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German Pages 1088 [1106] Year 1901
Ankündigung. Die indogermanische Altertumskunde will die Ursprünge der Ciyilisation der indogermanischen Völker an der Hand der Sprache und der Altertümer, sowohl der prähistorischen wie der geschichtlichen, ermitteln. Was auf diesem an Ergebnissen und Streitfragen reichen Arbeitsgebiet bis jetzt geleistet worden ist, soll das vorliegende R e a l l e x i k o n d e r i d g . A l t e r t u m s k u n d e zusammenfassen und weiter ausbauen. Zu diesem Zwecke stellt sich das Werk auf den Boden der historisch bezeugten K u l t u r A l t e u r o p a s , wo die Wurzeln und der Schwerpunkt der idg. Völker liegen, löst dieselbe unter geeigneten Sehlagwörtern in ihre Grundbegriffe auf und sucht bei jedem derselben zu ermitteln, ob und in wie weit die betreffenden Kulturerscheinungen ein gemeinsames Erbe der idg. Vorzeit oder einen Neuerwerb der einzelnen Völker, einen selbständigen oder von aussen entlehnten, darstellen. So kann das Reallexikon zugleich als G r u n d z ü g e e i n e r K u l t u r - und V ö l k e r g e s c h i c h t e Alteuropas bezeichnet werden, indem die Rekonstruktion vorgeschichtlicher Zustände nicht sowohl Selbstzweck, als Hilfsmittel zum Verständnis der geschichtlichen Verhältnisse sein soll. Im allgemeinen begnügt sich das Werk damit, das e r s t e Auftreten einer Kulturerscheinung festzustellen und ihre weitere Geschichte den Altertumskunden der idg. Einzelvölker zu überlassen, für die das Reallexikon eine Einleitung und Ergänzung sein möchte. Ein besonderer Nachdruck ist auf die T e r m i n o l o g i e der einzelnen Kulturbegriffe gelegt worden, da es die Absicht des Werkes ist, den kulturhistorischen Wortschatz der idg. Sprachen, was hier znm ersten Mal versucht wird, als Ganzes sachlich und übersichtlich ZÜ ordnen, sowie sprachlich zu erklären. Dabei sind ausser den eigentlichen Kulturbegriffen auch solche Begriffe als selbständige Artikel in das Reallexikon aufgenommen worden, welche für die Kulturentwicklung, die Wanderungen, die Rassenzugehörigkeit der idg. Völker sowie für die Urheimatsfrage, die einer erneuten Prüfung unterzogen wird, irgendwie von Bedeutung sein können. Preis des vollständigen Werkes: in Halbfranz gebunden J t 30.
X L , 1048 S. geheftet Jt 27,
REALLEXIKON DER
INDOGERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE.
REALLEXIKON DER
INDOGERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE. GRUNDZÜGE EINER
KULTUR- UND VÖLKERGESCHICHTE ALTEUROPAS
VON
O. SCHRÄDER.
STRASSBURG, VERLAG VON KARL J. TRÜBNER 1901. Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
Inhalt. I. Vorrede II. Reallexikon III. Anhang
p.
VII-XL
S.
