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German Pages 312 Year 2005
Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke
Band 84
Qualifikationskonflikte im OECD-Musterabkommen und deutschen Doppelbesteuerungsabkommen am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft Von
Marcus Geuenich
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
MARCUS GEUENICH
Qualifikationskonflikte im OECD-Musterabkommen und deutschen Doppelbesteuerungsabkommen am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft
Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke
Band 84
Qualifikationskonflikte im OECD-Musterabkommen und deutschen Doppelbesteuerungsabkommen am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft Von
Marcus Geuenich
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Wintersemester 2003 / 2004 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-11610-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Für Susanne und Isabelle
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2003/2004 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Joachim Lang, der sich bereit erklärte, diese Arbeit zu betreuen und durch seine zahlreichen Hinweise und Anregungen ganz entscheidend zum Gelingen beigetragen hat. Mein herzlicher Dank gilt ebenfalls dem Korreferenten, Herrn Prof. Dr. Klaus Tipke, für die kurzfristige Anfertigung seines Gutachtens. Besonderen Dank schulde ich auch den aktiven und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Steuerrecht der Universität zu Köln für ihre vielfältige Unterstützung, insbesondere Frau Prof. Dr. Johanna Hey und Herrn Dr. Joachim Englisch. Bereits während meines Studiums habe ich die kreative und angenehme Arbeitsatmosphäre am Institut für Steuerrecht schätzen gelernt. In gleicher Weise zu Dank verpflichtet bin ich den Kolleginnen und Kollegen im Berliner Büro der Partnerschaft Flick Gocke Schaumburg für ihre engagierte und tatkräftige Unterstützung bei der Fertigstellung dieser Arbeit. Danken möchte ich auch Frau Dr. Bettina Lieber, die mir stets für Diskussionen zur Verfügung stand und durch ihre zahlreichen Aufsätze mit Herrn Manfred Günkel das Schrifttum zum Thema dieser Arbeit in besonderer Weise geprägt hat, meinem in vielfacher Hinsicht „Leidensgenossen“ Herrn Dr. Guido Bodden für seine vielen aufmunternden Worte und Herrn Dr. Thomas Winkemann, der im Jahre 1999 meine Aufmerksamkeit auf das Thema dieser Arbeit lenkte. Zu mehr als Dank bin ich meinen Eltern Marie-Anne Geuenich, geb. Dahmen, und Peter Geuenich, verpflichtet, die neben meinem Studium auch diese Arbeit – insbesondere die Drucklegung – in jeder Hinsicht unterstützt und mir durch ihre positive und freundliche Art im (juristischen) Leben vieles erleichtert haben. Widmen möchte ich diese Arbeit meiner Frau Susanne Plöger, die mich immer wieder liebevoll unterstützt, motiviert und bestärkt hat und stets zuversichtlich blieb, dass diese Arbeit eines Tages auch (endgültig) fertiggestellt würde, sowie meiner Tochter Isabelle Geuenich, die mit ihrer Geburt freundlicher Weise so lange gewartet hat, bis das Manuskript weitgehend abgeschlossen war. Berlin, im Januar 2005
Marcus (Marco) Geuenich
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erstes Kapitel Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
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A. Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung im internationalen Steuerrecht – Abgrenzung zum IPR . . . . . . II. Merkmale von Qualifikationskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen von Qualifikationskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführendes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Doppelbesteuerung von Einkünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keinmalbesteuerung von Einkünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Minderbesteuerung von Einkünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 13 15 17 17 19 19 20 21 21
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung einer (atypisch) stillen Gesellschaft im deutschen und ausländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . a) Einzelheiten des gesetzlichen Typus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische Formen einer stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Charakteristika einer stillen Gesellschaft – Zwischenergebnis . . . . . 2. Existenz und Ausgestaltung im ausländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsform einer stillen Gesellschaft verfügbar . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Tschechien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragliche Ersatzkonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 23 23 24 27 28 29 29 29 31 31 32 33 34 34 36 36
6
Inhaltsverzeichnis II. Besteuerung einer atypisch stillen Gesellschaft im innerstaatlichen deutschen und ausländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerliche Behandlung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Typisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Partiarisches Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerliche Behandlung im ausländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tschechien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungen zur atypisch stillen Gesellschaft im deutschen Abkommensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Differenzierte Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . a) Differenzierte Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Undifferenzierte Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 38 39 42 44 45 45 46 47 48 49 50 52 59 60 60 61 61 62
Zweites Kapitel Abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft nach dem OECD-Musterabkommen
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A. Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auslegung unter Berücksichtigung der deutschen Besteuerung . . . . . . . . . . II. Auslegung unter Berücksichtigung der Sicht des anderen Vertragsstaats . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen des OECD-MA . I. Zusammenspiel der Art. 7, 10 und 11 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem ausländischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Transparente Besteuerung im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorliegen von Unternehmensgewinnen nach Art. 7 OECD-MA . . . b) Zurechnung einer Betriebsstätte nach Art. 5 OECD-MA . . . . . . . . . aa) Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Überwiegende Ansicht im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ansicht von Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69 70 72 72 73 78 79 79 81
Inhaltsverzeichnis bb) Rechtsprechung des BFH und der FG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ansicht der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abweichendes Besteuerungskonzept im anderen Vertragsstaat . . . . . . . a) Subsumtion unter den Dividendenartikel Art. 10 OECD-MA . . . . . aa) Kein Vorliegen einer Qualifikationsverkettung . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorliegen einer Qualifikationsverkettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Auslegung des Dividendenartikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auslegung des Vermeidungsartikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Atypisch stille Beteiligung als „sonstiger Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung einer Qualifikationsverkettung durch Art. 10 Abs. 3 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subsumtion unter den Zinsartikel Art. 11 OECD-MA . . . . . . . . . . . . c) Auslegung des Vermeidungsartikels (Methodenartikels) . . . . . . . . . . aa) Herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum . . bb) OECD-Musterkommentar – OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships . . . . . . . . . . . (1) Bisheriges Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Neues Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ansicht der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schrankenrechtscharakter von Abkommen . . . . . . . . . . . . . . (2) Auslegung nach den Grundsätzen des WÜRV . . . . . . . . . . (a) Auslegung von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA . . . . . . . (b) Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA . . . . . . . (3) Begründung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Auffassung von Krabbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Generelle Anwendung des Zinsartikels Art. 11 OECD-MA unabhängig von dem Besteuerungskonzept im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . a) Kein zivilrechtliches Verständnis der Zinsdefinition . . . . . . . . . . . . . b) Atypisch stille Gesellschaft keine „Forderung jeder Art“ . . . . . . . . . 4. Betriebsstättenvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung des BFH – Urteil vom 21.07.1999 . . . . . . . . . . . . . . b) Auffassungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 82 86 87 93 94 95 97 99 100 102 103 104 108 114 114 116 119 121 122 122 127 129 129 130 131 134 140 141 144 146 148 150 152 153 154 155
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Inhaltsverzeichnis aa) Verhältnis von „Dividenden zahlender Gesellschaft“ und „Geschäftstätigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatsächliche Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Atypisch stille Beteiligung eines im Ausland Ansässigen an einem inländischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
155 157 161 162
Drittes Kapitel Abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft in ausgewählten deutschen DBA A. Abkommensrechtliche Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft I. DBA-Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem Luxemburger Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorrangigkeit des Dividenden- oder Zinsartikels (Art. 13 und 14 DBA-Lux) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderregelung für Unternehmensgewinne in Nr. 11 des Schlussprotokolls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Atypisch stille Beteiligung eines in Luxemburg Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. DBA-Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem österreichischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Öst . . . . . . . . . b) Konkurrenz zwischen Unternehmens- und Zinsartikel (Art. 7 und 11 DBA-Öst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorliegen einer „Vermögensbeteiligung“ i. S. v. Abs. 3 des Schlussprotokolls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Switch over-Klausel – Notifikationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Atypisch stille Beteiligung eines in Österreich Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Abkommensrechtliche Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Differenzierte Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. DBA-Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem spanischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163 163 163 164 165 165 170 171 172 172 173 173 175 176 184 185 188 189 189 190 190 191
Inhaltsverzeichnis aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Spa . . . . (1) Verhältnis der Sätze 1 und 2 von Art. 10 Abs. 4 DBASpa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Spa . . . . . . . . . . . cc) Eingreifen des Betriebsstättenvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypisch stille Beteiligung eines in Spanien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. DBA-Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem Schweizer Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Sch . . . . bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Sch . . . . . . . . . . . cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-Sch . . . dd) Konzeption des Vermeidungsartikels – Zwischenergebnis . . . . b) Atypisch stille Beteiligung eines in der Schweiz Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. DBA-Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem belgischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Bel . . . . . bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Bel . . . . . . . . . . . cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-Bel . . . b) Atypisch stille Beteiligung eines in Belgien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Undifferenzierte Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. DBA-Tschechien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem tschechischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Tch . . . . bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Tch . . . . . . . . . . . b) Atypisch stille Beteiligung eines in Tschechien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. DBA-USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem US-amerikanischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-USA . . . bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-USA . . . . . . . . . .
9 191 191 194 198 200 200 202 203 203 204 204 212 213 214 217 217 217 219 219 220 221 222 222 223 223 223 224 227 230 231 231 233 233 236
10
Inhaltsverzeichnis cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-USA . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Auslegung des Vermeidungsartikels – switch over-Klausel . . . ff) Auslegung des Vermeidungsartikels – subject to tax-Klausel . . gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypisch stille Beteiligung eines in den USA Ansässigen an einem deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikationskonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237 238 239 244 246 246 248
Viertes Kapitel Abkommensrechtliches Instrumentarium zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten A. Vermeidung von Qualifikationskonflikten auf Ebene der Verteilungsnormen . I. Unmittelbare und mittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels . . . . . . 1. Unmittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dividendenartikel des OECD-MA und ausgewählter deutscher Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zinsartikel des OECD-MA und ausgewählter deutscher Abkommen . . 3. Auswirkungen von Qualifikationsverkettungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vermeidung von Qualifikationskonflikten auf Ebene der Vermeidungsnormen I. Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Subject to tax- und switch over-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. DBA-Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. DBA-Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. DBA-USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen von subject to tax- und switch over-Klauseln – Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249 249 249 250 252 254 254 257 258 260 261 261 262 263 264 266 267
Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Gerichtsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Verwaltungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Einleitung Abkommensrechtliche Qualifikationskonflikte entstehen naturgemäß aus grenzüberschreitenden Beteiligungsstrukturen. Die Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) verstehen das gemeinsame Abkommen mit Blick auf die betreffende Beteiligungsstruktur unterschiedlich: Während aus Sicht des Quellen- oder Betriebsstättenstaats etwa eine intransparent besteuerte Kapitalgesellschaft vorliegt, ist der betreffende Gesellschafter aus Sicht seines Wohnsitzstaats an einer transparent zu besteuernden Personengesellschaft beteiligt. Ferner können hybride Beteiligungen1, als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital, wie Zinsaufwand den Gewinn einer Gesellschaft mindern und eine dem entsprechende abkommensrechtliche Einordnung nach sich ziehen. Als Folge von Qualifikationskonflikten können Einkünfte auf Ebene des jeweiligen nationalen Steuerrechts der Vertragsstaaten insgesamt doppelt („schwarze Einkünfte“), aber auch nicht („weiße Einkünfte“) oder nur der Höhe nach beschränkt („graue Einkünfte“) besteuert werden. Eine grenzüberschreitend strukturierte atypisch stille Gesellschaft verdeutlicht in besonderer Weise die Probleme, die aus einer unterschiedlichen abkommensrechtlichen Einordnung resultieren können. Eine „stille Gesellschaft“ ist zwar in einer Vielzahl europäischer Rechtsordnungen verfügbar, jedoch herrscht, was die Ausgestaltung und rechtliche Einordnung im Einzelnen betrifft, in den Worten von Burmester2 eine „stille Steuerunordnung“. Signifikante Unterschiede finden sich sowohl im jeweiligen nationalen Handels- und Gesellschaftsrecht, als auch im Steuerrecht der Vertragsstaaten. Entsprechendes gilt für Staaten, in denen eine „stille Gesellschaft“ allein auf vertraglichem Wege realisiert werden kann. Hinzu treten unterschiedliche Formulierungsstandards deutscher DBA sowie das Fehlen entsprechender Vorgaben im OECD-Musterabkommen (OECDMA) unter Einschluss des einschlägigen offiziellen Kommentars. Der abkommensrechtlichen Einordnung von Personengesellschaften und insbesondere dem Umgang mit Qualifikationskonflikten widmete sich in den Jahren 1993 bis 1997 eine aus Vertretern der Finanzverwaltungen formierte Arbeitsgruppe der OECD. Deren 1999 erstatteter Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships3 schlug Änderungen des OECD1 Zum Begriff vgl. D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 ff. 2 In: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (123). 3 Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999.
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Einleitung
MA und des einschlägigen offiziellen Kommentars vor, die im Rahmen der Revision des Jahres 2000 Berücksichtigung fanden. Im Vorgriff auf die Revision des OECD-MA 2000 erging das BMF-Schreiben vom 28.12.19994 zur „Steuerliche[n] Behandlung von Gewinnanteilen aus atypischen stillen Beteiligungen nach den DBA“. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die genannten OECDQuellen möchte die Finanzverwaltung deutsche DBA im Fall einer grenzüberschreitend strukturierten atypisch stillen Gesellschaft so verstanden wissen, dass insgesamt eine Minderbesteuerung von Gewinnanteilen („graue“ oder „schwarze“ Einkünfte) ausbleibt. Ein dem entgegen stehendes BFH-Urteil vom 21.7.19995 ist nach dem BMF-Schreiben vom 28.12.1999 „über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden“. Das angeführte Urteil bildet den (vorläufigen) Schlusspunkt einer im Schrifttum und der Finanzrechtsprechung geführten Kontroverse, die im Kern die abkommensrechtliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft zum Gegenstand hatte. Auslöser war ein obiter dictum im BFH-Urteil vom 31.5.19956 und eine entsprechende Stellungnahme des Vorsitzenden Richters am BFH Wassermeyer7, wonach es zweifelhaft sei, ob eine atypisch stille Beteiligung an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft überhaupt als Betriebsstätte im Sinne des Abkommens anzusehen ist. Die vorliegende Arbeit untersucht Ursachen und Auswirkungen von Qualifikationskonflikten am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft unter dem Regime des OECD-MA 2000 und ausgewählter deutscher DBA. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob und inwieweit die von der Finanzverwaltung missbilligten negativen Qualifikationskonflikte de lege lata der Konzeption der angeführten Abkommen entsprechen. Das vorliegende Manuskript berücksichtigt die einschlägige Literatur sowie Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen bis Ende Dezember 2003.
4 5 6 7
BStBl. I 1999, S. 1121. BStBl. II 1999, S. 812. BStBl. II 1995, S. 683 (685). F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49.
Erstes Kapitel
Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten Das erste Kapitel behandelt am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten. Um die möglichen Ursachen derartiger Konflikte zu beleuchten, wird die gesellschaftsrechtliche Verfügbarkeit und die steuerrechtliche Behandlung einer (atypisch) stillen Gesellschaft im deutschen Recht und anhand einiger ausländischer Rechtsordnungen untersucht. Die unter den ausländischen Rechtsordnungen getroffene Auswahl orientiert sich an deutschen Abkommen, deren Regelungen zur (atypisch) stillen Gesellschaft einen häufiger anzutreffenden Formulierungsstandard repräsentieren.
A. Qualifikationskonflikte Die Begriffe „Qualifikation“ und „Qualifikationskonflikt“ sind – abgesehen von wenigen Ausnahmen – nicht Bestandteil eines steuerlichen Tatbestands1. An ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen knüpfen sich grundsätzlich keine Rechtsfolgen. Die genannte Terminologie hat im Wesentlichen ordnende Funktion, die es gestattet, gleichartige Probleme zusammenzufassen und den Versuch zu unternehmen, gemeinsame Regeln zu entwickeln2. I. Bedeutung im internationalen Steuerrecht – Abgrenzung zum IPR Im internationalen Steuerrecht3 hat sich die Verwendung des Begriffs „Qualifikation“ weit gehend eingebürgert4. Das Schrifttum stellt diese Terminologie seit 1932 in einen steuerlichen Kontext5. In einigen deutschen Abkommen ist 1 Abs. 21 Protokolls zum DBA-USA 1989 (letzter Absatz), siehe im dritten Kapitel B. II. 2. a) ee); Art. 28 Abs. 1 S. 2 des neuen DBA-Österreich 2000, siehe im dritten Kapitel A. II. 1. e). 2 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 152; J. M. Mössner in: FS für SeidlHohenveldern, S. 403 (420). 3 Zum Begriff H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 1 Rn. 1.5. 4 Kritisch K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 151; B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306; J. M. Mössner in: FS für Seidl-Hohenveldern, S. 403 (417); H. Debatin, DStR 1992, Beihefter zu Heft 23, S. 1 (7) spricht von einer „geheimnisvollen Plakatierung“ unter der „alles oder nichts unterzubringen“ sei.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
ebenso von Qualifikation die Rede6, wie in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)7 und der Finanzgerichte (FG)8. Der Begriff Qualifikation entstammt dem internationalen Privatrecht (IPR). Bei Sachverhalten, die einen Bezug zu mehreren ausländischen Rechtsordnungen aufweisen, bestimmen die Vorschriften des IPR, welche (innerstaatlichen) Vorschriften zur Anwendung gelangen9. Die Bestimmung der maßgeblichen Rechtsordnung versteht das IPR als Qualifikation10. Im internationalen Steuerrecht meint Qualifikation hingegen die Subsumtion eines beide Vertragsstaaten berührenden Sachverhalts unter die Verteilungsnormen11 eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA)12. Die Verteilungsnormen lassen sich mit Kollisionsnormen des IPR nicht vergleichen, weil die Rechtsfolge nicht in der Verweisung auf eine der beteiligten (innerstaatlichen) Rechtsordnungen besteht. Die genannten Vorschriften normieren eine vom rein innerstaatlich wirkenden Steuerrecht verschiedene Abstimmung der Besteuerungsrechte zwischen Wohnsitz- und Quellenstaat, um – neben den Vermeidungsnormen von DBA13 – eine Doppelbesteuerung von Einkünften und Vermögen zu vermeiden14. 5 E. Herzfeld, Probleme des internationalen Steuerrechts unter besonderer Berücksichtigung des Territorialitätsproblems und des Qualifikationsproblems, Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht 1932, S. 422 (456); zur weiteren Entwicklung J. M. Mössner in: FS für Seidl-Hohenveldern, S. 418 ff. 6 Abs. 21 Protokolls zum DBA-USA 1989 (letzter Absatz), siehe im dritten Kapitel B. II. 2. a) ee); Art. 28 Abs. 1 S. 2 des (neuen) DBA-Österreich 2000, siehe im dritten Kapitel A. II. 1. e). 7 BFH-Urteil v. 5.7.1990, BFH/NV 1991, S. 146 (147); v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (446); v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (813) = IStR 1999, S. 721 (722) = FR 1999, S. 1361 (1362). 8 FG Hamburg v. 14.11.1995, EFG 1996, S. 240 (241); FG Rheinland-Pfalz v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175. 9 Vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. 10 H. J. Sonnenberger in: Münchener Kommentar zum BGB, Einl. zum IPR, Rn. 1. ff.; A. Heldrich in: Palandt, BGB, Einl. v. EGBGB 3 (IPR), Rn. 27. 11 Siehe im zweiten Kapitel B. I. 12 H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (7); T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 1; wohl zustimmend K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 90 ff.; die Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (813) = FR 1999, S. 1361 (1362) = IStR 1999, S. 721 [722]), und der FG (Urteil des FG Hamburg v. 14.11.1995, EFG 1996, S. 240 sowie Urteil des FG Rheinland-Pfalz, EFG 1999, S. 175) verwendet den Begriff ebenfalls, wenngleich nicht auf DBA beschränkt (BFH-Urteil v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 [446]). 13 Dazu eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) sowie – in Grundzügen – nachfolgend III. 14 H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (7); J. M. Mössner in: FS Seidl-Hohenveldern, S. 403 (420); B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306; Ausführlich zur Abgrenzung vom IPR S. Riemenschneider, Abkommensberechtigung von Personengesellschaften und abkommensrechtliche Behandlung der Einkünfte aus Beteiligungen inländischer Gesellschafter an ausländischen Personengesellschaften, S. 44; K. Vogel in:
A. Qualifikationskonflikte
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II. Merkmale von Qualifikationskonflikten Der Terminus Qualifikationskonflikt findet im internationalen Steuerrecht keine einheitliche Konturierung15. Piltz versteht den Begriff in einem weiten Sinne, wonach ein Qualifikationskonflikt entsteht, wenn die Vertragsstaaten ein und denselben Sachverhalt unter verschiedene Abkommensvorschriften subsumieren16; insofern werde keine Besonderheit von DBA benannt, weil grundsätzlich jede Rechtsnorm unterschiedlich ausgelegt werden kann17. Vogel weist einem Qualifikationskonflikt engere Grenzen18, indem eine unterschiedliche Auslegung des Abkommens auf Begriffe beschränkt wird, die zugleich im innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten Verwendung finden19. Einen vermittelnden Ansatz vertreten Schaumburg20, Debatin21 und – mit gewissen Einschränkungen – die einschlägigen OECD-Quellen22, die unter der Bezeichnung Konfliktlagen verstehen, in denen ein DBA ohne Abkommensverstoß unterschiedlich interpretiert wird; mit anderen Worten ist weder die Auslegung des einen noch die des anderen Vertragsstaats unzutreffend23. Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 151; R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 37; Zum Verhältnis der Regelungen von DBA zu den Vorschriften des EStG im zweiten Kapitel B. I. 15 Zur Systematisierung von Qualifikationskonflikten B. Hannes, Qualifikationskonflikte im Internationalen Steuerrecht, S. 122; D. J. Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 107 ff. m. w. N.; jüngst – mit Blick auf das OECDMusterabkommen 2000 und den einschlägigen offiziellen Kommentar (OECD-Musterkommentar) – A. Schnitger/A. Benecke, RIW 2002, S. 439. 16 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 ff.; B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306; ähnlich T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/ Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 9 ff. (28). 17 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (23): „Entscheidend hieran ist, dass es auch bei Qualifikationskonflikten um die Auslegung von Rechtsnormen geht, nicht um „etwas anderes“ oder um „mehr“ oder „weniger“.“ (Anführungszeichen im Original). 18 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 152. 19 Vogel (in: Vogel/Lehner, DBA, Rn. 153) meint z. B. den in Art. 17 OECD-MA verwandten Begriff „Sportler“, der im deutschen EStG keine Entsprechung findet. 20 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.81 ff. (16.85). 21 H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (7 ff.); ders. DStR 1992, Beihefter zu Heft 23, S. 1 (7). 22 OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships, Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999, S. 27 ff.; Nr. 32.1 ff. des OECD-Musterkommentars 2000 zu Art. 23 OECD-Musterabkommen [dazu eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) bb)]. Danach kommt es zu einem Qualifikationskonflikt („conflict of qualification“), „where the residence and source States apply different articles of the convention on the basis of differences in their domestic law“. 23 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16 Rn. 16.82; H. Debatin, DStR 1992, Beihefter zu Heft 23, S. 1 (7); unklar erscheint die Position von Kluge (Das Internationale Steuerrecht, R 65 ff.), der sich zunächst gegen eine Verwendung des Begriffs „Qualifikationskonflikt“ im Bereich des internationnalen Steuerrecht wendet (R 65 bis R 69), feststellt, dass sich der Begriff mittlerweile eingebürgert habe (R 70)
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Die unterschiedliche Interpretation von DBA – die im Hinblick auf Qualifikationskonflikte als kleinster gemeinsamer Nenner unstreitig sein dürfte – ist eng mit deren Begriffsbildung verwoben. Vor diesem Hintergrund lassen sich drei Kategorien bilden24: Nimmt das Abkommen (1) im Rahmen einer Definition eine autonome Begriffsbildung vor, ist diese in umfassender und abschließender Weise zu verstehen25. Enthält eine Definition (2) eine Verweisung auf das Recht eines der Vertragsstaaten, wird dessen innerstaatliches Steuerrecht insoweit zum Abkommensrecht erhoben26. Die Verknüpfung einer innerstaatlichen Rechtsordnung mit einem DBA wird als „Qualifikationsverkettung“ bezeichnet27. Bleibt (3) ein im Abkommen verwandter Begriff ohne Erläuterung, eröffnet eine allgemeine Auslegungsregel nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) den Vertragsstaaten eine Interpretation im Lichte ihres innerstaatlichen Steuerrechts28. Auf diese Weise werden Unterschiede in der nationalen Besteuerung unmittelbar in das DBA projiziert29. Für diese Arbeit sind allein die Kategorien (2) und (3) von Bedeutung. Die Letztgenannte repräsentiert gleichsam den Prototyp eines Qualifikationskonflikts, da die Vertragsstaaten das gemeinsame Abkommen auf der Grundlage ihres Steuerrechts nicht selten unterschiedlich verstehen. Dies gilt insbesondere für die abkommensrechtliche Einordnung von Rechtsformen, die, wie eine (atypisch) stille Gesellschaft, in ausländischen Rechtsordnungen in überaus unterschiedlicher Weise ausgestaltet und verfügbar sind. Im angeführten Schrifttum30 und der Finanzrechtsprechung31 wird eine daraus resultierende unterschiedliche Auslegung des Abkommens übereinstimmend als Qualifikationskonflikt verstanden. In gleicher Weise kann die unter (2) genannte Form abkommensrechtlicher Begriffsbildung nach einem Teil des Schrifttums einen und zu dem Schluss gelangt, dass kontroverse Diskussionen über den angeführten Begriff sicherlich dazu beitragen würden, dass Normverständnis zu klären, wobei „entscheidende und Rechtsfolgen betreffende Divergenzen [. . .] damit nicht verbunden [sind]“ (R 70 a. E.). 24 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.81. 25 Siehe die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA, die nach Nr. 21 des Musterkommentars (OECD-MK) „grundsätzlich erschöpfend“, mit anderen Worten abschließend ist. 26 Siehe die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA a. E: „sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind“. 27 Dazu eingehend im zweiten Kapitel unter C. II. 2. a) bb). 28 Ausführlich im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 29 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 41. 30 Siehe vorstehend. 31 BFH-Urteil v. 5.7.1990, BFH/NV 1991, S. 146 (147); FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175.
A. Qualifikationskonflikte
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Qualifikationskonflikt auslösen32. Auf den ersten Blick scheint das Potential für eine unterschiedliche Auslegung zwar gering, weil das DBA die Wertung eines Vertragsstaates übernimmt. Durch die Qualifikationsverkettung wird eine Auslegung des Abkommens jedoch nicht obsolet, sondern auf das einschlägige innerstaatliche Recht verlagert33. Die insoweit notwendige Analyse einer ausländischen Steuerrechtsordnung gestaltet sich nicht selten überaus kompliziert34. Im Übrigen können die Vertragsstaaten unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob eine Qualifikationsverkettung für beide Vertragsstaaten gleichermaßen verbindlich oder beispielsweise allein für die Erhebung einer Quellensteuer von Bedeutung ist (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA)35. III. Folgen von Qualifikationskonflikten Entgegen der einschlägigen Begriffsbildung lassen sich die Folgen von Qualifikationskonflikten klarer systematisieren. Dazu folgendes Beispiel unter Bezugnahme auf eine atypisch stille Gesellschaft36: 1. Einführendes Beispiel Die Rechtsform einer atypisch stillen Gesellschaft ist in Staat A verfügbar und wird abkommensrechtlich den Unternehmensgewinnen zugeordnet (Art. 7 OECD-MA). In Staat B, der mit A ein DBA unterhält, ist die Rechtsform einer atypisch stillen Gesellschaft unbekannt. Eine der atypisch stillen Gesellschaft vergleichbare Ersatzkonstruktion lässt sich nach dem Recht von B auf vertraglichem Wege erreichen. In B wird eine atypisch stille Gesellschaft, respektive 32 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.85; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 86; T. Menck in: Becker/ Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 1 ff. (42); a. A. wohl H. Debatin (DB 1985, Beilage 23, S. 1 [7] IV. b) 1.), der einen Qualifikationskonflikt nur annimmt, wenn eine unterschiedliche Auslegung ohne Abkommensverstoß möglich ist. Soweit das DBA auf die Rechtsordnung eines Vertragsstaats verweist, wird dessen innerstaatliches Steuerrecht maßgeblich. Eine daraus resultierende unterschiedliche Auslegung zieht daher einen Abkommensverstoß nach sich, der nach Debatin keinen Qualifikationskonflikt bilden soll. 33 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.85; T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 42. 34 Dies illustriert die steuerliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft unter B. II. 2. 35 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. a). 36 Entstehung und Auswirkungen von Qualifikationskonflikten sind Gegenstand des zweiten, dritten und vierten Kapitels. Weitere Beispiele bei D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (29); T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 4; ders., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1469 (1485).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
deren Ersatzkonstruktion, abkommensrechtlich als partiarisches Darlehen eingestuft (Art. 11 OECD-MA). (1) Beteiligt sich eine in A ansässige Person atypisch still an einer Gesellschaft in B, fließen dem stillen Gesellschafter aus Sicht des Quellenstaats B abkommensrechtlich Zinsen aus einem partiarischen Darlehen zu; diese werden dem Wohnsitzstaat A zur Besteuerung überlassen (Art. 11 Abs. 1 OECD-MA); ggf. wird eine der Höhe nach begrenzte Quellensteuer in B erhoben (Art. 11 Abs. 2 OECD-MA). Aus Sicht des Wohnsitzstaats A liegen Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) vor; unterhält die Gesellschaft eine Betriebsstätte in B, wird dem Quellenstaat B insoweit das alleinige Besteuerungsrecht eingeräumt (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 OECD-MA); sind die Gewinnanteile hingegen keiner Betriebsstätte in B zuzurechnen, sieht sich der Wohnsitzstaat A zur alleinigen Besteuerung befugt (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Art. 5 OECDMA). Vermeidet A eine Doppelbesteuerung grundsätzlich durch Freistellung, u. a. für Zinseinkünfte durch Anrechnung (Art. 23 A Abs. 1, Abs. 2 OECDMA), werden die Einkünfte – soweit sie einer Betriebsstätte in B zuzurechnen sind – unter Berücksichtigung der bis zur Revision des Jahres 2000 geltenden Fassung des OECD-MA von einer Besteuerung in A freigestellt (Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA)37. Eine Anrechnung der ggf. erhobenen Quellensteuer sah (und sieht) das Abkommen nicht vor38. Der im Zuge der Revision des Jahres 2000 angefügte Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA ordnet nunmehr u. a. einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode an, „wenn der andere Vertragsstaat [das] Abkommen so anwendet, dass er [. . .] Absatz 2 des Artikels 11 auf diese Einkünfte anwendet“. Ist die Anrechnungsmethode generell (Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECD-MA) oder nach Maßgabe von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA einschlägig, erfolgt eine Besteuerung in A unter (weit gehender)39 Anrechnung der in B gezahlten Steuer. (2) Beteiligt sich umgekehrt eine in B ansässige Person atypisch still an einer Gesellschaft in A, liegen aus Sicht des Quellenstaats A unverändert Unternehmensgewinne vor (Art. 7 OECD-MA); diese sind bei Vorliegen einer Betriebsstätte insoweit dem Quellenstaat A zur alleinigen Besteuerung zugewiesen (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 OECD-MA). Aus Sicht des Wohnsitzstaats B werden wiederum Zinsen aus einem partiarischen Darlehen bezogen, die ausschließlich dem Wohnsitzstaat zur Besteuerung obliegen (Art. 11 Abs. 1 OECDMA). Vermeidet B eine Doppelbesteuerung grundsätzlich durch Freistellung, u. a. für Zinseinkünfte durch Anrechnung (Art. 23 A Abs. 1, Abs. 2 OECD37 Die Gewinne können bei der Bemessung des Steuersatzes für das im Übrigen zu versteuernde Einkommen im Rahmen des Progressionsvorbehalts Berücksichtigung finden (Art. 23 A Abs. 3 OECD-MA). 38 Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA ist nicht einschlägig, da aus Sicht des Wohnsitzstaats A abkommensrechtlich weder Zinsen noch Dividenden vorliegen. 39 Art. 23 B Abs. 1 S. 2 OECD-MA.
A. Qualifikationskonflikte
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MA), entspricht eine vollständige Anrechnung der in A entrichteten Steuer dem Grunde und der Höhe nach möglicherweise nicht der Konzeption des Abkommens, weil diese nicht als „Quellensteuer“ erhoben wurde (Art. 23 A Abs. 2, Art. 11 Abs. 2 OECD-MA)40; folgt B hingegen generell der Anrechnungsmethode, wird die in A entrichtete Steuer (weit gehend)41 angerechnet (Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECD-MA)42. 2. Besteuerungsfolgen Qualifikationskonflikte können (insgesamt) sowohl zu einer Doppel- und Keinmalbesteuerung (doppelter Nichtbesteuerung) als auch zu einer Minderbesteuerung von Einkünften führen. a) Doppelbesteuerung von Einkünften In der zweiten Variante des einführenden Beispiels können die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters abkommensrechtlich einer doppelten Besteuerung unterliegen. Beide Vertragsstaaten subsumieren die Einkünfte unter verschiedene Verteilungsnormen: Der Quellenstaat A unter Art. 7 OECD-MA; der Wohnsitzstaat B unter Art. 11 OECD-MA. Sind die Einkünfte aus Sicht des Quellenstaats A einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen, kann daraus ein „positiver Qualifikationskonflikt“43 oder „positiver Kompetenzkonflikt“44 resultieren. Das Schrifttum spricht in diesem Zusammenhang auch von „schwarzen Einkünften“45. Eine Doppelbesteuerung wird in der zweiten Variante des einführenden Beispiels (weit gehend)46 vermieden, wenn der Wohnsitzstaat B generell der Anrechnungsmethode folgt (Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECDMA)47. Sieht das Abkommen i. S. v. Art. 23 A Abs. 1 und Abs. 2 OECD-MA 40 Davon unberührt bleibt eine im innerstaatlichen Recht normierte Anrechnung. Vgl. §§ 34c, 34d EStG. 41 Art. 23 B Abs. 1 S. 2 OECD-MA. 42 Der Höchstbetrag der Anrechnung kann sich nach Art. 23 B Abs. 1 S. 2 OECDMA richten. 43 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (24); S. Schröder, StBP 1989, S. 25 (30); BFH-Urteil v. 5.7.1990, BFH/NV 1991, S. 146 (147). 44 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 10; ders., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1469 (1483). 45 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (131). 46 Eine Anrechnung der ausländischen Steuer ist nach Art. 23 B Abs. 1 S. 2 OECD-MA begrenzt. In Höhe der nicht anrechenbaren ausländischen Steuer verbleibt abkommensrechtlich eine definitive Doppelbesteuerung. 47 Insbesondere die USA folgen generell der Anrechnungsmethode, vgl. Art. 23 Abs. 1 DBA-USA (zu diesem Abkommen eingehend im dritten Kapitel B. II. 2.).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
eine Kombination von Freistellungs- und Anrechnungsmethode vor, ist die abkommensrechtlich normierte Anrechnung einer ausländischen Steuer möglicherweise zweifelhaft, weil diese nicht als Quellensteuer i. S. d. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA erhoben wurde. Menck spricht in diesem Zusammenhang von einem Schutzversagen des Abkommens48. b) Keinmalbesteuerung von Einkünften In der ersten Variante des einführenden Beispiels bleiben die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters unbesteuert, wenn diese aus Sicht des Wohnsitzstaats A einer ausländischen Betriebsstätte in B zuzurechnen sind (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 5 OECD-MA), A zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Freistellungsmethode anwendet (Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA) und B keine Quellensteuer (Art. 11 Abs. 2 OECD-MA) erhebt. Jeder Vertragsstaat überlässt die Besteuerungskompetenz dem jeweils anderen Vertragsstaat, da die Einkünfte jeweils unterschiedlichen Verteilungsnormen zugerechnet werden. Das Schrifttum und die Rechtsprechung bezeichnen eine wechselseitige Nichtbesteuerung als „negativen Qualifikationskonflikt“49 oder „negativen Kompetenzkonflikt“50, abkommensrechtlich unbesteuert bleibende Einkünfte als „weiße Einkünfte“51. Im Gegensatz zu einer Doppelbesteuerung vermittelt das Abkommen einen „Schutzüberschuß“52, da neben einer tatsächlichen auch eine virtuelle oder scheinbare Doppelbesteuerung vermieden wird. Folgt der Wohnsitzstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung generell der Anrechnungsmethode (Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECD-MA), wird eine doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften vermieden53. Gleiches gilt möglicherweise auf Grund des im Zuge der Revision des OECD-MA 2000 angefügten Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA54. 48 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 10; ders., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1469 (1483). 49 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.86; D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (24); BFH-Urteil v. 5.7.1990, BFH/ NV 1991, S. 146 (147); FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175. 50 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 10; ders., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1469 (1483). 51 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (131). 52 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 13; D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (36) spricht von einem „Überschießen“. Der Gesetzgeber habe nicht „zu wenig“ sondern „zu viel“ geregelt. 53 Nach Ansicht von Schaumburg (Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.37, 16.59) und Hannes (Qualifikationskonflikte im internationalen Steuerrecht, S. 20 ff.) besteht der primäre Zweck von DBA in der Vermeidung der (internationalen) Doppelbesteuerung. Neben der dahin weisenden Bezeichnung als Abkommen „zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern von Einkommen und Vermögen“ (Auszug aus der amtlichen Überschrift zum OECD-MA 2000) spricht die Struktur von DBA für eine solche primäre Zielsetzung. Die Verteilungs- und Vermei-
A. Qualifikationskonflikte
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c) Minderbesteuerung von Einkünften Eine abkommensrechtlich motivierte Minderbesteuerung von Einkünften lässt sich als unvollkommene Keinmalbesteuerung charakterisieren. In der ersten Variante des einführenden Beispiels verhindert die Erhebung einer Quellensteuer gem. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA – vorbehaltlich den Wirkungen des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA – die gänzliche Nichtbesteuerung von Einkünften. Folgt der Wohnsitzstaat A der Freistellungsmethode, wird der Steuerpflichtige ausschließlich mit der im anderen Vertragsstaat B erhobenen Quellensteuer belastet, wenn die betreffenden Einkünfte aus Sicht von A einer in B gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind. In dieser Weise minderbesteuerte Einkünften werden als „graue Einkünfte“55 bezeichnet. Ist dagegen im Wohnsitzstaat A generell die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehen (Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECD-MA), erfolgt eine reguläre Besteuerung unter (weit gehender56) Anrechnung57 der ausländischen Quellensteuer. 3. Zwischenergebnis Eine Betrachtung der Besteuerungsfolgen im einführenden Beispiel verdeutlicht Folgendes: Subsumieren die Vertragsstaaten ein und denselben Sachverhalt dungsnormen der DBA etablieren ein Vorschriftensystem, welches auf dem Dualismus von Besteuerung durch den Wohnsitz- und den Quellenstaat basiert. Nach Auffassung von Knobbe-Keuk (RIW 1991, S. 306 (310); dies., Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 315 ff.) steht die Koordinierung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und damit eine Angleichung von Wettbewerbsbedingungen gleichberechtigt neben dem genannten Ziel. Dagegen dienen DBA nach Ansicht von Pott (Die Kollision unterschiedlicher Formen der Gesellschaftsbesteuerung im internationalen Steuerrecht, S. 194 ff.), neben den genannten Zielen, primär einer Harmonisierung der Steuerrechtsordnungen der vertragschließenden Staaten. Die möglichen Abkommensziele bilden nach seiner Auffassung eine Stufenleiter: Das politisch programmatische Ziel der Erleichterung des Wirtschaftsverkehrs sei dem Kernziel der Harmonisierung der beteiligten Steuerrechtsordnungen übergeordnet. Die Harmonisierung ihrerseits sei den insoweit sekundären Abkommenszielen, wie der Vermeidung der Doppelbesteuerung, übergeordnet. Nach Ansicht von Lang (M. Lang, IStR 2002, S. 609) ist weder die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung noch die Gewährleistung einer Einmalbesteuerung von Einkünften ein Ziel von DBA. 54 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c). 55 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (131). 56 Art. 23 B Abs. 1 S. 2 OECD-MA. 57 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 14 meint, im anderen Vertragsstaat erhobene Quellensteuern müßte der Wohnsitzstaat nicht anrechnen. Mit Art. 23 B Abs. 1 OECD-MA lässt sich diese Sichtweise nicht vereinbaren. Seine Ansicht wäre nur zutreffend, wenn die Anrechnung i. S. d. Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA normiert wäre. In diesem Fall würde der Wohnsitzstaat jedoch auf die Freistellungsmethode nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA zurück greifen und käme aus seiner Sicht zu keiner Anwendung von Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
in verschiedener Weise unter das gemeinsame DBA, kann dies neben einer Doppel- auch eine Minder- oder Nichtbesteuerung von Einkünften nach sich ziehen. Eine Änderung der Fließrichtung von Einkünften führt bei im Übrigen unveränderten Bedingungen grundsätzlich zu einer Doppelbesteuerung anstelle einer Keinmal- oder Minderbesteuerung und umgekehrt58. Piltz charakterisiert diesen Zusammenhang als „Janusköpfigkeit“59. Eine derartige Wechselbezüglichkeit erfordert, dass die Vertragsstaaten das gemeinsame Abkommen bezogen auf die jeweiligen Einkünfte stets in gleicher Weise auslegen, unabhängig davon, ob sie als Wohnsitz- oder Quellenstaat betroffen sind. Greift der Wohnsitzstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf die Freistellungsmethode zurück, kann dies zu einer Nicht-, Minder- oder Doppelbesteuerung von Einkünften führen. In der ersten Variante des einführenden Beispiels sieht das Abkommen in diesem Fall eine Anrechnung der im anderen Vertragsstaat erhobenen Quellensteuer nicht vor60. Für den Steuerpflichtigen erwächst daraus keine sonderliche Belastung, da die betreffenden Einkünfte – vorbehaltlich Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA – im Übrigen von einer Besteuerung freigestellt sind. Das Versagen einer Anrechnung könnte hingegen in der zweiten Variante zu einer definitiven Doppelbesteuerung führen. Obwohl aus Sicht des Wohnsitzstaats abkommensrechtlich Zinsen vorliegen, ist auf Ebene des Abkommens eine Anrechnung der im Quellenstaat entrichteten Steuer dem Grunde und der Höhe nach möglicherweise fraglich61. Findet nach Maßgabe des Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 lit. a OECD-MA generell die Anrechnungsmethode Anwendung, wird ein solches Resultat vermieden.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten Die vordergründige Ursache abkommensrechtlicher Qualifikationskonflikte wurde genannt: Die Vertragsstaaten subsumieren ein und denselben Sachverhalt unter verschiedene Verteilungsnormen eines DBA. Insofern reklamiert jede Vertragspartei, das gemeinsame Abkommen zutreffend auszulegen. Soweit eine 58 T. Menck in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Grundlagen, Stand Grundwerk, Teil 1, Abschnitt 6, Rn. 4; ders., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1469 (1483). 59 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 (23). 60 Werden die Einkünfte im Wohnsitzstaat von einer Besteuerung nach Art. 7 Abs. 1, Art. 5, Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA freigestellt, scheidet eine Anrechnung ausländischer Steuer insoweit aus. Die Anrechnung betrifft nach Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA den umgekehrten Fall, in dem sich der Wohnsitzstaat zur Besteuerung der Einkünfte befugt sieht. 61 Die Anrechnung betrifft Einkünfte, die „nach den Artikeln 10 und 11 im anderen Vertragsstaat besteuert werden können“. Werden die betreffenden Einkünfte nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA (vollständig) besteuert, ist eine Anrechnung zumindest nicht ausdrücklich vorgesehen. Vgl. dazu die Besprechung des neuen DBA-Österreich 2000 im dritten Kapitel A. II. 1. d) und e).
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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(atypisch) stille Gesellschaft im Rahmen dieser Arbeit als Beispiel herangezogen wird, gründet das jeweilige Verständnis eines DBA u. a. auf Vorschriften, die im nationalen Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht zu finden sind. Die nachfolgende Untersuchung verdeutlicht Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen dem deutschen und ausländischen Recht. I. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung einer (atypisch) stillen Gesellschaft im deutschen und ausländischen Recht Im ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht ist die Rechtsform einer (atypisch) stillen Gesellschaft nicht immer verfügbar. Sind gesetzliche Regelungen nicht vorhanden, lassen sich teilweise vergleichbare Ersatzkonstruktionen auf vertraglichem Wege realisieren. Enthält ein ausländischer Rechtskreis einschlägige Vorschriften, unterscheiden sich diese nicht selten von der Rechtslage in Deutschland. 1. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung im deutschen Recht Im deutschen Recht sind die §§ 230 bis 236 Handelsgesetzbuch (HGB) mit einer stillen Gesellschaft befasst62. Eine Legaldefinition der stillen Gesellschaft sehen diese nicht vor. Nach K. Schmidt kommt eine stille Gesellschaft zustande, wenn ein Unternehmensträger und ein stiller Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks einen Vertrag schließen, Kraft dessen der stille Gesellschafter ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit seiner Einlage am Unternehmen (Handelsgewerbe) gegen eine Gewinnbeteiligung beteiligt wird63. Eine stille Gesellschaft begründet eine Personengesellschaft, da sich die Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks organisieren. Anders als eine BGB-Gesellschaft, eine offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder eine Kommanditgesellschaft (KG) nimmt eine stille Gesellschaft nicht (partiell) am Rechtsverkehr teil. Es handelt sich um eine reine Innengesellschaft, deren Wirkung auf das Verhältnis der Gesellschafter zueinander beschränkt ist64.
62 Die Regelungen des HGB werden subsidiär durch die §§ 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergänzt (H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 4, Rn. 4.3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1837); G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 8 ff. [9]). Zur Rechtslage vor 1986 vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1991, S. 1836 (1837). 63 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1837; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 4, Rn. 4.3; U. Blaurock, BB 1992, S. 1969; zur historischen Entwickung G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 1, Rn. 1 ff. 64 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1837; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG, § 1 Rn. 10.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
a) Einzelheiten des gesetzlichen Typus Der Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft wird ohne Beachtung einer besonderen Form geschlossen65. Auf der einen Seite ist ein Unternehmen erforderlich, welches in § 230 Abs. 1 HGB als „Handelsgewerbe“ (Außengesellschaft) umschrieben wird, „das ein anderer betreibt“. Die Problematik, ob in strikter Anlehnung an den gesetzlichen Wortlaut eine stille Beteiligung nur mit einem kaufmännischen Unternehmen begründet werden kann, dürfte mit Ergehen des Handelsrechtsreformgesetzes an Bedeutung verloren haben66. Der Begriff des Kaufmanns wurde mit der Neufassung von § 1 HGB zum 1.7.1998 beträchtlich erweitert. Als stiller Gesellschafter kommt auf der anderen Seite neben einer natürlichen auch eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft in Frage67. Der Begründung einer stillen Gesellschaft steht es nicht entgegen, wenn ein stiller Gesellschafter an dem betreffenden Unternehmen zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist. Diese „gesplitteten“ oder auch „gespaltenen“ Einlagen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, weil die Mitgliedschaft in der Außengesellschaft (Kommanditist einer KG, Gesellschafter einer GmbH) von der Innengesellschaft (stille Gesellschaft) zu trennen ist68. Der Inhaber des Handelsgewerbes (Außengesellschafter) und der stille Gesellschafter schließen einen Gesellschaftsvertrag. Dies erfordert nach § 705 BGB eine gegenseitige Verpflichtung, um einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Daran fehlt es, wenn die Vertragspartner primär eigene Interessen wahrnehmen und ihre Beziehung ausschließlich durch die Verschiedenheit der Interessen geprägt wird69. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Abgrenzung einer stillen Gesellschaft von partiarischen Rechtsverhältnissen, insbesondere partiarischen Darlehen, als nicht unproblematisch70. Im Falle eines partiarischen Darlehens besteht die Gegenleistung für die Hingabe eines Darlehens in einer 65 G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 7, Rn. 6 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1351); etwas anderes gilt u. a. nur, wenn der stille Gesellschafter durch den Gesellschaftvertrag zur Übertragung von Grundstücken verpflichtet wird oder der Erwerb von Grundstücken für die stille Gesellschaft durch den Inhaber des Handelsgewerbes vorgesehen ist (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836). 66 Für ein enges Verständnis G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 1, Rn. 2; für eine im Übrigen analoge Auslegung K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1841; ders. ausführlich DB 1976, S. 1705 (1707 ff.). 67 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1841 ff.; ders. DB 1976, S. 1705 (1706); bei einer BGB-Gesellschaft handelt es sich nicht um eine Personenhandelsgesellschaft. Bei einer OHG oder KG richtet sich der gemeinsame Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes. 68 Zu den Folgeproblemen solcher Gestaltungen G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 16; im Übrigen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1841 sowie S. 1847 ff. 69 BGH-Urteil v. 10.10.1994, NJW 1995, S. 192; v. 26.6.1989, NJW 1990, S. 573.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Gewinnbeteiligung am Erfolg des Unternehmens71. Allein gegenläufige Interessen, wie idealtypisch bei schuldrechtlichen Austauschverträgen, liegen nicht vor. Der Gläubiger eines partiarischen Darlehens dürfte regelmäßig ein vitales Interesse am Erfolg des Unternehmens haben. Die Erzielung von Überschüssen durch den Schuldner ist jedoch kein gemeinsamer Vertragszweck, sondern nur Bedingung für die Vergütung des Gläubigers. Die angeführten Kriterien vermögen in den Worten von K. Schmidt lediglich den „Sitz des Problems zu benennen“72. Sieht der Vertrag eine Beteiligung am Verlust nach Maßgabe des § 231 Abs. 2 HGB vor, scheidet die Annahme eines Darlehens aus73. Ein Darlehen erfordert die Rückzahlung eines festen Kapitalbetrags74. Darüber hinaus soll aus der „Gesamtheit aller Umstände des Einzelfalls“75 oder aus den „wirtschaftlichen Zielen der Vertragsparteien“76 geschlossen werden, ob eine Verschiedenheit oder ein Gleichklang der Interessen überwiegt77. Für das Bestehen eines Gesellschaftsvertrags – und damit einer stillen Gesellschaft – spricht u. a. eine langfristige Kapitalüberlassung, das Fehlen einer Kreditsicherheit sowie Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters im Hinblick auf die Nutzung des Kapitals78. Die Möglichkeit, die „Forderung“ abzutreten und die Kapitalüberlassung unabhängig vom Bilanzstichtag des Handelsgewerbes kurzfristig zu kündigen, deutet auf ein partiarisches Darlehen hin79. Die aus dem Gesellschaftsvertrag resultierenden Rechte und Pflichten erhalten durch den Charakter als Innengesellschaft ihr besonderes Gepräge. Der Außengesellschafter führt das Unternehmen im Innenverhältnis auf gemeinsame 70 Dazu BGH-Urteil v. 10.10.1994, NJW 1995, S. 192; v. 26.6.1989, NJW 1990, S. 573; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1842 ff.; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 3, Rn. 9 ff. 71 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 8, Rn. 8.16 und 8.20. 72 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1843). 73 BGH-Urteil v. 10.10.1994, NJW 1995, S. 192 (193); G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 3 Rn. 14; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1843; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 8, Rn. 8.23. 74 Vgl. § 607 Abs. 1 BGB: „ist verpflichtet [. . .] das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten“. 75 G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 3 Rn. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1843. 76 BGH-Urteil v. 26.6.1989, NJW 1990, S. 573 (574). 77 Zur Abgrenzung ausführlich H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 8, Rn. 8.30 ff. 78 BGH v. 29.6.1992, NJW 1992, S. 2696; BGH-Urteil v. 10.10.1994, NJW 1995, S. 192; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 3 Rn. 13; die Garantie einer Mindestverzinsung ist nach Ansicht des BGH (v. 10.10.1994, NJW 1995, S. 192) unschädlich, wenn der Vertragspartner ebenfalls am überschießenden Gewinn beteiligt ist. 79 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1843).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Rechnung80. Aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften wird ein stiller Gesellschafter gem. § 230 Abs. 2 HGB weder berechtigt noch verpflichtet. Der Inhaber des Handelsgewerbes handelt im eigenen Namen und führt im Außenverhältnis eigene Geschäfte81. Dies bedeutet nicht, dass der Inhaber des Handelsgewerbes die stille Gesellschaft nach außen vertritt82. Eine Innengesellschaft besitzt nicht die Fähigkeit, am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die Führung der Geschäfte kann ein stiller Gesellschafter nach Maßgabe des § 233 HGB kontrollieren. Seine Rechte decken sich mit denen des Kommanditisten in § 166 HGB. Im Normalfall beschränkt sich der Beitrag eines stillen Gesellschafters auf die Erbringung einer Vermögenseinlage83, wobei der Beitrag auch darin bestehen kann, dass ein stiller Gesellschafter Dienstleistungen erbringt oder Gegenstände zwecks Nutzung zur Verfügung stellt84. Eine Einlage ist nach § 230 Abs. 1 HGB jedenfalls so zu leisten, dass sie in das (Gesellschafts-)Vermögen des Außengesellschafters übergeht. Ein anderes ist nicht denkbar, da eine stille Gesellschaft als Innengesellschaft über kein gemeinschaftliches Vermögen i. S. d. § 718 BGB verfügt. Der stille Gesellschafter ist nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung am Gewinn und Verlust des Handelsgewerbes beteiligt85. Eine Teilhabe am Verlust kann im Gegensatz zu einer Gewinnbeteiligung vertraglich ausgeschlossen sein86. In Höhe seiner Einlage nimmt der stille Gesellschafter gem. § 232 Abs. 2 HGB am Verlust des Handelsgewerbes teil87.
80 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 12, Rn. 12.3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1854. 81 G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 10, Rn. 2. 82 Z. B. i. S. d. §§ 709 ff. BGB. 83 Anstelle (oder auch daneben) kann der Beitrag in einer Sacheinlage, einer Dienstleistung oder einer Gebrauchsüberlassung bestehen. Zum Begriff der „Einlage“ des Stillen in derartigen Fällen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1844, 1854); ausführlich G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 15, Rn. 1 ff. 84 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1854) 2.a) (deutlicher in der 2. Aufl. 1991, S. 1540 (1554) 2. a). 85 Wurde keine Abrede getroffen, gilt gem. § 231 Abs. 1 HGB ein den Umständen nach angemessener Teil als vereinbart. 86 Vgl. § 231 Abs. 2 HGB. 87 Ist die Einlage nicht rückständig, besteht nach § 707 BGB keine Verpflichtung eine durch Verlust geminderte Einlage zu ergänzen (H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 12, Rn. 12.59); bleiben die auf den Stillen entfallenden Gewinnanteile im Unternehmen stehen, führt dies nach § 232 Abs. 3 HGB zu keiner Erhöhung seiner Einlage.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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b) Atypische Formen einer stillen Gesellschaft Eine atypische Form der stillen Gesellschaft liegt vor, wenn der gesetzliche Regeltypus auf vertraglichem Wege wesentliche Modifikationen erfährt. Dies ist nicht der Fall, wenn bereits gesetzliche Regelungen vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten vorsehen. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung nach § 231 Abs. 2 HGB oder eine Erhöhung der Einlage durch thesaurierte Gewinne nach § 232 Abs. 3 HGB liegt unterhalb der Schwelle für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft. Von der Möglichkeit atypischer Gestaltungen macht die rechtliche Praxis nicht selten Gebrauch88. Sämtliche Varianten einer atypisch stillen Gesellschaft lassen sich nicht darstellen. Unter steuerlichen Gesichtspunkten ist eine erweiterte Vermögensbeteiligung und eine stärkere Einflussnahme auf die Geschäftsführung von besonderer Bedeutung. Diese Kriterien finden im Typusbegriff der Mitunternehmerschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ihre Entsprechung89. Kennzeichnend für eine atypische Variante ist neben einer Teilhabe am Gewinn und Verlust eine erweiterte Vermögensbeteiligung. Eine solche umfasst Wertveränderungen des Anlagevermögens (stille Reserven), eines Geschäfts- oder Firmenwerts sowie von Rücklagen im Falle der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft90. Ist eine umfassende Beteiligung am Vermögen der Außengesellschaft vereinbart, steht ein atypisch stiller Gesellschafter einem Kommanditisten wirtschaftlich gleich91. Der Unterschied zwischen beiden Beteiligungsformen liegt in der Qualität der Berechtigung. Ein stiller Gesellschafter ist schuldrechtlich, ein Kommanditist hingegen dinglich am Vermögen der Außengesellschaft beteiligt92. Für eine atypisch stille Gesellschaft spricht weiter, dass der stille Gesellschafter gestaltenden Einfluss auf die Führung der Geschäfte im Unternehmensträger nehmen kann93. Die denkbaren Möglichkeiten reichen von Widerspruchsoder Zustimmungsrechten bei gewissen Geschäften bis hin zur Wahrnehmung 88 Unter quantitativen Gesichtspunkten ist eine atypische Form der stillen Gesellschaft die Regel und eine gesetzestypische Form eher die Ausnahme (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1845 ff.). Ein Grund dürfte in der überschaubaren Zahl gesetzlicher Vorschriften liegen. Diese haben häufig dispositiven Charakter, weil die fehlende Teilnahme am Rechtsverkehr eine besondere Organisation weit gehend verzichtbar macht (H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 4, Rn. 4.24; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 1 ff.). 89 Vgl. dieses Kapitel unter B. II. 1. a). 90 G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 6 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1847. 91 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1836 (1846 ff.). 92 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 4, Rn. 4.14 und 4.28 ff. 93 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1847; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 11; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 4, Rn. 4.32.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
der Geschäftsführung94. Selbst äußerst weit gehende Mitspracherechte sind jedoch schuldrechtlicher Natur und betreffen allein die Geschäftsführung im Unternehmensträger95. Für eine atypisch stille Gesellschaft kann schließlich sprechen, dass der stille Gesellschafter an der betreffenden Gesellschaft zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist96. c) Charakteristika einer stillen Gesellschaft – Zwischenergebnis Der gesetzliche Typus einer stillen Gesellschaft normiert in den §§ 230 ff. HGB ein qualifiziertes Kreditverhältnis97. Die causa für die Vermögenseinlage liegt im Gesellschaftsvertrag, d. h. ist ihrer Herkunft nach gesellschaftsrechtlicher Natur. Die Art und Weise der Kapitalüberlassung, die K. Schmidt als Einlageverhältnis beschreibt98, richtet sich indessen nach schuldrechtlichen Maßstäben. Eine dingliche Berechtigung ist a priori nicht denkbar, da eine stille Gesellschaft als Innengesellschaft über kein gemeinschaftliches Vermögen verfügt. Eine stille Gesellschaft ist daher in erster Linie Schuldverhältnis, nicht Organisation99. Dieser Umstand spiegelt sich in der Bilanzierung des Handelsgewerbes wider. Entspricht ein Gesellschaftsvertrag, abgesehen von einem Ausschluss der Verlustbeteiligung, dem gesetzlichen Typus, besteht Einigkeit, die Vermögenseinlage eines stillen Gesellschafters wie Fremdkapital zu passivieren100. Dagegen steht eine atypisch stille Beteiligung in der Bilanz des Handelsgewerbes dem Eigenkapital näher101. Eine atypisch stille Gesellschaft erweist sich in erster Linie als Organisation, bleibt jedoch in wesentlicher Hinsicht Schuldverhältnis.
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H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 12, Rn. 12.90. H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 12, Rn. 12.44; der Charakter als Innengesellschaft verdeutlicht sich ebenfalls am Beispiel nicht beachteter Widerspruchs- oder Zustimmungsrechte. Wurde ein stiller Gesellschafter insoweit übergangen, bleiben die betroffenen Geschäfte im Außenverhältnis wirksam (G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 2, Rn. 11; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 12, Rn. 12.7). 96 „Gesplittete“ oder „gespaltene Einlage“, siehe vorstehend. 97 K. Schmidt, ZHR 1976 (Bd. 140), S. 475 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1846; nicht zuletzt aus diesem Grunde gestaltet sich die Abgrenzung zu einem partiarischen Darlehen problematisch. In beiden Fällen liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Fremdfinanzierung des Unternehmens vor. Das deutsche Steuerrecht nimmt konsequenter Weise in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG keine Differenzierung vor. 98 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1840. 99 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1838. 100 Ausführlich H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 13, Rn. 13.85 ff.; M. Geuenich, DStR 1998, S. 57 ff.; G. Bezzenberger in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, StG § 18, Rn. 1 ff. 101 Im Einzelnen umstritten, M. Geuenich, DStR 1998, S. 57 ff. 95
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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2. Existenz und Ausgestaltung im ausländischen Recht In ausländischen Rechtskreisen ist eine stille Gesellschaft weder unbekannt noch stets verfügbar. Die folgende Untersuchung verdeutlicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum deutschen Recht. a) Rechtsform einer stillen Gesellschaft verfügbar In einer Reihe von Staaten enthält das nationale Handels- und Gesellschaftsrecht gesetzliche Regelungen zu einer stillen Gesellschaft: aa) Luxemburg Im Gesetz vom 10.8.1915 (G1915) wird eine stille Gesellschaft (association en participation) nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 138 ff. den Handelsvereinigungen zugeordnet102. Ihre Gründung erfolgt durch formlosen Vertrag, dessen Bekanntmachung in einem öffentlichen Register nicht vorgesehen ist103. In Abgrenzung zu kurzfristigen Handelsvereinigungen, deren Zweck oft in der Abwicklung eines einzigen Geschäfts besteht, erfolgt die Gründung einer stillen Gesellschaft für einen längeren Zeitraum104. Eine stille Gesellschaft besitzt als Innengesellschaft keine Rechtspersönlichkeit105. Dagegen werden Handelsgesellschaften im engeren Sinne, d. h. eine OHG und eine KG, nach Maßgabe des Art. 2 G1915 als Rechtssubjekte betrachtet. Gleiches gilt gem. Art. 3 des Gesetzes vom 18.9.1933 für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts106. Der Inhaber der Außengesellschaft führt die Geschäfte im eigenen Namen107 und kann daraus von Dritten unmittelbar in Anspruch genommen oder verklagt werden108. Ein stiller 102 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.59; B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.00, Ziff. 3 sowie 50.50, Ziff. 1 ff.; A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Art. 5, Stand Januar 1998, Rn. 351 ff. 103 Dagegen werden die BGB-Gesellschaft, die OHG und die KG durch schriftlichen oder notariell beurkundeten Vertrag gegründet (B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.30a, Ziff. 3.). Zu seiner Gültigkeit bedarf dieser der Veröffentlichung in einem öffentlichen Register (B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.00, Ziff. 22.). 104 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.61; B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, Ziff. 20. 105 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, Ziff. 20. 106 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.00, Ziff. 19: die Personengesellschaften ähneln insoweit den Kapitalgesellschaften. Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, einer OHG sowie der Komplementär einer KG haften für Schulden der Gesellschaft solidarisch und unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen. 107 Vgl. Art. 139 Abs. 1 G1915.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Gesellschafter ist im Innenverhältnis an der Führung der Geschäfte zu beteiligen. Der Geschäftsinhaber und der stille Gesellschafter beraten im Allgemeinen über sämtliche Fragen, die den Betrieb des Unternehmens betreffen109. Das Außenverhältnis, d. h. die rechtlichen Beziehungen zu Dritten und die Teilnahme am Rechtsverkehr, tangiert die grundsätzlich gemeinsame Geschäftsführung nicht. Weitere Abweichungen von der Konzeption des HGB betreffen das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter legen ihre Beiträge zusammen, deren Summe das Gesellschaftskapital bildet110. Jeder Beitrag repräsentiert einen Anteil mit „persönlichem“ Charakter. D.h. er kann sowohl im gemeinschaftlichen Eigentum stehen als auch im („persönlichen“) Eigentum eines Gesellschafters verbleiben111. Das Luxemburger Recht unterscheidet zwischen einer typisch-, einer atypisch stillen Gesellschaft und einem partiarischen Darlehen (prêt participatif)112. Entsprechend der Rechtslage in Deutschland gestaltet sich die Abgrenzung eines partiarischen Darlehens von einer typisch stillen Gesellschaft schwierig. Insbesondere, da im Fall eines partiarischen Darlehens eine Beteiligung am Verlust zwar regelmäßig, aber nicht zwingend ausgeschlossen ist113. Eine stille Gesellschaft erfordert in jedem Fall die Vereinbarung einer „Gesellschaft“, die als „eigennützige“, „aktive“ und „gleichberechtigte“ Zusammenarbeit ihrer Gesellschafter verstanden wird114. In der Rechtspraxis überwiegt eine atypisch stille Gesellschaft. Ein Grund liegt in der verfassungsrechtlich garantierten Vereinigungsfreiheit, die lediglich in den einfachgesetzlichen Vorschriften zur Rechtsfähigkeit von Gesellschaften ihre Schranken findet115.
108 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.60; B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.50, Ziff. 2. 109 Im Gesellschaftsvertrag kann ein anderes bestimmt werden (H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.63; B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.50, Ziff. 6 ff.). 110 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.50, Ziff. 4 ff. 111 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.50, Ziff. 5. 112 A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 351. 113 A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 351. 114 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.00, Ziff. 16; 50.50, Ziff. 4. 115 B. Delvaux in: Jura Europae, Band III, Luxemburg, Stand Oktober 1992, 50.00, Ziff. 5 ff.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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bb) Österreich In Österreich findet eine stille Gesellschaft in den §§ 178 ff. des österreichischen HGB (öHGB) gesetzliche Regelung116. Ihre Gründung erfolgt durch Konsensualvertrag, der ohne Beachtung einer Form geschlossen wird117. Grundlegende Unterschiede gegenüber der Rechtslage bestehen kaum118. Maßgebliche Vorschriften des öHGB, wie z. B. die §§ 178 und 183, stimmen mit den §§ 230 und 233 im deutschen HGB wörtlich überein. Die Abgrenzung zwischen typisch- und atypisch stiller Variante119 sowie partiarischen Darlehensverhältnissen120 entspricht weit gehend der Rechtslage in Deutschland. Von der Terminologie her wird eine typisch stille Gesellschaft als „echte“ und eine atypisch stille Gesellschaft als „unechte“ stille Gesellschaft bezeichnet121. cc) Tschechien Im Recht der Tschechischen Republik ist eine stille Gesellschaft (ticha spolecnost) in den §§ 673 bis 681 des tschechischen HGB (tHGB) normiert. Durch die vertragliche Vereinbarung der Parteien wird nach § 681 tHGB kein Gesellschaftsverhältnis begründet122. Aus der Vermögenseinlage resultiert eine Forderung, in deren Höhe ein stiller Gesellschafter an den positiven und negativen Ergebnissen des Unternehmens partizipiert123. Gleichwohl decken sich die Informationsrechte eines stillen Gesellschafters mit denen des Gesellschafters einer Personengesellschaft124. Wirtschaftlich betrachtet liegt eine qualifizierte 116 Seit 1990; zuvor fanden sich die Regelungen zur stillen Gesellschaft in den §§ 335 ff. HGB. Mit der Neuformierung verbinden sich keine inhaltlichen Änderungen (W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 163). Eine BGB-Gesellschaft, eine OHG und eine KG sind vergleichbar der Rechtslage in Deutschland gesellschaftsrechtlich ausgestaltet (R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 31, 39 und 84). 117 R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 100; dasselbe gilt für die Gründung einer BGB-Gesellschaft, einer OHG und einer KG (R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 31, 41). Im Falle einer OHG und einer KG ist ferner eine Eintragung in das Firmenbuch vorgesehen (R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 84). 118 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (128); W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 163; R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 97 ff. 119 R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 107; W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 175. 120 R. Holzhammer/M. Roth, Gesellschaftsrecht, S. 98; W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 163, 2. 121 W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 163, 2.; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (278); öBMF v. 11.1.1998, EAS 1198, ÖStZ 1998, S. 247. 122 J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559). 123 Zit. bei J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559), Fn. 11.
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Form des partiarischen Darlehens vor125. Obwohl die Vorschriften zur stillen Gesellschaft vorwiegend dispositiven Charakter haben, unterscheidet das tschechische Recht nicht zwischen einer „typisch“ und einer „atypisch“ stillen Gesellschaft. Ein Grund dürfte im gesellschaftsrechtlichen Umfeld liegen. Insbesondere eine OHG und KG tschechischen Rechts sind als juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit konzipiert126. Eine „atypisch“ modifizierte stille Gesellschaft könnte diesen formal-rechtlichen Status durch entsprechende vertragliche Gestaltung nicht erreichen127. dd) Belgien Das belgische Gesetz über Handelsgesellschaften (L.S.C.) definiert eine stille Gesellschaft (association en participation) in Art. 176 als Gesellschaft, bei der sich ein oder mehrere Personen an Geschäften beteiligen, die andere Personen im eigenen Namen führen128. Die Gründung erfolgt durch Konsensualvertrag, der gem. Art. 14 L.S.C. ohne Beachtung einer besonderen Form geschlossen wird129. Eine stille Gesellschaft gehört nicht zu den Handelsgesellschaften130. Sie besitzt als reine Innengesellschaft keine Rechtspersönlichkeit131. Am Rechtsverkehr nimmt ausschließlich das nach außen in Erscheinung tretende Handelsgewerbe teil. Der Inhaber des Handelsgewerbes, der gegenüber Dritten weitreichende Kompetenzen besitzt132, führt die gemeinsamen Geschäfte im 124
J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559). Nach Maßstäben des deutschen Zivilrechts ist eine stille Gesellschaft tschechischen Rechts zwischen einem partiarischen Darlehen und einer typisch stillen Gesellschaft anzusiedeln. 126 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 1 Rn. 15; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 3, Rn. 16; BMF-Schreiben v. 13.1.1997, BStBl. I 1997, S. 97 = IStR 1997, S. 120. 127 Zit. bei J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559), Fn. 12. 128 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.50, Ziff. 1; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.39. 129 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.50, Ziff. 6; dagegen erfordert die Gründung einer BGB-Gesellschaft, einer OHG oder einer KG einen schriftlichen, nicht notwendig notariell beurkundeten Vertrag. Dieser wird in einem öffentlichen Register bekannt gemacht (L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.30, Ziff. 4.). 130 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 5. 131 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 4. und 8.; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.47; die OHG, die KG und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts weisen eigene Rechtspersönlichkeit auf (L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 4 sowie 20.30, Ziff. 2). 132 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 10; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.51; der Geschäftsführer kann über sämliche in seinem Besitz befindlichen eingebrachten 125
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eigenen Namen133. Ein stiller Gesellschafter verfügt über Kontrollrechte, deren Ausübung die Führung der Geschäfte in keiner Weise stören darf134. Der Charakter als Innengesellschaft verbietet grundsätzlich die Bildung eines Gesellschaftsvermögens zur gesamten Hand. Jeder Gesellschafter bleibt Eigentümer seiner Einlage. Im Rahmen einer atypisch stillen Variante kann jedoch vereinbart werden, dass eingebrachtes Vermögen Eigentum zur gesamten Hand oder Eigentum des Geschäftsinhabers wird135. Im Außenverhältnis wirken derartige Abreden nur beschränkt, weil Dritte vom Gesellschaftsvertrag regelmäßig keine Kenntnis haben136. ee) Spanien Im spanischen Recht finden sich Regelungen zur stillen Gesellschaft (cuenta en participación) in den Art. 239 bis 243 des Código de Comercio (CCom). In Art. 239 CCom heißt es übersetzt: „Kaufleute können sich an den Geschäften anderer Kaufleute beteiligen, indem sie zu diesen Geschäften einen von ihnen vereinbarten Kapitalanteil beitragen und Teilhaber an den günstigen und ungünstigen Ergebnissen werden“137. Eine stille Gesellschaft ist als Innengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit konzipiert138. Sie gehört nicht zu den Personengesellschaften, weil weder die Organisation einer Mehrheit von Personen vorliegt, noch eine solche nach außen in Erscheinung tritt139. Die Führung der Sachen gegenüber Dritten verfügen. Dies gilt auch dann, wenn der betreffende Gesellschafter sein Eigentum an der Sache zurückbehalten hat. 133 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 7. 134 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 12; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.49. 135 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 8 m.w.N; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.47. 136 „Elle est juridiquement inexistante à l’égard des tiers [. . .]“; L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.00, Ziff. 8. 137 F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 41 (51); H. J. Selling, Unternehmensbesteuerung in Spanien in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, S. 195 (199). 138 P. Lüdemann/F. Hruschka, IStR 2000, S. 25; P. Lüdemann, Steuerfolgen gewerblicher Investitionen in Spanien, S. 24 (Rn. 57); F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 52. 139 F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 52; zu den Personengesellschaften zählen die OHG, die KG und die KG auf Aktien (F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 41 ff.; H. J. Selling, Unternehmensbesteuerung in Spanien in: Unternehmensbesteuerung in EUStaaten, S. 197 ff.; eine BGB-Gesellschaft gehört in Spanien nicht zu den Personengesellschaften, selbst wenn sie unter bestimmten Voraussetzungen als juristische Person betrachtet wird. Vgl. H. J. Selling in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Spanien, Stand März 1998, Art. 3, Rn. 7). Es handelt sich insoweit um juristische Personen (H. J. Selling, Handbuch des spanischen Steuerrechts, S. 21, Rn. 3; P. Lüdemann, Steuerfolgen gewerblicher Investitionen in Spanien, S. 23 (Rn. 56); ders., IStR 2000, S. 25; C.
