentlichen Verwaltung. Der Bezugsrahmen, innerhalb dessen die zu erbringenden L e i stungen der Infrastrukturprojekte formuliert u n d behandelt werden k o n n ten, w a r jedoch relativ eng definiert. Die gestalterischen u n d planerischen Elemente, die Entscheidung über das Ob der Anlage, über den Standort, die A r t der Ausführung, die A b s t i m m u n g m i t anderen Objekten, w u r d e n jeweils f ü r einzelne Projekte oder — w i e i m fortgeschrittenen Bereich der Verkehrsplanung — f ü r einzelne Verkehrslinien getroffen; besondere Handlungsinstrumente zur Ausdifferenzierung dieser Entscheidungsprozesse w u r d e n noch nicht entwickelt 3 8 . V o n diesen tendenziell punktuellen Gestaltungsakten zu Bereich ab, so v o r allem beim Ubergang zum Schutzzoll i n der vieldiskutierten innenpolitischen Wende des Kaiserreiches 1879. Z u den staatlichen Leistungen u n d Vorleistungen zur wirtschaftlichen Entfaltung vgl. die i n Fn. 5 zitierte Literatur, sowie R. Koselleck, Preußen zwischen Reform u n d Revolution, 1967, S. 609 ff.; W. Rüfner, Formen öffentlicher V e r w a l t u n g i m Bereich der Wirtschaft, 1967, S. 52 ff.; U. P. Ritter, Die Rolle des Staates i n den Frühstadien der Industrialisierung, 1961. 38 Deshalb k a n n m a n v o n den o b j e k t i v erheblichen W i r k u n g e n gestaltender Tätigkeit i m 19. Jahrhundert nicht unmittelbar auf ein entsprechendes Planungsbewußtsein schließen; i n der subjektiven Wahrnehmung der H a n delnden w u r d e n die Fernwirkungen nicht umfassend aufgenommen. Der häufige Hinweis darauf, daß auch schon früher geplant worden sei (z.B. H. Schneider, Der gefährdete Jurist, i n : FS Forsthoff, 1972, S. 47, u n d H. Lecheler, V e r w a l t u n g als außerparlamentarische Gewalt 4 , D Ö V 1974, S. 444) sind deshalb wenig aussagekräftig. Differenzierend Forsthoff, i n : Planung I I I , S. 21 f. 37 I n der Entscheidungstheorie sind die engen Grenzen, die dem intuitiven Erfassen von Interdependenzen u n d dem Durchspielen von Lösungsmöglichkeiten bei komplexen Problemlagen gesetzt sind, häufig aufgezeigt w o r den, vgl. W. Kirsch, Entscheidungsprozesse, Bd. 1, 1971, S. 76 ff., Bd. 2, S. 87 ff. 88 Vgl. dazu W. Blümel, Die Bauplanfeststellung, T e i l I , 1961, S. 42 ff., wo zahlreiche Vorschriften mitgeteilt sind, aus denen sich ergibt, daß die L i n i e n führung der einzelnen Straßen jeweils durch den K ö n i g oder durch das M i nisterium bestimmt wurde.
§ 6 Alternativformen der Systemsteuerung
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der systematisch angelegten Gestaltung u n d Planung i n der Gegenwart ist es deshalb trotz aller K o n t i n u i t ä t der E n t w i c k l u n g ein weiter Weg; i n seinem Verlauf w i r d die Notwendigkeit, eigene Entscheidungsverfahren u n d Handlungsinstrumente auszubilden, unabweisbar. Den vorläufigen E n d p u n k t i m Bereich dieser Infrastrukturplanungen markieren die derzeitigen Krankenhaus- u n d Schulplanungen, die m i t der Bereitstellung eines Netzes von Einrichtungen an bestimmten Standorten i n einer räumlichen u n d fachlichen Zuordnung zueinander die ausreichende u n d gleichmäßige Versorgung aller Bewohner des Bundes- bzw. Landesgebietes erreichen w o l l e n u n d sich dazu umfangreicher Programme u n d Pläne bedienen. Das Kennzeichen dieser modernen Planungen ist die Systematisierung der Gestaltungsabsicht. Systematisierung soll i n diesem Zusammenhang als K u r z formel den sachlichen Ausgriff der Planung über einzelne Projekte hinaus auf netzartige, flächendeckende Konzepte, auf die A b s t i m m u n g m i t anderen Zielen u n d die Einbeziehung v o n Verwirklichungszeiträumen u n d F i n a n zierungsmöglichkeiten i n das I n s t r u m e n t a r i u m des Verwaltungshandelns beschreiben. Charakteristisch f ü r diese Systematisierung der Planung, f ü r das Hineinstellen i n umfassendere Systemrahmen ist die Uberformung fachgebunden angelegter Infrastrukturplanungen durch überfachliche, stark gesellschaftspolitisch orientierte Ziele: Verkehrsplanung k a n n so nicht mehr n u r i m Zusammenhang ihrer ursprünglichen technischen Zielsetzungen (Verbindungsfunktion der Verkehrsanlagen) isoliert behandelt werden, sondern ist als Bedingungsfaktor der räumlichen Ordnung auch v o n diesen übergeordneten, überfachlichen Zielen der Raumordnung her zu steuern. Projekte der Fachplanung werden dadurch m i t einer Vielzahl anderer Ziele u n d Programme koordinierungsbedürftig. A l s weiterer Grund, der die Relevanz der faktisch vorhandenen gestaltenden Tätigkeiten i m 19. Jahrhundert f ü r die juristische Problemwahrnehmung beträchtlich reduzierte, ist die Eigenart des konstitutionellen Rechts genannt worden. Die m i t den politischen Frontstellungen des Konstitutionalismus zusammenhängende Beschränkung der rechtlichen Beziehungen auf die Verhältnisse zwischen den selbständigen Rechtssubjekten des Bürgers einerseits u n d der einheitlich u n d geschlossen vorgestellten Staatsperson andererseits 30 klammerten entscheidende Teile des Funktionszusammenhangs gestaltender A k t e aus dem Anwendungsbereich des (Verwaltungs-)Rechts aus, verwiesen sie i n den rechtsfreien Raum der inneradministrativen Beziehungen oder der freien Verwaltung(spolitik). Z w a r w a r diese ,freie' V e r w a l t u n g nicht v ö l l i g i m rechtsfreien Raum angesiedelt, sondern hatte sicherlich Grenzen des Rechts zu beachten. Diese zeigten sich i n der Regel aber erst, w e n n bei der Durchführung der Projekte ein Eingriff i n subjektive Rechte einzelner, zumal v o n Grundstückseigentümern, notwendig wurde. Rechtlich relevant w a r deshalb beim langen Prozeß v o n der Planung u n d Projektierung zur Ausführung erst der Vollzugsakt, die Enteignung oder, bei den Verkehrsplanungen, der Planfeststellungsbeschluß. M i t anderen Worten: Die i n der Verwaltungspraxis durchaus vorkommenden Planungs- u n d Gestaltungsakte erfaßte das liberale Verwaltungsrecht dogmatisch erst u n d n u r i m Vollzugsakt. Insofern hat es einen präzisen Sinn, w e n n Brohm a m t r a 39
Vgl. dazu statt aller die (oben i n Fn. 34 zitierten) dogmengeschichtlichen Nachweise bei Böckenförde, Gesetz u n d gesetzgebende Gewalt, u n d ders., i n : FS Wolff, 1973, S. 269 ff., ferner H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen V e r waltungsrechtslehre, 1966, S. 194.
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
ditionellen Verwaltungsrecht die Betonung der Vollzugsfunktion herausstellt. Diese Charakterisierung verzeichnet u n d verkürzt nicht den Tätigkeitsbereich der Verwaltung i m 19. Jahrhundert, sie stilisiert diese auch nicht zur reinen Eingriffsverwaltung, die ausschließlich m i t den Formen des Befehls arbeitet 4 0 . Punktuellen u n d Vollzugs-Charakter hat das traditionelle Verwaltungsrecht deshalb, w e i l es weiterreichende Handlungszusammenhänge rechtlich n u r u n d erst i n der Konkretisiertheit des Einzelfalls erfaßt. Das Instrumentarium des einzelfallorientierten Verwaltungsaktes, entwickelt a m leitenden Problembereich des liberalen Verwaltungsrechts, der Verhaltenssteuerung, bewährte sich auch bei der gestaltenden V e r w a l t u n g des 19. Jahrhunderts u n d beginnenden 20. Jahrhunderts, w e i l diese rechtlich auf den Vollzug i m Einzelfall reduziert werden konnte. Es versagte aber n o t wendigerweise bei der Aufgabe, planerische Koordinations- u n d Integrationsleistungen rechtlich zu erfassen.
§ 7 Planung als Form zielorientierter Systemsteuerung Die Output-Orientierung der Steuerung i m gesamtgesellschaftlichen System, die bisher nur i n ihrem generellen Steuerungsansatz beschrieben wurde, muß i n einigen ihrer wichtigen Merkmale näher konkretisiert werden, u m Folgerungen für das Verständnis von Planung und Plänen ziehen zu können. Dabei interessieren hier Zielorientiertheit und Planung nicht als theoretische und zeitlose Steuerungsmuster, sondern i n ihrer gegenwärtigen Erscheinungsform, die durch Ausweitung des Systembezugs auf die Orientierung an Zielen für das gesamtgesellschaftliche System gekennzeichnet ist 1 . Als teilweise Ersetzung von gesellschaftlicher Selbststeuerung und Ergänzung sowie Überlagerung von direkter Verhaltenssteuerung schlägt sich dabei die verstärkte Output-Orientierung der Gegenwart nicht allein i n Planung nieder, sondern bewirkt auch Veränderungen i n der inhaltlichen Struktur der überkommenen Handlungsformen. I. Das verstärkte Hervortreten des Zielbezugs und der Zielorientiertheit des öffentlichen Handelns hat insoweit vor allem Wirkungen auf die Erscheinungsformen des Gesetzes gehabt. Die auf konkrete Situationen und Problemlagen gezielten Maßnahmegesetze u n d Interventionsgesetze, die während der 50er Jahre die Aufmerksamkeit der Staatsrechtslehre erregten 2 , waren insoweit nur der Auftakt: spiegelten 40 So Lecheler, D Ö V 1974, S. 444. — Treffend dagegen Badura, Das V e r waltungsrecht des liberalen Rechtsstaats, S. 25: ,Die f ü r die erste Periode des wissenschaftlichen Verwaltungsrechts kennzeichnende Gleichsetzung von V e r w a l t u n g u n d Eingriffsverwaltung ist somit nicht daraus zu erklären, daß die i n der Anschauung gegebene V e r w a l t u n g n u r Finanz- u n d Polizeiverw a l t u n g gewesen wäre, was nicht der F a l l war, sondern sie ist das natürliche Ergebnis einer Theorie des Verwaltungsrechts, die ihren B l i c k w i n k e l v o n der Idee des bürgerlichen Rechtsstaates erhält/ 1 Vgl. dazu das oben § 6 I 3 zur Systematisierung des Zielbezuges Ausgeführte.
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
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sie doch erst d e n p u n k t u e l l e n I n t e r v e n t i o n i s m u s e i n e r ansonsten w e i t h i n p l a n u n g s a b s t i n e n t e n P o l i t i k . B e m e r k e n s w e r t i s t d i e ausdrückliche F o r m u l i e r u n g u n d B e t o n u n g v o n Zwecken i n i m ü b r i g e n k o n d i t i o n a l p r o g r a m m i e r t e n Gesetzen. Diese Gesetzgebungstechnik b r i n g t z u m e i n e n die I n t e n t i o n z u r L e n k u n g u n d S t e u e r u n g des V e r h a l t e n s , d i e Gesetzen i m m e r schon eignete, d e u t l i c h z u m A u s d r u c k 3 . Z u m T e i l f i n d e t sie sich aber auch b e i Gesetzen, die, w e i l sie k o m p l e x e V e r h ä l t n i s s e r e geln, i n e r h e b l i c h e m U m f a n g z u o f f e n e n u n d a u s f ü l l u n g s b e d ü r f t i g e n T a t b e s t ä n d e n u n d T a t b e s t a n d s m e r k m a l e n g r e i f e n 4 . D e r , Z w e c k des G e 2
Die sich i m Begriff des Maßnahmegesetzes ausdrückende ,liberale Sensibilität' gegenüber der neuen W i r k l i c h k e i t (Badura, Verwaltungsrecht i m liberalen u n d i m sozialen Rechtsstaat, S. 7) entzündete sich mehr am W i d e r spruch der Gesetzgebungspraxis zu einem Idealtypus liberalen Rechtsstaatsdenkens als an prinzipiellen Veränderungen gegenüber der W i r k l i c h k e i t des 19. Jahrhunderts; dies hat K. Zeidler i n seiner Schrift: Maßnahmegesetz und »klassisches' Gesetz, 1961, nachgewiesen. Zeidler faßt den historischen Rückblick auf die E n t w i c k l u n g des Gesetzesbegriffs i n der Feststellung zusammen, daß es i n der frühkonstitutionellen Theorie u n d Praxis kein »klassisches' Gesetz gegeben habe, S. 141 f. 3 M a n mag solche Gesetze w i e das Sparprämien-, Wohnungsbauförderungs-, Ausbildungsförderungs- oder das Berufsbildungsgesetz als L e n kungsgesetze bezeichnen, so P. Häberle, W D S t R L 30 (1972), S. 50, u n d M. Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, 1974, S. 15, sollte sie dann aber nicht als neuen, v o m »klassischen' Gesetz unterschiedenen Typus verstehen. Die Eigenschaft v o n Normen, auf menschliches Verhalten lenkend einwirken zu können, versteht R. Herzog, Allgemeine Staatslehre, 1971, S. 306 f. zu U n recht als Planungsî unktion; kritisch dazu auch M. Schröder, ebd., S. 21, m i t dem berechtigten Hinweis auf die beschränkten Möglichkeiten dieses Regelungstyps. Die Bedeutung v o n Zweckbestimmungen i n der Gesetzgebung der B u n desrepublik Deutschland diskutiert neuerdings H. Höger i n seiner gleichnamigen Schrift (1976) materialreich u n d i n w e i t e m systematisch-rechtstheoretischem Zusammenhang, vgl. insbes. S. 59 ff., 75 ff., 80 ff. (zum B B a u G u. ROG), 86 ff. 4 Vgl. ζ. Β . § 1 A t o m G , § 1 BImSchG, § 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz u n d je § 1 i n den Krankenhausgesetzen der Länder BW, Bay u n d N R W ; § 1 Zweites WohngeldG. N u r i m Ausdruck verschieden, i n der Sache jedoch gleich ist die häufig vorkommende Bestimmung der ,Ziele' f ü r den i m Gesetz geregelten Sachbereich, so i n § 1 2. WohnBauG u n d i n den Landschaftsgesetzen der Länder. Als Beispiel f ü r die argumentative Verwendung dieser ausdrücklichen Normierungen des Zweckes des Gesetzes vgl. die Entscheidungen zu A t o m k r a f t w e r k e n : die A n f ü h r u n g des »Schutzes von Leben, Gesundheit u n d Sachgütern vor den Gefahren der Kernenergie' i n § 1 Ziff. 2 A t o m G hat positive Folgen f ü r die Klagebefugnis der privaten Nachbarn: vgl. dazu BVerwG, U. v. 16. 3.1972, DVB1. 1972, S. 678 (»Kernkraftwerk W ü r gassen'), hier S. 678 (unter A l l a ) u n d S. 680 (unter A l b , ee) sowie V G Freiburg, B. v. 14.3.1975, DVB1. 1975, S. 343, hier: S. 343, 346 f. u n d V G H Mannheim, B. v. 8. Okt. 1975, DVB1. 1976, S. 538 ff., S. 541 (»Kernkraftwerk Wyhl'). — Erschöpfende Nachweise der J u d i k a t u r bei Bliimel, Die Standortvorsorgeplanung für Kernkraftwerke, DVB1. 1977, S. 301 ff. Z u A u s w i r k u n gen auf die Klagebefugnis v o n Gemeinden unter dem Gesichtspunkt des Schutzes v o n Sachgütern (hier: gemeindliche Einrichtungen) vgl. Bay V G H , Β . v. 22.11.1974 (,Kernkraftwerk Grafenrheinfeld'), S. 203 f. Z u m notwendigen Dominantwerden von Zweckerwägungen bei unbestimmten u n d generalklauselartigen Normierungen u n d zur selbständigen Ausdifferenzierung der
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
setzes', der bei solchen Formulierungen innerhalb der Subsumtion besondere Bedeutung erlangen muß, w i r d hier vom Gesetzgeber selbst ausgesprochen; dadurch ist eine gewisse Stütze für die Hechtsanwendung und -konkretisierung i m Einzelfall gegeben, die von den gesetzlichen Tatbeständen bei unübersichtlicher werdenden Lagen nicht mehr genau determiniert werden können. Aber auch diese Regelungstechnik m i t offenen Tatbeständen hat Grenzen: Jenseits einer — i m einzelnen nicht fixierbaren — Grenze an Komplexität und an Ausweitung der relevanten Handlungszusammenhänge ist die Reduzierung auf typische Situationen und Konstellationen, die der Bildung von Tatbeständen, auch von offenen Tatbeständen, zugrunde liegt, nicht mehr möglich, oder sie würde gehaltlos. Vor allem wächst bei umfassenden Steuerungsproblemen die Zahl der zu berücksichtigenden Zwecke und Ziele beträchtlich an. Die Ziel(konflikts)beziehungen und die Zielkonkretisierungen müssen i n eigenen Entscheidungsprozessen abgearbeitet werden, ehe konkrete Maßnahmen als M i t t e l zur Zielerfüllung programmiert werden können. Diese ausgeweiteten Steuerungszusammenhänge sind das Umfeld, i n dem die Output-Orientierung nicht nur die Planung unerläßlich macht, sondern zur Ausbildung des besonderen Handlungsinstruments des Planes zwingt. Darauf ist sogleich zurückzukommen 5 . I n diesem Umfeld verändert sich aber auch grundlegend die Erscheinungsform der hier auftretenden gesetzlichen Regelungen; die Planungsnormen beschränken sich auf die Formulierung eines Gestaltungs- und Planungsauftrags, auf die Aufzählung von Zielen und zu berücksichtigenden Belange, auf das Verfahren und die Organisation 6 . Das vermehrte Auftauchen dieser (nur) Planungsaufträge und Zielfestsetzungen enthaltenden Gesetze7 Zweckfrage vgl. J. Esser, Vorverständnis u n d Methodenwahl i n der Rechtsfindung, 1970, S. 142 ff.; K. König, Programmsteuerungen i n komplexen politischen Systemen, Die V e r w a l t u n g Bd. 7 (1974), S. 143 f. u n d Höger, S. 80 ff. — Z u r — verdeckten — Rolle v o n Zwecken i n traditionellen Gesetzen K . König, Planung u n d Koordination i m Regierungssystem, V e r w A Bd. 61 (1971), S. 5 f., 9 f. 5 Vgl. unten I I . 1. 6 Vgl. dazu die Typologisierungen dieser Gesetzesformen i n Bezeichnungen w i e Organiations-, Verfahrens-, Rahmen-, Ziel-, Richtlinien-, Plan(ungs)- u n d Planungsgrundlagengesetz bei Haberle, W D S t R L 30 (1972), S. 49 ff.; ders., i n : FS G. Küchenhof f, 1972, S. 455 ff.; Denning er, Staatsrecht I , 1973, S. 120 f.; Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, S. 25 ff.; A. Theis, i n : M a y n t z / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, S. 170 f.; Seidler, Rechtsschutz bei staatlicher Wirtschaftsplanung, S. 48 ff. m. w . Nachw.; Herzog, i n : Funktionsgerechte V e r w a l t u n g i m Wandel der Industriegesellschaft, 1969, S. 24; vgl. auch Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 230 f. 7 A l s Beispiele: ROG, Landesplanungsgesetze der Länder; das K H G u n d die entsprechenden Landesgesetze, das Abfallbeseitigungsgesetz u n d die entsprechenden Ländergesetze sowie die Ländergesetze zur Landschaftsplanung, j e i n ihren planerischen Teilen; das StabG.
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
65
weist nicht nur auf eine schwerwiegende Veränderung i n der Erscheinungsform der Gesetze h i n 8 ; wegen der zentralen Bedeutung des Gesetzesbegriffs für das dogmatische System des Verwaltungsrechts sind diese Gesetze Ausdruck der Veränderungen der verwaltungsrechtlichen Kategorien durch die weiten Handlungszusammenhänge der Planung. Sie richten sich typischerweise und notwendigerweise an administrative Einheiten, w e i l sie noch wenig strukturierte Aufträge, mehr Problemstellungen als Problemlösungen, enthalten. Hochstufige Ziele, die für aggregierte und über aggregierten Bezugsgrößen (wie Verdichtungsräume, Vollbeschäftigung usw.) formuliert sind, lassen sich sinnvoll nur an Handlungssubjekte adressieren, die komplexe Handlungszusammenhänge steuernd beeinflussen können — und das sind vor allem öffentliche Verwaltungsträger. I I . 1. Noch aus einem anderen Grund äußert sich die Output-Orientierung zunächst i m inneradministrativen Bereich: ,Der Staat' kann das gesamtgesellschaftliche System nicht an Zielen orientieren, ohne sich selbst, die Vielzahl der administrativen Handlungssubjekte, auf einheitliche Ziele auszurichten. Die Notwendigkeit, das Handeln der vielen einzelnen Verwaltungsstellen i n größere (System)Zusammenhänge einzubinden, besteht vor allem für die gestaltende Tätigkeit 9 . Sie war ursprünglich ,freie', gesetzlich nicht gebundene Verwaltung gewesen, sofern und soweit sie nicht i n Rechte der einzelnen eingriff. Aus anderen als aus diesen, das Staat-Bürger-Verhältnis betreffenden Gesichtspunkten muß i m Zeichen der verstärkten Zielorientiertheit des öffentlichen Handelns gerade die gestaltende Verwaltung partiell der inhaltlichen Steuerung unterworfen werden. Dabei kann man sowohl entwicklungsgeschichtlich als auch funktional zwei gegenläufige Phasen unterscheiden: Zunächst erfordert die Lösung von konkreten, untereinander verflochtenen Problemen die schrittweise umfassender werdende Abstraktion zu komplexen, auf zentraler Ebene aufgestellten Konzepten. Diese müssen dann für die gesamte Administration sow o h l als Rahmen verbindlich gemacht, als auch auf den einzelnen Ebenen inhaltlich aufgefüllt und konkretisiert werden. Bei diesem Versuch der Systematisierung der Output-Orientierung kommt notwendigerweise die Pluralität der Administration 10, ihre vertikale und horizontale Aufspaltung i n Verwaltungsebenen, Ressorts 8 Grundsätzlich zu diesen Wandlungen des Gesetzes u n d zur ,Staatsführ u n g durch Gesetzgebung 4 W. Schaumann, i n : Gedächtnisschrift f ü r M . I m boden, S. 313 - 315, 322 ff. 9 Speziell f ü r die Raumordnungsgrundsätze des ROG hat W. Ernst auf die F u n k t i o n hingewiesen, B i n d u n g v o n Regierung u n d V e r w a l t u n g i m — bisher — gesetzesfreien R a u m zu erzeugen, i n : Planung I I I , S. 152; zustimmend Oberndorfer, Strukturprobleme des Raumordnungsrechts, Die V e r w a l t u n g Bd. 5 (1972), S. 271.
5 Wahl I
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
u n d verselbständigte Verwaltungseinheiten ins Blickfeld. D i e inneradministrative K o o r d i n a t i o n u n d I n t e g r a t i o n der Zielvorstellungen u n d P r o g r a m m e , aber auch — n i c h t w e n i g e r w i c h t i g — d e r A u s g a n g s d a t e n u n d G r u n d a n n a h m e n , i s t das erste umfassende P r o b l e m f e l d , v o r das sich diese A r t v o n O u t p u t - O r i e n t i e r u n g g e s t e l l t s i e h t u n d das e i n e m das O r g a n i s a t i o n s - u n d V e r f a h r e n s r e c h t v e r n a c h l ä s s i g e n d e n ö f f e n t l i c h e n Hecht z u U n r e c h t n u r einfache F r a g e n v o n H i e r a r c h i e , O r g a n i s a t i o n s g e w a l t , W e i s u n g s - u n d Geschäftsleitungsbefugnissen a u f z u w e r f e n scheint11. Jeder Versuch der Systematisierung der p u n k t u e l l e n Gestaltung i n netzartigen systemhaften Planungskonzepten überschrei10 Z u r ,pluralisierten Verwaltung* als Herausforderung f ü r das öffentliche Recht vgl. Brohm, V V D S t R L 30 (1972), S. 261 ff., 291, 295 f.; einen materialreichen Überblick über die Organisation u n d Aufgaben der öffentlichen V e r w a l t u n g enthalten die Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1974, hrsg. v o m Bundesmin. f. innerdeutsche Beziehungen, 1974, S. 501 ff. Die P l u ralität der V e r w a l t u n g konnte i m Verwaltungsrecht solange als rechtlich w e i t h i n folgenloses F a k t u m der komplizierten vielgliedrigen V e r w a l t u n g verstanden werden, als unter der Dominanz der Vollzugsfunktion sich die relevanten inhaltlichen Probleme vorwiegend innerhalb eines hierarchisch gegliederten Verwaltungszweiges abspielten. M i t der Notwendigkeit, Querkoordination u n d vielseitige A b s t i m m u n g rechtlich zu verfassen u n d daraus hervorgegangene komplexe Entscheidungen zu beurteilen, k o m m t jedoch die vorhandene Pluralisierung der V e r w a l t u n m g v o l l u n d unübersehbar ins Blickfeld. Die durch die irreführenden Vorstellungen v o n der »Einheit der Verwaltung' oder der »Einheit der Staatsperson' (dazu eindringliche K r i t i k bei Böckenförde, i n : FS Wolff, 1973, S. 269 ff.) n u r allzuoft verdeckte u n d unterschätzte P l u r a l i t ä t der V e r w a l t u n g w i r d derzeit noch i n einem anderen wichtigen Zusammenhang, bei der Verwaltungsautomation, zu einem zentralen Problem. Die Verwaltungsautomation, zumal i n ihren integrierten Formen, k a n n möglicherweise die B i n n e n s t r u k t u r der V e r w a l t u n g einschneidend verändern, zum einen i m Sinne von Rationalitätssteigerungen durch Uberw i n d u n g dysfunktionaler Zersplitterung, sie k a n n aber auch umgekehrt zum Verlust von rechtlich verbürgter, aber auch v o n (nur) faktisch vorhandener Gewaltenteilung innerhalb der V e r w a l t u n g führen. Innerhalb dieser Diskussion w i r d die vorhandene Vielfalt der V e r w a l t u n g häufig als möglicher Schutz des Bürgers verstanden; vgl. dazu z.B. Podlechs Prinzip der K o n kurrenz staatlicher Teilsysteme: Podlech, Datenschutz i m Bereich der öffentlichen Verwaltung, 1973, S. 40 u n d insgesamt: Brinckmann / Grimmer l Lenk / Rave, Verwaltungsautomation, 1974, S. 39 ff., 103 ff.; Lenk, i n : K i l i a n / L e n k / Steinmüller (Hrsg.), Datenschutz, 1973, S. 2 3 - 2 8 ; Brinckmann, Verwaltungsgliederung als Schranke von Planungs- u n d Informationsverbund, ÖVD 1975, S. 239 ff. 11 Defizite i n der Behandlung des Organisations- u n d Verfahrensrechts sind vielfach konstatiert worden, vgl. Bachof, V V D S t R L 30 (1972), S. 233235 (mit einem treffenden Z i t a t v o n E. K a u f m a n n i n Fn. 178); Brohm, ebd., S. 261, 293 ff., siehe auch S. 254 m i t Fn. 28; Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. I, 10. Aufl., S. 431 f.; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 110 ff. Die verstärkte Beachtung, die das Verfahrensrecht neuerdings findet, zeigt sich i n der eingehenden Darstellung von Badura, i n : Erichsen/ Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. A u f l . 1977, S. 243 ff.; F. Kopp, V e r fassungsrecht u n d Verwaltungsverfahrensrecht, 1971. Ä h n l i c h w i e bei der detaillierten Aufarbeitung des Organisationsrechts bei Wolff, Verwaltungsrecht I I , §§71 ff., bedarf es jedoch auch beim Verwaltungsverfahrensrecht v e r stärkt der Einbeziehung verwaltungswissenschaftlicher Überlegungen.
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
67
tet die Kompetenzräume der einzelnen Verwaltungssubjekte und erfordert Abstimmungen und Beteiligungsverfahren zwischen den Verwaltungsträgern 12 , i n vielen Fällen bis zu der dichteren Form des Planungsverbunds. Und nahezu jede komplexe und anspruchsvollere Planung ist auch i n horizontaler Hinsicht ressortüberschreitend, verlangt nach Interressort- Abstimmung 1 3 . Die materiellen Planungsprobleme und -notwendigkeiten ergeben sich nicht selten gerade aus der Vernachlässigung gesamtsystembezogener Anforderungen durch die gesellschaftliche Arbeitsteiligkeit, wie die Probleme der Raumordnung und des Umweltschutzes zeigen. Die arbeitsteilige Verwaltungsgliederung, die nur zu oft gerade die gesellschaftliche Arbeitsteiligkeit spiegelt, kann i n ihrem sektoralen und selektiven Zugriff diese Probleme oft nicht bewältigen. Koordination als Komplement der Arbeitsteilung 1 4 kann m i t ihren Instrumenten (der Federführung, der interministeriellen Ausschüsse, der Abstimmungsleistungen der Staatskanzleien und der Budgetierung) eine zwar unverzichtbare, aber inhaltlich doch nur beschränkte Rolle wahrnehmen. Koordination kann i m schwierigen Geschäft der Abstimmung laufender Aktivitäten nicht zugleich und nicht ausreichend Ziele und Prioritäten festlegen; das Stattfinden von Koordination ist vor allem nur dort gesichert, wo aus Knappheiten ein Abstimmungszwang erwächst 15 . 12 Diese These setzt natürlich voraus, daß m a n die Kompetenzräume u n d Planungshoheit der einzelnen Verwaltungsträger auch ernst n i m m t u n d ζ. B. die Gemeinden bei der Bundesfernstraßenplanung als formell Beteiligte einbezieht, was i n der Praxis keinesfalls selbstverständlich w a r u n d ist. Es bedurfte erst der Entscheidung des B V e r w G v. 13. 2.1970, D Ö V 1970, S. 387, damit die Klagebefugnis der Gemeinden gegen Planfeststellungsbeschlüsse nach § 17 F S t r G anerkannt wurden, u n d f ü r die wichtigere, w e i l weichenstellende Planungsentscheidung nach § 16 F S t r G steht die Anerkennung der Rechtsschutzmöglichkeit u n d der formellen Beteiligtenstellung der Gemeinden noch aus — trotz der nachdrücklichen u n d wiederholten Forderungen i m Schrifttum, vgl. dazu Blümel, Urteilsanmerkung, DVB1. 1972, S. 797 ff.; ders., DVB1. 1973, S. 440 ff.; Κ . H. Zeller, DVB1. 1973, S. 600 ff. — Auch die neuen »Hinweise zu § 16 FStrG' des Bundesministers f ü r Verkehr, V k B l . 1974, S. 76, verhalten sich zur Beteiligung der Gemeinden immer noch sehr zurückhaltend u n d undeutlich. 13 U n d scheitert nicht selten gerade an den Schwierigkeiten der Querkoordination. 14 Vgl. dazu u n d zum folgenden K . König, Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, S. 225 ff. u n d H. Schäffer, Koordination i n der öffentlichen Verwaltung, 1971, S. 9 f., 22. Prinzipiell unaufhebbar ist der Koordinationsbedarf, w e i l er aus den Interdependenzen der gesellschaftlichen Problemzusammenhänge entsteht, König, ebd., S. 225 unter Verweis auf den Untersuchungsbericht von: Institute for Operational Research u n d F. Scharpf, Methoden der Problemstrukturierung: Positive Koordination i n der Langfristplanung (hrsg. von Projektgruppe Regierungs- u n d V e r w a l tungsreform, Bonn, August 1972), S. 4 ff. 15 A u f diesen wichtigen Gesichtspunkt hat König, Koordination u n d Regierungspolitik, S. 232 ff. aufmerksam gemacht. Abstimmungszwang ist vor allem i m Haushaltsaufstellungsprozeß gegeben.
5*
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
D e r P l a n u n g u n d d e n P l ä n e n k o m m t i n dieser S i t u a t i o n eine spezifische F u n k t i o n zu, n i c h t v o n selbst s t a t t f i n d e n d e A b s t i m m u n g e n u n d Z i e l f o r m u l i e r u n g s p r o z e s s e »künstlich* z u o r g a n i s i e r e n , S y s t e m a s p e k t e d e r A u f g a b e n w a h r n e h m u n g , d i e das fachlich spezialisierte H a n d e l n vernachlässigt, z u r G e l t u n g z u b r i n g e n 1 6 . D e n P l ä n e n als H a n d l u n g s i n s t r u m e n t e n f ä l l t d a b e i d i e R o l l e zu, d i e e n t w i c k e l t e n Z i e l s e t z u n g e n f ü r d i e einschlägigen a d m i n i s t r a t i v e n E i n h e i t e n v e r b i n d l i c h z u machen. Das E r w a r t u n g s s i c h e r h e i t e r m ö g l i c h e n d e I n s t r u m e n t des Planes s o l l das ö f f e n t l i c h e H a n d e l n i n e i n e m g e w i s s e n U m f a n g ,der S t ö r a n f ä l l i g k e i t der A r b e i t s t e i l u n g 4 e n t z i e h e n 1 7 , d i e Z i e l s e t z u n g e n u n d P r o g r a m m i e r u n g e n über den Tag u n d die u n m i t t e l b a r Beteiligten hinaus auf relat i v e D a u e r s t e l l e n u n d d i e e r r e i c h t e A b s t i m m u n g u n d I n t e g r a t i o n gegen m ö g l i c h e V e r ä n d e r u n g e n sichern. D a d u r c h schaffen P l ä n e ü b e r h a u p t erst E i n h e i t l i c h k e i t , g e m e i n s a m e B e z u g s r a h m e n u n d a u s f o r m u l i e r t e Z i e l e i n n e r h a l b ( v o n T e i l e n ) der p l u r a l i s i e r t e n V e r w a l t u n g 1 8 . F ü r P l ä n e dieser A r t b e s t e h t das B e d ü r f n i s n a c h V e r b i n d l i c h k e i t , u n d P l a n u n g dieser A r t m u ß n o t w e n d i g e r w e i s e , k o m p e t e n z v e r k l a m m e r n d e W i r k u n g 4 h a b e n 1 9 . U n d eben i n dieser k o m p e t e n z v e r k l a m m e r n d e n F u n k t i o n p r o f i l i e r t sich d i e e i g e n s t ä n d i g e R o l l e d e r Pläne als H a n d l u n g s i n s t r u m e n t e 16 Diese inhaltliche F u n k t i o n der Planung, die zu i m m e r spezialisierterer Aufgabenwahrnehmung führende fachliche Arbeitsteilung durch integrierende Leistungen zu überformen, hat i m organisatorischen Bereiche eine genaue Parallele — u n d die Schwierigkeiten, eine die engen Zuständigkeitsbereiche v o n Referaten, Abteilungen u n d Ressorts überschreitende Planungsorganisation aufzubauen, sind w e i t h i n identisch m i t den inhaltlichen Problemen der Planung u n d führen w e i t h i n auf dieselben Ursachen w i e die inhaltlichen Probleme der Planung, vgl. zum Zusammenhang zwischen beiden Aspekten die Beiträge i n Mayntz / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, 1973. 17 K . König, Planung u n d Koordination i m Regierungssystem, V e r w A Bd. 62 (1971), S. 11, u n d ders., Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, S. 235 m i t treffenden Ausführungen zum Umschlag einer Zusammenarbeit v o n der Qualität der Koordination i n die der Planung. Die Formalisierung i m Handlungsinstrument des Planes w i r d bei der Wirtschaftslenkung meistens nicht erreicht. Z w a r werden auch dort häufig ,Pakete' oder Programme erarbeitet, w e i l viele Maßnahmen aber dem Gesetzesvorbehalt unterliegen, werden sie einzeln ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, als Rechtsverordnungen erlassen oder i n einzelnen Subventionsrichtlinien umgesetzt. Diese Normen u n d Maßnahmen haben f ü r sich isoliert betrachtet ,nichts Planhaftes an sich', sondern haben erst i n ihrem zeitlichen u n d sachlichen Zusammenwirken einen Gesamtlenkungseffekt. Dieses Problem ist schon frühzeitig v o n Ipsen, i n : Planung I I , S. 76, 79 herausgestellt worden. 18 Die Raumordnung hat deshalb durch das Aufstellen der Raumordnungsu n d Landesentwicklungsprogramme u n d -pläne eine Qualitätsänderung erfahren u n d den Übergang von den n u r die Fachplanungen koordinierenden Verfahren zu einem selbständigen Bereich m i t verfestigten Instrumenten vollzogen, so zu Recht Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 141. 19 Ossenbühl, Gutachten Β 72 f.; zustimmend Schmidt-Aßmann, Planung unter dem Grundgesetz, D Ö V 1974, S. 541.
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
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und gewinnt gegenüber dem Allerweltsbegriff 2 0 der Planung eigene Konturen. I n gebräuchlichen, sehr weiten Fassungen der Begriffe der Planung und des Planes, etwa als »systematische Vorbereitung von Entscheidungen' 21 , verschwimmen die begrifflichen Merkmale und lösen sich tendenziell i m generellen Begriff des rationalen Handelns auf 2 2 . Bei einem solchen Verständnis als bloß planhaftem, das heißt rationalem Handeln hat man i n der Planung zu Recht eine eigene Handlungsform nicht erkennen, sondern i n ihr nur eine Methode der Kompetenzausübung feststellen können 2 3 . Eine andere und gesonderte Beurteilung ist jedoch i n den Fällen angezeigt, i n denen sich das planhafte Handeln i n einem eigenen Handlungsinstrument, dem auf Verbindlichkeit angewiesenen, w e i l Fremdbindung anzielenden Plan, niederschlägt. 2. Die verstärkte Output-Orientierung der öffentlichen Verwaltung äußert sich also zunächst i n einer Veränderung und Bedeutungssteigerung der inneradministrativen Beziehungen 24 : Ausrichtung an gesamtgesellschaftlichen Zielen erfordert Kommunikationssteigerungen innerhalb der Administration, Auflösung des isolierenden Verständnisses abgeschütteter Kompetenzräume und abgegrenzter autarker Aufgabenund Planungsbereiche. N u r durch verstärkte Kommunikation und durch zusätzliche Entscheidungsprozesse können die vielfältigen Programme und Maßnahmen der einzelnen administrativen Einheiten i n ihren komplementären, neutralen oder alternativen Wirkungen i m Hinblick auf die Verwirklichung von Zielen gesteuert werden. OutputOrientierung an gesamtgesellschaftlichen Zielen kann n u r gelingen, 20
So schon Obermayer, W D S t R L 18 (1960), S. 144. E. Laux, Planung als Führungsmittel der Verwaltung, 1967, S. 12: „ s y stematisiertes Vorbereiten des Willensaktes eines Entsdheidungsträgers" ; ähnlich w e i t k a n n Kaisers Umschreibung, i n : Planung I, S. 7: »Planung als systematischer E n t w u r f einer rationalen Ordnung* (miß)verstanden werden; ausführlich dazu R. Vente, Planung, wozu?, 1969, S. 37 ff., 153 ff. 22 Kritisch dazu u n d die Unbrauchbarkeit f ü r juristische Zwecke feststellend Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 35 f. 23 Ossenbühl, Gutachten Β 72; Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 541; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 113, Fn. 68: Planung ist keine Handlungsform, sondern faßt heterogene Typen der staatlichen Tätigkeit zusammen, unter Verweis auf Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 42 ff. 24 So auch ausdrücklich W. Roters, Kommunale M i t w i r k u n g an höherstufigen Entscheidungsprozessen, 1975, S. 60. Die verstärkte Bedeutung i n n e r administrativer Beziehungen drückt sich auch i n dem bezeichnenderweise i n den letzten Jahren i m m e r häufiger gebrauchten Begriff der ,Politikverflechtung' zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden aus. Vgl. dazu den gleichnamigen Tagungsband i n der Schriftenreihe der Verwaltungshochschule Speyer (Bd. 55, 1975) u n d als Fallstudien: Scharpf / Mehwald / Schmitges l Schwarz, Strukturelle Ineffizienz i n der Politikverflechtung z w i schen L a n d u n d Kommunen, Ms B e r l i n 1973, sowie Scharpf / Reissert / Schnabel, Politikverflechtung. Theorie u n d Empirie des kooperativen F ö deralismus i n der Bundesrepublik, 1976. Dazu ausführlich unten §§ 11 ff. 21
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
wenn diese Ziele durch das vielfältige Geflecht der administrativen Einheiten »hindurchdiffundieren 4 . Dabei wäre es schon i m Ansatz völlig verfehlt, wollte man von der Vorstellung einer synoptischen Gesamtplanung ausgehen, die i n einem integrierenden Zugriff Ziele und Zielkonkretisierungen formuliert und jeder administrativen Einheit abschließende Vorgaben macht. Output-Orientierung bedeutet Überformung der einzelnen Programme und Maßnahmen durch Zielbezug; insofern bewirkt sie zwar eine Rationalitätssteigerung, keinesfalls aber eine Vereinfachung der Aufgabenwahrnehmung, sondern sie stellt i m Gegenteil zusätzliche Anforderungen. Angesichts der Vielfalt und fachlichen Differenziertheit des administrativen Handelns sind dazu mehrfache und mehrseitige Prozesse erforderlich. Z u ihrer Organisation differenziert sich Planung i n mehreren Stufen und Bereichen aus und verläßt sich i n der Erarbeitung und Konkretisierung von Zielen nicht auf einseitige Festlegung und deduktive Ableitung, sondern bedient sich des Gegenstromverfahrens 2δ. Die i n Plänen formulierten Ergebnisse von mehrseitigen Entscheidungsprozessen bedürfen der rechtlichen Verbindlichkeit, u m die i n ihnen enthaltenen Integrationsleistungen gegenüber den differenzierten und spezialisierten Aspekten arbeitsteiliger Aufgabenwahrnehmung durch die einzelnen administrativen Einheiten zu sichern. Aus diesen Anforderungen und der Notwendigkeit, die Stufen und Ebenen der Planung zu organisieren, entsteht ein weiteres Folgeproblem der Output-Orientierung, nämlich die Entwicklung von Planungssystemen, i n denen die Pluralität der Planungen verfaßt w i r d i n einem oder mehreren Ordnungsrahmen. Die Bewältigung dieses Folgeproblems ist eine der drängendsten Fragen der gegenwärtigen Planungspraxis und des Planungsrechts. I I I . Die bisherige Kennzeichnung der öffentlichen Planung als Steuerung von Makroentscheidungen i n Ausrichtung auf Systemziele durch Einheiten der Administration rückt die Übernahme von (einigen) systembezogenen Steuerungsaufgaben durch die Administration und die Veränderungen i m inner administrativen Raum i n den Mittelpunkt; sie bedarf jedoch der Ergänzung durch die Analyse der Wirkungen auf den Mikrobereich, auf die Ebene des Verhaltens der einzelnen, auch wenn es sich dabei u m Fernwirkungen handelt. Planung ist nicht bloß 25 Das Gegenstromverfahren (Ausdruck nach Umlauf, Wesen u n d Organisation der Landesplanung, S. 50) ist i n § 1 I V R O G ausdrücklich normiert; vgl. dazu Brügelmann / Cholewa, ROG, § 1 Bern. I I I ; Zinkahn I Bielenberg, ROG, § 1 Rdnr. 7, sowie R. Stich, i n : Verfassungs- u n d Verwaltungsfragen der Raumordnung u n d Landesplanung, 1975, S. 128 ff.; Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 133 ff.; Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 43 f.; ausführlich siehe unten § 11 I I 3 u n d 4,13 I V .
§ 7 Planung als F o r m zielorientierter Systemsteuerung
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interne Rationalitätssteigerung innerhalb der Administration, sondern intentional auf deren Umwelt, auf das Verhalten der einzelnen bezogen. Dies gilt nicht nur für die unmittelbar bürgerverbindlichen Planungen, wie die Bauleitplanung oder die Planfeststellungsbeschlüsse, sondern auch für die komplexeren, formell an Behörden adressierten Planungen. Wenn ζ. B. Raumordnung ein weiteres Anwachsen der Städte i n den Verdichtungsgebieten verhindern w i l l und wenn sie auch sinnvollerweise dieses Ziel an Regionalplanungsträger und Kommunen adressiert, so ist damit gleichwohl die Absicht verbunden, daß i m Endergebnis über die Steuerung der Bauleitplanung eine Anzahl von einzelnen, die ohne diese Steuerung i m Ballungsgebiet einen Bauplatz oder eine Wohnung gefunden hätten, diese nicht finden können. U n d wenn die wirtschaftliche Globalsteuerung i m Kontext der von ihr beobachteten hochaggregierten Makrogrößen durch Erhöhung der M i n destreserven die Kreditschöpfung vermindert, dann ist damit letzten Endes angezielt, daß irgendwelche Kreditsuchende durch die Wirkung dieser globalsteuernden Maßnahmen keinen Kredit zu ihnen erträglichen Bedingungen erhalten. Dieser intentionale Bezug auf die einzelnen als ,Endbetroffene 4 ist unabhängig davon, ob der unbekannte einzelne Kreditsuchende, der letztlich auf i m einzelnen nicht vorherzusehenden und i m einzelnen nicht gesteuerten Wegen davon materiell betroffen ist, selbst Adressat der Maßnahmen i n einem rechtstechnischen Sinne ist oder nicht 2 6 . Die Funktion der Output-Orientierung ist es, generell Ziele für bestimmte Sachbereiche zu formulieren, und das heißt, die öffentlichen Interessen für diesen Sachbereich zu umschreiben. Als öffentliche I n teressen sind die Ziele i n allen Zusammenhängen, die staatlicher Regelung und Steuerung unterliegen und i n denen dieser Sachbereich betroffen ist, zur Geltung zu bringen. Die Ziele der Raumordnung haben insofern nicht nur Bedeutung für die i n den Landesplanungsgesetzen und i m Bundesbaugesetz geregelten Landes-, Regional- und gemeindlichen Planungen, sondern sie sind überall dort relevant, wo raumord26
Besonders stark ist der intentionale Bezug der Planung auf den einzelnen als ,Letztbetroffenen' i m Bereich der Wirtschaftslenkung u n d -planung herausgestellt worden. Vgl. Ipsen, i n : Planung I I , S. 70, 72 f. — I n neuerer Zeit gewinnt diese Frage auch i m Bereich der Raumordnung größere Bedeutung, w o das bisherige Dogma v o n der Unverbindlichkeit raumordnerischer Aussagen i m Verhältnis zum einzelnen angesichts der k a u m bemerkten Weiterentwicklung u n d Intensivierung des flächenbezogenen I n s t r u m e n tariums (im Zusammenhang m i t dem Konzept der Vorranggebiete) merklich ins Wanken gerät: zu den sachlichen u n d rechtlichen Problemen dieser neuen A r t landesplanerischer Funktionsausweisungen der Forschungs- u n d S i t zungsbericht: Voraussetzungen u n d A u s w i r k u n g e n landesplanerischer F u n k tionszuweisungen, 1975 (besonders der Beitrag v o n Niemeier, S. 123 ff.). K r i tisch zum Dogma der Unverbindlichkeit nach außen auch Blümel, Die Standortvorsorgeplanung f ü r Kernkraftwerke, DVB1. 1977, S. 319 f.
1. Abschn.:
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nerische G e s i c h t s p u n k t e als b e n a n n t e ( R a u m o r d n u n g s k l a u s e l n ! 2 7 ) oder u n b e n a n n t e »öffentliche Interessen 1 oder »öffentliche Belange* eine R o l l e spielen. Angesichts e i n e r V i e l z a h l m ö g l i c h e r »ungezielter* A n w e n d u n g s f ä l l e ist es v o n v o r n h e r e i n n i c h t leicht, w e n n n i c h t sogar i m m ö g l i c h , i m e i n z e l n e n vorherzusagen, i n w e l c h e n k o n k r e t e n E n t s c h e i d u n g s z u s a m m e n h ä n g e n die Z i e l e d e r R a u m o r d n u n g als ö f f e n t l i c h e I n t e r e s s e n eine Rolle spielen können. Raumordnungsgrundsätze, - p r o g r a m m e u n d - p l ä n e d i e n e n i n e r h e b l i c h e m U m f a n g als , G e m e i n w o h l m a t e r i a r z u r administrativen u n d richterlichen Konkretisierung v o n gemeinwohlbezogenen T a t b e s t a n d s m e r k m a l e n u n d h a b e n deshalb e i n e A u s s t r a h l u n g s w i r k u n g i n v i e l e B e r e i c h e 2 8 . So h a b e n landesplanerische Z i e l setzungen i m R a h m e n d e r k o m m u n a l e n G e b i e t s r e f o r m m a ß g e b l i c h d i e K o n k r e t i s i e r u n g des , ö f f e n t l i c h e n Wohls* als m a t e r i e l l e r V o r a u s s e t z u n g d e r N e u g l i e d e r u n g s m a ß n a h m e n b e s t i m m t 2 9 ; z a h l r e i c h s i n d auch d i e F ä l l e , i n d e n e n sie i m V e r h ä l t n i s z u m e i n z e l n e n B ü r g e r b e i B a u g e n e h m i g u n g e n i m A u ß e n b e r e i c h , b e i m A n b a u a n F e r n s t r a ß e n , i m Wasserrecht u s w . B e a c h t u n g f o r d e r n u n d d i e z u erlassende E n t s c h e i d u n g p a r tiell determinieren 80. 27 Z u den Raumordnungsklauseln vgl. Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht, 1970, S. 29 ff. u. unten § 15 I 2, I I I 3. Die hier interessierende Bedeutung der Raumordnungsklauseln als Verbindungsstücke zwischen dem I n n e n - u n d dem Außenbereich ist k l a r herausgearbeitet von Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 226 f., 256. 28 Haberle, öffentliche Interessen als juristisches Problem, 1970, allgemein f ü r Pläne, S. 402 ff., speziell f ü r Raumordnungspläne S. 190, 236, 362 (jeweils i n den Fußnoten). Ä h n l i c h Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 78. Treffend auch die generalisierende Kennzeichnung der »komplexen V e r waltungsentscheidungen* v o n Schmidt-Aßmann, W D S t R L 34 (1976), S. 254f.: Die unbestimmten Gesetzesbegriffe, die als Abwägungsdirektiven bei diesen komplexen Verwaltungsentscheidungen fungieren, sind typischerweise bezogen auf ,vorgängige, begleitende oder künftige administrative Programme, die das Gesetz m i t Blankettbegriffen w i e dem der Ziele der R a u m ordnung u n d Landesplanung rezipiert 1 . 29 Z u r Rolle v o n raumordnerischen u n d landesplanerischen Zielsetzungen bei der gesetzgeberischen u n d richterlichen Konkretisierung der Anforderungen des Gemeinwohls' bei der kommunalen Neugliederung Hoppe / Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Neugliederung, 1973, S. 49 ff., 85 ff.; K.-P. Schulz-Gadow, Die Elemente der Raumordnung u n d Landesplanung i n der kommunalen Neugliederung, Diss. j u r . Münster 1974; W. Ballke, Umfang u n d Intensität der verfassungsrechtlichen Überprüfung von Gesetzen zur kommunalen Neugliederung, Diss. j u r . Münster 1975, u n d u n ten § 24 Fn. 25. 30 Das M a t e r i a l über die mittelbare Beachtlichkeit v o n Raumordnungsplänen gegenüber dem einzelnen Bürger ist reichhaltig. Z u r Berücksichtigung i m Rahmen des § 35 BBauG 1960: V G Hannover, U. v. 26. 4.1967, DVB1. 1968, S. 401 (offengelassen); O V G Lüneburg, U. v. 23./24. 8.1967, DVB1. 1968, S. 388 ( = VerwRspr Bd. 19, Nr. 146, S. 568) (bejaht f ü r landesplanerisches Rahmenprogramm i. S. § 17 I V N R O G 1966, soweit diese i n gehöriger F o r m k o n kretisierte Zielsetzungen enthalten); O V G Münster, U. v. 18.12.1969, D e u t sche Wohnungswirtschaft 1970, S. 228; vgl. auch H. Schrödter, Bundesbaugesetz, 3. A u f l . 1973, Rdnr. 9 zu § 35 (der zu Recht auf die Schwierigkeiten,
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Die damit umschriebene Breitenwirkung der Planung 31 stellt von der Sachstruktur der Planung her Herausforderungen und Anforderungen an die verwaltungsrechtliche Dogmatik und bezeichnet einen der neuralgischen rechtlichen Problemkreise, w e i l sie von den eine gezielte Adressierung voraussetzenden traditionellen Handlungsformen nicht angemessen erfaßt werden kann. Lösungsmöglichkeiten müssen hier i n zweigleisigen Bemühungen gesucht werden. Sie sind zum einen i n Richtung auf eine Verfeinerung und Differenzierung der Lehre von den subjektiven Rechten m i t dem Ziel, ein ,Stufensystem der Betroffenheit 4 3 2 zu entwickeln, anzustellen. Obwohl unerläßlich, dürfen diese Versuche jedoch nicht überschätzt werden; die Möglichkeiten, die Betroffenheit von einzelnen festzustellen, schwinden immer mehr, je u m fassender und abstrakter die planerischen Zusammenhänge werden 3 3 , ohne daß damit zugleich die Bedeutung der Planimg und der Pläne für die Lebensbedingungen der einzelnen entfallen würden. U m so notwendiger sind deshalb zum anderen Überlegungen i m Zusammenhang des Demokratiegebots anzustellen. U m die Sachproblematik der planerischen Breitenwirkung nicht schon i m Ansatz zu verkürzen, sind die ,Wirkungen 4 auf die einzelnen i n einem denkbar weiten Sinne zu fassen und zu umschreiben. Bei Infrastrukturplanungen, die Einrichtungen zur Verfügung stellen, sind Auswirkungen auf die Sphäre der einzelnen nicht nur anzunehmen, wenn und soweit zur Errichtung u n d beim Betrieb der baulichen Anlagen i n Rechte von Grundstückseigentümern und Anliegern eingegriffen wird. Wirkungen äußert die Bereitstellung oder Nichtbereitstellung dieser Anlagen und Einrichtungen das Maß der notwendigen Konkretisierung zu bestimmen, aufmerksam macht). Z u r Berücksichtigung bei § 20 BBauG: O V G Münster, U. v. 5. 2.1968, OVGE 23, 284 ( = VerwRspr Bd. 19, Nr. 245, S. 942). Z u § 9 VIII FStrG ((Ausnahmebewilligung f ü r A n b a u an Fernstraßen) O V G Münster, U. v. 13.1.1966, BRS 17, Nr. 140 ( = EPlaR I I 1, O V G Münster 1.66 m i t A n m . v. Gaentsch). Z u § 6 WHG (Versagung der Erlaubnis oder B e w i l l i g u n g wegen Gefährdung des ,Wohls der Allgemeinheit' : Gieseke / Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz, 2. Aufl. 1971, Rdnr. 7 c zu § 6; H. Külz, Das ,Wohl der Allgemeinheit 1 i m Wasserhaushaltsgesetz, i n : FS Gieseke, 1958, S. 211. Z u § 4 I I Energiewirtschaftsgesetz (Untersagung eines energiewirtschaftlichen Vorhabens, w e i l »Gründe des Allgemeinwohls' dies erfordern) Ευ er s, Das Recht der Raumordnung, S. 7 6 - 7 9 ; a. Α. B. Börner, Ermessen u n d Energiewirtschaftsgesetz, 1965, S. 26 f. u n d ders., Planungsrecht f ü r Energieanlagen, 1973, S. 3, 14 f., 21 f.; gegen Börner dezidiert Blümel, Die Standortvorsorgeplanung f ü r Kernkraftwerke, DVB1.1977, S. 309 f. 31 Z u r B r e i t e n w i r k u n g der Planung Hinweise bei Brohm, V V D S t R L 30 (1972), S. 260, 284. Schmidt-Aßmann, V V D S t R L 34 (1976), S. 224 n i m m t diesen Sachverhalt zum Ausgangspunkt seiner Analyse, s. auch ebd. S. 245 ff. 32 Ossenbühl, Gutachten Β 177; Ansätze dazu bei Wahl, D Ö V 1975, S. 373 ff. u n d Blümel, DVB1. 1975, S. 706 ff. 33 Brohm, V V D S t R L 30 (1972), S. 280.
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
auch u n d gerade a u f d i e ( p o t e n t i e l l e n ) B e n u t z e r , a u f i h r e C h a n c e n a u f eine ausreichende u n d a n d e r e n T e i l r ä u m e n oder Z i e l g r u p p e n v e r g l e i c h b a r e A u s s t a t t u n g m i t I n f r a s t r u k t u r e i n r i c h t u n g e n 8 4 . Diese F e s t s t e l l u n g hat Folgen i m Zusammenhang demokratietheoretischer Fragestellung; i n s o w e i t f ü h r t sie z u d e m T e i l p r o b l e m , ob d i e u n m i t t e l b a r e v e r f a s sungsrechtliche L e g i t i m a t i o n d e r V e r w a l t u n g 3 5 f ü r diese P r o b l e m l a g e n ausreicht, ob w e i t e r e r e p r ä s e n t a t i v e S t r u k t u r e n e i n z u b e z i e h e n s i n d (z.B. D i r e k t w a h l der Organe v o n Regional- u n d U m l a n d v e r b ä n d e n 3 6 ) oder p a r t i z i p a t i v e F o r m e n d e r B e t e i l i g u n g oder u n m i t t e l b a r e E i n w i r k u n g e n d e r B ü r g e r a u f d i e V e r w a l t u n g 3 7 v e r s t ä r k t w e r d e n müssen. I V . U m g e k e h r t h ä n g e n d i e C h a n c e n v o n P l a n u n g e n , d i e gesteckten Z i e l e z u erreichen, keineswegs n u r v o m E i n h a l t e n fachlich-technischer R i c h t i g k e i t s s t a n d a r d s u n d v o n a d m i n i s t r a t i v e r S t e u e r u n g s k u n s t ab. P l a n u n g h a t i n e i n e r Gesellschaftsordnung, d i e d u r c h G r u n d r e c h t e , ζ. B . N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t u n d F r e i z ü g i g k e i t , r e l a t i v a u t o n o m e E n t scheidungen d e r e i n z e l n e n i n i h r e m r ä u m l i c h e n V e r h a l t e n g a r a n t i e r t 3 8 , grundsätzlich n u r begrenzte Steuerungskapazitäten, grundsätzlich S c h r a n k e n der P l a n b a r k e i t 3 9 . D i e m i t d e n r a u m o r d n e r i s c h e n S i e d l u n g s 34 Dies ergibt sich schon daraus, daß Infrastruktureinrichtungen Zielgruppeninvestitionen sind (dazu i n einem anderen Zusammenhang unten § 24 Fn. 71. 35 Z u r unmittelbaren verfassungsrechtlichen Legitimation der V e r w a l t u n g vgl. E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt i m Bereich der Regierung, S. 78 ff., u n d Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften u n d Grundgesetz, S. 187208 — u n d zu den Grenzen dieser Legitimation W. Schmidt, Organisierte E i n w i r k u n g e n auf die Verwaltung, W D S t R L 33 (1975), S. 210 ff.; Bartlsperger, ebd., S. 221 - 231, 246 ff. u n d Böckenförde, Diskussionsbeitrag, ebd. S. 297 ff. 36 D i r e k t w a h l der Mitglieder des Verbandstages ist — nach einer Übergangszeit — beim Umlandverband F r a n k f u r t vorgesehen, vgl. §§ 6, 20 des Gesetzes über den Umlandverband F r a n k f u r t v. 11. Sept. 1974 (GVB1. I, S. 427). Ebenso w i r d die Verbandsversammlung des Verbands ,Großraum Hannover' direkt von den wahlberechtigten Einwohnern gewählt, § 15 I I Großraumgesetz Hannover v o m 11. Febr. 1974 (GVB1. S. 57). 37 Vgl. zu diesen beiden Themen die Berichte u n d Diskussionen der Staatsrechtslehrertagungen v o n 1972 u n d 1974 zu den Themen Partizipation an Verwaltungsentscheidungen (Berichte v o n R. Walter u n d W. Schmidt Glaeser, W D S t R L 31, 1973) u n d Organisierte E i n w i r k u n g e n auf die V e r w a l t u n g (Berichte v o n W. Schmidt u n d R. Bartlsperger, W D S t R L 33, 1975). — Z u m Partizipationsthema eingehend U. Battis , Partizipation i m Städtebaurecht, 1976 u n d speziell i m vorliegenden Zusammenhang H. Lenherr, Mitwirkungsrechte u n d Rechtsschutz i m Raumplanungsrecht, 1976. 38 Was gesellschaftliche Zwänge u n d Abhängigkeiten ebensowenig ausschließt w i e den dominierenden Einfluß der (Standort)Entscheidungen einiger weniger auf die alle betreffende räumliche Ordnung. 39 Dazu Wahl, Notwendigkeit u n d Grenzen langfristiger Aufgabenplanung, Der Staat 11 (1972), S. 459 ff.; vgl. auch K . König, Programmsteuerungen i n komplexen politisdhen Systemen, Die V e r w a l t u n g 7 (1974), insbes. S. 144 146, 149.
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Strukturkonzeptionen oder Infrastruktureinrichtungen verfolgten Ziele, die Entwicklungsfähigkeit oder A t t r a k t i v i t ä t von Orten zu steigern, können nur realisiert werden, wenn die Orte und Einrichtungen den Wünschen und Bedürfnissen der (potentiellen) Einwohner und Benutzer entsprechen. Der Sachbereich der räumlichen Ordnung und Entwicklung insgesamt ist i n öffentliche Verantwortung genommen; die Steuerungsmöglichkeiten des Staates i n und durch Planung sind jedoch prinzipiell nicht vollständig 4 0 , Planimg ist i n einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung auf Konsens angewiesen 41 . Sie kann, u m einen vorher gebrauchten Begriff aufzunehmen und zu verfeinern, die Selbststeuerungsmechanismen der Konkurrenz und des Marktes und die relative Autonomie der einzelnen Handlungssubjekte nicht vollständig oder total ersetzen. Planung ist stattdessen der Versuch der Überdeterminierung von Handlungszusammenhängen nach Gesichtspunkten und Zielen, die i n ihrem Systembezug den immanenten Sinnzusammenhang der einzelnen Handlung übersteigen, ohne das Eigenrecht des individuellen Handelns zu negieren. Planung stößt gerade auch deshalb auf die oben erwähnten Erkenntnis- und wissensmäßigen Schranken einer Gesamt- und Totalplanung, w e i l das vorhandene Wissen bisher immer den Alternativenreichtum und die vorhandenen Freiheitsgrade i m Wahlverhalten der einzelnen nicht hat zutreffend vorausberechnen und i n ihren konkreten Auswirkungen einschätzen können. 40 Die Situation entspricht der bei der wirtschaftlichen Globalsteuerung, bei der i n A r t . 109 GG u n d i m Stabilitätsgesetz auch öffentliche V e r a n t w o r tung f ü r ein gesellschaftliches Subsystem formuliert ist, ohne daß sie durch entsprechende umfassende Steuerungsbefugnisse gededkt wäre, w e i l über grundlegende Entscheidungen (zum Investitionsverhalten u n d zu T a r i f f r a gen) staatliche Disposition nicht besteht; dazu Wahl, Der Staat 11 (1972), S. 470; die Diskrepanz zwischen verbaler u n d n o r m a t i v zugewiesener V e r a n t w o r t u n g des Staates u n d den begrenzten Steuerungsmöglichkeiten muß gegenüber Formulierungen betont werden, die n u r die eine Seite ansprechen, w i e H. P. Ipsen, i n : Planung I I , S. 87, w o von der staatlichen Verantwortung für das Funktionieren der Wirtschaft i n ihrer Gesamtheit 4 u n d dem daraus abgeleiteten Verfassungsauftrag zur Wachstumsvorsorge die Rede ist. Diese Bemerkungen beschränken sich auf den prinzipiellen Sachverhalt, daß die staatlichen Steuerungsbefugnisse auch i n Bereichen, die staatlicher V e r a n t w o r t u n g unterliegen, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unbegrenzt gesteigert werden können. D a m i t ist keineswegs zugleich das gegenwärtige Ausmaß staatlicher Steuerung gegenüber gesellschaftlich-wirtschaftlichen Prozessen als ausreichend oder als das M a x i m u m des Zulässigen behauptet; i m Gegenteil spricht einiges dafür, daß gerade i n der Bundesrepublik die Instrumente einer direkten staatlichen Regulierung privatwirtschaftlicher Sektoren unterentwickelt sind (so zu Recht F. W. Scharpf, i n : Handbuch der Verwaltung, Heft 2.3, S. 4 f.). 41 Z w a r könnte ζ. B. die Verkehrsplanung i n einem vordergründigen Sinne aufgestellte Verkehrswegepläne unabhängig von den Wünschen der Benutzer durchsetzen. Verkehrsplanung erstrebt aber längst über die H e r stellung v o n Verkehrsanlagen hinausgehende Ziele (ζ. B. U m l e n k u n g des I n dividualverkehrs auf öffentlichen Nahverkehr, raumordnerische Wirkungen) u n d i h r Eintreten ist konsensabhängig.
1. Abschn.:
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Sind die Steuerungsmöglichkeiten des Staates insgesamt begrenzt, so sind es auch die der einzelnen planenden öffentlichen Institutionen; und ebenso sind diese einzelnen Planungsträger auf Konsens angewiesen. Dies hat Konsequenzen auch für die inneradministrativen Beziehungen, die durch die Output-Orientierung und Planung eine gesteigerte Bedeutung erhalten haben: K a n n die Raum- und Entwicklungsplanung insgesamt nicht die Erreichung ihrer Strukturziele entgegen den Wünschen und freien Entscheidungen der einzelnen erzwingen, so hat es auch keinen Sinn, wenn innerhalb der staatlichen A d m i nistration, zwischen den Ebenen u n d Bereichen der verschiedenen Planungen und Planungsträger der Versuch strikter Determiniertheit und des Abschneidens von Gestaltungsspielräumen gemacht würde. Wie oben ausgeführt 42 , bedürfen die übergeordneten Zielsetzungen und Programme der inhaltlichen Vertiefung und Konkretisierung für die spezifischen Verhältnisse der Teilräume und der Fachbelange; deshalb müssen auch die örtlich näheren und fachlich spezialisierteren Institutionen Gestaltungsspielräume haben, u m den konkreten Bedürfnissen der Bevölkerung des Teilraumes oder des betreffenden Fachkreises gerecht werden zu können. Anderenfalls müßten sie als ebenfalls konsensabhängige Institutionen beim Versuch der Planung und Steuerung i n ihrem Kompetenzbereich schon i m Ansatz scheitern. I n einer pluralistischen und freiheitlich organisierten Gesellschaft, die die A r t i k u l a t i o n unterschiedlicher Interessen und regionaler bzw. lokaler Eigentümlichkeiten zur Voraussetzung hat und sie zugleich anerkennt, müssen Spielräume für eine Vielzahl von Konsensbildungsprozessen vorhanden sein 43 . Planungssysteme müssen deshalb als Netze organisiert sein, die Differenzierungen sensibel aufnehmen können und deshalb auch ihrerseits differenziert und dezentralisiert aufgebaut sind. M i t diesem Postulat verträgt sich nicht die Vorstellung einer strengen Hierarchisierung und deduktiven Ableitbarkeit der Pläne der unterschiedlichen Ebenen und Bereiche von oben nach unten und von den umfassenden Konzepten zu den fachlich eingeschränkteren Programmen 4 4 . Wenn ζ. B. die staatliche Raum- und Entwicklungsplanung ins42
Vgl. oben I I . 2. Z u r Notwendigkeit u n d den strukturellen Folgen der Differenziertheit der politischen Z i e l - u n d Handlungssysteme i n pluralistischen K o n k u r r e n z demokratien u n d der entsprechenden institutionellen Differenzierung grundsätzlich s. Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 25 ff., 29 ff., 33 ff., insbes. 28 f., 33. 44 Dies ist nachdrücklich herausgearbeitet worden v o n R.-R. Grauhahn, Z u r S t r u k t u r der planenden Verwaltung, Stadtbauwelt 25/26, 1969, S. 132 ff.; ders., i n : Gesellschaftlicher Wandel u n d politische Innovation, 1972, S. 85 ff. — Unglücklich ist deshalb die generelle Aussage v o n Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesplanerischen Planungsgebots f ü r Gemeinden, 1975, S. 11 f., daß ,die Raumordnung i n gewisser Hinsicht sachim43
§ 7 Planung als Form zielorientierter Systemsteuerung
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gesamt wegen der relativ autonomen Wahlentscheidungen der einzelnen nicht angeben können, durch welche genauen M i t t e l und Wege die gesetzten Ziele erfüllt werden können, dann ist es auch sinnlos und nicht machbar, wenn die zentrale Landesplanung der Regionalplanung und diese der kommunalen Planung die M i t t e l und Wege vollständig, strikt und alternativenlos vorschreiben wollte. Eben wegen dieser Situation wachsen die verschiedenen Planungen der einzelnen Ebenen und Bereiche auch nicht zu einer einheitlichen, einstufigen und sachlich umfassenden Gesamtplanung zusammen; die Komplexität und K o m p l i ziertheit der Verhältnisse kann durch einen zentralen, konzeptionellen Zugriff nicht bewältigt werden. Als Fazit ergibt sich, daß die Vorstellung von Plan(ungs)-hierarchien mißverständlich ist und immer der Ergänzung durch die andere Vorstellung bedarf, daß die übergeordnete Planung Rahmenplanung 45 ist und bleiben muß. Als solche setzen Planungen der oberen Ebene und des umfassenderen Bereichs inhaltliche Vorgaben aus der Sicht des größeren Raumes und des allgemeineren Konzepts. Anders ist es nicht zu gewährleisten, daß die verschiedenen administrativen Einheiten von denselben Analysedaten, Prognoseannahmen und Zielen ausgehen 46 . Die Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung dürfen mehrere Planungs- und Verwaltungsträger für ein und denselben Raum nicht u n terschiedlich ansetzen, wenn ein Mindestmaß an sachlicher Gleichgerichtetheit und Abstimmung gesichert sein soll. Zwischen diesen sachlichen Notwendigkeiten und einer effektiven Hierarchisierung der Plamanent zu hierarchischer Organisation u n d zentralistischer Funktionsweise tendiert'. Die sofort erforderliche Einschränkung dieser Aussage k a n n den verfehlten primären Ansatz nicht ausreichend korrigieren. — I n einem anderen Zusammenhang — Beschreibung eines Systems einer integrierten E n t wicklungsplanung — wendet sich auch F. Wagener gegen die Vorstellung einer hierarchischen Vollharmonisierung des Gesamtplanungssystems der fünf administrativen Ebenen: Bund, Länder, Regionen, Kreise u n d Gemeinden; er lehnt überhaupt jede Hierarchievorstellung vertikaler A r t i n der Entwicklungsplanung ab, i n : Politikverflechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, 1975, S. 164 f. Folgerichtig fordert Wagener demgegenüber die Beschränkung auf rahmensetzende Planung u n d stellt die Notwendigkeit der Mehr-Ebenen-Planung heraus. Z u diesem Konzept vgl. unten § 11 I I I u n d § 19 I 2. 45 Z u diesem zentralen Begriff vgl. ausführlich unten § 9 I I 2. 46 I n der gegenwärtigen Planungspraxis ist dies keinesfalls schon gewährleistet. Verschiedene Fachplanungsträger u n d unterschiedliche Ebenen der Planung operieren ζ. B. durchaus m i t sehr divergierenden A n n a h m e n zu den Bevölkerungszahlen. I m Rahmen der Vorüberlegungen zu einer Novellierung des ROG w i r d deshalb erwogen, dem B u n d die Möglichkeit zur einseitigen u n d einheitlichen Vorgabe von Daten zur Bevölkerungsentwicklung zu geben; zu den damit verbundenen Schwierigkeiten innerhalb eines förderalistisdien Systems vgl. R. Buchsbaum, Z u r verfassungsrechtlichen Problematik regionalisierter Zielprojektionen, Informationen zur Raumentwicklung 1975, S. 189 ff.
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Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
nungen liegt aber ein ganzes Spektrum konkreter und den Rahmencharakter der Bindungen nicht überschreitender Zuordnungen zwischen den einzelnen Ebenen u n d Bereichen. Das planungstheoretische und zugleich auch rechtliche Grundproblem der Organisation von Planungssystemen liegt deshalb nicht i n der Entscheidung zwischen Totalplanung oder Unabgestimmtheit i m Verhältnis der Planungsebenen und -bereiche zueinander, sondern i n der Bestimmung der sachlichen und rechtlichen Bedingungen für eine der dezentralen administrativen Struktur freundlichen Organisation des Planungssystems.
§ 8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen Die Darlegungen zur Einbettung der Planung und der Pläne i n die umfassenden Steuerungszusammenhänge der Output-Orientierung haben den Rahmen und den Systemzusammenhang für eine Funktionsund Wirkungsanalyse von einzelnen Planungen und Plänen abgesteckt, indem sie Merkmale der Planung als eines explizit ziel-orientierten Steuerungsinstruments herausgearbeitet haben. Damit ist zugleich ein erster Schritt i m langen, aber unerläßlichen Weg getan, Überlegungen zur gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Planung i n nachvollziehbaren Etappen für die Verwaltungsrechtsdogmatik verwertbar zu machen. I n einem weiteren Schritt sind die Programmierungsanforderungen, die sich aus der spezifischen Zielorientiertheit der Planung ergeben, zu präzisieren, und zwar m i t dem Ziel, den Entscheidung sgehalt von Plänen und — soweit einzelne Pläne, wie es häufig der Fall ist, den gesamten Steuerungszusammenhang nicht umfassen — den Progframmierungfszusammenhang (§ 9), i n dem ein einzelner Plan m i t anderen Plänen oder m i t anderen Handlungsinstrumenten steht, zu klären. I. 1. Die explizite Zielorientiertheit der Planung erfordert besondere Koordinationsleistungen. Z u einem nicht unerheblichen Teil bestehen diese i n Vorgängen der Prozeßsteuerung, durch die i m alltäglichen administrativen Handeln die Berücksichtigung von Zielen gesichert werden soll, ohne daß es zur Ausarbeitung von formalisierten Handlungsinstrumenten kommt 1 . Formeller Pläne bedient sich die Planung, wie oben erwähnt 2 , wenn es darum geht, anspruchsvollere in1 Besonders i m Zusammenhang m i t der Aufgabenplanung hat R. Jochimsen auf diese Rolle der Planung als Prozeßsteuerung hingewiesen u n d ist zu Recht der Auffassung entgegengetreten, daß sich Planung, zumal k o m plexe Planung, i n der Produktion von Plänen erschöpfe, i n : Parlamentarische Kontrolle der Regierungsplanung, hrsg. v. Präsidenten des Landtages NW, 1973, S. 51 - 54. 2 Vgl. dazu oben § 7 I I .
§ 8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen
79
haltliche Integrationsleistungen zu erzielen und sie zeitlich und personell zu generalisieren, also die Abstimmung gegenüber einer Vielzahl von Handlungssubjekten auf relative Dauer zu stellen. Diese Funktion können Pläne deshalb erfüllen, weil ihr spezifischer Gehalt i n der Abstimmung von (zu M i t t e l n erklärten) Programmen und Maßnahmen besteht. Diese i n der Literatur häufig und schon frühzeitig herausgearbeitete Abstimmungsfunktion 3 hängt unmittelbar m i t der Zielorientiertheit der Planung zusammen. Wenn nämlich Planung eine Steuerung gemäß konkretisierter Leistungsziele erstrebt, wenn sie nicht nur Handlungsabläufe i n der ungewissen Erwartung ermöglichen w i l l , daß sich gewünschte Ergebnisse einstellen, sondern von solchen gewünschten Ergebnissen her die Handlungsabläufe steuern w i l l , dann müssen diese Handlungsabläufe in ihrem Zusammenwirken Gegenstand der Programmierung, Gegenstand einer sie abstimmenden Programmierung werden. Durch die Ausrichtung auf ein Ziel erhalten eine Vielzahl von unterschiedlichen Handlungsabläufen nicht nur je für sich eine i n haltliche (Über)Determination, sondern alle zusammen einen einheitlichen Bezugspunkt; sie werden M i t t e l zur Erreichung des Zieles. Konkrete Ziele bestimmen für die Gesamtheit der M i t t e l das gemeinsame Ergebnis, die Wirkungen, die alle i n Frage kommenden M i t t e l zusammen erfüllen sollen. Deshalb bringt das gemeinsam zu erfüllende Ziel die M i t t e l i n einen inhaltlichen Zusammenhang untereinander 4 . Sie stehen dabei, was ihren Beitrag zur Zielverwirklichung angeht, i n den unterschiedlichen Beziehungen der Neutralität, der Komplementarität oder des Konfliktverhältnisses zueinander. Wenn i m Plan die Zielverwirklichung insgesamt programmiert werden soll, dann kommt es entscheidend darauf an, eine Mittelkombination zu bilden, also die A r t und 3 Z u r Abstimmungs- u n d Koordinationsfunktion: Imboden, W D S t R L 18 (1960), S. 123 f. (,Der Plan ist ein Instrument nichtrechtssatzmäßiger i n h a l t licher Koordinierung v o n ermessensweise getroffenen Einzelverfügungen'); Obermayer, ebd. S. 149 (im Plan steht eine Reihe v o n Maßnahmen i n einem unauflösbaren Verhältnis gegenseitiger Ergänzung u n d Abhängigkeit zueinander), sowie der zustimmende Diskussionsbeitrag v o n Bachof, ebd., S. 192. 4 I n der Diskussion u m den Bebauungsplan ist dieses M e r k m a l besonders pointiert herausgestellt worden i n Formulierungen, daß Planung stets V e r fügung über eine zur Ganzheit verschmolzene Summe v o n Gütern sei (so Imboden, ebd., S. 140) oder eine »rechtliche Schicksalsgemeinschaft' bewirke (Ipsen, Diskussionsbeitrag, ebd., S. 181 f.; Bachof u n d Kaiser, ebd., S. 192 u. 194; auch Badura, i n : FS Bay.VerfGH S. 166). Diese Kennzeichnungen treffen f ü r die bodennutzungsregelnde Bauleitplanung m i t ihren unmittelbaren rechtlichen W i r k u n g e n gegenüber den Grundstückseigentümern zu, lassen sich aber nicht ohne weiteres auf andere Planungen generalisieren. Nachbarschaftsverhältnisse gibt es zwar nicht n u r zwischen Grundstücken, sondern auch zwischen Gemeinden i n bezug auf ihre Planungshoheit (vgl. dazu das sog. Krabbenkampurteil des BVerwG, B V e r w G E 40, S. 323, u n d W. Hoppe, i n : FS Scupin, 1973, S. 121 ff.) oder i n grenzüberschreitender R a u m ordnung; sie haben aber nicht die starke normative Verdichtung w i e bei der Bodennutzungsplanung erfahren.
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
Weise festzulegen, i n der die einzelnen M i t t e l zur inhaltlichen Erreichung der Ziele beitragen. Der Programmierungsaufwand stellt sich noch umfangreicher dar, wenn man die bisherige stillschweigend unterstellte Beschränkung auf ein angesteuertes Ziel als Bezugspunkt der Programmierung von M i t teln aufgibt und zum Normalbild komplexer Planungen, zur Pluralität von Zielen übergeht. Zusätzliche Entscheidungsbedürfnisse entstehen dann zunächst auf der Zielebene selbst, wo sich die oben erwähnten Beziehungen der Komplementarität, Neutralität und des K o n f l i k t verhältnisses wiederholen und eine u m so größere Varietät der möglichen Relationen und damit der Entscheidungsnotwendigkeiten eröffnen, je mehr Ziele genannt werden 5 . Und auf der Mittelebene erweitert sich die Zahl der zu beachtenden Relationen, w e i l die Eignung der M i t t e l für alle i n Frage kommenden Ziele untersucht werden muß und die Mittelkombinationen i m Hinblick auf eine Pluralität von Zielen verknüpft und optimiert werden müssen. Zusammenfassend läßt sich festhalten: Die Zielorientiertheit der Planung verlangt die Bildung von Mittelkombinationen, i m Idealfall die Optimierung von Mittelkombinationen. Die Programmierung beschränkt sich nicht darauf, verschiedene Handlungsabläufe darauf auszurichten, daß sie überhaupt einen Zielverwirklichungsbeitrag leisten, sondern sie erstreckt sich auf die viel gehaltvollere Aufgabe der Verknüpfung von M i t t e l n untereinander. Die inhaltliche Leistungsfähigkeit von Plänen steigt u m so mehr, je mehr i n ihnen diese K o m bination von M i t t e l n erfaßt und operationalisiert ist. Es liegt auf der Hand, daß i n der Planungspraxis insofern sehr unterschiedlich dichte Abstimmungsleistungen vorkommen; hier geht es jedoch allein um das Prinzip. 2. Liegt der K e r n der Programmierungsaufgabe bei Zielorientiertheit, bei komplexen Zweckprogrammen, i n der Kombinationsaufgabe, dann haben die beträchtlichen Gestaltungsspielräume, die bei Zweckprogrammen auftreten, i n der großen Varietät dieser Kombinationsmöglichkeiten, sobald mehrere Ziele u n d mehrere M i t t e l i n Frage kommen, ihren Grund. Diese Spielräume bleiben auch bestehen, wenn man die Ziele und die Mittelkategorien ausdrücklich normiert, so wie es etwa i n § 1 BBauG für die Aufgabe und die Grundsätze der Bauleitplanung und i n § 9 BBauG und der ΒaunutzungsVerordnung für die Mittelkategorien geschehen ist. Abgesehen davon, daß die Zielsetzung 5 Diese Erkenntnis der Entscheidungstheorie hat Oberndorfer, Strukturprobleme des Raumordnungsrechts, Die V e r w a l t u n g Bd. 5 (1972), S. 286 f ü r das Planungsrecht fruchtbar gemacht; ausführlich jetzt auch: Fröhler / Oberndorfer, österreichisches Raumordnungsrecht, 1975, S. 33 f., 45 f. u n d insgesamt S. 19 - 56.
§ 8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen
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der Bauleitplanung damit noch lange nicht operationalisiert ist, schon gar nicht für ein bestimmtes Gebiet, sind damit nur die Mittelkategorien, die möglichen Planungselemente und ihre abstrakten Funktionen umschrieben; es bleibt, die Konkretisierung der Ziele und der Mittelkategorien zu leisten, und es bleibt vor allem die Zahl der möglichen Kombinationen hoch. Noch mehr als das: M i t der Zahl der festgelegten Ziele und Mittelkategorien steigt die Zahl der Ziel-, Mittelund Ziel-Mittel-Beziehungen. Die Auswahl der zugelassenen Mittelkategorien reduziert deshalb bei einer Normierung wie i n den genannten Vorschriften den Gestaltungsspielraum, was die hohe Zahl der Kombinationen angeht, nicht entscheidend 6 . Gerade aber wegen dieser hohen Varietät der Entscheidungsmöglichkeiten ist der formalisierte Plan funktional erforderlich, weil er das Handlungsinstrument ist, das die ausgewählte Kombination von M i t t e l n festlegt und festhält und gegenüber der Möglichkeit, alternative Kombinationen zu wählen und zu verwirklichen, sichert. Diese Funktion, eine hergestellte Abstimmung zwischen M i t t e l n auszudrücken, prägt den Entscheidungsgehalt des Planes. Der Gehalt kann nicht i n jeweils isolierte Aussagen über die einzelnen Mittel und Elemente aufgelöst werden, ein Umstand, der sich bei Änderungs- und Ersetzungsüberlegungen zeigt, die sich meist nicht auf das einzelne M i t t e l für sich allein, sondern regelmäßig auf die Auswirkungen auf andere M i t t e l erstrecken müssen 7 . 3. Von der i m Mittelpunkt der Programmierungsaufgabe des Planes stehenden Abstimmungsleistung erschließt sich auch ein anderes Merkmal des Handlungsinstrumentes Plan, das hier am Beispiel der Raum(entwicklungs)planung näher dargelegt werden soll. Deren Ziele sind häufig Strukturziele. Sie legen eine anzustrebende räumliche Struktur eines Raumes als Ziel der Planung fest. Dies geschieht dadurch, daß Planungselemente definiert werden, wie die des zentralen Ortes oder des Entwicklungsschwerpunktes, die die räumliche Funktion eines Ortes i m größeren Raum beschreiben. Eine konkrete Planung besteht i n der Zuweisung von spezifischen Planungselementen an die einzelnen β
Die Fixierung von Mittelkategorien beseitigt dagegen das grundsätzliche rechtsstaatliche Unbehagen an den Zweckprogrammen, das sich gegen die befürchtete Wiederholung der ,polizeistaatlichen Folgerungsweise' (O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Aufl., Bd. 1, S. 284 Fn. 20), gegen den uferlosen Schluß v o m Zweck auf die beliebigen M i t t e l richtet. Die Furcht vor dem Satz, daß der Zweck das M i t t e l heilige, steht jedoch zu Unrecht u n d zu undifferenziert i m Vordergrund verfassungstheoretischen Interesses am Zweckprogramm. Die Eingrenzung der M i t t e l auf j e für sich rechtlich zulässige Maßnahmen läßt sich relativ leicht programmieren; zur erheblichen Bedeutung dieser rechtlichen Eingrenzung für die K o n s t r u k t i o n von Planungssystemen ausführlich unten § 13. Entscheidend ist hier, daß bei der K o m b i n a t i o n erlaubter M i t t e l große Spielräume bleiben. 7 Z u Überlegungen f ü r eine besondere D o k t r i n der Rechtsfehler, vgl. oben § 4 Fn. 12. 6 Wahl I
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
konkreten Planungsobjekte, ζ. B. an konkrete Orte. Die abgestimmte planerische Ordnung entsteht aus der Zuordnung verschiedener Planungsobjekte, die je eine konkrete Funktion erhalten haben, zueinander. Bei der dabei notwendigen Abstimmung von Planungsobjekten auf konkretisierte Ziele h i n müssen die einzelnen Objekte i n ihren für die Ziele spezifischen individuellen Eigenarten erfaßt werden 8 . Die A b stimmung von Beiträgen zur Zielverwirklichung kann nicht auf der Grundlage ihrer generellen und abstrakten Merkmale, nicht auf der Basis der jedem Objekt gleichen Merkmale geschehen. Wenn die Verknüpfung von Planungsobjekten durch Zuordnung von unterschiedlichen Planungselementen die Erreichung von konkreten Zielen ermöglichen soll, dann muß der Plan die einzelnen, dem Programm unterliegenden Objekte ansprechen, i n ihren individuellen Merkmalen analysieren und dann miteinander verknüpfen. Bei der planerischen Kombinationsaufgabe interessiert der spezifische individuelle Zielverwirklichungsbeitrag jedes Objekts, nicht die bei generalisierender Betrachtung sich möglicherweise herausstellende gleiche abstrakte Eignung aller Objekte. Die Individualisierung der einzelnen Objekte 9 ist auch deshalb aus prinzipiellen Gründen gefordert, w e i l die Abarbeitung von Ziel- und Zielmittelkonflikten nur durch konkrete Wertentscheidungen möglich ist 1 0 . Diese Charakterisierung steht nicht i n Widerspruch zu der oben getroffenen Kennzeichnung, daß sich komplexe Planung auf aggregierte Daten bezieht u n d als Rahmenplanung n u r einen T e i l der entscheidungsbedürftigen Probleme abarbeitet. Komplexere Planungen bauen auf weniger umfassenden oder örtlich beschränkteren Planungen nicht dadurch auf, daß sie f ü r dieselben Objekte allgemeinere Aussagen machen u n d sie i n größere sachliche Zusammenhänge stellen. Die i m m e r weitere Interdependenzen berücksichtigende R a u m - u n d Entwicklungsplanung auf der zentralen Ebene programmiert nicht dieselben Objekte w i e die Bauleitplanung: Statt parzellenscharfer Regelungen f ü r Grundstücke bezieht sie ihre Aussagen auf ganze Orte, Regionen oder Teilräume eines Landes u n d ihre Funktionen. Die größeren Abstraktionsleistungen der komplexen übergeordneten Planungen entstehen dadurch, daß die Systembildung auf einem abstrakteren Niveau angesiedelt ist, daß als Objekte aggregiertere Bezugsgrößen fungieren. Die auch u n d gerade für die komplexeren Planungen typischen Verknüpfungsleistungen beziehen sich aber auch bei ihnen auf die aggregierten Größen i n ihrer I n d i v i d u a l i t ä t (relativ zur Systemebene gesehen). Zentrale Landesplanung regelt so nicht die denkbaren u n d abstrakten Beziehungen z w i 8 Vgl. C. Frühen, Rechtsfragen der Landesplanung i n Nordrhein-Westfalen, Diss. Münster 1975, S. 135: Der Plan ist konkretistisch angelegt. 9 I m H i n b l i c k auf die von den Zielen angesprochenen Aspekte. 10 Widersprüchlichkeiten zwischen operationalen Zielen sind immer n u r i m Zusammenhang m i t einer Maßnahme feststellbar, so treffend Brösse, i n : Theorie u n d Praxis bei der Abgrenzung von Planungsräumen, S. 27 f.; ders., Ziele i n der Regionalpolitik u n d i n der Raumordnungspolitik, S. 72 ff.; ders., Raumordnungspolitik, S. 42 f.
§ 8 Der Entscheidungsgehaìt von Planen
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sehen zentralen Orten unterschiedlicher Größe oder zwischen unterschiedlich strukturierten Regionen, sondern die konkreten räumlichen Beziehungen zwischen den individuellen Orten u n d Regionen des Planungsgebietes.
II. 1. Erweist sich die geschilderte Abstimmungsleistung als zentrales Merkmal der Handlungsstruktur von Plänen, dann entscheidet sich die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Pläne den traditionellen Handlungsformen zuzuordnen, danach, ob diese der Koordinations- und A b stimmungsfunktion gerecht werden und sie abbilden können. Als t y pisch für die Abstimmung kann die Regelungsform gelten, daß alle konkreten Objekte, die der Programmierung unterworfen sind, i n ihrem Beitrag zur Erfüllung von Zielen verknüpft werden. Dieser Beitrag der einzelnen Objekte ergibt sich dabei nicht aus ihrer isolierten Beziehung zum Ziel, sondern er hängt auch von den Wechselbeziehungen aller Objekte untereinander ab. Rechtssätze i m Sinne des herrschenden Verständnisses, wie es bei der Abgrenzung des Rechtscharakters von Verwaltungshandeln i m Schema Rechtssatz — Einzelakt Anwendung findet, regeln dagegen das für jeden denkbaren Fall Geltende und Zutreffende. Dabei sind zwar die beschränkenden liberalen Anforderungen des allgemeinen und generellen Charakters des Gesetzes längst abgeschliffen und der Zugriff auf konkretere Lagen und speziellere Gruppen i m sozialstaatlich motivierten Gesetz zulässig und zur Regel geworden: erhalten geblieben ist jedoch als Grundstruktur, daß die Verhältnisse von jedem Mitglied der Gruppe i n seinem isolierten Verhalten geregelt werden. Die Verhaltensregelung betrifft jeden der angesprochenen Gruppe als einzelnen, unabhängig davon, wann und wo er handelt, unabhängig davon, ob er allein oder mehrere zusammen oder alle handeln: Für jeden t r i f f t das i m Gesetz grundsätzlich und i n Grundsätzen Geregelte zu; Konkretisierungen i m Einzelfall nach den konkret-individuellen Verhältnissen können i m einzelnen nur innerhalb dieses Rahmens variieren 1 1 . Kurz: Die gesetzlichen Verhaltensregelungen entsprechen dem vielzitierten konditionalen Wenn-Dann-Schema. Die Kehrseite und zugleich das Unvermögen dieser Regelungsform ist, daß sie Probleme des zeitlichen Nacheinanders 12} des Miteinanders und der räumlichen Bezie11 Vollzugsakte können insbesondere nicht aus Gründen der Beziehungen der Regelunterworfenen untereinander, zur Herstellung einer konkreten abgestimmten Ordnung unter ihnen, dem einen mehr Belastungen zumuten u n d den anderen entlasten. 12 Daß bei konditionaler Programmierung, w i e bei Vergaberichtlinien von Zweckzuschüssen eines Landes gegenüber Gemeinden, eine zeitliche Steuerung ausbleibt u n d — beim Fehlen von direkten Handlungspflichten — auch die Inangriffnahme von Projekten überhaupt nicht gesichert ist, weisen anhand einer Fallstudie zum Kläranlagenbau i m b. w. Bodenseeraum Scharpf / Mehwald / Schmitges / Schwarz, Strukturelle Ineffizienz i n der P o l i t i k v e r flechtung zwischen L a n d u n d Kommunen, Ms B e r l i n 1973, nach; vgl. dazu
6*
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
hungert n i c h t erfassen k a n n , eben deshalb, w e i l sie d e n E i n t r i t t der Rechtsfolge j e d e s m a l a n o r d n e t , w a n n i m m e r , w o i m m e r u n d w i e i m m e r d e r T a t b e s t a n d v e r w i r k l i c h t w i r d 1 3 . D e s h a l b k ö n n e n aber auch b e i k o n d i t i o n a l e r P r o g r a m m i e r u n g die Ergebnisse, die das geregelte V e r h a l t e n i n e i n e m g r ö ß e r e n S y s t e m z u s a m m e n h a n g b e w i r k t , n i c h t erfaßt u n d n i c h t z u m B e z u g s p u n k t d e r S t e u e r u n g gemacht w e r d e n . K o n d i t i o n a l e P r o g r a m m i e r u n g k a n n z i e l o r i e n t i e r t n u r i m n e g a t i v e n S i n n e sein, i n d e m sie d e n E i n t r i t t u n e r w ü n s c h t e r Z i e l e v e r h i n d e r t . Das E r r e i c h e n p o s i t i v e r Z i e l e k a n n sie n u r e r m ö g l i c h e n , n i c h t aber d i r e k t s t e u e r n 1 4 . D i e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t k o n d i t i o n a l e r P r o g r a m m i e r u n g i s t h i e r sicherl i c h z u p o i n t i e r t , w e i l a u f ,reine' F o r m e n zugeschnitten, d a r g e s t e l l t . D e r tatsächliche A n w e n d u n g s b e r e i c h d e r K o n d i t i o n a l p r o g r a m m e i s t durch die E i n r ä u m u n g v o n Ermessensspielräumen u n d durch die A u f nahme v o n generalklauselartigen unbestimmten Rechtsbegriffen stark e r w e i t e r t . B e i e i n e r H ä u f u n g solcher B e g r i f f e i n n e r h a l b e i n e r N o r m , insbesondere b e i e i n e r Ü b e r f r a c h t u n g m i t G e m e i n w o h l b e g r i f f e n 1 5 , l i e g t n u r noch d i e äußere F o r m eines K o n d i t i o n a l p r o g r a m m s v o r . D i e V o r t e i l e d e r P r o g r a m m f o r m , d i e V o r h e r s e h b a r k e i t d e r R e g e l u n g u n d die B i n d u n g der V e r w a l t u n g sind verlorengegangen. Natürlich k a n n dann ζ. B. i n einer die Genehmigung von Atomanlagen regelnden N o r m die Standortfrage i n der typisch konditionalen F o r m gereauch Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 94. 13 A m ausgeprägtesten erweist sich die Verhaltensregelung als zeitlose, o r t lose u n d Einzelfälle isolierende Regelung beim I n s t i t u t des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Die formelle Schranke des Verbots ist immer dann zu heben, w e n n n u r der einzelne F a l l für sich den Tatbestandsvoraussetzungen genügt. Dem Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis steht nicht entgegen, daß sich viele andere Personen i n der gleichen Lage befinden und daher den gleichen Anspruch geltend machen können (so z.B. BVerwG, U. v. 24. 6.1975, D Ö V 1975, S. 709 ff., 710). Anders ist die Situation bei K n a p p heit u n d Mangel an (öffentlichen) Gütern; zu den Problemen der Güterverteilung u n d der »Verwaltung des Mangels', die bezeichnenderweise bisher rechtlich nicht bewältigt sind u n d bei denen zu oft der grobe, staatlich nicht gesteuerte Maßstab der zeitlichen Priorität benützt w i r d , ausführlich Ch. Tomuschat, Güterverteilung als rechtliches Problem, Der Staat 12 (1973), S. 433 ff., insbes. S. 438 ff., 454 f. u n d W. Berg, Die V e r w a l t u n g des Mangels, Der Staat 15 (1976), S. 13 ff., insbes. S. 16. 14 Entsprechend besteht ,die Ordnung', die ein Gesetz einem Sachbereich nach der liberalen D o k t r i n v o m Rechtsgesetz gibt, i n der Normierung der Voraussetzungen freier Betätigung der einzelnen. Wenn demgegenüber häufig von der Gesamtordnung gesprochen w i r d , die Pläne anzielen, so sind dam i t die Ergebnisse, die W i r k u n g e n des Verhaltens gemeint, w e n n auch der Ausdruck Gesamtordnung mißverständlich ist, w e i l er eine intensive u m fassende Regelung unterstellt. 15 Ausdruck von Häberle, öffentliche Interessen, S. 56, i m Hinblick auf § 1 ROG gebraucht; er ist aber dort insofern fehl am Platz, w e i l dort nicht unmittelbar Einzelentscheidungen programmiert werden, sondern D i r e k t i v e n für Planungen gegeben werden; siehe unten § 16 I I . 2.
§ 8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen
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gelt werden, wonach die Genehmigung nur erteilt werden darf, „ w e n n überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere i m Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der L u f t u n d des Bodens, der W a h l des Standorts der A n lage nicht entgegenstehen" ( § 7 1 Nr. 5 AtomG). N u r ist damit eben nichts Entscheidendes w i r k l i c h geregelt. Dieselbe Vorschrift, als D i r e k t i v e für eine Standortplanung formuliert, zusammen m i t einer solchen Standortplanung würde erst Bestimmtheit u n d Vorhersehbarkeit bringen. Ohne die Z w i schenschaltung einer A b s t i m m u n g der pluralisierten öffentlichen Interessen i n einer Planung verlangt eine solche, n u r scheinbar konditional programmierte Standortregelung die Abarbeitung der gesamten materiell-planerischen Gestaltungsspielräume i m punktuellen Einzelfall, ohne daß die Rationalitätsgewinne einer umfassenden Planung u n d eines aufwendigen Planungsverfahrens gegeben wären. Insofern erweisen solche Normierungen gerade nicht die Eignung der konditionalen Programmierung f ü r materiellplanerische Entscheidungsprozesse, sondern sie verweisen i n einer n u r w e nig kontrollierbaren Weise auf Programme außerhalb der Norm. 2. N o c h w e n i g e r als das t a t b e s t a n d l i c h f o r m u l i e r t e Gesetz k a n n d i e e i n z e l f a l l o r i e n t i e r t e H a n d l u n g s f o r m des V e r w a l t u n g s a k t e s K o o r d i n a t i o n s l e i s t u n g e n erfassen. D e r V e r w a l t u n g s a k t s p r i c h t nach d e r v i e l z i t i e r t e n u n d i m m e r noch t r e f f e n d e n D e f i n i t i o n v o n O. Mayer aus, w a s i m E i n z e l f a l l f ü r d e n e i n z e l n e n rechtens i s t 1 6 , u n d das heißt, w a s i m i s o l i e r t gedachten E i n z e l f a l l , w a n n i m m e r u n d w o i m m e r er e i n t r i t t , rechtens ist. A u c h d u r c h eine S u m m i e r u n g v o n V e r w a l t u n g s a k t e n k a n n e i n generelles P r o g r a m m n u r f ü r j e d e n E i n z e l f a l l f ü r sich g e n o m m e n i m H i n b l i c k a u f d i e j e speziellen V e r h ä l t n i s s e k o n k r e t i s i e r t w e r d e n ; dagegen k ö n n e n d i e Rechtsfolgen n i c h t i m Interesse e i n e r a b g e s t i m m t e n O r d n u n g zwischen den Regelungsunterworfenen bzw. Regelungsobjekten v a r i i e r t w e r d e n 1 7 ; auch E r m e s s e n s s p i e l r ä u m e k a n n die V e r w a l t u n g w e g e n der G l e i c h h e i t s b i n d u n g n i c h t z u r E r r e i c h u n g v o n K o o r d i n a t i o n s leistungen benutzen18. 16 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, 1. Aufl. 1895, S. 64 f., 95, 3. Aufl. 1923, S. 93; vollständig lautet die Definition: ,Verwaltungsakt ist ein der V e r w a l t u n g zugehöriger Ausspruch, der dem Unterthanen gegenüber i m Einzelfall bestimmt, was f ü r i h n Rechtens sein soll.' 17 So schon Ipsen, i n : Planung I I , S. 83. Vgl. auch Imboden, W D S t R L 18 (1960), S. 1231; Baischeit, Rechtsnatur des Planes, S. 53; M. Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, S. 20, u n d die Bemerkung von Badura, i n : FS Bay.VerfGH, S. 166, wonach Plan-Verwaltungskate eine von den klassischen Verwaltungsakten unterschiedene eigene Kategorie von Verwaltungsakten seien. Ausnahmsweise bietet das geltende Recht ein besonderes AusgleichsVerfahren zur Berücksichtigung des Nebeneinanders mehrerer miteinander konkurrierender Rechte, so i m Wasserrecht nach § 18 W H G ; es ist aber v i e l leicht auch kein Zufall, daß diese Vorschrift i n der Praxis keine Rolle spielt, so R. Breuer, öffentliches u n d privates Wasserrecht 1976, S. 101. 18 I m Baugenehmigungsverfahren können w o h l aus Gründen nachbarlicher Beziehungen Vorteilsausgleichungen zwischen benachbarten Grundstücken vorgenommen werden. Dabei werden aber grundsätzlich die Koordinationsleistungen des vorgegebenen Planes durch das planakzessorische I n s t r u mentarium (dazu unten § 9 I I I ) weitergedacht.
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
3. Der punktuelle Vollzug gehört notwendigerweise zum konditional programmierten Gesetz. Der Programmierungszusammenhang zwischen dem Hechtssatz und dem Einzelakt als seiner Konkretisierung ist gegenüber den Anforderungen einer Koordination abweisend. Die tatbestandliche Formulierung erfaßt generell-abstrakte Merkmale dadurch, daß sie Klassenbegriffe i m logischen Sinne bildet; die Einzelfallkonkretisierung fragt dann danach, ob der vorliegende Sachverhalt den Merkmalen des abstrakten Tatbestands entspricht, ob der konkrete Fall als Element der vom Tatbestand definierten Klasse gelten kann 1 9 . I m Konkretisierungs- und Rechtsanwendungsakt interessiert allein die Beziehung zwischen dem Fall als Element zum Tatbestand als Formulierung der Klasse. Beziehungen zwischen dem einen Fall und einem anderen tauchen nicht auf. Die logische Struktur des Planes dagegen besteht, wie erwähnt, i n der Bildung bzw. Optimierung von M i t t e l kombinationen i m Hinblick auf Ziele. Einzelne Regelungsobjekte interessieren nicht als Elemente einer generellen Klasse, sondern als Glied einer Kombination; i n der Abstimmung ist der Querbezug zwischen den Elementen untereinander nur herzustellen, wenn die Relationen zwischen ihnen systematisch erfaßt werden. Deren hohe Zahl begründet die Komplexität und Kompliziertheit der Entscheidungsprozesse, macht die planerische Abstimmung zu der geschilderten aufwendigen Programmform. 4. Wegen des dargelegten Unterschiedes i n der Grundstruktur zwischen tatbestandlich formulierter Norm und Einzelfallkonkretisierung einerseits und Plan andererseits begründen weder die erwähnte Individualisierung der Elemente i m Plan eine innere Nachbarschaft oder Vergleichbarkeit m i t dem Verwaltungsakt, noch die Herstellung einer Ordnung unter den Regelungselementen eine Entsprechung zur Norm. Das gesamte Schema der Entgegensetzung von Rechtssatz und Einzelakt, von generellen/abstrakten und individuellen/konkreten Merkmalen erweist sich als ungeeignet, die — individualisierte Elemente i m Hinblick auf ein Gesamtergebnis abstimmende — Programmierungsleistung des Plans zu erfassen 2 0 ' 2 1 . 19
Diese zusammenfassende Beschreibung zielt n u r scheinbar auf den Subsumtionsautomaten. Die Ermessensausübung kann aber, w i e oben i n Fn. 18 erwähnt, nicht generell zur Herstellung einer Koordination zwischen Einzelfällen benutzt werden. 20 Vgl. Schmidt-Aßmann, Planung unter dem Grundgesetz, D Ö V 1974, S. 545; Erichs en / Martens, i n : dies. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1977, S. 207; a. A. v. Mutius, i n : FS Wolff, S. 173 ff. 21 Die hier dargelegten Unterschiede zwischen der konditionalen u n d finalen Programmierung kennzeichnen nicht n u r die Differenz zwischen Rechtssätzen herkömmlicher A r t u n d Plänen, sie treffen zugleich auch f ü r das V e r hältnis der Pläne zu den traditionellen Verwaltungsvorschriften zu, die
§8 Der Entscheidungsgehalt von Plänen
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Damit entfällt aber gerade der K e r n des überkommenen Systems der Handlungsformen, ist zugleich der innere Zusammenhang zwischen den Handlungsformen aufgehoben, der allein es rechtfertigt, von einem ,System' der Handlungsformen zu sprechen: I m Zentrum dieses Systems steht nämlich ein spezifisches Verhältnis zwischen Gesetz und Vollzugsakt, das einen inhaltlich gehaltvollen Gesetzesbegriff voraussetzt. Das Schema Rechtssatz — Einzelakt und seine Eignung zur Bestimmung des Rechtscharakters von Verwaltungshandlungen i m Kontext formaler Kriterien beruht auf der Voraussetzung, daß durch die politisch orientierte Normsetzung das Wesentliche vorweg programmiert ist, so daß dem Vollzug die prinzipiell unpolitische Ausdifferenzierung i m Einzelfall innerhalb eines rechtsstaatlich relativ eng begrenzten Rahmens verbleibt. Nur unter dieser Prämisse kann man sich damit begnügen, das Parlament, das prinzipiell die politisch wichtigen Entscheidungen fällen soll, auf die Regelung der als generell und abstrakt definierten Rechtssätze zu beschränken. Eine Reihe rechtsstaatlicher Institute und Anforderungen, wie die Bedeutung des Gesetzes, des Gesetzesvorbehalts, der Stellung des Parlaments, der Vorhersehbarkeit des Regelungsgehalts für den einzelnen u. a. hat dieses Regelungsmuster zur Voraussetzung. Zwar sind auch Pläne häufig, wie erwähnt, durch Planungsgrundsätze, Verfahrens- und Organisationsregelungen i n Gesetzesform vorweg programmiert. Durch Plan(rechts)normen i n der A r t der §§ 1 BBauG, 2 ROG sind aber die inhaltlich ausschlaggebenden Entscheidungen noch nicht getroffen und inhaltlich nur wenig determiniert; ,Wichtiges' kommt erst i n den Zielkonkretisierungsprozessen und Abstimmungsvorgängen der Programmerstellung zur Entscheidung 22 . Deshalb ist der i m traditionellen System vorausgesetzte Programmierungszusammenhang zwischen generellem Gesetz und konkretisierendem Einzelakt bei Plänen nicht gegeben; die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die dadurch i m traditionellen System gesichert sind, müssen deshalb für die Pläne neu erarbeitet werden. Der Gefahr einer verkürzten Problemstellung kann man dabei nur entgehen, wenn man den Problemhorizont dieser Bemühungen ähnlich weit zieht, wie es sich beim traditionellen System der Handlungsformen als notwendig erwiesen hat. So wie dort der systemtragende Zusammenhang zwischen Gesetz und Vollziehungsakt auf dem Funktionszusammenhang einer Steuerung beruht, die die generelle Programmieebenfalls generelle Anordnungen für eine unbestimmte Z a h l von Einzelfällen treffen. 22 Vgl. dazu die schon oben § 5 Fn. 38 zitierte Formulierung von W. Schmidt, AöR Bd. 94 (1971), S. 331 ff., daß durch solche Zweckprogramme ein Problem erst formuliert, aber noch nicht i n seiner Lösung programmiert ist. Ähnlich schon Luhmann, Zweckbegriff u n d Systemrationalität, S. 179 f.