1—1006
S. 1007-1048
1. Nachträge und Berichtigungen . . 2. Literaturnachweise 3. Sprachennachweise (Abkürzungen)
. S. 1008—1026 S. 1027—1046 . S. 1047—1048
Vorrede. Durch F r a n z I i o p p und die von ihm begründete Vergleichende Grammatik ist festgestellt- worden, dass die meisten Sprachen Europas, nämlich das Griechische, das Lateinisc he mit seiner romanischen Nachkommenschaft, das Keltische, Germanische, Litauische, Slavische und Albanesische zusammen mit verschiedenen asiatischen Sprachen, dem Indisches, Iranischen und Armenischen, eine Spracheinheit in historischem Sinne bilden. Die Verwandtschaft aller dieser Sprachen k a n n also nur unter d e r Annahme verstanden werden, dass sie von einer ihnen allen zu Grunde liegenden (indogermanischen) U r s p r a c h e abstammen, die von einem (indogermanischen) U r v o l k gesprochen worden sein muss. Diese Forderung eines indogermanischen Urvolks aber eröffnet zugleich für die g e s c h i c h t l i c h e und k u l t u r g e s c h i c h t l i c h e F o r s c h u n g einen weiten Ausblick. Denn es ist klar, dass, wie etwa die griechische oder lateinische oder deutsche Grammatik nicht ohne Kenntnis ihrer indogermanischen Vorgeschichte verstanden werden kann, so auch die Geschichte der materiellen und geistigen Kultur der indogermanischen Völker uns erst dann vollkommen deutlich werden wird, wenn es gelingt, ihre Wurzeln in der indogermanischen Urzeit aufzuspüren. F ü r diejenigen wissenschaftlichen Bemühungen, welche auf die Lösung dieser Aufgabe gerichtet sind, hat sich mehr und mehr die Bezeichnung I n d o g e r m a n i s c h e A l t e r t u m s k u n d e festgesetzt, deren Forschungsgebiet also die Zeiträume von den ersten nachweisbaren Zusammenhängen der Indogennanen bis zum Anheben der ältesten historischen Nachrichtcn bei den Einzelvölkern umfasst, und es f r a g t sich zunächst, welche Mittel der Wissenschaft zur Verfügung stehn, um in Epochen einzudringen, aus denen naturgemäss j e d e schriftliche Kunde fehlt. Diese Mittel sind teils s p r a c h l i c h e , teils s a c h l i c h e , oder, wenn man lieber will, teils s a c h l i c h e , teils s p r a c h l i c h e . Da es aber zweifellos die S p r a c h w i s s e n s c h a f t gewesen ist, die sich z u e r s t den hier gestellten Aufgaben widmete, so wird es gestattet sein, mit der Charakterisierung ihres Anteils an den Bestrebungen der Indogermanischen Altertumskunde zu beginnen. Indem die Vergleichende Sprachwissenschaft den Wortschatz der indogermanischen Ursprache erschliesst, gelingt es ihr zugleich festzu-
VIII
Vorrede.
stellen, welche Kulturbegriffe schon damals ihre sprachliche Ausbildung gefunden hatten. Aus zwei urverwandten Gleichungen wie scrt. ävi-, griech. oiq, lat, ovis, ahd. oit, lit. atcts, altsl. ovlca und scrt. urnä, lat. läna, got. wulla, lit. wilna, altsl. vlüna lernen wir, dass das S c h a f und seine W o l l e dem Urvolk-bereits bekannt waren, aus scrt. däma-, griech. bö/ioq, lat. domus, altsl. domü und scrt. dvä'räu, griech. 6upa, lat. fores, got. daiir, lit. dürys, altsl. dmrl, dass man schon damals H ü t t e n m i t T h ü r e n besass, aus einer Sprachreihe wie scrt. rudhird-, griech. epu9pö. W. Leists, die Diskussion auf „historisch-eohaerenten" Boden, d. h. eben auf idg. Gebiet beschränkt zu haben, wie er denn auch mit uns die Herrschaft des sog. Mutterrechts in indogermanischer Vorzeit leugnet. Bemerkt nuiss übrigens werden, dass die ethnologische Forschung (vgl. namentlich Grosse Die Formen der Familie und d. F . der Wirtschaft Freiburg i. B. und Leipzig 1896 S. 9 ff.) in neuster Zeit zu wesentlich anderen Vorstellungen über Ursache und Geschichte des Mutterreehts wie früher gekommen ist. Grosse Vorteile auf a n d e r e n Gebieten erhofft H. H i r t aus einer engen Verbindung von indogermanischer Altertumskunde und Vergleichender Ethnologie. „Bei unserer Aufgabe", sagt er in der 41. Sonntagsbeilage der Vossisehen Zeitung 189(5, „können wir die Ethnologie oder Völkerkunde nicht mehr entbehren. Sie h a t die modernen primitiven Völker untersucht und bei ihnen Zustünde gefunden, die man als a l l g e m e i n e E n t w i c k l u n g s s t u f e n d e r M e n s c h h e i t ansehn darf. Das Ziel der Völkerkunde geht dahin, die noch jetzt vorhandenen Kulturstufen der Menschheit in ein Entwicklungsystem zu bringen, dadurch die Geschichte der Menschheit zu ergründen . . . . Soviel stellt fest, dass uns die Völkerkunde oft genug ein Verständnis der Zustände im eignen Hause ermöglicht luit. F ü r d i e E r s c h l i e s s u n g d e r Urzeit- i s t s i e g e r a d e z u u n e n t b e h r l i c h . " Und in den Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik III. Folge, XV, 4 6 3 heisst es: „Die Anschauungen über die w i r t s c h a f t l i c h e n Z u s t ä n d e der Indogernianen haben sehr geschwankt. Die ältere Wissenschaft sah in ihnen ein ideales Naturvolk, das den Ackerbau und die Viehzucht kannte. V. Hehn hat dieser Ansicht den Todesstoss versetzt. Er, der russische Zustände lange vor Augen gehabt hatte, suchte das kulturelle Niveau der Indogernianen herab/.udrückcn In der neueren Zeit ist aber die Ethnologie auf den Kampfplatz der Geister getreten, und ihre Forschungen mussten auch die Ansichten über unsere Vorzeit, ändern." Auch wir sind der Meinung, dass die Vergleichende Ethnologie über manche Institution, v o r a u s g e s e t z t , d a s s d i e s e l b e d u r c h d i e im o b i g e n g e s c h i l d e r t e n , auf idg. B o d e n s i c h d a r b i e t e n d e n M i t t e l als indogermanisch erkannt worden ist, helleres Lieht verbreiten kann, sind aber andererseits der Meinung, dass H. Hirt in der Hereintragung wirklicher oder vermeintlicher, von modernen Naturvölkern abstrahierter Entwicklungsschemata in die Kulturgeschichte der Schräder, RcaUuxlUon. III
XXXIV
Vorrede.