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Geschäfte obliegt ausschließlich dem Inhaber des Handelsgewerbes (Außengesellschafter)140, der gegenüber Dritten für Verbindlichkeiten einsteht. Eine stille Gesellschaft begründet kein Gesellschaftsvermögen zur gesamten Hand. Da die Einlage eines stillen Gesellschafters in das Vermögen der Außengesellschaft übergeht, besteht lediglich eine „finanzielle“ Beteiligung141. Die Vereinbarung einer „atypisch“ stillen Gesellschaft ist prinzipiell möglich142, obwohl eine Teilhabe an den stillen Reserven und am Liquidationserlös äußerst unüblich ist143. Aus spanischer Perspektive bleibt selbst eine im genannten Sinne weit gehende Beteiligung lediglich „finanziell“, weil eine stille Gesellschaft den rechtlichen Status einer Personengesellschaft als (in der Regel)144 juristische Person nicht erreichen kann. b) Vertragliche Ersatzkonstruktionen Andere Staaten sehen eine stille Gesellschaft als eigenständige Rechtsform nicht vor. Auf vertraglichem Wege lassen sich jedoch häufig Ersatzkonstruktionen realisieren. aa) Schweiz Ausdrückliche Regelungen zur stillen Gesellschaft enthält das Schweizer Recht nicht145. Eine stille Gesellschaft findet als besondere Form der einfachen Gesellschaft im Sinne der §§ 530 ff. Obligationen Recht (OR) gewohnheitsrechtliche Anerkennung146. In ihrer Konzeption entspricht die einfache Gesellschaft weit gehend der BGB-Gesellschaft deutschen Rechts147. Eine stille GeCourage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 [228 ff.]). Deren Gründung einen notariellen Vertrag erfordert. Eine deklaratorisch wirkende Eintragung in das Handelsregister ist vorgesehen (F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 41 (43); H. J. Selling, Handbuch des spanischen Steuerrechts, S. 21 (22); P. Lüdemann, Steuerfolgen gewerblicher Investitionen in Spanien, S. 25 [Rn. 62]). 140 Art. 241 CCom. 141 F. J. Bauzá-Moré in: Aktuelles spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 52. 142 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (128). 143 C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (239). 144 Eine Ausnahme bildet die BGB-Gesellschaft, siehe vorstehend. 145 In den Jahren 1919 bis 1936 gab es Bestrebungen in der Schweiz die stille Gesellschaft zu kodifizieren. Diese Überlegungen haben sich nicht durchgesetzt. Vgl. A. Meier-Hayoz/P. Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 12, Rn. 6. 146 Diskussionsbeitrag von Edwards in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 149; T. Guhl/A. Koller/J. N. Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, § 59, S. 587, 5; F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474; H. P. Flüge, ASA 1966/1967, S. 281 (289); W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (654). 147 A. Meier-Hayoz/P. Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 12, Rn. 6; es handelt sich nach § 530 Abs. 1 OR um eine Vereinigung von zwei oder mehreren
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sellschaft als besondere Form der einfachen Gesellschaft erfordert, dass jemand am Gewerbebetrieb eines anderen beteiligt ist, ohne im Außenverhältnis als Gesellschafter aufzutreten148. Abweichend vom gesetzlichen Typus einer einfachen Gesellschaft verfügt eine stille Gesellschaft über kein Gesellschaftsvermögen zur gesamten Hand. Der (finanzielle) Beitrag des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Außengesellschafters über149. Ein stiller Gesellschafter ist neben dem Gewinn in der Regel auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt150. Eine Teilhabe am Verlust ist gem. § 533 Abs. 3 OR nur disponibel, wenn der Beitrag in einer Arbeitsleistung besteht151. Im Schweizer Gesellschaftsrecht wird nicht zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft unterschieden. Bereits der gesetzliche Normaltypus vermittelt einem stillen Gesellschafter eine weit reichende Rechtsposition. Über den Gewinn- und Verlustanteil hinaus ist eine umfassende Teilhabe am Gesellschaftsvermögen (der Außengesellschaft) obligatorisch152. Ferner ist ein stiller Gesellschafter an der Führung der Geschäfte zu beteiligen153. Unterhalb dieser Schwelle kann ledigPersonen, gerichtet auf Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln. Am Rechtsverkehr nimmt diese Form der Innengesellschaft nicht teil (W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653). Rechtlich gebunden werden nur die Vertragspartner in ihrem Verhältnis zueinander. Die Verbindung weist keine Rechtspersönlichkeit auf (A. Meier-Hayoz/P. Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 12, Rn. 15; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.37). Eine Eintragung in das Handelsregister ist nicht vorgesehen (T. Guhl/A. Koller/J. N. Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 584 ff.; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.38). 148 T. Guhl/A. Koller/J. N. Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 587, 5; Urteil des Obergerichts Obwalden v. 18.2.1985, SJZ 1987, S. 218 (219). 149 Ausführlich W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (655); Obergericht Obwalden v. 18.2.1985, SJZ 1987, S. 218 (219); H. P. Flüge, ASA 1966/ 1967, S. 281 (289); a. A. Bundesgericht v. 28.10.1922, BGE Bd. 48 I, S. 402 (410) dazu F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474 (476). 150 Zum Umfang der Verlusttragung T. Guhl/A. Koller/J. N. Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 587 (588); einschränkend W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (662). 151 W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (656); H. Schönle/K. Locher, StuW 1957, S. 795. 152 Vgl. §§ 548 ff.; Dazu W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, 8. Band, 1. Halbband, S. 653 (666); F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474 (477). 153 H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.38; T. Guhl/A. Koller/J. N. Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 588; H. Schönle/K. Locher, StuW 1957, S. 796; Bundesgericht v. 18.9.1973, BGE Bd. 99 II, S. 303; für die gegenteilige Ansicht spricht insbesondere der dispositive Charakter des § 535 Abs. 1 OR (W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (659); F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474 [476]); H. P. Flüge, ASA 1966/1967, S. 281[290]). Bei der einfachen Gesellschaft sind zur Geschäftsführung sämtliche Gesellschafter befugt, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes vorsieht (§ 535 Abs. 1 OR). Wird ein Gesellschafter von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen, ist er nach Maßgabe des zwingenden § 541 Abs. 1 OR über den Gang der Geschäfte zu unterrichten.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
lich ein partiarisches Darlehen vorliegen. Eine Abgrenzung gestaltet sich im Einzelfall schwierig, weil nach der Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts eine Verlustbeteiligung nicht zwingend gegen die Annahme eines partiarischen Darlehens spricht154. bb) USA Im US-amerikanischen Recht liegt die gesellschaftsrechtliche Gesetzgebungskompetenz bei den einzelnen Bundesstaaten155. Soweit ersichtlich ist die Rechtsform einer stillen Gesellschaft (silent oder dormant partnership) nicht normiert156. Gleichwohl kann sowohl eine typisch- (typical-) als auch eine atypisch stille Gesellschaft (nontypical-silent-partnership) vertraglich realisiert werden157. Das einschlägige Gesellschaftsrecht erweist sich in der Regel als hinreichend dispositiv, um eine entsprechende Vereinbarung zu erreichen158. 3. Zwischenergebnis Ist die Rechtsform einer stillen Gesellschaft im ausländischen Recht gesetzlich verfügbar, deckt sich deren grundlegende rechtliche Konzeption – insbesondere nach österreichischem Recht – weit gehend mit der Ausgestaltung im deutschen Recht. Es handelt sich stets um eine Innengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die am Wirtschaftsverkehr nicht teilnimmt und deren Eintragung in ein öffentliches Register nicht vorgesehen ist.
154 Bundesgericht v. 18.9.1973, BGE Bd. 99 II, S. 303, wonach sämtliche vertraglichen Umstände zu berücksichtigen sind; ähnlich F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474 (475), der auf einen gemeinsamen Zweck abstellt; a. A. mit Vorbehalt W. v. Steiger, Schweizer Privatrecht, Handelsrecht, S. 653 (656). 155 E. Boles, Gesellschaften im US-Einkommensteuerrecht, S. 7 ff.; R. Klumpp, Die Besteuerung von Kapitalerträgen nach deutschem und amerikanischem Recht, S. 137; U. Wolff in Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 25; H. Bungert, GmbHR 1993, S. 478 (480). 156 Dazu führen das Private Ruling (PR) 7852027 v. 27.09.1978 und das PR 7935019 v. 29.5.1979 gleichlautend aus: „The legal relationship [. . .] has no exact parallel under United States law“; im Übrigen U. Wolff in Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.78; M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 102; Diskussionsbeitrag F. Wassermeyer in: Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1977/78, S. 381; gleiches gilt für Großbritannien, vgl. R. R. Pennington, Jura Europae, Bd.IV, Stand Oktober 1992, 90.40-60, 2; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.78. 157 Siehe dazu Private Ruling (PR) 7935019, v. 29.5.1979; PR 8012063, v. 27.12.1979; PR 8309062, v. 29.11.1982; PR 9337017, v. 18.06.1993; U. Wolff in Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128. 158 E. Boles, Gesellschaften im US-Einkommensteuerrecht, S. 7 (9).
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Darüber hinaus überwiegen jedoch die Unterschiede die Gemeinsamkeiten. Dies gilt insbesondere für die Verwaltungs- und Vermögensstruktur. Im luxemburgischen Recht wird ein stiller Gesellschafter im Innenverhältnis an der Führung der Geschäfte beteiligt; insofern bestehen Parallelen zu einer deutschen BGB-Gesellschaft, bei der grundsätzlich sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen sind159. Nach belgischem und tschechischem Recht besitzt ein stiller Gesellschafter lediglich Kontrollrechte, die konzeptionell den in § 233 HGB vorgesehenen Kontrollrechten ähneln. In Luxemburg und Belgien steht der Charakter als Innengesellschaft der Bildung eines Gesellschaftsvermögens zur gesamten Hand nicht entgegen. Dessen Verselbständigung bewegt sich dabei – im deutschen Gesellschaftsrecht schwerlich vorstellbar – in den rechtlichen Grenzen der Innengesellschaft. Mit Ausnahme von Tschechien ist eine atypisch stille Gesellschaft in sämtlichen angeführten Staaten verfügbar160. Eine Sonderrolle nimmt Spanien ein: Dort besteht zwar formal die Möglichkeit, eine atypisch stille Gesellschaft zu errichten. Diese unterscheidet sich in ihren rechtlichen Wirkungen jedoch nicht vom Grundtypus einer stillen Gesellschaft. Findet eine stille Gesellschaft in den besprochenen Staaten gesetzliche Regelung, deutet sich insbesondere im Verhältnis zu Tschechien und Spanien Potential für einen Qualifikationskonflikt an. Ist eine stille Gesellschaft gesetzlich nicht normiert, zeichnen die genannten Staaten erwartungsgemäß ein uneinheitliches Bild. Im Verhältnis zur Schweiz können Qualifikationskonflikte insbesondere aus dem unterschiedlichen Verständnis einer stillen Gesellschaft resultieren. Dabei ist zu beachten, dass eine stille Gesellschaft in der Schweiz stets eine umfassende Vermögensbeteiligung und Mitwirkung des stillen Gesellschafters an der Führung der Geschäfte erfordert161; unterhalb dieser Schwelle liegt ein partiarisches Darlehen vor. Im Gegensatz zum deutschen Recht differenziert die Schweiz nicht zwischen einer typisch- und einer atypisch stillen Gesellschaft. In den USA bietet das bundesstaatliche Gesellschaftsrecht genügend Flexibilität, um eine atypisch stille Gesellschaft deutscher Lesart zu begründen. Aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive ist insbesondere im Verhältnis zu Tschechien, Spanien und der Schweiz Potential für einen Qualifikationskonflikt erkennbar.
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Vgl. § 709 BGB. Ein Grund dürfte in den historischen Wurzeln der stillen Gesellschaft liegen, die bis in das Mittelalter reichen (H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.1 ff.; G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 [123 ff.]). Enthält ein europäischer Rechtskreis entsprechende Vorschriften, knüpfen diese an eine gemeinsame Rechtstradition an (Für Österreich vgl. W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 165). 161 Daneben ist eine umfassende Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters ebenfalls obligatorisch. 160
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
II. Besteuerung einer atypisch stillen Gesellschaft im innerstaatlichen deutschen und ausländischen Recht Im deutschen und ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht wird eine stille Gesellschaft – soweit auf gesetzlichem oder vertraglichem Wege verfügbar – nicht immer einheitlich verstanden. Diese Tendenz könnte sich in den Steuerrechtsordnungen der besprochenen Staaten möglicherweise fortsetzen. 1. Steuerliche Behandlung im deutschen Recht Im deutschen Steuerrecht enthalten u. a. die §§ 15a Abs. 5 Nr. 1 und 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrückliche Regelungen zur stillen Gesellschaft162. In § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG ist von „einer stillen Gesellschaft im Sinne des § 230 des Handelsgesetzbuchs“ die Rede, „bei der der stille Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist“. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG spricht von einer „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter, es sei denn, dass der Gesellschafter [. . .] als Mitunternehmer anzusehen ist“. Nach ihrem Wortlaut nehmen die steuerlichen Vorschriften auf das einschlägige Handelsrecht Bezug163. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die steuerliche Behandlung einer stillen Gesellschaft orientiere sich an handelsrechtlichen Maßstäben. Die handelsrechtlichen Vorschriften bilden nur den terminologischen Ausgangspunkt einer eigenständigen steuerlichen Begrifflichkeit164. Dies verdeutlicht die analoge Besteuerung einer wirtschaftlich vergleichbaren Innengesellschaft, wenn keine (unmittelbare) Beteiligung an einem Handelsgewerbe, sondern einem Gesellschaftsanteil vorliegt165. Durch den Begriff des „Mitunternehmers“ etabliert das Steuerrecht ein im Handelsrecht nicht verwandtes Kriterium166. In Konsequenz dessen lässt sich die steuerrechtliche mit der handelsrechtlichen Terminologie nicht (auch nur teilweise) gleichsetzen.
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Vgl. im Übrigen §§ 19a Abs. 3 Nr. 9, 43 Abs. 1 Nr. 3, 50c Abs. 5 S. 2 EStG. G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 220; U. Blaurock, BB 1992, S. 1969; L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 355, 361; W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 130; BFH-Beschluss v. 9.3.1994, BFH/NV 1995, S. 28 (29). 164 Statt Vieler J. Lang in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 505. 165 L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 361, 365 ff.; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 232a, § 20, Rn. 221; BFH-Urteil v.2.10.1997, BStBl. II 1998, S. 137 (138); BFH-Urteil v. 6.7.1995, BStBl. II 1996, S. 269 (270); BFH-Urteil v. 27.1.1994, BStBl. II 1994, S. 635 (636); im BFH-Urteil v. 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700 (702) wird für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses voraus gesetzt, „dass sich die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen und sich verpflichten, die Erreichung dieses Zwecks durch ihre Beiträge zu fördern“. 166 H. Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 18, Rn. 24; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 315. 163
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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a) Atypisch stille Gesellschaft Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters führt zu gewerblichen Einkünften, wenn die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegen167. Eine (steuerrechtlich) atypisch stille Gesellschaft bildet eine „andere Gesellschaft“ im Sinne dieser Vorschrift168. Der Typusbegriff der Mitunternehmerschaft erfordert das Tragen von Mitunternehmerrisiko und die Entfaltung von Mitunternehmerinitiative169. Insofern ist der jeweilige Gesellschaftsvertrag im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu würdigen170. Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen171. Eine atypisch stille Gesellschaft liegt regelmäßig vor, wenn ein stiller Gesellschafter einem am Gesamthandsvermögen unmittelbar beteiligten Kommanditisten wirtschaftlich gleichsteht172. Ein stiller Gesellschafter trägt Mitunternehmerrisiko, wenn er an Wertveränderungen im Betriebsvermögen des Handelsgewerbes umfassend partizipiert173. Diese Voraussetzung ist a priori nicht erfüllt, wenn eine Verlustbeteiligung nach § 231 Abs. 2 1. Hs. HGB vertraglich ausgeschlossen174 oder auf die Höhe der 167 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 520; L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 341; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 78 ff.; BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); v. 6.7.1995, BStBl. II 1996, S. 269 (270). 168 R. Ruban, DStZ 1995, S. 637 ff.; H. Bitz in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, Stand Februar 2001, § 15, Rn. 23a; BFH-Urteil v. 2.10.1997, BStBl. II 1998, S. 137 (138); BFH-Urteil v. 13.7.1993, BStBl. II 1994, S. 243. 169 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 506 ff. 170 Zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise ausführlich J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 1, Rn. 16 ff. 171 BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 222; die gewählte Bezeichnung der Vertragsurkunde (BFH-Urteil v. 21.6.1983, BStBl. II 1983, S. 563 (566); BFH-Urteil v. 28.1.1982, BStBl. II 1982, S. 389 m. w. N. („Arbeitsvertrag“ eines atypisch stillen Gesellschafters) und die steuerliche Deklaration gegenüber Finanzbehörden haben allenfalls Indizcharakter (L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 341; BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 [649]). 172 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (814) = IStR 1999, S. 721 (724) = FR 1999, S. 1361 (1363); v. 2.10.1997, BStBl. II 1998, S. 137 (138); v. 10.8.1994, BStBl. II 1995, S. 171 (173); v. 13.7.1993, BStBl. II 1994, S. 243 (245); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 341; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 223; ders. in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317. 173 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 507. 174 Diese Voraussetzung ist von besonderer Bedeutung, weil auch bei der typisch stillen Gesellschaft eine Beteiligung am Verlust der gesetzlichen Regel entspricht (H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 81); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 344; allerdings kann eine fehlende Verlustbeteiligung durch eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden (BFH-Urteil v. 28.1. 1982, BStBl. II 1982, S. 389).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
geleisteten Einlage beschränkt bleibt175. Neben Wertveränderungen im Umlaufvermögen, d. h. einer Teilhabe am laufenden Gewinn und Verlust, schließt eine umfassende Beteiligung entsprechendes beim Anlagevermögen, d. h. an den stillen Reserven und an einem ggf. vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwert ein176. Nur insoweit „wird der Gewerbebetrieb im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Geschäftsinhabers und des stillen Gesellschafters geführt“177. Eine umfassende Beteiligung am Betriebsvermögen vermittelt indessen kein Mitunternehmerrisiko, wenn die Bildung entsprechender Werte höchst unwahrscheinlich ist178. Mitunternehmerinitiative i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wird ausgeübt, wenn ein Gesellschafter Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen kann. Denkbare Möglichkeiten reichen von Widerspruchs- oder Zustimmungsrechten für bestimmte Geschäfte bis hin zur Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung179. Um einen atypisch stillen Gesellschafter einem Kommanditisten wirtschaftlich gleich zu stellen, erweist sich die Vereinbarung einer gesteigerten Mitunternehmerinitiative als weit gehend verzichtbar. Bereits der handelsrechtliche Grundtypus verleiht einem stillen Gesellschafter im Wesentlichen die Initiativrechte eines Kommanditisten. Die §§ 166 und 233 HGB vermitteln den Beteiligungsformen identische Kontrollrechte; von der Führung der Geschäfte sind beide Gesellschafter, d. h. der Kommanditist und der stille Gesellschafter, nahezu ausgeschlossen180. Allein dem Kommanditisten gebührt von Gesetzes wegen ein (dispositives) Widerspruchsrecht für über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen der Geschäftsführung181. Insofern wird eine gesteigerte Mitunternehmerinitiative mit Blick auf die Vo175
BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (649). J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 507; BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); für den Fall, dass der stille Gesellschafter vorzeitig ausscheidet, kann eine schuldrechtliche Beteiligung an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert vertraglich ausgeschlossen werden. Nicht jedoch für den Fall, dass die stille Gesellschaft durch Veräußerung des Geschäftsbetriebes oder durch Übernahme eines Beteiligten endet (BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 [648]). 177 BFH-Urteil v. 12.11.1985, BStBl. II 1986, S. 311 (314); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 343 spricht von einer „Regelvoraussetzung“ einer stillen Gesellschaft. 178 BFH-Beschluss v. 22.1.1981, BStBl. II 1981, S. 424 (426); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 345; die vertragliche Abrede bleibt insoweit ohne wirtschaftliche Auswirkung. Werden stille Reserven „höchst wahrscheinlich“ nicht gelegt, spricht auf der anderen Seite das Fehlen einer umfassenden Beteiligung am Betriebsvermögen des Handelsgewerbes nicht gegen die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft (BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 81). Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob im Zeitpunkt der Gründung bereits stille Reserven gelegt sind (BFH-Urteil v. 13.6.1989, BStBl. II 1989, S. 720 (722); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 345). 179 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 507. 180 Vgl. §§ 164 S. 1 und 230 Abs. 2 HGB. 181 § 164 S. 1 2. Hs. HGB. 176
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raussetzungen einer Mitunternehmerschaft nur bedeutsam, um ein unterproportionales Mitunternehmerrisiko zu kompensieren182. Bereits im Urteil vom 14.2.1956183 hielt der BFH eine Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert für verzichtbar, wenn der Anteil am laufenden Gewinn und den übrigen stillen Reserven eine „wirtschaftlich starke“ Position des Gesellschafters begründet184. Die BFH-Entscheidung vom 22.11.1955185 schließt eine Mitunternehmerschaft wegen einer fehlenden Verlustbeteiligung nicht schlechthin aus. Diese Rechtsprechung findet im BFH-Urteil vom 9.10.1969186 ihre Fortsetzung: „Entscheidend ist allein, ob nach dem Gesamtbild ein Unternehmerrisiko besteht. Ein solches [. . .] kann bereits dann bejaht werden, wenn der Steuerpflichtige typische unternehmerische Entscheidung zu treffen, Entscheidungen der anderen Unternehmer durch Verweigerung der ihm vertraglich eingeräumten Zustimmung zu verhindern berechtigt ist, wobei Erfolg und Mißerfolg ihn selbst entscheidend wirtschaftlich berühren“. Diese Rechtsprechung, die im Schrifttum weit gehend Zustimmung findet, hat der BFH bis dato fortgeschrieben187. Nach einem Urteil des FG Münster vom 25.1.2001188 soll dagegen für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft „entscheidend“ sein, dass ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag bei Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft an einem Firmen- oder Geschäftswert partizipiert; über die Revision hat der BFH durch Urteil vom 9.12.2002189 entschieden, ohne jedoch von den bisherigen Grundsätzen der Rechtsprechung abzuweichen. Gewinn- und Verlustanteile werden nach den §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a Abgabenordnung (AO) einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den betreffenden Einkünften „mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind“190. Erfüllt eine atypisch stille Gesell182 BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (649); L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 344; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 85 ff. 183 BStBl. III 1956, S. 103 (104). 184 Vgl. im Übrigen G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 81. 185 BStBl. III 1956, S. 4 (5). 186 BStBl. II 1970, S. 320 (321); noch anderer Auffassung BFH-Urteil v. 19.1.1960, BStBl. III 1960, S. 229, wonach Mitunternehmer nur ist, wer am Anlagevermögen und den damit zusammenhängenden stillen Reserven beteiligt ist. 187 Vgl. BFH-Urteil v. 5.7.1978, BStBl. II 1978, S. 644 (646); v. 10.8.1978, BStBl. II 1979, S. 74 (75); v. 28.1.1982, BStBl. II 1982, S. 389 (390); v. 15.12.1992, BStBl. II 1994, S. 702; ebenso BFH v. 15.10.1998, FR 1999, S. 262 (263) = DStRE 1999, S. 81 (82); H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 85; L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 344; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, Stand März 2000, § 15, Rn. 317. 188 DStRE 2002, S. 415. 189 BFH/NV 2003, S. 601. 190 BFH-Urteil v. 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700 (701).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
schaft die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft, sind an den Einkünften „mehrere Personen beteiligt“ 191. Wie das steuerliche Ergebnis einer atypisch stillen Gesellschaft ihren Gesellschaftern zuzurechnen ist, wurde in jüngerer Zeit unterschiedlich beurteilt192. Die BFH-Entscheidung vom 12.11.1985 stellt eine am Zivilrecht orientierte Argumentation in den Vordergrund193: „Eine Tätigkeit der stillen Gesellschaft gibt es nicht. Tätig ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts; nur dieser betreibt ein gewerbliches Unternehmen i. S. des § 15 EStG, auch wenn das Ergebnis dieser Betätigung wegen der schuldrechtlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters einkommensteuerrechtlich zum Teil diesem zugerechnet wird“. Von dieser Sichtweise ist der BFH in den Urteilen vom 26.11.1996194, 2.10.1997195 und 15.10.1998196 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner zwischenzeitlich anderen Auffassung abgerückt: „Zwar führt bei einer (atypisch) stillen Gesellschaft die Geschäfte im Außenverhältnis zu den Teilnehmern am Rechtsverkehr nur der tätige Gesellschafter; im zivilrechtlichen Sinne gibt es daher eine Tätigkeit der stillen Gesellschaft nicht. Im Innenverhältnis zu den atypisch stillen Gesellschaftern führt der tätige Gesellschafter die Geschäfte jedoch für alle Gesellschafter entsprechend der für sie geltenden Gemeinschaftsordnung; sie sind deshalb entsprechend dieser Gemeinschaftsordnung auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen. Auf dieses Innenverhältnis stellt das Einkommensteuerrecht in § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG ab. So betrachtet wird auch eine atypisch stille Gesellschaft im Sinne dieser Regelungen tätig. Sie ist selbstständiges „Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“ [. . .]“197. Das steuerliche Ergebnis des Handelsgewerbes wird danach mittels einer „Zurechnungskette“ weitergereicht. Diese verläuft vom Inhaber des Handelsgeschäfts an die atypisch stille Gesellschaft in ihrer genannten Funktion und von dieser – entsprechend der jeweiligen Beteiligung – an ihre Gesellschafter198. b) Typisch stille Gesellschaft Von einer atypisch stillen Gesellschaft lässt sich eine typisch stille Gesellschaft nicht nach positiven Kriterien abgrenzen199. Liegen die Voraussetzungen 191 P. Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand März 2003, § 180 AO, Rn. 23 „Atypisch stille Gesellschaft/Unterbeteiligung“; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 175; BFH-Beschluss v. 22.1.1981, BStBl. II 1981, S. 424 (425). 192 Ausführlich H. Geschwendtner, DStZ 1998, S. 335; ebenso R. Ruban, DStZ 1995, S. 637 ff. 193 BStBl. II 1986, S. 311 (313). 194 BStBl. II 1998, S. 328. 195 BStBl. II 1998, S. 137. 196 DStRE 1999, S. 81 = FR 1999, S. 262 (Anführungszeichen im Original). 197 BFH-Urteil v. 26.11.1996, BStBl. II 1998, S. 328 (329). 198 H. Geschwendtner, DStZ 1998, S. 338.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
43
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht vor, kann eine typisch stille Gesellschaft vereinbart sein200. Der Gesetzeswortlaut von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG fordert „eine Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“201. Dies erfordert den Abschluss eines formlosen Gesellschaftsvertrags, der auf die gemeinsame Fortführung eines Unternehmens gerichtet ist202. Sieht die Vereinbarung eine Beteiligung am Gewinn des Handelsgewerbes nicht vor, dürfte es regelmäßig an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks fehlen203. Eine Verlustbeteiligung ist dagegen disponibel204. Die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen setzt im Übrigen in allgemeiner Hinsicht voraus, dass eine typisch stille Gesellschaft im Privatvermögen gehalten wird205. Andernfalls richtet sich die Zurechnung der betreffenden Einkünfte nach § 20 Abs. 3 EStG206. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften nach §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2a AO findet bei einer typisch stillen Gesellschaft nicht statt, da eine Beteiligung an Einkünften der Außengesellschaft nicht vorliegt207. Der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters mindert als Betriebsausgabe den Gewinn des Handelsgewerbes208. In umgekehrter Weise führt eine Verlustsituation zu Betriebseinnahmen209. Auf der Ebene eines typisch stillen Gesell199 Bereits der Wortlaut des Gesetzes enthält in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG die Einschränkung, „es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist“; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 216. 200 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 503; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 216; L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 341; W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 131; BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648). 201 Auf wirtschaftlich vergleichbare Unterbeteiligungen finden die steuerlichen Vorschriften zur typisch stillen Gesellschaft entsprechende Anwendung (BFH-Urteil v. 21.2.1991, BStBl. II 1995, S. 449). 202 W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 131; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 220; BFH-Beschluss v. 9.3.1994, BFH/NV 1995, S. 28 (29). 203 BFH-Urteil v. 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700 (701); in diesem Fall dürfte regelmäßig – aber nicht zwingend – ein partiarisches Rechtsverhältnis vorliegen. Dazu im Folgenden c). 204 BFH-Urteil v. 21.6.1983, BStBl. II 1983, S. 563. 205 BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); BFH-Urteil v. 21.6. 1983, BStBl. II 1983, S. 563 (565); H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 231. 206 H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 237 und 250. 207 Zu einer atypisch stillen Gesellschaft siehe vorstehend a). 208 BFH-Urteil v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (648); die Gewinnminderung erfolgt im Wirtschaftsjahr, auf welches sich der Anspruch des Stillen bezieht (H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 245). 209 Dies gilt unabhängig davon, ob die Einlage des Stillen voll eingezahlt oder teilweise rückständig ist. Im ersten Fall wird die Einlage erfolgswirksam gemindert, im Zweiten eine Forderung erfolgswirksam eingebucht.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
schafters unterliegen Gewinnanteile im Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Besteuerung210. Aus einem Verlustanteil resultieren nach h. M. bis zur Höhe der eingezahlten Einlage Werbungskosten211. Im Übrigen ist gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Vorschrift des § 15a EStG zu beachten212. Seit 1.1.1994 können u. a. Einnahmen aus einer typisch stillen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach § 8a KStG in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert werden213. Die Vorschrift richtet sich gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung und betrifft ausschließlich „Vergütungen für Fremdkapital“214. Der Betriebsausgabenabzug erfährt somit nur bei einer typisch stillen Gesellschaft und einem partiarischen Darlehen eine Beschränkung215. c) Partiarisches Darlehen Ein partiarisches Darlehen führt nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ebenfalls zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Gleichstellung mit einer typisch stillen 210 Ein Zufluss ist anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter die wirtschaftliche Verfügungsmacht für den in Geld- oder Geldeswert bestehenden Gewinnanteil erlangt hat (vgl. BFH-Urteil v. 21.10.1981, BStBl. II 1982, S. 139); dies setzt der Höhe nach eine Feststellung in der Bilanz des Handelsgewerbes voraus, die regelmäßig erst im folgenden Wirtschaftsjahr stattfindet. Die Besteuerung auf Ebene des stillen Gesellschafters wird auf diese Weise – im Gegensatz zu einer atypisch stillen Gesellschaft – um eine Periode hinausgezögert (H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 245). Erhält der typisch stille Gesellschafter im Laufe des Wirtschaftsjahres Vorschüsse auf seinen zu erwartenden Gewinnanteil, ist ein Zufluss bereits in diesem Zeitpunkt anzunehmen. 211 G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 224 m. w. N.; W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 143 m. w. N. 212 M. Geuenich, DStR 1998, S. 57 (60); G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 225 ff.; W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 144 ff.; zur Frage der Zurechnung und Nutzung von Verlustanteilen eines typisch stillen Gesellschafters jüngst BFH-Urteil v. 23.7.2002 (DB 2002, S. 2687). 213 Der deutsche Fiskus versuchte vor Ergehen des § 8a KStG erstmalig durch BMF-Schreiben v. 16.3.1987 (BStBl. I 1987, S. 373) einer übermäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu begegnen (dagegen BFH-Urteil v. 5.2.1992, BStBl. II 1992, S. 532). Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidrig erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt. 214 Vgl. § 8a Abs. 1 KStG; dazu H. J. Pezzer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rn. 65; E. Dötsch/A. Pung in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG/UmwStG, Stand Mai 2004, § 8a KStG n. F., Rn. 113; I. Kröner in: ERNST & YOUNG, KStG, Stand Juni 2002, § 8a, Rn. 78 „Gewinnbeteiligungen“. 215 BMF-Schreiben „Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG)“ v. 17.11.1994, BStBl. I 1995, S. 25, Rn. 44.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Gesellschaft vermeidet eine Abgrenzung beider Beteiligungsformen216. Gemeinsamkeiten bestehen, weil das überlassene Kapital jeweils gewinnabhängig verzinst wird217. Darüber hinaus, weil die rechtliche Stellung eines Gläubigers nicht der eines Mitunternehmers entspricht218. Im Gegensatz zu einer typisch stillen Gesellschaft ist ein partiarisches Rechtsverhältnis nicht auf den gemeinsamen Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet219. Letztgenanntes beschränkt sich auf eine Kapitalüberlassung verbunden mit dem Interesse an einem Überschuss zu profitieren220. Die steuerlichen Abgrenzungskriterien entsprechen im Übrigen denen des Handelsrechts221. 2. Steuerliche Behandlung im ausländischen Recht In ausländischen Rechtsordnungen wird eine (atypisch) stille Gesellschaft, soweit gesetzlich oder auf vertraglichem Wege verfügbar, unterschiedlich besteuert: a) Luxemburg Luxemburg besteuert eine stille Gesellschaft (association en participation) vergleichbar der deutschen Rechtslage222. Ein typisch stiller Gesellschafter erzielt entsprechend dem Gläubiger eines partiarischen Darlehens Einkünfte aus Kapitalvermögen223. Die angeführten Beteiligungsformen werden unterschiedslos besteuert, da es bereits gesellschaftsrechtlich an einer klaren Abgrenzung fehlt224. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht unterliegen Kapitalerträge 216 G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 216; steuerliche Unterschiede ergeben sich bei der Hinzurechnung nach § 8 GewStG, weil die Gewinnanteile des typisch stillen Gesellschafters (Nr. 3) im Gegensatz zu sonstigen Finanzierungskosten (Nr. 1) benachteiligt sind. Bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer ergeben sich nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG keine Unterschiede. 217 W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 130; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 217. 218 Vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 2. Hs. EStG. 219 BFH-Urteil v. 21.6.1983, BStBl. II 1983, S. 563 (565); BFH-Urteil v. 28.10. 1981, BStBl. II 1982, S. 186 (188); G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Februar 2001, § 20, Rn. 217, 272; W. Heinicke in: Schmidt, EStG, § 20, Rn. 132. 220 BFH-Urteil v. 10.2.1978, BStBl. II 1978, S. 256. 221 Vgl. dieses Kapitel unter B. I. 1. a) und b). 222 M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 98; G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (130); A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 351. 223 A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 351; E. Fort in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 44. Lfg. 2001, – Luxemburg –, Rn. 150.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
einer definitiven Kapitalertragsteuer von 25 v. H.225. Dagegen führt eine atypisch stille Gesellschaft zu (gewerblichen) Unternehmenseinkünften226. Dies erfordert steuerrechtlich eine im Innenverhältnis vereinbarte Beteiligung an einem Handelsgewerbe; gegen eine Teilhabe am Gewinn und Verlust, am Firmenwert, sowie an den stillen Reserven leistet der atypisch stille Gesellschafter regelmäßig eine in das Vermögen des Handelsgewerbes übergehende Einlage227. b) Österreich Österreich unterscheidet zwischen einer typisch („echten“) und einer atypisch („unechten“) stillen Gesellschaft. Ein typisch stiller Gesellschafter erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen228. Diese unterliegen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht einem Veranlagungsverfahren, in dem eine erhobene Kapitalertragsteuer von 25 v. H. zur Anrechnung kommt229. Die Erhebung einer Quellensteuer mit Abgeltungscharakter ist insoweit ausgeschlossen230. Eine atypisch stille Gesellschaft generiert aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit einer Kommanditbeteiligung gewerbliche Einkünfte, die im Rahmen einer Mitunternehmerschaft zugerechnet werden231. Eine Mitunternehmerschaft erfordert nach Rechtsprechung und h. M. nicht nur eine Beteiligung am Gewinn und Verlust, sondern ebenso an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert; daran fehlt es – mit der Folge des Vorliegens einer typisch stillen Gesellschaft –, wenn ein Gesellschafter nicht kumulativ an den stillen Reserven und am Firmen oder Geschäftswert partizipiert232. Eine unterproportionale oder gar fehlende Mitunternehmerinitiative ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung da-
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Vgl. dieses Kapitel unter B. I. 2. a) aa). E. Fort in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 44. Lfg. 2001, – Luxemburg –, Rn. 221 ff. (223). 226 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (130); E. Fort in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 44. Lfg. 2001, – Luxemburg –, Rn. 61 und 223. 227 A. Streichen in: Debatin/Wassermeyer, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 351. 228 Vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 öEStG. 229 § 102 Abs. 1 Nr. 2 öEStG. 230 § 102 Abs. 4 öEStG; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (277). Zur alten Rechtslage M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 ff. 231 W. Kastner u. a., Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, S. 175; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (275) m. w. N.; G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (128); M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 ff.; M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 98, die treffend von einer „weitestgehenden Übereinstimmung“ spricht. 232 M. Lang, Hybride Finanzierungen im internationalen Steuerrecht, S. 151 ff.; ders., RIW 1992, S. 573 (577). H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186 (187) m.w.N insb. Fn. 3; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (278); undifferenzierter M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 (798). 225
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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gegen unschädlich, wenn ein Gesellschafter zumindest an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert beteiligt ist233. In Österreich setzt eine atypisch stille Gesellschaft daher zwingend eine kumulative Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert voraus. Unter bestimmten Umständen bildet eine typisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einen Sonderfall. Ist ein typisch stiller Gesellschafter zugleich im Außenverhältnis an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, können die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung praktizierten Regeln gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung greifen234. Sprechen besondere Umstände für ein auffallendes Mißverhältnis zwischen Fremd- und Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft, bildet die Einlage eines typisch stillen Gesellschafters „verdecktes Stammkapital“ 235. Insoweit werden Dividendeneinkünfte erzielt, die bei einer Kapitalgesellschaft zu keinen Betriebsausgaben, sondern (verdeckten) Gewinnausschüttungen führen. c) Tschechien Im Recht der Tschechischen Republik wird gesellschaftsrechtlich nicht zwischen einer „typisch“ und einer „atypisch“ stillen Gesellschaft unterschieden236. Für die steuerliche Behandlung gilt entsprechendes. Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters (ticha spolecnost) führt nach § 8 Abs. 1 lit. b des tschechischen EStG (tEStG) – unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung – zu Einkünften aus Kapitalvermögen237. Eine Ausnahme bilden Gewinnanteile, die zur Wiederauffüllung einer durch frühere Verluste geminderten Einlage die233
Zitiert bei H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186 (187), Fn. 5. Im Gegensatz zu Deutschland besteht keine gesetzliche Regelung nach Maßgabe des § 8a KStG. Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidrig erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt. 235 Einzelheiten bei M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, S. 157 (158); M. Lang/J. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Art. 10a, Rn. 79 sowie Art. 11, Rn. 38; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (278). 236 Dazu oben B. I. 2. a) cc). 237 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 44; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 15; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 23; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Anh. Tschechien, Rn. 117; J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559); L. Vorlícková in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 47. Lfg. 2002, – Tschechien –, Rn. 51. 234
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nen238. Seit dem 1.1.1994 kann eine stille Beteiligung unter den gesetzlichen Voraussetzungen gegen eine Unterkapitalisierung von Unternehmen ebenfalls Dividenden generieren239. Insoweit entstehen der Außengesellschaft keine Betriebsausgaben. Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters unterliegt unabhängig von seiner steuerlichen Einordnung gem. § 36 tEStG einer Quellensteuer mit Abgeltungscharakter von 15 v. H.240. d) Belgien In Belgien unterliegen sämtliche Handelsgesellschaften kraft eigener Rechtspersönlichkeit der Körperschaftsteuerpflicht241. Eine stille Gesellschaft (association en participation) gehört wegen ihrer fehlenden Rechtspersönlichkeit nicht zu diesem Kreis, obwohl sie in Art. 176 des Gesetzes über die Handelsgesellschaften (L.S.C.) Regelung findet242. Ein stiller Gesellschafter – verstanden als Oberbegriff – unterliegt der Einkommensteuer, die von beschränkt Steuerpflichtigen in Gestalt einer eigenständigen Steuer (impôt des non-résidents) erhoben wird243. Ein typisch stiller Gesellschafter erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen244. Hingegen generiert eine atypisch stille Beteiligung als „andere Personengesellschaft“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb245. 238 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 44. 239 F. J. Safarik, IStR 1994, S. 233. 240 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 28; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 14; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Anh.Tschechien, Rn. 130; J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559); L. Vorlícková in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 47. Lfg. 2002, – Tschechien –, Rn. 172. 241 J. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, S. 31; dies in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KStG, Stand September 1999, Rn. 233; T. Froesch, IStR 1996, S. 366; K. M. Wilke in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA Belgien, Stand Grundwerk, Art. 2, Rn. 48; die von H. Krabbe (RIW 1981, S. 535 ff.) ausgeführte Rechtslage, ist durch Abschaffung der Optionsmöglichkeit seit 1986 überholt (J. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, S. 31; dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KStG, Stand September 1999, Rn. 233; K. Straka in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 1, Rn. 48). 242 L. Dabin in: Jura Europae, Band II, Stand Oktober 1992, Belgien, 20.50, Ziff. 1; H. Paulick/U. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 3, Rn. 3.39. 243 K. M. Wilke in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA Belgien, Grundwerk, Rn. 7 und 66. 244 M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 98 ff.; S.Schiffer in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 51. Lfg. 2003, – Belgien –, Rn. 160. 245 M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 99; G. Haas, Mitunternehmerschaften mit beschränkter Haftung, S. 94;
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e) Spanien In Spanien unterliegen Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit grundsätzlich der Körperschaftsteuer246. Über den Rahmen des deutschen KStG hinaus gilt dies für eine OHG und KG spanischen Rechts, unter gewissen Umständen auch für eine spanische BGB-Gesellschaft in Form einer Außengesellschaft247. Eine stille Gesellschaft (cuenta en participación) erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da sie als Innengesellschaft über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt248. Steuersubjekt ist allein die Gesellschaft, an der eine stille Beteiligung besteht. Nicht anders als dem spanischen Handels- und Gesellschaftsrecht ist dem einschlägigen Steuerrecht eine Differenzierung zwischen „typisch“ und „atypisch“ stiller Gesellschaft fremd249. Selbst wenn der Gesellschaftsvertrag eine umfassende Vermögensbeteiligung und weit reichende Mitwirkungsrechte eines stillen Gesellschafters vorsieht, lässt dies die einheitliche steuerliche Behandlung einer stillen Gesellschaft unberührt. Etwas anderes gilt nur, wenn ein stiller Gesellschafter an dem betreffenden Handelsgewerbe zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist. Insofern werden die Gewinnanteile den im Übrigen bezogenen Dividenden steuerlich gleich gesetzt250. Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters wurden bis 31.12.1995 als Dividenden besteuert251. Ein eigenständiges Steuersubjekt „stille Gesellschaft“ bestand aus diesem Grunde nicht, weil die entsprechenden Einkünfte denen aus Dividenden lediglich gleich standen252. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht unterliegen G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (128). Siehe ebenfalls P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 3, Rn. 17; K. Straka in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 70. 246 P. Lüdemann/F. Hruschka, DStR 2000, S. 25; P. Lüdemann, Steuerfolgen gewerblicher Investitionen in Spanien, Rn. 69 ff.; H. J. Selling, Unternehmensbesteuerung in Spanien in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG Bd. 16, S. 195 (216); ders., Handbuch des spanischen Steuerrechts, Rn. 191; C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (228 ff.). 247 J. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, S. 52; dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KStG, Stand September 1999, Rn. 413; H. J. Selling, Unternehmensbesteuerung in Spanien in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG Bd. 16, S. 216; C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 228 ff.; BMF-Schreiben v. 28.5.1998, BStBl. I 1998, S. 557. 248 Vgl. dieses Kapitel unter B. I. 2. a) ee). 249 C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (239); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (128). 250 C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (239). 251 H. J. Selling, Unternehmensbesteuerung in Spanien in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG Bd. 16, S. 199; C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 240; M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 100 ff. 252 Diese Besteuerung entspricht in ihren Rechtsfolgen § 8a KStG. Dazu im dritten Kapitel im Rahmen der Besprechung der DBA mit Österreich, der Schweiz und
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Dividenden einer Kapitalertragsteuer von 25 v. H.253. Seit 1.1.1996 wird die Einlage eines stillen Gesellschafters als Verbindlichkeit der Gesellschaft behandelt254. Ein stiller Gesellschafter erzielt Kapitalerträge255, die bei in Spanien beschränkt steuerpflichtigen Gläubigern derzeit unbesteuert bleiben256. Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters ist auf Ebene des Handelsgewerbes als Betriebsausgabe zu berücksichtigen257. f) Schweiz Im Schweizer Steuerrecht wird nicht zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft unterschieden. Der Grund liegt im einschlägigen Gesellschaftsrecht, wonach der Grundtypus einer stillen Gesellschaft sämtliche Kriterien aufweist, die nach deutscher Rechtslage einer atypisch stillen Gesellschaft zugeschrieben werden258. Unterhalb dieser Schwelle liegt ein partiarisches Rechtsverhältnis vor259. Eine „atypisch“ stille Gesellschaft deutscher Prägung entspricht in der Schweiz somit einer „stillen“ Gesellschaft; eine aus hiesiger Sicht „typisch“ stille Gesellschaft wird als partiarisches Darlehen besteuert.
Tschechien [A. II. 1. a), B. I. 2. a) aa) und B. II. 1. a) aa)]. Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidrig erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt. 253 J. Hey, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa, S. 54; dies in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einf. KStG, Stand September 1999, Rn. 413; R. Portner in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA Spanien, Grundwerk, Art. 2, Rn. 14; K. M. Wilke, BB 1993, S. 834 (835). 254 C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 239; H. J. Selling in: Debatin/Wassermeyer, DBA Spanien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 53. 255 C. Courage in: A. Mennel/J. Förster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, 52. Lfg. 2004, Spanien, Rn. 179. 256 H. J. Selling, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 191 (197); C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (241); möglicherweise a. A. R. Portner in: Becker/Höppner/ Grotherr/Kroppen, DBA Spanien, Grundwerk, Art. 2, Rn. 14 und 28. 257 Bis 31.12.1995 kam es für eine Gesellschaft zu keiner Gewinnminderung, weil ein stiller Gesellschafter Dividenden bezog. 258 Vgl. dieses Kapitel unter B. I. 2. b) aa). 259 H. Schönle/K. Locher, StuW 1957, S. 795; F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474; T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 383; M. B. Zwosta in: Debatin/Wassermeyer, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 83; K. D. Wingert/K. Strohner in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Stand März 1994, Art. 10, Rn. 122; differenzierend H. P. Flüge, ASA 1966/67, S. 281 (289 ff.).
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Für die steuerliche Behandlung einer stillen Gesellschaft ist von Bedeutung, mit welchem Rechtsträger eine solche vereinbart ist260: Besteht eine stille Beteiligung an einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft, erzielt ein stiller Gesellschafter (1) gewerbliche Einkünfte, die bei entsprechender Zurechnung einer Betriebsstätte in der Schweiz Besteuerung finden261. Wird eine stille Beteiligung (2) mit einer Schweizer Kapitalgesellschaft vereinbart, ist die steuerliche Behandlung – soweit ersichtlich – umstritten; dabei offenbaren schweizerische und deutsche Quellen erhebliche Divergenzen: Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) versagt in einem Kreisschreiben vom 30.4.1987 der „atypisch“ stillen Beteiligung262 an einer Schweizer AG die Anerkennung, wenn der stille Gesellschafter zugleich Aktionär der Gesellschaft ist263; die angeführte Konstruktion erweise sich für Zwecke der Schweizer Verrechnungsteuer als „Steuerumgehung“264; aus diesem Grunde behandelt die EStV das stille Rechtsverhältnis als partiarisches Darlehen265. Nach einer Ansicht in der Schweizer Kommentarliteratur erzielt ein stiller Gesellschafter – in der geschilderten Situation – „steuerbare Gewinnausschüttungen“266. Anders deutsche Quellen: Ein Teil des Schrifttums267 und eine Verfügung der OFD Düsseldorf vom 8.1.1991268 vertreten die Ansicht, eine „atypisch“ stille Beteiligung an einer Schweizer Kapitalgesellschaft führe nach dortigem Recht stets zu Einnah260 Ursprünglich wurde nicht in dieser Weise differenziert, vgl. dazu H. P. Flüge, ASA 1966/67, Bd. 35, S. 281 (292); F. Winklbauer, Steuer Revue 1971, S. 474 (483 ff.); Schreiben der EStV v. 13.4.1955 und 2.12.1959, zit. bei: K. Locher, Das schweizerisch-deutsche DBA, Stand Juni 1972, Bd. 2, B, § 6, IV, B, Nr. 1; heute a. A. T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 386; M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 102; T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (796); F. Hundt, DB 1995, S. 171 (177). 261 K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –. 262 Entspricht einer „stillen Beteiligung“ in der Schweiz (siehe vorstehend). Im Fall des Kreisschreibens v. 30.4.1987 (ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3.) wurde eine „atypisch stille Gesellschaft“ deutscher Prägung vereinbart. Ein solches ist möglich, weil die Vorschriften zur einfachen Gesellschaft im Schweizer OR in ihrer Konzeption weit gehend der deutschen BGB-Gesellschaft entsprechen [vgl. oben unter B. I. 2. b) aa)]. 263 ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51). 264 Ebenso Locher/Meier/von Siebenthal, DBA Schweiz-Deutschland 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7. 265 Kreisschreiben v. 30.4.1987, ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3. 266 Locher/Meier/von Siebenthal, DBA Schweiz-Deutschland 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7; ebenso M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 102. 267 K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft – (unter Berufung auf das Kreisschreiben der EStV v. 30.4.1987, ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3); M. B. Zwosta in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Art. 10, Rn. 83. 268 RIW 1991, S. 173.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
men aus einem partiarischen Darlehen. Nach einem anderen Teil des Schrifttums soll eine „atypisch“ stille Beteiligung an einer Schweizer Gesellschaft generell in dieser Weise Besteuerung finden269. Dem angeführten Kreisschreiben vom 30.4.1987270, auf welches im deutschen Schrifttum ausdrücklich Bezug genommen wird271, ist weder eine allgemeine Aussage zur Besteuerung von „atypisch“ stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, noch zur generellen Besteuerung einer „atypisch“ stillen Gesellschaft zu entnehmen. Die Anordnung der EStV betrifft entsprechend der Ansicht in der Schweizer Kommentarliteratur272 nur den dort geschilderten Sachverhalt einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung. g) USA Im US-amerikanischen Steuerrecht kann eine stille Gesellschaft (silent oder dormant partnership) als besondere Form der Überlassung von Fremdkapital, als Personengesellschaft (partnership) oder als Kapitalgesellschaft (corporation) besteuert werden. Die Abgrenzung von Eigen- (equity) und Fremdkapital (dept) orientiert sich an den Vorgaben des Internal Revenue Code (I.R.C.)273. In § 385 (b) I.R.C. sind als Kriterien genannt: (1) eine schriftliche Vereinbarung, wonach eine festgelegte Summe in Geld oder Geldeswert, auf Verlangen, oder zu einem bestimmten Zeitpunkt, nebst Verzinsung, zu entrichten ist; (2) die Einräumung von Vorrechten gegenüber anderen Gläubigern; (3) das Verhältnis von Eigenund Fremdkapital der betreffenden Gesellschaft; (4) die Möglichkeit, sein finanzielles Engagement in einen Gesellschaftsanteil zu wandeln274 und (5) die Ausreichung eines „Darlehen“ durch einen Teilhaber der Gesellschaft275. Partizipiert ein stiller Gesellschafter neben dem Gewinn auch am Verlust einer Gesell269 Ch. Hardt in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 3, Rn. 37; T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 385 ff.; T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (796); F. Hundt, DB 1995, S. 171 (177). 270 ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3. 271 K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –; Ch. Hardt in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 3, Rn. 37; T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 385 ff. 272 Locher/Meier/von Siebenthal, DBA Schweiz-Deutschland 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7. 273 Dazu H. Merkt, IStR 1995, S. 92 (95); U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (382 ff.). 274 Vgl. Private-Ruling (PR) 9337017 v. 18.06.1993, siehe nachstehend. 275 Das PR 9337017 v. 18.06.1993 betrifft den Fall einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung über eine atypisch stille Gesellschaft (nontypical dormant participation). Der I.R.S. betrachtete die anteiligen Gewinne aus der stillen Beteiligung als (zusätzliche) Dividende. Allgemeine Schlüsse können m. E. daraus nicht gezogen werden, weil der Gesellschaftsvertrag eine enge Verknüpfung von Dividende und (stillem) Ge-
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
53
schaft und umfasst die Verlustbeteiligung zumindest seine Einlage, ist regelmäßig Eigenkapital anzunehmen276. Die unter (2) bis (5) im Übrigen genannten Kriterien vermögen diese Einordnung zu stützen. Dagegen spricht eine fehlende Verlustbeteiligung, eine bestimmte Laufzeit der Vereinbarung277, eine garantierte „Verzinsung“ oder das Bestehen von Kreditsicherheiten für das Vorliegen von Fremdkapital278. Orientiert sich der Gesellschaftsvertrag zumindest an den gesetzlichen Vorgaben der §§ 230 ff. HGB – insbesondere unter Verzicht auf einen Ausschluss der Verlustbeteiligung –, scheidet die Annahme von Fremdkapital regelmäßig aus279. Die Besteuerung von nicht als Kapitalgesellschaften gegründeten in- und ausländischen Unternehmen orientierte sich bis 31.12.1996 an den Kintner-regulations280. Die alte Fassung der US-amerikanischen Steuerrichtlinien (TreasuryRegulations; TresReg) normiert sechs Merkmale einer Kapitalgesellschaft: (1) Gesellschafter; (2) Gewinnerzielungsabsicht; (3) unbegrenzte Lebensdauer; (4) Zentralisierung der Geschäftsführung, (5) beschränkte Haftung der Gesellschafter und (6) freie Übertragbarkeit der Anteile281. Da die ersten beiden auf eine Personen- wie Kapitalgesellschaft gleichermaßen zutreffen, entscheidet die steuerliche Klassifizierung ein Überwiegen der verbleibenden vier Merkmale282. Werden weniger als drei verwirklicht, liegt steuerrechtlich eine Personengesellschaft vor283.
winnanteil vorsieht, und darüber hinaus die Möglichkeit bietet, die atypisch stille Gesellschaft in eine Beteiligung an der Außengesellschaft zu wandeln. 276 U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (383). 277 Im PR 8309062 v. 29.11.1982 war die Laufzeit eines „Fonds“, an dem stille Gesellschaften eingeräumt wurden, auf 20 Jahre mit einer jährlichen Fortsetzungsoption begrenzt. Im vorgelegten Fall wurde kein Fremdkapital angenommen. 278 U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (383). 279 Ähnlich äußert sich die Finanzverwaltung im General Council Memorandum 38199 v. 14.12.1979. Danach sei es eine „serious question“, ob eine typisch stille Gesellschaft, die nur eine Gewinnbeteiligung vorsieht, als Personengesellschaft zu klassifizieren ist. Mit anderen Worten könnte auch Fremdkapital vorliegen. Vgl. im Übrigen U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 117 und 128 sowie U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (382). 280 Dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 25; A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (116); H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (102); D. G. Small, IStR 1996, S. 280; H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885; H. J. Ziegenhain, RIW 1995, S. 671 (672); E. P. Boles/W. R. Walz, GmbHR 1986, S. 435 (437). 281 § 301.7701-2 der alten treasury-regulations. 282 Sog. „four factor test“; dazu F. E. F. Hey, RIW 1992, S. 916 (919); M. Apelt, IStR 1997, S. 234 (235). 283 A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (116); H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (102); D. G. Small, IStR 1996, S. 280; H. J. Ziegenhain, RIW 1995, S. 671 (673); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Die Einordnung einer stillen Gesellschaft ist Gegenstand einer Reihe von Private-Rulings (PR)284. In sämtlichen Fällen bestand eine stille Beteiligung an einer in den USA nach deutschem Recht konzipierten GmbH285. Eine Kapitalgesellschaft weist nach § 301.7701-2 (b) der alten TresReg eine unbegrenzte Lebensdauer auf, wenn weder Tod, Krankheit, Insolvenz, Aufgabe, Verzicht noch Ausschluss eines Beteiligten zu einer Auflösung der Gesellschaft führen. Aus Sicht der amerikanischen Finanzverwaltung (Internal Revenue Service, I.R.S.) verfügt eine stille Gesellschaft über keine unbegrenzte Lebensdauer286: Eine Insolvenz der beteiligten GmbH führe nach dem insoweit einschlägigen deutschen Recht zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft287; eine Fortführung des Handelsgewerbes unterbliebe, da eine stille Gesellschaft im Außenverhältnis nur vermittels der GmbH – vertreten durch die Geschäftsführung – in Erscheinung treten könne; für einen stillen Gesellschafter bestehe im Übrigen die Möglichkeit, sein Engagement nach §§ 234 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V. m. 723 BGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Ferner vermittelt eine stille Gesellschaft ihren Gesellschaftern keine beschränkte Haftung. Dies setzt ausweislich § 301.7701-2 (d) (1) der alten TresReg voraus, dass ein Gesellschafter für Verbindlichkeiten oder Forderungen gegen seine Gesellschaft nicht persönlich haftet288. Für eine stille Gesellschaft kann das angeführte Kriterium streng genommen überhaupt nicht zum Tragen kommen, da eine Innengesellschaft weder in der Lage ist, Verbindlichkeiten einzugehen noch über eigenes Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse verfügt289. Tritt eine GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin einer stillen 284 Dazu A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (117); U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (381); H. Ullmann-Czubak, RIW/AWD 1980, S. 634; Letter-rulings sind schriftliche Stellungnahmen der Finanzverwaltung gegenüber einem Steuerpflichtigen zu einem konkreten Sachverhalt. Diese können der Öffentlichkeit in anonymisierter Form zugänglich gemacht werden (Dazu J. Kadel, DStR 2000, S. 583 [588]). Der I.R.S. hat von dem Erlass eines angekündigten Revenue-Rulings, d.h. einer nicht auf den Einzelfall bezogenen Richtlinie (J. Kadel, DStR 2000, S. 583 [588]), abgesehen, weil eine stille Gesellschaft eine Vielzahl vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet (General Council Memorandum 38199 v. 14.12.1979). 285 PR 7935019 v. 29.5.1979; PR 8012063 v. 27.12.1979; PR 8309062 v. 29.11. 1982; in den USA besteht die Möglichkeit, gesellschaftsrechtliche Strukturen unter Rückgriff auf eine ausländische Rechtsordnung zu konzipieren. Die rechtliche Einordnung tangiert diese Möglichkeit nicht [dazu im ersten Kapitel B. I. 2. b) bb)]. 286 Siehe vorstehend die genannten PR. 287 § 728 Abs. 1 S. 1 BGB. 288 Dazu PR 8012063 v. 27.12.1979: „Personal liability means that a creditor of an organisation may seek personal satisfaction from a member of the organisation to the extend that the assets of such organisation are insufficient to satisfy the creditor’s claim“. D.h. es genügt die Möglichkeit einer Durchgriffshaftung für den Fall, dass das Vermögen der Gesellschaft zur Befriedigung eines Gläubigers nicht ausreicht. 289 Nicht zuletzt aus diesem Grunde waren erläuternde PR des I.R.S. erforderlich, weil die rechtliche Konstruktion einer Innengesellschaft in den USA nicht bekannt ist.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Gesellschaft für deren Verbindlichkeiten unbeschränkt ein, kommt es jedenfalls insoweit nicht zu einer beschränken Haftung, selbst wenn eine GmbH ihrerseits eine beschränkte Haftung vermittelt290. Dies berücksichtigend kann es dahin stehen, wenn in der angeführten Konstellation die vertraglichen Abreden eine persönliche Haftung des als natürliche Person beteiligten stillen Gesellschafters auf seine erbrachte Einlage beschränken und daher eine „persönliche Haftung“ im Sinne der TresReg (insoweit) ausscheidet291. Die verbleibenden Voraussetzungen in § 301.7701 der alten TresReg, d. h. eine Zentralisierung der Geschäftsführung und eine freie Übertragbarkeit der Anteile, dürften regelmäßig vorliegen292. In einer solchen Pattsituation kann ein Überwiegen der körperschaftlichen Kriterien nicht festgestellt werden. Im USamerikanischen Steuerrecht wird daher eine stille Gesellschaft bis 31.12.1996 grundsätzlich als Personengesellschaft besteuert293. Diese Klassifizierung gilt für eine typisch- wie atypisch stille Gesellschaft, sofern der Gesellschaftsvertrag eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters vorsieht294. Eine Ausnahme bilden die PR 7852027 und 9337017295, nach denen eine stille Beteiligung als Kapitalgesellschaft einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Aus dem erstgenannten Fall lassen sich keine allgemeinen Schlüsse ziehen, weil der I.R.S. seine Entscheidung nicht näher begründet296. Im Übrigen nahm bereits das PR 7935019 von einer solchen Klassifizierung wieder Abstand; in einem vergleichbaren Sachverhalt wurde eine stille Gesellschaft für Dazu H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885; D. G. Small, IStR 1996, S. 280 (282). 290 Die Verbindlichkeiten der GmbH sind wirtschaftlich der stillen Gesellschaft zuzurechnen. Mit der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft wird die Außengesellschaft im gemeinsamen Interesse betrieben. Die grundsätzlich beschränkte Haftung eines GmbH-Gesellschafters tritt in den Hintergrund, weil dieser nicht (unmittelbar) Teilhaber der stillen Gesellschaft ist. 291 Siehe Sachverhalt im PR 8012063 v. 27.12.1979 sowie PR 8309062 v. 29.11.1982; den Fall einer der Höhe nach nicht begrenzten Verlusttragung hat der I.R.S. – soweit ersichtlich – noch nicht beschieden. 292 H. Ullmann-Czubak, RIW/AWD 1980, S. 634 (635); das letztgenannte Merkmal wird in den Sachverhalten der genannten PR regelmäßig verwirklicht, weil die stillen Beteiligungen dort Publikumscharakter aufweisen. 293 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 129; A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (117); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (221); H. Ullmann-Czubak, RIW/AWD 1980, S. 634 (635). 294 In diesen Sinne (wohl) General Council Memorandum 38199 v. 14.12.1979; wird eine Verlustbeteiligung des Stillen nicht vereinbart, ist eine stille Gesellschaft als besondere Form der Überlassung von Fremdkapital zu besteuern. Dazu eingehend oben. 295 PR 7852027 v. 27.09.1978; PR 9337017 v. 18.06.1993. 296 Der I.R.S (PR 7852027 v. 27.09.1978; PR 9337017 v. 18.06.1993) stellt apodiktisch fest: „The * * * will be associates in the GmbH and possess an objektive to carry on business an divide the gains therefrom“.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
steuerliche Zwecke als Personengesellschaft behandelt297. Im PR 9337017 wird der Gewinnanteil einer deutschen Muttergesellschaft aus einer (zusätzlichen) atypisch stillen Beteiligung an ihrer vollständig beherrschten US-Tochter als Dividende besteuert; die atypisch stille Gesellschaft erweise sich als zusätzliche finanzielle Ausstattung der Stammaktien und begründe keine von diesen verschiedene Rechtsposition298. Eine allgemein gültige Aussage trifft auch dieses Private Ruling nicht, da die Auslegung der alten TresReg offensichtlich keine Rolle spielte. Nicht zuletzt die angeführten Schwierigkeiten haben dazu geführt, dass inund ausländische Unternehmen seit 1.1.1997 die Möglichkeit haben, ihren steuerlichen Status in den USA zu wählen. Mit der Neufassung von § 301.7701 der TresReg wurde ein check-the-box-Verfahren (check-the-box regulations) eingeführt, nach dem ein Unternehmen gegenüber der Finanzbehörde für eine Besteuerung als Kapital- oder Personengesellschaft mittels Ankreuzen eines Vordrucks optieren kann299. Das neue Regelwerk soll die Besteuerung vereinfachen und die Einordnung moderner300 und ausländischer Gesellschaftsformen erleichtern301. Im Ergebnis verbindet sich mit den check-the-box-regulations keine Besserstellung der Unternehmen. Bereits unter dem alten Regime ermöglichte das flexibel ausgestaltete Gesellschaftsrecht der US-Bundesstaaten in der Regel die gewünschte steuerliche Einordnung zu erreichen302. Das eingeführte Wahlrecht ist an drei Voraussetzungen geknüpft303: Das Bestehen eines (1) eigenständigen Rechtssubjekts (entity separate from its owners), das (2) ein Erwerbsgeschäft betreibt (business entity) und (3) nicht bereits zur Gruppe der „per se“ Kapitalgesellschaften zählt304: 297 PR 7935019 v. 29.05.1979; dazu O. L. Walter/H. S. Conston, StuW 1981, S. 388 (391 ff.). 298 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 129; Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (221). 299 Dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 26; A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (118 ff.); H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (104 ff.); M. Apelt, IStR 1997, S. 234 (235); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 (886 ff.); D. G. Small, IStR 1996, S. 280 ff.; H. J. Ziegenhain, RIW 1995, S. 671 ff. 300 H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (104) verweist insbesondere auf „hybrid entities“, zu denen auch eine stille Gesellschaft zählt. 301 H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 betont die Schwierigkeiten bei ausländischen Gesellschaftsformen, wie einer stillen Gesellschaft; M. Apelt, IStR 1997, S. 234 (235); D. G. Small, IStR 1996, S. 280; H. J. Ziegenhain, RIW 1995, S. 672. 302 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 25; H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (104) führt dazu aus: „[. . .] entity classification had become essentially elective for well-advised taxpayer who could achive – by choice of entity an careful drafting of the organizational documents of the entity – the classification they desired under the Kintner-regulations“. 303 § 301.7701-3 (a) TresReg.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Eine Anerkennung als eigenständiges Steuersubjekt (1) ist für die steuerliche Klassifizierung einer stillen Gesellschaft im Rahmen der check-the-box-regulations von zentraler Bedeutung. Wird eine stille Gesellschaft nicht in dieser Weise betrachtet, liegt eine Einmanngesellschaft (single owner organisation) i. S. d. § 301.7701-1 (a) (4) TresReg vor. Diese kann nicht als Personengesellschaft besteuert werden305. Gegen eine Anerkennung als eigenständiges Steuersubjekts könnte der gesellschaftsrechtliche Charakter einer stillen Beteiligung als vertragliche Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen zur gesamten Hand sprechen306. Für die steuerliche Klassifizierung ist dieser Umstand jedoch nicht entscheidend, weil die TresReg auf die Grundsätze des US-Steuerrechts verweisen307. Nach § 301.7701-1 (a) (2) TresReg begründen auch rein vertragliche Beziehungen ein eigenständiges Steuersubjekt, wenn die Beteiligten ein Geschäft betreiben, um – i. S. v. Absicht – dessen Gewinne zu teilen. Diese Anforderungen werden von einer typisch- wie atypisch stillen Gesellschaft regelmäßig erfüllt308. Eine stille Gesellschaft ist (2) im Übrigen regelmäßig auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (business entity) gerichtet309. Schließlich steht eine stille Gesellschaft (3) nicht auf der Liste der „per se“ Kapitalgesellschaften in § 301.7701-2 (b) (8) TresReg310, die zwingend als corporation zu besteuern sind. Eine stille Gesellschaft kann als „berechtigtes Unternehmen“ (eligible entity) zwischen einer Besteuerung als Personen- oder Kapitalgesellschaft wählen311. 304 Dazu H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (106); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 (887); D. G. Small, IStR 1996, S. 280. 305 Eine single owner organisation wird steuerrechtlich entweder als Einzelunternehmen (disregarded as entitiy separate from its owner) oder eigenständige juristische Person (recognized as [. . .]) behandelt. A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (122), schließt eine derartige Behandlung zumindest nicht aus. 306 Zum Gesellschaftsrecht siehe vorstehend B. I. 1. und B. I. 2. b) bb). 307 § 301.7701-1 (a) (1) TresReg. 308 Soweit der Gesellschaftsvertrag eine Beteiligung an Verlusten im Handelsgewerbe nicht vorsieht, ist eine stille Beteiligung nach m. E. nicht anders als Fremdkapital zu besteuern (dazu eingehend oben); wird eine Vielzahl von stillen Beteiligungen an einem Handelsgewerbe eingeräumt (so der Fall des PR 8309062 v. 29.11.1982), bilden nach Ansicht von A. T. Nuri (Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 [122]) die einzelnen Beteiligungen separate Rechtsträger. Dies könnte zu dem problematischen Resultat führen, dass das Wahlrecht im Rahmen der check-the-box-regulations im Hinblick auf ein und dasselbe Handelsgewerbe unterschiedlich ausgeübt wird. 309 Dagegen verfügt ein trust i. S. d. § 301.7701-4 TresReg weder über Teilhaber, noch wird ein Geschäft mit dem Ziel betrieben dessen Gewinne zu teilen (H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (107); A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (118); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 [887]). 310 Für Deutschland ist nur die Aktiengesellschaft genannt, die zwingend als corporation Besteuerung findet. 311 § 301.7701-3 (a) TresReg ; dazu A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (123); eingehend zum Verfahren H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 99 (110 ff.); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 (891 ff.).
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Wird gegenüber den Finanzbehörden kein Antrag gestellt, erfolgt eine Standardklassifizierung (default classification)312. Verfügt ein berechtigtes Unternehmen über mindestens zwei Gesellschafter, sehen die TresReg bis zu einer anderen Wahl eine Klassifizierung als Personengesellschaft vor313. Eine stille Gesellschaft findet unabhängig davon, ob eine typisch- oder atypisch stille Variante vereinbart ist314, im Zweifel als Personengesellschaft Besteuerung315. Die USA besteuern eine stille Gesellschaft zusammen gefasst wie folgt: Orientiert sich der Gesellschaftsvertrag unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung in etwa an den Vorgaben der §§ 230 ff. HGB, liegt regelmäßig eine besondere Form von Fremdkapital vor; die Gewinnanteile eines Stillen unterliegen als Zinseinkünfte – vorbehaltlich einer Begrenzung durch das DBAUSA316 – einer Quellensteuer von 30 v. H.317. Bis 31.12.1996 wird eine stille Gesellschaft oberhalb dieser Schwelle – unabhängig davon, ob eine typischoder atypisch stille Variante vereinbart ist – grundsätzlich als Personengesellschaft behandelt. Die Einkünfte unterliegen einer transparenten Besteuerung auf Ebene der Gesellschafter318. Ist ein stiller Gesellschafter zugleich im Außenverhältnis an dem Handelsgewerbe beteiligt, kann die steuerliche Behandlung der stillen Gesellschaft der Außenbeteiligung im Übrigen folgen319. Seit 1.1.1997 besteht für stille Beteiligungen die Möglichkeit, ihren steuerlichen Status im Rahmen der check-the-box-regulations zu wählen, wenn das Rechtsverhältnis nicht als Fremdkapital einzustufen ist. Eine typisch- wie atypisch stille Gesellschaft kann für eine Besteuerung als Personen- oder Kapitalgesellschaft optieren. Im letztgenannten Fall unterliegt der Gewinnanteil eines stillen Gesell-
312 H. J. Lischer, SMU Law Review 1997, S. 109 (114 ff.); H. Zschiegner, IWB, F. 8, Gr. 2, USA, S. 885 (889). 313 § 301.7701-3 (b) (1) (i) TresReg; ein ausländisches Unternehmen (a foreign entity, § 301.7701-1 (d) TresReg), d.h. eine in Deutschland domizilierte stille Gesellschaft, wird darüber hinaus für US-Steuerzwecke nur als partnership eingestuft, wenn zumindest ein Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbeschränkt haftet (§ 301.7701-3 (b) (2) (A) TresReg). Im Falle einer GmbH & Still ist eine unbeschränkte Haftung der GmbH aus den zur alten Rechtslage genannten Gründen nicht zu bezweifeln (Ebenso A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 [123]). Auf die entsprechenden Ausführungen zu den Kintner-Regulations sei verwiesen. 314 Etwas anderes gilt nur, wenn der stille Gesellschafter nicht an den Verlusten des Handelsgewerbes partizipiert. Dazu eingehend oben. 315 A. T. Nuri, Worldwide Tax Daily 1998, S. 109 (123). 316 Siehe im dritten Kapitel B. II. 2. a) aa). 317 §§ 871(a), 881 (a) I.R.C; dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 42; M. Apelt, IStR 1997, S. 234 (235). 318 §§ 61 (a) (13), 701, 702, 706 (a) I.R.C; dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 2 (zur beschränkten Steuerpflicht) und 66; K. M. Wilke in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 2, Rn. 68. 319 PR 9337017 v. 18.06.1993.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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schafters – vorbehaltlich einer abkommensrechtlichen Reduktion – einer Quellensteuer von 30 v. H.320. 3. Zwischenergebnis Ein Vergleich der steuerlichen Behandlung einer stillen Gesellschaft im deutschen und ausländischen Recht offenbart mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Die fehlende Differenzierung zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft im tschechischen, spanischen und Schweizer Gesellschaftsrecht spiegelt sich im Steuerrecht wider. In Tschechien und Spanien321 erzielt ein „stiller Gesellschafter“ Einkünfte aus Kapitalvermögen, wogegen in der Schweiz grundsätzlich gewerbliche Einkünfte vorliegen322. Die weit gehend parallele Konzeption einer stillen Gesellschaft im deutschen und österreichischen HGB setzt sich im Steuerrecht fort. Einen signifikanten Unterschied bildet jedoch der Umstand, dass eine atypisch stille Gesellschaft in Österreich eine kumulative Teilhabe an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert zwingend voraussetzt323. Das relativ flexibel gestaltete Gesellschaftsrecht der US-Bundesstaaten findet in den check-the-box-regulations seine Entsprechung. Daraus ergeben sich grundlegende Abweichungen zur deutschen Rechtslage, da der steuerliche Status einer atypisch stillen Gesellschaft zur Disposition ihrer Gesellschafter steht. Die Untersuchung verdeutlicht insbesondere zwei Aspekte: Einerseits schlägt die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung einer stillen Gesellschaft auf deren Besteuerung durch. Offenbart bereits das ausländische Handels- und Gesellschaftsrecht wesentliche Differenzen, werden diese im einschlägigen Steuerrecht perpetuiert324. Andererseits ergeben sich Besteuerungsdivergenzen auch zwischen Staaten, deren Handels- und Gesellschaftsrecht weit gehend identisch ist325. Insofern können mögliche Qualifikationskonflikte sowohl im nationalen 320 §§ 871 (h), 881 (c) I.R.C; dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 147; M. Apelt, IStR 1997, S. 234 (235); U. Hasbargen/ K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 (383). 321 Im Falle beschränkt Steuerpflichtiger kommt es momentan zu keiner Besteuerung [siehe vorstehend 2. e)]. 322 Die zusätzliche stille Beteiligung des Außengesellschafters einer Kapitalgesellschaft generiert nach Auffassung der EStV Einkünfte aus einem partiarischen Darlehen. Dieser Fall bildet m. E. eine Ausnahme [siehe vorstehend B. II. 2. f)]. 323 Im Gegensatz zur ständigen Rspr. des BFH ist nach dem Urteil des FG Münster v. 25.1.2001 (DStRE 2002, S. 415) für eine atypisch stille Gesellschaft „entscheidend“, dass ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag bei Auflösung der stillen Gesellschaft an einem Firmen- oder Geschäftswert beteiligt ist. Über die Revision hat der BFH durch Urteil vom 9.12.2002 (BFH/NV 2003, S. 601) entschieden, ohne jedoch von den bisherigen Grundsätzen der Rechtsprechung abzuweichen. 324 Insbesondere am Beispiel von Tschechien, Spanien und der Schweiz.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Gesellschafts- als auch im nationalen Steuerrecht begründet liegen. Abgesehen von Luxemburg und Belgien zeigen sämtliche besprochene Rechtsordnungen ein entsprechendes Potential. III. Regelungen zur atypisch stillen Gesellschaft im deutschen Abkommensrecht Die uneinheitliche Ausgestaltung einer „stillen Gesellschaft“ im Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht findet in deutschen DBA ihre Fortsetzung. Die Abkommen enthalten unterschiedliche Formulierungsstandards326. Den Regelungen ist gemein, dass die Terminologie „typisch“ wie „atypisch“ keine Verwendung findet. Statt dessen sprechen die Abkommen von „stiller Gesellschaft“ ggf. unter Hinzufügung weiterer Merkmale. Insoweit orientieren sich die Vorschriften weniger an begrifflichen als mehr an sachlichen Kriterien. Folgende Gruppen lassen sich bilden327: 1. Differenzierte Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft Die Abkommen mit Luxemburg328, den Niederlanden329 und Österreich330 enthalten differenzierte Regelungen, die ausweislich ihres Wortlauts u. a. die abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft betreffen331. 325 Insbesondere Österreich, in gewisser Weise auch die USA, weil das flexible Gesellschaftsrecht eine Anpassung an deutsche Standards erlaubt. 326 Spezielle Regelungen zur stillen Gesellschaft enthält weder das OECD-MA noch der dazu ergangene offizielle Kommentar. Den Verfassern des für deutsche DBA maßgeblichen Vertragsmusters schienen entsprechende Festlegungen verzichtbar. Im Kreise der OECD-Staaten ist die Rechtsform einer stillen Gesellschaft oftmals unbekannt und – wie gesehen – nicht selten unterschiedlich ausgestaltet (W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 231). 327 Eine ausführliche Analyse der Formulierungsstandards findet sich bei M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 253 ff.; im Übrigen B. Riegler/S. Salomon, DB 1991, S. 2205; E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (215). 328 Nr. 11 zum Schlußprotokoll DBA-Luxemburg v. 23.8.1958 in der Fassung des Ergänzungsprotokolls v. 15.6.1973, BStBl. I 1978, S. 72. 329 Nr. 9 zum Schlußprotokoll DBA-Niederlande in der Fassung des Zweiten Zusatzprotokolls v. 21.5.1991, BStBl. I 1992, S. 94. 330 Nr. 15 des Schlußprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92 v. 4.10.1954, in der Fassung des Änderungsabkommens v. 8.7.1992, BStBl. I 1994, S. 227. Im Gegensatz zu den Abkommen mit Luxemburg und den Niederlanden verweist das alte DBAÖsterreich nicht auf den Dividendenartikel (Art. 10a), sondern auf den „Zinsartikel“ Art. 11 (Bewegliches Kapitalvermögen). In der Neufassung des DBA-Österreich 2000 (BStBl. I 2002, S. 584) wurde in Abs. 3 des Protokolls auf eine Übernahme von Nr. 15 S. 2 des Schlußprotokolls zum alten DBA-Östereich 1954/92 verzichtet. Das DBAÖsterreich 2000 ist mit Wirkung zum 1.1.2003 anzuwenden (BStBl. I 2002, S. 956). Dazu eingehend im dritten Kapitel A. II. 1.