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
rung und die Einzelfallkonkretisierung als Einheit umfaßt, so sind auch h i e r d i e Programmierungszusammenhänge,
in denen
Pläne
stehen 2*,
in
den Mittelpunkt zu rücken. Diese Frage nach den A k t e n und Programmierungsinstrumenten, die Pläne partiell programmieren und die durch Pläne programmiert werden, vermeidet die isolierte Beurteilung des einzelnen Planes und stellt i h n i n den systematischen Zusammenhang, der erst das Heden von einem System der Handlungsformen sinnvoll macht. Unter Programmierungszusammenhängen sind dabei gezielte Verknüpfungen von Handlungsinstrumenten verstanden, die dadurch als einheitlicher Zusammenhang konstituiert sind, daß sie Teil einer Steuerung sind. Für Pläne muß deshalb nach dem bisher Dargelegten der gesamte Funktionszusammenhang der outputorientierten Steuerung maßgebend sein. Dieser Ansatz impliziert, wie i m folgenden näher auszuführen ist, Weiterungen der Problemstellung gegenüber den i n der Literatur sonst i m Vordergrund stehenden Themen. § 9 Programmierungszusammenhänge von Plänen I. 1. Programmierungszusammenhänge von Plänen sind bisher vorwiegend unter dem Stichwort der Zweckprogrammierung i m Hinblick auf das Verhältnis von Planrechtsnorm und Plan diskutiert worden 1 . Angesichts der beschränkten inhaltlichen Determinationskraft solcher Planrechtsnormen ist es um so wichtiger, weitere Programmierungszusammenhänge der Pläne zu analysieren, i n denen sich die Eigenarten der outputorientierten Steuerung ausdrücken. Der Funktionszusammenhang der outputorientierten Steuerung ist durch lange Handlungsketten gekennzeichnet 2 . Der weite Handlungsraum ist regelmäßig nicht durch ein Gesamtprogramm, sondern durch eine Mehrzahl von Programmierungsakten abgedeckt. Gerade für Planungen läßt sich die Notwendigkeit einer Pluralität von Programmierungsakten aus ihren bestimmmenden inhaltlichen Merkmalen ableiten: Die Abstimmung zwischen Elementen unter dem Aspekt von Zielen ist eine aufwendige Programmierungsart m i t u m so höheren sach23 Vgl. dazu die treffende Bemerkung von Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 547, daß die höherstufigen Pläne einen T e i l der Funktionen des Gesetzes i m Norm-Einzelakt-Schema übernehmen. 1 Vgl. dazu Steiger, i n : FS Wolff, 1973, S. 408 ff. 2 Deshalb ist Planung nicht bloß ,antizipierter Vollzug, mögliche E x e k u tion', wie Lecheler, V e r w a l t u n g als ,außerparlamentarische Gewalt', DÖV 1974, S. 444, apodiktisch behauptet. Dem sachgerechten Verständnis von Planung nähert man sich nur, wenn man erklärt, w a r u m nicht alles E n t scheidungsbedürftige zugleich, endgültig u n d detailliert entschieden w i r d , sondern der ,Umweg' u n d längere Weg über programmierende Entscheidungen begangen w i r d . Es ist gerade nicht so, daß »Planung ganz wesentlich i n Kategorien des Vollzugs denkt' (so Lecheler, ebd.), w e i l sie dann entschieden zu kurz u n d zu verengt denken würde.
§ 9 Programmierungszusammenhänge von Plänen
89
liehen Anforderungen, je mehr die Zahl der Ziele, der M i t t e l und der am einzelnen Planungsobjekt zu berücksichtigenden Merkmale steigt. Die Grenzen der Problemverarbeitungskapazität der finalen Programmierung würden praktisch überschritten, wenn man von einem Programmierungsakt erwartete, daß er die Vielzahl der i n Betracht kommenden Ziele und Sachbereiche berücksichtigte und zugleich die A b stimmung auf der Ebene der letzten Konkretisierung, auf der Ausführungs- und Vollzugsebene, vornehmen könnte. Die i n einem Planungsvorgang mögliche und i n einem Plan formulierbare Abstimmung kann immer nur in partieller Hinsicht, i m Hinblick auf einige Ziele und Belange geleistet werden. Alles kann nicht m i t allem zugleich abgestimmt werden. Es gehört deshalb zur Ökonomie der Verwendungsweise der finalen Programmierung, daß sie nicht alle regelungsbedürftigen Aspekte der Planungsobjekte i n die Abstimmung zwischen den Planungsobjekten einbezieht, sondern den Kreis der abstimmungsbedürftigen Merkmale auf das unbedingt Erforderliche beschränkt und ggfl. auf mehrere Abstimmungsvorgänge aufspaltet. Partiell kann dabei die Abstimmung zum einen i m Sinne der Differenzierung von Planung und Vollzugsentscheidung sein. I n der Abstimmung werden einige Aspekte der einzelnen Regelungsobjekte vernachlässigt und erst i n den Vollzugsentscheidungen berücksichtigt. Zum Beispiel überläßt der Bebauungsplan einige Einzelheiten des engeren Nachbarschaftsverhältnisses zwischen den einzelnen Grundstücken ( § 3 1 BBauG) dem speziellen Baugenehmigungsverfahren. Diese Differenzierung i n Planungsakt und Vollzugsentscheidung ist jedoch i m H i n blick auf die Problemverarbeitungskapazität nur beschränkt leistungsfähig, w e i l sie nur für die vollzugsnahen Planungsakte angewendet werden kann. 2. Wichtiger ist deshalb zum anderen die entgegengesetzte Richtung der Entlastung von Abstimmungsvorgängen, i n der die spezifische A n t wort der Finalprogrammierung auf die Kapazitätsgrenzen der Problemverarbeitung liegt 3 , nämlich i n der Variierung des Systembezugs, 3
Die konditionale Programmierung reagiert auf die Überforderung der Regelungskapazität durch Ausdifferenzierung immer weiterer spezieller (Erlaubnis-)Verfahren u n d spezieller Programme, die additiv nebeneinandergestellt werden. Berührt die Anlage eines Bauwerks (ζ. B. eine umweltbeeinflussende gefährliche Industrieanlage i n der Nähe von Wasserschutz- u n d Naturschutzgebieten) vielfältige Belange, so ergeben sich die zahlreichen zu beachtenden Interessen u n d materiellen Anforderungen aus der A d d i t i o n der i n Frage kommenden Konditionalprogramme, die je für sich fachspezifisch u n d arbeitsteilig auf einen Belang ausgerichtet sind. Die vielfältigen Belange werden i n den verschiedenen kumulativ nebeneinander erforderlichen Verfahren abgearbeitet, es sei denn, sekundäre Vereinfachungsvorschriften bewirken eine Verfahrenskonzentration, w i e z.B. bei den Planfeststellungen.
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
i n der Differenzierung und Stufung der Planung i n räumliche Ebenen und fachliche Bereiche. Durch abstraktere Systembildung bezieht sich eine weitere Planung auf aggregiertere Elemente und stimmt diese i m Hinblick auf sachlich umfassendere oder zahlreichere Ziele ab. Die vorgeordnete Planung kann jedoch nur deshalb komplexere Zusammenhänge erfassen und i n Plänen Abstimmung unter den Regelungsobjekten i m Hinblick auf die Anforderungen mehrerer Ziele und Sachbereiche erreichen, weil sie vom Detail abstrahiert, relativ zur nachgeordneten Planung Rahmencharakter annimmt und ihr die Detailplanung und Ausführung der weiteren Entscheidungen überläßt 4 . Komplexe Planungen können deshalb zwar immer breitere Zielbündel und umfassendere Sachbereiche sowie weitere räumliche Beziehungen i n ihren Erwägungs- u n d Abwägungsbereich aufnehmen, sich dem Modell der Gesamtplanung dem Umfang der erfaßten Ziele nach nähern; jedoch hat die Abstimmung auch i n komplexeren und vorgeordneten Plänen immer noch partiellen Charakter, weil sie sich i n der Intensität und Detailliertheit der Verarbeitung von Interdependenzen beschränken und weitere Konkretisierungsschritte vorsehen muß. 3. Aus der für die Zweckprogrammierung komplexer Zusammenhänge typischen Stufung von Planungen unterschiedlichen Abstraktheits- und Systemcharakters ergeben sich zwei wichtige Folgeprobleme: Zum einen ist die Herstellung eines ausdrücklichen Ableitungszusammenhangs zwischen den einzelnen Ebenen und Bereichen der Planung notwendig 5 ; die Pluralität aufeinander bezogener Planungen erzeugt das Ordnungsproblem des Planungssystems oder der Planungssysteme 6 . Zwischen den einzelnen Abstimmungsvorgängen und ihren Ergebnissen, den jeweiligen Plänen, ist ein Ableitungszusammenhang herzustellen. A l l e i n nach planerischen Funktionsbedingungen beurteilt ist 4
Vgl. dazu Wahl, D Ö V 1975, S. 373 ff. Diese Notwendigkeit ist schon oben unter dem anderen Gesichtspunkt dargelegt worden, daß die Output-Orientierung des Staates Anstrengungen zur relativen Einheitlichkeit innerhalb der pluralistischen A d m i n i s t r a t i o n erfordert (s. oben § 7 I I ) ; sie w i r d hier zusätzlich aus den Anforderungen der Programmierung begründet. 6 Die Ausbildung von Planungssystemen antwortet auf die P l u r a l i t ä t der Planungen durch die Herstellung eines Ableitungszusammenhangs zwischen grundsätzlich getrennten u n d getrennt bleibenden Planungsebenen u n d -bereichen. Die inhaltliche Dichte der Zusammenhänge zwischen den Planungen ist durch diese Konstellation nicht unbegrenzt steigerbar. Eine andere Qual i t ä t der Koordination u n d Integration ist dagegen i n der alternativen Organisationsform zweier Planungen zu erreichen, i m Planungsverbund (auch Verbundplanung genannt). Dieser sehr unterschiedlich gebrauchte Begriff w i r d hier n u r für diejenigen Planungszusammenhänge verwendet, bei denen zwei oder mehrere Planungsträger ein gemeinsames Planungsgremium (Planungsrat oder -ausschuß) zur gemeinsamen Entscheidung bilden; Protot y p des Planungsverbunds sind die Gemeinschaftsaufgaben i m bundesstaatlichen Bereich; dazu unten § 11 I I 1. 5
§ 9 Programmierungszusammenhänge von Plänen
91
es dabei offen, auf welche räumliche Ebene und auf welchen sachlichen Bereich sich die einzelne Planung bezieht. Innerhalb der ihrerseits horizontal und vertikal differenzierten Administration ist es jedoch naheliegend, daß die Stufung auf die administrative Grundgliederung i n Verwaltungsebenen und Ressorts Bezug nimmt bzw. daß unabhängig voneinander entstandene Planungsansätze i m Hinblick auf Verwaltungsebenen und Ressorts geordnet werden 7 . Dadurch w i r d der Aufbau konkreter Planungssysteme auch von anderen Gesichtspunkten als denen der funktional-planerisch richtigen Abstraktionsebene für die erforderlichen Koordinationsvorgänge geprägt. Zwischen den Sachanforderungen der Planung und der gegebenen administrativen Struktur (einschließlich der Gliederung i n Bund, Länder und Kommunen) besteht häufig ein Spannungsverhältnis. Auch Planungssysteme als relat i v junge administrative Erscheinungen sind nicht aus einem Guß entworfen oder von einer tabula rasa her neu konstruiert worden. Zum anderen bedeutet die Einbeziehung i n einen Ableitungszusammenhang zwischen mehreren Planungen für den einzelnen Plan, daß er e i n e n spezifischen,
nicht
auswechselbaren
Standort
erhält.
Seine
sachliche Funktion — und dem folgend seine typische rechtliche Problematik — bestimmt sich relativ zu diesem Standort i m Planungssystem. Deshalb ist es ein notwendiger Bestandteil einer Funktionsanalyse einer Planung oder eines Plans, ihren bzw. seinen Standort innerhalb weiterer planerischer und administrativer Zusammenhänge zu bestimmen. Aus der Einbettung i n solche Zusammenhänge resultieren als typische Konstellationen, die i m folgenden näher zu betrachten sind: zum einen das Verhältnis zwischen einem planbindenden Plan und einem planabhängigen Plan (dazu II.); zum zweiten die Verklammerung eines Plans m i t ausführenden Entscheidungen, m i t planakzessorischem Instrumentarium (dazu III.) und zum dritten: die Verbindung von planerischen und durchführenden Entscheidungen i n einem außenverbindlichen
Ausführungsplan
(dazu I V . ) .
II. 1. Zusammenhänge zwischen Plänen unterschiedlicher Ebenen und Bereiche können dadurch rechtlich geordnet werden, daß der umfassendere Plan als planbindender Plan 8 auf die nachgeordneten, die 7 Der Bezug zu den Verwaltungsebenen u n d Ressorts fehlt auch dort nicht völlig, wo nach den planerischen Funktionsbedingungen die Konstituierung einer neuen Ebene (so bei der Region) oder ressortüberschreitender Bereiche erforderlich wurden. Die neue Planungsstufe k a n n sich n u r zwischen den Ebenen bzw. über konkret vorhandenen u n d p a r t i e l l modifizierbaren Ressortgliederungen etablieren. 8 Ausdruck von Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I, § 47 I X c; er w i r d aber hier genereller als dort, nämlich f ü r alle Pläne gebraucht, die gegenüber anderen Plänen rechtliche W i r k u n g e n haben, unabhängig davon, ob sich ihre Wirkungen n u r innerhalb der staatlichen A d m i n i s t r a t i o n oder auch ge-
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
planabhängigen Pläne 0 einwirkt. Die vom planbindenden Plan zur Erfüllung der i h m und i n i h m gesetzten Ziele programmierten M i t t e l gelten als Ziele für die planabhängigen Pläne. Die Planbindung ist i n den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich formuliert als ,Anpassungspflicht' (§ 1 I I I BBauG 1960 = § 1 I V BBauG 1976), als ,Beachtungspflicht' (§ 5 I V ROG) oder als Anordnung, daß die Regelungen des planbindenden Plans ,zugrunde zu legen', ,zu entfalten' oder ,zu vertiefen' sind 1 0 . Diese auffälligen, sprachlich sonst ungewöhnlichen Formulierungen für eine rechtliche Bindungswirkung 1 1 spiegeln die Eigenarten der Bindung i n planerischen Ableitungszusammenhängen wider. I n ihrer inhaltlichen Struktur entsprechen solche Ableitungszusammenhänge wiederum der Zweck-Mittel-Relation: Was auf der vorgeordneten Stufe als Mittel zur Erreichung der umfassenderen Ziele festgelegt worden ist, dient als Zielvorgabe für die von der nachgeordneten Planung zu leistende Abstimmung. Der Ableitungszusammenhang zwischen den beiden Planarten ist deshalb wiederum nicht strikt oder inhaltlich voll determiniert. Gleichwohl bestehen wichtige Unterschiede zu dem oben erwähnten Programmierungszusammenhang zwischen Planungsgrundsätzenormen und Plänen, Unterschiede, die durch die Abstraktheit der allgemeinen Überlegungen zur Zweck-Mittel-Verknüpfung überdeckt werden und die erst bei einer näheren inhaltlichen Analyse deutlich werden. Für planerische Ableitungszusammenhänge ist entscheidend, daß die nachgeordnete Planung an Ergebnisse einer erfolgten Abstimmung gebunden wird. Die Ziele, die den nachgeordneten Ebenen vorgegeben sind, vermögen deshalb inhaltlich relativ gehaltvoll zu determinieren, weil sie unter sich abgestimmt sind, weil sie als Mittelkombination auf der vorgeordneten Ebene einem koordinierenden Programmierungsakt entspringen. I m Unterschied dazu lassen die Formulierung eines Katagenüber selbständigen Verwaltungsträgern erstrecken. W o l f f / B a c h o f k l a m mern Pläne der ersten Kategorie, die sie als Richtlinienpläne charakterisieren, aus dem Begriff der planbindenden Pläne aus. H i n t e r diesen terminologischen Fragen verbergen sich grundsätzlichere Probleme, auf die unten ausführlich einzugehen ist, siehe § 15 I I I 3. 9 Ausdruck bei Steiger, i n : FS Wolff, S. 408. 10 Die Formulierungen finden sich ζ. B. i n den folgenden Gesetzesbestimmungen: ,Zugrunde zu legen* ist das verbindliche Landesentwicklungsprogramm nach § 11 I I LP1G Rh.-Pf. von den aufgezählten administrativen E i n heiten. , Vertief en' sollen regionale Raumordnungspläne nach § 12 I LP1G Rh.-Pf. das Landesentwicklungsprogramm u n d nach § 12 I V a.a.O. fachlich oder räumlich begrenzte Teilpläne die regionalen Raumordnungspläne. »Entfaltet' w i r d das Landesentwicklungsprogramm durch Landesentwicklungspläne nach § 35 nw. Gesetz zur Landesentwicklung. 11 Vgl. dazu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl. Bd. I, S. 311 f., der die Vagheit der Formulierungen zur Planungskoordination bzw. -kollision auf die besondere N a t u r der Pläne als eines aliuds zurückführt.
§ 9 P r o g r m m e r u n g s z u s a m m e n h n g e von Plänen
93
logs v o n a l l g e m e i n e n P l a n u n g s g r u n d s ä t z e n , d i e i n e i n e r P l a n n o r m i n d e r A r t d e r §§ 1 B B a u G u n d 2 R O G a d d i t i v n e b e n e i n a n d e r g e s t e l l t sind, d e n g e s a m t e n Z i e l a b w ä g u n g s p r o z e ß noch o f f e n 1 2 . I n A b l e i t u n g s z u s a m m e n h ä n g e n zwischen P l ä n e n i s t dagegen schon e i n i n h a l t l i c h p r o g r a m mierender u n d abstimmender Schritt durch die vorgeordnete Stufe getan, d i e V o r g a b e n i m p l a n b i n d e n d e n P l a n s i n d i n sich u n d u n t e r einander abgestimmt. 2. D i e D e t e r m i n a t i o n s k r a f t des p l a n b i n d e n d e n P l a n s ist d a m i t j e d o c h n u r z u r H ä l f t e erfaßt. D i e v o r g e o r d n e t e P l a n u n g k a n n , w i e j e d e P l a n u n g , n u r eine p a r t i e l l e A b s t i m m u n g u n t e r b e s t i m m t e n A s p e k t e n b e w i r k e n 1 3 . A u c h d e r p l a n b i n d e n d e P l a n h a t deshalb n u r e i n e n b e s c h r ä n k t e n E n t s c h e i d u n g s g e h a l t , er h a t n o t w e n d i g e r w e i s e Rahmencharakter i m Verhältnis z u m planabhängigen Plan. Die nähere Bes t i m m u n g des R a h m e n c h a r a k t e r s ist v o n g r u n d l e g e n d e r B e d e u t u n g f ü r das V e r s t ä n d n i s v o n P l a n u n g s z u s a m m e n h ä n g e n u n d der i n i h n e n m ö g lichen u n d notwendigen Planbindung14. Rahmenentscheidungen u n d 12
Als Illustration diene die Bauleitplanung, die durch die Grundsätze u n d Zielformen des § 1 1 , V I , V I I B B a u G 1976 zweckprogrammiert ist. Sie ist dadurch inhaltlich n u r wenig determiniert, w e i l die einzelnen Anforderungen dabei additiv nebeneinandergestellt sind. Eine weitere selbstverständliche Anforderung an die Bauleitplanung, die Berücksichtigung raumordnerischer Gesichtspunkte, ist demgegenüber anders formuliert, nicht durch die H i n z u fügung eines weiteren abstrakten Zieles, auch nicht durch den Verweis auf die Grundsätze u n d Zielbestimmungen des Raumordnungsgesetzes u n d der Landesplanungsgesetze, sondern durch die B i n d u n g der Bauleitplanung an die ,Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung 4 , also an die Ergebnisse landesplanerischer Planung für das konkrete Gebiet. Deshalb hat die B a u leitplanung nicht n u r i m Generellen Gesichtspunkte der zentralörtlichen Gliederung oder der Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf E n t w i c k lungsachsen zu berücksichtigen, sondern der Bauleitplanung sind die r ä u m lich partiell konkretisierten Ziele für den konkreten Raum vorgegeben. 13 Daß die berücksichtigten Aspekte sachlich oder räumlich weiter erstreckt sind als beim planabhängigen Plan, n i m m t der A b s t i m m u n g auf der vorgeordneten Ebene nicht den partiellen Charakter, da sie eben differenziertere fachliche oder kleinräumigere Gesichtspunkte vernachlässigen muß. 14 I m folgenden w i r d der Rahmencharakter innerhalb von Planungssystemen erörtert. O b w o h l sich manche inhaltliche Ubereinstimmung m i t den Differenzierungsformen innerhalb eines PlanungsVerbunds ergeben, ist der Rahmencharakter innerhalb der beiden Organisationsformen auseinanderzuhalten (siehe oben Fn. 6 u n d unten § 11 I I 1). I m Planungsverbund der Gemeinschaftsaufgaben ist die gemeinsame Planung inhaltlich auch beschränkt, auf die ,Rahmenplanung', die i n einem Gegensatz zu der den Ländern v e r bleibenden Ausführungsplanung steht. Durch die stärkere Integrationswirkung des Planungsverbunds ist die absorbtive Tendenz der Rahmenplanung zu immer weiterer A n - u n d A u f f ü l l u n g m i t Detailregelungen sehr groß. Die Rahmenplanung innerhalb gemeinschaftlich zu erledigender Aufgaben (Gemeinschaf tsauf gab en) erreicht eine andere Qualität als die Planbindung von inhaltlich interdependenten, aber getrennt wahrgenommenen Aufgaben. I n einer hinreichend abstrakten Betrachtungsweise lassen sich Gemeinsamkeiten des Rahmencharakters formulieren, für die praktischen Probleme der Analyse des Entscheidungsgehalts stehen die Unterschiede i m Vordergrund.
0
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Plane
-Planungen haben i n ihrem Entscheidungsgehalt eine Doppelnatur; sie sind partiell regelnde und zugleich partiell Spielräume offenlassende Entscheidungen. Dieses Verständnis des Rahmencharakters bereitet Schwierigkeiten, weil i n i h m beide Merkmale i n ihrem relativen Eigenrecht zusammen gesehen werden müssen, ohne daß das eine das andere negiert 1 5 . Näherer Darlegungen bedarf es hier noch i m Hinblick auf die Konkretisierungsfähigkeit und -bedürftigkeit der Rahmenplanung. 3. Konkretisierungsbedürftig ist die Rahmenplanung, weil sie Aspekte, die auf der nachgeordneten Subsystemebene abzustimmen sind, vernachlässigt, und zwar i n dem Sinne, daß sie die Binnendifferenzierung der Subsysteme nicht i m einzelnen zur Kenntnis nimmt. So kann die großräumig orientierte Landesplanung die städtebauliche Ordnung nicht i n deren spezifisch örtlich radiziertem Systemzusammenhang, der Zuordnung und Abstimmung von kleinräumigen Nutzungsbereichen, erfassen. Rahmenplanung determiniert aber partiell die Problemstellung auf der nachgeordneten Systemebene, gibt eine Richtung zur Lösung der dort zu berücksichtigenden Aspekte und Belange. Bei aller Offenheit der weiteren Entscheidungsprozesse ist damit eine nicht zu unterschätzende Programmierungsleistung erbracht, nämlich die Einordnung der weiteren Konkretisierung i n ein umfassenderes Konzept 1 6 . Der Rahmen selbst ist i n einem anderen Bezugsfeld, unter Abstimmung anderer Systemelemente auszufüllen. Sinnvoll und notwendig ist diese Differenzierung, weil die Ordnungsprobleme auf der nachgeordneten Planungsebene i m Raster der vorgeordneten Planung, weil sie zu spezialisiert sind, nicht zu erfassen sind. I m Bezugsfeld der landesplanerischen überörtlichen Abstimmung sind die einzelnen städtebaulichen Planungselemente, die Feinstruktur städtebaulicher Zuordnung der 15 Insbesondere muß die vorgenommene Charakterisierung gegen zwei mögliche Mißverständnisse abgesichert werden, daß nämlich der partielle Entscheidungsgehalt wegen der Konkretisierungsbedürftigkeit u n d umgekehrt die offengelassenen Spielräume wegen der vorhandenen Programmierung bestritten werden. I n den ersten Fehler verfällt man, w e n n man die Rahmenplanung oder -entscheidungen n u r als »Vorbereitung 4 der k o n k r e t i sierenden Entscheidung versteht, i n den zweiten, w e n n man ohne nähere sachliche Analyse i m Verhältnis zweier Planungen untereinander von Totalbindung spricht. Der erste Fehler ist grundsätzlich angelegt i n der i m Fachplanungsrecht üblichen Unterscheidung zwischen der Stufe der sog. verbindlichen Planung = Planfeststellung u n d der sog. vorbereitenden Planung = ,bloße 4 Planungsentscheidung. Der Ausdruck ,bloße Planungsentscheidung 4 ist ein deutliches Symptom dafür, daß der eigenständige Gehalt u n d überhaupt die Eigenständigkeit der konkretisierungsbedürftigen Rahmenentscheidung bzw. -planung nicht anerkannt ist. 16 Die Beschränkung auf Rahmenplanung bedeutet deshalb keineswegs eine völlige Ignorierung der vernachlässigten Aspekte. M i t anderen Worten: Rahmenplanung vernachlässigt die Feinstruktur, ignoriert aber nicht das Subsystem als solches, sondern determiniert seine F u n k t i o n u n d definiert damit zum T e i l die von i h m zu lösenden Probleme.
§ 9 Programmierungszusammenhänge von Plänen
95
verschiedenen Bodennutzungen, nicht erfaßbar. I n das großräumige Bezugsfeld ragen allein einige wenige strukturbildende Variablen der städtebaulichen Ordnung, das städtebauliche Leitbild und einige großflächige Raumnutzungselemente hinein; die Aussagen über diese Strukturvariablen sind sozusagen die kleinsten Bausteine und Elemente i m landesplanerischen Raster; insoweit können deshalb landesplanerische Vorgaben erfolgen. Die Bindung zwischen zwei Plänen ist durch die Eigenart rahmenhafter Programmierung geprägt. Sie kann nur so weit reichen, wie die Rahmenplanung inhaltliche Programmierungsleistungen enthält. Da die Rahmenplanung, wie erwähnt, i m Hinblick auf das Bezugsfeld der nachgeordneten Planung i n der Regel keine hinreichende Programmierung enthält, kann die vom planabhängigen Plan geforderte ,Anpassung' nicht i n der Vollziehung eines Programms bestehen; der häufig i m Hinblick auf § 1 I I I BBauG 1960 zitierte Satz, daß Anpassung nicht bloßer Normenvollzug sei 17 , findet i n diesen Umständen seine Begründung. Durch die Anpassungspflicht gefordert ist statt dessen die Übereinstimmung der planabhängigen Planung i m Ausgangspunkt und A n satz der von ihr zu leistenden Abstimmung und Gestaltung, gefordert ist m i t h i n die Ubereinstimmung an der Nahtstelle bzw. Überschneidungszone 18 zwischen der relativ am weitesten vorangetriebenen Detaillierung auf der vorgeordneten Planungsebene und dem Problemansatz der nachgeordneten Planung. 4. I m Ergebnis besteht i m Grundverhältnis zwischen zwei Planungen prinzipiell ein offenes Muster der Bindung, bei der die Ableitung strikter Einzelpflichten nur selten möglich ist. Diese Beschreibung kennzeichnet jedenfalls den Sinn einer richtig verstandenen Ausdifferenzierung von Planungsebenen und -bereichen; als A n t w o r t auf die Unmöglichkeit, alles m i t allem abstimmen zu können, w i r d diese Ausdifferenzierung den einzelnen Ebenen und Bereichen je spezifische Abwägungsaufgaben zuweisen (müssen). Selbstverständlich hindert diese am idealtypischen Fall abgeleitete grundsätzliche Funktion es nicht, daß i n einem konkreten planerischen Zusammenhang zwischen zwei Plänen der vorgeordneten Planung Programmierungsaufgaben zugewiesen werden oder faktisch zufallen, die angemessener der nachfolgenden Ebene überlassen blieben 1 9 . Der Hinweis auf vorhandene I n 17
Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 138. W e i l es zwischen zwei einander zugeordneten Planungen typischerweise zu Uberschneidungszonen k o m m t u n d die Planungsaufgaben u n d -bereiche nicht trennscharf voneinander abgrenzbar sind, ist das Gegenstromprinzip i n der Planung nicht n u r i n der vertikalen, sondern auch i n der horizontalen Richtung grundsätzlich geboten; dazu unten § 13 I V . 19 Bei der vergleichbaren Problemlage des Planungsverbunds ist die zu detaillierte Planung beim ersten Planungsschritt vor allem i m Zusammen18
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
terdependenzen und der Umstand, daß nahezu alles m i t allem zusammenhängt, erleichtert argumentativ weitergehende Ansprüche insbesondere zugunsten der jeweils übergeordneten Ebene 20 . Und schon gar nicht kann erwartet werden, daß i n der Praxis Planungssysteme entstehen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Eigenständigkeit und Gestaltungsspielräume von Ländern, Gemeinden, aber auch Ressorts von selbst — quasi naturwüchsig — genügen. Der Satz, daß Bindung nach Maßgabe der Programmierung möglich ist, erweist hier seine ambivalente Natur. Die Einhaltung des zweckmäßigen, aber auch des verfassungsrechtlich gebotenen Rahmencharakters und der entsprechenden Programmierungsdichte oder -Offenheit eines planbindenden Plans muß deshalb durch besondere Vorkehrungen gesichert werden; die geschilderten Anforderungen und funktionalen Bedingungen umschreiben ein rechtlich erst herzustellendes und zu sicherndes Problemfeld i n planerischen Zusammenhängen 21 . I I I . 1. I n ein anderes Problemfeld führt die Aufgabe, einen Plan mit Ausführungsmaßnahmen zu verbinden. Diese Verklammerung kann dadurch geschehen, daß an sich selbständige Genehmigungs- und Erlaubnisverfahren zu planakzessorischen Instrumentarien werden 2 2 . Durch § 30 BBauG w i r d so die Baugenehmigung m i t ihrem bauordnungsrechtlichen, aber auch planergänzenden Inhalt zum planakzessorischen Instrumentarium des Bebauungsplans, ebenso wie die Bodenverkehrsgenehmigung, das Vorkaufsrecht und das Enteignungsrecht durch die §§ 19, 24 I Ziff. 1, 40 ff. BBauG als planausführendes Instrumentarium m i t dem Bebauungsplan verknüpft werden und durch ihn hang m i t den Rahmenplänen der Gemeinschaftsaufgabe kritisiert worden; zum Problem vgl. ausführlich S. Marnitz, Die Gemeinschaftsaufgaben des A r t . 91 a, 1974, S. 71 ff., 79 ff. 20 Z u r Gefahr der ,Anziehungskraft der größeren Planung' G. Püttner / F. Schneider, Stadtentwicklungsplanung u n d Kreisentwicklungsplanung i m Gefüge öffentlicher Planung, 1974, S. 5, i n A b w a n d l u n g des bekannten Satzes v o n Popitz von der Anziehungskraft des größeren Haushalts. 21 Dazu unten §§ 11, 13. 22 Z u diesem Begriff vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 167 ff.; dort werden 3 Funktionen des Planung u n d Vollziehung verbindenden Begriffes der Planakzessorietät genannt: (1) Garantiefunktion: die m i t der Plandurchführung verbundenen Zwangseingriffe sind vorausberechenbar, da i m Plan i n Umrissen vorgezeichnet. (2) Individualisierungsfunktion: vor die Durchführung des Plans w i r d ein neuerliches Prüfungsverfahren eingeschaltet, das über die Erforderlichkeit des einzelnen Eingriffs i n seinem konkreten Umfang entscheidet, die Gefahr der sich selbst vollziehenden Planung w i r d vermieden. (3) Indizfunktion: die Planausweisungen werden stärker v o n der — öffentlich gelenkten — Planverwirklichung her gesehen. Der planakzessorische Charakter von einzelnen Maßnahmen ist deutlich ausgesprochen i n § 8 I BBauG, auch i n § 36 b V WHG.
§ 9 Programmierungszusammenhng
on Plänen
inhaltliche D i r e k t i v e n f ü r die Richtung i h r e r A n w e n d u n g gewiesen e r h a l t e n . A l l e i n der B l i c k a u f d i e n i c h t u n b e t r ä c h t l i c h e Z a h l d e r p l a n akzessorischen I n s t r u m e n t a r i e n , noch m e h r d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g i h r e r unterschiedlichen A u f g a b e n u n d Problemstellungen machen die N o t w e n d i g k e i t u n d Rationalität einer Differenzierung i n die Planungs- u n d Verwirklichungsebene deutlich. Erst dadurch können die unterschiedl i c h e n k o n k r e t e n Interessenlagen, s o w o h l b e i d e n e i n z e l n e n I n s t r u m e n t e n als auch b e i d e n e i n z e l n e n F a l l e n t s c h e i d u n g e n , ausreichend beachtet werden. Einer selbständigen rechtssatzförmigen P r o g r a m m i e r u n g des V o l l z u g s b e d a r f es d a r ü b e r h i n a u s b e i E i n g r i f f e n w e g e n des G e setzesvorbehalts. E i n d i e P f l i c h t e n des e i n z e l n e n B ü r g e r s r e g e l n d e r Z w i s c h e n s c h r i t t ist auch e r f o r d e r l i c h , w e n n d i e B e r e i t s t e l l u n g v o n ( I n frastruktur)Einrichtungen m i t einer örtlich gebundenen Benutzungsp f l i c h t v e r b u n d e n ist. S o l l die S c h u l p l a n u n g eine g l e i c h m ä ß i g e V e r s o r g u n g i m ö r t l i c h e n oder r e g i o n a l e n B e r e i c h sichern, so m u ß sie d u r c h rechtssatzförmige R e g e l u n g e n ü b e r d e n E i n z u g s b e r e i c h ( = S c h u l b e z i r k ) konkretisiert werden23. Die Verklammerung von Planung u n d Durchführung i n u n d durch p l a n akzessorisches I n s t r u m e n t a r i u m findet sich vor allem häufig bei Fachplanungen, denen i n w e i t e m Umfang die fachliche Ausformulierung u n d damit Umsetzung der vorgeordneten Planungen gegenüber dem einzelnen Bürger überlassen ist. Zahlreiche Beispiele f ü r alle Varianten des Ausführungsinstrumentariums finden sich vor allem i n der i n den Bundesländern jüngst neugeordneten Landschaftsplanung. Gebietsabgrenzungen u n d Funktionsausweisungen i n den Landschaftsplänen sind die Voraussetzungen für V o r kaufsrechte öffentlicher Gebietskörperschaften 24 , v o n Enteignungsrechten 2 5 , 23
Vgl. als besonders deutliches Beispiel der Verklammerung v o n (regionaler) Schulentwicklungsplanung u n d der Festlegung v o n Schulbezirken §§ 18, 46 Nds. Schulgesetz v. 30. M a i 1974 (GVB1. S. 289) u n d dazu Verordnung zur Schulentwicklungsplanung v. 18. März 1975 (GVB1. S. 103). — Einzugsbereiche können auch für Abfallbeseitigungsanlagen angeordnet werden, u n d zwar i n zwei Stufen: Nach § 6 I A b f G (mit den entsprechenden Bestimmungen der Landesabfallgesetze) können die i m Abfallbeseitigungsplan ausgewiesenen Standorte f ü r die beseitigungspflichtigen kommunalen Körperschaften v e r bindlich gemacht werden; diese regeln per Satzung den Anschluß- u n d B e nutzungszwang gegenüber den einzelnen, vgl. z . B . A r t . 3 I Bay.AbfG, § 1 I I I Hess. AbfG, § 5 LandesabfallG N W , § 4 LandesabfallG Rh.-Pf. u n d § 1 A b f G Saar. 24 Vgl. A r t . 34 Bay. NaturschutzG v. 27. J u l i 1973 (GVB1. S. 437): Danach stehen den angeführten öffentlichen Gebietskörperschaften umfangreiche Vorkaufsrechte zu u. a. beim Verkauf von Grundstücken, die bewaldet sind oder auf denen oberirdische Gewässer liegen. Diese Vorkaufsrechte haben zur Voraussetzung, daß diese Grundstücke auf Flächen liegen, welche als Gebiete v o n besonderer Schönheit oder Eigenart oder als Erholungsgebiete i n rechtsverbindlichen Programmen u n d Plänen nach dem Bay. LP1G oder i n Plänen nach dem Bay. NaturschutzG ausgewiesen sind. 25 Vgl. § 32 LandschaftsG N W v. 18. Febr. 1975 (GVB1. S. 190). Z u r V e r w i r k lichung der i m Landschaftsplan getroffenen Festsetzungen können zugunsten der Kreise u n d kreisfreien Städte Grundstücke enteignet werden, w e n n eine vertragliche Vereinbarung . . . nicht a u s r e i c h t . . . 7 Wahl I
1. Abschn. : v o n Pflegegeboten Bereiche.
26
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
oder v o n gezielter Förderung f ü r
landwirtschaftliche
2. F ü r d i e P r a x i s eher noch b e d e u t s a m e r i s t d i e V e r k n ü p f u n g v o n Plänen u n d Programmen m i t Ausführungsinstrumentarien i m Bereich d e r F ö r d e r u n g s - u n d S u b v e n t i o n s v e r w a l t u n g . Sie geschieht technisch dadurch, daß d i e V e r w e n d u n g s v o r s c h r i f t e n i n i h r e n t a t b e s t a n d l i c h e n L e i s t u n g s v o r a u s s e t z u n g e n d i e Z i e l e u n d Z w e c k e eines P l a n s oder d e n P l a n d i r e k t i n Bezug nehmen27. D i e häufig pauschal bleibenden B e stimmungen i n den Verwendungsrichtlinien über den Verwendungszweck, d i e als L e i s t u n g s v o r a u s s e t z u n g e n das F ö r d e r u n g s v e r h ä l t n i s i n haltlich strukturieren sollen28, erhalten durch den Verweis auf räumlich u n d sachlich a u s d i f f e r e n z i e r t e P l ä n e erst i n h a l t l i c h e K o n t u r e n . R a t i o n a l i t ä t s e f f e k t e ergeben sich b e i dieser V e r k n ü p f u n g s w e i s e auch d u r c h die gemeinsame Instrumentalisierung mehrerer Förderungsmaßnahm e n a u f e i n e n P l a n u n d seine Z i e l s e t z u n g e n h i n . D i e r e c h t l i c h e n F r a g e n dieser P r o g r a m m i e r u n g s t e c h n i k s i n d n o c h n i c h t a u s d i s k u t i e r t 2 9 . 26 § 5 Hess. LandschaftspflegeG v. 4. A p r i l 1973 (GVB1. S. 126): ,Alle G r u n d stücke, die i n einem Landschaftsplan nach § 3 Abs. 5 dieses Gesetzes als Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 u n d 10 B B a u G festgesetzt sind, müssen so b e w i r t schaftet oder gepflegt werden, daß i h r Zustand den Landschaftshaushalt oder das Landschaitsbild nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Mindestanforderungen zur E r f ü l l u n g der Pflegepflicht werden durch Rechtsverordnung geregelt/ 27 Vgl. § 7 Hess. LandschaftspflegeG, Abs. 1: L a n d - u n d forstwirtschaftliche Betriebe, deren E n t w i c k l u n g den Zielen dieses Gesetzes dient, werden i m Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gezielt gefördert. Abs. 2: ,Die gezielte Förderung ist auf räumlich abgegrenzte Gebiete beschränkt; die abgegrenzten Gebiete müssen darüber hinaus nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 dargestellt sein' (im Landschaftsrahmenplan als Bestandteil des regionalen Raumordnungsplans). — Bemerkenswert ist der Vergleich zwischen der Verknüpfung des — eingreifenden — Pflegegebots (s. Fn. 26) u n d der — l e i stungsgewährenden — Förderung jeweils m i t einem Plan: Das Pflegegebot stützt sich auf den Landschaftsplan, der als T e i l eines Bebauungsplans u n d nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 Abs. 5 Hess. LandschaftspflegeG ,für jedermann verbindlich ist'. F ü r die Förderung genügt dagegen die A u s weisung i n einem Landschaftsrahmenplan, der als Bestandteil des regionalen Raumordnungsplans w i e dieser (vgl. § 8 I V Hess. LP1G) gegenüber dem einzelnen keine Rechtswirkung' hat. A l s Voraussetzung f ü r Förderungen, f ü r die nach h. L . der Gesetzesvorbehalt nicht gilt, auf die kein Rechtsanspruch besteht, k a n n der Landschaftsrahmenplan jedoch benutzt werden. 28 Z u m Verwendungszweck als zentralem M e r k m a l des Subventionsverhältnisses vgl. H. F. Zacher, V e r w a l t u n g durch Subventionen, W D S t R L 25 (1967), S. 318; Kaiser, Diskussionsbeitrag ebd. S. 408; G. Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973, S. 8 ff. sowie K . Wenger, F u n k t i o n u n d Merkmale eines verwaltungsrechtlichen Subventionsbegriffs, i n : ders. (Hrsg.), Förderungsverwaltung, 1973, S. 25 ff. 29 Zwischen der finalen Programmierung des Plans bzw. des Programms, durch die ζ. B. die Höchstzahl der zu fördernden Objekte oder die Gesamtsumme der Förderung begrenzt sind, u n d der konditionalen Programmierung i n den Verwendungsrichtlinien, die unter dem Gleichbehandlungsgebot stehen, besteht eine strukturelle Differenz. Ungeklärt ist, ob u n d unter w e l -
§ 9 Programmierungszusammenhänge v o n Plänen
99
3. Bei dem bisher behandelten planakzessorischen Instrumentarium handelte es sich u m gezielt zur Ausführung eines Planes eingesetzte Konkretisierungsschritte. Die m i t Plänen häufig verbundene Breitenw i r k u n g äußert sich i n darüber hinausgehenden angezielten 4 W i r k u n gen der Planaussagen, nämlich i n der schon oben dargelegten 30 Weise, daß sie den i n zahllosen Rechtsnormen vorkommenden Begriff der ,öffentlichen Interessen 4 oder der ,öffentlichen Belange 4 inhaltlich partiell auszufüllen geeignet sind. IV. Nicht notwendigerweise überlassen jedoch Pläne die sachliche Stufe der letzten verbindlichen Konkretisierung einem besonderen Ausführungsinstrumentarium; diese kann auch wiederum von einem Plan übernommen werden. Diese Gestaltungsform bietet sich insbesondere dann an, wenn das Bedürfnis nach Abstimmung, nach aufeinander bezogener Regelung der Planungsobjekte auch und gerade i m letzten Konkretisierungsschritt vorhanden ist, wie das zumal bei den sog. privatrechtsgestaltenden Plänen 31 der Flurbereinigung, der Umlegung und der Enteignung m i t ihren unmittelbar besitzändernden Regelungen innerhalb eines größeren Kreises von Grundstücken der Fall ist. Wegen der auch hier zur Geltung kommenden Grenzen der Planungskapazität handelt es sich dann bei diesen Plänen typischerweise u m planabhängige Pläne.
chen Voraussetzungen dem Anspruch eines Bewerbers auf Gleichbehandlung m i t anderen Geförderten Argumente aus den i n den Verwendungsrichtl i n i e n nicht selbst zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen u n d Bestimmungen der i n Bezug genommenen Pläne u n d Programme entgegengesetzt werden können. Vgl. zu diesem Problem Zacher, S. 360 u n d 354 m i t Fn. 219 sowie Schetting, S. 293 ff., beide unter Verweis auf die i n der Finanzwissenschaft unterschiedenen Subventionsmodelle nach dem ,Repartitionsprinzip' u n d dem ,Quotitätsprinzip'. B e i m letzteren ist die Subventionsleistung f ü r den einzelnen Subventionsempfänger konkretisiert, die Gesamthöhe ergibt sich aus der Z a h l der Inanspruchnahmen; b e i m ersteren steht dagegen am Anfang die Beschlußfassung über die Gesamtsumme. — Z u r Verbindung von Planung u n d Subventionierung, durch die die Subventionierung an Zielen v o n sachlich breiter angelegten Planungen orientiert u n d damit zugleich die Subventionsaufgabe u n d der Subventionszweck näher bestimmt werden kann, Ipsen, V e r w a l t u n g durch Subventionen, V V D S t R L 25 (1967), S. 270 f.; Zacher, ebd., S. 382 f., 360 m i t Fn. 255; Wenger, i n : ders. (Hrsg.), Förderungsverwaltung, S. 27 (mit Hinweis auf österreichische Raumordnungsgesetze, nach denen Förderungsmaßnahmen n u r i m Einklang m i t den Zielsetzungen der Entwicklungsprogramme durchgeführt werden dürfen), sowie Fröhler / Oberndorfer, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1969, S. 129. — Z u dem hier besonders interessierenden Problem, daß der Weg v o n den Zwecken u n d Höchstsummen der Pläne u n d Programme zu den detailliert konditional programmierten Richtlinien u n d zum einzelnen Subventionsverhältnis zu w e i t ist, Zacher, S. 382 f. 80 Oben § 7 I I I . 31 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I, § 47 I X c 1, S. 399. 7·
1Ö0
t
1. Abschn. : fias Handhingsìnstrument des Planes
So ist die städtebauliche Umlegung auf den Bebauungsplan bezogen. Vor den enteignungsrechtlichen Plan hat sich i m Laufe der Entwicklung fast überall die außerenteignungsrechtliche Planfeststellung geschoben 32 , die die zur Durchführung des Vorhabens erforderliche sachliche Abstimmung z w i schen den betroffenen Interessen enthält und dem Enteignungsverfahren nur noch die zwangsweise Eigentumsentziehung überläßt. Der Flurbereinigungsplan schließlich (inklusive des vorläufig festgestellten Wege- und Gewässerplans) ist von der weit umfassendere Problemzusammenhänge berücksichtigenden agrarstrukturellen Vorplanung abhängig 33 . Z u d e n P l ä n e n auf der l e t z t e n K o n k r e t i s i e r u n g s e b e n e 3 4 k a n n m a n auch die Planfeststellungen 35 rechnen, die die v i e l f ä l t i g e n B e z i e h u n g e n einer u m f a n g r e i c h e n A n l a g e , w i e Verkehrsanlagen, Flugplätze, A b f a l l beseitigungsanlagen, zwischen T r ä g e r n öffentlicher V e r w a l t u n g u n t e r einander u n d z u d e n b e t r o f f e n e n p r i v a t e n N a c h b a r n i n e i n e m A k t u n t e r A b g l e i c h u n g der unterschiedlichen Interessen regeln. D e r der P l a n f e s t s t e l l u n g u n t e r l i e g e n d e P l a n o r d n e t f ü r d e n r ä u m l i c h e n Bereich der betreffenden A n l a g e n d i e N u t z u n g der b e t r o f f e n e n G r u n d s t ü c k e i m H i n b l i c k auf d e n Z w e c k der A n l a g e u n d die Interessen der B e t r o f f e n e n i n der gleichen Weise, w i e es e i n B e b a u u n g s p l a n f ü r alle einer städteb a u l i c h e n O r d n u n g b e d ü r f t i g e n Gebiete t u t , w i e sich aus der Ersetzb a r k e i t der P l a n f e s t s t e l l u n g d u r c h einen B e b a u u n g s p l a n e r g i b t 3 6 . I n folge der sachlichen B e s c h r ä n k u n g auf e i n P r o j e k t i s t d i e O r d n u n g s p r o b l e m a t i k b e i P l a n f e s t s t e l l u n g e n typischerweise gegenüber der gener e l l e n B e b a u u n g s p l a n u n g eingegrenzt; A b s t i m m u n g e n u n t e r d e n bet r o f f e n e n G r u n d s t ü c k e n s i n d auf der l e t z t e n K o n k r e t i s i e r u n g s s t u f e möglich, aber auch erforderlich, w e i l das einzelne P r o j e k t i n einer V i e l 32 Dazu die eingehende, materialreiche und entwicklungsgeschichtliche A r beit von Blümel, Die Bauplanfeststellung, I, 1961. 33 Dies ist jetzt i n § 38 FlurbG (i. d. F. v. 16. März 1976, BGBl. I, S. 547) ausdrücklich geregelt. Zur Funktionsbestimmung der agrarstrukturellen Vorplanung vgl. die jeweils einen Zeitraum von 4 Jahren betreffenden Rahmenpläne der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes', jeweils i n Teil I I unter den Grundsätzen für die Förderung der agrarstrukturellen Vorplanung: BT-Drs. 7/61, 7/1538, 7/3563 und 7/5671. 34 Die (einschränkende) Bezeichnung als letzte sachliche Konkretisierung ist erforderlich, w e i l nach der Planfeststellung noch die Enteignung nachfolgen kann. 35 Z u m Begriff und zur Funktion der Planfeststellungen vgl. Blümel, Die Bauplanfeststellung I, S. 24 ff. ; Blümel / Ronellenfitsch, Die Planfeststellung i n der Flurbereinigung, 1975, S. 62 f.; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 303 ff.; Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971, Rdnr. 6 ff. Vgl. auch die Regelungen i n §§ 72 ff. VwVfG. 36 Vgl. § 17 I I I FStrG. Die K r i t i k an dieser Vorschrift und der Rechtsprechung unter Rechtsschutzgesichtspunkten von Blümel, DVB1. 1972, S. 122 ff. (Urteilsanmerkung zu BVerwG, U. v. 3. J u n i 1971, ebd., S. 119 ff.) — selbige ist inzwischen durch die 1976 erfolgte Neufassung des § 47 V w G O gegenstandslos geworden.
§ 10 Nochmals: Die Handlungsform v o n Plänen
101
zahl von Beziehungen zu verorten ist. Die Grenzen der Abstimmungsfähigkeit uno actu machen sich aber auch hier bemerkbar; deshalb w i r d eine — ebenfalls auf das konkrete Projekt zugeschnittene — generellere Planungsstufe vorgelagert, so die luftverkehrsrechtliche Genehmigung bei der Flughafenplanung (§ 6 LuftVG) oder die Planentscheidung über die Trassenführung bei der Straßenplanung (vgl. z. B. § 16 FStrG). Die Stufe der letzten Konkretisierung von umfassenderen Planungen ist nach dem Ausgeführten i n mehreren unterschiedlichen Formen möglich, unter denen die Zuordnung eines planakzessorischen Ausführungsinstrumentariums und die Formulierung eines außenverbindlichen Ausführungsplans die wichtigsten sind. § 10 Nochmals: Die Handlungsform der Pläne und die verwaltungsrechtlichen Problemkreise der Planung M i t den Überlegungen zum Entscheidungsgehalt und zu den Programmierungszusammenhängen hat die Funktionsanalyse von Plänen einen Stand erreicht, der eine problemadäquate Formulierung der rechtlichen Fragestellungen ermöglicht. Zugleich finden damit die Erörterungen Anschluß an die Ausgangsfrage nach der Handlungsform von Plänen. I. 1. Die unterschiedlichen Standorte, die einzelne Pläne innerhalb der umfassenderen planerischen Zusammenhänge einnehmen können, definieren für sie zugleich unterschiedliche rechtliche Problemfelder. Je nach der sachlichen Generalisierungsebene der planerischen Systembildung sind die Planungsobjekte und dementsprechend die von der Planung notwendigerweise betroffenen Rechtssubjekte verschieden. Schon allein aus diesem Grund ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte der rechtlichen Problematik. Privatrechtsgestaltende Pläne und Bodennutzungen unmittelbar regelnde Pläne greifen gestaltend i n die bestehende Rechtslage und die Rechte der einzelnen ein 1 , sie müssen deshalb notwendigerweise an die einzelnen Bürger adressiert sein. Wegen dieses Eingriffscharakters müssen sich die Pläne selbst und i h r planakzessorisches Instrumentarium auf normative Grundlagen stützen, die den Anforderungen des klassischen Gesetzesvorbehalts ent1 F ü r den Bebauungsplan ist diese w o h l überwiegend vertretene Auffassung durch den Beschluß des BVerfG, BVerfGE 31, 364 ff. (mit ablehnender A n m e r k u n g von Umbach, DVB1. 1971, S. 741 ff.) zwar etwas verunsichert, aber nicht ernsthaft erschüttert worden; ganz eindeutig dagegen die Rechtsprechung i m Zusammenhang m i t den Βefangenheitsvorschrift en der Gemeindeordnungen, die den u n m i t t e l b a r rechtsgestaltenden Charakter der Bebauungspläne hervorhebt, dazu die grundlegende Entscheidung des V G H Mannheim, B. v. 31. 8.1964, DVB1. 1965, S. 366, u n d v. Mutius, V e r w A r c h i v Bd. 65 (1974), S. 431 m. w. Nachw.
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
sprechen 2 , u n d w e g e n des E i n g r i f f s c h a r a k t e r s m ü s s e n d i e A u s s a g e n der P l ä n e D e t a i l l i e r t h e i t u n d K o n k r e t h e i t h a b e n ( z . B . Parzellenschärfe), d i e d e n rechtsstaatlichen A n f o r d e r u n g e n a n d i e V o r h e r s e h b a r k e i t gen ü g e n . D a m i t v e r b l e i b t das P r o b l e m f e l d g r u n d s ä t z l i c h i m S t a a t - B ü r ger-Verhältnis, die Probleme tauchen i m Gewände bekannter Frages t e l l u n g e n a u f u n d e r h a l t e n d u r c h diese E i n b e t t u n g i n e r p r o b t e L ö s u n g e n r i c h t u n g w e i s e n d e M a r k i e r u n g e n 3 . U m so b e m e r k e n s w e r t e r i s t es, daß auch h i e r d i e B e s o n d e r h e i t e n des A b s t i m m u n g s c h a r a k t e r s v o n P l ä n e n u n ü b e r s e h b a r sind, n ä m l i c h d i e m a n g e l n d e i n h a l t l i c h e D e t e r m i n i e r t h e i t der Pläne durch Planrechtsnormen, die durch die t r a d i t i o n e l l e L e h r e v o m E r m e s s e n n i c h t ausreichend a b g e b i l d e t w e r d e n k a n n , s o w i e die daraus f o l g e n d e n B e s o n d e r h e i t e n d e r g e r i c h t l i c h e n K o n trolle4. Fehlt beim planakzessorischen I n s t r u m e n t a r i u m der Eingriffscharakter, dann k a n n auch der Plan selbst i n die rechtliche Grauzone geraten, i n der sich die Förderungs- u n d Subventionsverwaltung n u r allzu häufig bewegt 5 . Solange nicht geklärt ist, ob Grundlage der verhaltenslenkenden W i r k u n g nach außen die Ver waltungs vor schrift (Verwendungsrichtlinie) selbst oder die Verwaltungsübung (zusammen m i t A r t . 3 GG) ist®, sind präzise A n forderungen an die Konkretheit u n d Vorhersehbarkeit der Verwaltungsvorschriften nicht zu erwarten. Die Verwendungsrichtlinien können als F ö r derungsvoraussetzung die Zweckformulierung eines Planes i n Bezug nehmen, ohne daß dies bisher besondere Anforderungen an den Plan, seine K o n k r e t heit, Verfahren oder Rechtsform implizieren würde. So ist z.B. der i n h a l t lich relativ wenig konkretisierte Landschaftsrahmenplan, auf den Eingriffe w i e das Pflegegebot nicht gestützt werden könnten, Grundlage f ü r Förderungen (vgl. Hess. LandschaftspflegeG, §§ 5 u n d 7) 7 . 2 Z u den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts beim Bebauungsplan vgl. H.-J. Papier, Die rechtlichen Grenzen der Bauleitplanung, DVB1. 1975, S. 461 ff. 3 So auch Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 547. 4 Vgl. dazu Badura, i n : FS Bay.VerfGH, S. 164 ff., 170 ff.; Hoppe, Z u r S t r u k t u r von Normen des Planungsrechts, DVB1. 1974, S. 641 ff., 644; ders., Z u r Rechtskontrolle v o n Bebauungsplänen, i n : FS Scupin, 1973, S. 121 ff.; K. Redeker, Fragen der Kontrolldichte verwaltungsrechtlicher Rechtsprechung, D Ö V 1971, S. 757 ff.; Ossenbühl, Gutachten Β zum 50. D J T , S. 183 ff.; Scholz, W D S t R L 34 (1976), S. 166 ff., u n d Schmidt-Aßmann, ebd., S. 251 ff.; insgesamt dazu neuerdings K.-D. Schnapauff, Rechtsschutz u n d Zeitfaktor bei Planungen i m staatlichen Bereich, rechts- u n d staatswiss. Diss. Bonn 1977. 5 Die Tendenz zur Normierung wenigstens v o n sog. Förderungsstatuten, also zur Umschreibung des Zweckes einer Förderung durch Gesetz verstärkt sich i n letzter Zeit, vor allem i m landwirtschaftlichen Bereich; vgl. Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der A g r a r s t r u k t u r u n d des Küstenschutzes' v o m 3. Sept. 1969 (BGBl. I , S. 1573) u n d ζ. B. §§ 5, 6 L a n d wirtschafts- u n d Landeskulturgesetz B W v. 14. März 1972 (GVB1. S. 74); A r t . 4, 5 Gesetz zur Förderung der bayerischen Landwirtschaft v. 8. August 1971 (GVB1. S. 395). 6 Dazu umfassend Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften u n d Grundgesetz, 5. 502 ff., u n d neuerdings der Überblick v o n Rupp, Die ,Verwaltungsvorschriften' i m grundgesetzlichen Normensystem, JuS 1975, S. 609 ff. 7 Siehe dazu die Nachweise oben § 9, Fn. 26 u. 27.
§ 10 N c h m a l s : Die Handlungsform von Plänen
103
2. Anders stellt sich die Ausgangslage bei den komplexen Rahmenplanungen dar. Als konzeptionell angelegte Planungen stehen bei ihnen die sachlichen Merkmale der Abstimmung und des Zielbezugs stärker i m Mittelpunkt des Handlungsinstruments als bei den vollzugsnahen Plänen. Als eigenständiger Problembereich kommt der Rahmencharakter und damit die Konkretisierungsbedürftigkeit ihrer Aussagen hinzu. Sie stellen die verwaltungsrechtliche Dogmatik am nachhaltigsten vor eine neue Situation und müssen als ein zentraler Teil der gegenwärtigen Herausforderung des Verwaltungsrechts bei der Bewältigung der gestaltenden Verwaltung gelten. Wenn es nämlich dabei vor allem darum geht, den punktuellen Vollzugscharakter der bisherigen Dogmatik zu überwinden, dann müssen die komplexen Rahmenplanungen i m Mittelpunkt der verwaltungsrechtlichen Planungsdiskussion stehen 8 . Rahmenplanung, die eine öffentliche Aufgabe nur zu einem Teil abarbeitet, richtet sich notwendigerweise an Subjekte, die die verbleibende öffentliche Aufgabe wahrzunehmen berechtigt und verpflichtet sind — an öffentliche Planungs- und Verwaltungsträger. Diese sind notwendigerweise primäre Adressaten der i n den Rahmenplänen enthaltenen Aussagen, an sie wenden sich die dort formulierten inhaltlichen Vorgaben für weitere Konkretisierungsvorgänge. Wie oben erwähnt 9 , sind die Bedeutung und inhaltliche Dichte der inneradministrativen Beziehungen durch die verstärkte Output-Orientierung des öffentlichen Handelns und durch die Vielzahl der Planungen i n einem erheblichen Maße gewachsen; die verwaltungsrechtliche Dogmatik hat sich ihrer aber nicht i n ausreichender Weise angenommen. Die verwaltungsrechtliche Dogmatik stellt f ü r diese Beziehungen n u r die Kategorie der Verwaltungsvorschriften zur Verfügung, die sich jedoch letztlich als inadäquat erweist. Durch die Interpretation als Verwaltungsvorschriften w ü r d e n die Pläne i m Ansatz als Verwaltungsinterna aufgefaßt. Dies widerspräche nicht n u r der erörterten B r e i t e n w i r k u n g u n d ihrem intentionalen Bezug auf den einzelnen Bürger 1 0 , sondern dieses Verständnis enthielte auch zugleich eine — negative — Präjudizierung der Frage der Parlamentsbeteiligung bei der Planung. Aber auch abgesehen davon reichen die immanenten Möglichkeiten des Instituts der Verwaltungsvorschriften nicht aus, u m den spezifischen Regelungsbedürfnissen von Plänen u n d planerischen Zusammenhängen gerecht zu werden. Die Reichweite, Anwendungsmöglichkeiten u n d rechtliche Leistungsfähigkeit der Verwaltungsvorschriften sind nämlich n u r innerhalb des Rahmens der grundsätzlichen Organisationsstruktur gegeben; sie versagen gerade vor den typischen Anforderun8 So w i e generell der T y p der »komplexen Verwaltungsentscheidung 4 zu Recht von Schmidt-Aßmann, V V D S t R L 34 (1976), S. 223 ff., 269, als ein B r e n n p u n k t der gegenwärtigen Verwaltungsrechtsdiskussion herausgestellt worden ist. 9 s. oben § 7 I I . 10 Vgl. oben § 7 I I I .
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
gen der Planung u n d speziell der Raumordnung, Querkoordination Mehr-Ebenen-Beziehungen zu erfassen.
und
Die Grundlage zum Erlaß der traditionellen Verwaltungsvorschriften m i t W i r k u n g gegenüber anderen administrativen Trägern ist die Geschäftsleitungsgewalt, die ein administrativer Träger über andere hat 1 1 . I m Bereich der traditionellen gesetzesakzessorischen V e r w a l t u n g haben sich dazu die Regelungsmuster der intersubjektiven u n d interbehördlichen Verwaltungsvorschriften ausgebildet; hier sind auch die erforderlichen Rechtsgrundlagen zur Überschreitung des eigenen Kompetenzraumes vorhanden, wie die umfassende Untersuchung von Ossenbühl 12 i m einzelnen nachgewiesen hat, nämlich die A r t . 84 ff. G G f ü r das Bund-Länder-Verhältnis u n d die rechtlichen Regelungen über die Auftragsangelegenheiten u n d die ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen über den Umfang des Weisungsrechts bei den Pflichtaufgaben nach Weisungen i m Verhältnis L a n d - Gemeinde. I m m e r umgrenzt dabei das spezielle Gesetz, u m dessen Durchführung es geht, die übertragene partielle Geschäftsleitungsgewalt. Dieser gesicherte Anwendungsbereich ist jedoch verlassen, w e n n m a n die Pläne i m Bereich der ursprünglich ,freien' Gestaltung als Verwaltungsvorschriften interpretiert. Intersubjektive Vorschriften sind n u r zulässig, w e n n gesonderte gesetzliche Vorschriften die Überschreitung des eigenen K o m petenzraumes erlauben. Diesem formellen Erfordernis k a n n zwar insofern Genüge getan werden, als generelle Bindungsvorschriften i n der A r t der §§ 1 I I I a. F. = 1 I V n. F. BBauG, 5 I V ROG die Beachtung von Plänen anderer Planungsträger gebieten 1 3 . Insofern erfordern die Koordinationsabsichten der Planung, die häufig u n d typischerweise über den Kompetenzraum der eigenen administrativen Einheit hinausreichen, eine gesetzliche Regelung, zumindest der Bindungswirkung. Auch entwicklungsgeschichtlich waren es nicht rechtsstaatliche Gründe, sondern die beschränkte Reichweite der eigenen Kompetenzen u n d der Verwaltungsvorschriften, die zur rechtlichen T e i l normierung der Planung zwangen. Die Pläne »vollziehen' jedoch weder diese Bindungsvorschriften, noch die Normen über die Planungsaufgaben, - g r u n d sätze u n d die Abwägungsgrundsätze. I h r inhaltlicher Bezug zu diesen Planrechtsnormen ist, w i e ausgeführt 1 4 , i m Vergleich zum traditionellen V e r ständnis des Gesetzesvollzugs sehr gelockert. Die landesplanerischen Pläne als Verwaltungsvorschriften zu interpretieren hieße, aus den sehr fragmentarischen gesetzlichen Grundlagen der Landesplanung u n d den generellen Bindungsnormen die Einräumung v o n Geschäftsleitungsgewalt des Landes über die kommunale Bauleitplanung (§ 1 I V B B a u G 1976) u n d über alle raumbedeutsamen Planungen u n d Maßnahmen zu sehen. Diese Vorschriften regeln jedoch, richtig verstanden, nicht die Geschäftsleitungsgewalt, sondern die Plankoordination. Sie stellen nicht die Einheitlichkeit innerhalb der vielfältigen V e r w a l t u n g i m Gesetzesvollzug her 1 5 , sondern sie ermöglichen 11 Grundsätzlich dazu Ossenbühl, Verwaltungs vor Schriften u n d G r u n d gesetz, S. 285, 369 ff., u n d H.-J. Hansen, Fachliche Weisung u n d materielles Gesetz, 1971, S. 229. 12 Verwaltungsvorschriften u n d Grundgesetz, S. 362 - 430. 13 Vgl. dazu Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. 98. 14 Vgl. oben § 8 I . 15 So die treffende Funktionsbeschreibung der gesetzesakzessorischen V e r waltungsvorschriften von Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften u n d G r u n d gesetz, S. 470.
§ 10 Nochmals: Die Handlungsform von Plänen
105
rahmenartige Vorgaben innerhalb von planerischen Zusammenhängen. Die geringe inhaltliche Determination der zweckprogrammierten Pläne durch die Plannormen stellt sie außerhalb der gewohnten u n d dogmatisch gesicherten Typen der gesetzesakzessorischen Verwaltungsvorschriften. U m i m Ansatz eine adäquate A n t w o r t auf die Regelungsprobleme der Pläne u n d der Planung geben zu können, müßte die Dogmatik der Verwaltungsvorschriften ihrerseits so gründlich umgestaltet u n d ergänzt werden, müßten für die Pläne neue Typen der Verwaltungsvorschriften entwickelt werden, daß es wenig dogmatischen Gewinn verspricht u n d eher erhebliche Nachteile implizieren würde, die Pläne i n die inadäquate, w e i l verwaltungsintern angelegte Rechtsquelle der Verwaltungsvorschriften pressen zu wollen.
3. Hervorzuheben bleibt, daß sich die rechtlichen Probleme der Planung nicht auseinanderdividieren lassen i n solche, die die Wirkungen der Pläne i m inneradministrativen Bereich, und i n solche, die die W i r kungen i m Staat-Bürger-Verhältnis betreffen. A u f die Übereinstimmung der Problemlage i n beiden Relationen infolge der mangelnden inhaltlichen Determination ist schon hingewiesen worden. Darüber hinaus — und das ist entscheidend — hat die Funktionsanalyse der Planung gerade die Einheitlichkeit der inneradministrativ mehrfach gestuften, insgesamt aber intentional auf Verhaltensbeeinflussung gerichteten Steuerungsprozesse erwiesen. Diese Zusammenhänge dürfen rechtliche Kategorien und Systematisierungsversuche nicht zerreißen, so wie generell vor der Gefahr zu warnen ist, i n der Unterscheidung von Außenrecht und Innenrecht i n neuen Begriffen der Sache nach den alten Dualismus zwischen Recht (im Staat-Bürger-Verhältnis) und Nicht-Recht (im staatsorganisatorischen Bereich) wieder aufzubauen und zwischen dem sog. außenverbindlichen Recht und dem sog. organisatorischen Rechtskreis starre Schranken aufzurichten 16 . E i n solches Vorgehen müßte schwerwiegende nachteilige Folgen i m Hinblick auf das Demokratieprinzip haben 17 . Es würde außerdem auch die verwaltungsrechtliche Bewältigung der Pläne verhindern, weil es insoweit immer nur die eine Seite der Wirkungen von Plänen berücksichtigen könnte. Für das Verwaltungsrecht der Planung läßt sich diese Gefahr bei dem Vorgehen festmachen, das sich darauf beschränkt, nur die von einem Plan ausdrücklich intendierte Verbindlichkeit und Wirkungen zu analysieren. Dadurch verengt sich das Problemfeld häufig auf den inner administrativen Bereich, w e i l zahlreiche Pläne nach ihren eigenen Aussagen Rechtswirkungen nur i n ihm entfalten wollen. Durch rechtliche Kategorisierung und Einordnung darf jedoch nicht die weitere und 16 Dazu Häberle i n der Rezension der A r b e i t von Hansen, Fachliche W e i sung u n d materielles Gesetz, D Ö V 1973, S. 213. 17 Grundsätzlich dazu neuerdings H. Faber, Das Organisationsrecht der Planung, Ms T e i l I .
1. Abschn.:
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
davon unabhängige Frage abgeschnitten werden, ob komplexe Rahmenplanungen darüber hinaus auch schon für den einzelnen Bürger eine rechtlich faßbare Betroffenheit äußern oder wegen ihrer generellen Breitenwirkung und (Vor)Formulierung von öffentlichen Interessen oder wegen ihrer politischen Bedeutung i m Staat-Bürger-Verhältnis i n rechtsstaatlicher oder demokratietheoretischer Hinsicht rechtliche Relevanz haben oder haben müssen. Diese Frage erfordert zusätzliche Überlegungen. Grundlage dafür ist die Unterscheidung zwischen intendierter und ungezielter Wirkung. A l l e i n die Selbstaussage eines Planes oder einer Norm kann die faktisch vorhandene Wirkung und Betroffenheit nicht zur Irrelevanz verurteilen und i n die Grauzone bloß mittelbarer Wirkungen abschieben. Ebensowenig kann die Beschränkung der intendierten Wirkung auf den inneradministrativen Bereich die allgemeine politische Bedeutung einer Planung und eines Planes leugnen und demokratietheoretische Überlegungen unter H i n weis auf die angeblich bloß ,internen' Wirkungen abschneiden. Vor der Gefahr voreiliger Verengung des Problemfeldes und der Unterschätzung der prägenden K r a f t formaler Kategorisierungen und Systematisierungen wie ,innen' — , außen' kann der methodische A n satz der Aufspaltung der kompakten Fragestellung nach der Handlungsform von Plänen i n verschiedene Problemkreise bewahren. Er ist flexibel genug, u m i n einigen und i n den vorerst allein bewältigten Problemkreisen Lösungen vorschlagen und erarbeiten zu können, ohne damit zugleich — durch Generalisierung dieser i n die Abstraktion einer (vorhandenen) Handlungsform — andere noch gar nicht genügend aufgehellte Problemkreise zu präjudizieren. Die Methode läßt (vorerst) offen, i n wie vielen Hinsichten die Pläne ,anders' als bisherige Handlungsinstrumente und Handlungsformen sind. Sie bietet deshalb einen konsensermöglichenden Mittelweg zwischen dem gewaltsamen Einordnen von Plänen i n die vorhandenen Handlungsformen und der unkonturierten aliud-These. Je mehr dieser Ansatz ,Andersartigkeiten' der Pläne zutage fördert, desto mehr nähert sie sich i m Ergebnis der aliudThese. Daß spezifische Problemlösungen für Pläne i n erheblichem U m fang erforderlich sind, ist i m folgenden zusammenfassend u n d i n der Absicht, die starren Fronten und Mißverständnisse um die aliud-These aufzulockern, darzulegen. II. 1. Nach den bisherigen Darlegungen und nach dem Stand der Literatur ist die Zahl und die Bedeutung der ,Andersartigkeit' von Plänen i m Vergleich zu traditionellen Handlungsinstrumenten beträchtlich: — Pläne werden ,parlamentarisiert' und ζ. T. als Gesetz erlassen, nicht deshalb, weil sie dauerhafte, generelle u n d abstrakte Regeln
§ 10 Nochmals: Die Handlungsform von Plänen
107
enthielten, sondern wegen ihrer politischen und inhaltlichen Bedeutung; dabei ist der Erlaß als Gesetz weder eine generalisierungsfähige noch die von vornherein geeignete Form der Parlamentarisierung 18 . — Die geringe Determinationskraft von Planrechtsnormen auf die Ergebnisse der Planung besteht unabhängig davon, i n welcher Rechtsform die Pläne ergehen; die bei der Zweckprogrammierung typischen Gestaltungsspielräume sind nicht aufgehoben, wenn ein Plan als (untergesetzlicher) Rechtssatz, als Rechtsverordnung oder als Satzung ergeht 19 . — Die Verfahrensabhängigkeit der Planungsergebnisse, die eine gesteigerte Bedeutung des Planungsverfahrens impliziert, ist ebenso eine Folge der Zweckprogrammierung und unabhängig von der Rechtsform. — Die Frage der Verbindlichkeit und Wirkungen von Programmen und Plänen ist keinesfalls abschließend gelöst, wenn Pläne i n Rechtssatzform ergehen; hingewiesen sei nur auf die — für gewohnte Normen atypischen und verwunderlichen — Bestimmungen, i n denen die Geltung von gesetzlich fixierten Planaussagen auf administrative Behörden oder sogar auf nur einige Behörden beschränkt werden 2 0 . — Die Probleme der ausreichenden Bestimmtheit, aber auch des hinreichend offenen Rahmencharakters von Planaussagen innerhalb von planerischen Zusammenhängen, etwa des landesplanerischen Planungssystems, stellen sich unabhängig von den sehr unterschiedlichen Rechtsformen, i n denen die landesplanerischen Pläne gekleidet sind. — A u f die Sonderprobleme des planerischen Ermessens, der Fehlerfolgen und nicht zuletzt des Rechtsschutzes bei der Planung sei hier nur stichwortartig verwiesen. 2. Wenn Handlungsformen begriffliche Kürzel für spezifische K o m binationen von rechtlichen Problemlösungen sind, dann drängt sich angesichts dieser Fülle abweichender Problemlagen und -lösungen, die sich bei Plänen ergeben, die Kennzeichnung als aliud gegenüber den überkommenen Handlungsformen auf. Wenn hier die aliud-These gleichwohl zurückhaltend beurteilt wird, dann liegt dies zum einen an ihrem schon erwähnten rein negierenden Charakter und zum anderen daran, daß sie die Vorstellung einer neuen kompakten und i n allen 18
Siehe unten § 17 I I 4. Der Erlaß v o n Plänen als Gesetz scheidet von vornherein f ü r die P l a nungen der nachgeordneten Ebene bei den gestuften Planungen aus. F ü r die Ebene der Regionalplanung als typischem, aber i m einzelnen sehr u n t e r schiedlich strukturierten ,Kondominium' zwischen Staat u n d kommunalem Bereich bietet sich weder die Rechtsverordnung noch die Satzung als die p r i m ä r geeignete u n d überzeugende Rechtsform an. 20 z. B. §§ 3 ROG, 37 nw. Gesetz zur Landesentwicklung. 19
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
Fragen abweichenden H a n d l u n g s f o r m suggeriert. Richtig verstanden u n d a u f i h r e n r i c h t i g e n K e r n gebracht besagt j e d o c h d i e a l i u d - T h e s e n i c h t , daß b e i j e d e m P r o b l e m ,andere' L ö s u n g e n z u e r w a r t e n sind, u n d r i c h t i g v e r s t a n d e n h i n d e r t diese These auch k e i n e B e m ü h u n g , P l ä n e so o f t w i e m ö g l i c h i n v o r h a n d e n e oder n u r l e i c h t m o d i f i z i e r t e P r o b l e m l ö s u n g s m u s t e r e i n z u o r d n e n . D i e a l i u d - T h e s e h i n d e r t sogar n i c h t , sich i n einzelnen Problembereichen m i t suboptimalen Lösungen zufriedenzug e b e n 2 1 , w e n n das g e l t e n d e Recht r e l a t i v s t a r r e G r e n z e n setzt, w i e dies b e i d e n P r o z e ß o r d n u n g e n u n d d a m i t f ü r d e n Rechtsschutz g e n e r e l l der F a l l ist. Dies ist hinzunehmen, aber kein Anlaß zur Genugtuung u n d k e i n Beweis für die Leistungsfähigkeit des Ansatzes, Pläne mehr oder minder gewaltsam i n die vorhandenen Handlungsformen einzuordnen. Die Bilanz dieser Situation f ü r die Effektivität des Rechtsschutzes ist alles andere als positiv; i n der zentralen Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsschutzes b e w i r k t der Zwang zur Einordnung i n das Schema N o r m - Verwaltungsakt gerade systembedingte Defizite: bei den Fachplanungen passen die Rahmenentscheidungen der ersten Stufe, die luftverkehrsrechtliche Genehmigung (§ 6 L u f t VG) u n d die Planungsentscheidung nach § 16 F S t r G nicht ins gewohnte B i l d des v o l l konkretisierten, nicht mehr ausfüllungsbedürftigen Verwaltungsaktes. I h r Sach- u n d Rechtsgehalt verschwimmt; die Rechtsschutzbegehren gegenüber diesen eigenständigen Entscheidungen werden sachwidrig als vorbeugender Rechtsschutz (bezogen auf die abschließende Stufe der Planfeststellung) behandelt 2 2 . Diese auf dem Boden des geltenden Prozeßrechts n u r schwer verzichtbare Einordnung von Plänen i n das traditionelle Schema aus Gründen des Rechtsschutzes verdient n u n keineswegs, zur zwingenden L e i t l i n i e für alle anderen Problemkreise zu werden 2 3 . Abgesehen von ihren unbefriedigenden u n d k e i 21 Genau dies w a r der Weg, den der Begründer der aliud-These, Forsthoff, einschlug (Norm u n d Verwaltungsakt i m geltenden u n d künftigen Baurecht, DVB1. 1957, S. 113 ff.), der sich dann allerdings — wegen der Überbetonung der F o r m t y p i k u n d des Rechtsschutzaspektes f ü r die verwaltungsrechtliche Dogmatik — zu einer weitgehenden Verleugnung des zunächst zutreffend herausgearbeiteten materiellen Charakters des Planes genötigt sah. Die Leistungen, die die vorhandenen Rechtsformen i n rechtsstaatlicher Hinsicht erbringen, können jedoch auch für einzelne Problemkreise jeweils rekonstruiert werden. Z u r Absicherung dieses punktuellen Vorgehens ist i n einem zweiten Schritt eine Zusammenschau u n d Kompatibilitätsprüfung der einzelnen Problemlösungen notwendig; vgl. dazu unten I I I . 22 So die Rechtsprechung i n den bisherigen Flughafenprozessen, siehe BVerwG, B. v. 21.3.1973, DVB1. 1973, S. 448 (Flughafen München I I ) m i t ausführlicher K r i t i k von Blümel, DVB1. 1973, S. 436 ff., u n d neuerdings OVG Lüneburg, U. v. 28.11.1975, I V O V G A 79/75 (unveröffentlicht, zum F l u g hafen Hamburg-Kaltenkirchen). — Z u m Problem des Entscheidungsgehalts von Teilentscheidungen i n gestuften Planungsprozessen Wahl, D Ö V 1975, S. 373 ff., u n d Blümel, Planung u n d Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVB1. 1975, S. 702 ff. u n d ders., Die Standortvorsorgeplanung für Kernkraftwerke, DVB1. 1977, S. 317 ff. 23 Z u m Problem, ob die F o r m t y p i k des Verwaltungshandelns an die des Rechtsschutzes anzupassen ist oder umgekehrt, die Diskussionsbeiträge von Lerche, Dürig, Bettermann, W D S t R L 34 (1976), S. 282, 286.
§ 10 Nochmals: Bie tìandìungsforift
v o n Pianeù
1Ô9
nesfalls überzeugenden Ergebnissen i m Rechtsschutzbereich selbst ist aber auch die Rechtsschutzfrage — entgegen einer verbreiteten Betrachtungsweise — nicht der entscheidende Problemkreis bei der Planung; deshalb wäre es eine sehr ungünstige Perspektive, v o m Rechtsschutz her die rechtlichen Probleme der Planung aufzurollen. Der punktuelle Charakter des Rechtsschutzes u n d die notwendigerweise begrenzte Problemverarbeitungskapazität von Gerichtsverfahren beschränken die Bedeutung des gerichtlichen Rechtsschutzes i n Problemlagen, die gerade durch die weiten H a n d lungszusammenhänge der komplexen Planungen gekennzeichnet sind, beträchtlich 2 4 . Nicht zufällig vollzieht sich i n der neuen Dogmatik eine A u f w e r tung des Verwaltungs- u n d Planungsverfahrensrechts. D a r i n w i r d n u r theoretisch nach vollzogen, was i n der Praxis schon eingeübt ist: Gerichtsverfahren i m Bereich der komplexen Planungen der Raumordnung u n d Landesplanung gibt es bisher k a u m ; das mag zwar zum T e i l an der mangelnden PÌanungsdichte der bisherigen Landesplanung gelegen haben; zum anderen T e i l dürfte sich darin die zutreffende Einsicht u n d Erfahrung niederschlagen, daß die Aushandlungs- u n d Beteiligungsprozesse i m Planaufstellungsverfahren wichtiger sind als der nachträgliche Rechtsschutz, der den K e r n planerischer Gestaltung n u r sehr bedingt unter Kontrolle bringen kann. U m g e k e h r t h a t die a l i u d - T h e s e eine h e u r i s t i s c h a u ß e r o r d e n t l i c h w i c h t i g e B e d e u t u n g , w e i l sie a u f das b e t r ä c h t l i c h e A u s m a ß a n anders gelagerter Sachproblematik bei den Plänen aufmerksam macht u n d deshalb W a r n z e i c h e n d a v o r setzt, i m P l a n u n g s b e r e i c h d e n R e d u k t i o n s l e i s t u n g e n d e r ü b e r k o m m e n e n D o g m a t i k unbesehen z u t r a u e n . Dies g i l t auch f ü r d i e z u n e h m e n d e n F ä l l e , i n d e n e n P l ä n e i n Rechtssatzf o r m , v o r a l l e m i n d i e F o r m d e r R e c h t s v e r o r d n u n g g e k l e i d e t w e r d e n , so w i e das L a n d e s e n t w i c k l u n g s p r o g r a m m i n B a y e r n 2 5 . D a m i t s i n d n u n keinesfalls a l l e i n h a l t l i c h e n P r o b l e m e der P l ä n e gelöst, w o h l i s t f ü r d i e Rechtsschutzfrage eine r e l a t i v gesicherte A u s g a n g s l a g e v o r h a n d e n u n d d e n P u b l i k a t i o n s a n f o r d e r u n g e n i s t g e n ü g t , w e n n d e r gesamte P l a n 24 Z u r verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte zuletzt Scholz, V V D S t R L 34 (1976), S. 174 ff., Schmidt-Aßmann, ebd., S. 251 ff.; zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle Hoppe, i n : FS B V e r f G 1976, Bd. 1, S. 663. — Aus dem Bereich der Raumordnung gibt es zum Problem der Kontrolldichte praktisch k e i n Anschauungsmaterial; die L i t e r a t u r faßt zusammen R. Hosch, Probleme des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes bei Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung, Wirtschaft u n d V e r w a l t u n g Heft 1/1977, S. 36 ff., 43 ff.; vgl. dazu auch Schnapauff, Rechtsschutz u n d Zeitfaktor bei Planungen i m staatlichen Bereich, S. 83 ff., 256 ff., 279 ff. Die Normenkontrollentscheidung des O V G Lüneburg betreffend einen Raumordnungsplan beschränkt sich auf die — negativ beantwortete — Zulässigkeitsfrage: DVB1. 1973, S. 151 m i t A n m . v. Körting, DVB1. 1973, S. 457, u n d dazu W. Löwer, Gemeindliches Selbstverwaltungsrecht u n d Landesplanung, JuS 1975, S. 779 ff. Eine materielle Prüfung enthält dagegen der Normenkontrollbeschluß des Bay. V G H (s. nächste Fn.). 25 Dazu E. Hosch u n d U. Höhnberg, Programme u n d Pläne nach dem bay. Landesplanungsgesetz, Bay.VBl. 1974, S. 657 ff., 691 ff.; vgl. dazu auch den Normenkontrollbeschluß des Bay .VGH v. 18.11.1974, Bay.VBl. 1975, S. 168 ff., durch den der A n t r a g einer Gemeinde gegen ihre zentralörtliche Einstufung zurückgewiesen worden ist.
1Ö
1. Abschn. :
as H a n d n g s n s t r u m e n t des Planes
inhalt i n den amtlichen Veröffentlichungsblättern abgedruckt wird. Aber ansonsten gilt, was Schmidt-Aßmann exemplarisch zur Frage der Bestimmtheit ausgeführt hat, daß eine Planaussage nicht dadurch eindeutiger wird, daß sie als Rechtssatz ergeht 26 , generell: Komplexe Planungen haben Rahmencharakter u n d sie müssen i h n haben, u m z.B. die Selbstverwaltungsgarantie nicht zu verletzen. Des weiteren unterscheiden sich Plankoordination und Plankollision grundlegend von den gewohnten Normkollisionen 2 7 , auch wenn sie i n der Form von Normkollisionen auftreten. I m Hinblick auf die bisher herausgearbeiteten sachlichen Eigenarten von Planungen und Plänen ist der These von Kaiser zuzustimmen, daß ein Planakt i n Form eines Verwaltungsakts ein aliud ist und ein Planakt i n der Form einer Norm ebenfalls ein aliud ist 2 8 . Bei näherem Zusehen reduziert sich der unter dem Reizwort des ,aliud' angesprochene Problemkreis auf die folgende Alternative: entweder bilden die für die Pläne (oder für einige Pläne) entwickelten spezifischen Problemlösungen je Sonderformen innerhalb der Handlungsformen Gesetz, Verordnung, Satzung und Verwaltungsakt oder sie werden unter einer eigenen Etikette zu einer neuen Handlungsform zusammengefaßt. Ob die zweite Alternative sinnvoll ist, hängt zum einen von der Zahl und der Bedeutung der spezifischen Problemlösungen bei Plänen ab. Zum anderen ist für eine juristische Begriffsbildung, die auch als wissenschaftliche Begriffsbildung den Bedingungen einer Dogmatik unterworfen ist 2 9 , eine solche Etikettierung als neue eigenständige Handlungsform auf die Dauer nur sinnvoll, wenn sie Anhaltspunkte und ein Fundament i n den gesetzlichen Regelungen erhält, wenn also einige Normen etwa über Kompetenz- oder Verfahrensregelungen, über Publikationsanforderungen oder über den Rechtsschutz Pläne als eigene Gruppe behandeln. Derzeit ist diese Frage noch nicht 26 Grundfragen des Städtebaurechts, S. 151. — Umgekehrt k a n n die v o r schnelle Übertragung der für traditionelle Rechtssätze geltenden Bestimmtheitsanforderungen auf Rahmenplanungen deren sachlich-planerische F u n k t i o n u n d den rechtlichen Schutzwall, der i m Rahmencharakter für die Erhaltung v o n Spielraum f ü r die kommunale Selbstverwaltung liegen kann, zerstören, vgl. dazu das klassische Beispiel aus der Geschichte der Landesplanung unten § 15 I I I . 27 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 10. Aufl., S. 311 f.; ders., i n : Planung I I I , S. 24; Fröhler / Oberndorfer, österreichisches R a u m ordnungsrecht 1975, S. 47 ff. 28 Verhandlungen des 50. DJT, Bd. 2, S. 12. 29 Eine dogmatische Wissenschaft kennt nicht (in demselben Maße w i e die anderen Wissenschaften) die ,freie' Begriffsbildung u n d -definition, sondern muß den Bezug zu dem i n den Gesetzen gebrauchten Begriff s Verständnis i n gewissen Grenzen einhalten, vgl. dazu A. Podlech, Die Rechtsnatur der Verkehrszeichen u n d die öffentlich-rechtliche Dogmatik, D Ö V 1967, S. 740 m i t Fn. 1 a. Andererseits sind i n der Dogmatik relativ abstrahierende Begriffsbildungen, z. B. i m Allgemeinen Verwaltungsrecht möglich, w i e das klassische Beispiel des Verwaltungsakts-Begriffs beweist.
§ 10 Nochmals: £>ie Handlungsform von Plänen
111
entscheidungsfähig. Der aktuellen Situation ist der flexible methodische Ansatz der Aufspaltung der kompakten Fragestellung nach der Handlungsform i n verschiedene sachliche Problemkreise angemessen. I I I . 1. Der K e r n dieses Ansatzes liegt i n einem problemorientierten Vorgehen. Ausgehend von lösungsbedürftigen Fragen und grundlegenden (verfassungsrechtlichen Postulaten als ,Problemen' werden i n Analogie zu den vorhandenen Handlungsformen Teillösungen erarbeitet 3 0 . Bezeichnend für die topischen Merkmale dieses Ansatzes ist der U m stand, daß sowohl für die Auswahl u n d Definition der ,Probleme' als auch für die Gesichtspunkte der Lösungen bestimmte Annahmen über die Sachstruktur des zu regelnden Bereiches einfließen und maßgebend für das U r t e i l der Problemadäquatheit der vorgeschlagenen rechtlichen Lösungen werden. I n den Schwierigkeiten, dieses für die Topik spezifische U r t e i l nachvollziehbar zu machen, liegen die besonderen Gefährdungen dieses Vorgehens. Ebenso schließt die Aufspaltung i n additiv nebeneinander stehende Problemkreise eine Tendenz zum Verlust des inneren Zusammenhangs zwischen den einzelnen rechtlichen Problemkreisen i n sich. I h r muß zum einen durch re-integrierende systematische Überlegungen begegnet werden 3 1 , bei denen die Implikationen der Lösungen der einzelnen Problemkreise zusammengesehen werden. Z u m anderen u n d vor allem empfiehlt es sich, die Gewinnung der für relevant gehaltenen Probleme ausdrücklich aus dem Funktionszusammenhang des Sachbereichs zu begründen. Dieses Postulat f ü h r t zum Funktionszusammenhang der outputorientierten Steuerung zurück. I n ihrem Rahmen erweisen sich die langen Handlungsketten zwischen den Zielfindungsprozessen auf der Makroebene u n d der Programmierung auf der Mikroebene als der grundlegende Sachverhalt. Wegen der langen Handlungsketten ist eine Pluralität von aufeinander bezogenen Plänen erforderlich; die Frage nach den Konstruktionsbedingungen eines Planungssystems als eines geordneten Feldes von eigenständigen Planungsbereichen und von Ableitungsbeziehungen zwischen Plänen w i r d zu einem zentralen Problemfeld 3 2 der Planungsdiskussion. Dieses 30
Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 149, u n d oben §4. So auch neuerdings Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 543. 32 Dies drückt sich auch d a r i n aus, daß einige der erwähnten Problemkreise (siehe oben § 4, 1.) v o n der Lösung bei der K o n s t r u k t i o n des Planungssystems abhängen: Die Anforderungen an die Ausgestaltung des förmlichen Planaufstellungsverfahrens u n d an die Konkretheit der Aussagen bestimmen sich nämlich gerade auch danach, gegen w e n der einzelne Plan Verbindlichkeit äußern u n d i n welcher Intensität einzelnen Planaussagen i m Planungssystem Bindungskraft zukommen soll. U n d die vieldiskutierte F r a ge nach dem zulässigen Umfang der Beschränkung der kommunalen Selbstv e r w a l t u n g durch Raumordnungspläne erweist sich als Teilaspekt des generellen Problems, Planungssysteme unter Berücksichtigung der (verfassungs)31
112
ί . 1. Abschn. : £)as Öandlungsinstrument des Planèâ
Problemfeld steht i m Mittelpunkt der weiteren Ausführungen; für die dabei auftauchenden Fragen geben die traditionellen Lehren des Verwaltungsrechts und insbesondere die der Handlungsformen ersichtlich keine erprobten Lösungen. Die Frage nach der rechtlichen Konstituierung von Planungssystemen zielt m i t h i n i n den Bereich, i n dem sich die Andersartigkeit der Planung erweist. Z u fundieren sind deshalb die weiteren Erörterungen i m größeren Rahmen der outputorientierten Steuerung; dies ist abschließend, zugleich als Zusammenfassung der bisherigen Darlegungen, zu begründen. 2. Die für die Output-Orientierung charakteristische Übernahme von öffentlichen Aufgaben i n Ersetzung gesellschaftlicher Selbststeuerung bedingt gesteigerte Programmierungstätigkeit u n d -intensität, w e i l die Ergebnisse des Handelns vieler Akteure Bezugspunkt der Steuerung sind und deshalb das Zusammenwirken der vielen Handlungen von ausgewählten Zielen her beeinflußt werden muß, ohne daß vollständiges Wissen vorliegt. Zentrales Programmierungsbedürfnis ist die Abstimmung und Koordination von A k t i v i t ä t e n i m Hinblick auf ihren Zielerfüllungsbeitrag, ist der Einsatz von unterschiedlichen A k t i vitäten als Kombination von M i t t e l n zur Erreichung von Zielen. Innerhalb der komplexen Zusammenhänge outputorientierter Steuerung genügt angesichts der inhaltlich aufwendigen Programmierungstechnik regelmäßig eine Abstimmung nicht, sondern die Ziel-Mittel-Beziehungen sind auf mehrere Abstimmungsvorgänge auseinanderzuziehen. Als Folgeproblem der Pluralität von sachlich aufeinander bezogenen Planungen und Plänen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, planerische Zusammenhänge zu organisieren. Damit verändert sich das Problemfeld für den einzelnen Plan. Sobald eine Mehrzahl von Plänen vorhanden ist, kann eine neue Planung und kann ein neuer Plan nicht i n den betreffenden Bereich eingeführt werden, ohne daß dies Auswirkungen auf vorhandene Pläne hat und ohne daß die A r t und der U m fang dieser Einwirkung und der Verbindlichkeit gegenüber diesen Plänen geregelt werden 3 3 . Die Bedingungen für die Konstruktion von piarechtlich abgesicherten Bereiche eigener Initiative und Entscheidungsbefugnisse von einzelnen administrativen Einheiten zu regeln, dazu unten §§11 ff. 33
Diese Problematik zeigt sich exemplarisch bei den Versuchen, die L a n d schaftsplanung m i t eigenen Planformen u n d rechtlicherVerbindlichkeit auszustatten, die i n den Landschaftsgesetzen der Länder u n d i n den verschiedenen E n t w ü r f e n zu einem Bundesnaturschutzgesetz (BT-Drs. 7/886 E n t w u r f der BReg., 7/324 E n t w u r f der CDU/CSU-Fraktion, 7/3879 E n t w u r f des BRats) unternommen werden. Dabei sollen die Landschaftspläne i n die B a u leitpläne, die Landschaftsrahmenpläne i n die Regionalpläne u n d L a n d schaftsprogramme i n die zentralen landesplanerischen Pläne bzw. Programme übernommen u n d eingebunden werden u n d so an deren V e r b i n d lichkeit teilhaben. Z u den dabei auftretenden Problemen äußert sich die Begründung zum E n t w u r f des Bundesrats (BT-Drs. 7/3879) i n bemerkenswerter Offenheit: ,Dabei zeigt sich, daß insbesondere über die zweckmäßigste
§ 10 Nachmals: Die Handlungsform von Plänen
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nerischen Ableitungszusammenhängen zwischen Verwaltungs- und Planungsträgern m i t eigenem Initiativ-und Entscheidungsbereich werden deshalb für die Ausgestaltung der Pläne und für ihre rechtlichen Wirkungen bestimmend. I n den Mittelpunkt rücken damit die Fragen, wie unterschiedliche Felder der Abstimmung konstituiert und Verbindlichkeit zwischen ihnen ermöglicht, aber auch begrenzt werden kann, so daß ein Abstimmungsvorgang den anderen nicht,aufsaugt 4 . Zur Konstruktion von Planungssystemen sind die sachlichen Aufgaben der einzelnen Planungsebenen und -bereiche so zu bestimmen und die Entscheidungsbefugnisse und Abhängigkeiten so zu verteilen, daß jeder Planungsebene und jedem Planungsträger die seiner verfassungsrechtlichen Stellung zukommende Abwägungs- und Entscheidungssubstanz eingeräumt wird, für die erforderliche Breite der Abwägung und Interessenberücksichtigung gesorgt ist und zugleich die Sicherungen getroffen sind, daß die prinzipiell überall vorhandene Beschränkung der Planungsaufgaben der jeweiligen Ebene und des jeweiligen Bereichs eingehalten wird. Die dabei zu lösenden Sachprobleme ergeben sich aus der oben angestellten Funktionsanalyse 34 . Die dort getroffenen Kennzeichnungen — der planbindenden Pläne als Rahmenplanungen i m Verhältnis zum planabhängigen Plan, des Offenbleibens von Gestaltungsspielräumen bei den letzteren, der Einhaltung unterschiedlicher Systemebenen bei beiden Planarten, der Nicht-Hierarchisierung i m Planungssystem —, sie alle umschreiben nicht Selbstverständlichkeiten oder naturgegeben sich einstellende Wesenheiten, sondern zu bewirkende Leistungen. Als solche müssen sie durch besondere Vorkehrungen ermöglicht und gesichert werden, auch und gerade durch rechtliche Vorkehrungen.
F o r m u n d den Grad der Verbindlichkeit des Landschaftsplans noch so gut wie keine Erfahrungen vorliegen. Das gilt insbesondere vor allem für die Versuche i n den Landesgesetzen, den Landschaftsplan i n die Bauleitplanung einzubinden/ Vgl. jetzt die § § 5 u n d 6 Bundesnaturschutzgesetz v. 20. Dez. 1976 (BGBl. I, S. 3574). 84 Siehe oben §§ 7 u n d 9. 8 Wahl ι
2. A b s c h n i t t
Dae Organisationeprinzip dee Planungssysteme § 11 Das Planungssystem als Organisationsprinzip für Aufgabenverflechtungen zwischen selbständigen Planungsträgern I. 1. I n den vorangegangenen Erörterungen ist die Notwendigkeit zur Ausdifferenzierung einer Mehrzahl von Planungen aus den langen Handlungsketten der planerischen Zusammenhänge und den beschränkten Programmierungsleistungen eines einzelnen Planes erklärt und begründet worden. I n dieser Herleitung kennzeichnet das Stichwort von der Pluralität der Planungen nicht nur das Faktum der Ausbildung von verschiedenen Planungsbereichen und -ebenen, sondern es weist zugleich auch auf die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen den Ebenen und Bereichen hin. Nicht nur der einzelne Plan ist m i t seiner kompetenzverklammernden und arbeitsteilig Getrenntes re-integrierenden Wirkung eine A n t w o r t auf die fachlichen Interdependenzen zwischen gesellschaftlichen Problemzusammenhängen; noch weit mehr sind dies die planerischen Zusammenhänge zwischen Planungsbereichen und -ebenen i n einer systematisierten und sozusagen potenzierten Weise. Integriert und verdichtet der einzelne Plan i n der ersten Entwicklungsstufe von Planungen häufig nur die Aufgaben und Kompetenzen eines einzelnen administrativen Verwaltungsträgers i n der A r t der ,Eigenplanung', so wachsen entwickeltere Planungen meist rasch über diese Kompetenzgrenzen hinaus und überspringen i n ausdifferenzierten planerischen Zusammenhängen nicht nur die Fein- und Filigrangliederung der einzelnen Kompetenzen, sondern die Grenzen der administrativen Grundgliederung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (und Gemeindeverbänden) 1 . Die Organisation planerischer Zusammenhänge ist geeignet, diese Grundgliederung erheblich zu verändern; sie muß umgekehrt von den (verfassungsrechtlichen Prinzippien, die diese Grundgliederung bestimmen, Richtung und Grenzen erhalten. Damit eröffnet sich ein umfassendes Problemfeld, w e i l die gedanklichen Ansätze der planerischen Organisationsprinzipien einerseits und des Organisationsrechts andererseits sehr unterschiedlich sind. 1 Z u m Zusammenhang zwischen verstärkter Output-Orientierung der staatlichen Steuerung u n d der Bedeutungssteigerung der inneradministrativen Beziehungen über die Kompetenzräume hinweg s. oben § 7 I I 1 u. 2.
§ 11 Planungssystem u n d Organisation von Aufgab en Verflechtungen
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Die sachliche Leitmaxime der Ausdifferenzierung und Konstituierung planerischer Bereiche und planerischer Zusammenhänge ist das Bestreben, eine möglichste Kongruenz zwischen den Interdependenzen der gesellschaftlichen Problemzusammenhänge und der administrativen Entscheidungsstruktur herzustellen 2 . Diese Kongruenz ist jedoch — trotz allen Bemühens um eine sachgerechte und optimale Abgrenzung der Ressort- und Verbandskompetenzen — nicht dadurch zu erreichen, daß die Kompetenzräume so aufgeteilt werden, daß alle Interdependenzen auf Dauer innerhalb eines abgegrenzten Kompetenzraumes liegen, sondern prinzipiell liegen quantitativ viele und qualitativ erhebliche Interdependenzen zwischen den Auf gab enj eidern der einzelnen Verwaltungs- und Planungsträger. Deshalb müssen administrative und planerische Zusammenhänge zwischen den Grundeinheiten Bund, Land, Kommunen und zwischen den Ressorts i n systematischer Weise organisiert werden. Der verfassungsrechtlichen Grundgliederung liegt dagegen grundsätzlich ein Trennungsdenken zugrunde; Aufgaben und Kompetenzen sind als relativ abgeschlossene Bereiche verstanden — das Denken i n Aufgaben und Kompetenz,räumen' ist dafür symptomatisch. Die Unterscheidung autarker Aufgabenblöcke i m Verhältnis von Bund u n d Ländern, zwischen Staat und Gemeinden und die entlang von arbeitsteiligen Aufgliederungen vorgenommene Ressortabgrenzung bilden das primäre Grundgerüst, auf das erst sekundär, teils verfassungsrechtlich anerkannt, teils praeter legem, Kooperationsformen aufgesetzt sind, deren rechtliche Strukturierung eben deshalb Schwierigkeiten bereitet. Die sehr abstrakte Problemformulierung von der Inkongruenz der Entscheidungsstruktur und der Problemzusammenhänge bedarf sicherlich mehrerer Stufen der Präzisierung, ehe sie zur Lösung (verfassungs)rechtlicher Fragen aufgearbeitet ist. Auf der anderen Seite eröffnet sie erst das gesamte weite Spektrum vergleichbarer Problemlagen, bei denen überall die sachlichen Interdependenzen der realen gesellschaftlichen Problemzusammenhänge zur inhaltlich dichten Aufgaben- und Politikv er flechtung, zu Aufgabenverlagerungen und zu Wanderungsund Zentralisierungsprozessen bei den Kompetenzen führen 3 . Das 2 Z u dieser Grundthese systemtheoretisch orientierter Verwaltungs Wissenschaft Scharpf, Koordinationsplanung u n d Zielplanung, i n : M a y n t z / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, S. 107 f.; Mayntz / Scharpf, Kriterien, Voraussetzungen u n d Einschränkungen aktiver Politik, ebd., S. 127 f.; K . König, Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, S. 225. — Dieser A n satz ist f ü r rechtliche Probleme gelungen rezipiert von Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 65 ff. 3 Schon die rasche Karriere, die der Ausdruck ,Politikverflechtung' i n den letzten Jahren gehabt hat, ist ein Indiz für die Intensivierung der Aufgabenverflechtung bzw. für die erhöhte Aufmerksamkeit für dieses Phänomen; vgl. zum Ausdruck u n d zur Sache den Speyerer Tagungsband: P o l i t i k v e r flechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, 1975; Scharpf / Mehwald /
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2.
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damit gegebene reichhaltige Anschauungsmaterial liefert erdrückende Belege für die verwaltungswissenschaftliche These, daß die Abbildung der gesellschaftlichen Problemlagen i n abgegrenzten Zuständigkeitsbereichen, i n den geschlossenen ,Kästchen' organisatorischer Diagramme unmöglich ist. Deshalb scheitert nicht nur eine ,saubere', nahtlos aneinandergesetzte Ressortabgrenzung 4 , sondern auch eine klare und dauerhafte Grenzziehung zwischen den Aufgabenblöcken von Bund und Ländern oder zwischen überörtlichen (staatlichen) A u f gaben und örtlichen (kommunalen) Aufgaben 5 . Sachliche Überschneidungsbereiche bei den Aufgaben und demzufolge Verflechtungen i n der Aufgabenwahrnehmung sind nicht überraschend, nicht anormal, sondern i m Gegenteil zu erwarten. Planerische Zusammenhänge zwischen den Ebenen und Bereichen gehören i n dieses Gesamtbild der Auflösung der abgeschlossenen Kompetenzräume. Eine typische Ausprägung haben solche Ableitungs- und Verweisungszusammenhänge zwischen Planungen i n den Vorschriften des § 1 I V BBauG 1976 oder i n der generellen Bindungsvorschrift des § 5 I V ROG gefunden. 2. Die Gleichartigkeit der aktuellen Problemlage bedeutet nun andererseits nicht, daß für alle Felder von Aufgabenüberschneidungen und -Verzahnungen einheitliche Lösungen erarbeitet werden könnten, und zwar nach allgemeinen verwaltungs- und organisationswissenschaftlichen Modellen, die eine optimale Teil-Kongruenz von Problemzusammenhängen und Entscheidungsstruktur versprechen®. Auch für den Schmitges / Schwarz, Strukturelle Ineffizienz i n der Politikverflechtung z w i schen L a n d u n d Kommunen, 1973; Scharpf / Reissert / Schnabel, P o l i t i k v e r flechtung, Theorie u n d Empirie des kooperativen Föderalismus i n der B u n desrepublik, 1976 u n d das Projekt der K o m m . Gemeinschaftsstelle für V e r waltungsvereinfachung »System der öffentlichen Aufgaben'; Teilergebnisse davon sind eingegangen i n den Beitrag von E. Mäding, Aufgaben der V e r waltung, Die V e r w a l t u n g Bd. 6 (1973), insbes. S. 269 ff. m i t zwei illustrativen Beispielen der Aufgabenverflechtung (sozialer Wohnungsbau u n d E i n b ü r gerung). Vgl. insgesamt auch Roters, S. 17 ff. 4 Vgl. die Nachweise i n Fn. 2 u n d ausführlich zu den Detailproblemen der Ressortabgrenzung i m B u n d : Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform, Erster Bericht T e i l I. H i n z u kommt, daß die Ressortabgrenzung auf eine Mehrzahl v o n Rationalitätskriterien antwortet, die jeweils unterschiedliche I m p l i k a t i o n e n haben, dazu neuerdings H. Siedentopf, Ressortzuschnitt als Gegenstand der Verwaltungswissenschaft, Die V e r w a l t u n g Bd. 9 (1976), S. 1 ff. 5 Z u r Aufgab en Verflechtung u n d zum Koordinierungsbedarf zwischen B u n d u n d Ländern sei hier statt aller auf die Arbeiten von G. Kisker, K o operation i m Bundesstaat, 1972, u n d ders., i n : Der Staat Bd. 14 (1975), S. 169 ff. verwiesen. Z u m Verhältnis Staat - Gemeinden vgl. unten § 12. 6 Eine Tendenz zur abstrahierenden Modellbildung ist z. B. gegeben bei R. Krüger, Die Koordination von gesamtwirtschaftlicher, regionaler u n d lokaler Planung, 1969, S. 79 ff., 95 ff., 134 ff. u n d T. Thormählen, Integrierte regionale Entwicklungsplanung, 1973, S. 203 ff., 238 ff. sowie bei Roesler / Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, S. 41 ff., 93 ff. (trotz des Ausgangs v o m verfassungsrechtlichen Rahmen).