Indogerrnanen öfters zn weit geht 1 ) (näheres s. u. A c k e r b a u und be sonders u. V i e h z u c h t ) . Die Hauptsache wird immer die Erschliessung des indogermanischen Altertums mit indogermanischen Mitteln sein.
Was auf diesem, wie wir geselni haben, an Ergebnissen und Streitfragen reichen Arbeitsgebiet bis jetzt geleistet worden ist, soll das vorliegende R e a l l e x i k o n d e r i n d o g e r m a n i s c h e n Altertumsk u n d e zusammenfassen und weiter ausbauen. Der feste Boden für die Anlage eines Reallexikons ist, wenn es sich um die Altertumskunde eines einzelnen Volkes handelt, in den historisch bezeugten Altertümern eben dieses Volkes gegeben. Nicht so einfach lagen die Dinge bei dein gegenwärtigen Werk. Denn es ging natürlich nicht an, bloss solche Gegenstände und Begriffe dem Wörterbuche einzuverleiben, für welche die Herkunft aus der idg. Urzeit dem Verfasser feststand oder festzustehen schien. Hätte doch alsdann häufig dasjenige als schon bekannt oder erwiesen vorausgesetzt werden müssen, \vas erst ermittelt und erwiesen werden sollte. Gleichwohl war auch hier für die Auswahl der zu behandelnden Kulturerscheinungen nach einem s c h o n g e g e b e n e n Ausgangspunkt zu 1) Ein Beispiel dafür, wie dieser Gelehrte auf dem genannten Wege zuweilen in Widerspruch mit seinen eigenen, aus rein idg. Verhältnissen abgeleiteten Thesen gerät, ist das folgende. Die Vergleichende Ethnologie lehrt nach Grosse a. a. 0 . S. 36, dass mit dem Ackerbau, den Hirt im Gegensatz zu Hehn als die ältest erreichbare Wirtschaftsform der Indogerrnanen erweisen möchte (vgl. I. F. V. 395 ff.), der wirtschaftliehe Schwerpunkt von der männlichen auf die weibliche Seite verlegt werde. Thatsächlich giebt es altidg. Völker, z. B. die Germanen, bei denen der Frau ein Anteil an diesem Erwerbszweig zugeschrieben wird (vgl. Tac. Genn. Cap. 15). „Infolgedessen", lehrt nach Hirt die Ethnologie weiter, „finden wir bei allen primitiven Gesellschaften, die sich vorwiegend auf den Ackerbau stützen, eine matriarchalische Familienform oder doch die Spuren einer solchen." Auch das scheint für die Germanen zuzutreffen, da Hirt die schon oben genannte Stelle aus Tacitus Germania: sororum filiis etc. trotz Delbrück nur als „Spur einstigen Mutterrechts" auffassen zu dürfen glaubt (a. a. 0 . S. 400). Demgegenüber spricht nun Hirt an einem anderen Orte (Hettners Geogr. Z. IV, 383) ganz in Einverständnis mit uns die Ansicht aus, dass die I n d o g e r rnanen „zweifellos" Mutterrecht und Mutterfolge n i c h t gekannt hätten, sondern vielmehr die Vaterfolge bei ihnen geherrscht habe. Demnach müssten also die Germanen erst n a c h der Völkertrennung mutterrechtliche Gewohnheiten angenommen, und da Mutterrecht und Ackerbau nach Hirt auf das engste ursächlich zusammenhängen, auch erst n a c h der Völkertrennung zum Ackerbau übergegangen sein. So scheint mir also auf diesem Wege gerade das Gegenteil von dem bewiesen zu werden, was bewiesen werden soll, nämlich dass der Ackerbau urindogermanisch sei.