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Im Schlussprotokoll zum DBA-Luxemburg heißt es: „Wie ein Unternehmer wird ein stiller Gesellschafter behandelt, wenn mit seiner Beteiligung eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist. Ist dies nicht der Fall, so werden die Einkünfte aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter als Dividenden [. . .] behandelt“332. Die Schlussprotokolle der übrigen angeführten DBA sind vergleichbar konzipiert333. Auch wenn das Kriterium der „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ einen relativ präzisen Eindruck vermittelt, wird damit eine im Einzelfall erforderliche Auslegung nicht obsolet334. 2. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft Die deutschen Abkommen enthalten im Übrigen keine Vorschriften, die offensichtlich auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten sind335. Abgesehen von einer Minorität, die eine stille Gesellschaft gänzlich unerwähnt lassen336, differenzieren die verbleibenden DBA in unterschiedlicher Weise: a) Differenzierte Regelungen Die Abkommen mit Spanien337 und Israel338 verwenden eine gespiegelte Fassung der im vorigen Abschnitt besprochenen Formulierung. Nach Art. 10 Abs. 4 des DBA Spanien umfasst der Ausdruck Dividenden „auch die Einkünfte eines stillen Gesellschafters [cuentapartícipe] (der nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist)“339. Im DBA-Israel bedeutet der Ausdruck „Dividende“ nach 331 Ob darüber hinaus das DBA-Tunesien eine Regelung zur atypisch stillen Gesellschaft enthält, ist nach m. E. zweifelhaft. Die Ansicht von Ch. Schmidt (IStR 1996, S. 213 (217) und M. Glessner (Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 253) findet im Wortlaut von Art. 7 Abs. 6 DBA-Tunesien keine Bestätigung. Dort ist ausschließlich von einer „stillen Gesellschaft (association en participation)“ die Rede. 332 Nr. 11 zum Schlußprotokoll DBA-Luxemburg v. 23.8.1958 in der Fassung des Ergänzungsprotokolls v. 15.6.1973, BStBl. I 1978, S. 72. 333 Eine Ausnahme bildet das neue DBA-Österreich, welches nunmehr keine Verweisung mehr enthält (siehe vorstehend). 334 Eingehend im dritten Kapitel bei der Besprechung der Abkommen mit Luxemburg [A. I. 1. b)] Österreich [A. II. 1. c)] und Spanien [B. I. 1. a) aa) (2)]. 335 Dies gilt vorbehaltlich einer möglichen Auslegung. 336 DBA mit dem Iran (v. 20.12.1968, BStBl. I 1970, S. 768), Süd-Korea (v. 21.2.1978, BStBl. I 1978, S. 141), Polen (v. 18.12.1972 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 24.10.1979, BStBl. I 1981, S. 466) und Thailand (v. 10.7.1967, BStBl. I 1968, S. 1046). 337 Art. 10 Abs. 4 DBA-Spanien v. 5.12.1966, BStl.I 1968, S. 296. 338 Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 DBA-Israel v. 9.7.1962 in der Fassung des Änderungsprotokolls v. 20.7.1977, BStBl. I 1979, S. 124. 339 Eckige und runde Einklammerung im Original.
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1. Kap.: Begriff und Ursachen von Qualifikationskonflikten
Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 „Einkünfte eines an dem Kapital des Unternehmens nicht beteiligten stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter“. Aus deutscher Perspektive wird der Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft nicht angesprochen, weil diese regelmäßig eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert vorsieht. Eine atypisch stille Gesellschaft könnte jedoch betroffen sein, wenn eine überproportionale Mitunternehmerinitiative eine fehlende Vermögensbeteiligung kompensiert340. Zuordnungsregeln lassen sich möglicherweise auch aus einem Umkehrschluß ableiten. Die Abkommen mit der Schweiz341 und Italien342 differenzieren unter Verweisung auf das Recht eines Vertragsstaats. Der Ausdruck Dividenden bedeutet nach Art. 10 Abs. 4 DBA-Schweiz „Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts“. Im DBA-Italien findet sich in Art. 10 Abs. 6 lit. b eine einseitig gefasste Regelung für „Zwecke der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland“; zu den Dividenden zählen „Einkünfte eines stillen Gesellschafters im Sinne des deutschen Steuerrechts aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter an einem gewerblichen Unternehmen“. Der Wortlaut beider Artikel lässt nicht hinreichend klar erkennen, ob eine atypisch stille Gesellschaft in ihren Anwendungsbereich fällt. Die Bedeutung einer „stillen Gesellschaft im Sinne des deutschen Rechts“ ist durch Auslegung zu ermitteln. Die DBA mit Belgien343 und Marokko344 enthalten Regelungen zur stillen Gesellschaft, die eine atypisch stille Gesellschaft nicht betreffen. Nach Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 des Abkommens mit Belgien zählen die Einkünfte eines stillen Gesellschafters zu den Dividenden, wenn diese „in der Bundesrepublik Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden“. Im DBA Marokko findet sich in Art. 10 Abs. 5 eine entsprechende Regelung, die allein für die Besteuerung in Deutschland gilt. b) Undifferenzierte Regelungen Die Abkommen mit Dänemark345, Frankreich346, Tunesien347, Tschechien348 und den USA349 enthalten nicht weiter differenzierte Regelungen zur stillen Gesellschaft. Abgesehen von den DBA mit Tunesien und Tschechien350 treffen die 340
Insbesondere im dritten Kapitel A. II. 1. c). v. 11.8.1971 (BStBl. I 1972, S. 518) in der Fassung des Änderungsprotokolle v. 30.11.1978 (BStBl. I 1980, S. 398), v. 17.10.1989 (BStBl. I 1990, S. 409) und v. 21.12.1992 (BStBl. I 1993, S. 927). 342 v. 18.10.1989, BStBl. I 1990, S. 396. 343 Art. 10 Abs. 5 Nr. 2 DBA-Belgien v. 11.4.1967, BStBl. I 1969, S. 38. 344 Art. 10 Abs. 5 S. 2 DBA-Marokko v. 7.6.1972, BStBl. I 1974, S. 59. 345 v. 22.11.1995, BStBl. I 1996, S. 1219. 341
B. Mögliche Ursachen von Qualifikationskonflikten
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Abkommen einseitige Festlegungen für die Besteuerung in Deutschland. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-USA lautet: „Der Ausdruck „Dividenden“ umfasst in der Bundesrepublik Deutschland auch Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft“351. In gleicher Weise sind die DBA mit Dänemark352 und Frankreich353 konzipiert. Das DBA-Tunesien formuliert in einem umgekehrten Sinne. Art. 7 Abs. 6 DBA-Tunesien unterstellt Einkünfte aus einer tunesischen association en particiaption dem Unternehmensartikel. Das Abkommen mit Tschechien normiert in Art. 10 Abs. 4 für beide Vertragsstaaten eine Erweiterung des Dividendenbegriffs um „Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“.
346 v. 21.7.1959, BStBl. I 1961, S. 342 in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9.6.1969 (BStBl. I 1970, S. 900) und des Zusatzabkommens v. 28.9.1989 (BStBl. I 1990, S. 413). 347 v. 23.12.1975, BStBl. I 1976, S. 498. 348 v. 19.12.1980, BStBl. I 1982, S. 904; durch Notenwechsel v. 18.12.1992 und v. 1.1.1993 (BGBl. II 1993, S. 762) wurde die Fortgeltung des DBA-Tschechoslowakei für die beiden Nachfolgestaaten Tschechische Republik und Slowakische Republik statuiert. 349 v. 29.8.1989, BStBl. I 1991, S. 94. 350 Respektive den genannten Nachfolgestaaten. 351 Anführungszeichen bei Dividenden im Original. 352 Art. 10 Abs. 4 S. 2 DBA-Dänemark. 353 Art. 10 Abs. 6 lit. b.
Zweites Kapitel
Abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft nach dem OECD-Musterabkommen Die Konzeption deutscher DBA ist regelmäßig an der jeweils aktuellen Fassung des OECD-MA orientiert1. Das Vertragsmuster eignet sich daher für eine allgemeine Besprechung der abkommensrechtlichen Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft, gewährt einen Ausblick auf künftige Entwicklungen und verdeutlicht die Grundstrukturen für das Entstehen von Qualifikationskonflikten. Entgegen deutschen DBA2 enthält das OECD-MA weder ausdrückliche Regelungen mit Bezug zu einer atypisch stillen Gesellschaft, noch zu stillen Gesellschaften im Allgemeinen. Gleiches gilt für den offiziellen Kommentar zum OECD-MA (OECD-MK).
A. Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft Die Abkommensberechtigung bestimmt den persönlichen Anwendungsbereich eines DBA. Dessen Schutz, d. h. insbesondere eine Vermeidung der Doppelbesteuerung3 oder eine Beschränkung der Quellenbesteuerung4, erfahren nur Steuerpflichtige, die zu mindestens einem der beiden Vertragsstaaten eine „persönliche Bindung“ aufweisen5. Die Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft kann entweder der Gesellschaft als solcher oder den beteiligten Gesellschaftern zustehen. Das OECD-MA enthält zu dieser Frage keine spezielle Regelung6. Es gelten daher allgemeine Grundsätze. 1 Das erste OECD-Musterabkommen stammt aus dem Jahre 1963. Nach einer Überarbeitung in den Jahren 1977 und 1992 unterliegt es nunmehr einem ständigen Revisionsprozeß. Ziel des OECD-MA ist es, eine größere Harmonisierung der bilateralen Abkommen der Mitgliedstaaten zu erreichen (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht. § 16, Rn. 16.17; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 35 ff.). Bei der OECD handelt es sich um die Organisation for Economic Cooperation and Development, d.h. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 2 Dazu im ersten Kapitel B. III. 3 Vgl. Nr. 6.1 des OECD-MK n. F. zu Art. 1; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.165. 4 Vgl. Nr. 6.2 ff. des OECD-MK n. F. zu Art. 1; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.165. 5 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.161; ders., Stbg 1999, S. 156 ff.
A. Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft
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Den Abkommensschutz genießen nach Art. 1 OECD-MA nur „Personen“, die in einem oder beiden Vertragsstaaten „ansässig“ sind. Der Personenbegriff umfasst nach der Legaldefinition des Art. 3 Abs. 1 lit. a OECD-MA neben natürlichen Personen auch Gesellschaften und alle anderen Personenvereinigungen. Unter Gesellschaften werden nach Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA juristische Personen oder Rechtsträger verstanden, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden7. Die steuerliche Behandlung als eigenständiges Steuersubjekt erweist sich abkommensrechtlich als konstituierendes Merkmal einer Gesellschaft. Der Begriff der Ansässigkeit verweist in Art. 4 Abs. 1 OECD-MA auf die innerstaatlichen Vorschriften zur Steuerpflicht8. Eine Person ist in jedem Vertragsstaat ansässig, in dem auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht9. Die Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft lässt sich grundsätzlich aus zwei Blickwinkeln betrachten. Einerseits können die einschlägigen Vorschriften unter Beachtung des deutschen Steuerrechts ausgelegt werden. Andererseits besteht die Möglichkeit, die Besteuerung durch den jeweils anderen Vertragsstaat zu berücksichtigen, wenn das Musterabkommen entsprechende Anknüpfungspunkte aufweist. I. Auslegung unter Berücksichtigung der deutschen Besteuerung Unter Berücksichtigung deutschen Steuerrechts erlangt nicht eine atypisch stille Gesellschaft als solche, sondern deren Gesellschafter den Schutz des Abkommens10. Besteht eine entsprechende Beteiligung an einem deutschen Unternehmen, liegen die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA nicht vor. Eine atypisch stille Gesellschaft ist weder „juristische Person“11, noch erfolgt eine solche Besteuerung. Ihre Gesellschafter, d. h. 6 Einige deutsche DBA enthalten Sonderregelungen zur Abkommensberechtigung von Personengesellschaften (siehe R. Prokisch in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 61; V. Kluge, Das deutsche internationale Steuerrecht, S. 247). Diese werden im dritten Kapitel anhand einiger Abkommen exemplarisch besprochen. 7 Der Begriff „juristische Personen“ meint nur solche, die neben der zivilrechtlichen auch die steuerrechtliche Subjekteigenschaft aufweisen (S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 68. Ebenso, D. J. Piltz, Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 183 ff.). 8 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.164 ff.; M. Lehner, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 4, Rn. 2. 9 Das Erfordernis einer unbeschränkten Steuerpflicht ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 S. 2 OECD-MA. 10 In gleicher Weise: R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 156 (158); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 218. 11 Eingehend im ersten Kapitel B. I. 1.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
der Inhaber des Handelsgewerbes und der stille Gesellschafter, unterliegen als Mitunternehmer einer transparenten Besteuerung12. Im anderen Vertragsstaat errichtete „atypisch stille Gesellschaften“ finden analoge Behandlung, wenn Aufbau und wirtschaftliche Bedeutung ihrem deutschen Pendant entsprechen13. Bleibt dieser Typenvergleich negativ, ist aus deutscher Perspektive keine Personengesellschaft vereinbart. Ob eine atypisch stille Gesellschaft eine „andere Personenvereinigung“ gem. Art. 3 Abs. 1 lit. a OECD-MA begründet14, kann vor dem Hintergrund einer möglichen Abkommensberechtigung offen bleiben15. Der Umkehrschluß aus Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA, wonach Gesellschaften selbstständige Steuersubjekte sind, verdeutlicht, dass „andere Personenvereinigungen“ einer transparenten Besteuerung unterliegen16. Diese können als solche qua Definition nicht „ansässig“ sein17. II. Auslegung unter Berücksichtigung der Sicht des anderen Vertragsstaats Eine grenzüberschreitend strukturierte atypisch stille Gesellschaft enthält Anknüpfungspunkte an mindestens zwei Steuerrechtsordnungen. Insofern kann für eine „Gesellschaft“, die nach Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA u. a. einen Rechtsträger erfordert, der „für die Besteuerung wie [eine] juristische Person behandelt“ wird, das Regime beider Steuerrechte maßgeblich sein. Unterwirft der andere Vertragsstaat eine atypisch stille Gesellschaft wie Deutschland einer trans12
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG; siehe im ersten Kapitel B. II. 1. a). Der sog. Typenvergleich ist ständige Rechtsprechung seit der „Venezuela-Entscheidung“ des RFH v. 12.2.1930 (RFHE, Bd. 27, S. 73 [79]); BFH-Urteil v. 3.2.1988, BStBl. II 1988 S. 588 (589); v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (445); dazu L. Schmidt, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 173; G. Stuhrmann, in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 247. 14 Dieser Passus wird in DBA regelmäßig nicht übernommen (K. Vogel in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 34). Eine Ausnahme bildet Art. 3 Abs. 1 lit. d des neuen DBA-Österreich. 15 M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 218; die Argumentation von K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 34, ihm folgend R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 156, wonach die Subsumtion einer stillen Gesellschaft – wohl als Oberbegriff verstanden – unter den Begriff der „anderen Personenvereinigung“ an der Ausgestaltung als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen scheitere, überzeugt nicht. Nach steuerlichen Maßstäben, insbesondere im Lichte der jüngeren BFH-Rechtsprechung zur steuerlichen Subjektfähigkeit einer atypisch stillen Gesellschaft [im ersten Kapitel, B. II. 1. a)], vermag die gesellschaftsrechtliche Verfassung der stillen Gesellschaft nicht den Ausschlag zu geben. 16 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 17; S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 70. 17 U. Prinz/G. E. Breuninger, IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1293 (1297). 13
A. Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft
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parenten Besteuerung18, erfahren ihre Gesellschafter eine korrespondierende Abkommensberechtigung. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Vertragsstaat eine atypisch stille Gesellschaft errichtet wurde19. Hingegen kann eine atypisch stille Beteiligung in einem ausländischen Rechtskreis generell20 oder im Einzelfall21 „wie eine juristische Person“ besteuert werden. In einem solchen Fall haben beide Vertragsstaaten zu prüfen, ob eine atypisch stille Gesellschaft als „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA zu verstehen ist. In einer inbound-Variante gelangen die Vertragsstaaten noch zu identischen Ergebnissen22. Aus deutscher Perspektive gebührt der Schutz des Abkommens dem im anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschafter, weil eine atypisch stille Gesellschaft bereits keine „Gesellschaft“ im genannten Sinne ist. Aus Sicht des anderen Vertragsstaats bieten sich zwei Möglichkeiten: Bezieht dieser (1) Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA auf eine „Besteuerung“ in Deutschland, unterscheidet sich das Ergebnis nicht von dem genannten. Legt der andere Vertragsstaat (2) sein innerstaatliches Steuerrecht zugrunde, besteht zwar eine „Gesellschaft“ i. S. d. OECD-MA; diese ist jedoch mangels Steuerpflicht in Deutschland nicht ansässig23. In einer inboundVariante stimmen beide Vertragsstaaten überein, den Schutz des Abkommens einem atypisch stillen Gesellschafter in persona zu gewähren24.
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Siehe vorstehend I. H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.169 spricht von einer „parallelen Qualifikation“; H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26 spricht von einer „gleichförmigen Abkommensanwendung“. 20 In Spanien erzielte ein „stiller Gesellschafter“ bis 31.12.1995 Einkünfte aus Dividenden [im ersten Kapitel, B. II. 2. e)]. 21 In Tschechien kann ein „stiller Gesellschafter“ seit 1.1.1994 Dividenden beziehen, sofern die Vorschriften gegen eine Unterkapitalisierung von Unternehmen eingreifen [im ersten Kapitel, B. II. 2. c)]. In der Schweiz generiert eine stille Gesellschaft – die aus deutscher Sicht einer atypisch stiller Variante entspricht – nach einer Ansicht im Schrifttum Dividenden, wenn ein stiller Gesellschafter an der betreffenden Kapitalgesellschaft zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist [im ersten Kapitel, B. II. 2. f)]. Eine vergleichbare Konstellation erfuhr in den USA – nach dem bis 31.12.1996 geltendem Recht – eine entsprechende Besteuerung; seit 1.1.1997 besteht für eine atypisch stille Gesellschaft die Möglichkeit nach den check-the-box-regulations für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren [im ersten Kapitel, B. II. 2. g)]. 22 B. Hock, Wpg 1996, S. 106 (108). 23 Vgl. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA; vgl. dazu H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47 El., Systematik III, Rn. 25. 24 Allerdings könnte sich für eine atypisch stille Beteiligung in ihrer Eigenschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung“ ein Problem ergeben. Werden aus dem anderen Vertragsstaat z. B. Dividenden bezogen, findet eine Reduktion der Quellensteuer nach Art. 10 Abs. 2 OECD-MA nur statt, wenn die Gesellschaft als solche abkommensberechtigt ist. Selbst wenn aus Sicht des Quellenstaats eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA vorliegt, ist diese jedenfalls nicht ansässig. Siehe dazu Nr. 6.3 des OECD-MK n. F. zu Art. 1. 19
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Im umgekehrten outbound-Fall gilt entsprechendes nicht: Aus Sicht des anderen Vertragsstaats erfährt eine atypisch stille Gesellschaft als solche den Schutz des Abkommens; wegen ihrer Besteuerung als „juristische Person“ besteht eine im anderen Vertragsstaat ansässige25 Gesellschaft26. Aus deutscher Perspektive erlaubt der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA keine eindeutige Auslegung: Unter Berücksichtigung der hiesigen Besteuerung gebührt die Abkommensberechtigung aus den genannten Gründen einem atypisch stillen Gesellschafter27. Ist dagegen auf eine Besteuerung im anderen Vertragsstaat abzustellen, erhält eine atypisch stille Gesellschaft als solche den Schutz des Abkommens. Insbesondere aus der letztgenannten Variante könnte für einen in Deutschland ansässigen atypisch stillen Gesellschafter eine Doppelbesteuerung resultieren, da nicht „ihm“, sondern der „seine“ Beteiligung vermittelnden Gesellschaft, die Abkommensberechtigung zufiele28. Der Grund läge in einer fehlenden Subjektidentität, ausgelöst durch eine divergierende Besteuerung in beiden Vertragsstaaten29. Ob eine im anderen Vertragsstaat domizilierende atypisch stille Gesellschaft (outbound-Variante) – eine dortige Besteuerung als selbstständiges Steuersubjekt unterstellt – aus deutscher Perspektive eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA begründet, wird unterschiedlich beurteilt30. Die verschiedenen Auffassungen bedürfen an dieser Stelle (noch) keiner Diskussion31, da im Ergebnis weit gehend Einigkeit herrscht: Ist die deutsche Sichtweise maßgeblich, steht der Schutz des Abkommens einem atypisch stillen Gesell25
Art. 4 Abs. 1 OECD-MA. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA. 27 Siehe vorstehend I; insoweit könnte sich eine im anderen Vertragsstaat domizilierende Gesellschaft gegenüber dem deutschen Fiskus auf keine Reduktion der Quellensteuersätze z. B. nach Art. 10 Abs. 2 OECD-MA berufen. 28 Ist ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem ausländischen Handelsgewerbe beteiligt, besteuert der deutsche Fiskus seinen Gewinnanteil grundsätzlich nach §§ 1 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Besteht im anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte, wird der ausländische Fiskus i. S. d. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG ebenfalls eine (volle) Besteuerung vornehmen. Bestünde keine Abkommensberechtigung, wäre der deutsche Fiskus nach Art. 7 Abs. 1, 5, 23 A Abs. 1 OECD-MA zu keiner Freistellung der Einkünfte verpflichtet. 29 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.171. 30 Gegen eine Abkommensberechtigung: (wohl) die neu eingefügte Nr. 8.4 des OECD-MK n. F. zu Art. 4; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 28, 115; ders., IStR 1998, S. 489 (490 ff.); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132); (zum DBA-USA) U. Wolff, in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 18; für eine Abkommensberechtigung: R. Prokisch, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 33; H. Debatin, BB 1989, Beilage 2, S. 1 (8); ders., DB 1990, S. 598 (601); ders., in: Debatin/ Wasssermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 19; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 551, Fn. 41; dies. RIW 1991, S. 306 (314); H. Krabbe, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (756). 31 Siehe nachstehend B. II. 2. a). 26
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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schafter in persona zu. Berücksichtigt die Auslegung des Gesellschaftsbegriffs hingegen eine intransparente Besteuerung im anderen Vertragsstaat, „schlägt“ eine daraus resultierende Abkommensberechtigung der Gesellschaft auf einen atypisch stillen Gesellschafter durch32. Der Schutz des Abkommens wird in den Worten von Debatin all jenen vermittelt, die „in dem durch die Personengesellschaft gebildeten Erfassungskreis materiell steuerpflichtig sind“33. III. Zwischenergebnis Den Schutz des Abkommens kann aus deutscher Perspektive nicht eine atypisch stille Gesellschaft als solche, sondern nur deren Gesellschafter in persona beanspruchen. Eine atypisch stille Beteiligung begründet grundsätzlich keine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA. Selbst wenn der andere Vertragsstaat eine dort domizilierende Gesellschaft (outbound-Variante) „wie eine juristische Person“ besteuert, schlägt deren Abkommensberechtigung auf ihre Gesellschafter durch. Ferner kann eine atypisch stille Gesellschaft gem. Art. 3 Abs. 1 lit. a OECD-MA eine „andere Personenvereinigung“ bilden. Deren Abkommensschutz scheitert jedoch an einer qua Definition fehlenden Ansässigkeit.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen des OECD-MA Die abkommensrechtliche Einordnung des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters ist umstritten. Betroffen sind sowohl die Verteilungs- als auch Vermeidungsartikel des OECD-MA. Diese etablieren ein zweistufiges System zur Vermeidung einer Doppel- und (neuerdings möglicherweise auch) einer Minderbesteuerung von Einkünften und Vermögen34. Als Grundregel wird die Steuerhoheit des Wohnsitzstaats, d. h. des Vertragsstaats, in dem eine Person ansässig ist35, gegenüber dem Quellenstaat konserviert36. Auf einer ersten Stufe 32 Eingehend die neugefaßte Nr. 6.4 des OECD-MK n. F.; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.171; ders., Stbg 1999, S. 156 (157); H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26b; R. Prokisch in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 33; D. J. Piltz, Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 134; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 551, Fn. 41; S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 85; H. Krabbe, IStR 2000, S. 196 (197); Ch. Schmidt, IStR 2001, S. 489 (494). 33 H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26b. 34 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.524; mit Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA 2000 enthält der Vermeidungsartikel erstmals eine Vorschrift, die sich gegen eine Minderbesteuerung von Einkünften richtet (dazu H. Krabbe, IStR 2000, S. 196 [200]). 35 Dazu im vorigen Abschnitt.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ermöglichen die Verteilungsartikel Art. 6 bis 22 OECD-MA eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht unterschiedliche Besteuerung durch den Quellenstaat37. Etwa erlaubt Art. 6 Abs. 1 OECD-MA eine exklusive Besteuerung durch den Quellenstaat, wenn das unbewegliche Vermögen dort belegen ist; Art. 7 Abs. 1 OECD-MA sieht grundsätzlich eine Besteuerung durch den Wohnsitzstaat vor, es sei denn das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit durch eine im anderen Vertragsstaat gelegene Betriebsstätte aus; die Art. 10 Abs. 2 und 11 Abs. 2 OECD-MA sichern die Erhebung einer der Höhe nach limitierten Quellensteuer. In einer zweiten Stufe richtet sich der Vermeidungsbzw. Methodenartikel Art. 23 A oder Art. 23 B OECD-MA ausschließlich an den Wohnsitzstaat38. Diese vermeiden eine Doppelbesteuerung entweder durch Freistellung39 der betreffenden Einkünfte, oder Anrechnung40 der im anderen Vertragsstaat entrichteten Steuer. I. Zusammenspiel der Art. 7, 10 und 11 OECD-MA Den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters erfassen im Wesentlichen die Verteilungsartikel Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) und Art. 11 („Zinsen“) des OECD-MA41. Die Vorschriften repräsentieren unterschiedliche abkommensrechtliche „Einkunftsarten“, die selbst bei wörtlicher Übereinstimmung ihrem Pendant im nationalen Steuerrecht nicht entsprechen42. Ferner unterscheidet sich deren Zusammenspiel von vergleichbaren Vorschriften im deutschen EStG. „Gehören“ Dividenden und Zinsen nach § 20 Abs. 3 EStG u. a. zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, „sind sie diesen Einkünften zuzurechnen“. Insofern werden an sich speziellere Einkünfte im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips43 einer allgemeineren Einkunftsart zugewiesen44. Auf Abkommensebene verwirklicht sich das Subsidiaritätsprinzip in umgekehr36 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16188; K. Vogel in: Vogel/ Lehner, DBA, Einl., Rn. 66 ff. 37 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 66 ff. (50 ff.); H. Schaumburg, § 16, Rn. 16.524; H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1. 38 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 33 ff.; H. Schaumburg, § 16, Rn. 16.524; Nr. 8 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A, 23 B. 39 Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA. 40 Art. 23 A Abs. 2 und Art. 23 B Abs. 1 OECD-MA. 41 Daneben kann auch eine Sonderregelung i. S. d. Art. 8 OECD-MA einschlägig sein (vgl. BFH-Urteil v. 23.10.1996, BStBl. II 1997, S. 313 = IStR 1997, S. 271). 42 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 84; auch wenn das Zustimmungsgesetz, mit dem DBA in nationales Recht transformiert werden (zum Verfahren H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.23), mit dem nationalen Steuerrecht normativ auf einer Stufe steht, erweisen sich die abkommensrechtlichen Vorschriften gegenüber denen des EStG als lex specialis (F. Wassermeyer, StuW 1990, S. 404 [411]). 43 Dazu J. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9, Rn. 610 ff.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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ter Weise45. Zählen zu den Unternehmensgewinnen nach Art. 7 Abs. 7 OECDMA „Einkünfte, die in anderen Artikeln dieses Abkommens behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt“. Mit anderen Worten sind der Dividenden- und Zinsartikel gegenüber der Unternehmensvorschrift grundsätzlich vorrangig; ein anderes gilt nur, wenn der Betriebsstättenvorbehalt in den Art. 10 Abs. 4 und Art. 11 Abs. 4 OECD-MA auf den Unternehmensartikel zurückweist46. Die Dividendendefinition berücksichtigt in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA u. a. das „Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“. Vergleichbares findet sich weder im Zins-47, noch im Unternehmensartikel des OECD-MA. Der Dividendenartikel verdeutlicht – ohne diesen Aspekt an dieser Stelle zu vertiefen48 –, dass die abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft nicht unabhängig von der Frage diskutiert werden kann, wie der andere Vertragsstaat eine solche Beteiligung besteuert. Ausweislich der Untersuchung ausländischer Rechtskreise im ersten Kapitel49 ergeben sich folgende Möglichkeiten: Eine atypisch stille Gesellschaft kann (1), wie in Deutschland, einer transparenten Besteuerung auf Ebene ihrer Gesellschafter unterliegen50, (2) als eigenes Steuersubjekt intransparent51, oder (3) als besondere Form der Überlassung von Fremdkapital52 behandelt werden.
44 Dabei handelt es sich um kein generelles Prinzip des EStG, da beispielsweise § 15 Abs. 3 S. 1 EStG in umgekehrter Weise den Umfang einer allgemeineren Einkunftsart erweitert. 45 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (220); H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.227, spricht ausdrücklich von einem „umgekehrten Subsidiaritätsprinzip“. 46 Eingehend in diesem Kapitel unter B. II. 2. und B. II. 4. 47 Vgl. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA. 48 Siehe das einführende Beispiel im ersten Kapitel A. III 1. (ff.). Eingehend im Folgenden unter B. II. 2. a). 49 Siehe im ersten Kapitel, B. II. 2. 50 Grundsätzlich in Luxemburg [im ersten Kapitel B. II. 2. a)], Österreich [im ersten Kapitel B. II. 2. b)], Belgien [im ersten Kapitel B. II. 2. d)], der Schweiz [im ersten Kapitel B. II. 2. f)] und den USA bis 31.12.1996, seit 1.1.1997 durch Option im Rahmen der check-the-box-regulations [im ersten Kapitel B. II. 2. g)]. 51 In Spanien bis 31.12.1994 [im ersten Kapitel B. II. 2. e)] und seit 1.1.1997 mittels Option im Rahmen der check-the-box-regulations in den USA [im ersten Kapitel B. II. 2. g)]. 52 In Tschechien [im ersten Kapitel B. II. 2. c)], unter besonderen Voraussetzungen in der Schweiz [im ersten Kapitel B. II. 2. f)] und den USA [im ersten Kapitel B. II. 2. g)].
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
II. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem ausländischen Unternehmen Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen kann im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 („Zinsen“) OECD-MA subsumiert werden53. Aus den genannten Gründen orientiert sich die Untersuchung an der Besteuerung „im anderen Vertragsstaat“. 1. Transparente Besteuerung im anderen Vertragsstaat Unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat – wie nach dem EStG – einer transparenten Besteuerung, ist der Gewinnanteil nach der überwiegenden Ansicht im Schrifttum unter den für Unternehmensgewinne einschlägigen Art. 7 OECD-MA zu subsumieren54. Das Besteuerungsrecht liegt nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. i.V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. d OECD-MA grundsätzlich beim Wohnsitzstaat, d. h. dem Staat, in dem die unternehmensbetreibende Person ansässig ist55. Die Steuerhoheit des Quellenstaats beschränken die Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. m. Art. 5 OECD-MA auf Gewinnanteile, die einer dort gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Eine möglicherweise eintretende Doppelbesteuerung kompensiert der Wohnsitzstaat regelmäßig durch Freistellung der betreffenden Einkünfte nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA56. Mit der abkommensrechtlichen Einordnung des Gewinnanteils verbindet sich die Frage, ob, und unter welchen Voraussetzungen, eine atypisch stille Gesell53 Als Sonderregelung kann ebenfalls Art. 8 OECD-MA einschlägig sein (vgl. BFH-Urteil v. 23.10.1996, BStBl. II 1997, S. 313 = IStR 1997, S. 271). Im Rahmen einer grundsätzlichen Betrachtung ist der genannte Artikel („Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt und Luftfahrt“) nicht von Bedeutung. 54 Ausdrücklich für den Fall einer transparenten Besteuerung in beiden Vertragstaaten: H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228, 16.230 und 16.333; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 36 ff. (40); B. Lieber, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 21.7.1999, FR 1999, S. 1364; M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1398); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (393); J. Lüdicke, StbJb 1997/98, S. 449 (478); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (130); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (218); R. Müller, IStR 1996, S. 266 (268); G. E. Breuninger/U. Prinz, DStR 1995, S. 927 (928); dies., IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1293 (1305 ff.); E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210); H. Debatin, DStZ A 1966, S. 369 (370); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 232; R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 161 ff.; in genereller Weise (nunmehr) F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 10 MA, Rn. 88; (nunmehr) D. J. Piltz, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99, T. Pyszka, IStR 1999, S. 577 (578), D. Stegemann, IStR 2002, S. 329 (330) 4. 55 Zum Begriff der „Person“ und der „Ansässigkeit“ siehe vorstehend A. 56 Der Vorbehalt in Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA ist im Fall einer in beiden Vertragsstaaten transparenten Besteuerung (weit gehend) ohne Bedeutung.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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schaft ein „Unternehmen“ und eine „Betriebsstätte“ i. S. d. Art. 7 und Art. 5 OECD-MA begründet. a) Vorliegen von Unternehmensgewinnen nach Art. 7 OECD-MA Eine atypisch stille Gesellschaft könnte ein „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA begründen. Welche Anforderungen an ein „Unternehmen“ im abkommensrechtlichen Sinne zu stellen sind, lässt sich weder den allgemeinen Definitionen des OECD-MA (Art. 3 OECD-MA), noch den mit den Unternehmensgewinnen befassten zentralen Vorschriften Art. 7 und Art. 5 OECDMA unmittelbar entnehmen. Dies gilt insbesondere für Art. 3 Abs. 1 lit. d OECD-MA. Danach „bedeuten die Ausdrücke „Unternehmen eines Vertragsstaats“ und „Unternehmen des anderen Vertragsstaats“57, je nach dem, ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird, oder ein Unternehmen, das von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird“. Auch wenn die Termini „Person“ und „Ansässigkeit“ eine direkte Brücke zur Abkommensberechtigung schlagen und daher zu berücksichtigen sein könnte, dass aus deutscher Sicht stets ein atypisch stiller Gesellschafter in persona den Schutz des Abkommens genießt58, ist der Definition lediglich zu entnehmen, „wer“ ein Unternehmen im Sinne einer Trägerschaft betreiben kann59. Ein atypisch stiller Gesellschafter kann jedoch nur Träger eines „anteiligen“ Unternehmens sein, wenn eine atypisch stille Gesellschaft ihrerseits den Anforderungen eines „Unternehmens“ im abkommensrechtlichen Sinne genügt. Das OECD-MA enthält im Übrigen keine Anhaltspunkte, welche Tatbestandsmerkmale ein Unternehmen im Einzelnen voraussetzt60. Der offizielle Kommentar zum OECD-MA (OECD-MK) hat bis dato bewusst von der generellen Einordnung einer Personengesellschaften abgesehen. Dies dürfte insbesondere für die im Kreis der OECD-Staaten ohnehin wenig bekannte atypisch stille Gesellschaft gelten: Der bis zum Ergehen des OECD-MA 2000 gültigen Fassung war zu entnehmen, dass die „Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen, ohne Rücksicht darauf, ob sie auf dem Musterabkommen beruhen, und die Erörterungen im Steuerausschuß bei der Erörterung des Musterabkommens von 1977 [. . .] jedoch gezeigt [haben], dass sich die Auffassungen der Mitgliedstaaten der OECD zu sehr voneinander unterscheiden und dass es äußerst schwierig wäre, eine einheitliche Lösung zu finden, die von allen oder 57
Anführungszeichen jeweils im Original. Siehe vorstehend A. I. (ff.). 59 E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (393) 2.1; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228. 60 F. Wassermeyer, Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 7 MA, Rn. 16; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228. 58
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
doch einer großen Mehrheit von Mitgliedstaaten angenommen werden könnte. Das Musterabkommen enthält daher keine besonderen Bestimmungen zu Personengesellschaften“61. Im Hinblick darauf formierte die OECD eine Arbeitsgruppe, die sich in den Jahren 1993 bis 1997 mit der Anwendung des OECDMA auf Personengesellschaften befasste. Deren 1998 erstatteter Bericht (The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships)62 fand Eingang in die aktuelle Fassung des OECD-MK des Jahres 200063. Eine diesbezügliche Präzisierung des Unternehmensbegriffs nimmt auch die Neufassung nicht vor. Die Verfasser des OECD-MK 2000 stellen (unverändert) fest, dass sich „die nationalen Rechtsordnungen in der Behandlung von Personengesellschaften unterscheiden“64. Die Hauptursache der Schwierigkeiten sehen die Verfasser des OECD-MA „in dem Umstand, dass einige Länder Personengesellschaften als eigenständige Steuersubjekte (manchmal sogar als Körperschaften) behandeln, wogegen andere Länder eine Sichtweise einnehmen, die auf dem Prinzip der fiskalischen Transparenz beruht, nach der die Personengesellschaft für steuerliche Zwecke negiert und die einzelnen Gesellschafter nach Maßgabe ihres jeweiligen Anteils das Einkommen der Personengesellschaft versteuern“65. Soweit das Abkommen einen verwendeten Ausdruck nicht definiert, kommt die allgemeine Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA zum Tragen: „Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm im Anwendungszeitraum nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt“. Die angeführte Regelung vermittelt eine Reihe von Orientierungsmaßstäben: Die Bedeutung eines Begriffs bestimmt sich (1) primär aus den einschlägigen Definitionen, nachrangig (2) aus dem Sinnzusammenhang des Abkommens und (3), als ultima ratio, aus der Begriffswelt des innerstaatlichen Steuerrechts66. Ob eine atypisch stille Gesell61
Nr. 6 des alten OECD-MK zu Art. 1 (zit. in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 6). OECD, The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999; ausführlich in diesem Kapitel unter B. II. 2. c) bb). 63 Nr. 2 des OECD-MK n. F. zu Art. 1. 64 Nr. 2 des OECD-MK n. F. zu Art. 1: „Domestic laws differ in the treatment of partner-ships“. 65 Nr. 3 des OECD-MK n. F. zu Art. 1: „a main source of difficulties is the fact that some countries treat partnerships as taxable units (sometimes even as companies) whereas other countries adopt what may be reffered to as the fiscally transparent approach, under which the partnership is ignored for tax purposes and the individual partners are taxed on their respective share of the partnership’s income“. Vgl. im Übrigen Nr. 2 S. 4 des OECD-MK n. F. zu Art. 3 und Nr. 8.4 des OECD-MK n. F. zu Art. 4. 66 Völkerrechtliche Theorie (dazu S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 33); H. Debatin, AWD 1969, S. 479 ff.; ders., DB 1985, Beilage 23, S. 1 (5); H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.58; D. J. Piltz, Die Personenge62
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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schaft unter Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu subsumieren ist, kann – wie gesehen – weder einer entsprechenden Definition, noch dem Sinnzusammenhang des Abkommens entnommen werden. Insofern ist ein Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht respektive die lex fori67 zulässig68. Die Reichweite dieser Verweisung wird unterschiedlich verstanden. Wassermeyer sieht den Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht eher uneingeschränkt; der abkommensrechtliche Unternehmensbegriff sei in Deutschland mit Einkünften aus Gewerbebetrieb synonym69. Im deutschen Steuerrecht bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter auch dann gewerbliche Einkünfte, wenn die Gesellschaft im anderen Vertragsstaat domiziliert70. Insoweit begründet die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters ohne weiteres ein (anteiliges) „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Andere Stimmen der Literatur verstehen die Verweisung in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA eingeschränkter71. Die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters könne nur unter den abkommensrechtlichen Unternehmensbegriff fallen, wenn dieser seine Entsprechung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG finde72. Es handele sich um einen in seinen Randbereichen unscharfen Typusbegriff73, der einer Ausgestaltung und Konkretisierung im nationalen Recht bedürfe74. Eine Gesamtschau der möglichen Versellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 126; a. A. Länderrechtliche Theorie, K. Vogel in: Vogel, Art. 3, Rn. 119 ff.; ähnlich F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand September 2000, Art. 1 MA, Rn. 48; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 71 ff.; ders., StuW 1990, S. 404 ff.; ders., IStR 1995, S. 49; danach genießt die Auslegung aus dem Sinnzusammenhang des Abkommens keinen Vorrang vor dem Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht. Soweit das Abkommen keine eigene Definition enthalte, könne von einer am internen Steuerrecht orientierten Auslegung nur abgewichen werden, wenn dafür gewichtige Gründe vorlägen. Der Streit ist an dieser Stelle ohne Bedeutung. 67 Der Begriff entstammt dem IPR und bezeichnet das am Gerichtsort gültige Gesetz; hingegen beschreibt lex contractu den Rechtskreis des Vertrags (V. Kluge, DStR 1976, S. 365 [367]). 68 B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306 (309); H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 21; B. Lieber, FR 1999, S. 1364 (1365); R. Müller, IStR 1996, S. 266 (269). 69 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 7 MA, Rn. 16 ff.; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 71 ff.; ders., StuW 1990, S. 404 (406); zustimmend E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (393). 70 Siehe im ersten Kapitel B. II. 1. a); die im Ausland errichtete Gesellschaft muss in Aufbau und wirtschaftlicher Bedeutung ihrem deutschen Pendant entsprechen (sog. Typenvergleich); dazu RFH v. 12.2.1930 (RFHE, Bd. 27, S. 73 [79]); BFH-Urteil v. 3.2.1988, BStBl. II 1988 S. 588 (589); v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (445); L. Schmidt, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 173; G. Stuhrmann, in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 247. 71 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.230; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 29 ff.; R. Müller, IStR 1996, S. 266 (269). 72 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.230; R. Müller, IStR 1996, S. 266 (269). 73 Dazu J. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 45.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
teilungsartikel 6 bis 21 OECD-MA verdeutliche, dass eine atypisch stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft am ehesten im Unternehmensartikel ihre Entsprechung finde75. Die Art. 6, 8, 12, 13 und 15 ff. des Musterabkommens normieren erkennbar Sondertatbestände, die eine mitunternehmerisch strukturierte gewerbliche Tätigkeit nicht beschreiben. Unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft in beiden Vertragsstaaten einer transparenten Besteuerung, kann auch der Dividendenartikel nicht einschlägig sein; die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA erfordert u. a. Einkünfte, die denen „aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“76. Im Zinsartikel findet eine atypisch stille Gesellschaft ebenfalls keine Entsprechung, da eine mitunternehmerische Betätigung nicht eine „Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA begründet77. Die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters repräsentiert folglich selbst dann ein „Unternehmen“, wenn die Verweisung in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA in einem eingeschränkten Sinne verstanden wird78. Im Ergebnis kann daher offen bleiben, welcher Auslegung der lex-fori-Klausel zu folgen ist79. Ob die jüngere Entscheidung des BFH vom 21.7.199980 diese Interpretation bestätigt, beurteilt das Schrifttum unterschiedlich81. Einigkeit herrscht insoweit, als Äußerungen der Rechtsprechung zur Auslegung des OECD-MA naturgemäß nicht denkbar sind. Die Entscheidungsgründe lassen sich nur auf Aussagen untersuchen, die neben dem einschlägigen DBA-Schweiz auch das Musterabkommen betreffen können. Dies erscheint nicht unproblematisch, weil der Unternehmensartikel in Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Schweiz eine vom OECD-MA abweichende Sonderregelung enthält82: „Dieser Artikel gilt auch für Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft“. Nach Ansicht des BFH zählt eine atypisch stille Gesellschaft zu den Personengesellschaften im abkommensrechtlichen Sinne83. In seiner Begründung verweist der I. Senat auf eine ältere Entscheidung zum DBA-Schweiz84: „Nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz ist man74 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 30. 75 R. Müller, IStR 1996, S. 266 (269). 76 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. a). 77 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. b) und B. II. 3. 78 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.228. 79 Ebenso KB in Anmerkung zum BFH-Urteil v. 21.7.1999, IStR 1999, S. 724; im Ergebnis zustimmend B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306 (308); sowie die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121; IStR 2000, S. 23; OFD-Düsseldorf v. 5.7.1989, RIW 1989, S. 754 = DB 1989, S. 1700; a. A. für das DBA-Schweiz OFD Düsseldorf v. 8.1.1991, RIW 1991, S. 173 = DB 1991, S. 308. 80 FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721 = IWB, F. 3a, Gr. 1, S. 895. 81 B. Lieber, FR 1999, S. 1364; KB, IStR 1999, S. 724; H. Krabbe, IStR 2000, S. 23; H. Baranowski, IWB, F. 3a, Gr. 1, S. 899. 82 Art. 7 Abs. 7 S. 1 DBA-Schweiz (eingehend im dritten Kapitel B. I. 2.). 83 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (813) = IStR 1999, S. 721 (722) = FR 1999, S. 1361 (1362).
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gels entsprechender Abkommensdefinition bei der Auslegung des Begriffs „Personengesellschaft“85 auf innerdeutsches Recht abzustellen. Danach ist die atypisch stille Gesellschaft eine GbR und keine juristische Person. Damit ist sie Personengesellschaft“. Nach Ansicht von Krabbe trifft die BFH-Entscheidung vom 21.7.199986 keine „allgemeine Aussage“ zur abkommensrechtlichen Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft87; dies könne nur damit erklärt werden, dass sich der BFH für eine generelle Entscheidung noch eine „Tür“ offen halten wolle; das Urteil beruhe letztlich auf dem angesprochenen Spezifikum des DBA-Schweiz. Vermittelnder wird die Entscheidung von KB kommentiert88: Der Unternehmensartikel finde „gleichsam durch die Hintertür“ Anwendung, da eine atypisch stille Gesellschaft in Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Schweiz (nur) einer Personengesellschaft gleichgestellt werde; vor diesem Hintergrund „hätte es vielleicht doch einer Stellungnahme bedurft, ob die Einkünfte eines atypisch Stillen „ihrer Art nach ,Unternehmensgewinne‘89“ i. S. des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz sind“. Hingegen sind nach Lieber die Überlegungen des BFH „allgemeinerer Natur“ und betreffen „generell die abkommensrechtliche Qualifikation der atypisch stillen Gesellschaft“; die Anwendung von Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz „entspricht der allgemeinen Auffassung zur Auslegung des Begriffs „Unternehmen“90 i. S. d. Art. 7 OECD-MA, mit dem Unterschied, daß hier der Rückgriff auf das innerstaatliche Recht auf einer weiteren Stufe stattfindet“91. Das BFH-Urteil vom 21.7.199992 enthält keine ausdrückliche Stellungnahme, ob, und in welcher Weise, eine atypisch stille Gesellschaft unter eine Art. 7 Abs. 1 OECD-MA vergleichbare Regelung zu subsumieren ist. Der I. Senat hatte nur zu prüfen, ob eine atypisch stille Gesellschaft eine „Personengesellschaft“ i. S. d. Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Schweiz begründet. Eine von KB angeregte Stellungnahme, ob die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters „ihrer Art nach Unternehmensgewinne“ bilden, hätte möglicherweise direkte Rückschlüsse auf das OECD-MA erlaubt. Die Einschätzung von 84
BFH-Urteil v. 23.10.1996, BStBl. II 1997, S. 313 (314) = FR 1997, S. 352 (353) = IStR 1997, S. 271 (722). 85 Anführungszeichen im Original. 86 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 87 H. Krabbe, Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23. 88 KB, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 21.7.1999, IStR 1999, S. 724 ff. 89 Anführungszeichen im Original. 90 Anführungszeichen im Original. 91 B. Lieber, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 21.7.1999, FR 1999, S. 1364 (1365). 92 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Krabbe, wonach die Entscheidung keine „allgemeine Aussage“ zur abkommensrechtlichen Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft enthalte, ist jedoch zu undifferenziert. Auf den entscheidenden Gesichtspunkt weist der Kommentar von Lieber: Der BFH stellt eine atypisch stille Gesellschaft im Lichte des deutschen Steuerrechts einer „Personengesellschaft“ nach dem DBASchweiz ausdrücklich gleich. Mit anderen Worten begründet der Gesellschaftsanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nicht weniger ein „Unternehmen“, als der eines Personengesellschafters im Übrigen. Hinsichtlich der Frage, ob eine atypisch stille Gesellschaft als solche, oder der jeweilige Geschäftsanteil, ein „Unternehmen“ bildet, erlaubt die Entscheidung (auch) Rückschlüsse auf das OECD-MA. Im Ergebnis wirken sich die Besonderheiten des DBA-Schweiz nicht aus, da Art. 7 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz ihrem Pendant im Musterabkommen entsprechen. Das BFH-Urteil vom 21.7.1999 behandelt den Gesellschaftsanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in gleicher Weise als anteiliges „Unternehmen“, auch wenn der erforderliche Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht in den Worten von Lieber „auf einer weiteren Stufe stattfindet“. Ob der BFH für eine generelle – nach Ansicht von Krabbe offensichtlich abweichende – Entscheidung „die Tür offen halten wollte“, ist zu bezweifeln. Wenn der BFH eine atypisch stille Gesellschaft als „Personengesellschaft“ i. S. d. DBA-Schweiz begreift, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine atypisch stille Gesellschaft bei Fehlen einer ausdrücklichen Gleichsetzung von „Personengesellschaft“ und „Unternehmen“ in abkommensrechtlicher Hinsicht nicht entsprechend einzuordnen wäre. Die vorstehende Auslegung von Art. 7 OECD-MA hat gezeigt, dass Art. 7 Abs. 7 DBA-Schweiz insoweit deklaratorische Bedeutung zukommt, als eine Personengesellschaft im Allgemeinen nicht anders als eine atypisch stille Gesellschaft im Besonderen nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA die einschlägigen Voraussetzungen des Art. 7 OECD-MA erfüllt. Im Übrigen ist nach deutscher Lesart jede atypisch stille Gesellschaft – wenn auch nicht in steuerterminologischer Hinsicht – als Personengesellschaft einzustufen. Dies verdeutlicht, dass eine atypisch stille Gesellschaft gegenüber einer „Personengesellschaft“ i. S. d. Art. 7 Abs. 7 DBA-Schweiz kein aliud bildet. Unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat entsprechend der deutschen Handhabung einer transparenten Besteuerung, begründet ein daran beteiligter atypisch stiller Gesellschafter ein „anteiliges“ Unternehmen i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA.
b) Zurechnung einer Betriebsstätte nach Art. 5 OECD-MA Da eine atypisch stille Gesellschaft – eine transparente Besteuerung im anderen Vertragsstaat vorausgesetzt – jedem daran beteiligten atypisch stillen Gesell-
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schafter ein anteiliges „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA vermittelt, könnte entsprechendes für die Zurechnung einer Betriebsstätte gelten. Nach der Legaldefinition des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA „bedeutet der Ausdruck „Betriebsstätte“93 eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“. Abgesehen von dem Umstand, dass die Ausübung der Tätigkeit eines Unternehmens durch eine Betriebsstätte tatsächlicher Natur ist, enthält Art. 5 Abs. 1 OECD-MA keine über das Vorliegen eines Unternehmens hinausgehenden Tatbestandsmerkmale94. Dies berücksichtigend stellen Günkel und Lieber95 die in diesem Zusammenhang entscheidende Frage, ob „sich der atypisch stille Gesellschafter in einer Weise vom gewöhnlichen Gesellschafter einer Personengesellschaft [unterscheidet], die es erlaubt, hier von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale [. . .] abzusehen?“. aa) Ansichten im Schrifttum Mit Blick auf die im Schrifttum vertretenen Ansichten steht der ganz überwiegenden Auffassung allein die Ansicht von Müller96 entgegen. Die vormals abweichende Ansicht von Wassermeyer und Piltz97 wurde ausdrücklich aufgegeben98. (1) Überwiegende Ansicht im Schrifttum Nach ganz überwiegender Auffassung im Schrifttum genügt das eine Subsumtion unter Art. 7 Abs. 1 OECD-MA rechtfertigende Vorliegen einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, um einem atypisch stillen Gesellschafter eine Betriebsstätte zuzurechnen, „durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“99. Die Mitunternehmer93
Anführungszeichen im Original. H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1183). 95 IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1401). 96 Siehe nachstehend (2). 97 Vormals von F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (139 ff.); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001 Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 MA, Rn. 99). 98 Da die Genannten (unter Berücksichtigung des OECD-MA) die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafter gem. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA als „Forderung jeder Art“ einstuften, erfolgt eine ausführliche unten B. II. 3. 99 Für eine atypisch stille Gesellschaft: A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, § 7, Rn. 36 ff. (53 ff.); F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44; D. J. Piltz, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 94
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
schaft bildet in den Worten von Günkel und Lieber „das Vehikel, das von der Beteiligung an der Personengesellschaft zur abkommensrechtlichen Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale führt; m. a. W. [vermittelt] die mitunternehmerische Verbundenheit [. . .] den einzelnen Mitunternehmern per se eine Beteiligung an den festen Geschäftseinrichtungen der Mitunternehmerschaft“100. Ausweislich der grundlegenden Arbeit von Piltz101 zu Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht ist unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten die zivilrechtliche Form einer Berechtigung grundsätzlich nicht von Bedeutung; die „Grundidee“ der Mitunternehmerschaft „ist gerade, daß trotz Arbeitsteilung im Einzelnen der gewerbliche Betrieb insgesamt im Interesse aller Mitunternehmer geführt wird. Im Ergebnis hat daher jeder inländische Unternehmer (Mitunternehmer) einer ausländischen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), die ihre Tätigkeit in einer ausländischen Betriebsstätte vollzieht, eine ausländische Betriebsstätte“. Dies verdeutlicht, dass eine Betriebsstätte jedem Mitunternehmer unabhängig davon zuzurechnen ist, ob dieser zu deren Errichtung einen Beitrag leistet oder nicht102. Nach Auffassung von Wassermeyer103, die im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH steht104, genügt, dass entweder die Personengesellschaft oder ein Gesellschafter Verfügungsmacht über eine „feste Geschäftseinrichtung“ hat. Die Verfügungsgewalt kann sowohl von rechtlicher (Eigentum, Miete und Pacht) als auch tatsächlicher Qualität sein; entscheidend ist allein, dass diese nicht ohne weiteres wieder entzogen werden kann105. Da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MA, Rn. 68, 99; H. Debatin, DStZ A 1966, S. 369 (370); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 232; R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 163; B. Lieber, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 21.7.1999, FR 1999, S. 1364 (1365); M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403); J. Lüdicke, StBJb 1997/98, S. 449 (481); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (130); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (216); G. Breuninger/U. Prinz, DStR 1995, S. 927 (928); E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (394); T. Pyszka, IStR 1999, S. 577 (579). Für Personengesellschaften (im Allgemeinen): H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.238; D. J. Piltz, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 MA, Rn. 68; ders., Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 79 ff.; F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand September 2000, Art. 5 MA, Rn. 34; S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 114. 100 M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403 ff.). 101 D. J. Piltz, Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 81. 102 M. Görl, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 5, Rn. 25 ff. (27); A. Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 29; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.238; F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44 m. w. N.; H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1182 ff.). 103 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44. 104 BFH-Urteil v. 29.01.1964, BStBl. III 1964, S. 165; v. 19.5.1987, BStBl. II 1988, S. 5; v. 26.2.1992, BStBl. II 1992, S. 937; v. 2.12.1992, BStBl. II 1993, S. 577.
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EStG – wenn sie denn gegeben sind – bei dem „gewöhnlichen“ Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht weniger als bei einem atypisch stillen Gesellschafter vorliegen, sieht die ganz überwiegende Auffassung im Schrifttum in den Worten von Günkel und Lieber106 keinen Grund, der es erlaubt, von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale abzusehen. Zum gleichen Ergebnis, wenn auch mit dogmatisch anderem Ansatz, gelangt Knobbe-Keuk107. Ein Unternehmen i. S. d. DBA werde von einer Personengesellschaft als solcher betrieben, auch wenn zwischen den Vertragsstaaten Einigkeit bestehe, die Gewinne dieses Unternehmens anteilig bei den Gesellschaftern zu erfassen108. Die Beteiligung an einem Unternehmen im anderen Vertragsstaat, welches dort eine Betriebsstätte unterhält, führe daher nicht zu einer Betriebsstätte, die dem Beteiligten zuzurechnen sei, weil es insoweit an einem Unternehmen im Staate der Ansässigkeit des Gesellschafters fehle109. Mit anderen Worten soll die Beteiligung an einer Personengesellschaft im anderen Vertragsstaat bereits unter den Passus „ein Unternehmen eines Vertragsstaats“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA subsumiert werden. In Ergänzung der Abkommensregelung über die Unternehmensgewinne besteht nach Knobbe-Keuk jedoch eine international übereinstimmende Übung, die Beteiligung einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person an einer ein Unternehmen betreibenden Personengesellschaft wie eine Betriebsstätte dieser Person zu behandeln110. (2) Ansicht von Müller Nach Ansicht von Müller kann einem atypisch stillen Gesellschafter eine Betriebsstätte nur zugerechnet werden, wenn eine hinreichend „enge Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat“ besteht111. Die Art. 5 Abs. 6 und Art. 5 105 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44. 106 IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403). 107 B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306 (308); dies., Unternehmenssteuerrecht, S. 542 ff.; a. A. F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 29; H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1183). 108 Auch wenn es im Ergebnis nicht darauf ankommt, spricht gegen die Ansicht von Knobbe-Keuk, dass nicht die Abkommensberechtigung der Gesellschafter grundsätzlich anerkennt werden kann (RIW 1991, S. 306 [308]), wenn zugleich die Personengesellschaft als solche ein Unternehmen i. S. d. Art. 7 OECD-MA darstellen soll. Ausweislich Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA korrespondieren der Unternehmensbegriff auf der einen und die Abkommensberechtigung auf der anderen Seite. Die Auffassung von Knobbe-Keuk hat daher nur de lege ferenda Bedeutung, soweit Personengesellschaften generell die Abkommensberechtigung eingeräumt würde. 109 B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, S. 306 (308). 110 Auch Knobbe-Keuk setzt darüber hinaus generell voraus, dass das von der Personengesellschaft im anderen Vertragsstaat betriebene Unternehmen, die Voraussetzungen einer Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 OECD-MA erfüllt.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Abs. 7 OECD-MA ließen erkennen, dass eine Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale ein über das bloße Handeln auf gemeinsame Rechnung „hinausgehendes Anknüpfungsmoment“ erfordere. Der bloße Abschluss eines Gesellschaftsvertrags könne nicht genügen, weil insoweit „eine reine Innengesellschaft ohne aktive Teilhabe des Stillen am Geschäftsverkehr des Quellenstaats“ vorliege112. Eine entsprechend „enge Anbindung“ bestehe nur, wenn „die gesellschaftsvertraglichen Mitwirkungsrechte so ausgeprägt sind, dass der Stille aktiven und gestaltenden Einfluss auf die unternehmerischen Aktivitäten des Handelsgewerbes nehmen kann. [. . .] Das dem Stillen nach § 233 HGB qua Gesetz zustehende Kontrollrecht sowie vertraglich vereinbarte Widerspruchsrechte bei einzelnen Geschäften [. . .] genügen sicher nicht“. Die Zurechnung einer Betriebsstätte sei zu bejahen, „wenn der Stille in der Lage ist, aktiv am Wirtschaftsleben des Quellenstaats teilzunehmen. Diese Rechtsmacht kann ihm z. B. verliehen werden, indem ihm Zustimmungs- oder Weisungsrechte zu bestimmten geschäftlichen Aktivitäten zugesprochen werden. In jedem Fall ist die Zurechnung begründet, wenn ihm aktive Geschäftsführungsrechte eingeräumt werden“113. bb) Rechtsprechung des BFH und der FG Stellungnahmen des BFH und der FG zur Auslegung des OECD-MA sind naturgemäß nicht denkbar. Entscheidungen der Rechtsprechung lassen sich daher nur auf Aussagen untersuchen, die neben dem konkret zu prüfenden DBA auch das OECD-MA betreffen können. Soweit ersichtlich, ergingen sämtliche einschlägigen Entscheidungen zu DBA, die im Unternehmensartikel eine vom Musterabkommen abweichende Sonderregelung vorsehen114. Die betreffenden DBA stellen eine Mitunternehmerschaft bzw. eine Personengesellschaft einem Unternehmen i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA ausdrücklich gleich. Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande lautet: „Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unterneh111
R. Müller, IStR 1996, S. 266 (273). R. Müller, IStR 1996, S. 272. 113 R. Müller, IStR 1996, S. 273. 114 BFH-Urteil v. 29.1.1964, BStBl. III 1964, S. 165 (166) inbound-Fall zum DBAUSA 1954/65; v. 18.5.1983, BStBl. II 1983, S. 771 (775) inbound-Fall zum DBA-Niederlande; v. 17.10.1990, BStBl. II 1991, S. 211 (212) inbound-Fall zum DBASchweiz; v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (446) outbound-Fall zum DBA-USA 1954/65; v. 4.12.1991, BStBl. II 1992, S. 750 (751) outbound-Fall zum DBA-Österreich; v. 26.2.1992, BStBl. II 1992, S. 937 (938 bis 939) inbound-Fall zum DBASchweiz; v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 = IStR 1999, S. 721 = FR 1999, S. 1361 (Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175) outbound-Fall zum DBA-Schweiz; Niedersächsisches FG v. 8.11.1990, RIW 1992, S. 79 inbound-Fall zum DBA-Schweiz. 112
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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mer oder Mitunternehmer115 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Tätigkeit sich auf das Gebiet des anderen Staats erstreckt, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte nur insoweit, als sie auf eine dort befindliche Betriebsstätte des Unternehmens entfallen“116. Das DBASchweiz formuliert in einem separaten Abs. der Unternehmensvorschrift: „Dieser Artikel gilt auch für Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft“117. Darüber hinaus enthalten die genannten Abkommen entsprechend dem Musterabkommen keine speziellen Vorschriften, die mit der Zurechnung einer Betriebsstätte befasst sind. Insoweit stellt sich die Frage, ob Stellungnahmen der Rechtsprechung zu speziellen DBA Rückschlüsse auf die Auslegung des OECD-MA zulassen. Die vorstehende Untersuchung118, ob dem BFH-Urteil vom 21.7.1999119 (zugleich) eine Aussage zur Auslegung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA entnommen werden kann, hat verdeutlicht, dass die angeführten Ergänzungen (mit Blick auf eine atypisch stille Gesellschaft) lediglich deklaratorischen Charakter haben. Unter Berücksichtigung der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum lassen die angeführten Sonderregelungen die Zurechnung einer Betriebsstätte unberührt, da mit einer Entscheidung über das Vorliegen von Unternehmensgewinnen die (mögliche) Zurechnung einer Betriebsstätte zwingend einher geht120. Gleiches gilt für die abweichende Ansicht von Müller121; mit der Feststellung, dass eine atypisch stille Gesellschaft im abkommensrechtlichen Sinne als Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft einzustufen ist, ist noch keine Entscheidung dahingehend gefallen, ob eine hinreichend „enge Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat“ besteht. Damit stehen die in den Unternehmensartikeln der einschlägigen DBA vorgenommenen Ergänzungen einer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH und der FG für die Auslegung des Musterabkommen grundsätzlich nicht entgegen. Mit der Betriebsstätte eines atypisch stillen Gesellschafters hat sich die jüngere Rechtsprechung des BFH und FG durchaus kontrovers beschäftigt. Das FG Niedersachsen brachte im rechtskräftigen Urteil vom 8.11.1990122 die bis dato herrschende Meinung zum Ausdruck123: Der „stille Gesellschafter einer atypi115
Hervorhebung durch d. Verf. Eine vergleichbare Regelung findet sich in Art. 5 Abs. 1 DBA-Luxemburg sowie in Art. 4 Abs. 1 des (alten) DBA-Österreich 1954/92. 117 Art. 7 Abs. 7 S. 1 DBA-Schweiz (Hervorhebung durch d. Verf.). Eine vergleichbare Regelung findet sich im (alten) DBA-USA 1954/65, BStBl. I 1955, S. 69 (71) in Art. 2 Abs. 1 lit. e und f, wonach Unternehmer eine natürliche Person als solche oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft sein kann. 118 Siehe vorstehend a). 119 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 120 H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1183). 121 Siehe vorstehend (2). 122 RIW 1992, S. 79. 116
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
schen stillen Gesellschaft ist schuldrechtlich so gestellt, als wäre er gesamthänderisch Berechtigter am Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts. Diese schuldrechtliche Gleichstellung reicht aus, um ihn steuerrechtlich ebenso wie den Gesellschafter einer anderen Personengesellschaft zu behandeln [. . .]. Das Vorhandensein einer Betriebsstätte setzt [. . .] nicht voraus, daß der Steuerpflichtige dinglich Berechtigter des im Inland befindlichen Betriebsvermögens ist. Vielmehr genügt es, wenn er Mitunternehmer einer Gesellschaft ist, die über ständigeGeschäftseinrichtungen [. . .] verfügt. Diese sind ihm zuzurechnen, weil steuerrechtlich jeder Mitunternehmer seinen eigenen Gewerbebetrieb unter Benutzung der Betriebsstätten des Gesamtunternehmens führt [. . .]. Dabei ist nicht danach zu unterscheiden, ob die Mitunternehmerschaft im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft besteht. Denn auch insoweit genügt die schuldrechtliche Berechtigung des atypisch stillen Gesellschafters an dem Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts, um ihn steuerrechtlich ebenso wie den Gesellschafter einer anderen Personengesellschaft zu behandeln“. In der Folgezeit führte insbesondere ein obiter dictum im BFH-Urteil vom 31.5.1995124 zu einer gewissen Verunsicherung, danach könne es dahin stehen, „ob eine atypisch stille Beteiligung an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft überhaupt als Betriebsstätte i. S. d. Abkommens anzusehen ist“125. Das FG Hamburg brauchte trotz eines entsprechenden Sachverhalts in der Entscheidung vom 14.11.1995126 über die Zurechnung einer Betriebsstätte nicht zu entscheiden; der Senat subsumierte eine atypisch stille Beteiligung an einer Schweizer AG unter den Dividendenartikel127. Das anschließende Revisionsverfahren führte ebenfalls zu keiner Klärung der Zurechnungsfrage, weil das BFHUrteil vom 23.10.1996128 auf eine Sonderregelung für den internationalen Betrieb von Seeschiffen gestützt wurde129. In der Entscheidung vom 12.10.1998130 wandte sich das FG Rheinland-Pfalz ausdrücklich gegen die Einschätzung des FG Hamburg und kehrte auf die ursprüngliche Linie der Rechtsprechung zurück; dem atypisch stillen Gesellschafter einer Schweizer AG wurde eine 123 Zu Personengesellschaften „im Übrigen“: BFH-Urteil v. 29.1.1964, BStBl. III 1964, S. 165 (166); v. 4.12.1991, BStBl. II 1992, S. 750 (751); v. 26.2.1992, BStBl. II, S. 937 (938); v. 2.12.1992, BStBl. II 1993, S. 577 (579); hinsichtlich der Besteuerung von Sondervergütungen: BFH-Urteil v. 17.10.1990, BStBl. II 1991, S. 211 (212); v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (446). 124 BStBl. II 1995, S. 683 (685) = IStR 1995, S. 438 (439). 125 Im Vorfeld hatte F. Wassermeyer (IStR 1995, S. 49 [51]) die bis dato h. M. ausdrücklich in Zweifel gezogen. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 3. 126 EFG 1996, S. 241. 127 Ausführlich zu dieser Entscheidung im dritten Kapitel, B. I. 2. a) cc). 128 BStBl. II 1997, S. 313 = IStR 1997, S. 271. 129 Art. 8 Abs. 5 DBA-Schweiz. 130 EFG 1999, S. 175.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Schweizer Betriebsstätte zugerechnet. Im darauf folgenden Revisionsverfahren hat sich der BFH – soweit ersichtlich – erstmalig mit der Betriebsstätte eines atypisch stillen Gesellschafters auseinander gesetzt. Das BFH-Urteil vom 21.7.1999131 vergleicht, entsprechend der von Günkel und Lieber132 formulierten Fragestellung, einen atypisch stillen Gesellschafter mit dem Gesellschafter einer Personengesellschaft „im Übrigen“. Als Ausgangspunkt bestätigt der Senat seine ständige Rechtsprechung zur Betriebsstätte einer Personengesellschaft133: Wenn „es um das Unternehmen einer Personengesellschaft geht, [ist] jede Betriebsstätte der Gesellschaft als Betriebsstätte des von dem einzelnen Gesellschafter betriebenen Unternehmens anzusehen“134. Die Verfügungsmacht über eine Betriebsstätte ist allein auf Ebene der Personengesellschaft bedeutsam: „Zwar hat bei der atypisch stillen Gesellschaft der still Beteiligte – zumindest nach deutschem Recht – zivilrechtlich keinen unmittelbaren Anteil am Vermögen des Beteiligungsunternehmens (vgl. § 230 Abs. 1 HGB). Doch besagt das Erfordernis der Verfügungsmacht im Zusammenhang mit Personengesellschaften lediglich, dass die betreffende Einrichtung für die mitunternehmerische Betätigung zur Verfügung stehen muss; ist dies der Fall, so wird sie – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Betriebsstätteneigenschaft – abkommensrechtlich jedem Gesellschafter als Betriebsstätte „seines“135 Unternehmens zugerechnet“136. In diesem Zusammenhang tritt die rechtliche Qualität der Beteiligung hinter dem Erfordernis der Verfügungsmacht zurück. Im BFH-Urteil vom 26.2.1992137, auf welches der Senat ausdrücklich Bezug nimmt, heißt es dazu: „Entsprechend begründet die Beteiligung des nur in der Schweiz ansässigen [Gesellschafters] an der im Inland ansässigen [Gesellschaft] ein „schweizerisches Unternehmen“138 i. S. des DBA-Schweiz. Der in der Bundesrepublik gelegene Ort der Geschäftsleitung der [Gesellschaft] bildet für alle Gesellschafter eine Betriebsstätte in der Bundesrepublik gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a DBA-Schweiz [. . .]. Insoweit kommt es nur darauf an, daß die Geschäftsleitung der [Gesellschaft] auch dem Unternehmen des [Gesellschafters] (= seiner Beteiligung an der [Gesellschaft]139) dient. Es ist nicht 131
BStBl. II 1999, S. 812 = IStR 1999, S. 721 = FR 1999, S. 1361. IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403). 133 BFH-Urteil v. 29.01.1964, BStBl. III 1964, S. 165; v. 30.8.1995, BStBl. II 1996, S. 563. 134 BStBl. II 1999, S. 812 (813) = IStR 1999, S. 721 (722) = FR 1999, S. 1361 (1362). 135 Anführungszeichen im Original. 136 BStBl. II 1999, S. 812 (814) = IStR 1999, S. 721 (723) = FR 1999, S. 1361 (1362). 137 BStBl. II 1992, S. 937 (938); bestätigt durch BFH-Urteil v. 2.12.1992, BStBl. II 1993, S. 577 (579). 138 Anführungszeichen im Original. 139 Runde Einklammerung im Original. 132
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
erforderlich, daß die feste Geschäftseinrichtung, in der die Leitung der [Gesellschaft] ausgeübt wurde, dem [Gesellschafter] gehörte bzw. daß er darüber Verfügungsmacht besaß“. Die zivilrechtliche Verfassung einer atypisch stillen Beteiligung rechtfertigt nach dem BFH-Urteil vom 21.7.1999140 kein Absehen von der Zurechnung einer Betriebsstätte141: „Diese Regel muß für die atypisch stille Gesellschaft, die sowohl nach innerstaatlichem deutschem Recht als auch abkommensrechtlich den Personengesellschaften zuzurechnen ist, entsprechend gelten [. . .]. Sie bewirkt in dieser Konstellation, daß alle Betriebsstätten des Beteiligungsunternehmens zugleich Betriebsstätten des atypisch still Beteiligten sind; das Fehlen einer unmittelbaren Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters wird gleichsam durch dessen Mitwirkungsrechte und seine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens überspielt“. Mit dem BFH-Urteil vom 21.7.1999142 liegt die Rechtsprechung (wieder) auf der Linie der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum143. In der zivilrechtlichen Verfassung einer atypisch stillen Gesellschaft wird kein tauglicher Grund gesehen, von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale abzusehen. Das Fehlen einer unmittelbaren (dinglichen) Vermögensbeteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters werde durch dessen Mitwirkungsrechte und dessen Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg „überspielt“. Mit anderen Worten rechtfertigt das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft die Zurechnung einer Betriebsstätte. cc) Ansicht der Finanzverwaltung Mit der Zurechnung der Betriebsstätte bei einem atypisch stillen Gesellschafter befassen sich zwei Verfügungen der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf und ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)144. Nach einer Verfügung der OFD Düsseldorf vom 5.7.1989145 rechnet die Betriebsstätte einer atypisch stillen Gesellschaft als solche ihrer Gesellschafter. Unter Hinweis auf 140 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 141 BStBl. II 1999, S. 812 (814) = IStR 1999, S. 721 (723) = FR 1999, S. 1361 (1363). 142 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 143 Siehe vorstehend aa) (1). 144 Daneben ergingen eine Reihe von Verfügungen zur Behandlung von Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter: Für das DBA-Tunesien, v. 8.11.1983, DB 1983, S. 2499; das DBA Tschechoslowakei, v. 13.1.1997, BStBl. I 1997, S. 97 = IStR 1997, S. 120; das DBA-Rumänien, v. 1.10.1997, DStR 1998, S. 32 und das DBA-Spanien, v. 28.5.1998, BStBl. I 1998, S. 557. Eine allgemeine Aussage zum OECD-MA kann diesen nicht entnommen werden. 145 RIW 1989, S. 754 = DB 1989, S. 1700.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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die (ältere) BFH-Rechtsprechung146 zu Personengesellschaften im Übrigen verweist die Begründung auf das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft. Die Verfügung trifft offensichtlich eine allgemeine Aussage, da die einleitende Fragestellung „anhand der Regelungen des DBA-USA“ besprochen wird. Ansonsten wäre eine nachfolgende Verfügung der OFD Düsseldorf vom 8.1.1991147 zumindest missverständlich, wonach die erstgenannte Verfügung für eine atypisch stille Beteiligung an einer Schweizer Kapitalgesellschaft nicht gelten soll. Die Auffassung der OFD-Düsseldorf findet im jüngeren BMF-Schreiben vom 28.12.1999148 Bestätigung. Auf Grund einer atypisch stillen Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen sei dessen Betriebsstätte als Betriebsstätte des atypisch stillen Gesellschafters anzusehen. Eine nähere Begründung erfolgt nicht. Dem in zeitlicher Hinsicht parallel erschienenen BMF-Schreiben vom 24.12.1999149 über die „Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen“ lassen sich allgemeine Aussagen zur abkommensrechtlichen Behandlung von „Personengesellschaften“ entnehmen: „Nach deutschem Rechtsverständnis werden Beteiligungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person an einer (ausländischen) Personengesellschaft grundsätzlich als Unternehmen dieser Personen i. S. d. Art. 7 OECD-MA 1992 behandelt. Die mitunternehmerische Beteiligung [. . .] eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer im Ausland bestehenden (ausländischen) Personengesellschaft, die eine Betriebsstätte unterhält, führe dazu, daß die Betriebsstätte jeweils – anteilig – dem Gesellschafter zuzurechnen ist (BFH vom 26. Februar 1992 [. . .]“. dd) Stellungnahme Entsprechend der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum150, der Rechtsprechung des BFH und der FG151 sowie der (jüngeren) Auffassung der Finanzverwaltung152 kann das „anteilige Unternehmen“ eines atypisch stillen Gesellschafters seine Geschäftstätigkeit durch eine im anderen Vertragsstaat gelegene Betriebsstätte ausüben. Dies setzt zunächst voraus, dass ein atypisch stiller Gesellschafter durch seine Beteiligung an einem ausländischen Handelsgewerbe ein „anteiliges Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA begründet153. Wassermeyer154 betont in diesem Zusammenhang, dass die Beteiligung 146 147 148 149 150 151 152
BFH-Urteil v. 29.1.1964, BStBl. III 1964, S. 165. RIW 1991, S. 173 = DB 1991, S. 308. BStBl. I 1999, 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. BStBl. I 1999, S. 1076 = IStR 2000, Beihefter zu Heft 1/2000, S. 1 (3 ff.). Siehe vorstehend aa). Siehe vorstehend bb). Siehe vorstehend cc).