§ 11 Planungssystem u n d Organisation von Aufgabenverflechtungen
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Teilbereich der planerischen Zusammenhänge i n Planungssystemen besagt die Einheitlichkeit der abstrakten Problemlage nicht, daß alle verfassungsrechtlichen Besonderheiten des Bund-Länder-Verhältnisses, des Staat-Kommunen-Verhältnisses oder von Ressortbeziehungen eingeebnet oder relativiert würden zugunsten der einen Fragestellung nach der Organisation i n und von Planungssystemen. Das Verwaltungssystem der Bundesrepublik ist durch die Eigenständigkeit der Länder und die Selbständigkeit der Kommunen und der Ressorts eine pluralisierte und ,gebrochene' Administration; gemäß den spezifischen verfassungsrechtlichen Positionen und sachlichen Funktionen dieser Elemente ist es ein nach unterschiedlichen Mustern mehrfach pluralisiertes System. Planerische Zusammenhänge und Planungssysteme sind deshalb nicht für abstrakte Größen, sondern für verfassungsrechtlich spezifisch bewertete Größen zu konstruieren. Das Grundproblem, A u f gaben- und Politikverflechtung, die die ehemals als relativ autark vorgestellten Bereiche übergreifen, zu organisieren, führt nicht aus dem verfassungsrechtlich geordneten Grundgerüst des administrativen Systems hinaus, sondern diese sachlichen Verflechtungen sind i n Übereinstimmung mit dieser verfassungsrechtlichen Grundstruktur zu organisieren 7 . Ehe diese Probleme am Paradigma des Verhältnisses von Staat und Kommunen ausführlich behandelt werden (§ 12), sind die hier relevanten sachlich-planerischen Merkmale von Planungssystemen näher zu kennzeichnen. II. 1. I n einem weiten Verständnis kann man unter dem Oberbegriff der planerischen Zusammenhänge auch die vorn 8 näher gekennzeichneten Beziehungen zwischen einem Plan und dem planakzessorischen Ausführungsinstrumentarium begreifen 9 . I n einem engeren Sinne unterfallen dem Begriff der Zusammenhänge zwischen Planungen bzw. zwischen Plänen die Typen der Plankollision, des Planungssystems und des Planungsverbundes. Bei der Plankollision werden konkurrierende Regelungsansprüche mehrerer Planungsbereiche oder -ebenen i m H i n blick auf dasselbe Problem durch eine Vorzugsregel entschieden, nach der die eine Planung die andere (partiell) ersetzt. Nach dem Beispiel der §§ 38, 5 VI, 9 V I BBauG 1976 bleibt der Bauleitplanung nur, die Aussagen der Verkehrsplanung u. a. ,nachrichtlich' zu ,übernehmen' 10 . 7 Auch die raumordnende Planung, die ,das ganze Spektrum denkbarer Staatstätigkeit umfaßt', darf u n d braucht nicht so organisiert zu sein, daß ,das Kompetenzverteilungssystem des Grundgesetzes beiseitegelassen ist', w i e Forsthoff i n Planung I I I , S. 25 diagnostizierte. 8 Vgl. oben § 9 I I I . 9 Noch v i e l vermittelter u n d nicht mehr sinnvoll unter einem spezifischen Begriff der ,planerischen Zusammenhänge' zu begreifen sind die oben (§ 7 I I I ) erwähnten »Breitenwirkungen' der Planung, die durch das Ausfüllen u n bestimmter Begriffe entsteht.
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I m Planungssystem dagegen sind für einen Sachbereich zwei Pläne unterschiedlichen Inhalts vorhanden und durch eine Koordinationsklausel verbunden: Der planbindende Plan setzt inhaltliche Vorgaben für den planabhängigen Plan, ersetzt jedoch nicht den planabhängigen Plan. Der Planungsverbund bedeutet gegenüber dem Planungssystem regelmäßig eine Intensivierung der planerischen Beziehungen zwischen zwei Ebenen 11 ; statt zweier getrennter und aufeinander einwirkender Pläne w i r d die Planung vergemeinschaftet 12 . Wie das bekannteste Beispiel, die Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a GG, zeigt, gibt es i m Planungsverbund nur einen verbindlichen gemeinsamen Plan; die einzelnen Partner können (und sollen) zwar interne ,Vorplanungen' 18 aufstellen, formell und rechtlich gibt es jedoch keinen Ableitungszusammenhang zwischen zwei Plänen 1 4 . A u f der einen Seite sind so die Länder, um i m Beispiel der Gemeinschaftsaufgaben zu bleiben, nicht an eine vorgeordnete Planung des Bundes gebunden; i n der Regel ermöglicht jedoch der Planungsverbund durch die Steigerung der Kommunikation intensivere Einwirkungsmöglichkeiten als i m Planungssystem, die durch die Organisation des Entscheidungsverfahrens nur i n gewissem Umfang begrenzt werden können. I m Planungsverbund w i r d die gemeinsame Planung i n einer besonderen, gemeinsam besetzten Planungseinheit, i n einem ,Planungsausschuß' organisiert. Als Kooperationsgremium ist seine organisatorische Verselbständigung nur partiell. Eine andere Qualität n i m m t das Zusammenwirken i m Interesse der Berücksichtigung gemeinsamer Belange bei der völligen Ausdifferen10 Z u m Unterschied der (Spielraum lassenden) Anpassungspflicht zur (strikten) Übernahmepflicht H. Schnitze, Raumordnungspläne u n d k o m m u nale Selbstverwaltung, S. 43. Kollisionsregeln enthalten auch die §§ 16 I I 3 F S t r G (,Bundesplanung geht v o r Landes- u n d Ortsplanung') u n d § 6 ROG. 11 Der Ausdruck ,Planungsverbund' k a n n grundsätzlich auch für horizontale Beziehungen zwischen Planungsbereichen gebraucht werden, w e n n ressortübergreifende Planung durch besondere, von den betroffenen Ressorts gemeinsam gebildete Planungseinheiten getragen werden (vgl. K . König, DVB1. 1975, S. 228). I n der Praxis w i r d jedoch ressortübergreifende Planung zumeist institutionell beim sachnächsten Ressort verortet. 12 I m Gegensatz zu dem hier spezifischen u n d eingeschränkten Gebrauch des Begriffes i m Text w i r d i n der L i t e r a t u r ,Planungs- u n d Verwaltungsverbund' auch als Oberbegriff für das gesamte Feld der materiellen I n t e r dependenzen zwischen zwei Entscheidungsebenen verwendet, so Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 17; wieder anders K . Puls, Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung u n d die Lehre von der Verbundverwaltung, Diss. K i e l 1973, S. 65 ff. (mit L i t . Nachw.), der i m Hinblick auf die r e s - m i x tae-Lehre als Verbundsverwaltung n u r solche Mitwirkungsverhältnisse bezeichnet, bei denen beide Partner Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen können. 13 So der treffende Ausdruck von S. Marnitz, Die Gemeinschaftsaufgaben des A r t . 91 a GG, 1974, S. 76, 79 ff. 14 Allenfalls i m weiteren Planungsprozeß zur Seite der Durchführungsplanung; diese Beziehung entspricht dann jedoch wiederum dem Muster des Planungssystems.
§ 11 Planungssystem u n d Organisation von Aufgabenverflechtungen
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zierung einer neuen, selbständigen Ebene i n einem Planungssystem an, so i m klassischen Beispiel der von den Gemeinden und Gemeindeverbänden getragenen Hegion, auf deren inhaltliche Tätigkeit der Staat einen, meist erheblichen, Einfluß ausübt 15 . 2. Die spezifischen Leistungen von Planungssystemen i n der Ordnung von sachlichen Problemzusammenhängen werden deutlicher als i n der eben vorgenommenen Abgrenzung zu anderen Typen planerischer Zusammenhänge i m Vergleich zur Aufgaben- und Politikverflechtung nichtplanerischer A r t . Gesteigerte Einwirkungen und Aufgabenwanderungen zwischen Bund und Ländern, Staat und Kommunen sind ja nicht nur und nicht erst i m planerischen Bereich entstanden oder wahrgenommen worden. Die Konzentration der (konkurrierenden) Gesetzgebung beim Bund, die zunehmende gesetzliche Regelung von bislang freien Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden, zumal i n der Form der Pflichtaufgaben nach Weisung bzw. der Auftragsangelegenheiten sind hier ebenso zu nennen wie Intensivierungen der koniunkturpolitisch motivierten Einwirkungen auf die Länder und Gemeinden i m Bereich der Haushaltspolitik. Noch wichtiger sind i m vorliegenden Zusammenhang die i n ihrer (verfassungsrechtlichen Legalität immer bestrittenen, nichtsdestoweniger i n zunehmendem Umfang praktizierten Einwirkungen i m Rahmen der Fondsverwaltung zwischen Bund und Ländern bzw. Ländern und Gemeinden. Hier sind i n der Staatspraxis eine Fülle von punktuellen, aber häufig sehr detaillierten und intensiven Steuerungsmöglichkeiten der jeweils übergeordneten Ebene entstanden 16 , die i n ihrer Gesamtwirkung gar nicht überschätzt werden können 1 7 ; an diese finanziellen Zuwendungen sind bei den Zweckzuweisungen und Dotationen ja immer inhaltliche Auflagen und Bedingungen geknüpft. 15 Bei dieser K o m b i n a t i o n von kommunaler Trägerschaft u n d inhaltlicher E i n w i r k u n g von oben ist die ,kondominale Interessenstruktur' besser ausgewogen als bei der Alternative der bloßen M i t w i r k u n g der K o m m u n e n an der staatlich getragenen Regionalplanung; dazu i n grundsätzlichen Ausführungen W. Weber, Die Selbstverwaltung i n der Landesplanung, 1956, S. 13; ders., Raumordnung u n d Raumplanung, D Ö V 1963, S. 787, u n d ders., G u t achten zum 45. DJT, S. 51 f. — Z u den grundsätzlichen A l t e r n a t i v e n i m Status der Regionalplanung s. unten § 35 A. 16 Die Länder sind hier Objekte (im Verhältnis zum Bund) u n d Subjekte (im Verhältnis zu den Gemeinden) zugleich, was ihre scharfen Angriffe auf die Illegalität der Bundes-Fondswirtschaft politisch nicht gerade überzeugend macht; zahlenmäßig liegen die Investitionszuschüsse i n beiden V e r hältnissen nicht w e i t auseinander, 3.1 Mrd. gegen 4.4 Mrd. i m Jahre 1970, vgl. Roesler / Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, S. 13. 17 Bei den Gemeinden, die 1970 64 °/o (inzwischen 67 %>) der Sachinvestitionen der öffentlichen H a n d geleistet haben, betrugen die Investitionszuweisungen durch die Länder r u n d 25 °/o, die durch die Mitfinanzierungsklauseln einen ähnlich großen weiteren A n t e i l der M i t t e l der K o m m u n e n gebunden haben. E i n illustrativer Überblick über die hohe Z a h l von staatlichen F ö r -
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Was dieses ,Hineinregieren' i n die jeweils nachgeordnete' Ebene, abgesehen von den rechtlichen Fragen, i n der Sache so problematisch macht, ist der punktuelle Zugriff auf einzelne Projekte und Maßnahmen und der inhaltlich intensive und absorbtive Durchgriff auf häufig alle relevanten Aspekte der Projekte oder der Maßnahmen. Das Land oder die Kommune müssen bei diesen Zweckzuweisungen nicht nur überhaupt Einwirkungen aus der übergeordneten Ebene u n d den Verlust der autonomen Entscheidungsmöglichkeit hinnehmen, ein Umstand, der häufig unvermeidlich und legitimierbar ist; gravierend ist, daß sie Zugriffe hinnehmen müssen, die voll ins Detail gehen, weithin alternativenlos bestimmte Projekte und Maßnahmen festlegen, ohne daß sie beim Zuwendungsgeber m i t anderen punktuellen Eingriffen abgestimmt wären und ohne daß sie dem Zuwendungsnehmer Spielraum ließen, damit dieser Abstimmungen m i t anderen Maßnahmen i m eigenen Bereich durchführen könnte. M i t dieser pointierten Kennzeichnung ist sicherlich die sachliche Problematik der Zweckzuweisungen und Investitionshilfen nicht abschließend ausgeleuchtet. Sie füllen eine unersetzliche Funktion überall dort aus, wo die formelle Aufgaben- und Kompetenzordnung die vertikalen Beziehungen und Verflechtungen nicht zur Kenntnis nahm und deshalb Entscheidungsregeln nicht vorsah. Ein solches Regelungsdefizit t r i t t natürlich besonders bei der grundsätzlichen Aufgabenverteilung nach abgegrenzten Sachmaterien auf. Gegenüber der Möglichkeit einer ,Konstitutionalisierung' dieses Kooperationsbedarfs bleibt jedoch immer ein — nicht geringer — ,Spitzenbedarf' an finanziellen Steuerungsinstrumenten, die Elastizität und Flexibilität ermöglichen: m i t dem gesellschaftlichen Wandel dürften materielle Aufgabennormen nie voll Schritt halten können. Scharpf u. a. weisen zu Recht darauf hin, daß „die Entscheidungen über die Ressourcen-Allokation üblicherweise einen höheren Zentralisierungsgrad aufweisen als die materiell-politischen". Fondsverwaltung und überhaupt durch inhaltliche Regelungen ungedeckte finanzielle Steuerungsinstrumente der jeweils höheren Ebene hat es immer i n der Verfassungswirklichkeit von Bundesstaaten derungsmaßnahmen gegenüber den Gemeinden enthalten die Empfehlungen des Dt. Rates für Stadtentwicklung (in: Städtebaubericht 1975 der BReg., S. 94 f.). — Z u m Dotationswesen u n d seiner Entwicklung: J. Müller-Volbehr, Fonds- u n d Investitionshilfekompetenz des Bundes, 1975, S. 8 ff.; Kisker, Kooperation, S. 34 ff.; B. Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von B u n d und Ländern i n verfassungsrechtlicher Sicht, 1970, S. 130 ff.; Barbarino, i n : Politikverflechtung, S. 108 ff.; Hansmeyer, i n : Theorie u n d Praxis des finanzpolitischen Interventionismus, 1970, S. 431 ff.; H. Gröttrup, Die kommunale L e i stungsverwaltung, 1973, S. 203 ff., 210 ff.; H.-H. Heidorn, Finanzzuweisungen u n d Selbstverwaltungsgarantie, Rechts- u. staatswiss. Diss. Münster 1970 u n d umfassend H.-M. Gellen, Zweckzuweisungen u n d kommunale Selbstverwaltung, 1971, sowie neuerdings W. Petri, Die staatlichen Zweckzuweisungen i m kommunalen Finanzausgleich, 1977.
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und i m Verhältnis des Staates zu den Gemeinden gegeben 18 . I n der reinen Theorie sind sie überflüssig, wenn nur die Finanzverfassung und -Verteilung grundlegend geändert w i r d 1 9 . Diese Forderung ist aber ebenso alt wie uneingelöst. Einzelne Verbesserungen i n der Finanzausstattung der Länder und vor allem der Gemeinden sind natürlich denkbar und sinnvoll. Von ihnen die Herstellung einer prinzipiellen Gleichgewichtslage zwischen den Ebenen zu erwarten, ist jedoch unrealistisch. Dies kann hier nicht i m einzelnen verfolgt werden. I m vorliegenden Zusammenhang interessieren die Unterschiede i m Einflußund Einwirkungsmuster zwischen den isolierten Zweckzuweisungen 20 und den i m Planungssystem typischen Beziehungen zwischen planbindendem und planabhängigem Plan. 3. Bei der Programmierung und Vergabe der Zweckzuweisungen dominieren die einseitige Festlegungen der Vergaberichtlinien durch den ,Geber 4 (Bund oder Land) und i m Vollzug die Aushandlungsprozesse zwischen dem Geber und dem einzelnen Empfänger. Die sektorale Beschränkung der Zweckzuweisung auf einzelne fachliche Projekte ermöglicht dem Geber von der Problemverarbeitungskapazität her gesehen eine weitgehende sachliche Detaillierung und ein Eingehen auf die konkreten Umstände und Einzelheiten beim Empfänger. I m sektoralen und punktuellen Aushandlungsprozeß schlägt die i n der A r beitsteilung angelegte Tendenz der Fachressorts, i m Interesse einer guten oder optimalen fachlichen Lösung möglichst alles zu regeln, v o l l durch i n einen tendenziell zentralisierenden Effekt. Dysfunktional w i r k t dieser Zu- und Durchgriff jedoch deshalb, weil die übergeordnete Instanz letztlich doch nicht den vollen Informationsstand über die konkreten Verhältnisse beim Empfänger hat, und vor allem auch deshalb, weil die starke Beschränkung auf zweiseitige vertikale Aushandlungsprozesse ζ. B. i m Verhältnis Land-Gemeinde X die Abstimmung zwischen mehreren Empfängern, die Einbeziehung von Alternativen oder Vergleichsfällen i m Hinblick auf die Gemeinden Y und Ζ systema18 Z u r These von dem üblicherweise höheren Zentralisierungsgrad i m f i nanziellen Bereich gegenüber den materiell-politischen Entscheidungen Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 36 f. und 108 f. Weitere Funktionen der Zweckzuweisungen — gerechte Streuung öffentlicher Investitionen i m Interesse der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse u n d Elastizität und F l e x i b i l i t ä t bei der Programmier u n g — f ü h r t Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 24 an. 19 Die Auffassung, daß ein differenzierter aufgabenkonformer Finanzausgleich die Finanzhilfen des Bundes an die Länder überflüssig mache (so Barbarino, i n : Politikverflechtung, S. 108 ff., 113 ff.), ist von der EnqueteKommission Verfassungsreform zurückgewiesen worden, s. Schlußbericht BT-Drs. 7/5924, S. 168 f. (Kap. 11, Ziff. 4.4). 20 Z u m Unterschied von isolierten u n d konzeptgebundenen Zweckzuweisungen unten I I . 5.
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tisch vernachlässigen muß und sie verfahrensmäßig nicht angemessen erfassen kann. Bei der Ausarbeitung von Programmen und Plänen erlauben dagegen die höheren Programmierungsanforderungen der Abstimmung und der Querkoordination nur einen geringeren Detaillierungsgrad i m H i n blick auf die einzelnen Fälle. Die umfassender konzipierte Planung für den Landesbereich muß sich viel stärker auf ein diesen Anforderungen entsprechendes abstraktes Niveau zurückziehen, muß die ihr nur mögliche partielle Abstimmungsleistung 2 1 funktional spezifizieren auf »übergeordnete', überörtliche' Gesichtspunkte. Eben dadurch bleiben Entscheidungen und Entscheidungsgesichtspunkte offen, die die nachgeordneten oder horizontal ausdifferenzierten Planungs- und Verwaltungsträger ausfüllen können. I n relativ einfachen Verhältnissen handelt es sich dann u m Spielräume bei der Durchführung der Planung; bei umfassenden sachlichen Zusammenhängen bleiben dagegen so viele Gesichtspunkte und Entscheidungsbedürfnisse offen, daß sie die Substanz einer eigenen Planung m i t ihrerseits partiellen Aspekten bilden können. Die Einwirkungsmuster zwischen zwei Planungs- und Verwaltungsträgern nehmen dann die Form der Beziehungen eines abgestimmten Planes gegenüber einem anderen abgestimmten Plan an. I n dieser Relation treffen sich kommensurable (Integrations)Leistungen 22 . I n dem für diese Relation typischen Gegenstromverfahren 23 gibt es nicht nur einseitige Determinationen, sondern wechselseitige Kommunikationen, insbesondere auch die M i t w i r k u n g der planabhängigen Ebenen. Und i n dem formellen Rahmen des Gegenstromverfahrens kommt es zur inhaltlichen und argumentativen Konfrontation der Konzepte untereinander, nicht zur inadäquaten, weil Konkretisierungsstufen überspringenden direkten Einwirkung von überörtlichen und überfachlichen Konzepten auf den Entscheidungsprozeß für eine spe21
Vgl. oben § 9 11. Dieser sonst meist n u r inzident verwendete Gedanke ist deutlich angesprochen von Schmidt-Aßmann, Der Ausbau der Kreisplanung i n Stufen, DVB1. 1975, S. 12 f. — I n einem anderen Zusammenhang spricht J. J. Hesse, Z u m Stand der kommunalen Entwicklungsplanung, A f K 14 (1975), S. 280, diesen Aspekt unter dem Stichwort: Komplementaritätsfunktion von Planungen i m Verhältnis zu Planungen anderer Ebenen an. Vgl. auch Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 102 ff. 23 Nachweise s. oben § 7 Fn. 25. — I m Sinne des Gegenstromverfahrens ist bisher n u r die räumliche Planung organisiert, bei den Fachplanungen ist dieses nach der Interessenverflechtung auch hier einschlägige Verfahren nicht (immer) ausgebildet, vgl. auch Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 52. — Als das Koordinierungsverfahren schlechthin, das sich unmittelbar aus der Eigenverantwortlichkeit von mehreren Verwaltungs- u n d Planungsträgern ergibt, verstehen das Gegenstromverfahren Roesler / Stürmer, K o o r d i nierung i n der Raumordnungspolitkk, S. 7 ff., 47; ihre Ausführungen sind unter der Prämisse von Gleichgewichtsvorstellungen ζ. T. überzeichnet. 22
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zielle fachliche Maßnahme an einem bestimmten Ort. So leitet beispielsweise die Landesplanung aus den überörtlichen und überfachlichen Überlegungen die Funktionen einer Gemeinde i m größeren Kaum ab. Diese Funktionsbestimmung hat natürlich auch Folgewirkungen i n konkreten Sachbereichen, ζ. B. dem Krankenhaus- und Schulbau oder i m Bereich der Freizeiteinrichtungen usw. Würden diese — auch — aus landesplanerischen Erwägungen abgeleiteten Gesichtspunkte für den Krankenhausbau i n der Gemeinde X nur i m Rahmen einer Verhandlung über eine entsprechende Zweckzuweisung oder i m Rahmen der Krankenhausplanung geltend gemacht, so müßte eine Gemeinde, die abweichende Vorstellungen über die präjudizielle Frage ihrer Funktion i m größeren Raum hat, diese Gesichtspunkte i n den dafür gar nicht aufnahmefähigen, w e i l sektoral zugeschnittenen Prozessen geltend zu machen versuchen. Unter dem sehr begrenzten Aufmerksamkeitshorizont dieser Verfahren und Prozesse für die allgemeinen landesplanerischen Überlegungen sind die Chancen der Gemeinde gering, das Gewicht der zentralen landesplanerischen Gesichtspunkte, die als Bestandteil eines umfassenden Konzepts dargestellt werden können, aus Anlaß des Einzelfalles erschüttern zu können. I m landesplanerischen Gegenstromverfahren dagegen kann die Gemeinde dem Rahmenkonzept, das die Landesplanung aus einer Fülle von überfachlichen und überörtlichen Gesichtspunkten für sie entwikkelt hat, eigene Gegenvorstellungen, die ebenfalls aus der ganzen sachlichen Breite des Erwägungsraumes stammen, entgegensetzen. Erst diese Möglichkeit, argumentativ auf ein eigenes abgestimmtes Konzept zurückgreifen zu können und die Auswirkungen einzelner zentraler Festlegungen i m umfassenden Kontext dieses Konzeptes darlegen und kritisieren zu können, bringt die Gemeinde gegenüber der zentralen Ebene der Landesplanung i n eine formal gleichwertige Argumentations· und Begründungsposition. Erst dadurch kann sie dem sonst überwältigenden Verweis der zentralen Ebene darauf, daß die die Gemeinde betreffenden und von ihr angegriffenen (Teil)Aussagen ein abgestimmter Bestandteil einer größeren Konzeption sind, eine entsprechende gewichtige Begründung entgegenstellen, daß die angegriffenen Festsetzungen nicht nur für sich, sondern für das gesamte Entwicklungskonzept der Gemeinde störende und nachteilige Wirkungen haben. 4. Dies alles bedeutet natürlich nicht, daß sich der nachgeordnete Planungsträger mit seinem Konzept auch inhaltlich durchsetzen kann. A u f der qualitativ neuen Ebene der Entgegensetzung von planerischen Konzepten gegeneinander wiederholen sich Einwirkungs- und Abhängigkeitsmuster 24 . Selbstverständlich herrscht hier nicht eine harmo24 So auch i m vergleichbaren Zusammenhang Kisker, (1975), S. 177 Fn. 24.
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nische Gleichgewichtslage 25 zwischen den einzelnen Planungsträgern nur deshalb, w e i l sich beide integrierter Leistungen von Plänen bedienen. Zentralisierungstendenzen oder die Intensivierung von E i n w i r kungen von oben nach unten können sich deshalb auch i n diesem Muster und u. U. sogar noch stärker einstellen. Die Ordnung und Vereinheitlichung von planerischen und aufgabenmäßigen Verflechtungen i m Planungssystem eröffnet nämlich auch die Gefahr des rationelleren ,Zugriffs aus einem Guß'; wenn sich die übergeordnete Ebene i m Planungssystem inhaltlich durchsetzt, dann steht ihr ein geordnetes Feld der Determinationsbahnen offen. Die These von der größeren Rationalität der planerischen Beziehungen i m Planungssystem besagt denn auch etwas anderes; sie behauptet, daß dieses Muster sowohl erhebliche sachlich-planerische Vorzüge hat als auch rechtliche Kontrolle und Begrenzung der Einwirkungen eher ermöglicht als das ,naturwüchsig 4 entstandene, nicht zu überschauende Geflecht der einzelnen punktuellen Zugriffe durch Zweckzuweisungen. I n den publizitätsfernen einzelnen Aushandlungsprozessen i m Zusammenhang m i t Zweckzuweisungen jedenfalls findet die Erosion der Eigenständigkeit von Kommunen und Ländern i n den lautlosen, unübersehbaren Entscheidungsprozessen des Verwaltungsalltages statt. Von Mal zu Mal treten insbesondere die Gemeinden immer wieder in der Rolle der finanziellen Bittsteller auf, und immer wieder w i r d die argumentative Austragung der Meinungsverschiedenheiten durch die disziplinierende Wirkung des ,Goldenen Zügels' überschattet und verkürzt. I m Gegenstromverfahren zweier Planungen innerhalb eines Planungssystems w i r d dagegen die Planaufstellung gerade auch auf der vorgeordneten Ebene i n einem aufwendigen förmlichen Verfahren organisiert, i n dem den nachgeordneten Planungsträgern Mitwirkungsrechte eingeräumt sind und das publizitätsintensivere Elemente enthält oder deren Ausbau ermöglicht. Wenn überhaupt, dann sind die Chancen für wechselseitige Anpassung von divergierenden Vorstellungen i n diesem Gegenstromverfahren gegeben, i n dem umfassenden konzeptio25 Gleichgewichts vor Stellungen, die i m Verhältnis B u n d oder L a n d zu den Gemeinden v o n vornherein ausscheiden (so ganz dezidiert die EnqueteKommission Verfassungsreform i m Schlußbericht, BT-Drs. 7/5924, S. 175 (Kap. 11, Ziff. 5.6). Anklänge dazu jedoch i n der Überzeichnung des Gegenstromverfahrens bei Roesler / Stürmer, Koordinierung, S. 8, 47, sind jedoch i m Bund-Länder-Verhältnis häufig als Prämisse eingeführt, ohne daß sie i m einzelnen verfassungsrechtlich abgeleitet sind; die Abwesenheit von rechtlicher normierter Überordnung ergibt noch keine faktische Gleichgewichtslage. — Gleichgewichtsvorstellungen werden diskutiert von G. Kretschmer, i n : F. Schäfer (Hrsg.), Schwerpunkte i m Kräftefeld von B u n d u n d Ländern, S. 98 f. u n d 107; kritisch dazu Roters, S. 99 f. Gegen die Übertragung des Konkurrenzmodells der Wirtschaftstheorie auf die (Wirtschafts)Politik der verschiedenen öffentlichen Träger zu Recht Krüger, Koordination, S. 48 f.
§ 11 Planungssystem u n d Organisation von Aufgabenverflechtungen n e l l e n A n s ä t z e n u n d B e g r ü n d u n g e n der e i n e n Seite A r g u m e n t e d e r selben sachlichen B r e i t e d e r a n d e r e n Seite entgegengesetzt w e r d e n können. 5. Die Gegenüberstellung punktueller E i n w i r k u n g e n am Beispiel der Zweckzuweisungen zu planerischen Ableitungszusammenhängen i m Planungssystem bedarf noch der Ergänzung durch Zwischenformen: I n der Staatspraxis sind die Zweckzuweisungen i n wichtigen Bereichen zunehmend i n planerische Programmierungen einbezogen 26 . Gegenüber den punktuellen Zugriffen der »einfachen' Zweckzuweisung, die auf konzeptionell wenig ausgeformte Verwendungsrichtlinien gestützt sind, ist es ein bedeutender F o r t schritt, w e n n i n einer Reihe von neueren Gesetzen den Ländern eine Pflicht zur abgestimmten Planung i n förmlichen, Beteiligung ermöglichenden V e r fahren auferlegt w i r d , so beim Krankenhausbau, bei der Abfallbeseitigung u n d jetzt auch bei der Abwasserbeseitigung 2 7 . Dadurch werden die — immer noch erforderlichen — Zweckzuweisungen i n wichtigen inhaltlichen Fragen determiniert; es k o m m t zum T y p der plangestützten oder planabhängigen Zweckzuweisung, i n der gravierende Teile der inhaltlichen Steuerungselemente, die bisher i n dem Finanzierungsinstrument der Zweckzuweisung illegalerweise m i t enthalten waren, ausdifferenziert u n d f ü r sich rechtlich geordnet werden. Die Vermehrung fachlich-sektoraler Planungen erzeugt n u n aber auf einer neuen Stufe einen fortgeschritteneren' T y p des sektoral beschränkten Z u griffs auf Planungsträger, nämlich den der untereinander unabgestimmten Fachplanungen, die horizontale ,gesamt'planerische Anstrengungen auf den nachgeordneten Ebenen stören. A u f diesem gegenwärtig schon erreichten Stand k a n n sich die oben idealtypisch geschilderte F u n k t i o n der planerischen Beziehungen zwischen zwei Planungsebenen n u r dann auswirken, w e n n die ,gesamt'planerischen ressortübergreifenden Planungen i n einem adäquaten vertikalen Planungssystem aufeinander abgestimmt werden u n d dieses das prägende Grundmuster der planerischen Verflechtungen bildet. I I I . 1. I m e i n z e l n e n b e d a r f d i e These v o n d e r g e s t e i g e r t e n R a t i o n a l i t ä t der planerischen Beziehungen zwischen z w e i Plänen i n einem gesonderten Planungssystem näherer verwaltungswissenschaftlicher A n a l y s e , insbesondere auch e m p i r i s c h e r Ü b e r p r ü f u n g d u r c h F a l l s t u dien, u m k o n k r e t e A u s s a g e n ü b e r i h r e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t m a c h e n z u k ö n n e n . D a r ü b e r h i n a u s s i n d g r u n d s ä t z l i c h e theoretische Ü b e r l e g u n g e n e r f o r d e r l i c h , w e n n m a n dieses K o n z e p t n i c h t n u r a u f einzelne P l a n u n g s s y s t e m e bezieht, s o n d e r n sie z u r G r u n d l a g e eines G e s a m t m o d e l l s p l a n e r i s c h e r Z u s a m m e n h ä n g e i n d e r B u n d e s r e p u b l i k m a c h t . E i n sachhaltiger B e i t r a g zu einem k ü n f t i g möglichen, derzeit jedoch allenfalls i n Ansätzen sichtbaren Gesamtsystem öffentlicher Planungen k a n n 2β Z u r Systematisierung der Auflagen bei Zweckzuweisungen N. Vogt, Die autonome u n d heteronome Finanzierung von zentralen Orten, S. 119. 27 § 18 a I I I WasserhaushaltsG i. d. F. der Bekanntmachung v o m 16. Okt. 1976 (BGBl. I, S. 3017). Vorangegangen w a r Baden-Württemberg, vgl. § 45 d Wassergesetz B W i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Wassergesetzes f ü r Baden-Württemberg (Abwassergesetz) v. 18. Nov. 1975 (GBl. S. 778).
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ï. 2. Àbschn.: f)as Òrgani sationsprìnzip des PÌanungssystems
hier nicht beiläufig entwickelt werden; dazu müßte zumindest das gesamte Bund-Länder-Verhältnis einbezogen werden und die Möglichkeiten und Grenzen der Planung i n entwickelten privatwirtschaftlich fundierten Konkurrenzdemokratien umfassend erörtert werden. Umgekehrt können jedoch von solchen Überlegungen aus die mögliche Leistungsfähigkeit und die Rahmenbedingungen von planerischen Beziehungen i n Planungssystemen i n einem ersten, notwendigerweise pauschal bleibenden Überblick diskutiert werden. Das umfassendste, zugleich auch anspruchsvollste Gesamtmodell hat jüngst Wagener 28 m i t seinem ,System einer integrierten Entwicklungsplanung i m Bund, i n den Ländern und i n den Gemeinden 4 vorgelegt, dessen — gerade hier interessierende 29 — Pointe i n der Option für die Verstärkung der horizontalen Gesamtplanungen und für die Minimierung der vertikalen Verflechtungen liegt. Diesen Vorschlägen liegt die weithin geteilte Analyse zugrunde, daß die überaus starke Stellung der vertikalen Bund-Länder-Verbundsysteme, die ,Ressortkumpanei 4 , horizontal integrierende Entwicklungsplanungen auf allen Ebenen nachhaltig beeinträchtigt 30 . A u f einen breiten Konsens kann sich auch die Strategie stützen, die horizontale Integration i n Gestalt von ,gesamt'planerischen Aufgaben- und Entwicklungsplanungen zu stärken 3 1 . Kontrovers ist dagegen zu Recht der Vorschlag Wageners, den Gesamtstaat i n relativ abgeschüttete Ebenen zu stufen und deshalb zwischen den verschiedenen Entwicklungsplanungen der einzelnen Ebenen nicht nur eine hierarchische Vollharmonisierung zu vermeiden, sondern sie i m wesentlichen auf ,Eigenplanung', auf die Integration ihrer eigenen A u f gaben zu beschränken. Lediglich bei der rein raumbezogenen Nutzung der Erdoberfläche w i l l Wagener einen Vorrang der jeweils oberen Ebene, also die Konstruktion eines rechtlich verbindlichen Planungssystems i m hier entwickelten Verständnis anerkennen. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob dieses Modell der horizontalen Fragmentierung 3 2 28 I n : Politikverflechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, S. 129 ff. 29 Eine ausführliche Auseinandersetzung m i t dem Gesamtmodell k a n n i m Rahmen dieser A r b e i t nicht geführt werden; zu weiteren Problemen dieses Ansatzes vgl. unten § 19 I. 30 Z u diesem am Beispiel der Gemeinschaftsaufgaben zuerst diskutierten Zusammenhang ausführlich unten § 21 I I . 31 Stark akzentuiert ist diese Forderung neuerdings bei Roesler ! Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, S. 42; vgl. auch die Bemerkung von Brenken, i n : Raumordnung und Verwaltungsreform, S. 99, daß die ressortüberschreitende Planung das Ganze staatlicher Planungen überhaupt erst zu einem Planungssystem macht bzw. das System weitgehend von der Gestaltung der übergreifenden Planung geprägt ist. 32 Das Konzept von Wagener ist gerade i n diesem P u n k t auf verbreitete K r i t i k gestoßen, sehr entschieden formuliert von Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 98 ff.; vgl. auch Zeh, i n : F. Schäfer (Hrsg.), Schwerpunkte i m
§ 11 Panungssystem u n d Organisation v o n Aufgabenverflechtungen
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der Planung ein geeignetes Gegengewicht zur vertikalen fachlichen Versäulung bieten kann. Die Bedürfnisse nach vertikalen Beziehungen und Verflechtungen haben sich bisher i n der Verwaltungswirklichkeit immer — auch gegen eindeutige verfassungsrechtliche Hindernisse — durchgesetzt, wie die — oben angesprochene — Geschichte des Dotationswesens und der Fondsverwaltung zeigt. Daß das Ausweichen i n finanzielle Steuerungsinstrumente i n Zukunft angesichts des von Wagener selbst beschriebenen realen Trends zur vertikalen Verflechtung abnehmen sollte, daß Dotationen, Zweckzuweisungen und finanzielle Abhängigkeiten, die Wagener überraschenderweise übergeht, nicht die vertikalen Beziehungen und Abhängigkeiten herstellen sollten, ist sehr unwahrscheinlich. Die große Alternative, entweder horizontale Fragmentierung oder vertikale Versäulung, stellt sich i n dieser Form nicht. Wenn Überlegungen zu einem umfassenden Gesamtmodell derzeit überhaupt schon gehaltvoll möglich sind, dann müssen sie sehr viel konkreter auf die wechselseitige Ergänzung von horizontalen und vertikalen Mustern eingehen. Die vertikale fachliche Versäulung muß dabei i n jedem einzelnen Sektor darauf überprüft werden, ob ihr derzeitiger Detaillierungsgrad begrenzt werden muß und begrenzt werden kann 3 3 . Daneben ist jedoch mit einer Entlastung des starken Drucks i n Richtung vertikaler Versäulung i n den Fachbereichen nur zu rechnen, wenn ein gewichtiger Teil der Bedürfnisse nach vertikaler Verflechtung positiv i n vertikalen Beziehungen zwischen den ,Gesamt'planungen aufgefangen wird. Die Konstruktion von rechtlich geordneten Planungssystemen i n der vertikalen Richtung ist deshalb nicht nur i m Bereich der raumnutzungsbezogenen Regelungen erforderlich. 2. M i t diesen Überlegungen ist andererseits noch keinesfalls entschieden, daß die partielle ,Ordnung 4 von Politikverflechtungen i n Planungssystemen einen nennenswerten Beitrag zur Begrenzung und Bändigung der derzeit unübersehbaren Einwirkungen zwischen den Ebenen leisten kann. A u f die Ambivalenz des ,rationalen 4 Musters des Planungssystems ist schon hingewiesen worden 3 4 . Eine angemessene Diskussion dieser — auch für die Leistungsfähigkeit der rechtlichen Strukturierung von Planungssystemen — entscheidenden Frage setzt Kräftefeld von B u n d u n d Ländern, S. 76 f. Z u r Notwendigkeit eines Planungsverbunds zwischen B u n d u n d Ländern auch A. Theis, i n : Mayntz / Scharpf, Planungsorganisation, S. 196 ff. 33 Dabei ist auch die häufig bestehende E x k l u s i v i t ä t von B u n d u n d L ä n dern (bzw. die n u r schwach vermittelte Beteiligung der kommunalen Seite über die kommunalen Spitzenverbände) überprüfungsbedürftig. Z u m Defizit von Elementen des Gegenstromverfahrens bei den Fachplanungen vgl. schon oben Fn. 23. 34 Vgl. oben I I 4.
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einen weiten Bezugsrahmen voraus: Zentralisierungstendenzen können dabei keinesfalls bloß als ,interne' und nur ,intern' bedingte Probleme des politisch-administrativen Systems, etwa als Machtansprüche der übergeordneten Ebene verstanden werden, sondern sie sind auch i n ihrer Bedingtheit durch die ,Umwelt' zu analysieren und auf die Wechselwirkungen zwischen dem politisch-technologischen und sozio-kulturellen System andererseits 35 zurückzuführen. I n dieser Sicht stellen sich Zentralisierungsvorgänge als Keflex auf gestiegene Steuerungsanforderungen an das politisch-administrative System insgesamt dar, als eine interne Rationalisierungsstrategie, die zur Bewältigung des aus der ,Umwelt' stammenden Problemdrucks die Hemmnisse zu beseitigen versucht, die i n der relativen Autonomie von Ländern und Kommunen liegen. Systemtheoretische Überlegungen machen einen objektiv steigenden Zentralisierungsbedarf plausibel, wenn bei zunehmender Umweltinterdependenz ein hoher Grad an Umweltkontrolle vom politischen System verlangt w i r d 3 6 . Diese These deckt sich mit dem oben 37 näher dargelegten Zusammenhang, daß bei verstärkter Output-Orientierung des öffentlichen Handelns die inneradministrativen Beziehungen eine verstärkte Bedeutung erlangen. Hervorzuheben ist jedoch, daß Scharpf u. a. diesem objektiv steigenden Zentralisierungsbedarf die vielfältigen institutionellen und strukturellen Restriktionen einer aktiven Steuerung i n pluralistischen Konkurrenzdemokratien gegenüberstellen und deren entscheidendes Strukturproblem i n der nur schwer behebbaren Unter-Zentralisierung des politischen Systems sehen 38 . Für politik-ökonomische Ansätze dagegen gilt die zunehmende Anbindung, zumal der kommunalen Ebene, an zentralstaatliche Steuerung als Faktum 3 9 . Die Einbeziehung der Gemeinden i n die gesamtstaatliche Konjunktursteuerung ist nicht nur das Paradigma für das Durchschlagen der Kapitalverwertungsinteressen gegenüber der zentralen staatlichen Politik, sondern auch für die immanente Notwendigkeit, die relative 85 Z u dieser systemtheoretischen Begriffsbildung vgl. H. Schatz, i n : Mayntz / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, S. 11 f. 36 Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit, S. 34 f. F a l l studien ergeben das differenzierte Bild, daß ein T e i l der vorhandenen B u n d Länder-Planungen weder Ausdruck einer Zentralisierungstendenz sind noch auf objektiven übergeordneten Steuerungsbedürfnissen beruhen, dazu eingehend Scharpf / Reissert / Schnabel, Politikverflechtung, 1976, insbes. S. 218 ff., 230 ff. 37 Vgl. § 7 I I . 38 Scharpf / Mehwald / Schmitges, S. 39. 39 A. Eversi M. Lehmann, Politisch-ökonomische Determinanten für Planung u n d P o l i t i k i n den Kommunen, 1972; U. Preuß, Kommunale Selbstverw a l t u n g i m S t r u k t u r w a n d e l der politischen Verfassung, Stadtbauwelt 39 (1973), S. 202 ff.; vgl. auch die Thesen von C. Offe, i n : Grauhan (Hrsg.), L o kale Politikforschung Bd. 2 (1975), S. 303 ff.
§ 11 Planungssystem u n d Organisation von A u f g a b e n v e r e c h t u n g e n
Autonomie der Kommunen i m Interesse der Konzentrations- und A k kumulationsprozesse des Kapitals zu beseitigen. Eine ausführliche Auseinandersetzimg m i t dieser Position ist i m vorliegenden Rahmen nicht möglich, da sie m i t der umfangreichen theoretischen Grundlagendiskussion der Politikwissenschaft über die Handlungsspielräume des Staates und über die Staatsfunktionen 40 verknüpft ist und deshalb nicht beiläufig erfolgen kann. Darauf kann aber auch hier u m so mehr verzichtet werden, als gerade i m Politikbereich Raumordnung auch politikökonomische Analysen ,keine durchgängige und unmittelbare Dominanz ökonomischer Effekte' nachweisen können, sondern politische Entscheidungsräume anerkennen 41 . Rückbezogen auf die inneradministrative Struktur ist dann auch von dieser Seite die Möglichkeit von Handlungsspielräumen der Länder und Kommunen i n diesem Bereich grundsätzlich nicht zu bestreiten. I h r wirklicher Umfang kann dabei hier offen bleiben; es kommt für den hier verfolgten A n satz nicht darauf an, ob diese Handlungsspielräume tendenziell eher gering sind, wie die politikökonomischen Thesen behaupten, oder das Gewicht einer für das Gesamtsystem beachtlichen Eigenständigkeit haben, wie hier angenommen wird. Das leitende Interesse der weiteren Überlegungen richtet sich auf die Analyse rechtlicher Regeln und K o n struktionselemente, die zur Aufrechterhaltung solcher Handlungsspielräume i n planerischen Zusammenhängen geeignet sind. I V . 1. Die bislang generalisierend beschriebenen Beziehungen zwischen zwei Planungen i m Rahmen eines Planungssystems lassen sich i n die folgenden Typen 4 2 unterscheiden: Vertikale Beziehungen zwischen Planungsebenen, horizontale Beziehungen zwischen Planungsbereichen und zwischen gleichgeordneten Planungsträgern 43 und diagonale Beziehungen 4 4 quer durch Planungsebenen und Planungsbereiche, die vor 40
Dazu den Reader v o n P. Grottian / A. Murswieck, Handlungsspielräume der Staatsadministration: B. Blanke/U. Jürgens / H. Kastendiek, K r i t i k der politischen Wissenschaft, 1975, sowie P o l i t i k u n d Ökonomie — autonome Handlungsmöglichkeiten des politischen Systems, hrsg. v. W. D. Narr, PVS Sonderheft 6, 1975. 41 W. Väth, i n : Grauhan (Hrsg.), Lokale Politikforschung, Bd. 1, S. 120 f. 42 Diese Typen formaler Beziehungen zwischen Plänen sind umfassend aufgearbeitet von Krüger, Die Koordination v o n gesamtwirtschaftlicher, regionaler u n d lokaler Planung, S. 6, 51 ff., u n d T. Thormählen, Integrierte Regionale Entwicklungsplanung, S. 135 ff., 203 ff.; Roesler / Stürmer, K o o r d i nierung i n der Raumordnungspolitik, S. 30 ff., jeweils m i t L i t . Nachw. 48 Hierher gehören die interkommunale, interregionale u n d ZwischenLänder-Koordination. Ergänzend zu diesen ,nachbarschaftlichen' A b s t i m mungen k a n n der nächsthöheren Ebene der Ausgleich der nicht bereinigten Meinungsverschiedenheiten u n d überhaupt der Ausgleich des Defizits i n der horizontalen A b s t i m m u n g übertragen sein. 44 Begriff nach Krüger, S. 57, 64, u n d Graf Finckenstein, D Ö V 1969, S. 58 f. 9 Wahl ι
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allem bei Abstimmungen i n der Durchführungsphase auftreten. I n jeder dieser drei unterschiedlichen Richtungen stellen sich, zumal i n rechtlicher Hinsicht, spezifische Anforderungen u n d Probleme für die Ableitungszusammenhänge zwischen den zwei Planungen. Die inhaltliche Qualität eines solchen planerischen Ableitungszusammenhanges hängt jedoch nicht nur von der Richtung der Beziehungen ab, sondern mindestens ebensosehr vom Gleichstand oder der Divergenz des Entwicklungszustandes der beiden Planungen. Die volle Rationalität der bisher idealtypisch gezeichneten Beziehungen zwischen zwei Planungen verwirklicht sich nur, wenn alle Planungsebenen und -bereiche sich prinzipiell synchron und parallel entwickelt haben und weiter entwickeln 4 5 . Es bedarf keiner weiteren Ausführungen darüber, daß diese modellhaften Anforderungen bei vorhandenen Planungssystemen auch nicht annähernd erfüllt sind oder i n absehbarer Zeit realisierbar erscheinen. I m Gegenteil prägen Ungleichzeitigkeiten und Ungleichgewichte i m Entwicklungstempo und -zustand der einzelnen Planungsebenen und -bereiche das B i l d der Planungspraxis, und aus dieser Situation entstehen eine Reihe der drängendsten und bedeutendsten sachlichen Probleme der Planung i n der Bundesrepublik, Probleme, die sich i n den rechtlichen Vorschriften nicht ,spiegeln' (können). So muß als grundlegendes Faktum der gegenwärtigen Planungspraxis der erhebliche sachlich-planerische Vorsprung der Fachplanungen vor ressortübergreifenden ,gesamt'-planerischen Planungen gelten; die Fachplanungen sind die derzeit dominanten Planungsbereiche 46 . Die Verkehrsplanungen präjudizieren und prägen sehr viel stärker die Raumordnung als umgekehrt. Dieser inhaltliche Vorsprung w i r d rechtlich abgesichert durch die starke Hervorhebung des Ressortprinzips gegenüber dem Kabinettsprinzip i n der überkommenen verfassungsrechtlichen Dogmatik zu A r t . 65 GG 4 7 . Organisatorisch spiegelt sich diese Situation i n den Schwierigkeiten, ressortübergreifende Planungseinheiten einzurichten. I m vorliegenden Zusammenhang ist bemerkenswert, daß i n der horizontalen Richtung typische Organisationsu n d Verfahrenselemente f ü r die Wahrnehmung kompetenzüberschreitender Aufgaben ausgebildet sind, nämlich die Koordinationsinstrumente: M i t e n t scheidung, Federführung u n d interministerielle Ausschüsse 48 . Die aktuellen 45
Siehe dazu die Nachweise i n Fn. 22. So J. J. Hesse, Politische Planung i m Kommunalbereich, Die V e r w a l t u n g Bd. 7 (1974), S. 278; H. Mäding, Z u r Analyse u n d Beurteilung sektoraler staatlicher Planungen, Die V e r w a l t u n g Bd. 8 (1975), S. 316 f.; Wagener, i n : Politikverflechtung, S. 131. 47 Dazu unten § 21 I 2 u n d § 34 A. 48 Dazu neuerdings ausführlich K . König, Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, insbes. S. 227 ff., u n d H. Prior, Die interministeriellen Ausschüsse der Bundesministerien, 1968, sowie A . Morkel, Kabinettsaus46
§11 P a n u g s s y s t m u n d Organisation von Aufgab enerflechtungen
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Probleme liegen hier p r i m ä r darin, die relativ engen Kapazitätsgrenzen dieser Instrumente i m Hinblick auf die Programmierung u n d Prioritätensetzung i n (hoch)interdependenten Sachaufgaben zu überschreiten. Planungen ,als Systemleistungen höherer Ordnung' 4 9 bieten sich hier an. Das Problem verlagert sich auf die rechtliche Regelung der Planaufstellungsverfahren f ü r ressortübergreifende Pläne u n d Programme. Dabei stellt sich die Frage, ob auch dabei die Ressorts aufgrund des Ressortprinzips Vetopositionen haben oder ob f ü r diese neue Lage das Kanzler- u n d Kabinettsprinzip aktiviert werden k a n n u n d so durch andere Entscheidungsregeln sachlich gehaltvollere, w e i l nicht i n jeder Hinsicht herunter koordinier te Planungen möglich werden 5 0 .
2. I n den vertikalen Beziehungen, insbesondere i n der räumlichen Planung, ist es nach einer anfänglich vorherrschenden Entwicklungslinie von unten nach oben, von den zuerst ausgeformten (städtebaulichen) Planungen der Gemeinde zur Ausdehnung i n den inter- u n d überkommunalen Raum, i n den letzten 10 bis 15 Jahren zur Umkehrung der Ordnungsrichtung, zur starken Determination von oben nach unten gekommen 51 . Da außerdem die weitere Ausformung der Planung auf der örtlichen Ebene i n Richtung auf eine Stadtentwicklungsplanung Fortschritte machte, läßt sich als vorläufiges Fazit der relativ weit ausgebaute Entwicklungszustand der Planungen auf der kommunalen und auf der zentralen Ebene feststellen. Diese für die Gemeinde zunächst günstig aussehende Beurteilung w i r d jedoch stark relativiert durch den häufig auftretenden Ausfall der mittleren Ebene: Dadurch überspringen' i n der Praxis die Festsetzungen der zentralen Ebene häufig die notwendige Konkretisierungsstufe der Region, auf der sich zentralstaatliche und kommunale Belange treffen und ausgleichen sollen, und w i r k e n unmittelbar i n die Gemeinde hinein. Da die zentralen rahmenartigen Festsetzungen für diese Erstreckung i n die konkreten Verhältnisse der einzelnen Gemeinde häufig gar nicht angelegt sind, müssen sie ad hoc, d.h. außerhalb der verfahrensmäßigen Rationalität des normalen Ableitungszusammenhangs, konkretisiert werden, eine Situation, i n der sich das Übergewicht des Landes stark auswirken kann 5 2 . Umgekehrt t r i f f t die A r t i k u l a t i o n der örtlichen Belange i m Gegenstromverfahren auf einen inadäquaten Partner, wenn die Ebene der Regionalplanung ausfällt und örtliche Belange des kleineren Raumes unmittelbar m i t den weiträumigen Interessen, die auf der zentralen schüsse als Instrumente interministerieller Koordination, Gutachten für die Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform, 1973. 49 K . König, ebd., S. 225. 60 Dazu unten § 21 I 2 u n d vor allem § 34 A. 61 Z u m T e i l abweichend beschreibt die Entwicklung R. Stich, Die Planstufen der Orts-, Regional- u n d Landesplanung, DVB1. 1973, S. 589, u n d ders., i n : FS W. Weber, S. 688 f. 52 So auch Fröhler / Oberndorfer, österreichisches Raumordnungsrecht, 1975, S. 28 f.
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Ebene zu berücksichtigen sind, konfrontiert werden. Diese fragmentarischen Hinweise mögen hier genügen, um die Bedeutimg von Ungleichzeitigkeiten und Ungleichgewichten i m Entwicklungszustand von Planungen i n einem Planungssystem deutlich zu machen. § 12 Das Verhältnis von Staat und Gemeinden als Paradigma planerischer Verflechtungen Das Verhältnis von Staat (Land) und Gemeinden ist nicht zufällig zum Paradigma der Diskussion planerischer Verflechtungen geworden. Zum einen wurde nämlich diese Beziehung das erste Anwendungsbeispiel der generellen Problematik 1 , da sich i n i h r die am frühesten ausgeformten städtebaulichen Planungen der Gemeinden m i t der sich ausbildenden Landesplanung trafen, und zwar je länger je mehr i n einer zum Problem werdenden kritischen Dichte. Z u m anderen stieß diese Verwaltungswirklichkeit auf ein gegenüber Aufgabenverflechtungen besonders abweisendes normatives Verteilungsmuster: A r t . 28 I I GG gewährleistet den Gemeinden die Allzuständigkeit für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und verstärkt dieses — aufgabenausgrenzende — Verständnis noch durch die ausdrückliche Betonung der Eigenverantwortlichkeit. Der beigefügte Gesetzesvorbehalt erlaubt zwar einzelne Modifikationen sowohl i m Hinblick auf die Allzuständigkeit als auch auf die Eigenverantwortlichkeit 2 ; das zunächst vorherrschende Verständnis von der prinzipiellen Aufgabentrennung zwischen staatlichem und kommunalem Bereich war jedoch dadurch nicht gehindert oder etwa i n Frage gestellt. Diese Diskrepanz zwischen normativem Grundmuster und Verwaltungswirklichkeit macht es verständlich, daß das Thema der (planerischen) Aufgabenverflechtungen notwendigerweise zu einem Teil der grundsätzlichen Diskussion über die Standortbestimmung der kommunalen Selbstverwaltung wurde. Diese Diskussion ist i n den letzten 10 - 1 5 Jahren unter den Stichworten der Krise der Selbstverwaltung, der Verplanung der Gemeinden, der Gefährdung und Chancen der kommunalen Selbstverwaltung 3 i n einem rasch anschwellenden, kaum mehr zu übersehenden wissenschaftlichen und publizistischen Schrift1 I m Bund-Länder-Verhältnis wurde die Problematik der Aufgabenverflechtung unter dem Stichwort des kooperativen Föderalismus zuerst i m Bereich gemeinsamer Einrichtungen u n d i n der Fondsverwaltung a k u t ; p l a nerische Verflechtungen konnten erst i n der zweiten Hälfte der 60er Jahre z u m Thema werden. 2 So die h. L.; statt aller Stern, Bonner Kommentar (BK), Zweitbearbeitung, A r t . 28 Rdnr. 114 u n d S t G H B W , U. v. 8. M a i 1976, D Ö V 1976, 595 (596). 3 Z u m letzteren Stichwort vgl. die gleichnamige Schrift über das Professorengespräch 1974 des Landkreistages.
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat u n d Gemeinden
t u m geführt worden. A u f dem Niveau von allgemeinen Positionsbestimmungen scheint der Argumentationshaushalt dieser Diskussion inzwischen erschöpft zu sein, ohne daß sich ein breiter Konsens gebildet hätte. Es stehen sich i m K e r n untereinander unvereinbare Selbstverwaltungskonzeptionen gegenüber, die — nach der treffenden Gruppierung von Roters 4 — die Selbstverwaltung verstehen als: — dem Staat vorgeordneter örtlicher Lebenskreis, — mittelbare Staatsverwaltung, — ,politische 4 Verwaltung m i t gewissen Autonomierechten — ,dritte 4 Säule i m staatlichen Aufbau m i t eigener demokratischer Legitimation. Jede dieser Konzeptionen greift i n eklektischer Weise Argumente aus der umfangreichen Literatur 5 heraus, zu der zahlreiche historische Untersuchungen über die Wurzeln der Selbstverwaltungsidee, gemeindesoziologische Studien über das Politikfeld und das Integrationsfeld Gemeinde, systemtheoretische Ansätze über die Funktion der Gemeinden i m gesamten politischen und administrativen System und verfassungsrechtliche Interpretationen (des Kerngehalts) der Selbstverwaltung beigetragen haben. Es empfiehlt sich nicht, nochmals und erneut die ganze Problematik der Selbstverwaltung aufzuarbeiten; für das hier interessierende Problem der Aufgabentrennung/Aufgabenverflechtung ist von der allgemeinen Diskussion keine Klärung zu erwarten, sondern sie muß und kann für sich geführt werden. A. Das traditionelle Verständnis der abgrenzbaren Angelegenheiten der ortlichen Gemeinschaft
I. 1. Die traditionelle Auffassung der gemeinschaftlich 4 fundierten Selbstverwaltung sieht deren soziales Fundament i n der Gemeinde als einer ,raumgemeinschaftlichen Verwaltungseinheit m i t universeller Aufgabenbestimmung 46 . Da die Gemeinde ,einen Raum — ihr Gebiet — 4 Kommunale M i t w i r k u n g , S. 32 (mit Nachweisen f ü r die Positionen) i n Anlehnung an Matzerath, K o n j u n k t u r r a t u n d Finanzplanungsrat, A f K Bd. 11 (1972), S. 271. 5 Statt einzelner Nachweise w i r d auf die Auswahlbibliographie i n : Die Gemeindeordnungen i n der Bundesrepublik Deutschland, 1975, Anhang Nr. 34 -139, 140 - 172 verwiesen. Ergänzend sei auf die jüngsten Zusammenfassungen der Diskussion v o n Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots f ü r Gemeinden, 1975, u n d Ernst I Suderow, Die Zulässigkeit raumordnerischer Festlegungen für Gemeindeteile, 1976, S. 76 ff. sowie auf die Kommentierung von A r t . 28 I I von Roters, i n : v. Münch, Grundgesetzkommentar, Bd. 2,1976, hingewiesen. 6 A. Röttgen, Deutsche Verwaltung, 2. Aufl. 1937, S. 98; W. Weber, Die Selbstverwaltung i n der Landesplanung, 1956, S. 8, 23; ders., Gutachten zum 45. DJT, S. 43; SARO-Gutachten, S. 9 f.
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als die nachbarschaftlich bestimmte Welt menschlichen Zusammenlebens i n der Gesamtheit der hierfür konstituierenden Beziehungen i n Ordnung halten 4 soll, gehören zum kommunalen Wirkungskreis alle Angelegenheiten, die i n der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen speziellen Bezug haben 7 . Diese Gesamtheit nachbarlicher Beziehungen als Bezugspunkt der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft fand ihren administrativen Ausdruck i n der Vielzahl gemeindlicher Einrichtungen i n der ehemals gesetzesfreien gestaltenden Verwaltung und kommunalen Daseinsvorsorge. I n diesem gemeindlichen Ver ans taltungs wesen4, dazu i n der wirtschaftlichen Betätigung und der gemeindlichen Planungshoheit glaubte man den typusbestimmenden Wirkungsbereich der Gemeinden festmachen zu können, die nicht bloß ,zufällig akzidentellen, sondern die typisch essentiellen Betätigungen 48 , zu denen die Attribute administrativer Selbständigkeit: Personal-, Finanz- und Organisationshoheit sowie Rechtsetzungsbefugnisse hinzuzunehmen sind. Indes: was durch diese oder andere Formeln zugunsten der Gemeinden stabilisiert schien, ist, zumal i n den letzten Jahren, durch Verrechtlidiung der ursprünglich gesetzesfreien Verwaltung und durch Einbeziehung von kommunalen Einrichtungen i n größere Leistungsverbundsysteme der autonomen Verantwortung der Gemeinden entzogen worden 9 . Aus der Aufzählung (rein) gemeindlicher Einrichtungen von K . Stern aus dem Jahre 1964 müßten gegenwärtig bei einer aktualisierten Fassung wesentliche Teile herausgestrichen werden. Der Hebel für diese Einbeziehung gemeindlicher Aufgabenwahrnehmung i n übergeordnete Zusammenhänge ist der Gesetzesvorbehalt i n 7
BVerfGE 8, 122 (134). So Stern, B K , A r t . 28 Rdnr. 88, 104. Die Bedeutung des gemeindlichen Veranstaltungswesens f ü r die kommunale Selbstverwaltung hat schon W. Weber, Staats- u n d Selbstverwaltung, S. 51, hervorgehoben. 9 Eine Reihe von Aufgaben ist nach oben, zumindest auf die Ebene der kreisfreien Städte u n d Kreise gewandert; zahlreiche Aufgaben sind zu Pflichtaufgaben nach Weisung m i t erheblichen staatlichen Ingerenzen geworden. Die Planung von Infrastruktureinrichtungen ist i n umfassende Planungszusammenhänge eingebunden worden, so insbesondere beim K r a n kenhausbau u n d bei den Abfallbeseitigungsanlagen. (Zur Verfassungsmäßigkeit des A b f a l l G BW, das w i e eine Reihe anderer Landesgesetze die A b f a l l beseitigung zu einer Aufgabe der Stadt- u n d Landkreise erklärt, S t G H BW, Β . v. 24. M a i 1977.) Z u den zahlreichen Gebieten, gerade auch der gesetzesfreien Verwaltung, i n denen Zweckzuweisungen u n d die ihnen zugrunde liegenden V e r w e n dungsrichtlinien die Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden determinieren, vgl. das umfangreiche Material von M. Gellen, Zweckzuweisungen u n d k o m munale Selbstverwaltung, S. 102 ff., 115 ff.; Krane ! Sauer, Finanzierungshilfen für Gemeinden und Wirtschaft i n Nordrhein-Westfalen, 1972, u n d auch die Liste i n : Empfehlungen des Dt. Rates f ü r Stadtentwicklung (abgedruckt i n Städtebaubericht 1975 der BReg, S. 94 f.) sowie Scheuner, A f K Bd. 12 (1973), S. 20 ff., 24 f. 8
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat u n d Gemeinden A r t . 28 I I G G ; er i s t z w a r n i c h t u n b e s c h r ä n k t , da das S e l b s t v e r w a l t u n g s r e c h t n i c h t ,gesetzesgeformt' i s t 1 0 , aber a l l e Begrenzungsversuche h a b e n sich t r o t z v e r b a l entschiedener F o r m e l n als r e l a t i v w i r k u n g s l o s erwiesen. Dies g i l t s o w o h l f ü r d i e S c h r a n k e n s c h r a n k e n des Ü b e r m a ß v e r b o t s als M a ß s t a b f ü r d i e Z u l ä s s i g k e i t s t a a t l i c h e r E i n w i r k u n g e n als auch f ü r die des Wesensgehalts der i n s t i t u t i o n e l l e n G a r a n t i e d e r S e l b s t v e r w a l t u n g . D e r V e r s u c h z u r U m s c h r e i b u n g dieses Wesensgehalts oder K e r n b e r e i c h s w i r d geradezu z u r B e s c h r e i b u n g der S c h w i e r i g k e i t e n u n d l e t z t l i c h der U n m ö g l i c h k e i t , i h n z u b e s t i m m e n 1 1 . A u ß e r d e m k a n n es i m R a h m e n e i n e r a u f einzelne A u f g a b e n , a u f einzelne E i n s c h r ä n k u n g e n bezogenen Ü b e r p r ü f u n g , z u m a l d u r c h d i e Rechtsprechung, n i c h t g e l i n gen, d e n Wesensgehalt z u e i n e m w i r k s a m e n M a ß s t a b v o n G r e n z e n z u i n t e r p r e t i e r e n , w e i l t r o t z d e r k o n k r e t e n E i n s c h r ä n k u n g j a i m m e r noch einiges , f ü r d i e S e l b s t v e r w a l t u n g ü b r i g b l e i b t ' 1 2 . 2. Die geringe Leistungsfähigkeit der Schrankenschranken i m Sinne einer normativen Begrenzung v o n Wanderungsprozessen v o n Aufgaben ist nicht n u r durch die sich verstärkenden Aufgab en Verflechtungen bedingt, sondern sie hat eine wesentliche Ursache auch i n dem undifferenzierten Ansatz, der die typusbestimmenden Merkmale u n d den Kerngehalt der deutschen Gemeinde schlechthin bestimmen w i l l . Wenn der Anwendungsbereich der v e r fassungsrechtlichen institutionellen Garantie u n d des Kommunalverfassungsrechts sowohl die 200-Einwohner-Gemeinde v o r der Gebietsreform oder jetzt die 2000 bis 5000-Einwohner-Gemeinde als auch die Millionen-Großstadt ist, dann ist eine mehr als formale Kennzeichnung der örtlichen Gemeinschaft, ihrer Angelegenheiten, ihrer Integrationsfunktion u n d Essentialia nicht zu erwarten. Ohne inhaltliche Umschreibung dieses Begriffes fehlen aber f ü r die A n w e n d u n g des Übermaßverbots die Maßstäbe u n d die Konturen. Wie soll eine auf die mangelnde administrative Leistungsfähigkeit der K o m m u n e n gestützte staatliche E i n w i r k u n g unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit scheitern können, w e n n die erwähnte Spannweite besteht oder wenn n u r die Unterscheidung zwischen kreisfreien Städten, kreisangehörigen Gemeinden u n d — allenfalls noch — den herausgehobenen kreisangehörigen Städten (Große Kreisstadt, Mittelstadt usw.) 1 3 getroffen wird? 10
Stern, B K , A r t . 28 Rdnr. 120, vgl. auch Rdnr. 115. Vgl. den Gang der Darstellung bei Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, 1975, S. 30 - 34. Bezeichnenderweise sehen sich Stern / Burmeister beim Versuch der Konkretisierung des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltung für den Bereich der kommunalen Planungshoheit zu deutlichen M o d i f i k a t i o nen der verbal beibehaltenen bisherigen Aussagen (S. 26 - 30) genötigt. —• E i n ausführlicher Überblick u n d K r i t i k der Abgrenzung des Kernbereichs der Selbstverwaltung bei W. Kühn, Das Prinzip der Allzuständigkeit der Gemeinden, Diss. j u r . Münster 1971, S. 33 - 58. 12 So eine zu Recht umstrittene, aber trotzdem das Wesensgehaltdenken prägende Formel von B V e r w G E 6, 19 (25) u n d neuerdings wieder S t G H BW, U. v. 15. J u n i 1974, D Ö V 1975, S. 58 (60). 13 Dazu Pappermann, Z u m Problem der Sonderstellung größerer Städte i m Kreis, V e r w A Bd. 65 (1974), S. 163 ff. 11
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Unter diesem differenzierungsfeindlichen Verständnis 1 4 w a r auch vor der Verwaltungsreform die Bauleitplanung, die sog. kommunale Planungshoheit, der Sache nach nicht glaubwürdig als eine der Essentialia für alle Gemeinden zu begründen. I n der verfassungsrechtlichen Interpretation ist diese These zwar gleichwohl, u n d vordergründig erfolgreich, festgehalten worden. Tatsächlich hat es sich dabei u n d i n der gesetzlichen Zuerkennung der Planungshoheit an die Gemeinden i n § 2 B B a u G u m den Pyrrhussieg der neueren Geschichte der Selbstverwaltung gehandelt: W a r durch diese Interpret a t i o n rechtlich der Weg zur Differenzierung v o n Gemeinden m i t u n d ohne Planungshoheit versperrt, so blieb als A b h i l f e gegenüber dem administrativen Kapazitätsdefizit bei den kleinen u n d kleinsten Gemeinden die radikale Flurbereinigung, als die sich die Gebiets- u n d Verwaltungsreform i n z w i schen erwiesen h a t 1 5 . Die noch ausstehende Funktionalreform w i r d f ü r die i n ihrem gebietlichen Zuschnitt k r ä f t i g vergrößerten Gemeinden n u r dann einen entsprechenden Zuwachs an Aufgaben bringen (können), w e n n explizit u n d durchgängig zwischen den einzelnen Gemeinden differenziert w i r d , u n d zwar nicht n u r nach dem unbrauchbaren Maßstab der Gemeindegrößenklassen, sondern nach konkreten Funktionen u n d Aufgaben der einzelnen Gemeinden i n i h r e m räumlichen Umfeld, nach inhaltlichen Differenzierungen, w i e sie etwa i n dem raumordnerischen Konzept der zentralen Orte bereitliegen.
II. Die grundsätzlichen, nicht behebbaren Schwierigkeiten der Kernbereichsvorstellung als letzter und wichtigster Verteilungslinie für die kommunale Selbstverwaltung liegen nicht n u r i n dem rational kaum aufklärbaren Begriff des Wesensgehalts 16 , sondern vor allem i n seiner Verbindung m i t dem Leitprinzip der Aufgabentrennung, des geschlossenen Aufgabenblocks. Damit w i r d dieses Denken nicht nur 14 V o n ff. Schnitze, Raumordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 74, sogar zum Rechtsgrundsatz des Verbots, nach der Leistungsfähigkeit zu differenzieren, erhoben. 15 V o m Pyrrhussieg spricht auch Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 125. — Sicherlich ist die Verwaltungsreform nicht n u r wegen der unübersehbaren Schwächen der Kleingemeinden i n der Bauleitplanung durchgeführt worden; sie hat aber einen bedeutenden T e i l ihrer Antriebsu n d Uberzeugungskraft gerade aus deren Funktionsschwäche gezogen, vgl. die berechtigten u n d wegweisenden Ausführungen von W. Weber, Gutachten zum 45. DJT, S. 4; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie u n d Gemeindegröße, DVB1. 1966, S. 325. Bei allen Unterschieden, die die Verwaltungsreformen i n den einzelnen Ländern aufweisen, ist ihnen gemeinsam, daß die Z a h l der Verwaltungsgrundeinheiten auf der Ortsstufe (Einheitsgemeinden + V e r w a l tungsgemeinschaften i. w . S.) drastisch reduziert worden ist, nämlich insgesamt von etwa 24 000 vor Beginn der Verwaltungsreform auf voraussichtlich r u n d 3330 (Zahlen nach 5. Wimmer, Der Städtetag, 1975, S. 463 ff., 465 unter Einrechnung der Pläne i n Bayern). Abgesehen von Schleswig-Holstein, wo die Ä m t e r nicht Träger der Flächennutzungsplanung sind, gibt diese Z a h l auch die Anzahl der Träger der vollen Bauleitplanung wieder; einschließlich der 1068 amtsangehörigen Gemeinden i n Schl.Holst. beträgt diese Z a h l 4400. I n B W , Nds u n d Rh.-Pf. sind die Verwaltungsgemeinschaften, Verbandsgemeinden bzw. Samtgemeinden Träger der Flächennutzungsplanung, nicht jedoch die Ortsgemeinden. 16 Dazu i n aller Deutlichkeit Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 9 ff. u n d ders., Rdn. 55 ff. zu A r t . 28 GG, i n : v. Münch, Grundgesetzkommentar, Bd. 2.
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat u n d Gemeinden
der Wirklichkeit der vorhandenen und zunehmenden Verflechtungen nicht gerecht, die eine nur einigermaßen befriedigenden Abgrenzung von örtlichen und überörtlichen Aufgaben unmöglich macht 1 7 ; indem es gleichwohl i m Ansatz an dieser Aufgabentrennung festhält, beschleunigt es darüber hinaus selbst die Auszehrung der kommunalen Selbstverwaltung. Da es nämlich den kommunalen Wirkungsbereich als den der ausschließlichen Eigenverantwortlichkeit versteht, entläßt es alle diejenigen Aufgaben aus dem Kernbereich, bei denen auch überörtliche Belange, durch staatliche Ingerenzen gesichert, zu berücksichtigen sind. Das Festhalten am Leitbild autonomer Entscheidung i n einer auf Verflechtung ausgerichteten Wirklichkeit minimalisiert notwendigerweise selbst den kommunalen Eigenbereich, überzeichnet die Absicht staatlicher M i t w i r k u n g als Abwanderung der gesamten Aufgabe, interpretiert und überinterpretiert damit selbst partielle Überlagerungen i n der Aufgabenwahrnehmung als Wanderungsprozesse der Aufgaben. Der gedankliche Ansatz bei der Autarkie und Autonomie 1 8 gibt viel mehr auf als sachlich geboten wäre; er ist sprachlos gegenüber den längst Hechts- und Gesetzeswirklichkeit gewordenen Mitwirkungsverhältnissen zwischen Staat und Gemeinden. Konsequent durchgeführt beschränkt er den kommunalen Wirkungsbereich statt auf eine lebensfähige Substanz auf einen Ausschnitt, der viel zu schmal ist, um die den Kommunen zugeschriebenen Funktionen der politischen Integration 17
W. Weber, i n : Verfassungs- u n d Verwaltungsprobleme der Raumordnung u n d Landesplanung, 1965, S. 158 ff.; Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 125 ff., 130; ders., i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 144ff. (S. 145: gegen das Dogma von der Trennungsfähigkeit); v. Unruh, DVB1. 1973, S. 7 ff.; Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung, S. 51 ff.; Evers, Recht der Raumordnung, S. 141 ff. — Noch zusätzlich verschärft stellen sich die Schwierigkeiten bzw. die Unmöglichkeit der Abgrenzung i m Verhältnis zwischen den ,örtlichen' Aufgaben der kreisangehörigen Gemeinden u n d den »überörtlichen' Aufgaben der Kreise (§ 2 I K r O NW) dar. Deshalb w i r d i m Streit u m die Kreisentwicklungsplanung (dazu unten § 18 I I 1) von Vertretern der Landkreise sehr dezidiert ,νοη der Auflösung der örtlichen Gemeinschaft' gesprochen, Pappermann, D Ö V 1973, S. 507; ders., V e r w A Bd. 65 (1974), S. 172 ff., 187; ders., Staats- u n d K o m m u nalverwaltung, 1976, S. 2 ff., ders., DVB1. 1976, 766 ff.; ferner Pappermann ! Roters ! Vesper, Maßstäbe f ü r die Funktionalreform i m Kreis, 1976, S. 17 ff. — Entschieden gegen diese Auffassung der Vertreter der kreisangehörigen Gemeinden ff. A. Berkenhoff, Städte- u n d Gemeinderat, 1973, S. 349; ders., Städte- u n d Gemeinderat, 1975, S. 7 ff.; K. Ullrich, Z u r Fehlerhaftigkeit des sog. funktionalen Selbstverwaltungsverständnisses, Städte- u n d Gemeindebund 1977, S. 102 ff.; ders., Staats- u n d K o m m u n a l v e r w a l t u n g 1976, S. 334, u n d Hoffmann, Städte- u n d Gemeindebund 1977, S. 132 ff. — Z u m ganzen vgl. audh Püttner / Schneider, Stadtentwicklungsplanung u n d Kreisentwicklungsplanung, 1974, S. 27 f., auch S. 24 m. w. Nachw. 18 Ausführliche K r i t i k am überkommenen Autonomiedenken bei Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 15 ff. Eine Rekonstruktion des Begriffs unter gegenwärtigen Bedingungen liefert dagegen Laux, Thesen eines Vortrages, i n : Eildienst Landkreistag N W 1975, S. 254.
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und der vielseitigen Leistungen i m Bereich planender und leistender Daseinsvorsorge ausfüllen zu können 1 9 . Unrealistisch ist deshalb die von Bückmann vorgeschlagene Strategie, den Gemeinden (im Rahmen der Funktionalreform) „weniger Aufgaben für die künftige Selbstverwaltungskompetenz i n unbeschränkt eigenverantwortlicher Selbstverwaltung" zuzuweisen, weil dies für die Erreichung des Demokratieprinzips besser geeignet sei als eine größere Aufgabenfülle, bei der statt Selbstverwaltung nur noch Mitverwaltung oder Auftragsverwaltung bestehe 20 . Die Gemeinde kann sich als die unterste Ebene i m Verwaltungsaufbau nicht der Erfüllung und Ausführung der erst hier zum konkreten Vollzug gelangenden Aufgaben entziehen; die häufig i n abwertender Absicht gebrauchte Kennzeichnung der Gemeindeebene als ,Ortsverwaltung' ist eine unersetzliche Funktion. Die Gemeinden haben deshalb die meiste Tätigkeit des Staates i n der Öffentlichkeit, gegenüber dem Publikum zu ,vertreten', und der Bürger unterscheidet dabei regelmäßig nicht, ob eine i h n betreffende Maßnahme eine Selbstverwaltungsentscheidung darstellt oder durch eine staatliche' Behörde unmittelbar oder mittelbar bestimmt ist 2 1 . Der Rückzug auf Minima, auf (derzeit) ganz sichere und unbestreitbare Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft verhilft den Gemeinden nicht zu einer funktionsgerechten und zu der i n der Verfassung vorausgesetzten Stellung. Wenn Aufgabenverflechtungen zu breiten Überschneidungsbereichen zwischen gemeindlichen und staatlichen I n teressen führen, so ist der Sinngehalt gemeindlicher Selbstverwaltung auch und gerade i n diesem Kondominium, i n der Mit-Verantwortung zu entfalten; dies ist der Grundgedanke des neueren funktionalen oder dynamischen Verständnisses der Selbstverwaltung. 19 I m Ergebnis so auch Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung — E n t w i c k lungsplanung, S. 145. 20 W. Bückmann, Gebietsreform u n d Entwicklungsplanung i n N W , 1973, S. 34 f. — Die Stellungnahmen von Bückmann sind besonders aufschlußreich f ü r die immanent engen Grenzen des Denkens i n getrennten Aufgabenblökken. A n anderer Stelle (Verfassungsfragen bei den Reformen i m örtlichen Bereich, S. 55 - 57, 75 f., 121) beschränkt er nämlich die rechtliche Relevanz der kommunalen Selbstverwaltung zutreffend nicht auf die Garantie eines Minimums, sondern f ü h r t aus, daß die Vielgestaltigkeit der kommunalen Selbstverwaltung erst dort beginnt, wo das M i n i m u m erfüllt ist (Verfassungsfragen, S. 121). Angesichts der Unmöglichkeit einer genauen Abgrenzung von örtlichen u n d überörtlichen Aufgaben — scholastische Formeln v o n Angelegenheiten, die örtlich bedingt sind, aber überörtliche Auswirkungen haben u n d umgekehrt, helfen nicht weiter — fällt er dann jedoch auf die Beschränkung von wenigen, aber ausschließlich wahrzunehmenden A u f gaben zurück. 21 So zu Recht v. Unruh, i n : FS Scupin, S. 416; dazu auch U. Scheuner, Z u r Neubestimmung der kommunalen Selbstverwaltung, A f K Bd. 12 (1973), S. 11 f.
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat und Gemeinden B. Das funktionale Selbstverwaltungsverständnis: Kompensationsmodell und Mitwirkungsmodell
I. 1. Nicht zufällig ist das dynamische Selbstverwaltungsverständnis i n besonderer Weise durch die Arbeiten von W. Weber und E. Schmidt-Aßmann gefördert und entwickelt worden, also von Autoren, die sich intensiv m i t den Problemen der Planung beschäftigt haben 22 . Speziell i m Bereich der Raumordnung erweist sich die Aufgabenverflechtung nicht nur als punktuelles, von M a l zu Mal bei einzelnen A u f gaben auftretendes Phänomen, sondern als durchgängiges Problem. Die staatliche Einwirkung und Mitverantwortung t r i t t hier nicht nur i n einzelnen Genehmigungsvorbehalten, i n Aufsichtsrechten oder i n speziellen Weisungsrechten bei der Ausführung von Pflichtaufgaben, sondern i n einem gesetzlich nur wenig konturierten breiten Sachbereich auf: Die Bauleitplanung ist an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung anzupassen (§ 1 I V BBauG 1976); diese Ziele sind zu beachten (§ 5 I V ROG). Über die konkreten Inhalte, die diese Ziele annehmen dürfen, ist kaum mehr gesagt, als daß es eben Ziele der Landesplanung als einer überörtlich motivierten Planung sind. Die Übertragung des schon vorher von Röttgen 23 geprägten Begriffs des Kondominiums zwischen Staat und Gemeinden auf die Bindungsund Einwirkungsmöglichkeiten einer vorgeordneten , Gesamt'planung gegenüber dem Gesamtbereich kommunaler Aufgabenwahrnehmung, gegenüber der ,verwaltungspolitischen Manövriermasse der Gemeinden insgesamt 1 bedeutet für diese und ähnliche Formeln 2 4 eine enorme Erweiterung des Anwendungsbereichs und eine qualitative Bedeutungssteigerung 25 . Die wichtigste Konsequenz des funktionalen Ansatzes ist es, daß i n einer A r t Vorwärtsverteidigung partiell nach oben abwandernde Aufgaben auf diesem Weg ,verfolgt 4 werden und dadurch die durch überörtliche Belange überlagerten Aufgaben nicht aus dem A n wendungsbereich der Selbstverwaltungsgarantie entlassen werden. Das Leitbild der einzelgemeindlichen Isolierung und Autonomie w i r d er22 Sog. res-mixtae-Lehre, formuliert von W. Weber, i n : A k t u e l l e Probleme der Kommunalaufsicht, 1963, S. 24 f., 27, 30, 31 ff., weiter ausgebaut v o n Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 131 f.; ders., i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 137 - 139, 143 ff.; ders., AöR Bd. 101 (1976), S. 533 ff. Wichtige Ansätze sind auch schon bei H. Schultze, R a u m ordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 65 ff., enthalten. 23 Handbuch der kommunalen Wissenschaft u n d Praxis, Bd. 1, S. 219 ff. 24 Dazu Puls, Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung u n d die Lehre v o n der Verbundverwaltung, S. 66 ff., u n d Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 38 f. 25 Das hat zutreffend Badura, i n : FS W. Weber, S. 930, herausgestellt, dort auch das wörtliche Zitat. Eben i n dieser Erstreckung liegen auch die Probleme der Figur, dazu kritisch Götz, i n : FS W. Weber, S. 991; ablehnend aber nicht überzeugend Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 176 ff.
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setzt durch das der übergreifenden »gemeinsamen* Aufgabenverantwortung, also durch das der Aufgabenmitverantwortung; der Verlust von autonomer Substanz soll kompensiert werden durch Mitwirkungsrechte der Gemeinde an den höherstufigen Entscheidungsprozessen. A n die Stelle der starren Alternative, entweder rein örtliche oder gleich volle überörtliche Angelegenheiten annehmen zu müssen, soll eine flexible Zuordnung von örtlichem und überörtlichem Wirkungskreis i n einer breiten Zwischenzone treten, die durch gegenseitige Anhörungs-, Beteiligungs-, I n i t i a t i v - und echte Entscheidungsrechte des sachbetroffenen örtlichen und überörtlichen Planungsträgers strukturiert ist 2 6 . Dieses i n der Literatur immer mehr Zustimmung findende funktionale und dynamische Aufgabenverständnis 27 hat Parallelen i n der Rechtsprechung zur ,Wehrfähigkeit' der kommunalen Planungshoheit gegenüber allen Planungen, die i h r Gebiet berühren, auch gegenüber den Fachplanungen, i n deren höchst unvollkommenen gesetzlichen Regelungen eine Beteiligung der Gemeinde nicht vorgesehen ist 2 8 . Unterstützung erfährt dieses Aufgabenverständnis außerdem durch die ebenfalls i m Vordringen befindliche Selbstverwaltungskonzeption, die als Leitbild und Legitimationsgrundlage die Gemeinde ,als Mittelpunkt dezentraler Initiative und Entscheidung' begreift, wie 17. Scheuner i n prägnanter Zusammenfassung einer breiten Tendenz formuliert hat 2 9 . I n 26 Der Kompensationsgedanke ist besonders von Schmidt-Aßmann herausgestellt worden (s. Nachw. i n Fn. 22). Neuerdings hat Schmidt-Aßmann den Kompensationsgedanken i n bemerkenswerter Weise differenziert u n d p a r t i e l l zurückgenommen, s. AöR Bd. 101 (1976), 520 ff., 525 f., 529, 533 ff. 27 Scheuner, A f K Bd. 12 (1973), S. 23 f.; Stern, Z u r Position der Gemeinden, D Ö V 1975, S. 521; Stern / Burmeister, Landesplanerisches Planungsgebot, S. 30 ff. m. w. N. ; Ernst, Möglichkeiten u n d Grenzen der Landesplanung, S. 23 f. ; Pappermann, D Ö V 1973, S. 505 ff.; ders., V e r w A Bd. 65 (1974), S. 187; ders., D Ö V 1975, S. 186 ff. m. w. Nachw.; Göb u.a., Kreisentwicklungsplanung, S. 52 ff., sowie die Beiträge von Abreß, Meyer / Schwickerath u n d Salzwedel auf der Benelux-Gemeindekonferenz, Eildienst Landkreistag N W , 1973, S. 241 ff., 258 f., 259 ff. u n d Ernst f Suderow, Die Zulässigkeit raumordnerischer Festlegungen f ü r Ortsteile, S. 19 - 37. Anklänge an das funktionale Selbstverwaltungsverständnis finden sich auch bei Blümel, DVB1. 1973, S. 440 f. u n d Badura, i n : FS W. Weber, S. 915 ff., 927 ff.; u m abschließende Stellungnahmen dürfte es sich dabei jedoch nicht handeln. — Z u r Ablehnung dieser Konzeption durch die Vertreter der kreisangehörigen Gemeinden vgl. die Nachweise oben Fn. 17. 28 So vor allem i m Krabbenkamp-Urteil, B V e r w G E 40, S. 323 ff. (dazu Hoppe, i n : FS Wolff, S. 307 ff.) u n d die Leitentscheidung B V e r w G DVB1. 1969, S. 362 (zu § 6 L u f t V G ) ; außerdem B V e r w G D Ö V 1970, S. 387 (zu § 17 FStrG); B V e r w G DVB1. 1973, S. 448 (Anspruch auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens bei Flughafenbau, ablehnend dazu Blümel, ebd., S. 439 ff.). Vgl. auch Zeller, M i t w i r k u n g der Gemeinden i m Bereich der Planung, DVB1. 1973, S. 599 ff. 29 Scheuner, Z u r Neubestimmung der kommunalen Selbstverwaltung, A f K Bd. 12 (1973), S. 1 ff., zum wörtlichen Z i t a t S. 6, 15 ff. Vgl. dazu auch den Diskussionsbeitrag v o n A. Podlech, W D S t R L Bd. 28 (1970), S. 263, der v o n der
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dieser Konzeption ist der Gedanke des Ausgleichs verlorener Verantwortung durch Teilhabe generalisiert; er bestimmt die gesamte Stellung der Gemeinde i m politischen und administrativen System. 2. Die Plausibilität der Uminterpretation der kommunalen Alleinverantwortung i n Mitverantwortung und M i t w i r k u n g darf nicht den Blick auf die Ungesichertheit der theoretischen Grundlage des neuen Verständnisses verdecken, eine Ungesichertheit, die sich bei der Ausformulierung und Konkretisierung des Konzepts der gestuften M i t w i r k u n g und bei den selbstverständlich i n Fülle zu erwartenden Folgeproblemen dieses Ansatzes erweist und erweisen wird. Die Leitvorstellung der gestuften M i t w i r k u n g ist zunächst primär eine generalisierende Umschreibung dessen, was i n den geltenden Landesplanungsgesetzen und i m Raumordnungsgesetz i n einer Reihe von einzelnen Bestimmungen (z. B. § 5 I I 2, 5 I I I 2 ROG) positiv geregelt ist, so wie j a auch die Kondominiumsthese einen Anknüpfungspunkt i n Gesetzgebung u n d Praxis, nämlich i m traditionellen Grundsatz der Landesplanung hatte, daß Landesplanung eine gemeinschaftliche Aufgabe von Staat und Selbstverwaltung ist 3 0 . Das Prinzip der gestuften M i t w i r k u n g bringt die vorhandene Rechtslage auf den Begriff; darin liegt ihr Verdienst. Als Ergebnis eines begrifflichen Generalisierungsprozesses ist sie aber andererseits inhaltlich nicht hinreichend gehaltvoll und strukturiert genug, u m umgekehrt eine kritische Überprüfung der vorhandenen Regelungen und künftiger Neuregelungen inhaltlich stärker leiten oder determinieren zu können, als es die Analogie zu den einzelnen Vorschriften und eine immanente Konsistenzprüfung auch leisten könnte. I n dieser umgekehrten Argumentationsrichtung der Konkretisierung des Prinzips der gestuften M i t w i r k u n g liegt jedoch die aktuelle Aufgabe 3 1 . Ihre Lösung w i r d jedoch erheblich dadurch erschwert, daß sich der zentrale Topos der Kompensation als fragwürdig und für eine auf Dauer bestimmte generelle Neuinterpretation der Selbstverwaltung als nicht tragfähig erweist.
Selbstverwaltung als einem engeren politischen Subsystem m i t rascher Reaktionsmöglichkeit spricht; ähnliche Akzentuierung auch bei v. Unruh, i n : FS Scupin, S. 413, 416; ders., i n : Gefährdung u n d Chancen der kommunalen Selbstverwaltung, S. 5 ff. (vor allem These 6, S. 13). Scheuners Kennzeichnung w i r d zustimmend zitiert z.B. v o n Badura, Stern, Stern / Burmeister, jeweils a.a.O. 30 Vgl. § 1 LP1G N W 1962, § 1 LP1G Hessen 1962: Aufgabe des Landes sowie der kreisfreien Städte u n d Landkreise nach Maßgabe dieses Gesetzes. 31 Die kritische Überprüfung des geltenden Rechts ist u m so eher angezeigt, als neuere Tendenzen i n der Novelle LP1G N W 1975 gerade zu einem A b b a u der verbal festgehaltenen, inhaltlich aber stark beschnittenen ,Gemeinschaftlichkeit' der Landesplanung geführt haben, dazu unten § 18 I. 2 u n d 3.
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Beachtliche und i m Ergebnis durchschlagende K r i t i k hat insbesondere Roters 32 gegenüber dem ,Kompensationsmodeir vorgetragen. Eine zentrale Schwäche dieses Ansatzes liegt zunächst darin, daß zum Maßstab der Kompensation gerade das werden soll, was man vorher nicht hat bestimmen können, die Substanz gemeindlicher Selbstverwaltung 3 3 . Zwar bestreitet die neuere Auffassung nur die kategoriale Trennbarkeit der örtlichen und überörtlichen Aufgaben, nicht aber die Möglichkeit, örtliche und überörtliche Bezüge innerhalb von einheitlichen Aufgabenkomplexen differenzieren zu können. Aber diese Gewichtung zwischen örtlichen und überörtlichen Bezügen hat natürlich historischen Veränderungen, und zwar i n besonderer Weise, unterlegen. I m Fluß des schon immer vorhandenen Wandels und der historisch durchgängigen Wanderungsprozesse der Aufgaben müßte deshalb ein Fixpunkt bestimmt werden können, der die ursprüngliche Substanz, den Bezugspunkt der Kompensation kennzeichnet; eine solche Fixierung des status quo ante für die Zeit um 1949 ist aber gerade nicht möglich, wie die umfangreiche Literatur zu A r t . 28 GG zum Stichwort Kernbereich beweist. Eine weniger breitflächige, sondern mehr auf begrenzte Ausgleichsfälle beschränkte Verwendung des Kompensationsgedankens andererseits setzt sich dem ebenfalls von Roters überzeugend formulierten Einwand aus, daß sie die Institution der Selbstverwaltung letztlich auf eine zusammenhanglose Ansammlung von Surrogatpositionen 34 reduziere. „Eine Häufung solcher Beteiligungsrechte, die lediglich durch das Gebot der Kompensation legitimiert wären, könnte weder den status quo ante des örtlichen Wirkungskreises herstellen, noch den Rationalitätsanspruch öffentlicher Entscheidungs- und Planungsprozesse angemessen berücksichtigen"; auf den letzteren Gesichtspunkt ist noch zurückzukommen. 3. Gegen das Kompensationsmodell spricht auch ein weiterer prinzipieller Gesichtspunkt. Kompensationserwägungen haben innerhalb von begrenzten Problemstellungen und als Übergangslösung einen legitimen Platz i n der Argumentationsweise insbesondere von Gerichten, deren unbestreitbare rechtsfortbildende Funktion durch die A r t der richterlichen Problembearbeitung und durch die Grenzen ihrer Pro32
Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 1, 62 ff. Roters, ebd., S. 63, überzieht diesen Gedanken m i t der Behauptung, daß A r t . 28 I I GG überhaupt keine Argumente dafür liefert, was zur Substanz zählt u n d was überhaupt ausgleichungsfähig ist. Diese These ist — i m m a nent folgerichtig — entwickelt aus der — ihrerseits überzeichneten — These, daß A r t . 28 I I G G wegen des Festhaltens am Postulat der Eigenverantwortlichkeit i n sich widersprüchlich ist (S. 31 ff.); dazu unten Β I I . 34 Roters, ebd., S. 1, 34, 62 ff.: dort auch K r i t i k an ,der Mathematik der austauschbaren Größen 1 . 33
§ 12 Panerische Verflechtungen zwischen Staat u n d (Gemeinden b l e m b e a r b e i t u n g s k a p a z i t ä t i n h a l t l i c h entscheidend e i n g e s c h r ä n k t i s t 3 5 . D e r K o m p e n s a t i o n s g e d a n k e i s t eine B r ü c k e f ü r neue A n s ä t z e u n d neue F u n k t i o n s b e s t i m m u n g e n ; er i s t i n s o f e r n i n n o v a t o r i s c h u n d h ä l t z u g l e i c h f ü r eine U b e r g a n g s z e i t das n o r m a t i v e G r u n d g e r ü s t fest, v e r h i n d e r t , daß d i e R e a k t i o n e n u n d tastende Versuche z u r B e w ä l t i g u n g e i n e r f a k t i s c h e n V e r ä n d e r u n g die n o r m a t i v e n G r u n d e n t s c h e i d u n g e n h i n t e r sich lassen 3 6 . A l s d a u e r h a f t e L ö s u n g i s t d e r K o m p e n s a t i o n s g e d a n k e j e d o c h n i c h t t r a g f ä h i g , dies u m so w e n i g e r , als i n d e n l e t z t e n J a h r e n g e r a d e z u eine I n f l a t i o n v o n K o m p e n s a t i o n s e r w ä g u n g e n f ü r n a h e z u a l l e B r e n n p u n k t e verfassungsrechtlicher D i s k u s s i o n festzustellen i s t 3 7 . Diese z. T . n u r b e i l ä u f i g v e r w e n d e t e n A u s g l e i c h s e r w ä g u n g e n h a b e n i n e i n e r u m f a n g r e i c h e n , i n sich h o m o g e n e n F a l l g r u p p e feste K o n t u r e n e r l a n g t , b e i d e r sie als A n t w o r t a u f d i e faktische A u f l ö s u n g v o n b i s h e r als a b g e g r e n z t v o r g e s t e l l t e n ,Bereichen' eingesetzt w e r d e n u n d f ü r d e n V e r lust an Eigenverantwortlichkeit Mitverantwortung und Beteiligungsrechte e i n r ä u m e n . 35 Treffend i n diesem Zusammenhang die Bemerkung von Roters, ebd., S. 63, daß der Hinweis auf die ausgleichsorientierte Rechtsprechung (vgl. die Nachweise oben Fn. 28) zur Begründung des Kompensationsansatzes zu kurz greift, w e i l die Rechtsprechung ihrerseits einen deutlichen Surrogatsu n d Behelfscharakter hat. 36 Eine entsprechende F u n k t i o n k a n n i m Organisationsrecht die Stellvertretungsfigur haben, vgl. Wahl, Stellvertretung i m Verfassungsrecht, 1971, S. 51 ff., 245 ff. 37 Z u m Bund-Länder-Verhältnis vgl. Hesse, Bundesstaatsreform u n d Grenzen der Verfassungsreform, AöR Bd. 98 (1973), S. 35 ff.; Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 59 f. m. w. Nachw.; W. Suderow, Rechtsfragen des B u n desraumordnungsprogramms, 1975, S. 154; Kisker, Kooperation i m Bundesstaat, S. 144 ff., 165 ff. — Die A u f w e r t u n g des Verwaltungsverfahrens w i r d als Kompensation f ü r Rechtsschutzdefizite gesehen, D. Suhr, D Ö V 1975, S. 768 Fn. 16. — Einen weiten Gebrauch von dieser Figur macht Brohm, V V D S t R L 30 (1972), S. 269 (für den Bereich des A r t . 80 GG), 298 (Bund-LänderVerhältnis u n d Staat-Selbstverwaltungs-Verhältnis). F ü r das Verhältnis v o n Parlament u n d Regierung: Friauf, W D S t R L 27 (1969), S. 35, u n d W. Kewenig, Staatsrechtliche Probleme parlamentarischer M i t w i r k u n g am Beispiel der A r b e i t der Bundestagsausschüsse, 1970, S. 37 ff. R. Scholz versteht i m Anschluß an Lerche das Rechtsstaatsprinzip f ü r i m stande u n d berufen, ,kompensierende u n d unterstützende Institute u n d Regulative dort zu entwickeln, wo die Verfassung auf neue oder veränderte Formen staatlicher Freiheitsgefährdung reagieren muß' (Wirtschaftsaufsicht u n d subjektiver Konkurrentenschutz, 1971, S. 109) u n d i n einem anderen Zusammenhang: Kompensation der Einbuße funktioneller Freiheit i n der Tarifautonomie durch die Einräumung funktioneller Teilhaberechte an den staatlichen Ordnungsverfahren, w i e Konzertierte A k t i o n (Rezension i n : AöR Bd. 99 (1974), S. 516). — I n einem weiteren Sinne fügt sich auch die Interpretation der Grundrechte als Teilhab er echt e genau i n dieses Denkmodell des Ausgleichs des Verlusts an Autonomie, an beherrschtem Lebensraum, durch Teilhabe u n d Leistungsansprüche ein. Eine ausführliche Auseinandersetzung m i t dem Kompensationsmodell i n seinem gesamten Anwendungsbereich k a n n hier nicht geführt werden; sie ist an anderer Stelle beabsichtigt.
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Wenn sich jedoch Kompensationserwägungen i n dieser Zahl häufen und ,Ausgleich 4 zum Prinzip zu werden beginnt, dann besteht die Gefahr, daß die verfassungsrechtliche Funktions- und Kompetenzordnung i n eine Summe von Kompensationsrechten aufgelöst w i r d 3 8 . Der Tendenz nach w i r d der ursprünglich auf einen status quo ante bezogene Sinngehalt von verfassungsrechtlichen Institutionen und der verfassungsrechtlichen Ordnung von einer zweiten Schicht von Kompensationsrechten überlagert. Sie können auf der einen Seite die Funktionen und das faktische Gewicht nach dem alten Verständnis nicht einfach rekonstruieren, auf der anderen Seite können sie sich aber als abgeleitete Ausgleichserwägungen ihrerseits nicht auf ein neues Fundament, auf ein neues inhaltliches Leitprinzip beziehen, das ihnen untereinander Kompatibilität und Ordnung geben könnte. Das vermehrte Auftreten dieser Ausgleichsüberlegungen i m Zusammenhang m i t dem Verlust von Autonomie i n abgegrenzten und ausgegrenzten Bereichen ist ein deutlicher und aussagekräftiger Hinweis darauf, daß das der Funktions- und Kompetenzzuweisung zugrunde liegende Verteilungsprinzip, das Verteilungsmuster nach Sachmaterien, fraglich geworden ist. Es ist das Verdienst von Roters, i n der Auseinandersetzung u. a. m i t dem Kompensationsmodell den weitreichenden prinzipiellen Aspekt dieser Problemlage herausgearbeitet zu haben: Die dichter gewordenen (oder verstärkt wahrgenommenen) Interdependenzen zwischen den einzelnen Handlungszusammenhängen und Lebensbereichen stehen je länger je mehr grundsätzlich i n einem Widerspruch und i n einem Spannungsverhältnis zur Trennungsmethode der grundsätzlichen Kompetenzordnung. Z u Recht nimmt Roters dabei die abstrakte und umfassende Problemformulierung von der Diskrepanz zwischen den Interdependenzen der realen Problemzusammenhänge und der politisch-administrativen Entscheidungsstruktur (Scharpf) als Bezugsrahmen auf und bringt sie i n die verfassungsrechtliche Diskussion ein 3 9 . I m Kontext dieser generellen und prinzipiellen Problemlage erweist sich der immer nur partiell ausgerichtete, dilatorische Ansatz der Kompensation als zu eng und nicht tragfähig. Angesichts der vorhandenen und zu erwartenden weiteren Politikverflechtung zeichnet sich eine Situation ab, i n der es nicht mehr genügt, Kooperationsverhältnisse nur hilfsweise, i n einem gedanklich ,zweiten 4 Zugriff ausgleichsweise zu bewältigen. Erforderlich w i r d eine Ordnung der Kooperationsverhältnisse von einem prinzipiellen Ansatz her; dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil nur so eine Strukturierung erreicht werden kann, die von vornherein auch und gerade Elemente der Begrenzung und der 88
Insofern ist die oben erwähnte kritische Argumentation von Roters zu generalisieren. 89 Vgl. dazu oben § 11 I u n d dort die Nachweise i n den Fn. 2 u. 4.
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Balancierung der Politikverflechtung enthält. Einen solchen ,primären* Ansatz enthält das Verständnis der Mitwirkung von Roters, auf die i m folgenden einzugehen ist. II. Roters 40 begreift M i t w i r k u n g als dasjenige Instrumentarium, das dem Faktum des Aufeinander-Angewiesenseins, des hohen Kooperationsbedarfs, i m öffentlichen Organisationswesen Ausdruck verleihen kann. M i t w i r k u n g hat die Funktion, die — durch Kompetenz-Neuabgrenzungen i m Grundsatz nicht behebbare — Asymmetrie zwischen dem Verflochtenheitsgrad öffentlicher Aufgaben u n d dem starren K o m petenzverteilungsschema des öffentlichen Organisationsrechts möglichst weitgehend zu korrigieren. Indem Roters M i t w i r k u n g gerade als Vehikel zur Uberwindung des durch das Recht ungünstig organisierten Entscheidungsgefüges versteht, bleibt i h m als Maßstab nur die Rationalität der politisch-administrativen Entscheidungsprozesse. Ausdrücklich w i r d die positive Ableitung der Forderung nach M i t w i r k u n g aus den Verfassungsgeboten als die Rationalität der Entscheidungsfindung empfindlich beeinträchtigend zurückgewiesen; verfassungsrechtliche Prinzipien haben überwiegend nur eine selektive, mögliche Beteiligungsformen ausschließende Funktion 4 1 . M i t diesem Postulat überzieht Roters die grundsätzlich berechtigte Zurückhaltung gegenüber der Ableitung einzigrichtiger organisatorischer Lösungen aus hochstufigen verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen jedoch beträchtlich. Er vernachlässigt dabei die Direktivfunktion der verfassungsrechtlichen Aussagen über die Grundeinheiten des politisch-administrativen Systems. Speziell i m Hinblick auf A r t . 28 I I GG interpretiert er das — innerhalb von Aufgabenverflechtungen sicherlich schwierige — Element der Eigenverantwortlichkeit' völlig aus der Verfassung hinaus und hält A r t . 28 I I GG wegen der Verwendung dieses Elements für widersprüchlich und inkonsistent 4 2 . Daß damit A r t . 28 I I GG letztlich gehaltlos und leerlaufend w i r d und deshalb keinen Maßstab für die Konstruktion von konkreten Mitwirkungsverhältnissen abgeben kann, ist immanent folgerichtig, zugleich aber nur die Konsequenz einer überzeichneten Interpretation und der vorschnellen Resignation vor den Schwierigkeiten, schwerpunktmäßig die Dominanz örtlicher oder überörtlicher Bezüge festzustellen. Die Ergänzung des arbeitsteilig-punktuell organisierten Entscheidungsgefüges durch M i t wirkungsbefugnisse kann sich nicht nur nach allgemeinen und i m einzelnen variationsfähigen Rationalitätserfordernissen einer günstigen Entscheidungsstruktur richten, sondern Politikverflechtung und ihre 40 41 42
Kommunale M i t w i r k u n g , S. 54, 65 ff. Ebd., S. 67. Ebd., S. 31 ff.