Vorrede
suchen.
Dieser
liess sich in der G e s a m t h e i t
i s c I i c 111 B o d e n finden.
Auf
XXXV
historisch
diesem
.Schwerpunkt der
liegt,
bezeugten wenn
idg. Völker,
tritt uns die Gesittung
der auf
alteuropä-
K u l t u r z u s t ä n d e unschwer
nicht
die
Wurzeln,
so
doch
der
und schon von vorhistorischer Zeit an
der e u r o p ä i s c h e n
Indogermanen als eine im
L a u f e der Z e i t sich immer einheitlicher gestaltende K u l t u r g e m e i n s c h a f t entgegen, an der die Inder und Iranier, unter dem D r u c k der sie umgebenden Kulturen des Orients in ihrer idg. E i g e n a r t frühzeitig untergegangen,
keinen T e i l
historisch
mehr
bezeugten
das vorliegende W e r k ,
haben.
A u f diesen festen B o d e n
Kultur
löst
dieselbe
Alteuropas unter
der
stellt sich also
geeigneten
Schlagwörtern
in ihre Grundbegriffe auf und sucht bei j e d e m derselben zu
ermitteln,
ob und in w i e weit die betreffenden Kulturerscheinungen indogermanisch oder unindogermanisch sind, ob und in w i e w e i t sie ein gemeinsames Erbe
der
idg. Vorzeit
oder
einen Neuerwerb der
einzelnen
Völker,
einen selbständigen oder von aussen entlehnten u. s. w., darstellen.
Es
soll somit die Gesamtheit des alteuropäischen K u l t u r g u t s auf seine idg. Provenienz hin g e p r ü f t werden.
Neben
der Geschichte des
und des H u n ) oder den Trinobanten Mandubracius (V, 20), deren Väter noch den Königsstuhl inne gehabt hatten. Man wird sich den Vorgang s o denken dürfen, d a s s d e r von d e n reges g e s c h a f f e n e p o l i t i s c h e B e g r i f f d e r cicitas e r h a l t e n blieb, auch wenn der betreffende re.r gestorben oder gestürzt, und an Stelle des Königtums eine Prinzipats- oder andere Verfassung getreten war. Der Kampf aber um den Königsrang bricht immer aufs neue wieder aus, und zieht sich durch die ganze caesarischc Epoche, wie es Caesar II, 1 selbst schildert: Ab nonmdlis etiam (Gallia sollicitabatur), quod in Gallia a potentioribus atque iis, qui ad conducendos ho min es facultaten habebant (also ganz in der oben geschilderten Weise), culgo regna occupabantur, qui minus facile eam rem imperio nostro consequi poterant. Doch setzt Caesar auch selbst reges ein i V. ö-l). Ganz ähnlich werden die Dinge bei den G e r m a n e n verlaufen sein. Auch hier werden politische Wellen, welche die Könige emportrugen, mit solchen gewechselt haben, die sie ( u n t e r E r h a l t u n g d e s B e g r i f f e s regnum, rihho, cicitas) wieder stürzten. Auf eine solche mag das
König
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Zurücktreten des Wortes reiks (s. o.) in den germanischen Sprachen zurückzuführen sein. Die germanischen Völker wenigstens, die Caesar kannte, lebten damals in Prinzipatstaaten (VI, 23in pace nullus est communis magistratus). Tacitus nennt, wie schon ohen bemerkt, beides. Prinzipat- und Königsstaaten. Eine straffere Anspannung der königlichen Gewalt herrschte nach ihm im Norden und Osten des germanischen Völkergebietes (Cap. 4H: Trans Lt/gio* Gotones regnantur paulo iam adduetius quam ceterae Germanorum gentes, nondum tarnen supra libertatem. protinus deinde ab Oceano liugii et Lemovii; omniumque harum gentium insigne erga reges obsequium. Cap. 4 4 : Üuionum Jänc cicitates est apud Mos et opibus honos, eoque unu* imperitat nullis iam exceptionibus, non precario iure parendh. Eine ähnliche Rolle wie die ambacti bei den Galliern spielen in den germanischen Königsstaaten die