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an einer (ausländischen) Personengesellschaft für sich genommen noch keine Betriebsstätte begründet, selbst wenn die betreffende Gesellschaft über eine feste Geschäftseinrichtung i. S. d. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA verfügen sollte. Dies verdeutlicht, dass das Vorliegen eines anteiligen Unternehmens nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA keine unmittelbare Voraussetzung für die Begründung (bzw. Zurechnung) einer Betriebsstätte bildet, da sich die Frage des Vorhandenseins einer Betriebsstätte bei Nichtvorliegen eines Unternehmens im abkommensrechtlichen Sinne nicht stellt. Eine Betriebsstätte setzt nach Art. 5 Abs. 1 OECD-MA ihrerseits „eine feste Geschäftseinrichtung“ voraus, „durch die die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“. Dem genügt nach ganz überwiegender Auffassung, wenn ein Unternehmen Verfügungsgewalt über eine feste Geschäftseinrichtung besitzt, die diesem nicht ohne weiteres wieder entzogen werden kann155. Dabei ist es unerheblich, ob die Verfügungsgewalt von rechtlicher oder tatsächlicher Qualität ist; bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft, die dem jeweiligen Gesellschafter ein „anteiliges Unternehmen“ vermitteln, genügt es, wenn die Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung entweder in Hand der Gesellschaft oder eines daran beteiligten Gesellschafters liegt, soweit durch diese die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird156. Abgesehen von der tatsächlichen Dimension, d. h. der Frage, ob eine feste Geschäftseinrichtung vorliegt und durch diese die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird (Art. 5 Abs. 1 OECD-MA), ist auch insoweit keine unmittelbare – d. h. für einen atypisch stillen Gesellschafter im Besonderen prüfbare – Voraussetzung für die Begründung (bzw. Zurechnung) einer Betriebsstätte erkennbar. Folglich ist das ein anteiliges „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECDMA begründende Vorliegen einer Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keine unmittelbare Voraussetzung für die Zurechnung einer Betriebsstätte zu Gunsten eines atypisch stillen Gesellschafters. Es handelt sich lediglich insoweit um eine mittelbare Voraussetzung, als die Annahme eines „anteiligen Unternehmens“ entsprechendes erfordert157. Günkel und Lieber158 153
Siehe vorstehend a). In: Debatin/Wassermeyer, DBA, Stand September 2000, Art. 5 MA, Rn. 34. 155 Siehe vorstehend aa) (1). 156 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.238; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44 unter Hinweis auf BFH-Urteil v. 29.1.1964, BStBl. III 1964, S. 165; BFH-Urteil v. 19.5.1985, BStBl. II 1988, S. 5; BFH-Urteil v. 26.2.1992, BStBl. II 1992, S. 937; BFH-Urteil v. 2.12.1992, BStBl. II 1993, S. 577; M. Görl in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 5, Rn. 27; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 37; H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1182 ff.). 157 Siehe vorstehend a). 158 IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403 ff.). 154
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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bezeichnen die Mitunternehmerschaft in diesem Zusammenhang (zunächst) etwas unklar als „Vehikel“ zur abkommensrechtlichen Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale; dem Folgesatz ist dann zutreffend zu entnehmen, dass die Mitunternehmerschaft den jeweiligen Mitunternehmern „per se“ eine Beteiligung an den festen Geschäftseinrichtungen vermittelt. Unter Vernachlässigung der in tatsächlicher Hinsicht zu würdigenden Voraussetzungen des Art. 5 OECD-MA ist einem atypisch stillen Gesellschafter immer dann eine Betriebsstätte zuzurechnen (bzw. begründet dieser eine solche), wenn seine mitunternehmerische Beteiligung – insoweit vorgreiflich – ein „anteiliges Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA bildet. Wenn Müller159 für die Zurechnung einer Betriebsstätte unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 6 OECD-MA und Art. 5 Abs. 7 OECD-MA eine „enge Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat“ fordert, ist festzustellen, dass die angeführten Vorschriften ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal nicht rechtfertigen. Da es sich bei Art. 5 Abs. 6 OECD-MA und Art. 5 Abs. 7 OECD-MA erkennbar um Regelbeispiele handelt, nach denen eine Betriebsstätte nicht vorliegen soll, begegnet die Herausarbeitung einer allgemeinen (positiven) Voraussetzung bereits insoweit Bedenken. Der in Art. 5 Abs. 6 OECD-MA angesprochene „Makler, Kommissionär oder [. . .] andere unabhängige Vertreter“ hat ferner mit einem atypisch stillen Gesellschafter wenig gemein. Die in der Vorschrift Genannten handeln ausschließlich im Interesse ihres Auftraggebers rechtlich und wirtschaftlich selbstständig160, wogegen eine atypisch stille Gesellschaft ebenso wie eine Personengesellschaft im Übrigen auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist161. In gleicher Weise vermag Art. 5 Abs. 7 OECDMA das allgemeine Erfordernis einer hinreichend engen Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat nicht zu begründen162. Die Vorschrift stellt für grenzüberschreitend strukturierte Beteiligungsverhältnisse, bei denen eine Gesellschaft die andere beherrscht, lediglich klar, dass allein das Bestehen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses nicht zu einer wechselseitigen Begründung von Betriebsstätten führt. Ein Mutter-Tochter-Beteiligungsverhältnis im genannten Sinne betrifft jedoch das Verhältnis von (zumindest) zwei voneinander rechtlich selbstständigen „Gesellschaften“ (Art. 3 Abs. 1 lit. b. OECD-MA163). Ein Transfer dieser Prinzipien auf eine grenzüberschreitend strukturierte atypisch stille Gesellschaft, die auf den gemeinsamen Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist, ist somit nicht möglich. Dies unterstreicht die leicht missverständliche Kommentierung von Art. 5 Abs. 7 OECD-MA als „Anti-Organ-Klausel“164. 159
Siehe vorstehend (2). Nr. 37 des OECD-MK zu Art. 5. 161 Eingehend im ersten Kapitel B. I. 1. a), insbesondere mit Blick auf die Abgrenzung einer stillen Gesellschaft von einem partiarischen Rechtsverhältnis. 162 Siehe vorstehend (2). 163 Siehe vorstehend A. II. 160
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Darüber hinaus kann Müller165 nicht zugestimmt werden, wenn dieser eine „enge Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat“ anhand des Tragens von Mitunternehmerrisiko und der Entfaltung von Mitunternehmerinitiative prüft. Wie gesehen, sind die Kriterien der Mitunternehmerschaft allein für die insoweit vorgreifliche Entscheidung von Bedeutung, ob ein „anteiliges Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA besteht. Da ein atypisch stiller Gesellschafter nach Ansicht von Müller166 zwar ein „anteiliges Unternehmen“ nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA167, eine Betriebsstätte jedoch nur auf Grund einer engen Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat begründet, würde dieser die von Günkel und Lieber168 aufgeworfene Frage, ob sich der atypisch stille Gesellschafter in einer Weise vom gewöhnlichen Gesellschafter einer Personengesellschaft unterscheidet, die es erlaubt, von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale abzusehen, offensichtlich bejahen. Einen im genannten Sinne tauglichen Grund sieht Müller169 offensichtlich in der zivilrechtlichen Verfassung einer atypisch stillen Gesellschaft. Diese verfügt (nach deutschem Verständnis170) über kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen und tritt im Außenverhältnis nicht in Erscheinung171. Wie die zivilrechtliche Verfassung einer atypisch stillen Gesellschaft zeigt, liegt darin – selbst wenn es auf dieses Kriterium ankäme – kein tauglicher Grund, von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale abzusehen. Zivilrechtlich begründet eine atypisch stille Gesellschaft nicht weniger eine Personengesellschaft, als eine OHG oder KG. Trotz Innengesellschaft schließen der Inhaber eines Handelsgewerbes und ein stiller Gesellschafter einen Gesellschaftsvertrag, in dem sich beide zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verpflichten172. Der signifikante Unterschied zwischen einer atypisch stillen Gesellschaft und einer Personengesellschaft „im Übrigen“ liegt in der Vermögensstruktur. Nach deutschem Verständnis verfügt eine stille Beteiligung über kein gemeinschaftliches Vermögen i. S. d. § 718 BGB; erfordert der Gesellschaftsvertrag eine Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters, sieht § 230 Abs. 1 HGB deren Übergang „in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts“ vor. Die von K. Schmidt173 als „Einlageverhältnis“ bezeichnete Art 164 M. Görl, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 5, Rn. 165; F. Wassermeyer in: Debatin/ Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 241. 165 R. Müller, IStR 1996, S. 273. 166 R. Müller, IStR 1996, S. 273. 167 IStR 1996, S. 266 (269). 168 IWB, F. 10, International, Gr. 2, S. 1393 (1403). 169 IStR 1996, S. 266 (270 ff.). 170 Zu anderen Rechtsordnungen im ersten Kapitel B. I. 2. 171 Eingehend im ersten Kapitel B. I. 1. 172 Siehe im ersten Kapitel B. I. 1. a). 173 Siehe im ersten Kapitel B. I. 1. c).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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und Weise der Kapitalüberlassung richtet sich nach schuldrechtlichen Maßstäben. Ebenso bleibt eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert obligatorischer Natur174. Gleichwohl erweist sich eine atypisch stille Gesellschaft durch ihre gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung in erster Linie als Organisation, selbst wenn wesentliche Aspekte schuldrechtlich ausgestaltet sind175. Bereits das BGH-Urteil vom 24.9.1952 verdeutlicht, dass eine atypisch stille Gesellschaft trotz in wesentlichen Punkten schuldrechtlicher Vermögensstruktur unzweifelhaft eine „Gesellschaft“ begründet: „Die Beteiligung des Stillen [. . .] bedeutet, daß er zwar nicht dinglich (gesamthänderisch) an diesem Vermögen neben dem Geschäftsinhaber beteiligt ist, sondern lediglich, daß er im Verhältnis zu dem Geschäftsinhaber bei der Auflösung der Gesellschaft und bei der Auseinandersetzung so gestellt wird, als ob er an dem Vermögen gesamthänderisch beteiligt wäre“176. In der Vermögensstruktur einer atypisch stillen Gesellschaft könnte allenfalls dann ein tauglicher Grund für das Absehen von einer Zurechnung betriebsstättenbegründender Merkmale liegen, wenn es, im Unterschied zu einer „gewöhnlichen“ Personengesellschaft, auf eine gesamthänderische Berechtigung entscheidend ankäme. Wie gesehen, wird es bei Personengesellschaften „im Übrigen“ – nach der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum unter ausdrücklichem Einschluss einer atypisch stillen Gesellschaft177 – für ausreichend gehalten, wenn die Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung entweder in Hand der Gesellschaft oder eines daran beteiligten Gesellschafters liegt178. Dies berücksichtigend bildet der Umstand, dass sich die eine Betriebsstätte begründende feste Geschäftseinrichtung bei einer atypisch stillen Gesellschaft regelmäßig in der Verfügungsmacht des Inhabers des Handelsgewerbes befindet, keinen tauglichen Grund, von einer Zurechnung bei einem atypisch stillen Gesellschafter abzusehen. Wenn selbst die tatsächliche Verfügungsmacht des Gesellschafters einer Personengesellschaft „im Übrigen“ über eine feste Geschäftseinrichtung ausreichend ist, um eine Betriebsstätte der Gesellschaft nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 OECD-MA zu begründen, kann sich die mangelnde Fähigkeit einer atypisch stillen Gesellschaft zur Bildung eines Gesamthandsvermögens nicht auswirken. Da eine atypisch stille Gesellschaft, ebenso wie eine OHG oder KG, eine auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gerichtete
174
Siehe im ersten Kapitel B. I. 1. b). K.Schmidt bezeichnet eine typisch stille Gesellschaft als „in erster Linie Schuldverhältnis, nicht Organisation“ (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1838). Eingehend im ersten Kapitel B. I. 1. c). 176 BGHZ Bd. 7, S. 175 (178). 177 Statt vieler: F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Februar 2000, Art. 5 MA, Rn. 44; M. Görl in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 5, Rn. 18; a. A. R. Müller, IStR 1996, S. 273. 178 Siehe vorstehend m. w. N. 175
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Personengesellschaft bildet179, lässt sich im Übrigen unter Hinweis auf das „einigende Band“ zwischen den Gesellschaftern eine Sonderrolle der atypisch stillen Gesellschaft nicht begründen. In der Vermögensstruktur einer atypisch stillen Gesellschaft liegt kein tauglicher Grund, von einer Zurechnung der betriebsstättenbegründenden Merkmale abzusehen oder diese von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen. Der Auffassung von Müller180 ist unter keinem der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu folgen. Neben der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum181 sieht (mittlerweile) auch die Rechtsprechung des BFH und der FG182 keinen Grund gegeben, einen atypisch stillen Gesellschafter bei der Zurechnung einer Betriebsstätte anders als den Gesellschafter einer Personengesellschaft „im Übrigen“ zu behandeln. Im BFH-Urteil vom 21.7.1999183 heißt es dazu: „Diese Regel [nach der eine Betriebsstätte der Gesellschaft als solche des Gesellschafters gilt] muß für die atypisch stille Gesellschaft, die sowohl nach innerstaatlichem deutschem Recht als auch abkommensrechtlich den Personengesellschaften zuzurechnen ist, entsprechend gelten [. . .]. Sie bewirkt in dieser Konstellation, daß alle Betriebsstätten des Beteiligungsunternehmens zugleich Betriebsstätten des atypisch still Beteiligten sind; das Fehlen einer unmittelbaren Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters wird gleichsam durch dessen Mitwirkungsrechte und seine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens überspielt“. Diese Sichtweise deckt sich mit den jüngeren Entscheidungen zur steuerlichen Subjektfähigkeit einer atypisch stillen Gesellschaft. Die BFH-Urteile vom 26.11.1996184, 2.10.1997185 und 15.10.1998186 betrachten eine atypisch stille Gesellschaft, unter ausdrücklicher Aufgabe einer zwischenzeitlich abweichenden Rechtsprechung187, als selbstständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Insbesondere das BFH-Urteil vom 2.10.1997188 spricht sich für eine Sichtweise aus, die es ermöglicht, „wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte der Beteiligung über eine Außengesellschaft und über eine Innengesellschaft [steuerlich] gleich zu behandeln“. 179
Siehe vorstehend; im Übrigen eingehend im ersten Kapitel B. I. 1. R. Müller, IStR 1996, S. 273. 181 Siehe vorstehend aa) (1). 182 Siehe vorstehend bb). 183 BStBl. II 1999, S. 812 (814) = IStR 1999, S. 721 (723) = FR 1999, S. 1361 (1363). 184 BStBl. II 1998, S. 328. 185 BStBl. II 1998, S. 137. 186 DStRE 1999, S. 81 = FR 1999, S. 262. 187 BFH-Urteil v. 12.11.1985, BStBl. II 1986, S. 311; die Entwicklung der Rechtsprechung zeichnen H. Gschwendtner, DStZ 1998, S. 335; R. Ruban, DStZ 1995, S. 637 eingehend nach. 188 BStBl. II 1998, S. 137 (138). 180
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Der ganz überwiegenden Auffassung in Schrifttum189 und Rechtsprechung190 hat sich die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999191 ohne nähere Begründung angeschlossen. Dem parallelen BMF-Schreiben vom 24.12. 1999192 über die „Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen“ ist für „Personengesellschaften“ unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26.2.1992193 zu entnehmen, dass die „mitunternehmerische Beteiligung [. . .] eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer im Ausland bestehenden (ausländischen) Personengesellschaft, die eine Betriebsstätte unterhält, dazu führe, daß die Betriebsstätte jeweils – anteilig – dem Gesellschafter zuzurechnen ist“. Die zeitliche Koinzidenz der angeführten BMF-Schreiben und der Umstand, dass das BFH-Urteil vom 21.7.1999194 ebenfalls auf das BFH-Urteil vom 26.2.1992195 verweist, verdeutlicht, dass sich die Finanzverwaltung insoweit der ganz überwiegenden Auffassung angeschlossen hat. Entsprechend der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum196, der Rechtsprechung197 und der Finanzverwaltung198 genügt das eine Subsumtion unter Art. 7 Abs. 1 OECD-MA rechtfertigende Vorliegen einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, um einem atypisch stillen Gesellschafter eine Betriebsstätte zuzurechnen, „durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“. Entgegen der Ansicht von Müller199 ist eine darüber hinausgehende „hinreichend enge Anbindung an das Geschäftsleben im Quellenstaat“ nicht erforderlich. c) Zwischenergebnis Unterliegt ein atypisch stiller Gesellschafter im anderen Vertragsstaat entsprechend der Besteuerung in Deutschland einer transparenten Besteuerung, ist sein Gewinnanteil grundsätzlich unter den für Unternehmensgewinne einschlägigen Art. 7 OECD-MA zu subsumieren. Da das Musterabkommen keine Legaldefinition des Unternehmensbegriffs vorsieht und auch der „Zusammenhang des Ab189
Siehe vorstehend aa) (1). Siehe vorstehend bb). 191 BStBl. I 1999, S. 1121; IStR 2000, S. 23; DStR 2000, S. 245. 192 BStBl. I 1999, S. 1076; IStR 2000, Beihefter zu Heft 1/2000, S. 1 (3). 193 BStBl. II 1992, S. 937. 194 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 195 BStBl. II 1992, S. 937. 196 Siehe vorstehend aa) (1). 197 Siehe vorstehend bb). 198 Siehe vorstehend cc). 199 Siehe vorstehend aa) (2). 190
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
kommens“ diesen nicht verdeutlicht, erlaubt Art. 3 Abs. 2 OECD-MA eine Bestimmung unter Rückgriff auf das innerstaatliche (deutsche) Steuerrecht. Der Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. d OECD-MA lässt sich lediglich entnehmen, „wer“ ein Unternehmen betreibt. Der abkommensrechtliche Unternehmensbegriff findet im deutschen Steuerrecht insbesondere im Typusbegriff des Mitunternehmers gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seine Entsprechung. Erfüllt eine atypisch stille Gesellschaft die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft, begründet die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters ein anteiliges „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Der Gewinnanteil eines atypisch Stillen unterliegt nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. OECD-MA grundsätzlich der Steuerhoheit des Wohnsitzstaats. Dies gilt nicht für Gewinnanteile, die gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. m. Art. 5 OECD-MA einer im anderen Vertragsstaat gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Um einem atypisch stillen Gesellschafter eine Betriebsstätte zuzurechnen, durch die die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird (Art. 5 OECD-MA), genügt allein das eine Subsumtion unter Art. 7 OECD-MA rechtfertigende Vorliegen einer Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Vermittelt Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. m. Art. 5 OECD-MA dem Betriebsstätten-/Quellenstaat ein Besteuerungsrecht, vermeidet der Wohnsitzstaat eine eintretende Doppelbesteuerung nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA durch Freistellung der betreffenden Einkünfte. Die Verpflichtung zur Freistellung der betreffenden Einkünfte bleibt durch Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA regelmäßig unberührt200, wenn beide Vertragsstaaten eine atypisch stille Gesellschaft jeweils transparent besteuern. Das Potential für einen Qualifikationskonflikt ist insoweit gering. 2. Abweichendes Besteuerungskonzept im anderen Vertragsstaat Unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat als eigenständiges Steuersubjekt einer intransparenten Besteuerung, nehmen dies Stimmen im Schrifttum und die Finanzverwaltung zum Anlass, die abkommensrechtliche Behandlung eines atypisch stillen Gesellschafters im Wohnsitzstaat daran zu orientieren. Die unterschiedlichen Ansichten betreffen sowohl die Verteilungs- als auch die Vermeidungsartikel des Musterabkommens. Auf Ebene der Verteilungsartikel könnte wegen des umgekehrten Subsidiaritätsprinzips der Dividenden- (und Zinsartikel) gem. Art. 7 Abs. 7 OECD-MA gegenüber dem Unternehmensartikel vorrangig sein, wenn nicht der Betriebsstättenvorbehalt eine Rückverweisung auf den Unternehmensartikel vornimmt201. Auf Ebene des 200
Ausführlich in diesem Kapitel B. II. 2. c) bb) (2).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Vermeidungsartikels Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA könnte die grundsätzliche Verpflichtung zur Freistellung des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters eine Einschränkung erfahren202. a) Subsumtion unter den Dividendenartikel Art. 10 OECD-MA Der (ausgeschüttete) „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters könnte in den Anwendungsbereich des Dividendenartikels fallen, wenn eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Eine Behandlung als eigenständiges Steuersubjekt kann sowohl in genereller Weise203 als auch durch Einräumung entsprechender Optionsmöglichkeiten fakultativ erfolgen204. Der angeführte Verteilungsartikel erfasst nach Art. 10 Abs. 1 OECD-MA „Dividenden“, die eine „Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt“. Der Anwendungsbereich von Abs. 1 des Dividendenartikels erschöpft sich in einer deklaratorischen Zuordnungsentscheidung für den ausgeschütteten Gewinn einer Gesellschaft. Die Besteuerung von Gewinnen auf Ebene der jeweiligen (ausschüttenden) Gesellschaft, die im anderen Vertragsstaat einer unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen, ist allein Gegenstand von Art. 7 OECD-MA205. Der eigentliche Regelungskern des Dividendenartikels findet sich in Abs. 2, wonach der Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine der Höhe nach beschränkte Quellensteuer erheben kann. Der Dividendenbegriff erfährt in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA eine ausführliche Legaldefinition: Diese gliedert sich in drei Abschnitte, die durch die Begriffe 201 Siehe in diesem Kapitel B. I.; a. A. (für eine atypisch stille Gesellschaft) allein R. Müller, IStR 1996, S. 266 (274), wonach der Gewinnanteil eines Stillen in keinem Fall von Unternehmensgewinnen in Zinsen (oder Dividenden) umqualifiziert werden könne. 202 In diesem Kapitel B. II. 2. c). 203 In Tschechien kann ein „stiller Gesellschafter“ seit 1.1.1994 Dividenden beziehen, sofern die Vorschriften gegen eine Unterkapitalisierung von Unternehmen eingreifen [im ersten Kapitel, B. II. 2. c)]. In der Schweiz generiert eine stille Gesellschaft – die aus deutscher Sicht einer atypisch stiller Variante entspricht – nach einer Ansicht im Schrifttum Dividenden, wenn ein stiller Gesellschafter an der betreffenden Kapitalgesellschaft zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist [im ersten Kapitel, B. II. 2. f)]. Eine vergleichbare Konstellation erfuhr in den USA – nach dem bis 31.12.1996 geltendem Recht – eine entsprechende Besteuerung [im ersten Kapitel, B. II. 2. g)]. 204 Seit 1.1.1997 besteht in den USA für eine atypisch stille Gesellschaft die Möglichkeit nach den check-the-box-regulations für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren [im ersten Kapitel, B. II. 2. g)]. 205 Eingehend (zu Personengesellschaften im Allgemeinen): D. J. Piltz, Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 175 ff.; S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 179 ff. (182).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
„oder“ und „sowie“ durchlaufend verbunden sind206. Im ersten Abschnitt werden mit „Aktien, Genußaktien, Kuxen [und] Gründeranteilen“ konkrete Beteiligungsformen genannt, die nach Nr. 23 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 10 Abs. 3 „in den Rechtsordnungen der meisten Mitgliedstaaten zu finden sind und [. . .] dort nicht unterschiedlich behandelt werden“207. Der zweite Abschnitt bildet mit „anderen Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung“ gegenüber dem ersten einen Auffangtatbestand und etabliert mit „Rechten“ den Oberbegriff der ersten beiden Abschnitte. Unter „Rechten“ versteht Nr. 24 des OECD-MK zu Art. 10 Abs. 3 nur solche, die in Form eines Wertpapiers verbrieft sind. Der dritte Abschnitt erweitert Dividenden um „aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. „Sonstige“ Gesellschaftsanteile bilden ihrerseits den Oberbegriff für sämtliche Rechtstitel, deren Erträge nach Art. 10 Abs. 3 OECD-MA als Dividenden gelten208. Ein atypisch stiller Gesellschafter bezieht nach Art. 10 Abs. 3 OECD-MA Dividenden, wenn diese einer „Gesellschaft“, d. h. genauer einem „Gesellschaftsanteil“, im abkommensrechtlichen Sinne entstammen. Das Musterabkommen definiert Gesellschaften in Art. 3 Abs. 1 lit. b als juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie eine juristische Personen behandelt werden. Im Lichte des deutschen Steuerrechts liegen weder die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“, noch die Voraussetzungen für einen Bezug von „Dividenden“ vor, da eine atypisch stille Gesellschaft einer transparenten Besteuerung auf Ebene ihrer Gesellschafter unterliegt209. Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem ausländischen Handelsgewerbe, besteht für Zwecke der Besteuerung in Deutschland eine Gesellschaft im abkommensrechtlichen Sinne nur, wenn der deutsche Fiskus eine intransparente Besteuerung im anderen Vertragsstaat bei der Auslegung des Abkommens zu berücksichtigen hätte210. Einen solchen Zusammenhang bezeichnet die steuerrechtliche Literatur als Qualifikationsverkettung211.
206 Dazu H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.329; W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 185. 207 „which are to be found in the majority of the Member countries’laws, and whitch, in any case, are not treated differently in them“. 208 W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 188; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.331; Nr. 23 des OECD-MK zu Art. 10 Abs. 3 spricht von einer „Generalklausel“. Wegen der großen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der OECD lasse sich der Ausdruck „Dividenden“ nicht abschließend bestimmen. 209 Im ersten Kapitel, B. II. 1. a). 210 Zum abkommensrechtlichen Gesellschaftsbegriff eingehend in diesem Kapitel A. II.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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aa) Kein Vorliegen einer Qualifikationsverkettung Für einen Teil des Schrifttums wird die Besteuerung einer Gesellschaft im anderen Vertragsstaat (Quellenstaat) für die Auslegung des Abkommens im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters nicht verbindlich212. Danach ist der (ausgeschüttete) „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters auch dann nicht als „Dividende“ im abkommensrechtlichen Sinne zu betrachten, wenn der andere Vertragsstaat die dort domizilierende atypisch stille Gesellschaft als selbstständiges Steuersubjekt intransparent besteuert. Die Argumentation rankt sich vorwiegend um den Begriff der Gesellschaft in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA und dessen Verhältnis zum Dividendenartikel. Der Wortlaut der Gesellschaftsdefinition sieht nach Wassermeyer213 nicht vor, dass der Wohnsitzstaat (eines Gesellschafters) die Qualifikation (der betreffenden Personengesellschaft als selbstständiges Steuersubjekt) durch den anderen Vertragsstaat zu berücksichtigen hätte214; eine einheitliche Auslegung unter den Vertragsstaaten sei vor dem Hintergrund eines internationalen Gesellschafterkreises und möglicher Betriebsstätten in Drittstaaten ohnehin nicht zu erreichen. Diehl215 argumentiert, der ein Abkommen anwendende Vertragsstaat habe den Gesellschaftsbegriff gem. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA unter Rückgriff auf sein innerstaatliches Steuerrecht zu bestimmen; ein Vorrang des Quellenstaats bestehe nicht; dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Sinn und Zweck der genannten Regelungen, eine Anwendung des Abkommens durch die nationalen Steuerbehörden zu erleichtern. Kluge216 meint, die Gesellschafts211 Grundlegend H. Debatin, FR 1979, S. 493 (494); R. Prokisch, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 37; die Berücksichtigung der steuerlichen Behandlung im anderen Vertragsstaat beschränkt sich auf die Auslegung des Abkommens. Zu einem „Durchschlagen“ auf die nationale Besteuerung im jeweiligen Anwenderstaat kommt es nicht (A. A. B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 551 (554); dies. RIW 1991, S. 306 (313); H. M. Pott, Die Kollision unterschiedlicher Formen der Gesellschaftsbesteuerung im internationalen Steuerrecht, S. 194 ff.). 212 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 30; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 28, 92a, 115; ders., IStR 1996, S. 489 (493); D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 81; ders., in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 ff. (32): Die von Piltz im Rahmen seiner Dissertation (Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 175 ff. [180]) eingenommene Position wird offensichtlich nicht mehr vertreten.); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (396–397); E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (211); W. Diehl, FR 1978, S. 517 (520 ff.); V. Kluge, DStR 1976, S. 365 (367). 213 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 30; ders., IStR 1998, S. 489 (490); ders., IStR 1999, S. 8. 214 Ebenso W. Diehl, FR 1978, S. 517 (520 ff.); V. Kluge, DStR 1976, S. 365 (367). 215 W. Diehl, FR 1978, S. 517 (517, 521) m. w. N. 216 V. Kluge, DStR 1976, S. 365 (367).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
definition müsse im Interesse eines zutreffenden Verständnisses gedanklich hinter dem Wort „Besteuerung“ um den Passus „des Vertragsstaats, der das Abkommen auf seine Steuern anwendet“ ergänzt werden; die Übernahme einer ausländischen Qualifikation folge aus der Definition nicht. Aus grundsätzlichen Erwägungen sieht Burmester217 eine atypisch stille Gesellschaft nicht als „Gesellschaft“ im abkommensrechtlichen Sinne an; ihre Begründung zielt offensichtlich auf deren handelsrechtlichen Charakter als Innengesellschaft, der einem stillen Gesellschafter lediglich schuldrechtliche Ansprüche vermittelt. Dies berücksichtigend soll eine atypisch stille Gesellschaft aus deutscher Perspektive keine Dividenden generieren. Das Vorliegen eines „Gesellschaftsanteils“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA bestimmt sich nach Auffassung von Wassermeyer218 nicht nach Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA219; der Gesellschaftsbegriff im Dividendenartikel sei in einem engen Sinne zu verstehen; in dessen Anwendungsbereich fielen nur solche Gesellschaften, die auf Grund einer körperschaftlichen Struktur die Eigenschaft besitzen, Vermögen an ihre Mitglieder auszukehren; dazu gehörten in erster Linie Kapitalgesellschaften 220; insofern bestätige Nr. 3 des OECD-MK zu Art. 3, dass die Gesellschaftsdefinition für den Dividendenartikel nicht gelte. Strobl und Schäfer221 betonen, eine atypisch stille Gesellschaft sei nicht als „Gesellschaftsanteil“, sondern als „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 OECD-MA zu qualifizieren; ein stiller Gesellschafter halte keinen „Gesellschaftsanteil“, sondern sei direkt am Vermögen des Unternehmens beteiligt. Darüber hinaus normiert Art. 10 Abs. 3 OECD-MA nach Auffassung von Wassermeyer222 keine Qualifikationsverkettung: „Auch wenn Art. 10 [OECD-MA] schwerpunktmäßig vor allem das Besteuerungsrecht des 217 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132); ebenso ausdrücklich die alte Kommentierung von Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115. Mittlerweile betrachtet Wassermeyer eine atypisch stille Gesellschaft ausdrücklich als „andere Personenvereinigung“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit a. OECD-MA, „die nach deutschem Steuerrecht nicht wie eine Körperschaft besteuert wird“ (in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 115); da „Mitunternehmerschaften“ nach seiner Auffassung nicht „Gesellschaft“ sind, „soweit sie als andere Personenvereinigungen i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a zu beurteilen“ sind (in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 28) und andere Personenvereinigungen qua Definition kein selbstständiges Steuersubjekt sein können (in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 20); K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 17), hält es Wassermeyer nach wie vor nicht für möglich, eine atypisch stille Gesellschaft bei intransparenter Besteuerung durch den anderen Vertragsstaat für Zwecke der Besteuerung in Deutschland als „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA zu betrachten (in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 92a). 218 In: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 28. 219 A. A. E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392, dazu sogleich. 220 Zustimmend E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (211). 221 E. Strobl/K. Schäfer, E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (211). 222 In: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 91b.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Quellenstaates regelt und teilweise zu Definitionszwecken auf das innerstaatliche Recht des Quellenstaates Bezug nimmt, bedeutet dies nicht, daß der Ansässigkeitsstaat stets der Rechtsauffassung des Quellenstaates bezüglich der Anwendung oder Nichtanwendung des Art. 10 [OECD-MA] im konkreten Einzelfall zu folgen hätte. Vielmehr legen beide Vertragsstaaten den Dividendenbegriff unter Anwendung von Art. 10 Abs. 3 [OECD-MA] autonom aus der Sicht ihres innerstaatlichen Rechts im Übrigen aus. Es besteht keine Qualifikationsverkettung [. . .]. Der Ansässigkeitsstaat kann sich auf den Standpunkt stellen, daß das Abk. gemeinsames Recht der Vertragsstaaten darstellt. Daraus ergibt sich jedoch weder ein Souveränitätsverlust noch eine Bindung des einen Vertragsstaats an die Auffassung des anderen. Eine solche Bindung besteht nur dann und nur insoweit, als sie im Abk. ausdrücklich vereinbart ist“. In diesem Sinne meint Diehl223, die Verweisung „auf das Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“ in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA verpflichte allein den Vertragsstaat, in dem die ausschüttende Gesellschaft domiziliert; dem Wortlaut könne eine gleichzeitige Verbindlichkeit für den Wohnsitzstaat nicht entnommen werden. Einen insoweit differenzierten Ansatz vertritt Schnieder224: Zwar finde die Gesellschaftsdefinition des Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA – entgegen Wassermeyer – im Rahmen der Dividendenvorschrift Anwendung; diese sei jedoch im Lichte des deutschen Steuerrechts auszulegen, wonach eine atypisch stille Gesellschaft nicht wie eine juristische Person besteuert wird; dem Dividendenbegriff in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA könne eine gegenteilige Wertung nicht entnommen werden, weil dieser das Vorliegen „sonstiger Gesellschaftsanteile“ voraussetze; liege bereits keine „Gesellschaft“ i. S. d. Abkommens vor, komme dem dritten Abschnitt der Dividendendefinition keine Bedeutung mehr zu225. bb) Vorliegen einer Qualifikationsverkettung Für einen Teil des Schrifttums ist die Besteuerung einer Gesellschaft im anderen Vertragsstaat bei der Auslegung des Abkommens im Ansässigkeitsstaat (Wohnsitzstaat) des Gesellschafters zu berücksichtigen. Danach ist der (ausgeschüttete) „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters als „Dividende“ im abkommensrechtlichen Sinne zu betrachten, wenn der andere Vertragsstaat die dort domizilierende atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Steuer223
W. Diehl, FR 1978, S. 517 (522). E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (396). 225 Die Argumentation von Schnieder orientiert sich teilweise am DBA-Schweiz. Seine Auffassung beansprucht auch für das OECD-MA ausdrücklich Geltung (IStR 1999, S. 392, S. 397, 3.4). Im Übrigen finden sich die entscheidenden Regelungen des Art. 3 Abs. 1 lit. b und des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA wortgleich im DBA-Schweiz wieder [zum DBA-Schweiz im dritten Kapitel, B. I. 2. a) aa)]. 224
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
subjekt intransparent besteuert. Eine entsprechende Verbindlichkeit soll sich einerseits aus dem Dividenden-, andererseits aus dem Vermeidungsartikel Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA ergeben. (1) Auslegung des Dividendenartikels Eine Qualifikationsverkettung resultiert nach einer Auffassung im Schrifttum unmittelbar aus dem Dividendenbegriff in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA bzw. der Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA226. Dabei wird die Gesellschaftsdefinition innerhalb der Autorenschaft unterschiedlich weit verstanden. Der überwiegende Teil interpretiert diese in einem engeren Sinne: Eine Gesellschaft bestehe auf Abkommensebene nur, wenn diese im Sitzstaat bzw. im Staat ihrer Geschäftsleitung als selbstständiges Steuersubjekt Behandlung finde227. Dies gelte unabhängig davon, ob der andere Vertragsstaat nach innerstaatlichem Steuerrecht eine abweichende Qualifikation vornimmt. Zur Begründung wird – entsprechend der Gegenansicht – u. a. auf Nr. 3 Satz 2 des OECDMK zu Art. 3 verwiesen228. Piltz229 betont in seiner grundlegenden Arbeit über Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, es entspreche dem Sinn und Zweck eines Abkommens, nämlich einer Vermeidung der Doppelbesteuerung, das Abkommen nach Möglichkeit gleich lautend zu verstehen. Vor diesem Hintergrund soll die Definitionsnorm eine klare Abgrenzung der abkommensberechtigten Personen ermöglichen. Hingegen versteht Debatin den Gesellschaftsbegriff in einem weiten Sinne230. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA enthalte keine Verweisung auf das Recht des Sitzstaats, respektive des Staats der Geschäftsleitung. Jeder Vertragsstaat habe die Gesellschaftsdefinition zunächst aus seiner steuerlichen Per226 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (220); R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 168 ff. (169); H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.230, 16.333, 16.335 (deutlicher in der 1. Aufl., S. 679); ders., Stbg 1999, S. 156 (158); W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 184 ff. (190); S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 194 ff. (195); D. J. Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 175 ff. (180), mittlerweile ausdrücklich a. A. (Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 81; ders., in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 3, S. 21 ff. [32]); B. KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 551 (553); dies. RIW 1991, S. 306 (314); wohl auch H. Debatin, BB 1989, Beilage 2, S. 1 (8). 227 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 551, dies. RIW 1991, S. 306 (314); D. J. Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 130 ff. (134); S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 74 ff. (79); R. Prokisch in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 32. 228 R. Prokisch in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 32; W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 190; D. J. Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 130 ff. (134). 229 D. J. Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 134 m. w. N.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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spektive auszulegen. Ein Rechtsträger begründe eine Gesellschaft i. S. d. Musterabkommens, wenn er in dem einen oder dem anderen Vertragsstaat einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Eine Präferenz des Vertragsstaats, in dem ein Gesellschafter oder die Gesellschaft als solche domiziliert, bestehe nicht. Das gemeinsame Abkommen, welches beide Steuerrechtsordnungen gleichsam „überspanne“231, etabliere eine wechselseitige Verpflichtung, das interne Steuerrecht des Vertragspartners zu respektieren. Soweit der Kommentar zum OECDMA ein anderes vertritt, sei dies nur als sachgerechte Hervorhebung der Ausgangssituation zu verstehen232. Der mit der Gesellschaftsdefinition verknüpfte Dividendenbegriff in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA erweise sich für beide Vertragsstaaten als gleichermaßen verbindlich; durch die Verweisung im abschließenden Relativsatz, erhebe die Vorschrift „das Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“ zum einschlägigen Abkommensrecht233. Innerhalb der Verteilungsartikel des Musterabkommens sind „Gesellschaftsanteile“ nach Schaumburg234 und Tischbirek235 gegenüber Zinseinkünften und Einkünften aus Mitunternehmerschaften abzugrenzen. Der Teilbegriff236 „Anteil“ könne nicht in einem engen oder formalen Sinne, sondern nur von seiner Funktion her verstanden werden237. Im Gegensatz zu einem Zinsgläubiger trage der Bezieher von Dividenden Unternehmerrisiko, weil mit einer Ausschüttung nur zu rechnen sei, wenn eine Gesellschaft Gewinne erwirtschafte. Bei funktionaler Betrachtungsweise könne auch ein schuldrechtliches Gläubigerrecht, mit dem sich unmittelbar keine Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft verbinden, einen „Anteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA begründen. Ein solches Recht müsse allerdings neben einer Beteiligung am Gewinn und Verlust, ebenfalls eine Teilhabe an den stillen Reserven vermitteln. Der Teilbegriff „Gesellschaft“ verweise auf die Gesellschaftsdefinition des Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA238. Davon seien auf Ebene des Abkommens mitunternehmerschaftlich organisierte Beteiligungsformen zu unterscheiden. Eine Personengesellschaft begründe in Anlehnung an Nr. 27 Satz 1 des OECD-MK zu Art. 10 eine Gesellschaft, wenn sie am Ort 230 H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26a; ders., DB 1990, S. 598 (600); ders., BB 1989, Beilage Nr. 2, S. 1 (6); ders., FR 1979, S. 493 (494). 231 H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26a. 232 H. Debatin, BB 1989, Beilage Nr. 2, S. 6. 233 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.328; W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 184; H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (5). 234 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.331. 235 W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 188 ff. 236 Tischbirek (in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 188 ff.) unterscheidet hinsichtlich eines „Gesellschaftsanteils“ zwischen „Anteil“ und „Gesellschaft“. 237 W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 189. 238 W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 190.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung einer intransparenten Besteuerung unterliege239. Ob eine solche Besteuerung auf Grund zwingender steuerlicher Vorschriften oder durch Ausübung einer Optionsmöglichkeit zustande kommt, soll unerheblich sein240. Für die Vereinbarung zweiseitiger Abkommen hält Nr. 27 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 10 eine „Klarstellung“241 erforderlich, wenn das innerstaatliche Steuerrecht eines Vertragsstaats entsprechende Optionsmöglichkeiten eröffnet. (2) Auslegung des Vermeidungsartikels Nach einer auf Debatin zurückgehenden Auffassung im Schrifttum, wird die abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft durch deren steuerliche Behandlung im anderen Vertragsstaat vorgezeichnet242. Eine Berücksichtigung der dortigen Besteuerung (einer atypisch stillen Gesellschaft) finde ihre Grundlage im Zusammenspiel der abkommensrechtlichen Verteilungs- und Vermeidungsnormen243. Die Verteilungsnormen richten sich primär an den Quellenstaat, um dessen Besteuerungsrechte zu umgrenzen. Insoweit eröffnet Art. 10 Abs. 2 OECD-MA die Erhebung einer der Höhe nach begrenzten Quellensteuer. Adressat der Vermeidungsartikel Art. 23 A oder Art. 23 B OECD-MA ist hingegen allein der Wohnsitzstaat respektive Ansässigkeitsstaat eines atypisch stillen Gesellschafters. Im Gegensatz zu Art. 23 A Abs. 1 und Art. 23 B OECD-MA enthält Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA u. a. eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Dividendenartikel. Diese Verknüpfung setzt in den Worten von Burmester einen wechselseitigen Abkommensmechanismus in Gang244. Im Wohnsitzstaat lasse sich die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht bestimmen, ohne auf die steuerliche Behandlung im Quellenstaat zurückzublicken. Der Vermeidungsartikel meine nach Debatin245 die gleichnamigen Einkünftekategorien, die das Abkommen der Quellenstaatsberechtigung des anderen Vertragsstaats überlasse. Die Qualifikation der Ein239 Dagegen vertritt Debatin (BB 1989, Beilage Nr. 2, S. 6.) einen weiter gefassten Gesellschaftsbegriff.; Art. 10 Nr. 27 OECD-MK lautet u.a: „Anteile am Gewinn von Personengesellschaften sind keine Dividenden i. S. d. Definition, es sei denn, die Personengesellschaften werden in dem Staat, in dem der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung liegt, steuerlich im Wesentlichen ähnlich behandelt wie Aktiengesellschaften (z. B. in Belgien [. . .]“. In gleicher Weise Nr. 5 des OECD-MK zu Art. 1. 240 W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 190. 241 „clarification in bilateral conventions“. 242 H. Debatin, FR 1979, S. 493; ders., DB 1985, Beilage 23, S. 7; ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El. Systematik III, Rn. 145; G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132 ff.); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 218 ff. (236 ff.). 243 Siehe im Übrigen dieses Kapitel B. I. 244 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 133. 245 H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (5).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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künfte im Quellenstaat binde in einem solchen Fall auch die Anwendung des Abkommens im Wohnsitzstaat. Eine harmonische Auslegung des Abkommens sei insbesondere im Hinblick auf eine Vermeidung der Doppelbesteuerung angezeigt246. Enthält der Vermeidungsartikel, entgegen Art. 23 A Abs. 2 OECDMA, keine ausdrückliche Bezugnahme auf eine Verteilungsnorm, sei einem wechselseitigen Abkommensmechanismus der Boden entzogen247. cc) Stellungnahme Unterliegt eine im anderen Vertragsstaat domizilierende atypisch stille Gesellschaft einer intransparenten Besteuerung, hat der Ansässigkeitsstaat eines atypisch stillen Gesellschafters diesen Umstand für die Auslegung des Dividendenbegriffs in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA und der Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA zu berücksichtigen. Damit nimmt der dritte Abschnitt der Dividendendefinition eine für beide Vertragsstaaten gleichermaßen verbindliche Begriffsbestimmung vor (Qualifikationsverkettung). Die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters begründet nach Art. 10 Abs. 3 OECD-MA einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“, wenn die vermittelnde atypisch stille Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat als Körperschaftsteuersubjekt einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Insoweit erzielt ein atypisch stiller Gesellschafter durch den an ihn ausgeschütteten „Gewinnanteil“ in abkommensrechtlicher Hinsicht Einkünfte, „die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. Eine entsprechende Besteuerung im anderen Vertragsstaat unterstellt, lässt sich eine atypisch stille Gesellschaft allein unter den dritten Abschnitt der Dividendendefinition subsumieren248. Ausweislich Nr. 23 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 10 zählt eine atypisch stille Beteiligung nicht zu den Regelbeispielen des ersten Abschnitts der Dividendendefinition. Die genannten Beteiligungsformen sind „in den Rechtsordnungen der meisten [OECD-] Mitgliedstaaten zu finden“249 und werden „dort nicht unterschiedlich behandelt“250. Aus diesem Grunde lassen sich „Aktien, Genußaktien“ u. a. Rechte nur in ihrem speziellen Sinne verstehen. Im Übrigen erfährt eine atypisch stille Gesellschaft im Kreise der OECD-Staaten weder eine flächendeckende Verbreitung, noch eine einheitliche steuerliche Behandlung251. Ein atypisch stiller Gesellschafter erzielt eben246 H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 145. Eine Doppelbesteuerung wäre in einer outbound-Variante nicht zu befürchten. Die Nichtvornahme einer Qualifikationsverkettung könnten allerdings niedrig besteuerte „graue Einkünfte“ generieren [im ersten Kapitel A. III. 2. c)]. 247 G. Burmester, in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 133. 248 Zu den einzelnen Abschnitten siehe vorstehend a). 249 „which are to be found in the majority of the Member countries“. 250 „and which, in any case, are not treated differently in them“.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
falls keine Einkünfte aus „anderen Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung“ i. S. d. zweiten Abschnitts von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA. Unter „Rechten“ versteht der OECD-Musterkommentar nur solche, die in Form eines Wertpapiers verbrieft sind252. Dabei handelt es sich primär um ein zivilrechtliches Erfordernis253. Selbst wenn ein ausländischer Rechtskreis den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters entsprechend den Einkünften aus Aktien besteuert, z. B. Tschechien254, die Schweiz255 und die USA256, erweist sich das Stammrecht nicht von solcher Qualität257. (1) Atypisch stille Beteiligung als „sonstiger Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA Das Vorliegen eines sonstigen Gesellschaftsanteils i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA bestimmt sich entgegen Wassermeyer258 unter Rückgriff auf die Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA. Die Vorschrift trifft ausweislich ihrer Überschrift „allgemeine Begriffsbestimmungen“ (General Definitions), die grundsätzlich für das gesamte Musterabkommen gelten. Der von Wassermeyer259 als Beleg angeführte Musterkommentar zum OECD-MA führt zwar in Nr. 3 Satz 1 zu Art. 3 aus, dass der „Ausdruck „Gesellschaft“ in erster Linie alle juristischen Personen erfasse“260. Indessen stellen die Sätze 2 und 3 der angeführten Kommentarstelle ausdrücklich klar, dass sich der Gesellschaftsbegriff „darüber hinaus auf jeden Rechtsträger bezieht, der nach dem Steuerrecht des Vertragsstaats, in dem er errichtet worden ist, wie eine juristische Person behandelt wird. Die Definition wurde insbesondere mit Blick auf den Dividendenartikel abgefaßt“261. Das von Wassermeyer propagierte „enge“ Verständnis einer „Gesellschaft“ könnte allenfalls auf die Regelbeispiele des ersten 251
Im ersten Kapitel B. Sätze 2 und 3 von Nr. 24 des OECD-MK zu Art. 10: „Therefore the definition relates, in the first instance, to distributions of profits the title to which is constituted by shares, that is holdings in a company limited by shares (joint stock company). The definition assimilates to shares all securities issued by companies which carry a right to participate in the companies’s profits without being dept-claims“. 253 In diesem Sinne W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 198. 254 Im ersten Kapitel, B. II. 2. c). 255 Im ersten Kapitel, B. II. 2. f). 256 Im ersten Kapitel, B. II. 2. g); unter der bis 31.12.1996 geltenden Rechtslage galt entsprechendes nur für den Ausnahmefall des Private Rulings 9337017. Seit 1.1.1997 eröffnen die check-the-box-regulations eine generelle Optionsmöglichkeit. 257 Eingehend im ersten Kapitel B. I. 2. a) cc) (Tschechien); B. I. 2. b) aa) (Schweiz); B. I. 2. b) bb) (USA). 258 Siehe vorstehend B. II. 2. aa). 259 In: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 28. 260 „The term „company“ means in the first place any body corporate“. 261 „The definition is drafted with special regard to the Article on dividends“. 252
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Abschnitts von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA zu beziehen sein. Dazu zählen jedoch in erster Linie Kapital- und nicht Personengesellschaften262, zumal die genannten Beteiligungsformen ohnehin in ihrem speziellen Sinne zu verstehen sind. Der dritte Abschnitt ist hingegen mit „aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammenden Einkünften, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“ allgemeiner gefasst und durch die Formulierung „sowie“ von den übrigen Abschnitten deutlich abgesetzt263. Gleichwohl finden der erste und der dritte Abschnitt von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA ihre Entsprechung in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA; der erste Abschnitt der Dividendendefinition meint „juristische Personen“, wogegen der dritte Abschnitt „Rechtsträger“ anspricht, „die für die Besteuerung [jeweils]264 wie juristische Personen behandelt werden“. Mit anderen Worten erweist sich der Gesellschaftsbegriff in Art. 3 Abs. 1 lit. b und Art. 10 Abs. 3 OECD-MA synonym. Die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters begründet in gleicher Weise einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, wie die vermittelnde atypisch stille Gesellschaft eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA, soweit Letztgenannte im anderen Vertragsstaat als selbstständiges Steuersubjekt einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Wenn Strobl und Schäfer265 meinen, ein stiller Gesellschafter halte keinen Gesellschaftsanteil, sondern sei direkt am Vermögen des Unternehmens beteiligt, interpretieren sie den Begriff des „Rechtsträgers“ primär in einem zivilrechtlichen Sinne. In die gleiche Kerbe schlägt Burmester266, die offensichtlich auf die zivilrechtliche Verfassung einer stillen Gesellschaft abstellt. Gegen eine solche Auslegung spricht sowohl die Konzeption des Abkommens als auch die einschlägige Kommentierung zum OECD-MA. Die ersten beiden Abschnitte der Dividendendefinition beziehen sich auf Rechtsträger, deren Mitgliedschaftsrechte in Form eines Wertpapiers verbrieft sind. Diese werden in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA als „juristische Personen, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden“ beschrieben. Der Hinweis von Strobl und Schäfer267 sowie Burmester268 auf die zivilrechtliche Verfassung einer atypisch stillen Gesellschaft steht deren Einordnung 262
Siehe Nr. 3 S. 1 des OECD-MK zu Art. 3. In den Worten von Tischbirek (in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 185) ist der dritte Abschnitt „von den beiden vorausgehenden abgesetzt“ und enthält „ihnen gegenüber etwas Neues, Zusätzliches [. . .]“. 264 Die Besteuerungsvoraussetzung gilt sowohl für „juristische Personen“ als auch „Rechtsträger“ (S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 68 m. w. N.). 265 Siehe vorstehend B. II. 2. a) aa). 266 G. Burmester, in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132). 267 E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210). 268 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132). 263
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
als „Gesellschaft“ im abkommensrechtlichen Sinne nicht entgegen, weil diese Kriterien in den Worten von Nr. 3 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 3 „in erster Linie auf alle juristische Personen“ der genannten Abschnitte zugeschnitten sind. Hingegen bestehen „sonstige Gesellschaftsanteile“ des dritten Abschnitts an „Rechtsträgern“, die nach Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA „für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden“. Dies verdeutlicht, dass die von Strobl und Schäfer sowie Burmester269 angeführten Kriterien auf „sonstige Gesellschaftsanteile“ an einem „Rechtsträger“ nicht unmittelbar zugeschnitten sind. Im Übrigen lassen sich die an „Rechte“ i. S. d. ersten beiden Abschnitte zu stellenden Anforderungen nicht auf den letzten Abschnitt von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA projizieren. Durch die Formulierung „sowie“ und den Terminus „sonstige Gesellschaftsanteile“ 270 unterscheidet der Abkommenstext deutlich zwischen den ersten beiden und dem dritten Abschnitt271. Der Konzeption des Abkommens ist ein zivilrechtlich orientiertes Verständnis eines „sonstigen Gesellschaftsanteils“ nicht zu entnehmen. Ein „sonstiger Gesellschaftsanteil“ kann nach Tischbirek272 und Schaumburg273 nicht in einem engen oder formalen Sinne, sondern nur von seiner Funktion her verstanden werden. Der OECD-MK zieht den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA in Nr. 25 Satz 1 zu Art. 10 denkbar weit: „Artikel 10 behandelt nicht nur Dividenden als solche, sondern auch Zinsen für Darlehen, soweit der Darlehensgeber die von der Gesellschaft eingegangenen Risiken tatsächlich teilt, d. h. soweit die Rückzahlung weit gehend vom Geschäftsergebnis oder anderweitig vom Geschäft des [Beteiligungs-] Unternehmens abhängig ist“274. Die angeführte Passage des Musterkommentars zum OECD-MA bezieht sich primär auf den dritten Abschnitt der Dividendendefinition, da „Dividenden als solche“ ausdrücklich ausgenommen sind. Dies berücksichtigend kann selbst ein schuldrechtliches Gläubigerrecht, mit dem sich unmittelbar kein Mitgliedschaftsrecht an einer Gesellschaft verbindet, einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ verkörpern. Die Rechtsposition eines atypisch stillen Gesellschafters ist vergleichsweise weit gehender. Neben einer Beteiligung am Gewinn und Verlust partizipiert dieser regelmäßig an den stillen Reserven und am Firmenwert des Handelsgewerbes. Der schuldrechtliche Charakter einer (atypisch) stillen Gesellschaft, insbesondere in Tschechien275, der Schweiz276 269 E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210); G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132). 270 Hervorhebung durch d.Verf. 271 Ebenso W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 185. 272 In: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 188 ff. 273 Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.331. 274 „Article 10 deals not only with dividends as such but also with interest on loans insofar as the lender effectively shares the risks run by the company, i. e., when repayment depends largely on the success or otherwise of the enterprise’s business“.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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und den USA277, steht somit dem Vorliegen „sonstiger Gesellschaftsanteile“ nicht entgegen. Für eine im genannten Sinne weite Auslegung des dritten Abschnitts von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA spricht zudem die grundlegende Funktion eines Abkommens. Eine nach Möglichkeit eindeutige und vollständige Aufteilung der Besteuerungsrechte erfordert mit Blick auf den Dividendenartikel insbesondere eine Abgrenzung gegenüber Zinseinkünften auf der einen und mitunternehmerischen Einkünften auf der anderen Seite. Wie gesehen, trägt ein atypisch stiller Gesellschafter gegenüber einem Zinsgläubiger Unternehmerrisiko – in einem abkommensrechtlichen Sinne –, weil die „Ausschüttung“ eines Gewinnanteils voraussetzt, dass die Gesellschaft einen entsprechenden Überschuss erwirtschaftet278. Zudem begründet eine Mitunternehmerschaft auf Abkommensebene kein anteiliges Unternehmen i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, wenn die Gesellschaft als solche eine intransparente Besteuerung erfährt279. In diesem Sinne erläutert Nr. 27 Satz 1 des OECD-MK zu Art. 10: „Anteile am Gewinn von Personengesellschaften sind keine Dividenden i. S. d. Definition, es sei denn, die Personengesellschaften werden in dem Staat, in dem der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung liegt, steuerlich im Wesentlichen ähnlich behandelt wie Kapitalgesellschaften (z. B. in Belgien, Portugal und Spanien“280. Erfährt eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt eine intransparente Besteuerung, scheidet eine Anwendung der Unternehmensvorschrift – auf Ebene eines atypisch stillen Gesellschafters – aus. Vor diesem Hintergrund erfordert eine nach Möglichkeit eindeutige und vollständige Aufteilung der Besteuerungsrechte ein weites Verständnis von „sonstigen Gesellschaftsanteilen“. Schließlich kann mit Blick auf Nr. 27 Satz 1 des OECD-MK zu Art. 10 eine atypisch stille Gesellschaft nicht anders als Personengesellschaften im Übrigen behandelt werden281. Die in zivilrechtlicher Hinsicht fehlende dingliche Berechtigung eines atypisch stillen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen des Handelsgewerbes steht (auch) der Annahme eines „sonstigen Gesellschaftsanteils“ nicht entgegen282. Ausweislich des Musterkommentars zum OECD-MA genügen bereits schuldrechtliche Ansprüche, wenn diese eine Teilhabe am Un275
Im ersten Kapitel, B. I. 2. a) cc). Im ersten Kapitel, B. I. 2. b) aa). 277 Im ersten Kapitel, B. I. 2. b) bb). 278 Ausführlich (insbesondere zur vormaligen Auffassung von Wassermeyer und Piltz) in diesem Kapitel B. II. 3. 279 Eingehend in diesem Kapitel, B. II. 1. 280 „Distributions of profits by partnerships are not dividends within the meaning of the definition, unless the partnerships are subjekt, in the State where their place of effective management is situated, to a fiscal treatment substantially similar to that applied to companies limited by share (for instance, in Belgium, Portugal and Spain“. 281 Siehe vorstehend B. II. 1. 276
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ternehmerrisiko vermitteln283. Die in Nr. 27 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 10284 angeregte „Klarstellung“ für den Fall, dass das innerstaatliche Steuerrecht eines Vertragsstaats eine Optionsmöglichkeit vorsieht, steht dem eingenommenen Verständnis von Art. 3 Abs. 1 lit. b und Art. 10 Abs. 3 OECD-MA nicht entgegen. Eine entsprechende „Klarstellung“ hätte qua Definition lediglich deklaratorischen Charakter. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Eine atypisch stille Beteiligung begründet einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA ebenso wie die vermittelnde atypisch stille Gesellschaft eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA, wenn Letztgenannte Gesellschaft im anderen Vertragsstaat eine intransparente Besteuerung erfährt. Insoweit führt der an einen atypisch stillen Gesellschafter „ausgeschüttete“ Gewinnanteil zu Einkünften, die nach Art. 10 Abs. 3 OECD-MA „nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. Dabei ist unerheblich, ob die Körperschaftsteuerpflicht aus einer generellen Besteuerung oder einer Optionsmöglichkeit resultiert. (2) Begründung einer Qualifikationsverkettung durch Art. 10 Abs. 3 OECD-MA Begründet die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters an einem im anderen Vertragsstaat belegenen Handelsgewerbe einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, ist diese Auslegung des Dividendenartikels für beide Vertragsstaaten (hinsichtlich des ausgeschütteten Gewinns) gleichermaßen verbindlich. Der dritte Abschnitt von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA verweist in diesem Sinne ausdrücklich auf das „Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“. Von Debatin285 als „Ergänzungsdefinition“ bezeichnet, erhebt die Vorschrift das jeweilige innerstaatliche Recht für beide Vertragsstaaten zum unmittelbar anwendbaren Abkommensrecht. Die Argumente der Gegenposition beziehen sich sowohl auf die Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA als auch den Dividendenbegriff in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, die – wie gesehen – von einem einheitlichen 282 Die zivilrechtliche Verfassung einer atypisch stillen Gesellschaft wurde ausführlich bei der Frage der Zurechnung einer Betriebsstätte untersucht [in diesem Kapitel B. II. 1. b)]. 283 Nr. 25 des OECD-MK zu Art. 10 Abs. 3, siehe vorstehend. 284 „On the other hand, clarification in bilateral conventions may be necessary in cases where the taxation law of a Contracting State gives the owner of holdings in a company a right to opt, [. . .]“. 285 DB 1985, Beilage 23, S. 1 (5).
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und synonymen Gesellschaftsbegriff ausgehen. Diehl286 und Schnieder287 verkennen die abkommensrechtliche Begriffsbildung, wenn der das Abkommen anwendende Staat den Inhalt des Gesellschaftsbegriffs i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b. OECD-MA gem. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA unter Rückgriff auf sein innerstaatliches Steuerrecht zu bestimmen habe. Eine Anwendung der allgemeinen Auslegungsregel setzt u. a. einen „im Abkommen nicht definierte[n] Ausdruck“ voraus. Das Vorliegen einer Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECDMA versperrt insoweit eine Berücksichtigung des innerstaatlichen Steuerrechts288. Für einen Rückgriff auf die allgemeine Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA spricht ebenfalls nicht der von Diehl289 behauptete Sinn und Zweck, eine Anwendung des Abkommens durch die nationalen Steuerbehörden zu erleichtern. Die Vorschrift hat ausweislich Nr. 13 des OECD-MK zu Art. 3 eine Ausgleichsfunktion zwischen zwei Forderungen: „Einerseits der nach Dauerhaftigkeit der von einem Staat bei der Unterzeichnung des Abkommens übernommenen Verpflichtungen [. . .], andererseits der Forderung, das Abkommen über die Zeit hinweg angemessen und praktikabel anzuwenden“290. Dies berücksichtigend ist Art. 3 Abs. 2 OECD-MA nicht im Sinne einer „Universal-Vereinfachungsnorm“ zu verstehen. Handelte es sich bei dem von Diehl291 propagierten Sinn und Zweck um einen anerkannten Regelungszweck, könne diesem in den Worten von Debatin292 am besten dadurch gedient werden, auf eine gemeinsame Vertragsauslegung überhaupt zu verzichten. Da sich der Gesellschaftsbegriff in Art. 10 Abs. 3 und 3 Abs. 1 lit. b OECDMA als einheitlich und synonym erweist, steht der Umstand, dass die Gesellschaftsdefinition in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA eine Qualifikationsverkettung nicht ausdrücklich vorsieht, der Annahme einer Qualifikationsverkettung nicht entgegen. Für eine Bestimmung „sonstiger Gesellschaftsanteile“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA ist die Gesellschaftsdefinition in der Weise in den Dividendenartikel hineinzulesen, dass eine atypisch stille Gesellschaft einen „Rechtsträger“ bildet, der „für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt“ wird (Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA), wobei sich letzteres „nach dem Recht des Staates richtet, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“ (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA). Wenn Schnieder293 Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA 286
FR 1978, S. 517 (517, 521) m. w. N. IStR 1999, S. 392 (396). 288 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 74; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 122. 289 FR 1978, S. 517 (517, 521). 290 „[. . .] on the one hand, the need to ensure the permanency of commitments entered into by States when signing a Convention [. . .], on the other hand, the need to be able to apply the Convention in a convenient and practical way over time [. . .]“. 291 FR 1978, S. 517 (517, 521). 292 FR 1979, S. 493. 287
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
zunächst im Lichte des deutschen Steuerrechts auslegt und aus diesem Grund das Vorliegen sonstiger Gesellschaftsanteile i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA verneint, verkennt dieser den einheitlichen und synonymen Gesellschaftsbegriff des OECD-MA. Ferner kann der Sichtweise von Debatin294 nicht gefolgt werden, wonach eine Gesellschaft im abkommensrechtlichen Sinne stets dann vorliegt, wenn diese in dem einen oder anderen Vertragsstaat einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Selbst wenn der Wortlaut der Gesellschaftsdefinition für sich genommen keine Präferenz i. S. d. Nr. 3 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 3 erkennen lässt und das gemeinsame Abkommen die Steuerrechtsordnungen der Vertragspartner gleichsam „überspannt“, rechtfertigt das Hineinlesen von Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA in den dritten Abschnitt der Dividendendefinition die von Debatin eingenommene Sichtweise nur teilweise. Somit vermag die für sich genommen zutreffende Feststellung von Wassermeyer295, Diehl296 und Kluge297, dass die allgemeine Gesellschaftsdefinition eine Qualifikationsverkettung nicht vorsieht, deren Auffassung nicht begründen. Wenn Wassermeyer298 darüber hinaus anführt, eine einheitliche Auslegung der Vertragsstaaten lasse sich vor dem Hintergrund eines internationalen Gesellschafterkreises und möglicher Betriebsstätten in Drittstaaten ohnehin nicht erreichen, ist – mit Blick auf das hier einschlägige Problem – der entscheidende Aspekt nicht genannt. Eine gemeinsame Auslegung des Dividendenartikels betrifft primär die Vertragsstaaten in ihrem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Das Verhältnis gegenüber Drittstaaten, zu denen die Vertragsstaaten ihrerseits in separaten Abkommensbeziehungen stehen, bildet keinen tauglichen Vergleichsmaßstab, um eine gemeinsame Auslegung des Abkommens zu verifizieren. Für die von Wassermeyer, Diehl und Kluge299 vertretene Auffassung spricht jedoch seit der Revision des Jahres 2000 der Musterkommentar zum OECDMA. In Nr. 6.1 zu Art. 1 heißt es: „Ein Aspekt ist die Wirkung, die die Anwendung der Abkommensbestimmungen bei einer Personengesellschaft auf die Besteuerung der Gesellschafter haben kann. Wenn eine Personengesellschaft als eine in einem Vertragsstaat ansässige Person behandelt wird, sind die Bestim293
IStR 1999, S. 392 (396). In: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 26a; ders., DB 1990, S. 598 (600); ders., BB 1989, Beilage Nr. 2, S. 1 (6); ders., FR 1979, S. 493 (494). 295 In: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 30; ders., IStR 1998, S. 489 (490); ders., IStR 1999, S. 8. 296 FR 1978, S. 517 (520 ff.). 297 DStR 1976, S. 365 (367). 298 In: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 30; ders., IStR 1998, S. 489 (490); ders., IStR 1999, S. 8. 299 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2001, Art. 3 MA, Rn. 30; ders., IStR 1998, S. 489 (490); ders., IStR 1999, S. 8; W. Diehl, FR 1978, S. 517 (520 ff.); V. Kluge, DStR 1976, S. 365 (367). 294
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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mungen des Abkommens, die das Recht des anderen Vertragsstaats beschränken, die Personengesellschaft mit ihrem Einkommen zu besteuern, nicht in der Weise anzuwenden, dass das Recht des anderen Staates beeinträchtigt wird, die Gesellschafter, die in seinem Gebiet ansässig sind, mit ihrem Anteil am Einkommen der Personengesellschaft zu besteuern. Einige Staaten werden in ihre Abkommen eine Bestimmung aufnehmen wollen, die ausdrücklich das Recht eines Vertragsstaats bestätigt, ansässige Gesellschafter mit ihrem Anteil am Einkommen der Personengesellschaft zu besteuern, die als eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person behandelt wird“300. Insoweit könnte Nr. 3 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 3, wonach sich der „Ausdruck [Gesellschaft] auch auf jeden Rechtsträger bezieht, der nach dem Steuerrecht des Vertragsstaats, in dem er errichtet worden ist, wie eine juristische Person behandelt wird“, lediglich an den Quellenstaat gerichtet sein und keine gleichzeitige Verbindlichkeit für den anderen Vertragsstaat anordnen. In diesem Sinne forderte Kluge301, die Gesellschaftsdefinition müsse im Interesse eines zutreffenden Verständnisses hinter dem Wort „Besteuerung“ um den Passus „des Vertragsstaates, der das Abkommen auf seine Steuern anwendet“ ergänzt werden; die Übernahme einer ausländischen Qualifikation ergebe sich aus dem bisherigen Wortlaut der Definition nicht. Der in Nr. 6.1 des OECD-MK zu Art. 1 eingenommenen Sichtweise kann nicht gefolgt werden, womit insbesondere Nr. 3 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 3 nicht gegen eine Qualifikationsverkettung spricht. Würde die in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA hineinzulesende Gesellschaftsdefinition (Art. 3 Abs. 1 lit. b OECDMA) nicht eine für beide Vertragsstaaten verbindliche Bestimmung „sonstiger Gesellschaftsanteile“ nach sich ziehen, wäre die abkommensrechtliche Begriffsbildung widersprüchlich. Beispielsweise wird Art. 6 Abs. 2 OECD-MA, wonach der „Ausdruck „unbewegliches Vermögen“302 [. . .] die Bedeutung [hat], die ihm nach dem Recht des Vertragsstaats zukommt, in dem das Vermögen liegt“, nicht in der Weise verstanden, dass diese Definition allein für den Belegenheitsstaat verbindlich wäre303. Eine weitere Qualifikationsverkettung nach Vorbild von 300 „One issue is the effect that the application of the provisions of the Convention to a partnership can have on the taxation of the partners. Where a partnership is treated as a resident of a Contracting State, the provisions of the Convention that restrict the other State’s right to tax the partnership on its income do not apply to restrict the other state’s right to tax the partners who are its own residents on the share of the income of the partnership. Some states may wish to include in their conventions a provision that expressly confirms a Contracting State’s right to tax resident partners on their share of the income of a partnership that is treated as a resident of the other State“. 301 DStR 1976, S. 365 (367). 302 Anführungszeichen im Original. 303 Für eine Qualifikationsverkettung Nr. 2 Satz 1 des OECD-MK zu Art. 6; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand März 2002, Art. 6 MA, Rn. 27; E. Reimer in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 6, Rn. 64.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Art. 10 Abs. 3 OECD-MA fand sich bis zur Revision des Jahres 1977 im Zinsartikel Art. 11 OECD-MA304; Nr. 21 Satz 2 2. Halbsatz des OECD-MK zu Art. 11 stellt in diesem Zusammenhang klar, dass es die Vertragsstaaten zwecks Ergänzung einer gemeinsamen Zinsdefinition für angebracht halten können, „auf ihre innerstaatlichen Rechte zu verweisen“305. Dies berücksichtigend etablieren die von Debatin306 als „Ergänzungsdefinition“ bezeichneten Verweisungen auf das innerstaatliche Recht eines Vertragsstaats einen Formulierungsstandard, der ohne weiteres eine Qualifikationsverkettung normiert. Möchten die Verfasser des aktuellen OECD-Musterkommentars den dritten Abschnitt von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA im genannten Sinne verstanden wissen, welches (zumindest für Personengesellschaften) ausweislich Nr. 6.1 des OECD-MK zu Art. 1 der Fall ist, hätte es im Abkommenstext – entgegen der Auffassung von Wassermeyer307 – einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft. Den einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäben des „Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge“308 (WÜRV) ist in Art. 31 Abs. 1 zu entnehmen, dass ein völkerrechtlicher Vertrag „nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen“ ist. Nach Ansicht von Vogel309 und Kruse/Drüen310 steht bei der Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrags dessen Wortlaut, d. h. die „gewöhnliche [. . .] Bedeutung“ einer Bestimmung im Vordergrund; ausgeschlossen ist nach Vogel311 insbesondere eine Auslegung, die „wiewohl dem Parteiwillen entsprechend, mit dem Abkommenswortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist“. Da mit einer Ergänzungsdefinition das jeweils in Bezug genommene innerstaatliche Recht für beide Vertragsstaaten zum verbindlichen Abkommensrecht erhoben wird, ist der insoweit vorrangige Wortlaut entscheidend. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Art. 31 Abs. 1 WÜRV auf den Wortlaut, d. h. die gewöhnliche Bedeutung einer Bestimmung, „in ihrem Zusammenhang“ abstellt. Dies berücksichtigend etablieren Ergänzungsdefinitionen einen Formulierungsstandard, der – unter Einbeziehung des OECD-MA 1963 und der (nach 304
Dazu eingehend unten B. II. 2. b). „to make reference to their domestic laws“. 306 DB 1985, Beilage 23, S. 1 (5). 307 In: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 91b. 308 Deutschland ist dem Abkommen durch Zustimmungsgesetz v. 3.8.1985 (BGBl. II 1985, S. 926) mit Wirkung zum 20.08.1987 beigetreten. Die Auslegungsregeln des WÜRV sind jedoch ebenfalls auf vorher geschlossene Verträge anwendbar, weil das Abkommen zuvor bestehendes völkerrechtliches Gewohnheitsrecht kodifizierte (K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 45; H. W. Kruse/K. D. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2001, § 2 AO, Rn. 11). 309 In: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 106. 310 In: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2001, § 2 AO, Rn. 11. 311 In: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 106. 305
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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wie vor) einschlägigen Kommentierung – eine Qualifikationsverkettung normiert. Eine von Wassermeyer312 und Kluge313 im umgekehrten Sinne geforderte Klarstellung ist daher nicht erforderlich und im Übrigen bei den im dritten Kapitel untersuchten DBA nicht anzutreffen. Im Gegenteil stellt Art. 25 Abs. 3 lit. c lit. dd. des DBA-USA ausdrücklich klar, dass der Dividendenartikel keine Qualifikationsverkettung vornimmt und geht nicht etwa stillschweigend von einer – grundsätzlich angezeigten – gegenteiligen Sichtweise aus314. Gegen die Annahme einer Qualifikationsverkettung im dritten Abschnitt von Art. 10 Abs. 3 OECD-MA spricht schließlich nicht der Umstand, dass sich die Bedeutung des Dividendenartikels weit gehend in einer ausführlichen Regelung der Quellenbesteuerung erschöpft (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA). Durch Art. 10 Abs. 1 OECD-MA erhält der Wohnsitzstaat einer entsprechend ansässigen Person – wenn auch deklaratorisch – ein vollständiges Besteuerungsrecht zugewiesen; gleiches gilt für den ausschließlich an den Wohnsitzstaat adressierten Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA, der eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Dividendenvorschrift vornimmt315. In diesem Sinne betont Piltz316 in seiner grundlegenden Arbeit über die Besteuerung von Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, es entspreche dem Sinn und Zweck eines DBA, nämlich einer Vermeidung der Doppelbesteuerung, das Abkommen nach Möglichkeit gleich lautend zu verstehen. Entgegen der Auffassung von Debatin und Burmester317 bildet die Bezugnahme auf den Dividendenartikel in Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Qualifikationsverkettung. Das Abkommen setzt keinen „wechselseitigen Abkommensmechanismus“ im Sinne eines Verpflichtungsgrundes „in Bewegung“, sondern unterstellt eine idealtypisch einheitliche Auslegung der Vertragsstaaten. Ausgehend von einer einheitlichen Auslegung i. S. v. Debatin, meint der Vermeidungsartikel zwar die „gleichnamigen Einkunftskategorien, die das Abkommen der Quellenstaatsberechtigung des anderen Vertragsstaats überlasse“. Ein Rechtsgrund für die Berücksichtigung einer Besteuerung im anderen Vertragsstaat liegt darin jedoch nicht. Der Anwendungsbereich des Vermeidungsartikels beschränkt sich auf die Bestimmung der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Wohnsitzstaat. Eine Zuordnung von Besteuerungsrechten bleibt den Art. 6 bis 21 OECD-MA vorbehalten.