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Organisation muß sich auch nach der grundsätzlich verfassungsrechtlichen Gewichts- und Rollenverteilung zwischen den Grundeinheiten Bund, Länder und Gemeinden richten. Darauf kommt auch Roters i n Abweichung von der pointierten grundsätzlichen Aussage i n der weiteren Durchführung seines Ansatzes zurück, wenn auch i n einer insgesamt verkürzten Perspektive. Roters bewertet nämlich die i m einzelnen aufgezählten theoretisch denkbaren Mitwirkungsformen insbesondere unter dem Gesichtspunkt, ob i n ihnen die typischen Funktionen der kommunalen Selbstverwaltung i m »System4 der öffentlichen Verwaltung angemessen zur Geltung kommen. M i t diesem ,Grundsatz 4 der kommunalfreundlichen Organisation 43 des Planungssystems von Bund und Ländern insgesamt rekurriert Roters damit doch auf die der Mitwirkungsproblematik vorgelagerte Frage: vor der Festlegung von einzelnen Mitwirkungsrechten ist nämlich die auch verfassungsrechtlich determinierte organisatorische Grundstruktur der Administration und die i h r entsprechende Grundordnung i m Planungssystem zu bestimmen. Dieser notwendige Z w i schenschritt kommt bei Roters trotz einiger beachtlicher Erkenntnisse entschieden zu kurz. Indem er i h n nur einschubweise als Vorfrage der kommunalen M i t w i r k u n g thematisiert, verengt er hier den allgemeinen Problemansatz entscheidend. Die organisatorische Grundstruktur der gesamten Administration sowie der planerischen Zusammenhänge i n Planungssystemen kann nämlich nicht allein nach dem Maßstab kommunalfreundlicher Organisation beurteilt werden, sondern hier sind vor allen Argumenten einer Organisations,freundlichkeit 4 zugunsten des Bundes, der Länder oder der Kommunen 4 4 zunächst deren grundsätzliche Rolle und ihr jeweiliges spezifisches Gewicht i m Gesamtsystem zu bestimmen. Die Forderungen nach Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten als zunächst formale Prinzipien, die Einflußchancen von n u l l bis hundert Prozent eröffnen können, bedürfen einer Grundlage, damit jeder Partner als eigenständiger und eigengewichtiger Faktor seinen Part innerhalb der M i t - u n d Zusammenwirkung spielen kann. Ohne Festlegung von Aufgabenschwerpunkten und ohne die Zuweisung 43
Ebd., S. 101 ff.; der Formenbestand gemeindlicher M i t w i r k u n g ist auf S. 68 ff. ausführlich u n d übersichtlich entwickelt. Daß gemeindliche M i t w i r k u n g ein koordiniertes Planverhalten v o n B u n d u n d Ländern voraussetzt, w e n n sie eine gewichtige Rolle für die Selbstverwaltung haben soll, ist S. 94, 102 ff. zutreffend herausgestellt; zu wenig w i r d jedoch das ebenso wichtige Postulat herausgearbeitet, daß die Gemeinden selbst planungsfähig sein müssen; dazu unten C 1 1 u n d 4. 44 Der Begriff der kommunalfreundlichen Organisation ist w i e sein literarischer Vorgänger, der Grundsatz des kommunalfreundlichen Verhaltens (dazu umfassend L. Machers gleichnamige Schrift) ersichtlich dem Begriff des bundesfreundlichen Verhaltens nachgebildet, dem zur A b r u n d u n g der des landesfreundlichen Verhaltens zur Seite gestellt werden kann.
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von Inhalten an jede Ebene, i n denen die betreffende administrative Grundeinheit primär zuständig ist, bleibt die Mitwirkungskonzeption und bleiben Mitwirkungsrechte formal und ohne inhaltliche Basis 45 . Dies führt zum oben formulierten Ausgangsproblem, zur Fragwürdigkeit des der Verfassung zugrunde liegenden primären Verteilungsmusters nach Sachmaterien zurück. Den Schwierigkeiten dieses Problems entgeht man nicht dadurch, daß man die Verteilung von A u f gaben als zweitrangige Frage behandelt und beiseiteschiebt und sich primär auf die Ausgestaltung von Mitwirkungsrechten konzentriert 4 6 , sondern ihnen w i r d man nur gerecht, wenn man sich u m ergänzende oder ersetzende Möglichkeiten der Aufgabenverteilung bemüht. C. Die Konstruktion von Planungssystemen nach dem Rahmen-Ausfüllungs-Modell
I. 1. Als alternatives Prinzip für die grundsätzliche Aufgabengliederung und Kompetenzzuweisung deutet sich die Unterscheidung nach der Regelungsintensität i m Schema Rahmen-Detail an. G. Kisker 47 hat jüngst i n Aufarbeitung und Fortführung von Überlegungen der Enquete-Kommission Verfassungsreform 48 dieses Verteilungsmuster für das Bund-Länder-Verhältnis, sowohl für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen als auch für den Planungsbereich, ausführlich und gerade als grundsätzliche Alternative zur bisherigen Verteilung nach Sachmaterien diskutiert. Dieses Modell verdient eingehende Überle45
I m K o n t e x t seiner sehr stark abstrahierenden Überlegungen, die zwar für die Problemformulierung fruchtbar sind, jedoch bei der Problembehandl u n g weiter konkretisiert werden müßten, glaubt Roters als »Funktionen 4 der Gemeinden n u r noch 2 relativ abstrakte Bestimmungen treffen zu k ö n nen, nämlich zum einen die F u n k t i o n der Legitimationsbeschaffung f ü r gemeindliche Planungsentscheidungen, u n d zum anderen die kommunale I n n o vationsfunktion i n der Rückmeldung der Erfahrungen bei der Durchführung konditionaler Programme an die zuständigen Gesetzgeber, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 46 ff. Daß v o n diesen systemtheoretisch formulierten Funktionen k e i n direkter Weg zur Bestimmung v o n Aufgaben bzw. Aufgabenschwerp u n k t e n führt, liegt auf der Hand. 46 E i n weiterer Nachteil sowohl des Kompensations- als auch des M i t w i r kungsansatzes ist es, daß die Überlegungen erst eingreifen, w e n n Aufgabenwanderungen oder -Überlagerungen stattgefunden haben, ohne gegenüber diesen Prozessen, die i m Einzelfall sicherlich K r i t i k verdienen (können), argumentationsfähig zu sein. 47 Neuordnung des bundesstaatlichen Kompetenzgefüges u n d B u n d - L ä n der-Planung, Der Staat Bd. 14 (1975), S. 185 - 192, 194 ff. 48 Vgl. Zwischenbericht der Enquete-Kommission Verfassungsreform, B T Drs. VI/3829, S. 51 f. (Teil I, Abschnitt V Ziff. 3.5.4 zum Planungsbereich) u n d S. 60 (Teil I, Abschnitt V I Ziff. 3.2.1 zur Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen). Dazu u n d zu den weiteren Beratungen der Kommission Kretschmer, i n : Schäfer (Hrsg.), Schwerpunkte i m Kräftefeld zwischen B u n d u n d Ländern, S. 126 ff. u n d der ganze Beitrag S. 97 ff. sowie Schlußbericht der Kommission, BT-Drs. 7/5924, S. 127, 129 f., 131 f. (Kap. 9, Ziff. 4.1.1, 5, 5.3.3. 10*
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gungen und empfiehlt sich als Grundmuster wegen seiner großen Variationsfähigkeit, Anwendungsbreite und wegen der Möglichkeit der Wiederholung des Musters; das Modell ist nicht auf die Strukturierung von planerischen Zusammenhängen beschränkt, wenn es auch i m Planungsbereich sein reichhaltigstes Material findet. I n kurzen oder inhaltlich stark durchprogrammierten Handlungsketten bleibt zur Ausfüllung eines Rahmens nur die Ausführung oder i m Extremfall die w e i t h i n gebundene Subsumtion. Angewendet auf längere Handlungsketten, z.B. auf die gesamte Abfolge vertikaler Beziehungen i n der Landesplanung, ermöglicht dagegen der »Rahmen4 der zentralen Landesplanung der »Detaillierung 4 durch die Regionalplanung immer noch den Charakter einer komplexen Planung, und diese kann wiederum als ,Rahmen 4 für das ,Detail 4 der kommunalen Planung fungieren. Diese gravierenden Unterschiede gilt es zu beachten, wenn man unter dem abstrakten Gesichtspunkt einer formalen Strukturgleichheit das Verhältnis von Rahmengesetz und ausführendem Landesgesetz vergleicht m i t Differenzierungen nach dem Schema Rahmen-Detail i m Verhältnis zweier Planungen zueinander 49 , die i m folgenden allein interessieren sollen. Angesichts der Weite der planerischen Zusammenhänge, bei denen für die nachgeordneten Ebenen typischerweise erhebliche Spielräume bleiben, empfiehlt es sich, terminologisch den mißverständlichen Begriff ,Detail 4 zu vermeiden und von der »Ausfüllung 4 des Rahmens zu sprechen. 2. Das Schema Rahmen-Ausfüllung ist das adäquate Muster für die Aufgabenverteilung bei inhaltlicher Überschneidung. Bei seiner A n wendung zwingt das Faktum der Politik- und Aufgabenverflechtung nicht zur Resignation gegenüber der Möglichkeit kompetenzieller Trennung. Gerade wenn immer mehr Aufgaben sowohl örtliche wie auch überörtliche Bezüge haben 50 , darf diese ,breite Zwischenzone 4 von Aufgaben nicht unstrukturiert bleiben, wenn die verfassungsrechtlich gewollte Rolle der relativen Eigenständigkeit von Kommunen erhalten bleiben oder gesichert werden soll. Die Anstrengung von Differenzierungen muß deshalb unternommen werden. Damit w i r d keineswegs die oben als unmöglich bezeichnete Abgrenzung von örtlichen und über49 Parallelen werden gezogen von Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 75 f.; Kisker, Der Staat Bd. 14 (1975), S. 187 ff.; M. Bullinger, Die Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung, D Ö V 1970, S. 772. Deshalb k a n n m a n den bei der Rahmengesetzgebung anerkannten Satz, daß einzelne ,Rahmen'regelungen i m Durchgriff u n m i t t e l b a r geltendes u n d deshalb v o l l konkretisiertes Recht sein dürfen, nicht ohne weiteres auf planerische Beziehungen übertragen; bedenklich deshalb Stern ! Burmeister, Landesplanerisches Planungsgebot, S. 10. 50 Die Kategorien der eindeutig u n d v o l l örtlichen Angelegenheiten u n d der eindeutig u n d v o l l überörtlichen Angelegenheiten können jedoch nicht von vornherein verabschiedet werden.
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örtlichen Angelegenheiten unter anderem Vorzeichen gefordert. Es geht nicht darum, jede einzelne Aufgabe als örtliche oder überörtliche Angelegenheit zu qualifizieren oder bei jeder Aufgabe den Versuch zu unternehmen, streng nach örtlichen und überörtlichen Bezügen zu unterscheiden. Zumal bei der Konturierung von Planungsebenen i n einem Planungssystem nach dem Schema Kähmen-Ausfüllung kommt es nicht darauf an, daß bei der einzelnen Ebene jeweils eine Fülle von i m einzelnen unverbundenen Partikeln von örtlichen oder überörtlichen Bezügen angehäuft werden; i m Gegensatz zur minuziösen Abgrenzung von Einzelmaterien geht es hier u m die Konstruktion relativ breiter, zusammenhängender Handlungsräume, die konzeptionelles Handeln ermöglichen. Für die Zuordnung zur Planungsebene der Kommunen ist deshalb unter dem hier paradigmatisch geprüften verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des A r t . 28 I I GG einerseits nicht jede örtliche Angelegenheit (oder örtliche Bezug) von Bedeutung 5 1 ; andererseits kommen aber auch nicht nur örtliche Angelegenheiten (oder Bezüge) i n Frage. I m Interesse breiter Handlungsfelder können deshalb i n Einzelfällen sowohl dem Schwerpunkt nach örtliche Angelegenheiten nach oben gezogen werden als auch umgekehrt suboptimale Ergebnisse i n der Berücksichtigung der überörtlichen Belange durch die schwerpunktmäßige Zuordnung der Aufgabenwahrnehmung nach unten akzeptiert werden 5 2 . Natürlich ist unter den gegenwärtig vorherrschenden Zentralisierungstendenzen die bewußte Gegensteuerung i. S. der 2. A l ternative praktisch wichtiger als die Legitimierung der sowieso sich vollziehenden ersten Variante. 3. Für verfassungsrechtliche Erörterungen verdient hervorgehoben zu werden, daß den verfassungsrechtlichen Normen bei der Strukturierung von Aufgabenverflechtungen eine andere Rolle zukommt als bei der Abgrenzung von autonomen Kompetenzräumen. I n die Problemzusammenhänge ,künstlich* Differenzierungen einzubauen, ist i n einem gesteigerten Maße eine positive Konstruktionsaufgabe, die an zahlreichen Stellen die Notwendigkeit einer positiven Entscheidung begründet. Diese Entscheidungsbedürfnisse kann die Verfassung selbst nicht annähernd i m einzelnen erfüllen und abarbeiten; dem einfachen Gesetzgeber fällt deshalb notwendigerweise eine gewichtige Rolle zu 5 3 , nämlich die Ausgestaltung i n einer relativ breiten Zone 54 . 61 Deshalb ist eine Grundverteilung der Aufgaben nach Schwerpunkten der örtlichen oder überörtlichen Bezüge möglich (entgegen Roter s, S. 63), dies u m so mehr, als es m i t dieser Grundverteilung nicht zu Ende ist, sondern Mitwirkungsrechte u n d Kooperationsverhältnisse dazukommen. 52 So auch Kisker f ü r das Bund-Länder-Verhältnis, Der Staat 14 (1975), S. 191. 53 Anders beim Bereichsdenken, das der überkommenen Vorstellung v o n getrennten, autonomen Handlungs- u n d Kompetenzräumen zugrunde liegt.
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F ü r die I n t e r p r e t a t i o n v o n V e r f a s s u n g s n o r m e n , e t w a des A r t . 28 I I G G i m H i n b l i c k auf die K o n s t r u k t i o n v o n planerischen Zusammenh ä n g e n z w i s c h e n L a n d u n d K o m m u n e n , ist deshalb v o r d e r Ü b e r a n s t r e n g u n g i h r e s G e h a l t s z u w a r n e n , also v o r d e m Versuch, e i n z i g r i c h t i g e L ö s u n g e n aus d e r V e r f a s s u n g a b l e i t e n z u w o l l e n 5 5 . Schließlich g e h t es b e i d e r K o n s t r u k t i o n v o n p l a n e r i s c h e n Z u s a m m e n h ä n g e n z w i schen L a n d u n d K o m m u n e n n i c h t n u r u m d e n S i n n g e h a l t d e r k o m m u nalen Selbstverwaltung, nicht allein u m die Optimierung k o m m u n a l f r e u n d l i c h e r O r g a n i s a t i o n s e l e m e n t e , s o n d e r n u m d e n A u s g l e i c h der k o m m u n a l e n E i g e n s t ä n d i g k e i t , d e r L ä n d e r s e l b s t ä n d i g k e i t , sozialstaatl i c h m o t i v i e r t e r Steuerungsansprüche u m d e r G l e i c h w e r t i g k e i t der L e b e n s v e r h ä l t n i s s e w i l l e n u s w . B e i dieser K o n s t r u k t i o n s a u f g a b e — a b gesehen v o n äußersten G r e n z e n — e i n z i g - r i c h t i g e L ö s u n g e n aus der V e r f a s s u n g a b l e i t e n z u w o l l e n , hieße d e n K o m p l e x i t ä t s g r a d d e r e r f o r d e r l i c h e n E n t s c h e i d u n g e n drastisch z u unterschätzen. D i e G l a u b w ü r d i g k e i t u n d N a c h v o l l z i e h b a r k e i t verfassungsrechtlicher A r g u m e n t a t i o n ist e r h e b l i c h i n F r a g e gestellt, w e n n aus d e r I n t e r p r e t a t i o n u n d A b w ä g u n g einer Reihe v o n hochstufigen u n d generellen Verfassungsprinzipien sehr k o n k r e t e F o l g e r u n g e n u n d Einzelergebnisse als z w i n g e n d g e b o t e n b e h a u p t e t w e r d e n 5 6 . Ebenso d ü r f t e d i e Suche nach e i n e r g e n e r e l l e n Z u m Bereichsdenken gehört die Vorstellung der Ausgrenzung, hier der ö r t lichen Angelegenheiten aus der Fülle der staatlichen Aufgaben. Die Vorstell u n g der Ausgrenzung autonomer Bereiche setzt jedoch — w i e bei der klassischen liberalen Grundrechtstheorie — die Möglichkeit scharfer Trennu n d Grenzlinien voraus, hier die exakte Bewertung, ob eine Aufgabe schon überörtlicher N a t u r oder (gerade noch) nicht ist. Bei dieser Bewertung steht dem Gesetzgeber nach dem traditionellen Verständnis k e i n Spielraum zu; er k a n n den I n h a l t der »örtlichen 4 Angelegenheiten nicht konstitutiv bestimmen — ebensowenig w i e i m Grundrechtsbereich der I n h a l t des auszugrenzenden Bereichs nach dem liberalen Verständnis zur Disposition des Gesetzgebers steht (weshalb A r t . 14 I 2 GG u n d eventuell auch der ,Regelungs'vorbehalt des A r t . 12 I G G Ausnahmen sind). Der »lapidare Verfassungssatz* (Forsthoff) k a n n n u r die Aufgabe der negativen Grenzziehung alleine übernehmen, nicht aber die positive Ausgestaltung. 54 Vgl. auch Göb u. a., Kreisentwicklungsplanung, S. 56 f. 55 Das Dogma v o n der Möglichkeit einzig-richtiger Lösungen f ü h r t gerade bei gehaltsarmen (verfassungs)rechtlichen Formeln notwendigerweise zu gravierenden Funktionsverschiebungen zwischen (Verfassungs)Gerichtsbarkeit u n d Gesetzgeber bzw. V e r w a l t u n g : w i r d nämlich die Konkretisierung einer inhaltlich gehaltsarmen Formel, w i e so oft, der »Interessenabwägung i m Einzelfall· überwiesen, dann bringt das Dogma der einzig-richtigen L ö sungen die Rechtsprechung i n die Rolle des wichtigsten Konkretisierungsorgans, u n d zwar nicht n u r i m Einzelfall, sondern i n rechtsbildender Weise i m Sinne der Erarbeitung v o n Fallgruppen. I n exemplarischer Konsequenz ist dieser Ansatz durchgeführt bei Weitzel, Anpassung, Konkretisierung u n d Ermessen i m Planungsrecht, D Ö V 1971, S. 842, 848 (ganz deutlich i n den Thesen). 56 Dafür gibt es zwar gerade i n neuerer Zeit eine Reihe — nicht nachahmenswerter — Vorbilder, so die fein differenzierende Quantifizierung der Abstimmungsregeln i n den Hochschulen als i n A r t . 5 I I I GG enthalten oder
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Formel, die den Sinngehalt der kommunalen Selbstverwaltung i n den Zusammenhängen der Aufgabenverflechtungen zusammenfassend ausdrücken soll, zum Scheitern verurteilt sein. Verfassungsrechtliche A r gumentation findet hier ihre angemessene Bedeutung weder i n der nur scheinbar stringenten Ableitung einzig-richtiger Lösungen noch allein i m Rückzug auf die verfassungsrechtlich unbestrittene ,letzte 4 Auffanglinie, sondern i n der Offenlegung der gesetzgeberischen Ausgestaltungsspielräume und i n der Bewertung von alternativ möglichen Lösungen als entweder kommunalfreundlich oder landes(bundes)freundlich. 4. Bei der Abgrenzung nach der unterschiedlichen Regelungsintensität von Planungen besteht ersichtlich das entscheidende Problem darin, zu verhindern, daß alles Wesentliche zum ,Rahmen 4 gezogen w i r d und nur noch Unbedeutendes zur Ausfüllung und Ausführung übrig bleibt. Gerade bei den auf inhaltliche Koordination und Integration angelegten planerischen Zusammenhängen ist diese Tendenz, die man auch als die Anziehungskraft der größeren Planung beschrieben hat 5 7 , besonders groß. I h r ist nicht durch eine quantitative Betrachtung, durch die Forderung nach Anhäufung von einzelnen Ausführungskompetenzen zu begegnen, sondern durch die Sicherung eines sachlich breit angelegten Spielraums für eigene planerisch-konzeptionelle Überlegungen. Der strategische Punkt ist die Grundverteilung der Planungssubstanz i n einer Weise, daß die oben 58 geschilderten positiven Funktionen der Beziehung Plan-Plan zwischen relativ eigenständigen Planungsträgern zustande kommt. Oben ist ausführlich dargelegt worden, daß die argumentative Konfrontation von abgestimmten Konzepten untereinander, zumal von Konzepten der gleichen Planungsart, die größten Chancen zur Geltendmachung der Belange eines nachgeordneten Planungsträgers bietet. Dies gilt zum einen innerhalb des planerischen Gegenstromverfahrens bei der Aufstellung der übergeordneten Planung, i n der die künftigen Vorgaben gegenüber der nachgeordneten Ebene von der Basis eines abgestimmten Konzepts her beeinflußt werden können. Zum anderen eröffnet die Notwendigkeit, die Planungsbereiche der beiden Ebenen positiv zu umschreiben und — auch durch gesetzliche Regelungen — zu konturieren, die Chance, den Bereich der übergeorddie angebliche verfassungsrechtlich gebotene Notwendigkeit, daß auch der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende i n einem der Mitbestimmung u n terliegenden Unternehmen wegen A r t . 14 GG ein Vertreter der Kapitalseite sein müsse. 57 Püttner / Schneider, Stadtentwicklungsplanung u n d Kreisentwicklungsplanung, 1974, S. 5, i n Variierung des bekannten Satzes von Popitz von der Anziehungskraft des größeren Haushalts, dazu auch Hettlage, W D S t R L 31 (1973), S. 103. 58 Vgl. § 11.
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neten Ebene zu begrenzen und damit den Gestaltungsraum für konzeptionelle Überlegungen der nachgeordneten Ebene funktionsgerecht zu bestimmen. Die Voraussetzungen 59 für die positiven Chancen der Beziehungen von zwei Planungen i n einem Planungssystem sind die Begrenzung des Durchgriffs auf die Ausfüllungsplanung und das Zurückdrängen von sektoralen Einzelzugriffen 60 . Deshalb sind grundsätzlich ,ungestufte Fachplanungen' problematisch; ihre Nachteile für die konzeptionellen Spielräume der Gemeinden potenzieren sich, wenn mehrere Fachplanungen direkt auf relativ konkrete Festlegungen durchgreifen, ohne untereinander abgestimmt zu sein. Die unkoordinierte ,Plänewirtschaft' und unabgestimmte Einzelmaßnahmen auf der (den) übergeordneten Ebene(n), überhaupt mangelnde Transparenz i n den planerischen Zusammenhängen sind für die Gemeinden — als Exempel für die nachgeordnete Ebene — gravierende Störfaktoren für ihre eigene Planungsfähigkeit. Sektorale Fachplanungen und Einzelfestlegungen bzw. Zweckzuweisungen sollen deshalb gerade auch i m Interesse der nachgeordneten Ebene an sachlich breite, jgesamtplanerische' Konzepte inhaltlich gebunden sein, zumal dann wenn sie relativ detailliert durchgreifen, was nicht immer auszuschließen sein wird. Es wäre ein verfehlter, weil gegen die Realität der etablierten Fachplanungen anlaufender Ansatz, die Chancen der kommunalen Selbstverwaltung i n einem Planungsdefizit bei den übergeordneten Ebenen suchen zu wollen 6 1 ; notwendig ist statt dessen Transparenz und Stärkung der Planungsfähigkeit der Gemeinden. Für das ,gesamt'planerische Planungssystem der Landesplanung als (derzeitigem) Kerngerüst planerischer Verflechtungen i n den einzelnen Ländern ist gerade wegen dieser zentralen Funktion die Begrenzung der staatlichen Planungsebene auf — ausreichende Alternativen und Spielräume offenlassende — Rahmenregelungen besonders wichtig; darauf ist sogleich (II.) zurückzukommen. Werden die Chancen zur Begrenzung der übergeordneten Ebene auf den Rahmencharakter genutzt und sind sie realisierbar, dann erhält die nachgeordnete Ebene — i m vorliegenden Zusammenhang die Gemeinden — eine Basis, von der aus die Wahrnehmung einzelner M i t w i r 59 Vgl. dazu besonders Roters, K o m m u n a l e M i t w i r k u n g , S. 102 ff., dessen Ausführungen zur ,kommunalfreundlichen Planungsorganisation' sich w e i t gehend m i t dem folgenden generalisierenden Text decken. 60 Vgl. Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 143 f. unter Verweis auf O V G Lüneburg, U. v. 4. Nov. 1970, DVB1. 1971, S. 320: eine überörtliche Plan u n g ist rechtswidrig, w e n n die Gemeinde ζ. B. durch einen Planfeststellungsbeschluß aufgrund eines Fachplanungsgesetzes einer »inhomogenen Entwicklung* ausgesetzt w i r d . 81 So treffend Roters, S. 94; vgl. auch Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 547: Eine Ausweitung abgestimmter Planung k a n n also die Rechtsstaatlichkeit erhöhen. Rechtsstaatswidrig dagegen ist planerischer Wildwuchs.
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat u n d Gemeinden
kungs- und Beteiligungsrechte eine erhöhte Chance der Beachtung und der Einflußnahme erhält. Unter der Voraussetzung, daß sich dabei ein funktionsgerechter Spielraum für eigenes konzeptionelles Handeln ergibt, läßt sich auch das verfassungsrechtliche Element der ,Eigenverantwortlichkeit* der Gemeinden i m Kontext von Aufgabenverflechtungen rekonstruieren, natürlich nur i n einem neuen und erheblich gewandelten Verständnis, wobei hier nicht darüber gestritten werden soll, ob die Vorstellung einer »Eigenverantwortlichkeit* i m Verhältnis der M i t verantwortung nur eine paradoxe Formulierung oder eine sachliche Uberstrapazierung der Β edeutungsVarianten von Eigenverantwortlichkeit ist. Entscheidend ist vielmehr folgendes: Die Ablösung des traditionellen, auf Autarkievorstellungen bezogenen Verständnisses der ,Eigenverantwortlichkeit* des A r t . 28 I I GG durch das funktionelle Selbstverwaltungsverständnis bedeutet nicht notwendigerweise, daß i n den Aufgabenverflechtungen jede oder jede gewichtige Eigenständigkeit der Gemeinden ausgeschlossen wäre. I I . Die räumliche Planung (und die entwicklungsplanerischen A n sätze) als derzeitiger K e r n ,gesamt*planerischer Bemühungen haben sich als ein wichtiges Feld erwiesen, auf dem entschieden wird, ob trotz der starken Aufgabenverflechtungen die relative Selbständigkeit von nachgeordneten Planungsebenen, hier der Gemeinden, erhalten bleiben können und ob Distanz zwischen den Ebenen möglich bleibt. Wenn i n diesem Planungssystem nicht genügend Planungssubstanz für die Gemeinden gesichert ist, dann sind die Chancen für ihre relative Eigenständigkeit insgesamt sehr skeptisch zu beurteilen. Die Ausgangslage scheint für die Gemeinden durch die Zuerkennung der sogenannten Planungshoheit i n § 2 1 BBauG und durch die von der h. L . auch für die Flächennutzungsplanung vertretene Absicherung dieser Position als Bestandteil des Kerngehalts des A r t . 28 I I GG günstig zu sein. Die Bauleitplanung gehört danach zum Kernbereich, w e i l „ m i t der Entscheidungszuständigkeit über die Verwendung des Grund und Bodens unauflöslich die Bestimmungsmacht über Ortsstruktur und -typus verquickt ist** 62 , und die kommunale Selbstverwaltung hat Planungssub62 Stern, B K , Zweitbearb., A r t . 28, Rdnr. 100; Stern / Burmeister, Landesplanerisches Planungsgebot, S. 17 f., 28, m i t zahlr. Nachw.; ff. Schnitze, Raumordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 75 ff.; vgl. auch als Beispiel einer emphatischen, aber letztlich gehaltlosen Formel Püttner ! Schneider, S. 23: ,es ist k a u m eine örtlichere Angelegenheit denkbar als das Recht zur eigenen planerischen Gestaltung der örtlichkeit 4 . — M i t beachtlichen Gründen anderer Auffassung f ü r die Flächennutzungsplanung Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 123 - 136 u n d ders., i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 141-147; ders., DVB1. 1975, S. 9; Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung, S. 75 ff.; dagegen wiederum Püttner / Schneider, Stadtentwicklungsplanung und Kreisentwicklungsplanung, 1974, S. 19 ff.
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stanz, weil und soweit sie über Ortsstruktur und -typus bestimmen kann. Demgegenüber betont Badura zu Recht schon i m Ansatz die begrenzte Selbständigkeit der ,durch Einfügung und Zusammenwirken 4 bestimmten gemeindlichen Planungshoheit 64 , damit zugleich den Kern der rechtlichen Problematik i n den Mittelpunkt rückend. Die konkrete Umschreibung der ,begrenzten Selbständigkeit 4 ist der Testfall für die juristische Bewältigung der planerischen Zusammenhänge i m Planungssystem, insbesondere für die Frage, ob rechtliche Normen und Argumentationsmuster zur Begrenzung der Landesplanung auf ein Niveau beitragen können, das den Namen Rahmenplanung verdient und genügend Spielraum läßt. Überprüft man unter diesem Gesichtspunkt das reichhaltige Schriftt u m zum Verhältnis von Landesplanung und kommunaler Selbstverwaltung 6 5 , so ist der Gesamteindruck enttäuschend: Weithin bestimmen Globalformulierungen das Feld: I n immer neuen sprachlichen Variationen finden sich zwei Argumentationsmuster. Beim einen w i r d apodiktisch gesagt, daß die kommunale Planungshoheit durch die Landesplanung gar nicht beeinträchtigt sein könne, w e i l diese definitionsgemäß überörtlichen Charakter habe 66 . Die andere Argumentation räumt Einschränkungen der kommunalen Planungshoheit durch die Landesplanung ein, bestimmt aber deren Grenzen nur durch pauschale Formeln von der A r t : die Ortsplanung dürfe nicht zur weisungsgebundenen Vollzugsinstanz der Landesplanung werden 6 7 , es müsse Raum 63 I n den generalisierenden Umschreibungen der kommunalen Planungshoheit werden diese Einschränkungen bezeichnenderweise übergangen; i n ihnen ist auch k e i n Hinweis auf die landesplanerischen Funktionsund Typusbestimmungen v o n Gemeinden enthalten, die sich i n Regionalplänen f ü r die kleineren Gemeinden bis zu Aussagen über die F u n k t i o n als F r e m denverkehrs·, Wohn-, Gewerbegemeinde u. ä. verdichten, dazu unten § 24 I I 3. 84 I n : FS W. Weber, S. 915 ff., 937 ff.; vgl. auch die Formulierung v o n H. Schultze, Raumordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 78: ,Das Recht, Bauleitpläne aufzustellen u n d die Pflicht, sie den Zielen der Landesplanung anzupassen, macht erst zusammen den Umfang der Bauleitplanung als Angelegenheiten der öffentlichen Gemeinschaft 1 aus. 85 Ausführliche Überblicke bei H. Schultze, Raumordnungspläne u n d k o m munale Selbstverwaltung, S. 41 ff., 75 ff.; Frühen, Rechtsfragen der Landesplanung i n N W , S. 145 ff.; Motyl, Die Gemeinden i n der Landesplanung, S. 79 ff., 89 ff. u n d Rutkowski, Einfluß der Regionalplanung auf die gemeindliche Bauleitplanung, S. 103 - 133. 86 Nouvortne, i n : Verfassungs- u n d Verwaltungsprobleme der Raumordnung, S. 41, 43, 46; Niemeier / Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, S. 66; Hohberg, Recht der Landesplanung, S. 34. — Diese überholte A r g u mentation k a n n sich vordergründig auf BVerfGE 3, 407 (423 ff.) stützen, wo heute i n manchen Punkten ,archaisch anmutenden 4 terminologischen Festlegungen (Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 123, auch S. 110) scheinbar klare Abgrenzungen zwischen der definitionsgemäß ,überörtlichen* Landesplanung u n d der örtlichen Bauleitplanung u m schrieben wurden.
§ 12 Planerische Verflechtungen zwischen Staat u n d Gemeinden
für eigenverantwortliche Gestaltung bei der Gemeinde bleiben 6 8 , die Landesplanung dürfe ihren Rahmencharakter nicht verlassen 69 , eine umfassende und ins einzelne gehende Festlegung nahezu aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sei unzulässig 70 , der Raumordnungsplan dürfe das Gemeindegebiet nicht insgesamt verplanen 7 1 ' 7 2 . Dagegen fehlen weithin konkrete Angaben oder Ansätze zur Konkretisierung dessen, was i m einzelnen Inhalt der Landesplanung, was der Gehalt der ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' sein darf. Dieses Ergebnis ist nicht überraschend; es ist die direkte Folge davon, daß sich das bisherige Schrifttum kaum m i t den konkreten Inhalten der landesplanerischen Pläne beschäftigt, abgesehen von einigen verdienstvollen Ausnahmen i n der Dissertationsliteratur 73 . Insgesamt gesehen besteht insoweit ein großer Nachholbedarf. Erst wenn sich die verwaltungsrechtliche Dogmatik auf die konkreten Inhalte der Programme und Pläne ausführlich eingelassen hat, kann sachhaltig über den ,Rahmen'charakter der Landesplanung und über die Konzept- und Planungsfähigkeit der kommunalen Ebene gesprochen werden. Inzwischen mehren sich die Stimmen i n der Literatur, die gerade die Aufarbeitung dieser Aufgabe fordern, so wenn Badura für die Entwicklungsplanung fordert, daß ihre verwaltungsrechtliche Ausgestaltung die zum staatlichen ,Anteil' zu zählenden übergeordneten landesplanerischen und strukturpolitischen Belange gesetzlich und berechenbar definieren und auf das notwendig gebotene Maß begrenzen müsse, ohne den kommunalen ,Anteil' vollständig i n Beteiligungsrechten und mitgliedschaftlicher Interessenwahrnehmung i m Rahmen der kommunalen ,Interessenverbände' aufzulösen 74 .
87 Stern / Burmeister, Landesplanerisches Planungsgebot, S. 30 m. w . Nachw.; vgl. auch Stern, B K , Zweitbearb., A r t . 28, Rdnr. 100: die landesplanerischen Einschränkungen sind m i t A r t . 28 I I GG vereinbar, w e n n w i r k l i c h überörtliche Gesichtspunkte durchgesetzt werden. 88 Bielenberg, D Ö V 1969, S. 382. 89 Ν au, D Ö V 1962, S. 533; Hendler, Gemeindliches Selbstverwaltungsrecht u n d Raumordnung, 1972, S. 45. 70 Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 215. 71 Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 145. 72 Apodiktisch u n d ohne Begründung ist die Behauptung v o n O. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 76, daß die Landesplanung i n jeder F o r m geeignet ist, die letzte Spur der Gebietshoheit zu vernichten'. 73 ff. Schultze, Raumordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 15 ff., 52 ff., 85 ff.; Rutkowski, Einfluß der Regionalplanung, S. 134 ff.; i n Ansätzen auch Motyl, Die Gemeinden i n der Landesplanung, S. 89 ff., 92 ff. 74 I n : FS W. Weber, S. 931; schon Oberndorfer, Die V e r w a l t u n g Bd. 5 (1972), S. 268, hat als aktuelles Hauptproblem der Raumordnung die K o o r dinierung der verschiedenen Planträger u n d die Abgrenzung ihrer P l a nungsbefugnisse bezeichnet (dazu ietzt ausführlich Fröhler / Oberndorf er,
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Sachzugewandte Konkretheit ist vor allem auch für die Konturierung des Postulats der gestuften M i t w i r k u n g notwendig, das i n besonderem Maße Differenzierungen nach den betroffenen Interessen und nach dem Maß der Konkretheit und Ortsnähe erfordert 7 5 , und zwar sowohl i m Hinblick auf die unterschiedlichen Mitwirkung s formen als auch i m H i n blick auf verschiedene Planungsinhalte. Die i n diesem Abschnitt angesprochenen Probleme der Konstruktion von Planungssystemen i n einer der relativen Selbständigkeit und Eigenständigkeit der beteiligten Planungsträger freundlichen' Organisation lassen sich angemessen nur lösen, wenn die Inhalte der Raumordnungspläne ausführlich analysiert werden. Die vorliegende Arbeit sieht einen ihrer Schwerpunkte darin, diese Planinhalte an einem zentralen raumordnerischen Sachbereich, an den landesplanerischen Konzepten zur Siedlungsstruktur aufzuarbeiten, und zwar unter dem leitenden Gesichtspunkt, wie der einheitliche Gehalt dieser Konzepte auf die Ebenen und Bereiche des landesplanerischen Systems »aufgeteilt' w i r d und dadurch dieses Planungssystem konturiert w i r d . Diesem Programm entsprechend behandelt der 2. Hauptteil die historische Ausbildung, den gegenwärtigen Stand und die Entwicklungstendenzen der landesplanerischen Planungssysteme, der 3. Hauptteil den sachlichen Gehalt der Siedlungsstrukturkonzepte i n Theorie und Praxis und der 4. Hauptteil die konkrete Analyse und K r i t i k der siedlungsstrukturellen Aussage i n den landesplanerischen Planungssystemen von Nordrhein-Westfalen, Hessen und RheinlandPfalz. Zuvor sind die allgemeinen Überlegungen durch einen Überblick über die Grundsätze und Konstruktionselemente von Planungssystemen abzurunden. § 13 Konstruktionselemente und Grundsätze von Planungssystemen I. Rechtsstaatliche Minimalanforderungen an eine Planungsermächtigung hat wiederholt Badura 1 formuliert: Z u diesem M i n i m u m rechnet er jedenfalls die Bestimmung des Planungssubjekts (Zuständigkeit), die Ordnung des Planungsverfahrens, die Definition der Planungsaufgabe und die Aufstellung der für die planerische Abwägung maßstäblichen Grundsätze (Richtlinien für die Ausübung des Planungsermesösterreichisches Raumordnungsrecht, 1975, S. 57 ff.). Vgl. auch Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 545, u n d Laux, Thesen über Autonomie u n d kommunale Selbstverwaltung, Eildienst Landkreistag N W , 1975, S. 255. 75 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 154, angedeutet auch von Stern, Z u r Position der Gemeinden, D Ö V 1975, S. 522. 1 Badura, i n : FS Bay.VerfGH, S. 175; ders., i n : FS W. Weber, S. 924 (für die gemeindliche Entwicklungsplanung); ders., i n : Erichsen/Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1977, S. 304; vgl. auch Fröhler / Oberndorfer, österreichisches Raumordnungsrecht, S. 35.
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sens). Diese Formulierung zeigt, daß die rechtlichen Anforderungen an eine Planungsermächtigung bislang i m wesentlichen für einstufige Planungen, und zwar für relativ vollzugsnahe Planungen formuliert worden sind. Leitbild ist die den einzelnen unmittelbar durch Planungsakte betreffende Bauleitplanung m i t ihrer gesetzlichen Definition der Aufgabe ( § 1 1 BBauG), den Abwägungsgrundsätzen und dem Abwägungsgebot i n § 1 VI, V I I BBauG 1976 und der Verfahrensregelung i n §§ 2 u. 2 a BBauG 1976. Dieses Modell, das sein Zentrum i n den Abwägungsgrundsätzen für das weite planerische Ermessen hat, liegt auch der Definition der Planung als programmierender Gestaltung eines Sachbereichs unter Abwägung und Ausgleichung aller betroffenen Hechte und Interessen und unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände zugrunde 2 . Dieses Modell muß jedoch erweitert werden auf die gestuften Planungen innerhalb der sehr viel weiteren Zusammenhänge von Planungssystemen, i n denen jeder Ebene und jedem Bereich eine partielle Abstimmungsaufgabe zufällt und demzufolge die Berücksichtigung aller für diesen Ausschnitt erheblichen Umstände zur Pflicht gemacht ist. I n diesen weiteren Zusammenhängen ist das planerische Ermessen, wenn man an diesem Begriff festhalten w i l l 3 , nicht nur durch gesetzliche Ermessensdirektiven gebunden, sondern vor allem auch durch planerische Vorgaben der übergeordneten Ebenen und Bereiche 4 . Die weiten Handlungszusammenhänge komplexer Planungen sind hier erneut besonders herausgestellt, weil sie es sind, die die rechtlichen Normierungen vor die neue Ausgangslage stellen. Die am Modell der punktuellen (Vollzugs)Entscheidungen (und ihrer Programmierung) entwickelten Vorstellungen strikter Verbindlichkeit und Geltung sowie vom Vorrang übergeordneter Vorschriften sind hier zu starr; sie sind auf kurze Handlungsketten bezogen. Für die ganz anderen komplexen planerischen Handlungszusammenhänge tauchen deshalb die schon erwähnten ungewohnten Formulierungen von der A r t auf, daß Pläne ,anzupassen', ,zu beachten', aus anderen ,zu entwickeln' oder i n andere ,einzufügen' 5 sind, oder einen vorgeordneten Plan »vertiefen', 2
Badura, i n : Erichsen / Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1977, S. 304, aufgenommen v o n v. Münch, ebd., S. 23. 3 Wenn auch beim ,Planungsermessen' der erweiterte Spielraum gegenüber dem traditionellen »Verwaltungsermessen' betont ist, ist der Begriff angesichts der Weite der Gestaltungsspielräume (etwa auf der zentralen Ebene der Landesplanung) tendenziell überfordert, ebenso w i e bei der Redensart v o m gesetzgeberischen Ermessen'. 4 Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 547: Der planerische Gestaltungsspielr a u m w i r d enger, die höherstufigen Pläne übernehmen einen T e i l der Funktionen des Gesetzes i n Norm-Einzelakt-Schema. 5 Nach dem Regierungsentwurf zur BBauG-Novelle (BT-Drs. 7/2496) sollten sich die Bauleitpläne i n die städtebauliche Entwicklungsplanung, soweit vorhanden, ,einfügen'; i n der endgültigen Fassung des § 1 V B B a u G 1976
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,entfalten' oder ,zugrunde legen' sollen 6 . I n diesen Formulierungen kommt kein starres Entweder/Oder, Geltung entweder des vorgeordneten Plans oder des gebundenen Plans, sondern die (partielle) Ableitungsbeziehung zwischen zwei Plänen zum Ausdruck. I n ähnlich offenen Formulierungen werden als Planungsgrundsätze und allgemeine Ziele abstrakte Gesichtspunkte nebeneinander gereiht, die beachtet ,werden sollen', für die ,Sorge zu tragen' ist, die ,tunlichst' oder angemessen' zu berücksichtigen sind. I n diesen — vordergründig leicht ironisierbaren 7 — Aussagen vermag man dann überhaupt keine rechtlich relevante Normierung, kein normales Gesetz zu entdecken; das nordrhein-westfälische Gesetz zur Landesentwicklung w i r d wegen angeblich rechtlich gehaltloser Formulierungen einer scharfen K r i t i k unterzogen 8 . Diese K r i t i k ist nur als Detailkritik an natürlich immer verbesserungsfähigen Gesetzen richtig; zuzugeben ist auch, daß zu viele Zielkonflikte durch die Anhäufung von Adjektiven wie »angemessen' und ,tunlichst' unentschieden bleiben und der (den) nächsten Entscheidungsebene(n) zugeschoben werden. I m Grundsatz geht die K r i t i k jedoch von falschen Maßstäben aus, da diese Gesetzesbestimmungen gerade nicht Einzelentscheidungen programmieren. Der ganzen Organisation gestufter Planungen liegt die richtige A n nahme zugrunde, daß der Weg von den (obersten) Zielsetzungen zur vollkonkretisierten Einzelentscheidung nicht m i t einem oder zwei Programmierungsakten erfaßt und ausgefüllt werden kann. Deshalb programmieren diese Planungsgrundsätze andere (immer noch komplexe) Planungen, und deshalb normieren die erwähnten Bindungsvorschriften offene und flexible Ableitungen zwischen den einzelnen Planungsstufen. I I . 1. Die Umschreibung der Aufgabe einer Planung (auf einer bestimmten Stufe) ist systematisch eine vorrangige Regelungsnotwendigkeit; gleichwohl bietet sie allenfalls erste Anhaltspunkte für die Inhalte heißt es jetzt n u r noch, daß die Bauleitpläne die Ergebnisse der E n t w i c k lungsplanung zu »berücksichtigen* haben; dazu Battis , Stadtentwicklungsplanung i m Rechtssystem, DVB1. 1976, S. 144 f., 147 f. 6 Nachweise zu diesen insbesondere f ü r das Verhältnis zwischen zentraler Landesplanung zur Regionalplanung verwendeten Ableitungsbegriffen oben § 9 Fn. 10. 7 Vgl. D. Wüke, AöR Bd. 93 (1968), S. 399 ff. nach dem V o r b i l d des Abg. Portzner i n der 3. Lesung zum E n t w u r f des ROG (abgedruckt bei Brügelmann / Cholewa u n d von der Heide, ROG, vor §§ 2, 3 Bern. I I 3 c. — Gleiches gilt für § 1 I V , V B B a u G 1960, i n denen das B V e r w G i n seiner Grundsatzentscheidung i n B V e r w G E 34, 301 (306) k e i n System i n dem Gebrauch der unterschiedlichen Begriffe Bedürfnisse, Belange, Erfordernisse usw. entdecken konnte. 8 Dazu die v o n wenig Verständnis f ü r die Aufgaben des nw. Gesetzes zur Landesentwicklung getragene scharfe K r i t i k von Schulz-Gadow, Das L a n desentwicklungsprogramm von NW, structur 1975, insbes. S. 7 ff.
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der Planungen. Die bekannte gesetzliche Kennzeichnung der Landesplanung als „übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende Planung für eine den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Raumordnung" ( § 2 1 LP1G NW 1962) zeigt dies deutlich. Nicht viel mehr besagte der Leitsatz i n § 1 I BBauG 1960 über den Zweck der Bauleitplanung, „die städtebauliche Entwicklung i n Stadt und Land zu ordnen", wenn man i h n nicht überstrapaziert 9 . Bei diesen Formulierungen sind am ehesten Textänderungen i m Rahmen einer historischen Interpretation als Anhaltspunkte für eine generelle Akzentverschiebung aussagekräftig, so wenn zunehmend i n den Landesplanungsgesetzen bei der Aufgabenumschreibung der Entwicklungsaspekt betont w i r d 1 0 . Wichtiger als die allgemeine Aufgabenumschreibung ist die Anführung der bei der Planung zu berücksichtigenden ,Belange', die Aufzählung der Abwägungsgesichtspunkte. Beides zusammen steckt den Erwägungs- und Handlungsraum einer Planung ab, also die Gesichtspunkte, die der Planungsträger selbst zu beachten hat, unter denen er durch Abwägung Zielkonflikts- und Zielverwirklichungsentscheidungen zu treffen hat. I n diesem Handlungsraum hat der Planungsträger i m Idealfall eine positive Koordination herzustellen. Die Verkehrsplanung ζ. B. hat deshalb nicht bloß eine fachlich engbegrenzte Aufgabe, für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs bei einem geringstmöglichen Finanzierungsaufwand zu sorgen, sondern es ist von vornherein durch die Träger der Verkehrsplanung sicherzustellen, daß durch die Straße keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stande der Technik vermeidbar sind (§ 41 BImSchG). Es genügt nicht, daß die Verkehrsplanung eine verkehrsmäßig optimale Planung aufstellt und sich dann von den zu beteiligenden anderen Behörden unter Umweltgesichtspunkten einiges abhandeln läßt, sondern durch die Regelung des BImSchG ist der Handlungs- und Erwägungsraum der Verkehrsplanung von vornherein erweitert. Die Rechtsprechung nähert sich diesem Problem m i t der problematischen Unterscheidung zwischen sog. Planungsleitsätzen u n d abwägungserheblichen Belangen. Bezogen auf das Beispiel der Verkehrsplanung heißt es i n einem neueren als Grundsatzentscheidung gedachten U r t e i l 1 1 , daß als planerisches 9 Vgl. B V e r w G E 34, 301 (304 f.) u n d die Floatglas-Entscheidung B V e r w G E 45, 309 (312 f.); die i m Leitsatz 2 formulierte Bedeutung des § 1 I B B a u G 1960 als K o n t r o l l n o r m dürfte i m Ergebnis k a u m ins Gewicht fallen; sie w i r d auch i n der Entscheidung selbst (BVerwGE 45, 312 f.) relativiert. Nichts anderes g i l t f ü r die — sachlich erweiterte — Neufassung i n § 1 V I 1 B B a u G 1976. 10 Diese terminologischen Änderungen eilen aber der Praxis der E n t w i c k lungsplanung erheblich voraus, dazu unten § 19 I I .
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Leitziel das eigentliche Z i e l der fernstraßenrechtlichen Planung, nämlich die möglichst optimale E r f ü l l u n g der spezifischen Aufgabe gerade ihres Fachplanungsbereichs zu gelten habe. Der Immissionsschutz ist danach nicht ebenfalls ein Planungsleitsatz, sondern er w i r d als gewichtiger abwägungserheblicher Belang verstanden. I m K l a r t e x t k a n n das n u r heißen, daß der Immissionsschutz als Rand- u n d Nebenbedingung angesehen w i r d . D a m i t ist aber eine äußerst folgenreiche W e r t - u n d Rangentscheidung getroffen, die nicht aus formaler Systematik v o n Planungskategorien, sondern aus der Sache u n d aus den Gesetzen begründet werden muß. U n d insofern spricht § 41 BImSchG gerade dafür, daß die Fernstraßenplanung schon i n i h r e m primären planerischen Ansatz den Immissionsschutz aufnehmen muß. Das Bundesverwaltungsgericht hatte i n dem zitierten U r t e i l auf das Bundesimmissionsschutzgesetz zwar noch nicht einzugehen; es ist jedoch bedauerlich, daß i n einem Grundsatzurteil diese v o n der neueren Gesetzeslage m o d i fizierte Aussage gemacht wurde. Durch formale Argumentation sollte nicht das sowieso schon bestehende starke Übergewicht der fachlichen Gesichtsp u n k t e verstärkt werden, da i m Gesetz hinreichend Anhaltspunkte f ü r eine gleichrangige Behandlung des Immissionsschutzes gegeben sind 1 2 » 1 S . D i e A u f z ä h l u n g v o n ,Belangen' d e f i n i e r t so d e n ( M i n d e s t ) U m f a n g des Planungsbereiches, u m s c h r e i b t also d i e G e s i c h t s p u n k t e , d e r e n V e r n a c h lässigimg ein Abwägungsdefizit begründet. F ü r die vertikale Stufung e i n e r P l a n u n g g i b t sie dagegen i m a l l g e m e i n e n w e n i g h e r ; d e r e n K o n t u r e n w e r d e n d u r c h andere E l e m e n t e u m s c h r i e b e n . 2. Das Interesse d e r rechtswissenschaftlichen L i t e r a t u r a n P l a n u n g s s y s t e m e n g a l t b i s h e r fast ausschließlich d e n Koordinationsklauseln, den Regelungen, d i e d i e r e c h t l i c h e n V e r b i n d u n g s g l i e d e r z w i s c h e n d e n E b e n e n h e r s t e l l e n u n d so ü b e r h a u p t e i n P l a n u n g s s y s t e m als rechtlich geordnete Zusammenhänge konstituieren. A l s a m weitesten entwickeltes N o r m e n s y s t e m h a t i n s o f e r n das landesplanerische P l a n u n g s s y s t e m d i e g r ö ß t e A u f m e r k s a m k e i t g e f u n d e n , w e i l es m i t d e n R e g e l u n g e n 11 Sog. Β 42-Entscheidung, B V e r w G E 48, 56 (dazu Blümel, DVB1. 1975, S. 707 f.) ; zum Problem auch Korbmacher, Straßenplanung u n d verwaltungsgerichtliche Planungskontrolle, D Ö V 1976, S. 3 f. Eine vertiefte Auseinandersetzung m i t den spezifischen Kategorien, die die Planung rechtlich s t r u k t u rieren u n d zugleich ihre Andersartigkeit erweisen, ist enthalten i n Hoppe, Die »Zusammenstellung des Abwägungsmaterials' u n d die »Einstellung der Belange' i n die »Abwägung nach Lage der Dinge' i n der Planung, DVB1. 1977, S. 136 ff. 12 I m Rahmen der Systematik des B V e r w G versteht Korbmacher, ebd., S. 4, § 41 BImSchG als Planungsleitsatz, u n d zwar als einen sog. »externen, w e i l außerhalb des einschlägigen Fachplanungsrechts geregelten Planungsleitsatz. Z u diesen »externen Planungsleitsätzen' schon das Β 42-Urteil (Fn. 11). — Gesetzgebungspolitisch ist diese Regelungstechnik, die die Fachplanungsgesetze inhaltlich unvollständig, aber sektoral homogen sein läßt, problematisch, w e i l sie der sowieso gegebenen selektiven Aufmerksamkeit der j e w e i l i gen Fachleute entgegenkommt u n d sie verstärkt. 13 Z u m Verhältnis v o n Straßenplanung u n d Immissionsschutzrecht das sich als ein aktueller Brennpunkt des Planungsrechts erweist, Korbmacher, D Ö V 1976, S. 1 ff.; Fickert, BauR 1976, S. 1 ff., jeweils m i t weiteren Nachweisen.
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i n § 5 I V ROG, 1 V I BBauG 1976 und den sog. Raumordnungsklauseln der Fachplanungsgesetze rechtlich lückenlos ist, überhaupt das einzige umfassende rechtlich durchkonstruierte Planungssystem darstellt 1 4 . Entsprechend sind auch die Eigenarten planerischer Ableitungsbeziehungen, das Grundverhältnis von rahmenartiger Bindung und weite Spielräume lassenden Anpassungspflichten i m Schrifttum exemplarisch und i n nennenswertem Umfang allein an § 1 I I I BBauG ( = § 1 I V 1976) BBauG diskutiert worden. Die Formel 1 5 von Evers, daß A n passung nicht ein Fall schlichten Normenvollzugs ist, umschreibt das Problem. Die Rechtsprechung und die Literatur zur Anpassungspflicht 1 6 , ebenso wie zum Gebot des § 8 I I BBauG, die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln' 1 7 , geben Anschauungsund Erfahrungsmaterial für die flexiblen Formen planerischer Ableitungsbeziehungen, die für das Verständnis der Klauseln des § 5 I V ROG fruchtbar zu machen sind 1 8 . Zusätzliche Probleme stellen sich i n den weiteren Zusammenhängen der landesplanerischen Planungssysteme aus der Vielzahl der gebundenen Planungsträger: § 5 I V ROG u n d die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften verpflichten alle öffentlichen Verwaltungs- und Planungsträger zur ,Beachtung' der Ziele der Raumordnung und Landesplanung. I n der Abfolge der Konkretisierung und Ausführung der zentralen landesplanerischen Planung ergeben sich dann Kollisions14
So auch Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 12. Das Recht der Raumordnung, S. 138. 16 Dazu die Kommentierungen zu § 1 I I I B B a u G 1960 u n d Weitzel, A n passung, Konkretisierung u n d Ermessen i m Planungsrecht, D Ö V 1971, S. 842 ff.; Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 157 ff.; H. Schultze, Raumordnungspläne u n d kommunale Selbstverwaltung, S. 20 ff.; Bielenberg, Die rechtliche B i n d u n g der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung, D Ö V 1969, S. 376 ff.; H.-D. Schultze, Ziele der Raumordnung, S. 76 ff. 17 Z u m »Entwickeln 1 als konkretisierende Verfeinerung u n d als fortschreitende Variation Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 119 ff., u n d zu den Grenzen der Abweichung i m Prozeß der Konkretisierung neuerdings grundsätzlich B V e r w G E 48, 70. Abweichungen müssen sich aus dem Übergang i n eine konkretere Planstufe rechtfertigen u n d müssen die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen; vgl. auch O V G Münster, U. v. 8.10.1974, D Ö V 1975, S. 721 (nur LS) u n d Bay .VGH, B. v. 28.10.1975, Bay.VBl. 1976, 174. Z u aktuellen Koordinationsklauseln für die A b l e i t u n g von Planungen desselben Planungsträgers vgl. oben Fn. 5. 18 Die ,Beachtenspflicht' des § 5 I V ROG entspricht trotz der sprachlichen Unterschiede der ,Anpassungspflicht' des § 1 I V B B a u G 1976 auch u n d gerade i n der inhaltlich entscheidenden Frage, ob die Adressaten v o n Zielen ihre Planungen u n d Maßnahmen auch an zeitlich nachfolgende Ziele der R a u m ordnung u n d Landesplanung nachträglich anpassen müssen, was von der h. L. bejaht w i r d : dazu neuerdings Erbguth, Probleme des geltenden L a n desplanungsrechts, S. 129 ff. u n d Stern f Burmeister, Landesplanerisches Planungsgebot, S. 20 ff., jeweils m i t sehr umfangreichen Nachweisen. 15
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Probleme, insbesondere zwischen der horizontalen Konkretisierung durch die zentralen Fachplanungen u n d die vertikale Ausfüllung durch die ,gesamt'planerische Regionalplanung. I m hessischen Planungssystem ist für diese Kollision ausdrücklich die Entscheidungsbefugnis des Kabinetts festgelegt, das je nach Entscheidung entweder den vorgelegten Regionalplan beanstandet oder den Fachplan abändert 19 . 3. Das landesplanerische Planungssystem enthält auch die wichtigsten Beispiele für eine sehr ausbau- und variationsfähige Regelungstechnik. Die Beachtens- und Anpassungspflicht g i l t für die angesprochenen öffentlichen Planungsträger nicht i m Hinblick auf alle planerischen Äußerungen der vorgeordneten Stufe, sondern nur i m Hinblick auf die ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung'. Die Bedeutung dieses einschränkenden Begriffs liegt zum einen darin, daß beschreibende und gutachtliche Äußerungen für die Adressaten unerheblich sind. Diese — entwicklungsgeschichtlich 20 gar nicht selbstverständliche — Situation hat gegenwärtig vor allem Klarstellungswirkungen. Regionalpläne z. B. sind häufig i n drei Teile, i n Bericht, Gutachten und verbindliche Ziele gegliedert 21 . Während dabei zwischen den verbindlichen Planungszielen als künftig zu verwirklichenden Sollaussagen und der Bestandsbeschreibung des Berichts auch ohne die formale Unterteilung leicht zu unterscheiden wäre, wäre dies i m Verhältnis der meist umfangreichen und alternativ angelegten Erörterungen i m Gutachtenteil und den ausgewählten Zielen nicht ohne weiteres der Fall; die deutliche Abgrenzung der ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' macht den Adressaten klar, was zu beachten ist. Diese Regelungstechnik bietet darüber hinaus einen Ansatz, nur Teile einer Planung für andere Planungsträger verbindlich zu machen. Wenn i m Zuge des Aufbaus von Entwicklungsplanungen die Integration von raumbezogenen, finanziellen und Prioritätsaussagen Fortschritte macht, könnte die Bindung einer nachgeordneten Ebene gleichwohl auf einzelne Bestandteile beschränkt werden oder die Bindungsintensität zwischen den einzelnen Aussagen variiert werden 2 2 . Von weittragender Bedeutung für die Konstruktion des Planungssystems ist zum anderen die i m ROG exemplarisch vorgenommene 19 Siehe dazu die Verwaltungsvorschriften der Landesregierung: Fachplanung i m Hess. Planungssystem, StAnz Nr. 6 v. 11. 2.1974, S. 257 Ziff. I V 2 u n d ausführlich unten § 35 C 3. Weniger flexibel ist die Regelung i n § 29 I I I LP1G BW, nach der die fachlichen Zielsetzungen i n Regionalplänen an die Fachplanungen des Landes, bei deren Aufstellung die Regionalverbände beteiligt sind, anzupassen sind. 20 Dazu unten die Ausführungen zur persuasorischen Phase der Landesplanung § 15 I u. I I I . 21 z.B. i n Hessen festgelegt i m Landesraumordnungsprogramm Teil Β Nr. 8, Anlage zum Hess. Feststellungsgesetz v o m 18. März 1970.
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Unterscheidung zwischen den »Zielen und den »Grundsätzen der Raumordnung 2 3 . M i t Hilfe dieser (oder möglicher anderer) allein durch ihre rechtlichen Wirkungen konstituierten Kategorien können Differenzierungen und Begrenzungen i m Planungssystem erreicht werden. Nach dem i m einzelnen ausbaufähigen Beispiel des ROG werden die beiden Kategorien verschiedenen Ebenen zugeordnet und durch gezielte Ausgestaltung der rechtlichen Wirkungen die Handlungsmöglichkeiten des Bundes sehr stark beschränkt. Der Bund kann nur Grundsätze (und nach dem ROG nur i n Gesetzesform) festlegen, die Länder können diese durch eigene Grundsätze ergänzen; die zur Verwirklichung der Grundsätze erforderlichen und geeigneten ,Ziele 4 können dagegen nur die Länder aufstellen. Die — i m ROG aufgrund eines politischen Kompromisses gewollte — Minimalisierung der Bundeskompetenzen w i r d des weiteren dadurch gesichert, daß die Grundsätze nur gegenüber der Landesplanung i n den Ländern 4 gelten, nicht aber gegenüber den Behörden der Länder unmittelbar. Für sie müssen die Grundsätze erst durch Landesprogramme und -pläne umgesetzt werden; der Durchgriff des Bundes auf sie ist nicht möglich. Einen ähnlichen Effekt w i l l das hessische Planungssystem dadurch erreichen, daß die Programme der zentralen Landesebene, Landesraumordnungsprogramm und der umfangreiche Landesentwicklungsplan, nicht unmittelbar gegenüber den Gemeinden, sondern nur gegenüber den Trägern der Regionalplanung Geltung haben. Erst nach der Umsetzung der zentralen Aussagen durch die Regionalpläne haben sie Bedeutung für die Gemeinden. Gesetzestechnisch w i r d dies durch die einfache Regelung bewirkt, daß zu ,Zielen der Raumordnung und Landesplanung 4 erst die Inhalte der Regionalpläne erklärt werden; dadurch können die Aussagen der zentralen Ebene die allseitige Beachtenspflicht nach § 5 I V ROG mangels ,Ziel 4 charakters nicht auslösen 24 . Als Fazit ergibt sich eine erste Schicht von Konstruktionselementen von Planungssystemen, nämlich diejenigen, die das Formalgerüst der Ableitungsbeziehungen zwischen den Ebenen durch rechtliche Regeln erst herstellen. Hier kann Varietät durch die ,Erfindung 4 rechtlich konstituierter Planungskategorien wie Grundsätze, Erfordernisse 25 , Ziele 22
Dazu unten § 19 I I 4 u n d 5. Ausführlich dazu unten § 16 I u. I I . 24 Dazu ausführlich unten § 32 I 2. 25 ,Erfordernisse' der Raumordnung werden i n zahlreichen Raumordnungsklauseln neben den »Zielen' erwähnt; diese Kategorie hat auch nach I n k r a f t treten des ROG eine rechtlich selbständige Bedeutung bei der Koordinierung von Einzelvorhaben der Fachplanungen unter raumordnerischen Gesichtspunkten, die für den speziellen Einzelfall zu beachten sind, die aber nicht i n den Programmen u n d Plänen der Länder enthalten sind, also keine »Ziel'F o r m haben; dazu ausführlich Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht, 1970. 23
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sowie durch die Veränderung der Abfolge von Bindungen i m Netzwerk des Planungssystems erreicht werden. Die rechtlich erlaubten Möglichkeiten einer Ebene können auf wenig regelungsintensive Aussagekategorien (»Grundsätze 4) beschränkt und durch deren Geltungseinschränkung weiter begrenzt werden. Natürlich kann man durch diese rechtlichen Hegelungen keinesfalls die faktischen Macht- und Einflußstrukturen beliebig konterkarieren u n d etwa das Gewicht der zentralen Landesplanung drastisch reduzieren; sie sind aber ein M i t t e l unter anderen zur rechtlichen Verfassung von Planungssystemen und zur partiellen Kanalisierung der i n ihnen möglichen Einflußchancen. Wichtiger, weil viel stärker auf den entscheidenden Inhalt der Planungen bezogen, sind darüber hinaus die i m folgenden zu erörternden sachlichplanerischen Konstruktionselemente, die stufenspezifischen Planungselemente. I I I . 1. Das Gewicht der Bindungen, denen Planungsträger durch A n passungs- und Βeachtenspflichten ausgesetzt werden, läßt sich nur ζ. T. aus der Formulierung der Koordinationsklauseln ablesen; es hängt vielmehr entscheidend von dem Inhalt ab, den die Pläne der vorgeordneten Planungsstufe haben dürfen: Für die raumordnerischen Klauseln ist deshalb von ausschlaggebender Bedeutung, was die zentrale Landesplanung und die Regionalplanung überhaupt zu ,Zielen' der Raumordnung und Landesplanung machen dürfen. Maßgeblich dafür sind die bisher generell zu wenig systematisch behandelten Regeln über die jeweils stufenspezifischen sachlichen Planungselemente. A l l e i n i m Zusammenhang m i t der Bauleitplanung und besonders bei der Novellierung des BBauG ist der Katalog der erlaubten planerischen Festsetzungen i n den §§ 5 und 9 BBauG sowie i n der Β aunutzungs ver Ordnung und der Planzeichenverordnung i n ihrer rechtlichen Bedeutung gewürdigt worden. Entsprechend der primär relevanten Interessenlage bei der Bauleitplanung geht es dabei jeweils um die Bestimmung der gegenüber dem einzelnen Bürger zulässigen Festsetzungen. I m Zusammenhang der rechtlichen Ordnung von Planungssystemen ist dagegen ihre Funktion zur Konturierung von Planungsebenen herauszuarbeiten. A u f eine kurze Formel gebracht, liegt i n diesen unterverfassungsrechtlichen Aufzählungen der stufenspezifischen Planungselemente der strategisch wichtige Regelungskomplex, bei dem über die Intensität, über den ,Rahmen'charakter der einzelnen Planung entschieden wird. I n der Bestimmung der den einzelnen Stufen zur Verfügung gestellten planerischen Bausteine materialisiert sich das bisher immer nur global behandelte verfassungsrechtliche Problem, was die Landesplanung gegenüber der Bauleitplanung inhaltlich vorgeben darf, damit sie ,überörtliche' Planung bleibt, damit sie nicht den Spielraum der Ge-
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meinden absorbiert. Weit mehr als emphatische Formeln tragen zur Lösung dieses Problems die so beiläufig erscheinenden Bestimmungen über den Maßstab des einzelnen Planes bei, w e i l ein großer Maßstab die übergeordnete Ebene effektiv auf Distanz hält, zumindest ihren zeichnerischen Darstellungen ,Rahmen'charakter aufzwingt 2 6 . Entsprechend bildet sich die gezielte Stufung von Planungen i m Planungssystem konkret und detailliert ab i n der Stufung der Planungselemente der einzelnen Planungen, die deshalb besondere Aufmerksamkeit verdient. Ähnlich große Bedeutung wie dem Maßstab kommt den Vorschriften über die zur Verfügung stehenden Planzeichen zu. 2. I n einem gestuften Planungssystem muß sich die relative Selbständigkeit der einzelnen Stufen und die zwischen ihnen bestehende Distanz i n einer Stufung der Planungselemente niederschlagen. Besonders ausgeprägt ist diese Stufung bei den flächenbezogenen Aussagen: So differenziert die Bauleitplanung die Flächen nach der A r t und dem Maß ihrer baulichen Nutzung i n den kleinflächigen Kategorien der Baunutzungsordnung von der A r t : reines Wohngebiet, allgemeines Wohngebiet, Mischgebiet, Kerngebiet oder Gewerbegebiet und Industriegebiet; daneben gibt es Grünflächen, die i n den Bebauungsplänen sehr konkret für Friedhöfe oder Sport- und Spielplätze u. ä. bestimmt sind. Die Regionalplanung muß sich dagegen m i t den abstrakteren Elementen wie Siedlungsbereiche 27 , Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche begnügen; reichhaltig, aber ebenfalls abstrakterer Natur sind die Untergliederungen der Freizonen i n Agrarbereiche, wasserwirtschaftliche Bereiche, Erholungsbereiche und Freizeit- und Erholungsschwerpunkte u. a. 28 . Gerade dieser letzte Bereich, der durch die i m allgemeinen Schrifttum w e i t h i n unbemerkte Weiterentwicklung der Landesplanung besonders i n teressant geworden ist, ist f ü r die K o n s t r u k t i o n unterschiedlicher Planungsebenen aufschlußreich. Durch das landesplanerische Konzept der Vorranggebiete w i r d die ,freie* Landschaft außerhalb der besiedelten Flächen zunehmend f ü r spezifische Funktionen ausgewiesen, nämlich vorrangig für Z w e k ke der Erholung, der Wasserwirtschaft u n d der Landwirtschaft u n d Forstwirtschaft 2 9 . Diese landesplanerischen Funktionsbestimmungen unterschei26 Nach § 1 I I , 2 I I 3. D V O LP1G N W 1973 bzw. 1976 soll der Maßstab der Landesentwicklungspläne nicht größer als 1 :200 000 sein; der Maßstab der Gebietsentwicklungspläne beträgt 1 :50 000. Nach der entsprechenden V o r schrift des § 3 I 3. D V O LP1G N W 1965 sollte der Maßstab der Gebietsentwicklungspläne nicht kleiner als 1 :200 000 sein; die Genauigkeit ist also wesentlich gesteigert worden. 27 I n der relativ am detailfreudigsten operierenden Gebietsentwicklungsplanung i n N W besteht i m m e r h i n die Differenzierungsmöglichkeit nach Bereichen m i t hoher — mittlerer — niedriger Siedlungsdichte (mindestens 90, 40 -110, höchstens 50 Einwohner pro qkm), § 2 V 3. D V O LP1G N W 1973 bzw. 1976. 28 Vgl. die verschiedenen Ziffern i n § 2 V 3. D V O LP1G N W 1973 bzw. 1976.
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den sich i m Ansatz grundlegend von den bisher allein gewohnten k o n k r e t i sierten Nutzungsregelungen der untersten Ebene, w i e Landschaftsschutzgebiete, Wasserschutzgebiete u n d Flächen f ü r die Landwirtschaft i n Bebauungsplänen, w e i l es bei den ersteren u m die planerische Sicherung von k ü n f tigen Nutzungen, nicht u m die detaillierte, parzellenscharfe Ausweisung von aktuellen wasserwirtschaftlichen oder landwirtschaftlichen Nutzungen geht 3 0 . V i e l mehr läßt sich aus den rechtlichen Vorschriften nicht entnehmen, w e i l w e i t h i n offen ist, welche Rolle eine landesplanerische Ausweisung als V o r ranggebiet f ü r Wasserwirtschaft oder Wassergewinnung bei weiteren fachlichen Planungen u n d Projekten i n diesem Gebiet spielt. Sicher ist, daß nicht das gesamte Gebiet, das ein Vielfaches der potentiellen Wasserschutzgebiete umfaßt, von allen Nutzungen endgültig ausgeschlossen ist u n d daß es auch nicht von a l l den Nutzungen ausgeschlossen ist, die üblicherweise bei den Wasserschutzgebieten i n den einzelnen Zonen verboten sind. Sicher ist andererseits auch, daß die landesplanerische Funktionsausweisung einen Vorrang f ü r die Nutzung als Wassergewinnungsanlage begründet, daß dieser Belang i n diesen Gebieten stärker zu berücksichtigen ist als außerhalb der Vorranggebiete. Aus den Vorschriften ist jedoch nicht ableitbar, wie z.B. der ausdrücklich erwähnte Zweck der Vorranggebiete f ü r Wasserwirtschaft gem. § 22 I a nw. Gesetz zur Landesentwicklung, ,für die Wassergewinnung besonders geeignete Gebiete vor störender anderweitiger Inanspruchnahme zu schützen 431 , i n der Praxis erreicht werden kann. Auch der inzwischen i n K r a f t getretene L E P I I I 3 2 einschließlich des Erläuterungsberichtes läßt k a u m 29 Als Gebiete m i t besonderer Bedeutung f ü r Freiraumfunktionen sind nach § 22 nw.G zur Landesentwicklung insbesondere i n Betracht zu ziehen u. a. Grundwasserreservegebiete, Gebiete m i t besonderer Grundwassergefährdung aufgrund ihrer geographischen Struktur, Einzugsgebiete für die Speicherung von Oberflächenwasser, Uferzonen f ü r die Wassergewinnung, Naturparks u n d f ü r die Ferienerholung geeignete Gebiete, regional bedeutsame Gebiete f ü r Erholungs- u n d Freizeitanlagen sowie f ü r die Tages- u n d Wochenenderholung. 30 Durch den L E P I I I ist die Entscheidung über konkrete Raumansprüche noch nicht vorweggenommen. Zunächst bedürfen die übergeordneten F u n k tionsausweisungen des Landesentwicklungsplans I I I noch der Konkretisier u n g i n den Gebietsentwicklungsplänen, u n d über die konkrete R a u m n u t zung müssen die einzelnen Fachplanungen — i m Rahmen der landesplanerischen Vorgaben — entscheiden; dazu einige Hinweise bei R. Berve, Die Ausw i r k u n g e n des L E P I I I , Städte- u n d Gemeinderat 1976, S. 223 f. 31 So die Gesetzesbegründung zu § 33 G. zur Landesentwicklung N W , L T Drs. 7/1764, S. 52. Diese Gebiete sind inzwischen i m Landesentwicklungsplan I I I (Bekanntm. v. 12. A p r i l 1976 — MB1. S. 1288) dargestellt worden. — Zur Theorie der Vorranggebiete siehe unten § 26, 3. 32 Z u m L E P I I I sei verwiesen auf die offiziösen Darstellungen v o n Berve, Städte- u n d Gemeinderat 1972, S. 277; dies., Städte- u n d Gemeinderat 1975, S. 249 u n d dies., Städte- u n d Gemeinderat 1976, S. 223 ff. sowie die Beiträge i m Sammelband: F u n k t i o n u n d Nutzung des Freiraums, 1973, u n d R. Tiggemann, Z u r Problematik der landesplanerischen Grundlagen der Freiraumplanung i n NW, Städte- u n d Gemeinderat 1975, S. 439 f. — Der E n t w u r f zum L E P I I I w a r bis Anfang 1976 auf Anfrage für eine wissenschaftliche Ausw e r t u n g nicht zugänglich. I n dieser publizitätsscheuen Einstellung äußert sich sehr augenfällig die verfehlte Auffassung v o m verwaltungsinternen Charakter der Landesplanung u n d ihrer umfassenden Anhörungsverfahren. Die Scheu v o r dem Bekanntwerden der Abänderungen des Planentwurfs durch das Anhörungs- u n d Aufstellungsverfahren verkennt grundsätzlich, daß ein großer T e i l der sachlichen Legitimation dieser Pläne i m Ausgleich
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etwas über die konkreten Wege der V e r w i r k l i c h u n g der darin festgelegten Ziele erkennen. Derzeit k a n n n u r wenig über die wahrscheinliche Distanz gesagt werden, die zwischen landesplanerischer Funktionszuweisung, die m i t telbaren Bodennutzungsbezug hat, u n d der endgültigen Bodennutzungsregel u n g u n d unmittelbaren Nutzungsbeschränkung i n F o r m v o n Naturschutzgebieten u n d Wasserschutzgebieten besteht 3 3 .
3. Gestufte Kategorien finden sich aber auch außerhalb der flächenbezogenen Aussagen, also i n den für die moderne Landesplanung t y p i schen Funktionsbestimmungen von Orten und Teilräumen und i n den Festsetzungen über die erwünschte Infrastrukturausstattung. Grundsätzlich liegen hierarchisierten planerischen Konzepten Abstufungen des räumlichen Bezugs zugrunde. Die oberste Hierarchiestufe der zentralen Orte oder der Entwicklungsachsen oder des gegliederten Krankenhaussystems (Oberzentren, großräumig bedeutsame Achsen, Krankenhäuser der Zentralversorgung oder Schwerpunktkrankenhäuser) haben meist Bedeutung für das gesamte Land, jedenfalls überregionale Bedeutung. A u f der mittleren Ebene werden zumeist regionale Bezüge berücksichtigt, so bei den Mittelzentren, bei ,regional' bedeutsamen Entwicklungsachsen oder bei den Krankenhäusern für die Regelversorgung. A u f einer weiteren Stufe gibt es dann noch Versorgungsfunktionen und Infrastruktureinrichtungen für Teilräume von Regionen. Für alle hierarchisierten Planungssysteme ist die Zuordnung zu verschiedenen Planungsebenen denkbar und vielfach üblich: bei der vierstufigen zentrale-Orte-Hierarchie werden i n den meisten Ländern die zentralen Orte der untersten Stufe, manchmal auch der beiden untersten Stufen, durch die Regionalplanung festgelegt, der auch die landesplanerische Funktionsbestimmung der nichtzentralen Orte überlassen bleibt. 4. Zusammengenommen fixieren die Angaben und Kataloge über die stufenspezifischen Planungselemente sowie die Vorschriften über die Planzeichen und den Maßstab die inhaltlichen Bausteine einer Planung: je nachdem, wie ,fein' oder ,grob' diese Bausteine geschnitten sind, w i e abstrakt oder konkret Funktionsbestimmungen und flächenbezogene Festsetzungen sein können, kann die betreffende Planungsstufe den der Planungsart durch die Umschreibung der ,Aufgabe' und der ,Belange' eingeräumten Erwägungs- und Handlungsraum i n unterschiedlicher der Auffassungen während dieser Verfahren liegt. Abänderungen durch die Anhörungsverfahren sprechen deshalb positiv f ü r das Funktionieren dieser Verfahren u n d nicht gegen die Qualität des ursprünglichen Entwurfs. 33 Es ist deshalb keineswegs zufällig, daß ein genauer Kenner der Praxis wegen dieses neuen flächenbezogenen Instrumentariums zweifelt, ob der überkommene Grundsatz von der fehlenden Außenverbindlichkeit der L a n desplanung gegenüber dem Bürger aufrechtzuerhalten ist, vgl. Niemeier, i n : Voraussetzungen u n d A u s w i r k u n g e n landesplanerischer Funktionszuweisungen, 1975, S. 123 ff. u n d oben § 7 Fn. 26.
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Intensität kleinarbeiten und die nachfolgenden Stufen unterschiedlich intensiv binden. Soweit der Gehalt dieser Vorschriften reicht, ist die Dichte und Detailliertheit einer Planungsstufe abschätzbar. Das bedeutet umgekehrt, daß die bloße Aufführung von Planungselementen, ohne daß ausdrücklich oder aus dem Zusammenhang zu erkennen ist, was m i t einer entsprechenden Aussage positiv geregelt und vor allem negat i v ausgeschlossen ist, keinen Gehalt hat und deshalb auch die Intensität der Bindung i m Planungssystem offen und ungeregelt ist 3 4 . M i t anderen Worten können die bezeichneten rechtlichen Regelungen als ein neuralgischer Punkt für die rechtliche Durchdringung u n d Ordnung von Planungssystemen gelten: rechtliche und rechtsstaatliche Defizite bei diesen Vorschriften, etwa bei einer Regelung durch bloßen Erlaß, sind rechtliche und rechtsstaatliche Defizite des Planungssystems selbst. Ebenso bedeutet der Mangel an Gehalt bei (den) Planungselementen, daß das Ausmaß der Bindung und Abhängigkeit von nachgeordneten Stufen i m Planungssystem nicht geordnet, Chancen für die Begrenzung der vorgeordneten Stufen nicht ausgenützt sind. Bei diesen unterverfassungsrechtlichen, meist nicht einmal einfachgesetzlich geregelten Planungselementen entscheidet sich die verfassungsrechtliche Frage, ob den Gemeinden, den Ländern oder auch den Ressorts genügend Spielraum für relative Selbständigkeit bleibt. Schon der kursorische Uberblick läßt jedoch erkennen, daß bei dieser Konstruktionsaufgabe, bei der konkreten Zuordnung von einzelnen Planungselementen an die eine oder andere Stufe, die erforderliche Entscheidung nicht deduktiv aus den verfassungsrechtlichen Normen des A r t . 28 II, 65 GG oder zum Bund-Länder-Verhältnis i. S. einzig-richtiger Lösungen abgeleitet werden kann. Die Direktivfunktion verfassungsrechtlicher Normen kann zum einen beim Versuch einer Gesamtbewertung eine Rolle spielen, die jedoch beschränkt ist und über die relativ geringe Bedeutung der oben erwähnten 3 5 pauschalen Formeln kaum zu steigern ist. Zum anderen gewinnt die Direktivfunktion bei der Beurteilung der einzelnen Planungselemente, insbesondere beim Vergleich mehrerer Regelungsmöglichkeiten, Bedeutung, indem sie die — insbesondere rechtspolitisch wichtige — Bewertung ermöglicht, ob eine Lösung eher kommunalfreundlich oder eher länderfreundlich ist. Die konkrete Regelung der Planungselemente hat sich auch i n einem anderen Zusammenhang als strategisch wichtige Entscheidung erwiesen. I m 34 Wenig Effektivität, aber auch wenig Vorhersehbarkeit bieten rein planungszielbezogene Funktionskategorien, die einen erwünschten Zustand (Versorgung eines weiteren Umlandes) oder eine räumliche F u n k t i o n (Entwicklungsschwerpunkt) aussprechen, ohne (einige der) Programme u n d Fachplanungen zu nennen, die zur V e r w i r k l i c h u n g erforderlich sind. 35 Oben § 12 C I I .
§13
onstruktionselemente von Planungssystemen
169
Rahmen der Überlegungen der Enquete-Kommission Verfassungsreform zur Fortbildung der Gemeinschaftsaufgaben u n d der Investitionsfinanzierung w a r das Maß des Sacheinflusses des Bundes umstritten. Kristallisationsp u n k t dieser Diskussion w a r notwendigerweise die Frage, ob das die einzelnen Investitionshilfen regelnde Bundesgesetz n u r die Arten der Vorhaben oder auch das Verfahren zur Auswahl der einzelnen Vorhaben wie bei den bisherigen Gemeinschaftsaufgaben regeln können soll. Nach dem Vorschlag der Kommission soll die Ingerenz des Bundes n u r i n besonderen Fällen bis zum Durchgriff auf die Einzelvorhaben verstärkt werden; i m Normalfall soll er dagegen n u r über die A r t der Vorhaben, also über das abstraktere Planungselement mitentscheiden können 3 6 .
5. Die Rechtsquellen für die Regelung der Planungselemente sind je nach Planungsebene verschieden. A m dichtesten normiert sind die städtebauliche Planung (im BBauG und i n der Β aunutzungs ver Ordnung) und daneben die Regionalplanung — w o h l aus dem Interesse der zentralen Landesplanung an der Einbindung, Aufsicht und Kontrolle sowie an der Sicherung der Vergleichbarkeit der Regionalpläne untereinander. Der Mindestinhalt von Regionalplänen ist geregelt ζ. T. i m Landesplanungsgesetz selbst (§ 121 LP1G Rh-Pf) oder gestützt auf Ermächtigungen i n den Landesplanungsgesetzen i n Rechtsverordnungen (3. DVO LP1G NW) oder i n Verwaltungsvorschriften. I n fast allen Ländern regeln ergänzende Verwaltungsvorschriften i n sehr detaillierter Weise die Gliederung der Regionalpläne, damit inzidenter auch die Planungselemente selbst 37 . Dagegen sind die Planungselemente für die zentralen Pläne durchgängig äußerst lückenhaft geregelt, ein für die rechtliche Konturierung und Begrenzung gerade der dynamischen zentralen Ebene sehr folgenreiches Defizit. Die Regelungselemente der zentralen Ebene sind deshalb i n erster Linie durch Auslegung der materiellen Raumordnungsgrundsätze zu bestimmen; ergiebig sind insoweit am ehesten das nw. Gesetz zur Landesentwicklung und das hess. Gesetz zur Feststellung des Landesraumordnungsprogramms; völlig ungeregelt sind die Planungselemente ζ. B. i n Baden-Württemberg. Insgesamt ergibt sich die allgemein unbefriedigende Situation, daß i m sowieso rechtlich schwierig zu verfassenden Planungsbereich an einem entscheidenden Punkt den — durchaus erfüllbaren — Anfor36 Vgl. dazu den Kommissions Vorschlag zu A r t . 104 b (neu), Schlußbericht der Enquete-Kommission Verfassungsreform, BT-Drs. 7/5924, S. 172 (Kap. 11, Ziff. 5.4.2). I m geltenden Recht erfaßt dagegen die Rahmenplanung nach A r t . 91 a I I I 2 GG als Planungselemente auch die ,Vorhaben', dazu Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 179 sowie S. 73 ff., 79 ff., 177 ff. Dem Durchgriff auf Einzel vorhaben der Gemeinden bei konjunkturpolitischen Maßnahmen hat das BVerfG, BVerfGE 41, S. 291 einen Riegel vorgeschoben. 37 Vgl. ζ. B. f ü r B W : Erste Richtlinien des Innenministeriums für die Ausarbeitung von Regionalplänen, v. 10. J u n i 1975 ( G A B I S. 773) u n d für Hessen: Richtlinien für die Erstellung eines Raumordnungsberichtes, eines Raumordnungsgutachtens u n d eines regionalen Raumordnungsplanes v. 30. März 1973, Staatsanzeiger Nr. 16/1973, S. 705.
. 2.
bschn.
as
rganisationsprnzip des Panungssystems
derungen an die rechtliche Strukturierung von Planungen nicht Genüge getan wird. Hinzu kommt, daß die Landesplanung i n ihrer prekären Stellung gegenüber den Fachplanungen eine entscheidende Verbesserung ihres Standortes erlangen kann, wenn ihre Befugnisse gegenüber den Fachbereichen durch die Aufführung der sachlich einschlägigen Planungselemente abgesichert sind. Ansätze dazu finden sich vor allem i m nw. Gesetz zur Landesentwicklung. IV. Die Zuweisung unterschiedlicher Planungselemente kann (relative) Distanz zwischen den Planungsebenen und -bereichen schaffen, das Grundverhältnis der Aufgabenverflechtung ist dadurch natürlich keineswegs aufgehoben. Gerade i n der Hierarchie der Planungselemente drückt sich der innere sachliche Zusammenhang, drücken sich die sachlichen Überschneidungen zwischen den planerischen Gestaltungsspielräumen der einzelnen Ebenen deutlich aus. Aus den sachlichen ,Überschneidungen' 38 und der daraus resultierenden ,kondominalen Interessenstruktur' legitimiert und begründet sich das Gegenstromverfahren 39 als generalisierbares Verfahren für Planungssysteme. Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte gehören deshalb zum Normalbestand verfahrensmäßiger Befugnisse von relativ selbständigen Planungsträgern. Die besondere Bedeutung verfahrensmäßiger Positionen i n der Planung und i m Rahmen planerischer Zusammenhänge hat darüber hinaus eine weitere Grundlage i n den oben 40 ausführlich dargelegten Grenzen der Determinationskraft von Planrechtsnormen. Die landesplanerischen Aufstellungsverfahren sind typischerweise sehr (zeit)aufwendig, w e i l vorzugsweise i n den ,gesamt'planerisch angelegten Bereichen den an Planungen gestellten Anforderungen, alle betroffenen Interessen, Belange und Rechte abzuwägen und abzugleichen u n d alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen, Genüge getan werden muß und kann.
38 39 40
Krüger, Koordination, S. 58. Nachweise vgl. oben § 7 I I 2, Fn. 25. Siehe § 8 I.
Zweiter
Hauptteil
D i e landesplanerischen Planungssysteme der Länder
1. Abschnitt
ie Ausbildung der Landesplanung und der landesplanerischen Planungssyeteme bis 1965 Die Entwicklung der Landesplanung, ihrer Planungssysteme und des Landesplanungsrechts bis zum Erlaß des Raumordnungsgesetzes des Bundes gliedert sich i n 3 deutlich unterschiedene Abschnitte. I n der ersten Phase von 1920 - 1933/35 entstanden inselartig i n den Brennpunkten räumlicher (Siedlungs-)Probleme, i n den Verdichtungsgebieten, meist freiwillig Zusammenschlüsse von Gemeinden zu Landesplanungsgemeinschaften zur Wahrnehmung interkommunaler und überörtlicher Planungsaufgaben. Diese Entwicklungslinie von unten nach oben wurde i n der NS-Zeit, i n der zweiten Phase, umgekehrt: die flächendeckend das ganze Reichsgebiet überspannende Raumordnung war großräumig u n d auf Einwirkungsmöglichkeiten von oben nach unten angelegt. I n der Nachkriegszeit, als der dritten Phase, konnte sich die wegen der NS-Zeit ideologisch verdächtigte und m a r k t w i r t schaftlich verdächtige Landesplanung i n einem generell planungsfeindlichen Umfeld nicht systematisch entfalten; ohne ausreichende planerische Grundlagen und ohne genügende rechtliche Absicherung mußte sie sich auf den Typ der persuasorischen Planung und auf den Versuch der Koordinierung von Einzelfällen beschränken.
§ 14 Ansätze der landesplanerischen Planungssysteme bis 1945 Rechtsgrundlagen
zu I:
Zweckverband für Groß-Berlin v o m 19. J u l i 1911 (Pr GS S. 123). Gesetz betreffend Verbandsordnung für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk v o m 5. M a i 1920 (PrGS S. 286) Gesetz über die A u f Schließung v o n Wohnsiedlungsgebieten v o m 22. Sept. 1933 (RGBl I S. 659)
172
I I . 1. Abschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
Rechtsgrundlagen
zu II:
Gesetz über die Regelung des Landbedarfs der öffentlichen H a n d v o m 29. März 1935 (RGBl I S. 468) Erlaß über die Reichsstelle f ü r Raumordnung v o m 26. J u n i 1935 (RGBl I S. 793). Zweiter Erlaß über die Reichsstelle f ü r Raumordnung v o m 18. Dezember 1935 (RGBl I S. 1515). Erste Verordnung zur Durchführung der Reichs- u n d Landesplanung v o m 15. Febr. 1936 (RGBl I S. 104).
Die Anfänge des gestuften Planungssystems i m Rahmen raumbezogener Planung fallen notwendigerweise m i t den Anfängen der Landesplanung überhaupt zusammen. Die neue Aufgabe der überörtlichen raumbeeinflussenden Planung entwickelte sich nicht auf der Grundlage einer tabula rasa, sondern, wie jede neue Aufgabe und wie jede Planung, i m inhaltlichen Bezug zu den vorhandenen Aufgaben, nämlich zur städtebaulichen Planung der Gemeinden, die sie beeinflussen und steuern wollte. M i t der Ausdifferenzierung der selbständigen Aufgabe Landesplanung entstand deshalb nicht nur eine neue Planungsart, sondern zugleich die Pluralität der aufeinander bezogenen Planungen; dam i t stellte sich vom Beginn an das Sachproblem, zwei Planungsebenen i m Hinblick auf die spezifischen Aufgaben, Organisationsformen und die Instrumentarien auszudifferenzieren und zugleich i n ihrem Verhältnis zueinander zu ordnen. Deshalb bieten die Anfänge der Landesplanung 1 reichhaltiges Anschauungsmaterial für die sachliche und rechtliche Problematik von Planungssystemen. I. 1. Historisch ist die Landesplanung an den zum drängenden Problem gewordenen Veränderungen der Siedlungsstruktur i m Verlauf des Industrialisierungs- und Verstädterungsprozesses entstanden. Die Entwicklung verlief von unten nach oben, d. h. von den Planungsinseln der interkommunalen Verbände i n den hochindustrialisierten Zonen zur flächendeckenden Planung i m gesamten Staatsgebiet, von städtebaulichen Konzepten zum Zielsystem einer Raumordnungspolitik, die die räumliche Struktur des Staatsgebietes und die Lebensbedingungen der Bevölkerung günstig beeinflussen w i l l . A u f diesem Weg ,vom Städtebau zur Landesplanung' 2 , den die räumliche Planung seit 1910 genommen hat 3 , setzten die Steuerungsvèrsuche zunächst an der akuten 1 Z u r Geschichte der Landesplanung vgl. Umlauf, Wesen u n d Organisation der Landesplanung, 1958; W. Schmerler, Die Landesplanung i n Deutschland, Zeitschrift für Kommunalwirtschaft, 1932, Sp. 885 - 931 (umfassend u n d m. Nachw.) ; Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 48 - 59. 2 So der programmatische T i t e l eines Aufsatzes von F. Schumacher, i n : ders., V o m Städtebau zur Landesplanung — Fragen der städtebaulichen Gestaltung, S. 7 ff.
§ 4 Ansätze bis 1945
Notwendigkeit an, Grünflächen und durchgehende Verkehrsbänder gegenüber dem ausufernden städtischen Wachstum i n den expandierenden Industriegebieten zu sichern und generell die Bebauung i n geordnete Bahnen zu lenken. Die Initiative zum Aufgreifen dieser Probleme lag i n dieser Phase primär bei den Kommunen; die Problembewältigung drängte jedoch über den (Kompetenz)Raum der einzelnen Gemeinde hinaus. Ausgehend von den ersten Beispielen i m Raum Berlin (vor der Bildung der Einheitsgemeinde Groß-Berlin), i m Ruhrgebiet und i m mitteldeutschen Industriegebiet entstanden i n nahezu allen verdichteten Gebieten landesplanerische Zusammenschlüsse4, teils i n der Form eines sondergesetzlich geregelten Kommunalverbands (Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk = SVR), teils i n Mischformen kommunalselbstverwaltender, staatlicher und freiwilliger Koordination wie i m Siedlungsverband für das engere mitteldeutsche Industriegebiet. I n jedem Fall war die eigentliche landesplanerische Arbeit weitgehend kommunalen Trägern überlassen. Die die neue Aufgabe prägende D i mensionserweiterung zeigte sich zum einen i n der räumlichen Ausdehnung der Planimg über den Bereich der einzelnen Gemeinden i n den — durch die Reichweite der dichten wirtschaftlichen Verflechtungen definierten — regionalen Raum hinein und zum anderen i m sachlichen Ausgriff über die Bodennutzungs- und Fluchtlinienregelungen auf die Gesamtbedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung. Exemplarisch für diesen räumlichen und sachlichen Ausgriff der Landesplanung als umfassender ,Siedlungsplanung' ist die Entwicklung i m Bereich des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk 5 . Sie illustriert die sachliche Folgerichtigkeit, m i t der der Versuch, fachlich begrenzte Aufgaben i m größeren regionalen Raum zu bewältigen, zur Ausbildung der inhaltlich um3 Z u r Zeit von 1871 -1914, i n der v o n Raumordnungspolitik noch nicht gesprochen werden kann, J. Gramke, Raumordnung' i n Deutschland i n den Jahren 1871 - 1933, Diss. j u r . K i e l 1972, S. 26 - 89. 4 Vgl. W. Weber, Die Selbstverwaltung i n der Landesplanung, S. 9 f. 1930 waren i n Deutschland u m 3 0 % der Fläche u n d 58°/o der Bevölkerung von Planungsgemeinschaften erfaßt, so Schmerler, Sp. 892 f.; Ley, A r t . »Landesplanung', H R R Bd. 2, Sp. 1719; s. auch die Aufzählung der Planungsgemeinschaften, i n : Regionale u n d interkommunale Planungsgemeinschaften i n der Bundesrepublik Deutschland, 1959, S. 9 f. 5 Z u r Geschichte des SVR vgl. die Veröffentlichung des SVR, Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk 1920 - 1970, 1970 m i t Beiträgen u. a. von R. Schnur, Entwicklung der Rechtsgrundlagen u n d der Organisation, S. 9 - 3 2 u n d Umlauf, Die Entwicklung der regionalen Gesamtplanung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk u n d ihre A u s w i r k u n g e n auf das Ruhrgebiet, S. 3 3 - 4 8 ; außerdem Schmerler, Sp. 893 ff.; Neufang, D Ö V 1963, S. 812 ff.; H. G. Steinberg, Die V e r w a l t u n g Bd. 1 (1968), S. 165 ff.; Froriep, Raumforschung u n d Raumordnung 1970, S. 51 ff. — Vgl. auch die gedankenreiche Problemstudie zur polyzentralen Steuerung sowie zur Repräsentation regionaler Interessen u n d Legitimation regionaler Kompetenzen E. Pankoke, Regionale Öffentlichkeit i m Ballungsraum Ruhr, Die V e r w a l t u n g Bd. 9 (1976), S. 77 ff.
174
ï ï . 1. Abschn.: Die Ausbildung der Landesplanung
fassenderen Aufgabe der Landesplanung als einer eigenen Planungsebene führt. Die Erforderlichkeit eines über fachliche Planungen hinausgehenden Gesamtkonzepts entwickelte schon vor dem 1. Weltkrieg der technische Beigeordnete der Stadt Essen, Robert Schmidt e, i n seiner ,Denkschrift betreffend Grundsätze zur Aufstellung eines General-Siedlungsplanes f ü r den Regierungsbezirk Düsseldorf (rechtsrheinisch)'. Der Ausarbeitung lag ein A u f t r a g der ,Grünflächenkommission' i n Düsseldorf, eines interkommunalen Gesprächskreises, zugrunde, einen Plan zur Erhaltung u n d Erweiterung der vorhandenen Grünflächen aufzustellen, wobei die vorhandenen Siedlungskomplexe (samt ihren Erweiterungsgebieten) sowie die Planung von durchgehenden Verkehrslinien i n die Ausarbeitung einbezogen werden sollten. M i t seinem Vorschlag ging R. Schmidt w e i t über diesen A u f t r a g hinaus u n d forderte der Sache nach eine regionale Gesamtplanung 7 : ,Der General-Siedlungsplan stellt einen Organismus dar, dessen einzelne Teile i n Wechselbeziehungen zueinander die Bedürfnisse der modernen Massenansiedlung erfüllen müssen/ — ,Seine Planung u n d Durchführung muß außerdem auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, nationalökonomischer u n d sozialpolitischer Gesichtspunkte erfolgen.' — ,Der General-Siedlungsplan resultiert aus den Einzelbedürfnissen der Stadtsiedlung, der Beziehungen zwischen den Stadtsiedlungen u n d den Großbedürfnissen aus i h r e m Zusammenschluß zum Gesamtorganismus.' Das Konzept des General-Siedlungsplans ist zwar 1920 bei der Gründung des SVR u n d der gesetzlichen F i x i e r u n g seiner Aufgaben nicht i n die V e r bandsordnung übernommen worden, dagegen die Fachplanungen, die Schmidt i m Rahmen des General-Siedlungsplans entwickeln wollte. So w a r der Verband zuständig f ü r die Festsetzung der Fluchtlinien, für die Durchgangsu n d Ausfallstraßen, Verkehrsbänder u n d Grüngebiete, sofern die betreffenden Flächen i n das alle 3 Jahre neu aufzustellende Verbandsverzeichnis u n d seiner zeichnerischen Darstellung i m Verbandsplan aufgenommen war. Der Sache nach erlangte der Verband dadurch die Befugnis zur regionalen V e r kehrs» u n d Grünflächenplanung 8 und die zur Kompetenzsicherung u n d U m setzung dieser Planung auf der konkretisierenden Stufe der Fluchtlinienpläne. Nach der bemerkenswerten Verknüpfung beider Planungsschritte w i r k t e erst die Aufnahme einer Fläche i n das nach überörtlichen Gesichtsp u n k t e n erarbeitete Verbandsverzeichnis zuständigkeitsbegründend f ü r die Fluchtlinienfestsetzung durch den Verband; die d a r i n enthaltene Ausschalt u n g der kommunalen Planung w a r deshalb nicht punktuell, sondern n u r innerhalb des Begründungszusammenhangs des regionalen Konzepts möglich. Richtungsweisend w a r auch die den Flexibilitätserfordernissen der Planung entsprechende Regelung, daß das Verbandsverzeichnis alle drei Jahre erneut aufgestellt werden mußte. Nach einer weiteren, kommunale Zuständigkeiten ausschaltenden Befugnis konnte der Verband die F l u c h t l i nien- u n d Bebauungspläne f ü r die Anlage neuer oder die Erweiterung von bestehenden Siedlungen aufstellen, soweit sie ohne Überschreitung der Gemeindegrenzen nicht zweckmäßig ausgeführt werden konnten. 6 Z u Robert Schmidt vgl. M. Pfannschmidt, Raumforschung u n d Raumordnung 1970, S. 61 ff. u n d Umlauf, A r t . »Schmidt, Robert', H R R Bd. 3, Sp. 2807 ff. 7 Auszug aus der Denkschrift, zit. bei Umlauf, Landesplanung, S. 28. 8 Umlauf, Landesplanung, S. 39.
1 4 Ansätze bis 1945
175
I n der Praxis des Verbandes erwies sich rasch, daß die Einzelplanungen ohne den von Schmidt konzipierten Rahmen nicht durchgeführt werden konnten. Die Aufstellung des zuständigkeitsbegründenden Verbandsverzeichnisses w a r n u r möglich, w e n n die d a r i n z u m Ausdruck kommende Straßen- u n d Grünflächenplanung i n das umfassende Konzept einer regionalen Gesamtplanung gestellt wurde. Verkehrs- u n d Freirauminfrastruktur k a n n n u r i m Zusammenhang u n d als T e i l des Gesamtsiedlungsgefüges geplant werden. R. Schmidt, der 1. Verbandsdirektor des SVR, brachte dies i n den v i e l zitierten Worten zum Ausdruck, i n denen er die Entstehung des neuen Planungsinstruments Wirtschaftsplan erläuterte 9 : ,Als n u n der Ruhrsiedlungsverband die Durchgangsstraßen, Verkehrsbänder u n d Grünflächen als Verbandsplan entwarf, mußte er die Beziehungen dieser Elemente zur Industrie, zum Bergbau, zu den vorhandenen Verkehrsanlagen u n d zu den gegenwärtigen w i e zu den künftigen Wohnflächen m i t allen Interessenten u n d zuständigen Behörden überlegen. E r mußte ferner dem Ackerbau ungestörte Arbeitsflächen erhalten, u m der Volkswirtschaft zu dienen. Diese Erwägungen führten i h n dazu, ,Wirtschaftspläne' aufzustellen.' — ,Die Durchführung dieser Pläne ist n u r zu einem kleinen T e i l eine bautechnische, z u m überwiegenden T e i l eine wirtschaftliche, kulturelle u n d soziale Aufgabe. Z u deren E r f ü l l u n g ist ein Finanzprogramm notwendig, wobei die wichtigsten technischen Glieder des Planes zuerst durchgeführt werden müssen, ζ. B. Verkehrsanlagen. Außerdem aber gibt der Wirtschaftsplan die Möglichkeit, zielbewußt an der Durchführung interkommunaler Interessen zu arbeiten, nicht allein beim Verkehrswesen, sondern auch beim Schulwesen (Fremdenschulen), der K r a f t - , L i c h t - u n d Wasserversorgung, der sozialen u n d Krankenfürsorge usw.' Wirtschaftspläne w u r d e n zunächst für die Gebiete einzelner Gemeinden u n d Kreise aufgestellt; diesen Einzelplänen lagen aber offensichtlich P l a nungsvorstellungen f ü r das Gebiet der gesamten Region zugrunde, ohne daß diese aber i n einem P l a n verdichtet worden wären 1 0 . Die Wirtschaftspläne dokumentieren m i t der Einbeziehung »wirtschaftlicher, nationalökonomischer u n d sozialpolitischer Gesichtspunkte' i n die Planung die ,Erschließung der gesamtwirtschaftlichen Dimension f ü r die Bodennutzungsplanung' 1 1 , die für die Landesplanung charakteristische Einbettung der flächenbezogenen Nutzungsausweisungen i n ein Entwicklungskonzept für die generellen L e bensverhältnisse der i n einem Raum lebenden Bevölkerung. Diese thematische Erweiterung k o m m t auch darin zum Ausdruck, daß i n allen bis 1933 9 Auszugsweise enthalten bei Umlauf, Landesplanung, S. 39 Fn. 29 u n d bei H. G. Steinberg, Die Verwaltung, Bd. 1 (1968), S. 172; vgl. auch das bei Neufang, D Ö V 1963, S. 817 abgedruckte Verbandsprotokoll u n d Schmerler, Die Landesplanung i n Deutschland, Zeitschrift f ü r Kommunalwirtschaft 1932, S. 904 f. 10 Vgl. Umlauf, Regionale Gesamtplanung des SVR, S. 39 f. A u f dieser Grundlage konnte i n den Jahren 1934 - 37 der Gesamtwirtschaftsplan des SVR erarbeitet werden, nachdem das ganze Verbandsgebiet zum Wohnsiedlungsgebiet nach dem WohnsiedlungsG von 1933 erklärt worden w a r ; darauf aufbauend konnten dann die vorbereitenden Pläne für Raumordnungspläne i m Sinne der von der Reichsstelle für Raumordnung erlassenen Richtlinien erarbeitet werden, vgl. Umlauf, ebd., S. 40 - 42. 11 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 49 u n d der Sache nach schon Schmerler, Sp. 923 ff., 944 ff., der die wirtschaftsplanerische K o m ponente der Landesplanung stark herausstellt.
176
1.
bschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
entstandenen Landesplanungsgemeinschaften bei der planerisch primären Aufgabe der Bestandsaufnahme nicht n u r räumliche geographische Daten, sondern auch u n d gerade Sozialdaten erfaßt wurden. Sichtbaren Ausdruck fand dies i m sog. ,Merseburger Planungsatlas' der mitteldeutschen Landesplanung, der als großräumige Komplexanalyse des mitteldeutschen W i r t schaftsgebiets aus regionalen Kartierungen der Standorte v o n Bergbau u n d Industrie, des Wachstums der Wohngemeinden, der Pendelwanderungen zwischen Wohngemeinden u n d Betriebsstandorten u n d ihrer I n f r a s t r u k t u r bestand 1 2 .
M i t dem Wirtschaftsplan des SVR hat das landesplanerische A u f gabenverständnis zum erstenmal Ausdruck i n einem seinem überörtlichen Charakter entsprechenden Instrument, i n einem gegenüber den damaligen städtebaulichen Plänen eigenständigen, w e i l abstrakteren Plantyp gefunden. Der Wirtschaftsplan war seiner Funktion nach dazu bestimmt, die unterschiedlichen flächenbeanspruchenden Bedürfnisse der Industrie, der Landwirtschaft, des Wohnungsbaus und der Erholung i n einem die Gemeindegrenzen überschreitenden Flächenaufteilungsplan vorausschauend zu ordnen und künftige Nutzungsansprüche zu sichern. Der Sache nach war der Wirtschaftsplan nicht bloß ein Fluchtlinienplan für ein größeres Gebiet, sondern eine abstraktere Vorstufe zu den konkreten Fluchtlinienplänen. Er enthält auch nicht nur fluchtlinienmäßige Planaussagen, sondern er bemüht sich i n einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung u m eine Ordnung der dynamischen wirtschaftlichen Kräfte, die i n erster Linie raumgestaltend wirken, indem die Flächenaufteilungsplanung der absehbaren wirtschaftlichen Entwicklung einen Rahmen gibt und die Richtung für die standörtliche Entfaltung weist 1 3 . Mangels Anerkennung i n der Verbandsordnung des SVR erlangte dieses Instrumentarium jedoch keine rechtliche Verbindlichkeit, weder der einzelne Wirtschaftsplan, noch weniger die vorausliegende Grundkonzeption. Praeter legem entstanden aus der Notwendigkeit, sektoralen Planungen und verschiedenen Durchführungsinstrumenten einen einheitlichen konzeptionellen Rahmen zu geben, konnten die Wirtschaftspläne auch nur mittelbar umgesetzt und durchgesetzt w e r den; sie bildeten eine Orientierungshilfe für die Fluchtlinienfestsetzungen i m Rahmen des Verbandsplans u n d -Verzeichnisses, für die Erteilung von Ansiedlungsgenehmigungen und für den Erlaß von Baupolizeiverordnungen über A r t und Ausmaß der baulichen Nutzung 1 4 . 12 Vgl. Pfannschmidt, i n : Raumordnung u n d Landesplanung i m 20. J a h r hundert, S. 26 ff. u n d Umlauf, Landesplanung, S. 52 f. Z u r Landesplanung i m engeren mitteldeutschen Industriegebiet, auch Schmerler, Sp. 906 - 916. 13 Schmerler, Sp. 957 u n d insgesamt sehr informativ Sp. 954 ff. die Beschreibung der Wirtschafts-, Flächenaufteilungs- u n d General-Siedlungspläne.