liberti (Cap. 2 5 : Liberti non multum supra servos sunt, raro aliquod momentum in domo, nunquam in cicitate, e-veeptis dumta.vat iis gentibus quae regnantur. ibi enim et super ingenuos et super nobiles ascendunt: apud ceteros sunt). impares Jibertini übertat in argumentum Die hier vorausgesetzte Entwicklung wäre hypothetischer, als sie ist, wenn sie nicht in den s I a v i s c h e ir V e r h ä l t n i s s e n i h r e v o l l k o m m e n e E n t s p r e c h u n g f ä n d e . W a s das keltische *rigs für die Oermanen, ist in vieler Beziehung das germanische ahd. chuning u. s. w. f ü r die Slaven geworden. Aus ihm stammt altsl. künegü, lünedzi, künezt ,Fürst (vgl. altpr. konagis ,König', lit. kitningas ,Pfarrer , cigentl. .Herr", auch tinn. kitningas u. s. w. ,König'). Wollen die slavischen Chronographen den Hegriff wirklicher Herrschaft, des wirklichen Regierens im Staate im Gegensatz zu dem blossen Verwalten in einem Landesteile ausdrücken, so müssen sie sich des entlehnten knjazen'ie, knjazit/ gegenüber dem einheimischen rlasti, vladett (s. o.) bedienen (vgl. Ewers Das älteste Rccht der Russen S. 96). Als „Knäse" (kün^zi) werden die skandinavischen Waräger von den Slaven herbeigerufen. „Unser Land", sagen sie, ..ist gross, gut und mit allem gesegnet, aber keine Ordnung ist darin: kommt bei uns „Knäse" zu sein und uns zu regieren" (Schlözers Nestor 11, 154 f.). Charakteristisch ist auch, dass wie das gallische ambactus in das Germanische, so aus letzterem mehrere Bezeichnungen liir Diener des F ü r s t e n in das Russische eingedrungen sind. So altruss. tiunü, ticunü, tivonü ,eine Art Amtsperson' (vgl. auch lit. tijunas ,Amtiuann') aus altn. pjönn ,Diener, S k l a v e , altruss. gridt ,Leibwächter, Gefolgsmann' aus altn. grib ,Wohnort, Heimat mit dem Nebenbegriff des Dienstverhältnisses' igribmaür ,Diener"), altruss. jahednikü .eine Art Beamter' aus altn. ambevtti (vgl. W . Tliomsen Ursprung des russischen S t a a t s S. 135 f.) u. a. Noch lehrreicher sind aber die s ii d s 1 a v i s c Ii e n Verhältnisse (vgl. Krauss a. a. O. S. 2Uf.). Natürlich fingen auch hier allmählich mehrere S t ä m m e
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K ö n i g — Kopfbedeckung-.
(plemena) an, in eine politische Einheit (cicitas) zu v e r s c h m e l z e n . „ D a s m ä c h t i g s t e pleme b e a n s p r u c h t e für sich eine gewisse O b e r h o h e i t über die übrigen, und sein Oberhaupt, der iupan, nahm einen d e m e n t s p r e c h e n d e n höheren R a n g über die übrigen zupani ein. S o e n t w i c k e l t e sich unter den Südslaven aus kleinen A n f ä n g e n der Staat. Ursprünglich w a r d e r bedeutendste unter den zupani bloss d e r primus int er pares, er hiess in Serbien veliki zupan (der grosse zupan), in K r o a t i e n d a g e g e n e r h i e l t er f r ü h z e i t i g d e n f r e m d e n N a m e n knez. Knez zur Bezeichnung des obersten aller V o l k s h e e r f ü h r e r ( v o j v o d e ) erhielt sich bis in die G e g e n w a r t in d e r C r n a g o r a " . Und w e i t e r : „Unter knez Tomislav und seinen N a c h f o l g e r n im X . J a h r h u n d e r t e r s t a r k t e in Kroatien immer mehr die Machtstellung des knez und in demselben H a s s e schwand die Macht der zupani d e m knez g e g e n ü b e r , dem sie nicht mehr als G l e i c h b e r e c h tigte, sondern als Unterthanen galten. D e r knez war nun ein w i r k l i c h e r H e r r s c h e r , ein K ö