312 313 314 315 316 317
In: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 91b. DStR 1976, S. 365 (367). Eingehend im dritten Kapitel B. II. 2. a) aa). W. Tischbirek, in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 184. Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 134 m. w. N. Siehe vorstehend B. II. 2. a) bb) (2).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
dd) Zwischenergebnis Eine im anderen Vertragsstaat ansässige atypisch stille Gesellschaft begründet ebenso eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA, wie eine daran bestehende atypisch stille Beteiligung einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, wenn die betreffende Gesellschaft im anderen Vertragsstaat einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Die allgemeine abkommensrechtliche Gesellschaftsdefinition ist in den dritten Abschnitt der Dividendendefinition hineinzulesen, da sich der Gesellschaftsbegriff in Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA und in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA als einheitlich und synonym erweist. Insoweit bildet eine atypisch stille Gesellschaft einen „Rechtsträger“, der „für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt“ wird (Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA), wobei sich letzteres „nach dem Recht des Staates richtet, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“ (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA). Für den ausgeschütteten „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters normiert der dritte Abschnitt der Dividendendefinition eine für beide Vertragsstaaten gleichermaßen verbindliche Qualifikationsverkettung318. Wird eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat intransparent besteuert, ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt gering, wenn die Vertragsstaaten den dritten Abschnitt der Dividendendefinition im Sinne einer Qualifikationsverkettung verstehen. Ist dies nicht der Fall, können ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“ oder (partiell) doppelt besteuerte „schwarze Einkünfte“ entstehen: Begründet eine atypisch stille Gesellschaft in einer outbound-Variante eine ausländische Betriebsstätte erwachsen daraus – soweit dieser Betriebsstätte Gewinnanteile zuzurechnen sind – ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“, da aus Sicht des deutschen Fiskus freizustellende Betriebsstättengewinne und aus Sicht des ausländischen Fiskus lediglich mit einer Quellensteuer zu belegende Dividenden gegeben sind. Besteht keine ausländische Betriebsstätte, können daraus – vorbehaltlich einer Anrechnung der ausländischen Steuer – (partiell) doppelt besteuerte „schwarze Einkünfte“ resultieren. b) Subsumtion unter den Zinsartikel Art. 11 OECD-MA Ein Teil des Schrifttums319 subsumiert den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter Art. 11 OECD-MA, wenn dieser im innerstaatlichen 318 De lege lata kann der an einen in Deutschland ansässigen Gesellschafter ausgeschüttete „Gewinnanteil“ (im innerstaatlichen deutschen Steuerrecht) weder im Jahr seiner Entstehung, noch im Jahr seiner Ausschüttung besteuert werden (dazu im vierten Kapitel A. II. 3.). 319 H. Debatin, FR 1979, S. 493; ders., DB 1985, Beilage 23, S. 7; ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 145; G. Burmester in: Forum der
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Steuerrecht320 des anderen Vertragsstaats als Zinsertrag Behandlung findet321. Grund soll das Vorliegen einer durch Art. 23 A Abs. 2 i.V. m. Art. 11 OECDMA angeordneten Qualifikationsverkettung sein. Im Gegensatz zum vorigen Abschnitt begründet die eine Beteiligung vermittelnde atypisch stille Gesellschaft insoweit kein eigenständiges Steuersubjekt. Als besondere Variante einer Fremdfinanzierung mindert der „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters den Gewinn des Handelsgewerbes. Wäre dem angeführten Teil des Schrifttums zu folgen, läge das Besteuerungsrecht für den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 11 Abs. 1 OECD-MA beim Wohnsitzstaat des Gläubigers; eine im Quellenstaat auf 10 v. H. begrenzte Quellensteuer (Art. 11 Abs. 2 OECD-MA) würde im Wohnsitzstaat gem. Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA angerechnet. Vorstehender Auffassung im Schrifttum ist nicht zu folgen: Die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 des OECD-MA verzichtet seit der Revision des Musterabkommens im Jahre 1977 auf eine Qualifikationsverkettung322. In den Augen der Verfasser des OECD-Musterkommentars bot der Verzicht auf eine Verweisung „größere Rechtssicherheit und macht das Abkommen von späteren Änderungen des innerstaatlichen Rechts unabhängig“323. Eine für beide Vertragsstaaten verbindliche Berücksichtigung der steuerlichen Behandlung im Quellenstaat lässt sich nicht auf Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA stützen. Wie gesehen, bildet
Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (132); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 207 (209). 320 Diese Möglichkeit besteht in Österreich, bei nicht umfassender Vermögensbeteiligung [im ersten Kapitel, B. II. 2. b)], in genereller Weise in Tschechien [im ersten Kapitel, B. II. 2. c)], seit 1.1.1996 in Spanien [im ersten Kapitel, B. II. 2. e)] und bei gleichzeitiger Außenbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft in der Schweiz [im ersten Kapitel, B. II. 2. f)]. 321 Eine solche Möglichkeit besteht in Tschechien und Spanien [im ersten Kapitel B. II. 2. c) und e)], sowie in Östereich, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung an den stillen Reserven des Handelsgewerbes vorsieht [im ersten Kapitel B. II. 2. b)], der Schweiz, soweit – entsprechend dem Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 30.4.1987 (ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3.) – die im ersten Kapitel näher behandelte Konstellation einer als Mißbrauch empfundenen Gesellschafter-Fremdfinanzierung vorliegt [B. II. 2. f)] und den USA, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung eines (atypisch) stillen Gesellschafters an den Verlusten des Handelsgewerbes vorsieht [im ersten Kapitel B. II. 2. g)]. 322 Im (ersten) OECD-MA 1963 fand sich noch eine Verweisung auf das Recht des Quellenstaats. Diese wurde in das OECD-MA 1977 nicht mehr übernommen. Gleichwohl sehen eine Reihe deutscher Abkommen (Art. 14 Abs. 3 DBA-Luxemburg; Art. 11 Abs. 4 DBA-Spanien; Art. 11 Abs. 2 DBA-Schweiz; Art. 11 Abs. 4 DBA-Belgien; Art. 11 Abs. 2 DBA-Tschechien; Art. 11 Abs. 2 DBA-USA), deren Konzeption sich am OECD-MA 1963 orienierte, eine entsprechende Verweisung vor. Dazu eingehend im dritten Kapitel. 323 Nr. 21 lit. b des OECD-MK zu Art. 10 Abs. 3: „offers greater security from the legal point of view and ensures that conventions would be unaffected by future changes in any country’s domestic laws“.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
die dort vorgenommene Verweisung auf den Verteilungsartikel keine ausreichende Rechtsgrundlage, die steuerliche Behandlung im anderen Vertragsstaat zu berücksichtigen, sondern setzt entsprechendes idealtypisch voraus324. Mit Blick auf das (mögliche) Vorliegen einer Qualifikationsverkettung ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters weder nach Art. 11 OECDMA, noch nach Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA unter den Zinsartikel zu subsumieren. Ob der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters entsprechend der vormaligen Ansicht von Wassermeyer und Piltz325 als „Forderung jeder Art“ unter den Zinsartikel fällt, bleibt der nachfolgenden Diskussion vorbehalten326. c) Auslegung des Vermeidungsartikels (Methodenartikels) Auf Ebene des Vermeidungsartikels (Methodenartikels) könnte die nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich bestehende Verpflichtung des Wohnsitzstaats zur Freistellung bestimmter Einkünfte eine Einschränkung erfahren, wenn der andere Vertragsstaat den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nicht unter Art. 7 Abs. 1 OECD-MA subsumiert. Die Vermeidungsartikel Art. 23 A und Art. 23 B OECD-MA richten sich ausschließlich an den Wohnsitzstaat, d. h. an den Vertragsstaat, in dem eine Person i. S. d. Abkommens ansässig ist327. Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem ausländischen Unternehmen, nimmt Deutschland hinsichtlich der bezogenen Einkünfte die Rolle des Wohnsitzstaats ein. Als Grundregel konserviert das OECD-MA nicht weniger als deutsche DBA im Übrigen die Steuerhoheit des Wohnsitz- gegenüber dem Quellenstaat328. Soweit die besprochenen Verteilungsartikel (Art. 7, Art. 10 und Art. 11 OECD-MA) dem Betriebsstätten- oder Quellenstaat eine unterschiedlich weite Besteuerung ermöglichen, sind die Art. 23 A und Art. 23 B OECD-MA auf eine Vermeidung der daraus resultierenden Doppelbesteuerung329 angelegt. Als Methoden zur Ver324
Siehe vorstehend B. II. 2. a) bb) (3). Vormals von F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (139 ff.); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 MA, Rn. 99). 326 Siehe nachstehend 3. 327 Zum Begriff der „Ansässigkeit“ eingehend in diesem Kapitel unter A. 328 Dazu in diesem Kapitel B. I. 329 Unter Doppelbesteuerung wird die Erhebung vergleichbarer Steuern durch mehrere Staaten von demselben Steuerpflichtigen – Steuersubjekt – für denselben Steuergegenstand – Steuerobjekt – verstanden (A. Spitaler, Das Doppelbesteuerungsproblem 325
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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meidung der Doppelbesteuerung – insoweit auch Methodenartikel – etabliert Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA die Freistellungs- und Art. 23 A Abs. 2 OECDMA sowie Art. 23 B Abs. 1 OECD-MA die Anrechnungsmethode330. Mit der Freistellung „nimmt“ der Wohnsitzstaat die betreffenden Einkünfte nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA „von der Besteuerung aus“. Das Abkommen normiert eine im nationalen Steuerrecht unmittelbar wirkende sachliche Befreiungsvorschrift331. Gleichwohl erlaubt Art. 23 A Abs. 3 OECD-MA, dass die freigestellten Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG) bei der Bemessung des Steuersatzes Berücksichtigung finden. Die Anrechnungsmethode korrespondiert hingegen mit der grundsätzlich bestehenden Besteuerungshoheit des Wohnsitzstaats. Eine im anderen Vertragsstaat erhobene Steuer ist nach Art. 23 A Abs. 2 Satz 1 und Art. 23 B Abs. 1 Satz 1 OECD-MA auf die im Wohnsitzstaat zu entrichtende Steuer anzurechnen. Das Vertragsmuster sieht in Art. 23 A Abs. 2 Satz 2 und Art. 23 B Abs. 1 Satz 2 OECD-MA einen ordinary credit vor, d. h. die Anrechnung ist der Höhe nach auf die im Wohnsitzstaat für diese Einkünfte festgesetzte Steuer beschränkt332. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten haben die Freistellungs- und Anrechnungsmethode unterschiedliche Auswirkungen. Unterliegt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters im anderen Vertragsstaat einer im Vergleich
bei den direkten Steuern, S. 133); ihm folgend S. Riemenschneider, Personengesellschaften, S. 19 II. 1. Im Gegensatz zur (internationalen) Doppelbesteuerung steht die (nationale) Doppelbelastung. Diese bezeichnet die konkurrierende steuerliche Belastung durch ein und dieselbe Abgabengewalt, womit ein grenzüberschreitender Anknüpfungspunkt fehlt (dazu A. Spitaler, Das Doppelbesteuerungsproblem bei den direkten Steuern, S. 85). Dabei ist bedeutsam, dass Steuersubjekt und Steuerobjekt nicht nach streng juristischen Maßstäben identisch sein müssen, sondern eine wirtschaftliche Identität zur Begründung einer Doppelbesteuerung ausreicht (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 12, Rn. 12.4). Ein streng juristischer Maßstab könnte nur bei parallel gewachsenen Steuersystemen angelegt werden und würde der international durchaus unterschiedlichen Besteuerung von Unternehmen nicht Rechnung tragen. 330 Im Unterschied zu Art. 23 B Abs. 1 OECD-MA ist Art. 23 A Abs. 2 OECDMA insbesondere auf die Dividenden- und Zinsvorschrift zugeschnitten. Darüber hinaus besteht kein materieller Unterschied (K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 123). 331 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.21; J. M. Mössner in: Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, DStJG, Hrsg. K. Vogel, S. 135 (146 ff.); die Einkünfte sind nach K. Vogel (in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 38) „aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden“. 332 Dagegen berücksichtigt ein full credit die aus einem höheren ausländischen Steuerniveau resultierende Steuer in vollem Umfang. Die internationalen Praxis, wie auch das deutsche EStG in § 34c Abs. 1 S. 1 und 2, gewährt lediglich ein sog. ordinary credit, d.h. eine Anrechnung ist der Höhe nach auf die anteilige inländische Steuer beschränkt (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.27). Neben dieser Einschränkung der Anrechnung normiert § 34c Abs. 1 S. 1 EStG eine sog. per country limitation, die den ordinary credit auf jeden einzelnen Quellenstaat beschränkt, aus dem der Anrechnung unterliegende Einkünfte bezogen werden.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
zu Deutschland niedrigen Besteuerung, konserviert die Freistellungsmethode diese Steuerbelastung333. Der grundsätzlich vorgesehene Progressionsvorbehalt bewirkt nur eine teilweise Kompensation, da eine Besteuerung der betreffenden Einkünfte im Quellenstaat (Betriebsstättenstaat) in der Regel nicht mit dem Steuersatz erfolgt, der dort für das Gesamteinkommen zu entrichten wäre334. Die Anrechnungsmethode hingegen schleust die Belastung für ausländische Einkünfte auf deutsches Steuerniveau335. Erfahren die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters im anderen Vertragsstaat eine höhere Besteuerung, verbindet sich mit der Anrechnungsmethode kein Vorteil, weil der deutsche Fiskus im Rahmen des § 34c Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG nur einen ordinary credit gewährt. Abgesehen von negativen Qualifikationskonflikten336 erweist sich die Freistellungsmethode für Steuerpflichtige als vorteilhaft, wenn im anderen Vertragsstaat ein im Vergleich zu Deutschland niedrigeres Steuerniveau anzutreffen ist. Seit der Verfügung der OFD-Düsseldorf vom 8.1.1991337 versucht die deutsche Finanzverwaltung – insbesondere in jüngerer Zeit338 – eine Anwendung der Freistellungsmethode auf den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters zu beschränken. Mit der Auslegung des Vermeidungsartikels im Zusammenhang mit der Besteuerung von Personengesellschaften befasste sich in den Jahren 1993 bis 1997 eine aus Vertretern der Finanzverwaltungen formierte Arbeitsgruppe der OECD339. Deren 1999 erstatteter Bericht (The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships) spiegelt sich in der aktuellen 333 Die Freistellungsmethode entspricht, abgesehen von den Wirkungen des Progressionsvorbehalts, dem Territorialitätsprinzip. Im Vergleich zu Mitbewerbern im anderen Vertragsstaat wird die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unternehmer gewährleistet, da sie den dort marktüblichen steuerlichen Lasten unterliegen. Die Freistellungsmethode verwirklicht daher die Kapitalimportneutralität (K. Vogel in: Vogel/ Lehner, DBA, Einl., Rn. 25 sowie Art. 23, Rn. 7; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.24). 334 J. M. Mössner in: Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, DStJG, Hrsg. K. Vogel, S. 135 (154); H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.25; BFH-Urteil v. 6.10.1982, BStBl. II 1983, S. 34; im Rahmen des Progressionsvorbehalts erfahren nicht etwa steuerfrei gestellte ausländische Einkünfte eine „indirekte“ Besteuerung, sondern steuerpflichtige inländische Einkünfte eine unter Gesichtspunkten der steuerlichen Leistungsfähigkeit angemessene. 335 Die Maßgeblichkeit des Steuerniveaus im Ansässigkeitsstaat verwirklicht den Gedanken der Kapitalexportneutralität, d.h. eine inländische Aktivität wird nicht anders als ein grenzüberschreitendes Engangement besteuert (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.27). 336 Eingehend im ersten Kapitel A. II. und III. 2. b). 337 RIW 1991, S. 173. 338 Nr. 4 des BMF-Schreiben v. 28.5.1998 zur steuerlichen Behandlung spanischer Personengesellschaften nach dem DBA-Spanien, BStBl. I 1998, S. 557; BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = DStR 2000, S. 245 = IStR 2000, S. 23. 339 Eingehend F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28 ff.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Fassung des OECD-MK wider340 und schlug insbesondere die Anfügung von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA im Rahmen der Revision des OECD-MA im Jahre 2000 vor. Nach Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA gewährt der Wohnsitzstaat u. a. keine Freistellung, „wenn der andere Vertragsstaat dieses Abkommen so anwendet, dass er diese Einkünfte [. . .] von der Besteuerung ausnimmt, oder Abs. 2 des Artikels 10 oder des Artikels 11 auf diese Einkünfte anwendet“. Erfährt eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat als eigenständiges Steuersubjekt eine intransparente Besteuerung, unterliegen der Gewinnanteil eines in Deutschland ansässigen und daran beteiligten atypisch stillen Gesellschafters auf Grund der in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA angeordneten Qualifikationsverkettung dem Dividendenartikel341. Der Vermeidungsartikel verpflichtet den deutschen Fiskus, gem. Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA i.V. m. §§ 34c, 34d EStG eine im anderen Vertragsstaat erhobene Quellensteuer (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA) auf eine inländische Steuer anzurechnen342. Ob die steuerliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft im anderen Vertragsstaat darüber hinaus für das Verständnis des Vermeidungsartikels eine Rolle spielt, ist umstritten: aa) Herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum Nach der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung343 und Schrifttum344 ist für die Auslegung und Anwendung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA eine (tatsächliche) Besteuerung durch den anderen Vertragsstaat, d. h. den Betriebsstättenstaat, nicht von Bedeutung. Ob „Einkünfte [. . .] nach dem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden [können]“, richtet sich nach den abkommensrechtlichen Verteilungsartikeln 6 bis 21 OECD-MA345. Sehen diese – an340
Nr. 2 des OECD-MK n. F. zu Art. 1. Eingehend in diesem Kapitel B. 2. 342 De lege lata läuft eine solche Anrechnung ins Leere, da der an einen atypisch stillen Gesellschafter ausgeschüttete „Gewinnanteil“ weder im Jahr seiner Entstehung noch im Jahr seiner Ausschüttung besteuert werden kann. Dazu im vierten Kapitel A. II. 3. 343 BFH-Urteil v. 14.12.1988, BStBl. II 1989, S. 319 (321) unter Hinweis auf die ständige höchstrichterliche Rspr: RFH-Urteil v. 3.10.1935, RStBl. 1935, S. 1399; v. 29.02.1940, RStBl. 1940, S. 532; BFH-Urteil v. 7.7.1967, BStBl. III 1967, S. 588; v. 13.9.1972, BStBl. II 1973, S. 57; v. 31.7.1974, BStBl. II 1975, S. 61; v. 20.10.1982, BStBl. II 1983, S. 402. 344 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.533 ff. (16.534); K. Vogel in: Vogel, DBA, Art. 23, Rn. 68 (3. Aufl. 1996), nunmehr a. A. ders., in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 37; F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46; J. M. Mössner in: Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, DStJG, Hrsg. K. Vogel, S. 135 (146 ff.). 345 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46. 341
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ders als die Ergänzungsdefinition des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA346 – eine Verbindlichkeit der Auslegung des Abkommens durch den Quellen- für den Wohnsitzstaat nicht vor, beantwortet sich die Frage, ob „Einkünfte [. . .] nach dem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden [können]“, aus der Perspektive des Wohnsitzstaats. Genießt aus Sicht des Wohnsitzstaats der andere Vertragsstaat, beispielsweise bei Vorliegen einer Betriebsstätte, insoweit das alleinige Besteuerungsrecht, beseitigt Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA neben einer tatsächlichen auch eine virtuelle oder scheinbare Doppelbesteuerung347. Es berührt die Freistellung im Wohnsitzstaat nicht, wenn der andere Vertragsstaat von einer ihm nach Abkommensrecht zustehenden Besteuerungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht, oder aus anderen Gründen von der Erhebung einer Steuer348 absieht349. Der Vermeidungsartikel normiert insoweit eine im nationalen Recht unmittelbar wirkende Steuerbefreiung350, die als self executing-Norm, abgesehen von dem mit dem Abschluss eines DBA einhergehenden Zustimmungsgesetzes351, keiner weiteren Umsetzung im nationalen Recht bedarf352. Um negativen Qualifikationskonflikten353, resultierend aus einer Vermeidung der virtuellen oder scheinbaren Doppelbesteuerung entgegen zu wirken, sehen jüngere deutsche DBA regelmäßig subject to tax- (Rückfall-Klauseln)354 und/ 346
Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. a). H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.533 ff. (16.534); K. Vogel in: Vogel, DBA, Art. 23, Rn. 68 (3. Aufl. 1996), nunmehr a. A. ders., in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 37; F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46. 348 Damit ist sowohl das Absehen von einer Steuerfestsetzung durch den betreffenden Fiskus als auch die Nichtzahlung einer festgesetzten Steuer durch den Steuerpflichtigen gemeint. 349 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46. 350 BFH-Urteil v. 1.10.1992, IStR 1992, S. 103; v. 14.3.1989, BStBl. II 1989, S. 649 (650). 351 Der Abschluß deutscher DBA folgt einem mehrphasigen Verfahren (ausführlich H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.23). Am Ende der Verhandlungen steht die Paraphierung des Abkommenstextes, der in der jeweiligen Landessprache als verbindliches Ergebnis der Verhandlungen angesehen wird. Dieser Vertrag, der beide Parteien nach Treu und Glauben bindet, bedarf gem. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG der parlamentarischen Zustimmung. Das entsprechende Vertrags- oder Zustimmungsgesetz, welches gem. Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates unterliegt, transformiert das Abkommen in nationales Recht. Mit Austausch der Ratifikationsurkunden durch den Bundespräsidenten tritt das Abkommen völkerrechtlich in Kraft. 352 J. M. Mössner in: Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, DStJG, Hrsg. K. Vogel, S. 135 (146 ff.) und H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.20 ff. (14.21) jeweils unter Hinweis auf den deklaratorischen Charakter des 1975 aufgehobenen § 3 Nr. 41 EStG. 353 Siehe im ersten Kapitel A. III. 2. b). 354 In diesem Sinne wird teilweise Art. 23 Abs. 2 S. 2 DBA-USA verstanden. Eingehend im dritten Kapitel unter B. II. 2. a) ff). 347
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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oder switch over-Klauseln355 vor356. Der OECD-Musterkommentar stellt die Vereinbarung solcher Klauseln in Nr. 35 zu den Art. 23 A und 23 B ausdrücklich anheim, ohne jedoch einen Formulierungsstandard vorzuschlagen357. Subject to tax- und switch over-Klauseln sehen als gemeinsame Rechtsfolge eine Anwendung der Anrechnungs- anstelle der Freistellungsmethode vor. Im erstgenannten Fall wird eine Steuerbefreiung nicht gewährt, wenn die betreffenden Einkünfte im Betriebsstätten- oder Quellenstaat keiner tatsächlichen Besteuerung unterliegen. Im letztgenannten Fall, wenn die Vertragsstaaten die betreffenden Einkünfte unterschiedlichen Verteilungsartikeln zuordnen358. Darüber hinaus wird eine Freistellung in deutschen Abkommen oftmals unter Aktivitätsvorbehalt gestellt, d. h. die betreffenden Einkünfte müssen „aktiven“ oder „produktiven“ Tätigkeiten entstammen359. bb) OECD-Musterkommentar – OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships Der OECD-MK vollzog mit der Revision des OECD-MA im Jahre 2000 hinsichtlich der Freistellung von Einkünften eine grundlegende Kehrtwende360. Ab355 Vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. a, lit. b des neuen DBA-Österreich [eingehend im dritten Kapitel, A. II. 1. e)]; Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 lit. a S. 2 DBA-Schweiz für „Einkünfte aus einer stillen Beteiligung als Mitunternehmer an einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen“ [eingehend im dritten Kapitel, B. I. 2. a) dd)]; Abs. 21 lit. a und b. des Protokolls zum DBA-USA 1989 [eingehend im dritten Kapitel, B. II. 2. a) ee)]. 356 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 6-22, Rn. 19 ff.; ders. in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 71; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.24; ders., Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.534, 16.536; K. Vogel, IStR 1997, Beihefter zu Heft 24/1997, S. 1; U. Sorgenfrei, IStR 1999, S. 201; M. Lampe, IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 773; S. Grotherr, IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 689; Vfg. OFD-Frankfurt, v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277; D. Valová/Ch. Bodenloher/D. Koch, IStR 2002, S. 405. 357 „Occasionally, negotiating States may find it reasonable in certain circumstances, in order to avoid double non-taxation, to make an exception to the absolute obligation on the State of residence to give exemption [. . .]“. 358 Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 lit. a S. 2 DBA-Schweiz genügt, wenn die Schweiz die Einkünfte „nicht nach Artikel 7 besteuert;“; weiter gehender verlangt Abs. 21 lit. a lit. bb. des DBA-USA, dass die Einkünfte auf Grund einer „unterschiedlichen Zuordnung [. . .] in den Vereinigten Staaten unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden und in der Bundesrepublik Deutschland [. . .] von der Steuer befreit blieben“. 359 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.25; ders., Internationales Steuerrecht, § 16, Rz. 16.134, 16.563; K. Vogel in: Vogel DBA, Art. 23, Rn. 74 ff. (Übersicht in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 41); F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 54. 360 Zustimmend F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28g.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
gesehen von der Anfügung des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA blieb der Wortlaut des Vermeidungsartikels unverändert. (1) Bisheriges Verständnis Bis zur Revision des OECD-MA im Jahre 2000 deckte sich das Verständnis von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA im OECD-Musterkommentar mit der in Deutschland herrschenden Meinung. Ausweislich Nr. 33 des OECD-MK zu den Art. 23 A und 23 B sieht Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA vor, „dass der Wohnsitzstaat [. . .] Einkünfte [. . .], die nach dem Abkommen im anderen Staat [. . .] „besteuert werden können“, von der Steuer zu befreien hat“361. Der Wohnsitzstaat muss nach Nr. 34 des OECD-MK a. F. zu den Art. 23 A und 23 B „ohne Rücksicht darauf Befreiung gewähren, ob das Besteuerungsrecht vom anderen Staat auch tatsächlich ausgeübt wird. Dies dürfte die zweckmäßigste Methode sein, da sie dem Wohnsitzstaat Untersuchungen über die tatsächlichen steuerlichen Verhältnisse im anderen Staat erspart“362. Manchmal können es die verhandelnden Vertragsstaaten nach Nr. 35 des OECD-MK a. F. zu den Art. 23 A und 23 B jedoch „für angebracht halten, für besondere Fälle eine Ausnahme von der unbeschränkten Verpflichtung zur Steuerbefreiung durch den Wohnsitzstaat vorzusehen. Dies kann angebracht sein, um die völlige Nichtbesteuerung zu vermeiden, wenn das innerstaatliche Recht des Quellenstaats eine Besteuerung bestimmter Einkünfte [. . .] nicht vorsieht“363. Auch wenn der Musterkommentar den entsprechenden Terminus vermeidet364, wird insoweit die Vereinbarung von subject to tax-Klauseln ausdrücklich anheim gestellt. (2) Neues Verständnis Mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden [können]“ in Art. 23 A Abs. 1 OECDMA beschäftigte sich im Vorfeld der Revision des OECD-MA 2000 und des einschlägigen offiziellen Kommentars der am 21.1.1999 erstattete OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships
361 „[. . .] that the State of residence [. . .] shall exempt from tax income [. . .] which in accordance with the Convention ,may be taxed‘ in the other State“. 362 „[. . .] whether or not the right to tax is in effect exercised by the other State. This method is regarded as the most practical one since it relieves the State of residence from undertaking investigations of the actual taxation position in the other State“. 363 Siehe vorstehend aa). 364 K. Vogel in: Vogel, DBA, Art. 23, Rn. 51 (3. Aufl. 1996) verwendet in seiner nicht amtlichen Überschrift zu Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A Abs. 1 ausdrücklich den Terminus „Subject to tax-Klausel“.
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(OECD-Bericht)365. Als Ursache von Qualifikationskonflikten („conflicts of qualification“) identifizieren die Verfasser des OECD-Berichts Unterschiede im nationalen Recht der Vertragsstaaten, die sich in der Anwendung des Abkommens niederschlagen366. Dort heißt es insbesondere: Die Art und Weise, wie der Wohnsitzstaat eine Doppelbesteuerung vermeidet, d. h. durch Anwendung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode, hängt davon ab, wie der Betriebsstätten- oder Quellenstaat seinerseits das Abkommen anwendet367. Dem Wortlaut von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA wird in diesem Zusammenhang entscheidende Bedeutung beigemessen; der Artikel erfordert, dass eine Entlastung, sei es durch Freistellung oder Anrechnung, nur gewährt wird, wenn Einkünfte „nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden [können]“; den Wohnsitzstaat trifft somit eine vertragliche Verpflichtung, die genannten Methoden zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung auf Einkünfte anzuwenden, soweit das Abkommen eine Besteuerung dieser Einkünfte durch den Quellenstaat erlaubt368. Wo, begründet durch Unterschiede im nationalen Recht zwischen dem Quellen- und dem Wohnsitzstaat, der erstere auf bestimmte Einkünfte Abkommensbestimmungen anwendet, die verschieden von jenen sind, die der Wohnsitzstaat auf entsprechende Einkünfte angewendet hätte, werden diese Einkünfte gleichwohl nach diesem Abkommen – entsprechend dem Verständnis des Quellenstaats – besteuert; in einem solchen Fall erfordert Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA, dass der Wohnsitzstaat eine Doppelbesteuerung vermeidet, unabhängig von dem aus den Unterschieden im nationalen Recht resultierenden Qualifikationskonflikt369.
365 Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999; dazu F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28 ff.; K. Vogel: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 176 ff. m. w. N.; Ch. Schmidt, IStR 2001, S. 489 (494 ff.); H. Weggenmann, IStR 2002, S. 1 (4 ff.); eingehend zur Systematisierung A. Schnitger/A. Benecke, RIW 2002, S. 439. 366 Tz. 95: „[. . .] fall in the broader category of so-called ,conflicts of qualification‘, where the residence and the source State apply different articels of the convention on the basis of differences in their domestic law“. 367 Tz. 105 a. E: „The way the State of residence eliminates double taxation will depend, [. . .], on how the convention has been applied in the State of source“. 368 Tz. 106: „The wording of Article 23 of the OECD Model Tax Convention is crucial in that respect. That article requires that relief be granted, either through the exemption or credit system, where an item of income may be taxed ,in accordance with the provisions of the Convention‘. Thus, the State of residence has a treaty obligation to apply the exemption or the credit method vis-à-vis any item of income where the tax convention authorizes taxation of that item of income by the State of source“. 369 Tz. 107: „Where, due to differences in the domestic law between the State of source an the State of residence, the former applies, with respect to a particular item of income, provisions of the convention that are different from those that the state of residence would have applied to the same item of income, the income is still being taxed in accordance with the provisions of the convention, in this case as interpreted in the State of source. In such a case, therefore, Article 23 requires that relief from
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Dies bedeutet nicht, dass der Wortlaut von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA den Wohnsitzstaat verpflichtet, eine Doppelbesteuerung in sämtlichen Fällen zu vermeiden, in denen der Quellenstaat unter Anwendung einer Abkommensbestimmung eine Steuer erhoben hat, die der Wohnsitzstaat nicht für einschlägig hält370. Konflikte, die sich aus der unterschiedlichen Auslegung eines Sachverhalts, oder aus der unterschiedlichen Auslegung von Abkommensbestimmungen ergeben, müssen von Qualifikationskonflikten unterschieden werden [. . .], in denen die Divergenz nicht aus der unterschiedlichen Auslegung von Abkommensbestimmungen, sondern aus dem unterschiedlichen innerstaatlichen Recht resultiert; Staaten sollten auf Art. 25 OECD-MA (Verständigungsverfahren), dort im Besonderen auf Abs. 3, zurückgreifen, um einen solchen Konflikt zu lösen, wenn durch die unterschiedliche Herangehensweise eine ansonsten ungemilderte Doppelbesteuerung entsteht371. In anderen Situationen bedarf der Passus „nach dem Abkommen [. . .] besteuert werden [können]“ jedoch einer Auslegung mit Blick auf mögliche Fälle einer doppelten Nichtbesteuerung, wenn Staaten der Freistellungsmethode folgen. Wo der Quellenstaat annimmt, die Bestimmungen des Abkommens schließen ihn von einer Besteuerung bestimmter Einkünfte [. . .] aus, die er andernfalls besteuert hätte, soll der Wohnsitzstaat für Zwecke der Anwendung von Abs. 1 des Art. 23 A berücksichtigen, dass diese Einkünfte nach den Bestimmungen des Abkommens durch den Quellenstaat nicht besteuert werden, obwohl der Wohnsitzstaat das Abkommen in anderer Weise angewendet hätte, nämlich diese Einkünfte zu besteuern, wenn er sich in der Position des Quellenstaats befunden hätte; folglich ist der Wohnsitzstaat nach Abs. 1 nicht zur Freistellung dieser Einkünfte verpflichtet; ein Ergebnis, welches der grundlegenden Funktion von Art. 23 OECD-MA übereinstimmt, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden372. double taxation be granted by the State of residence notwithstanding the conflict of qualification resulting from these differences in domestic law“. 370 Tz. 110: „This does not mean that the wording of Article 23 requires the State of residence to eliminate double taxation in all cases where the State of source has imposed its tax by applying to an item of income a provision of the convention that is different from that which the State of residence considers to be applicable“. 371 Tz. 110: „[. . .] conflicts resulting from different interpretation of facts or different interpretation of the convention must be distinguished from the conflicts of qualification [. . .] where the divergence is based not on different interpretation of the provisions of the convention, but on different provisions of domestic law. [. . .] States should use the provisions of Article 25 (Mutual Agreement Procedure), and in particular paragraph 3 thereof, in order to resolve this type of conflict when the difference in approaches would otherwise result in unrelieved double taxation“. 372 Tz. 111: „In other situations, however, the phrase ,in accordance with the provisions of this Convention may be taxed‘ needs to be interpreted in relation to possible cases of double non-taxation involving residence States that follow the exemption method. Where the State of source considers that the provisions of the convention preclude it from taxing an item of income which it would otherwise have taxed, the
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Solche Fälle sollten nicht mit jenen verwechselt werden, in denen die Abkommensvorschriften dem Quellenstaat eine Besteuerung bestimmter Einkünfte gestatten, diese Einkünfte unter dem innerstaatlichen Recht des Quellenstaats jedoch nicht besteuert werden; in solchen Fällen muss der Wohnsitzstaat die betreffenden Einkünfte nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA freistellen (vgl. Nr. 34 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B)373. Andere Fälle, die es zu unterscheiden gilt, sind solche, in denen eine doppelte Nichtbesteuerung aus einer fehlenden Übereinstimmung zwischen dem Wohnsitz- und dem Quellenstaat über die Auslegung der Abkommensbestimmungen resultiert; das gleiche Problem ergibt sich im Fall einer unterschiedlichen Auslegung des Sachverhalts374. Das Komitee hat entschieden, dass der beste Weg, solche Probleme einer doppelten Nichtbesteuerung anzugehen, eine ergänzende Vorschrift zu Art. 23 A OECD-MA ist, die sicherstellt, dass der Wohnsitzstaat in diesen Fällen keine Freistellung zu gewähren hat; eine derartige Vorschrift soll die Fälle einer doppelten Nichtbesteuerung in Fällen der unterschiedlichen Auslegung der Abkommensbestimmungen oder des Sachverhalts erfassen; das Komitee hat daher entschieden, dass [. . .] Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA dem OECD-MA hinzugefügt werden soll375. Die vorgeschlagene Regelung [Art 23 A Abs. 4 OECD-MA] ist nur anzuwenden, wenn der Quellenstaat bestimmte Einkünfte [. . .] nach den Abkommensregeln von einer Besteuerung ausnimmt oder die Absätze 2 der Art. 10 oder 11 zur Anwendung gelangen; der Absatz ist nicht anzuwenden, wo sich der Quellenstaat in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Abkommens in der Lage State of residence should, for purposes of applying paragraph 1 of Article 23 A, consider, that the item of income may not be taxed by the State of source in accordance with the provisions of the Convention, even though the State of residence would have applied the convention differently so as to tax that income if it had been the state of source. Thus the State of residence is not required by paragraph 1 to exempt the item of income, a result which is consistent with the basic function of Article 23 which is to eliminate double taxation“. 373 Tz. 113: „Such cases should not be confused with cases where the provisions of the convention grant the source State the right to tax an item of income but that item of income is not taxed under the domestic law of the State of source. In such cases, the State of residence must still exempt that item of income under the provisions of paragraph 1 of Article 23 A (c.f. paragraph 34 of the Commentary on Article 23)“. 374 Tz. 114: „Other cases that need to be distinguished are those where the double non-taxation results from disagreements between the State of residence and the State of source on the interpretatio of the provisions of the convention. [. . .] A similar problem could arise in the case of different interpretation of facts“. 375 Tz. 115: „The Committee decided that the best way of adressing such cases of double non-taxation would be through a provision, to be added to Article 23 A, that would provide that the residence State does not have to grant exemption in these cases. Such a provision would deal with cases of double non-taxation resulting from different interpretations of the provisions of the convention or of the facts. The Committee therefore decided that the following paragraph 4 be added to Article 23 A of the Model Tax Convention: [. . .]“.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
sieht, bestimmte Einkünfte [. . .] zu besteuern, jedoch eine Steuer auf solche Einkünfte [. . .] nach dem innerstaatlichen Recht des Quellenstaats tatsächlich nicht zu entrichten ist376. Die vorausgegangenen Ausführungen betreffen die Position des Wohnsitzstaats, soweit der Wortlaut der Vorschriften zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in zweiseitigen Abkommen mit Art. 23 des OECD-MA übereinstimmt; wo jedoch der Wortlaut von dem im OECD-MA verwandten verschieden ist, ist das Ergebnis möglicherweise auch verschieden377. Die Thesen der Verfasser des OECD-Berichts finden sich ohne wesentliche Abstriche im Musterkommentar zum OECD-MA 2000378. Den neu eingefügten Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA kommentiert der OECD-MK 2000 wortgleich mit dem OECD-Berichts: Den Zweck der Vorschrift sieht Nr. 56.1 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B „in der Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung, die sich aus einer fehlenden Übereinstimmung zwischen dem Wohnsitz- und dem Quellenstaat über den Sachverhalt eines Falls oder die Auslegung von Abkommensbestimmungen ergeben“379. Die Vorschrift soll daher Nr. 56.2 zu Art. 23 A und 23 B zufolge nur eingreifen, wenn „der Quellenstaat nach den Vorschriften des Abkommens bestimmte Einkünfte [. . .] nicht besteuert oder die Absätze 2 der Artikel 10 und 11 Anwendung finden“380. Fälle, in denen Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA Anwendung findet, müssen nach Nr. 56.3 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B von jenen unterschieden werden, „wo die Qualifikation bestimmter Einkünfte nach dem innerstaatlichen Recht des Quellenstaats im Zusammenwirken mit 376 Tz. 116: „This proposed provision would only apply to the extend that the State of source has applied the provisions of the Convention to exempt an item of income [. . .] or has applied the the provisions of paragraph 2 of Article 10 or 11 to an item of income. The paragraph would therefore not apply where the State of source considers that it may tax an item of income [. . .] in accordance with the provisions of the Convention but where no tax is actually payable on such income [. . .] under the provisions of the domestic laws of the State of source“. 377 Tz. 117: „The preceding comments concern the position of the residence State where the wording of the provisions on elimination of double taxation in the relevant bilateral convention is similar to that of Article 23 of the Model Tax Convention. Where, however, the wording is different from that used in the Model Tax Convention, the result might also be different“. 378 Zustimmend F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28; beispielsweise stimmt die englische Originalfassung von Nr. 32.6 des OECD-MK zu Art. 23 Abs. 1 stimmt (fast) wörtlich mit Tz. 111 des OECD-Berichts überein. 379 „The purpose of this paragraph is to avoid double non taxation as a result of disagreements between the State of residence an the State of source on the facts of a case or on the interpretation of the provisions of the Convention“. 380 „The paragraph only applies to the extent that the state of source has applied the provisions og the Convention to exempt an item of income [. . .] or has applied the provisions of paragraph 2 of Article 10 or 11 to an item of income“.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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den Bestimmungen des Abkommens diesen Staat von einer Besteuerung dieser Einkünfte [. . .] ausschließt, und gleichzeitig die Qualifikation dieser Einkünfte nach dem innerstaatlichen Recht des Wohnsitzstaats nicht zum gleichen Ergebnis geführt hätte. In einem solchen Fall, der in den vorstehenden Nrn. 32.6 und 32.7 besprochen wurde, begründet Abs. 1 gegenüber dem Wohnsitzstaat keine Verpflichtung zur Freistellung, weil die betreffenden Einkünfte im Quellenstaat nicht nach dem Abkommen besteuert werden. Da Absatz 1 keine Anwendung findet, ist die Vorschrift des Absatz 4 in einem solchen Fall nicht erforderlich, um das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaats sicher zu stellen“381. cc) Ansicht der Finanzverwaltung Mit der abkommensrechtlichen Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft hat sich die OFD-Düsseldorf bereits in ihren Verfügungen vom 5.7.1989382 und vom 8.1.1991383 beschäftigt: Ausweislich der Letztgenannten sind „Einkünfte aus einer atypisch stillen Beteiligung [. . .] nach schweizerischem Recht als Dividenden i. S. des Art. 10 DBA-Schweiz anzusehen384. Diese Qualifikation ist bei der Auslegung des DBA-Schweiz zugrunde zu legen, so daß die Einkünfte aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer schweizerischen Kapitalgesellschaft nicht nach Art. 7 DBA-Schweiz von der deutschen Besteuerung freigestellt werden können [. . .]. Eine ggf. eintretende Doppelbesteuerung ist durch Anrechnung der schweizerischen Quellensteuer [. . .] zu beseitigen“. Diese Linie fand im späteren BMF-Schreiben vom 28.5.1998 zum DBA-Spanien385 ihre Fortsetzung: „Zinsen und Lizenzgebühren, die von spanischen Personengesellschaften an unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter gezahlt werden, werden nicht [. . .] von der Bemessungsgrundlage ausgenommen. Insoweit wird lediglich die spanische Quellensteuer [. . .] auf die deutsche Steuer ange-
381 „Cases where the paragraph apply must be distinguished from cases where the qualification of an item of income under the domestic law of the State of source interacts with the provisions of the Convention to preclude that State from taxing an item of income [. . .] in circumstances where the qualification of that item under the domestic law of the State of residence would not have the same result. In such a case, which is discussed in paragraph 32.6 and 32.7 above, paragraph 1 does not impose an obligation on the State of residence to give exemption because the item of income may not be taxed in the State of source in accordance with the Convention. Since paragraph 1 does not apply, the provisions of paragraph 4 are not required in such a case to ensure the taxation right on the state of residence“. 382 RIW 1989, S. 754 = DB 1989, S. 1700. 383 RIW 1991, S. 173 = DB 1991, S. 308; das BMF-Schreiben vom 31.3.1980 (RIW/AWD 1980, S. 379) hatte noch die Besteuerung einer typisch stillen Gesellschaft zum Gegenstand. 384 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) aa). 385 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 1. a) aa).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
rechnet. Entsprechendes gilt bei Einnahmen aus stillen Beteiligungen an spanischen Personengesellschaften“. In grundsätzlicher Weise beschäftigte sich das BMF-Schreiben vom 28.12. 1999386 mit der „steuerlichen Behandlung von Gewinnanteilen aus atypischen stillen Beteiligungen nach den DBA“: „Auch soweit die DBA Gewinnanteile aus atypischen stillen Beteiligungen nicht ausdrücklich den Unternehmensgewinnen zuordnen [. . .] sind die Abkommensbestimmungen über Unternehmensgewinne (vgl. Art. 7 OECD-MA) einschließlich der diesbezüglichen Regelungen über die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat anzuwenden; [. . .] Qualifiziert der andere Vertragsstaat die Einkünfte als Dividenden, Zinsen oder andere Einkünfte i. S. des DBA und sieht er sich auf Grund dieser Qualifikation nach den Abkommensbestimmungen über Dividenden, Zinsen oder andere Einkünfte daran gehindert, sie voll zu besteuern, so sind die Einkünfte nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen; nach dem Methodenartikel des maßgebenden DBA wird ggf. die Steuer des anderen Vertragsstaats, die aufgrund der Einkünftequalifikation dieses Staats nach dem DBA erhoben werden darf, auf die deutsche Steuer angerechnet (vgl. OECD-Bericht, The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, Paris 1999, 36 ff.)“. In seiner Anmerkung zum BMF-Schreiben vom 28.12.1999 erläutert Krabbe – als der Ansicht der Finanzverwaltung nahe stehender Vertreter des Schrifttums und Mitglied der den OECD-Bericht387 erstattenden Working Party No. 1388 – die dort vorgenommene Verweisung auf den OECD-Bericht389: Das genannte BMF-Schreiben „nimmt auf den Bericht des OECD-Steuerausschusses „The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships“ [. . .] Bezug, der sich demnächst auch im Musterkommentar der OECD und damit als Empfehlung zur Auslegung des MA niederschlagen wird, und kommt in Übereinstimmung damit zu einer Auslegung des Methodenartikels, die von der herkömmlichen Auffassung abweicht, nach der sich jeder Vertragsstaat als Anwendestaat auch bei der Anwendung des Methodenartikels – gewissermaßen blind – an seine Qualifikation der Einkünfte hält. Nach Auffassung der Steuerverwaltungen der OECD-Mitgliedstaaten, die sich auch bereits im BMF-Schreiben vom 28.5.1998 [. . .] [zum DBA-Spanien] widerspiegelt, bedarf der Methodenartikel in diesem Fall einer einschränkenden Auslegung im Wege der teleologischen Reduktion. Da der Quellenstaat aufgrund seiner Qualifikation der Einkünfte nicht erwartet, dass der andere Vertragsstaat die Einkünfte freistellt, und 386
BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999, 36 ff. 388 Vgl. FR 2001, S. 129. 389 IStR 2000, S. 23 ff.; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders., IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.). 387
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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die Freistellung im Ansässigkeitsstaat unter der stillschweigenden Prämisse steht, dass sich der Quellenstaat nach dem DBA im Besitz des vollen Quellenbesteuerungsrechts sieht, entspräche es nicht mehr dem Sinn des Ausgleichs der Doppelbesteuerung nach dem Methodenartikel, in diesen Fällen die Freistellung zu gewähren. Es bleibt aber dabei, dass die Freistellung abseits von Qualifikationskonflikten nicht eine Besteuerung im Quellenstaat voraussetzt, sofern keine subject-to-tax-Klausel besteht [. . .]. Die neueren deutschen DBA enthalten zwar zur Bereinigung von Qualifikationskonflikten ausdrückliche Regelungen, die zum selben Ergebnis wie im OECD-Bericht führen (z. B. Abschn. 21 des Protokolls zum DBA-USA)390; diese erweisen sich aber als Ausdruck dessen, was sich ohnehin durch die teleologisch reduzierte Auslegung des DBA ergibt“. dd) Stellungnahme Mit Blick auf den Schrankenrechtscharakter von DBA und die einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäbe des „Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge“391 (WÜRV) ist der Ansicht der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999392, der im Ergebnis die Auffassung von Krabbe393 entspricht, eben so wenig zu folgen, wie der im OECD-Bericht und im OECD-MK 2000 eingenommenen Sichtweise. Ein völkerrechtlicher Vertrag ist nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV „nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen“. Dabei ist nach Art. 31 Abs. 4 WÜRV einem Ausdruck „eine besondere Bedeutung [. . .] beizulegen, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben“. (1) Schrankenrechtscharakter von Abkommen Auf Grund ihres Schrankenrechtscharakters lassen DBA – und das OECDMA – die (rein)394 innerstaatliche Steuerrechtsordnung unberührt395. Dies be390
Eingehend im dritten Kapitel B. II. 2. a) ee). Deutschland ist dem Abkommen durch Zustimmungsgesetz v. 3.8.1985 (BGBl. II 1985, S. 926) mit Wirkung zum 20.08.1987 beigetreten. Die Auslegungsregeln des WÜRV sind jedoch ebenfalls auf vorher geschlossene Verträge anwendbar, weil das Abkommen zuvor bestehendes völkerrechtliches Gewohnheitsrecht kodifizierte (K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 45; H. W. Kruse/K. D. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2001, § 2 AO, Rn. 11). 392 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 393 IStR 2000, S. 23 ff.; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders., IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.). 394 Mit entsprechendem Vertrags- oder Zustimmungsgesetz, welches gem. Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrats unterliegt, werden DBA in nationales 391
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
rücksichtigend ist zwischen dem innerstaatlichen Steueranspruch einerseits und dessen Aufrechterhaltung oder Beschränkung dem Grunde oder der Höhe nach andererseits zu unterscheiden. Reicht eine im innerstaatlichen Steuerrecht normierte Besteuerung bestimmter Einkünfte über den abkommensrechtlich gezogenen Rahmen hinaus, beschneiden die Regelungen des DBA die innerstaatliche Besteuerung, ohne die entsprechende Norm selbst zu beseitigen. Schöpft das innerstaatliche Steuerrecht den abkommensrechtlich gezogenen Rahmen nicht aus, kann daraus keine Ausdehnung des innerstaatlichen Steueranspruchs resultieren. Mit Blick auf die hiesige Problematik bedeutet dies, dass Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich nicht auf eine Vermeidung der tatsächlichen, sondern (auch) auf eine Vermeidung der virtuellen oder scheinbaren Doppelbesteuerung angelegt ist. Wenn die Vertragsstaaten den abkommensrechtlich gezogenen Besteuerungsrahmen zwar ausnutzen können, von dieser Möglichkeit aber nicht zwingend Gebrauch machen müssen (und dies aus Gründen des Steuerwettbewerbs nicht selten auch tun), kann eine diesem System entsprechende Vermeidung der Doppelbesteuerung im Grundsatz allenfalls den Besteuerungsrahmen, nicht jedoch dessen Ausfüllung durch die Vertragsstaaten zum Maßstab nehmen. (2) Auslegung nach den Grundsätzen des WÜRV Ferner korrespondiert die in den OECD-Quellen, von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999 und von Krabbe eingenommene Position396 nicht mit einer an den Maßstäben des Art. 31 WÜRV orientierten Auslegung des Art. 23 A OECD-MA. Ausweislich der Grundregel des Art. 31 Abs. 1 WÜRV genießt die „gewöhnliche [. . .] Bedeutung“, die ihrerseits im „Zusammenhang“ mit den „Bestimmungen“ des Vertrags zu würdigen ist, bei der Auslegung völkerrechtlicher Verträge einen besonderen Stellenwert. Nach Ansicht von Schaumburg397 heben die völkervertraglichen Auslegungsregeln nur insoweit auf den Willen der Vertragspartner ab, als dieser im Abkommen selbst seinen Niederschlag gefunden hat; danach bildet der Wortlaut eines Vertrags für die Berücksichtigung eines Willens der Vertragsparteien eine immanente Grenze. Nach Ansicht von Vogel398 und Kruse/Drüen399 steht zwar bei der InRecht transformiert. Mit Blick auf die rechtliche Qualität lässt sich streng genommen nicht zwischen DBA auf der einen und „innerstaatlichem Steuerrecht“ auf der anderen Seite unterscheiden. 395 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.7, 16.43; H. Debatin, DB 1985, Beilage 23, S. 1 (2 ff.); M. Lang, IStR 2002, S. 609, weist darauf hin, dass DBA nicht der Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften dienen. 396 Siehe vorstehend B. II. 2. c) bb) (2) sowie B. II. 2. c) cc). 397 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.70. 398 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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terpretation eines völkerrechtlichen Vertrags der Wortlaut, gemessen am Zusammenhang des gesamten Vertrags, im Vordergrund; ausgeschlossen sei jedoch mit Blick auf Art. 31 Abs. 4 WÜRV eine Auslegung, die, „wiewohl dem Parteiwillen entsprechend, mit dem Abkommenswortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist“400. Die von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999 und von Krabbe401 vertretende Ansicht findet ihre Entsprechung in Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA, wonach die Freistellungsmethode nicht einschlägig ist, wenn der andere Vertragsstaat das Abkommen in einer Weise anwendet, dass diese Einkünfte von einer Besteuerung ausgenommen oder nach Abs. 2 der Art. 10 oder 11 OECD-MA einer der Höhe nach beschränkten Quellensteuer unterliegen. Unter Hinweis auf den OECD-Bericht402 soll sich die begehrte Rechtsfolge gleichwohl unmittelbar aus Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ergeben. (a) Auslegung von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA Unter Anlegung der einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäbe des WÜRV kann Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA i. S. d. OECD-Quellen ausgelegt werden. Die angeführte Vermeidungsnorm ordnet ein Absehen von der Freistellungsmethode an, wenn aus Sicht des Wohnsitzstaats der andere Vertragsstaat die betreffenden Einkünfte von einer Besteuerung ausnimmt oder nach Abs. 2 der Art. 10 und Art. 11 OECD-MA ermäßigt besteuert403. Unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs – d. h. insbesondere dem Zusammenspiel der Abs. 1 und 4 – deutet bereits der Wortlaut des Vermeidungsartikels auf eine „Sonderrolle“ des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA. Im Zuge der Revision des Jahres 2000 wurde Art. 23 A Abs. 1 bis Abs. 3 OECD-MA unverändert fortgeschrieben. Die Freistellung bestimmter Einkünfte steht nach wie vor unter dem Vorbehalt „der Absätze 2 und 3“. Da Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA einleitend die Rechtsfolge des „Absatz 1“ suspendiert, verdeutlicht dieser Umstand, dass der (neu) angefügte Art. 23 A Abs. 4 OECDMA eine Ausnahme von der Grundregel bildet, bestimmte Einkünfte von einer Besteuerung auszunehmen. Allerdings steht Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA sei399 H. W. Kruse/K. D. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2001, § 2 AO, Rn. 11. 400 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107; in diesem Sinne J. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 53. 401 Siehe vorstehend cc). 402 BMF-Schreiben v. 28.12.1999 (BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245): „(vgl. OECD-Bericht, The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, Paris 1999, 36 ff.)“. 403 Dazu K. Vogel in: Vogel/Lehner, Art. 23, Rn. 244 ff. sowie F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 A MA, Rn. 141 ff.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
nerseits nicht unter den Vorbehalt des Abs. 4, weswegen Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA keine generelle Ausnahme zur grundsätzlich vorgesehenen Freistellung von Einkünften bilden kann. In welchem Umfang Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA gegenüber Art. 23 A Abs. 1 bis 3 OECD-MA eine „Sonderrolle“ einnimmt, lässt sich unter Rückgriff auf die Auslegungsgrundsätze des Art. 31 Abs. 4 WÜRV den einschlägigen OECD-Quellen entnehmen. Einer völkerrechtlichen Vertragsnorm kann nach Art. 31 Abs. 4 WÜRV eine „besondere Bedeutung“ beigelegt werden, wenn „feststeht, daß die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben“. Nach dem Vorgesagten bildet der Wortlaut eine absolute Grenze, auch wenn Vogel404 diese erst erreicht sieht, wenn eine Auslegung mit dem Wortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist. Ausweislich des OECD-Berichts405 und des offiziellen Kommentars zum OECD-MA 2000406 fällt die aus einem Qualifikationskonflikt resultierende Nichtbesteuerung von Einkünften, deren Ursache im jeweils unterschiedlichen innerstaatlichen Steuerrecht liegt, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA. Nach dem Willen der Verfasser der einschlägigen OECD-Quellen ist die Vorschrift insbesondere auf zwei Fallgruppen zugeschnitten: Neben der unterschiedlichen Interpretation eines grenzüberschreitenden Sachverhalts soll die Vorschrift auf eine zwischen den Vertragsstaaten unterschiedliche Auslegung abkommensrechtlicher Bestimmungen zugeschnitten sein, wobei Qualifikationskonflikte, resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten, ausdrücklich ausgenommen sind. Für letztgenannte Konfliktlagen soll sich ein Absehen von der Freistellung unmittelbar aus Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ergeben. Möchten die Verfasser des OECD-MA 2000 den Vermeidungsartikel in dieser Weise verstanden wissen, lässt sich zwar eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA, nicht jedoch eine einschränkende Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA mit den Grundsätzen von Art. 31 WÜRV vereinbaren. Gestützt auf Art. 31 Abs. 4 WÜRV lässt sich Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA ein i. S. d. OECD-Berichts und des OECD-Musterkommentars 2000 entsprechend eingeschränkter Anwendungsbereich zuweisen. Darin liegt insoweit eine „besondere Bedeutung“ – nach Vogel eine „vom üblichen abweichende Bedeutung“ –, als der Wortlaut von Art. 23 A OECD-MA diese Einschränkung nicht vornimmt. Wie gesehen, verdeutlicht bereits der systematische Zusammenhang des Art. 23 A OECD-MA, dass dem (neu angefügten) Art. 23 A Abs. 4 OECDMA im Verhältnis zu den unverändert fortgeschriebenen Teilbereichen der Vorschrift eine „Sonderrolle“ zufällt. Da Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA nach wie vor unter dem Vorbehalt der „Absätze 2 und 3“ steht, muss Art. 23 A Abs. 4 404 405 406
In: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107. OECD-Bericht, Tz. 114 und 115. Nr. 56.3 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A Abs. 4.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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OECD-MA gegenüber Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ein eingeschränkter Anwendungsbereich zufallen, der indessen die grundsätzliche Freistellung von Einkünften unberührt lässt. Diese „Sonderrolle“ von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA kann den einschlägigen Materialien zum OECD-MA 2000, insbesondere dem OECD-Bericht und dem OECD-Musterkommentar, entnommen werden, wonach Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA auf die genannten Fallgruppen unter ausdrücklicher Ausnahme von Qualifikationskonflikten resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht zugeschnitten ist. Damit lässt sich mit der notwendigen Klarheit feststellen, welche „Bedeutung“ i. S. d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV die Vertragsparteien beabsichtigt haben. Das von Schaumburg407 gegen eine authentische Interpretation vorgebrachte Argument, die subjektiven Vorstellungen nur einer Vertragspartei im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen, steht der hier vertretenen Auslegung des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA nicht entgegen. Sowohl unter den Verfassern des OECD-Berichts, als auch des OECD-MA 2000 und des einschlägigen offiziellen Kommentars besteht offensichtlich Einigkeit, der letztgenannten Vorschrift einen in der genannten Weise eingeschränkten Anwendungsbereich zuzuweisen. Die von Schaumburg im Ergebnis möglicherweise enger gezogene Wortlautgrenze wird nicht überschritten, weil der systematische Zusammenhang der Art. 23 A Abs. 1 und Abs. 4 OECD-MA bereits auf eine „Sonderrolle“ der letztgenannten Vorschrift hindeutet. Dies berücksichtigend deckt der im Lichte des Art. 31 WÜRV verstandene Wortlaut des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA in positiver Hinsicht sowohl den Fall der Uneinigkeit über einen grenzüberschreitenden Sachverhalt als auch den Fall der Uneinigkeit über eine Auslegung des Abkommens – unter Ausschluss eines Qualifikationskonflikts, resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht, zwischen den Vertrag schließenden Staaten ab. Das dem Wortlaut von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA, selbst in seinem systematischen Zusammenhang verstanden (Art. 31 WÜRV), der in den OECD-Quellen zugewiesene Anwendungsbereich nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, steht einer entsprechenden Auslegung nicht entgegen. Einerseits ist es nahe liegend, die Auslegung neu in das OECD-MA eingefügter Vorschriften an den einschlägigen Materialien, insbesondere den diesbezüglichen Erläuterungen des OECDMusterkommentars zu orientieren. Der OECD-Musterkommentar zählt anerkannter Weise zu den primären Auslegungsmitteln i. S. d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV408 und ist in erster Linie zu berücksichtigen, um die historischen Absichten der „Vertragsparteien“ und den objektiven Erklärungswert des tatsächlich Vereinbarten zu ermitteln409. Dies gilt um so mehr, als das OECD-MA eine vergleichbare Vorschrift bisher nicht enthielt. Würde umgekehrt im Zusammen407
Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.70. H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, §16, Rn. 16.78. 409 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand September 2000, Vor Art. 1 MA, Rn. 44. 408
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
hang mit Art. 31 Abs. 4 WÜRV eine stärkere Konkretisierung des eingeschränkten Anwendungsbereichs von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA im einschlägigen Gesetzestext gefordert, bestünde für die Berücksichtigung einer „besonderen Bedeutung“ kein Raum. Wenn (ausdrücklich) feststeht, dass die Vertragsparteien einer bestimmten Abkommensnorm einen entsprechend eingeschränkten Anwendungsbereich zugewiesen haben und sich dieser unter Rückgriff auf sekundäre Quellen bestimmen lässt, ist der Inhalt einer Abkommensnorm hinreichend konkretisiert. (b) Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA Dem nach Maßgabe von Art. 31 WÜRV interpretierten Wortlaut des Art. 23 A OECD-MA lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass von einer Freistellung bestimmter Einkünfte nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA abzusehen ist, wenn auf Grund eines Qualifikationskonflikts, resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten, eine doppelte Nichtbesteuerung oder Minderbesteuerung dieser Einkünfte eintritt. Nach Ansicht der Verfasser des OECD-Berichts und des OECD-Musterkommentars müsse der Wohnsitzstaat für Zwecke des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA eine Besteuerung der betreffenden Einkünfte im Quellenstaat (Betriebsstättenstaat) berücksichtigen; wo der Quellenstaat annimmt, die Vorschriften des Abkommens schließen ihn von einer Besteuerung aus, lägen keine Einkünfte vor, die i. S. d. Art. 23 A Abs. 1 OECDMA „im anderen Vertragsstaat besteuert werden“410. Gleiches soll nach Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999 und nach Ansicht von Krabbe411 gelten, die gestützt auf Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA eine Freistellung auch dann versagen, wenn der andere Vertragsstaat bestimmte Einkünfte nach den Abs. 2 der Art. 10 und Art. 11 OECD-MA ermäßigt besteuert. Der isoliert betrachtete Wortlaut von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA lässt sich sowohl i. S. d. OECD-Quellen, der Finanzverwaltung und Krabbe412 aus der Sicht des Quellenstaats als auch der h. M. folgend aus Sicht des Wohnsitzstaats verstehen. Hält die Finanzverwaltung Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ebenso bei minderbesteuerten „grauen Einkünften“ für anwendbar, erscheint es gut vertretbar, bereits die von Art. 31 WÜRV gezogene Wortlautgrenze als überschritten anzusehen. Besteht ein der Höhe nach beschränktes Besteuerungsrecht eines Vertragsstaats, kommt es selbst nach Ansicht der OECD413 zu einer „Besteuerung“ i. S. d. Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA.
410 411 412 413
OECD-Bericht, Tz. 111. Siehe vorstehend cc). Siehe vorstehend B. II. 2. c) bb) (2) sowie B. II. 2. c) cc). OECD-Bericht, Tz. 107; Nr. 32.3 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A Abs. 1.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs der Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA und Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA spricht der so verstandene Wortlaut der erstgenannten Vorschrift insbesondere deswegen gegen die von der OECD und der Finanzverwaltung eingenommene Sichtweise, weil sich die gewünschte Rechtsfolge unmittelbar aus der letztgenannten Vorschrift ergibt. Wenn Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA, wie gesehen, eine „Sonderolle“ für den Fall einer doppelten Nichtbesteuerung oder Minderbesteuerung von Einkünften auf Grund einer unterschiedlichen Auslegung des Sachverhalts oder abkommensrechtlicher Vorschriften, unter Ausnahme von Qualifikationskonflikten aus Divergenzen im nationalen Steuerrecht, einnimmt, ist der Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA an diesen Maßstäben zu messen. Ein Absehen von der Freistellung tritt nach Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA neben weiteren Voraussetzungen ein, wenn der „andere Vertragsstaat“ das gemeinsame Abkommen in einer bestimmten Art und Weise anwendet. Nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA sind Einkünfte dagegen von einer Besteuerung auszunehmen, wenn diese „im anderen Vertragsstaat besteuert werden“. Während die erstgenannte Formulierung des Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA ausdrücklich auf die Besteuerung und deren Ergebnis im anderen Vertragsstaat abstellt, lässt sich Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA – auch nach der Revision des Jahres 2000 – nicht entnehmen, aus welcher Perspektive der Passus „im anderen Vertragsstaat besteuert werden“ zu verstehen ist. Die Freistellung von Einkünften kann vergleichbar einer subject to tax-Klausel nur unter den Vorbehalt einer tatsächlichen Besteuerung im anderen Vertragsstaat gestellt werden, wenn entsprechendes dem Wortlaut, d. h. der „gewöhnlichen, [. . .] [den] Bestimmungen [des Vertrags] in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung“, nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV zu entnehmen ist. Aus den genannten Gründen spricht bereits der systematisch verstandene Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA im Verhältnis zu Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA gegen das von der OECD und der Finanzverwaltung propagierte Verständnis. Darüber hinaus verdeutlicht der systematische Zusammenhang des Abkommens, dass eine Beschränkung der Freistellung einer ausdrücklichen Klarstellung bedürft hätte. Ist eine Vorschrift aus Sicht des anderen Vertragsstaats zu verstehen, kann dies in der Regel dem Wortlaut unmittelbar entnommen werden: Ausweislich Art. 6 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA hat der Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ die Bedeutung, die ihm nach dem Recht des Vertragsstaats zukommt, in dem das Vermögen liegt. „Dividenden“ umfassen gem. Art. 10 Abs. 3 OECDMA aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Recht des Staats, in dem sich die ausschüttende Gesellschaft befindet, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind414. Schließlich ist die Freistellungsmethode nach Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA nicht anzuwenden, wenn der 414
Dazu eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. a).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
andere Vertragsstaat das Abkommen in einer bestimmten Art und Weise anwendet. Mit Blick auf den nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV zu berücksichtigenden „Zusammenhang“ des Vertrags ist insbesondere letztgenanntem Beispiel besonderes Gewicht beizumessen, weil damit ein unmittelbar Art. 23 A OECD-MA betreffender Formulierungsstandard vorliegt. Damit kann dem systematisch verstandenen Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA i. S. d. OECD-Quellen, der Finanzverwaltung und Krabbe415 nicht entnommen werden, dass eine Freistellung von Einkünften zu versagen ist, wenn eine doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften als Folge eines Qualifikationskonflikts resultierend aus Unterschieden in den nationalen Steuerrechtsordnungen eintritt. Gleiches gilt, soweit ein Qualifikationskonflikt im genannten Sinne minder besteuerte „graue Einkünfte“ nach sich zieht. Aus den genannten Gründen spricht bereits der nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV interpretierte Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA gegen die von der OECD, der Finanzverwaltung und Krabbe vertretene Auslegung. Die Berücksichtigung einer „besonderen Bedeutung“ nach Art. 31 Abs. 4 WÜRV scheitert an der durch den Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA gezogenen Grenze, die nach Vogel, „wiewohl dem Parteiwillen entsprechend, mit dem Wortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren [wäre]“. Gleiches gilt selbst dann, wenn die Wortlautgrenze noch nicht als überschritten anzusehen wäre, weil insoweit die (nachträgliche) Berücksichtigung einer „besonderen Bedeutung“ i. S. d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV nicht zu rechtfertigen ist. Die Berücksichtigung einer „besonderen Bedeutung“ erfordert nach Art. 31 Abs. 4 WÜRV, „dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben“. Da der Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA im Rahmen der Revision des Jahres 2000 unverändert blieb, kann eine von der OECD beabsichtigte „besondere Bedeutung“ nicht ohne weiteres der aktuellen Version des OECD-Musterkommentars 2000 entnommen werden. Nach der bis zur Revision des Jahres 2000 eingenommenen Position der OECD416 war die Freistellung nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA nicht von der tatsächlichen Ausübung eines Besteuerungsrechts durch den anderen Vertragsstaat abhängig. Flankierend wurde in Nr. 35 des OECD-MK a. F. zu Art. 23 A und 23 B die Vereinbarung von subject to taxoder switch over-Klauseln anheim gestellt, um „eine völlige Nichtbesteuerung“ von Einkünften zu vermeiden. Erst mit der jüngsten Revision des OECD-MA wurde die bisherige Nr. 32 um einen mit „Conflicts of qualification“ überschriebenen Abschnitt ergänzt (Nr. 32.1 bis 32.7 OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B). Nach Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B sei der Wohnsitzstaat zu einer Freistellung bestimmter Einkünfte nicht verpflichtet, wenn diese im Quellenstaat auf Grund eines Qualifikationskonflikts einer Be415 416
Siehe vorstehend B. II. 2. c) bb) (2) sowie B. II. 2. c) cc). Siehe vorstehend in diesem Kapitel B. II. 2. c) bb) (1).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
137
steuerung nicht unterliegen; ein solches Ergebnis stimme mit der grundlegenden Funktion des Art. 23 OECD-MA überein, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Mit dem Verhältnis unterschiedlicher Fassungen des OECD-MA und des einschlägigen Kommentars beschäftigen sich die im Zuge der Revision des Jahres 2000 unverändert fortgeschriebenen Nrn. 33 bis 36 der Einleitung zum OECDMK. Nr. 35 der Einleitung zum OECD-MK unterscheidet zwei Situationen unterschieden: Änderungen der Artikel des Musterabkommens und die ausschließlich damit zusammenhängenden Änderungen des Musterkommentars berühren die Auslegung früher geschlossener Abkommen nicht, „soweit die Regelungen dieser Abkommen inhaltliche Abweichungen von den geänderten Artikeln enthalten. Andere Änderungen oder Einfügungen in den Kommentar sollten dagegen bei der Auslegung und Anwendung früherer Abkommen herangezogen werden, da sie den übereinstimmenden Willen der Mitgliedstaaten der OECD in Bezug auf die angemessene Auslegung bestehender Regelungen oder auf ihre Anwendung in bestimmten Situationen darstellen“417. Obwohl der Wortlaut des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA im Rahmen der Revision des Jahres 2000 unverändert blieb, kann die Einfügung der Nrn. 32.1 bis 32.7 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B nur im erstgenannten Sinne verstanden werden. Dies verdeutlicht ein Blick auf den eigentlichen Anwendungsbereich von Nr. 35 der Einleitung zum OECD-MK, nämlich die Auslegung am OECD-MA orientierter DBA. Orientieren sich die Vertrag schließenden Staaten eines DBA an einer älteren Version des OECD-MA, vermögen spätere Änderungen des Musterkommentars naturgemäß keinen Aufschluss über den Willen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geben418. Insoweit besteht i. S. d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV keine Möglichkeit, dass die Vertragsparteien entsprechendes beabsichtigt haben. Diese Grundsätze müssen für die unmittelbare Auslegung des Musterabkommens in gleicher Weise gelten, da es keinen Unterschied machen kann, ob ein auf der Grundlage des Musterabkommens konzipiertes DBA oder das entsprechende Vertragsmuster selbst auszulegen ist. Gegen eine solche Sichtweise könnte vorgebracht werden, dass insbesondere Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B eine Interpretation des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA vornimmt, die die Mitgliedstaaten schon vorher mit dem Wortlaut der Vorschrift verbunden haben. In diesem Sinne ist mög417 „[. . .] where the provisions of those conventions are different in substance from the amended Articles. However, other changes or additions to the Commentaries are normally applicable to the interpretation and application of conventions concludes before their adoption, because they refelct the consensus of the OECD Member countries as to the proper interpretation of existing provisions and their application to specific situations“. 418 Ebenso M. Günkel/B. Lieber, FR 2000, S. 853 (858) m. w. N.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
licherweise der Hinweis auf die „grundlegende Funktion von Art. 23 OECDMA“ im OECD-MK sowie im OECD-Bericht zu verstehen419. Unter Berücksichtigung dessen wäre die genannte Kommentarstelle i. S. d. zweiten Alternative von Nr. 35 der Einleitung des Musterkommentars bei der „Auslegung und Anwendung der früheren Abkommen“ zu berücksichtigen. Dass Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA bis zur jüngsten Revision des OECD-MA in diesem Sinne nicht verstanden wurde, verdeutlicht insbesondere die jeweilige Fassung von Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A Abs. 1: Bis zu der Revision des Musterabkommens im Jahr 2000 beseitigte Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ausweislich der Nrn. 33 bis 34 des OECD-MK a. F. zu Art. 23 A und 23 B neben einer tatsächlichen auch eine scheinbare oder virtuelle Doppelbesteuerung, womit eine Nichtbesteuerung von Einkünften offensichtlich bewusst in Kauf genommen wurde. „Um eine völlige Nichtbesteuerung zu vermeiden“420 stellte Nr. 35 des OECD-MK a. F. zu Art. 23 A und 23 B die Vereinbarung von subject to tax- oder switch over-Klauseln ausdrücklich anheim. Nach Ansicht von Krabbe421 sollen derartige Klauseln deklaratorische Bedeutung haben, wogegen die bisher h. M. derartige Klauseln in einem konstitutiven Sinne versteht422. Im Zuge der Änderungen im Jahr 2000 wurde Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B im Wesentlichen unverändert fortgeschrieben, womit die Verfasser des Musterabkommens offensichtlich nach wie vor die Notwendigkeit einer „Ausnahme von der unbedingten Verpflichtung zur Steuerbefreiung durch den Wohnsitzstaat“423 für erforderlich halten, um „die völlige Nichtbesteuerung“ zu vermeiden. Aus dem Anwendungsbereich wurden in der Neufassung allerdings Fälle ausgenommen, „in denen [. . .] Abs. 3 oder Abs. 4 [von Art. 23 A OECD-MA] anwendbar sind“. Der Vorbehalt bezüglich Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA ist konsequent, weil die Vorschrift als spezialgesetzliche Ausprägung einer switch over-Klausel die Vereinbarung entsprechender Klauseln überflüssig macht424. Wenig verständlich ist hingegen der Vorbehalt bezüglich Art. 23 A Abs. 3 OECD-MA, da eine Anwendung der genannten Vorschrift
419
Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B. „[. . .] in order to avoid double non-taxation“. 421 IStR 2000, S. 23 ff.; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders., IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.). 422 Statt Vieler: M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 871 (876); dies., FR 2000, S. 853 (858); dies., FR 2001, S. 132. 423 „[. . .] to make an exception to the absolute obligation on the State of residence to give exemption“. 424 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 A MA, Rn. 146 und K. Vogel in: Vogel/Lehner, Art. 23, Rn. 247 verstehen Art. 23 A Abs. 4 MA nicht als subject to tax-Klausel; A. Schnitger/A. Benecke, RIW 2002, S. 439 (446) verstehen Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA hingegen zu Unrecht als subject to tax-Klausel. Zur Abgrenzung von subject to tax- und switch over-Klauseln eingehend im dritten Kapitel, B. II. 2. a) ee). 420
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
139
eine „endgültige“ Freistellung der betreffenden Einkünfte immanent voraussetzt425 und ein Konkurrenzverhältnis zwischen einer subject to tax- oder switch over-Klausel und Art. 23 A Abs. 3 OECD-MA nicht denkbar ist. Indessen dürfte die Regelung insoweit unter dem Vorbehalt von Art. 23 A Abs. 2 OECDMA stehen426, womit die Verfasser des OECD-Musterkommentars Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA – und dessen Auslegung bei negativen Qualifikationskonflikten – in keiner Konkurrenz zu Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B sehen. Mit Blick auf die zentrale Vermeidungsnorm in Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA und der aus Qualifikationskonflikten möglicherweise drohenden Nichtbesteuerung von Einkünften enthält Nr. 35 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B keinen Vorbehalt. Dies ist insoweit hervorzuheben, als die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften nach Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B der „grundlegenden Funktion“ des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA entsprechen soll. Würden die Verfasser des OECD-Musterkommentars 2000 diesen Vorgaben folgen, müsste die Vereinbarung von switch overund subject to tax-Klauseln in Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B unter dem Vorbehalt der Abs. 1, 2 und 4, bzw. dem Vorliegen eines Qualifikationskonflikts resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht stehen. Ein solcher Vorbehalt würde insbesondere Nr. 35 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B nicht redundant erscheinen lassen. Abgesehen von Qualifikationskonflikten, die ihre Ursache im unterschiedlichen nationalen Steuerrecht haben und Minderbesteuerungen nach Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA, sind weitere Konstellationen denkbar, in denen die Vertragsstaaten eine Nichtbesteuerung nach Möglichkeit vermeiden möchten. Verwiesen sei auf Fälle, in denen ein Quellenstaat von einem nach DBA bestehenden Besteuerungsrecht auf Grund nationaler Vorschriften keinen Gebrauch machen kann, weil zwischen den Vertragsstaaten Uneinigkeit über die Auslegung des gemeinsamen Abkommens besteht, ohne dass ein Qualifikationskonflikt im genannten Sinne vorliegt427. Damit werden switch over- und subject to tax-Klauseln selbst nach der Neufassung von Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B offensichtlich nicht deklaratorisch verstanden. Gleiches gilt für Nr. 35 des OECD-MK a. F. zu Art. 23 A und 23 B erst recht, da auf Art. 23 A OECD-MA bezogene Vorbehalte gänzlich fehlen.