§14 Ansätze bis 1945
Direkte Verbindlichkeit i m Sinne einer Vorordnung gegenüber den Fluchtlinienplänen der Gemeinden erhielten die Wirtschaftspläne nicht; sie konnten deshalb auch keine unmittelbare Anpassungspflicht i m normalen Verfahren der kommunalen Planung auslösen. Damit war auf der einen Seite die Wirkungsintensität des neuen Instrumentariums beschnitten; auch der Rationalitätsgewinn, den die neue Planart bei isolierter Würdigung ihrer sachlich-planerischen Merkmale versprach, war so nicht voll zu erzielen. A u f der anderen Seite wurden m i t dem gewählten Vorgehen politische Widerstände, zumal von der kommunalen Seite, und rechtliche Probleme umgangen, die beim Versuch einer expliziten rechtlichen Regelung m i t Notwendigkeit aufgetreten wären und die die Entwicklung und Einführung des Instrumentariums vermutlich i n Frage gestellt hätten 1 5 . Das damals vorherrschende landesplanerische Selbstverständnis, das auf Überzeugung, Einsicht u n d freiwillige Koordination der Beteiligten setzte, also dem Typ der persuasorischen Planung entsprach 16 , darf man zu einem erheblichen Teil auf eine realistische Einschätzung des politischen Umfelds und der beschränkten Durchsetzungschancen formaler Instrumente einer übergeordneten Planung gegenüber dem kommunalen Bereich zurückführen. 2. Instrumente i n der A r t der Wirtschaftspläne setzten sich i n allen Gebieten landesplanerischer Zusammenschlüsse aus dem Bedürfnis nach einer die Fluchtlinienplanung überwölbenden Planungsebene durch. Das Faktum eines gestuften Planungssystems war i n der Praxis 14 Vgl. Umlauf, Landesplanung, S. 39 - 42 u n d ders., Regionale Gesamtplanung des SVR, S. 38 - 40, dort auch Hinweise z u m gescheiterten Versuch, die Befugnisse zum Erlaß v o n Polizeiverordnungen über A r t u n d Maß der baulichen Nutzung systematisch zum Durchsetzungsinstrument f ü r die u n v e r bindlichen Wirtschaftspläne zu machen. — I m mitteldeutschen Industriegebiet, wo die Landesplanung auf der Basis freiwilliger Koordination arbeitete, fungierte als wichtigstes indirektes Steuerungsmittel die Vergabe der sog. Hauszinszuschüsse zum Bau v o n Arbeiterwohnungen durch den Regierungspräsidenten, der zugleich Vorsitzender des Siedlungsverbandes für den engeren mitteldeutschen Industriebezirk war, vgl. Schmerler, Sp. 914 f., 910 f. u n d Pfannschmidt, i n : Raumordnung u n d Landesplanung i m 20. Jahrhundert, S. 19 f. 16 Bezeichnend ist i n diesem Zusammenhang, daß der E n t w u r f eines preußischen Städtebaugesetzes von 1925 u. a. daran gescheitert ist, daß der i n i h m vorgesehene Flächenaufteilungsplan rechtsverbindliche W i r k u n g haben sollte, Umlauf, Landesplanung, S. 69 f., 75. 16 R. Schmidt hat bei seinem Vorschlag des General-Siedlungsplans i n einer bezeichnenden Weise differenziert: gegenüber den großen Städten hielt er angesichts der unübersehbaren Probleme rechtliche Zwangsmittel für überflüssig; gegenüber den Gemeinden auf dem L a n d strebte er jedoch rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten f ü r den General-Siedlungsplan an, Umlauf, Landesplanung, S. 29. Z u m persuasorischen Charakter der Landesplanung außerhalb des SVR vgl. die vorige Fußnote u n d Schmerler, Sp. 910, 914. — Z u m T y p der persuasorischen Planung insgesamt vgl. unten § 15 11.
12 Wahl I
178
Ϊ Ι · 1. Àbschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
dieser Planungsgemeinschaften unübersehbar; es mußte deshalb auch für die anstehenden Reformgesetzgebungsprojekte zum Regelungsproblem werden. Bei diesen Projekten mußten die i n der Praxis überspielbaren oder sogar positiv ausnutzbaren Unsicherheiten über die Funktionen und die Abgrenzung der beiden Planungsebenen notwendigerweise zum Problem werden. Die bestehenden Unsicherheiten konnten dabei nach zwei entgegengesetzten Richtungen h i n aufgelöst werden: Wirtschaftsoder Flächenaufteilungspläne konnten zum einen als Vorstufe der Fluchtlinienpläne innerhalb der gemeindlichen Planung, also als gesamtgemeindliche Bodennutzungspläne, vergleichbar den heutigen Flächennutzungsplänen, verstanden werden oder aber — i n konsequenter Verfolgung des landesplanerischen Ansatzes — als übergemeindliche Planungsstufe, als ein selbst nicht unmittelbar bodennutzungsregelnder Rahmenplan. Die erstgenannte Sicht herrschte eindeut i g i n den — nicht verwirklichten — Entwürfen für ein preußisches Städtebaugesetz von 1926 und für ein Reichsstädtebaugesetz von 1933 vor. Nicht zufällig wurde die landesplanerische Sicht minimalisiert, als die überörtlichen Probleme i n der Einkleidung eines allgemeinen städtebaulichen Gesetzentwurfes geregelt werden sollten 1 7 . Die entgegengesetzte Absicht war dagegen ursprünglich m i t dem Wohnsiedlung s g esetz von 1933 verbunden, das den Wirtschaftsplan des Ruhrsiedlungsverbands als Name und als Sache aufgriff. Wirtschaftspläne sollten danach nicht allgemein, sondern nur für spezielle Gebiete aufgestellt werden, i n denen eine starke Wohnsiedlungstätigkeit besteht oder zu erwarten ist und die von der obersten Landesbehörde zu Wohnsiedlungsgebieten förmlich bestimmt worden sind. Nach seiner Zweckbestimmung sollte der Plan die geordnete Nutzung des Bodens, insbesondere i m Hinblick auf die Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft und der Industrie, des Verkehrs, der Bebauung, des L u f t schutzes und des Schutzes des Heimatbildes i n den Grundzügen regeln (§ 2 WSG). Rechts Wirkungen waren dem Wirtschaftsplan nicht beigelegt; die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Bebauungs- und Fluchtlinienpläne sollten i n der kommenden, die Landesplanung endgültig regelnden Reichsgesetzgebung normiert werden, ebenso Vorschriften über das Aufstellungsverfahren und die zuständigen Stellen. Da es dazu i n der Folgezeit nicht mehr kam, war der Standort des W i r t 17
Näheres dazu u n d zur Novelle zum sächsischen Baugesetz v o n 1932 siehe Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 54ff.: danach waren übergemeindliche Pläne nur i n besonderen Fällen vorgesehen, i n denen zwischengemeindliche Gremien oder staatliche Stellen zur Aufstellung des Flächenaufteilungs- bzw. Wirtschaftsplans berufen waren oder werden sollten.
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schaftsplans innerhalb der raumbezogenen Planung, damit aber auch zugleich das zweistufige System selbst, inhaltlich alles andere als deutlich konturiert 1 8 , als die räumliche Planung m i t neuen Institutionen und neuen inhaltlich-ideologischen Gehalten i m Jahre 1935 unter dem Namen Raumordnung' 1 9 einen neuen Ansatz erfuhr. I n den bald aufkommenden Ressortkonflikten, auf die noch zurückzukommen ist, konnte sich die i m Wohnsiedlungsgesetz enthaltene starke Tendenz, m i t dem Wirtschaftsplan den staatlichen Instanzen ein Instrument überörtlicher Planung zur Verfügung zu stellen, nicht behaupten; der W i r t schaftsplan entwickelte sich i n die Richtung der sachlichen Vorstufe der einzelnen Fluchtlinienpläne, also zum städtebaulichen Rahmenplan und wurde dadurch zum Vorläufer des heutigen Flächennutzungsplanes. A n dieser Entwicklung haben sicherlich der Kontinuitätsbruch i n der Entwicklung räumlicher Planung und die allgemeine Ungesichertheit der administrativen Entwicklung i n der NS-Zeit einen erheblichen A n teil. Unklarheiten und Schwankungen i m Verständnis der den Fluchtlinien- und Bebauungsplänen vorgeordneten Planungen und Pläne bestimmten jedoch auch schon die ganze vorhergegangene Epoche, und dies kann angesichts der i n der Sache liegenden Schwierigkeiten nicht verwundern. Die räumliche Planung ist gezwungenermaßen i n den besonderen Problemgebieten der industriellen Entwicklung entstanden, i n denen die räumlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen eine besondere Dichte erreichen und gerade deshalb, damals wie heute, die Differenzierung i n örtliche und überörtliche Belange, überhaupt die Ausdifferenzierung von unterschiedlichen Ebenen und Instrumentarien besondere Schwierigkeiten bereitet. Die aus den Bedürfnissen der Praxis entstandenen Instrumente des Wirtschafts- und Flächenaufteilungsplans mußten sich relativ stark u m Einwirkungsmöglichkeiten auf die Flächennutzung und Bebauung bemühen, sie blieben deshalb auch auf relativ kleinräumige Planungselemente angewiesen. Zur Dichte städtebaulicher oder städteplanerischer Aussagen bestand nicht ein solcher Abstand, daß eine Uminterpretation des Wirtschaftsplans zum städteplanerischen Rahmenplan von den Planinhalten her auf größere Schwierigkeiten getroffen ist. Die enge Verbindung von Landesplanung und Gemeindeplanung ist i n den verdichteten Industriegebieten aus den Problemen dieser Gebiete nahegelegt. Es ist deshalb auch bezeichnend, daß der Ruhrsiedlungsverband auch Befugnisse ausgesprochen städtebaulichen Charakters hatte (Mitwirkung beim Erlaß von Bau- und Wohnungsordnungen, Erteilung der Ansiedlungsgeneh18 Treffend dazu J.-D. Kühne, Die Rechtsentwicklung der Bauleitplanung i m räumlichen Bereich des Landes NW, 1976, S. 50. 19 Vgl. dazu unten I I 1 u n d Fn. 21.
12*
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1.
bschn.: Die Ausbildung der Landesplanung
migung) 2 0 . Und ebenso liegt es i n der Dichte der Verflechtungen begründet, daß der SVR sich nicht nur als Planungsverband betätigte, sondern auch selbst die Wahrnehmung und Ausführung von Aufgaben übernahm; auch darin w a r der SVR wegweisend für die weitere Entwicklung und die derzeitige Situation, i n der die Sonderverbände i n den Verdichtungsgebieten und i m Stadt-Umland-Bereich neben den rein planerischen Aufgaben auch ausführende Verwaltungsaufgaben, Planungsfolgeaufgaben, haben oder erlangen sollen. II. 1. 1935 beginnt m i t der reichsrechtlichen Regelung und Organisation der ,Raumordnung' eine zweite Phase räumlicher Planung. Dies illustriert schon der neue Name 2 1 , der weniger i n seiner Wortbedeutung als i n der Tatsache des Wortwechsels ein neues Programm andeutete, das rasch, wenn auch nicht ausschließlich, i n der nationalsozialistischen Raum- und Bodenideologie formuliert wurde. Diese Ideologie interessiert hier nicht, sondern die Implikationen der neuen Aufgabenstellung und Organisation für die Ausbildung des Planungssystems. Wichtig ist insofern, daß den bisher von unten nach oben verlaufenden Impulsen i n der Entwicklung der räumlichen Planung die umgekehrte, von zentralen Instanzen ausgehende Determination entgegengesetzt wurde. Diese Umkehrung, die sicherlich auch i n der ausgeprägten generellen zentralistischen Tendenz der Staats- und Verwaltungspraxis i m NS-Staat begründet ist, hat sich daneben aber auch immanent konsequent aus dem bestimmenden Anlaß der Reichsplanung, der Vorsorge und Regelung des Landbedarfs der öffentlichen Hand entwickelt 2 2 . Die großräumig angelegten u n d bodenintensiven Vorhaben des Autobahnbaus, des Aufbaus der Wehrmacht und der Rüstungsindustrien erforderten Planungen i m größeren Raum und i m gesamten Reichsgebiet. Inhaltlich bestätigte sich rasch die schon erwähnte 2 3 Notwendigkeit, fachplanerischen Vorhaben dieser Größenordnung eine umfassende Planung der Gestaltung des Raumes insgesamt 20 Nach dem pr. Ansiedlungsgesetz v o n 1904, vgl. §§ 1 I Ziff. 5, 20 VbO u n d Umlauf, Landesplanung, S. 42, u n d Kühne, Rechtsentwicklung der Bauleitplanung, S. 42 ff., 45. 21 Der Ursprung des 1934/35 auftauchenden Namens R a u m o r d n u n g ' ist nicht v ö l l i g geklärt. Nach Umlauf, Landesplanung, S. 88, ist der Begriff zuerst von dem Rostocker Wirtschaftswissenschaftler Weigmann 1934 gebraucht worden (vgl. dessen Schrift: Politische Raumordnung. Gedanken zur Umgestaltung des deutschen Lebensraums 1935). Parallel dazu wurde der Name f ü r die ,Reichsstelle f ü r Raumordnung' i m Reichs- u n d Preußischen M i n i sterium f ü r Ernährung u n d Landwirtschaft seit 1934 benutzt, die sich m i t der bäuerlichen Siedlung beschäftigte, so Umlauf, ebd.; Isenberg, i n : Raumordnung u n d Landesplanung i m 20. Jahrhundert, S. 99; K. Meyer, ebd., S. 104 f. u n d Gottfried Müller, A r t . Raumordnung', H R R Bd. 2, Sp. 2465. 22 Vgl. dazu das Gesetz über die Regelung des Landbedarfs der öffentlichen H a n d von 1935. 23 Vgl. oben 1.1.
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vorzuordnen: Aus der i m März 1935 errichteten ,Reichsstelle zur Regelung des Landbedarfs der öffentlichen Hand 1 wurde schon i m Juni 1935 die ,Reichsstelle für Raumordnung' mit der erweiterten Aufgabenstellung und Zuständigkeit für die »zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des deutschen Raumes für das gesamte Reichsgebiet' 2 4 und m i t einer flächendeckenden Planungsorganisation von nachgeordneten Planungsträgern. Angelehnt an die staatliche Verwaltungsorganisation wurden grundsätzlich die Regierungsbezirke bzw. entsprechende staatliche Verwaltungsbezirke zu staatlichen Planungsbehörden bestimmt 2 5 und ihnen — i n Fortsetzung der positiven Erfahrungen m i t den Landesplanungsverbänden vor 1933 — für dieselben Planungsräume rechtsfähige Landesplanungsgemeinschaften zugeordnet; i n ihnen waren die betreffenden Selbstverwaltungskörperschaften, die m i t der großräumigen Fachplanung befaßten Reichs- und Landesbehörden, die berufsständischen Organisationen und die wissenschaftlichen Einrichtungen der Raumforschung zusammengeschlossen26. Bei diesem dualistischen Aufbau und der darin angelegten und verwirklichten Arbeitsteilung blieb den Landesplanungsgemeinschaften faktisch der Hauptteil der Planungsarbeit 27 , die i n den rechtlichen Vorschriften als Ausarbeitung einer vorausschauenden, gestaltenden Gesamtplanung des Raumes' umschrieben war. Für das materielle Planungsrecht und speziell die Planung i n Stufen w a r die Formulierung, daß sich ,der kleinere Raum i n den größeren Raum und die Einzelplanungen i n die Reichs- und Landesplanung' einfügen müssen 28 , von besonderer wegweisender Bedeutung. 2. Das neue Verständnis der Raumordnung als übergeordneter und zusammenfassender Planung der Bodennutzung 29 löste zusammen m i t dem großräumigen Ansatz die räumliche Planung aus ihrem bisherigen 24
Erlaß über die Reichsstelle f ü r Raumordnung Abs. 2. Planungsräume waren die Reichsstatthalterbezirke, i n Preußen die Provinzen sowie das Saarland, die Hauptstadt B e r l i n u n d der SVR, § 1 Erste V O zur Durchführung der Reichs- u n d Landesplanung. Z u den teilweisen Modifikationen u n d zum prinzipiell ungünstigen Zuschnitt dieser Abgrenzungen, Umlauf, Landesplanung, S. 105 ff. 26 § 5 Erste V O zur Durchführung der Reichs- u n d Landesplanung. — Dieser Ansatz ist nach 1945 i n der Mitgliedschaft der Vertreter der sog. f u n k tionalen Selbstverwaltung i n den nordrhein-westfälischen Landesplanungsgemeinschaften, w i e sie bis 1975 bestanden, fortgesetzt worden. 27 Vgl. Umlauf, Landesplanung, S. 101 f. u n d S. 119 zu dieser ,in ihrem M i l i e u überraschenden Lösung*. 28 Beide wörtlichen Zitate aus § 4 Abs. 9 Erste V O zur Durchführung der Reichs- u n d Landesplanung. 29 H i e r i n lag zugleich eine sachliche Einengung gegenüber der i n der E n t w i c k l u n g bis 1933/35 angelegten Erweiterung der räumlichen Planung auf die Gestaltung u n d E n t w i c k l u n g der gesamten Lebensverhältnisse der B e völkerung, dazu Umlauf, Landesplanung s. S. 88 - 95. 25
182
1.
bschn. : D i e Ausbildung der Landesplanung
engen sachlichen Zusammenhang m i t dem Bau- und Siedlungswesen 30 . Die verselbständigte und dadurch i n ihren Entwicklungsimpulsen gestärkte Raumordnung trat den Fachplanungen m i t dem Anspruch der Gesamtplanung gegenüber. Das Planungs,system 1 differenzierte sich auch i n horizontaler Richtung aus; es bildeten sich die unterschiedlichen Planungsbereiche der zusammenfassenden Reichs- und Landesplanung' einerseits und der ,Sonderplanung 4 i n den einzelnen Arbeitsgebieten, die Aufgabe der einzelnen Ressorts bleibt, andererseits aus 31 . Konsequenterweise ist das typische Konfliktsfeld dieser Zeit der Ressortkonflikt 32 und der Zuständigkeitsstreit zwischen der Reichsstelle für Raumordnung und ihren nachgeordneten Stellen einerseits und den Ressorts andererseits. Die Reichsstelle war über alle Planungsvorhaben der Ressorts zu unterrichten, sie konnte selbst Auskunft und Beteiligung verlangen und hatte als rechtlich verbindliche Waffe ein Einspruchsrecht 33 . Es lag jedoch nicht nur an dieser formellen Konstellation, bei der die Initiative und Planaufstellung bei den Ressorts liegt, daß die Durchsetzungskraft der Reichsstelle und der Landesplanungsbehörden beschränkt w a r 3 4 . Hinzu kam der — auch heute noch längst nicht aufgeholte und dabei bis heute noch häufig unterschätzte — Vorsprung, den die Fachplanungen als methodisch und inhaltlich am weitesten fortgeschrittene Planungsbereiche hatten. So haben vor allem die weitgehend eigenständig ausgearbeiteten Verkehrsplanungen die Gesamtplanung weit mehr inhaltlich präjudiziert, als daß sie umgekehrt aus einem großräumigen Konzept der überfachlichen Raumordnung abgeleitet worden wären. 30
s. Umlauf, Landesplanung, S. 110. Diese Ausdrücke sind enthalten i m Zweiten Erlaß über die Reichsstelle f ü r Raumordnung. 32 Die Reichsstelle f ü r Raumordnung w a r keinem Fachressort eingegliedert, sondern als oberste Reichsbehörde dem Reichskanzler unmittelbar u n terstellt (§ 1 Gesetz über die Regelung des Landbedarfs), wie die Ministerien, ohne jedoch andererseits diesen vorgeordnet zu sein, Umlauf, Landesplanung, S. 96. 33 § 3 Abs. 2 Gesetz über die Regelung des Landbedarfs der öffentlichen Hand. Die Folgen des Einspruchs waren nicht geregelt, so daß beim Scheitern von Inter-Ressort-Verhandlungen von F a l l zu F a l l die Entscheidung des Reichskanzlers herbeigeführt werden mußte, so Umlauf, Landesplanung, S. 109. 34 Die Schwierigkeiten der Raumordnungsstellen i m Verhältnis zu den Fachplanungen sind vielfach, häufig i m klagenden Unterton, auch von offizieller Seite angesprochen, vgl. Die A r b e i t der Reichsstelle für Raumordnung, Raumforschung u n d Raumordnung, 1938, S. 282 f.; H. Muhs, Die Raumordnung v o r neuen Aufgaben, Raumforschung u n d Raumordnung 1938, S. 478 f. u n d E. Jarmer, V e r w a l t u n g u n d Raumordnung, Raumforschung u n d Raumordnung, 1940, S. 436. 31
§ 14 Ansätze bis 1945
183
I n der Einkleidung des Zuständigkeits- und Ressortkonflikts wurde dann auch die für die Ausformung des Planungssystems zentrale Bestimmung des Verhältnisses der Raumordnung und Landesplanung zur Ortsplanung ausgetragen. Die Aufgabe der zusammenfassenden und übergeordneten Planung, die gesamtplanerische Abstimmung nach einem Konzept, stellt sich für die Ortsebene i n gleicher Weise wie für andere räumliche Ebenen 35 . Ordnungs- und Strukturvorstellungen für den größeren Raum können zum Teil nur verwirklicht werden, wenn und indem sie auf der örtlichen Ebene konkret umgesetzt werden 3 6 . Folgerichtig reklamierte deshalb die Reichsstelle für Raumordnung die städtebauliche Planung als örtliche Gesamtplanung der Entwicklung des Gemeindegebiets, wie sie sich i n dem Flächenaufteilungs- bzw. i m Wirtschaftsplan (nach dem Wohnsiedlungsgesetz) niederschlug, als Ortsraumordnung für ihren Zuständigkeitsbereich. Nach dieser Auffassung wären die gemeindlichen Flächennutzungs- sowie die Wirtschaftspläne als ,örtliche Raumordnungspläne 4 i n einen durchgängigen Entscheidungs- und Ableitungszusammenhang m i t der regionalen und Reichsraumordnung eingegliedert worden 3 7 . Diese Interpretation war u m so konsequenter, als i n der Aufgabenumschreibung der Reichsstelle — i m Gegensatz zu den heutigen Formeln für den Tätigkeitsbereich der Raumordnung und Landesplanung — das einschränkende Merkmal der ,überörtlichen Planung' fehlte. Die Reichsstelle konnte sich jedoch nicht gegenüber dem konkurrierenden, für den Städtebau zuständigen Reichs- und Preußischen Arbeitsminister durchsetzen, der die städtebauliche Planung i n der Interpretation als Fach- bzw. ,Sonder'planung für seinen Zuständigkeitsbereich verteidigte 3 8 . Nach dieser — präjudiziell gewordenen — Entscheidung endigte und endigt die Aufgabe der gesamtplanerischen Raumordnung vor der Ortsebene, auf der ihr die städtebauliche Planung als selbstän35 Prägnant zusammengefaßt ist dieses Selbstverständnis i m Tätigkeitsbericht: Die A r b e i t der Reichsstelle f ü r Raumordnung, Raumforschung u n d Raumordnung 1938, S. 283: , . . . die städtebaulichen Planungen sind, soweit sie Totalplanungen, also nicht Baugestaltungsplanungen darstellen, die unterste Stufe der Raumordnung überhaupt', , . . . Sie sind nichts anderes als die t o tale Planung einer Gemeinde . . . , bei der i n der horizontal untersten Ebene die letzten Ausstrahlungen der verschiedenen v e r t i k a l aufgespaltenen Fachplanungen m i t dem Ziel einer bestmöglichen Raumgestaltung zusammengefaßt u n d ausgeglichen werden'. 38 Die Einheit i n der Sache erweist besonders deutlich das Thema der v o r liegenden A r b e i t ; die Konzepte der überörtlichen Siedlungsstruktur als Z u ordnungen v o n Nutzungsbereichen der Daseinsgrundfunktionen erlangen Realität vorwiegend i n der innerörtlichen Zuordnung der kleinräumigen Nutzungsbereiche; überörtliche u n d innerörtliche Siedlungsstrukturen gehen nahtlos ineinander über, vgl. unten § 22. 37 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 57. 38 Vgl. Brügelmann f Asmuß, ROG, Einl. LP1G Bern. I I 3.
184
1.
bschn.: Die Ausbildung der Landesplanung
dige Materie entgegentritt 3 9 . Durch die Trennung der beiden Bereiche, die durch die Ressortgrenze sowohl augenfällig gemacht als auch inhaltlich stabilisiert wurde 4 0 , entzogen sich die städtebauliche Planung und ihre Instrumente der sachlichen Ausweitung der übrigen räumlichen Planung i n Richtung auf eine gesamtwirtschaftliche Planung 4 1 . Als Folge dieser Entwicklung bleibt der inhaltliche Charakter der städtebaulichen Planung als Fachplanung oder als örtliche Gesamtplanung undeutlich und bis i n die Gegenwart hinein umstritten 4 2 . I n den aktuellen Tendenzen zu einer Stadt-(Gemeinde-)Entwicklungsplanung zeigen sich die Konturen eines sachlich ausgeweiteteren Planungstyps auf der Ortsebene, gegenüber dem die Bauleitplanung nur als (potenzierte) Fachplanung erscheint 43 . I m Lichte dieser Tendenzen erweist sich die Frage der Einordnung der Bauleitplanung gegenwärtig wie i n den 30er Jahren als mehr als nur ein terminologisches Problem. Die unmittelbare, aber ebenfalls nachwirkende Konsequenz des Scheiterns der Reichsstelle für Raumordnung war, daß ihr die Instrumente des Wirtschaftsplans und der Flächenaufteilungspläne verloren gingen; sie fielen — entgegen den ursprünglichen gesetzgeberischen Absichten — v o l l i n den Bereich der städtebaulichen Planung zurück und wurden eben dadurch die Vorläufer des heutigen Flächennutzungsplans. Die Planungsträger der Raumordnung waren dadurch zur Ausbildung einer eigenen Planart gezwungen; 1937 wurden die Landesplanungsgemeinschaften m i t der Aufstellung von ,Raumordnungsplänen' beauftragt. Zur sachlichen Ausformung dieses Instruments kam es jedoch nicht mehr 4 4 ; immerhin wurden sachlich-planerische Vorar89
Vgl. Ernst, i n : Planung I I I , S. 138. Gerade i n einer Situation, i n der es an einem rechtlich verbindlichen Planinstrumentarium fehlte, wäre die einheitliche Ressortzuständigkeit eine notwendige Bedingung f ü r die Einheitlichkeit i n der sachlichen A r b e i t gewesen. 41 Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 58 f. 42 Als Gesamtplanung verstehen die Bauleitplanung: Brenken / S chef er, Handbuch der Raumordnung u n d Raumplanung, 1966, S. 62; dezidiert Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht 1970, S. 21 m. w . Nachw.; a. Α.: Zinkahn / Bielenberg, B R O G § 5 Rdnr. 14 (S. 120 f.) u n d w o h l auch Schmidt-Aßmann, i n : Raumplanung u n d Entwicklungsplanung, S. 123, 127. Z u m Problem auch Ernst, Fortentwicklung des Planungsrechts, Bay. Bürgermeister 1972, S. 57 ff. ( = Raum u n d Siedlung, 1971, S. 242 ff.). 43 Durch die Novelle B B a u G 1976 ist die Entwicklungsplanung bewußt nicht als eigenständige rechtliche Planungsstufe ausgebildet worden, vgl. § 1 V B B a u G 1976. 44 Umlauf, Landesplanung, S. 108 ff.; Roloff, Raumordnungspläne, Raumforschung u n d Raumordnung 1938, S. 10 ff.; Klemt, Raumforschung u n d Raumordnung 1940, S. 8 ff. (Raumordnungsplan-Skizze für das mitteldeutsche Industriegebiet u n d L a n d A n h a l t ) ; K . Brüning, Raumforschung u n d Raumordnung 1941, S. 6 ff. (Erfahrungsbericht aus R a u m Hannover-Braunschweig). Nach Ernst / Zinkahn / Bielenberg, B B a u G § 1 Rdnr. 15 w u r d e der erste Raumordnungsplan für das Gebiet der Grafschaft Diepholz aufgestellt. 40
§ 15 Die persuasorische Landesplanung bis 1965 beiten für
e i n e n die angestrebte G e s a m t e n t w i c k l u n g
eines
185 Gebietes
d a r s t e l l e n d e n ü b e r ö r t l i c h e n u n d ü b e r f a c h l i c h e n P l a n t y p geleistet,
an
d e n e n d i e E n t w i c k l u n g nach 1945/49 a n k n ü p f e n k o n n t e . § 15 D i e persuasorische Landesplanung — Entwicklung bis 1965 Rechtsgrundlagen Baden-Württemberg: Landesplanungsgesetz v o m 19. Dez. 1962 (GBl 1963, S. 1) zit. LP1G BW. Bayern: Gesetz über die Landesplanung (Landesplanungsgesetz) v o m 21. Dez. 1957 (GVB1 S. 323) zit. LP1G Bay. Hessen: Hessisches Landesplanungsgesetz v o m 4. J u l i 1962 (GVB1 S. 311) zit. LP1G Hessen. Nordrhein-Westfalen: Landesplanungsgesetz v o m 11. März 1950 (GV S. 41) zit. LP1G N W 1950; Landesplanungsgesetz v o m 7. M a i 1962 (GV S. 229) zit. LP1G N W 1962). Saarland: Gesetz Nr. 798 Saarländisches Landesplanungsgesetz (SLPG) v o m 27. M a i 1964 ( A B l S. 525) zit. LP1G Saar. Schleswig-Holstein: Gesetz über die Landesplanung (Landesplanungsgesetz) v. 5. J u l i 1961 (GVB1 S. 119) zit. LP1G SH. N a c h d e m K r i e g e w u r d e angesichts e i n e r Ü b e r f ü l l e v o n r ä u m l i c h e n P r o b l e m e n i n a l l e n L ä n d e r n d i e L a n d e s p l a n u n g als T ä t i g k e i t s b e r e i c h u n d als O r g a n i s a t i o n i m s t a a t l i c h e n B e r e i c h 1 w i e d e r h e r g e s t e l l t u n d f o r t g e f ü h r t . D i e E n t w i c k l u n g i s t d a b e i v o n A n f a n g a n bis z u r G e g e n w a r t sehr h e t e r o g e n v e r l a u f e n ; d i e E i g e n s t ä n d i g k e i t d e r e i n z e l n e n Länder i m A n k n ü p f e n an bzw. i n der A u s b i l d u n g v o n unterschiedlichen V e r w a l t u n g s t r a d i t i o n e n zeigt sich v i e l l e i c h t n i r g e n d s s t ä r k e r als i n diesem B e r e i c h 2 . Jede B e s t a n d s a u f n a h m e i n d e r L i t e r a t u r nach 1945 zeigt f ü r i h r e n Z e i t p u n k t d i e b e t r ä c h t l i c h e n U n t e r s c h i e d e u n d die U n ü b e r s i c h t l i c h k e i t i n Gesetzgebung u n d P r a x i s d e r L a n d e s p l a n u n g 3 ; sie 1 Umlauf, Landesplanung, S. 115 ff., Landesplanungsgemeinschaften als Element der Selbstverwaltung w u r d e n jedoch n u r i n Nordrhein-Westfalen beibehalten. 2 D a m i t bestätigt sich die insbesondere von der Ernst-Kommission herausgestellte Feststellung, daß der eigentliche K e r n des landespolitischen Aufgabenblocks' ,in der Planung u n d V e r w i r k l i c h u n g der raumrelevanten Landespolitik' liegt, also i n den langfristigen Gestaltungsaufgaben i m Bereich der großräumigen S t r u k t u r - u n d Gesellschaftspolitik i m Rahmen der Landes(entwicklungs)planung, vgl. Bericht der Sachverständigenkommission für die Neugliederung des Bundesgebietes, 1973, Textziff. 225 (S. 96 f.) u n d Textziff. 106 ff. (S. 53 ff.). 3 Vgl. H. B. Klamroth, Organisation und rechtliche Grundlagen der L a n desplanung, 2. A u f l . 1964. — Z u m Stand vor dem Erlaß des Raumordnungsgesetzes; Niemeier / Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, 1964, auch Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 115170, sowie Brügelmann / Aßmuß, ROG, Einf. LP1G; Zinkahn / Bielenberg, ROG, insbes. Kommentierung zu § 5; H. Hohberg, Das Recht der Landesplanung, 1966.
186
1.
bschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
i m einzelnen nachzuzeichnen, kann nicht der Sinn der folgenden Ausführungen sein, sondern diese beschränken sich auf die wichtigsten Aspekte der Ausbildung der landesplanerischen Planungssysteme i n der Praxis und den Landesplanungsgesetzen (I und II) und auf ihren Niederschlag i m Planungsrecht (III). I. 1. Übereinstimmung bestand i n den einzelnen Ländern i m H i n blick auf die Aufgabenbeschreibung der Landesplanung als übergeordneter, zusammenfassender sowie überörtlicher Planung 4 . Das Bestreben, i n inhaltlicher Ausfüllung dieser Umschreibung, umfassende Pläne für das gesamte Landesgebiet oder für Teilräume zu entwickeln, wurde i n einem Teil der Länder schon sehr früh, ζ. T. unmittelbar nach der Neukonstituierung aufgenommen, so i n Schleswig-Holstein 1947/48 und i n Niedersachsen 1950; Hessen stellte 1956/57 einen vorläufigen Raumordnungsplan auf 5 . Nennenswerte Wirkungen konnten diese eher als Planungsabsichten und -grundlagen denn als Pläne zu bezeichnenden Ausarbeitungen jedoch nicht entfalten. Verantwortlich dafür war die ambivalente Situation der Landesplanung nach 1945; der Anspruch auf umfassende räumliche Planung war zwar i n der Theorie formuliert, zu seiner Einlösung fehlten jedoch nahezu alle erforderlichen planerischen, rechtlichen und politischen Grundlagen, und die Landesplanung selbst war noch ideologisch verdächtig 6 . Eine — hier nicht anzustellende — 4 Vgl. die Zusammenstellung der Legaldefinitionen (Stand 1968) bei Brügelmann / Asmuß, ROG, Einf. LP1G, Bern. I I . Dieses Verständnis ist wesentlich durch das Baurechtsgutachten des B V e r f G bestätigt u n d bestärkt w o r den, vgl. BVerfGE 3, S. 425 ff. 5 Hinweise u n d Dokumente zur Entwicklung i n den einzelnen Ländern f i n den sich zahlreich bei Klamroth, Landesplanung; i m einzelnen vgl. zu Schleswig-Holstein: K l a m r o t h , S. 40 u n d Anhang S. A 28; Keil, i n : Raumordnung u n d Landesplanung i m 20. Jahrhundert, S. 92 ff. Z u Niedersachsen: Vgl. den E n t w u r f eines Raumordnungsplans v o n 1950 bei K . Brüning / H. Kraus, Raumforschung u n d Raumordnung 1950, S. 47 ff.; sowie Klamroth, S. A 22 u n d Hunke, Raumordnungs-politik, 1974, S. 158. Z u Hessen: Klamroth, S. 36 u n d S. A 21, sowie die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, R a u m forschung u n d Raumordnung 1955, S. 98. Auch i n Bayern gab es schon 1955 einen Beirat beim Ministerpräsidenten zur Aufstellung der Richtlinien eines Landesentwicklungsplans. I n Baden-Württemberg w u r d e die vorläufige Regierung von der verfassungsgebenden Landesversammlung (in der 27. Sitzung v o m 4. März 1953) ersucht, f ü r die zurückgebliebenen Gebiete langfristige Pläne zur Förderung i n wirtschaftlicher, sozialer u n d k u l t u r e l l e r Hinsicht auszuarbeiten, s. Klamroth, S. 32; daraus entstanden landesplanerische Gutachten für strukturschwache Gebiete, vgl. E. Rasch, A r t . »Baden-Württemberg* i n HRR, Bd. 1 Sp. 109. Über die Vorarbeiten i n Nordrhein-Westfalen informiert der 1. Bericht der Landesregierung N W gem. § 24 LP1G 1962, S. 15 ff., 18 ff., 21 ff. 6 Dazu Umlauf, Landesplanung, S. 115, 140 (mit dem erwähnenswerten Hinweis, daß der i m N W LP1G 1950 enthaltene Begriff der Verbindlichkeitserklärung v o n Raumordnungsplänen besondere Widerstände ausgelöst hat), 169, 224 ff. (mit ausführlichen Literaturnachweisen zur Diskussion u m das Verhältnis zwischen Marktwirtschaft u n d Raumordnung, dazu auch: R. Jo-
§ 15 Die persuasorische Landesplanung bis 1965
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Analyse dieser Zeit würde viel aufschlußreiches Material für die lange Entwicklungsgeschichte von Planungen und Planungsprozessen erbringen und insbesondere den langen und mühevollen Weg von der Datenbeschaffung und Bestandsaufnahme zur allmählich inhaltlichen A n f ü l lung von zunächst nur skizzenhaften, aber häufig hohe Erwartungen erweckenden Konzepten zu gehaltvollen planerischen Zielsetzungen und Maßnahmenbündel illustrieren. Vieles von diesen inhaltlichen Schwierigkeiten und vor allem die Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Umsetzung wiederholt sich heute bei den Versuchen, Entwicklungsplanungen aufzustellen. I n der damaligen Situation führte der unzureichende Entwicklungszustand der sachlich-planerischen Methode und Arbeitsvoraussetzungen zu einem besonderen Typ der Planung, nämlich zur persuasorischen Planung 7 . I m Selbstverständnis der Landesplanung, niedergelegt i n den Vorschlägen der Arbeitsgemeinschaft der Landesplaner zur Klärung der grundlegenden Begriffe, heißt es: „Dem Wesen der Landesplanung entspricht es am besten, wenn sie ihre Gesichtspunkte i m freiwilligen Ausgleich der Interessen durch Überzeugung der Beteiligten von der Notwendigkeit der Landesplanung durchsetzt 8 ." Die zusammenfassende Planung und ihre Ausformulierung i n Plänen wurden weitgehend als interner Arbeitsvorgang und -mittel der Stellen der Landesplanung verstanden 9 , als sachliche Grundlage für die nach außen gerichtete Beratung und koordinierende Tätigkeit gegenüber Fachplanungen und Gemeinden. Der persuasorische, an Einzelprojekten und Einzelräumen ansetzende Charakter der Praxis bis 1965 kommt zusammenfassend i n den Darlegungen von Niemeier / Müller, zweier führender Ministerialbeamten der nordrhein-westfälischen Landesplanung, zum Ausdruck: ,Für diese späte Entwicklung der eigentlichen Landesplanung ist es sehr bezeichnend, daß die Landesplanung v o n den i h r gesetzlich gegebenen M i t teln zur Durchsetzung ihrer Ziele n u r sehr zögernd, u m nicht zu sagen, eigentlich überhaupt nicht, Gebrauch macht. Landesplanerischer W i d e r spruch, verbindliche Anerkennung v o n Flächensicherungsplänen, Zurückchimsen, i n : Informationsbriefe f ü r Raumordnung, R. 3.4.1). — Z u den einer planvollen räumlichen Steuerung entgegenstehenden hemmenden Faktoren E. Dittrich, Informationen, 1956, S. 1 ff. ; ders., Raumforschung u n d R a u m ordnung 1962, S. 1 (13). 7 I n der Praxis gebräuchlicher Ausdruck, aufgegriffen ζ. B. von G. Klein, Ziele der Landesplanung, S. 1 u n d Gottfried Müller, i n : Z u r Ordnung der Siedlungsstruktur, S. 159. 8 Landesplanung — Begriffe u n d Richtlinien, 1953 (ζ. T. abgedruckt bei Umlauf, Landesplanung, S. 159 ff., S. 167). Dieses Selbstverständnis Schloß die Forderung nach der Ausbildung gesetzlicher u n d administrativer Regelungen nicht aus, verwies aber die Praxis p r i m ä r auf den Weg der f r e i w i l l i gen Koordination. 9 Vgl. dazu H. G. Niemeier / Gottfried Müller, Raumplanung als V e r w a l tungsaufgabe, 1964, S. 26.
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1.
bschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
Stellung von Baugesuchen u n d Veränderungssperren tauchen als Ausnahmen i n der Praxis der Landesplanung auf. Die Landesplanung beschränkte sich bisher überwiegend auf Beratung u n d Gutachten, d. h. auf mündliche Erörterung u n d schriftliche Festlegung, u n d zwar bestimmter Teilziele f ü r bestimmte Teilräume gegenüber bestimmten Aufgaben. Das hängt ganz zweifellos m i t zwei Faktoren zusammen, nämlich m i t der p r i n zipiellen Unsicherheit aller i n die Z u k u n f t weisenden Pläne, zum anderen aber auch m i t psychologischen Schwierigkeiten, daß viele Planer i n das von ihnen zu meisternde Gebiet m i t Idealvorstellungen, etwa über die Beseitigung v o n Agglomerationen oder über Dezentralisation, hineingehen, w ä h rend die allein maßgebende gesellschaftliche u n d wirtschaftliche E n t w i c k lung hier u n d jetzt, d. h. i n unserem Industriezeitalter, etwas anderes v e r langt. Deshalb hat m a n sich mehr auf Beratung u n d Gutachten f ü r konkrete Projekte u n d auf Gespräche eingelassen, die der Beseitigung von Unklarheiten beim Planer selbst, d. h. bei der Erarbeitung von landesplanerischen Teilzielen, dienen u n d auf der anderen Seite durch gegenseitiges Nachgeben zu einer Übereinstimmung, d. h. zu einer Koordination, die nicht notwendig ein fauler Kompromiß sein muß, führen. Logisch hätte a m A n fang aller planerischen Tätigkeit, sobald sie nach außen w i r k e n w i l l , die Erarbeitung eines Gesamtplans stehen müssen, u n d erst dann hätte man i n die erste Stufe planerischer A r b e i t nach außen, nämlich i n die Beratung, hineingehen dürfen. Da man aber angesichts der drängenden Situation t ä t i g werden mußte, beschränkte m a n sich auf Beratung u n d Gutachten f ü r Einzelfälle u n d Teilgebiete, u m Zeit zu gewinnen zur Planvorbereitung u n d u m Unklarheiten hinsichtlich des Planes zu klären. Das ändert aber nichts daran, daß wissenschaftlicher u n d praktischer M i t t e l p u n k t der Tätigkeit der Landesplanung der landesplanerische P l a n ist, der auch Grundlage aller sonstiger M i t t e l der Landesplanung zur Durchsetzung der Ziele ist u n d w i r k l i c h zu sein h a t 1 0 / 2. Bestimmten so entgegen dem Bild, das die vorhandenen Landesplanungsgesetze bzw. die Verwaltungserlasse vermittelten, nicht ausgearbeitete Pläne die landesplanerische Tätigkeit, so mußte der Schwerpunkt des Geltendmachens landesplanerischer Gesichtspunkte gegenüber einzelnen gemeindlichen u n d Fachplanungen i m Wege der Einzelfall-Koordination liegen. Nicht zufällig erhielt die Landesplanung i n allen Ländern rechtliche G r u n d lagen zuerst i m Rahmen der Gesetzgebung zum städtebaulichen Wiederaufbau. Die Aufbaugesetze der Länder enthielten deshalb durchgängig A n passungsklauseln, nach deren — i m einzelnen unterschiedlichen Fassungen — die gemeindliche Planung der Landesplanung »entsprechen 4 mußte oder sich i n sie »einfügen* mußte 1 1 . Anforderungen an die Form, i n der landesplanerische Gesichtspunkte ausgedrückt sein mußten, u m den Gemeinden gegenüber W i r k u n g zu entfalten, enthielten die Klauseln nicht. Erst das Bundesbaugesetz stellte m i t der Formulierung i n § 1 I I I B B a u G 1960 klar, daß n u r förmliche »Ziele* der Raumordnung u n d Landesplanung, nicht aber bloße gutachtliche Äußerungen u n d Stellungnahmen rechtserhebliche W i r k u n g e n gegenüber den Gemeinden haben können; Bestimmungen über die F o r m 10 Ebd., S. 29 f., Niemeier, Landesplanung i n NW, Jahrbuch für Forschung 1969, S. 377, u n d ders., Das Recht der Raumordnung, S. 4 f. 11 Fundstellen der Vorschriften bei Ernst f Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 16, vgl. auch ebenda Einl. Rdnr. 75 sowie allgemein zur Landesplanung i n den Aufbaugesetzen Umlauf, Landesplanung, S. 149 ff.
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ie persuasorische Landesplanung bis 19
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und das Verfahren zur Aufstellung der Ziele blieben jedoch auch dort der Regelung durch die Landesplanungsgesetze überlassen. Einen partiellen Ausbau ihrer rechtlichen Möglichkeiten erreichte die L a n desplanung gegenüber den typischen Fachplanungen durch die Einfügung der sog. Raumordnungsklauseln 12 i n die gesetzlichen Grundlagen dieser Planungen. Nach diesen Klauseln sind bei Planungen u n d Maßnahmen des betreffenden Ressorts die »Erfordernisse 4 u n d ,Ziele 4 der Landesplanung zu berücksichtigen 13 . Unabhängig davon, ob diese materielle Pflicht auch v e r fahrensrechtlich durch die Pflicht zur förmlichen Beteüigung der Landesplanungsstellen abgedeckt w a r oder nicht, darf die Bedeutung dieser K l a u seln nicht überschätzt werden, u n d dies gilt selbst dann, w e n n m a n — nach bestrittener Auffassung — die Fachplanungen an die Stellungnahme der Landesplanung gebunden h ä l t 1 4 . Nach diesen Klauseln blieb die I n i t i a t i v e u n d der bestimmende Einfluß über die Ausarbeitung bei der Fachplanung; die Koordinierungstätigkeit der Landesplanung beschränkte sich typischerweise auf bloß negative Koordination anläßlich v o n Einzelfällen, also auf den Versuch, nachträglich gegen ein ausgearbeitetes Projekt Einwände u n d Teilkorrekturen durchzusetzen, ohne auf die Grundkonzeption nachhaltigen Einfluß ausüben zu können 1 5 . Außerdem fehlen i n dieser ersten Nachkriegsperiode die entscheidenden Voraussetzungen f ü r eine ins Gewicht fallende E i n w i r k u n g , nämlich ausgearbeitete Raumordnungspläne, eigene Konzepte der Landesplanung i n F o r m von Raumordnungsplänen, die erst die sachlichkonzeptionelle Basis zur Argumentation u n d Durchsetzung gegenüber den Fachplanungen gegeben hätten. Auch aus diesen Gründen mußte es beim Versuch der Uberzeugung u n d der Koordinierung i m »zielleeren 4 Raum1® bleiben.
II. 1. Die geschilderte ungesicherte Stellung und geringe Intensität der Landesplanung waren für die Ausformung der landesplanerischen Planungssysteme nicht günstig. Die Planungsebenen innerhalb der Aufgabe Landesplanung bildeten sich i n dieser Zeit, wenn überhaupt, 12 Ubersichten über die Raumordnungsklauseln i n der Bundesgesetzgebung enthalten der Erste ROB der BReg. v o n 1963, S. 53 ff. u n d die Fortführungen bei Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht, 1970, S. 32 ff. u n d Heigl/Hosch, Raumordnung u n d Landesplanung i n Bayern, A 1/3, S. 1 ff. — Die ersten Klauseln finden sich i n § 37 F l u r B G von 1953 u n d i n § 16 F S t r G von 1953. I m Länderbereich sind Raumordnungsklauseln v o r allem i n den Landesstraßen u n d -eisenbahngesetzen enthalten, vgl. die A n gaben bei Forsthoff / Blümel, S. 30 Fn. 64. 13 Z u r F u n k t i o n u n d rechtlichen Bedeutung der Raumordnungsklauseln vgl. Forsthoff / Blümel, ebd., G. Klein, Ziele der Landesplanung, S. 26 ff. u n d W. Suderow, Das Verhältnis der Fachplanungen zur Raumordnung u n d Landesplanung, 1976, S. 59 ff. 14 Z u diesen Rechtsfragen vgl. Forsthoff / Blümel, S. 133 ff.; auf ihre richtige Entscheidung k o m m t es hier weniger an, als auf die unbstrittene T a t sache, daß i n der Praxis die Landesplanung nicht selten übergangen wurde. 15 Vgl. dazu die beredten Klagen über die Schwierigkeiten der Landesplanung gegenüber den Fachplanungen u n d Ressorts bei Niemeier / Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, S. 53 u n d Niemeier / Bensberg, L a n desplanungsrecht i n Nordrhein-Westfalen, 1967, S. 10 f., 19. 16 So die treffende Formulierung bei Bielenberg, i n : Theorie u n d Praxis der I n f r a s t r u k t u r p o l i t i k , S. 613.
1. Àbschn. :
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nur unvollkommen aus. Abgesehen von Nordrhein-Westfalen, das die überkommene Organisation der Landesplanungsgemeinschaften weiterführte, blieb der Bereich zwischen der zentralen Ebene und der Ortsplanung zunächst frei; landesplanerische Arbeit blieb dort der Initiative der kommunalen Zusammenschlüsse überlassen. Der Gedanke der Region mußte erst einige Konturen gewinnen, ehe die aus unterschiedlichen Ansätzen entstandenen Institutionen i n einen planerischen Zusammenhang m i t der zentralen Ebene gebracht werden konnten 1 7 . Ausformung, Aufgabe, Organisation und räumlicher Zuschnitt der Planung i m regionalen Bereich variierten zwischen den einzelnen Ländern nicht nur wegen der unterschiedlichen historischen Ausgangslagen und Ansätze, sie unterlagen auch i n den meisten Ländern andauernden, auch gegenwärtig noch anhaltenden Wandlungsprozessen. Die Differenzen begannen schon bei der Grundsatzfrage, ob dieser Zwischenbereich durch staatliche, von zentralen Stellen vorgenommene Teilgebietsplanung ausgefüllt werden sollte oder ob daneben oder an ihrer Stelle Zusammenschlüsse von (im wesentlichen) kommunalen Gebietskörperschaften eine entscheidende Rolle spielen sollten. Weitreichende inhaltliche Unsicherheiten belasteten außerdem den Regionsbegriff; bei i h m war zudem i m politischen Raum umstritten, ob Regionen und Regionalplanung nur für besondere Gebiete, i n erster Linie Verdichtungsgebiete und (Groß)Stadt-Umland-Bereiche eingerichtet werden sollten oder ob sie zu einer das ganze Bundesgebiet flächendeckenden Raumordnungseinheit und -stufe ausgebaut werden sollten 1 8 . I n dieser Situation ist es nicht verwunderlich, daß sich i n der Praxis ein buntscheckiges B i l d regionaler Planungsgemeinschaften ergab; ,freie' Formen der kommunalen Zusammenarbeit standen neben k o operativen' u n d ,integrierten' Formen der regionalen Planungsgemein17
L i t e r a t u r zur Regionalplanung u n d ihren rechtlichen Grundlagen vor 1965: Niemeier, Regionalplanung u n d Landesplanungsgesetze, D Ö V 1963, S. 803 ff.; Niemeier/ Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, 1964, S. 34 ff.; Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 153 ff. (ausführliche Literatur-Hinweise); K . Becker-Marx, Regionalplanung, i n : V e r fassungs- u n d Verwaltungsprobleme der Raumordnung u n d Landesplanung, 1965, S. 54 ff.; Brügelmann / Asmuß, ROG § 5 Bern. I V ; Zinkahn / Bielenberg, R O G § 5 Rdnr. 9 u n d 10. Hohberg, Das Recht der Landesplanung, 1966, S. 81 ff. auch S. 70 ff.; Brenken, Organisation der Regionalplanung 1968. — Einen umfassenden Überblick über die diskutierten Konzeptionen zur Organisation der Region u n d zu den möglichen Rechtsformen bietet K . Lange, Die Organisation der Region, 1968, S. 58 ff., 145 ff. 18 Z u den Auseinandersetzungen zwischen den kommunalen Spitzenverbänden, zwischen dem v o m Dt. Städtetag vorgeschlagenen Modell v o n — isolierten — Stadtregionen (Die Stadt u n d ihre Region, 1962) u n d v o m Dt. Landkreistag u n d Dt. Gemeindetag dagegen gehaltenen Konzept flächendeckender Planungsregionen (Forderungen zur Raumordnung, 1962), vgl. unten § 27 I 2 m i t w. Nachweisen.
§ 15 Die persuasorische Landesplanung bis 9 5
Schäften 19 . Während die ersteren als völlig freiwillige kommunale Zusammenschlüsse (ζ. T. i n der Form von Vereinen, Aktiengesellschaften) gänzlich außerhalb der Landesplanung standen 20 , arbeiteten die ebenfalls freiwillig entstandenen, aber staatlich anerkannten Landesplanungsgemeinschaften des zweiten Typs i n einer lockeren Form m i t den staatlichen Stellen zusammen; ihre Pläne konnten eine gewisse Beratungs- und Publizitätswirkung als für ,unbedenklich erklärte 4 Pläne erhalten, die aber damit für staatliche Stellen Verbindlichkeiten nicht äußerten. Volle Einbeziehung und einen sicheren Standort i m landesplanerischen System bot und bietet jedoch allein die integrierte Form der regionalen Planungsgemeinschaft, bei der Pflichtzusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden (sowie anderer Beteiligter) gesetzlich umrissene Aufgaben zugewiesen erhalten. Bei diesem für die weitere Entwicklung ausschlaggebend gewordenen Typ ist die Regionalplanung i n die staatliche (Planungs-)Organisation m i t einbezogen; der staatliche A n t e i l an der Regionalplanung ist betont. Die inhaltliche Verflechtung der örtlichen und zentralen Interessen auf dieser Z w i schenebene, die kondominale Interessenstruktur (W. Weber 21 ) kommt i n der Trägerschaft durch Zusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden und i n deren Einflußmöglichkeiten auf die Planerarbeitung und Planaufstellung zum Ausdruck. Über die Statuierung von gesetzlich nicht näher ausgeformten Genehmigungsvorbehalten für die nachgeordneten Pläne, von Weisungsrechten der zentralen Behörde gegenüber der Landesplanungsgemeinschaft oder durch die inhaltliche Vorordnung von raumpolitischen Grundsätzen und Zielen der zentralen 19 Becker-Marx, A r t . »Regionale Planungsgemeinschaften', i n : HRR, Bd. 3, Sp. 2612. Diese Typisierung k a n n jedoch die Vielfalt der vorhandenen F o r men regionaler Organisation nicht erfassen. Sie ist eher eine historische Momentaufnahme f ü r die Zeit der 60er Jahre. Seit der Neufassung nahezu aller Landesplanungsgesetze Anfang der 70er Jahre gibt es praktisch n u r noch ,integrierte' Formen, jedoch m i t erheblichen Differenzierungen i n n e r halb diesen Typs. 20 Beispiele solcher freiwilliger Zusammenschlüsse bei Umlauf, Landesplanung, S. 201 ff. u n d i n der Schrift: Regionale Planungsgemeinschaften (Schriften des Dt. Verbandes f ü r Wohnungswesen, Städtebau u n d Raumplanung, Heft 58) 1964; vgl. auch die Übersicht i m ROB 1966 der BReg., S. 100 ff. — Bekannt geworden sind insbesondere der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München, die regionale Planungsgemeinschaft Untermain, die kommunale Arbeitsgemeinschaft Rhein-Neckar, die i n der F o r m einer G m b H betrieben wurde u n d die 1961 das erste umfassende Beispiel eines Regionalplans herausgab. Z u den Planungsgemeinschaften i m Zwischen-Länderbereich Hamburg - Schleswig-Holstein - Niedersachsen - Bremen, vgl. Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 161 - 165. 21 Vgl. dazu vor allem Webers treffende Bemerkung, daß die Regionalplanung nach den 1965 vorliegenden Landesplanungsgesetzen ,de iure staatliche Angelegenheit u n d de facto solche eines staatlich-kommunalen K o n d o m i niums' ist, Gutachten f ü r den 45. DJT, S. 56. I m einzelnen dazu unten § 35 A 12.
Ι.
bschn. :
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P l ä n e 2 2 i s t aber d e r staatliche E i n f l u ß i n e i n e r a u s g e p r ä g t e n u n d sehr unterschiedliche I n t e n s i t ä t s g r a d e e r m ö g l i c h e n d e n Weise gesichert. 2. Angesichts der v o r h a n d e n e n Z e r s p l i t t e r u n g u n d d e r u n e i n h e i t l i c h e n T e n d e n z e n d e r P l a n u n g i m R e g i o n a l b e r e i c h v e r w u n d e r t es n i c h t , daß das R O G d i e R e g i o n a l p l a n u n g n u r z u r ü c k h a l t e n d 2 3 r e g e l t u n d sie n i c h t als o b l i g a t o r i s c h e S t u f e v o r s c h r e i b t . Z u d e m l ä ß t das R O G z w e i a l t e r n a t i v e O r g a n i s a t i o n s m o d e l l e zu, n ä m l i c h z u m e i n e n d e n Z u s a m menschluß v o n G e m e i n d e n u n d G e m e i n d e v e r b ä n d e n z u r e g i o n a l e n P l a n u n g s g e m e i n s c h a f t e n , z u m a n d e r e n e r m ö g l i c h t es aber auch d i e staatliche R e g i o n a l p l a n u n g , w o b e i es d a n n j e d o c h d i e B e t e i l i g u n g d e r G e m e i n d e n oder d e r e n Zusammenschlüsse i n e i n e m f ö r m l i c h e n V e r f a h r e n z w i n g e n d v o r s c h r e i b t (§ 5 I I I B O G ) . I n Nordrhein-Westfalen 2 4 waren nach dem Landesplanungsgesetz v o n 1950 Träger der Landesplanungsarbeit allein die Landesplanungsgemeinschaften (Rheinland, Westfalen u n d der SVR); die zentrale Ebene w a r auf Aufsichtsbefugnisse beschränkt. I n diesem Ansatz drückte sich die starke Stellung aus, die der Selbstverwaltung i n der Landesplanung eingeräumt war. Zugleich fixierte damit das Landesplanungsgesetz den Ausgangspunkt, von dem aus i n den nächsten 25 Jahren i n mehreren Etappen, aber k o n t i nuierlich die Verstaatlichung der Landesplanung i n Nordrhein-Westfalen, u n d nicht n u r dort, vorangetrieben wurde. Die hier interessierende 1. Etappe ist i m Landesplanungsgesetz v o n 1962 erreicht, durch das die Landesplanung offiziell i n zwei Planungsstufen ausdifferenziert w u r d e : auf der zentralen Ebene werden danach die wichtigsten Planungsinstrumente ausgearbeitet, nämlich das Landesentwicklungsprogramm, das ,die Ziele der Landesplanung' f ü r die räumliche »Gestaltung des Landesgebiets' enthält, sowie die Landesentwicklungspläne, die das erstere ,entfalten' u n d zeichnerisch darstellen (§ 12 I, I I LP1G N W 1962). Die Landesplanungsgemeinschaften stellten — eingebunden i n die übergeordneten Gesichtspunkte f ü r die R a u m ordnung des Landes (§ 8) — die Gebietsentwicklungspläne auf, die als übergemeindliche Pläne definiert sind, nach denen sich die künftige S t r u k t u r des Gebietes u n d die geordnete Nutzung des Bodens i n den Grundzügen richten soll (§ 15 LP1G N W 1963). 22 §§ 16, 17 LP1G N W 1962 (zusammen m i t § 8 ergibt sich, daß die Genehmigung des Gebietsentwicklungsplans m i t der Begründung abgelehnt werden kann, daß er den übergeordneten Plänen widerspricht); § 5 V I PL1G S H 1961 (Genehmigungsvorbehalt bei der Regionalplanung, die abweichend v o n der primären Zuständigkeit der staatlichen Behörden regionalen Planungsverbänden übertragen worden ist); § 3 I , I I LP1G Hessen 1962 (Weisungsrecht § 2 I I I n h a l t der den Regionalplänen vorgeordneten zentralen P l a n aussagen). 23 Die Bestimmungen über die Regionalplanung fehlten i m Regierungsentw u r f u n d sind erst i n letzter M i n u t e auf I n i t i a t i v e u n d Drängen der k o m m u nalen Spitzenverbände i n das Gesetz aufgenommen worden, vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses f ü r Wohnungswesen, Städtebau u n d Raumordnung, BT-Drs. zu IV/3014, § 3 u n d W. Weber, Gutachten zum 45. DJT, 1964, S. 21 ff. 24 Z u r Landesplanung i n N W vor 1965: Umlauf, Landesplanung 124-143; Niemeier, Landesplanung i n Nordrhein-Westfalen, Jahrbuch 1969 des L a n desamts für Forschung, S. 363 ff.
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M i t den beiden Landesplanungsgesetzen v o n 1950 u n d 1962 u n d m i t seiner am weitesten fortgeschrittenen Praxis hatte sich Nordrhein-Westfalen an die Spitze der Länder gesetzt; die Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms von 1964 als erste zusammenfassende Ausarbeitung von Planungsgrundsätzen u n d allgemeinen Zielen, gefolgt v o m Landesentwicklungsplan I von 1966 m i t der Darstellung v o n räumlichen Zonen u n d der zentralen Orte, bestätigen diese Stellung. Das Gesetz von 1962 regelte die Landesplanung als »gemeinschaftliche A u f gabe v o n Staat u n d Selbstverwaltung 4 (§ 1 I I ) i n einem vergleichsweise durchsichtigen zweistufigen Planungssystem. Einschränkend ist jedoch festzustellen, daß die Gebietsentwicklungsplanung der drei Landesplanungsgemeinschaften weder einem einheitlichen noch einem der sonst üblichen Planungstypen bzw. Planungsstufen entspricht. Während der SVR seinen räumlichen Zuschnitt u n d der zu bewältigenden sachlichen Problematik nach dem raumordnerischen B i l d der Regionalplanung nahekommt 2 5 , entsprachen die Gebiete der beiden anderen Landesplanungsgemeinschaften weder i n ihrer Größe noch i n ihrer S t r u k t u r dem raumordnerischen Verständnis bzw. Minimalkonsens über die Region. I n der Praxis werden die Gebietsentwicklungspläne folgerichtig als Teilpläne aufgestellt, die meist das Gebiet eines oder mehrerer Kreise oder kreisfreier Städte erfassen u n d damit i n einem zu kleinräumigen Rahmen erarbeitet werden 2 6 . Die Möglichkeit zu einer Regionalplanung i m spezifischen Sinne w a r rechtlich zwar durch die Bestimmung eröffnet, Sonderplanungsausschüsse f ü r räumlich begrenzte Planungsaufgaben zu bilden (§ 7 I I I LP1G N W 1962), sie wurde aber i n der Praxis nicht zur A k t i v i e r u n g einer Regionalplanung benutzt. I n Bayern ist der etatistische Zug der Landesplanung 2 7 v o n Anfang an eindeutig dominant. Landesplanung ist nach dem Gesetz v o n 195728 i n ihrer Gesamtheit eine staatliche Aufgabe. Die vorgesehenen Raumordnungspläne für das gesamte L a n d oder für — nicht näher konkretisierte — Teilräume sollten von der zentralen Instanz aufgestellt werden. Ä h n l i c h verstand auch Schleswig-Holstein i m Landesplanungsgesetz v o n 1961 die Landesplanung als staatliche Aufgabe, ließ aber f ü r die regionale Landesplanung neben dem p r i m ä r zuständigen staatlichen Träger auch regionale Landesplanungsverbände bzw. einzelne Kreise zu, w e n n ihnen diese Befugnis ausdrücklich — nach Prüfung der landesplanerischen Zweckmäßigkeit der Abgrenzung — übertragen w u r d e 2 9 . 25 G. Brenken, Die Organisation der Regionalplanung, 1968, S. 6; G. Weidemann, Bindung u n d Freiheit i n der Raumordnung f ü r B u n d u n d Länder nach dem ROG, 1971, S. 178; G. Rutkowski, Einfluß der Regionalplanung auf die gemeindliche Bauleitplanung, Diss. j u r . Münster 1974, S. 21; Erbguth, Probleme des geltenden Landesplanungsrechts, S. 53 f.; 113 f.; C. Frühen, Rechtsfragen der Landesplanung i n NW, Diss. j u r . Münster 1975, S. 54 ff. m. ausführl. L i t . Nachw. A. A. W. Weber, i n : Die Ordnung des größeren Raumes, 1964, S. 1; u. ders., Gutachten zum 45. DJT. S. 10. 2β Insgesamt zu den besonderen Problemen der Abgrenzung v o n Planungsräumen i n N W die Beiträge i n : Theorie u n d Praxis bei der Abgrenzung von Planungsräumen, 1972. 27 Nach Scheuners treffendem W o r t von der Verfolgung ,seiner alten napoleonischen Tradition i n der Verwaltung', i n : Die Verwaltungsregiion 1967, S. 18. 2 8 Vgl. dazu Umlauf, Landesplanung, S. 204 ff.
13 Wahl ι
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1.
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Eine verhältnismäßig starke Stellung wies Hessen i n seinem Landesplanungsgesetz von 1962 der Regionalplanung zu, die den kreisfreien Städten u n d Landkreisen oder — anerkannten — Gemeinschaften, als Zusammenschlüsse von ihnen, als Aufgabe zur E r f ü l l u n g nach Weisung übertragen war. Die Landesplanung sollte sich inhaltlich vorwiegend auf die Regionalplanung stützen. Dementsprechend definierte § 1 LP1G Hessen die Landesplanung als »Aufgabe des Landes sowie der kreisfreien Städte u n d der Landkreise' 3 0 . I n Baden-Württemberg* 1 bot das Planungssystem nach dem Landesplanungsgesetz von 1962 deshalb einen wenig klaren Aufbau, w e i l die staatliche zentrale Landesplanungsbehörde neben dem das gesamte L a n d betreffenden Landesentwicklungsplan auch Gebietsentwicklungspläne f ü r Teile des Landes aufstellen konnte, die damit i n offene Konkurrenz zu Regionalplänen der regionalen Planungsgemeinschaften als freiwilliger Zusammenschlüsse von Gemeinden u n d Landkreisen traten 3 2 . Als F o r m der »kooperativen' Regionalplanung, die durch die potentielle Konkurrenzsituation zur staatlichen Teilgebietsplanung i n ihrer Bedeutung zusätzlich geschwächt war, konnten die Regionalpläne n u r das ,Negativattest' der Unbedenklichkeitserklärung 3 3 erlangen; Planungsträger, die v o n einem solchen Plan abweichen wollten, traf n u r eine Unterrichtungspflicht. I I I . Angesichts des i n h a l t l i c h persuasorischen C h a r a k t e r s d e r P r a x i s d e r L a n d e s p l a n u n g h a t das L a n d e s p l a n u n g s r e c h t i n d e r P l a n u n g s w i r k l i c h k e i t n u r eine u n t e r g e o r d n e t e R o l l e gespielt. G l e i c h w o h l i s t seine A u s b i l d u n g i n dieser Z e i t z u e i n e r w i c h t i g e n , n o c h n a c h w i r k e n d e n E n t w i c k l u n g s s t u f e g e w o r d e n . M a ß g e b e n d u n d r i c h t u n g s w e i s e n d w a r die R e c h t s e n t w i c k l u n g i n N o r d r h e i n - W e s t f a l e n , das als erstes L a n d schon 1950 e i n Landesplanungsgesetz erließ u n d bereits 1962 m i t e i n e r g r u n d sätzlichen N o v e l l e d e r Sache nach e i n 2. Landesplanungsgesetz v e r a b schiedete. M a n g e l s geeigneter dogmatischer K a t e g o r i e n f ü r die R a u m o r d n u n g s p l ä n e k o n n t e d i e beabsichtigte W i r k u n g der P l ä n e n i c h t e n t f a l t e t w e r d e n ; die L a n d e s p l a n u n g ist auch d u r c h die Schwäche u n d U n g e s i c h e r t h e i t des r e c h t l i c h e n I n s t r u m e n t a r i u m s z u r persuasorischen Planung geworden. 29 Das wichtigste Beispiel w a r der Kieler Umlandverband, vgl. dazu Brügelmann, ROG, RegPl Kieler Umland. — Insgesamt: C. J. Kühl, Landesplanung i n Schleswig-Holstein nach Gesetz u n d Wirklichkeit, Diss. iur. K i e l 1967. 30 I m einzelnen dazu unten § 32 I 2. 31 Z u r Regionalplanung i n B W vor 1971 umfassend, G. Petersen, Regionale Planungsgemeinschaften als Instrument der Raumordnungspolitik i n Baden-Württemberg, 1972. 32 I n der Praxis k a m es auch zum unmittelbaren Nebeneinander zwischen dem Gebietsentwicklungsplan Südliches Oberrheingebiet (vgl. b w L T - D r s 6/150 v. 14. J u n i 1972) u n d den Planungen der Planungsgemeinschaft Breisgau u n d zwischen dem Gebietsentwicklungsplan M i t t l e r e r Neckarraum (vgl. b w L T - D r s V-5490 v o m 14. Nov. 1971) u n d den Regionalplänen der Planungsgemeinschaften Württemberg M i t t e e. V. u n d R a m s - M u r r e. V. (abgedruckt i n : Sonderbeilage des Staatsanzeigers für B W v o m 4. A p r i l 1973, S. 5 ff., 25 ff. 33 Niemeier, Regionalplanung u n d Landesplanungsgesetze, D Ö V 1963, S. 805.
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1. Nach dem Landesplanungsgesetz NW 1950 waren, wie erwähnt, Träger der Landesplanungsarbeit die 3 Landesplanungsgemeinschaften, die ,in Gemeinschaft m i t allen i n Frage kommenden Stellen eine vorausschauende, gestaltende Gesamtplanung des Raumes' ausarbeiten sollten 34 . Entsprechend dieser Grundsatzaussage stellen auch allein die Landesplanungsgemeinschaften ,Raumordnungspläne' auf 3 5 ; Programme und Pläne der zentralen Instanz für das ganze Land waren nicht vorgesehen 36 . Über die Rechtswirkungen der Raumordnungspläne enthielt das Gesetz nur die fragmentarische Regelung, daß auf Antrag der zuständigen Landesplanungsgemeinschaft der Ministerpräsident den Raumordnungsplan ganz oder i n Teilen den Gemeinden für verbindlich erklären konnte m i t der Folge, daß diese ihre Planungen und ihre m i t Rechtswirkungen ausgestatteten Pläne den Raumordnungsplänen anpassen mußten 3 7 . Die Wirkung der Raumordnungspläne gegenüber dem staatlichen Bereich — m i t oder ohne Verbindlichkeitserklärung — war nicht angesprochen, da es sich hierbei u m inneradministrative Verfahren und Beziehungen handelte, die nicht regelungsbedürftig schienen; man verließ sich insoweit auf die Selbstbindung, die aufgrund des erforderlichen Einvernehmens der Ressorts bei der Planaufstellung eintrat, auf die Weisungsrechte sowie auf die Konfliktsentscheidungsbefugnis der Landesregierung 38 . M i t dieser gesetzlichen Regelung und den vorausgesetzten inneradministrativen Möglichkeiten schienen der Landesplanung — i m Ge34 § 2 I I I 2 LP1G N W 1950; dieser Satz ist wörtlich übernommen aus der Ersten Verordnung zur Durchführung der Reichs- u n d Landesplanung von 1935. 35 Raumordnungspläne waren nach § 3 I 2 LP1G N W 1962 ,Pläne, die die geordnete Nutzung des Bodens, insbesondere i m Hinblick auf die Erfordernisse der L a n d - u n d Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Industrie, des Verkehrs, der Bebauung, des Schutzes des Heimatbildes u n d der Erhol u n g i n den Grundzügen regeln'. — Diese Formulierung ist bis auf kleinere Modifikationen wörtlich übernommen aus § 2 des WohnsiedlungsG v o n 1933. Diese A n k n ü p f u n g mag zwar i m Hinblick auf die ursprüngliche landesplanerische Intention des WohnsiedlungsG verständlich erscheinen; angesichts der eingetretenen Entwicklung, nach der die Wirtschaftspläne sachlich zur örtlichen Ebene tendieren, drückte sich i n i h r die Unsicherheit über den Standort u n d die Aufgabe landesplanerischer Pläne aus, v o r allem auch i n der starken Betonung der Nutzung des Bodens. 38 Ähnlich w a r auch nach dem LP1G Hessen 1962 der zentrale Landesraumordnungsplan als bloße A d d i t i o n der regionalen Raumordnungspläne k o n zipiert (§ 2 I I I ) : bis 1970, als die Vorschrift geändert wurde, ist sie jedoch nicht w i r k s a m geworden. 37 § 3 I I I LP1G N W 1962, A r t . I V Abs. 2 Erste D V O LP1G v o m 28. J u n i 1950 (GVB1 S. 141). 38 Vgl. J. Seeger, Grundfragen des Landesplanungsrechts, Raumforschung u n d Raumordnung, 1956, S. 196 u n d Umlauf, Grundfragen des Landesplanungsrechts, Raumforschung u n d Raumordnung 1957, S. 77; ders., Landesplanung, S. 170, 172.
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gensatz zur Vorkriegszeit — endlich die rechtlichen M i t t e l an die Hand gegeben zu sein, um Pläne aufstellen zu können, an die sich alle anderen Stellen halten mußten. Die Jahre nach 1950 erwiesen dies jedoch i n einer für die Entwicklung des Planungsrechts aufschlußreichen Weise rasch als Illusion: Als man beim ersten Anwendungsfall die Rechtsnatur des Plans und der Verbindlichkeitserklärung bestimmen mußte und zu diesem Zweck ,dem Plan als Gebilde der Planungskunst ein K l e i d anziehen mußte, das i h m nur das Verwaltungsrecht verleihen konnte', mußte man feststellen, daß die angebotenen Kleider ganz und gar nicht paßten 39 . Unter der als unabdingbar empfundenen Notwendigkeit, eine Zuordnung zu dem als exklusiv angesehenen Kanon der Handlungsformen zu treffen, wurde der Rechtscharakter des für verbindlich erklärten Raumordnungsplans als Rechtsverordnung interpretiert. M i t dieser Qualifizierung wurden aber zugleich für die Planaussagen die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit und die Konkretheit maßgebend. Immanent völlig konsequent deduzierten die Juristen, daß ,etwas Elastisches nicht für verbindlich erklärt werden kann' 4 0 und daß rahmenartige Festsetzungen nicht den gewohnten Bestimmtheitserfordernissen entsprechen 41 . I n klassischer Weise wurde i n dieser Diskussion deutlich, daß die traditionelle Dogmatik keine Handlungsform für die konkretisierungs39 So Seeger, Raumforschung u n d Raumordnung 1956, S. 194 u n d ders., Rechtliche Probleme der Landesplanung, i n : Probleme und Aufgaben der Landesplanung, 1961, S. 23 f., 27 (,das Verwaltungsrecht liefert n u r wenige u n d unpassende Konfektionsanzüge'). Die Aufsätze von Seeger, eines leitenden Beamten i n der nw-Staatskanzlei, die f ü r die Verbindlichkeitserklärung der Raumordnungspläne zuständig war, können geradezu als Dokumente dieser Rechtsentwicklung gelten, da diese Gedanken i n der langen Entstehungsgeschichte des LP1G N W 1962 eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Selten ist der unmittelbare Einfluß juristisch-dogmatischer A r g u mentation so deutlich w i e i n diesem Fall, da Seeger vor dem zuständigen Landtagsausschuß i m m e r wieder u n d erfolgreich die i m weiteren Text erwähnte Rechtsauffassung vorgetragen hat, vgl. dazu die Protokolle des Landtagsausschusses für Landesplanung, die i n der Dokumentation des Landtags-Archivs zum LP1G 1962 (Dok. LP1G 1962) zusammengestellt sind: 3. WP, 8. Sitzung v o m 17. Jan. 1957, S. 20 ff. ( = Dok. LP1G 1962, S. 20 ff.); 4. WP, 7. Sitzung v o m 25. J u n i 1959, S. 3 ff. ( = Dok. LP1G 1962, S. 139 ff.); 4. WP, 8. Sitzung v. 17. Nov. 1959, S. 11 ( = Dok. LP1G 1962, S. 167); 4. WP, 16. Sitzung v o m 12. M a i 1961,S. 8 ff. ( = Dok. LP1G 1962, S. 432 ff.); 4. WP, 25. Sitzung v. 30. Nov. 1961, S. 5 f. ( = Dok. LP1G 1962, S. 631 f.). 40 Seeger, Raumforschung u n d Raumordnung 1956, S. 197. 41 Folgerichtig wurde deshalb die W i r k u n g des für verbindlich erklärten Raumordnungsplans als Ersetzung anderer Pläne, als eine A r t Ersatzvornahme verstanden, so Niemeier / Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, S. 51 (für den Nachfolger des verbindlichen Raumordnungsplans nach LP1G N W 1950, den verbindlichen Flächensicherungsplan nach LP1G N W 1962). Spielräume der gebundenen Planungsträger, die sonst für die A n passung gemeindlicher Planungen an landesplanerische Pläne typisch sind, konnte es bei dieser Auffassung nicht mehr geben.
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bedürftigen Rahmenregelungen der Raumordnungspläne bereitstellte. Ebenfalls i n exemplarischer Weise zeigten sich die unvermeidlichen Folgen, die die Praxis ziehen mußte, der der theoretisch denkbare Ausweg der Qualifizierung als ,aliud' verwehrt war: Die Praxis mußte i m Prozeß der dogmatischen Erfassung den verbindlichen Raumordnungsplan gegenüber den ursprünglichen gesetzgeberischen Absichten verbieten. Aus dem i m Gesetz und der Durchführungsverordnung konzipierten Raumordnungsplan, der nur die ,Grundzüge der Bodennutzung' regeln sollte, der sich bewußt auf den die kleinen Einzelheiten nicht abbildenden Maßstab 1 :25 000 beschränkte, mußte zu den Zwekken der Verbindlichkeitserklärung ein parzellenscharfer, konkret und genau regelnder Plan i m Maßstab 1 :5000 werden. Dem landesplanerischen Plan war damit zwar ein juristisches Kleid verpaßt worden, der ermöglichte Plan war aber kein landesplanerischer Plan mehr! Den Landesplanern war das adäquate Instrument, der flexible und rahmenhafte Plan aus der Hand geschlagen. Verbindlich i n diesem Sinne konnte nur etwas ganz anderes als der normale landesplanerische Plan werden. 2. I m 2. Landesplanungsgesetz von 1962, das inhaltlich das Ergebnis dieser Diskussion ist 4 2 , wurde diese Konsequenz m i t der Schaffung des sog. Flächensicherungsplans (§ 19) gezogen. Bei Gefahr, daß die räumliche Gestaltung eines Gebietsteils sich so entwickelt, daß die Ziele der Landesplanung nicht mehr oder nur m i t wesentlichen Schwierigkeiten erreicht werden können, ist ein Flächensicherungsplan, dessen ,Gegenstand und Begrenzungslinien eindeutig bestimmt' sein müssen (§ 19 I I 2), i n einem besonderen förmlichen Verfahren aufzustellen und gegebenenfalls für verbindlich zu erklären. Ein Plan nach diesen Anforderungen konnte nur ein parzellenscharfer Plan sein, der notwendigerweise i n die Planungshoheit der Gemeinden eingriff und deshalb sowie aus kompetenzrechtlichen Gründen des Vorrangs des Bundesbaugesetzes erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt war 4 3 . Nach dieser (Um)Interpretation war klar, daß die scharfen Instrumente des verbindlichen Raumordnungsplans (nach dem LP1G 1950) bzw. des Flächensicherungsplans Anwendung nur i n ganz besonderen Ausnahmefällen finden konnten; i n der Praxis ist denn auch nur einmal ein Raumordnungsplan für verbindlich erklärt worden, das Institut des verbindlichen Flächensicherungsplans kam nie zur Anwendung 4 4 . 42 Dies geht aus den Gesetzesmaterialien, insbesondere aus den wiederholten einführenden u n d grundsätzlichen Vorträgen der zuständigen Ministerialbeamten vor dem Landtagsausschuß für Landesplanung deutlich hervor, vgl. dazu die Nachweise oben i n Fn. 39. 48 Dazu Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 139 ff.; Zinkahn / Bielenberg, ROG, § 5 Rdnr. 12 e und Rdnr. 14 c (S. 128); H. Schultze, Raumordnungspläne u n d gemeindliche Selbstverwaltung, 1968, S. 45 f.; Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 214 f., 218.
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F ü r d i e landesplanerische A r b e i t b l i e b als taugliches I n s t r u m e n t a l l e i n der N o r m a l p l a n , der ,nicht f ü r v e r b i n d l i c h e r k l ä r t e P l a n ' , der aber i m V e r s t ä n d n i s d e r a n d e r e n P l a n u n g s t r ä g e r l e i c h t d e r m i n i m a l i s i e r e n d e n W i r k u n g dieser n e g a t i v e n C h a r a k t e r i s i e r u n g , w e n n n i c h t g a r d e r N e g a t i o n als , u n v e r b i n d l i c h e r ' P l a n z u m O p f e r f i e l 4 5 . F ü r die P l a n u n g s p r a x i s ä n d e r t e a n dieser S i t u a t i o n auch k a u m etwas der V e r such d e r p o s i t i v e n U m s c h r e i b u n g d e r r e c h t l i c h e n W i r k u n g e n als , R i c h t l i n i e n f ü r alle behördlichen Entscheidungen, M a ß n a h m e n u n d P l a n u n g e n ' 4 6 . I m m e r h i n f o l g t e i n § 13 I I I L P 1 G N W 1962 d e m A u s s p r u c h dieser W i r k u n g der r e l a t i v i e r e n d e u n d f ü r die L a n d e s p l a n u n g d e p r i m i e rende' Z u s a t z 4 7 : ,soll d a b e i v o n d e m L a n d e s e n t w i c k l u n g s p r o g r a m m oder e i n e m L a n d e s e n t w i c k l u n g s p l a n a b g e w i c h e n w e r d e n , so i s t die L a n d e s p l a n u n g s b e h ö r d e r e c h t z e i t i g z u b e t e i l i g e n ' . D a m i t f a n d sich das persuasorische E l e m e n t auch i n d e n r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n v e r a n k e r t . Es h i n g v o n d e n b e t r o f f e n e n Ressorts ab, ob sie d i e v o n d e n P l ä n e n i n t e n d i e r t e R i c h t l i n i e n b i n d u n g , d i e i h r e Entscheidungsbefugnisse i n eine b e s t i m m t e R i c h t u n g l e n k e n u n d i h r e W a h l m ö g l i c h k e i t e n e i n s c h r ä n k e n s o l l t e 4 8 , a k z e p t i e r t e n oder n i c h t u n d d e n P r o t e s t d e r L a n d e s planungsbehörde abwarteten u n d — nicht befolgten 49. 44 Vgl. Umlauf, Landesplanung, S. 140. Es handelte sich u m die V e r b i n d lichkeitserklärung des Raumordnungsplanes »Verkehr K ö l n Stadt — l i n k s rheinisch u n d Kreis K ö l n - L a n d 4 v o m 21. J u n i 1955 (MB1. S. 1020), der später teilweise wieder aufgehoben wurde (MB1. 1957, S. 816, u n d MB1. 1960, S. 388). Z u m einzigen Fall, i n dem ein Flächensicherungsplan — aus Anlaß eines Straßenbauvorhabens — überhaupt aufgestellt, aber dann doch nicht für verbindlich erklärt wurde, 5. Bericht der Landesregierung gem. § 24 LP1G 1962, 1968, Ziff. 5.13, S. 41 u n d 7. Bericht 1970, Ziff. 5.13, S. 35. — Auch i n Bayern wurde von der nach A r t . 12 LP1G Bay 1957 gegebenen Möglichkeit, Raumordnungspläne durch Rechtsverordnung für längstens 5 Jahre f ü r v e r bindlich zu erklären für die 3 aufgestellten Raumordnungspläne (,Bay.Rhön', »östlicher Oberpfälzischer Wald' u n d ,Mittlerer Bay. Wald') kein Gebrauch gemacht. 45 F ü r die Zeit vor dem I n k r a f t t r e t e n des ROG als anerkannte Stimme aus der Praxis: Niemeier / Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, S. 50 f., die ob der Unklarheiten, die i m Hinblick auf das Instrumentarium der Landesplanung besteht, ,fast verzweifeln' könnten u n d später ausführen: ,Es gibt 2 A r t e n von Plänen, solche, die verbindlich sind, u n d solche, die nicht verbindlich sind oder vorsichtiger ausgedrückt, die nicht für verbindlich erklärt werden . . . die aber vielleicht , . . . etwas verbindlich sind, was rechtlich eine Unmöglichkeit ist'. Weiter unten reihen sie die f ü r unverbindlich erklärten Pläne i n dieselbe Kategorie w i e Beratung u n d Gutachten ein u n d weisen ihnen — trotz ihres Richtliniencharakters — i m Streitfall keine andere Rechtswirkung als diese Gutachten zu. 46 So Seeger, Raumforschung und Raumordnung 1957, S. 199 f. (Raumordnungspläne als eine an der Wand hängende Ermessensrichtlinie) u n d später §§ 13 I I I , 16 I V LP1G N W 1962. 47 Niemeier, Rechtliche Probleme des Gesetzes zur Landesentwicklung, Städte- u n d Gemeinderat 1974, S. 185. 48 So schon Niemeier, Rechtsfragen der Raumordnung und Landesplanung, i n : Juristen-Jahrbuch Bd. 5 (1965/66), S. 120 f.
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3. M i t dem Rückzug auf den schillernden Begriff der Richtlinienbindung konnte die Landesplanung eine gesicherte rechtliche Position nicht erlangen. Zwar entsprach diese Kennzeichnung dem Selbstverständnis der Landesplanung als verwaltungsinterner Tätigkeit und dem häufig artikulierten Bedürfnis nach Elastizität und Flexibilität, weil die Richtlinie als Instrument des internen Dienstrechts ein verhältnismäßig hohes Maß an Formlosigkeit verträgt u n d von ihr abgesehen werden kann, wenn man einen plausiblen Grund hat 5 0 . I m damaligen Verständnis wurde nicht zwischen den zwei B edeutungs variant en i m Begriff der Richtlinien unterschieden, die inzwischen i n der Planungsdiskussion auseinandergehalten werden. Der Richtlinienbegriff kann zum einen den inhaltlichen Charakter einer spezifischen Bindungsform kennzeichnen, die ,Planbindung', die i m Gegensatz zur strikten Gesetzbindung Raum für Ausgestaltung und für flexible Anpassung läßt. I n diesem Verständnis umschreibt der Richtliniencharakter zutreffend den Gehalt der konkretisierungsbedürftigen Rahmenentscheidungen, als die sich Planaussagen regelmäßig darstellen. Z u m anderen kann aber die Richtlinie den formellen Rechtscharakter von Bindungen kennzeichnen, nämlich den von internen Verwaltungsvorschriften. Beide Bedeutungsvarianten wurden damals, dem Stand der Dogmat i k entsprechend, miteinander vermengt. Als verwaltungsinterne Vorschriften fielen die Pläne aber i n das rechtliche Niemandsland, das für die Verwaltungsvorschriften i n der Dogmatik bis zum Ende der 60er Jahre, vor allem aber i n der Praxis galt 5 1 ; kein Wunder, daß diese bloßen Richtlinien m i t einem unbegrenzten Vorbehalt der Abweichung i m Einzelfall belastet waren 5 2 . Pointiert gesprochen leitete sich die den Plänen zugeschriebene Flexibilität juristisch nicht von positiv bestimmten Merkmalen einer spezifischen Handlungsform, sondern von 49
Vgl. Niemeier, Städte- u n d Gemeinderat, 1974, S. 185. So ausdrücklich Seeger, Raumforschung u n d Raumordnung 1957, S. 199 u n d ders., i n : Probleme u n d Aufgaben der Landesplanung, S. 32; Niemeier / Müller, S. 32 ff. 51 Aufschlußreich sind wiederum die Ausführungen von Niemeier / Müller, S. 39. F ü r sie stellt sich die bekannte Notwendigkeit, landesplanerische Pläne i n A k t e u n d Maßnahmen der V e r w a l t u n g u n d Fachplanungen zu übersetzen als Transformierung der Pläne ,in Recht" u n d i n rechtserhebiiche V e r w a l tungsakte 4 dar. Es k a n n hier nicht darum gehen, an diese Ausführungen K a tegorien aus der dogmatischen Entwicklung der letzten Jahre heranzutragen u n d etwa die Unverbindlichkeit i m Außenrechtsverhältnis von der V è r b i n d lichkeit i m behördeninternen Verhältnis abzugrenzen und damit den Charakter der Pläne als Rechtssätze zu behaupten. Das Zitat und andere Passagen dieser einflußreichen Schrift dokumentieren die Auffassung der Praxis, i n der das Dogma von dem unverbindlichen Charakter der Verwaltungsvorschriften auch die behördeninterne W i r k u n g ins Zwielicht u n d ins Ungewisse brachte u n d angesichts des Standes der Wissenschaft auch bringen mußten. 52 Vgl. Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 141 a. E., § 1, Rdnr. 30. 50
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d e r I n t e r p r e t a t i o n als N i c h t - H e c h t ab. E r s t das neuere V e r s t ä n d n i s h a t d i e F r a g e d e r besonderen F o r m d e r r i c h t l i n i e n a r t i g e n P l a n b i n d u n g v o n d e r R e c h t s f o r m f r a g e gelöst. W e n n d i e E n q u e t e - K o m m i s s i o n f ü r V e r fassungsreform, u m n u r e i n B e i s p i e l z u n e h m e n , d i e W i r k u n g d e r v o n i h r vorgeschlagenen g e m e i n s a m e n R a h m e n p l a n i m g v o n B u n d u n d L ä n d e r n als v e r b i n d l i c h e R i c h t l i n i e n ' f ü r B u n d u n d L ä n d e r c h a r a k t e r i s i e r t 5 3 , d a n n q u a l i f i z i e r t sie d a m i t d e n Rechtscharakter dieser R a h m e n p l ä n e sicherlich n i c h t als d e n v o n i n t e r n e n V e r w a l t u n g s v o r s c h r i f t e n ! D i e d a m a l i g e I n t e r p r e t a t i o n des n o r d r h e i n - w e s t f ä l i s c h e n P l a n s als v e r w a l t u n g s i n t e r n e V o r s c h r i f t m u ß t e rechtliche S c h w i e r i g k e i t e n f ü r das V e r h ä l t n i s d e r L a n d e s p l a n u n g z u d e n G e m e i n d e n m i t sich b r i n g e n ; i m Landesplanungsgesetz N W 1962 f ü h r t e n sie z u e i n e m systematischen B r u c h i n d e r K o n z e p t i o n der landesplanerischen P l ä n e , z u e i n e m B r u c h , der trotz zweier Novellen bisher nicht befriedigend bereinigt ist54. Als bloße ,behördenverbindliche' Vorschrift konnte der landesplanerische Normalplan die Gemeinde rechtlich nicht erreichen. Deshalb meinte man, i m LP1G N W 1962 auch nicht eine direkte Anpassungspflicht der gemeindlichen Bauleitplanung statuieren zu können, sondern begnügte sich i n § 18 I m i t der Formulierung, daß sich die Gemeinden bei der Bauleitplanung nach den einzelnen Raumordnungsplänen richten »sollten' 55 . Gleichw o h l erreichte m a n auf indirektem u n d rechtlich problematischem Weg über 53
Vgl. Zwischenbericht BT-Drs. VI/3829, S. 52. Auch i n der geltenden Fassung des LP1G N W 1975 gibt es keine einheitliche Vorschrift über die W i r k u n g der landesplanerischen Pläne, sondern es stehen nach w i e vor systematisch unverbunden nebeneinander die Qualifizierung der Landesentwicklungs- u n d Gebietsentwicklungspläne als Richtl i n i e n f ü r die behördlichen Entscheidungen (§§ 13 V, 14 V I LP1G N W 1975) u n d die Anpassungspflicht f ü r die gemeindliche Bauleitplanung (§ 18). Eine Lücke besteht i m Hinblick auf die Pflicht der Gemeinden, auch außerhalb der Bauleitplanung die Landesentwicklungs- u n d den Gebietsentwicklungsplan zu »beachten'; insoweit g i l t § 5 I V ROG u n m i t t e l b a r ; vgl. insgesamt u n ten § 16 I I 3 (2). 55 Aus der Entstehungsgeschichte des LP1G N W 1962 geht k l a r hervor, daß diese abgeschwächte Bindungsform eine, w i e man meinte, unvermeidbare Folge des Richtliniencharakters der Raumordnungspläne ist, vgl. Reg. E n t w u r f zum LP1G, L T - D r s . IV/487, S. 31. (Begründung zu § 17), u n d die Ausführungen von M i n D i r . Seeger, i n : 4. WP, 25. Sitzung des Ausschusses für Landesplanung v o m 30. Nov. 1961, S. 5 f. ( = Dok. LP1G 1962, S. 632); vgl. auch Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 141 a. E. — Z u r späteren Uminterpretation dieser Soll-Vorschrift i n eine bloße Verfahrensvorschrift, die der i n den §§ 1 I I I B B a u G 1960 u n d 5 I V ROG angeordneten zwingenden materiellen Anpassungs- u n d Beachtenspflicht nicht w i derspricht, Ernst / Zinkahn / Bielenberg. Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 2 c m . Nachw.; Hohberg, Recht der Landesplanung, S. 133 f.; Schrödter, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 6; G. Klein, Ziele, S. 40 f.; Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 138 f. (dort auch S. 137 Bedenken gegen die Sollvorschrift des § 17 NRCG). — Durch die Novelle zum LP1G N W 1975 ist die Soll-Vorschrift i n zwischen gestrichen worden. Aus dem jetzigen § 18 LP1G N W 1975 ergibt sich inzident die rahmenrechtskonforme Regelung i m Sinne einer strikten A n passungspflicht der Gemeinden. 54
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die Schalthebel der Genehmigungsvorbehalte nach § 6 I, I I B B a u G u n d die Anpassungsklausel nach § 1 I I I B B a u G 1960 eine Bindung der Gemeinden i m Bereich der Bauleitplanung 5 6 . Problematisch w a r dieser Weg deshalb, w e i l er i m gedanklichen Ansatz dem konstitutiven Zusammenhang zwischen Beteiligung bei der Planaufstellung u n d der Bindungswirkung nicht gerecht wurde. Der landesplanerische Plan wurde offiziell als Instrument innerhalb der Staatsverwaltung qualifiziert. Als bloße Richtlinie für behördliche Entscheidungen schien er die Gemeinden nichts anzugehen. Eine Beteiligung der Gemeinden w a r denn auch i m LP1G N W 1962 bei der Aufstellung der Landesentwicklungspläne nicht vorgesehen. Daß es i n der Praxis gleichwohl eine — über die Beteiligung der Landesplanungsgemeinschaften vermittelte — Beteiligung der Gemeinden gab 5 7 , ändert nichts an dem systematischen Bruch, der aus der Interpretation des landesplanerischen Plans als bloße behördeninterne Vorschrift entstehen mußte. 4. I m E r g e b n i s f ü h r t e n d i e j u r i s t i s c h e n E i n o r d n u n g s s c h w i e r i g k e i t e n i n e i n e r R e i h e v o n L ä n d e r n z u e i n e r n a c h h a l t i g e n , z u m i n d e s t bis z u m E r l a ß des R O G a n d a u e r n d e n B e e i n t r ä c h t i g u n g des l a n d e s p l a n e r i s c h e n N o r m a l p l a n s . Seine r e c h t l i c h m i n i m a l i s i e r t e W i r k u n g als bloße i n n e r b e h ö r d l i c h e R i c h t l i n i e u n t e r d e m V o r b e h a l t der A b w e i c h u n g t r a t durch den Kontrast z u m ausdrücklich f ü r verbindlich erklärten P l a n noch d e u t l i c h e r h e r v o r , d e r a l l e i n d i e gesicherte j u r i s t i s c h e K a t e g o r i e d e r Rechtssatzform e r h i e l t . , V e r b i n d l i c h k e i t ' u n d , B i n d u n g ' w a r e n so B e g r i f f e u n d W i r k u n g e n , die m i t d e m N o r m a l p l a n , o b w o h l e r i n e i n e m förmlichen Verfahren aufgestellt wurde, richtigerweise nicht i n V e r b i n d u n g gebracht w e r d e n k o n n t e n . E i n e eigenständige r e c h t l i c h gesicherte B e d e u t u n g e r h i e l t e n d i e landesplanerischen N o r m a l p l ä n e erst d u r c h e i n e andere K o n z e p t i o n , d i e schon i n § 1 I I I B B a u G I 9 6 0 5 8 u n d i n d e n Landesplanungsgesetzen v o n S c h l e s w i g - H o l s t e i n (1961) u n d i m S a a r l a n d (1964) 5 9 angelegt u n d i n § 5 I V R O G endgültig zum Durchbruch kam. Danach k o m m t dem — f ö r m l i c h a u f g e s t e l l t e n — l a n d e s p l a n e r i s c h e n P l a n als solchem , B i n d u n g s w i r k u n g ' zu; d i e i n i h m e n t h a l t e n e n Z i e l e s i n d v o n a l l e n P l a 56 Seeger, i n : Probleme u n d Aufgaben der Landesplanung, S. 32-34. A n deutungen schon bei Umlauf, Raumforschung u n d Raumordnung 1957, S. 79. Bedenken dagegen zu Recht bei Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz § 1 Rdnr. 20. 57 Sie wurde durch § 11 LP1G N W 1972 auch gesetzlich geregelt m i t ausdrücklichem Hinweis auf das bisherige Verfahren i n L T - D r s . 7/1166, S. 20. 58 Schon 1961 hat der Staatssekretär i m Bundesministerium f ü r Wohnungsbau i n einem Schreiben an die n w Landesplanung i m Zusammenhang m i t dem E n t w u r f zum LP1G N W 1962 die Meinung vertreten, daß es nach dem System des Bundesbaugesetzes einer förmlichen Verbindlichkeitserklärung von Raumordnungsplänen nicht mehr bedarf, w e i l schon nach Bundesrecht die Festlegungen, die zu Zielen erklärt sind, die Anpassungspflicht der Gemeinden auslösen. Das Schreiben ist auszugsweise enthalten i n der D o k u mentation des n w Landtagsarchivs zum LP1G 1972, S. 257. M § 9 I I LP1G S H 1961 u n d § 9 LP1G Saar.
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bschn. : Die Ausbildung der Landesplanung
nungsträgern zu beachten. I m und durch das förmliche Verfahren wächst die Planaufstellung und wachsen damit auch die Pläne selbst aus dem internen Raum der unmittelbaren Staatsverwaltung hinaus. Das förmliche Verfahren m i t seiner umfassenden Beteiligung der potentiellen Adressaten schafft die sachliche Rechtfertigung für die Bindung auch der außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung stehenden administrativen Einheiten. Es bedarf deshalb nicht mehr einer besonderen Verbindlichkeitserklärung, u m (einige) Planaussagen des Normalplans m i t rechtlicher Wirkung zu versehen, und es bedarf vor allem nicht mehr der Konkretisierung der landesplanerischen Pläne i n parzellenscharfe Aussagen, die ihren Rahmencharakter denaturiert. Die Sicherungsfunktion i m Einzelfall ist Aufgabe eines anderen Instituts — der landesplanerischen Untersagung 60 . Diese Konzeption leitet über zur Darstellung des geltenden Landesplanungsrechts, dessen Grundlage sie geworden ist.
60 § 7 ROG, § 32 LP1G BW, A r t . 24 LP1G Bay, § 12 LP1G Hessen, § 20 LP1G NW, § 19 LP1G Rh.-Pf., § 10 LP1G Saar, § 5 LP1G SH.
2. A b s c h n i t t
Grundlinien der bestehenden landesplanerischen Planungssysteme und ihre Entwicklungstendenzen § 16 Das ROG und seine Bedeutung für die Entwicklung der landesplanerischen Planungssysteme Rechtsgrundlagen:
Vgl. die Angaben i n § 15.
Bund: Raumordnungsgesetz v o m 8. A p r i l 1965 (BGBl. I S. 306) Baden-Württemberg: Landesplanungsgesetz i. d. F. v o m 26. J u l i 1972 (GBl. S. 460), zit. LP1G B W 1972. Landesplanungsgesetz i. d. F. des Änderungsgesetzes v o m 6. M a i 1975 (GBl. S. 257), zit. LP1G B W 1975 oder LP1G BW. Bayern: Bayerisches Landesplanungsgesetz (Bay. LplG) v o m 6. Febr. 1970 (GVB1. S. 9), zit. LP1G Bay. 1970 oder LP1G Bay. Hessen: Hessisches Landesplanungsgesetz i. d. F. v o m 1. J u n i 1970 (GVB1. I S. 360), zit. LP1G Hessen 1970 oder LP1G Hessen. Niedersachsen: Niedersächsisches Gesetz über Raumordnung u n d Landesplanung (NROG) v o m 30. März 1966 (GVB1. S. 69), zit. N R O G 1966. — dasselbe i. d. F. v o m 24. Januar 1974 (GVB1. S. 50), zit. N R O G 1974 — dasselbe i. d. F. des Achten Gesetzes zur Gebiets- u n d Verwaltungsreform v o m 28. J u n i 1977 (GVB1. S. 233), zit. N R O G 1977 oder NROG. Nordrhein-Westfalen: Landesplanungsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung v o m 3. J u n i 1975 (GV S. 450) zit. LP1G N W 1975 — dasselbe i. d. F. des Änderungsgesetzes v o m 7. Dez. 1976 (GV S. 416) zit. LP1G N W 1976 oder LP1G NW. Gesetz zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm) v o m 19. März 1974 (GV S. 96) Rheinland-Pfalz: Landesgesetz f ü r Raumordnung u n d Landesplanung (Landesplanungsgesetz — L p l G —) v o m 14. J u n i 1966 (GVB1. S. 177), zit. LP1G R h - P f 1966. — dasselbe i. d. F. des Änderungsgesetzes v o m 20. M a i 1974 (GVB1. S. 213), zit. LP1G R h - P f 1974. — dasselbe i. d. F. der Bekanntmachung v o m 8. Febr. 1977 (GVB1. S. 5), zit. LP1G R h - P f 1977 oder LP1G Rh-Pf. Schleswig-Holstein: Gesetz über die Landesplanung (Landesplanungsgesetz) v o m 13. A p r i l 1971 (GVOB1. S. 152), zit. LP1G SH 1971. — dasselbe i. d. F. der Änderungsgesetze v o m 13. M a i 1974 (GVOB1. S. 128) u n d v o m 31. März 1976 (GVOB1. S. 112), zit. LP1G SH 1976 oder LP1G SH.
204
I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Inhalt und Bedeutung des ROG sind wesentlich von zwei Merkmalen geprägt: das ROG ist Rahmengesetz und es ist einem politischen Kompromiß zwischen Bund und Ländern entsprungen 1 . Als Rahmengesetz unterliegt das ROG verfassungsrechtlichen Beschränkungen i m Hinblick auf seinen Regelungsumfang und seine Regelungsintensität; als politischer Kompromiß konnte das Gesetz selbst die vorhandenen Bundeskompetenzen nicht voll ausschöpfen 2. Das ROG enthält deshalb auch und gerade für die landesplanerischen Planungssysteme der einzelnen Länder keinesfalls eine Vollregelung, sondern das ROG läßt viel Spielraum für Eigenentwicklungen der Länder, die die Landesplanungsgesetzgebung und die Planimgspraxis i n den einzelnen Ländern sehr weit ausgenutzt haben. Gleichwohl bewirkte das ROG wesentliche, auch vereinheitlichende Impulse für die rechtliche Durchdringung des Landesplanungsrechts, eine Funktion, die durch eine — derzeit erwogene — Novellierung des ROG verstärkt werden könnte und müßte. Für alle überkommenen Eigenarten und für alle neuen spezifischen Entwicklungen i n den einzelnen Ländern ist deshalb immer wieder die Standardfrage der Vereinbarkeit m i t den rahmenrechtlichen Vorschriften des ROG zu stellen 3 . I. 1. Das Raumordnungsgesetz regelt Probleme des Planungssystems sowohl für das Bund-Länder-Verhältnis als auch für die landesplanerischen Planungssysteme der einzelnen Länder. Als Rahmengesetz für die Raumordnung i n den Ländern ( = Landesplanung) enthält das ROG nur partiell Bestimmungen über die Bundesraumordnung 4 , es äußert sich nicht zu den möglichen Instrumenten der Raumplanung für den Gesamtstaat (Bundesraumordnungsprogramm oder -plan) 5 . Ebenso re1 Z u r Entstehungsgeschichte ausführlich Brügelmann, ROG, Einl. Bern. I I ; Ernst ! Zinkahn ! Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 90-99, 172 ( L i teraturnachweise Rdnr. 171). 2 Das g i l t vor allem i m Hinblick auf § 3 (Geltung der Grundsätze i n den Ländern) u n d die »weiche4 Regelung der Regionalplanung i n § 5 I I I ROG, ganz abgesehen von dem Verzicht auf die Inanspruchnahme der — u m s t r i t tenen — v o m B V e r f G i n BVerfGE 3, 407 (427 f.); 15, 1 (16) anerkannten V o l l kompetenz des Bundes f. d. Bundesraumordnung, vgl. dazu Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 87, Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht, S. 18 f., 76 ff. m. Nachw.; G. Kisker, Kooperation i m Bundesstaat 1971, S. 28 f. sowie Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, S. 15 - 37, 40 ff. 3 Vgl. als umfassende Behandlung dieses Fragenkreises neuerdings Erbguth, Probleme des geltenden Landesplanungsrechts. E i n Rechtsvergleich, 1975. 4 Vgl. §§ 1; 4 I, I V ; 8 I Nr. 4 ROG. Z u r Frage, ob die unmittelbar geltenden Rechtssätze des R O G statt auf der v o m Gesetzgeber i n Anspruch genommenen Rahmenkompetenz des A r t . 75 I Nr. 4 auch auf die ungeschriebene Vollkompetenz des Bundes gestützt werden könnten, vgl. die Nachweise bei Forsthoff / Blümel, S. 73 f.