n i g g e w o r d e n " . Mit knez wechselt die Bezeichnung kralj (altsl. krall ,König', russ. koroli, alb. kral' , f r e m d e r König', ngriech. Kpa\r|q, auch tiirk. kral u. s. w.), n a c h Miklosich (Et. W.) und anderen ebenfalls eine E n t l e h n u n g , und z w a r aus dem N a m e n K a r l s des Grossen. Dieselbe Entwicklung, wie sie sich in sprachlicher u n d sachlicher Beziehung gleichsam vor unseren A u g e n bei den S l a v e n in ihrem Verhältnis zu den G e r m a n e n abspielt, setzen wir, n u r in einer älteren Zeit, bei den G e r m a n e n in ihrem V e r h ä l t n i s zu den K e l t e n voraus. K o n k u b i n a t , s. B e i s c h l ä f e r i n . K o p f b e d e c k u n g . Eine einzige Bezeichnung dieses Begriffes lässt sich ü b e r den Boden d e r Einzelsprachcn hinaus verfolgen. E s ist d a s auch u. H e l m g e n a n n t e germanische a h d . huot, agls. höd neben agls. heett, altn. höttr = lat. cassis. Doch k a n n die vorhistorische B e d e u t u n g dieser S i p p e a u c h noch eine a b s t r a k t e (vgl. ahd. huota ,Hut', »Vorsicht', von dem m a n huot ,pileus' k a u m wird trennen wollen) gewesen sein, w o f ü r d a s Verhältnis von got. hilms ,Helm' : seit. 1) vorgeschrieben, und sehr früh ist das
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Malve — Mandelbaum.
W o r t im Angelsächsischen (mealtce, engl, mallow) einheimisch geworden. D e r Gebrauch der Pflanze zu Nahrungszwecken ist aber im Norden, wie es scheint, durch den neuaufgekommenen S p i n a t (s. d.), beseitigt worden, so dass nur die Anwendung der Pflanze als Heilmittel (noch j e t z t Malventhee etc.) bestehen blieb. Auf hochdeutschem Boden hat sich lat. malva erst in ganz j u n g e r Zeit eingebürgert. Der alte N a m e ist das dunkle papula, babula (Hildegardis). Ausserdem begegnen dialektisch die merkwürdigen Ausdrücke Kattenkees, Kattenkäse, Käslik r a u t , Käskräutchen, Käsepappeln, Katzenkäsichen etc. (vgl. Pritzel und Jessen Die deutschen Volksnamen d. Pflanzen S. 229). Vermutlich ist in ihnen die volksetymologische Verdrehung nach Katze und Käse (die vom Kelch umgebene F r u c h t der Malve gleicht einem Käselaibchen) eines alten, im Angelsächsischen bewahrten Namens der Pflanze cottuc zu erblicken, für den Hoops Altengl. Pflanzennamen S. 76 des Suffixes we.ren keltischen Ursprung vermutet. Der gemeinslavische Name der Malve ist slfzü (vgl. Miklosich Et. W . s. v.). Über die griech.-lat. yto\öxiva-molochina, in denen man allgemein Gewebe aus den Fasern der Malve vermutet, vgl. Vf. Handelsgeschichte und Warenkunde S. 216ff. — S. u. G a r t e n , G a r t e n b a u . Malz, s. B i e r . M a n d e l h a u n i . Amygdalus communis L. ist einheimisch in Vorderasien (Afghanistan, Transkaukasien, Kurdistan, Mesopotamien). Nach Griechenland ist der Baum eingeführt worden. Der Name seiner F r u c h t begegnet zuerst bei Phrynicbus, einem Dichter der älteren Komödie, als NaEia äiairfbaXri (Athen. II, p. 52). E t w a s später nennt Xenophon Anab. IV, 4, 13 ein ot|nuTböi\ivov XP'^M«,- das er in Armenien f a n d . Bei Theophrast heisst der Baum äjuirfbaXfi. Das Wort, dessen Deutung vielleicht Auskunft über die genauere Herkunft des Baumes geben könnte, ist noch völlig dunkel (vgl. die bisherigen Versuche zu seiner E r k l ä r u n g bei Muss-Arnolt Transactions of the American pliil. assoc. X X I I I , 106). Ebenso unaufgeklärt wie auuTbotXii ist der lakonische N a m e der Mandel |iouiaipo