425 Bei Nr. 35 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B handelt es sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen, soweit dort Abs. 3 anstelle von Abs. 2 angesprochen wird. Bereits die Empfehlungen des OECD-Berichts zur Änderung des OECD-Musterkommentars sehen eine entsprechend konzipierte Regelung vor (OECDBericht, S. 45). In der Übersetzung von Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, heißt es: „in denen weder Absatz 2 noch 4 Anwendung finden würden“. 426 In diesem Sinne die Übersetzung in Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002. 427 Dazu OECD-Bericht, Tz. 113.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Resultiert aus Unterschieden in den nationalen Steuerrechtsordnungen abkommensrechtlich eine doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften, liegt in der im OECD-Bericht und im OECD-MK 2000 eingenommenen Sichtweise zur Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ein im Ergebnis untauglicher Versuch, rückwirkend in die Systematik des Abkommens einzugreifen428. (3) Begründung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999 Verweist die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999429 zur Begründung auf die Seiten 36 ff. des OECD-Berichts, womit offensichtlich die dort angeführten Beispiele 17 und 18 gemeint sind, lässt sich diesem Hinweis keine „besondere Bedeutung“ i. S. d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV entnehmen, die die Vertragsparteien möglicherweise beabsichtigt haben. Die Verweisung begegnet bereits insoweit Bedenken, als sich die genannten Beispiele im „Abschnitt III. 2“ des OECD-Berichts finden. Dieser behandelt auf den Seiten 34 bis einschließlich 38 Zurechnungskonflikte, die im Unterschied zu Qualifikationskonflikten die Zurechnung von Einkünften im innerstaatlichen Steuerrecht der Vertragsstaaten betreffen430. Hingegen finden Qualifikationskonflikte431 im „Abschnitt III. 1“ auf den Seiten 27 bis 34 Besprechung. Die von der Finanzverwaltung im Ergebnis missbilligte doppelte Freistellung von Einkünften wird auf den Seiten 31 ff. ausführlich thematisiert. Auch darüber hinaus vermögen die Beispiele 17 und 18 die Auffassung der Verwaltung nicht zu begründen. Das erstgenannte Beispiel beschreibt zwar die bei einer atypisch stillen Gesellschaft aus deutscher Sicht anzutreffende Konfliktlage insoweit, als der andere Vertragsstaat eine intransparente Besteuerung vornimmt. Indessen können die bezogenen Einkünfte aus Sicht des Wohnsitzstaats keiner ausländischen Betriebsstätte zugerechnet werden432. Die daraus resultierende Doppelbesteuerung von Beteiligungserträgen (inbound-Variante) ist nicht Gegenstand des BMF-Schreibens vom 28.12.1999433, da eine Freistellung von Einkünften gem. Art. 23 A Abs. 1, 7 Abs. 1, 5 OECD-MA u. a. das Vorlie428 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28g; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; M. Lang, IStR 2001, S. 536. Ebenso M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 871 (876 ff.). Zur Berücksichtigung OECD-MK in der Rspr. des BFH am Beispiel von Künstlern und Sportlern siehe A. Schnitger, IStR 2002, S. 407. 429 BStBl. I 1999, 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 430 „Problems arising from conflicts of income allocation“; ebenso F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 1 MA, Rn. 28c. 431 Zum Begriff eingehend im ersten Kapitel A. 432 Vor Tz. 132: „[. . .] that is not attributable to a permanent establishment“. 433 BStBl. I 1999, 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
141
gen einer ausländischen Betriebsstätte voraussetzt. Mit der Verweisung auf „Abschnitt III. 1“ in Tz. 135 des OECD-Berichts – d. h. die Behandlung von Qualifikationskonflikten –, ist offensichtlich nur der Fall einer Doppelbesteuerung von Einkünften gemeint. Zum umgekehrten Fall einer doppelten Freistellung findet sich in Beispiel 17 keine Aussage. Obwohl Beispiel 18 der insoweit „richtige“ Sachverhalt – d. h. ergänzend zu Beispiel 17 eine Betriebsstätte im Quellenstaat – zugrunde liegt, findet auch dort die von der Finanzverwaltung vorgenommene Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA keine Bestätigung. Ohne die Ausführungen des OECD-Berichts zu (negativen) Qualifikationskonflikten in „Abschnitt III. 1“ zu berücksichtigen, liegt der Fokus des Beispiels auf Problemen, die sich für den Anteilseigner einer Personen- bzw. Kapitalgesellschaft aus unterschiedlichen Besteuerungszeitpunkten ergeben434. In diesem Zusammenhang sprechen die Verfasser des Berichts im Gegenteil von einer Freistellungsverpflichtung eines transparent besteuernden Wohnsitzstaats im Jahr der Gewinnerzielung435 und einer – nach innerstaatlichem Steuerrecht – fehlenden Möglichkeit, eine „Ausschüttung“ im Folgejahr zu besteuern436. Die im BMF-Schreiben vom 28.12.1999437 eingenommene Position findet in den dort in Bezug genommenen Passagen des OECD-Berichts keine Bestätigung. (4) Auffassung von Krabbe Schließlich vermögen auch die von Krabbe im Übrigen vorgetragenen Argumente die Position der Finanzverwaltung nicht zu stützen438: Seiner Ansicht zufolge bedarf der Vermeidungsartikel bei Qualifikationskonflikten, die aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten resultieren, einer einschränkenden Auslegung im Wege der teleologischen Reduktion. Dies soll sich in Übereinstimmung mit den Steuerverwaltungen der OECD-Staaten aus dem OECD-Bericht ergeben. Da der Quellenstaat auf Grund seiner Qualifikation der Einkünfte nicht erwarte, dass der andere Vertragsstaat die Einkünfte freistellt, 434 Tz. 136: „[. . .] the fact that State [. . .] taxes two different events (the earning of the profits an their distribution) while State [. . .] only taxes one event (the earning of the profits); [. . .] – the timing mismatch“. 435 Tz. 137: „If State [. . .] [Wohnsitzstaat] applies the exemption method, it must refrain from taxing the partnership’s business profits derived from State [. . .] [Quellenstaat] in year 1“. 436 Tz. 138: „While the convention would allow State [. . .] [Wohnsitzstaat] to tax the profit distribution in year 2, such taxation would be inconsistent with State [. . .] [Wohnsitzstaat] treatment of partnership and is therefore not allowed by its domestic law“. 437 BStBl. I 1999, 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 438 H. Krabbe, IStR 2000, S. 23; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 863 (870), ders., IStR 2002, S. 145 (149).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
und die Freistellung im Ansässigkeitsstaat unter der stillschweigenden Prämisse stehe, dass sich der Quellenstaat nach DBA im Besitz des vollen Quellenbesteuerungsrechts sieht, entspräche es nicht mehr dem Sinn des Ausgleichs der Doppelbesteuerung nach dem Methodenartikel, in diesen Fällen die Freistellung zu gewähren. Abgesehen von derartigen Qualifikationskonflikten bleibe es dabei, dass eine Freistellung entsprechender Einkünfte – vorbehaltlich dem Bestehen einer subject to tax-Klausel – eine (tatsächliche) Besteuerung im Quellenstaat nicht voraussetze. Wenn neuere deutsche DBA derartige Klauseln enthalten (z. B. Abschn. 21 des Protokolls zum DBA-USA)439, sollen sich diese als Ausdruck dessen erweisen, was sich ohnehin aus einer teleologisch reduzierten Auslegung des DBA ergibt. Unbewusste Gesetzeslücken, die möglicherweise durch teleologische Reduktion zu schließen sind, bestehen nach Ansicht von J. Lang440 in planwidrigen mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbarenden Unvollständigkeiten des Gesetzes: „Der Gesetzgeber hat [danach] einen bestimmten Plan gehabt, einen bestimmten Gesetzeszweck realisieren zu wollen; es ist ihm dies aber nicht gelungen; das Gesetz oder einzelne Gesetzesvorschriften sind, gemessen am zugrunde liegenden Plan oder Zweck, lückenhaft geblieben, der verfolgte Zweck ist tatbestandlich nicht oder nicht voll abgedeckt. Es handelt sich um eine Panne bei der Umsetzung des Plans oder Zwecks in gesetzliche Tatbestände, sei es, dass der Gesetzgeber nicht alle Lebenssachverhalte bedacht hat, sei es, daß er sie nicht bedenken konnte, weil sie im Zeitpunkt der Gesetzesbeschließung noch nicht vorkamen“. Keine Gesetzeslücken in diesem Sinne sind einerseits bewusste Gesetzeslücken und zum anderen rechtspolitische Unvollständigkeiten, d. h. rechtspolitische Fehler, bei denen eine Regelung nur wünschenswert wäre441. Ob die in den genannten Situationen auftretende Minderbesteuerung von Einkünften als bewusste Gesetzeslücke, als planwidrige (unbewusste) Gesetzeslücke oder als rechtspolitischer Fehler zu werten ist, kann mit Blick auf den Schrankenrechtscharakter von DBA allein im erstgenannten Sinne beantwortet werden. Ergibt sich eine abkommensrechtlich motivierte Minderbesteuerung als Konsequenz der Vermeidung (auch) einer virtuellen Doppelbesteuerung, liegt darin eine von den Verfassern des Musterabkommens (offensichtlich) bewusst gelassene Regelungslücke442. Dies berücksichtigend sind subject to tax- und switch over-Klauseln gerade nicht in einem deklaratorischen Sinne zu verstehen und werden, wie gesehen, selbst nach der jüngsten Revision des OECD-Musterkommentars so nicht verstanden443. Im Übrigen erscheint es zweifelhaft, ob der 439
Eingehend im dritten Kapitel B. II. 2. a) ee). J. Lang in. Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 72. 441 H. W. Kruse/K. D. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2001, § 4 AO, Rn. 351. 442 Siehe vorstehend (1). 440
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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OECD-Bericht respektive der OECD-Musterkommentar überhaupt eine telelogische Reduktion nahe legt. Die von Krabbe geteilte Position der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999444 könnte in den OECD-Quellen allenfalls insoweit Bestätigung finden, als ein entsprechender Qualifikationskonflikt eine doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften („weiße Einkünfte“) nach sich zieht445; resultieren daraus ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“, bleibt der Wohnsitzstaat nach den Feststellungen des OECD-Berichts446 und des OECDMusterkommentars 2000447 – vorbehaltlich Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA – nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA zu einer Freistellung verpflichtet. Ferner betrachten selbst die OECD-Quellen448 die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA als Ergebnis einer „Auslegung“ („must also be interpreted“), welche mit der „grundlegenden Funktion“ („basic function“) des Vermeidungsartikels übereinstimmen soll. Wie gesehen muss von der Auslegung einer Rechtsnorm die jenseits eines möglichen Wortverständnisses liegende teleologische Reduktion unterschieden werden449. Da Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA bei Qualifikationskonflikten, die aus Unterschieden in den nationalen Steuerrechtsordnungen der Vertragsstaaten resultieren, keine planwidrige Regelungslücke enthält, kann im Ergebnis dahin stehen, ob die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion oder teleologischen Extension vorliegen. Bei einer teleologischen Reduktion wird das Gesetz hinter seinen möglichen Wortsinn zurückgenommen, wird der zu weite Wortlaut des Gesetzes auf dessen engeren Zweck reduziert450; im Falle der teleologischen Extension wird der zu enge Wortlaut auf dessen weiter gehenden Zweck erweitert451. Günkel und Lieber452 weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA ein i. S. d. Finanzverwaltung verstandener Gesetzeszweck nicht entnommen werden kann; eine (gedankliche) Ergänzung des Passus „im anderen Vertragsstaat besteuert werden“ hin zu „im anderen Vertragsstaat tatsächlich besteuert werden“, läuft auf eine teleologische Extension hinaus.
443
Siehe vorstehend (2). BStBl. I 1999, S. 1121; IStR 2000, S. 23; DStR 2000, S. 245. 445 Dazu eingehend oben (2). 446 OECD-Bericht, Tz. 107. 447 Nr. 32.3 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B. 448 Tz. 111 = Nr. 32.6 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B. 449 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 71 m. w. N. 450 H. W. Kruse/K. D. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2001, § 4 AO, Rn. 381 ff. (382); J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 75. 451 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 75. 452 FR 2001, S. 132. 444
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ee) Zwischenergebnis Wegen des Schrankenrechtscharakters von Abkommen ist es entgegen dem OECD-Bericht453, dem OECD-MK 2000454, der Ansicht der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999455 und der Auffassung von Krabbe456 für das Verständnis von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA unerheblich, ob die betreffenden Einkünfte im anderen Vertragsstaat (tatsächlich) Besteuerung finden457. Dies gilt insbesondere für negative Qualifikationskonflikte, die sich aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten ergeben. Neben einer tatsächlich bestehenden Doppelbesteuerung beseitigt Art. 23 A Abs. 1 OECDMA auch eine scheinbare oder virtuelle Doppelbesteuerung. Der Passus „im anderen Vertragsstaat besteuert werden“ bezieht sich nur auf den abkommensrechtlich gezogenen Besteuerungsrahmen, nicht dessen tatsächliche Ausfüllung durch die Vertragspartner. Ein an den einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäben des Art. 31 WÜRV orientiertes Verständnis führt zu gleich lautenden Ergebnissen. Der nach seinem Wortlaut der Auffassung der OECD, des BMF im Schreiben vom 28.12.1999 und der Ansicht von Krabbe458 entsprechende Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA kann nach Art. 31 Abs. 4 WÜRV unter Berücksichtigung der einschlägigen OECD-Quellen auf die dort genannten Fälle beschränkt werden. In den Anwendungsbereich dieser (gesetzlich normierten) switch over-Klausel fallen daher Qualifikationskonflikte, die – mit Ausnahme von solchen aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht – aus einem unterschiedlichen Verständnis des Abkommens oder des einschlägigen Sachverhalts resultieren.
453
Tz. 106 ff. Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B. Zustimmend K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 37. 455 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 456 IStR 2000, S. 23 ff.; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders., IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.). 457 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.533 ff. (16.534); K. Vogel in: Vogel, DBA, Art. 23, Rn. 68 (3. Aufl. 1996), ders. nunmehr a. A. ders. in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 37; F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2002, Art. 23 MA, Rn. 46; ders., StuW 1990, S. 404 (409); D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 ff. (144); J. M. Mössner in: Grundfragen des Internationalen Steuerrechts, DStJG, Hrsg. K. Vogel, S. 135 (146 ff.); M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 10, Gr. 2, International, S. 1393 ff.; dies., IWB, F. 3. Gr. 2, Deutschland, S. 871 ff.; dies., FR 2000, S. 853 (855 ff.); dies., FR 2001, S. 132; B. Lieber, FR 1999, S. 1364 ff.; ebenso die höchstrichterliche Rspr.: BFH-Urteil v. 14.12.1988, BStBl. II 1989, S. 319 (321); RFH-Urteil v. 3.10.1935, RStBl. 1935, S. 1399; v. 29.02.1940, RStBl. 1940, S. 532; BFH-Urteil v. 7.7.1967, BStBl. III 1967, S. 588; v. 13.9.1972, BStBl. II 1973, S. 57; v. 31.7.1974, BStBl. II 1975, S. 61; v. 20.10.1982, BStBl. II 1983, S. 402. 458 Siehe vorstehend B. II. 2. c) bb) (2) sowie B. II. 2. c) cc). 454
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
145
Dagegen ist Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA unter Anlegung der Auslegungsmaßstäbe von Art. 31 WÜRV nicht i. S. d. OECD-Berichts, des OECD-MK 2000, des BMF-Schreibens vom 28.12.1999 oder der Auffassung von Krabbe459 zu verstehen. Selbst wenn der Wortlaut von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA, entgegen der hier vertretenen Ansicht, eine gedankliche Ergänzung i. S. v. „tatsächlich besteuert werden“ rechtfertigen würde, fehlt es an einer „besonderen Bedeutung“, die „die Vertragsparteien [ursprünglich] [. . .] beabsichtigt haben“ (Art. 31 Abs. 4 WÜRV). Eine „besondere Bedeutung“ im genannten Sinne kann insbesondere nicht dem OECD-Bericht oder der aktuellen Fassung des OECDMusterkommentars entnommen werden, da Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA im Zuge der Revision des Jahres 2000 unverändert fortgeschrieben und zuvor in diesem Sinne nicht verstanden wurde460. Die im OECD-Musterkommentar des Jahres 2000 eingenommene Sichtweise zur Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA bei Qualifikationskonflikten, resultierend aus Unterschieden im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten461, lässt sich insbesondere nicht als Änderung des einschlägigen Kommentars begreifen, welche „den übereinstimmenden Willen der Mitgliedstaaten der OECD in Bezug auf eine angemessene Auslegung bestehender Regelungen“ wieder gibt462. Eine synoptische Gegenüberstellung der bisherigen und aktuellen Kommentierung zu subject to tax- und switch over-Klauseln463 verdeutlicht, dass Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA nach wie vor (unverändert) eine scheinbare oder virtuelle Doppelbesteuerung vermeidet464. Soweit die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.12.1999465 zur Begründung auf den OECD-Bericht verweist, lässt sich dieser Bezugnahme entsprechendes nicht entnehmen466. Resultieren aus einem negativen Qualifikationskonflikt minder besteuerte „graue Einkünfte“, steht die Auffassung der Finanzverwaltung in ausdrücklichem Widerspruch zu den begründungsweise herangezogenen OECD-Quellen467. Auch die von Krabbe468 für die Position der Finanzverwaltung vorgetragenen zusätzlichen Argumente greifen nicht durch469. Insbesondere ergibt sich eine 459
Siehe vorstehend B. II. 2. c) bb) (2) sowie B. II. 2. c) cc). Siehe vorstehend (2). 461 Nr. 32.6 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B. 462 Nr. 35 der (unverändert forgeschriebenen) Einleitung zum OECD-MK. 463 Nr. 35 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B. 464 Siehe vorstehend (2). 465 BStBl. I 1999, S. 1121; IStR 2000, S. 23; DStR 2000, S. 245. 466 Siehe vorstehend (3). 467 OECD-Bericht, Tz. 107; Nr. 32.3 des OECD-MK n. F. zu Art. 23 A und 23 B. 468 IStR 2000, S. 23 ff.; ders., IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders., IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.). 469 Siehe vorstehend (4). 460
146
2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Beschränkung der Rechtsfolgen des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA nicht aus einer „teleologischen Reduktion“. In diesem Zusammenhang erweist sich die unbedingte Verpflichtung des Wohnsitzstaats zur Freistellung (auch) im Fall einer virtuellen Doppelbesteuerung von Einkünften als „bewusste Regelungslücke“ der Verfasser des OECD-MA, die dem Schrankenrechtscharakter von Abkommen Rechnung trägt. Die vorstehende Betrachtung hat gezeigt, dass sich ein negativer Qualifikationskonflikt nicht durch entsprechende Auslegung des Art. 23 A Abs. 1 OECDMA vermeiden lässt. Möchte der Wohnsitzstaat einer aus seiner Sicht unerwünschten Nicht- oder Minderbesteuerung von Einkünften begegnen, ist entweder (generell) ein Übergang zur Anrechnungsmethode oder (im Einzelfall) die Vereinbarung von subject to tax- oder switch over-Klauseln angezeigt470. 3. Generelle Anwendung des Zinsartikels Art. 11 OECD-MA unabhängig von dem Besteuerungskonzept im anderen Vertragsstaat Nach vormaliger – mittlerweile ausdrücklich aufgegebener – Ansicht von Wassermeyer und Piltz471 ist die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters unabhängig vom Besteuerungskonzept des anderen Vertragsstaats grundsätzlich als „Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA zu betrachten. Aus der Perspektive eines deutschen Rechtsanwenders müsse sich die Auslegung von Abkommen an der zivilrechtlicher Struktur einer stillen Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HBG orientieren. Nicht anders als eine typisch stille Gesellschaft begründe eine atypisch stille Gesellschaft lediglich eine schuldrechtliche Forderung gegen den Inhaber des Handelsgewerbes472. Als Innengesellschaft sei eine stille Gesellschaft in erste Linie Schuldverhältnis und nicht Organisationsform473. Diese zivilrechtliche Betrachtungsweise soll für die Auslegung von 470 Zum Letzteren eingehend im dritten Kapitel anhand des DBA-Österreich [A. II. 1. e)], des DBA-Schweiz [B. I. 2. a) dd)] und des DBA-USA [B. II. 2. a) ee) und ff)]. 471 Vormals von F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (139 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 MA, Rn. 99). 472 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141); Nach R. Müller, IStR 1996, S. 266 (274) entkoppele diese Ansicht die zivilrechtliche Einlageverpflichtung eines stillen Gesellschafters von dessen Gesamtstellung als Gesellschafter. Der Einlage soll damit auf Ebene des Abkommens eine darlehensähnliche Qualifikation zukommen. Diesem Erklärungsansatz ist nicht zu folgen, da bereits zivilrechtlich die Einlage gerade nicht als Darlehen zu verstehen ist (dazu ausführlich im ersten Kapitel unter B. I. 1.).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
147
DBA grundlegend sein, da die BFH-Urteile vom 27.2.1991474 und 31.5.1995475 eine gewisse Neigung der Rechtsprechung erkennen ließen, (künftig) in diesem Sinne zu entscheiden476. Mit der im Rahmen dieser Arbeit eingenommenen Position477 stimmt die vormalige Auffassung von Wassermeyer und Piltz insoweit überein, als eine atypisch stille Gesellschaft grundsätzlich unter den Unternehmensartikel zu subsumieren ist. Der Unternehmensartikel bleibt jedoch nur vorrangig, wenn keine speziellere Verteilungsregel eingreift (Art. 7 Abs. 7 OECD-MA)478. Begründet die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters eine Forderung jeder Art i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA, erweist sich der Zinsartikel – vorbehaltlich des Betriebsstättenvorbehalts479 – gegenüber dem Unternehmensartikel vorrangig. Auf dieser Grundlage entwickelten die Genannten ein dreistufiges Modell480. Dieses trägt dem Umstand Rechnung, dass eine „stille Gesellschaft“ – abweichend vom Musterabkommen – in deutschen DBA in unterschiedlicher Weise Erwähnung findet481. Wird (1) der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in einem DBA, respektive Schlußprotokoll, ausdrücklich den Unternehmensgewinnen zugeordnet, müsse dies respektiert werden482; das Abkommen entfalte insoweit konstitutive Wirkung. Ist (2) im Dividendenartikel eines DBA u. a. nur von „stiller Gesellschaft“ die Rede, ohne zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Variante zu unterscheiden483, sei (auch) eine atypisch stille Gesellschaft unter die Dividendenvorschrift zu subsumieren; unter Bezugnahme auf das OECD-MA verweist Piltz auf eine zivilrechtliche Betrachtungsweise484; die Formulierung „stille Gesellschaft“ müsse i. S. d. deutschen HGB verstanden werden, womit die Vorschrift neben einer typisch- auch eine aty473 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 unter Bezugnahme auf K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1838. 474 BStBl. II 1991, S. 444. 475 BStBl. II 1995, S. 683 = IStR 1995, S. 438. 476 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115; in seiner Bewertung deutlich weit gehender D. J. Piltz (in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 [140]): „Diese Passage [des Urteils vom 27.2.1991] ist für die Auslegung von DBA grundlegend. Denn sie statuiert eine rein zivilrechtliche Betrachtungsweise“. 477 Vgl. dieses Kapitel unter B. II. 1. 478 A. A. R. Müller, IStR 1996, S. 266 (274); vgl. dazu im Übrigen dieses Kapitel B. II. 1. b) aa) (2). 479 Dazu eingehend unten 4. 480 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115; D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (142). 481 Nur die DBA mit dem Iran, Süd-Korea, Polen und Thailand enthalten keine Bestimmungen zur stillen Gesellschaft (Übersicht im ersten Kapitel B. III.). 482 Übersicht im ersten Kapitel B. III. 1; eingehend im dritten Kapitel A. 483 Übersicht im ersten Kapitel B. III. 2. b); eingehend im dritten Kapitel B. II. 484 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141).
148
2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
pisch stille Gesellschaft erfasse; die „Ausgliederung“ einer atypisch stillen Gesellschaft lasse sich jedenfalls nicht rechtfertigen. Beschränkt sich der Dividendenartikel (3) u. a. auf eine „typisch stille Gesellschaft“ und enthält das betreffende DBA darüber hinaus keine ausdrückliche Verweisung auf den Unternehmensartikel485, sei eine atypisch stille Gesellschaft – entsprechend dem OECDMA – unter den Zinsartikel zu subsumieren. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Unter Berücksichtigung der einschlägigen abkommensrechtlichen Begriffsbildung ist eine atypisch stille Gesellschaft nicht in genereller Weise unter Art. 11 Abs. 3 OECD-MA zu subsumieren. a) Kein zivilrechtliches Verständnis der Zinsdefinition Mit Blick auf die abkommensrechtliche Begriffsbildung gibt die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA keinen zivilrechtlichen, sondern einen steuerrechtlichen Maßstab vor. Wie gesehen, verzichtet die Zinsdefinition seit der Revision des OECD-MA im Jahre 1977 auf eine als Auffangtatbestand konzipierte Qualifikationsverkettung486. Ausweislich Nr. 21 Satz 1 lit. a des OECD-MK zu Art. 11 umfasst die Definition „praktisch alle Einkunftsarten, die nach dem innerstaatlichen Recht der verschiedenen Staaten als Zinsen gelten“. Dies berücksichtigend besteht zwar Einigkeit, dass die Zinsdefinition grundsätzlich abschließend zu verstehen ist und eine eigenständige abkommensrechtliche Begriffsbildung vornimmt487. Anhaltspunkte für ein primär am Zivilrecht orientiertes Verständnis finden sich indessen nicht. Bereits Nr. 21 Satz 2 des OECD-MK zu Art. 11 macht deutlich, dass die Erträge aus den dort genannten Gläubigerrechten in den betreffenden Vertragsstaaten als Zinsen besteuert werden. In diesem Sinne heißt es: „Den Vertragsstaaten steht es im Übrigen frei, die vorliegende Definition in einem zweiseitigen Abkommen zu erweitern und dadurch Einkünfte einzubeziehen, die nach dem innerstaatlichen Recht eines Staates wie Zinsen besteuert werden, jedoch nicht von der Definition gedeckt sind“488. Dies 485
Übersicht im ersten Kapitel B. III. 2. a); eingehend im dritten Kapitel B. I. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. b). 487 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.16.362; R. Pöllath in: Vogel/Lehner, DBA, § 11, Rn. 59; F. Wassermeyer in. Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 71. Wenn Wassermayer (in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 73) unter Hinweis auf die Verwendung der Termini „Einkünfte“ und „Forderung“ in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA den Zinsbegriff nach wie vor in erster Linie am Zivil- oder Bilanzrecht orientieren möchte, mag entsprechendes „in erster Linie“ durchaus zutreffen. Jedenfalls nimmt seine einschlägige Kommentierung diesen Umstand nicht mehr zum Anlass, eine stille Gesellschaft – verstanden als Oberbegriff – allein ihrer zivilrechtlichen Konzeption folgend unter Art. 11 Abs. 3 OECD-MA zu subsumieren (in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 73 ff., 79 ff. [80]). 488 „It nevertheless remains understood that in a bilateral convention two Contracting States may widen the formula employed so as to include in it any income which 486
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
149
bedeutet umgekehrt, dass die Erträge aus den in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA genannten Gläubigerrechten in den betreffenden Vertragsstaaten jedenfalls als Zinsen besteuert werden. Wäre eine innerstaatliche Besteuerung als Zinsen zu Gunsten einer zivilrechtlichen Sichtweise nicht erforderlich, erwiese sich die im OECD-Musterkommentar anheim gestellte Ergänzung der Zinsdefinition (insoweit) als überflüssig. Anhaltspunkte für ein primär zivilrechtliches Verständnis einer „Forderung jeder Art“ bestehen nicht. Ferner lässt sich den BFH-Urteilen vom 27.2.1991489 und 31.5.1995490 keine „gewisse Neigung“ zu einer zivilrechtlichen Interpretation des Art. 11 Abs. 3 OECD-MA entnehmen. Der Umstand, dass die genannten Entscheidungen zum DBA-USA 1954/65 ergangen sind, steht einer Berücksichtigung bei der Auslegung des OECD-MA grundsätzlich nicht entgegen. Gegenstand der angeführten Urteile ist die Auslegung des Zinsartikels Art. 7 DBA-USA 1954/65, der Zinsen unter Verzicht auf eine eigenständige Definition u. a. als „Zinsen aus Obligationen, Kassenscheinen, Schuldverschreibungen, Wertpapieren oder anderen Schuldverpflichtungen (einschließlich der durch Hypotheken oder andere Grundpfandrechte gesicherten Schulden)“ versteht491. Zwischen den Formulierungen „Zinsen aus [. . .] anderen Schuldverpflichtungen“ und „Einkünften aus [. . .] Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA lässt sich weder inhaltlich noch qualitativ ein wesentlicher Unterschied ausmachen. Eine (stellvertretende) Analyse der Entscheidungsgründe des Urteils vom 27.2.1991492 verdeutlicht, dass der BFH die Auslegung von Abkommen nicht primär an zivilrechtlichen Maßstäben orientiert. Zur Entscheidung stand die Frage, ob die von einer US-amerikanischen Limited Partnership an ihren deutschen Gesellschafter auf Grund einer separaten Schuldverpflichtung gezahlten Darlehenszinsen abkommensrechtlich als Zinsen in Deutschland oder als Sondervergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Betriebsstättengewinne) in den USA zu besteuern sind. Dabei lässt sich die Argumentation des erkennenden Senats in zwei Schritte unterteilen: In einem ersten Schritt war zu klären, ob das vereinbarte Darlehen eine „Schuldverpflichtung“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1954/65 begründet. Dazu heißt es493: „Der Begriff der Zinsen ist im Abkommen zwar nicht definiert. Es muß sich aber um eine Vergütung für die Überlassung von Kapital im Rahmen eines „Gläubiger-Schuldner-Verhältnisses“ is taxed as interest under either of their domestic laws but which is not covered by the definition“. 489 BStBl. II 1991, S. 444. 490 BStBl. II 1995, S. 683 = IStR 1995, S. 438. 491 BStBl. I 1966, S. 219 (223); im ursprünglichen Abkommen (BStBl. I 1955, S. 69 [73]) ist an gleicher Stelle von „Zinsen von [. . .] irgendeiner anderen Schuldverpflichtung“ die Rede. 492 BStBl. II 1991, S. 444. 493 BStBl. II 1991, S. 444 (446) B. 2. a.
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
handeln. Das ergibt sich aus der Verwendung der Worte „oder anderen Schuldverpflichtungen“ in Art. 7 Abs. 1 DBA-USA. Eine derartige Schuldverpflichtung liegt vor“. Die Subsumtion gestaltet sich an dieser Stelle nicht sonderlich problematisch, da ein originäres Darlehen i. S. d. § 607 BGB gewissermaßen den Prototyp einer „Schuldverpflichtung“ bildet. Anhaltspunkte für eine am Zivilrecht orientierte Auslegung des Zinsbegriffs finden sich insoweit nicht. Erst im zweiten Schritt der Begründung des BFH gewinnt eine zivilrechtliche Betrachtungsweise an Bedeutung, nämlich für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Darlehensvereinbarung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abkommensrechtlich anzuerkennen ist: „Die Klägerin hat der LP [Limited Partnership] ein Darlehen gewährt, das zu einer zivilrechtlichen Schuldverpflichtung der LP führte [. . .]. Auch wenn die Beteiligung der Klägerin an der LP [. . .] als „deutsches Unternehmen“ gilt, schließt das nicht aus, daß zwischen einer Personengesellschaft amerikanischen Rechts und einem ihrer Gesellschafter eine Schuldverpflichtung besteht“494. Für die abkommensrechtliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft wäre der „zweite Schritt“ des BFH unerheblich. Die schuldrechtlich ausgestaltete Berechtigung eines atypisch stillen Gesellschafters tritt nicht, wie bei Sondervergütungen anzutreffen, zu einem nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bestehenden Gesellschaftsverhältnis hinzu, sondern begründet ein eigenständiges Gesellschaftsverhältnis, welches für sich genommen in keiner Konkurrenz zu einer parallelen Leistungsbeziehung steht. Dem BFH-Urteil von 27.2.1991495 sind folglich keine Anhaltspunkte für eine am Zivilrecht orientierte Auslegung des Art. 11 Abs. 3 OECD-MA zu entnehmen. Gleiches gilt für das vergleichbar begründete BFH-Urteil vom 31.5.1995496. Mit Blick auf die abkommensrechtliche Begriffsbildung ist die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA, auch unter Berücksichtigung der von Wassermeyer und Piltz angeführten BFH-Urteile vom 27.2.1991 und 31.5.1995497, nicht in einem primär zivilrechtlichen Sinne zu verstehen. b) Atypisch stille Gesellschaft keine „Forderung jeder Art“ Selbst wenn der abkommensrechtliche Zinsbegriff nicht primär in einem zivilrechtlichen Sinne zu verstehen ist, bleibt die Frage, ob eine atypisch stille Gesellschaft eine „Forderung jeder Art“ begründen kann. In diesem Zusammenhang ist offensichtlich anerkannt, dass der Zinsbegriff nicht nach Art. 3 Abs. 2 494 Diese Passage wurde von D. J. Piltz (in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 [140]) als Beleg für seine Auffassung herangezogen. 495 BStBl. II 1991, S. 444. 496 BStBl. II 1995, S. 683 (684) C. 1. a. 497 BStBl. II 1991, S. 444; BStBl. II 1995, S. 683 (684) C. 1. a.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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OECD-MA unter Rückgriff auf das jeweilige innerstaatliche Steuerrecht zu bestimmen ist498. Gleichwohl besteht erkennbar ein Bedürfnis, den in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA verwandten Zentralbegriff „Forderung jeder Art“ unter Berücksichtigung der dort im Übrigen genannten Kriterien und Regelbeispiele im Lichte des jeweiligen innerstaatlichen Steuerrechts auszulegen. Eine atypisch stille Gesellschaft kann nicht deswegen aus dem Anwendungsbereich des Zinsartikels ausgeschlossen sein, weil ein atypisch stiller Gesellschafter in Deutschland grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG)499 und nicht Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) bezieht. Der abkommensrechtliche Zinsbegriff ist mit Einkünften aus Kapitalvermögen nicht synonym, da diese gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG u. a. Einnahmen aus Dividenden umfassen, denen abkommensrechtlich mit Art. 10 OECD-MA eine eigenständige Kategorie von Einkünften gewidmet ist. Insbesondere könnte der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters eine „Beteiligung am Gewinn des Schuldners“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA vermitteln, weswegen eine Einschlägigkeit des Zinsartikels nicht per se ausscheidet. Der im Rahmen der abkommensrechtlichen Zinsdefinition verwandte Oberbegriff „Forderung jeder Art“ findet im deutschen EStG insoweit eine Entsprechung, als dort in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von „Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art“ die Rede ist. Dies ergibt sich sowohl aus der systematischen Stellung im Anschluss an die „klassischen“ Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG), jedoch vor den ausführlichen Regelungen zur Besteuerung von Finanzderivaten (§ 20 Abs. 2 EStG), als auch dem Wortlaut der Vorschrift. Umfasst der abkommensrechtliche Zinsbegriff nach Nr. 21 Satz 1 lit. a des OECD-MK zu Art. 11 alle Einkunftsarten, „die nach dem innerstaatlichen Recht der verschiedenen Staaten als Zinsen gelten“, gilt dies im deutschen EStG für sämtliche Einnahmen, die „Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art“ begründen. Unter diesen Oberbegriff fallen insbesondere „Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen“ gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG500; davon ausgenommen ist nach der gesetzlichen Konzeption eine atypisch stille Gesellschaft, falls der Gesellschafter als Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist501. Wenn der abkommensrechtliche Zinsbegriff 498 F. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 71. 499 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). 500 Zustimmend F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 73: „Man kann sagen, daß in Art. 11 Abs. 3 die Tatbestände des § 20 Abs. 1 Nrn. 4 bis 8 EStG zusammengefaßt werden. 501 Im Ergebnis zustimmend F. Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 80; demzufolge könne die offene oder verdeckte Beteiligung an einer Personenge-
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
sämtliche Einnahmen umfasst bzw. umfassen möchte, die nach dem innerstaatlichen Recht als Zinsen gelten, ist die Ausklammerung der Mitunternehmerschaft aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG für die (negative) Bestimmung des abkommensrechtlichen Zinsbegriffs maßgeblich. Liegen die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nicht vor, begründet der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters keine Forderung jeder Art i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA. Wie gesehen, ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters grundsätzlich unter den Unternehmensartikel Art. 7 OECD-MA zu subsumieren502, falls nicht der Dividendenartikel (endgültig)503 Vorrang genießt504. Somit ist der vormaligen – mittlerweile ausdrücklich aufgegebenen – Ansicht von Wassermeyer und Piltz505, nach der der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unabhängig vom Besteuerungskonzept des anderen Vertragsstaats grundsätzlich als „Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA zu betrachten, nicht zu folgen. Weder die einschlägige Begriffsbildung in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA, noch die als Beleg angeführten BFH-Urteile vom 27.2.1991 und 31.5.1995506 vermögen ein primär zivilrechtliches Verständnis des abkommensrechtlichen Zinsbegriffs zu begründen bzw. lassen eine gewisse dahin gehende Neigung des BFH erkennen. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafter begründet keine Forderung jeder Art i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECDMA. 4. Betriebsstättenvorbehalt Wird (bzw. würde) der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 7 Abs. 7 OECD-MA unter den insoweit spezielleren Dividendenartisellschaft keine Forderung jeder Art i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA sein. Dies sei allerdings in einem abkommensrechtlichen Sinne zu verstehen, weshalb eine Kapitalüberlassung, die nach deutschem Steuerrecht unter § 15 EStG zu subsumieren ist (z. B. eine atypisch stille Gesellschaft), nicht automatisch aus dem Anwendungsbereich des Art. 11 Abs. 3 OECD-MA herausfalle. Der insoweit vorgenommene Vorbehalt wird aus der in Bezug genommenen Passage der Kommentierung von Wassermeyer nicht deutlich. Möglicherweise möchte Wassermeyer die aus dem Anwendungsbereich des Art. 11 Abs. 3 OECD-MA ausgenommene atypisch stille Gesellschaft – in der Sache zutreffend – in einem abkommensrechtlichen Sinne (Art. 7, 3 Abs. 2 OECDMA) und nicht unreflektiert gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verstanden wissen. 502 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 1. 503 Zum bereits erwähnten Betriebsstättenvorbehalt eingehend unten 4. 504 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. 505 Vormals von F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (139 ff.); ders., in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001 Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2001, Art. 7 MA, Rn. 99). 506 BStBl. II 1991, S. 444; BStBl. II 1995, S. 683 = IStR 1995, S. 438.
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
153
kel (oder Zinsartikel) subsumiert, verbleibt es bei dieser Zuordnung nur, wenn der Betriebsstättenvorbehalt des Art. 10 Abs. 4 oder Art. 11 Abs. 4 OECD-MA nicht eingreift507. Ausweislich Art. 10 Abs. 4 OECD-MA liegen abkommensrechtlich keine Dividenden vor, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, in dem die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebsstätte gehört508. Im Zinsartikel findet sich eine parallel strukturierte Regelung509. Ob der Betriebsstättenvorbehalt auf den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters Anwendung findet, wird in der Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum unterschiedlich beurteilt: a) Rechtsprechung des BFH – Urteil vom 21.7.1999 In einem obiter dictum zum Urteil vom 21.7.1999510 hat sich der I. Senat des BFH ausdrücklich für eine Einschlägigkeit des Betriebsstättenvorbehalts ausgesprochen. Die Entscheidung beschäftigt sich eingehend mit der Auslegung von Art. 10 Abs. 5 DBA-Schweiz511. Die Vorschrift über Unternehmensgewinne ist danach vorrangig, „wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Empfänger der Dividenden in dem anderen Vertragsstaat, in dem die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine Betriebsstätte hat und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebsstätte gehört“. Ein inhaltlicher Unterschied gegenüber dem Musterabkommen ist nicht auszumachen, da in beiden Fällen im Kern die tatsächliche Zugehörigkeit einer Beteiligung zu einer Betriebsstätte gefordert wird. Die Voraussetzungen für eine Rückverweisung sah der BFH im genannten Urteil erfüllt. Entscheidende Bedeutung wurde dem Begriff der „tatsächlichen Zugehörigkeit“ beigemessen. Nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden I. Senats soll ein Wirtschaftsgut „tatsächlich“ zu einer Betriebsstätte gehö-
507
Dazu in diesem Kapitel B. I. Im OECD-MA 1997 fand sich statt der Formulierung „eine Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt“ der Passus „eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte oder eine selbstständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt“. Die Neufassung resultiert aus der Abschaffung des Art. 14 OECD-MA zu Gunsten einer Erweiterung des Anwendungsbereichs von Art. 7 OECD-MA (dazu H. Krabbe, IStR 2000, S. 196). Materielle Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage ergeben sich daraus nicht (H. Krabbe, IStR 2000, S. 196 [197]). 509 Dort ist von einer „Forderung“ die Rede, „für die die Zinsen gezahlt werden“. 510 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 511 Ausführliche Ausführungen zum DBA-Schweiz finden sich im dritten Kapitel B. I. 2. aa). 508
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
ren, wenn es aus Sicht der Betriebsstätte einen Aktivposten bildet512 und in einem funktionalen Zusammenhang mit der Tätigkeit der Betriebsstätte steht513. Beide Voraussetzungen hat der I. Senat im Urteil vom 26.2.1992514 erfüllt gesehen, als es darum ging, den Anteil eines Kommanditisten an der KomplementärGmbH einer GmbH & Co. KG der Betriebsstätte der KG (die ihrerseits dem Kommanditisten zuzurechnen ist) zuzuordnen. Wenn bei einer Mitunternehmerschaft die Beteiligung an einer der Mitunternehmerschaft dienenden anderen Gesellschaft „tatsächlich“ zu der Betriebsstätte des Mitunternehmers gehöre, müsse nach Ansicht des BFH im Urteil vom 21.7.1999515 erst recht die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft selbst als dieser Betriebsstätte zugehörig angesehen werden516. b) Auffassungen im Schrifttum Wird der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter den Dividenden- oder Zinsartikel gefasst, besteht dagegen nach Auffassung von Burmester keine Möglichkeit, eine Rückverweisung auf den Unternehmensartikel vorzunehmen517. Von seiner Funktion erfasse der Betriebsstättenvorbehalt nur den Zufluss zu einer Betriebsstätte, nicht aber richtungsverschieden den Abfluss von einer ausländischen Betriebsstätte518. Die Argumentation im BFH-Urteil vom 27.2.1991519 könne teilweise auf die Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft übertragen werden520. Nach dieser Entscheidung zum DBA-USA 1954/ 65 sind Darlehenszinsen, die ein Gesellschafter neben seinem Gewinnanteil von einer Limited Partnership erhält ohne die Möglichkeit, einer Rückverweisung unter den Zinsartikel des Abkommens zu subsumieren.
512 Unter Hinweis auf BFH-Urteil v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444; v. 31.5. 1995, BStBl. II 1995, S. 683 = IStR 1995, S. 438; v. 27.2.1991, BFH/NV 1992, S. 385. 513 Unter Hinweis auf BFH-Urteil v. 30.8.1995, BStBl. II 1996, S. 563; v. 23.10. 1996, BStBl. II 1997, S. 313. 514 Unter Hinweis auf BFH-Urteil v. 26.2.1992, BStBl. II 1992, S. 937. 515 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 516 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1364) = IStR 1999, S. 721 (724). 517 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (137). 518 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (137); ebenso H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1187); K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 10-12, Rn. 38; H. Krabbe, IWB, F. 3, Gr. 2, S. 863 (867); F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 131 ff. 519 BStBl. II 1991, S. 444. 520 Kritisch G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (137).
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Im Schrifttum interpretiert Hemmelrath die „tatsächliche Zugehörigkeit“ in einem anderen Sinne521. Ist ein eindeutiger wirtschaftlicher Zusammenhang von Vermögensgegenständen nicht ersichtlich, hänge es vor allem vom Willen der Unternehmensleitung ab, welchem Betriebsteil die entsprechenden Wirtschaftsgüter zugeordnet werden; die Zuordnung liquider, nicht unternehmensnotwendiger Mittel, sei eine grundsätzliche auch vom Steuerrecht zu respektierende freie unternehmenspolitische Entscheidung522. Für die abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft kommt diesem Ansatz keine Bedeutung zu. Es besteht insoweit keine Zuordnungsalternative, da erst eine atypisch stille Gesellschaft eine Betriebsstätte begründet. c) Stellungnahme Auf den „Gewinnanteil“ eines atypisch stillen Gesellschafters findet die im Dividenden- und Zinsartikel vorgesehene Rückverweisung keine Anwendung523. Um dies zu verdeutlichen, lassen sich die Voraussetzungen des Betriebsstättenvorbehalts – erläutert am Beispiel des Art. 10 Abs. 4 OECD-MA – in zwei Gruppen teilen. Die Tatbestandsmerkmale der ersten Gruppe erfordern einen in einem Vertragsstaat (Wohnsitzstaat) ansässigen Nutzungsberechtigten, der in dem anderen Vertragsstaat (Quellenstaat; Betriebsstättenstaat), in dem die Dividenden (oder die Zinsen) zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Die Tatbestandsmerkmale der zweiten Gruppe fordern, dass die Beteiligung (oder die Forderung), für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu einer Betriebsstätte im genannten Sinne gehört. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters erfüllt weder die Voraussetzungen der ersten, noch der zweiten Gruppe von Tatbestandsmerkmalen. aa) Verhältnis von „Dividenden zahlender Gesellschaft“ und „Geschäftstätigkeit“ Ein atypisch stiller Gesellschafter, der in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, ist zwar ohne weiteres als ein „in einem Vertragsstaat ansässiger Nutzungsberechtigter“ zu betrachten. Bezieht dieser von einer entsprechenden Gesellschaft (ausschließlich) einen abkommensrechtlich als Dividende zu qualifizierenden „Gewinnanteil“, werden die weiteren Voraussetzun521
A. Hemmelrath, IStR 1995, S. 570 (573). A. Hemmelrath, IStR 1995, S. 570 (573). 523 Im Folgenden wird ausschließlich der Betriebsstättenvorbehalt des Dividendenartikels besprochen. Die Äußerungen gelten in gleicher Weise für Art. 11 Abs. 4 OECD-MA. 522
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
gen der ersten Gruppe jedoch nicht erfüllt. Eine atypisch stille Gesellschaft ist insoweit als „Dividenden zahlende Gesellschaft“ zu betrachten, die im anderen Vertragsstaat als selbstständiges Steuersubjekt „ansässig“ ist524. Allerdings kann eine solche Gesellschaft nicht zugleich eine „Geschäftstätigkeit“ durch eine „dort gelegene Betriebsstätte aus[üben]“. Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 4 OECD-MA setzt denknotwendig zumindest zwei voneinander verschiedene Rechtsträger voraus525, da eine sprachliche Konnexität zwischen der „Dividenden zahlenden Gesellschaft“ und einer „Geschäftstätigkeit“ nicht besteht. „Die“ – konkret angesprochene – Dividenden zahlende Gesellschaft, welche dem Nutzungsberechtigten ein entsprechendes Stammrecht vermittelt, muss von „einer“ – allgemein bezeichneten – anderen Geschäftstätigkeit unterschieden werden. Darüber hinaus entspräche es nicht der Funktion des Art. 10 Abs. 4 OECDMA, den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter die genannte Vorschrift zu fassen. Der Betriebsstättenvorbehalt betrifft die Frage, ob einer im anderen Vertragsstaat gelegenen Betriebsstätte – und damit den Unternehmensgewinnen – weitere Erträge aus Quellen dieses Staates zuzurechnen sind526. In dessen Anwendungsbereich fallen nach richtiger Auffassung von Burmester nur Einkünfte, die einer Betriebsstätte zufließen und potentiell zu einer Erhöhung der Unternehmensgewinne führen. Der BFH führt in seinem Urteil vom 27.2.1991527 dazu aus: „Durch den Betriebsstättenvorbehalt [. . .] sollen Erträge aus Wirtschaftsgütern, die von der Betriebsstätte genutzt werden und zu ihrem Betriebsergebnis beigetragen haben, dem Betriebsstätten-Staat zur Besteuerung zugewiesen werden“. Nicht hingegen Abflüsse von Vermögen, die aus der Perspektive des anderen Vertragsstaats eine Gewinnausschüttung darstellen. Mit dem Betriebsstättenvorbehalt wird in funktionaler Hinsicht die „Attraktivkraft“ einer Betriebsstätte528 beschnitten. Gemeint ist die Situation, dass ein Vertragsstaat gegenüber einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person die Quellenbesteuerung für Dividenden, Zinsen oder andere Bezüge nicht (der Höhe nach) beschränkt, weil diese Person darüber hinaus im betreffenden Vertragsstaat eine Betriebsstätte unterhält; die genannten Einkünfte erhöhen den Gewinn der Betriebsstätte. Eine derartige Vorschrift fand sich beispielsweise in Art. 3 Abs. 1 DBA-USA 1954529. Ausweislich des OECD-Musterkommentars ist der Rück524
Eingehend in diesem Kapitel A. II. Dem zustimmend K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 10-12, Rn. 34 „übt dort zugleich eine gewerbliche Tätigkeit durch eine Betriebsstätte aus“; (offensichtlich) ebenso F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 131 ff. 526 G. Burmester in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 7, S. 122 (137); H. Debatin, BB 1992, S. 1181 (1187); K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 1012, Rn. 31, 38; H. Krabbe, IWB, F. 3, Gr. 2, S. 863 (867). 527 BStBl. II 1991, S. 444 (446). 528 Vgl. H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.227, 16.327 und 16.359. 525
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
157
verweisung in Art. 10 Abs. 4 und Art. 11 Abs. 4 OECD-MA eine solche Funktion beizumessen530, weswegen die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters, falls abkommensrechtliche Dividenden531, nicht zugleich einer Betriebsstätte zugerechnet werden können. bb) Tatsächliche Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte Fehlt es bereits an einer „Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte“, kann im Ergebnis dahin stehen, ob die Voraussetzungen der zweiten Gruppe, nämlich eine tatsächliche Zugehörigkeit der Beteiligung (oder der Forderung) zu dieser Betriebsstätte, vorliegt (Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4 OECD-MA). Selbst wenn der Betriebsstättenvorbehalt eine neben dem eigentlichen Stammrecht bestehende weitere Geschäftstätigkeit nicht erfordern würde, liegen die Voraussetzungen der zweiten Gruppe ebenfalls nicht vor. Mit einer „tatsächlichen Zugehörigkeit“ im genannten Sinne hat sich der I. Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 21.7.1999532 eingehend beschäftigt533. Für die Auslegung des Musterabkommens ist die angeführte Entscheidung aus mehreren Gründen von Bedeutung. Bei der Rückverweisung in Art. 10 Abs. 5 DBA-Schweiz handelt es sich um eine parallel ausgestaltete Vorschrift zu Art. 10 Abs. 4 OECD-MA534. Ferner verweist der I. Senat auf sein Urteil vom 26.2.1992535; dort interpretiert die Rechtsprechung Art. 10 Abs. 5 DBASchweiz im Lichte der entsprechenden Vorschrift im OECD-MA. Eine solche Möglichkeit bestünde nur, wenn das DBA-Schweiz nach Auffassung des BFH (insoweit) dem Musterabkommen entspricht. Der BFH widmet sich im Urteil vom 21.7.1999536 ausschließlich der zweiten Gruppe von Voraussetzungen. Ausgangspunkt der Argumentation ist das Vorliegen einer tatsächlichen Zugehörigkeit. Ein Wirtschaftsgut gehört nach Auffassung des I. Senats „tatsächlich“ zu einer Betriebsstätte, wenn es aus Sicht der 529 BStBl. I 1955, S. 69 (72); „Sofern dies der Fall ist [nämlich das Bestehen einer Betriebsstätte] kann dieser andere Staat die gesamten, aus Quellen innerhalb dieses Staates erzielten Einkünfte des Unternehmens besteuern“. 530 Nr. 31 des OECD-MK zu Art. 10 und Nr. 24 des OECD-MK zu Art. 11. 531 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. a). 532 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 533 Eine Analyse der Rechtsprechung findet sich bei F. Wassermeyer in: Debatin/ Wassermeyer, Stand Juni 2001, Art. 10 MA, Rn. 132; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 108. 534 Mit der (partiellen) Neufassung des Art. 10 Abs. 4 im OECD-MA 2000 verbindet sich keine Änderung der materiellen Rechtslage. 535 BStBl. II 1992, S. 937 (939). 536 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
Betriebsstätte einen Aktivposten bildet und in einem funktionalen Zusammenhang mit der Tätigkeit einer Betriebsstätte steht537. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die bisherige Rechtsprechung des I. Senats verwiesen. Das Erfordernis, aus Sicht der Betriebsstätte einen Aktivposten zu bilden, folgert die Rechtsprechung insbesondere aus den Urteilen vom 27.2.1991538 zum DBAUSA 1954/65539. In beiden (outbound-) Fällen gewährte der Gesellschafter einer Limitied Partnership seiner Gesellschaft ein verzinsliches Darlehen. Neben einem Gewinnanteil bezog der Gesellschafter im deutschen Steuerrecht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sonderbetriebseinnahmen zu wertende Zinsen. Verglichen mit dem OECD-MA ist der Betriebsstättenvorbehalt des DBAUSA 1954/65 im entscheidenden Punkt vergleichbar konzipiert; dort ist – im Rahmen des Zinsartikels – von einer Forderung die Rede, die „zu dieser Betriebsstätte tatsächlich gehört“540. Auf den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters lassen sich die Folgerungen der Entscheidungen vom 27.2.1991541 indessen nicht übertragen. Aus den genannten Gründen fehlt es bereits an den entscheidenden Voraussetzungen der ersten Gruppe, nämlich einer vom eigentlichen Stammrecht – im genannten Urteil das gewährte Darlehen – verschiedenen „Geschäftstätigkeit“. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, „was“ im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft tatsächlich zu einer Betriebsstätte gehören sollte542. Nach den genannten Kriterien der Rechtsprechung erfordert eine tatsächliche Zugehörigkeit, dass das betreffende Stammrecht zum Aktivvermögen der Betriebsstätte gehört543.
537
BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1364) = IStR 1999, S. 721
(724). 538
BStBl. II 1991, S. 444 und BFH/NV 1992, S. 385. BStBl. II 1991, S. 444 (I R 15/89) sowie BFH/NV 1992, S. 385 (I R 96/89); Bestätigung der Rechtsprechung durch BFH-Urteil v. 31.5.1995, BStBl. II 1995, S. 683. 540 Art. 7 Abs. 3 DBA-USA 1954/65, BStBl. II 1966, S. 219 (224); daneben hat der BFH das Revisionsprotokoll zum DBA-USA 1954/65 v. 17.9.1965 (BStBl. II 1966, S. 143) berücksichtigt. Eine Beteiligung ist danach als zur Betriebsstätte tatsächlich angehörend zu sehen, „wenn sie a) in der Betriebsstätte gehalten wird oder b) vom Unternehmen zu dem Zweck gehalten wird, die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte zu fördern oder c) wenn die Tätigkeit der Betriebsstätte wesentlich zur Erzielung der Dividenden beigetragen hat“. 541 BStBl. II 1991, S. 444. 542 Zutreffend B. Lieber, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 21.7.1999, FR 1999, S. 1361 (1365). 543 BFH v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (446 ff.); BFH/NV 1992, S. 385 (386 ff.); ebenso BFH-Urteil v. 26.2.1992, BStBl. II 1992, S. 937 (939): Eine tatsächliche Zugehörigkeit zum Vermögen der Betriebsstätte ist nicht der Fall, „wenn [die Darlehensforderung] von der Personengesellschaft passiviert werden muß.“; ebenso M. Günkel/B. Lieber, FR 2000, S. 853 (854); K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 10-12, Rn. 40, der betont, dass ein Stammrecht seiner Substanz und nicht seiner Form nach einer Betriebsstätte angehören muss. 539
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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Ein im anderen Vertragsstaat ansässiges fremdes Handelsgewerbe, gleich ob in der Rechtsform einer Kapital- oder Personengesellschaft betrieben, weist die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters, sei es als Eigen- oder Fremdkapital, jedenfalls auf der Passivseite seiner Bilanz aus544. Zum Aktivvermögen des Handelsgewerbes zählt lediglich der mit einer Einlage verbundene Liquiditätszufluß bzw. die insoweit begründete Einlageforderung; eine Verpflichtung im Sinne eines Stammrechts resultiert daraus nicht. Eine atypisch stille Gesellschaft kann ferner in keinem funktionalen Zusammenhang mit der Tätigkeit einer Betriebsstätte stehen. Im Urteil des I. Senats des BFH vom 30.8.1995545, auf das die Entscheidung vom 21.7.1999546 verweist, heißt es zum funktionalen Zusammenhang: „So gesehen sind Zinsen und Lizenzgebühren nur dann Unternehmensgewinne, wenn es sich um Nebenerträge handelt, die nach der Verkehrsauffassung zu der Tätigkeit gehören, bei der das Schwergewicht der in der Betriebsstätte ausgeübten Unternehmenstätigkeit liegt“547. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist aus den genannten grundlegenden Erwägungen eine Unterscheidung zwischen Nebenerträgen und Erträgen aus der übrigen Unternehmenstätigkeit nicht möglich. Abgesehen von Rechtsverhältnissen, die neben einer stillen Beteiligung bestehen, repräsentiert diese die ausschließliche Tätigkeit eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang erweist sich das Bestehen eines funktionalen Zusammenhangs als nicht prüfbares Tatbestandsmerkmal. Im BFH-Urteil vom 21.7.1999548 werden vorstehende Argumente, die gegen eine Einschlägigkeit des Betriebsstättenvorbehalts sprechen, nicht problematisiert. Die tatsächliche Zugehörigkeit des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters zu einer ausländischen Betriebsstätte wird mit einem a minore ad maius-Argument begründet549. Unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 544 Zur bilanziellen Behandlung im deutschen Recht eingehend M. Geuenich, DStR 1998, S. 57. 545 BStBl. II 1996, S. 563 (565); das angeführte Urteil erging im ersten Rechtsgang. Das im zweiten Rechtsgang ergangene Urteil v. 29.11.2000 (IStR 2001, S. 185, auszugsweise Wiedergabe; vollständige Wiedergabe in DANUS, Dokumentennr. 572669, S. 4 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721) bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung, soweit der Betriebsstättenvorbehalt betroffen war; dazu J. M. Mössner, RIW 2002, S. 433 (434 f.); KB, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 29.11. 2000, IStR 2001, S. 187. 546 BStBl. II 1999, S. 812 (814) = FR 1999, S. 1361 (1364) = IStR 1999, S. 721 (724). 547 BStBl. II 1996, S. 563 (565); Vergleichbare Formulierungen finden sich im BFH-Urteil vom 23.10.1996, BStBl. II 1997, S. 313 (314). 548 BStBl. II 1999, S. 812 (815) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.) = IStR 1999, S. 721 (724 ff.). 549 B. Lieber, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 21.7.1999, FR 1999, S. 1364 (1365).
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2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
26.2.1992550 zum DBA-Schweiz müsse die dort vorgenommene Zurechnung nach Auffassung des I. Senats im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft erst recht gelten551. Dieser Begründung ist nicht zu folgen: Im angeführten Urteil stand zur Entscheidung, ob Dividenden aus der Beteiligung an einer Komplementär-GmbH der im anderen Vertragsstaat durch die GmbH & Co. KG begründeten Betriebsstätte tatsächlich angehörten. Auf Grund der bereits erwähnten strukturellen Vergleichbarkeit des DBA-Schweiz mit dem Musterabkommen griff der erkennende I. Senat im Rahmen der Auslegung auf den OECD-Musterkommentar zurück. Dort heißt es in Nr. 31 zu Art. 10 zum Begriff der tatsächlichen Zugehörigkeit: Dividenden werden im Quellenstaat als Teil der Gewinne einer dort gelegenen Betriebsstätte betrachtet, „wenn sie für Beteiligungen gezahlt werden, die Teile des Vermögens der Betriebsstätte darstellen oder auf andere Weise tatsächlich zu einer Betriebsstätte gehören“552. Der BFH sah die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, weil ein funktionaler Zusammenhang der Dividenden mit den übrigen Erträgen der Betriebsstätte bestünde; die Gewinnausschüttungen wären Nebenerträge aus der aktiven Tätigkeit der Betriebsstätte, weil sich die Tätigkeit der Komplementär-GmbH ausschließlich oder fast ausschließlich auf die Geschäftsleitung der Personengesellschaft beschränke553. Mit dem a minore ad maius-Argument der Rechtsprechung lässt sich im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft ein funktionaler Zusammenhang jedoch nicht begründen. Im Gegenteil bildet der funktionale Zusammenhang aus den genannten Gründen (insoweit) ein nicht prüfbares Tatbestandsmerkmal. Wird (bzw. würde) der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 7 Abs. 7 OECD-MA vorrangig unter den Dividendenartikel (oder den Zinsartikel) subsumiert, findet eine Rückverweisung auf den Unternehmensartikel nach Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4 OECD-MA nicht statt. Insbesondere kann der Begründung des BFH-Urteils vom 21.7.1999554, welches aus den genannten Gründen für die Auslegung des Musterabkommens zu berücksichtigen ist, insoweit nicht gefolgt werden.
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BStBl. II 1992, S. 937. BFH-Urteil vom 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (814) = FR 1999, S. 1361 (1364) = IStR 1999, S. 721 (724). 552 „(. . .] if they are paid in respect of holdings forming part of the assets of the permanent establishment or otherwise effectively connected with that establishment“. 553 Kritisch K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Vor Art. 10-12, Rn. 41. 554 BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721. 551
B. Einordnung unter die Verteilungs- und Vermeidungsnormen
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5. Zwischenergebnis Die abkommensrechtliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft unter die Vorschriften des OECD-MA orientiert sich bei outbound-Beteiligungen nur teilweise an der innerstaatlichen Besteuerung im anderen Vertragsstaat. Besteuert dieser eine atypisch stille Gesellschaft entsprechend einer Personengesellschaft (grundsätzlich) transparent555, können die gegenüber dem Unternehmensartikel nach Art. 7 Abs. 7 OECD-MA spezielleren Verteilungsartikel nicht einschlägig werden556. Darüber hinaus liegen abkommensrechtlich Unternehmensgewinne auch dann vor, wenn der andere Vertragsstaat die Einlage eines atypisch stillen Gesellschafters als Fremdkapital betrachtet557. Aus deutscher Perspektive begründet eine atypisch stille Beteiligung keine „Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA. Der (in der Regel) schuldrechtliche Charakter der Einlageforderung bleibt für die Auslegung des Abkommens ohne Bedeutung558. Insbesondere sieht die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 OECDMA eine für den Wohnsitzstaat beachtliche Qualifikationsverkettung mittlerweile nicht mehr vor559. Dagegen knüpft der Dividendenbegriff in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA an die steuerrechtlichen Vorschriften im Ansässigkeitsstaat der ausschüttenden Gesellschaft an. Stellt der andere Vertragsstaat den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters den Einkünften aus Aktien steuerlich gleich560, ist dieser Umstand für beide Vertragsstaaten gleichermaßen verbindlich bei der Auslegung des Dividendenbegriffs zu berücksichtigen (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA)561. Soweit der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesell555
Dazu eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 1. 557 Eine solche Möglichkeit besteht in Tschechien und Spanien [im ersten Kapitel B. II. 2. c) und e)], sowie in Österreich, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung an den stillen Reserven des Handelsgewerbes vorsieht [im ersten Kapitel B. II. 2. b)], der Schweiz, soweit – entsprechend dem Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 30.4.1987 (ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51) 1.3.) – die im ersten Kapitel näher behandelte Konstellation einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung vorliegt [B. II. 2. f)] und den USA, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung eines (atypisch) stillen Gesellschafters an den Verlusten des Handelsgewerbes vorsieht [im ersten Kapitel B. II. 2. g)]. 558 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 3. 559 Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. b). 560 In Tschechien kann ein „stiller Gesellschafter“ seit 1.1.1994 Dividenden beziehen, sofern die Vorschriften gegen eine Unterkapitalisierung von Unternehmen eingreifen [im ersten Kapitel, B. II. 2. c)]. In der Schweiz generiert eine stille Gesellschaft – die aus deutscher Sicht einer atypisch stillen Gesellschaft entspricht – nach einer Ansicht im Schrifttum Dividenden, wenn ein stiller Gesellschafter an der betreffenden Kapitalgesellschaft zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist [im ersten Kapitel, B. II. 2. f)]. Eine vergleichbare Konstellation erfuhr in den USA – nach dem bis 31.12.1996 geltendem Recht – eine entsprechende Besteuerung; seit 1.1.1997 besteht für eine atypisch stille Gesellschaft die Möglichkeit nach den check-the-box-regulations für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren [im ersten Kapitel, B. II. 2. g)]. 556
162
2. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung nach dem OECD-MA
schafters nach Art. 7 Abs. 7, Art. 10 Abs. 3 OECD-MA vorrangig unter den Dividendenartikel zu subsumieren ist, kommt die im Betriebsstättenvorbehalt vorgesehene Rückverweisung auf den Unternehmensartikel nicht zum Tragen (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA)562. Gleiches gilt, wenn entgegen der hier vertretenen Ansicht der Zinsartikel einschlägig sein könnte (Art. 11 Abs. 4 OECD-MA). III. Atypisch stille Beteiligung eines im Ausland Ansässigen an einem inländischen Unternehmen Im Gegensatz zu einer outbound-Situation wird der deutsche Fiskus im Falle der Beteiligung eines im Ausland ansässigen atypisch stillen Gesellschafters an einem deutschen Unternehmen als Quellenstaat (Betriebsstättenstaat) angesprochen. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb563 und unterliegt in Deutschland gem. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der beschränkten Steuerpflicht, soweit die atypisch stille Gesellschaft nach § 12 AO eine inländische Betriebsstätte unterhält564. In welchem Umfang dieses Besteuerungsrecht genutzt werden kann, ergibt eine Auslegung der einschlägigen Vorschriften des OECD-MA. Dabei spielen Vorschriften keine Rolle, die sich nach ihrer grundlegenden Konzeption ausschließlich an den Wohnsitzstaat eines Gesellschafters richten (Art. 23 A OECD-MA)565. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist bei einer inboundBeteiligung stets unter Art. 7 OECD-MA zu subsumieren. Eine atypisch stille Gesellschaft bildet ein anteiliges (ausländisches) „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 2 OECD-MA findet eine Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Ebene des Abkommens insoweit ihre Entsprechung566. Für die Zurechnung einer Betriebsstätte nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 OECD-MA gilt entsprechendes567. Der gegenüber dem Unternehmensartikel vorrangige Dividendenartikel kann nicht einschlägig werden568, da der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in Deutschland nicht „den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt“ ist. Der gegenüber dem Unternehmensartikel ebenfalls vorrangige Zinsartikel kommt aus den genannten Gründen nicht zum Tragen569. 561 562 563 564 565 566 567 568 569
Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 4. Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. Dazu im ersten Kapitel B. II. 1. a). Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 1. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 1. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2. Eingehend in diesem Kapitel B. II. 2.
a).
c). a). b). a). b) und B. II. 3.
Drittes Kapitel
Abkommensrechtliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft in ausgewählten deutschen DBA Die Vorschriften zur abkommensrechtlichen Behandlung einer (atypisch) stillen Gesellschaft sind in deutschen DBA unterschiedlich ausgestaltet. Anknüpfend an die Übersicht im ersten Kapitel und die Ausführungen zum OECD-MA wird nachfolgend eine atypisch stille Gesellschaft unter dem Regime ausgewählter deutscher Abkommen mit einem besonderen Fokus auf Qualifikationskonflikte untersucht. Die angesprochenen DBA stehen jeweils stellvertretend für einen häufiger anzutreffenden Formulierungsstandard.
A. Abkommensrechtliche Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft Die Protokolle der DBA mit Luxemburg1 (DBA-Lux) und Österreich2 (DBAÖst) enthalten Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft3. I. DBA-Luxemburg Das Abkommen mit Luxemburg wurde vor Ergehen des ersten OECD-MA im Jahre 1958 geschlossen. Obwohl eine eigenständige Vorschrift nach Maßgabe von Art. 1 OECD-MA fehlt, ist die Abkommensberechtigung vergleichbar dem OECD-MA konzipiert. Der persönliche Anwendungsbereich des DBA-Luxemburg wird durch den Dualismus von „Person“ und „Wohnsitz“ bestimmt. Die Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Lux definiert eine „Person“ ent1
Nr. 11 des Protokolls DBA-Luxemburg, vgl. im ersten Kapitel unter B. III. 1. Abs. 3 des Protokolls zum DBA-Österreich, vgl. im ersten Kapitel unter B. III. 1. 3 Gleiches gilt für Nr. 9 des Protokolls zum DBA Niederlande. Nach der h. M. in Schrifttum (vgl. Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217); M. Glessner, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 253 u. a. m.) und Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245) gehört dieser Gruppe ebenfalls das DBA-Tunesien an. In Art. 7 Abs. 6 DBA-Tunesien wird nur eine association en participation, d.h. eine stille Gesellschaft im Allgemeinen angeführt. Ob damit im tunesischen Recht – entgegen den bisherigen Feststellungen zu anderen Staaten – eine atypisch stille Gesellschaft bezeichnet wird, dürfte zumindest zweifelhaft sein. 2
164
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
sprechend dem OECD-MA. Da das Steuerrecht beider Vertragsstaaten eine atypisch stille Gesellschaft nicht als juristische Person behandelt4, ist ein atypisch stiller Gesellschafter „Person“ i. S. d. Abkommens. Gegenüber dem OECD-MA wird das Kriterium der „Ansässigkeit“ durch den „Wohnsitz“ (Art. 3 Abs. 1 DBA-Lux) und den „gewöhnlichen Aufenthalt“ (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 DBALux) einer Person ersetzt. Die angeführten Definitionen entsprechen wortgleich ihrem deutschen Pendant in den §§ 8, 9 Abs. 1 Satz 1 AO. Für das abkommensrechtliche Verständnis ist diese Parallelität indessen ohne Bedeutung5. Das OECD-MA orientiert sich in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar an der unbeschränkten Steuerpflicht einer Person, wogegen das DBA-Luxemburg (mittelbar) auf den abkommensrechtlichen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt einer Person abstellt. Unterschiedliche Wertungen resultieren daraus nicht, weil nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Vertragsstaaten der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt einer Person deren unbeschränkte Steuerpflicht nach sich zieht6. Nach dem DBA-Luxemburg ist damit stets ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als natürliche Person abkommensberechtigt. 1. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem Luxemburger Unternehmen Die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters können abkommensrechtlich im Wesentlichen unter Art. 5 DBA-Lux („Einkünfte aus Gewerbebetrieb“), Art. 13 DBA-Lux („Dividenden“), oder Art. 14 DBA-Lux („Zinsen“) subsumiert werden. Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger als atypisch stiller Gesellschafter an einem Luxemburger Handelsgewerbe (outbound-Beteiligung), ist der Dividenden- und der Zinsartikel gegenüber dem Unternehmensartikel vorrangig. Dem Unternehmensartikel lässt sich diese Nachrangigkeit nicht ausdrücklich entnehmen, da es an einer Regelung i. S. d. Art. 7 Abs. 7 OECDMA fehlt. Eine Priorität des Dividendenartikels folgt aus dem Betriebsstättenvorbehalt in Art. 13 Abs. 5 DBA-Lux. Für den Zinsartikel fehlt eine ausdrückliche Rückverweisung, wobei der Systematik des Abkommens folgend insoweit nicht anderes gelten kann7.
4 Dazu eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 2. a); der Begriff „juristische Person“ erfährt keine nähere Erläuterung. Nach Art. 2 Abs. 2 DBA-Lux ist eine Auslegung an den (deutschen) Steuergesetzen zu orientieren. Auch wenn dem genannten Begriff im deutschen KStG keine spezifische Bedeutung zukommt, bildet dieser einen Oberbegriff für die im ersten Teil angeführten Rechtsträger. 5 Zur Frage des Doppelwohnsitzes enthält das Abkommen in Art. 3 Abs. 3 S. 1 DBA-Lux eine eigenständige Regelung. Ein Rückgriff auf das nationale Verständnis ist insoweit nicht angezeigt. Vgl. M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 4, Rn. 43. 6 M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 4, Rn. 43.
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
165
a) Vorrangigkeit des Dividenden- oder Zinsartikels (Art. 13 und 14 DBA-Lux) Vorbehaltlich der konstitutiven Regelung in Nr. 11 des Schlussprotokolls zum DBA-Luxemburg (SP)8 lässt sich der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nicht unter die Dividendenvorschrift fassen. Dem Fehlen einer Legaldefinition in Art. 13 DBA-Lux begegnet Nr. 12 des SP: Als Dividenden gelten danach Einkünfte aus „Aktien, Kuxen, Anteilsscheinen und ähnlichen Wertpapieren, [. . .] Anteilen an Genossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie [. . .] Anteilen an einer Kapitalanlagegesellschaft“. Ein atypisch stiller Gesellschafter könnte lediglich Einkünfte aus „ähnlichen Wertpapieren“ beziehen. Dagegen spricht einerseits, dass seine Teilhabe am Gesellschaftsvermögen in beiden Vertragsstaaten nicht vergleichbar einem Wertpapier verbrieft ist9. Andererseits lässt sich eine atypisch stille Gesellschaft nicht mit den im Übrigen in Nr. 12 des SP genannten Beteiligungsformen vergleichen, womit ein „ähnliches Wertpapier“ nicht vorliegt. Zu den „Zinsen“ gehören nach Art. 14 Abs. 3 DBA-Lux u. a. Einkünfte, „die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind“. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft wird diese Qualifikationsverkettung10 nicht einschlägig. Nach dem innerstaatlichen Steuerrecht Luxemburgs beziehen nur ein „typisch“ stiller Gesellschafter und der Gläubiger eines partiarischen Darlehens Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine vergleichbar ihrem deutschen Pendant ausgestaltete „atypisch“ stille Gesellschaft erzielt in Luxemburg hingegen gewerbliche Einkünfte11. Vorbehaltlich der Zuordnung in Nr. 11 des SP zum DBA-Luxemburg ist eine atypisch stille Gesellschaft an einem Luxemburger Handelsgewerbe unter den Unternehmensartikel zu subsumieren. b) Sonderregelung für Unternehmensgewinne in Nr. 11 des Schlussprotokolls Eine abkommensrechtliche Sonderregelung für die Einordnung einer „stillen Gesellschaft“ findet sich in Nr. 11 des SP zum DBA-Luxemburg: „Wie ein Unternehmer wird ein stiller Gesellschafter behandelt, wenn mit seiner Beteiligung eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist. Ist dies nicht der Fall, so werden die Einkünfte aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter 7 D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 335, 337. 8 Nr. 11 des Protokolls zum DBA-Luxemburg. 9 Dazu im ersten Kapitel B. I. 1. bzw. B. I. 2. a) aa) sowie im zweiten Kapitel B. II. 2. a) aa). 10 Zu diesem Begriff eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. insbesondere B. II. 2. a) aa). 11 Siehe im ersten Kapitel unter B. II. 2. a).
166
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
als Dividenden (Artikel 13) behandelt“12. Die Regelung eröffnet zwei exklusive Zuordnungsalternativen: Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters ist entweder unter den Unternehmens- oder den Dividendenartikel zu fassen. Im Einzelnen prüfbare Tatbestandsmerkmale verbinden sich lediglich mit einer Zuordnung zum Unternehmensartikel: Dies erfordert „eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“. Ist „dies nicht der Fall“, d. h. sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, liegen abkommensrechtlich Dividenden vor. In welchem Umfang Nr. 11 des SP eine atypisch stille Gesellschaft dem Anwendungsbereich des Unternehmensartikels zuweist, wird unterschiedlich beurteilt. Nach dem überwiegenden Teil des Schrifttums13 und der Ansicht des BMF14 soll eine atypisch stille Gesellschaft – unabhängig von ihrer vertraglichen Ausgestaltung – wegen Nr. 11 des SP in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fallen. Das Schlussprotokoll nehme diese umfassende Zuordnung in Nr. 11 Satz 1 ausdrücklich vor15. Zum selben Ergebnis gelangt Ch. Schmidt16: Aufgrund der genannten Passage des Schlussprotokolls werde „das deutsche Mitunternehmerkonzept auf Abkommensebene übernommen“; sollte ein stiller Gesellschafter die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllen, sei auf Ebene des Abkommens der Unternehmensartikel einschlägig. Zu einer wörtlich übereinstimmenden Parallelvorschrift in Nr. 15 des SP zum alten DBA-Österreich 1954/9217 führt Ch. Schmidt an anderer Stelle aus, dass nach dieser ein atypisch stiller Gesellschafter „ausdrücklich“ in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels falle18; einschränkende Äußerungen finden sich hingegen an anderer Stelle: Die Zuordnung unter den Unternehmensartikel soll „nach dem Wortlaut“ des Schlussprotokolls nur gelten, wenn „eine Beteiligung am Vermögen“ vorliegt19; entgegen der Rechtsprechung des BFH20 reiche es abkommensrechtlich nicht aus, wenn eine fehlende Vermögensbeteiligung durch eine überproportionale Mitunternehmerinitiative kompen-
12 Vgl. auch D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 131 ff.; A. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 7, Rn. 59. 13 R. Müller, IStR 1996, S. 266 (268); D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141) nennt als einziges Beispiel Nr. 15 S. 1 des Schlussprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92. Entsprechendes muss für das Abkommen mit Luxemburg gelten, weil die Regelungen wörtlich übereinstimmen; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (394); T. Pyszka, IStR 1999, S. 577 (578). 14 BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 15 D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.). 16 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217 ff.) sowie die abschließende Übersicht S. 223. 17 Dazu eingehend unten 2. 18 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (219), Fn. 93. 19 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217 ff.). 20 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 1. a).
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
167
siert werde. Im Ergebnis differenzierend äußert sich Siegers: Nach seiner Ansicht erfasst Nr. 11 Satz 1 des SP nur den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft21; mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH22 liege ein solcher vor, wenn eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vereinbart ist. Von den genannten Ansichten ist allein der von Siegers zu folgen. Entgegen der Auffassung im Schrifttum, insbesondere der von Ch. Schmidt23, und der im BMF-Schreiben vom 28.12.199924 nimmt Nr. 11 Satz 1 des SP zum DBA-Luxemburg keine im genannten Sinne „ausdrückliche“ Zuordnung zugunsten einer atypisch stillen Gesellschaft vor. Dies verdeutlicht bereits der unmittelbare Wortlaut: Ein „stiller Gesellschafter“ wird nur dann wie ein Unternehmer behandelt, „wenn mit seiner Beteiligung eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist“. Ausdrücklich angesprochen ist weder eine atypisch stille Gesellschaft, noch finden sich Tatbestandsmerkmale, die sämtliche Erscheinungsformen einer atypisch stillen Gesellschaft umfassend beschreiben. Die Regelung könnte lediglich eine Teilmenge atypisch stiller Gesellschaften ansprechen, nämlich solche, bei denen ein Gesellschafter am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist. Dies würde indessen voraussetzen, dass eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ einer Teilhabe an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert gleichsteht. Da selbst ein typisch stiller Gesellschafter an Wertveränderungen im Umlaufvermögen des Handelsgewerbes partizipiert25, trifft Nr. 11 des SP jedenfalls keine im genannten Sinne „ausdrückliche“ Zuordnung zugunsten einer atypisch stillen Gesellschaft. Ob und in welchem Umfang eine atypisch stille Gesellschaft nach Nr. 11 des SP zum DBA-Luxemburg in den Anwendungsbereich der Unternehmensvorschrift fällt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine allgemeine Auslegungsregel nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA findet sich in Art. 2 Abs. 2 DBALux: Danach ist jeder Begriff, den das Abkommen nicht bestimmt, im Sinne der jeweiligen innerstaatlichen Steuergesetze auszulegen, wenn der Zusammenhang nicht ein anderes erfordert. Da ein „stiller Gesellschafter“ und eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ im DBA-Luxemburg (unter Einschluss des Schlussprotokolls) keine nähere Erläuterung finden und darüber hinaus dem Zusammenhang des Abkommens keine weiteren Vorgaben zu entnehmen sind, kann eine Auslegung im Lichte des deutschen Steuerrechts erfolgen. 21 D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 131. 22 BFH-Urteil v. 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700. 23 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217 ff.). 24 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 25 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. b).