§ 16 Das R G u n d die andespanerischen
lanungssyst
gelt es für die Landesplanung i n den Ländern nicht das Planungssystem als solches, etwa i n seinem organisatorischen Aufbau i n Planungsebenen und -bereiche oder i n der Abgrenzung der Aufgaben der einzelnen Ebenen und Bereiche, sondern das Gesetz geht von den Arbeitsergebnissen der Raumplanung aus und legt ihnen möglichst allseitige rechtliche Wirkungen bei. Die Bundesraumordnung findet i m wesentlichen Ausdruck i n den Raumordnungsgrundsätzen, die unmittelbare Geltung für die Landesplanung i n den Ländern haben (§ 2 I, 3 I I ROG), selbstverständlich auch für die Behörden des Bundes ( § 3 1 ROG). Die Länder haben — zur Verwirklichung der Grundsätze — die ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' (§ 5 II, 4 III) aufzustellen, und an diese Ziele knüpft sich die rechtlich entscheidende Wirkung, die Βeachtenspflicht (§ 5 IV). Sie t r i f f t eine Vielzahl von Planungsträgern (§ 4 V), wobei i m Ergebnis zugunsten einer Reihe von Bundesvorhaben Ausnahmen vorgesehen sind (§ 6); dagegen kann für den Bereich der Länder von einer allseitigen Bindungswirkung gesprochen werden, weil die Behörden des Landes, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die öffentlichen Planungsträger sowie i m Rahmen der ihnen obliegenden Aufgaben die der Aufsicht des Landes unterstellten Körperschaften, Anstalten u n d Stiftungen des öffentlichen Rechts erfaßt sind. Das ROG spricht zwar auch die Programme und Pläne der Länder an, indem es die Länder verpflichtet, die zur Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze erforderlichen Ziele i n der Form von übergeordneten und zusammenfassenden Programmen und Plänen aufzustellen (§ 5 I u. I I ROG). Die Planungsebenen und die ihnen zugeordneten Planungsarten regelt das ROG jedoch nicht u n d braucht es seiner Systematik nach auch nicht zu regeln; denn unabhängig davon, auf welcher Ebene, i n welchen Ableitungszusammenhängen mit anderen Plänen die Programme und Pläne entstehen, binden die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, wenn die Programme und Pläne solche enthalten. Das ROG stattet die Aussagen von vorhandenen oder möglichen Ebenen der Landesplanung m i t umfassender Bindungswirkung für den Landesbereich und m i t partieller, durch Widerspruch überholbarer Bindung für den Bundesbereich aus. I n dieser spezifischen Weise schafft das ROG ein Planungssystem, das eher ein System des Planungsrechts als ein i n seinem Aufbau, i n den stufenspezifischen Aufgaben und dem inneren Ableitungszusammenδ Die Frage eines Bundesraumordnungsprogramms (-plans) ist zwar bei der Entstehung des ROG diskutiert worden, es w u r d e jedoch bewußt darauf verzichtet, eine Rechtsgrundlage dafür vorzusehen, vgl. dazu u n d zu den politischen Zusicherungen der Bundesregierung, ein solches Programm nicht aufzustellen, Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, 1975, S. 10 - 12 m. w. Nachw.
6
I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landespanerischen Panungssystem
hang bestimmtes inhaltliches Planungssystem ist. Das HOG bietet rechtlich geordnete Wege, i n denen zwischen Bund und Ländern und innerhalb der Länder materielle raumordnerische Planaussagen aufgestellt und wirksam gemacht werden können. Damit ist keinesfalls gesagt, daß allein diese Bindungswirkung und -intensität verfassungsrechtlich zulässig wäre; vor allem die Bundesraumordnung ist keineswegs abschließend geregelt. Die häufig gebrauchte Charakterisierung vom geschlossenen System des Planungsrechts' 6 ist deshalb unberechtigt und auf alle Fälle mißverständlich. Die Formel vom geschlossenen' System bringt vor allem nicht zum Ausdruck, daß der Aufbau des landesplanerischen Planungssystems offengehalten ist und insoweit ein weiter, vielfältig genutzter Spielraum bleibt. Geschlossen ist allein das rechtliche Normengefüge, weil i m Zusammenspiel von ROG, den Landesplanungsgesetzen und den Raumordnungs- und Anpassungsklauseln der Fachplanungsgesetze und des Bundesbaugesetzes keine Lücke mehr besteht. 2. Offen bleibt für die landesplanerischen Planungssysteme zunächst die Zahl und die Art der Planung s ebenen. Die Regionalplanung ist in den Ländern nur bedingt obligatorisch, ,wenn sie für Teilräume des Landes geboten erscheint' (§ 5 I I I 1 ROG). Ihre sachliche und organisatorische Ausgestaltung ist weithin offen, da sowohl staatliche Planung i n Regionen oder Teilräumen des Landes als auch die Übertragung der Planung an Zusammenschlüsse von Gemeinden und Gemeindeverbänden zugelassen ist. Unter dem Aspekt der Verklammerung von nicht autark gedachten Planungsebenen ist die Schutzvorschrift zugunsten der Gemeinden von Interesse: bei staatlich getragener Regionalplanung müssen die Gemeinden und Gemeindeverbände i n einem förmlichen Verfahren beteiligt werden (§ 5 I I I 2 ROG). Da die Zahl und A r t der Planungsebenen bundesrechtlich nicht bestimmt ist, steht es den Ländern auch frei, die zur Zeit sehr lebhaft und kontrovers diskutierte Kreisentwicklungsplanung 7 als weitere Ebene zwischen Gemeindeplanung und Regionalplanung oder als interne Differenzierung der Regionalplanung einzufügen. Die Grundtendenz der rahmenrechtlich ermöglichten und von den Ländern ausgenutzten Spielräume i n der Ausgestaltung des landesplanerischen Planungssystems setzt sich konsequent fort bei der inhaltlich wichtigen Frage, i n welchen Programm- oder Planarten die Ziele 6 Brügelmann ROG, Einl. Bern. V 2; Brügelmann / Cholewa u n d v. d. Heide, ROG, § 3 Bern. I I 4 b; F. Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung u n d gemeindlicher Bauleitplanung, 1966, S. 7 f., 18, 19. Vgl. υ. d. Heide, D Ö V 1966, S. 180; kritisch dazu zu Recht: Forsthoff / Blümel, S. 18, Fn. 5. 7 Z u r Kreisentwicklungsplanung vgl. unten § 18 I I .
§ 16 Das R G u n d die landesplanerischen
lanungssyst
der Raumordnung und Landesplanung enthalten sind und auf welcher Ebene welche A r t von Zielen aufgestellt wird. Für die zentrale Ebene der Landesplanung ist den Ländern nicht nur freigestellt, ob sie eine oder mehrere Planarten vorsehen wollen, sondern es ist auch ihrer Entscheidung überlassen, ob die zentralen Pläne nur Ziele für das gesamte Landesgebiet oder zusätzlich auch spezifische Ziele für die einzelnen Regionen enthalten. So gibt es ζ. B. i n Nordrhein-Westfalen auf der zentralen Ebene das Landesentwicklungsprogramm(gesetz), das u. a. ,allgemeine Ziele 4 enthält (§§ 19 ff., §§ 24 ff.); daneben sind 6 verschiedene Landesentwicklungspläne vorgesehen, die für besondere raumordnerische Sachbereiche konkrete Ziele formulieren. BadenWürttemberg und Bayern dagegen kennen nur ein umfassendes zentrales Planungsinstrument, das zugleich detaillierte Ziele für die einzelnen Regionen enthält 8 . Indem die Länder i n recht unterschiedlicher Weise die möglichen Inhalte der zentralen und regionalen Pläne bestimmen, entstehen sachlich-planerisch weit größere Differenzierungen i n den Planungssystemen, als es der formale Aufbau i n die zwei Ebenen erkennen läßt. Rahmenrechtlich zulässig ist deshalb auch die erheblich von den anderen Ländern abweichende Besonderheit des hessischen Planungssystems. Danach enthalten die Planarten der zentralen Ebene keine Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung, sondern das — als Gesetz festgestellte — Landesraumordnungsprogramm u n d der — v o m Kabinett beschlossene — Landesentwicklungsplan sind nach § 8 I LP1G Hessen f ü r die Träger der Regionalplanung verbindlich 9 . Erst die regionalen Raumordnungspläne, die die Planungen der zentralen Ebene konkretisieren, lösen die allseitige Beachtenspflicht aus. Diese 1970 eingeführte Regelung, die vor allem als Schutz der Gemeinden vor ,Verplanung' durch die schon damals m i t dem Großen Hessenplan operierende Landesregierung dienen sollte 1 0 , ist i m Ansatz u n d i m Grundsatz durch das ROG zugelassen, auch w e n n § 5 I u n d I I ersichtlich davon ausgehen, daß die umfassenden Programme u n d Pläne auf der Landesebene Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung enthalten. Entscheidend ist aber, daß auch nach der hessischen Regelung allseits verbindliche Ziele vorhanden sind.
II. Von der Möglichkeit, durch differenzierende Zuweisung von Planungskategorien Planungsebenen zu unterscheiden, macht das ROG i m Hinblick auf das Bund-Länder-Verhältnis Gebrauch. Dem Bund stehen als rechtlich geregelte Kategorie nur die — gesetzlich zu fixierenden — Raumordnungsgrundstttze zur Verfügung (dazu 1.), die ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' sind dagegen allein von den Ländern aufzustellen (dazu 2.). Die Unterscheidung zwischen beiden Kate8
Vgl. dazu unten § 18 I 2. Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 104, 186; G. Klein, 147 ff.; Schmidt-Aßmann, Städtebaurecht, S. 144. 10 Vgl. dazu i m einzelnen unten § 32 I 2 m i t Fn. 12. 9
Ziele, S. 73 ff.,
208 I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
gorien und die Ausstattung m i t spezifischen Rechtswirkungen 11 gehören zum K e r n der Regelungen des ROG. Nicht nur durch die Differenzierung, sondern vor allem auch durch die rechtliche Konturierung der beiden Planungskategorien und durch die Auswahl eines je spezifischen Verbindlichkeitsgrades strukturiert das Gesetz die langen planerischen Handlungsketten der Raumplanung i n einer die Eigenständigkeit der Länder weitestgehend schonenden Weise. 1. Die Raumordnungsgrundsätze stehen nicht zufällig i m Zentrum des ROG. Ihnen ist die Aufgabe zugedacht, eine einheitliche Basis für die Raumordnungspolitik i m Bund und i n den Ländern zu schaffen. Die unbestrittene Tatsache, daß sie diese Funktion nur unvollkommen erfüllen können und daß sie kein konkretisiertes Zielsystem für die Raumordnung i m Bundesgebiet darstellen, ändert nichts an der Richtigkeit und Notwendigkeit des Ansatzes, i m ROG erstmals materiellinhaltliches Planungsrecht zu normieren 1 2 . Deshalb leistet das ROG einen notwendigen, wenn auch fragmentarischen Beitrag zur Homogenität der Raumordnungspolitik i m Bundesstaat; zugleich erfüllen die materiell-rechtlichen Planungsnormen partiell eine der rechtsstaatlichen Minimalforderungen an die Planung, nämlich die nach der Bestimmung der für die planende Abwägung maßgeblichen Grundsätze und Richtlinien 1 3 . Die ,Grundsätze' enthalten, wie ihre Aufzählung i n § 2 ROG erkennen läßt, raumpolitische Zielsetzungen sehr allgemeiner und abstrakter A r t . Sie sind additiv nebeneinandergesetzt und enthalten — bis auf geringfügige Ausnahmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 ROG) — keine Prioritäts- oder Rangangaben. Sie umschreiben Abwägungsgesichtspunkte, ohne daß der weite Raum der Abwägung und der Bereinigung von Zielkonflikten schon i n einem ersten Schritt abgearbeitet wäre. Konsequenterweise enthält deshalb § 2 I I ROG die für ihre rechtliche und planungssystematische Bedeutung kennzeichnende Vorschrift, daß sie von den i n § 3 ROG genannten Planungsträgern des Bundes und der Landesplanung i n den Ländern ,im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens gegeneinander und untereinander nach Maßgabe des § 1 abzuwägen' sind. 11 Dazu Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 23 ff. — Nicht m i t den ,Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung' i. S. von § 5 I V ROG sind die »Aufgaben u n d Ziele der Raumordnung' nach § 1 ROG, die — i n sehr vager F o r m — ein L e i t b i l d der Raumordnung umschreiben, zu verwechseln. 12 Die vor dem ROG erlassenen Landesplanungsgesetze waren reine Organisations- u n d Verfahrensgesetze gewesen. 13 Z u diesen rechtsstaatlichen Minimalanforderungen Badura, i n : FS Bay. VerfGH, S. 175. — Die Normierung von »Grundsätzen' findet sich auch i n anderen Planungsgesetzen, so i n den Landschaftsgesetzen u n d der Sache nach auch i n den Krankenhausgesetzen. Umgekehrt stellt das Fehlen solcher Grundsätze i n Gesetzen über die Verkehrsplanungen einen schwerwiegenden Mangel dar, vgl. Wahl, DÖV 1975, S. 377.
§ 16 Das RÖG u n d die landesplanerischen Êlanungssystêrtië
2Ô9
Diese Gesetzesformulierung bringt nicht nur zutreffend den weiten Ausgestaltungs- und Abwägungsspielraum bei der Verwirklichung der Grundsätze zum Ausdruck, sondern sie definiert auch den spezifischen Gehalt der Grundsätze i n Abgrenzung zur Gegenkategorie der ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung'. Den Unterschied sieht die Literatur darin, daß Ziele strikt zu ,beachten' seien, unmittelbar binden, keinen Raum für Abwägungen durch den gebundenen Adressaten belassen, während die Grundsätze Ermessensspielräume einräumen 1 4 . Diese Umschreibungen sind i m Lichte entscheidungstheoretischer Erkenntnisse interpretationsbedürftig. Sowohl die ,Grundsätze' als auch die ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' formulieren für den jeweiligen Adressaten Ziele i m Sinne der Ziel-Mittel-Relation der Logik. Diese Zielfestlegungen sind i n beiden Fällen ,strikt'; selbstverständlich können sich auch die Adressaten der ,Grundsätze' nicht von diesen freizeichnen, sie mißachten oder statt der i n § 2 ROG formulierten andere auswählen. I n der A r t der Zielverwirklichung und der Auswahl der M i t t e l haben die Adressaten wieder bei beiden Kategorien entsprechend der logischen Struktur dieser Relation regelmäßig Gestaltungs- und Konkretisierungsspielräume. Auch dies ist unbestritten und z.B. für die Gemeinden, die die Bauleitplanung den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen haben, oft hervorgehoben worden. Gleichwohl gibt es nach der Vorstellung des Gesetzgebers und nach der rechtlichen Ausgestaltung beider Kategorien eine relevante Unterscheidung zwischen den Entscheidungsprozessen, i n denen die ,Grundsätze' gelten, und denen, für die ein ,Ziel der Raumordnung und Landesplanung' zu beachten ist: bei den ersteren geht das Gesetz davon aus, daß eine Mehrzahl von Grundsätzen einschlägig ist, so daß jedesmal eine Abwägung der Grundsätze untereinander und gegeneinander notwendig ist und der erwähnte Abwägungsspielraum entsteht. Weil i n der Regel für den konkreten Entscheidungsprozeß mehrere und untereinander häufig konfligierende Grundsätze zu berücksichtigen sind, liegt insoweit noch keine strikte Bindung für den konkreten F a l l vor. Bei den ,Zielen der Raumordnung und Landesplanung' dagegen kann die Zielbindung dann und insoweit strikt sein, als für einen Adressaten immer nur Ziele formuliert sind, die untereinander nicht i m K o n f l i k t 14 Bielenberg, D Ö V 1969, S. 379; Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 24; R. Buchsbaum, Das Bundesraumordnungsprogramm u n d seine Verbindlichkeit, D Ö V 1975, S. 549. Dieses Verständnis liegt auch dem n w Gesetz zur Landesentwicklung zugrunde, vgl. die Gegenüberstellung i n § 37 I u n d I I u n d die Begründung zum Gesetzentwurf L T - D r s . 7/1764, S. 54 f. (dort auch ein H i n weis darauf, daß diese Rechtsauffassung auch v o n der M K R O gebilligt w i r d ) sowie Niemeier, Städte- u n d Gemeinderat 1974, S. 185 f. Z u r Abgrenzung der Grundsätze u n d Ziele auch G. Klein, Ziele, S. 169 - 179.
14 Wahl ι
. 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Panungssysteme
stehen 15 , sondern sich zueinander komplementär oder neutral verhalten. Diese — inhaltlich zunächst sehr voraussetzungsvoll anmutende — Prämisse kann jedoch bei den Zielen der Raumordnung und Landesplanung erfüllt sein, w e i l sie ihrem sachlichen Charakter nach räumlich-konkrete Festsetzungen sind. I m konkreten Raum kristallisieren und materialisieren sich zum einen die abstrakt gar nicht sichtbaren, noch weniger lösbaren Zielkonflikte; für einen konkreten Raum lassen sich zum anderen Ziele nur formulieren, wenn diese Zielkonflikte i n einem erheblichen Maße ausgetragen und bereinigt sind. Ziele der Raumordnung und Landesplanung können nur dann als inhaltliche Vorgaben für die Adressaten ,strikt binden', wenn sie untereinander nicht i m Zielkonflikt stehen. Ob diese Prämisse bei der großen Zahl oft vage formulierter Ziele i n den Programmen und Plänen der Länder gegeben ist, kann hier nicht i m einzelnen untersucht werden, ist aber zweifelhaft; für die intendierte rechtliche Bindungswirkung fehlt es dann an der unerläßlichen Voraussetzung sachlich-planerischer Eindeutigkeit. Die sich aus diesen Überlegungen ergebende Differenzierung zwischen Grundsätzen und Zielen kann uneingeschränkt auf die Regelungen des ROG angewendet werden, w e i l die Grundsätze des ROG sachlich-abstrakte Formulierungen für typische Gebietskategorien oder für Strukturkategorien sind; die für die Ziele kennzeichnende räumliche Konkretisierung fehlt ihnen durchgehend 16 . Nicht so eindeutig ist die Situation bei einigen Ländern, die beide Kategorien weniger scharf abgrenzen und ungenau verwenden 1 7 und damit das grundlegende Gebot der Klarheit und immanenten Konsequenz bei der Verwendung der selbstgebildeten Aussage- und Planungskategorien verletzen. 2. Die sehr allgemein und unbestimmt gehaltenen Formulierungen der Grundsätze sind vielfach auf K r i t i k gestoßen; dabei ist i h r geringer Entscheidungsgehalt und die ,Überfrachtung m i t Gemeinwohlformulierungen' 1 8 gerügt worden. Bei dieser grundsätzlich berechtigten K r i t i k 15 F ü r den Fall, daß zwei Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung dennoch i m Hinblick auf einen Adressaten miteinander i m K o n f l i k t stehen, muß m a n von der U n w i r k s a m k e i t beider ausgehen. 16 Bielenberg, D Ö V 1969, S. 379; vgl. Rutkowski, Regionalplanung, S. 54 zur Notwendigkeit der räumlichen Komponente bei den Zielen. 17 Dazu Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 25 f. m i t Beispielen u n d Klein, Ziele, S. 178. So enthalten namentlich die sog. ,allgemeinen Ziele der R a u m ordnung u n d Landesplanung' des n w Gesetzes zur Landesentwicklung, die den Großteil der gesetzlichen Bestimmungen ausmachen, i n der Regel abstrakte u n d räumlich nicht konkretisierte Aussagen; der Sache nach handelt es sich also u m Grundsätze, so daß die gesetzliche Anordnung, daß sie zu »beachten4 sind (§ 37 I I ) , was sonst n u r für konkretisierte Ziele angeordnet ist, inkonsequent ist. Die normative Aussage k a n n miteinander konfligierende allgemeine Ziele natürlich nicht eindeutig machen.
§ 16 Das HOG u n d die landesplanerischen Planungssysteme
211
w i r d jedoch ζ. T. die Funktion der Grundsätze verkannt. Sie sind nicht primär dazu bestimmt, Entscheidungskriterien und Richtlinien für Einzelentscheidungen zu geben, sondern sie umschreiben als allgemeine Aussagekategorien der obersten Ebene eines Planungssystems einige Leitlinien und Richtpunkte für andere Planungsträger, die ihrerseits immer noch recht umfassende und allgemein angesetzte Programme und Pläne aufstellen. Planerische Vorgaben gegenüber komplexen Planungen können nicht an den Konkretheitsforderungen von Einzelentscheidungen gemessen werden. Des weiteren kommt der — gewollten — Allgemeinheit der Formulierung der Grundsätze i m Zusammenhang des raumordnerischen Planungssystems zwischen Bund und Ländern eine Schutzfunktion zugunsten der Länder zu. Indem die Bundesgrundsätze keine größere Präzision erreichen, ist der politisch beabsichtigte Gestaltungsspielraum der Länder um so größer. Diese Schutzfunktion kommt noch stärker i n einer bis zuletzt umstrittenen Vorschrift zum Ausdruck, die als Konstruktionselement innerhalb von Planungssystemen besondere Bedeutung verdient: Nach § 3 I, I I ROG gelten die Grundsätze unmittelbar für die Planungsträger des Bundes, i n den Ländern jedoch unmittelbar nur für die »Landesplanung4, nicht dagegen für die übrigen Landesbehörden und landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen oder für die Gemeinden. Für sie müssen die Raumordnungsgrundsätze durch die Programme und Pläne der Landesplanung i n Ziele der Raumordnung und Landesplanung transformiert werden 1 9 . Innerhalb planerischer Zusammenhänge w i r d Spielraum für die nachfolgenden Planungsebenen und -bereiche durch Geltungseinschränkung der auf der vorgeordneten Ebene erlaubten Aussagen erreicht. Aus dieser Funktion der Abgrenzung und Sicherung von Handlungsbereichen erklärt sich die auffällige und zunächst befremdliche Tatsache, daß i n einem Gesetz zusätzliche Aussagen über die Verbindlichkeit seiner Bestim18 Häberle, öffentliches Interesse, S. 56. Z u m V o r w u r f der Leerformelhaftigkeit der Grundsätze vgl. D. Storbeck, Z u r Operationalisierung der Raumordnungsziele, Kyklos, Vol. X X I I I (1970), S. 98 ff. u n d E. Dittrich, Leerformeln i n Raumforschung u n d Raumordnungspolitik, Raumforschung u n d Raumordnung 1965, S. 193 ff.; Brösse, Ziele i n der Regionalpolitik, S. 22, 40; ders., Raumordnungspolitik 1975, S. 2 5 - 3 1 ; vgl. auch die wenig Verständnis f ü r die F u n k t i o n der Raumordnungsgrundsätze ausdrückende Bemerkung von Rupp, i n : Konzertierte A k t i o n 1971, S. 4: ,Sprachlyrik des Raumordnungsgesetzes'. Überzogen ist auch die umgekehrte Einschätzung v o n H. Pagenkopf, Einführung i n die Kommunalwissenschaft, 3. A u f l . 1975, S. 122 f., der es f ü r fraglich hält, ob es sich bei den Grundsätzen noch u m ausfüllungsfähige Postulate handelt. 19 Vgl. dazu ausführlich Brügelmann l Cholewa u n d v. d. Heide, ROG § 3 Bern. I I 2 V u n d V I sowie Zinkahn / Bielenberg, ROG, § 3 Rdnr. 9, jeweils auch m i t Hinweisen zur Entstehungsgeschichte, sowie Erbguth, S. 36 ff. u n d Suderow, Das Verhältnis der Fachplanungen zu Raumordnung u n d Landesplanung, S. 9 ff.
14·
2
I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
mungen, dazu noch differenzierende je nach den einzelnen Adressaten, enthalten sind, anstatt daß die gesetzlichen Regelungen allseits gegenüber allen i n Betracht kommenden Adressaten wirken. Zusammengenommen w i r d die politische Absicht der weitgehenden Minimalisierung der Bundesraumordnung i m ROG durch die inhaltliche Beschränkung der Aussagen auf gesetzlich fixierte ,Grundsätze' und durch deren Geltungseinschränkung erreicht 20 . Die Regelungstechnik, verschiedene Aussage- und Plankategorien m i t spezifischen Rechtswirkungen zu unterscheiden, ist i m ROG primär aus bundesstaatlichen Gründen verwendet worden und hat i n der Regelungsweise von Rahmengesetzen sicherlich Parallelen 2 1 ; sie ist jedoch über diesen Bereich hinaus generalisierbar und als spezifische Technik zur Regelung von Planungssystemen möglich und auch entsprechend gebraucht. So haben einige Länder eigene Raumordnungsgrundsätze aufgestellt, ohne ihnen gegenüber den Gemeinden unmittelbare Verbindlichkeit zuzulegen 22 . Diesen Regelungen liegt die zutreffende Einsicht zugrunde, daß diese Grundsätze i m Netzwerk des Planungssystems erst eine oder zwei Stufen der Konkretisierung erfahren müssen, u m geeignet zu sein, einzelne Gemeinden anzusprechen. Die direkte Konfrontation allgemeiner Grundsätze m i t den relativ konkreten Planungen der Gemeinden stößt sonst leicht ins Leere oder die inhaltliche Auffüllung der Grundsätze durch die Landesbehörden i m Einzelfall ist unkontrolliert und unkontrollierbar 2 3 . 3. Die allein von den Ländern aufzustellenden ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' äußern die erwähnte allseitige Bindung i n nerhalb des betreffenden Landes und eingeschränkt gegenüber den Bundesbehörden. M i t diesem treffenden und ein zentrales Merkmal der Planungsprozesse kennzeichnenden Begriff der Ziele 2 4 schafft das ROG 20 Rückblickend betrachtet mutet der Streit u m die Geltung der G r u n d sätze gegenüber den Ländern, der beinahe die Verabschiedung des gesamten Gesetzes gefährdet hätte, seltsam an angesichts des unbestimmten Gehalts der Grundsätze; die Furcht vor der ,Verplanung' durch den B u n d hätte schon damals als gegenstandslos erkannt werden können. Die Auseinandersetzungen sind jedoch bezeichnend f ü r den häufig polemischen u n d v o n jeder sozialwissenschaftlichen Informiertheit unberührten Umgang m i t dem V o r w u r f der jVerplanung'. 21 Dazu Kisker, Neuordnung des bundesstaatlichen Kompetenzgefüges, Der Staat, Bd. 14 (1975), S. 187 ff. 22 So Bayern (vgl. A r t . 2 u n d 3 LP1G); Hessen ( § 8 1 LP1G); sowie Schleswig-Holstein ( § 2 1 LP1G u n d § 1 Entwicklungsgrundsätzegesetz). Dazu Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 41 - 44. 23 So i m Ergebnis auch G. Klein, Ziele, S. 177 f. Deshalb bestehen planungssystematische Bedenken gegen die Bestimmungen einiger Länder, die die Geltung v o n Grundsätzen für die Gemeinden anordnen, vgl. § 5 I V NROG; § 37 I n w G. zur Landesentwicklung; § 9 LP1G Saar; § 3 LP1G RhPf.
§ 16 Das R G u n d die landesplanerischen
lanungssyst
eine e i n h e i t l i c h e K a t e g o r i e v o n r a u m o r d n e r i s c h e n Planaussagen u n d s t a t t e t sie m i t gesicherten r e c h t l i c h e n W i r k u n g e n 2 5 aus. D a m i t i s t z u g l e i c h d i e Phase d e r persuasorischen L a n d e s p l a n u n g v o m A n s a t z h e r ü b e r w u n d e n : D e n n P f l i c h t d e r L ä n d e r (§ 5 I u . I I R O G ) i s t es, z u r V e r w i r k l i c h u n g d e r G r u n d s ä t z e v e r b i n d l i c h e ,Ziele' a u f z u s t e l l e n ; L a n d e s p l a n u n g k a n n sich n i c h t m e h r a u f G u t a c h t e n u n d S t e l l u n g n a h m e n b e s c h r ä n k e n 2 6 . B i n d u n g s w i r k u n g als rechtliche Q u a l i t ä t i s t eine E i g e n schaft des r e g u l ä r e n A r b e i t s i n s t r u m e n t s d e r L a n d e s p l a n u n g , des l a n desplanerischen N o r m a l p l a n s . Sie i s t als rechtliche W i r k u n g ausgestalt e t u n d als solche m ö g l i c h , auch w e n n es sich b e i d e n Z i e l e n d e r R a u m o r d n u n g u n d Landesplanung u m rahmensetzende Aussagen h a n d e l t 2 7 . E r s t m i t diesem V e r s t ä n d n i s , n a c h d e m auch k o n k r e t i s i e r u n g s b e d ü r f t i g e n Rahmenaussagen als solchen u n d n i c h t erst d e r k o n k r e t i s i e r t e n F e s t l e g u n g , B i n d u n g ' b e i g e l e g t ist, g e w i n n t d i e L a n d e s p l a n u n g eine r e c h t l i c h feste Basis f ü r sachlich a d ä q u a t e und i h r e n Z u g r i f f a u f andere Planungsträger i n Schranken haltende Äußerungsformen 28. D i e Beachtens- oder A n p a s s u n g s p f l i c h t 2 9 z i e l t i n h a l t l i c h n i c h t a u f d i e E r s e t z u n g oder A u s s c h l i e ß u n g v o n gestalterischen E n t s c h e i d u n g e n b e i m 24
Treffend ist der Begriff nicht nur, w e i l er generell die herausragende Bedeutung v o n Zielen i n Planungsprozessen wiedergibt, sondern auch i m besonderen deshalb, w e i l er zum Ausdruck bringt, daß die Adressaten nicht n u r die i n E n t w i c k l u n g begriffene oder schon vorhandene Ordnung des größeren Raumes beachten müssen, sondern sich darüber hinaus an E n t w i c k lungsvorstellungen u n d -absichten, die noch nicht ihren Niederschlag i m Raum gefunden haben, anpassen müssen, so Ernst ί Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 19 u n d G. Klein, Ziele, S. 7 f. 25 Der E n t w u r f des ROG (BT-Drs. IV/1204 § 4 I I ) unterschied noch zwischen »Richtlinien 4 u n d »verbindlichen Zielen 4 als I n h a l t der Programme u n d Pläne der Länder. I n den Ausschlußberatungen wurde die Unterscheidung aufgegeben, w e i l auch verbindliche Ziele 4 nach der Auffassung des Ausschusses Richtliniencharakter tragen (Schriftl. Bericht des Ausschusses f ü r W o h nungswesen, Städtebau u n d Raumordnung B T - D r s . IV/3014, S. 5). D a m i t w a r aber unbemerkt der Richtlinienbegriff i m oben (§15 I I I 3) gekennzeichneten inhaltlichen Sinn verwendet worden u n d nicht mehr i m Sinne v o n verwaltungsinternen Vorschriften, sonst könnten die Ziele der Gemeinden nicht binden. 26 So ausdrücklich O V G Lüneburg, U. v. 23./24. 9.1967, R a u m u n d Siedlung 1968, S. 21 Nr. 63 m. A n m . von Bielenberg; V G Oldenburg, U. v. 12.11.1965, DVB1. 1967, S. 393. Vgl. auch Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 63. 27 Vgl. die treffende Formulierung i n § 4 I LP1G S H (Raumordnungspläne als rahmensetzende Leitpläne). 28 I n den geltenden Landesplanungsgesetzen, i n denen die Verbindlichkeitserklärung als Begriff beibehalten ist, kennzeichnen sie heute den A b schluß des regulären Aufstellungsverfahrens, eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Raumordnungspläne, vgl. § 27 LP1G B W 1972 (etwas anderes gilt n u r f ü r das Sonderproblem der fachlichen Entwicklungspläne), A r t . 18 I I I LP1G Bay, §§ 11, 13 Rh-Pf. 29 Das ROG verwendet beide Ausdrücke i n § 5 I I u n d I V . Z u m Verhältnis zwischen der »Beachtungspflicht 4 des § 5 I V ROG u n d der »Anpassungspflicht 4 des § 1 I V B B a u G 1976 oben § 13 I I 2» Fn. 18.
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gebundenen Adressaten, sondern sie grenzt dessen Handlungsspielraum ein. I n diesem partiell eingrenzenden und Alternativen abschneidenden Charakter ist die Bindungswirkung aber strikt; die Offenheit i m weiteren Konkretisierungsprozeß darf nicht zu einem diesen Regelungsgehalt und diese Bindungswirkung verwischenden Verständnis führen. § 5 I V ROG hat deshalb auch m i t der i n manchen Landesplanungsgesetzen zum Ausdruck gekommenen Vorstellung gebrochen, daß die Planungsträger und Verwaltungsbehörden von den landesplanerischen Plänen jederzeit abweichen könnten und nur die Landesplanungsbehörden rechtzeitig unterrichten müßten 3 0 . Nicht zuletzt darin zeigt sich, daß das Raumordnungsgesetz die Phase der persuasorischen Landesplanung beenden wollte und beendet hat. Die Beachtenspflicht ist gegenüber allen potentiellen Adressaten einheitlich konstruiert. Landesplanerische Festsetzungen sind nur ,Ziele' i m Sinne des ROG, wenn ihnen Wirkung gegenüber allen genannten Adressaten beigelegt ist. Aufgegeben worden ist das gestufte Vorgehen i n einigen früheren Landesplanungsgesetzen, nach denen geringe A n forderungen an die Rechtsform der Ziele zu stellen sind, wenn sie nur gegen verwaltungsinterne Stellen gerichtet sind, und nach denen fakultativ i n einem zweiten Schritt die Festsetzungen i n Rechtssatzformen gegossen werden müssen, wenn sie auch Gemeinden binden sollen. Allenfalls können die Länder, denen die Regelung über Rechtsform und Verfahren zur Aufstellung der Ziele überlassen ist, an die einheitliche Rechtsform für die Ziele deshalb besondere Anforderungen stellen, etwa die Rechtssatzform fordern, w e i l sie auch von den Gemeinden beachtet werden müssen 31 . Das ROG selbst läßt jedoch i n dieser Hinsicht keine Anforderungen erkennen. Nach seiner Konzeption werden die Interessen der Gemeinden durch die Einräumung von Beteiligungsrechten geschützt: nach der Grundsatz Vorschrift des § 5 I I 1 ROG sind bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine Anpassungspflicht begründet wird, oder deren Zusammenschlüsse zu beteiligen. I m Verhältnis der rahmenrechtlichen Beachtenspflicht des § 5 I V ROG zu Ausfüllungs- u n d Ausgestaltungsvorschriften der Länder taucht wegen der ungenügenden Anpassung einzelner Ländergesetze an die durch das ROG geschaffene Situation eine Reihe von Einzelfragen auf. L e i t l i n i e f ü r ihre L ö 30 Vgl. dazu oben § 15 I I I 3. — § 13 I I I 2 LP1G N W 1962, der diesen unbegrenzten Vorbehalt der Abweichung f ü r das Landesentwicklungsprogramm u n d die Landesentwicklungspläne enthielt, ist bei der Novellierung gestrichen worden u n d mußte gestrichen werden! 31 So Baden-Württemberg, § 27 I LP1G aus der nicht überzeugenden E r wägung heraus, daß n u r so der Verfassungsgarantie des A r t . 28 I I GG u. A r t . 71 Verf. B W genügt sei, vgl. Brügelmann / Aßmuß, ROG, Einf. LP1G Bern. V I I I 2; Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BBauG, § 1 Rdnr. 20.
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sung ist der Charakter des § 5 I V ROG als unmittelbar geltendes Recht 3 2 . Bleiben also einzelne Bestimmungen i n den Ländern hinter dem Gehalt von § 5 I V ROG zurück, so gilt dieser unmittelbar. (1) I m formellen Ansatz weichen einige Länder v o m ROG insoweit ab, als sie die rechtliche W i r k u n g nicht den »Zielen', sondern den Programmen u n d Plänen insgesamt beilegen. Diese Differenz ist jedoch i m Ergebnis nicht v o n Bedeutung, da der rechtlich erhebliche K e r n der Programme u n d Pläne allein die Ziele sind. A l l das, was Pläne neben den Bindungswirkungen i n tendierenden Aussagen sonst noch enthalten — Anregungen, unverbindliche u n d gutachtliche Empfehlungen, nicht selten aber auch Faktenbeschreibungen, Bestandsaufnahmen u n d nicht zuletzt Banalitäten u n d Weitschweifigkeiten —, ist dadurch gekennzeichnet, daß damit rechtliche B i n d u n g nicht angestrebt w i r d — also k a n n dieser I n h a l t auch nicht Gegenstand einer V o r schrift sein, die die rechtliche W i r k u n g der Pläne regelt. — Rechtlich erheblich ist dagegen die ganz andere u n d wichtige Frage der formellen Disziplinierung der Pläne i n ihrer Aussageform. Es gehört zu den unabdingbaren Anforderungen an die Verrechtlichung der Pläne, daß sie schon i n ihrer äußeren F o r m zwischen verbindlich gemeinten Aussagen einerseits u n d Bestandsaufnahmen u n d Begründungen andererseits unterscheiden 33 . (2) I n der näheren Ausgestaltung des § 5 I V ROG durch die Länder k o m m t es verbreitet zu Divergenzen. N u r Baden-Württemberg u n d Bayern beschränken sich auf die keine Probleme aufwerfende u n d nahtlos an das ROG anschließende Regelung, daß die Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung i m Sinne des ROG i n den angeführten Programmen u n d Plänen enthalten sind. Die anderen Länder umschreiben dagegen nochmals die rechtliche W i r k u n g der Ziele bzw. der Programme u n d Pläne, teils i n W i e derholung der Texte des ROG, teils i n eigenen Formulierungen 3 4 , die sich w o h l sprachlich unterscheiden, die sich aber i m Ergebnis nicht v o m rahmenrechtlichen Mindestgehalt unterscheiden dürfen. Die Ubereinstimmung w i r d deshalb i n der L i t e r a t u r durch Interpretation hergestellt 3 5 . Die sprachliche 32
So die ganz überwiegende Auffassung i n der L i t e r a t u r : Erbguth, L a n desplanungsrecht, S. 128, G. Klein, Ziele, S. 40; abweichend allein Brügelmann / Asmuß, ROG, § 5 Bern. V 6 b, Suderow, Das Verhältnis der Fachplanungen . . . , S. 15 ff. 33 Vgl. Schmidt-Aßmann, D Ö V 1974, S. 548 (Gebot der Plantransparenz, nach dem der normative K e r n der Pläne abgegrenzt sein muß). Die Praxis zeigt hier Ansätze zu Fortschritten, ζ. B. sind i m b w Landesentwicklungsplan u n d beim bay Landesentwicklungsprogramm die Plansätze v o n der Begründung deutlich unterschieden u n d bei Regionalplänen, z.B. i n Hessen u n d Rheinland-Pfalz, w i r d k l a r zwischen den Teilen: Bericht, Gutachten u n d Zielen unterschieden. 34 §§ 27 I I , 31 I I LP1G BW, A r t . 4 LP1G Bay. — Textwiederholung: § 8 LP1G Hessen. — Abweichende Formulierungen: § 9 N R O G (»anpassen'); §§ 1 I I u n d 13 I letzter Satz LP1G R h - P f (Ziele sind ,zugrundezulegen'), § 9 LP1G Saar (»beachten u n d anpassen'), § 9 LP1G S H (,rahmensetzende L e i t pläne m i t der Wirkung, daß die Adressaten keine Planungen aufstellen, bestehen lassen, genehmigen oder durchführen dürfen, die m i t den Raumordnungsplänen nicht i m Einklang stehen'). Dazu insgesamt der Überblick bei Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 63 ff., auch 65 ff. u. 69 ff. 35 Vgl. die ζ. T. durch Gesetzesänderungen überholten Ausführungen von: H.-D. Schultze, Ziele, S. 76 ff.; H. Schultze, Raumordnungspläne, S. 55 ff.; Weitzel, D Ö V 1971, S. 844; Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 136 ff.; Rut kowski S. 65 ff. u n d Suderow, S. 17 ff. (beide m i t z.T. abweichenden E r -
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Vielfalt bleibt trotzdem v e r w i r r e n d u n d trägt zu unnötigen Unsicherheiten i m Landesplanungsrecht bei. — Schwierigkeiten bereitet nach w i e v o r der Richtliniencharakter i m Landesplanungsgesetz v o n Nordrhein-Westfalen. Als Richtlinien f ü r alle behördlichen Planungen u n d Maßnahmen können die Pläne danach die Gemeinden nicht erreichen. Z w a r ist inzwischen die unbedingte Anpassungspflicht der Gemeinden i m Hinblick auf die Bauleitplanung dem neu gefaßten § 18 LP1G 1975 zu entnehmen 3 ®, eine Lücke besteht jedoch f ü r alle anderen Planungen u n d Maßnahmen der Gemeinden, f ü r die das Landesplanungsgesetz keine Regelung enthält; deshalb g i l t hier die Beachtenspflicht des § 5 I V R O G unmittelbar. Wenn demnach auch die Vorschriften des LP1G N W i m Ergebnis m i t dem ROG harmonisiert werden können, so sollte dennoch die Undurchsichtigkeit der Konzeption u n d der F o r m u lierungen geändert werden. (3) Wie erwähnt, ist m i t der B i n d u n g s w i r k u n g des § 5 I V ROG die aus der persuasorischen Phase stammende Möglichkeit zur Abweichung v o n den Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung nicht mehr vereinbar. Dieser Grundsatz schließt jedoch nicht aus, daß dem planerischen Bedürfnis nach Abweichungsmöglichkeiten Rechnung getragen w i r d — aber n u r unter v e r fahrensförmlichen qualifizierten Voraussetzungen, etwa der A r t , daß die Landesplanungsbehörde auf A n t r a g i n begründeten Fällen Ausnahmen zulassen darf 3 7 . Wenn i n einer solchen gesetzlich eingeräumten u n d gesetzlich begrenzten Befugnis der Landesplanung die Disposition über Abweichungen i n begründeten Einzelfällen bleibt u n d sich die einzelnen Behörden nicht selbst v o n der B i n d u n g freizeichnen können, ist ein Vorstoß des Landesrechts gegen § 5 I V R O G nicht anzunehmen. Das R O G wollte den persuasorischen Charakter der Landesplanung, d . h . die ungehinderte Abweichungsmöglichkeit durch die Adressaten beenden, nicht die planerisch gebotene Anpassung i n besonderen Fällen durch die Landesplanung selbst v e r h i n dern 3 8 . gebnissen, vgl. dazu unten Fn. 38); Frühen, Rechtsfragen der Landesplanung i n NW, S. 142 f. 36 Dem wiederspricht nicht § 19 I LP1G N W , nach dem die Landesregier u n g verlangen ,kann', daß die Gemeinde genehmigte Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung anpaßt (anders Erbguth, S. 139). Das dabei eingeräumte Ermessen ist i m Zusammenhang m i t der Entschädigungspflicht des Landes gegenüber — ihrerseits Privaten entschädigungspflichtigen — Gemeinden zu sehen, die nach § 25 I LP1G N W n u r bei einem förmlichen Anpassungsverlangen entsteht. Die Landesregierung soll danach i m konkreten Fall, w e n n überschaubar ist, daß die Anpassung der Bauleitpläne Entschädigungspflichten auslösen muß, beurteilen können, ob sie an der Aufrechterhaltung der betreffenden Ziele unter diesen Umständen festhalten w i l l . Daß § 5 I V ROG diese Erwägungen ausschließen wollte, k a n n angesichts dieser besonderen Situation bei einigen Fällen nachträglicher Anpassung nicht angenommen werden. Entsprechend ist § 17 i. V. m. § 18 I N R O G zu interpretieren. 37 So § 27 I I LP1G BW, § 8 I I I LP1G Hessen; § 11 I V LP1G Rh-Pf. 38 H. Schnitze, Raumordnungspläne, S. 24, H.-D. Schnitze, S. 76 - 78 (der f ü r B W u n d N R W noch die LPIGe v o n 1962 zugrundelegt u n d deren V o r schriften über Abweichungsmöglichkieten zu Recht als unvereinbar m i t § 5 I V ROG h ä l t ; inzwischen haben beide Länder diese Vorschriften gestrichen u n d bundesrechtskonforme qualifizierte Ausnahmevorbehalte statuiert). I n der Begründung abweichend Suderow, Das Verhältnis der Fachplanungen . . . , S. 44 ff. Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 141 u n d Rutkowski, Regionalplanung, S. 65 ff., 73 f., 78 f. u n d Suderow, S. 17 ff., 24 ff. — interpretieren
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Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß das ROG den landesplanerischen Normalplan auch rechtlich i n die i h m zugedachte zentrale Rolle eingewiesen hat. Er ist nicht länger der Gegensatz zum verbindlich 4 erklärten Plan, sondern landesplanerische Programme und Pläne, die Ziele der Raumordnung und Landesplanung enthalten, haben eine eigene, ihrem planerischen Rahmencharakter angemessene Rechtswirkung. Die eigenständige rechtliche Absicherung w a r auch die notwendige Voraussetzung dafür, daß die landesplanerischen Pläne ihre Funktion innerhalb eines Planungssystems als planbindende Pläne ausüben können. I I I . 1. Weitreichende Folgen für die Aufgabenstellung der Raumordnung und Landesplanung und bedeutende, wenn auch nicht sofort aktualisierte Fernwirkungen für die landesplanerischen Planungssysteme hat die i m ROG getroffene Erstreckung der Raumordnung i n die zweite Dimension 3 9 : Die Grundsätze und Ziele gelten nämlich bei allen ,raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen* (§§ 31, I I I 2; 41, 511 ROG) 4 0 ; dieser Oberbegriff faßt nach der Legaldefinition des § 3 I ROG nicht nur die Planungen und sonstigen Maßnahmen, durch die Grund und Boden i n Anspruch genommen w i r d (sog. raumbeanspruchende Planungen und Maßnahmen), sondern auch die Planungen und Maßnahmen, durch die die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt w i r d (sog. raumwirksame Planungen und Maßnahmen) 41 , unter die vor § 5 I V ROG i. S. eines strikten, keinerlei Abweichungsmöglichkeiten zulassenden Bindungswirkung, halten aber die angeführten landesrechtlichen A b weichungsvorsdhriften i n der Interpretation f ü r zulässig, daß sie gar nicht ,Ziele', sondern sonstige Planinhalte, also unverbindliche Anregungen m e i nen. Diese Auffassung ist jedoch abwegig: Der r h - p f Gesetzgeber z.B. w i r d sich u n d der V e r w a l t u n g w o h l k a u m die Mühe gemacht haben, daß A b w e i chungen von unverbindlich gemeinten Anregungen m i t den jeweils b e r ü h r ten Ressorts u n d n u r unter qualifizierten Voraussetzungen zugelassen w e r den könnten. 39 Ausdruck bei A. Röttgen, Der heutige Spielraum kommunaler W i r t schaftsförderung, 1963, S. 61. 40 Z u m Oberbegriff der raumbedeutsamen Planungen u n d Maßnahmen: Zinkahn ! Bielenberg, ROG, § 3 Rdnr. 8; Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 102, 176; Brenken / S chef er, Handbuch der Raumordnung, S. 178; Brügelmann / Cholewa u n d v. d. Heide, ROG, § 3 Bern. V 6; H.-D. Schultze, Ziele der Raumordnung, S. 74 f.; Heigl ! Hosch, Raumordnung u n d Landesplanung i n Bayern, LP1G, A r t . 1 Rdnr. 49 f. — Als I l l u s t r a tion der Weite der erfaßten Maßnahmen vgl. Runderlaß der Staatskanzlei R h - P f v. 20. Jan. 1970 (MB1. S. 353, 447, enthalten auch i n Ullrich ! Langer, Landesplanung u n d Raumordnung, Gruppe 10: Rheinland-Pfalz, S. 30 i ff.). Die weite Interpretation der ,Raumbedeutsamkeit' ist typisch f ü r das V o r dringen des Entwicklungsgedankens, so zu Recht Schmidt-Aßmann, in: Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 126; vgl. auch Ernst, Möglichkeiten u n d Grenzen der Landesplanung, S. 12 f. 41 Die Einbeziehung der raumwirksamen Maßnahmen i n die Raumordnungspolitik ist wesentlich v o m SARO-Gutachten gefördert worden. E n t halten ist sie auch schon i n den Grundsätzen für die raumbedeutsamen Maß-
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allem der Einsatz raumwirksamer Investitionen fällt. Ebenso w i r d der generelle Auftrag des für die Raumordnung zuständigen Bundesministers zur Abstimmung der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen ausdrücklich auch auf die Koordination der raumwirksamen I n vestitionen erstreckt ( § 4 1 1 ROG). Und schließlich sind die raumwirksamen Planungen auch angesprochen, wenn der für die Raumordnung zuständige Bundesminister ,die langfristigen und großräumigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zusammenfassend darstellen 4 soll ( § 4 1 2 ROG). I m ROG findet damit die zukunftsweisende Auffassung Ausdruck, daß Raumordnung nicht nur Boden- und Flächennutzungsplanung 42 i m ordnenden und sichernden Sinne (Begrenzungs- bzw. Negativplanung) ist, sondern Positivplanung, die auf die allgemeine Gesamtentwicklung von Räumen und Teilräumen des Landes ausgeht (Positiv- oder A k t i v planung) 4 3 . Wenn die Raumordnung nicht mehr nur Flächen für künftige Nutzungen freihalten, sondern die Verwirklichung von Einzelzielen steuern w i l l , dann muß sie Einfluß nehmen auf die entscheidenden effektiven öffentlichen Instrumente, auf den großen Bereich der raumwirksamen Investitionen, also auf die gesamten öffentlichen I n frastrukturplanungen. Verbal ist m i t den einschlägigen Bestimmungen des ROG eine gewaltige Aufgabenerweiterung für Raumordnung und Landesplanung i n Richtung Entwicklungsplanung vorgenommen worden; die formalen Beachtenspflichten des landesplanerischen Planungssystems haben eine erhebliche inhaltliche Anreicherung erfahren. Der Anteil der raumwirksamen M i t t e l am Haushalt des Bundes w i r d auf 20 %, am Haushalt der Länder auf 25 - 30 °/o angesetzt; die Höhe dieser M i t t e l wurde für den Bereich des Bundes schon 1962 auf 9 Mrd. D M geschätzt 44 ; für die Jahre 1969 und 1970 wurde i m Rahmen des Bunnahmen des Bundes u n d ihre Koordination 4 , den Vorläufern der Grundsätze des ROG (BAnz. Nr. 146 v o m 4. Aug. 1962, abgedruckt i n : Brügelmann / Cholewa u n d v. d. Heide, ROG, v o r §§ 2, 3 Bern. I 2). 42 Die Überwindung der sog. Bodennutzungstheorie hat insbesondere Bielenberg mehrfach herausgearbeitet: vgl. DVB1. 1960, S. 543 Fn. 9 a, DVB1. 1961, S. 802; ders., i n : Ernst / Z i n k a h n / Bielenberg, Bundesbaugesetz Einl. Rdnr. 84, 102, 118; vgl. auch Umlauf, Landesplanung, 93 ff. 43 Die eingeschränkte Auffassung von der Raumordnung als Begrenzungsplanung ist i n den Auseinandersetzungen u m das ROG insbesondere von Nordrhein-Westfalen vertreten worden, so Ernst, Möglichkeiten u n d Grenzen der Landesplanung, S. 13. Literarisch ist diese Position wiederum von Seeger, Raumforschung u n d Raumordnung 1956, S. 195 u n d ders., i n : Probleme u n d Aufgaben der Landesplanung, S. 7 f. vertreten worden; differenzierend, aber noch unentschieden: Niemeier / Müller, Raumplanung als V e r waltungsaufgabe, S. 11 f., 31 f., gegen die Beschränkung auf Begrenzungsplanung Ernst / Zinkahn / Bielenberg, Bundesbaugesetz, Einl. Rdnr. 117. Z u r Unterscheidung v o n Negativ-, Positiv- u n d A k t i v p l a n u n g vgl. unten § 19 I 1. 44 Georg Müller, Raumwirksame Ausgaben i m Bundeshaushalt 1962, Raumforschung u n d Raumordnung 1963, S. 66 - 85.
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desraumordnungsprogramms eine ex-post-Regionalisierung für M i t t e l i n Höhe von 20 Mrd. D M vorgenommen, ohne daß dabei gesichert war, daß alle M i t t e l erfaßt worden sind 4 5 . Nach Angaben des Raumordnungsberichts 1974 der Bundesregierung beläuft sich die Höhe der investiven raumwirksamen M i t t e l 1975 auf 20 Mrd. DM; für die Länder und Gemeinden w i r d ein gleich hoher Betrag angenommen 46 . Angesichts dieser Finanzmassen ist es nicht überraschend, daß diese Aufgabenerweiterung düstere Erwartungen u n d Befürchtungen provoziert hat, die i n Röttgens engagiertem polemischem Plädoyer gegen eine ,derart nachdrückliche Verplanung der öffentlichen Verwaltung 4 und gegen einen als verfassungswidrig gebrandmarkten landesplanerischen Dirigismus gegenüber den Gemeinden einen Höhepunkt fanden 47 . I n der Tat konnte die Vorstellung, daß die Landesplanung durch die Bindungswirkung ihrer Programme und Pläne und die Koordinationsbefugnisse des zuständigen Ministers ( § 4 1 ROG für den Bund) die Disposition und Lenkung über diese umfangreichen Haushaltsmittel erlangt, zu besorgten Warnungen vor einem Übergewicht der Landesplanung Anlaß geben. Wenn es nach dem Erlaß des ROG u m diese Befürchtungen sehr rasch ruhig geworden ist, dann hängt das vor allem daran, daß man sowohl die rechtlichen Möglichkeiten der Landesplanung nach § 5 I V ROG und aufgrund der Koordinationsbefugnis und noch mehr die realen Durchsetzungschancen gegenüber den mittelvergebenden Fachressorts völlig überschätzt hatte. Praktiker der Landesplanung hatten denn auch zur gleichen Zeit, als Röttgens düstere Prognosen erschienen, darauf hingewiesen, daß die landesplanerische Beeinflussung der großen raumwirksamen Geldmassen zwar leicht gefordert, doch schwer durchzusetzen s e i 4 8 ' 4 9 . Für eine globale Lenkung und 45 Übersichten über die raumwirksamen M i t t e l des Bundes enthalten die Raumordnungsberichte der Bundesregierung, vgl. Erster ROB, S. 38 ff.; ROB 1968, S. 102 ff.; (vgl. auch S. 78 ff.); u n d ROB 1970, S. 78 ff. (jeweils i n einer nicht sehr aussagekräftigen Zusammenstellung nach Haushaltstiteln); Bundesraumordnungsprogramm, S. 20 ff. 48 Der ROB 1974 der Bundesregierung, S. 115 ff., enthält über die Höhe der nichtinvestiven raumwirksamen Planungen u n d Subventionen keine Zahlenangaben. 47 Ebd., S. 67 f., 70, insgesamt S. 59 - 75. F ü r Röttgen gehörte damals nicht v i e l Phantasie dazu, daß die künftige konsolidierte Landesplanung die westdeutschen Gemeinden möglicherweise i n eine ähnliche Lage versetzt, w i e sie i n der D D R beim Wiederaufbau der Städte bestanden hatte, als den Gemeinden die Möglichkeit zur eigenen Willensentscheidung weitgehend genommen gewesen sei, S. 68. 48 Niemeier / Müller, S. 113 (so auch Brügelmann / v. d. Heide, ROG § 4 Bern. I I 6 c); treffend bemerken Niemeier ! Bensberg, Landesplanungsrecht i n NW, S. 19, daß den Dienststellen der Landesplanung eine Beeinflussung der Subventionspolitik deshalb nicht ganz leicht sei, w e i l sich niemand gern etwas dazu sagen läßt, w i e er das i h m zur Verfügung stehende Geld zu v e r wenden hat.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Koordinierung dieser Haushaltsmittel fehlte es damals — und noch heute — schon an der ersten Voraussetzung — der Information über die tatsächliche M i t t e l vergäbe; die Bemühungen u m eine Regionalisierung der raumwirksamen Mittel, also um die Aufschlüsselung der verausgabten Beträge auf einzelne Teilräume stecken wegen der großen methodischen Schwierigkeiten noch immer i n den Anfängen. Schließlich ist es erst i m Rahmen des Bundesraumordnungsprogramms gelungen, eine ea>post-Regionalisierung der raumwirksamen Bundesmittel für die Jahre 1969/70 durchzuführen 50 . Begrenzt sind aber auch die landesplanerischen Mittel, die Mittelvergabe i n den einzelnen Sektoren und Ressorts zu beeinflussen. Abgesehen von den nicht gering zu veranschlagenden Ressortegoismen liegen die Schwierigkeiten i n der Sache selbst, vor allem darin, daß der Raumbezug bei den raumwirksamen Planungen und Maßnahmen von ganz anderer — nämlich vielfach vermittelter — A r t ist als bei den raumbeanspruchenden Maßnahmen. Während bei den letzteren die Flächennutzungsregelungen der traditionellen Landesplanung unmittelbar auf Flächenansprüche treffen, beziehen sich bei den r a u m w i r k samen Maßnahmen die raumbezogenen landesplanerischen Aussagen auf Vorhaben, die i n ganz anderem fachlichem Kontext geplant und durchgeführt werden und bei denen die räumliche Komponente häufig gar nicht bewußt i m Entscheidungsprozeß i n Erscheinung t r i t t , sondern sich die Wirkung auf den Raum als ungewollte Nebenfolge einstellt. 2. Zu den raumwirksamen Investitionen gehört insbesondere der große Bereich der Fonds- und Förderungsverwaltung 5 1 , i n dem die Ver49 Die Diskrepanz zwischen Befürchtungen u n d Realisierungschancen ist nicht einmalig, sondern taucht i m m e r wieder auf, w e n n eine exakte Durchleuchtung der Planungsprozesse unterbleibt u n d allgemeine Postulate, wie derzeit bei der Entwicklungsplanung, f ü r mögliche Realität genommen w e r den. 50 Vgl. Bundesraumordnungsprogramm, S. 20 ff., 24, dort (S. 20) auch zu den Schwierigkeiten der Interpretation u n d der begrenzten Aussagefähigkeit v o n Angaben über die Summen pro K o p f der Bevölkerung. Z u Recht fordert der Beirat f ü r Raumordnung i n seiner Stellungnahme zum E n t w u r f des BROP, bei der Fortschreibung weitere gesellschaftliche Indikatoren zu entwickeln, abgedruckt i n : ROB 1974 der Bundesregierung, S. 171. Die zeitlich begrenzte ex-post-Regionalisierung i m BROP ist ein erster Schritt zu der i n § 4 I ROG geforderten »zusammenfassenden Darstellung 1 . Z u den — w e i t h i n noch ungelösten — Problemen dieses so selbstverständlich klingenden u n d deshalb politisch leicht einforderbaren Auftrags (vgl. Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, BT-Drs. 7/2563: ,Gesetzesauftrag nicht erfüllt'): Jochimsen f Ortmann / Reiche / Luther / Christoff, Grundfragen einer zusammenfassenden Darstellung raumbedeutsamer Planungen u n d Maßnahmen, 1972. 51 A. Röttgen, Fondsverwaltung i n der Bundesrepublik, 1965; u n d jetzt als umfassende Behandlung des Fondswesen Miiller-Volbehr, Fonds- u n d I n vestitionshilfekompetenz des Bundes, 1975. F ü r die hier vor allem interes-
§ 16 Das R Ö u n d die landesplanerischen
anugssyst
waltungspraxis von einer Vielzahl von Dotationen und Zweckzuweisungen beherrscht wird, die gemäß detaillierten und häufig fachlich sehr eng begrenzten Verwendungsrichtlinien i m Verhältnis vom Bund zu den Ländern oder der Länder zu den Gemeinden vergeben werden. Dieser Bereich der finanziellen Steuerung bzw. der an finanzieller Steuerung ,angehängten' inhaltlichen Einwirkungen auf selbständige Verwaltungsträger verdient entschieden mehr Aufmerksamkeit, sowohl i n der Planungswissenschaft als auch i m Verwaltungsrecht, als i h m gewöhnlich beigemessen wird. Die Planung durch Ressourceneinsatz 52 entzieht sich durch die Unübersichtlichkeit und die Publizitätsdefizite der ,Richtlinienverwaltung' und durch den Gebrauch der juristisch ungeliebten Verwaltungsvorschriften häufig der wissenschaftlichen Durchdringung. Dabei übernimmt die Mischfinanzierung funktional die bedeutende Aufgabe, Defizite an inhaltlicher Steuerung oder i n haltlicher Abstimmung zwischen den einzelnen Verwaltungsträgern und -ebenen i m administrativen Gesamtsystem abzugleichen 5 3 . Bei der Vergabe dieser Investitionshilfen — ebenso aber auch bei den Direktinvestitionen von Bund und Ländern — dominieren die fachlichen Gesichtspunkte des Ob, des Wie, des Wann und der Finanzierung der einzelnen Vorhaben; die Frage des Wo w i r d häufig beiläufig entschieden, z.B. danach, welcher Planungs- und Maßnahmeträger das fachlich am weitesten vorbereitete und ausgereifteste Projekt angemeldet hat. Die landesplanerischen Funktionsbestimmungen und raumbezogenen Aussagen treffen demnach häufig auf sachlich inkongruente Entscheidungsprozesse. Ihre intendierte Bindungswirkung t r i f f t dann notwendigerweise ins Leere; sie findet i n den selbst nicht räumlich denkenden einzelfall- und einzelprojektbezogenen Aushandlungsprozessen der Förderungsverwaltung zwischen Dotationsgeber und -empfänger keinen sachgerechten Anknüpfungspunkt. Das räumliche Moment geht unter i n der Vielzahl der projektnahen fachlichen Gesichtspunkte und finanziellen Verwirklichungsbedingungen 54 . Es kann nur sierende Selbstverwaltungsproblematik Gellen, Zweckzuweisungen u n d k o m munale Selbstverwaltung 1971 u n d die Nachweise oben § 11, Fn. 17; zur Prom a t i k der Zweckzuweisungen oben § 11 I I 2. — Z u r sachlich parallelen, rechtlich aber z. T. i n andere Problembereiche führenden Situation i n Österreich vgl. K. Weng er (Hrsg.), Förderungsverwaltung 1973. 52 M. Schröder, Die Neuordnung des französischen Staatsgebietes 1974, S. 36, 63. 53 Grundsätzlich z u m Verhältnis v o n finanzieller (Über)Zentralisierung u n d inhaltlicher Unterzentralisierung, Scharpf / Mehwald / Schmitges, P o l i t i sche Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 93 ff., 107 ff., auch S. 34 f. u n d Scharpf / Mehwald / Schmitges / Schwarz, Politikverflechtung zwischen L a n d u n d Kommunen, Ms, S. 9; vgl. auch oben § 11 I I 2 a. E. 54 Vgl. dazu Bielenberg, i n : Theorie u n d Praxis der I n f r a s t r u k t u r p o l i t i k , 1970, S. 614.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssystem
insoweit und insofern entfaltet werden, als die Landesplanung i m Wege der Koordinierung bei jedem Einzelfall Einfluß auf das alltägliche Verwaltungshandeln der Fachressorts nehmen kann — und daß solchen Versuchen schon von der beschränkten Kapazität der bloß negativen Koordinierung und von dem organisatorischen Grundsachverhalt der Ressortabschottung sehr enge Grenzen gesetzt sind, liegt auf der Hand. Der landesplanerische Einfluß kann sich erst dann stärken und eine der Rationalität der Planung entsprechende Form entfalten, wenn die Mittelvergabe ihrerseits innerhalb der Fachressorts an anspruchsvolleren und sachlich gebündelten Programmen ausgerichtet wird, i n denen die Fachressorts selbst ihren Beitrag zur Entwicklung von Räumen und Orten reflektieren und deshalb die räumliche Dimension explizit berücksichtigen 55 . Erste Ansätze dazu sind dann gegeben, wenn die Förderungsrichtlinien die Bevorzugung für Orte m i t landesplanerisch definierten besonderen Funktionen vorsehen, etwa für zentrale Orte oder für Orte m i t Entwicklungsfunktionen, oder die Förderung auf solche Orte beschränken. Ein fortgeschrittenes Beispiel für eine alternative Gestaltung ist die Krankenhausplanung 5 6 , bei der räumliche Gesichtspunkte schon auf der Ebene der Planung berücksichtigt werden. Die Bedarfsplanung hat einen starken räumlichen Bezug, weil sie i m I n teresse einer gleichmäßigen Versorgung ein flächendeckendes Netz von Krankenhäusern ausweist. Dabei bleibt sie inhaltlich Fachplanung deshalb, weil sie die Funktion, Größe, Ausstattung der Krankenhäuser i m gegliederten System nach fachlichen Gesichtspunkten bestimmt. A u f der anderen Seite ist die Bedarfsplanung von den Finanzierungs-, Prioritäts- und zeitlichen Verwirklichungsproblemen entlastet, sie sind i n die Mehr jähr es- und Einjahresinvestitionsprogramme verlagert. Damit findet der räumliche Ansatz der Landesplanung i n der Bedarfsplanung einen adäquaten Adressaten und i m Bedarfsplan inhaltliche Kategorien einer vergleichbaren Systemebene. Die normative B i n dungswirkung kann sich i m Verhältnis von landesplanerischem Plan gegenüber ihrerseits generalisierenden und systematisierenden fachlichen Plänen entfalten 5 7 . 55 Vgl. dazu Zinkahn / Bielenberg, ROG § 3 Rdnr. 8, die zu Recht ausführen, daß bei mittelbarer Raumwirksamkeit die gesetzlichen Tatbestände oder die Richtlinien i m Sinne der Raumordnung geändert werden müssen, w e n n ein i n sich rechtlich geschlossenes Gebiet, w i e ζ. B. das Steuerrecht, i m Sinne der Raumordnung beeinflußt werden soll. — Ausführlich zur E i n w i r k u n g der landesplanerischen Aussagen auf die Fachplanungen a m Beispiel v o n N W unten § 34 B, insbes. I I 2, vgl. auch § 34 Β I 3. 56 § 6 K H G u n d die ausführenden Bestimmungen der Landes-Krankenhausgesetze zur Krankenhausplanung. 57 I m einzelnen zum Verhältnis Landesplanung — Krankenhausplanung unten § 34 Β I I 2.
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
225
Vorbemerkung I n dem Jahrzehnt nach 1965 haben zunächst die kräftigen Impulse des ROG, dann i n zunehmendem und bestimmendem Maße die insgesamt veränderte Einstellung zur Planung und die forcierte Entwicklung neuer planerischer Konzepte zu einem nachhaltigen Wandel i m A u f gabenverständnis, i n der Organisation und den Rechtsformen der Landesplanung und ihrer Planungssysteme geführt; die anhaltende Gesetzgebungstätigkeit i n der ,2. Welle 4 der Landesplanungsgesetze ist dafür nur ein äußeres Indiz 1 . Deutlicher noch kommt die inhaltliche Vertiefung und Ausweitung des planerischen Ansatzes i n den i n rascher Folge verbindlich gemachten Programmen und Plänen auf zentraler und zunehmend auch auf regionaler Ebene zum Ausdruck 2 . Nach der geschilderten Anlage des ROG konnten sich das unterschiedliche planerische Verständnis i n den einzelnen Bundesländern weithin ungehindert von rahmenrechtlichen Vorschriften entfalten. I m folgenden können deshalb nur einige für die landesplanerischen Planungssysteme und ihre Planarten relevante neue Grundlinien und Tendenzen aufgezeigt werden, nämlich die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne (§ 17), die Tendenz zur Verstaatlichung der Regionalplanung, die Probleme der Kreisentwicklungsplanung und der Sonderverbände i m Stadt-Umland-Raum (§ 18) und der Problemkreis Raumplanung-Entwicklungsplanung (§ 19). Zur Abrundung des Gesamtbilds sind abschließend das Verhältnis der Landes(entwicklungs)planung zur A u f gabenplanung (§ 20) und die bundesstaatlichen Rahmenbedingungen der landesplanerischen Planungssysteme (§ 21) zu behandeln. § 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne Rechtsgrundlagen: außer den Angaben i n den §§ 15 u n d 16 Baden-Württemberg: Gesetz über die Verbindlichkeitserklärung des Landesentwicklungsplans V. 11. A p r i l 1972 (GBl S. 169) Verordnung der Landesregierung über die Verbindlichkeitserklärung des Landesentwicklungsplanes v. 11. A p r i l 1972 ( G B l S. 169). 1 Vgl. dazu u n d überhaupt zur Landeßplanung als einer i n fast permanenten Änderungs- u n d Entwicklungsstadien befindlichen Rechtsmaterie Niemeier, Entwicklungstendenzen i m Landesplanungsrecht, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, 1972, S. 1 f. A k t u e l l e Überblicke bieten auch Heigl, Stand u n d Tendenzen der Raumordnung u n d Landesplanung, Wirtschaft und V e r w a l t u n g Heft 2/1976, S. 1 ff. u n d Buchsbaum, Organisation u n d I n s t r u mente der Landes- u n d Regionalplanung, Informationen zur Raumentwicklung 1976, S. 263 ff. u n d Niemeier, Das Recht der Raumordnung 1976. 2 Die Entwicklung spiegelt sich i n den Übersichten über den Stand der Programme u n d Pläne i n den Raumordnungsberichten der Bundesregierung, vgl. ROB 1968, S. 8 8 - 9 3 ; ROB 1970, S. 67 - 7 3 ; ROB 1972, S. 6 8 - 7 3 ; ROB 1974, S. 152 - 163.
224
I. 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Hessen: Gesetz über die Feststellung des Landesraumordnungsprogramms u n d zur Änderung des Landesplanungsgesetzes v. 16. März 1970 (GVB1 I S. 265) Nordrhein-Westfalen: Gesetz zur Landesentwicklung programm) v. 19. März 1974 (GV S. 96)
(Landesentwicklungs-
I. 1. Nach dem überkommenen Selbstverständnis galt die Landesplanung und insbesondere die Erarbeitung der Planinhalte als ausschließliche Aufgabe der Exekutive i m verwaltungsinternen Bereich 3 . Diese Auffassung hatte schon i m ROG durch die Aufnahme materiellen Planungsrechts i n Gestalt der Raumordnungsgrundsätze eine erste Niederlage erlitten. Der entscheidende Anstoß zu der inzwischen erreichten M i t w i r k u n g der Parlamente i n der Landesplanung, insbesondere die partielle ,Parlamentarisierung 4 der landesplanerischen Pläne der zentralen Ebene beruht jedoch auf einem anderen Entwicklungsstrang der 2. Hälfte der 60er Jahre: Die allgemeine Diskussion über die ,neue Dimension 4 der Planung i n der Gegenwart und die damit i n Zusammenhang stehende Forderung nach M i t w i r k u n g der Parlamente an der Planung haben auch die Situation und das Verständnis des schon etablierten' Planungsbereichs der räumlichen Planung erheblich verändert und insbesondere ihrer überkommenen Einschätzung als reiner Regierungs- und Verwaltungsplanung den Boden entzogen. Die wissenschaftlich-theoretische Diskussion zur Stellung des Parlaments i n der Planung hat dabei von der Raum- u n d Landesplanung bis i n die Gegenwart hinein keine oder kaum Notiz genommen 4 . Dagegen haben Praktiker der Landesplanung frühzeitig eine Defensivposition aufgebaut und der Regierung unter extensiver Auslegung des i n der Literatur gebräuchlichen Topos vom Kernbereich der Exekutive den wesentlichen A n t e i l an der Planung und damit auch an der Landesplanung zu sichern versucht. Für die Praxis, vor allem von Nordrhein-Westfalen, hat ein i n diesem Sinne votierendes Gutachten des früher i n der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen für Fragen der Landesplanung zuständigen Staatssekretärs Seeger einen großen und nachwirkenden Einfluß gehabt 5 . Das Stoppschild: Verbot des Einbruchs i n den Kernbereich der Regierung taucht i n allen Debatten u m die 3
Deutlich gekennzeichnet von Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 7. Noch 1972 w u r d e auf dem der Entwicklungsplanung gewidmeten 50. Deutschen Juristentag das Verhältnis v o n Regierung u n d Parlament bei der Planung praktisch ohne Bezugnahme auf das Landesplanungsrecht geführt. 5 J. Seeger, Möglichkeiten der Beteiligung des Landtags an den Planungen der Landesregierung 1970 (auszugsweise enthalten i n : Präsident des L T N W (Hrsg.), Parlamentarische Kontrolle der Regierungsplanung, 1973, S. 69 ff.). Ebenfalls zurückhaltend gegenüber der Beteiligung der Parlamente, aber differenzierend Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 4 4
11.
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
225
Novellierung des Landesplanungsgesetzes auf 6 und hat wegen der Unbestimmtheit des Kernbereichs eine verunsichernde und die parlamentarischen Befugnisse restringierende Wirkung gehabt. Deshalb ist es um so wichtiger, daß das Landesplanungsrecht den Konnex zur allgemeinen Planungsdiskussion nicht verliert und nicht hinter den dort diskutierten Anforderungen zurückbleibt. Die bisherige Abstinenz der wissenschaftlich-theoretischen Überlegungen mag zu Beginn der Planungsdiskussion berechtigt gewesen sein, weil das Landesplanungsrecht ein ausgesprochenes Defizit i m Hinblick auf die Beteiligung des Parlaments aufgewiesen hatte 7 und keine als Vorbild geeigneten A n sätze ausgebildet hatte. Inzwischen ist sie jedoch nicht mehr verständlich; denn die Landesplanungsgesetze sind durch die Novellierungen der letzten Jahre zum wichtigsten positiv geregelten Bereich geworden, i n dem die parlamentarische M i t w i r k u n g praktiziert wird. Nicht zuletzt deshalb empfiehlt es sich, den Stand der allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion (dazu 2.) m i t einer Bestandsaufnahme der Parlamentarisierung der Landesplanung (dazu II.) zu konfrontieren. 2. Das Gesamtthema des Verhältnisses von Parlament und Regierung bei der Planung ist an dieser Stelle nicht erneut 8 oder umfassend aufzunehmen; dies um so weniger, als der hier allein interessierende grundsätzliche Konsens zu diesen Fragen jüngst i n den Arbeiten von Ossenbühl und Schröder 9 zusammenfassend dargestellt worden ist. Als gesichertes Ergebnis dieser Diskussion kann gelten, daß bei Planungen auf der zentralen Ebene — unabhängig von der Rechtsform des Planes — dem Parlament i m Sinne eines globalen Zustimmungsvorbehalts eine gewichtige Determination auf den Inhalt der Pläne eingeräumt werden muß. Bloße formelle Beschlußkompetenzen am Ende der Planungsprozesse genügen nicht und widersprechen der verfassungsrechtlichen Stellung des Parlaments, weil es dadurch i n eine bloße Ratifika® Vgl. dazu die deutlichen Spuren, die das Gutachten von Seeger i n der Begründung zum Regierungsentwurf der Novelle LP1G 1972 hinterlassen hat: n w L T - D r s . 7/1166, S. 18 f. 7 Vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 154. 8 Vgl. Wahl, D Ö V 1971, S. 46 f. u n d ders., Der Staat 11 (1972), S. 477 ff. 9 Ossenbühl, Gutachten S. 56-118; Schröder, Planung auf staatlicher Ebene 1974, S. 46 ff. jeweils m i t umfassenden L i t . Nachw. — A l s erste haben den allgemeinen Parlamentsvorbehalt bei Planungen vertreten Leibfried/ Quilisch, Planung i m Sozialstaat, Atomzeitalter 1967, S. 614 ff. F ü r die spätere Diskussion, insbesondere auch i m Zusammenhang m i t der EnqueteKommission Verfassungsreform ist grundlegend geworden der Aufsatz v o n Böckenförde, Planung zwischen Regierung u n d Parlament, Der Staat 11 (1972), S. 429 ff. Aus neuerer Zeit s. B. Dobiey, Die politische Planung als verfassungsrechtliches Problem zwischen Bundesregierung und Bundestag, 1975; D. Frank, Politische Planung i m Spannungsfeld zwischen Regierung u n d Parlament 1976. Angekündigt ist eine umfassende A r b e i t von Graf Vitzthum. 15 W a h l ι
226
I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
tionslage gedrängt wird. Damit steht i m Vordergrund der aktuellen Überlegungen nicht mehr die Frage des Ob der parlamentarischen M i t w i r k u n g an der Planung, sondern die konkreten Probleme des Zeitpunkts und der Intensität der Beteiligung. Dabei haben sich differenzierende Lösungen für die einzelnen Phasen der Planung als erforderlich herausgestellt 10 , deren wichtigste Elemente die folgenden sind: ein konkurrierendes Planungsinitiativrecht des Parlaments auf der Basis obligatorischer Informierung durch die Regierung, überhaupt umfassende Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament als Grundlage und Voraussetzung der parlamentarischen Entscheidungsbefugnisse. K r i t e r i u m für deren Ausgestaltung ist die Sicherung der leitenden und dirigierenden Einflußnahme des Parlaments i m Verlauf der Planungsprozesse auf die Weichenstellungen, aber auch auf die Entscheidung über den Plan, einschließlich der Befugnis zur Änderung des Regierungsentwurfs. Offen ist i n der Diskussion die Frage der Rechtsform der Beteiligung; die Gesetzesform ist dabei keinesfalls die einzige oder notwendige Beteiligungsform, sondern der schlichte Parlamentsbeschluß gilt zu Recht als i m Grundsatz gleichberechtigte alternative Möglichkeit. Z u ihrer Verwirklichung dürfte aber die formelle Ausgestaltung eines eigenständigen Planungsverfahrens m i t der expliziten Regelung der parlamentarischen Befugnisse und ihrer Wirkungen Voraussetzung sein, damit die parlamentarische Beteiligung nicht durch die immer noch bestehenden dogmatischen Unsicherheiten über Funktion und W i r k u n gen schlichter Parlamentsbeschlüsse i n einem tendenziell minimalisierenden Sinne verunklart wird. Überhaupt empfiehlt sich eine besondere Regelung des Planungsverfahrens, die die Entscheidungsanteile von Parlament und Regierung i m einzelnen transparent macht und insbesondere die funktionale Zusammengehörigkeit und Aufeinanderbezogenheit der einzelnen Befugnisse des Parlaments verdeutlicht. I I . 1. Befugnisse der Parlamente i m Rahmen der Landesplanung sind i n den Landesplanungsgesetzen i n den folgenden unterschiedlichen Regelungen enthalten 1 1 : (1) Regelung von Raumordnungsgrundsätzen oder von raumpolitischen grundlegenden Entscheidungen durch Gesetz. So haben Rheinland-Pfalz und Bayern, i n der Form und der relativ geringen Dichte der Aussagen ganz dem Vorbild des ROG folgend 12 , die Grundsätze der 10 A m konsequentesten behandeln diesen Ansatz Schröder, S. 46 ff. u n d Ossenbühl, S. 81 ff. 11 Einen Überblick enthält auch Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 38 ff. 12 Z u r — zutreffenden — Bejahung der Vereinbarkeit der ζ. T. wörtlichen Wiederholung der Bundesgrundsätze i m LP1G Rh.-Pf. m i t A r t . 31 G G vgl.
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
227
Raumordnung i n ihrem Landesplanungsgesetz geregelt. Dagegen haben vier andere Länder besondere Gesetze m i t inhaltlich größerem Gehalt erlassen bzw. vorgesehen, nämlich Hessen, das Gesetz zur Feststellung des Hessischen Landesraumordnungsprogramms 1970, Schleswig-Holstein, das Gesetz über Grundsätze zur E n t w i c k l u n g des Landes (Landesentwicklungsgrundsätze) 1971, Nordrhein-Westfalen, das Gesetz über die Landesentwicklung wicklungsprogramm) 1974,
(Landesent-
Niedersachsen sieht nach § 5 I V N R O G 1974 vor, daß das Landesraumordnungsprogramm T e i l I i n Z u k u n f t durch Gesetz festgestellt w i r d .
(2) Regelungen, die i n unterschiedlicher Intensität die inhaltliche Einwirkung des Parlaments auf die zentralen Programme und Pläne ermöglichen wollen, i n Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Diese Vorschriften sehen ζ. B. vor, daß das planausarbeitende Ministerium den zuständigen Landtagsausschuß ,auf dem Laufenden hält und i h m Gelegenheit zur Stellungnahme gibt', daß der Planentwurf ,dem Landtag zur Beratung vorgelegt wird, u m i h m Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben4 oder daß vor Beschluß der Landesregierung ,das Benehmen m i t dem Innenausschuß herzustellen ist 4 1 3 . Hessen leitet den Landesentwicklungsplan nach der Feststellung durch die Landesregierung dem Landtag zu (§ 3 LP1G), also erst nachdem der Plan aufgestellt und wirksam geworden ist. Damit ist keine Beteiligung an der — schon — abgeschlossenen Planung verbunden, sondern allenfalls der Anfang kritischer Bemerkungen des Parlaments zur neuen Planungsphase. (3) Eine Sonderstellung — zumindest nach dem Wortlaut des Landesplanungsgesetzes — n i m m t Baden-Württemberg ein, das dem Landtag sowohl Beteiligungsrechte bei der Aufstellung als auch die Kompetenz zur Verbindlichkeitserklärung des Landesentwicklungsplanes einräumt. I n seiner Regelung überschneidet sich i n einer unabgestimmten Weise die ältere baden-württembergische Sonderauffassung, daß Gemeinden nur durch einen vom Gesetzgeber sanktionierten Plan gebunden werden können, m i t dem modernen Gedanken der Parlamentarisierung. Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 27 - 36, s. auch Böckenförde / Gr awert, Kollisionsfälle u n d Geltungsprobleme i m Verhältnis von Bundesrecht u n d Länderverfassungsrecht, D Ö V 1971, S. 124. 13 Formulierungen nach § 11 I 3 LP1G Rh.-Pf. 1974 ( = 1977), § 26 I V LP1G B W 1975 u n d § 11 I 4 LP1G Rh.-Pf. 1974 ( = 1977). Z u ähnlichen Formulierungen vgl. § 13 I I 2 LP1G N W u n d § 5 V 2 N R O G (betr. L R O P Teil II). 15«
228
I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Baden-Württemberg kennt n u r ein Planungsinstrument auf der zentralen Ebene 1 4 , den Landesentwicklungsplan; Raumordnungsgrundsätze sind w e der i m Landesplanungsgesetz noch i n einem Programmgesetz formuliert. Der Landesentwicklungsplan w i r d — nachdem er v o n der Landesregierung »beschlossen' worden ist — durch Gesetz f ü r verbindlich erklärt (§ 27 I). Der Gesetzesvorbehalt w a r schon i m Landesplanungsgesetz 1962 aus Gründen des Schutzes der Gemeinden enthalten gewesen 15 , w e i l m a n meinte, anders die Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung gegenüber den Gemeinden nicht verbindlich machen zu können. Die Rolle des Parlaments beschränkte sich danach also darauf, den ausgearbeiteten, v o n der Landesregierung f ö r m lich festgestellten u n d damit behördenverbindlich gemachten u n d i n der Praxis der Landesbehörden schon angewendeten Plan i n Geltung gegenüber den Gemeinden zu setzen. Inhaltliche Determination auf den Planinhalt w a r dem Parlament für diesen Transformationsakt versagt; es konnte höchstens — gemäß der typischen Alles-oder-Nichts-Situation der Ratifikationslage — den ganzen Plan ablehnen. I n dieser F o r m ist der Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehalt f ü r Pläne gerade nicht zur Sicherung des parlamentarischen E i n flusses geeignet. Es ist deshalb n u r konsequent, daß sich der Landtag 1972, als i h m der Landesentwicklungsplan zur Verbindlichkeitserklärung vorlag, dieser inadäquaten Rolle entzogen h a t 1 6 u n d i m Gesetz zur Verbindlichkeitserklärung des Landesentwicklungsplans die Landesregierung ermächtigte, den Landesentwicklungsplan ,abweichend von § 16 Abs. 3 Nr. 2 Landesplanungsgesetz durch Rechts Verordnung f ü r verbindlich zu erklären' 1 7 . Die K r i t i k an diesen fehlenden Einflußmöglichkeiten des Landtags trotz formeller Beschlußkompetenz führte 1975 zu einer Neuregelung, nach der die L a n desregierung dem Landtag den Landesentwicklungsplan zur Beratung v o r legt, u m i h m Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, u n d zwar vor dem Beschluß der Landesregierung (§ 26 I I I , I V LP1G B W 1975). Formal bleibt es i m übrigen bei der Verbindlichkeitserklärung durch Gesetz, aber nach einer weiteren Änderung können Fortschreibungen u n d sonstige Änderungen des Landesentwicklungsplans, die die Grundzüge der Planung nicht berühren, 14
Abgesehen von den hier nicht einschlägigen fachlichen Entwicklungsplänen nach § 25 I Ziff. 2, I I I LP1G B W 1972. 15 Brügelmann / Asmuß, ROG, Einf. LP1G Bern. V I I I 2; Ernst ί Zinkahn I Bielenberg, BBauG, § 1 Rdnr. 20; Scheurer / Angst, Landesplanungsrecht für Baden-Württemberg, § 27 Rdnr. 1. 16 Vgl. dazu die Debattenbeiträge, i n : b w L T , 5. W P 123. Sitzung v. 16. Dez. 1971, Stenoprot. S. 7618, 7625, 7634; 136. Sitzung v. 16. März 1972, Stenoprot. S. 8707 - 17 (dazu S. 8754 der schriftliche Ausschußbericht); 138. Sitzung v. 22. März 1972, Stenoprot. S. 8835 ff. m i t der Entschließung (Drs. 5-6413), i n der die Landesregierung aufgefordert w i r d , i n einer Novelle zum LP1G sicherzustellen, daß „der Landtag rechtzeitig u n d kontinuierlich auf die Gestaltung des Landesentwicklungsplans u n d der Fachplanungen" e i n w i r k e n kann. 17 Der formelle Fehler, daß die Rechtsverordnung a m selben Tag w i e das ermächtigende Gesetz erlassen wurde, ehe dieses i n K r a f t getreten war, hat die Landesregierung inzwischen — gemäß der v o m B V e r f G f ü r den Parallelf a l l des Verhältnisses v o n verfassungsänderndem Gesetz u n d darauf gestütztem einfachen Gesetz gewiesenen Weg — ,in Ordnung gebracht' durch die Fiktion, daß die Rechtsverordnung erst am Tage nach I n k r a f t t r e t e n der Ermächtigungsnorm als erlassen gilt, vgl. Verordnung der LReg zur Bereinigung von Verfahrensmängeln beim Erlaß einiger Verordnungen v. 12. Febr. 1975 (GBl S. 247) u n d zum Problem der ,Fiktionsgesetze' Pestalozza, JuS 1974, S. 212 ff.
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
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abweichend v o n der Grundsatzregelung durch Hechtsverordnung der Landesregierung f ü r verbindlich erklärt werden (§ 27 I I I ) ! Nachdem der Landesentwicklungsplan selbst ausnahmsweise durch Rechtsverordnung für v e r bindlich erklärt worden ist, können n u n durch weitere »Ausnahmen 4 die i n nächster Zeit w o h l allein i n Frage kommenden Fortschreibungen ebenfalls durch Rechts Verordnung i n Geltung gesetzt werden. Ob es dann bei einer künftigen grundlegenden Neufassung des Landesentwicklungsplans angesichts der i m Fluß befindlichen rechtlichen Entwicklung überhaupt einmal zur Anwendung der ,Grundsatzregelung" kommen w i r d , läßt sich schwer vorhersagen; jedenfalls ist die Praxis i n Baden-Württemberg keinesfalls die für das Parlament fortgeschrittenste u n d richtungsweisende, w i e es zuweilen i n der L i t e r a t u r 1 8 unter Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften angenommen w i r d .
2. Die Situation i n den einzelnen Ländern ist, wie die Bestandsaufnahme ergibt, recht unterschiedlich. I m Saarland und i n Bayern 1 9 ist die Landesplanung nach dem veralteten Verständnis ganz Sache der Exekutive. I n den anderen Ländern gründen sich die Befugnisse des Parlaments nach den Landesplanungsgesetzen nicht eindeutig auf den modernen Gedanken der Parlamentarisierung der Planung. Er hat Ausdruck gefunden vor allem i n den oben ( I I 1 [2]) erwähnten Vorschriften, die i n erster Linie die informationellen Grundlagen regeln, auf denen die Einwirkung der Parlamente auf den Inhalt der Programme und Pläne aufbauen kann; echte Mitentscheidungsbefugnisse, Zustimmungsvorbehalte oder die Ausgestaltung eines formalisierten Planungsverfahrens i m Verhältnis von Regierung und Parlament i m Sinne der erwähnten Vorschläge i n der allgemeinen Planungsdiskussion enthalten diese Regelungen jedoch nicht. Volle parlamentarische Disposition räumen dagegen die Vorschriften ein, nach denen die Raumordnungsgrundsätze oder grundlegende Entscheidungen als normales Gesetz erlassen werden. Die Bedeutung dieser Position für die Parlamente hängt jedoch ersichtlich vom Typ der Planungskategorien ab, die durch Gesetz geregelt werden. Die Aufstellung von Raumordnungsgrundsätzen i n der A r t des § 2 I ROG i n Bayern (Art. 2 LP1G Bay) und Rheinland-Pfalz (§ 2 LP1G Rh-Pf) räumt den Parlamenten keinen nennenswerten Einfluß auf die inhaltliche Substanz der Planung ein. Bei den erwähnten besonderen Gesetzen ist dagegen eine wachsende Tendenz zur inhaltlichen Ausweitung m i t stärkerer Detaillierung der Aussagen zu beobachten, w e i l sich bei ihnen die Absicht, dem Parlament grundlegende Entscheidungen i m Bereich der Landesplanung zu übertragen, stärker i n den Vordergrund schiebt. Die Regelungen i n Hessen, noch mehr i n Nordrhein-Westfalen, errei18
Vgl. Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 11. Die Regelung von Raumordnungsgrundsätzen i m bay. Landesplanungsgesetz ändert an dieser Beurteilung nichts. 19
LROP
Abkürzungen:
MinPräs i. B. m. Min
LROPr
arundsätze roeZf
LEP I - VI
Rh-Pf
[
ROP
ROPr LReg
BW
[
LEP Verbindlicherklärung durch Gesetz
LEPr Beschluß LReg
Bay
LEPr RechtsVO der LReg
L Landes P Plan LReg Landesregierung i. B. m. im Benehmen mit E Entwicklung Pr Programm RO Raumordnung i. E. m. im Einvernehmen mit
Beschluß LP1 Behörde LReg i. E. m. Min. + Genehmigung LReg.
LEP
Gesetz
Feststel-
LROPr
lung durch
Geset2
LEPr-
Hessen Saar
Beschluß StK i. E. LReg m. Min.
Teil II
Teil I Feststellung durch Gesetz
NW
LROPr
Nds
Landes-
SH
SYNOPSE der Programme und Pläne der zentralen Ebene
I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
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chen dabei einen größeren inhaltlichen Gehalt als das Grundsätzegesetz i n Schleswig-Holstein, beschränken sich aber andererseits auf »Grundsätze und allgemeine Ziele 4 , beides i m Sinne für das gesamte Landesgebiet geltender genereller Festlegungen. Dagegen enthält das Grundsätzegesetz i n Schleswig-Holstein auch räumlich konkretisierte Aussagen, nämlich die Festlegung gewisser zentraler Orte, und ähnlich soll auch das Landesraumordnungsprogramm Teil I i n Niedersachsen einige zentrale Orte und die Schwerpunkträume festlegen 2 0 ' 2 1 . Davon abgesehen bleibt i n allen vier erwähnten Ländern die eigentliche räumliche Konkretisierung einem besonderen Planungsinstrument überlassen, für das Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die erwähnten Beteiligungsformen des Parlaments vorgesehen haben, während Hessen und Schleswig-Holstein die Aufstellung des zentralen landesplanerischen Plans der Regierung überlassen. I n allen vier Ländern führt aber die Schaffung des besonderen ,Grundsätzegesetzes 4 zu einer Zweistufigkeit der zentralen Ebene (vgl. Skizze auf S. 230). Die Heterogenität der positiven Rechtslage erlaubt jedoch nicht eine einheitliche Abgrenzung der beiden Stufen. Insbesondere beschränken sich, wie erwähnt, die i n Gesetzesform aufgestellten Aussagen nicht auf den Typ des ,Programmgesetzes 4 i m Sinne der Regelung allgemeiner Grundsätze 22 ; das Bestreben, politisch für wichtig gehaltene Materien dem Parlament vorzubehalten, führt zu anderen Abgrenzungen als die sachliche Differenzierung, die sich i n der planerischen Praxis zu einem bestimmten Zeitpunkt und keinesfalls einheitlich zwischen »Programm 4 als verbal formulierter grundlegender räumlicher Konzeption und ,Plan 4 als räumlich konkretisierter Ausarbeitimg herausgebildet hat 2 3 . 20 Das sh Landesentwicklungsgrundsätze-Gesetz nennt i n den §§ 9 ff., 13 die Ober-, M i t t e l - u n d Unterzentren u n d die Stadtrandkerne 1. Ordnung, sowie die Abgrenzung der Planungsregionen. I m nds. L R O P T e i l 1 sollen nach § 4 I I N R O G die Schwerpunkträume f ü r die vorrangige Sicherung u n d Entwicklung von Arbeits- u n d Wohnstätten sowie die zentralen Orte, soweit sie von übergeordneter Bedeutung sind, bestimmt werden. 21 K r i t i k daran Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 6 ff. unter dem unzutreffenden Gesichtspunkt, daß der Gesetzgeber m i t den örtlichen Festlegungen den Kernbereich der Regierung verletze. Auch i n Schleswig-Holstein w a r die Frage umstritten gewesen, ob die örtlich konkretisierten Festlegungen v o n zentralen Orten nicht der Exekutive überlassen bleiben sollten, dazu Kühl/Koch, Neues Landesplanungsrecht i n SH, I n f o r mationen 1971, S. 362. Vgl. i n diesem Zusammenhang auch die Unterscheidung v o n G. Klein, Ziele, S. 94 ff., zwischen den Oberzielen, die räumlich nicht konkretisiert sind u n d v o m Gesetzgeber aufzustellen sind, u n d den räumlich konkretisierten Unterzielen. 22 Davon geht aber aus Rietdorf, Referat auf dem 50. DJT, Verhandlungen des 50. DJT, Bd. 2, T e i l I , S. 33 - 35, 51. 23 So auch Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 142; Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 145.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Nicht i m m e r eindeutig ist die Bedeutung von Vorschriften, nach denen Programme oder Pläne durch Gesetz »festgestellt 4 werden 2 4 . Neben dem a k tuellen Gedanken der inhaltlichen Determination durch das Parlament k ö n nen hier auch die älteren Vorstellungen von der Autorisierung 2 5 fertig ausgearbeiteter Pläne nachwirken. Durch die sprachliche Formulierung u n d durch die Praxis, nach der ,das diesem Gesetz als Anlage beigefügte Programm' f ü r verbindlich erklärt wird 2 ®, werden diese parlamentarischen A k t e i n auffälliger Weise v o m normalen Gesetz abgehoben. Diese äußeren U n t e r schiede mag m a n m i t der besonderen F o r m solcher Programme u n d Pläne, die nicht zwanglos i n die übliche nach Paragraphen untergliedernde Gesetzesform gebracht werden können, erklären. I n dieser Terminologie u n d Verfahrensweise k a n n aber auch die inhaltliche Auffassung zum Ausdruck kommen, „deutlich zwischen dem Verfahren zur Erarbeitung des Raumordnungsprogramms u n d dem formellen Schlußakt' zu unterscheiden 2 7 u n d dam i t inzidenter den parlamentarischen A n t e i l zu beschränken. Z w a r ist i n keinem Landesplanungsgesetz die volle Beratungs- u n d Abänderungskompetenz des Landtags bei einer »Feststellung 4 des entsprechenden Programms bestritten 2 8 , de facto ist aber die inhaltliche Tendenz ablesbar, das Parlament stärker als bei den sonstigen Gesetzesentwürfen der Regierung m i t einem fertig ausgearbeiteten u n d abgestimmten Konzept zu konfrontieren u n d i n eine Ratifikationslage zu bringen. Auch gilt es, die allgemeine Einsicht zu beachten, daß die formelle Beschlußkompetenz bei Planungen n u r scheinbar ,alles' an notwendigen Einwirkungsbefugnissen gibt; die Feststellungskompetenz der Parlamente macht deshalb Beteiligungsrechte i m Planerarbeitungsverfahren keinesfalls überflüssig; die erwähnte baden-württembergische Entwicklung bestätigt dies auch i n der Praxis.
3. I m Zusammenhang m i t den Parlamentarisierungstendenzen i n der Landesplanung taucht ein Problem auf, das i n der allgemeinen Diskussion zum Verhältnis von Parlament und Regierung i n der Planung bislang nicht behandelt worden ist, aber auch i n anderen Planungsbereichen einschlägig werden kann. Klärungsbedürftig ist nämlich das Verhältnis zwischen der parlamentarischen M i t w i r k u n g und den i m Rahmen der Planerarbeitung vorgesehenen umfassenden A n hörungs-, Beteiligungs- u n d Interessenausgleichsverfahren m i t den 24 § 2 I LP1G Hessen (betrifft das Landesraumordnungsprogramm); § 5 I V N R O G (betrifft Landesraumordnungsprogramm T e i l I). 25 Dazu Umlauf, Landesplanung, S. 163,169 ff. 2 ® Vgl. § 1 Hess. Feststellungsgesetz v o m 18. März 1970 u n d f ü r BadenWürttemberg: § 1 Verordnung der Landesregierung über die Verbindlichkeitserklärung des L E P v o m 11. A p r i l 1972. 27 So wörtlich die Begründung zum E n t w u r f eines Gesetzes zur Änderung des NROG, nds. L T - D r s . 7/2000, S. 15. 28 I n der Beratung der Novelle zum N R O G ist v o m Berichterstatter ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die — auch i n das verabschiedete Gesetz eingegangene — Formulierung, nach der das Landesraumordnungsprogramm ,νοη der obersten Landesplanungsbehörde erarbeitet' w i r d , parlamentarische Regeln, insbesondere das Initiativrecht der parlamentarischen Gruppen nicht außer K r a f t setze, sondern daß diese Formulierung n u r an die Exekutive gerichtet sei, vgl. Abg. Ließ i n der 2. u n d 3. Beratung Nds. L T Stenog. Protokoll, 7. WP, 84. Sitzung v. 26. Nov. 1973, Sp. 8444.
§ 17 Die Parlamentarisierung der landesplanerischen Pläne
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Adressaten der Programme und Pläne. Das i n den Planungsverfahren (verfassungs)rechtlich zu ordnende Problemfeld umfaßt mehr Dimensionen, als es die stark auf die Frontstellung Parlament — Regierung (in einem Land 2 9 ) fixierte allgemeine Planungsdiskussion gewöhnlich erkennen läßt. Aus der Verfahrensrationalität des Aufstellungsverfahrens bezieht der fertige Plan einen wesentlichen Teil seiner positiven Legalität und sachlichen Legitimität 3 0 . Wenn sich die parlamentarische M i t w i r k u n g auf Stadien beschränkt, nachdem dieses Aufstellungs- und Erarbeitungsverfahren m i t seinen Erörterungsterminen u n d Versuchen des Ausgleichs divergierender Meinungen und der letztendlichen Zurückweisung von strittig gebliebenen Einwendungen i m Beschluß der Landesregierung bzw. des zuständigen Ministers abgeschlossen ist, dann w i r d das Parlament von einer tragenden Säule der Planaufstellung isoliert 3 1 . Systemgerechter und i m Sinne einer institutionellen Abstützung der geforderten M i t w i r k u n g des Parlaments i n allen Phasen, wenn auch i n unterschiedlicher Intensität, ist es dagegen, wenn das Parlament oder sein zuständiger Ausschuß auch i n der Phase der Ausgleichung der Interessen während des Aufstellungsverfahrens eingeschaltet ist oder sich durch eigene Hearings und Anhörungen einschalten kann. M i t diesen Überlegungen ist das Verhältnis zwischen der parlamentarischen M i t w i r k u n g an der Planung und der kommunalen Beteiligung, das auch ein potentielles Konkurrenzverhältnis sein kann, keinesfalls erschöpfend ausgeleuchtet. Bezogen auf das Gesamtproblem der Konstituierung eines landesplanerischen Planungssystems ist auf eine mögliche Wirkung und Gefahr aufmerksam zu machen, daß nämlich unter dem Vorzeichen der Parlamentarisierung von Planungsprozessen Zentralisierungsvorgänge und damit ein Abbau von bisher i m Planungssystem institutionell verankerter Selbstverwaltung stattfin29 Die bundesstaatliche Problematik, Beteiligung mehrerer Parlamente i n B u n d u n d den Ländern und Spielraum f ü r Abstimmungs- u n d Aushandlungsprozesse auf der Ebene des ,Regierungs-Bundesstaates' ( = gemeinsame Gremien der Regierungen) zu ermöglichen, ist vor allem am Beispiel der Gemeinschaftsaufgaben diskutiert worden, vgl. Liesegang l Plöger, Schwächung der Parlamente durch den kooperativen Föderalismus, D Ö V 1971, S. 228 ff.; Hesse, Bundesstaatsreform u n d Grenzen der Verfassungsänderung, AöR 98 (1973), S. 19 f., 29; sowie jetzt abschließend Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 138 - 158 m i t umfassenden L i t e r a t u r - u n d Gesetzesnachweisen. 30 So zu Recht i n prägnanter Zusammenfassung einer heute zunehmend vertretenen Neubewertung des Verfahrensrechts, D. Suhr, Z u r Rationalität von Verwaltungsverfahrensvorschrif ten, D Ö V 1975, S. 767 f. 31 Diese Situation ist u m so auffälliger, j e umfassender das Aufstellungsu n d Anhörungsverfahren ist: beim b w L E P u n d beim bay. L E P r liefen so jahrelang die offiziell gern gerühmten beispielhaft umfassenden Anhörungsverfahren, aber sie u n d die dadurch ausgelöste öffentliche Diskussion liefen am Parlament vorbei.
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det . I n den mehrdimensionalen, multilateralen Beteiligungsproblemen komplexer Planungen müssen mehrere gegeneinander nicht aufrechenbare Beteiligungspostulate optimiert, nicht aber ein einzelnes maximiert werden. 4. Generell bedeutet die Parlamentarisierung einiger landesplanerischer Pläne eine wichtige Etappe auf dem Weg vom traditionellen Verständnis der (Landes)Planung als bloß interner Tätigkeit der A d ministration zur Anerkennung des öffentlichkeitsbezogenen und i n die Breite wirkenden Charakters der Planung. M i t der Aufnahme einiger Planaussagen i n die Gesetzesform ist von einer der möglichen Alternativen Gebrauch gemacht worden, und zwar von der publizitätsintensivsten, nicht aber zugleich auch von der planungsadäquatesten Rechtsform 3 3 . Immerhin hat die Parlamentarisierung auch weitreichende Folgen für den Problemkreis der Handlungsform der Pläne, wenn auch nicht i n dem Sinne, daß die Form des Gesetzes (und i n den engen Grenzen des A r t . 80 GG — die Form der Rechtsverordnung) als die einzige oder auch nur primär geeignete Kategorie verstanden werden müßte. Aber jedenfalls hat die Parlamentarisierung einiger Pläne ein deutliches, rechtsdogmatisch erhebliches Zeichen dafür gesetzt, daß Pläne i n einer ihrem Öffentlichkeitsbezug adäquaten Form abgebildet werden müssen, daß sie also nicht mehr als bloß interne Verwaltungsvorschriften i m Innenbereich der Verwaltung verankert und abgeschüttet werden dürfen 3 4 . § 18 Entwicklungstendenzen in der Regionalplanung, der Kreisentwicklungsplanung und im Stadt-Umland-Bereich Rechtsgrundlagen zu II: Baden-Württemberg: Viertes Gesetz zur Verwaltungsreform (Nachbarschaftsverbandsgesetz) v o m 4. J u l i 1974 ( G B l S. 261). Hessen: Gesetz über den Umlandverband F r a n k f u r t v o m 11. Sept. 1974 (GVB11 S. 427). 32 Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 19 (mit der pointierten These, daß sich i m Endergebnis die Parlamentarisierung als der stärkste Schlag gegen die kommunale Selbstverwaltung auswirken dürfte). 33 A u f mögliche koordinationshemmende W i r k u n g e n der Verabschiedung v o n Plänen als Gesetze machen Roesler / Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, S. 118, aufmerksam, nämlich dann, w e n n sich m i t der Verabschiedung als Gesetz die Vorstellung des Abschlusses des Planungsprozesses verbindet. 34 A u f die stärkere faktische B i n d u n g der unter M i t w i r k u n g des Parlaments erlassenen landesplanerischen Pläne u n d auf ihre größere W i r k u n g i n der Öffentlichkeit w i r d zu Recht hingewiesen i n der Gesetzesbegründung zur Novelle LP1G 1972 N W (LT-Drs. 7/1166, S. 19) u n d v o n Niemeier, Städteu n d Gemeinderat 1974, S. 184 sowie i m n w Landesentwicklungsbericht 1974, S. 27 f.
§ 18 Regional-, Kreisentwicklungs- u n d Stadt-Umland-Planung
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Niedersachsen: Gesetz zur Ordnung des Großraumes Hannover (GrHG) v o m 11. Febr. 1974 (GVB1 S. 57) Gesetz über die Errichtung eines Verbandes Großraum Braunschweig — Großraumgesetz Braunschweig — (GrRG-B) v o m 16. Okt. 1973 (GVB1 S. 363). Saarland: Gesetz Nr. 986 zur Neugliederung der Gemeinden u n d L a n d kreise des Saarlandes v o m 19. Dez. 1973 ( A B l S. 852) Kommunalselbstverwaltungsgesetz — K S V G — i. d. F. v o m 2. Jan. 1975 ( A B l S. 49).