168
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Im Sinne der deutschen Steuergesetze kann mit einem „stiller Gesellschafter“ im Sinne der Nr. 11 des SP nur ein typisch stiller Gesellschafter gemeint sein26. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wonach die „Einnahmen aus einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als [typisch] stiller Gesellschafter“ zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, „es sei denn, daß der Gesellschafter [. . .] als Mitunternehmer anzusehen ist“. Eine atypisch stille Gesellschaft findet auf gesetzlicher Ebene keine Erwähnung, sondern „firmiert“ nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als „andere Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer)27 des Betriebs anzusehen ist“. Gleichwohl ist eine atypisch stille Gesellschaft ein steuerlich anerkannter terminus technicus, dem in Lehre und Rechtsprechung eine bestimmte Bedeutung zugewiesen wird28. Die in Art. 2 Abs. 2 DBA-Lux angesprochenen „Gesetze [. . .], die in dem Vertragsstaat in Kraft sind und sich auf Steuern im Sinne dieses Abkommens beziehen“ sind nicht in einem engen Sinne zu verstehen, der einen Rückgriff auf allgemein anerkannte, jedoch nicht gesetzlich normierte Termini, ausschließt. Folglich ist unter einer „stillen Gesellschaft“ im Sinne der Nr. 11 des SP (auch) eine atypisch stille Gesellschaft zu verstehen29. Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ im Sinne der Nr. 11 des SP ist in gleicher Weise auslegungsbedürftig, wie der Begriff der „stillen Gesellschaft“. Der unmittelbare Wortlaut kann sowohl eine typisch- als auch eine atypisch stille Gesellschaft bezeichnen, da selbst ein typisch stiller Gesellschafter über seine Gewinnbeteiligung an Wertveränderungen im (Umlauf-) Vermögen des Handelsgewerbes beteiligt ist. Indessen muss eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ aus systematischen Gründen über Wertveränderungen im Umlaufvermögen hinausgehen. Die Zuordnungsalternative in Nr. 11 Satz 2 des SP, wonach bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 der Dividendenartikel einschlägig ist, wäre weit gehend leerläufig, da aus deutscher Perspektive jede stille Gesellschaft unter Nr. 11 Satz 1 des SP subsumiert werden könnte. Dies berücksichtigend ist Nr. 11 Satz 1 des SP allein auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten. In welchem Umfang eine atypisch stille Gesellschaft durch Nr. 11 Satz 1 des SP der Unternehmensvorschrift zugewiesen ist, beurteilt sich nach analogen Auslegungsmaßstäben unter Rückgriff auf das innerstaatliche deutsche Steuerrecht. Mit Blick auf die ertragsteuerlichen Tatbestände hat eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ unmittelbar keine spezifische Bedeutung30. 26
Ähnlich E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395). Einklammerung im Original. 28 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 1. 29 Ebenfalls für ein weites Verständnis – allerdings zur Dividendenvorschrift im DBA-Schweiz – FW, IStR 1999, S. 118 (119). Dazu eingehend bei der Besprechung des DBA-Schweiz unter B. I. 2. 27
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
169
Von Bedeutung ist eine Vermögensbeteiligung (mittelbar) bei der Konkretisierung des Typusbegriffs der Mitunternehmerschaft, dessen Eckpunkte das Tragen von Mitunternehmerrisiko und die Entfaltung von Mitunternehmerinitiative sind31. Die Vermögensbeteiligung eines stillen Gesellschafters verkörpert in diesem Zusammenhang das Tragen von Mitunternehmerrisiko. Über den Rahmen des § 233 HGB hinausgehende Einflußmöglichkeiten beziehen sich dagegen auf eine Entfaltung von Mitunternehmerinitiative. Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ im Sinne der Nr. 11 Satz 1 des SP ist daher im Lichte der deutschen Steuerrechtsordnung als Oberbegriff für das Tragen von Mitunternehmerrisiko zu verstehen. Ist eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert nicht vereinbart, liegt jedenfalls keine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ vor, womit Nr. 11 Satz 2 des SP zufolge der Dividendenartikel einschlägig wird. Ob eine Beteiligung an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert jeweils isoliert betrachtet den Anforderungen der Nr. 11 Satz 1 des SP genügt, wird nachfolgend am Beispiel des DBAÖsterreich eingehend besprochen32. Die überwiegende Auffassung im Schrifttum, insbesondere die von Ch. Schmidt, und das BMF im Schreiben vom 28.12.1999 nehmen diese Einschränkung nicht vor33. Eine atypisch stille Gesellschaft soll aufgrund der Zuordnungsregel in Nr. 11 des SP generell in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fallen. Wie gesehen, lässt sich entsprechendes weder dem unmittelbaren Wortlaut entnehmen, noch als Ergebnis einer Auslegung gem. Art. 2 Abs. 2 DBA-Lux gewinnen. Dagegen ließe sich allenfalls einwenden, dass Nr. 11 Satz 1 des SP mit dem Aufgreifen des Regelfalls einer atypisch stillen Gesellschaft diese Rechtsform stellvertretend angesprochen habe. In diesem Sinne ist offensichtlich die Äußerung von Ch. Schmidt zu verstehen, nach der die Vertragsparteien „das deutsche Mitunternehmerkonzept auf Abkommensebene übernommen“ hätten34. Dieser Sichtweise ist nicht zu folgen. Enthielte das Abkommen mit Luxemburg keine Sonderregelung zur stillen Gesellschaft, wäre der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 5 Abs. 1 i.V. m. Art. 2 Abs. 2 DBA-Lux ohne jede Differenzierung unter den Unternehmensartikel zu fassen. Sollte der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters Nr. 11 Satz 1 des SP zufolge generell in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fallen, hätte die Regelung deklaratorischen Charakter35. 30 Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ findet sich in keinem gesetzlichen Tatbestand. 31 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). 32 Siehe vorstehend II. 1. c). 33 BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245; Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217). 34 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217). 35 Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (218).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Für eine typisch stille Gesellschaft entfaltet das Schlussprotokoll hingegen konstitutive Wirkung; ohne die Zuordnungsregel in Nr. 11 Satz 2 des SP würde der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters aufgrund der Qualifikationsverkettung36 in Art. 14 Abs. 3 DBA-Lux dem Zinsartikel unterfallen37. Gegen ein deklaratorisches Verständnis von Nr. 11 Satz 1 des SP – d. h. eine generelle Einschlägigkeit für eine atypisch stille Gesellschaft – spricht jedoch die Konzeption der Zuordnungsregel. Um die Gewinnanteile eines typisch stillen Gesellschafters konstitutiv dem Anwendungsbereich des Zinsartikels zu entziehen, hätte eine negativ gefasste Regelung nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spanien genügt38. Insoweit wäre eine deklaratorische Regelung i. S. d. Nr. 11 Satz 1 des SP überflüssig. Es hätte aus Sicht der Vertragsparteien darüber hinaus näher gelegen, die (jedenfalls) konstitutive Zuordnung einer typisch stillen Gesellschaft voranzustellen und nicht als Rechtsreflex von Nr. 11 Satz 1 des SP auszugestalten. Die Regelung in Nr. 11 Satz 1 des SP trifft keine deklaratorische und damit „umfassende“ Zuweisung einer atypisch stillen Gesellschaft an den Unternehmensartikel, sondern macht diese in einem konstitutiven Sinne von bestimmten Tatbestandsmerkmalen, nämlich einer „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“, abhängig. c) Zwischenergebnis Entgegen der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und der des BMF39 ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters im Fall einer outbound-Beteiligung wie folgt unter das DBA-Luxemburg zu subsumieren: Sieht der Gesellschaftsvertrag eine schuldrechtliche Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vor, ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter Art. 5 Abs. 1 DBA-Lux zu subsumieren40. Die Zuordnungsregel in Nr. 11 Satz 1 des SP hat konstitutiven Charakter, selbst wenn sich eine Einschlägigkeit der Unternehmensvorschrift insoweit ohne weiteres aus Art. 5 Abs. 1 i.V. m. Art. 2 Abs. 2 DBA-Lux ergeben würde. Die einer Luxemburger Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte sind nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 i.V. m. Art. 5 Abs. 1 DBA-Lux unter Progressionsvorbehalt von einer Besteuerung in Deutschland freizustellen. Besteht keine Luxemburger Be-
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Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. a) bb) und B. II. 2. b). Dazu eingehend unten. 38 Dazu eingehend oben B. I. 1. a) aa) (1). 39 BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 40 Ebenso D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 131. 37
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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triebsstätte oder können dieser keine Einkünfte zugerechnet werden, erfolgt eine vollständige Besteuerung in Deutschland (Art. 20 Abs. 1 DBA-Lux). Partizipiert ein atypisch stiller Gesellschafter weder an den stillen Reserven, noch am Firmen- oder Geschäftswert des Handelsgewerbes, erweist sich die Zuordnung im Schlussprotokoll ebenfalls als konstitutiv. Entgegen der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und der im BMF-Schreiben vom 28.12. 199941 ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Nr. 11 Sätze 1 und 2 des SP unter den Dividendenartikel zu fassen42. In seiner Eigenschaft als Wohnsitzstaat des Gesellschafters erhält Deutschland gem. Art. 13 Abs. 1 DBA-Lux ein vollständiges Besteuerungsrecht43. In Luxemburg erhobene Quellensteuer44 ist nach Art. 20 Abs. 3 DBA-Lux auf eine in Deutschland erhobene Steuer anzurechnen. Gleiches gilt für die Besteuerung einer typisch stillen Gesellschaft45. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Beteiligung nur an den stillen Reserven oder nur am Firmen- bzw. Geschäftswert vor, könnte dem unmittelbaren Wortlaut von Nr. 11 Satz 1 des SP zufolge der Unternehmensartikel einschlägig sein. Diese Variante wird eingehend anhand der wortgleichen Passage des Schlussprotokolls zum DBA-Österreich besprochen. 2. Atypisch stille Beteiligung eines in Luxemburg Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in Luxemburg Ansässiger atypisch still an einem deutschen Handelsgewerbe, gelten die Ausführungen zu einer outbound-Beteiligung entsprechend. Ist ein atypisch stiller Gesellschafter an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert beteiligt, kann Deutschland bei Vorliegen einer Betriebsstätte auf den Gewinnanteil im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zugreifen (Art. 5 Abs. 1 DBA-Lux)46. Bei Fehlen einer entsprechenden Beteiligung liegen auf Ebene des Abkommens Dividenden vor47. Das vollständige Be41 BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245; Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217). 42 Ebenso D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 13, Rn. 76. 43 De lege lata kann der deutsche Fiskus von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch machen. Dazu eingehend im vierten Kapitel A. II. 3. 44 In Luxemburg unterliegt ein partiarisches Darlehen der Quellenbesteuerung (A. Steichen in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 14, Rn. 103). In gleicher Weise dürfte eine stille Gesellschaft betroffen sein. 45 D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 13, Rn. 75. 46 Vgl. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, 12 AO; zu der Frage, ob eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert kumulativ vorliegen muss, siehe die Ausführungen zum DBA-Österreich [s. vorstehend II. 1. c)].
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
steuerungsrecht steht nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Lux dem Wohnsitzstaat Luxemburg zu. Der deutsche Fiskus ist gem. Art. 13 Abs. 2 und Abs. 3 DBA-Lux zur Erhebung einer Quellensteuer von 15 v. H. berechtigt48. 3. Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zwischen Deutschland und Luxemburg ist aufgrund der im Ergebnis vergleichbaren (innerstaatlichen) Besteuerung einer atypisch stillen Gesellschaft das Potential für einen Qualifikationskonflikt gering. Eine Ausnahme könnte der angesprochene Fall bilden, dass ein atypisch stiller Gesellschafter entweder nur an den stillen Reserven oder nur am Firmen- bzw. Geschäftswert partizipiert. II. DBA-Österreich Die Abkommensberechtigung im neuen DBA-Österreich 200049 orientiert sich im Gegensatz zum alten DBA-Österreich 1954/9250 an der Konzeption des OECD-MA51. Eine sachliche Änderung ist mit der Neufassung nicht verbunden. Im alten wie neuen Abkommen wird die Abkommensberechtigung einem atypisch stillen Gesellschafter in seiner Eigenschaft als natürlicher Person zugestanden52. Die für eine Abkommensberechtigung wesentlichen Kriterien der „Person“ (Art. 3 Abs. 1 lit. d DBA-Öst) und der „Ansässigkeit“ (Art. 4 Abs. 1 DBA-Öst), d. h. der unbeschränkten Steuerpflicht, verstehen beide Vertragsstaaten identisch53. Bereits darin spiegelt sich eine starke Parallelität der Rechtsordnungen wider54. 47
Vgl. Nr. 11 S. 2 des SP zum DBA-Luxemburg. Von dieser Möglichkeit kann bis dato kein Gebrauch gemacht werden, weil die §§ 43 und 50a EStG für gewerbliche Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters die Erhebung einer Quellensteuer nicht vorsehen. Ist dagegen eine typisch stille Gesellschaft vereinbart, ermöglicht § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.V. m. Art. 13 Abs. 2 DBALux die Erhebung einer Kapitalertragsteuer. 49 Das neue DBA-Österreich 2000 (BStBl. I 2002, S 584) ist mit Wirkung zum 1.1.2003 anzuwenden (BStBl. I 2002, S 956). 50 Das alte DBA-Österreich 1954/92 war vergleichbar dem DBA-Luxemburg ausgestaltet, auch wenn die Regelungen in Art. 1 Abs. 2 weniger ausführlich gehalten waren (vgl. M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 4, Rn. 43). 51 K. M. Wilke in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 1, Rn. 1; Ch. Hensel, IWB, F. 5, Gr. 2, Österreich, S. 549. 52 Zur Abkommensberechtigung nach dem alten DBA-Österreich 1954/92 bei Personengesellschaften eingehend H. Weggenmann, IStR 2002, S. 1 (5). Für das neue DBA-Österreich ders., IStR 2002, S. 7 f; K. M. Wilke in: Becker/Höppner/Grotherr/ Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 1, Rn. 4; ders. in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 3, Rn. 4; ders. in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 4, Rn. 2. 48
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
173
1. Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem österreichischen Unternehmen Ist ein in Deutschland Ansässiger im Rahmen einer outbound-Beteiligung atypisch still an einem Handelsgewerbe in Österreich beteiligt, können seine Gewinnanteile im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder unter Art. 11 („Zinsen“) des DBA-Österreich fallen. Gegenüber dem Unternehmensartikel ist der Dividenden- und Zinsartikel gem. Art. 7 Abs. 8 DBA-Öst vorrangig55. a) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Öst Im Gegensatz zum Zinsartikel (Art. 11 DBA-Öst) sieht der Dividendenartikel eine Qualifikationsverkettung56 vor. Unter „Dividenden“ versteht Art. 10 Abs. 3 Satz 1 DBA-Öst u. a. „sonstige Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleich gestellt sind“57. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters wird abkommensrechtlich als Dividende behandelt, wenn Österreich diesen den Einkünften aus Aktien steuerlich gleich stellt. Unabhängig davon, welche vertragliche Ausgestaltung im Einzelnen vorliegt, erzielt ein stiller Gesellschafter in Österreich grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb58. Etwas anderes gilt nur, wenn die von der österreichischen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung einschlägig sind59. Diesen Fall regelt 53 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. b); im alten DBA-Österreich 1954/92 wurde auf eine Legaldefiniton des Personenbegriffs verzichtet. Statt im Rahmen der Ansässigkeit auf die unbeschränkte Steuerpflicht, wurde – wie im DBA-Luxemburg – auf einen „Wohnsitz“ abgestellt. Zu den Auswirkungen im vorigen Abschnitt unter I. 54 D. Kischel in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 1954/92, Grundwerk, Art. 2, Rn. 11; M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 (798); im Übrigen ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). 55 Vgl. im Übrigen Art. 10 Abs. 4, 11 Abs. 4 DBA-Öst dem alten DBA-Österreich 1954/92 ließ sich entsprechendes nicht ausdrücklich entnehmen, da Art. 4 DBA-Öst 1954/92 keine solche Verweisung vornahm. Dem BFH-Urteil v. 24.3.1999 (BStBl. II 2000, S. 399 [402]) über die abkommensrechtliche Behandlung von Sondervergütungen ist zu entnehmen, dass das Fehlen einer Verweisung i. S. v. Art. 7 Abs. 8 DBASchweiz (und des neuen DBA-Österreich) im Ergebnis gegen eine Herauslösung aus dem Unternehmensartikel spreche. Dieser Sichtweise kann mit Blick auf Art. 10a Abs. 4, Art. 11 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 3 DBA-Öst 1954/92 nicht gefolgt werden (eingehend H. Weggenmann, IStR 2002, S. 1 [2 ff.]). 56 Zum Begriff eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. a). 57 Insoweit deckt sich die Formulierung mit Art. 10 Abs. 3 des OECD-MA; dazu eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a; allgemein Ch. Hensel, IWB, F. 5, Gr. 2, Österreich, S. 549 (550). 58 Dazu ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 2. b).
174
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst: Der Ausdruck Dividenden umfasst „auch Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter, wenn sie nach dem Recht des Staates, aus dem sie stammen, bei der Ermittlung des Gewinns des Schuldners nicht abzugsfähig sind“. In Österreich kann nur eine „echte“ (typisch) stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von der Praxis gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung betroffen sein. Nur diese Variante einer stillen Gesellschaft führt beim Schuldner des Gewinnanteils insoweit zu Betriebsausgaben60. Bereits an dieser Stelle kommt zum Tragen, dass Deutschland und Österreich eine „echte“ (typisch-) und eine „unechte“ (atypisch) stille Gesellschaft nach unterschiedlichen Kriterien abgrenzen61. Nach österreichischem Verständnis erfordert eine „unechte“ (atypisch) stille Gesellschaft zwingend eine kumulative Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert, da ansonsten nur eine „echte“ (typisch) stille Beteiligung vorliegt62. In Deutschland kann eine atypisch stille Gesellschaft selbst dann vorliegen, wenn die schuldrechtliche Beteiligung über das Umlaufvermögen nicht hinaus geht63. Sind die angeführten Teilhaberechte nicht vereinbart, ist aus österreichischer Sicht eine „echte“ (typisch) stille Gesellschaft vereinbart, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einer übermäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung unter den Dividendenartikel fällt. In diesem Fall steht Deutschland in seiner Eigenschaft als Wohnsitzstaat nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Öst ein Besteuerungsrecht zu, obwohl aus Sicht des deutschen Steuerrechts (regelmäßig) eine atypisch stille Gesellschaft vorliegt. Ein Qualifikationskonflikt entsteht insoweit nicht, weil eine Qualifikationsverkettung eine für beide Vertragsstaaten einheitliche Auslegung sichert64. Ob der deutsche Fiskus, eine entsprechende innerstaatliche Steuerpflicht unterstellt65, von dieser abkommensrechtlich zugewiesenen Besteuerungsmöglichkeit (tatsächlich) Gebrauch machen würde, bleibt angesichts der Komplexität der anzustellenden Wertungen nicht ohne Zweifel. Dies verdeutlicht ein Blick auf die einschlägigen Voraussetzungen: Eine stille Beteiligung muss (1) an einer österreichischen Kapitalgesellschaft bestehen und (2) eine Vermögensbeteiligung unterhalb der Schwelle einer „unechten“ stillen Gesellschaft vorsehen. Darüber hinaus ist (3) erforderlich, dass die Einlage eines stillen Gesellschafters im Verhältnis zum Eigenkapital der Außengesellschaft die Voraussetzungen einer über-
59
Dazu ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). Zur Rechtslage unter dem alten DBA-Österreich 1954/92 J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (279); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 38. 61 Dazu ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). 62 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). 63 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 1. a). 64 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. a). 65 Dazu eingehend im vierten Kapitel A. II. 3. 60
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
175
mäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung erfüllt. Unter den genannten Voraussetzungen ist eine atypisch stille Gesellschaft unter den Dividendenartikel zu subsumieren. b) Konkurrenz zwischen Unternehmens- und Zinsartikel (Art. 7 und 11 DBA-Öst) Der Zinsartikel sieht keine Qualifikationsverkettung vor, womit die steuerliche Behandlung einer stillen Gesellschaft in Österreich insoweit keine Rolle spielt66. Die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 DBA-Öst entspricht wörtlich der entsprechenden Vorschrift im OECD-MA67. Eine atypisch stille Gesellschaft erfüllt diese Voraussetzungen grundsätzlich nicht, da die bereits zum Musterabkommen angestellten Erwägungen auch hier gelten68. Im Fall des DBA-Österreich könnte sich jedoch ein anderes aus Abs. 3 des Protokolls ergeben: Danach wird „ein stiller Gesellschafter wie ein Unternehmer behandelt, wenn mit seiner Einlage eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist“. Der Wortlaut der Regelung und die amtliche Zwischenüberschrift69 zu Abs. 3 des Protokolls nehmen auf den Zinsartikel nicht ausdrücklich Bezug. Im Gegensatz dazu befasst sich die entsprechende Passage im Schlussprotokoll zum alten DBA-Österreich 1954/92 (SP) in Nr. 15 ausdrücklich mit der Abkommensvorschrift über Zinsen70. Die Regelung in Nr. 15 Satz 1 des SP entspricht wörtlich der Neufassung in Abs. 3 des aktuellen Protokolls. Darüber hinaus enthält das alte Schlussprotokoll mit Nr. 15 Satz 2 einen Auffangtatbestand: „Ist dies nicht der Fall, so werden die Einkünfte aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter als Einkünfte aus beweglichem Kapitalvermögen [. . .] behandelt“71. Im Lichte des neuen DBA-Österreich sind mit „Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen“ „Zinsen“ angesprochen. Vor diesem Hintergrund könnte Abs. 3 des Protokolls zum DBA-Österreich in zweifacher Hinsicht zu verstehen sein: Der Verzicht auf eine Auffangregelung im Sinne der Nr. 15 Satz 2 des alten SP soll (1) keine Änderung der Rechtslage nach sich ziehen; ist der Unternehmensartikel nicht einschlägig, fällt der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters vorbehaltlich der (neuen) Regelung im Dividendenartikel72 unter den Zinsartikel73. Alternativ 66 Zur entsprechenden Passage des OECD-MA ausführlich im zweiten Kapitel unter B. II. 2. b). 67 Vgl. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA. Zustimmend D. Grützner in: Becker/Höppner/ Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 11, Rn. 6. 68 Dazu ausführlich im zweiten Kapitel unter B. II. 2. b). 69 Diese lautet: „Zu den Artikeln 7 und 10“. 70 Das Abkommen 1954/92 behandelt in Art. 11 „Bewegliches Kapitalvermögen“. 71 Nr. 15 zu den Art. 4, 6, 10a, 11 und 12 DBA-Österreich 1954/92. 72 Dazu eingehend oben a).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
könnte (2) der Verzicht auf eine Änderung der bisherigen Praxis hinweisen, d. h. eine stille Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich des Zinsartikels auszuschließen. Im letzteren Sinne kann die Neufassung des Protokolls nicht verstanden werden74. Dem Zinsartikel kommt entsprechend der ausdrücklichen Regelung in Nr. 15 Satz 2 des alten SP nach wie vor die Funktion eines Auffangtatbestands zu. Der Verzicht auf eine entsprechende Klarstellung erfolgte möglicherweise aus redaktionellen Gründen, um der Anordnung in Abs. 3 des Protokolls nicht die für ein erläuterndes Schlussprotokoll notwendige Klarheit zu nehmen. Im Vergleich zur alten Rechtslage besteht für eine stille Gesellschaft mit Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst nämlich eine weitere abkommensrechtliche Zuordnungsmöglichkeit75. Dies berücksichtigend hätte eine an Nr. 15 Satz 2 des alten SP orientierte Neufassung um einen einschränkenden Zusatz erweitert werden müssen. Gegen eine Nichtanwendung des Zinsartikels spricht ebenfalls die Neufassung des Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst. Das Recht auf Erhebung einer Quellensteuer wird explizit um Einkünfte eines „stillen Gesellschafters“ erweitert. Eine stille Gesellschaft – verstanden als Oberbegriff – muss daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Zinsartikels fallen können. Im Übrigen fügt sich ein in der genannten Art und Weise vorgenommener Rückgriff auf den Zinsartikel widerspruchsfrei in die Konzeption des Abkommens ein: Sieht der Gesellschaftsvertrag „eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ vor, kann positiv betrachtet nur Art. 7 DBA-Öst und negativ betrachtet nicht Art. 10 DBA-Öst einschlägig werden. Sind die Voraussetzungen von Abs. 3 des Protokolls zum Abkommen mit Österreich nicht gegeben, fällt eine atypisch stille Gesellschaft, vorbehaltlich Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst, in den Anwendungsbereich des Zinsartikels. Gegenüber dem alten DBA-Österreich 1954/92 bleibt die Rechtslage trotz des Verzichts auf eine Fortschreibung von Nr. 15 Satz 2 des SP insoweit unverändert. c) Vorliegen einer „Vermögensbeteiligung“ in Abs. 3 des Schlussprotokolls Trotz der scheinbar detaillierten Vorgaben in Abs. 3 des Protokolls zum DBA-Österreich lässt sich eine unterschiedliche Auslegung durch beide Ver73
In diesem Sinne H. Jirousek, ÖStZ 2000, S. 370 (373). Im Ergebnis zustimmend G. Grützner in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 11, Rn. 3. 75 Nach dem alten DBA-Österreich 1954/92 war der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters entweder unter „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“, Art. 4, oder „Bewegliches Kapitalvermögen“, Art. 11, zu subsumieren. Die deutsche Seite hat im Übrigen bereits unter dem alten DBA-Österreich 1954/92 den Dividendenartikel auf Sachverhalte angewandt, die unter § 8a KStG fielen (Dazu M. Lang/S. Schuch in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Art. 10a, Rn. 79). 74
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
177
tragsstaaten nicht gänzlich vermeiden. Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ wird in Deutschland und Österreich nicht immer gleich verstanden. Nach dem Steuerrecht Österreichs liegt eine „unechte“ (atypisch) stille Gesellschaft vor, wenn der Gesellschaftsvertrag eine umfassende Beteiligung am Vermögen des Handelsgewerbes vorsieht. Neben einer Beteiligung an den stillen Reserven ist zwingend eine Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert erforderlich; durch Vereinbarung einer überproportional ausgeprägten Mitunternehmerinitiative kann eine fehlende Vermögensbeteiligung nicht kompensiert werden76. An dieser Sichtweise orientiert sich die abkommensrechtliche Behandlung einer stillen Gesellschaft. Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ i. S. v. Abs. 3 des Protokolls ist nur gegeben, wenn die Voraussetzungen einer „unechten“ (atypisch) stillen Gesellschaft vorliegen77. Aus österreichischer Sicht ist eine solche Interpretation nahe liegend, weil ansonsten auf Ebene des Abkommens der nationale Unterschied zwischen einer „echten“ (typisch-) und einer „unechten“ (atypisch) stillen Gesellschaft verwischt würde. Im deutschen Steuerrecht sind die Voraussetzungen einer atypisch stillen Gesellschaft dem Typusbegriff der Mitunternehmerschaft zu entnehmen78. Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft ist nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen79. Im Regelfall ist ein atypisch stiller Gesellschafter, nicht anders als in Österreich, sowohl an den stillen Reserven, als auch am Firmenoder Geschäftswert beteiligt80. Ein vergleichsweise schwächer ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko kann jedoch durch eine überproportional ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden81. Im Einzelfall liegt eine atypisch stille Gesellschaft bei entsprechend ausgeprägter Initiativmöglichkeit selbst dann vor, wenn ein stiller Gesellschafter kumulativ weder am Verlust noch an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert partizipiert82. Gegen diese ständige Rechtsprechung des BFH hat sich das FG Münster mit Urteil 76
Dazu ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 (798); H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186 ff.; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (278). 78 Zur Rechtslage in Deutschland ausführlich im ersten Kapitel unter B. II. 1. 79 Vgl. BFH-Urteil v. 5.7.1978, BStBl. II 1978, S. 644; BFH-Beschluss v. 22.1. 1981, BStBl. II 1981, S. 424. 80 Vgl. BFH-Urteil v. 5.7.1978, BStBl. II 1978, S. 644; BFH-Beschluss v. 22.1. 1981, BStBl. II 1981, S. 424 sowie BFH-Urteil v. 12.11.1985, BStBl. II 1986, S. 311. 81 Vgl. insbesondere die BFH-Urteile v. 10.8.1978, BStBl. II 1979 S. 74 (fehlende Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert); v. 19.2.1981, BStBl. II 1981, S. 602 (fehlende Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert); v. 18.2.1993, BFH/NV 1993, S. 647 (geringe Beteiligung an den stillen Reserven, fehlende Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert). 82 BFH-Urteil v. 28.1.1982, BStBl. II 1982, S. 389 (390); neben der Geschäftsführung traten weitere die Position des Stillen stärkende Umstände hinzu (Vermietung betriebsnotwendiger Grundstücke, Überlassung von Know how etc.). 77
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
vom 25.01.200183 gewandt. Danach sei für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft „entscheidend“, dass ein Gesellschafter an einem Firmen- oder Geschäftswert beteiligt ist. Über die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil hat der BFH durch Urteil vom 9.12.200284 entschieden, ohne jedoch von den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Die Sichtweise des BFH eröffnet eine differenzierte Auslegung von Abs. 3 des Protokolls: Die Vertragsstaaten gelangen zu einer übereinstimmenden Auslegung, wenn der Gesellschaftsvertrag weder eine Beteiligung an den stillen Reserven noch am Firmen- oder Geschäftswert vorsieht. Aus beiden Blickwinkeln ist nach Art. 3 des Protokolls eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ nicht vereinbart85. Für die abkommensrechtliche Einordnung bieten sich zwei Möglichkeiten: Unter den engen Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBAÖst bezieht ein stiller Gesellschafter Dividenden. Wird der Dividendenartikel nicht einschlägig, kommt der nach Art. 11 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst nachrangige Zinsartikel zum Tragen. Nach dem alten DBA-Österreich wird diese Zuordnung in Nr. 15 Satz 2 des SP noch ausdrücklich vorgenommen, wobei aus den genannten Gründen mit der Neufassung des DBA keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Aus österreichischer Sicht betrifft diese Konstellation nur eine „echte“ (typisch) stille Gesellschaft. Aus deutscher Sicht lässt sich diese Einschränkung nicht vornehmen. Ein Qualifikationskonflikt kann aus dieser Situation nicht entstehen, da Abs. 3 des Protokolls nicht weniger als Nr. 15 Satz 2 des SP zum alten Abkommen mit Österreich einer Anwendung des Zinsartikels entgegensteht86. Umgekehrt ist zu fragen, wann „eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ vorliegt87. Nach Ansicht von M. Lang88 und Huber89 – die sich auf das alte DBA-Österreich 1954/92 beziehen – erfordert „eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ eine kumulative Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert90. Hintergrund dieser Auffassung ist die Vermeidung eines Qualifikationskonflikts: 83
DStRE 2002, S. 415. BFH/NV 2003, S. 601. 85 Ebenso zur entsprechenden Passage in Nr. 11 des Protokolls zum DBA-Luxemburg D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 131. 86 Siehe vorstehend b). 87 Eine entsprechende Problematik ergibt sich bei den DBA mit Luxemburg (siehe vorstehend) und den Niederlanden (Nr. 9 des Protokolls). 88 M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, S. 151 ff.; ders., RIW 1992, S. 573 (577); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBAÖsterreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 37. 89 H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186. 90 Ähnlich D. Siegers in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Luxemburg, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 131, zur gleichlautenden Passage im DBA-Luxemburg, wonach die 84
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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Wird bei einer outbound-Variante eine Beteiligung an den stillen Reserven, nicht jedoch am Firmen- oder Geschäftswert vereinbart, könnte dies – vorbehaltlich der switch over-Klausel in Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Öst91 – im Verhältnis zu Österreich zu minder besteuerten „grauen“ Einkünften führen: Aus österreichischer Sicht ist eine „echte“ (typisch) stille Beteiligung gegeben, die nach Abs. 3 des Protokolls nicht in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fällt. Vorbehaltlich Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst liegen abkommensrechtlich Zinsen vor, die nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst in Österreich einer Quellensteuer unterliegen92. Aus deutscher Sicht spricht eine fehlende Teilhabe am Firmen- oder Geschäftswert nicht zwingend gegen die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft. Eine Anwendung der Unternehmensvorschrift ist daher nicht ausgeschlossen, da eine (wenn auch nicht umfassende) „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ vorliegt und eine atypisch stille Gesellschaft aus den zum OECD-MA genannten Gründen grundsätzlich unter die Unternehmensvorschrift zu subsumieren ist93. Bei Zurechnung einer österreichischen Betriebsstätte ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters vorbehaltlich der switch over-Klausel in Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Öst94 nach den Art. 7 Abs. 1, 23 Abs. 1 lit. a DBA-Öst von einer deutschen Besteuerung unter Progressionsvorbehalt freigestellt. Der Auffassung von M. Lang und Huber95 folgend wird eine Minderbesteuerung vermieden, da Unternehmensgewinne nur vorliegen, wenn eine im genannten Sinne umfassende Formulierung „den Regelfall der atypisch stillen Gesellschaft“ erfasse. Möglicherweise zustimmend H. -K. Kroppen in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 7, Rn. 4, wonach eine „stille Gesellschaft“ i. S. v. Abs. 3 des Protokolls vorliegt, wenn eine Beteiligung „am Unternehmenswert (stille Reserven und Geschäftswert)“ vereinbart ist; andererseits sollen sich mit der Regelung „im nationalen Steuerrecht oft schwierige Abgrenzungsfragen zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft“ erübrigen; danach fällt eine atypisch stille Gesellschaft offensichtlich stets in den Anwendungsbereich von Abs. 3 des Protokolls. 91 Dazu eingehend unten. 92 Zu einer (echten) stillen Gesellschaft J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (277). 93 Die Äußerungen des BMF im Schreiben v. 28.12.1999 (BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245) sowie im Schrifttum von H. Debatin, DStZ/A 1966, S. 369 (371); E. Strobl/K. Schäfer, IStR 1993, S. 206 (210); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (217); R. Müller, IStR 1996, S. 266 (268); D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (139 ff.); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (394); T. Pyszka, IStR 1999, S. 577 (578); M. Günkel/B. Lieber, IWB, F. 10, Gr. 2, S. 1393 (1398) bestätigen zwar (auch) für das Abkommen mit Österreich eine ausdrückliche Regelung zur atypisch stillen Gesellschaft; nähere Aussagen zum Umfang einer „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ finden sich nicht. Nach S. Schauhoff ist eine entsprechende Passage in Nr. 9 des Protokolls zum DBA-Niederlande so zu verstehen, dass eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ die stillen Reserven meine (in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Niederlande, Stand Januar 1998, Art. 5, Rn. 20). 94 Zur Zurechnung einer Betriebsstätte vgl. BFH-Urteil v. 4.12.1991, BStBl. II 1992, S. 750 (751); entsprechend die Rechtslage in Österreich, vgl. öBMF v. 31.12. 1991, SWI 1992, S. 38.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Teilhabe am Gesellschaftsvermögen vereinbart ist. Wäre dieser Ansicht zu folgen, könnte der deutsche Fiskus die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Öst besteuern; eine österreichische Quellensteuer wäre nach Art. 23 Abs. 1 lit. b lit. bb. DBA-Öst in Anrechnung zu bringen96. Zur Begründung verweist M. Lang auf eine „Versteinerung“ von Abkommensbegriffen im alten DBA-Österreich 1954/9297. Die Zuordnungsregel in Nr. 15 des SP zum alten DBA-Österreich 1954/92 müsse im Lichte der Rechtsprechung und Lehre des Jahres 1954 verstanden werden98. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 4.10.195499 habe in beiden Vertragsstaaten Einigkeit bestanden, dass eine atypisch stille Gesellschaft nur vorliegt, wenn eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vorgesehen ist100. Ein späteres Auseinanderlaufen der steuerlichen Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft durch beide Vertragsstaaten dürfe bei der Auslegung des gemeinsamen Abkommens keine Berücksichtigung finden. Ansonsten würde die vertraglich ausgehandelte Abstimmung der Besteuerungsrechte gestört. Die Regelung in Nr. 15 Satz 1 des SP müsse als „statische“ Verweisung verstanden werden. Den Vertragsstaaten sei es verwehrt, ihr „jeweils geltendes Verständnis des gleichlautenden innerstaatlichen Begriffs in das Abkommensrecht hineinzutragen“101. Der Auffassung von M. Lang und Huber102 ist weder unter dem Regime des alten noch des neuen DBA-Österreich 2000 zu folgen. In Nr. 15 des SP zum alten DBA-Österreich liegt keine statische Verweisung auf die nationale Rechts95 M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, S. 151 ff.; ders., RIW 1992, S. 573 (577); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBAÖsterreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 37; H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186. 96 De lege lata kann der deutsche Fiskus von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch machen. Dazu im vierten Kapitel A. II. 3. 97 M. Lang, RIW 1992, S. 573 (577); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 37. 98 Das Abkommens trat nach Unterzeichnung am 4.10.1954 durch Austausch der Ratifikationsurkunden am 7.9.1955 in Kraft (F. Wassermeyer in: Beck’sche Textausgaben DBA, Österreich, Einführung, 1.). In diesem Sinne ist auf die Rechtslage am 4.10.1954 abzustellen. 99 F. Wassermeyer in: Beck’sche Textausgaben DBA, Österreich, Einführung, 1. 100 Dazu M. Hebig/F. Heuer, RIW 1985, S. 797 (798); H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186 ff.; J. Heinrich, ÖStZ 2000, S. 274 (278); Nachweise zur Rechtsprechung in Österreich bei M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 23 und 37; zur deutschen Rechtsprechung BFH-Urteil v. 22.11.1955, BStBl. III 1956, S. 4 (5 ff.); v. 14.2.1956, BStBl. III 1956, S. 103 (104); im Übrigen im ersten Kapitel B. II. 1. a). 101 M. Lang, RIW 1992, S. 573 (577). 102 M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, S. 151 ff.; ders., RIW 1992, S. 573 (577); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBAÖsterreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 37; H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186.
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
181
lage der Vertragsstaaten im Jahre 1954. Die Annahme „versteinerter“ Abkommensinhalte ist bereits aus prinzipiellen Gründen abzulehnen. Das innerstaatliche Steuerrecht der Vertragsstaaten ist vom einschlägigen Abkommensrecht streng zu unterscheiden. Verwendet das Abkommen einen Terminus des nationalen Steuerrechts, ist nur eine Parallelität, nicht dagegen eine Identität von Begriffen anzunehmen103. Selbst M. Lang konzediert, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, ihr „jeweils geltendes Verständnis des gleich lautenden innerstaatlichen Begriffs in das Abkommensrecht hineinzutragen“104. Die jeweilige nationale Steuerrechtsordnung wird nur dann zum Abkommensrecht erhoben, wenn das Abkommen entsprechendes ausdrücklich vorsieht. Eine Verweisung auf das innerstaatliche Recht eines Vertragsstaats enthält beispielsweise der Dividendenartikel des alten DBA-Österreich 1954/92105, der eine Qualifikationsverkettung nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA normiert. Fehlt eine in diesem Sinne ausdrückliche Verweisung, gelten die allgemeinen Auslegungsvorschriften eines DBA. Im Gegensatz zum OECD-MA und der Neufassung des Abkommens mit Österreich im Jahre 2000 enthält das DBA-Österreich 1954/92 keine allgemeine Auslegungsregel i. S. d. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA. Einem Interpreten stehen daher ausschließlich die völkerrechtlichen Auslegungsregeln des WÜRV zur Verfügung106. Nach diesen ist der Wortlaut einer völkerrechtlichen Norm im Zusammenhang des gesamten Vertrags vorrangig zu berücksichtigen. Ein Wille der Parteien ist nur bedeutsam, wenn dieser im Vertragstext, d. h. der „gewöhnlichen Bedeutung“, seinen Niederschlag findet107. Diesen Grundsätzen folgend ist dem Wortlaut von Nr. 15 des SP zum DBA-Österreich 1954/92 eine „Versteinerung“ dort verwandter Begriffe nicht zu entnehmen. Einer „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ kommt in den deutschen Steuergesetzen keine spezifische Bedeutung zu. Eine unmittelbare („versteinerte“) Verweisung auf konkrete steuerliche Vorschriften besteht nicht. Wie gesehen, wäre dies im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft nicht möglich, da diese Rechtsform in deutschen Steuergesetzen keine Erwähnung findet108. Den einschlägigen Vorschriften folgend liegt umgekehrt eine typisch stille Gesellschaft nicht vor, wenn eine „stille Gesellschaft“ die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft erfüllt109. Dieser negativen Begriffsbestimmung Rechnung tragend ist selbst Nr. 15 des SP zum alten DBA-Österreich keine insoweit mittelbare Verweisung 103
Statt Vieler K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 84. M. Lang, RIW 1992, S. 573 (577). 105 Vgl. Art. 10a Abs. 3 DBA-Österreich 1954/92. 106 M. Lang, RIW 1992, S. 573 (574); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Vor Art. 1, Rn. 38 ff. 107 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 2. c) dd) (2) sowie eingehend K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 106. 108 Im ersten Kapitel unter B. II. 1. sowie in diesem Kapitel A. I. 1. b). 104
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
zu entnehmen, da einer „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ im nationalen Steuerrecht keine hinreichend präzise Bedeutung zukommt. Vermögensbeteiligung bildet vielmehr einen Oberbegriff, der im Rahmen einer Mitunternehmerschaft das Tragen von Mitunternehmerrisiko repräsentiert110. Ausdruck des Tragens von Mitunternehmerrisiko ist zwar regelmäßig eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert111. Nach der Rechtsprechung des BFH erweist sich eine Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert im Einzelfall jedoch als verzichtbar112. Unter Berücksichtigung der bei Abschluss des alten DBA-Österreich 1954/92 am 4.10.1954 (in Deutschland) geltenden Rechtslage darf es im Übrigen als zweifelhaft gelten, ob die von M. Lang und Huber vertretende Interpretation zutrifft113. Bereits die BFH-Entscheidung vom 22.11.1955114 schloss das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft wegen des Fehlens einer Verlustbeteiligung nicht schlechthin aus. Im Urteil vom 14.2.1956115 hielt der BFH eine Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert für verzichtbar, wenn der Anteil am laufenden Gewinn und den übrigen stillen Reserven eine „wirtschaftlich starke“ Position des Gesellschafters begründet116. Dem einschlägigen Schrifttum der Jahre 1950 bis 1955 lässt sich ferner entnehmen, dass eine Mitunternehmerschaft zwar eine Vermögensbeteiligung, nicht jedoch eine Teilhabe am Firmenoder Geschäftswert zwingend erfordert117. Auch eine historische Betrachtung bietet keinen Anhaltspunkt für eine „Versteinerung“ von Abkommensbegriffen. Selbst wenn die Vertragsparteien des DBA-Österreich 1954/92 eine statische Verweisung auf den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft angestrebt haben sollten, fand diese in Nr. 15 Satz 1 des SP zum DBA-Österreich 1954/92 jedenfalls keinen Niederschlag. Der Wortlaut der Zuordnungsregel wäre zu weit geraten, da zumindest für das deutsche Steuerrecht nur ein seinerseits auslegungsbedürftiges Element des Typusbegriffs der Mitunternehmerschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesprochen wird118. Insbesondere zwischen 109
Vgl. §§ 15a Abs. 5 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG; sowie in diesem Kapitel A. I.
1. b). 110 Siehe im ersten Kapitel unter B. II. 1. a) sowie eingehend bei der Besprechung des DBA-Luxemburg. 111 BFH-Urteil v. 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700. 112 BFH-Urteil v. 14.2.1956, BStBl. III 1956, S. 103 (104); G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 81; dazu im ersten Kapitel unter B. II. 1. a). 113 M. Lang, RIW 1992, S. 573 (576); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Vor Art. 1, Rn. 48. 114 BStBl. III 1956, S. 4 (5). 115 BStBl. III 1956, S. 103 (104). 116 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). 117 Fritsch, DStZ 1950, S. 21 (22); M. Krämer, DStZ 1953, S. 261; Littmann, DStZ 1955, S. 107 m. w. N. unter Hinweis auf seine Dissertation.
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
183
Deutschland und Österreich hätte es nahe gelegen, eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert als konstituierende Elemente einer Vermögensbeteiligung unmittelbar anzusprechen, zumal im deutschen und österreichischen Gesellschaftsrecht die maßgeblichen Vorschriften fast wörtlich übereinstimmen119. Diese Parallelität findet im Steuerrecht ihre Fortsetzung, weil sich die Konzeptionen im deutschen und österreichischen Steuerrecht in starker Weise ähneln120. Dies berücksichtigend, hat ein möglicherweise bestehender Wille der Vertragsstaaten, mit Nr. 15 Satz 1 des SP den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft anzusprechen, im Wortlaut keine Entsprechung gefunden. Mit Abschluss des neuen DBA-Österreich 2000 ist im Ergebnis keine Änderung der Rechtslage eingetreten. Die Regelung zur stillen Gesellschaft in Abs. 3 des Protokolls stimmt mit Nr. 15 Satz 1 des SP zum alten DBA-Österreich 1954/92 wörtlich überein. Die Neufassung des DBA-Österreich enthält mit Art. 3 Abs. 2 erstmals eine allgemeine Auslegungsregel i. S. d. OECD-Musters121. An diesem Maßstab ist eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ zu messen122. Aus dem „Zusammenhang“ des Abkommens unter Einschluss des Protokolls123 lässt sich die Bedeutung einer „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ nicht konkretisieren. Ein Grund dürfte in der Funktion des Protokolls liegen, nämlich Erläuterungen und Klarstellungen zum eigentlichen Abkommen vorzunehmen124. Aus dem „Zusammenhang“ des Protokolls dürfte sich regelmäßig keine Klarstellung dort vereinbarter Auslegungshilfen ergeben. Damit erlaubt Art. 3 Abs. 2 DBA-Öst einen Rückgriff auf die Bedeutung im innerstaatlichen Steuerrecht. Maßgeblich ist die Bedeutung im jeweiligen „Anwendungszeitraum“ des Abkommens. Wie gesehen, liegt eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ im deutschen Steuerrecht bereits dann vor, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter entweder an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert, nicht jedoch zwingend an beiden Vermögensteilen partizipiert125. Ein „versteinertes“ Verständnis 118
Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). Dazu im ersten Kapitel unter B. I. 2. a) bb). 120 D. Kischel in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 1954/92, Grundwerk, Art. 2, Rn. 11; M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Österreich, Stand Juli 1997, Vor Art. 1, Rn. 48; im Übrigen eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 2. b). 121 H. Jirousek, ÖStZ 2000, S. 370 (371). 122 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 123 Das Protokoll nimmt am Ratifikationsverfahren teil und wird integraler Bestandteil eines DBA (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.33; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 48). Die Regelung in Art. 30 DBA-Öst kommt daher deklaratorischer Charakter zu. 124 Vgl. H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.33 ff.; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 96 ff. 119
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
von Abs. 3 des Protokolls ist mit der Neufassung des Abkommens nicht mehr vereinbar. d) Zwischenergebnis Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem österreichischen Handelsgewerbe, bestehen aus deutscher Perspektive für die abkommensrechtliche Einordnung drei Möglichkeiten: Besteht die atypisch stille Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, können (1) nach Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst Dividenden vorliegen. Dies setzt eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung durch einen „echten“ stillen Gesellschafter i. S. d. österreichischen Steuerrechts voraus. Aus deutscher Perspektive kann ein atypisch stiller Gesellschafter von dieser Regelung betroffen sein, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vorsieht. Im Übrigen fällt der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters unter den Unternehmens- oder den Zinsartikel. Sieht der Gesellschaftsvertrag (2) eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ vor, richtet sich die Zuordnung des Besteuerungsrechts nach Abs. 3 des Protokolls. Eine Vermögensbeteiligung im genannten Sinne liegt bereits dann vor, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter entweder an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert partizipiert. Der widersprechenden Ansicht von M. Lang und Huber126 ist weder unter dem Regime des alten DBA-Österreich 1954/92 noch des neuen DBA-Österreich 2000 zu folgen. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass aus österreichischer Sicht eine („unechte“) atypisch stille Gesellschaft eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert zwingend voraussetzt. Fehlt es an einer in diesem Sinne umfassenden Beteiligung, liegt vorbehaltlich der Regelungen gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung aus österreichischer Sicht nur eine („echte“) typisch stille Gesellschaft vor127. Dies berücksichtigend ergeben sich für eine Auslegung des gemeinsamen Abkommens aus österreichischer und deutscher Perspektive folgende Konsequenzen: Fehlt es aus österreichischer Sicht an einer im genannten Sinne umfassenden Beteiligung, sind die Gewinnanteile eines („echten“) stillen Gesellschafters vorbehaltlich Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst unter den Zinsartikel zu subsu125 Dazu eingehend oben; vgl. BFH-Urteil v. 14.2.1956, BStBl. III 1956, S. 103 (104); G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand März 2000, § 15, Rn. 317; H. W. Schoor, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rn. 81. 126 M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, S. 151 ff.; ders., RIW 1992, S. 573 (577); M. Lang/S. Schuch in: Debatin/Wassermeyer, DBAÖsterreich, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 37; H. Huber, ÖStZ 1986, S. 186. 127 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. b).
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
185
mieren (Art. 11 DBA-Öst). Dieser vermittelt Österreich nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst ein der Höhe nach unbegrenztes Recht zur Quellenbesteuerung. Für den Wohnsitzstaat Deutschland ist diese Auslegung nicht verbindlich, da die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 DBA-Öst keine Qualifikationsverkettung vorsieht. Im Gegensatz zur österreichischen Sichtweise genügt es für eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ i. S. v. Abs. 3 des Protokolls, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter entweder an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert teilhat. Vorbehaltlich der im Dividendenartikel vorgesehenen Qualifikationsverkettung (Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst)128 wird aus deutscher Perspektive allein der Unternehmensartikel einschlägig. Die zwischen den Vertragsstaaten unterschiedliche Auslegung des Abkommens kann sowohl einen positiven als auch (u. U.)129 negativen Qualifikationskonflikt nach sich ziehen: Ist einem atypisch stillen Gesellschafter aus deutscher Sicht eine in Österreich belegene Betriebsstätte zuzurechnen, sind dieser zuordenbare Gewinnanteile nach den Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 23 Abs. 1 lit. a Satz 1 DBA-Öst grundsätzlich unter Progressionsvorbehalt von einer inländischen Besteuerung freizustellen130; entspricht eine in Österreich erfolgende Quellenbesteuerung nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst nicht einer „vollständigen“ deutschen Besteuerung, kommt es zu einem negativen Qualifikationskonflikt. Ist einem atypisch stillen Gesellschafter umgekehrt keine österreichische Betriebsstätte zuzurechnen, resultiert aus der Kumulation von in Deutschland und Österreich erhobener Steuer ein positiver Qualifikationskonflikt. Erfüllt die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters (3) nicht die Voraussetzungen von Abs. 3 des Protokolls, liegen nach Art. 11 DBA-Öst Zinsen vor. Diese Zuordnung betrifft insbesondere eine atypisch stille Gesellschaft, bei der eine fehlende „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Protokolls durch eine überproportionale Mitunternehmerinitiative kompensiert wird. Der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters ist unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung unter den Zinsartikel zu subsumieren. e) Switch over-Klausel – Notifikationsverfahren Aus dem vorstehend geschilderten negativen Qualifikationskonflikt kann seit der Revision des DBA-Österreich im Jahre 1992 keine Minderbesteuerung re128 Art. 10 Abs. 3 DBA-Öst trifft eine für beide Vertragsstaaten verbindliche Qualifikationsverkettung; siehe vorstehend A. II. 1. a). 129 Die Einkünfte eines beschränkt steuerpflichtigen „echten“ stillen Gesellschafters unterliegen in Österreich einem Veranlagungsverfahren, in dem die erhobene Kapitalertragsteuer von derzeit 25 v. H. zur Anrechnung kommt [Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. b)]. 130 S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 23, Rn. 3 ff.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
sultieren. Das Protokoll zum alten DBA-Österreich 1954/92 wurde mit Nr. 27a lit. b um eine switch over-Klausel erweitert. Danach darf der „Wohnsitzstaat [. . .] ein Besteuerungsrecht ausüben, wenn [b)] der andere Staat diese Einkünfte [. . .] nicht oder nur ermäßigt besteuert hat, weil er diese Einkünfte [. . .] anders qualifiziert oder zugeordnet hat und dieser Qualifikationskonflikt nicht in einem Verständigungsverfahren bereinigt werden konnte“. Eine dem entsprechende Vorschrift findet sich mit Art. 28 Abs. 1 lit. a auch im neuen Abkommen mit Österreich: „Der Ansässigkeitsstaat vermeidet die Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung [. . .] und nicht durch Steuerbefreiung [. . .] [a)] wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte [. . .] unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden [. . .] und dieser Konflikt sich nicht durch ein [. . .] [Verständigungsverfahren] regeln lässt und wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte [. . .] unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden“. In vorstehender unter (2) angeführten outbound-Variante, in der eine Beteiligung an den stillen Reserven, nicht dagegen am Firmen- oder Geschäftswert vereinbart ist, ordnet Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Öst für den Fall eines negativen Qualifikationskonflikts einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode an131. Die Voraussetzungen der switch over-Klausel liegen insoweit vor: Die Gewinneinkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters werden aus österreichischer Sicht dem Zinsartikel und aus deutscher Sicht dem Unternehmensartikel unterworfen. Die Subsumtion unter verschiedene Verteilungsartikel würde zu einer niedrigen Besteuerung führen132, da die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters vom deutschen Fiskus unbesteuert blieben und in Österreich, trotz des der Höhe nach unbeschränkten Besteuerungsrechts (Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst), wohl keiner „vollständigen“ Besteuerung unterliegen133. Im Übrigen erfordert Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a DBA-Öst, dass sich ein Qualifikationskonflikt nicht durch ein Verständigungsverfahren i. S. d. Art. 25 DBA-Öst 131
Dazu Ch. Hensel, IWB, F. 5, Gr. 2, Österreich, S. 549 (554). S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Österreich 2000, Stand 11. Erg. Lfg. 2002, Art. 28, Rn. 2 und 6. Grotherr gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es dem Tatbestandsmerkmal „zu niedrig besteuert würden“ an Objektivität und Rechtsbestimmtheit fehlt. Da die switch over-Klausel jedoch nur greift, wenn die Vertragsstaaten die betreffenden Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zuordnen, sind mit einer „zu niedrigen“ Besteuerung offensichtlich ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“ gemeint. In der Tendenz ähnlich möchten S. Sparfeld/A. Chebounov (RIW 2002, S. 42 [46]) die angeführte switch over-Klauel lediglich auf „weiße Einkünfte“ anwenden und verweisen insoweit auf den Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 S. 1 lit a. DBA-Öst 2000; eine solche Interpretation des Abkommens ist jedoch mit dem Wortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren, da ausdrücklich von Einkünften die Rede ist, die „unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden“. Dazu im Übrigen die Besprechung der switch over-Klausel des DBA-USA [siehe nachstehend B. II. 2. a) ee)]. 133 Zur Quellenbesteuerung in Österreich siehe im ersten Kapitel B. II. 2. b). 132
A. Regelungen mit Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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„regeln lässt“. Mit Blick auf die Systematik des Abkommens dürfte diese Möglichkeit für den Fall eines negativen Qualifikationskonflikts ausscheiden: Das in Art. 25 Abs. 1 und 2 DBA-Öst in Anlehnung an das OECD-Muster134 ausgestaltete Verständigungsverfahren „im engeren Sinne“135 beseitigt u. a. eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung, nicht dagegen einen aus Sicht der Finanzverwaltung unerwünschten negativen Qualifikationskonflikt136. Durch das in Art. 25 Abs. 3 DBA-Öst normierte allgemeine Konsultationsverfahren137 könnten die zuständigen Finanzbehörden der Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich einer Minderbesteuerung entgegentreten. Für den Fall einer „steuerliche(n) Freistellung von Einkünften“ genießt indessen das Notifikationsverfahren in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. b DBA-Öst als lex specialis Vorrang138. Die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters werden nach Art. 28 Abs. 1 lit. a i.V. m. Art. 23 Abs. 1 lit. b DBA-Öst unter Anrechnung einer in Österreich gezahlten Quellensteuer in Deutschland besteuert. Kommt es zu einem positiven Qualifikationskonflikt, schafft Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a DBA-Öst keine Abhilfe, da – im Gegensatz zum DBA-USA139 – nur unbesteuerte oder niedrig besteuerte Einkünfte angesprochen sind. Eine Anrechnung der in Österreich erhobenen Steuer erfolgt jedoch nach Maßgabe des (allgemeinen) Art. 23 Abs. 1 lit. b DBA-Öst i.V. m. §§ 34c, 34d EStG. Dies erfordert eine nach österreichischem Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gezahlte Steuer. Ob eine Steuer „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen“ entrichtet wurde, bestimmt sich – im Gegensatz zur Freistellung140
134 Über das Instrumentarium des OECD-MA hinaus eröffnet das neue DBA-Österreich – insoweit als erstes deutsches DBA – mit Art. 25 Abs. 5 DBA-Öst die Möglichkeit, nach einem Scheitern des Verständigungsverfahrens ein Schiedsverfahren nach Art. 239 EG-Vertrag vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig zu machen (dazu Ch. Hänsel, IWB, F. 5, Gr. 2, Österreich, S. 549 (554) und M. Züger, IWB, F. 5, Gr. 2, Österreich, S. 463). 135 Zur Terminologie S. Eilers in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 25 MA, Rn. 1; M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 25, Rn. 3. 136 S. Eilers in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 25 MA, Rn. 31; M. Lehner weist darauf hin, dass ein Verständigungsverfahren selbst mit dem Ziel betrieben werden kann, eine (abkommensgerechte) doppelte Freistellung zu erreichen (in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 25, Rn. 31). 137 Zum OECD-Muster siehe S. Eilers in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 25 MA, Rn. 1, 5; M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 25, Rn. 166 ff. 138 Mit dieser Vorschrift soll eine doppelte Freistellung von Einkünften und sonstige Gestaltungen zum Mißbrauch des Abkommens verhindert werden. Dies setzt mit der Notifikation eine besondere Form der Mitteilung an den Vertragspartner voraus. Für Österreich besteht in einem solchen Fall nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 DBA-Öst die Möglichkeit, sich der deutschen Qualifikation anzuschließen. Ansonsten tritt die genannte Rechtsfolge für die von der Notifikation betroffenen Einkünfte unter bestimmten zeitlichen Restriktionen ein (Art. 28 Abs. 1 S. 3 und 4 DBA-Öst). 139 Dazu eingehend unten B. II. 2. a) ee). 140 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) aa) und B. II. 2. c) dd).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
– nicht aus der Sicht des Wohnsitzstaats141. Dies berücksichtigend gilt eine in Österreich nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst erhobene Steuer als „in Übereinstimmung mit dem Abkommen erhoben“, selbst wenn aus deutscher Sicht die betreffenden Einkünfte unter Art. 7 DBA-Öst fallen. 2. Atypische stille Beteiligung eines in Österreich Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in Österreich Ansässiger atypisch still an einem deutschen Handelsgewerbe, gelten die bisherigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Im Gegensatz zu einer outbound-Variante generiert eine (zusätzliche) atypisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft keine Dividenden gem. Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst. Die deutsche Vorschrift gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung betrifft § 8a Abs. 1 KStG zufolge ausschließlich „Vergütungen für Fremdkapital“; diese können allein einem typisch stillen Gesellschafter zufließen142. Für die abkommensrechtliche Einordnung verbleiben insoweit zwei Möglichkeiten: Beteiligt sich (1) ein atypisch stiller Gesellschafter „am Vermögen des Unternehmens“ i. S. v. Abs. 3 des Protokolls, zählt sein Gewinnanteil zu den Unternehmensgewinnen nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Öst. Bei Zurechnung einer inländischen Betriebsstätte unterliegen diese in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht143. Ist dagegen (2) weder eine Beteiligung an den stillen Reserven noch am Firmen- oder Geschäftswert vereinbart, fallen die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters unter den Zinsartikel144. Der deutsche Fiskus ist nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Öst zur Erhebung einer der Höhe nach unbegrenzten Quellensteuer berechtigt145. Die Ursachen, die in einer outbound-Variante einen negativen Qualifikationskonflikt nach sich ziehen (können), können im umgekehrten Fall spiegelbildlich 141
K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 180. BMF-Schreiben „Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG)“ v. 17.11.1994, BStBl. I 1995, S. 25, Rn. 44; H. J. Pezzer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rn. 65; weitere Nachweise im ersten Kapitel B. II. 1. b) Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidirg erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt. 143 Vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA-Öst i.V. m. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, 12 AO. 144 Vgl. Art. 11 DBA-Öst. 145 H. Jirousek, ÖStZ 2000, S. 370 (374); im nationalen Steuerrecht bleibt diese Möglichkeit jedoch ungenutzt, da weder § 43 EStG noch § 50a EStG die Erhebung einer entsprechenden Quellensteuer vorsehen. Auf Veranlagungsfälle i. S. d. § 50 Abs. 3 EStG dürfte die Ermächtigung nicht bezogen sein. 142
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
189
zu einer Doppelbesteuerung von Einkünften führen146. Aus Sicht des deutschen Fiskus liegen Unternehmensgewinne vor, die bei Zurechnung einer Betriebsstätte der beschränkten Steuerpflicht unterliegen (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. DBA-Öst). In gleicher Weise sieht sich Österreich nach Art. 11 Abs. 1 DBAÖst zu einer Besteuerung befugt; aus dortiger Perspektive ist lediglich eine „echte“ stille Gesellschaft vereinbart, weil der Gesellschaftsvertrag keine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vorsieht. Die switch over-Klausel in Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Öst kommt nicht zum Tragen, da Österreich bei Vorliegen von Zinsen ohnehin die Anrechnungsmethode anwendet (Art. 23 Abs. 2 lit. b DBA-Öst). Sollte der österreichische Fiskus eine in Deutschland entrichtete Steuer nicht (vollständig) anrechnen, kann eine insoweit verbleibende Doppelbesteuerung allein durch ein Verständigungsverfahren gem. Art. 25 DBA-Öst beseitigt werden. 3. Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zu Österreich ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt grundsätzlich gering. In beide Steuerrechtsordnungen zählt der Gewinnanteil eines atypisch („unechten“) stillen Gesellschafters zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Würde das einschlägige DBA indessen keine switch over-Klausel vorsehen, könnte die partiell unterschiedliche Abgrenzung einer atypisch („unechten“) von einer typisch („echten“) stillen Gesellschaft einen Qualifikationskonflikt nach sich ziehen147.
B. Abkommensrechtliche Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft Abgesehen von Abkommen, in denen eine stille Gesellschaft keine Erwähnung findet148, enthalten die übrigen deutschen DBA unterschiedlich weit differenzierte Regelungen. Die Skala reicht von der bloßen Erwähnung einer „stillen Gesellschaft“ bis hin zu einer Bezugnahme auf Einzelheiten des Gesellschaftsvertrags. Ausgehend von der Übersicht im ersten Kapitel repräsentieren die 146
Dazu im ersten Kapitel unter A. III. 3. Das FG Münster hat im Urteil v. 25.01.2001 (DStRE 2002, S. 415) für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft „entscheidend“ auf eine Beteiligung an einem Firmen- oder Geschäftswert abgestellt. Über die Revision hat der BFH durch Urteil vom 9.12.2002 (BFH/NV 2003, S. 601) entschieden, ohne jedoch von den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. 148 Vgl. die DBA mit dem Iran (v. 20.12.1968, BGBl. II 1969, S. 2134), Süd-Korea (v. 21.2.1978, BGBl. II 1978, S. 192), Polen (v. 18.12.1972 in der Fassung des Änderungsprotokolls v. 24.10.1979, BGBl. II 1981, S. 307) und Thailand (v. 10.7.1967, BGBl. II 1968, S. 590). 147
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
nachfolgend besprochenen Abkommen einen häufiger verwandten Formulierungsstandard149. I. Differenzierte Regelungen Die DBA mit Spanien150, der Schweiz151 und Belgien152 enthalten Regelungen zur „stillen Gesellschaft“, die im Einzelnen unterschiedliche Differenzierungsgrade aufweisen. 1. DBA-Spanien Das Abkommen mit Spanien datiert aus dem Jahre 1966 und orientiert sich weit gehend am ersten OECD-MA 1963153. Den Schutz des Abkommens erhält nach Art. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. e und Art. 4 DBA-Spanien (DBA-Spa) ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als „natürliche Person“. Auch wenn beide Vertragsstaaten Personengesellschaften im Übrigen grundsätzlich unterschiedlich besteuern154, liegen die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“ gem. Art. 3 Abs. 1 lit. f DBA-Spa jeweils nicht vor. Weder in Deutschland noch in Spanien zählt eine atypisch stille Gesellschaft zum Kreis der juristischen Personen oder erfährt eine entsprechende steuerliche Behandlung155. Für die in Art. 4 DBA-Spa normierte Ansässigkeit gelten die im OECD-MA üblichen Kriterien156. Die Sonderregelung in Art. 4 Abs. 4 DBA-Spa wird für eine stille Gesellschaft – verstanden als Oberbegriff – nicht einschlägig. Diese gewinnt nur Bedeutung, soweit eine in Deutschland ansässige Personengesellschaft Einkünfte aus spanischen Quellen bezieht157.
149
Eingehend im ersten Kapitel unter B. III. Art. 10 Abs. 4 DBA-Spanien, vgl. im ersten Kapitel B. III. 2. a). 151 Art. 10 Abs. 4 DBA-Schweiz, vgl. im ersten Kapitel B. III. 2. a). 152 Art. 10 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 DBA-Belgien, vgl. im ersten Kapitel B. III. 2. 153 Das Abkommen wurde am 5.12.1966 geschlossen (F. Wassermeyer, Beck’sche Textausgabe DBA, Spanien, Einführung 1.). Das erste OECD-MA erging am 30.7. 1963 (vgl. Nr. 6 der Einleitung zum OECD-MK). 154 Vgl. im ersten Kapitel unter B. II. 2. e). 155 Auch wenn im nationalen Steuerrecht Spaniens ein stiller Gesellschafter bis zum 31.12.1995 Dividenden bezog, wurde eine stille Gesellschaft nicht als eigenständiges Steuersubjekt betrachtet. Steuersubjekt bleibt stets der „Rechtsträger“, an dem eine stille Beteiligung bestand. Siehe im ersten Kapitel unter B. II. 2. e). 156 Eingehend im zweiten Kapitel A. I. bis III. 157 Dazu H. J. Selling in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Spanien, Stand Oktober 1998, Art. 4, Rn. 15 ff. 150
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem spanischen Unternehmen Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem spanischen Unternehmen, könnte sein Gewinnanteil im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 („Zinsen“) des DBA-Spanien fallen. Gegenüber der Unternehmensvorschrift sind der Dividenden- und Zinsartikel nach Art. 7 Abs. 7 DBA-Spa vorrangig. aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Spa Für die Auslegung des Dividendenartikels ist das Verhältnis der Sätze 1 und 2 von Art. 10 Abs. 4 DBA-Spa von grundlegender Bedeutung. (1) Verhältnis der Sätze 1 und 2 von Art. 10 Abs. 4 DBA-Spa Der Dividendenbegriff wird in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa entsprechend dem OECD-MA 1963 definiert158. Die abkommensrechtliche Einordnung einer „stillen Gesellschaft“ ist Gegenstand von Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa: Der Begriff Dividenden umfasst danach „auch die Einkünfte eines stillen Gesellschafters [cuentapartícípe] (der nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist)“159. Die Abkommen mit Luxemburg, Österreich und den Niederlanden enthalten an systematisch anderer Stelle vergleichbare Formulierungen160. Eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ wird dort als maßgebliches Kriterium angesehen, um den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels positiv zu umschreiben. Im DBA-Spanien spricht umgekehrt eine fehlende Beteiligung „am Vermögen des Unternehmens“ für das Vorliegen von Dividenden. In welchem Umfang eine (typisch oder atypisch) stille Gesellschaft unter den Dividendenartikel des Abkommens fällt, wird unterschiedlich beurteilt: Nach Ansicht von Selling braucht bei Anwendung des Dividendenartikels nicht zwischen Erträgen aus einer typisch oder atypisch stillen Gesellschaft differenziert zu werden, da „die stille Gesellschaft in Abs. 3 ausdrücklich genannt ist“161. Die überwiegende Auffassung im Schrifttum162 und (wohl) das BMF-Schreiben vom 28.12.1999163 sehen den Anwendungsbereich des Dividendenartikels auf 158 Gegenüber der aktuellen Fassung des OECD-MA ergeben sich nur unwesentliche redaktionelle Unterschiede. 159 Einklammerung jeweils im Original. 160 Dazu im ersten Kapitel unter B. III. 1. sowie eingehend in diesem Kapitel unter A. 161 H. J. Selling in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Spanien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 53; ders. in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG Bd. 16, S. 195 (199).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
eine typisch stille Gesellschaft beschränkt: Eine atypisch stille Gesellschaft könne die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa nicht erfüllen, weil definitionsgemäß eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Liquidationserlös vorliegt; daher sei eine atypisch stille Gesellschaft ausschließlich unter den Unternehmensartikel zu subsumieren164. Im Sinne der vormaligen Ansicht von Wassermeyer und Piltz165 beschränkt sich der Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa ebenfalls auf eine typisch stille Gesellschaft; der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters sei als „Forderung jeder Art“ unter den Zinsartikel zu subsumieren166. Für das Verständnis des Dividendenartikels ist von grundlegender Bedeutung, ob die Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa für den nachfolgenden Satz 2, insbesondere für die Regelung zur stillen Gesellschaft, Geltung beansprucht. Dies bejahend könnte die Ansicht von Selling zu verstehen sein, wonach eine stille Gesellschaft zu den „sonstigen Gesellschaftsanteilen“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa gehöre167. Eine solche Zuordnung ist bereits dem einschlägigen Wortlaut des DBA-Spanien nicht zu entnehmen. Die Dividendendefinition orientiert sich in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa am OECD-MA 1963, dessen grundlegende Konzeption durch die aktuelle Fassung des OECD-MA nicht verändert wurde168. Dies berücksichtigend lässt sich der erste Satz der Dividendendefinition gedanklich in drei Abschnitte unterteilen169. Der erste Abschnitt enthält mit „Aktien, Genußrechten“ u. a. Regelbeispiele, die in beiden Staaten als Dividenden Besteuerung finden. Gegenstand des allgemeiner gefassten zweiten Abschnitts sind „andere Rechte – ausgenommen Forde162 W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 231; Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (218 und 223); C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240); R. Portner in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Spanien, Grundwerk, Art. 10, Rn. 6. 163 Argumentum e contrario aus dem BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 164 Ch. Schmidt, IStR 1996, S 213 (218 und 223), W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 229, C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240). 165 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 166 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 3. 167 Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der Fundstelle; vgl. H. J. Selling in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Spanien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 53; ders. in: Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG Bd. 16, S. 195 (199), Zwischenüberschrift vor Rn. 52. 168 Siehe Nr. 23 zu Art. 10 des OECD-MK. 169 Zur entsprechenden Passage des OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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rungen – mit Gewinnbeteiligung“. Der dritte Abschnitt formuliert mit „sonstigen Gesellschaftsanteilen“ bei gleichzeitiger Normierung einer Qualifikationsverkettung einen Auffangtatbestand. Die Formulierung „Er umfasst auch“ in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa knüpft sprachlich unmittelbar an den Eingangssatz der Dividendendefinition an („Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Dividenden“ [. . .]“). Eine Maßgeblichkeit der Qualifikationsverkettung für Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Maßgeblichkeit der Qualifikationsverkettung für die ersten beiden Abschnitte der Dividendendefinition. Der im genannten Sinne verstandene Wortlaut deckt sich mit dem Charakter als Auffangtatbestand oder Generalklausel, der den im dritten Abschnitt von Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa genannten „sonstigen Gesellschaftsanteilen“ zukommen soll. Zu der Parallelvorschrift in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA heißt es in Nr. 23 des einschlägigen Kommentars170: „Wegen der großen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der OECD lässt sich der Ausdruck „Dividenden“171 nicht abschließend bestimmen. Daher beschränkt sich die Definition auf Beispiele, die in den Rechtsordnungen der meisten Mitgliedstaaten zu finden sind und dort nicht unterschiedlich behandelt werden. Die Aufzählung wird durch eine Generalklausel ergänzt“. Dies berücksichtigend kann Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa nicht auf den im dritten Abschnitt von Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa normierten Auffangtatbestand, sondern auf die Regelbeispiele des ersten Abschnitts bezogen sein172. Ferner heißt es in Nr. 23 des OECD-MK zu Art. 10173: „Die Vertragsstaaten können bei den zweiseitigen Verhandlungen die Besonderheiten ihres innerstaatlichen Rechts berücksichtigen und in die Dividendendefinition auch andere Zahlungen einbeziehen, die unter den Artikel fallen sollen“. Dies verdeutlicht, neben den bereits angeführten Argumenten, dass Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa mit der Generalklausel im dritten Abschnitt der Dividendendefinition keine Konnexität aufweist. Die Sonderregelung zur stillen Gesellschaft ist keine Ergänzung der Generalklausel, sondern tritt funktional an deren Stelle. Die Qualifikationsverkettung des dritten Abschnitts der Dividendendefinition ist somit für Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBASpa nicht einschlägig.