I. Trotz der zurückhaltenden Regelung i n § 5 I I I ROG ist die Regionalplanung nach 1965 i n den meisten Ländern zu einem festen Bestandteil des Planungssystems ausgebaut worden 1 , vor allem aus der unabweisbaren sachlichen Notwendigkeit heraus, den weiten Abstand zwischen der zentralen staatlichen Planungsebene und der kommunalen Planung durch eine Zwischenebene, durch eine ,Umschaltstelle für das Gegenstromverfahren' 2 auszufüllen. Vor allem müßten die E i n w i r k u n gen der Landesplanung auf die kommunale Bauleitplanung weitgehend ins Leere stoßen, wenn nicht durch die Regionalplanung konkretisierte und bestimmte Anpassungspflichten auslösende Ziele aufgestellt w ü r den. Die Entwicklung nach 1965 ist durch zwei gegenläufige Linien gekennzeichnet, nämlich durch die anfängliche Tendenz zur kommunalisierten Regionalplanung, die inzwischen weitgehend überlagert und überholt ist durch die starken Bestrebungen zur Verstaatlichung der Regionalplanung. Die Widersprüchlichkeit der Situation drückt sich i n einigen Ländern i n einer auffälligen Diskrepanz zwischen der institutionellen Ausformung der Regionalplanung i n Regionalverbänden, die i n ihrer Trägerschaft das kommunale Element betonen, einerseits und der starken inhaltlichen Determination durch den Staat andererseits aus. 1. I m Zuge des A u f - und Ausbaus der landesplanerischen Planungssysteme nach 1965 mußte die Regionalplanung einen sicheren institutionellen Ort innerhalb der administrativen Organisation erhalten; die Zeit der vom Staat bloß anerkannten, ansonsten autonomen — aber wirkungslosen — regionalen Planungsgemeinschaften war abgelaufen. Andererseits legte es sich nahe, die positive (Vor)Arbeit u n d das Engagement der kommunal getragenen Planungsgemeinschaften i n einer kommunalfreundlichen Organisation zu nutzen. Einen Impuls i n dieser 1 Eine Gesamtdarstellung m i t einem umfassenden Rechtsvergleich zur Lage i n Österreich u n d der Schweiz enthält neuerdings Ευ er s, Regionalplanung als gemeinsame Aufgabe v o n Staat u n d Gemeinden 1976. 2 W. Weber, D Ö V 1965, S. 363 ( = Verhandlungen des 45. Dt. Juristentages Bd. 2, T e i l 3, S. 80); ähnlich auch die Formulierung v o m Schnittpunkt oder der Grenzzone zwischen gemeindlicher u n d übergeordneter (staatlicher) L a n desplanung, ders., D Ö V 1963, S. 787.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
R i c h t u n g g a b auch § 5 I I I R O G , der eine r e i n staatliche R e g i o n a l p l a n u n g ausschloß, z u m i n d e s t d i e B e t e i l i g u n g d e r G e m e i n d e n oder i h r e r Z u s a m menschlüsse f o r d e r t 3 . D i e E i n s c h ä t z u n g v o n W . W e b e r 4 , daß d i e r e g i o n a l e P l a n u n g s g e m e i n s c h a f t d i e T e n d e n z i n sich trage, k o m m u n a l e r R e g i o n a l v e r b a n d , also v o n K o m m u n e n g e b i l d e t e S e l b s t v e r w a l t u n g s k ö r perschaft z u w e r d e n , b e s t ä t i g t e sich: i n B a y e r n , Hessen u n d R h e i n l a n d P f a l z setzte sich d e r R e g i o n a l v e r b a n d als z w a n g s w e i s e r Z u s a m m e n schluß v o n G e m e i n d e n (meist k r e i s f r e i e Städte) u n d K r e i s e n d u r c h 5 . D a bis E n d e 1975 auch N o r d r h e i n - W e s t f a l e n i n d e n aus V e r t r e t e r n d e r k o m m u n a l e n u n d sog. f u n k t i o n a l e n S e l b s t v e r w a l t u n g zusammengesetzt e n L a n d e s p l a n u n g s g e m e i n s c h a f t e n e i n starkes k o m m u n a l e s E l e m e n t i n d e r T r ä g e r s c h a f t d e r T e i l g e b i e t s p l a n u n g h a t t e , ergab sich zunächst eine s t a r k e T e n d e n z z u g u n s t e n e i n e r k o m m u n a l k ö r p e r s c h a f t l i c h o r g a n i sierten Regionalplanung. D i e A l t e r n a t i v e der staatlichen Trägerschaft w a r aber auch i n dieser Phase d u r c h d i e R e g e l u n g e n i n Niedersachsen, i m Saarland u n d i n Schleswig-Holstein ( m i t der Möglichkeit zur Ü b e r t r a g u n g a n K r e i s e oder r e g i o n a l e P l a n u n g s g e m e i n s c h a f t e n bis 1971) u n übersehbar vertreten 6.
8 Daß die geltenden Landesplanungsgesetze diesem rahmenrechtlichen Gebot vielfach nicht entsprechen, hat Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 109 ff., ausführlich dargelegt. Grundsätzlich dazu jetzt Schmidt-Aßmann, Verfassungsrechtliche u n d verwaltungspolitische Fragen einer kommunalen Beteiligung an der Landesplanung, AöR Bd. 101 (1976), S. 533 ff. 4 I n : Die Ordnung des größeren Raumes, 1964, S. 17; ders., Gutachten f ü r den 45. DJT, S. 54 ff. 5 A r t . 6 I LP1G Bay (Mitglieder sind alle Gemeinden u n d Landkreise), § 4 LP1G Hessen (kreisfreie Städte u n d Landkreise), § 15 I LP1G R h - P f (kreisfreie Städte u n d Landkreise). Die ,Regionalverbände 1 i n B W nach dem LP1G 1972 gehören n u r bedingt zu dieser Gruppe, da bei ihnen die mitgliedschaftliche Stellung der Stadt- u n d Landkreise sehr eingeschränkt ausgestaltet ist; nach Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 115 f. unterfallen die Regionalverbände nicht dem gesetzgeberischen Modell der Gemeindezusammenschlüsse i m Sinne v o n § 5 I I I 2 1. A l t . ROG. 6 Niedersachsen hatte bis 1977 die Regionalplanung (mit Ausnahme des Großraums Hannover u n d des Großraums Braunschweig) den Regierungspräsidenten übertragen. Nach § 7 N R O G 1974 ( = § 7 N R O G 1977) k a n n eine kommunale Körperschaft zum Träger der Regionalplanung bestimmt werden. I m Zusammenhang m i t der Kreisreform 1977 w u r d e die Regionalplanung auf die Landkreise u n d kreisfreien Städte übertragen, wobei bei letzteren der Flächennutzungsplan das Regionale Raumordnungsprogramm ersetzen soll! Vgl. §§ 7 u n d 8 N R O G 1977 u n d A r t . V I des Entwurfes eines Achten Gesetzes zur Verwaltungs- u n d Gebietsreform, L T — Drs 8/1000, S. 19 f., 233 ff. Das Saarland u n d Schleswig-Holstein (seit 1971 ausschließlich) lassen die Regional- bzw. die Teilgebietspläne durch die zentrale Landesplanung aufstellen; die Regionalplanung ist also zentralisiert u n d verstaatlicht, vgl. Erbguth, Landesplanungsrecht, S. 109 -122 u n d Niemeier, Das Recht der Raumordnung, S. 45 ff.
§ 18 Regional-, Kreisentwicklungs- u n d Stadt-Umland-Planung
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2. A u f der anderen Seite w a r und ist aber auch die — i m Hinblick auf die Trägerschaft — kommunalisierte Regionalplanung von Anfang an stark i n die zentrale staatliche Landesplanung eingebunden. I n Bayern findet dies seinen auffälligen Ausdruck i n der Diskrepanz zwischen der Trägerschaft durch kommunale Verbände und dem materiellen Verständnis (auch) der Regionalplanung als staatlicher A u f gabe4 (Art. 1 LP1G Bay). I n den anderen Ländern zeigt sich die inhaltliche Einbindung i n den — beträchtlich über die bloße Rechtsaufsicht hinausgehenden — Genehmigungsvorbehalten für die Aufstellung der Regionalpläne und i n der Weisungsabhängigkeit der Regionalverbände 7 . Als weitere sehr effektive Möglichkeit der inhaltlichen Bindung erwies sich je länger, desto mehr die Ausarbeitung gehaltvoller Pläne auf der zentralen Ebene. Umfangreiche Landesentwicklungsprogramme bzw. -pläne, wie sie — i n zunehmender inhaltlichen Dichte — zuerst i n Rheinland-Pfalz (1968), dann i n Hessen (1970/71), Baden-Württemberg (1972) und i n Bayern (1976) ausgearbeitet worden sind, binden die zeitlich überall hinterherhinkende Regionalplanung i n übergeordnete staatliche Vorgaben ein. Eine beträchtliche Steigerung erreichen diese Bindungen, wenn die zentralen Pläne nicht nur Ziele für das gesamte Land, sondern auch umfassende und detaillierte Ziele für die einzelnen Regionen enthalten; dies ist der Fall i n Baden-Württemberg und vor allem i n Bayern, wo das Schwergewicht des Landesentwicklungsprogramms auf den regionalen Zielen liegt und die zentralen Vorgaben eine neue Dimension der Dichte u n d Intensität erreichen 8 . 7 § 31 LP1G B W , § 7 LP1G Hessen, § 13 I I I LP1G R h - P f ; vgl. auch A r t . 18 I I I LP1G B a y ; § 14 I I I LP1G N W 1962 (daß die Landesplanungsgemeinschaften nach § 9 I I I LP1G N W 1962 n u r der Rechtsaufsicht unterstanden, Schloß gewichtige inhaltliche E i n w i r k u n g e n nicht aus, da ein Gebietsentwicklungsplan als rechtswidrig auch beim Widerspruch gegen das Landesentwicklungsprogramm u n d die Landesentwicklungspläne gelten mußte, § 17 II). Z u m ganzen vgl. Götz, Staat u n d Kommunalkörperschaften i n der Regionalplanung, i n : FS W. Weber, S. 985 ff. u n d die Bemerkung von W. Weber, G u t achten f ü r den 45. DJT, S. 52, daß den staatlichen Landesplanungsbehörden »mindestens ein Genehmigungsvorbehalt' zustehen solle. §§ 21, 28 LP1G B W (Weisungen der obersten u n d höheren Landesplanungsbehörde über Planungszeitraum, F o r m der Regionalpläne u n d Grundzüge der Planung); vgl. dazu Seeger, Verwaltungspraxis 1973, S. 2; A r t . 9 i . V . m i t A r t . 1 LP1G Bay; § 4 I LP1G Hessen, § 16 V i l i LP1G Rh-Pf. 8 Vgl. Landesentwicklungsplan B W T e i l 3: Ziele der Landesplanung für räumliche Bereiche (Gebiete) sowie Landesentwicklungsprogramm Bayern: danach umfassen T e i l A (üb erf achliche Ziele) u n d T e i l Β (fachliche Ziele) zusammen 121 Seiten Zielaussagen u n d Begründung, der die regionalen Ziele enthaltende T e i l C dagegen 235 Seiten (im E n t w u r f 1974, der auch die Begründung enthält, nehmen T e i l A u n d Β 450 Seiten, T e i l C 680 Seiten ein) ! — I m Landesentwicklungsprogramm R h - P f kommen dagegen die unter Ziff. 36 enthaltenen »allgemeinen Planungsziele für die Regionen' über ganz allgemeine Aussagen nicht hinaus, sie umfassen auch n u r 2V2 Seiten des Programms.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Trotz der damit schon gegebenen intensiven Einwirkungsmöglichkeiten hat sich die staatliche Landesplanung i n den letzten Jahren — zeitlich parallel zur Aktivierung der Landesplanung auf der zentralen Ebene — erfolgreich u m weiteres Terrain auf der Regionalebene bemüht. Schleswig-Holstein hat 1971 die gesamte Landesplanung verstaatlicht und zentralisiert. Die zunächst als etatistische bayerische Besonderheit eingeschätzte Bestimmung, daß sich die regionalen Planungsverbände ,zur Ausarbeitung, fortwährenden Überprüfung und Änderung der Regionalpläne' der bei den Regierungen eingerichteten staatlichen Bezirksplanungsstellen ,bedienen' (Art. 6 I I I ; 5 I I LP1G Bay 1970), fand inzwischen Nachfolge i n Rheinland-Pfalz und i n NordrheinWestfalen. I n Rheinland-Pfalz heißt es dazu besänftigend, daß die örtlich zuständige obere Landesplanungsbehörde die Verwaltungsaufgaben der Planungsgemeinschaft ,unentgeltlich' wahrnimmt und insbesondere nach Weisung der Planungsgemeinschaft die Entwürfe für den regionalen Raumordnungsplan erarbeitet und die laufenden Geschäfte führt (§ 15 I I 2 LP1G Rh-Pf 1974). I n Nordrhein-Westfalen hat die Verstaatlichungstendenz ihren deutlichsten Ausdruck i n der m i t der bisherigen Tradition völlig brechenden Novelle zum Landesplanungsgesetz von 1975 gefunden: Die Landesplanungsgemeinschaften Rheinland und Westfalen wurden aufgelöst und dem SVR die bisherigen landesplanerischen Aufgaben entzogen; die Gebietsentwicklungsplanimg wurde statt dessen auf die Ebene der Regierungsbezirke verlagert und zwischen der staatlichen Bezirksplanungsbehörde, einer Abteilung des Regierungspräsidenten, und dem dort neuzubildenden Bezirksplanungsrats, der aus Vertretern der kreisfreien Städte und Kreise zusammengesetzt ist, aufgeteilt. Auch hier wiederholt sich das Muster, daß der Bezirksplanungsrat den formellen Eröffnungs- und den abschließenden Aufstellungsbeschluß trifft, i m übrigen aber das Erarbeitungsverfahren, der K e r n der Planerstellung, von der staatlichen Bezirksplanungsbehörde durchgeführt wird. Diese ist dabei zwar an Weisungen des Bezirksplanungsrats gebunden; über die vermutete Intensität dieser Einwirkung gibt die aufschlußreiche Bestimmung Auskunft, nach der der Bezirksplanungsrat mindestens viermal jährlich zusammentritt (§ 8 I I 1 LP1G NW 1975). Der alte leitbildhafte Grundsatz der nordrhein-westfälischen Landesplanung, daß die Landesplanung eine gemeinschaftliche Aufgabe von Staat und Selbstverwaltung ist 9 , w i r d dadurch weithin entleert, die Regionalplanung ausgezehrt 10 . 9 Nach dem Regierungsentwurf (LT-Drs 7/3928, § 6 a Abs. 2 des Entwurfs) sollte sogar eine einmalige Zusammenkunft i m Jahr genügen! 10 Die Formulierung ist durch die Novelle 1975 dahin geändert, daß ,die Landesplanung i m Lande u n d i m Regierungsbezirk nach näherer Bestim-
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3. Die Entwicklung i n Nordrhein-Westfalen macht nicht nur durch ihren Kontinuitätsbruch die Verstaatlichungstendenzen besonders augenfällig; sie läßt auch ein zukunftsgerichtetes Motiv dieses Wandels erkennen. Die Bezirksplanungsräte sind nämlich über ihre Kompetenzen i m Rahmen der Gebietsentwicklungsplanung hinaus ,bei der Vorbereitung und Festlegung von raumbedeutsamen und s t r u k t u r w i r k samen Planungen und Förderungsprogrammen von regionaler Bedeutung 4 auf einer Reihe von Sachgebieten beteiligt (§ 7 I I LP1G NW 1975). Sie beraten den Regierungspräsidenten i n diesem für die Entwicklung des Teilraumes ausschlaggebenden Bereich der Investitions- und Förderungsprogramme. Damit erhalten die Bezirksplanungsräte einen gewissen Anteil am entwicklungsplanerischen Instrumentarium, dessen relatives Gewicht derzeit noch nicht abzuschätzen ist. Der Gedanke und die Konzepte zur Entwicklungsplanung sind auch eine wesentliche Ursache für die Verstaatlichungstendenzen überhaupt. Nach dem grundsätzlichen Ansatz der Entwicklungsplanung, auf den unten (§ 19) noch ausführlicher einzugehen ist, sollen die räumlichen, zeitlichen und finanziellen Gesichtspunkte, insbesondere die raumbezogene Zielplanung und die Steuerung der Mittelvergabe i m Investitionsund Förderungsbereich, sachlich eng aufeinander bezogen werden. Diese Integrationsabsicht muß für die organisatorische Zwischenebene zwischen zentralem und kommunalem Bereich notwendigerweise verunsichernd und erheblich verändernd wirken; denn hier waren bisher die zu integrierenden Funktionen zwischen der Region als bloßer (Raum)PZanwngfseinheit und (Regierungs)Bezirk als staatlicher Behörde m i t Verwaltungsund Finanzierungsaxdgäben besonders stark getrennt, nämlich institutionell differenziert und auf unterschiedlich räumlich abgegrenzte Gebiete bezogen. Der spezifische entwicklungsplanerische Integrationsansatz drängt auf der Zwischenebene zur aufgabenmäßig-institutionellen Zusammenführung von Regionalplanung und Verwaltungs/Finanzierungszuständigkeiten — entweder durch A n m u n g dieses Gesetzes eine gemeinschaftliche Aufgabe von Staat u n d Selbstverwaltung 4 ist. A u f dem Wege der ,Austrocknung 4 durch die Bezirksplanungseinheiten sieht die Planungsregionen i n N W u n d R h - P f Wagener, Zweckmäßig abgegrenzte Räume für die Raumordnungspolitik, Informationen zur Raumentwicklung 1976, S. 57. Kritisch zur neuen Situation i n N W auch Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 10 (Bezirksplanungsrat faktisch n u r ein Beirat) u n d ders., AöR Bd. 101 (1976), S. 546; sowie Roters, Staats- u n d K o m m u n a l v e r w a l t u n g 1976, S. 226 ff., insbes. S. 228 ff. Berkenhoff, Städteu n d Gemeinderat 1976, S. 173 ff. bemüht sich, das beste aus der Situation herauszuinterpretieren, k a n n dabei aber die erhoffte gemeindedemokratische Bedeutung des Bezirksplanungsrats nicht i n den gesetzlichen Normen festmachen, sondern muß i m m e r wieder auf den guten W i l l e n der Beteiligten setzen. Ausführlich dazu unten § 35 B.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
bindung der Regionalplanung an die Regierungsbezirke 11 oder durch die kompetenzmäßige Auffüllung der Regionalverbände m i t Verwaltungsund Finanzierungszuständigkeiten 12 . Hält man sich den Umfang der räum- und strukturwirksamen Investitionen und Förderungsprogramme und ihre zentrale Bedeutung i m Rahmen der Gesamtpolitik der Länder vor Augen, so kann nicht verwundern, daß i n allen Ländern die zweite Lösungsmöglichkeit gewählt, der Weg der Verstaatlichung eingeschlagen wird. Nicht zufällig ist deshalb die schon i n Gesetzesform verkündete Absichtserklärung i n Baden-Württemberg, die Regierungspräsidien aufzulösen und Regionalämter einzurichten, wieder aufgegeben worden 1 3 . Und die derzeit (wieder) unangefochtene Stellung der staatlichen Mittelinstanz 1 4 dürfte auch auf die den Regierungspräsidien zugedachte Rolle i m Rahmen der Vergabe strukturwirksamer Mittel zurückzuführen sein. Insgesamt befördert der Entwicklungsgedanke die Tendenz, die Kongruenz zwischen Planungs- und Verwaltungs- bzw. Finanzierungszuständigkeiten auch organisatorisch und i n der gebietlichen Abgrenzung herzustellen. Das Prinzip der Deckungsgleichheit von Planungsraum und Verwaltungsraum erhält starken Auftrieb und Plausibilität 1 5 . Der traditionelle Grundsatz der Raumordnung, unabhängig von Verwaltungsgrenzen nach den (wechselnden) funktionalen planerischen Bedingungen die Ordnung und Entwicklung von Teilräumen zu planen 1 6 , 11 Dies ist deutlich ausgesprochen v o n F. Halstenberg, Neue Perspektiven der Landesentwicklung i n N W 1974, S. 17 f. u n d ders., Landesplanung u n d Landesentwicklung i n N W , Vermessungswesen u n d Raumordnung — V e r messungstechnische Rundschau 1975, S. 208. 12 Z u m „SpannungsVerhältnis v o n Planung u n d planausführender V e r w a l tung, welches offenbar dazu drängt, durch teilweise oder vollständige Integration von Planung und Verwaltung in die ,Verwaltungsregion' aufgelöst zu werden 4 , Götz, i n : FS W. Weber, S. 997 (Hervorhebung i m Original). Vgl. auch unten Fn. 15. 13 § 25 Kreisreformgesetz v. 26. J u l i 1971 (GBl S. 314), durch den die Regierungsbezirke zum 1. Jan. 1977 aufgelöst werden sollten, ist durch Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes v. 16. Dez. 1975 ( G B l S. 864) aufgehoben worden. 14 Vgl. Neuordnung der staatlichen Mittelinstanz (Mittelinstanzbericht), vorgelegt v o m Sonderarbeitskreis der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder, A p r i l 1973; dazu J. Baron, Welche Z u k u n f t hat die staatliche Mittelinstanz, DVB1 1973, S. 913 ff. u n d insgesamt die Übersicht v o n F. Mayer, i n : ders., Region u n d Mittelstufe der öffentlichen V e r w a l tung, 1976, S. 131 ff. — Verfassungsrechtliche Würdigung bei ders., i n : FS W. Geiger, 1974, S. 735 ff. Z u Alternativmodellen zur staatlichen M i t t e l i n stanz: Seele, Materialien zur Neuordnung der Regionalebene, Der Landkreis 1972, S. 80 ff., 163 ff., 189 ff. Mattenklodt, Gebiets- u n d Verwaltungsreform i n der BRD, 1972, S. 17 ff., 145 ff. 16 Z u den Wechselbeziehungen zwischen Planungs- u n d Entscheidungsr a u m : Schnur, i n : Integrationsprobleme der Regionalplanung i n Verdichtungsräumen, 1971, S. 23 - 27.
§ 18 Regional-, Kreisentwicklungs- u n d Stadt-Umland-Planung
241
b e f i n d e t sich d e m g e g e n ü b e r d e r z e i t o f f e n b a r a u f d e m R ü c k z u g , j e d e n f a l l s w a s d i e v e r d i c h t u n g s f e r n e n G e b i e t e b e t r i f f t . D a g e g e n h a t er n a c h w i e v o r i n d e n v e r d i c h t e t e n G e b i e t e n u m d i e S t a d t r e g i o n e n eine u n g e brochene, j a steigende B e d e u t u n g , ebenso w i e d o r t d i e o b e n e r w ä h n t e z w e i t e A l t e r n a t i v e , die A u f f ü l l u n g d e r K o m p e t e n z e n v o n R e g i o n a l v e r b ä n d e n m i t r e g i o n a l b e d e u t s a m e n planakzessorischen A u f g a b e n 1 7 i m Verband Großraum Hannover und i m Verband Großraum Braunschweig e i n d r u c k s v o l l e V e r w i r k l i c h u n g g e f u n d e n h a t 1 8 . A l s F a z i t k a n n festgestellt w e r d e n , daß d i e E b e n e d e r R e g i o n a l p l a n u n g n o c h w e i t d a v o n e n t f e r n t ist, eine k l a r e u n d m i t t e l f r i s t i g d a u e r hafte F o r m gefunden zu haben; weitere E n t w i c k l u n g e n u n d E x p e r i mente sind z u erwarten. V o r allem sind die Divergenzen i m Aufgabenverständnis u n d der Organisation der Regionalplanung i n den einzeln e n L ä n d e r n besonders groß u n d selbst i n d e m sowieso v a r i a n t e n r e i chen L a n d e s p l a n u n g s r e c h t a u f f ä l l i g ; d i e s t a r k e n U n t e r s c h i e d e i m g e b i e t l i c h e n Z u s c h n i t t — d i e P l a n u n g s r e g i o n e n u n t e r s c h e i d e n sich i m H i n b l i c k a u f d i e B e v ö l k e r u n g s z a h l u m das dreißigfache, i m H i n b l i c k a u f d i e Flächengröße bis z u m f ü n f z e h n f a c h e n 1 0 — s i n d d a f ü r n u r e i n Indiz u n d Beleg20. 16 Dieser Grundsatz w i r d neuerdings explizit infragegestellt von Wagener, Zweckmäßig abgegrenzte Räume f ü r die Raumordnungspolitik, Informationen f ü r Raumentwicklung 1976, S. 57 ff.; vgl. dazu auch insgesamt die Diskussion über die »Flurbereinigung bei Planungsräumen', i n : Informationen zur Raumentwicklung Heft 1/1976 sowie Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Gutachten, S. 322 (Kap. V I , Tz 43 ff.). 17 Vgl. dazu Götz, i n : FS W. Weber, S. 998 - 1001 m. Nachw. W. Weber, G u t achten f ü r den 45. DJT, S. 8 ff., sowie die — nicht v e r w i r k l i c h t e n — V o r schläge der Sachverständigenkommission f ü r die staatliche u n d kommunale Neugliederung des Landes Nordrhein-Westfalen, Teilgutachten C, 1968, S. 109 ff., 119 ff., zur B i l d u n g v o n Regionalverbänden. 18 Dagegen gehört der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk, nachdem i h m die Regionalplanung durch die LP1G N W 1975 entzogen worden ist, nicht mehr zu diesem Typ. K r i t i k an der Novelle bzw. i h r e m E n t w u r f SVR (Hrsg.), Regionale Selbstverwaltung i m Ruhrgebiet, Bericht einer Arbeitsgruppe, 2 Bde. 1973; als engagiertes Plädoyer gegen die Neuregelung aus der Sicht des SVR G. Baldauf, Z u m Verbandsprinzip i n Verdichtungsräumen, 1974 unter dem M o t t o : ,Die Zerschlagung des Ruhrsiedlungsverbands als »Meisterleistung' neuerer Staatskunst!' Vgl. auch M. u. S. Zlonicky, Die Verfolgung u n d Ermordung des Siedlungsverbandes Ruhr kohlenbezirk, Stadtbauwelt 43, 1974, S. 225 ff. Die unterschiedlichen Haltungen der Parteien zur Frage des Weiterbestehens des SVR werden deutlich i n den Stellungnahmen i n : Landtag i n t e r n NW, Nr. 13 v o m 6. M a i 1977, S. 1 f. Z u m ganzen vgl. auch u n ten § 31 I I 4. 19 ROB 1974 der BReg, S. 110; vgl. auch S. 138 (Synopse) u n d Erbguth, L a n desplanungsrecht, S. 54 - 57. 20 Ausführliche Darstellung über die Unterschiedlichkeit der Inhalte der Regionalpläne enthalten die beiden Studien: M E T R A - D I V O Stadt- u n d Regionalforschung, Vergleich ausgewählter Regionalpläne, 1973 u n d Deutsche Stadtentwicklungs- u n d Kreditgesellschaft mbH, Vorstudie zur A n a -
le wähl ι
242
I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
I I . Der Überblick über die Entwicklungstendenzen des landesplanerischen Planungssystems wäre unvollständig, wenn nicht zwei Problembereiche kurz erwähnt würden, die entschieden die Vorstellung vom geschlossenen Planungssystem 4 widerlegen, nämlich die anhaltende Diskussion u m die Kreisentwicklungsplanung und die wenig einheitliche Entwicklung i m Stadt-Umland-Bereich (vgl. Skizze auf S. 243). 1. M i t der i n Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein ansatzweise verwirklichten 2 1 und i n Nordrhein-Westfalen sehr kontrovers diskutierten Idee der Kreisentwicklungsplanung 2 2 ist besonderer Sprengstoff verbunden. Dies nicht nur deshalb, w e i l sie notwendigerweise Spannungen zwischen dem Kreis und den kreisangehörigen Gemeinden auslöst; darüber hinaus w i r d damit, noch grundsätzlicher und folgenreicher, die Frage nach der Zahl der Ebenen i m Planungs- und Verwaltungsaufbau aufgeworfen: Starke Impulse für die Überlegungen zur Kreisentwicklungsplanung hat wiederum das entwicklungsplanerische Postulat der Zusammenführung von Planungs-, Verwaltungs· und Finanzierungszuständigkeiten ausgelöst. I m Lichte dieser Forderung geriet das (raum)planerische Defizit auf der Kreisebene ebenso unübersehbar ins Blickfeld wie das insgesamt unausgewogene Verhältnis zwischen der beträchtlichen Zahl von Verwaltungszustänlyse von Regionalplänen i n der Bundesrepublik, F r a n k f u r t / M . 1974, z . T . ausgewertet i n ROB 1974 der BReg, S. 138 ff. 21 Z u B W vgl. § 33 LP1G sowie Gerhardt, Der Landkreis 1974, S. 463 ff.; ders., Verwaltungspraxis 1973, 146; Ν au, ebd., S. 166. Z u SH: vgl. § 11 LP1G 1971 (§ 11 neu gefaßt durch ÄnderungsG. v. 31. März 1976 — A B l S. 104 —) u n d den Erlaß des Ministerpräsidenten — L a n desplanungsbehörde — v o m 5. Sept. 1972 ( A B l S. 687 ersetzt durch Erlaß v. 3. Febr. 1976 — A B l S. 104 —) sowie Breusig, Der Landkreis 1974, S. 461. I n zwischen ist eine ganze Reihe von Kreisentwicklungsplänen w i r k s a m geworden, vgl. z . B . Kreisentwicklungsplan f ü r den Kreis Dithmarschen ( A m t licher Anzeiger, Beilage zum A m t s b l a t t v o n S H 1974, S. 38 ff.), Kreisentwicklungsplan 1974-1978 Kreis Pinneberg (Amtlicher Anzeiger 1974, S. 268), Kreisentwicklungsplan f ü r den Kreis Rendsburg-Eckernförde 1974 - 1978 (Amtlicher Anzeiger 1975, S. 245 ff.), Kreisentwicklungsplan 1974 -1978 für den Kreis Plön (Amtlicher Anzeiger 1975, S. 300 ff.), Kreisentwicklungsplan der Hansestadt Lübeck 1974 - 1978 (Amtlicher Anzeiger 1976, S. 253 ff.). 22 Z u r Diskussion i n N W : Die kommunale u n d staatliche Neugliederung des Landes N W , Abschn. B, 1968, S. 107 ff., 198; Gottfried Müller, Die k o m munale Neuordnung i m Bonner Raum, 1968, S. 15; Pappermann, D Ö V 1973, S. 505 ff.; Berkenhoff, Städte- u n d Gemeinderat 1973, S. 345 ff.; Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung 1974; Püttner / Schneider, Stadtentwicklungsplanung u n d Kreisentwicklungsplanung i m Gefüge öffentlicher Planung, 1974; Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 4 ff.; Siedentopf, DVB1. 1975, S. 15 ff.; ν . d. Heide, Der Landkreis 1974, S. 252 ff.; Wiese, Der Städtetag, 1974, S. 536 ff.; Pappermann / Roters / Vesper, Maßstäbe f ü r die Funktionalreform i m Kreis 1976. Sehr engagierte u n d entgegengesetzte Stellungnahmen finden sich i m m e r wieder i n den Zeitschriften der beteiligten kommunalen Spitzenverbände: Der Landkreis, Städte- u n d Gemeindebund, Städte- u n d Gemeinderat.
16*
Gemeinde
Samtgemeinde FINP
Fl Np
regROPr
Ämter haben keine Planungszuständigkeit
X
LEP
LROPr
Rh-Pf
ROP
LEPr LEP
ROPr
BW
Bay
KrEP wird diskutiert
Gemeinde
X
GEP
Gemeinde
FINP
x
x
NachbarschaftverX FINP
RegionalP
band
regPla-
Stadt-Umland-Verband wird diskutiert X Verwaltungsgemeinschaft kein Planungsträger Χ X
Gemeinde Gemeinde
RegionalP
KrEPr
band
regROP
Regional-
LEPr
VerwaltungsgeFINP meinschaft
Stadtverband Saarbrücken FINP
RO-Teil-P
RO-Teil-Pr
Verbandsgemeinde
Gemeinde
Umlandverband Frankfurt FINP
regROP ρη _ ..
Bezirks-Pl regPIGem LReg/LPlPIGem. rat Behörde verbände nungsver-
LEP I - Vi
LEPr Gesetz
Hessen Saar
s. Synopse S. 220 — FINP = Flächennutzungsplan — KrEP = Kreisentwicklungsplan — Gr. = Großraum
Abkürzungen:
X
Gemeinde
v
KrE P
Regionalplane bzw.
LROPr II
LROPr I Gesetz
NW
Landkreise + kreisfreie Städte Gr. Hannov. Gr. Braunschweig
Nds
LP1 Behörde (MPräs)
Entw. GrundSätzeGesetz LROP
SH
SYNOPSE der Planungsebenen
§18 Regional-, Kreisentwicklungs- u n d Stadt-Umland-Planung 243
244
I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
digkeiten des Kreises und seinen geringen planerischen Instrumenten 2 3 . Eine grundlegende Veränderung dieser Situation impliziert das Verständnis der Kreise als eine der fünf Hauptebenen der Verwaltung i n der Bundesrepublik, wie es F. Wagener 24 vorgetragen hat. Danach sollen die Kreise, wie die 4 anderen Ebenen des Bundes, des Landes, der Hegion und der Kommunen, eine integrierte Entwicklungsplanung für ihren Bereich ausarbeiten, insgesamt eine Vorstellung, die selbstverständlich auch raumplanerische Kompetenzen für die Kreise reklamiert. A n dieser Forderung nach den raumplanerischen Befugnissen entzünden sich Schwierigkeiten, die i m vorliegenden Zusammenhang von Interesse sind: Die Raumplanung verträgt nämlich nicht das »Übereinander beliebig vieler Planarten', wie Püttner / Schneider 25 zu Recht festgestellt haben. Planungsebenen lassen sich i n ihren inhaltlichen Kategorien nur trennen und die relative Eigenständigkeit der einzelnen Ebene, die die Ausdifferenzierung i m Planungssystem rechtfertigt und trägt, läßt sich nur konstituieren, wenn zwischen den einzelnen Ebenen ein ausreichender und deutlicher Abstand besteht. Planungssubstanz läßt sich nicht durch die ,Erfindung' oder Bildung einer neuen Planungsebene erzeugen, und an diesem Punkt setzen denn auch Probleme für die Kreisentwicklungsplanung an. Nicht zufällig gewinnt deshalb zunehmend die Auffassung an Bedeutung, daß Kreisentwicklungsplanung, wenn überhaupt, dann nur durch eine Neuverteilung der bisher vorhandenen Planungskompetenzen i m Bereich der Raumplanung die von ihren Verfechtern gewünschte Rolle erhalten kann 2 6 . I n diesem Sinne w i r d i n Nordrhein-Westfalen, ausgehend von den Empfehlungen der Sachverständigenkommission für die Neugliederung 2 7 , das Modell der instanziell differenzierten Regionalplanung diskutiert, das den Kreisen einen Teil der bisherigen Gebietsentwicklungsplanung überträgt 2 8 . Es liegt auf der Hand, daß gerade bei diesem Modell besondere Aufmerksamkeit darauf gelegt werden muß, für beide ,Instanzen' der differenzierten Regionalplanung genau ihre ver23
16 f.
Schmidt-Aßmann,
DVB1. 1975, S. 8; Göb / Laux / Salzwedel / Breuer,
S.
24 I n : Raumplanung — Entwicklungspl. 1972, S. 5 0 - 5 4 u n d ausführlich ders., i n : Politikverflechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, 1975, S. 154 ff., 158 ff. Dieses Konzept, das durch ein M i n i m u m an vertikaler K o ordination u n d Integration gekennzeichnet ist, ist an dieser Stelle nicht zu bewerten, vgl. oben § 11 I I I u n d unten § 19 I. 26 S. 38; vgl. auch Brenken, i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, S. 115 f. 26 So ausdrücklich Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 9. 27 Gutachten Abschnitt C, S. 214 f. 28 Ausführlich dazu Göb l Laux / Salzwedel / Breuer, S. 38, 84 ff.
§ 18 Regional-, Kreisentwicklungs- u n d Stadt-Umland-Planung
245
fahrensmäßige Stellung und — noch wichtiger — die ihnen jeweils rechtlich zustehenden Planungselemente positiv zu fixieren 2 9 . Die Vorschläge sind hier i m einzelnen nicht darzustellen und zu bewerten. A n dieser Stelle interessiert vor allem ein auf die Gesamtheit des Planungssystems bezogener Aspekt, den Schmidt-Aßmann 30 zu Recht herausgestellt hat, nämlich das Verständnis der Kreisentwicklungsplanung als eines notwendigen Gegengewichts gegenüber der verstaatlichten Regionalplanung. I n Nordrhein-Westfalen hat dieses Argument besonderes Gewicht, weil zu der — auch i n den anderen Ländern zu beobachtenden — starken Stellung der staatlichen Bezirksplanungsbehörde der weite gebietliche Zuschnitt der Regierungsbezirke hinzukommt, der die Regionalplanung (Teilgebietsplanung) zu einer besonders kommunalfernen Planung werden läßt 3 1 . Damit sind nicht nur besondere Gründe angedeutet, die i n Nordrhein-Westfalen für die Einführung der Kreisentwicklungsplanung sprechen; zugleich deutet sich auch die Möglichkeit und die Gefahr einer weiteren und gewichtigen Differenzierung zwischen den Planungssystemen der Länder an, wenn einige, aber nicht alle Länder das Modell einer i n sich gestuften Regionalplanung einführen würden. 2. Eine erhebliche Heterogenität und Unübersichtlichkeit bietet dagegen schon beim gegenwärtigen Rechtszustand das B i l d der Planungsund Verwaltungsstruktur i m Stadt-Umland-Bereich Z2. Die Typen und die Zahl der Sonderverbände hat i n den letzten Jahren zugenommen, so daß sie nicht mehr bloß als vernachlässigbare und das B i l d des dreistufigen Planungsaufbaus nicht beeinträchtigende Ausnahme verstanden werden können. Es handelt sich dabei u m die beiden niedersächsischen Verbände Großraum Hannover und Großraum Braunschweig, den Umlandverband Frankfurt, den Stadtverband Saarbrücken und die sechs Nachbarschaftsverbände i n Baden-Württemberg; i n Bayern w i r d 29 Dies müßte i m Detaillierungsgrad mindestens so ausführlich sein w i e i n der Aufzählung bei Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 11. 30 Ebd., S. 10. 31 I n diesem Zusammenhang ist auf die Tendenz zur Verminderung der Z a h l der Regionen u n d damit Vergrößerung ihres gebietlichen Zuschnitts i n Rheinland-Pfalz hinzuweisen; das M o t i v ist hier v o r allem, die Regionen entsprechend den Einzugsbereichen der vorhandenen 5 Oberzentren abzugrenzen, vgl. ROB 1971 der LReg, S. 115, vgl. ROB 1973 der LReg, S. 6; ROB 1975, S. 96 sowie Regionengesetz i. d. F. v o m 8. Febr. 1977. 32 Z u r Stadt-Umland-Problematik vgl. etwa: Halstenberg, Rechtsfragen der Stadt-Umland-Problematik, i n : Raumforschung. 25 Jahre Raumforschung i n Deutschland, 1960, S. 511 ff., insbes. S. 522 ff. Stern ! Püttner, Grundfragen zur Verwaltungsreform i m Stadtumland, 2. A u f l . 1968; Rothe, DVB1. 69, 784; ders., Neue kommunale Aufgabenträger f ü r Ballungsräume, DVB1. 1975, S. 529 ff.; M. Neuf fer, Kommunale Großraumplanung, Die demokratische Gemeinde 1972, S. 539 ff., 675 ff.; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I I § 89 X I I u n d § 91 V I g 3 u n d die Nachweise i n Fn. 33 u n d 34.
246
I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
die Bildung von 7 Nachbarschaftsverbänden noch diskutiert 3 3 . Einen festen und einheitlichen Standort i n der Grundgliederung der Planungssysteme nehmen sie andererseits auch nicht ein, schon wegen ihrer großen Unterschiedlichkeit i m räumlichen Zuschnitt, i m A u f gabenverständnis, i n den Organisationsformen sowie wegen der schwankenden Zuordnung ihrer planerischen Funktionen einmal zur Ebene der Regionalplanung, zum anderen als interkommunale Verbände zur gemeindlichen Ebene. Die beiden niedersächsischen Großraumverbände nehmen nämlich i n raumplanerischer Hinsicht A u f gaben der Regionalplanung wahr, den b w Nachbarschaftsverbänden, dem Stadtverband Saarbrücken u n d dem Umlandverband Frankfurt ist dagegen die Flächennutzungsplanung übertragen 34 . A u f die sachlich einheitliche Problemlage reagieren also die v e r w i r k lichten Organisationsmodelle der Stadt-Umland-Verwaltung 3 5 m i t Lösungsversuchen auf zwei verschiedenen Planungsebenen. Zwar kann man beide Typen von Verbänden i n ihrer Aufgabenstellung und i n der Intensität der Ersetzung kommunaler Aufgaben bzw. Ausdifferenzierung von regionalen Aufgaben keinesfalls gleichsetzen; die Skala von Abstufungen reicht von den beiden nds. Großraumverbänden, die zusätzlich zu den Raumplanungsaufgaben beträchtliche, wenn auch i m einzelnen unterschiedliche 36 , Planungsfolgeaufgaben zur administrati83 Vgl. die eingangs des Paragraphen zitierten Gesetze. Z u Bayern: G u t achten der Sachverständigenkommission zur Untersuchung des S t a d t - U m land-Problemes i n Bayern, hrsg. v o m Bay. Staatsminister des Innern, Dez. 1974 (dort auch S. 39 - 50 ein umfassender Überblick über die Lösungen i n den einzelnen Bundesländern) u n d Knemeyer, Stadt-Umland-Planung, G u t achten 1975 sowie die Diskussion i n der Zeitschrift Der Bay. Bürgermeister 1973, S. 357 ff. m. Nachw. Z u r Verfassungsmäßigkeit des Stadtverbandes Saarbrücken als ,eines der fortschreitenden Integration dienenden Verbandes der benachbarten Gemeinden des Großraums Saarbrücken' V e r f G H Saarl., U. v. 18. Dez. 1974, L v 7/74, z . T . abgedruckt i n : Eildienst des L K r T N W 1975, S. 42. 34 M i t den genannten Organisationsformen ist nicht zu vergleichen die lockere Organisationsform des Nachbarschaftsverbandes i n Rheinland-Pfalz (§ 8 GemO), über dessen konkrete Aufgaben nichts näheres geregelt ist (vgl. unten § 33 I I 3 a m Ende; dort auch Nachweise der Anwendungsfälle). 85 Einen informativen Überblick über die große Z a h l der vorgeschlagenen Modelle bei Wagener, i n : FS f ü r W. Weber, S. 957 ff. u n d Stadt-UmlandGutachten Bayern, S. 50 ff. 36 Vgl. die unterschiedliche Aufgabenzuweisung einerseits i n § 7 Gr. B r a u n schweig-Gesetz u n d §§ 7, 9, 10 Gr. Hannover-Gesetz andererseits (dabei sind hervorzuheben insbes. die Regionalen Fachpläne, einschl. des Rahmenplans f ü r die Schulentwicklung, dazu W. Weber, Rechtsgutachten über die V e r einbarkeit des Entwurfes eines Gesetzes über die Errichtung eines Verbandes Großraum Hannover (GrHG) m i t dem Grundgesetz u n d der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung, Göttingen 1973 — unveröffentlicht). — Z u aktuellen Tendenzen zur Auflösung des Großraumverbandes Braunschweig aus der Sicht der Stadt Braunschweig, J. Poeschel, Verband Großraum Braunschweig u n d kommunale Selbstverwaltung, D Ö V 1977, S. 231 ff.
§ 18 Regional-, Kreisentwicklungs- und Stadt-Umland-Planung
247
ven Durchführung zugewiesen erhalten haben, über den Umlandverband Frankfurt m i t einer immer noch stattlichen Ausstattung an fachplanerischen und administrativen Funktionen bis zu den bw Nachbarschaftsverbänden, bei denen nach dem Gesetz nur beschränkte Ansatzpunkte für die Auffüllung m i t Administrativfunktionen bestehen. Gleichwohl werden die beiden Planungsebenen und das ebenenspezifische Planungsinstrumentarium des Flächennutzungsplans und des Regionalplans i m Ansatz funktional äquivalent zur Lösung des gleichen Sachproblems, als wechselseitig austauschbare Größen verwendet 8 7 . Diese Situation ist sicherlich kein Indiz für eine klare Einordnung der Stadt-Umland-Problematik i n die landesplanerischen Planungssysteme. Besonders deutlich w i r d die Irritation, die von diesem unbewältigten Problem für die landesplanerischen Planungssysteme ausgeht, i m Gesetz über den Umlandverband Frankfurt, i n dem es heißt, daß z u nächst' die Aufgaben der regionalen Planungsgemeinschaften unberührt bleiben (§ 3 IV); inzwischen ist die Auflösung der sich stark m i t dem Umlandverband überschneidenden Regionalen Planungsgemeinschaft Untermain vorgesehen 38 . I n der Tat ist sowohl i n Hessen als auch i n Baden-Württemberg auf Dauer ein Nebeneinander zwischen U m landverband bzw. Nachbarschaftsverband und regionaler Planungsgemeinschaft bzw. Regionalverband schwer vorstellbar, da die ständige Konkurrenz um die räumliche Planungssubstanz hier schon von Anfang an programmiert ist und das Planungssystem durch das Einschieben einer weiteren Ebene sehr kompliziert w i r d 3 9 . 37 Die beiden niedersächsischen Großraumverbände haben zwar einen größeren räumlichen Zuschnitt als die anderen Verbände. I m Vergleich z w i schen ihnen u n d dem Umlandverband F r a n k f u r t u n d dem Nachbarschaftsverband Stuttgart dürften jedoch auch flächenmäßig keine wesentlichen U n terschiede mehr bleiben; bevölkerungsmäßig übertreffen die beiden letzteren die nds. Großraumverbände sowieso. Die Frage, ob das Instrument der Flächennutzungsplanung f ü r die Probleme des Stadt-Umland-Bereichs geeignet ist, ist i n Baden-Württemberg auch nach der Verabschiedung des Nachbarschaftsgesetzes umstritten geblieben. Nach einer kritischen D e n k schrift der Stadt Stuttgart hat die SPD-Fraktion den — erfolglos gebliebenen — A n t r a g gestellt, das I n k r a f t t r e t e n des Nachbarschaftsgesetzes hinauszuschieben, u m Zeit f ü r weitere Überlegungen zu haben (vgl. b w L T , 6. WP, 103. Sitzung v. 12. Dez. 1975, Stenoprotokoll S. 7140 ff.). 38 Nach der Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD u n d der F.D.P. v o m November 1974 soll der Umlandverband die Funktionen der Regionalen Planungsgemeinschaft U n t e r m a i n übernehmen; s. dazu Gesetzentwurf der LReg. f ü r das Eingliederungsgesetz L T - D r s 8/3500, S. 30 f., 120. 39 Deshalb ist die Vorstellung v o n G. Baldauf (Zukunftsgerichtete Planung i n Raumordnungsstufen, Blätter f ü r Grundstücks-, B a u - u n d W o h nungsrecht 1968, S. 121 ff.) v o n einer neben der Regionalplanung des L a n des bestehenden weiteren Raumordnungsebene v o n Planungsverbänden abzulehnen: sie hat sich auch nicht als erfolgreich erwiesen, dem SVR, dessen L t d . Verbandsdirektor Baldauf ist, einen gesicherten Standort i m Gesamtzusammenhang der Landesplanung zu verschaffen.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
I m übrigen muß sich die Geeignetheit des Instruments Flächennutzungsplan für die räumliche und strukturelle Ordnung des GroßstadtUmland-Bereichs erst noch i n der Praxis erweisen. Man w i r d abwarten müssen, ob die Umland- und Nachbarschaftsverbände i n angemessener Zeit imstande sind, für ihre gebietlich ausgeweiteten Planungsräume einen Flächennutzungsplan m i t seinen relativ kleinräumigen Elementen und Nutzungsausweisungen aufzustellen. Jedenfalls dürften die Flächennutzungspläne des Umlandverbands Frankfurt und des Nachbarschaftsverbands Stuttgart wegen der gesteigerten Größenordnungen nur noch sehr bedingt m i t den gewohnten Flächennutzungsplänen selbst von Großstädten vergleichbar sein 4 0 ; auch die Parallele m i t den Flächennutzungsplänen der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, die nach § 5 15 ROG an die Stelle von landesplanerischen Plänen treten, ist nur ζ. T. zutreffend, da es sich dort u m einen einheitlichen Planungsträger handelt und dort das Großstadt-Umland-Problem wegen des gebietlichen Zuschnitts der beiden Hansestädte gerade nicht ausreichend erfaßt wird. Störend w i r d sich die Hochzonung der Flächennutzungsplanung auf den Stadt-Umland-Verband auf den Aufbau der Stadtentwicklungsplanung i n den einzelnen verbandsangehörigen Gemeinden auswirken, eine Störung, die sich für Stuttgart u n d Frankfurt weniger bemerkbar machen dürfte als für die anderen Gemeinden, da die Großstädte sicherlich nicht auf den A u f - und Ausbau einer Stadtentwicklungsplanung verzichten werden und sich w o h l auch i m StadtUmland-Verband inhaltlich durchsetzen können; für die anderen Gemeinden müssen dagegen die räumlichen Festsetzungen als i m größeren Umfang fremdbestimmt gelten und damit auch die darauf aufbauende Stadtentwicklungsplanung. Endgültig können erst die Erfahrungen der nächsten Jahre über den Vorzug der einen oder der anderen Lösung entscheiden. Sicher dürfte jedoch heute schon sein, daß i m (Groß)Stadt-UmlandBereich spezifische Lösungen gefunden werden müssen; die besondere Dichte der Verflechtungen i n diesen Bereichen zwingt zur Ausbildung 40 Nicht zufällig ist der Nachbarschaftsverband Stuttgart, dessen flächenmäßige Größenordnung besonders auffällig die gewohnte Dimension der Flächennutzungsplanung sprengt, i n mehrere »Bereiche' m i t besonderen Bereichsausschüssen untergliedert worden (§ 9 NachbarschaftsG). Diesen Bereichsausschüssen dürfen zwar keine Entscheidungszuständigkeiten bei der Flächennutzungsplanung übertragen werden, da nach § 5 I B B a u G n u r ein einheitlicher Flächennutzungsplan f ü r den Bereich des jeweiligen Planungsträgers aufgestellt werden darf. Trotzdem dürfte ihre wichtigste F u n k t i o n i n der Vorbereitung u n d faktischen Vorentscheidung über den formal einheitlichen Flächennutzungsplan liegen, soweit i h r Bereich davon betroffen ist, dazu die beiden Erlasse des b w Innenministers v o m 2. J u n i 1975 ( G A B I S. 545 ff. u n d 558 ff.). Vgl. auch Fn. 37. — Z u r S t r u k t u r des k o m m u n a len Nachbarschafts Verbandes vgl. den gleichnamigen Aufsatz v o n Holzinger, Bay. Bürgermeister 1973, S. 404 ff.
§ 19 Landesplanung — Entwicklungsplanung
249
gesonderter Instrumente und Organisationsformen; das B i l d der Zweistufigkeit der Verwaltung i m Stadt-Umland-Bereich w i r d dabei dominant werden 4 1 . Auch wenn sich dabei die Zuordnung der Stadt-UmlandPlanung zur Regionalplanung durchsetzen sollte und dadurch i n raumplanerischer Hinsicht formal der Eindruck einer vollen Integration i n die landesplanerischen Planungssysteme entsteht, ändert dies nichts an dem Umstand, daß es sich i m Stadt-Umland-Bereich u m inhaltlich gesteigerte und qualifizierte Regionalpläne handeln w i r d und handeln muß; die bisherige Entwicklung i m Großraum verband Hannover zeigt dies m i t Deutlichkeit 4 2 . Vor allem w i r d die Regionalplanung i n diesen Sonderverbänden wegen ihrer Anreicherung m i t Planungs- und Durchführungsaufgaben i n den Fachbereichen eine inhaltliche Erweiterung und verstärkte Verwirklichungschance erhalten, die sich von der ,einfachen 4 Regionalplanung i n den anderen Räumen abheben wird. Die Sonderproblematik der verdichteten und besonders eng verflochtenen Gebiete macht sich so auch i m formal einheitlichen Rahmen einer flächendeckenden Organisation der Regionalplanung geltend. Der Sache nach lebt damit das alte (Konflikts)Thema der regionalen Ebene — die Alternative zwischen inselartigen Sonderverbänden und flächendeckender Regionaleinteilung i m gesamten Land — weiter. Unter dem Aspekt der landesplanerischen Planungssysteme bleibt jedenfalls die Sonderstellung des Stadt-Umland-Bereichs, gleichgültig i n welcher aufgabenmäßigen Ausdifferenzierung und organisatorischen Form sie sich äußert, als potentielle Variante oder Komplizierung des Grundmusters zu beachten. § 19 Landesplanung — Entwicklungsplanung Der Entwicklungsgedanke und Modelle zur umfassenden Entwicklungsplanung sind die größte Herausforderung u n d der stärkste Impuls für die Weiterentwicklung der räumlichen Planung geworden: entschiedene Herausforderung waren sie insofern, als nach einer verbreiteten Auffassung die Entwicklungsplanung als eigenständige Planart die Raumplanung traditioneller A r t ablösen oder doch i n wichtigen Teilen überformen soll; kräftige Impulse hat andererseits der Ent41 U n d zwar entweder i n der Spaltung der örtlichen Ebene i n Bebauungsplan bei den einzelnen Gemeinden u n d i n die Flächennutzungsplanung beim Umlandverband oder i n der Differenzierung zwischen der Bauleitplanung der Gemeinden u n d der sachlich näher herangerückten Regionalplanung durch einen Sonderverband. 42 Die starke inhaltliche Dichte der Festsetzungen k o m m t besonders i n der Festlegung der Zahl der Wohneinheiten i n den Gemeinden u n d Gemeindeteilen m i t der besonderen Entwicklungsaufgabe Wohnen zum Ausdruck, vgl. Regionales Raumordnungsprogramm 1975 Großraum Hannover, E n t w u r f , Abschn. V I I / 2 u n d Tabelle Abschn. V I I / 3 ff.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Wicklungsgedanke insofern bewirkt, als sich die Landesplanung i n den letzten Jahren unter Aufnahme von Elementen der Entwicklungsplanung inhaltlich verändert hat oder eine starke Tendenz i n dieser Richtung aufweist 1 . Unter dem Stichwort der Entwicklungsplanimg wurden die leitenden Gesichtspunkte der allgemeinen Planungsdiskussion seit der Mitte der 60er Jahre — die Forderungen nach konzeptioneller, aktiver, gesellschaftsgestaltender und gesellschaftsverändernder sowie integrativer Planung — auch für den überkommenen Planungsbereich der räumlichen Planung maßgebend, wenn auch m i t einer Verspätung von einigen Jahren. Als Kehrseite dieses Zusammenhangs m i t der allgemeinen Planungsdiskussion sind auch die räumliche Planung und/oder die Entwicklungsplanung i n das generelle A u f und A b der Planungsbegeisterung und nachfolgender u m so größeren Planungsernüchterung involviert worden, ja die Entwicklungsplanung war geradezu das Feld par excellence, auf dem die Forderungen nach immer umfassenderer Integration zum Entwurf immer anspruchvollerer Modelle veranlaßt haben, ohne daß die Realisierungschancen auch nur überschlägig bedacht worden waren. Inzwischen scheint — i n den offenbar unvermeidlichen, leider auch von den Wissenschaften sehr ,prozyklisch' mitgetragenen Modezyklen von Themen — das Pendel zur Seite der Ernüchterung und unter dem Vorzeichen der behaupteten ,Trendwende' zum Teil auch i n Resignation auszuschlagen2. U m so wichtiger ist es, zugleich i n Verfolgung des i n dieser Arbeit i m Vordergrund stehenden Ansatzes, die Umformung des landesplanerischen Handlungsinstrumentariums durch entwicklungsplanerische Instrumentarien zu analysieren. Erst aufgrund einer solchen Bestandsaufnahme, die auch die absehbaren Tendenzen und deren Niederschlag i n beabsichtigten Instrumenten einbezieht, können auch konkrete Probleme und Rechtsfragen, jenseits pauschalen Lobs und pauschaler Verdächtigung als Total(ver)planung, formuliert und 1 Die Bemerkung v o n Ernst (in: Bundesraumordnungspolitik u n d Bundesraumordnungsprogramm 1973, S. 19 f.), daß der Weg v o n der Flächennutzungsplanung zur Entwicklungsplanung i n der Raumordnung nicht neu gewesen sein könne, da er i m ROG seit 1965 ausdrücklich drinstehe, w i r d dieser I m p u l s w i r k u n g des — neuen — Entwicklungsgedankens nicht gerecht, w o h l entspricht sie dem landesplanerischen Selbstverständnis, das die Tendenzen zur Entwicklungsplanung als immanenten Wandel darstellen möchte u n d sie deshalb auf das Ende der 50er Jahre zurückdatiert, vgl. Landesentwicklungsbericht 1972 N W , S. 11 ff. i n einer ausdrücklichen historischen Rückschau u n d ähnlich der Beitrag des Hauptausschusses der M K R O ,Die A u f g a ben der Raumordnung u n d Landesplanung 4 , abgedruckt i n : 9. Bericht der Landesregierung N W gem. § 24 LP1G 1962, 1973, S. 82. 2 Vgl. die Bemerkung v o n Göb, daß es schlimm wäre, w e n n die Raumordnung i n den Strudel der allgemeinen Planungsernüchterung einbezogen würde, i n einem Beitrag m i t dem bezeichnenden T i t e l : Melancholie der Ohnmacht?, structur, 1975, S. 75.
§19 Landesplanung — Entwicklungsplanung
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behandelt werden. Solche Konkretheit und Detailliertheit der Überlegungen ist vor allem deshalb erforderlich, u m die Differenzierungen auf den unterschiedlichen Planungsebenen zur Kenntnis nehmen und angemessen behandeln zu können 3 . I m folgenden ist zunächst der allgemeine Entwicklungsgedanke gerafft zu skizzieren (I); daran anschließend sind die entwicklungsplanerischen Ansätze i n der räumlichen Planung, ebenfalls beschränkt auf einen Überblick, darzustellen (II); die kaum noch zu übersehende Literatur und Vorschläge können dabei nicht annähernd erschöpfend ausgebreitet werden. I. 1. I m Entwicklungsgedanken konvergieren eine Reihe von locker untereinander i n Beziehung stehender Postulate an eine moderne Planung. Als ihr gemeinsamer Nenner kann die Steigerung der (gesellschafts)gestaltenden K r a f t und der Problemverarbeitungskapazität der Planung, insbesondere durch verbesserte Koordination und Integration von Planungs- und Aufgabenbereichen gelten. Entwicklung' als Generaltenor dieser Bestrebungen ist dabei i m Sinne des englischen »development', also transitiv interpretiert 4 . Die einzelnen Postulate unterscheiden sich vor allem durch ihre unterschiedliche Stoßrichtung i n der argumentativen Abgrenzung gegenüber den vorgefundenen Planungen, also durch ihren unterschiedlichen polemischen' Gehalt, der i n der folgenden Gegenüberstellung stichwortartig umrissen wird. Entwicklungsplanung ist danach oder soll sein: — nicht bloß Auffang- oder Anpassungsplanung, sondern gesellschaftsgestaltende und -verändernde 5, aktiv steuernde Planung, 3 Vgl. dazu die Ausführungen u n d das Schaubild über die unterschiedliche Verteilung der Planungsfunktionen auf die Verwaltungsebenen bei Laux, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 87 u. Thormählen, Integrierte Regionale Entwicklungsplanung, S. 208. 4 Alb er s, Art.,Stadtentwicklungsplanung 4 , H R R Bd. 3 Sp. 3202. δ Der Ausdruck ,Auffangplanung' ist eine Übersetzung des amerikanischen Begriffs der »adaptive planning 4 bei J. Friedmann, Regional Development i n Post-Industrial-Society, Journal of the American Institute of Planners, vol. X X X (1964), S. 86. I m Deutschen ist er vor allem bekannt geworden durch die — auch i n der Sache — richtungsweisenden Aufsätze v o n G. Albers, V o m Fluchtlinienplan z u m Stadtentwicklungsplan, A f K Bd. 6 (1967), S. 192 ff., 199, 205 u n d ders., Über das Wesen der räumlichen Planung. V e r such einer Standortbestimmung, Stadtbauwelt 21, 1969, S. 10 ff., vgl. auch Feußner / Wagner, Anpassungsplanung — Entwicklungsplanung, Raum u n d Siedlung, 1969, S. 220 ff.; Friaui, i n : v. Münch (Hrsg.), Besonderes V e r w a l tungsrecht, 4. A u f l . S. 524; Badura, i n : FS W. Weber, S. 913; gegen diese Kennzeichnung der Landesplanung aus der Sicht der Praxis ζ. B. Lowinski, i n : Eildienst Landkreistag N W 1975, S. 176. — Z u r gestalterischen K r a f t der geforderten Entwicklungsplanung, Jochimsen, Erfordernisse der Raumentwicklungsplanung, S. 25; Weyl, Stadtbauwelt 33, 1972, S. 13 f.; Albers, A f K Bd. 6 (1967), S. 203 ff., Entwicklungsplanung als Steuerung sozialökonomischer Prozesse.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
— n i c h t b l o ß Negativ-,
Freihalte-
oder Begrenzungsplanung,
sondern
Positivplanung e, — n i c h t b l o ß Bereitstellungsplanung, m e n t a r i u m auch a u f Verwirklichung
7
sondern durch Vollzugsinstruausgehende P l a n u n g ,
— n i c h t b l o ß Zielplanung, s o n d e r n auch d i e zeitliche u n d f i n a n z i e l l e V e r w i r k l i c h u n g sowie die verwaltungsmäßige D u r c h f ü h r u n g m i t umfassende Programm-, Investitionsund Maßnahmeplanung 8. 2. Diese ζ. T . sehr p l a k a t i v e n K e n n z e i c h n u n g e n 9 d e r P o s i t i o n d e r t r a d i t i o n e l l e n r ä u m l i c h e n P l a n u n g u n d d e r G e g e n p o s i t i o n der g e f o r d e r t e n E n t w i c k l u n g s p l a n u n g spiegeln ersichtlich Probleme unterschiedlicher Planungsebenen wider. Wegweisend w a r die Diskussion i m städtebaulichen Bereich; i n i h r entstand angesichts des unübersehbaren Hinterherhinkens der öffentlichen Planung u n d ihres Steuerungsdefizits gegenüber dem expansiven Städtewachst u m u n d der Bodenspekulation das Schlagwort von der Auffang- u n d Anpassungsplanung. I m städtebaulichen Bereich w a r auch der bloße Bereitstellungscharakter der Bauleitplanung augenfällig, bei der die Entscheidungen über das Ob, W a n n u n d Wie der V e r w i r k l i c h u n g der geplanten Ordnung i n der freien Disposition der privaten Bauherren stand, u n d selbst die i m öffentlichen Sektor zu leistenden Verwirklichungs- oder Vorleistungsbeiträge, die Erstellung der Infrastruktureinrichtungen als Voraussetzung der Bebauung, aus dem Flächennutzungsplan als bloßer räumlicher Zielplanung nicht ersichtlich waren. Dieser spezifischen Problematik entsprechend drückte sich der E n t w i c k lungsgedanke auf dieser Planungsebene nicht n u r i n der Forderung nach einer konzeptionell umfassenden Planung, der Stadtentwicklungsplanung, aus, sondern er zielte speziell darauf, planakzessorisches Instrumentarium gegenüber den Privaten i n der A r t der B a u - u n d Modernisierungsgebote oder der Abrißverbote zur Verfügung zu stellen u n d bestimmte Planungen der Gemeinden n u r zuzulassen, w e n n die finanzielle Durchführbarkeit i n nerhalb einer überschaubaren Zeit gesichert ist 1 0 . 6 Z u m Gegensatz Negativ-Positivplanung vgl. die Nachweise oben § 16 Fn. 43; außerdem Brenken, i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, S. 108 f.; Aderhold, Kybernetische Regierungstechnik i n der Demokratie 1973, S. 30. 7 Vgl. z.B. Bielenberg, i n : Theorie u n d Praxis der I n f r a s t r u k t u r p o l i t i k , S. 613 f. — Z u den m i t dem Begriffsgegensatz Bereitstellungsplanung — V e r w i r k l i c h u n g einbeziehende Planung verbundenen Sachproblem Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 167 f., 222 f., 230 ff. 8 K r i t i k an der bisherigen Raumordnung als reiner Zielplanung, Jochimsen, i n : Finanzpolitik u n d Landesentwicklung, S. 62, ders., Z u m A u f b a u u n d Ausbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems u n d Koordinierungssystems der Bundesregierung, B u l l e t i n der Bundesregierung Nr. 97 v o m 16. J u l i 1970, S. 951. 9 Ubersicht über die Umschreibungen der Entwicklungsplanung auch bei Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. 30 ff., u n d Thormahlen, Integrierte Regionale Entwicklungsplanung, S. 17 ff.; vgl. auch die Formel v o n Evers, Das Recht der Raumordnung, S. 27 ff.: V o n der Landnutzungsplanung zur Strukturpolitik.
§19 Landesplanung — Entwicklungsplanung
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Wie i m städtebaulichen Bereich nimmt der allgemeine Entwicklungsgedanke auch auf den anderen Planungsebenen und -bereichen eine spezifische Gestalt an. Zwar werden auch für die zentrale Ebene der geringe autonome Steuerungswille und die ungenügende Steuerungsfähigkeit gerügt und vor allem als »Blässe* der traditionellen Raumordnung kritisiert, daß ihre Ende-offen-Zielplanungen völlig ungeregelt ließen, wann, von wem und wodurch sie erfüllt werden 1 1 . I m Blickpunkt stehen jedoch hier die inner administrativ verursachten und als solche auch wahrgenommenen Probleme der Pluralität der Planungen. I n der ersten Phase des als ,Tochter der Krise 4 (Kaiser) 12 i n den Rezessionsjahren 1966/67 entstandenen neuen Planungsbewußtseins dominierten (global)wirtschaftspolitische Planungsinstrumentarien, darunter als folgenreichstes für den öffentlichen Sektor die mittelfristige Finanzplanung. Zusammen m i t den gleichfalls intensivierten und i n strumentell ausgeformten Investitionsplanungen der Fachressorts und der regionalen Wirtschaftsförderung war so i n kurzer Zeit anstelle der bisher nahezu konkurrenzlosen Planart der Raumplanung ein Bündel voneinander unabhängiger Planungen vorhanden oder i m Entstehen: Aussagen über räumliche Ziele standen unverbunden neben der Planung der der Zielverwirklichung dienenden Infrastruktureinrichtungen, und beide waren nicht abgestimmt m i t den budgetären Entscheidungsprozessen der Finanz- und Haushaltsplanung. Vor allem konnte der bisher faktisch schwache Einfluß räumlicher Ziele auf die Vergabe strukturwirksamer M i t t e l 1 3 nicht ohne die Ausbildung integrierter Handlungsformen gesteigert werden. 3. M i t einer inneren Folgerichtigkeit artikulierte sich der dem Planungsdenken immanente Ausgriff auf die Erfassung immer weiterer sachlicher Interdependenzen i n den Forderungen nach der Integration der Faktoren (oder Dimensionen) Raum, Zeit und Finanzen und nach der Zusammenführung von (Ziel)Planung und zumindest der Programmplanung und Finanzierung, wenn nicht auch der Durchführung i n der Kompetenz jeweils eines administrativen Trägers — so die für die verwaltungswissenschaftliche und -politische Diskussion zum ein10
Vgl. dazu ursprünglich die §§ 19 ff. Städtebauförderungsgesetz 1971, die jetzt i n die §§ 3 9 b - h B B a u G 1976 übernommen worden sind. Der Steuer u n g der Planverwirklichung i m Sinne einer zeitlichen A b s t i m m u n g zwischen baulicher Entwicklung u n d Ausbau der Infrastrukturausstattung dient der neugeschaffene § 9 a B B a u G 1976. Grundsätzlich zu diesem positivplanerischen I n s t r u m e n t a r i u m Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 223 ff., 236 ff.; siehe auch Bielenberg, i n : Raumplanung — E n t wicklungsplanung, S. 60 ff. 11 Wagener, DVB1. 1970, S. 94 m i t Fn. 10. 12 I n : Planung I I I , S. 7. 18 Vgl. oben § 16 I I I .
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
flußreichen Stichwort gewordenen Formeln von Frido Wagener 1*. Hervorzuheben, w e i l aus der Kurzformel nicht unmittelbar abzulesen, ist dabei, daß dieser Ansatz der integrierten Entwicklungsplanung 4 nicht mehr primär auf dem Raumbezug von Investitionen und Maßnahmen aufbaut, sondern sich i m Blickpunkt auf die Lebensbedingungen und die -qualität der Bevölkerung und einzelner Gruppen an gesellschaftspolitischen Leistungszielen orientiert. Außerdem — und auch diese Differenzierung geht häufig i n allgemein bleibenden Postulaten unter — w i r d zumeist nicht nur eine Integration der räumlichen Planung und der vergleichsweise pauschal bleibenden mittelfristigen Finanzplanung angestrebt, sondern darüber hinausgehend die Integration m i t der detaillierten, w e i l regelmäßig schon projektbezogenen Investitionsplanung. Bei Wagener sind auch schon zu Beginn der Diskussion die weitreichenden verändernden Folgerungen dieses entwicklungsplanerischen Ansatzes für die Grundgliederung der Verwaltung und den Aufbau von planerischen Zusammenhängen ausdrücklich gezogen. Konstituiert die Zusammenführung von Planung — Entscheidung — Finanzierung — Durchführimg und Kontrolle die inhaltliche Substanz eines administrativen Trägers i m Zeichen der Entwicklungsplanung, dann müssen alle Haupteinheiten öffentlicher Verwaltung m i t diesen Bausteinen einer Entwicklungsplanung ausgestattet sein oder werden: Das Postulat der Entwicklungsplanung w i r d zum Maßstab der K r i t i k des Verwaltungsund Planungsaufbaus 15 ; als Schwachstellen wegen ihrer unzureichenden aufgabenmäßigen Ausstattung i m 5stufigen Verwaltungssystem von Bund, Ländern, Bezirksregierungen/Regionen, Kreisen und Gemeinden erweisen sich vor allem die Kreise und die wenig transparente Ebene der Regionalverbände/Regierungsbezirke. Der ,Neubau der Verwaltung 4 findet demgegenüber seinen Abschluß i n einem administrativen Gesamtsystem, i n dem jede der 5 Hauptebenen der öffentlichen Verwaltung eine rechtlich geordnete Kompetenz für die Entwicklungsplanung erhält 1 6 ; inhaltlich sollen sich jedoch die — je einen Abschnitt 14 Vgl. den programmatischen Aufsatz: V o n der Raumplanung zur E n t wicklungsplanung, DVB1. 1970, S. 93 ff., dessen T i t e l sich nicht zufällig m i t einem der Leitsätze des Nordrhein-Westfalen-Programms 1975 deckt (s. N W P 75 Ziff. 1.2, S. 2), dessen Ausarbeitung Wagener als Leiter des Beraterstabs beim Ministerpräsidenten maßgeblich beeinflußt hat; dazu Wagener, i n : Jahrbuch 1970 des Landesamts f ü r Forschung, S. 475 ff.- ders., i n : Gesellschaftlicher Wandel u n d politische Innovation, PVS Sonderheft 4, 1972, S. 95 ff.; ders., A f K 9 (1970), S. 47 ff.; ders., i n : Raumordnung u n d I n f r a s t r u k turplanung, 1972, S. 26 ff. 15 I n dieser F u n k t i o n sieht Schmidt-Aßmann derzeit eher das Verdienst des Entwicklungsgedankens als i n den bisher vorhandenen Ansätzen zur i n strumentalen Ausprägung, Der Ausbau der Kreisplanung i n Stufen, DVB1. 1975, S. 6.
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Flächennutzung, Aufgabenplanung u n d Ressourcenplanung enthaltend e n — E n t w i c k l u n g s p r o g r a m m e d e r e i n z e l n e n E b e n e n i n i h r e r Regel u n g s i n t e n s i t ä t u n d i n d e r spezifischen B e t o n u n g des r ä u m l i c h e n , f i n a n z i e l l e n oder a u f g a b e n p l a n e r i s c h e n A s p e k t s unterscheiden. U n g e a c h t e t dieser ebenenspezifischen D i f f e r e n z i e r u n g e n i m p l i z i e r e n d i e — o f f e n f o r m u l i e r t e n , doch h o h e n E r w a r t u n g e n nach umfassender I n t e g r a t i o n 1 7 verpflichteten — Vorschläge Wageners die A b l ö s u n g der traditionellen räumlichen Planung durch die zu i h r e m Gegenbild stilisierte E n t w i c k l u n g s p l a n u n g . Sie lassen d a m i t aber n i c h t n u r d i e t r a d i t i o n e l l e L a n d e s p l a n u n g u n d d i e d e r z e i t i g e P l a n u n g s w i r k l i c h k e i t , sond e r n auch das L a n d e s p l a n u n g s r e c h t s a m t seinen r e c h t l i c h gesicherten I n s t r u m e n t a r i e n u n d seinen R e g e l n ü b e r das P l a n u n g s s y s t e m h i n t e r s i c h 1 8 . D a ß d a m i t m e h r als n u r beengende rechtliche F o r m e n 1 9 , s o n d e r n i m Gegenteil unerläßliche Voraussetzungen der V e r w i r k l i c h u n g der K o n z e p t e aufgegeben w e r d e n sollen, ist eines d e r Ergebnisse d e r E n t w i c k l u n g i n der P r a x i s i n d e n l e t z t e n J a h r e n (dazu u n t e n I I ) u n d der dabei gewonnenen Einsichten. 4. Das K o n z e p t W a g e n e r s i s t h i e r gesondert w i e d e r g e g e b e n w o r d e n , w e i l es d i e D y n a m i k des E n t w i c k l u n g s g e d a n k e n s u n d seine w e i t r e i 18 Diesen schon i m erwähnten Aufsatz i n DVB1. 1970 S. 95 angedeuteten Gedanken hat Wagener inzwischen ausgebaut, i n : Raumplanung — E n t w i c k lungsplanung, S. 51 ff. u n d v o r allem neuerdings ders., i n : Politikverflechtung i n Bund, Ländern u n d Gemeinden, 1975, S. 154 ff. 17 Z w a r hat Wagener wiederholt u n d nochmals m i t Nachdruck i n : P o l i t i k verflechtung, S. 158 f., 160 f. herausgestellt, daß Entwicklungsplanung nach seinem Konzept nicht die Dichte, Regelungsintensität, den langfristigen Zeithorizont, die Z a h l der Einflußgrößen w i e die Fachplanungen u n d die raumbezogene Landesplanung haben dürfe. Die (Integrations) Anforderungen an eine einigermaßen gehaltvolle Entwicklungsplanung bleiben jedoch sehr beträchtlich. 18 Wageners Vorschlag eines Planungsgrundsätzegesetzes i n : P o l i t i k v e r flechtung S. 157 ff. f ü r die verschiedenen Ebenen der Entwicklungsplanung ist deshalb innerhalb seines Ansatzes unerläßlich, k a n n aber trotzdem nicht die entstehende rechtliche Lücke ausfüllen, die das Beiseiteschieben des L a n desplanungsrechts aufreißt. Mangels Ausarbeitung der konkreten sachlichen Gehalte des entwicklungsplanerischen Instrumentariums auf den einzelnen Ebenen k a n n es auch rechtlich nicht strukturiert u n d abgesichert werden. Nach der Konzeption Wageners findet die Entwicklungsplanung zwar nicht i m rechtsfreien R a u m statt, aber die (verfassungs)rechtlichen Probleme der Konstituierung u n d Regelung des Planungssystems sind deutlich u n t e r schätzt, vor allem aber das rechtliche Gerüst der Landesplanungsgesetze nicht ausreichend gewürdigt. 19 Vgl. dazu die bezeichnende Bemerkung v o n Wagener i n DVB1. 1970, S. 94, nach der das System des Planungsrechts die räumliche Planung i n einem n u r noch wenig zukunftsgeeigneten Entwicklungsstand f i x i e r t habe, »verdorrende Zweige' a m Planungsbaum i n die F o r m v o n Spalierobst gezwungen habe, während die Entwicklungsplanung m i t i h r e r rechtlichen Ungebundenheit überall ,hervorsprieße' u n d vernachlässigte I n i t i a t i v a u f g a ben programmiere.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
chenden Implikationen i n einem Modell exemplarisch verdeutlicht. Seine Auffassung von der eigenständigen Rolle und den spezifischen I n strumentarien der Entwicklungsplanung, die die raumbezogene Landesplanung grundsätzlich ablöst oder i h r zumindest entschieden vorgeordnet ist, steht nicht allein 2 0 . I m Laufe der letzten Jahre haben jedoch Gegenpositionen zunehmend an Gewicht gewonnen. A u f ihre beträchtlichen Differenzierungen untereinander braucht hier u m so weniger eingegangen zu werden, als Battis 21 ausführlich den mühevollen Versuch unternommen hat, die verschiedenen Auffassungen auch i m Schwanken der Formulierungen zu erfassen und zu gruppieren. Das hohe Anspruchsniveau, das die Absicht der umfassenden Integration 2 2 i n einem eigenständigen Plantyp setzt, kann zurückgenommen werden zum einen durch Relativierung oder Aufgabe des Elements der Integration zugunsten eines Verständnisses der Entwicklungsplanung als ,Planung der Planung 4 oder als eines planungsorganisatorischen Erklärungsmodells 23 . Eine derart auf die Koordination von Planungen angelegte Entwicklungsplanung 2 4 kann definitionsmäßig das i n spezifischen Instrumenten ausformulierte landesplanerische Planungssystem nicht ersetzen. Nichts anderes gilt für die Auffassung, daß sich Entwicklungsplanung i n absehbarer Zeit instrumental nur i n der lockeren Form eines variationsfähigen »Programms 4 niederschlagen kann und die verdichtete Form der Integration i n und durch einen Plan nicht erreichen kann — eine Auffassung, die i m Bereich der Stadtentwick20
Ebenso Weyl, Informationen 1969, S. 469 ff.; ders., Stadtbauwelt 33, 1972, S. 13ff.; Mäding, i n : Planung V, S. 532 (für die kommunale Ebene); Bielenberg, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 64 f. (dort zwar Möglichkeit u n d Zweckmäßigkeit einer integrierten Entwicklungsplanung auf der übergeordneten Ebene noch als offene Frage bezeichnet, nach dem Gesamtduktus des Aufsatzes inzident w o h l bejaht); den f ü r den A b l a u f der Diskussion zur Entwicklungsplanung typischen Meinungswandel von Bielenberg weist Battis, Rechtsfragen zum Bundesraumordnungsprogramm, JZ 1976, S. 75 f., nach. — Neuerdings hat die Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Gutachten, S. 339 (Kap. V I , Tz. 118) den Vorschlag aufgegriffen, alle staatlichen Ebenen gesetzlich zu verpflichten, eine integrierte Entwicklungsplanung aufzustellen. 21 Vgl. vorherige Anmerkung. 22 E i n breites Spektrum v o n Β edeutungsVariationen eröffnet i m übrigen schon das L e i t b i l d der Integration; denn Integration v o n raumbedeutsamen Maßnahmen k a n n i m m e r n u r eine relative sein, so zu Recht Thormählen, Integrierte Regionale Entwicklungsplanung, S. 4, 24 - 28. 23 Z u diesen Kennzeichnungen vgl. einerseits Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung S. 8 f. Der Ausdruck ist vor allem von R. Jochimsen i m Zusammenhang m i t der Aufgabenplanung geprägt worden, vgl. Jochimsen, Z u m A u f b a u u n d Ausbau, B u l l e t i n Nr. 97 v. 16. J u l i 1970, S. 952; andererseits Laux, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 89. 24 Z u m alternativen Verständnis der (Stadt)Entwicklungsplanung als K o ordination oder als Integration v o n Planungen vgl. Schmidt-Aßmann, in: Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 105 (mit zahlreichen L i t e r a t u r nachweisen); ders., i n : DVB1. 1975, S. 6.
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lungsplanung i m Schrifttum 2 5 zunehmend verbreitet ist und ersichtlich auch die gesetzgeberische Praxis bei der Novellierung des Bundesbaugesetzes bestimmt hat 2 6 . A u f der kommunalen Ebene deutet sich auch eine höchst bemerkenswerte Renaissance i n der Wertschätzung der traditionell negativplanerischen Instrumente (in Verbindung m i t den gemäßigt aktivplanerischen Elementen der §§ 39 a ff. BBauG 1976) an: bei schrumpfenden Ressourcen gewinnen die „nicht ausgabenverursachenden Instrumente der Gestattung und Verbote i m Bereich der Bodennutzung" wieder an A t t r a k t i v i t ä t 2 7 . Z u einem guten Teil erweist sich die K o n j u n k t u r 4 des Entwicklungsgedankens als phasengleich und prozyklisch zu den — inzwischen als unrealistisch hoch eingeschätzten — Wachstumserwartungen am Ende der 60er Jahre. Seit der Energie- und (Weltwirtschaftskrise nach 1973 haben sich jedoch nicht nur die Wachstumsraten und die -hoffnungen deutlich abgeschwächt, sondern seit diesem grundlegenden Einschnitt scheint sich die zentrale politische Problemsituation auf das wirtschaftspolitische Politikfeld und insbesondere auf den Bereich der sektoralen Wirtschaftspolitik zu verlagern. Die Entwicklungsplanung m i t ihrer starken Verwurzelung i m Infrastrukturbereich ist dadurch aus dem Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gerückt 2 8 . A u f der anderen Seite — und darin liegt auch unter diesen veränderten Bedingungen die bleibende Bedeutung des Entwicklungsgedankens — steigt gerade unter dem Druck der Finanzknappheit die Notwendigkeit, durch verbesserte Koordination und Integration zwischen Sach- und Finanzprogrammen die Rationalität und Effektivität des öffentlichen Handelns zu steigern. Die hohen Ansprüche sind zum anderen auch zurückgenommen i n Auffassungen, die vom Verzicht auf einen eigenständigen neuen Plantyp ausgehen und den schrittweisen Aufbau von Integrationsleistungen aus den vorhandenen Planungsarten heraus propagieren 29 . Es liegt 25
Ausdrücklich so Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung, S. 7 - 9 ; i n Frageform gekleidete Skepsis gegenüber Integrationsvorstellungen bei Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 6; vgl. auch Rietdorf, Referat auf dem 50. DJT, Verhandlungen des 50. DJT, Bd. 2 T e i l I, S. 29. 26 Dazu Battis, Rechtsfragen zum Bundesraumordnungsprogramm, J Z 1976, S. 73 ff. m. w. Nachw. u n d jetzt § 1 V B B a u G 1976. 27 So die aufschlußreiche u n d zutreffende Beurteilung bei Hob erg, Stadtentwicklung unter den Bedingungen der Stagnation, Stadtbauwelt 47, 1975, S. 151. 28 Dazu unten § 31 I I 1. 29 Vgl. dazu Brenken, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 155 ff.; ders., i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, S. 102 ff.; Niemeier, in: Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 12 -16. Vgl. auch Ernst, i n : B u n desraumordnungspolitik u n d Bundesraumordnungsprogramm, S. 19 f. Siehe auch unten I I 2. 17 W a h l ι
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
auf der Hand, daß sich diese Auffassungen vor allem i n Vorschlägen von Praktikern der Landesplanung inhaltlich i n einem breiten Spekt r u m zwischen äußerst zurückhaltenden und sehr entschiedenen Entwicklungsabsichten niederschlagen. I m Grenzfall erreicht dann auch ein Konzept dieser B edeutungsvariante des Entwicklungsgedankens, z.B. die von Molter 30 vorgeschlagene Umformung der Finanzplanung zu einer gesamtstaatlichen raumordnungsgerechten Finanzplanung ein überhöhtes Anspruchsniveau. A u f Einzelheiten i n der Praxis entwickelter Vorstellungen ist unten (II.) zurückzukommen. Der Entwicklungsgedanke ist hier inhaltlich nicht weiter aufzufächern, dies u m so weniger, als sich die theoretische Diskussion i n den letzten Jahren zu oft i n inhaltlich kaum konturierten Optimalmodellen, i m bloßen Systemdesign, niedergeschlagen hat und die — objektiv damals wie heute berechtigten — Forderungen nach verstärkter Koordination und Integration staatlichen Handelns teilweise i m Stile einer Uberbietungskonkurrenz artikuliert wurden. Der Ablauf des ersten Zyklus der Planungsdiskussion hat die Skepsis gegenüber glatten Systemmodellen ebenso eindrucksvoll bestätigt wie die systemtheoretische Grundeinsicht, daß die Bewältigung von umfassenden Interdependenzen und von hochdifferenzierten Handlungszusammenhängen eine hohe Eigenkomplexität der Organisationsstrukturen, Verfahren und Instrumente voraussetzt. Entwicklungsplanerische Gesamtmodelle ,einfacher', i n wenigen Strichen zu zeichnender Struktur müssen deshalb als W i derspruch i n sich verstanden werden. Die wichtige innovatorische Funktion von konzeptionellen Modellentwürfen w i r d erst eingelöst, wenn der sachliche Gehalt einer Planung, die instrumentelle Ausformung, die verfahrensmäßige Gliederimg des Planungsprozesses i n den Grundzügen umschrieben 31 sowie die vielfältigen Restriktionen der Planung innerhalb der speziellen Verwaltungseinheit und i m administrativen Gesamtsystem sowie i m Verhältnis zum differenzierten Umfeld der Verwaltung berücksichtigt werden 3 2 . 30
D. Molter, Raumordnung u n d Finanzplanung 1975, T e i l 2. Daß die Anforderungen nicht n u r von einigen theoretischen »Modellbauern 4 nicht eingehalten werden, zeigen die Stellungnahmen auf dem u n d i m Umkreis des 50. D J T : Die Blässe der Aussagen u n d Lösungsangebote f ü r die Entwicklungsplanung beruht hier keineswegs auf einem Überangebot an Konzepten, sondern auf dem Mangel an Konkretheit u n d dem Verzicht auf eine Auseinandersetzung m i t dem vorhandenen Landesplanungsrecht. Zutreffend die K r i t i k v o n Hosch i n seinem Diskussionsbeitrag (Verhandlungen des 50. D J T , Bd. 2, T e i l I, S. 155): Was mich als Landesplaner bedrückt, ist, daß konsequent an der Raumordnung u n d Landesplanung vorbeidiskutiert w i r d ; vgl. auch Brenken, ebd., S. 63. 32 Beispielhaft f ü r die kommunale Entwicklungsplanung v o n J. J. Hesse, Z u m Stand der kommunalen Entwicklungsplanung, A f K 14 (1975), S. 279 ff. Der i n der Politikwissenschaft gebräuchliche Begriff der Restriktionen ist dabei problematisch, w e i l er i m Ansatz die theoretische Möglichkeit eines 31
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II. 1. Die unterschiedliche Aufnahme entwicklungsplanerischer A n sätze hat die Planungssysteme und das Planungsrecht der einzelnen Länder noch uneinheitlicher werden lassen, als sie schon i n der davorliegenden Entwicklungsphase waren, und insbesondere i n der Planungspraxis sehr unterschiedliche Intensitäts- und Integrationsgrade der Planung bewirkt. Diese Situation kann jedoch nicht unmittelbar an den Landesplanungsgesetzen abgelesen werden, denn sie haben sich bisher weit mehr am Begriff der Landesentwicklung begeistert, als den Gedanken selbst instrumental bewältigt 3 3 . Diese Beurteilung gilt um so mehr, als ein erheblicher Teil des neuen entwicklungsplanerisch motivierten Instrumentariums überhaupt außerhalb und unabhängig von der gesetzlich ausgeformten Landesplanung entwickelt worden ist; aber auch dabei darf nicht übersehen werden, daß die instrumenteile Ausprägung des Entwicklungsgedankens bisher sehr viel bescheidener ausgefallen ist, als es die Grundsatzdiskussion und die abstrakten Konzepte hätten erwarten lassen können. I m Sinne des an dieser Stelle allein interessierenden generellen Überblicks lassen sich die grundsätzlichen Alternativen i m Verhältnis von traditioneller Landesplanung und Entwicklungsgedanken i n der von Wagener u anhand von ausführlichen Ländervergleichen erarbeiteten Typologie wiedergeben, die den Stand der Planung i n der 1. Hälfte der 70er Jahre repräsentiert: Danach gibt es ,restriktionsfreien* Handelns impliziert, anstatt v o n vornherein Planung u n ter den Bedingungen eines gegliederten Verwaltungssystems i n einer k o n kreten U m w e l t zu analysieren. 33 So zu Recht Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 12, auch S. 6. Der terminologische Wandel ist zudem z . T . v o r u n d unabhängig von der eigentlichen Entwicklungsplanungsdiskussion vorgenommen worden, da schon das LP1G N W 1962 die Begriffe Landesentwicklungsprogramm u n d - p l a n sowie Gebietsentwicklungsplan enthielt u n d m i t den beiden ersteren auch n u r die Bezeichnungen der Praxis der 50er Jahre kodifizierte, vgl. dazu die Ausführungen v o n M i n D i r i g . Dr. Ley u n d M i n R a t Dr. Seeger vor dem n w L a n d tagsausschuß für Landesplanung, 3. WP, 8. Sitzung v o m 17. Januar 1957 (Dok. LP1G 1962, S. 11 ff., 20 ff.). — Der Begriff Entwicklungsplan taucht schon i m sog. Merseburger Planungsatlas auf, siehe Pfannschmidt, in: Raumordnung u n d Landesplanung i m 20. Jahrh., S. 28 und Umlauf, Landesplanung S. 53. Er ist auch enthalten i n den Vorschlägen der Arbeitsgemeinschaft der Landesplaner i n : Landesplanung — Begriffe u n d Richtlinien 1953, Ziff. I 2 u n d 3, vgl. Umlauf, Landesplanung S. 160, 163. 34 I n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 34 ff., Zusammenfassung S. 42; ders. y i n : Politikverflechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, S. 138 ff., Zusammenfassung S. 141 f. Diese Ubersichten sind durch neue E n t wicklungen i m Jahre 1975 p a r t i e l l überholt. Neueres Material enthalten die Länderberichte u n d Referate zur Speyerer Herbsttagung 1975 über: K o o r d i nation u n d integrierte Planung i n den Staatskanzleien, 1976. Vgl. auch die — nicht immer zuverlässige — Übersicht bei R. Waterkamp, Politische Leitung u n d Systemveränderung, S. 209 ff. Geraffte Überblicke enthalten auch Niemeier, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 12 - 1 7 ; Erbguth, L a n desplanungsrecht, S. 199 ff. u n d Raumordnungsbericht 1974 der Bundesregierung, S. 109 f. 17*
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
— Länder, die sich i m wesentlichen m i t der raumbezogenen landesplanerischen Planung und der unverbunden danebenstehenden F i nanzplanung begnügen, so — bei Unterschieden i m einzelnen — Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein. Ansätze zum Übergang zu einer integrierten Entwicklungsplanung sind auch hier festzustellen 35 . Interesse verdient insbesondere die Absicht i n Rheinland-Pfalz 36 , die Angaben über den langfristigen Ausbau der Infrastruktur i m Landesentwicklungsprogramm u m die Darstellung der besonders dringenden und deshalb Priorität genießenden Maßnahmen zu ergänzen, die durch die mittelfristige Finanzplanung gesichert sind. — „Länder, i n denen zur Finanzplanung eine ressortübergreifende Entwicklungsplanung (räum-, zeit- und ressourcenbezogen) hinzugetreten ist, wobei die Entwicklungsplanung (zumindest i m Ansatz) den Vorrang gegenüber der Finanzplanung erreicht hat. Die Entwicklungsplanung und die Landesplanung stehen auch organisatorisch noch verhältnismäßig unverbunden nebeneinander" — so i n Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen 37 , i n Zukunft eventuell auch i m Saarland 38 . — Drittens gibt es das hessische Planungssystem „als das einzige Planungssystem, bei dem die integrierte Entwicklungsplanung gleichzeitig Landesplanung ist und einen (zumindest theoretischen) Vorrang vor der Finanzplanung hat". 35 Dazu über die bei Wagener angeführten Nachweise hinaus: Baden-Württemberg: Konkretisierung der Investitionsprogramme der mittelfristigen Finanzplanung, L T - D r s . 6/4490 (Versuch einer ersten Verzahnung der aus der Finanzplanung abgeleiteten Investitionsprogramme m i t dem Landesentwicklungsplan; i m übrigen werden Langfristplanung u n d umfassende Integration abgelehnt, dazu unten § 20). Umfangreiches Material enthält jetzt auch der Landesentwicklungsbericht Baden-Württemberg 1975, Bd. 1, S. 132-137; Bd. 2, S. 11 - 13, 18 f., 133 - 135. — Bayern: Landesentwicklungsprogramm E n t w u r f 1974 T e i l D I u n d I I m i t globalen und regionalisierten Investitionsplanungen als T e i l der Begründung. 36 Rheinland-Pfalz: ROB 1971 der Landesreg., S. 114 f., ROB 1973 der Landesregierung, Einleitung, S. 5 u n d 76; Landesbericht Rheinland-Pfalz zur Speyerer Herbsttagung 1975, ROB 1975 der Landesregierung, S. 88 f. 37 Die Situation i n Nordrhein-Westfalen u n d Niedersachsen ist derzeit nicht v o l l überschaubar. I n N W ist der Schlußbericht zum N W P 75 M i t t e 1977 i m m e r noch nicht veröffentlicht. Entgegen ursprünglichen A n k ü n d i g u n gen w i r d das N W P 75 auch keinen vergleichbaren Nachfolger erhalten. Näheres dazu unten § 31 I I . Niedersachsen beabsichtigt dagegen eine F o r t schreibung des Landes-Entwicklungsprogramms; das neue Programm, das auf den Z e i t r a u m bis 1990 bezogen sein w i r d , soll bis Ende 1977/Anfang 1978 vorliegen (lt. A u s k u n f t aus der niedersächsischen Staatskanzlei). 88 Das Saarland w i l l einen eigenständigen Landesentwicklungsplan erstellen, der als spezifiziertes koordiniertes Handlungsprogramm neben den Raumordnungsplan allgemeiner u n d besonderer T e i l treten soll, vgl. dazu unten § 20.
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2. Der sachlich-planerisch und rechtlich grundlegende Unterschied zwischen den einzelnen Ländern besteht darin, ob die m i t Entwicklungsgedanken verbundenen integrierenden Absichten i m Rahmen des landesplanerischen Planungssystems verfaßt werden oder ob sie sich i n einem eigenständigen Planungsinstrument, wie i m Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 (NWP 75 39 ) und dem Landesentwicklungsprogramm Niedersachsen '85, niederschlagen. Beim zweiten Weg bedeutet die Eigenständigkeit gegenüber der traditionellen Landesplanung zugleich auch die Distanz und Abstinenz gegenüber deren rechtlicher Ordnung, noch mehr: überhaupt Planung außerhalb rechtlicher Verfahren, Formen und Bindungswirkungen. Für das NWP 75 als ressortübergreifendem mittelfristigem Handlungsplan der Landesregierung gab es keine spezielle gesetzliche Grundlage, sein Inhalt als 5jährige Aufgabenplanung für das gesamte Landesgebiet einschließlich einer finanziellen Planung für etwa 30 % des Haushaltsvolumens war rechtlich nicht vorgegeben, das Verfahren der Aufstellung war ungeregelt 40 . Die darin liegenden Vorzüge der Flexibilität der Planung zeigten sich auch i n der Frage der Bindung: Wirkung erhielt das Programm durch Kabinettsbeschluß und — nach bekanntem problematischen nordrhein-westfälischen Vorbild — behördeninterne Verbindlichkeit durch Runderlaß; Abweichungen bedürfen eines ausdrücklichen Kabinettsbeschlusses 41 .
39 Z u m N W P 75 vgl. außer den Nachweisen oben i n Fn. 34: Landesregier u n g NW, Halbzeitbericht Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, 1973, 8. Bericht der Landesregierung N W gem. § 24 LP1G 1962, S. 29 f.; 9. Bericht, S. 9 f.; der Landesentwicklungsbericht 1974 erwähnt das N W P 75 nicht mehr. Aus der L i t e r a t u r : Halstenberg, Demokratische Gemeinde 1970, S. 309 312; Berkenhoff, Städte- u n d Gemeinderat 1972, S. 334-338; H.-J. Heuer (Hrsg.), Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, Eine Zwischenbilanz 1973; Niemeier, Das N W P 1975, Koordination oder Einvernehmen der Gemeinden?, Stadtbauwelt 39, 1973, S. 224 f.; H.-W. Lauffs/W. Zühlke, Politische Planung i m Ruhrgebiet, 1976, insbes. S. 49 ff., 87, 123 ff. 40 Vgl. dazu die oben zitierten Aufsätze v o n Wagener (Fn. 34) u n d dazu kritisch u n d unter umfassenden politikwissenschaftlichen Aspekten H. Häußermann, Die administrative Organisation als Problem politischer I n n o v a tion, Leviathan 1974, 233 ff. Nach der Zusammenfassung von Wagener i n : Gesellschaftlicher Wandel u n d politische Innovation, S. 108 f., sind bei der Ausarbeitung des N W P 75 bei w e i t e m am stärksten die Ressorts u n d die F ü h r u n g der Staatskanzlei sowie die Landesregierung beteiligt gewesen, dagegen sind die kommunalen Spitzen verbände, die Landesplanungsdienststellen u n d die Regierungspräsidien i m Vergleich zum Gesamtumfang der planerischen Festlegungen i n relativ geringer Intensität beteiligt gewesen. Ausführlich u n d materialreich sind die Erarbeitungs- u n d Beteiligungsverfahren beim N W P 75 einerseits u n d bei der Gebietsentwicklungsplanung des SVR andererseits gegenübergestellt bei Lauff s ! Zühlke, Politische Planung i m Ruhrgebiet, S. 123 ff., 141 ff., m i t Übersichten S. 124 u. 129 ff. 41 Vgl. 9. Bericht der LReg. N W , S. 9 u n d Runderlaß des Ministerpräsidenten v o m 7. A p r i l 1970 über das Nordrhein-Westfalen-Programm (NWP 75), (MB1 S. 807).
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Daß das NWP 75 außerhalb des Landesplanungsgesetzes entwickelt worden ist, zeigt sich inhaltlich vor allem darin, daß seine Aussagen keine ,Ziele der Raumordnung und Landesplanung' enthalten. Damit kann ihnen auch keine rechtliche Bindungskraft gegenüber den Gemeinden zukommen, was ja auch nicht nachteilig oder auffällig wäre, wenn sich das Programm tatsächlich auf einen Handlungsplan der Regierung und der Staatsverwaltung beschränken würde. Aber dies widerlegt schon der Runderlaß des Ministerpräsidenten 42 ; danach enthält das NWP 75 ,Empfehlungen' an die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie an die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, m i t ihren Entscheidungen das Programm zu verwirklichen. Außerdem liegen die sachlich-planerischen Vorzüge des Programms u. a. gerade darin, daß es i m bisherigen Gestrüpp der Zweckzuweisungen des Landes an die Gemeinden, i m verbreiteten Bereich der Mischfinanzierung, eine Rationalitätssteigerung durch inhaltliche Programmierung bringt, die Vergabe von strukturwirksamen M i t t e l n i m Einzelfall an konzeptionell abgestimmte Voraussetzungen bindet. Dies gilt sowohl für einzelne Sachbereiche wie den Wohnungsbau, Freizeiteinrichtungen und Sportstätten 43 , wie auch generell für das neue Instrument der Standortprogramme 44 , m i t dem den Gemeinden »empfohlen' wird, für zentrale Standorte Entwicklungsprogramme und Finanzierungspläne m i t mittel- und langfristigem Zielhorizont aufzustellen, wenn sie weiterhin Landesmittel i n den zentralen und für sie lebenswichtigen Bereichen Städtebau, Wohnungsbau, Verkehrswegebau, Industrieansiedlung und Bildungseinrichtungen erhalten wollen. Da selbstverständlich eine Landesregierung ein solches Instrument nicht schafft, u m nur Empfehlungen' gegenüber den die geplanten I n frastruktureinrichtungen erstellenden Gemeinden zu geben, benutzt sie als entscheidendes Steuerungsinstrument den sog. ,Goldenen Zügel' 4 5 . Er schafft intensive faktische Abhängigkeiten und ermöglicht beträchtliche Bindung, er ersetzt rechtliche Vorschriften. Schon i n dieser — für Niedersachsen grundsätzlich auch zutreffenden 4 6 — Skizzierung der relevanten Zusammenhänge erweist sich die 42
Vgl. vorige Fn. 43 N W P 75 z i f f . 5.24, 5.36 i. V . m. Ziff. 5.211, 5.212, 5.22; 6.11, 6.12, 6.23. 44 N W P 75, Ziff. 5.23 u n d Vorläufige Richtlinien über die Aufstellung der Standortprogramme (NWP 75 Nr. 5.23) v o m 14. J u n i 1971 (MB1 1202) siehe jetzt auch § 19 I I I Buchst, a u n d b des Gesetzes zur Landesentwicklung. I m einzelnen dazu unten § 36 Β I I . 45
S. 39.
So ausdrücklich Wagener,
i n : Raumplanung —
Entwicklungsplanung,
46 Das Landesentwicklungsprogramm Niedersachsen 1985 enthält — i n einem umfassenderen Ansatz als i n N W — eine langfristige, flächendekkende, integrierte Planung f ü r alle Aufgaben des Landes, einschließlich einer finanziellen Durchrechnung von A l t e r n a t i v e n m i t dem Z i e l eines Res-
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keineswegs überraschende, allenfalls m i t der offiziellen Selbstdarstellung i m Widerspruch stehende Tatsache, daß auch die Landesentwicklungsplanung (bzw. -politik) der vertikalen Koordination und Integration 4 7 bedarf, daß sie keineswegs nur Eigenplanung des Landes selbst ist oder sein kann. Auch die Landesentwicklungsplanung entgeht nicht den hier ausführlich dargelegten Problemen von Planungssystemen, vor allem nicht der Notwendigkeit, die Planung i n Ebenen auszudifferenzieren und die Einwirkungen der Ebenen aufeinander rechtlich ordnen und kontrollieren zu müssen. Landesentwicklungsplanung darf sich nicht i m rechtsfreien Kaum ansiedeln u n d sich ihre unerläßlichen Steuerungsmöglichkeiten durch den Goldenen Zügel besorgen. Wenn die Zweckzuweisungen des Landes i m Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden schon i m Einzelfall verfassungsrechtlich bedenklich, wenn auch gerade wegen des Einzelfallcharakters verfassungsrechtlich kaum angreifbar sind 4 8 , so gelten diese Bedenken um so mehr gegenüber der instrumentalen Ausdifferenzierung der inhaltlichen Programmierung der Zweckzuweisungen i n Programmteilen des NWP 75 und des Landesentwicklungsprogramms '85. Die i m traditionellen landesplanerischen Planungssystem entwickelten Regeln über das förmliche Planaufstellungsverfahren, die inneradministrative Beteiligung, die Bindungswirkungen und nicht zuletzt über die Beteiligung der Parlamente 4 9 müssen auch hier gelten. Erst i n der rechtlichen sourcenausgleichs. Die Aufgaben sind i n 40 ζ. T. ressortüberschreitende A u f gabenfelder u n d die politischen Zielprojektionen entsprechend sektoral, aber auch regional (bezogen auf 14 Entwicklungsräume), differenziert. Neuestes Material enthält der Landesbericht Niedersachsen sowie Diskussionsbeiträge v o n M i n D i r i g . Kappert, i n : Koordination u n d integrierte Planung i n den Staatskanzleien, S. 319 ff. u n d S. 146 f., 149 f., 151 f., 155 f., dort auch nähere Angaben über die Planerstellung, die ebenfalls n u r informelle u n d partielle Beteiligungen v o n Parlament u n d Gemeinden aufwies; vgl. auch ROB 1974 der Nds. LReg, S. 9, speziell zum Verhältnis L a n d - Gemeinden gilt auch f ü r Niedersachsen, daß das Landesentwicklungsprogramm 85 als ,Orientierungshilfe u n d Informationsquelle* gedacht ist. 47 Roters, Kommunale M i t w i r k u n g , S. 99 ff. u n d 17 ff. Die Notwendigkeit vertikaler Beziehungen i m Rahmen der Entwicklungsplanung bejaht Inzident auch Bielenberg, i n : Raumplanung - Entwicklungsplanung, S. 66 f. (sogar i n der intensiveren F o r m des Planungs Verbunds). 48 Vgl. dazu besonders Gellen, Zweckzuweisungen u n d kommunale Selbstverwaltung. 49 Die Frage der Parlamentsbeteiligung bei der Entwicklungsplanung ist bisher i n Nordrhein-Westfalen u n d i n Niedersachsen v ö l l i g ungeregelt. I m m e r h i n ist die Aufstellung des N W P 75 ohne das Parlament nicht ohne F o l gen geblieben: Die Opposition antwortete m i t dem E n t w u r f eines Planungskontrollgesetz-Entwurfes (LT-Drs. 7/1518 u n d dazu die gutachtlichen Stellungnahmen von Böckenförde, Seeger, Rietdorf u n d Jochimsen, i n : Parlamentarische Kontrolle der Regierungsplanung 1973) u n d der Landtag insgesamt drängte auf eine Verbesserung seiner Stellung i n der Landesplanung durch die Novelle LP1G 1972; diese Bestimmungen w u r d e n jedoch i n dem Maße entwertet, i n dem die inhaltlich wichtigeren entwicklungsplanerischen Programme am Parlament vorbeigelaufen sind.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Verfaßtheit können die sachlich-planerisch begrüßenswerten Integrationsleistungen solcher Programme Bestandteil der Planungspraxis werden. Wenn aber rechtliche Regelungen i n der A r t des landesplanerischen Planungssystems unerläßlich sind, dann verliert die Eigenständigkeit der entwicklungsplanerischen Instrumente ihre Plausibilität; das hessische Beispiel der Einbeziehung auch und gerade einer inhaltlich fortgeschrittenen Entwicklungsplanung i n das landesplanerische System erweist sich als richtig und richtungsweisend. 3. Instrumentale Ausprägung i n rechtlich gesicherter Weise haben die entwicklungsplanerischen Ansätze vor allem i m hessischen Planungssystem gefunden. Wie unten i m 4. Hauptteil (§ 32) noch i m einzelnen darzulegen sein wird, enthält dort der Landesentwicklungsplan die staatlichen Fach- und Investitionsplanungen 50 , und zwar grundsätzlich i n regionalisierter Form, d. h. die fachlichen Projekte sind der Zahl und der finanziellen Größenordnung nach auf die einzelnen Regionen aufgeteilt. I m Rahmen der notwendigerweise ebenfalls entwicklungsplanerisch ausgeformten Regionalplanung werden die einzelnen Standorte der Fachprojekte bestimmt. I n der Form der regionalplanerisch konkretisierten Ziele werden die Festsetzungen zu Zielen der Raumordnung und Landesplanung und nehmen als solche an den allseitigen Bindungswirkungen des landesplanerischen Planungssystems teil. Gerade darin liegt die zentrale rechtliche Relevanz der Integration der Entwicklungsplanung i n das landesplanerische Planungssystem. Dieses Streben der Fachplanungen nach Bindungswirkung ist es auch, das i n Baden-Württemberg und Bayern zu den Instituten der fachlichen
Entwicklungspläne'
und
der
,fachlichen
Programme
und
Pläne' geführt hat 5 1 . I n weniger systematischer Weise als i n Hessen, 50 Z u r herausgehobenen Bedeutung der Infrastrukturinvestitionen als Schnittpunkt zwischen der traditionellen Raumplanung u n d der Finanzplanung Brenken, i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, 113 f.; ders., i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 158, 161 f. 61 §§ 25 ff. LP1G B W ; A r t . 15, 16 LP1G B a y ; bundesrechtlich stützen sich diese Regelungen auf § 5 I 2 ROG. — Diese Ausdifferenzierung von Fachplanungen innerhalb des landesplanerischen Systems als qualifizierte »Entwicklungspläne 4 oder »fachliche Programme u n d Pläne* ermöglicht eine größere Regelungsintensität als die unmittelbare Aufnahme v o n Fachplanungen i n die landesplanerischen Pläne w i e i n Rheinland-Pfalz u n d Niedersachsen, s. §§ 10 I, 12 LP1G Rh-Pf. u n d §§ 4 I I I Buchstabe d, 6 I I Buchstabe e NROG. Bemerkenswert ist die Wahlmöglichkeit i n B W , den Krankenhausbedarfsplan entweder als Fachplan nach Bundesrecht oder als fachlichen Entwicklungsplan nach Landesplanungsrecht aufzustellen, vgl. § 4 I 4 K r a n kenhausG B W v. 16. Dez. 1975 (GBl S. 838). — Erfahrungen m i t diesen fachlichen (Entwicklungs)Plänen liegen noch nicht vor. I n Baden-Württemberg ist der Fachliche Entwicklungsplan ,Kraftwerkstandorte' erlassen worden (Rechtsverordnung v. 6. J u l i 1976 — GBl. S. 545); erschöpfende Nachweise dazu u n d zugleich das bislang umfassendste Eingehen auf die damit aufge-
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265
aber partiell vergleichbar, können danach Fachpläne zu Zielen der Raumordnung und Landesplanung werden. Die für die rechtliche Strukturierung der planerischen Zusammenhänge bezeichnende Voraussetzung ist dabei allerdings, daß sie i n — nur partiell modifizierten — förmlichen landesplanerischen Aufstellungs- und Beteiligungsverfahren ausgearbeitet werden 5 2 . I n den komplexen planerischen Zusammenhängen zwischen einzelnen Verwaltungsebenen und -bereichen sind rechtliche Bindungswirkungen nicht beiläufig zu erreichen, sondern sie sind voraussetzungsvolle Ergebnisse umfangreicher Verfahren. 4. M i t der Qualifizierung von entwicklungsplanerischen Aussagen über (raum)strukturgestaltende Investitionsvorhaben, ihre zeitliche Verwirklichung und ihre Finanzierung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung sind diese zwar i n das landesplanerische Planungssystem eingefügt, dieses selbst verändert sich dadurch jedoch erheblich, weil jetzt erstmals die Frage der Bindungswirkung von positivplanerischen Festsetzungen akut wird. I n den die Investitionsplanung integrierenden Plänen werden nicht nur i n negativplanerischer Weise störende Raumnutzungen ausgeschlossen und gewollte Vorhaben ermöglicht, auch nicht nur festgelegt, daß an einer bestimmten Stelle irgendwann ein Ressort eine Infrastruktureinrichtung erbringen »soll4, sondern positiv die Verwirklichung der Projekte innerhalb eines gewissen Zeit- und Finanzrahmens festgelegt. Die positiv-planerischen Festlegungen enthalten einen beträchtlich größeren Entscheidungsgehalt, verarbeiten mehr Probleme als gewöhnliche raumplanerische Ziele. Dementsprepend ist die mögliche Intensität einer auch den Zeitpunkt und die Finanzierung umfassenden Bindung viel größer als bei einem bloß raumbezogenen Ziel, weil ein positiv-planerisches Ziel den Adressaten i n mehr ,Dimensionen 4 seines Handelns bindet. Diese Intensitätssteigerung ist bei reiner Eigenplanung eines Verwaltungsträgers, also i n den Bereichen ausschließlicher Aufgabenwahrnehmung und Finanzierung, weniger problematisch. Immerhin bestehen auch auf der zentralen Ebene Grenzen der Bindungsmöglichworfenen Probleme bei Blümel, Die Standortvorsorgeplanung f ü r K e r n kraftwerke, DVB1. 1977, S. 310 ff., 317 ff.; außerdem ist i n B W ein A b f a l l beseitigungs-Teil-Plan i n Vorbereitung, vgl. Landesentwicklungsbericht 1975 B W Bd. 1, S. 109 u. 120. — I n Bayern sollen nach Festlegung der Bereiche i m Landesentwicklungsprogramm (Art. 13 I I Ziff. 7 LP1G) f ü r die folgenden Bereiche fachliche Programme u n d Pläne aufgestellt werden: L a n d schaftsentwicklung, Landnutzungsplan (Agrarleit- u n d Waldfunktionsplan), Denkmalpflege, Sport, Freizeit u n d Erholung, Energie, Abfallbeseitigung u n d Luftreinhaltung, vgl. dazu Landesentwicklungsprogramm T e i l B, Z i e l I Ziff. 4.3 (S. 46); Z i e l I I I Ziff. 4.4 (S. 60); Ziel V I Ziff. 7.2 (S. 79); Z i e l V I Ziff. 9 (S. 81); Z i e l V I I Ziff. 5 (S. 86); Z i e l X Ziff. 5 (S. 106); Z i e l X I I Ziff. 2.8 (S. 113); Z i e l X I I Ziff. 3.8 (S. 113). 52 Vgl. § 26 I 2 LP1G B W u n d A r t . 16 I LP1G Bay.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
keit und -intensität von ressortübergreifenden Plänen wegen der Ressortselbständigkeit.
gesamtplanerischen
Dagegen tauchen bei den häufigen Fällen der vertikalen Verzahnung der Ebenen 53 , insbesondere i m Bereich der Misch- und Mitfinanzierung schwerwiegende Probleme auf, w e i l für die gesteigerte Intensität der vertikalen Beziehungen kein erprobtes Muster der Verteilung und Bändigung der Einwirkungsmöglichkeiten vorhanden ist. Probleme stellen sich dabei nicht nur i m Hinblick auf die Verplanung von Finanzmitteln der jeweils nachgeordneten Ebene durch übergeordnete Planungen, sondern auch umgekehrt i m Hinblick auf mögliche Bindungen der oberen Ebene durch Planungen m i t finanziellen Festlegungen der nachgeordneten Ebene. I m Grundsatz ist es zunächst selbstverständlich, daß der Finanzrahmen und der zeitliche Ablauf von Programmen auf der zentralen staatlichen Ebene nicht allein durch Pläne der Regionen, Kreise oder Gemeinden gebunden werden können, die dem staatlichen Einfluß nur beschränkt unterliegen. Die Genehmigung solcher positivplanerisch ausgeformten Regionalpläne auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränken zu wollen, wäre deshalb schon i m Ansatz völlig verfehlt. Statt dessen muß notwendigerweise der Kreis der Gesichtspunkte, die bei zentralstaatlichen Direktiven gegenüber nachgeordneten Planungen und bei deren Kontrolle zugelassen sind, stark erweitert werden, u m nicht nur die traditionelle Abstimmung unterschiedlicher raum(nutzungs)bezogener Belange zwischen den Ebenen, sondern auch die gesamten finanziellen und fachplanerischen Implikationen abdecken zu können. M. a. W. die kondominale Interessenstruktur i m Verhältnis zwischen den Planungs- und Verwaltungsebenen müssen mehr Sachbereiche und Belange erfassen als zuvor, und das staatliche Element i m Kondominium müßte sich tendenziell weiter verstärken, wenn man eine gehaltvolle Bindung der übergeordneten Ebene an positivplanerische Festsetzungen der nachfolgenden Ebene erstrebt. Immanent konsequent wäre dann w o h l allein die eindeutige Determination des entwicklungsplanerischen Ableitungszusammenhangs von oben nach unten, also die Vorgabe von sachlichen Zielen einschließlich des finanziellen Rahmens und der zeitlichen Termine durch die vorgeordnete Ebene. I n dieses B i l d der Verstärkung der von oben nach unten verlaufenden Determinationslinie passen neuere Vorschriften i m Landesplanungsgesetz NW, die landesplanerische Planungsgebote, positive Pla53 Die Unterscheidung zwischen Eigen- (oder Innen-) u n d F r e m d - (oder Außen-)planung n i m m t — gerade wegen der sehr unterschiedlichen Rechtsprobleme — eine wichtige Rolle i m Schrifttum ein, vgl. Schmidt-Aßmann, DVB1. 1975, S. 8f., 12f.; Wagener, i n : Politikverflechtung, S. 164; G ö b / Laux / Salzwedel / Breuer, S. 12, 16, 44 ff., 53 f.; Laux, i n : Der Kreis, Bd. 1 (1972), S. 127.
§ 19 Landesplanung — Entwicklungsplanung
267
nungsverpflichtungen von Regionalplanungsträgern, aber auch von Gemeinden, statuieren 54 . Bei diesen Planungsgeboten ist die Tendenz und Gefahr, daß Festsetzungen und Vorgaben den sonst üblichen Rahmencharakter hinter sich lassen und konkret auf die untere Ebene durchgreifen, besonders deutlich. Die Planungsgebote illustrieren jedoch nur i n der letzten Konsequenz die generelle Problemlage, die sich bei positivplanerischen Festsetzungen ergibt, nämlich die Gefährdung des Rahmencharakters der Festsetzungen; hierauf muß i m Rahmen der Entwicklungsplanung besonders geachtet werden. Diese weitreichenden Implikationen strikter Bindung positivplanerischer Festlegungen auf das Planungssystem nötigen zur kritischen Überprüfung der Ausgangsprämisse, eben der der strikten Bindungswirkung. Damit w i r d das grundlegende Dilemma bei positivplanerischen Festlegungen sichtbar, entweder auf Bindung der übergeordneten Ebene, insbesondere der zentralen staatlichen Instanz verzichten zu müssen oder aber die Verbindlichkeit m i t vorgängiger umfassender Inhaltsdetermination oder -kontrolle erkaufen zu müssen 55 . Die Entscheidung zwischen diesen Alternativen und denkbaren Zwischenlösungen w i r d vermutlich nicht für alle vertikalen Beziehungen einheitlich ausfallen und ausfallen können. I m Verhältnis zwischen zentraler Landesplanung und Regionalplanung ist eine Lösung i m Sinne der 2. Alternative, insbesondere i n der Form der Vorgabe regionalisierter räumlicher und fachlicher Ziele und finanzieller Plafonds angängig und w i r d so i n Hessen praktiziert 5 6 . Dagegen stünden einer solchen L ö sung i n der Beziehung Staat — kommunale Selbstverwaltung Bedenken entgegen, die erst i m einzelnen anhand der konkreten instrumentalen Ausgestaltung der vertikal verzahnten Entwiddungsplanungen untersucht werden müßten 5 7 . Bei der Kreisentwicklungsplanung i n 64 Vgl. § 17 LP1G N W : Planungspflicht f ü r Bezirksplanungsrat zur Aufstell u n g oder Änderung eines Gebietsentwicklungsplans, § 19 I I LP1G N W P l a nungsgebot f ü r Gemeinden (dazu unten §§ 31 I I 3 u n d 36 Β I 3). 65 Dieses Dilemma ist i n der L i t e r a t u r exemplarisch am Beispiel der K r e i s entwicklungsplanung diskutiert worden. Deutlich haben die aufgezeigten Probleme Göb / Laux / Salzwedel / Breuer, Kreisentwicklungsplanung, S. 43 ff. herausgearbeitet u n d einen pragmatischen Ausweg i n F o r m einer globalen ,Verträglichkeitsprüfung' durch den Staat gesucht (dazu Wahl, Rezension) Die Verwaltung, Bd. 8 (1975), S. 117 f. 56 Dazu ausführlich unten § 32 I I u n d § 35 C. 57 Dieses Problem ist i n dem anderen Zusammenhang der a k t i v p l a n e r i schen Elemente der Stadtentwicklungsplanung schon von Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 228, angesprochen worden. Wegen der möglichen Gefahren f ü r die kommunale Selbstverwaltung u n d - parallel dazu — f ü r den Föderalismus durch die prognostizierte Verstärkung des v e r tikalen Planungsverbunds plädiert Wagener f ü r sein — seinerseits problematisches — Modell der relativ abgeschütteten Ebenen innerhalb des gestuften administrativen Gesamtsystems, i n : Politikverflechtung, S. 143, 144 ff., 153 f., 155 f. Das Problem u n d die verfassungsrechtlichen Bedenken gelten auch f ü r
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
Schleswig-Holstein ist der Gesetzgeber jedenfalls vorsichtig verfahren: der Landesplanungsbehörde steht ein Widerspruchsrecht gegen den vom Kreis aufgestellten Plan zu, das die Wirksamkeit des Planes oder einzelner Festlegungen ausschließt. I m übrigen heißt es zurückhaltend, daß die Landesbehörden die Kreisentwicklungspläne berücksichtigen »sollen4 (§ 12 I I I LP1G SH). Beim Ausbau der positivplanerischen Elemente i n den (Entwicklungs)Plänen w i r d es vermutlich ohne solche Differenzierungen der Bindungswirkungen, entweder i m Hinblick auf die Aussagetypen 58 oder i m Hinblick auf die verschiedenen Beziehungen zwischen den Ebenen, nicht abgehen. 5. Es dürften nicht zuletzt diese ungelösten Probleme sachlichplanerischer und rechtlicher A r t sein, die die Mehrzahl der Länder veranlaßt haben, wenn überhaupt, Angaben zur zeitlichen Verwirklichung und zur finanziellen Absicherung i m Vorfeld rechtlicher Bindung zu belassen und nur i n die Begründung der Pläne aufzunehmen 59 . Abstimmung und Integration zwischen Raumplanung, Fach- und Investitionsplanung sowie Finanzplanung können dabei soweit vorangetrieben werden, wie es dem erreichten planerischen Leistungsstand entspricht; als — nicht zu gering zu veranschlagender — Ertrag kann dabei erreicht werden, daß sich die landesplanerischen Pläne nicht mehr als unrealistische Wunschprogramme präsentieren 60 . Aber auch bei diesen mehr pragmatischen Schritten dürfen die planerischen Voraussetzungen und die noch keinesfalls durchgehend gelösten Anforderungen nicht unterschätzt werden. Die Abstimmung zwischen Raum- und Finanzplanung als notwendigerweise erster Stufe einer darauf aufbauenden Integration von räumlichen Festsetzungen und finanziell durchgerechneter Investitionsplanung stößt derzeit auf erhebliche Schwierigkeiten: die räumliche Detailliertheit der Raumplanung, auch auf der zentralen Ebene, findet bislang i n der noch immer sehr pauschal bleibenden und i n relativ kompakten Aufgabenblöcken operierenden Finanzplanung die n w Standortprogramme als entwicklungsplanerisch ausgeformte Verzahnung von L a n d u n d Kommunen, dazu unten § 36 Β I I . 58 Technisch ist dies relativ einfach dadurch zu regeln, daß ζ. B. finanzielle oder zeitliche Festlegungen nicht zu ,Zielen der Raumordnung u n d Landesplanung' erklärt werden. Vgl. dazu den folgenden Text. 59 § 29 I V LP1G B W (für Regionalpläne); A r t . 4 I I 2 u n d 3 LP1G Bay.; vgl. dazu auch Landesentwicklungsprogramm, Entwurf, T e i l D I u n d I I ; § 2 V I I 3. D V O LP1G N W 1973 = 1976 (für Gebietsentwicklungspläne). Entsprechend w i r d ζ. T. schon i n der Regionalplanung i n Rheinland-Pfalz praktiziert, dies soll i n Z u k u n f t verstärkt werden, ROB 1973 der Landesregierung Rh.-Pf., S. 70. Vergleichbar sind die Regelungen i n § 9 V I I I B B a u G 1976. 60 B e i m Bay. L E P r bestehen trotz der umfangreichen Investitionsplanung i n der Begründung (Entwurf 1974 T e i l D) u n d außerhalb des Planwerkes angestellter finanzieller Durchrechnungen große Bedenken i m H i n b l i c k auf die finanzielle Realisierbarkeit; das gleiche g i l t für den b w LEP, der jedoch schon bei seiner Aufstellung finanziell nicht abgestimmt war.
§ 20 Landes(entwicklungs)planung — Aufgabenplanung
269
kein geeignetes Gegenüber und keinen Ansatzpunkt. Die Finanzplanung ist bisher nicht oder kaum regionalisiert, geschweige denn auf Ausgaben für einzelne Orte ,heruntergebrochen'. Angesichts der Schwierigkeiten der Regionalisierung raumwirksamer M i t t e l sind kurzfristig durchgreifende Erfolge nicht zu erwarten. Aber auch i n mittelund langfristiger Perspektive gesehen dürfte die Finanzplanung den Konkretheits- und Dichtegrad der Raumordnung nicht erreichen, wie überhaupt die i m Entwicklungsgedanken angelegten Konzentrationsund Integrationsbemühungen sich keinesfalls notwendigerweise oder auch nur vorzugsweise an der Dichte der raumordnerischen Aussagen orientieren sollten 6 1 . § 20 Landes(entwicklungs)plammg — Aufgabenplanung I. 1. Verändernde Wirkungen auf das landesplanerische Planungssystem haben nicht nur die unabgeschlossenen Wandlungsprozesse i m Verhältnis der traditionellen raumbezogenen Landesplanung zur integrierenden Entwicklungsplanung, sondern vermittelte Rückwirkungen haben nicht minder Schwankungen i m Aufgabenverständnis von Entwicklungsplanung und/oder AufgabenplanungBeide — eher i n theoretischen Konzepten als i n der Praxis konturierte — Planungsarten stimmen i n ihrem breiten, tendenziell alle Aufgaben umfassenden A n satz und i n der dadurch bedingten inhaltlich relativ geringen Regelungsintensität überein, die für beide gleichermaßen die Kennzeichnung als Planimg der Planung nahegelegt haben. Gleichwohl entstammen sie zwei unterschiedlichen Entwicklungslinien der Planungsdiskus61 Aus der schon frühzeitig getroffenen Einschätzung, daß die Raumordnung u n d die Finanzplanung nicht auf der Basis der Detailliertheit der raumbezogenen Festsetzungen zusammengeführt werden können, hat Wagener sein Konzept der eigenständigen, inhaltlich weniger dichten E n t w i c k lungsplanung formuliert. Dabei ist zwar die Prämisse zutreffend; fraglich ist jedoch, ob sie die weitere These trägt, daß die derzeitige Raumplanung insgesamt zu intensiv geplant werde u n d daß es zur entwicklungsplanerischen Integration eines neuen Instruments bedürfe. Denkbar ist es auch, daß i m m e r n u r ein T e i l der relativ konkreten u n d langfristig raumbezogenen Aussagen der Raumplanung m i t der mittelfristigen Finanzplanung v e r k n ü p f t werden. 1 Eine informative Übersicht u n d gelungene E n t w i r r u n g der sich überschneidenden u n d i m Laufe der Jahre gewandelten Auffassungen zum V e r hältnis v o n Raumordnung — Entwicklungsplanung — politischer Planung neuerdings bei Battis , Rechtsfragen des BROP, JZ 1976, S. 73 ff. — Wagener, D Ö V 1975, S. 371, h ä l t — i n Auseinandersetzung m i t den die begrifflichen u n d sachlichen Abgrenzungen nicht fördernden Ausführungen v o n G. Wegener, D Ö V 1975, S. 365 ff. — ,Aufgabenplanung 4 u n d ,Entwicklungsplanung 4 als zwei unterschiedliche Bezeichnungen derselben Sache. Vgl. auch Brenken, i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, S. 97 ff. (insbes. Auseinandersetzung m i t den Vorstellungen der Enquete-Kommission Verfassungsreform zur Aufgabenplanung — Nachweise s. unten Fn. 3).
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
sion und stehen deshalb nicht zufällig i n einem partiellen Konkurrenzverhältnis zueinander. Die konzeptionell an der Problemsituation der Bundesländer ausgebildete Entwicklungsplanung hat bei aller, zum Teil bis zum begrifflichen Gegensatz stilisierten Distanz zur bloßen Raumnutzungsplanung einen unübersehbaren Raumbezug als Basis oder zumindest als eine der 3 Dimensionen ihrer integrierten Bestrebungen. Für die Aufgabenplanung oder politische Planimg i m Sinne des primär i m und für den Bereich des Bundes entwickelten Verständnisses spielt dagegen der Raumbezug, wenn überhaupt, eine ausgesprochen untergeordnete Rolle; für sie ist eher eine Gesamtschau der Teilpolitiken i m Sinne eines denkbar weit verstandenen gesellschaftspolitischen Ansatzes 2 bezeichnend. Die i n i h r angestrebte Systematisierung der Problemwahrnehmung und -definition sowie der Zielauswahl und -formulierung staatlichen Handelns orientiert sich deshalb eher an unterschiedlichen Zielgruppen der Bevölkerung als am unterschiedlichen Entwicklungsstand und unterschiedlichen Lebensverhältnissen der Bevölkerung i n verschiedenen Teilräumen. Die Unterschiede der Aufgabenplanung zum primären Problemansatz der Entwicklungsplanung werden auch i n der weithin akzeptierten Umschreibung von Böckenförde aus dem Jahre 1972, dem Höhepunkt des wissenschaftlichen und politischen Interesses an der Aufgabenplanung, deutlich: Politische Planung ist danach ,die i m Vorfeld der Gesetzgebung sich vollziehende, mittel- und längerfristige i n der Regel auf der Stufe der Rahmenplanung sich haltende Ziel- und Programmplanung, die sektorale Fachplanungen zu einer Gesamtplanung abstimmt und integriert und von daher Entscheidungsvorhaben (im Hinblick auf Umfang, zeitliche Priorität, Koordinationsnotwendigkeit) für diese entwickelt 4 3 . Inzwischen ist die öffentliche Aufmerksamkeit u m die Aufgabenplanung merklich zurückgegangen, nachdem einige Projekte auf Bundesund Landesebene gescheitert sind 4 . A n der geschilderten Notwendigkeit 2 Symptomatisch dafür ist die Ausweitung des Begriffs der Gesellschaftsp o l i t i k — i n Abhebung v o n der traditionellen Sozialpolitik — bei K . Lompe, Gesellschaftspolitik u n d Planung, 1971. 3 Planung zwischen Regierung u n d Parlament, Der Staat Bd. 11 (1972), S. 437; vgl. auch W. Kewenig, Z u r Revision des Grundgesetzes. Planung i m Spannungsverhältnis von Regierung u n d Parlament, D Ö V 1973, S. 23 ff. Dieses Verständnis liegt auch ersichtlich den Berichten der Enquete-Kommission Verfassungsreform zugrunde, vgl. Zwischenbericht, BT-Drs. VI/3829, S. 44 ff. (Teil 1 V, Ziff. 2.1.1) u n d Schlußbericht, BT-Drs. 7/5924, S. 177 (Kap. 11, Ziff. 6.3.2). 4 Es handelt sich v o r allem u m die Vorhaben zum A u f b a u eines Aufgabenplanungssy stems i m Bundeskanzleramt (dazu u n d zu den Gründen des Scheiterns: Schatz, i n : Mayntz / Scharpf (Hrsg.), Planungsorganisation, S. 34 ff. u n d Scheuner, i n : FS W. Weber, S. 379 - 381 jeweils m i t L i t e r a t u r sowie
§ 20 Landes(entwicklungs)planung — Aufgabenplanung
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d e r u n t e r d e m N a m e n A u f g a b e n p l a n u n g d i s k u t i e r t e n Sache h a t sich j e d o c h nichts g e ä n d e r t 5 ; sie w i r d auch, w e n n auch w e n i g e r l a u t u n d d a m i t w i e d e r m e h r regierungsintern 6 u n d f ü r die Öffentlichkeit nicht durchschaubar, i n d e r P r a x i s w e i t e r b e t r i e b e n 7 . R e v i d i e r t w e r d e n m ü s sen dagegen d i e u r s p r ü n g l i c h e n E r w a r t u n g e n a n d i e i n s t r u m e n t e l l e Ausprägung der Aufgabenplanung. D a m i t taucht die i m vorliegenden Z u s a m m e n h a n g entscheidende F r a g e auf, ob die m i t d e m K o n z e p t d e r Aufgabenplanung verbundenen inhaltlichen Planungsabsichten i n den L ä n d e r n — u n d n u r u m sie g e h t es h i e r — m i t d e m E n t w i c k l u n g s gedanken u n d den entwicklungsplanerischen Ansätzen zu einem Plant y p v e r s c h m e l z e n oder sich u n a b h ä n g i g v o n i h n e n a u s f o r m e n . Diese A l t e r n a t i v e i s t f ü r d i e l a n d e s p l a n e r i s c h e n P l a n u n g s s y s t e m e m i t t e l b a r v o n e r h e b l i c h e r B e d e u t u n g . Angesichts des sich v e r e n g e n d e n A n t e i l s e i g e n s t ä n d i g e r A u f g a b e n d e r L ä n d e r d ü r f t e es n ä m l i c h d e r z e i t a u f i h r e r E b e n e k e i n e ausreichende P l a n u n g s s u b s t a n z f ü r e i n gleichzeitiges N e b e n e i n a n d e r v o n p o l i t i s c h e r P l a n u n g — E n t w i c k l u n g s p l a n u n g u n d r a u m b e z o g e n e r L a n d e s p l a n u n g geben 8 , a l l e 3 P l a n u n g s a r t e n aus Abkürzungszwecken hier idealtypisch genommen. Andererseits k a n n H. Flohr, Die Tätigkeit der Planungsabteilung i m B K A , i n : Gesellschaftlicher Wandel u n d politische Innovation, S. 54 ff.) u n d u m das B u n d - L ä n d e r - P r o j e k t der Gesamtproblemanalyse der längerfristigen öffentlichen Aufgaben f ü r die Jahre 1976 -1985 (Überblick über dieses Projekt i m 9. Landesplanungsbericht der LReg N W , S. 23 f.; F. Halstenberg, Die Neue Gesellschaft, 1973, S. 15 sowie Kistner, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne, 1973, S. 741 f. — Z u m Scheitern: V. Schmidt, Die V e r w a l t u n g 6 (1973), S. 20 f. u n d Bebermeyer, i n : Koordination u n d integrierte Planung i n den Staatskanzleien, S. 85 f.). Das lautlose Ende des letzteren Projekts, ohne daß der ursprüngliche Ansatz, die aufgetauchten Schwierigkeiten u n d die Gründe des Scheiterns ausgewertet worden wären, muß entschieden kritisiert w e r den. Das öffentliche Darlegen v o n als gescheitert empfundenen Ansätzen mag v o n den politischen Instanzen mehr verlangen, als sie zu geben bereit sind. Z u erinnern ist aber an die der Befugnis zu reformerischen Ansätzen u n d Experimenten korrespondierende Pflicht, öffentlich Rechenschaft zu geben u n d dadurch Lernen zu ermöglichen. Z u m Scheitern des sog. I P E K S Planungssystems i n Rheinland-Pfalz vgl. unten § 33 I. 5 Vgl. dazu Wahl, Notwendigkeit u n d Grenzen langfristiger Aufgabenplanung, Der Staat 11 (1972), S. 459 ff.; so auch Scheuner, i n : FS W. Weber, S. 373. 6 Das deutet sich schon terminologisch an der neuen Vorliebe für den — verfassungsrechtliche Kompetenzfragen vorschnell prä judizier enden — Beg r i f f der Regierungsplanung an. 7 Der Uberblick über die Praxis ist angesichts der häufig wenig (sichtbar) institutionalisierten u n d wechselnden Vorgehensweise der Praxis schwierig. Das neueste M a t e r i a l enthalten die Länderberichte i n : Koordination u n d integrierte Planung i n den Staatskanzleien 1976, S. 213-422; dort auch ein kurzer Uberblick über den Stand der Planung i m B u n d v o n Bebermeyer, ebd., S. 83 ff. Material außerdem bei Waterkamp, Politische F ü h r u n g u n d Systemveränderung, S. 318 ff. 8 Battis, J Z 1976, S. 77, h ä l t für die Flächenstaaten die Unterscheidung E n t wicklungsplanung u n d Aufgabenplanung f ü r überflüssig — u n d dies w o h l nicht n u r terminologisch.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
eine Planungsart allein offenbar auch nicht das Aufgabenspektrum ausfüllen: Die raumbezogene Landesplanung kann zwar i n Richtung der integrierten Entwicklungsplanung weiterentwickelt werden, aber auf der Grundlage des Raumbezugs als (einer) tragenden Säule kann die gesamte Landespolitik nicht erfaßt werden, wie so wichtige Aufgaben wie die Personalplanung, wesentliche Teile der Bildungsplanung und Studienreform sowie die berufliche Ausbildung zeigen 9 . Umgekehrt kann sich der der politischen Planung verbundene Impetus, für die gesamte Landespolitik ein Gesamtkonzept zu entwickeln, zwar i n Richtung auf die Entwicklungsplanung verdichten; dann bleibt aber daneben eine raumbezogene Landesplanung erforderlich. Der gegenwärtige Stand der Planung i n den Ländern spricht jedenfalls für die These, daß auf Landesebene jeweils zwei Planungsbereiche erforderlich sind, die sich aus den konzeptionellen Bausteinen der politischen Planung, integrierten Entwicklungsplanimg u n d Landesplanung jeweils i n spezifischer Weise zusammensetzen 10 ; daß sich i n dieser Situation dann unter gleichen Bezeichnungen partiell unterschiedliche Planungsinhalte verbergen, liegt auf der Hand. Die breite Palette recht heterogener Organisation und Aufgabenabgrenzung der Planungen auf der zentralen Ebene i n den einzelnen Ländern entsteht gerade dadurch, daß Gehalt und Funktion der beiden Planimgsbereiche jeweils auch durch den Zuschnitt des komplementären Bereichs bedingt sind, abgesehen von dem ebenfalls sehr unterschiedlichen Planungsbewußtsein i n den einzelnen Ländern überhaupt. Diese Bedeutungsvariation der einzelnen Begriffe gilt auch für die raumbezogene Landesplanung. I h r Bereich kann auf einen engen, das traditionelle Aufgabenverständnis nicht überschreitenden K e r n raumbezogener Planung beschränkt sein, w i e i n Niedersachsen; sie kann aber auch i m Zeichen expliziter entwicklungsplanerischer Bemühungen zur integrierten Landesentwicklungsplanung transformiert werden wie i n Hessen. A u f der anderen Seite kann die Landesplanung bei grund9 Darauf hat Wagener wiederholt u n d nachdrücklich hingewiesen, vgl. i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 52 u n d besonders deutlich ders., D Ö V 1975, S. 371 i n Auseinandersetzung m i t der von Wegener vorgetragenen Auffassung der »räumlich relevanten Aufgabenplanung'. Seine These ist auch durch die Untersuchung v o n R. Wettmann, Das hessische Planungssystem (nicht veröffentlicht) Ms, S. 45 ff., empirisch bestätigt worden. Bezeichnenderweise tauchten i n Hessen innerhalb der raumbezogenen Landesentwicklungsplanung Schwierigkeiten i m Verhältnis zum K u l t u s m i n i s t e r i u m auf, da dessen inhaltliche Probleme der Bildungsplanung n u r wenig Verknüpfungspunkte zum allgemeinen Raster der Infrastrukturinvestitionsplanung fanden. 10 A l s 3. Bereich t r i t t i n allen Ländern die (mittelfristige) Finanzplanung hinzu, deren konkrete F u n k t i o n (und vor allem Ersatzfunktion) zwar auch wesentlich v o n der Ausgestaltung der beiden anderen Planungsbereiche abhängt, aber als eigene Planart i n keinem Planungssystem überflüssig ist.
§ 20 Landes(entwicklungs)planung — Aufgab enplanung
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sätzlich p l a n s k e p t i s c h e r E i n s t e l l u n g z u m r e l a t i v umfassendsten P l a nungsbereich, z u m S a m m e l - u n d A u f f a n g b e c k e n f ü r sonst n i c h t a u s d i f ferenzierte Integrations- u n d Planungsbedürfnisse w e r d e n w i e i n B a y ern und Baden-Württemberg. A l s F a z i t b l e i b t f e s t z u h a l t e n , daß d i e R e i c h w e i t e des l a n d e s p l a n e r i schen P l a n u n g s s y s t e m s u n d d i e I n t e n s i t ä t d e r r ä u m l i c h e n b z w . a u f d e m R a u m b e z u g a u f b a u e n d e n P l a n u n g n i c h t a l l e i n aus d e n r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n b e s t i m m t w e r d e n k ö n n e n , s o n d e r n daß das U m f e l d d e r e r w ä h n t e n anderen Planungsarten einzubeziehen ist — ein weiterer G r u n d , d e r z u r k o n k r e t e n A n a l y s e d e r e i n z e l n e n (landesplanerischen) Planungssysteme der L ä n d e r zwingt. 2. Eine Kurzcharakterisierung des Verhältnisses i n den einzelnen Ländern auf der Informations- u n d Materialgrundlage der (Selbst)Darstellungen i n den Länderberichten zur Speyerer Tagung über »Koordination u n d Planung i n den Staatskanzleien' v o m Herbst 1975 ergibt folgendes B i l d : Baden-Württemberg u n d Bayern lehnen ausdrücklich Langfristplanungen u n d eine umfassende integrierte Planung ab; bei insgesamt relativ niedriger Planungsintensität gibt es eine auf Legislaturperiodenplanung beschränkte Regierungsplanung, die als Planung der Planung die Ressortplanungen i n i tiiert, i n Vollzug hält u n d kontrolliert. Daneben bleibt allein die Landesplanung, die sich jeweils i n einem relativ umfassenden zentralen Landesentwicklungsplan bzw. -Programm niederschlägt u n d an die sich eine Investitionsplanung anlehnt. I m Grundsatz ähnlich, w e n n auch offener i n der A r t i k u l a t i o n v o n Integrationsbedürfnissen, ist die Situation i n Schleswig-Holstein. I n Nordrhein-Westfalen ist die Planungslandschaft derzeit nicht v o l l zu überblicken. Das N W P 75, dessen Auswertung M i t t e 1977 i m m e r noch nicht vorliegt, hat keinen Nachfolger i n der A r t eines N W P 80 erhalten. I n t e r n soll es eine Regierungsplanung auf der Grundlage eines 5jährigen Zielrahmens geben; die konkrete Planung soll sich dagegen — als Vorgabe f ü r den Haushalt — auf jedes einzelne Jahr beziehen. I m n w Planungssystem scheint danach die eigenständige Entwicklungsplanung aufgegeben worden zu sein. Das Planungssystem würde sich i n diesem F a l l gliedern i n eine m i t telfristige Aufgabenplanung u n d eine — durch das Landesentwicklungsprogrammgesetz — intensivierte Landesplanung. I n Richtung einer solchen Grundgliederung tendierte bisher schon das Planungssystem i n RheinlandPfalz: die — k ü n f t i g u m Prioritätsfestlegungen u n d Finanzbezüge angereicherte — Landes(entwicklungs)planung sollte durch eine entschieden politisch verstandene Aufgabenplanung ergänzt werden, nämlich durch das integrierte Planungs-, Entscheidungs- u n d Kontrollsystem ( = I P E K S ) ; dieses ist aber spätestens 1976/77 i n ernstliche Schwierigkeiten geraten u n d k a n n w o h l als gescheitert gelten 1 1 . Sowohl i n Hessen w i e i n Niedersachsen dominiert eindeutig die integrierte Entwicklungsplanung; trotz fortschreitender inhaltlicher Expansion k a n n sie jedoch i n beiden Ländern nicht das gesamte i n Frage stehende Planungsspektrum ausfüllen; i n Niedersachsen bleibt auf der einen Seite eine 11 Einzelheiten zur (jüngsten) Entwicklung i n Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz vgl. unten § 31 I I u n d § 33 I.
18 W a h l ι
und
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
stark traditionell raumbezogene Landesplanung ,übrig' 1 2 , i n Hessen ergeben sich zur entgegengesetzten Seite hin, bei den nichtinvestiven und räumlich schwer zu radizierenden Aufgaben, sowie generell bei der langfristigen, i n Alternativen denkenden Zielsuche u n d -planung Defizite, die zur Ausbildung einer — umfänglich begrenzten — komplementären Aufgabenplanung führen könnten; als Ansatz dazu könnte die Abteilung »Innovation' i n der Staatskanzlei interpretiert werden, deren Aufgabe i n der systematischen Auswertung von Informationen aus dem wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Bereich sowie i n der Ausarbeitung interner und ressortübergreifender Innovationsvorschläge besteht. Das Saarland ist nach jüngsten Ankündigungen auf dem Weg zu einer integrierten Entwicklungsplanung, die neben die Landesplanung treten soll; die derzeit dort bestehende ,mittelfristige Aufgabenplanung der Regierung des Saarlandes' (MARS) dürfte sich dann auf die Planungskoordination und die Sicherung des Informationsstands beschränken. I I . I m E n t w i c k l u n g s g e d a n k e n u n d d e n K o n z e p t e n z u r politischen P l a n u n g h a t sich das generelle B e d ü r f n i s der g e g e n w ä r t i g e n V e r w a l t u n g s - u n d P l a n u n g s p r a x i s nach I n t e g r a t i o n besonders deutlich, aber n i c h t ausschließlich a r t i k u l i e r t . D i e N o t w e n d i g k e i t nach ressortüberg r e i f e n d e n P l a n u n g e n , nach der V e r b r e i t u n g v o n Planungsbereichen s t e l l t sich n i c h t a l l e i n f ü r die als große K l a m m e r gedachte E n t w i c k l u n g s - oder A u f g a b e n p l a n u n g , sondern auch f ü r Teilbereiche des öff e n t l i c h e n H a n d e l n s : d e u t l i c h machen dies Tendenzen u n d F o r d e r u n g e n nach einer ressortübergreifenden U m w e l t p l a n u n g 1 3 , nach einer noch w e i t d a r ü b e r hinausgehenden Z u s a m m e n f ü h r u n g v o n R a u m o r d n u n g u n d ökologischer (Landschafts)Planung z u einer k o o r d i n i e r t e n Gesamtp l a n u n g ' 1 4 , als auch die vergleichsweise bescheidene F o r d e r u n g nach A u s f o r m u n g der F l u r b e r e i n i g u n g z u m I n b e g r i f f a l l e r raumbedeutsam e n Planungen u n d Maßnahmen i n einem bestimmten Gebiet15. Einige v o n diesen ressort, imperialistischen 4 I n t e g r a t i o n s f o r d e r u n g e n 1 6 w e r d e n 12 Eine vernichtende K r i t i k an der gehaltsarmen niedersächsischen Landesplanung übt Müller-Heidelb erg, i n : Strukturpolitik i n und für die Kreise, S. 62 f. Zur Fortsetzung der Landesentwicklungsplanung i n Niedersachsen vgl. oben § 19 Fn. 37. 13 Gegen den zusätzlichen Aufbau eines raumbezogenen überfachlichen Planungssystems nur für die Belange des Umweltschutzes spricht sich die Entschließung der M K R O Raumordnung und Umweltschutz 4 von 1972 aus (abgedruckt in: ROB 1972 der BReg., S. 144). 14 So der Vorschlag des Sachverständigenrats für Umweltfragen, i n : U m weltgutachten 1974 (BT-Drs 7/2802), S. 144 - 146. 15 Dazu exemplarisch und m i t programmatischem T i t e l W. Schmitt, Die Flurbereinigungsbehörde als A m t für Raumordnung und Städtebau, DVB1. 1973, S. 429 ff.; vgl. auch Hoerster / Schmedt auf der Günne, Neues Bodenrecht und Neuordnung i m ländlichen Raum, Informationen 23 (1973), S. 111 ff. m i t der Forderung nach einer Flächennutzungsplanung, Flurbereinigung und Landschaftsplanung i n einem »integralen Bodenneuordnungsverfahren' zu realisieren. V i e l zurückhaltender sind die Regelungen i n den §§ 64 ff. StBFG und i n den neugefaßten §§ 144 a ff. BBauG 1976. 18 Die i m übrigen von den Fachwissenschaften unterstützt werden.
§ 20 Landes(entwicklungs)planung — Aufgabenplanung
275
sich sicherlich nicht i n eigenen Planungsbereichen und -Instrumenten realisieren lassen. Gleichwohl kann i n Zukunft m i t einer Pluralität von integrierten Planungen, m i t einer Mehrzahl von ,Gesamtplanungen' unterschiedlicher Breite gerechnet werden 1 7 . Durch diese Tendenz, i n der die ungeklärte Weiterentwicklung des Verhältnisses von Landesplanung und/oder Entwicklungsplanung eingeschlossen ist, verschwimmt endgültig eine i m bisherigen Planungsrecht sehr gebräuchliche und scheinbar präzise Unterscheidung, nämlich die Abgrenzung zwischen Gesamtplanung und Fachplanung 18 . Sie ist an einem begrenzten Objektbereich und i m Hinblick auf begrenzte Rechtsfragen entwikkelt worden zu einer Zeit, als die Raumordnung und Landesplanung konkurrenzlos die einzige übergreifende Planung, ,die' Gesamtplanung schlechthin war. Als verwaltungsrechtlich relevanter Begriff wurde die Unterscheidung von Forsthoff und Blümel innerhalb des von ihnen gebildeten Planungsrechtssystems des Raumplanungsrechts zur Lösung von K o l l i sionsfällen zwischen Planfeststellungen und Bauleitplanungen bzw. Raumordnungsplänen verwendet 1 9 . I m Hinblick auf die Kollisionsvorschriften der §§ 16 I I 3 FStrG, 13 I I I WaStrG, 6 ROG und 38 BBauG konnte so die generelle Frage nach einem möglichen Vorrang der Bundesfachplanungen vor Landes- bzw. kommunalen Gesamtplanungen als systematisches Problem gestellt und diskutiert werden. Gegenüber dieser ursprünglichen Problemlage ist die derzeitige ,Planungslandschaft' viel differenzierter und komplexer geworden. Der Raumbezug, der i n diesem Planungsrechtssystem konstitutiv war, ist längst nicht mehr für alle einschlägigen Planungen maßgebend. Es konkurrieren mehrere Gesamtplanungen miteinander; als aktuelles Beispiel sei dazu das Verhältnis von Bauleitplanung und Stadtentwicklungsplanung erwähnt 2 0 . Die Einordnung von neuen Planungsarten i n dieses Schema kann nicht mehr überzeugend gelingen, w e i l sich statt 17 Nach Brenken, Diskussionsbeitrag, i n : Politikverflechtung zwischen Bund, Ländern u n d Gemeinden, S. 168, darf es dagegen n u r eine integrierte Gesamtplanung geben. Postulate ändern jedoch nichts an den Schranken der Komplexität. 18 I n gesetzlichen Formulierungen taucht der Terminus ,Fachplanungen 4 ζ. B. auf i n § 3 I I Nr. 2 LP1G Hessen u n d § 9 I I LP1G Rh-Pf. 19 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl. Bd. 1, S. 304 ff. (dort sehr deutlich das enge Verständnis der ,Fachpläne' i m Sinne von Planfeststellungsbeschlüssen f ü r einzelne Projekte; Forsthoff / Blümel, Raumordnungsrecht u n d Fachplanungsrecht, S. 18 f.; Blümel, A r t . »Planung', i n : Ev. Staatslexikon 2. Aufl. 1975, Sp. 1832 f.; Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 42 f., 212; Stern / Burmeister, Planungsgebot, S. 11 jeweils m. Nachw. Diese Unterscheidung liegt auch der Darstellung des Landesentwicklungsberichts 1975 B W Bd. 2, S. 11 ff. zugrunde. 20 Bielenberg, i n : Raumplanung — Entwicklungsplanung, S. 68 ff., 70; w e i tere Nachweise siehe oben § 14, Fn. 42.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
des plastischen Dualismus eine gleitende Skala herausgebildet hat, die von engen fachbezogenen Planungen über verschiedene Intensitätsgrade von integrierenden Anstrengungen bis zur umfassend integrierten Entwicklungsplanung reicht. Hingewiesen sei nur auf die Planungsarten der Landschaftsplanung 21 , der wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung und der Luftreinhaltepläne 2 2 wie auch auf den i n seinem Verhältnis zur Raumordnung traditionell so problematischen Planungsbereich der regionalen Wirtschaftsförderung. Als die Gegensätze einebnende Zwischenformen könnten sich auch die oben 23 erwähnten fachlichen Programme und (Entwicklungs)Pläne erweisen. I n dieser Situation kann die Unterscheidung von Gesamt- und Fachplanung i n den zahlenmäßig zunehmenden interessanten, w e i l problematischen Fällen nur noch einen sehr beschränkten heuristischen Wert als eine pauschale Vorverständigung über den inhaltlichen Schwerpunkt einer konkreten Planart beanspruchen 24 . I m übrigen erweckt sie das Mißverständnis und die Illusion von einem transparenten, nur aus zwei Elementen bestehenden Planungssystem; zur Information über die komplexe Planungssituation kann sie nichts Entscheidendes beitragen. Rechtsdogmatisch-systematische Relevanz kommt der Unterscheidung und der Einordnung einer Planung i n sie jedenfalls nicht zu: die schwierige Frage der Planungskollision und des Vorrangs von planbindenden Plänen sind jeweils für das einzelne Verhältnis zu klären. Allgemeine Grundsätze vom Vorrang bestimmter Planungen gibt es nicht; es ist auch zweifelhaft, ob unter rechtspolitischen Gesichtspunkten i n einem idealen Planungssystem einfache und klare Grundsätze dieser A r t formuliert werden können.
21 Nach der Empfehlung der M K R O R a u m o r d n u n g u n d Landschaftsordnung 4 (abgedruckt i n ROB 1972 der BReg., S. 148), die f ü r die Landschaftsgesetze der Länder maßgebend geworden ist, w i r d die Landschaftsordnung als landschaftsbezogener Fachbereich 4 verstanden, der innerhalb der überörtlichen Gesamtplanung zu erfassen ist. Dementsprechend werden die L a n d schaftspläne als integrierte Bestandteile der Raumordnungsprogramme und -pläne bzw. der Bauleitpläne verstanden. — Z u m Problem insgesamt A. Schmidt, Der Standort der Landschaftsplanung u n d i h r Verhältnis zur L a n desplanung, Regional- u n d Bauleitplanung, Landschaft u n d Stadt 1975, S. 173 ff. Die dort vorgenommene Charakterisierung der Landschaftsplanung als »querschnittsorientierter Fachplanung 4 (S. 175) belegt das Verschwimmen des ursprünglich scharfen Gegeneinanders von Gesamt- u n d Fachplanung. 22 W. Weber, i n : Aufgaben u n d Möglichkeiten der Raumplanung i n unserer Zeit, S. 16 hält diese Planungen eher f ü r ,Annexe der Raumplanung 4 , denn als Fachplanungen, so auch Blümel, A r t . ,Planung 4 , i n : Ev. Staatslexik o n 2. Aufl. 1975, Sp. 1833. 23 Vgl. oben § 19 I I 3. 24 Die Brauchbarkeit der Unterscheidung zur Charakterisierung der Posit i o n von Raumordnung u n d Entwicklungsplanung verneint auch Battis , Rechtsprobleme des BROP, JZ 1976, S. 76.
§ 21 Bundesstaatliche Rahmenbedingungen
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§ 21 Bundesstaatliche Bahmenbedingungen der landesplanerischen Planungssysteme Rahmenbedingungen für die landesplanerischen Planungssysteme setzen nicht nur andere Planungsarten auf Landesebene, sondern auch Planungen auf Bundesebene und auf der — ebenfalls der Disposition eines einzelnen Landes entzogenen — Ebene der Bund-Länder-Planungen (abgesehen von den schon behandelten rahmenrechtlichen Vorschriften des ROG). I. 1. Einwirkungen von Bundesfachplanungen auf die landesplanerischen Planungssysteme und die Pläne der Länder müßten nach allgemeinen planungssystematischen Überlegungen eine zentrale Schaltund Umsetzungsstelle i n einer Bundesraumordnungsplanung haben. Theoretisch sind dabei zwei Alternativen denkbar, nämlich zum einen eine echte Bundesplanung i m Sinne einer eigenen Planungsebene, also als Planung für die Probleme der Raumordnung, die nicht an den Grenzen der Länder haltmachen kann' 1 . Z u m anderen könnte die auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Raumplanung als Bund-LänderPlanung i m Planungsverbund institutionalisiert sein. Die erste Alternative wäre verfassungsrechtlich auf die vom Bundesverfassungsgericht aus der Natur der Sache abgeleitete Vollkompetenz des Bundes zu stützen, die — nach allerdings noch sehr umstrittener und i m einzelnen noch klärungsbedürftiger Auffassung — nur dann eine Vollkompetenz zur Raumplanung i m Gesamtstaat' ist, wenn sie nicht nur als Gesetzgebungskompetenz, sondern parallel dazu auch als Verwaltungskompetenz verstanden w i r d 2 . Wollte der Bund diese Verwaltungskompetenz i n einem gehaltvollen Sinne ausnützen, dann wären wegen der sachlichen Interdependenzen Einwirkungen auf die Planungskompetenzen der Länder wohl unvermeidlich. Nach dem allgemeinen Grundsatz über die Ausgestaltung gestufter Planungssysteme wären den Ländern dann als den i n einem nicht klar abgrenzbaren Zwischenbereich notwendigerweise Betroffenen Mitwirkungsrechte einzuräumen, deren Umfang und Intensität i m einzelnen ebenfalls klärungsbedürftig sind und primär von der inhaltlichen Ausgestaltung eines solchen Plans oder Programms abhängen 3 . Die Fixierung der zu1
U m die Worte des B V e r f G i n BVerfGE 3, 427 f. aufzunehmen. So Schmidt-Aßmann, Innere Kolonisation 1974, S. 214 ( = Eildienst L K r e i s T N W 1975, S. 59) u n d so schon Bielenberg, i n : Theorie u n d Praxis der I n f r a s t r u k t u r p o l i t i k 1970, S. 619; kritisch dazu H. Faber, Das Organisationsrecht der Planung MS, S. 110, w e i l m i t dieser A n n a h m e alle Normen überrollt würden, die das G G über das Verhältnis Gesetzgebung - V e r w a l t u n g aufgestellt hat. 8 Entsprechend seinem generellen V o t u m f ü r die Minimalisierung v e r t i k a ler Beziehungen plädiert Wagener, Eignung des BROP als Planungsinstru2
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I I 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
gelassenen P l a n u n g s e l e m e n t e s o w i e d i e k o n k r e t e M i t w i r k u n g s f o r m f ü r d i e L ä n d e r setzen eine gesetzliche R e g e l u n g ( i n e i n e m n o v e l l i e r t e n R O G ) u n d diese w i e d e r u m als I n s t i t u t i o n a l i s i e r u n g e i n e r K o o p e r a t i o n i m B u n d e s s t a a t verfassungsrechtliche G r u n d l a g e n voraus. Diese E r f o r d e r n i s s e g e l t e n — w e g e n d e r tatsächlichen I n t e n s i v i e r u n g d e r K o o p e r a t i o n i m P l a n u n g s v e r b u n d — erst recht f ü r d i e z w e i t e A l t e r native. A l s V o r b i l d e r dafür k o m m e n die beiden Modelle der EnqueteKommission Verfassungsreform i n Betracht; darauf ist i m einzelnen noch zurückzukommen. F ü r b e i d e A l t e r n a t i v e n s i n d d e r z e i t d i e e r f o r d e r l i c h e n (verfassungs)r e c h t l i c h e n G r u n d l a g e n n i c h t v o r h a n d e n . B e i d e scheiden deshalb auch als Basis f ü r das 1975 verabschiedete B u n d e s r a u m o r d n u n g s p r o g r a m m ( B R O P ) 4 aus. Das B R O P m u ß t e sich deshalb ersatzweise a u f i n a d ä q u a t e R e g e l u n g e n s t ü t z e n u n d i s t i n s g e s a m t a u f e i n e r sehr u n g e s i c h e r t e n G r u n d l a g e a u f g e s t e l l t w o r d e n . M i t dieser B e u r t e i l u n g i s t n i c h t d i e rechtliche Z u l ä s s i g k e i t des P r o g r a m m s i n Z w e i f e l gezogen 5 , s o n d e r n d i e u n z u r e i c h e n d e B i n d u n g s w i r k u n g des P r o g r a m m s i n d e n M i t t e l p u n k t g e r ü c k t , d i e schon w ä h r e n d des l a n g w i e r i g e n u n d k o n f l i k t r e i c h e n A u f stellungsprozesses m i n i m a l i s i e r e n d a u f d e n sachlichen G e h a l t z u r ü c k g e w i r k t hat. Der Anfang f ü r die durchgehenden Unklarheiten über den (Rechts) Char a k t e r 6 u n d die (Rechts)Wirkungen des Programms ist schon m i t den doppelment, Raumforschung u n d Raumordnung 1975, S. 225 ff. f ü r ein Bundesentwicklungsprogramm, das sich auf die rahmenartige horizontale Koordinier u n g der raumwirksamen eigenen Bundesmittel beschränkt u n d deshalb keinen Verbindlichkeitsanspruch gegenüber den Ländern u n d Gemeinden erhebt. Die faktischen Interdependenzen m i t den raumwirksamen Maßnahmen der Länder, die möglichen Kollisionen der Zielsetzungen von B u n d u n d Ländern u n d generell die ,kondominale' Interessenstruktur auch bei der Regionalisierung der Bundesmittel sind damit aber nicht aufgehoben. Beteiligungs- u n d Mitwirkungsrechte der Länder erübrigen sich deshalb nicht. — F ü r ein Entwicklungsprogramm des Bundes optiert auch die Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Gutachten, S. 339 (Kap. V I , Tz. 118 ff.) unter deutlichem Bezug auf die Vorschläge Wageners. Kritisch zum G u t achten die A n t w o r t der BReg. zur K l . Anfrage der CDU/CSU-Fraktion, B T Drs 8/275, S. 3 f. 4 Der symptomatisch wortreiche vollständige T i t e l lautet: Raumordnungsprogramm f ü r die großräumige E n t w i c k l u n g des Bundesgebietes (Bundesraumordnungsprogramm), B T - D r s 7/3584. 5 Z u m Streit über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des BROP, vgl. die Angaben bei Suderow, Rechtsprobleme des Bundesraumordnungsprogramms, S. 15 ff. 6 Suderow, S. 63, 74 ff., 126 (gemeinsame Verwaltungsrichtlinie von B u n d u n d Ländern über die Auslegung v o n Raumordnungsgrundsätzen); SchmidtAßmann, Innere Kolonisation 1974, S. 214 (vertragsähnlicher Gesamtakt); Wagener, Raumforschung u n d Raumordnung 1975, S. 228 (Kabinettsbeschluß des Bundes u n d Empfehlung der M K R O ) ; so i m Ergebnis schon Buchsbaum, D Ö V 1975, S. 545 ff.; s. auch Brenken, Raumforschung und Raumordnung 1975, S. 109.
§21 Bundesstaatliche Rahmenbedingungen
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ten, partiell konkurrierenden Aufträgen zur Aufstellung des BROP v o m Bundestag einerseits, der Konferenz der Ministerpräsidenten andererseits gesetzt 7 . I h r e n Höhepunkt erreichen sie i n der gequälten Selbstaussage über die Verbindlichkeit i n T e i l I V des Programms, die zudem m i t dem ausdrücklichen Hinweis auf die baldige Fortschreibungsbedürftigkeit 8 Nichteinigungen u n d Blockierungspositionen f ü r die raumordnungsunwilligen Fachplaner u n d Gemeinschaftsaufgabenplaner signalisieren 9 . I n i h r e m rechtlichen K e r n entspricht die Verbindlichkeit der Aussagen des Programms derjenigen von Bundes-Grundsätzen der Raumordnung; das BROP konkretisiert (die allgemeinen Ziele des § 1 ROG und) die Grundsätze des ROG, i n erster L i n i e den Grundsatz § 2 Abs. 1 Nr. 3, weshalb es k e i n umfassendes Raumordnungsprogramm, sondern vorwiegend ein Programm zur Beseitigung großräumiger Disparitäten darstellt 1 0 . Als Konkretisierung der Grundsätze sind auf das BROP zwar nicht die n u r für die gesetzlich fixierten Grundsätze aufgestellten Geltungsnormen des § 3 R O G einschlägig 11 , aber die i m BROP näher umschriebene ,Bedeutung' des Programms folgt prinzipiell den dort aufgestellten Regeln. Die Programmaussagen sind v o n den Bundesressorts unmittelbar zu beachten, während sie i m Länderbereich n u r f ü r ,die Landesplanung' gelten u n d deshalb erst nach Umsetzung u n d Übernahme i n die landesplanerischen Programme u n d Pläne als Ziele der Raumordnung u n d Landesplanung B i n dungswirkung gegenüber den übrigen Landesbehörden erlangen. Diese überschaubaren Wirkungsmechanismen sind n u n aber durch Zusatzformulierungen, die v o m Programm als ,Orientierungsrahmen', als »Programm der Koordinierung', oder v o n der Anpassung der Ressortplanungen u n d »maßnahmen ,entsprechend A r t . 65 Satz 2 GG' sprechen, erfolgreich v e r u n k l a r t worden — insbesondere i m Sinne v o n Vorbehalten u n d Distanzierungen der Bundesfachressorts gegenüber den Zielsetzungen 1 2 » 1 8 ; aber auch die L ä n 7 I m einzelnen dazu u n d zur rechtlichen Bedeutung der konkurrierenden Aufträge Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, S. 1 - 5, 32, 58 f. 8 Daß die ungewöhnlich nachdrückliche Hervorhebung der Fortschreibungsbedürftigkeit des BROP faktisch die Geltungskraft erheblich relativ i e r t u n d daß es sich dabei u m eine »qualifizierte', auch die Grundlagen des Konzepts erneut zur Disposition stellende Fortschreibung handeln soll, m a chen alle Beiträge i n dem der Fortschreibung des BROP gewidmeten Heft 5/1975 der Zeitschrift Raumforschung u n d Raumordnung deutlich; so schon das Editorial von Niemeier, S. 211 f., außerdem Brenken, S. 219; Schönhof er, S. 221, Wagener, S. 228, 232, V. Schmidt, S. 230 ff. (kritisch gegen die Forderung nach einem vollständig neuen Programm). 9 Wagener, ebd., S. 228, der die K r i t i k auf die Feststellung zuspitzt, daß die Geltungsintensität des BROP i n Richtung auf N u l l tendiere. 10 Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, S. 61; K r i t i k daran i n der Stellungnahme des Beirats f ü r Raumordnung, vgl. ROB 1974 der BReg., S. 171. 11 So zu Recht Schmidt-Aßmann, Innere Kolonisation 1974, S. 214. 12 Dazu Buchsbaum, D Ö V 1975, S. 549 u n d 546 (der Text der früheren Fassung betonte die ,Freizeichnung der Ressorts' noch stärker). Ausführliche Darstellung bei Suderow, Bundesraumordnungsprogramm S. 77 ff. (wie andere Passagen des 1. Hauptteils dieser A r b e i t b e t r i f f t sie die durch die Schlußfassung des BROP überholten Formulierungen des Entwurfs v o m 12. A p r i l 1974 u n d gehört so sachlich zur Schilderung der Vorgeschichte). 13 Die Situation w i r d schlaglichtartig beleuchtet durch einen v o n V. Schmidt, Raumforschung u n d Raumordnung, 1975, S. 251 mitgeteilten i n -
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
der haben infolge der gewohnten Betonung ihrer Eigenstaatlichkeit angesichts der relativierenden Aussagen über die Verbindlichkeit u n d wegen der kompromißhaften Unschärfe der inhaltlichen Aussagen weiten Spielraum f ü r Distanzierungen.
Schon die Selbstaussagen des BROP über seine rechtliche Wirkung belegen den desolaten Zustand der Raumordnung i m Bund und i m Bund-Länder-Verhältnis. Gerade der wiederholt vorgebrachte Hinweis darauf, daß die diffizilen und komplizierten Verbindlichkeitsregelungen genau die Struktur der derzeitigen Rechtslage widerspiegeln 14 , bestätigt diese Beurteilung und bekräftigt sie sogar noch insoweit, als damit Veränderungschancen nur über die ungewisse Novellierung des ROG 1 5 und über eine Grundgesetzänderung eröffnet sind. Die Erwartung von Schmidt-Aßmann, daß sich die Abstimmungsprozesse i m Rahmen des BROP künftig als ein zwischen dem vertikalen Ressortplanungsverbund und integrierter Bund-Länder-Rahmenplanung liegender Mittelweg für den Ausbau bundesstaatlicher Planung erweisen werden 1 6 , erscheint allzu optimistisch. W i l l man eine das gesamte Bundesgebiet betreffende Raumplanung, dann bedarf sie der gesicherten (verfassungsrechtlichen Institutionalisierung und vor allem der Instrumente. Angesichts des starken Koordinations- und Kooperationsbedarfs einer solchen Raumplanung für das Bundesgebiet empfiehlt es sich dabei von vornherein, ein Modell der Bund-Länder-Planung vorzusehen. Als Ansatzpunkt erscheint dabei zwar nicht die bisher i n der Diskussion vor allem angesprochene integrierte Bund-Länder-Rahmenplanung' nach dem ursprünglichen Konzept der Enquete-Kommission Verfassungsreform geeignet, die i n der Tat den Bedürfnissen der Raumordnung nicht gerecht wurde und überhaupt idealistischen Planungsvorstellungen verpflichtet war 1 7 , sondern das neue, flexiblere Modell der Enquete-Kommission Verfassungsreform. ternen Vermerk des Bundesverkehrsministeriums, daß die i m Programm ausgewiesenen großräumig bedeutsamen Achsen ,wegen der Häufigkeit ihres Auftretens 4 noch keine scharfen K r i t e r i e n darstellen, u m die Verkehrsinvestitionsplanungen maßgeblich danach auszurichten. 14 Brenken, Raumforschung u n d Raumordnung, 1975, S. 110 f.; Buchsbaum, D Ö V 1975, S. 551. 15 Überlegungen u n d Vorschläge zur Regelung eines Bundesraumordnungsprogramms i m Rahmen des ROG bei Suderow, S. 124 ff. 16 Innere Kolonisation 1974, S. 212 ( = Eildienst L K r e i s T N W , S. 67); einschränkend dagegen i n der Schlußpassage des Aufsatzes. 17 Das M o d e l l der Enquete-Kommission Verfassungsreform (vgl. Z w i schenbericht B T - D r s VI/3829, S. 45 ff. (Teil 1 V)) ist insbesondere v o n Brenken, i n : Raumordnung u n d Verwaltungsreform, S. 100 ff. i m H i n b l i c k auf die Situation der Raumordnung ausführlich diskutiert u n d wegen seiner durchgängigen Vernachlässigung der Raumordnung zu Recht kritisiert worden. A u f der Basis dieses Modells sind Vorschläge gemacht worden v o n Niemeier, Verfassungsrechtliche Aspekte einer Bund-Länder-Planung, Innere K o l o nisation, 1974, S. 309 u n d Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, S. 154 ff.
§ 21 Bundesstaatliche Rahmenbedingungen
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Danach hat die gemeinsame Rahmenplanung von Bund und Ländern nicht mehr ausschließlich die ihrerseits integrierten umfassenden A u f gabenplanungen von Bund und Ländern zum Gegenstand, sondern nach dem vorgeschlagenen neuen A r t . 28 a GG können Bund und Länder gemeinsame Aufgaben planen, die für die Entwicklung des Bundesgebietes von Bedeutung sind 4 . E i n Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, soll u. a. die Auswahl der Planungsbereiche regeln 18 . Die vorgeschlagene verfassungsrechtliche Regelung wäre danach offen dafür, daß auch die Raumordnung für das Bundesgebiet i n die gemeinsame Rahmenplanung zwischen Bund und den Ländern überführt w i r d ; i m erforderlichen Bundesgesetz können die Einzelheiten über Inhalt, das Verfahren und die parlamentarische Beteiligung i n Bund und Ländern spezifisch für die Erfordernisse eines BROP geregelt werden. Gegen solche Überlegungen hat jüngst Scharpf schwerwiegende Bedenken wegen des hohen Konsensaufwandes i n den vertikalen Bund-Länder-Abstimmungen und wegen der dadurch verursachten Beeinträchtigung der inhaltlichen Qualität der Planung geltend gemacht 19 . Diese These bedarf noch näherer verwaltungswissenschaftlicher Vertiefung. Wenn sich die Vorbehalte von Scharpf als durchschlagend herausstellen sollten, stünden die Chancen für eine Raumordnung für das Bundesgebiet schlecht. Zwar wäre es dem zuständigen Raumordnungsminister des Bundes unbenommen, ein Konzept für den Bund auszuarbeiten und gestützt auf es koordinierend tätig zu werden 2 0 . Dies wäre aber die Rückkehr zur oder die Fortsetzung der persuasorischen Planung auf der Bundesebene. 2. Unabhängig davon, ob i n Zukunft die Raumordnung für das gegesamte Bundesgebiet durch eine Bund-Länder-Planung oder als vom Bund allein verantwortete Bundesraumordnungspolitik betrieben w i r d , bedarf es zur Überwindung der bisherigen Misere der Raumordnung auf der Bundesebene' 21 zumindest einer bislang unterbliebenen entZ u r generellen K r i t i k an dem Modell zusammenfassend S. Marnitz, Die Gemeinschaftsaufgaben des A r t . 91 a GG, 1974, S. 182 f . - 1 8 7 ; vgl. auch Schlußbericht der Enquete-Kommission, B T - D r s 7/5924, S. 164 ff., 166 ff. (Kap. 11, Ziff. 3.3 u n d 4.). 18 Schlußbericht ebd., S. 150 ff., 170 ff., 175 ff. (Kap. 11, Ziff. 1. 2., 5. u n d 6.). 19 Politische Bedingungen der Wirksamkeit raumordnerischer Steuerungsinstrumente, Raumforschung u n d Raumordnung 1976, S. 289 ff. 20 I n diese Richtung zielen die Überlegungen von Scharpf, ebd., S. 293. 21 So der Beirat f ü r Raumordnung i n seiner Stellungnahme zum E n t w u r f des BROP (s. ROB 1974 der BReg. S. 171). Dazu auch die auf den B u n desbereich gemünzte negative Beurteilung des ROG durch Göb, Melancholie der Ohnmacht?, structur 1975, S. 73 ff. Entschiedene K r i t i k an der bisherigen raumgestaltenden P o l i t i k u n d ihrer Ineffizienz auch von der Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Gutachten, S. 312 ff. (Kap. V I Tz. 38 ff.), vgl. auch ebd., S. 340 (Kap. V I Tz. 122) die Aufforderung an den B u n d zur Ausschöpfung seiner Kompetenzen.
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
schlossenen Aktivierung der Bundeskompetenzen. Aber auch dann bleiben Zweifel gegenüber den Chancen einer grundlegenden Änderung. Die konstatierte Schwäche der Bundesraumordnung hat nämlich i m gegenwärtigen Regierungs- und Verwaltungssystem strukturelle Gründe; sie ist systembedingt u n d deshalb nur schwer zu beheben. Beim Bundesraumordnungsminister bestätigt sich die Erfahrungsregel der Praxis von der Schwäche der Koordination durch einen Gleichgestellten 22 i n zugespitzter Form. Der Raumordnungsminister monopolisiert nicht Service-Funktionen, auf die die anderen Ressorts angewiesen sind, wie dies für die bekannten Querschnittsfunktionen Haushalt, Personal und Organisation der Fall ist (oder sein könnte). Der Raumordnung kommt auch kein faktischer Abstimmungszwang wegen der Knappheit der Ressourcen zugute wie dem Finanzminister, und die Raumordnung hat keinen analytisch-informationellen Erkenntnisvorsprung vor den Fachressorts, auf den sich die Koordination und der Einfluß bei der Verteilung der (Finanz)Programme stützen könnte 2 3 . Als verfassungsrechtliche Schranke erweist sich darüber hinaus die vorherrschende extensive Interpretation des Ressortprinzips i n der Literatur 2 4 , nach der die Eigenständigkeit des Ressortministers nur durch Richtlinienentscheidungen oder durch Kabinettsbeschlüsse überholt werden kann. Das sich daraus ergebende System hat W. Ernst als den ,Tod einer wirklichen Raumordnung und Landesplanung' beschrieben 2 5 . Diese zugespitzte Formulierung ist insofern berechtigt, als die überkommene Interpretation von einem Modell der vollständigen und 22
Kölble, Ist A r t . 65 GG überholt?, D Ö V 1973, S. 5 f.; Projektgruppe für Regierungs- u n d Verwaltungsreform, Erster Bericht zur Reform der S t r u k t u r v o n Bundesregierung u n d Bundesverwaltung, S. 21 f.; Scharpf / Mehwald / Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 114 f. (mit der Bemerkung, daß i n der Schwäche des Raumordnungsministers die deutsche Ministerialorganisation den Preis f ü r die relative Leistungsfähigkeit ihrer klassischen M a t r i x - S t r u k t u r bezahlt, die bisher den A u f b a u leistungsfähige Zentralorgane überflüssig habe erscheinen lassen); Scharpf, R a u m forschung u n d Raumordnung, 1976, S. 291 f. 28 Diese Gesichtspunkte sind herausgearbeitet worden von: Scharpf / Mehwald /Schmitges, Politische Durchsetzbarkeit innerer Reformen, S. 114ff.; König, Koordination u n d Regierungspolitik, DVB1. 1975, S. 232 f.; Wettmann, Das hessische Planungssystem, unveröffentl. Gutachten, Ms. S. 20 f.; grundsätzlich zur Koordination durch das Raumordnungsressort, F ab er, Organisationsrecht der Planung, Ms. S. 197. 24 Böckenförde, Die Organisationsgewalt i m Bereich der Regierung, S. 168 ff., 204 ff.; Stern, i n : Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform, Anlagenband zum Ersten Bericht, S. 592 ff., 598 ff.; Friauf, Zentralisierungen i m Personalwesen des Bundes, Gutachten f ü r die Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform 1972, T e i l I ; Kölble, D Ö V 1973, S. 1 ff.; Roesler/Stürmer, Koordinierung i n der Raumordnungspolitik, S. 32 f., 60, 65 ff. Zusammenfassend dargestellt f ü r den hier interessierenden Bereich ist dies Problem v o n Schöler, Die Stellung des f ü r die Raumordnung zuständigen Bundesministers 1976. 25 Möglichkeiten u n d Grenzen der Landesplanung, S. 15.
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gegeneinander trennscharfen Aufteilung von Aufgaben auf die einzelnen Ressorts und von minimalen Integrationsbedürfnissen ausgeht und deshalb dem überfachlichen koordinierenden und integrierenden A n satz der Raumordnung und moderner Planung überhaupt nicht gerecht werden kann. Gegenüber der Situation i n den Ländern kommt für den Bund erschwerend hinzu, daß eine organisatorische Ansiedlung der Raumordnung i m Bundeskanzleramt 26 deshalb ausscheiden dürfte, w e i l der Raumbezug auf der Ebene des Bundes nicht die Relevanz hat, als daß er eine unerläßliche oder vorzugsweise geeignete Grundlage zur Systematisierung der gesamten Politik wäre. Deshalb ist i m Bund auch die — sowieso prekäre — Situation der Raumordnung gegenüber dem Wirtschaftsressort verschärft, w e i l die vorwiegend konjunkturpolitisch und gesamtwirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaftspolitik des Bundes viel weniger Interessen an der Raumordnung hat als die schwergewichtig strukturpolitisch orientierte Wirtschaftspolitik i n den Ländern 2 7 . Als Fazit kann festgestellt werden, daß die These vom Übergewicht der Fachplanungen und sektoralen Programmplanungen als dem derzeit dominanten Typus politischer Planung 2 8 gerade auf der Bundesebene hohe Plausibilität für sich beanspruchen kann. Für die planerischen Zusammenhänge i m Gesamtsystem ist die unzureichende, partiell steigerungsfähige Durchsetzungsfähigkeit des Bundesraumordnungsministers von erheblicher Bedeutung. Dies gilt auch für die landesplanerischen Planungssysteme, w e i l raumordnungspolitische Gesichtspunkte gegenüber den Bundesfachplanungen und Bund-Länder-Planungen wirksam nur auf der zentralen Ebene geltend gemacht werden (können); sonst fallen sie überhaupt aus. Die Einflußmöglichkeiten der Landesplanung der einzelnen Länder können Defizite i m zen26 Dies erwägt Suderow, Bundesraumordnungsprogramm, S. 144, u n d hält Schöler, S. 134 ff. f ü r verfassungsrechtlich zulässig, wobei die Qualifizierung der Raumordnung als Richtlinientätigkeit diese — zumindest auf der Ebene des Bundes — i n ihrer Bedeutung entschieden überschätzt. 27 So zu Recht Faber, a.a.O., S. 199. 28 J. J. Hesse, Die V e r w a l t u n g Bd. 7 (1974), S. 278; H. Mäding, Die V e r w a l t u n g Bd. 8 (1975), S. 316 f.; Wagener, i n : Politikverflechtung, S. 131. Z u m prekären Standort der Raumordnung gegenüber den Bundesfernstraßenplanungen vgl. die breite Diskussion i m Zusammenhang m i t der Fortschreibung des langfristigen Bedarfsplans u n d der Aufstellung des 2. Fünfjahresplans (dazu die Novelle zum Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen v o m 5. Aug. 1976 — B G B l I S. 2093 — u n d den Regierungsentwurf B T Drs 7/4584) i n der Zeitschrift Informationen zur Raumentwicklung 1975, Heft 8 u n d Heft 11. Vgl. i n diesem Zusammenhang auch die lapidare Feststellung i n der Bundesverkehrswegeplanung 1. Stufe (BT-Drs 7/1045, T e x t ziff. 11, S. 13), daß die externe Integration der Verkehrswegeplanung m i t anderen Bereichen, ζ. B. der Raumordnung, n u r längerfristig erreichbar sei; s. i n diesem Zusammenhang auch das Zielsystem der Verkehrswegeplanung, ebenda Textziff. 223, S. 135 f., wobei von 10 Zielen die letzten 3 raumordnerischen Bezug haben, aber gegenüber den monetär bewertbaren fachlichen Zielen n u r schwer zur Geltung gebracht werden können.
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tralen Bereich jedenfalls kaum ausgleichen. Deshalb laufen die verbreiteten und längst Tradition gewordenen Bestrebungen der Länder, die Bundesraumordnung zu minimalisieren 2 9 , partiell ihren eigenen Interessen zuwider 3 0 . Die Schwäche des Bundesraumordnungsministers ist eine Schwachstelle der gesamten Raumplanung. Die Lückenhaftigkeit des raumordnerischen Planungssystems auf zentraler Ebene und i m Bund-Länder-Bereich beeinträchtigt auch die Landesplanung, w e i l die i m Zeichen steigender Verflechtung zwischen Bund und Ländern zunehmenden ,Einschüsse' aus der zentralen und der ,dritten' Ebene i n die Landespolitik raumordnungspolitisch unkoordiniert u n d defizitär sind. Die i m folgenden zu skizzierenden Wirkungen der Gemeinschaftsaufgaben und anderer vertikaler Bund-Länder-Planungsverbundsysteme bestätigen dies. II. 1. Der Störeffekt der vertikalen Versäulung der Fachplanungen auf die horizontalen ,Gesamt'planungen i m Bund und i n den Ländern ist innerhalb kurzer Zeit zu einem der zentralen Themen von Überlegungen zur Planung i m Bundesstaat geworden. I n der selbst nicht langen Geschichte der Gemeinschaftsaufgaben n i m m t diese Problematik gerade schon eine traditionelle Stellung ein. Nach anfänglicher verbreiteter Zustimmung stieß das neue Instrument ab 1971 auf zunehmend scharfe K r i t i k aus den Ländern 3 1 , wobei von Anfang an die Erschwerung der horizontalen Koordination und Integration eine wichtige 29 Die erheblichen Schwierigkeiten bei der Entstehung des BROP sind daf ü r ein deutlicher Beleg; die Analyse dieser Prozesse wäre dingend geboten, u m die Chancen einer A k t i v i e r u n g der Bundesraumordnung überhaupt abschätzen zu können. Es ist bedauerlich u n d unverständlich, daß das Bundesministerium f ü r Raumordnung, Städtebau u n d Wohnungswesen sich gegenüber den notwendigen wissenschaftlichen Versuchen zur Analyse der Reals t r u k t u r der Abstimmungsprozesse äußerst zurückhaltend verhält. 80 Es ist deshalb widersprüchlich, w e n n die Länder eine stärkere Verbindlichkeit des BROP gegenüber den Bundesressorts verlangen u n d dessen Durchsetzung gegenüber den Ressorts von einem Bundesraumordnungsminister erwarten, dessen Position sie i m vertikalen Verhältnis — damit aber auch notwendigerweise generell — minimalisiert haben; exemplarisch f ü r diesen Widerspruch Schönhofer, Raumforschung u n d Raumordnung 1975, S. 229 ff., insbes. S. 224 f. (mit einer so einseitigen Darstellung der Rechtslage — das B V e r f G ist zitiert, ohne daß die von i h m anerkannte Vollkompetenz des Bundes überhaupt erwähnt würde —, daß sie nicht ohne Widerspruch bleiben kann). 31 Umfangreiche Nachweise über die Stellungnahmen der ersten Jahre i n Wissenschaft u n d P o l i t i k bei Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 18-20. Diese A r b e i t bietet einen verläßlichen Überblick über die k a u m noch zu überschauende L i t e r a t u r zu den Gemeinschaftsaufgaben generell (Literaturhinweise auch i n : v. Mangoldt / Klein, Vorbemerkungen I z u m Abschn. V I I I a (S. 2567ff.) u n d bei A r t . 91a (S. 2593f.); vgl. außerdem den Literaturbericht v o n Grawert, Der Staat Bd. 14 (1975), S. 229 ff. sowie v o n M. Melzer u n d W. Zeh, beide i n : F. Schäfer (Hrsg.), Schwerpunkte i m Kräftefeld von B u n d u n d Ländern 1975, S. 43 u n d 64 ff. jeweils unter Auswertung von Materialien der Enquete-Kommission Verfassungsreform.
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R o l l e gespielt h a t 3 2 . I n d e r p o i n t i e r t - p r o v o k a t o r i s c h e n Wagenerschen F o r m u l i e r u n g v o n d e r R e s s o r t , K u m p a n e i 4 i m v e r t i k a l e n Ressortplan u n g s v e r b u n d h a t dieses P r o b l e m e i n e n g r i f f i g e n A u s d r u c k g e f u n d e n 3 3 . D i e faktische U n v e r ä n d e r b a r k e i t der sektoralen, s p a r t e n h a f t e n M e h r E b e n e n - P l a n u n g d u r c h h o r i z o n t a l e I n t e g r a t i o n s b e m ü h u n g e n auf d e r B u n d e s - oder Landesebene g i l t ü b e r d i e echten Gemeinschaftsaufgaben der A r t . 91 a u n d 91 b G G h i n a u s i n d e r d e r z e i t i g e n P r a x i s auch f ü r die v e r d e c k t e n Gemeinschaftsaufgaben, also d e n B e r e i c h d e r I n v e s t i t i o n s h i l f e n nach A r t . 104 a G G 3 4 . Z u s a m m e n m i t d e m sowieso bestehenden sachlich-planerischen V o r s p r u n g u n d der daraus f o l g e n d e n D o m i n a n z der F a c h p l a n u n g e n ergeben sich g e w i c h t i g e R e s t r i k t i o n e n f ü r die L a n des(entwicklungs)planung der Länder. Die generelle Problematik, f ü r d i e sich L ö s u n g e n n u r i m u m f a s s e n d e n K o n t e x t des b u n d e s s t a a t l i c h e n G e s a m t v e r h ä l t n i s s e s v o n B u n d u n d L ä n d e r n f i n d e n lassen w e r d e n , ist h i e r n i c h t w e i t e r z u v e r t i e f e n ; h i e r g e h t es d a r u m , a m B e i s p i e l des einschlägigen Bereichs d e r Gemeinschaftsaufgabe ,Verbesserung d e r r e g i o n a l e n W i r t s c h a f t s s t r u k t u r 4 ( G R W ) 3 5 , d e n k o n k r e t e n F r a g e n nachzugehen. 32 Besonders deutlich u n d f r ü h ist dies a r t i k u l i e r t bei P. Kistner, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne 1973, S. 71 ff., auch S. 67 ff. (zur bundesstaatlichen Programmverflechtung) ; vgl. auch O. Barbarino, DÖV 1973, S. 19 ff. u n d ders., i n : Politikverflechtung, insbes. S. 108 ff. 33 I n : Politikverflechtung, S. 134 f., 146. 34 Eine gewisse Änderung könnte sich aufgrund der Entscheidung des BVerfG, BVerfGE 39, S. 96 ff. ( = N J W 1975, S. 819 m i t A n m . von Müller-Volbehr, S. 1115) ergeben, die i n folgerichtiger Interpretation der bestehenden Rechtslage der U m w a n d l u n g der Finanzierungskompetenz i n eine inhaltliche Kompetenz zur (Mit)Planung einen Riegel vorgeschoben hat. Daß sachlichplanerisch die Beschränkung des Bundes auf die Rolle des Finanziers u n befriedigend ist u n d ein Defizit an inhaltlicher Steuerung u n d A b s t i m m u n g ergibt, ist eine — durch Verfassungsänderung zu lösende — andere Frage. I n diese Richtung zielt auch der Vorschlag der Enquete-Kommission V e r fassungsreform, der i n einem neuen A r t . 104 b eine einheitliche — u n d die Querverbindungen zwischen der inhaltlichen Planung u n d der Finanzierung berücksichtigende — Regelung für die bisherigen Gemeinschaftsaufgaben u n d die Investitionshilfen vorsieht, s. Schlußbericht, B T - D r s 7/5924, S. 150 f., 171 - 174, 178 -180 (Kap. 11, Ziff. 1.2, 5.4, 5.5). Z u r Investitionshilfekompetenz des A r t . 104 a umfassend Müller-Volb ehr, Fonds- u n d Investitionshilfekompetenz des Bundes, 1975. 35 L i t e r a t u r zur G R W : Eberstein (Hrsg.), Handbuch der regionalen W i r t schaftsförderung 1971 ff. (mit breit gestreuten Beiträgen u n d umfassendem Abdruck der einschlägigen Texte u n d des jeweils geltenden Rahmenplans). Z u m vorliegenden Zusammenhang vgl. auch das Themenheft der: Informationen zur Raumentwicklung 1976, Heft 12: Raumordnung u n d Gemeinschaftsaufgabe »Regionale W i r t schaftsstruktur', m i t zahlreichen Beiträgen u n d Literaturhinweisen. — Aus juristischer Sicht R. Schmidt, Rechtsfragen der regionalen Wirtschaftspolitik, AöR 99 (1974), S. 529 ff.; ders., Regionale Wirtschaftspolitik, i n : AöR Beiheft 1, 1974, S. 86 - 105. Z u r Rechtsgrundlage vgl. Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „ V e r besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" v o m 6. Okt. 1969 (BGBl I S. 1861), zuletzt geändert durch Gesetz v o m 23. Dez. 1971 ( B G B l I S. 2140).
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I I . 2. Abschn.: Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
2. Die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ist ein wichtiges Ziel und Problemfeld der Raumordnung; deshalb überschneiden sich Raumordnungspolitik und Regionalpolitik sehr intensiv, ohne daß die Ziele und vor allem die Zielkonkretisierungen übereinstimmen würden. Indem die regionale Wirtschaftspolitik Förderungsaufgaben i n ,wirtschaftsschwachen' Gebieten durchführt, bezieht sie sich auf eines der zentralen raumordnerischen Problemgebiete, nämlich die ,strukturschwachen' Gebiete 36 . U n d indem sich die regionalpolitische Förderung auf räumliche (und sachliche) Schwerpunkte konzentrieren soll 3 7 , scheint auch hier die grundsätzliche Parallele zum raumordnerischen Ziel der Förderung der Gemeinden m i t zentralörtlicher Bedeutung i n den strukturschwachen Gebieten 38 deutlich vorhanden zu sein. Aber schon auf der ersten Konkretisierungs- und Konfrontationsstufe, bei der Gegenüberstellung von BROP und den Rahmenplänen der Gemeinschaftsaufgabe 39 zeigen sich gravierende Divergenzen zwischen den ,Schwerpunkträumen m i t besonderen Strukturschwächen i n der Erwerbsstruktur' und den regionalpolitischen Fördergebieten 40 . Noch deutlicher werden die Überschneidungen und die Divergenzen auf der Landesebene, wo die Landesplanung — unter unterschiedlichen Bezeichnungen i m einzelnen — selbst strukturschwache Gebiete als Fördergebiete, Verbesserungsgebiete u. ä. abgrenzt und Entwicklungsschwerpunkte festgelegt hat, die i n den strukturschwachen Gebieten zumindest die gleiche Entwicklungsfunktion haben wie die Schwerpunktorte der Gemeinschaftsaufgabe 41 . 38 Fördergebiete sind Gebiete, deren Wirtschaftskraft erheblich unter dem Bundesdurchschnitt liegt oder erheblich darunter abzusinken droht, u n d die v o m wirtschaftlichen S t r u k t u r w a n d e l intensiv betroffenen Gebiete, § 1 Abs. 2 Ges über d. GRW. — Vgl. demgegenüber § 2 Abs. 1 Nr. 3 ROG: i n Gebieten, i n denen die Lebensbedingungen i n ihrer Gesamtheit i m Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Z u rückbleiben zu befürchten i s t . . . . 37 § 2 Abs. 1 Satz 3 GRW-G. Z u r Ausweisung der Schwerpunktorte i n den Ländern i m einzelnen u n d kritisch Kummerer / Schwarz / Weyl, S t r u k t u r räumliche Ordnungsvorstellungen des Bundes, S. 109 ff. 38 § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 ROG. 39 Die jeweils einen Z e i t r a u m v o n 4 Jahren betreffenden Rahmenpläne der Gemeinschaftsaufgabe sind enthalten i n B T - D r s VI/2451, 7/401, 7/1769, 7/3601, 7/4742. 40 N u r etwa 78 °/o der Fläche u n d 60 % der Bevölkerung der Schwerpunkträume des BROP sind gleichzeitig auch Fördergebiete der G R W ; 47°/o der Fläche u n d 20°/o der Einwohner außerhalb der Schwerpunkträume zählen zusätzlich zu den Fördergebieten, vgl. ROB 1974 der BReg S. 76 m i t H i n weisen auf die unterschiedlichen Zielkonkretisierungen u n d Planungsmethoden der beiden Politikbereiche. 41 Bezeichnend ist die Entwicklung i n Hessen: Das Landesraumordnungsprogramm T e i l A sieht i n Ziff. 8 Abs. 4 »gewerbliche Schwerpunktorte' ( = zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur i n i h r e m Verflechtungsbereich geeignete zentrale Orte) als eigene Kategorie vor. Dementsprechend enthielt der
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A m a u g e n f ä l l i g s t e n i l l u s t r i e r e n die b e k a n n t e n Z a h l e n d e n b e d e u t e n d e n S t e l l e n w e r t d e r Gemeinschaftsaufgabe: d i e F ö r d e r g e b i e t e n a c h d e n R a h m e n p l ä n e n erfassen 58 - 62 % d e r Fläche des Bundesgebietes u n d 33 % d e r B e v ö l k e r i m g 4 2 . A u c h w e n n diese A n g a b e n w e g e n des S c h w e r p u n k t p r i n z i p s r e l a t i v i e r t w e r d e n müssen u n d d i e F ö r d e r g e b i e t e ζ. T . n u r noch als »Förderkulisse 4 g e l t e n k ö n n e n 4 3 , b l e i b t doch d i e Z a h l v o n 312 - 327 S c h w e r p u n k t o r t e n recht hoch, d i e ü b e r d i e enge A n b i n d u n g d e r F ö r d e r g e b i e t e des Investitionszulagengesetzes a n d i e R a h m e n p l a n u n g genauso f ü r d i e I n v e s t i t i o n s z u l a g e n g e l t e n 4 4 . N i m m t m a n h i n z u , daß v i e l e s t r u k t u r s c h w a c h e G e b i e t e z u g l e i c h l ä n d l i c h e G e b i e t e sind, also d e m B e r e i c h d e r Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung d e r A g r a r s t r u k t u r u n d des Küstenschutzes 4 u n t e r f a l l e n , d a n n w i r d d e u t l i c h , i n w e l c h e r sachlichen B r e i t e d i e b e i d e n v e r t i k a l e n P l a n u n g s v e r b ü n d e 4 5 zentrale Aufgabenfelder der Landesplanung ausfüllen u n d konkretisieren. V o n d e r f i n a n z i e l l e n Seite w i r d diese B e u r t e i l u n g n o c h e i n d r u c k s v o l l b e s t ä t i g t . D i e i m R a h m e n d e r Gemeinschaftsaufgabe v e r p l a n t e n regionalpolitischen Förderungsmittel, z u denen die i m Beitrag m i n destens g l e i c h h o h e n M i t t e l nach d e m I n v e s t i t i o n s z u l a g e n g e s e t z z u Landesentwicklungsplan von 1971 (Landesentwicklungsplan Hessen '80, Heft 1, S. 14 f.) eine Ausweisung von 34 gewerblichen Entwicklungsschwerpunkten. 1974 wurde die Präjudizierung dieser landesplanerischen Kategorie durch die Gemeinschaftsaufgabe formell durch Änderung des L E P anerkannt: die gewerblichen Entwicklungsschwerpunkte sind danach i m Bereich der Fördergebiete m i t den Schwerpunkten der GRW identisch, vgl. L E P Hessen '80 Heft 4, S. 2 u n d 3 f. 42 Vgl. ROB 1972 der BReg, S. 95. 43 Ob das Schwerpunktprinzip i n der Praxis w i r k l i c h so konsequent durchgeführt w i r d , w i e es das verbreitete Stichwort von der bloßen ,Förderkulisse' suggeriert, ist zweifelhaft, vgl. dazu die Angaben i m ROB 1974 der BReg, S. 77. 44 M i t der sog. Fördergebietsverordnung, die die BReg m i t Zustimmung des Bundesrats erläßt, w i r d jeweils die Gebietskulisse des InvestitionszulagenG m i t den Fördergebieten der R G W i n Übereinstimmung gebracht. Dam i t ,partizipiert' das I n v Z u l G an den planerischen Prozessen i m Rahmen der G R W ; die traditionelle konditionale S t r u k t u r dieses Gesetzes u n d die relativ vorhersehbare Ausfüllung seiner zahlreichen sehr unbestimmten Rechtsbegriffe ist n u r möglich, w e i l das I n v Z u l G i n dieser Weise die Planungsergebnisse der GRW rezipiert. Z u den Rechtsgrundlagen vgl. I n v Z u l G 1969 v. 18. August 1969 (BGBl I S. 1211); I n v Z u l G 1973 i . d . F . v. 12. Okt. 1973 ( B G B l I S. 1493); I n v Z u l G 1975 i. d. F. v. 24. Febr. 1975 ( B G B l I S. 529); Fördergebietsverordnung 1972 v. 13. Nov. 1972 ( B G B l I S. 2085). Fördergebietsverordnung 1976 v o m 23. Jan. 1976 ( B G B l I S. 177), 2. Fördergebietsverordnung 1976 v o m 1. Dez. 1976 ( B G B l I S. 3275). 45 Z u r K r i t i k an der Organisation der sachlich nicht zu trennenden A u f gabenbereiche der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur u n d der A g r a r s t r u k t u r i n zwei getrennten Planungsverbünden Jochimsen, Aufgabenplanungssystem, B u l l e t i n der BReg Nr. 57, 1970, S. 955 f.; Jochimsen ! Treuner, Staatliche Planung i n der BR, i n : Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Β 9/1974, S. 36 ff. Die Koordinationsprobleme der i n sich nachhaltig versäulten v e r t i kalen Verbundsysteme miteinander erscheinen k a u m befriedigend lösbar.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
rechnen sind, müssen als einer der wichtigsten Finanzblöcke innerhalb der raumwirksamen M i t t e l gelten. N u n bedeutet die Breite der Aufgabenüberschneidung keineswegs, daß die Landes(entwicklungs)planung i m gesamten Bereich und i n voller Intensität durch den vertikalen Verbund präjudiziert würde. Die rechtlichen Regelungen über die Gemeinschaftsaufgaben enthalten i m Gegenteil einige diesen Tendenzen entgegenlaufende Grundsätze. Nach überwiegend vertretener Auffassung können die einzelnen Länder neben den gemeinsam geplanten Programmen grundsätzlich auch zusätzliche eigene Förderungsprogramme aufstellen, solange sie die gemeinsamen Mehrheitspläne nicht stören; die Gemeinschaftsaufgabe hat keine ,Sperrwirkung' 4 6 . Wichtiger noch sind die Regelungen der Entscheidungsprozesse: Aufgrund des Anmeldeverfahrens u n d des sogenannten Sitzlandvorbehalts (Art. 91 a I I I Satz 2 GG) können die einzelnen Länder rechtlich nicht nur verhindern, daß Vorhaben gegen ihren Willen auf ihrem Gebiet geplant und gefördert werden; diese Bestimmungen implizieren darüber hinaus konzeptionelle Vorplanungen der einzelnen Länder vor der Anmeldung, die ihnen schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Planungsprozesses eine abgestimmte sachliche Argumentationsbasis ermöglichen 47 und damit inhaltlich nicht gering zu schätzende Einflußfaktoren geben können. Wenn es den Ländern i m Wege der horizontalen Koordination oder Integration gelingt, diese fachlichen Vorplanungen und damit die Anmeldungen durch die Landes(entwicklungs)planung zu beeinflussen, können sie i n der Tat m i t der Landes(entwicklungs)planung ,vor die Gemeinschaftsaufgabe kommen' 4 8 . Die reale Tragweite dieser nach der Legalstruktur eröffneten, aber sehr voraussetzungsvollen Chance ist nur schwer einzuschätzen. A m ehesten dürfte sich der Einfluß der Landes(entwicklungs)planung, Durchsetzung i n der Horizontalen vorausgesetzt, bei finanziell beding46 J. Abr. Frowein, Gemeinschaftsaufgaben i m Bundesstaat, V V D S t R L 31 (1972), S. 31 ff.; Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 84ff. jeweils m i t L i t e r a turangaben u n d Darlegungen über die Grenzen u n d Probleme dieses G r u n d satzes; vgl. auch Grawert, Der Staat 14 (1975), S. 211 m i t dem Fazit, daß für eigene I n i t i a t i v e n der Länder n u r wenig Raum bleibe. — Einen Eindruck von der Unübersichtlichkeit v o n nebeneinander herlaufenden Bundes- u n d L a n desprogrammen (Stand Ende 1970) v e r m i t t e l t die f ü r sich selbst sprechende K a r t e i n ROB 1972 der BReg, S. 97. 47 Diesen Gesichtspunkt sowie die Bedeutung einer fundierten Sachkenntnis u n d eines abgestimmten Konzepts i m Planungsverfahren ist überzeugend herausgearbeitet worden von Marnitz, Gemeinschaftsaufgaben, S. 76, 79 - 88, 106 ff., 118 - 122. 48 So M i n D i r i g . Kappert (Nds. Staatskanzlei) i n der Podiumsdiskussion, i n : Koordination u n d integrierte Planung, S. 149 f. (dort nicht wörtlich zitiert), m i t dem wichtigen Hinweis darauf, daß Voraussetzung dieser Strategie eine Planung i m Gesamtrahmen aller Aufgaben ist.
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ten Kürzungen verwirklichen lassen, w e i l dann während der Entscheidungsprozesse vom einzelnen Land Kürzungsvorschläge gemacht werden können, die sich auf eigene landes(entwicklungs)planerische Prioritätsentscheidungen stützten. Das eigentliche Problemfeld taucht bei Divergenzen i n konzeptioneller Hinsicht auf, wie sie gerade i m Bereich der regionalen Wirtschaftspolitik und Raumordnungspolitik i n den sehr unterschiedlichen Schwerpunktkonzepten von Bayern einerseits und dem Bund und einer Mehrzahl der Länder andererseits bestehen 49 . A n diesem Fall, der einer näheren Analyse bedarf, zeigt sich dann die Mediatisierung des einzelnen Landes und seiner Landes(entwicklungs)planung bzw. der damit zusammenhängenden regionalen Strukturpolitik durch die Mehrheitsentscheidung i m vertikalen Planungsverbund 5 0 ebenso deutlich wie die dem einzelnen Land verbleibenden Chancen, i m Vollzug der Gemeinschaftsaufgaben doch wieder eigene Wege zu gehen. Das Schwerpunktprinzip w i r d eben i n der bayerischen Praxis i n signifikant geringerem Maße durchgeführt als i n anderen Ländern 5 1 . Uber das i n der Vertikalen bestehende Konfliktfeld darf jedoch das Ausgangsproblem dieser Überlegungen nicht vergessen werden, nämlich der prekäre Stand der ,Gesamt'planung eines Landes gegenüber der vertikalen Ressortkumpanei; der sachlich-planerische Hintergrund dieser Situation ist die verbindende fachspezifische Denkweise der Ressorts und der analytische Erkenntnisvorsprung der Wirtschaftspolitik gegenüber der Raumordnung und — i n geringerem Maße — gegenüber einer informationell gut abgestützten integrierten Entwicklungsplanung. Symptomatisch dafür ist gerade i n der letzten Zeit die Neuabgrenzung der Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe und die i h r notwendig vorausliegende neue Zielkonkretisierung der regionalen Wirtschaftspolitik auf der Basis des neuen Konzepts der sog. Arbeitsmarktregionen und umfassender statistischer Daten 6 2 . Die Raumord49 Vgl. ROB d. Bay StaatsReg 1971, S. 150 u n d ROB 1973, S. 113 ff.; s. auch insgesamt unten § 27 m i t Nachweisen. 50 Darauf weist Kisker, Der Staat 14 (1975), S. 77 Fn. 24 i n Auseinandersetzung m i t Marnitz hin, siehe auch Grawert, ebenda, S. 241 f. Weitere F o r t schritte i n diesem Problembereich sind ohne konkrete verwaltungswissenschaftliche Analse nicht zu erwarten. Insoweit muß die rechtswissenschaftliche L i t e r a t u r die Ergebnisse der Fallstudien von Scharpf / Reissert / Schnabel, Politikverflechtung, 1976 erst noch verarbeiten, die belegen, daß die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes i n den bilateralen Entscheidungsprozessen v o r der Finanzreform größer w a r e n als jetzt bei den Gemeinschaftsaufgaben. 51 Nach den Angaben i m ROB 1974 d. BReg., S. 77 entfallen i n den nordu n d westdeutschen Fördergebieten mehr als 7 0 % der geförderten Arbeitsplätze auf Schwerpunkte, i n Bayern dagegen k a u m mehr als 40 °/o. « Vgl. dazu den 4. Rahmenplan GRW (BT-Drs 7/3601, S. 5 ff.) u n d ROB 1974 d. BReg. S. 65, 76 ff.
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
nung kann diesen Vorsprung nicht einholen, sie kann allenfalls dieses Instrumentarium übernehmen, worauf einige Indizien schon hinweisen 53 . I I I . 1. E i n weiterer ausgesprochener Störfaktor aus dem Bereich des Bundes ist i n der Perspektive der Landes(entwicklungs)planung die Konjunkturpolitik. Dabei enthielten gerade die Konjunkturprogramme der Jahre 1974 - 75 54 eine Reihe von Programmteilen, die die Förderung kommunaler Infrastrukturprojekte betrafen, die unmittelbar zur Verwirklichung landesplanerischer Ziele beitragen können, wenn sie entsprechend den landesplanerischen Plänen eingesetzt werden. ,Vor' die konjunkturellen Förderungsprogramme des Bundes zu kommen, sie also inhaltlich i m Sinne einer optimalen raumwirksamen Wirkung zu steuern, ist für die Landes(entwicklungs)planung schon deshalb kaum möglich, w e i l die Konjunkturpolitik unter ganz anderen Zielsetzungen operieren muß: ausschlaggebend ist bei ihnen die möglichst rasche I n i tialzündung, eine Auslösung von Kettenreaktionen; i m , Windhund verfahren' 5 5 erhält den Zuschlag, wer fertige Projektpläne vorlegen kann. Die Landesplanung kann angesichts dieses direkten Durchgriffs auf einzelne Projekte auch hier nur versuchen, bei der Anmeldung nur solche Vorhaben zu befürworten, die generell ins landesplanerische Konzept passen. Eigene positive Prioritätsvorstellungen, i m Zeichen entwicklungsplanerischer Bemühungen ein wichtiger Faktor, kann sie nicht zum Tragen bringen. Sie kann auch die vom Bund (oder Bund-LänderMehrheit) zu treffende Auswahl der zu fördernden Arten von Infrastruktureinrichtungen 5 6 nur wenig beeinflussen m i t dem möglichen Ergebnis, daß das Land einige nach seinem Konzept für wichtig gehaltene Einrichtungen nicht mehr finanzieren kann, wenn die anteilige Finan53
ROB 1974 d. BReg. S. 63, 65 ff. Einmaliges Sonderprogramm f ü r Gebiete m i t speziellen S t r u k t u r p r o blemen (Bekanntm. v. 8. Febr. 1974, BAnz. Nr. 30 v. 13. Febr. 1974, S. 2) enth ä l t i n T e i l A Finanzhilfen zum Ausbau der gewerbenahen öffentl. I n f r a struktur. — Sonderprogramm d. BReg. zur Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StabG (Bekanntmachung i m BAnz. Nr. 181 v. 27. 9.1975, S. 6, B T - D r s 7/2589) enthält einen gewichtigen Programmteil »Kommunale I n f r a strukturinvestitionen 4 . — Programm zur Stärkung v o n B a u - u n d anderen Investitionen (BT-Drs 7/4013), enthält ein Sonderprogramm zur Förderung der kommunalen I n f r a s t r u k t u r i n Höhe v o n 600 M i l l . D M , also einschließlich des Länderanteils v o n 1,2 M r d . D M , m i t einer genauen Umschreibung der zu fördernden Projekte, dazu Tietmeyer, Städte- u n d Gemeindebund 1975, S. 262. — Das »Einmalige Sonderprogramm 4 v o m 8. Febr. 1974 verstieß gegen A r t . 104 a Abs. 4 GG, w e i l die Bundesregierung m i t den Ländern kein f ö r m liches Verwaltungsabkommen abgeschlossen hatte, die Entscheidung über die Einzelvorhaben selbst vorgenommen u n d die Finanzhilfen unter Umgehung der Länder direkt an die Gemeinden ausgezahlt hatte, BVerfGE 41, S. 291. 54
65
Vgl. dazu die Literaturangaben bei Zacher V V D S t R L 25 (1967), S. 31 f. Die Detaillierung der Projektarten w a r besonders auffällig beim Prog r a m m zur Stärkung von B a u - u n d anderen Investitionen 1975 (vgl. Fn. 53). 56
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zierung der vom Bund geförderten Projekte die M i t t e l erschöpft hat. Wie stark der Störeffekt durch das Windhundverfahren und durch die sektoral begrenzte Förderungspolitik auf das landes(entwicklungs)planerische Bemühen ist, gebündelte, sachlich komplementäre Entwicklungsmaßnahmen für bestimmte Teilräume oder für einzelne Orte durchzuführen, läßt sich — mangels detaillierter Untersuchungen — exakt nicht sagen; eine erhebliche Wirkung kann jedoch vermutet werden. Die kurzfristigen ,Einschüsse' von dämpfenden und ankurbelnden konjunkturellen Programmen i n die mittel- und langfristig angelegten Investitionsplanungen und die Veränderung von deren Tempo sind bislang i n der Praxis systematisch noch nicht verarbeitet. Einen konzeptionellen Rahmen für die hier anstehenden Probleme enthält der Vorschlag von Jochimsen / Knobloch / Treuner 57 zur Koordination von Landesentwicklungsplanung und Konjunktursteuerung: danach soll das Landesentwicklungsprogramm, das als mittelfristiges und die Prioritäten präzisierendes Instrument verstanden wird, i n 4 Prioritätsgruppen untergliedert sein: dabei soll die Gruppe I die auf jeden Fall zu verwirklichenden Vorhaben, Gruppe I I die bei der geplanten Entwicklung des Haushalts vorgesehenen, bei Konjunkturüberhitzung aber auszusetzenden und Gruppe I I I die normalerweise noch nicht, bei A n kurbelungsmaßnahmen aber vorzuziehenden Projekte umfassen. I n Gruppe I V schließlich sollen die Vorhaben aufgeführt werden, die i m nächsten Landesentwicklungsprogramm erste Priorität haben sollen, u m Vorplanungen zu ermöglichen. Angesichts des sehr hohen A n spruchsniveaus dieses Vorschlags verwundert es nicht, daß Ansätze zur Verwirklichung dieses Vorschlags i n der Praxis kaum vorliegen; i n Niedersachsen w i r d die mittelfristige Planung, die als Verbindung von Aufgaben- und Finanzplanung konzipiert ist, alternativ für 2 Ausgabenrahmen aufgestellt, ohne daß jedoch die — vermutlich auch unrealistische — Perfektion des erwähnten Vorschlags erreicht wäre 5 8 . 2. Besondere Belastungen bringt der gesamtwirtschaftlich ausgerichtete Zyklus der Konjunkturpolitik für die strukturschwachen Gebiete. I n der Hochkonjunktur werden sie von den die Investitionstätigkeit einschränkenden Dämpfungsmaßnahmen u. U. gerade zu dem Zeit57
Gebietsreform u n d regionale S t r u k t u r p o l i t i k 1971, S. 88 ff. Vgl. Mittelfristige Planung Niedersachsen 1974 - 1978, hrsg. v o m Nds. MinPräs. — Staatskanzlei — u n d v o m Nds. Minister der Finanzen, A p r i l 1975. Der mögliche G e w i n n dieser Alternativplanungen ist jedoch durch den Umstand i n Frage gestellt, daß auch die untere Variante durch die K o n j u n k t u r e n t w i c k l u n g als überholt gelten muß, so Wagener, i n : Koordination u n d integrierte Planung, S. 146. Z u r Änderung der Planung innerhalb des alten mittelfristigen Planungskonzepts durch die neue Landesregierung L T Drs 8/1567 u n d Debatten v o m 13. u n d 18. M a i 1976, 8. WP, 41. u n d 43. Sitzung, StenoProt. Sp. 3664 ff. u n d Sp. 3911 ff. 68
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I I . 2. Abschn. : Grundlinien der landesplanerischen Planungssysteme
punkt getroffen, i n dem sich der Aufschwung endlich auch bei ihnen bemerkbar macht. Eine regionale Spaltung oder Differenzierung ist dem gegenwärtigen stabilitätspolitischen Instrumentarium fremd; ein dahingehender Gesetzesentwurf des Bundesrats, nach dem der Vollzug der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur' i m Interesse einer Verstetigung der Entwicklung von Dämpfungsmaßnahmen ausgenommen bleiben sollte 59 , wurde abgelehnt. I n der Rezession andererseits können die strukturschwachen Gebiete zwar wie andere von der Arbeitslosigkeit betroffene Gebiete arbeitsmarktpolitische Förderungsmaßnahmen erhalten; die m i t Investitionszuschüssen verbundenen eigentlichen konjunkturpolitischen Ankurbelungsbemühungen müssen sich jedoch auf die am ehesten kurzfristig auf Spritzen , anspringenden' wirtschaftsstarken (und zugleich politisch krisenanfälligen) Verdichtungsgebiete konzentrieren. Die langfristig angelegte Raumordnungspolitik i n den strukturschwachen Gebieten kann deshalb von den finanzaufwendigen K o n j unkturförderungsmaßnahmen eine besondere Berücksichtigung nicht erwarten.
69 B T - D r s 7/499: E n t w u r f eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität u n d des Wachstums der Wirtschaft; der E n t w u r f wurde auch v o n 7 Sachverständigen bei einem Hearing überwiegend abgelehnt, vgl. woche i m bundestag, Ausgabe 9/1976 — V/276.
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