170 „In view of the great differences between the laws of OECD Member countries, it is impossible to define „dividends“ fully and exhaustively. Consequently, the definitions merely mentions examples which are to be found in the majority of the Member countries’ laws an which, in any case, are not treated differently in them. The enumeration is followed up by a general formula“. 171 Anführungszeichen im Original. 172 W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 199. 173 „It is open to the Contracting States, through bilateral negotiations, to make allowance for peculiarities of their laws and to agree to bring under the definitions of „dividends“ other payments by companies falling under the Article“.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Seit dem 1.1.1996 kann im Ergebnis dahin stehen, ob die Sonderregelung zur stillen Gesellschaft in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa auf die Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 a. E. DBA-Spa bezogen ist. Ein stiller Gesellschafter bezieht nach spanischem Steuerrecht, ohne dass zwischen einer typisch oder atypisch stillen Gesellschaft unterschieden würde, Einkünfte aus Kapitalvermögen174. Die Gründe für die undifferenzierte Behandlung liegen wohl im einschlägigen Handelsrecht: Die Rechtsposition eines „atypisch“ stillen Gesellschafters kann auf vertraglichem Wege der eines Außengesellschafters nicht angenähert werden, weil Personengesellschaften grundsätzlich als juristische Personen ausgestaltet sind. Ein stiller Gesellschafter ist (und bleibt) vergleichbar einem Darlehensgläubiger „lediglich finanziell“ beteiligt175. Bis zum 31.12.1995 bezog ein stiller Gesellschafter, ebenfalls ohne Differenzierung zwischen einer typisch und atypisch stillen Gesellschaft, noch Einkünfte aus Dividenden176. (2) „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa Entsprechend den Abkommen mit Luxemburg177 und Österreich178 stellt Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa entscheidend auf eine „Vermögensbeteiligung“ ab. Ein „stiller Gesellschafter“ fällt nur dann in den Anwendungsbereich des Dividendenartikels, wenn dieser „nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist“. Entgegen der überwiegend im Schrifttum179 und (wohl) im BMFSchreiben vom 28.12.1999180 vertretenen Auffassung ist eine atypisch stille Gesellschaft nicht per se aus dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa ausgeschlossen. Nicht anders als im Fall der Abkommen mit Luxemburg und Österreich ist das Tatbestandsmerkmal „Vermögensbeteiligung“ auslegungsbedürftig, da weder eine typisch- noch eine atypisch stille Gesellschaft ausdrücklich angesprochen sind. Das DBA-Spanien enthält mit Art. 3 Abs. 2 eine (allgemeine) Auslegungsregel, die ihrem Pendant im OECD-Muster ent174
Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. e). Siehe das erste Kapitel unter B. I. 2. a) ee); dem einschränkenden Kriterium der „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 S. 2 DBA-Spa kommt im spanischen Gesellschafts- und Steuerrecht keine Bedeutung zu. Nach dortigem Verständnis ist ein stiller Gesellschafter in keinem Fall am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Dazu eingehend später. 176 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. e). 177 Siehe vorstehend A. I. 1. b). 178 Siehe vorstehend A. II. 1. c). 179 W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 231; Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (218 und 223); C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240); R. Portner in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Spanien, Grundwerk, Art. 10, Rn. 6. 180 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 175
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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spricht181. Der insoweit vorrangig maßgebliche Zusammenhang des Abkommens182 erweist sich für das Verständnis von Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa als unergiebig, weil eine stille Gesellschaft über ihre Nennung im Dividendenartikel hinaus im Abkommen keine Erwähnung findet. Die Bedeutung einer „stillen Gesellschaft“, mit der sich keine Beteiligung „am Vermögen des Unternehmens“ verbindet, ist daher im Lichte des deutschen Steuerrechts zu interpretieren. Gegenüber den Abkommen mit Luxemburg183 und Österreich184 führt dies zu keinem abweichenden Ergebnis. Unter Berücksichtigung der normierten und nicht normierten Bereiche wird im deutschen Steuerrecht eine „Vermögensbeteiligung“ als Oberbegriff für das Tragen von Mitunternehmerrisiko innerhalb des Typusbegriffs der Mitunternehmerschaft verstanden. Auch wenn ein typisch stiller Gesellschafter qua Definition an Wertveränderungen des Umlaufvermögens partizipiert, liegt darin keine Vermögensbeteiligung im steuerrechtlichen Sinne. Diese beschränkt sich auf eine Teilhabe an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert185. Dies berücksichtigend kann der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters jedenfalls nicht unter die Dividendenvorschrift subsumiert werden, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vorsieht. Umgekehrt ist eine typisch stille Beteiligung, die eine Teilhabe an Wertveränderungen des Umlaufvermögens vermittelt, konstitutiv dem Dividendenartikel zugewiesen. Eine Anwendung des Dividendenartikels ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter entweder an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert partizipiert. In beiden Fällen liegt eine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vor. Bezug nehmend auf die Ausführungen zum DBA-Österreich 2000186 verdeutlicht die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 5.12.1966187 vorliegende BFH-Rechtsprechung, dass eine Vermögensbeteiligung i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei Vorliegen einer „wirtschaftlich starken“ Position des Gesellschafters eine Beteiligung am Firmen- oder Geschäftswert nicht zwingend erfordert (BFH-Urteil vom 14.2.1956)188. Ob die Vertragsparteien die angeführte BFH-Rechtspre181 Mit den Abweichungen gegenüber der aktuellen Fassung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA verbinden sich keine inhaltlichen Änderungen. Den im Jahre 1995 eingefügten Ergänzungen kommt klarstellender Charakter zu. Vgl. K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 97. 182 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 183 Siehe vorstehend A. I. 1. b). 184 Siehe vorstehend A. II. 1. c). 185 Dazu eingehend bei der Besprechung des DBA-Luxemburg, siehe vorstehend A. I. 1. b). 186 Siehe vorstehend A. II. 1. c). 187 F. Wassermeyer in: Einführung zum DBA-Spanien, in Beck’sche Textausgaben, DBA, Spanien, 1.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
chung bei der Verhandlung des Abkommens berücksichtigt haben, ist zwar für dessen Auslegung grundsätzlich unbeachtlich und lässt sich – vorbehaltlich entsprechender Ausführungen in einer Denkschrift zum Abkommen189 – nur vermuten. Jedenfalls verdeutlicht das BFH-Urteil vom 14.2.1956190, dass am 5.12.1966 – d. h. bei Abschluss des DBA-Spanien – eine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. deutschen Steuerrechts nicht zwingend eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert erfordert. Dies bedeutet umgekehrt, dass nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa ein atypisch stiller Gesellschafter, der weder an den stillen Reserven noch am Firmen- oder Geschäftswert beteiligt ist, und dessen fehlendes Mitunternehmerrisiko durch eine überproportional ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert wird, entsprechend einem typisch stillen Gesellschafter abkommensrechtlich Dividenden bezieht. Dieses Ergebnis erscheint im Lichte des deutschen Steuerrechts wenig konsistent, da eine atypisch stille Gesellschaft insoweit unter die offensichtlich auf eine typisch stille Gesellschaft zugeschnittene Sonderregelung des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa subsumiert wird. Das Negativerfordernis, dass ein stiller Gesellschafter „nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist“, könnte zum Anlass genommen werden, eine atypisch stille Gesellschaft gänzlich aus dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa auszunehmen. Für eine solche Auslegung ließe sich insbesondere anführen, dass ein regelmäßig nur an den Wertveränderungen des Umlaufvermögens beteiligter typisch stiller Gesellschafter gerade keine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG inne hat. Unter Rückgriff auf die einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäbe des Art. 3 Abs. 2 DBA-Spa ist ein solches Ergebnis indessen nicht zu rechtfertigen. Das deutsche Steuerrecht definiert eine typisch stille Gesellschaft nicht positiv als Beteiligung, die eine Teilhabe am Vermögen des Unternehmens nicht vorsieht, sondern in § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG als „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter [. . .], es sei denn, daß der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist“. Der einschlägigen Definition eines typisch stillen Gesellschafters i. S. d. deutschen Steuerrechts ist nicht zu entnehmen, dass dieser im Gegensatz zu einem atypisch stillen Gesellschafter nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 2 Satz 4 DBA-Spa „nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist“, sondern dass umgekehrt eine typisch stille Gesellschaft nur vorliegt, wenn die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nicht erfüllt sind. Eine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa erweist sich als Tatbestandsmerkmal, welches im deutschen Steuerrecht allein für 188
BStBl. III 1956, S. 103 (104). Zur Bedeutung der Denkschrift vgl. H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.75. 190 BStBl. III 1956, S. 103 (104). 189
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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die Frage des Vorliegens einer atypisch stillen Gesellschaft Bedeutung gewinnt. Auf Ebene des Abkommens kann daher (auch) eine atypisch stille Gesellschaft unter Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa subsumiert werden. Der überwiegenden Ansicht im Schrifttum, der vormaligen Auffassung von Wassermeyer und Piltz sowie der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999191 eingenommenen Sichtweise ist daher aus den genannten Gründen nicht zu folgen, soweit eine atypisch stille Gesellschaft nach Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa ohne jede Differenzierung aus dem Anwendungsbereich des Dividendenartikels ausgeschlossen wird. Eine atypisch stille Gesellschaft, bei der eine gänzlich fehlende „Vermögensbeteiligung“ durch eine überproportionale Mitunternehmerinitiative kompensiert wird, findet im Ergebnis keine andere Behandlung, als eine typisch stille Gesellschaft192. Der angeführten Variante einer atypisch stillen Gesellschaft mangelt es in gleicher Weise wie einer typisch stillen Beteiligung an einer Teilhabe „am Vermögen des Unternehmens“. Partizipiert ein atypisch stiller Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Firmen- oder Geschäftswert, besteht gem. Art. 3 Abs. 2 DBA-Spa keine ein Mitunternehmerrisiko umschreibende „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Wollten die Vertragsparteien in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft stellvertretend und umfassend ansprechen, fand diese Absicht im Wortlaut keinen Niederschlag193. Der Regelung ist ausdrücklich nicht zu entnehmen, dass eine atypisch stille Gesellschaft auch dann aus dem Anwendungsbereich des Dividendenartikels ausgeschlossen ist, wenn weder eine Beteiligung an den stillen Reserven noch am Firmen- oder Geschäftswert vorliegt. Einer über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung stehen die auf Abkommensebene einschlägigen Auslegungsmaßstäbe des Art. 31 Abs. 1 WÜRV entgegen. In den Worten von Vogel194 ist eine Auslegung ausgeschlossen, „die wiewohl dem Parteiwillen entsprechend mit dem Abkommenswortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist“. 191 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99); BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 192 C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240); Ch. Schmidt, IStR 1996, S. 213 (218 und 223) und W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 229 schließen eine derartige Sichtweise nicht explizit aus, weil sie nur den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft aus dem Dividendenartikel ausgliedern. 193 Dazu eingehend bei der Besprechung des DBA-Luxemburg siehe vorstehend A. I. 1. b). 194 In: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107; dazu eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. c) dd) (2).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Spa Ist Art. 10 DBA-Spa nicht einschlägig, fällt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters entgegen der überwiegenden Ansicht im Schrifttum und der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999195 (nunmehr) in den Anwendungsbereich des Zinsartikels. Die Zinsdefinition des DBA-Spanien orientiert sich am OECD-MA 1963 und sieht daher eine umfassende Qualifikationsverkettung vor: Neben den dort angeführten Einkünften umfasst der Zinsbegriff „alle anderen Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind“. Wird der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters im spanischen Steuerrecht „den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt“, liegen vorbehaltlich Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa abkommensrechtlich Zinsen vor. Bis Ende des Jahres 1995 wurde die Zinsvorschrift insoweit nicht einschlägig, da ein stiller Gesellschafter – unabhängig davon, ob eine typisch oder atypisch stille Variante vorlag – nach innerstaatlichem spanischen Steuerrecht Einkünfte aus Dividenden bezog. Mit Beginn des Jahres 1996 hat sich diese Rechtslage geändert, da ein stiller Gesellschafter nunmehr unterschiedslos Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt196. In einer outbound-Variante führt die Verweisung in Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa zu einer umfassenden Anwendung des Zinsartikels. Den Verfassern des OECD-MA 1963 und folglich den Vertragsparteien des DBA-Spanien war diese Wirkung offensichtlich nicht unbekannt. In Nr. 21 lit. b des aktuellen OECD-MK zu Art. 11 heißt es dazu: „Die verwendete Formel“, d. h. insbesondere der Verzicht auf eine Qualifikationsverkettung, „bietet eine größere Rechtssicherheit und macht das Abkommen von späteren Änderungen des innerstaatlichen Rechts unabhängig“197. Auch wenn diese Einsicht erst mit der Revision des Musterabkommens im Jahre 1977 – d. h. nach Abschluss des DBA-Spanien – zu Konsequenzen führte, steht zu vermuten, dass dieser Zusammenhang den Vertragsparteien nicht unbekannt war198. Die vormalige Ansicht von Wassermeyer und Piltz199, wonach der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters aus zivilrechtlichen Erwägungen unter den Zinsartikel zu subsumieren ist, vermag hingegen eine Einschlägigkeit 195 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99); BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 196 Siehe im ersten Kapitel unter B. II. 2. e). 197 Dazu R. Pöllath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 11, Rn. 63 sowie im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a). 198 Zu Art. 11 OECD-MA eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. b) und B. II. 3.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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von Art. 11 DBA-Spa nicht zu begründen. Die zum OECD-MA vorgetragenen Gründe gelten für das Abkommen mit Spanien in gleicher Weise200. Im Übrigen basiert die vormalige Ansicht von Wassermeyer und Piltz201 (wohl) auf der aktuellen Fassung des Musterabkommens, die entgegen dem OECD-MA 1963 keine Qualifikationsverkettung vorsieht202. Für die abkommensrechtliche Einordnung einer stillen Gesellschaft ist der Dividenden- gegenüber dem Zinsartikel vorrangig zu beachten. Eine generelle Spezialität der Dividendenvorschrift besteht nicht, da die Konzeption des Abkommens eine solche nicht vorsieht203. Die Zuordnungsregel in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa richtet sich als lex specialis ausdrücklich an eine stille Gesellschaft, wogegen die Verweisung in Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa allgemeinerer Natur ist. Ein stiller Gesellschafter fällt nur dann aus dem Anwendungsbereich des Zinsartikels, wenn keine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vorliegt. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert nicht vor, ist der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters folglich unter den Dividendenartikel zu subsumieren. Erfasst ist neben einer typisch stillen Gesellschaft eine atypisch stille Gesellschaft nur, wenn eine Teilhabe im genannten Sinne nicht vorliegt. Darüber hinaus kann für einen stillen Gesellschafter allein der Zinsartikel einschlägig werden. Dies gilt insbesondere für den Regelfall einer atypisch stillen Gesellschaft, in dem eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vereinbart ist.
199 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99), insbesondere D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.). 200 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 3. 201 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 202 Insoweit wäre das Verhältnis einer „Forderung jeder Art“ zu der abschließenden Verweisung auf das innerstaatliche Steuerrecht zu klären. 203 Ein anderes gilt beispielsweise im neuen DBA-Österreich 2000 gem. Art. 11 Abs. 3 S. 2 DBA-Öst.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
cc) Eingreifen des Betriebsstättenvorbehalts Die Einordnung unter den Dividenden- oder Zinsartikel wird nur definitiv, wenn der Betriebsstättenvorbehalt in den Art. 10 Abs. 5 und Art. 11 Abs. 5 DBA-Spa nicht zum Tragen kommt. Die genannten Vorschriften im Abkommen mit Spanien entsprechen dem OECD-MA 1963. Auch wenn der Wortlaut des aktuellen und des OECD-MA 1963 partiell auseinander fallen, blieb die grundlegende Konzeption des Betriebsstättenvorbehalts unverändert. Aus den zum (aktuellen) OECD-MA ausgeführten Gründen kann ein Betriebsstättenvorbehalt im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft nicht eingreifen204. dd) Zwischenergebnis Im Gegensatz zur überwiegenden Ansicht im Schrifttum und (wohl) der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999205 ist für eine atypisch stille Gesellschaft der Anwendungsbereich des Unternehmensartikels nicht eröffnet. In einer outbound-Variante ist eine atypisch stille Beteiligung an einem spanischen Unternehmen wie folgt unter das einschlägige Abkommen zu subsumieren: Sieht der Gesellschaftsvertrag (1) keine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmen- oder Geschäftswert vor, ist eine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa nicht vereinbart. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters generiert abkommensrechtlich insoweit Dividenden. Nach Ansicht von Courage soll der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters nach Art. 23 Abs. 1 lit. a lit. bb. DBA-Spa von einer Besteuerung in Deutschland ausgenommen sein, wenn abkommensrechtlich Dividenden vorliegen206. In diesem Sinne kann die angeführte Sonderregelung zur Freistellung jedoch nicht verstanden werden. Die angeführte Vorschrift bezieht sich in lit. bb auf die „von einer sociedad de personas ausgeschütteten Gewinne im Sinne von Artikel 10 Absatz 4“. Eine stille Gesellschaft wird durch die Verweisung auf Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa nicht angesprochen, da ausschließlich von einer sociedad de personas die Rede ist207. Im Ergebnis ist somit der Auffassung im BMF-Schreiben vom 28.5.1998 zum DBA-Spanien zu folgen208, wonach der deutsche Fis204
Eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 4. F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99); BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 206 C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240). 207 Ebenso W. Tischbirek in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 10, Rn. 233. 208 BMF-Schreiben v. 28.5.1998, BStBl. I 1998, S. 557 unter 4. 205
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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kus für die genannten Einkünfte nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Spa ein Besteuerungsrecht erhält; eine in Spanien erhobene Quellensteuer wäre nach Art. 23 Abs. 1 lit. b lit. aa DBA-Spa anzurechnen209. Gleiches gilt für die Besteuerung einer typisch stillen Gesellschaft. Liegt im umgekehrten Fall (2) eine „Vermögensbeteiligung“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vor, ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters aus dem Anwendungsbereich der Dividendenvorschrift ausgenommen. Entgegen der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und (wohl) der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999210 ist der Zinsartikel nach Art. 7 Abs. 7 i.V. m. Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa vorrangig anwendbar. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist abkommensrechtlich insoweit als Zinsertrag zu behandeln, weil die Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa aufgrund der spanischen Besteuerung zum Tragen kommt. Die Besteuerungsrechte sind entsprechend der ersten Variante nach Art. 23 Abs. 1 lit. b lit. bb DBA-Spa verteilt. Die Einordnung unter den Dividenden- bzw. Zinsartikel ist definitiv, da der Betriebsstättenvorbehalt in den Art. 10 Abs. 5 und 11 Abs. 5 DBA-Spa nicht eingreift211. Aus spanischer Perspektive werden die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters generell Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa unterstellt212. Nach dortiger Lesart ist weder ein typisch- noch ein atypisch stiller Gesellschafter am „Vermögen des Unternehmens“ beteiligt. Der Grund für diese Sichtweise dürfte im einschlägigen Handelsrecht liegen213. Wird ein atypisch stiller Gesellschafter nach deutschen Maßstäben nicht am „Vermögen des Unternehmens“ beteiligt, nehmen beide Vertragsstaaten eine gleich lautende Einordnung unter den Dividendenartikel nach Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vor. Sind entsprechende Teilhaberechte vereinbart, fällt die abkommensrechtliche Behandlung jedoch auseinander. Aus Sicht des Quellenstaats Spanien liegen Dividenden, aus Sicht des Wohnsitzstaats Deutschland Zinsen vor. Formal besteht ein Qualifikationskonflikt, weil beide Vertragsstaaten einen identischen Sachverhalt unter ver209 De lege lata kann der deutsche Fiskus sein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht nicht nutzen. Dazu eingehend im vierten Kapitel B. II. 3. 210 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99); BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 211 Ob der deutsche Fiskus von seinem abkommensrechtlich zugewiesenen Besteuerungsrecht Gebrauch machen kann, hängt entscheidend vom Zeitpunkt des Zuflußes der „Zinsen“ ab. Dazu eingehend im vierten Kapitel B. II. 3. 212 C. Courage, IWB F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (240). 213 Dazu eingehend oben sowie im ersten Kapitel unter B. I. 2. a) ee).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
schiedene Verteilungsartikel subsumieren. Eine abkommensrechtlich bedingte Minderbesteuerung resultiert aus der beschriebenen Konfliktlage indessen nicht, da die Gewinnanteile dem deutschen Fiskus nach Art. 11 Abs. 1 DBA-Spa vollständig zur Besteuerung zugewiesen sind214. b) Atypisch stille Beteiligung eines in Spanien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich umgekehrt ein in Spanien Ansässiger atypisch still an einem deutschen Unternehmen, gelten die bisherigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Sieht der Gesellschaftsvertrag keine Teilhabe „am Vermögen des Unternehmens“ vor, bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter – wie in Spanien – nach Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa Dividenden. In seiner Eigenschaft als Quellenstaat kann der deutsche Fiskus insoweit nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. b DBA-Spa eine der Höhe nach begrenzte Quellensteuer erheben215. Partizipiert ein atypisch stiller Gesellschafter an den stillen Reserven oder am Firmen- bzw. Geschäftswert eines Unternehmens, liegt aufgrund einer „Vermögensbeteiligung“ keine Dividende i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vor. Die Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa bleibt ohne Auswirkung, weil im deutschen Steuerrecht die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters nicht „den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt“ sind. Aus den zum OECD-MA angeführten Gründen liegen im Übrigen keine Zinsen i. S. d. Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa, sondern Unternehmensgewinne nach Art. 7 DBA-Spa vor216. Der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999217 ist bei einer inbound-Variante im Ergebnis 214 Diese Möglichkeit kann gem. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genutzt werden, wenn die abkommensrechtlich als Zinsen geltenden Gewinnanteile (noch) im Jahr ihrer „Entstehung“ zufließen. Eine analoge Problematik stellt sich, wenn Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters abkommensrechtlich als Dividenden gelten. Dazu eingehend im vierten Kapitel A. II. 3. 215 Die Quellensteuer wird auf 15 v. H. begrenzt. Im deutschen Steuerrecht bleibt dieses Besteuerungsrecht ungenutzt, da die §§ 43, 50a EStG die Erhebung einer Quellensteuer bei Gewinnanteilen eines atypisch stillen Gesellschafters nicht vorsehen. Auf Veranlagungsfälle nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, 50 Abs. 3 EStG dürfte die Ermächtigung nicht bezogen sein. In abkommensrechtlicher Hinsicht gleiches gilt für eine typisch stille Gesellschaft. In diesem Fall kann der deutsche Fiskus jedoch von seinem Besteuerungsrecht gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG Gebrauch machen. 216 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 1. (ff.) sowie B. II. 2. b). 217 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99); BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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zu folgen. Bei Zurechnung einer Betriebsstätte erhält Deutschland in seiner Eigenschaft als Quellenstaat nach den Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. m. Art. 5 DBA-Spa ein vollständiges Besteuerungsrecht218. Aus der letztgenannten Variante resultiert im Verhältnis zu Spanien ein Qualifikationskonflikt: Aus spanischer Perspektive liegen abkommensrechtlich Dividenden i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa vor. Für diese beansprucht der Wohnsitzstaat Spanien nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Spa ebenfalls die (vollständige) Besteuerungshoheit. Im Ergebnis erfolgt eine doppelte Besteuerung des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters, die in Spanien ggf. durch Freistellung oder Anrechnung vermieden wird (Art. 23 Abs. 2 DBA-Spa). c) Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zu Spanien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt hoch, da beide Vertragsstaaten eine atypisch stille Gesellschaft unterschiedlich besteuern. In Spanien bezieht ein stiller Gesellschafter unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung seit 1.1.1996 Einkünfte aus Kapitalvermögen. In Deutschland erzielt ein atypisch stiller Gesellschafter hingegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In einer outbound-Variante wird ein Qualifikationskonflikt (noch) durch die im Dividenden- und Zinsartikel normierten Qualifikationsverkettungen vermieden. Begründet eine atypisch stille Gesellschaft in einer inbound-Variante eine inländische Betriebsstätte, können daraus doppelt besteuerte „schwarze Einkünfte“ resultieren. 2. DBA-Schweiz Das DBA-Schweiz wurde am OECD-MA 1963 orientiert. Den Schutz des Abkommens erfährt nach Art. 1 DBA-Schweiz (DBA-Sch) ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als „natürliche Person“. In beiden Vertragsstaaten erfüllt eine atypisch stille Gesellschaft nicht die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. f. DBA-Sch. Es handelt sich weder um eine juristische Person noch erfährt eine atypisch stille Gesellschaft eine entsprechende steuerliche Behandlung219. Die Ansässigkeit eines atypisch stillen Gesellschafters orientiert sich nach Art. 4 DBA-Sch an den im OECD-MA üblichen Maßstäben220.
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Dieses kann gem. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG genutzt werden. Dazu im ersten Kapitel eingehend unter B. I. 2. b) aa) und B. II. 2. f). 220 Die Sonderregelungen der Abs. 3 bis 11 können an dieser Stelle vernachlässigt werden. 219
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem Schweizer Unternehmen Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem Schweizer Unternehmen, könnte sein Gewinnanteil im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 („Zinsen“) subsumiert werden221. Der Dividenden- und Zinsartikel erweist sich nach Art. 7 Abs. 8 DBA-Sch gegenüber der Unternehmensvorschrift als vorrangig. aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Sch Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters könnte abkommensrechtlich als Dividende eingestuft werden. Die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch orientiert sich im Wesentlichen an der Konzeption des OECDMA. Darüber hinaus findet sich eine Spezialregelung zur stillen Gesellschaft und anderen Beteiligungsformen, die jedoch keine ausdrückliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft vornimmt. Unter systematischen Gesichtspunkten besteht die Definition aus zwei Teilen. Der erste Teil folgt im Gegensatz zum zweiten Teil konzeptionell dem OECD-MA. Dieser lässt sich folglich in drei Abschnitte gliedern222: Im ersten Abschnitt sind mit „Aktien“ u. a. Regelbeispiele angeführt, die in beiden Vertragsstaaten einer internen Besteuerung als Dividenden unterliegen223. Der zweite Abschnitt widmet sich „anderen Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung“224. Gegenstand des dritten Abschnitts sind Einnahmen „aus sonstigen Gesellschaftsanteilen“, die „nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einnahmen aus Aktien gleichgestellt sind“. Der zweite Teil der Definition erweitert den Dividendenbegriff um weitere Beteiligungsformen. Eingeschlossen sind u. a. „Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter i. S. d. deutschen Rechts, aus Gewinnobligationen oder aus partiarischen Darlehen“. Für die Auslegung von Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch ist ebenso wie im Falle des DBA-Spanien225 bedeutsam, ob der zweite Teil der Definition in den Anwendungsbereich der Qualifikationsverkettung einbezogen ist. Im bejahenden Fall könnten Dividenden i. S. d. DBA-Schweiz nur vorliegen, wenn die Gewinnan221 Auf Sonderregelungen, wie Art. 8 DBA-Sch (dazu BFH-Urteil v. 23.10.1996, IStR 1997, S. 271 = BStBl. II 1997, S. 313), wird nicht näher eingegangen. 222 Vgl. die Ausführungen zum OECD-MA unter B. II. 2. a) sowie zum DBA-Spanien unter B. I. 1. 223 Über das OECD-MA hinaus findet eine GmbH Erwähnung, die in beiden Vertragsstaaten übereinstimmend als Kapitalgesellschaft besteuert wird. 224 Dazu im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a). 225 Siehe vorstehend B. I. 1. a) aa) (1).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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teile eines stillen Gesellschafters in der Schweiz „den Einnahmen aus Aktien gleichgestellt sind“. Im Schweizer Steuerrecht führt nach einer Ansicht im Schrifttum226 nur eine spezielle Variante der stillen Gesellschaft zu Einnahmen, die denen aus Aktien gleichstehen: Eine „atypisch“ stille Beteiligung227 an einer Kapitalgesellschaft (AG) findet als Steuerumgehung keine Anerkennung, wenn der stille Gesellschafter zugleich Außengesellschafter (Aktionär) der Gesellschaft ist228. Dessen Gewinnanteile aus der stillen Beteiligung werden ebenfalls als „steuerbare Gewinnausschüttungen“ betrachtet. Die Fragestellung, ob Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch für Einnahmen eines stillen Gesellschafters eine entsprechende Verweisung auf das Recht des Quellenstaats anordnet, wird von einem Teil des Schrifttums und (wohl) einer Verfügung der OFD-Düsseldorf vom 8.1.1991 ohne nähere Begründung bejaht229. Andere Stimmen halten die Verweisung auf das innerstaatliche Steuerrecht nicht für einschlägig230. Das BFH-Urteil vom 21.7.1999 lässt diese Frage ausdrücklich offen231. Nach dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch kann sich die Qualifikationsverkettung durchaus auf die Regelung zur stillen Gesellschaft erstrecken232. Die im zweiten Definitionsteil angeführten Beteiligungsformen, insbesondere eine stille Gesellschaft, könnten sich als Regelbeispiele „sonstiger Gesellschaftsanteile“ erweisen. Mit der Formulierung „einschließlich“ wird zudem eine unmittelbare Verknüpfung zwischen dem ersten und dem zweiten Teil der Definition hergestellt. Innerhalb des ersten Teils können durch die Verwendung des Begriffs „einschließlich“ allein die im dritten Abschnitt genannten „sonsti226 Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7; a. A. die Eidgenössische Steuerverwaltung im Kreisschreiben (EStV) v. 30.4.1987, 1.3 in: ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51); im Übrigen eingehend im ersten Kapitel unter B. I. 2. b) aa) und B. II. 2. f). 227 Im Schweizer Recht wird nicht zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft unterschieden. Dazu im ersten Kapitel unter B. I. 2. b) aa) und B. II. 2. f). 228 Ebenso die EStV im Kreisschreiben v. 30.4.1987, ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51); dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 229 Für eine Qualifikationsverkettung K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/ Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –; M. B. Zwosta in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 83; die Verfügung der OFD-Düsseldorf v. 8.1. 1991, DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173 (inhaltsgleich die Verfügung der OFDMünster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBA-Schweiz, 10.9), kann nach ihrem Wortlaut sowohl auf den Verteilungsartikel Art. 10 als auch den Vermeidungsartikel Art. 24 des DBA-Schweiz bezogen werden. 230 T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 387; T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (396). 231 BStBl. II 1999, S. 812 (813) = IStR 1999, S. 721 (723) = FR 1999, S. 1361 (1363). 232 In diesem Sinne auch E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (396).
206
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
gen Gesellschaftsanteile“ angesprochen sein. Anders als im DBA-Spanien233 stellt das Abkommen mit der Schweiz keine sprachliche Verknüpfung zu einem anderen Abschnitt des ersten Definitionsteils her. Die Formulierung „einschließlich“ muss auf den unmittelbar vorgelagerten Abschnitt bezogen werden. Die übrigen Abschnitte im ersten Definitionsteil sind zwar durch die Begriffe „oder“ und „sowie“ durchlaufend verknüpft, genießen jedoch inhaltliche Unabhängigkeit234. Soweit eine stille Gesellschaft als Unterfall eines „sonstigen Gesellschaftsanteils“ zu verstehen ist, könnte die Verweisung auf das innerstaatliche Steuerrecht des Quellenstaats unmittelbare Anwendung finden. Gegen eine Maßgeblichkeit des Wortlauts, d. h. des Erfordernisses einer Qualifikationsverkettung, sprechen systematische Erwägungen. Die abkommensrechtliche Einordnung einer stillen Gesellschaft kann nicht von der Besteuerung im Quellenstaat abhängen, weil ansonsten der Anwendungsbereich der Dividendenvorschrift in beiden Vertragsstaaten äußerst limitiert wäre. Im Fall einer inbound-Variante könnte die Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch – vorbehaltlich § 8a KStG – weder für einen stillen Gesellschafter235, noch den Gläubiger eines partiarischen Darlehens einschlägig werden. Im deutschen Steuerrecht resultieren aus beiden Beteiligungsformen grundsätzlich keine Einnahmen, die denen „aus Aktien“ gleichstehen236. Seit dem 1.1.1994 können Einnahmen aus einer typisch stillen Beteiligung und einem partiarischen Darlehen nach § 8a KStG als verdeckte Gewinnausschüttungen Behandlung finden237. Für die genannten Beteiligungsformen besteht zwar insofern die Möglichkeit, „Einnahmen aus Aktien“ zu generieren. Eine Ausdehnung der Qualifikationsverkettung auf den zweiten Teil der Dividendendefinition lässt sich daraus jedoch nicht folgern. Der deutsche Fiskus versuchte vor Ergehen des § 8a KStG erstmalig durch das BMF-Schreiben vom 16.3.1987238 einer übermäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu begegnen239. Die Legaldefinition für Divi233 234
Dazu eingehend in diesem Kapitel unter B. I. 1. a) aa) (1). Zu der entsprechenden Passage im OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II.
2. a). 235
Verstanden als Oberbegriff. Eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 1. 237 Siehe dazu die Ausführungen zum DBA-Österreich unter A. II. 1. a) sowie im ersten Kapitel unter B. II. 1. b). Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidirg erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt. 238 BStBl. I 1987, S. 373; zur Entwicklung und Vorgeschichte von § 8a KStG eingehend E. Dötsch/A. Pung in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG n. F., Stand Mai 2004, § 8a, Rn. 4 ff. 239 Dagegen BFH-Urteil v. 5.2.1992, BStBl. II 1992, S. 532. 236
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
207
denden im DBA-Schweiz folgt seit dem 30.11.1978 im Wesentlichen der heute aktuellen Fassung240. Die Vertragsparteien konnten daher bei der Konzeption des Abkommens eine § 8a KStG berücksichtigende Regelung nicht ins Visier genommen haben. Entsprechendes gilt für eine outbound-Variante: Im Schweizer Steuerrecht resultieren aus einer „atypisch“ stillen Beteiligung grundsätzlich gewerbliche Einkünfte241. Eine möglicherweise bestehende Qualifikationsverkettung liefe weit gehend leer, weil „Einnahmen aus Aktien“ insoweit nicht bezogen werden. Die soweit ersichtlich einzige Ausnahme bildet die bereits angesprochene Auffassung in der Schweizer Kommentarliteratur 242, nach der Einnahmen eines stillen Gesellschafters zu „steuerbaren Gewinnausschüttungen“ führen, wenn dieser zugleich im Außenverhältnis beteiligt ist. Darüber hinaus verdeutlicht das Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV) vom 30.4.1987243, dass eine Qualifikationsverkettung offensichtlich nicht gewollt sein konnte. Nach diesem erzielt ein stiller Gesellschafter in der genannten Situation, entgegen der Auffassung in der Schweizer Kommentarliteratur 244, Einnahmen aus einem partiarischen Darlehen. Würde der zweite Teil der Dividendendefinition Einnahmen erfordern, die denen aus Aktien gleichstehen, könnte die Schweiz nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. c DBA-Sch keine Quellensteuer erheben, obwohl ein partiarisches Darlehen in der Vorschrift ausdrücklich genannt ist. Der gegenüber dem Dividenden- nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Sch nachrangige Zinsartikel sieht die Erhebung einer Quellensteuer nämlich nicht vor. Im Rahmen der Verhandlungen zum zweiten Änderungsprotokoll vom 17.10.1989245 hätte die EStV der Perpetuierung einer derartigen Rechtslage wohl kaum zugestimmt. Entgegen einem Teil des Schrifttums und einer Verfügung der OFD-Düsseldorf vom 8.1.1991 kann die Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 DBASch aus den genannten Gründen insbesondere nicht auf den Regelungsteil zur stillen Gesellschaft bezogen werden246. Die überwiegende Auffassung im Schrifttum247 und das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.10.1998248 be240 Dies verdeutlicht die Entwicklung des DBA-Schweiz. Dokumentiert von F. Wassermeyer in: Beck’sche Textausgaben DBA, Einführung zum DBA-Schweiz, Stand Juli 1997, Nr. 3. 241 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. f); der im deutschen Schrifttum und von der OFD Düsseldorf in ihrer Verfügung vom 8.1.1991 (DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173; inhaltsgleich die Verfügung der OFD-Münster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBA-Schweiz, 10.9) vertretenen Auffassung ist aus den genannten Gründen nicht zu folgen. 242 Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, B 7.7, Nr. 7; a. A. die EStV im Kreisschreiben v. 30.4.1987 (siehe nachstehend). 243 ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51); im Übrigen eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 244 Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, B 7.7, Nr. 7. 245 BStBl. I 1990, S. 409.
208
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
schränken den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch auf eine typisch stille Gesellschaft; mit einer „stillen Gesellschaft im Sinne des deutschen Rechts“ könne nur eine typisch stille Gesellschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gemeint sein249. FW versteht den Wortlaut in einem weiteren Sinne; die Beschränkung auf eine typisch stille Gesellschaft ergebe sich aus dem Nebeneinander von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen innerhalb der Dividendendefinition250. Nach einer Entscheidung des FG Hamburg vom 14.11.1995251 sind dagegen auch die Bezüge eines atypisch stillen Gesellschafters unter Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch zu subsumieren. Ein „stiller Gesellschaft im Sinne des deutschen Rechts“ bestimme sich nach handelsrechtlichen Maßstäben252. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels ist auf eine typisch stille Gesellschaft beschränkt. Im Ergebnis ist der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.10.1998, in der Begründung allein der Ansicht von FW zu folgen. Die Auslegung des Abkommens richtet sich nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch, der inhaltlich seinem Pendant im OECD-MA entspricht253. Der Zusammenhang des Abkommens vermag nicht zu erhellen, ob eine „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts“ eine atypisch stille Gesellschaft umfasst254. Einerseits findet eine stille Gesellschaft im DBA-Schweiz an anderer Stelle keine Erwähnung; zum anderen ist der Maßstab „im Sinne des deutschen Rechts“ erkennbar kein abkommensrechtlicher. Damit ist ein Rückgriff auf die 246 K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –; M. B. Zwosta in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 83; OFD-Düsseldorf v. 8.1.1991, DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173 (inhaltsgleich die Verfügung der OFD-Münster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBA-Schweiz, 10.9). 247 K. D. Wingert/K. Strohner in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBASchweiz, Stand Juni 1999, Art. 10, Rn. 122; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395 ff.); T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (796 ff.); FW, IStR 1997, S. 273; ders., IStR 1999, S. 118 (119). 248 EFG 1999, S. 175; das BFH-Urteil v. 21.7.1999 (BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721) lässt diese Frage im Ergebnis offen. 249 FG Rheinland Pfalz v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175; T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (797); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395). 250 FW, IStR 1997, S. 273; ders., IStR 1999, S. 118 (119). 251 EFG 1996, S. 240. 252 FG Hamburg, EFG 1996, S. 240 (241). 253 Ebenso T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 387; T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (396); zum OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 254 Wohl zustimmend T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (797).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
209
Begriffswelt des innerstaatlichen Steuerrechts eröffnet255. Das FG Hamburg wählt im Urteil vom 14.11.1995256 mit einer handelsrechtlichen Auslegung einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab. Eine Verweisung auf das deutsche Handelsrecht ist insbesondere nicht der Formulierung „im Sinne des deutschen Rechts“ in Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch zu entnehmen. Mit dieser soll kein von Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch verschiedener Prüfungsmaßstab angeordnet, sondern vielmehr der Anwendungsbereich des Dividendenartikels begrenzt werden. Die Hinzufügung „im Sinne des deutschen Rechts“ ist primär für einen Schweizer Rechtsanwender von Bedeutung: Das Schweizer Recht, d. h. sowohl das Steuerals auch das entsprechend angewandte Obligationenrecht (OR), unterscheidet nicht zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft257. Eine „stille Gesellschaft“, die als besondere Form der einfachen Gesellschaft gewohnheitsrechtliche Anerkennung findet, weist nach dort h. M. sämtliche Merkmale auf, die in Deutschland einer atypisch stillen Gesellschaft zugeschrieben werden258. Im Steuerrecht der Schweiz bezieht ein „stiller Gesellschafter“ grundsätzlich gewerbliche Einkünfte, die abkommensrechtlich in der Regel den Unternehmensgewinnen angehören259. Ohne die Einschränkung „im Sinne des deutschen Rechts“, könnte aus Schweizer Sicht die „stille“ Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem Schweizer Unternehmen konstitutiv unter den Dividendenartikel fallen. Aus deutscher Perspektive ist Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch keine Beschränkung auf eine typisch stille Gesellschaft zu entnehmen. Dies ergibt sich durch Auslegung: Eine „stille Gesellschaft im Sinne des deutschen Rechts“ ist nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch im Lichte des deutschen Steuerrechts zu verstehen. Die überwiegende Auffassung im Schrifttum und das FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 12.10.1998260 orientieren ihre Auslegung an den deutschen Steuergesetzen. In diesen findet eine stille Gesellschaft u. a. in den §§ 15a Abs. 5 Nr. 1 und 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG Erwähnung261. Wenn § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 1. Hs. EStG 255 Entgegen der Ansicht im Schrifttum (T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (797); E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 [396]) und des FG Rheinland-Pfalz v. 12.10.1998 (EFG 1999, S. 175) vermag Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch einen solchen Rückgriff nicht anzuordnen. Dazu eingehend später. 256 EFG 1996, S. 240 (241). 257 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 258 Eingehend im ersten Kapitel unter B. I. 2. b) aa). 259 Zur Besteuerung in der Schweiz siehe vorstehend sowie im ersten Kapitel B. II. 2. f); zur abkommensrechtlichen Subsumtion unter den Unternehmensartikel eingehend später. 260 K. D. Wingert/K. Strohner in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBASchweiz, Stand Juni 1999, Art. 10, Rn. 122; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395 ff.); T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (796 ff.); FW, IStR 1997, S. 273; ders., IStR 1999, S. 118 (119); FG Rheinland-Pfalz v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175. 261 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 1. (ff.).
210
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
von einer „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ spricht, kann nur eine typisch stille Variante gemeint sein262. Dies folgt als argumentum e contrario aus dem zweiten Halbsatz, wonach keine typisch stille Gesellschaft vereinbart ist, wenn „der Gesellschafter [. . .] als Mitunternehmer anzusehen ist“. Entsprechendes – nur positiv formuliert – ergibt sich aus § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG. In der gesetzlichen Diktion des EStG gewinnt eine atypisch stille Gesellschaft keine eigenständige Bedeutung, sondern geht im Begriff der Mitunternehmerschaft auf263. Auf normativer Ebene kann mit einer stillen Gesellschaft daher nur eine typisch stille Variante gemeint sein. Gleichwohl ist – isoliert betrachtet – die Bedeutung einer stillen Gesellschaft nach den Vorschriften des EStG für eine Auslegung des DBA-Schweiz nicht maßgebend. Der allgemeinen Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch zufolge, die inhaltlich ihrem Pendant im OECD-Muster entspricht, ist ein im Abkommen verwandter Ausdruck am „Recht des Staates über die Steuern“ zu messen. Gemeint ist die gesamte Begriffswelt des nationalen Steuerrechts, nicht ausschließlich die einschlägigen Normen der nationalen Steuergesetze264. Eine atypisch stille Gesellschaft gewinnt im Rahmen der Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als terminus technicus eigenständige (steuerliche) Bedeutung265. Darüber hinaus verdeutlicht der Dualismus von „typisch“ und „atypisch“ ein offensichtliches Erfordernis, im deutschen Steuerrecht zwischen zwei Formen einer stillen Gesellschaft zu unterscheiden266. Die Dividendendefinition ist nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch somit nur i. S. v. FW zu verstehen267. „Eine stille Gesellschaft im Sinne des deutschen Steuerrechts“ umfasst nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch sowohl eine typische als auch eine atypische Variante. Die Beschränkung auf eine typisch stille Gesellschaft resultiert aus dem systematischen Zusammenhang der im zweiten Teil der Dividendendefinition angeführten Beteiligungsformen. Der Ausdruck „Dividenden“ umfasst neben Einnahmen eines stillen Gesellschafters auch solche aus partiarischen Darlehen. Im deutschen Steuerrecht führen beide Beteiligungsformen zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), die in gleicher Weise dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen268. Aus dem Nebeneinander 262
Im ersten Kapitel unter B. II. 1. b). Im ersten Kapitel unter B. II. 1. a). 264 Im Ergebnis a. A. E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395) sowie das FG Rheinland-Pfalz, EFG 1999, S. 175, die den Begriff des „deutschen Steuerrechts“ in einem begrenzten Sinne versteht. T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 (797), stellt bei Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch explizit auf die „steuerlichen Vorschriften“ ab. Eingehend zum OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 265 Dazu eingehend später sowie im ersten Kapitel unter B. II. 1. a). 266 Insoweit zustimmend das FG Rheinland-Pfalz, EFG 1999, S. 175, wonach eine atypisch stille Gesellschaft gegenüber einer typischen Variante kein „Unterfall“ sondern ein „rechtliches aliud“ sei. 267 IStR 1997, S. 273; ders., IStR 1999, S. 118 (119). 263
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
211
identisch besteuerter Einkünfte folgert FW die Ausgliederung einer atypisch stillen Gesellschaft269. Gegen diese Sichtweise lässt sich insbesondere nicht anführen, dass die EStV im Kreisschreiben vom 30.4.1987270 eine bestimmte Variante einer „atypisch“ stillen Beteiligung als partiarisches Darlehen behandelt271. Der Grund für die Aufnahme einer „atypisch“ stillen Gesellschaft in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch liegt im unterschiedlichen Verständnis einer stillen Gesellschaft durch beide Vertragsstaaten. Die Anordnung der EStV erweist sich als innerstaatliche Maßnahme gegen eine als mißbräuchlich empfundene Gesellschafter-Fremdfinanzierung272. Weil das Schweizer Recht nicht zwischen einer typisch und einer atypisch stillen Gesellschaft differenziert273, betrifft das angeführte Kreisschreiben allgemein eine stille Gesellschaft. Eine „stille Gesellschaft“ i. S. d. Schweizer Rechts entspricht nach deutschen Maßstäben einer „atypisch stillen Gesellschaft“. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem Schweizer Unternehmen, kann sein Gewinnanteil nicht in den Anwendungsbereich des Dividendenartikels fallen. Eine atypisch stille Gesellschaft ist keine „stille Gesellschaft im Sinne des deutschen Rechts“ gem. Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch. Die steuerliche Behandlung in der Schweiz ist für die abkommensrechtliche Einordnung in einer outbound-Variante ohne Bedeutung, weil die Qualifikationsverkettung im Dividendenartikel nicht greift. Nach dem BFH-Urteil vom 21.7.1999274 kann dahin stehen, ob eine atypisch stille Gesellschaft die Voraussetzungen des Dividendenartikels erfüllt, weil Art. 10 Abs. 5 DBA-Sch auf den Unternehmensartikel zurück weist275. Aus den zum Musterabkommen ausgeführten Gründen kann der Betriebsstättenvorbehalt für eine atypisch stille Gesellschaft nicht einschlägig werden276.
268
Vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG. FW, IStR 1997, S. 273. 270 ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51). 271 Dazu eingehend oben sowie im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 272 Im Kreisschreiben v. 30.4.1987 (ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 [51]) ist von einer „Steuerumgehung“ die Rede. Die Einordnung als partiarisches Darlehen könnte mit Blick auf das DBA-Schweiz durch das umfängliche Recht zur Quellenbesteuerung nach Art. 10 Abs. 2 lit. c motiviert sein. Lägen abkommensrechtlich „reine“ Dividenden vor (in diesem Sinne Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7), wäre das Besteuerungsrecht nach Art. 10 Abs. 2 lit. d DBA-Sch auf 15 v. H. begrenzt. 273 Dazu im ersten Kapitel B. I. 2. b) aa) und B. II. 2. f). 274 BStBl. II 1999, S. 812 (814 ff.) = IStR 1999, S. 721 (723 ff.) = FR 1999, S. 1361 (1363 ff.). 275 Ebenfalls für eine Rückverweisung K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –. 269
212
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Sch Eine atypisch stille Gesellschaft könnte ferner unter den Zinsartikel des DBA-Schweiz fallen. Der Zinsbegriff wird in Art. 11 Abs. 2 DBA-Sch definiert. Im Sinne der dort angeführten speziellen Gläubigerrechte kann eine atypisch stille Gesellschaft eben so wenig verstanden werden, wie als „Forderung jeder Art“277. Wird eine atypisch stille Beteiligung entsprechend der vormaligen Ansicht von Wassermeyer und Piltz278 als „Forderung jeder Art“ eingestuft, sieht der BFH im Urteil vom 21.7.1999279 zudem einen Widerspruch zur abkommensrechtlichen Einordnung einer typisch stillen Gesellschaft: Das Engagement in Form einer „typisch“ stillen Beteiligung280 eröffnet der Schweiz nach Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA-Sch ein Recht zur Quellenbesteuerung. Die verhältnismäßig „intensivere Betätigung“ über eine atypisch stille Gesellschaft führe, soweit der Zinsartikel für einschlägig gehalten wird, zu einer gänzlichen Kappung der Schweizer Besteuerungsrechte281. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters könnte allenfalls „andere Einnahmen“ begründen, „die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einnahmen aus Darlehen gleichgestellt sind“. Nach dem Kreisschreiben der EStV vom 30.4.1987282 bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter unten den genannten Voraussetzungen, insbesondere einer parallel im Außenverhältnis bestehenden Beteiligung, Einnahmen aus partiarischen Darlehen. Gegenüber dem Zinsartikel ist der Dividendenartikel jedoch nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Sch vorrangig zu beachten283. Soweit Einnahmen aus partiarischen Darlehen ausdrücklich dem Dividendenartikel unterstellt sind, ist dieser gegenüber dem Zinsartikel das speziellere Gesetz (lex specialis). Die Erträge aus par276 Dazu im zweiten Kapitel C. II. 4. unter ausführlicher Würdigung der genannten BFH-Rechtsprechung. 277 Dazu eingehend zum OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 2. b) und B. II. 3. 278 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 279 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 (813 ff.) = FR 1999, S. 1361 (1362 ff.) = IStR 1999, S. 721 (722 ff.). 280 In der Schweiz ist die Rechtsform einer typisch stillen Gesellschaft unbekannt. Das Schweizer Steuerrecht behandelt derartige Konstruktionen als partiarisches Darlehen [vgl. im ersten Kapitel B. II. 2. ff)]. Auf Ebene des Abkommens erfährt ein partiarisches Darlehen in Art. 10 DBA-Sch eine analoge Behandlung zur typisch stillen Gesellschaft deutschen Rechts. 281 Der Zinsartikel sieht die Erhebung einer Quellensteuer nicht vor. 282 ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51). 283 In Art. 11 Abs. 2 DBA-Sch heißt es dazu: „vorbehaltlich Artikel 10 Absatz 4“.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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tiarischen Darlehen bleiben daher aus dem Anwendungsbereich des Zinsartikels ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die Qualifikationsverkettung leerläufig, weil das Schweizer Steuerrecht die Bezüge eines „atypisch“ stillen Gesellschafters im Übrigen „den Einnahmen aus Darlehen“ nicht gleichstellt. Für die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters wird der Zinsartikel nicht einschlägig. cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-Sch Im DBA-Schweiz fällt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters, unabhängig von der vertraglichen Gestaltung, in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels284. Im Gegensatz zum OECD-MA enthält das DBASchweiz mit Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Sch eine Sonderregelung, nach der der Unternehmensartikel auch für Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt. Der Begriff „Personengesellschaft“ findet im Abkommen keine nähere Erläuterung. Deren Bedeutung ist daher nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch dem deutschen Steuerrecht zu entnehmen285. Im BFH-Urteil vom 23.10.1996 sieht der erkennende Senat eine Verweisung „auf innerdeutsches Recht“ gegeben; eine atypisch stille Gesellschaft sei „GbR und keine juristische Person“ und folglich Personengesellschaft i. S. d. Abkommens286. Dem BFH ist im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu folgen. Soweit ein im Abkommen verwandter Ausdruck neben einer steuerlichen auch eine außersteuerliche Bedeutung aufweist, ist nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch allein die steuerliche Bedeutung maßgebend287. Im handelsrechtlichen Sinne ist jede stille 284 BFH-Urteil v. 21.7.1999, BStBl. II 1999, S. 812 = IStR 1999, S. 721 = FR 1999, S. 1361; FG Rheinland-Pfalz v. 12.10.1998, EFG 1999, S. 175; K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –; T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 387; B. Lieber, FR 1999, S. 1364; KB, IStR 1999, S. 724, T. Tiefel, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 795 ff.; E. A. Schnieder, IStR 1999, S. 392 (395 ff.); soweit die Beteiligung an einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft betroffen ist M. B. Zwosta in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 83. 285 T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 384; B. Lieber, FR 1999, S. 1364 (1365); KB, IStR 1999, S. 724; FG Rheinland-Pfalz, EFG 1999, S. 175. 286 Das Urteil (IStR 1997, S. 271 (272) = BStBl. II 1997, S. 313 [314]) betrifft den analog verwandten Begriff der Personengesellschaft in Art. 8 Abs. 5 DBA-Sch. Auf diese Entscheidung nimmt der BFH in seinem Urteil v. 21.7.1999 (BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721) zur Begründung vollumfänglich Bezug. 287 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 105; seine Ausführungen zum OECD-MA beanspruchen ebenfalls für das DBA-Schweiz Geltung, weil dieses seinerseits am OECD-MA 1963 orientiert wurde. Dem OECD-MA ist die hier vertretene Auslegung seit 1995 ausdrücklich zu entnehmen. Nach Vogel (in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 105) kommt der Neufassung deklaratorischer Charakter zu.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Gesellschaft eine Personengesellschaft288; dies gilt sowohl für die (steuerlich) typische wie für die (steuerlich) atypisch stille Gesellschaft. Das einkommensteuerliche Verständnis einer „Personengesellschaft“ ist dagegen enger; neben den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften gehört eine stille Beteiligung als „andere Gesellschaft“ nur dann zur Gruppe der steuerlichen Personengesellschaften, wenn die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft vorliegen289; im Gegensatz zum Handelsrecht erfüllt allein eine atypisch stille Gesellschaft diese Voraussetzungen. Auch wenn es im Ergebnis ohne Auswirkung bleibt, steht ein Rückgriff auf „innerdeutsches Recht“ im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch, weil die steuerliche Bedeutung einer Personengesellschaft maßgeblich ist290. Eine atypisch stille Gesellschaft ist somit als „Personengesellschaft“ ein anteiliges „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 DBA-Sch291. dd) Konzeption des Vermeidungsartikels – Zwischenergebnis Die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters wurden bis 31.12. 1993 nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 lit. a, 7 Abs. 1 DBA-Sch von der Besteuerung in Deutschland unter Progressions- und Aktivitätsvorbehalt292 freigestellt, wenn einem stillen Gesellschafter eine durch die Außengesellschaft begründete Betriebsstätte293 zugerechnet werden konnte294. Die Schweizer Seite versteht das gemeinsame Abkommen grundsätzlich analog, womit in der Regel ein Qualifikationskonflikt vermieden wird295. Eine Ausnahme bildet die „atypisch“ stille Beteiligung eines Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, der zugleich im Außenverhältnis an der Gesellschaft beteiligt ist. Nach Ansicht der EStV296 und der Schweizer Kommentarliteratur 297 liegt darin eine „Steuerumgehung“, die nach innerstaatlichem Schweizer Steuerrecht zu Einnahmen aus 288
Dazu im ersten Kapitel unter B. I. 1. Im ersten Kapitel B. II. 1. a). 290 Im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft bleibt es ohne Auswirkung, ob ein Rückgriff auf das deutsche Handels- oder Steuerrecht vorgenommen wird. Für eine typisch stille Variante würde entsprechendes nicht gelten. 291 Zum Begriff des „anteiligen Unternehmens“ im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 292 Vgl. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a S. 1 DBA-Sch. 293 Vgl. Art. 5 DBA-Sch. 294 K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 185; Im Übrigen eingehend – unter besonderer Würdigung des BFH-Urteils v. 21.7.1999 (BStBl. II 1999, S. 812 = IStR 1999, S. 721 = FR 1999, S. 1361) – im zweiten Kapitel unter B. II. 1. b) bb). 295 Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 9 sowie im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 296 Kreisschreiben v. 30.4.1987, ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 (51), siehe vorstehend. 289
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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partiarischen Darlehen oder „steuerbaren Gewinnausschüttungen“ führt298. Aus Schweizer Sicht werden abkommensrechtlich insoweit Dividenden bezogen, die nach Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA-Sch nur einer Quellenbesteuerung unterliegen299. Die genannte Situation führte bis 31.12.1993 zu ermäßigt besteuerten „grauen“ Einkünften. Nach einer Verfügung der OFD Düsseldorf vom 8.1.1991300 sollte die Anwendung des Vermeidungsartikels an der abkommensrechtlichen Behandlung in der Schweiz orientiert werden; die betreffenden Einkünfte unterlägen der deutschen Besteuerung, weil eine Freistellung nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a DBASch nicht zu gewähren sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Verfügung der OFD Düsseldorf ist eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift301. Diese vermag kein Recht zu setzen, sondern ist nur für die nachgeordneten Finanzbehörden verbindlich302. Für Steuerpflichtige und Gerichte erschöpft sich deren rechtlicher Gehalt in einer Meinungsäußerung der Verwaltung303. Die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters sind (bis 31.12.1993) nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a DBA-Sch von einer Besteuerung in Deutschland auszunehmen. Würde gleichwohl eine inländische Besteuerung erfolgen, läge darin eine Verletzung des Abkommens. Die Freistellung von Einkünften durch ein DBA bewirkt eine unmittelbar wirkende Steuerbefreiung im nationalen Recht304. Diese steht nicht zur Disposition der nationalen Steuerbehörden305. In gleicher Weise sieht das BMF-Schreiben vom 28.12.1999306 für 297 Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7. 298 Entgegen dem deutschen Schriftum und der Verfügung der OFD Düsseldorf v. 8.1.1991 (DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173; inhaltsgleich die Verfügung der OFD-Münster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBASchweiz, 10.9) können dem Kreisschreiben der EStV v. 30.4.1987 (ASA 1987/88, Bd. 56, S. 48 [51]), sowie der Auffassung von Locher/Meier/v. Siebenthal, DBA-Schweiz, DBA-Schweiz 1971 und 1978, Stand 1989, Bd. 3, B 7.7, Nr. 7, über die genannte Situation hinaus keine allgemeinen Aussagen entnommen werden. Dazu eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 2. f). 299 Dazu eingehend oben. 300 DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173 (inhaltsgleich die Verfügung der OFDMünster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBA-Schweiz, 10.9). 301 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 20. 302 J. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 23 ff.; C. Courage, IWB, F. 5, Gr. 2, Spanien, S. 227 (230). 303 In: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5, Rn. 25. 304 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 14, Rn. 14.20; K. Vogel in: Vogel/ Lehner, DBA, Art. 23, Rn. 40 und 57; Beschluss des BVerfG v. 10.3.1971, BStBl. II 1973, S. 431 (434); im zweiten Kapitel B. II. 2. c) aa) (ff.). 305 In gleicher Weise: T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 7, Rn. 387. 306 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafter einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vor. Aus den zum OECD-MA genannten Gründen ist auch dieser Auffassung nicht zu folgen307. Aus der geschilderten Konstellation kann seit dem 1.1.1994 kein negativer Qualifikationskonflikt mehr entstehen. Der Vermeidungsartikel im DBASchweiz wurde mit Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 um eine switch over-Klausel308 erweitert309: Die Freistellung gilt „nicht für Einkünfte aus einer stillen Beteiligung als Mitunternehmer an einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen, soweit die Schweiz diese Einkünfte nicht nach Artikel 7 besteuert“. Sieht sich die Schweiz nur zur Erhebung einer Quellensteuer nach Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA-Sch berechtigt, kann der deutsche Fiskus auf die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters zugreifen310. Als Zwischenergebnis ist festzustellen: Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem schweizerischen Unternehmen, ist sein Gewinnanteil abkommensrechtlich ohne jede Differenzierung unter Art. 7 DBA-Sch zu subsumieren. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Satz 1 DBA-Sch unter Progressions-311 und Aktivitätsvorbehalt312 grundsätzlich von einer deutschen Besteuerung freigestellt, wenn die Gesellschaft eine Schweizer Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 DBA-Sch unterhält. Seit dem 1.1.1994 unterliegt der Gewinnanteil nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 DBA-Sch einer deutschen Besteuerung, wenn dieser in der Schweiz nicht Art. 7 DBA-Sch unterstellt wird.
307 Eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. c) dd) insbesondere B. II. 2. c) dd) (3). 308 Zur Begrifflichkeit insbesondere die Verfügung der OFD Frankfurt v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277. 309 Die Änderung des DBA-Schweiz erfolgte durch das dritte Änderungsprotokoll v. 21.12.1992 (BStBl. I 1993, S. 927). Die switch over-Klausel ist nach Art. 7 Absatz 2 lit. b des genannten Protokolls erstmals auf Steuern anwendbar, die für das Jahr 1994 erhoben werden. 310 Vgl. K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –; T. B. Scherer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Schweiz, Stand November 1997, Art. 24, Rn. 116 ff.; S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Schweiz, Grundwerk, Art. 24, Rn. 13; die Einkünfte sind im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Deutschland steuerpflichtig. Eine vom Schweizer Fiskus erhobene Quellensteuer ist nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Sch i.V. m. §§ 34c, 34d EStG anzurechnen. 311 Vgl. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 DBA-Sch. 312 Vgl. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. a DBA-Sch.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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b) Atypisch stille Beteiligung eines in der Schweiz Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in der Schweiz Ansässiger im Rahmen einer inbound-Variante atypisch still an einem deutschen Handelsgewerbe, gelten die bisherigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Der Dividenden- und Zinsartikel kann aus den genannten Gründen nicht einschlägig sein. Ist eine atypisch stille Beteiligung mit einer Kapitalgesellschaft vereinbart, eröffnet insbesondere § 8a KStG keine nach Art. 7 Abs. 8 DBA-Sch vorrangige Anwendung des Dividendenartikels. Die Vorschrift gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung betrifft u. a. nur eine typisch stille Gesellschaft und partiarische Darlehen313. Bei Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte kann der deutsche Fiskus den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. m. Art. 5 DBA-Sch der inländischen Besteuerung unterziehen314. c) Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zur Schweiz ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt gering, da beide Vertragsstaaten eine (nach deutschem Verständnis) atypisch stille Gesellschaft nicht unterschiedlich besteuern. Eine Ausnahme bildet eine „atypisch“ stille Beteiligung an einer Schweizer Kapitalgesellschaft, an der (zusätzlich) eine parallele Beteiligung des nämlichen Gesellschafters im Außenverhältnis besteht. Aus einer solchen Konstellation kann seit dem 1.1.1994 in einer outbound-Variante kein negativer Qualifikationskonflikt mehr entstehen, da der Vermeidungsartikel eine spezielle switch over-Klausel vorsieht. 3. DBA-Belgien Das DBA-Belgien (DBA-Bel) orientiert sich am OECD-MA 1963315. Den Schutz des Abkommens gem. Art. 1 DBA-Bel erhält in beiden Vertragsstaaten ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als „natürliche Person“316. Eine atypisch stille Gesellschaft ist weder juristische Person i. S. d. 313 BMF-Schreiben „Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG)“ v. 17.11.1994, BStBl. I 1995, S. 25, Rn. 44; dazu eingehend zum DBA-Östereich unter A. II. 1. sowie vorstehend unter a). 314 Von diesem Recht wird im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, 12 AO Gebrauch gemacht. Dazu BMF-Schreiben v. 28.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245; K. D. Buciek in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juli 2003, Art. 7, Rn. 65; ders. in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA-Schweiz, Stand Juni 1999, Art. 7, Rn. 800 – Atypisch stille Gesellschaft –. 315 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 1, Rn. 2.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 DBA-Bel noch kommt es in Deutschland oder Belgien zu einer entsprechenden Besteuerung317. Die OHG, die KG und die Partenreederei „des in der Bundesrepublik geltenden Rechts“ gehören dagegen zum Kreis der Gesellschaften (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. DBA-Bel)318. Hintergrund ist die partiell unterschiedliche Besteuerung von Unternehmen durch beide Vertragsstaaten. Nach belgischem Steuerrecht unterliegen die angeführten Personengesellschaften der weit gefassten Körperschaftsteuerpflicht319, womit diese gem. Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. i.V. m. Art. 4 Abs. 1 2. Hs. DBA-Bel abkommensberechtigt sind320. Gegenüber dem belgischen Fiskus kann sich eine deutsche OHG, KG oder Partenreederei aus eigenem Recht auf die Vergünstigungen des Abkommens, insbesondere eine Begrenzung der Quellensteuer (Art. 10 Abs. 2 DBA-Bel), berufen. Ohne Existenz einer solchen Regelung wäre eine in Deutschland domizilierende Personengesellschaft aus belgischer Sicht keine „Person“ i. S. d. Abkommens; es bestünde weder eine juristische Person noch käme es in Deutschland zu einer entsprechenden Besteuerung321. Die Abkommensberechtigung eines Gesellschafters erweist sich für Einkünfte aus belgischen Quellen als leerläufig, weil dieser in Belgien nicht als Steuersubjekt gilt322. Für eine atypisch stille Gesellschaft ist die Sonderregelung in Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. und Art. 4 Abs. 1 2. Hs. DBA-Bel indessen ohne Bedeutung323. Nach dem Recht beider Vertragsstaaten liegt kein selbständiges Steuersubjekt vor324.
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Vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 DBA-Bel. Dazu eingehend im ersten Kapitel unter B. I. 1, B. I. 2. a) dd) und B. II. 1, B. II. 2. d). 318 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 25; P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 3, Rn. 17. 319 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 1, Rn. 16; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 3 Rn. 17; dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. d). 320 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 64; P. Malinski, in Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 1, Rn. 17; Art. 3, Rn. 17; Art. 4, Rn. 13; K. Straka in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 4, Rn. 63; die Abkommensberechtigung schlägt nach Abs. 12 Nr. 2 lit. a SP zum DBA-Belgien auf die Gesellschafter durch. Dazu im zweiten Kapitel unter B. I. (ff.). 321 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 3, Rn. 13 ff. 322 D.h. insbesondere für Einkünfte, die eine in Deutschland ansässige Personengesellschaft aus belgischen Quellen bezieht. 323 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 1, Rn. 17, wobei gegen eine entsprechende Anwendung eher systematische Gründe als der Wortlaut sprechen. 324 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. d); gleiches gilt für eine typisch stille Gesellschaft. 317
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem belgischen Unternehmen Der Gewinnanteil eines in Deutschland Ansässigen, der sich atypisch still an einem belgischen Unternehmen beteiligt, könnte im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 („Zinsen“) des DBA-Belgien fallen. Entsprechend dem OECD-MA sind der Dividenden- und Zinsartikel gegenüber dem Unternehmensartikel nach Art. 7 Abs. 7 DBA-Bel vorrangig. aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Bel Die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 5 Satz 1 DBA-Bel orientiert sich am ersten OECD-MA des Jahres 1963. Dies modifizierend sieht Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft vor: Der Ausdruck Dividenden „umfasst [. . .] Einkünfte, die ein „stiller Gesellschafter“325 aus seiner Beteiligung bezieht und die in der Bundesrepublik Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden“. Im deutschen Steuerrecht generiert allein eine typisch stille Gesellschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG326. Eine atypisch stille Beteiligung führt hingegen zu gewerblichen Einkünften aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG327. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels im DBA-Belgien ist erkennbar auf eine typisch stille Gesellschaft i. S. d. deutschen Steuerrechts beschränkt328. Die Ausgliederung einer atypisch stillen Gesellschaft ergibt sich unmittelbar aus der Dividendenvorschrift. Im Gegensatz zum DBA-Schweiz ist ein Rückgriff auf das innerstaatliche (deutsche) Steuerrecht nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Bel nicht erforderlich329. Eine „stille Gesellschaft“ i. S. d. Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel setzt voraus, dass die Einkünfte „in der Bundesrepublik Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden“. Nach seinem Wortlaut erhebt das DBA-Belgien § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zum unmittelbar anwendbaren Abkommensrecht330. Daraus resultiert eine denkbar präzise 325
Anführungszeichen im Original. Im ersten Kapitel unter B. II. 1. b). 327 Im ersten Kapitel unter B. II. 1. a). 328 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 44; (wohl) R. Portner in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Belgien, Grundwerk, Art. 10, Rn. 10; D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141); H. Debatin, DB 1969, Beilage 6, S. 1 (10), 4; Ch. Bellstedt/L. Hinnekens, RIW 1966, S. 474 (477). 329 Dazu eingehend oben unter B. I. 2. a). 330 In diesem Sinne P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 44; dagegen verstehen H. Debatin, DB 1969, Beilage 6, S. 1 (10), 4; sowie Ch. Bellstedt/L. Hinnekens, RIW 1966, S. 474 (477), die Regelung 326
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
gefasste Qualifikationsverkettung331. Die steuerliche Behandlung einer stillen Gesellschaft nach dem deutschen EStG wird für beide Vertragsstaaten abkommensrechtlich verbindlich. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters kann, unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung im Einzelnen, nicht unter den Dividendenartikel subsumiert werden. bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Bel Die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters könnten ferner in den Anwendungsbereich des Zinsartikels fallen. Im Sinne der in Art. 11 Abs. 4 DBA-Bel angeführten speziellen Gläubigerrechte ist eine atypisch stille Gesellschaft nicht zu verstehen. Entsprechend der vormaligen Auffassung von Wassermeyer und Piltz332 soll eine atypisch stille Gesellschaft eine „Forderung jeder Art“ i. S. d. Art. 11 Abs. 4 DBA-Bel begründen, wenn sich die Dividendendefinition ausdrücklich auf eine typisch stille Gesellschaft beschränkt und der Unternehmensartikel nicht ausdrücklich anwendbar ist. Unter Zugrundelegung des DBA-Belgien, in dem eine entsprechende Konstellation anzutreffen ist333, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Einerseits sprechen systematische Gründe gegen eine Anwendung des Zinsartikels: Der belgische Fiskus wäre Art. 11 Abs. 2 DBA-Bel zufolge zur Erhebung einer auf 15 v. H. begrenzten Quellensteuer berechtigt. Damit würde eine atypisch stille Gesellschaft im Ergebnis nicht anders als eine typisch stille Variante behandelt. Für den letztgenannten Fall sieht das DBA-Belgien nach Art. 10 Abs. 2 DBA-Bel nämlich eine der Höhe nach identische Quellensteuer vor. Die in Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel vorgenommene Beschränkung auf eine typisch stille Gesellschaft wäre insoweit rechtlich bedeutungslos. Andererseits würde aus der undifferenzierten Besteuerung einer stillen Gesellschaft ein Wertungswiderspruch resultieren. Bei Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft wäre der belgische Fiskus in einer outbound-Variante nur zur Erhebung einer Quellensteuer berechtigt, obwohl im Vergleich zu einer typisch stillen Gesellschaft ein verhältnismäßig intensiveres Engagement in Belgien vorliegt334. Im Übrigen ist offensichtlich anders: Nach ihnen betrifft Art. 10 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 DBA-Bel nur die Besteuerung in Deutschland. 331 Die Verweisung in Art. 10 Abs. 5 S. 1 DBA-Bel stellt weniger weit gehend auf das „Steuerrecht des Staates“ ab, „in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist“. 332 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 333 Siehe vorstehend. 334 In diesem Sinne zum DBA-Schweiz: BFH-Urteil v. 21.7.1999 (BStBl. II 1999, S. 812 (813 ff.) = FR 1999, S. 1361 (1362 ff.) = IStR 1999, S. 721 [722 ff.]).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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der vormaligen Auffassung von Wassermeyer und Piltz335 aus den zum OECDMA angeführten Gründen nicht zu folgen336. Die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 4 Satz 1 DBA-Bel enthält entsprechend dem OECD-MA 1963 für „alle anderen Einkünfte“ eine Qualifikationsverkettung, wenn diese „nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, wie Einkünfte aus Darlehen oder Einlagen behandelt werden“337. Eine atypisch stille Gesellschaft ist von dieser Regelung nicht betroffen, da der Gewinnanteil im belgischen Steuerrecht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt338. Im Hinblick auf eine typisch stille Beteiligung, die in Belgien Einkünfte aus Kapitalvermögen generiert339, erweist sich Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel als lex specialis340. Der auf einen atypisch stillen Gesellschafter entfallende Gewinn ist nach dem Abkommen mit Belgien somit weder dem Dividenden- noch dem Zinsartikel unterstellt. cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-Bel Die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters sind unabhängig von der vertraglichen Gestaltung Unternehmensgewinne341. Der Begriff „Unternehmen“ wird entsprechend dem OECD-MA im DBA-Belgien nicht definiert. Dessen Bedeutung ist nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Bel unter Rückgriff auf die deutsche Steuerrechtsordnung zu ermitteln, weil der „Zusammenhang“ des Abkommens nicht verdeutlicht, ob eine atypisch stille Gesellschaft ein „Unternehmen“ i. S. d. DBA-Belgien begründet. Wie anhand des Musterabkommens bereits ausführlich dargelegt, betreibt ein atypisch stiller Gesellschafter ein anteiliges Unternehmen 335 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 336 Eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 3. 337 Erläuterungen bei R. Pöllath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 11, Rn. 59 sowie im zweiten Kapitel unter B. II. 2. b). 338 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. d). 339 Dazu im ersten Kapitel unter B. II. 2. d). 340 Nach H. Debatin, DB 1969, Beilage 6, S. 1 (10), 4; sowie Ch. Bellstedt/L. Hinnekens, RIW 1966, S. 474 (477), ist die Regelung in Art. 10 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 DBABel möglicherweise nur für die deutsche Seite zu beachten. Insofern könnte die Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 4 S. 1 DBA-Bel greifen. Eine steuerliche Auswirkung ergäbe sich nicht, weil Art. 11 Abs. 2 DBA-Bel ebenfalls zur Erhebung einer 15 prozentigen Quellensteuer berechtigt. 341 P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 10, Rn. 44; H. Debatin, DB 1969, Beilage 6, S. 1 (10), 4; Ch. Bellstedt/L. Hinnekens, RIW 1966, S. 474 (477).
222
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Bel, dem eine Betriebsstätte342 des im Außenverhältnis tätigen Vertragspartners zuzurechnen ist343. Bei Vorliegen einer belgischen Betriebsstätte unterliegt der Gewinnanteil gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Bel keiner Besteuerung in Deutschland344; die Einkünfte werden nur bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt345. Ist einem atypisch stillen Gesellschafter keine belgische Betriebsstätte zuzurechnen, kann der deutsche Fiskus von seinem Besteuerungsrecht uneingeschränkt Gebrauch machen346. b) Atypisch stille Beteiligung eines in Belgien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in Belgien Ansässiger atypisch still an einem deutschen Unternehmen, gelten die Ausführungen zur outbound-Variante entsprechend. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist insbesondere nicht dem Dividendenartikel unterstellt. Dieser erfasst in Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel ausschließlich eine typisch stille Gesellschaft347. Ein atypisch stiller Gesellschafter erzielt abkommensrechtlich „Unternehmensgewinne“, die bei Zurechnung einer inländischen Betriebsstätte nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. DBA-Bel in Deutschland besteuert werden können348. c) Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zu Belgien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt gering. Die speziell auf eine „stille Gesellschaft“ zugeschnittene Sonderregelung des Dividendenartikels ist als Qualifikationsverkettung auf eine typisch stille Gesellschaft i. S. d. deutschen Steuerrechts beschränkt. Gleiches gilt für die im Zinsartikel vereinbarte allgemeine Qualifikationsverkettung, da ein atypisch stiller Gesellschafter weder in Deutschland noch Belgien Einkünfte aus „Darlehen oder Einlagen“ bezieht.
342
Vgl. Art. 5 DBA-Bel. Insoweit kann auf die Ausführungen zum OECD-MA verwiesen werden. Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 1. b). 344 Dazu P. Malinski in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Belgien, Stand November 1997, Art. 23, Rn. 8. 345 Vgl. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 DBA-Bel i.V. m. § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG. 346 §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. 347 Siehe vorstehend B. I. 2. a). 348 §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, 12 AO. 343
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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II. Undifferenzierte Regelungen Die Abkommen mit Tschechien349 und den USA350 enthalten nicht weiter differenzierte Regelungen zur stillen Gesellschaft: 1. DBA-Tschechien In das Abkommen mit der Tschechoslowakei (CFSR) vom 19.12.1980 sind die Nachfolgestaaten Tschechische und Slowakische Republik durch die Notenwechsel vom 18.12.1992 und vom 1.1.1993 als Rechtsnachfolger eingetreten351. Die Konzeption des heutigen DBA-Tschechien orientiert sich weit gehend am OECD-MA 1977352. Den Schutz des Abkommens erhält nach Art. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. b und Art. 4 Abs. 1 DBA-Tschechien (DBA-Tch) ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als „natürliche Person“353. Eine atypisch stille Gesellschaft erfüllt in beiden Vertragsstaaten nicht die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. c DBA-Tch. Sie ist weder juristische Person, noch kommt es steuerlich zu einer entsprechenden Behandlung354. a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem tschechischen Unternehmen Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem tschechischen Unternehmen, können seine Gewinnanteile im Wesentlichen unter Art. 7 („Unternehmensgewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 („Zinsen“) fallen. Gegenüber der Unternehmensvorschrift erweisen sich der Dividenden- und Zinsartikel nach Art. 7 Abs. 7 DBA-Tch als vorrangig355. 349
Art. 10 Abs. 4 DBA-Tschechien, vgl. im ersten Kapitel B. III. 2. b). Art. 10 Abs. 4 DBA-USA, vgl. im ersten Kapitel B. III. 2. b). 351 BGBl. II 1993, S. 762. Momentan stehen Deutschland und die Tschechische Republik in Verhandlungen über eine Neufassung des Abkommens. Nach telefonischer Auskunft des BMF hat entgegen der Stellungnahme von P. Fekar/A. Schnitger (IWB, Gr. 2, Tschechien, S. 37 ff.) eine Paraphierung des Abkommenstextes bis dato nicht stattgefunden. 352 Eine Ausnahme bildet der Zinsartikel (F. J. Safarik, in Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 21). Dazu eingehend später. 353 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 1, Rn. 15; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 3, Rn. 13 und 17. 354 Im ersten Kapitel unter B. I. 2. a) cc) und B. II. 2. c; vgl. im Übrigen F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 3, Rn. 17. 355 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 2; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 2; vgl. zum OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. I. 350
224
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-Tch Die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch besteht ihrer Herkunft nach aus zwei Teilen. Der erste Teil folgt in seiner Konzeption dem OECDMA356. Der zweite Teil, beginnend mit „einschließlich“357, erweitert die Definition um Sondervorschriften u. a. zu einer stillen Gesellschaft und einem partiarischen Darlehen. Entsprechend dem OECD-MA gliedert sich der erste Teil in drei Abschnitte358: Gegenstand des ersten Abschnitts sind Einnahmen aus „Aktien“ u. a. Beteiligungsformen, die nach dem Steuerrecht beider Vertragsstaaten als Dividenden Besteuerung finden. Unter den zweiten Abschnitt fallen „Einnahmen aus anderen Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung“. Im dritten Abschnitt des ersten Teils der Definition finden Einnahmen aus „sonstigen Gesellschaftsanteilen“, die „nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einnahmen aus Aktien gleichgestellt sind“ Behandlung. Wenngleich Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch in grammatikalischer Hinsicht durchgehend in einem Satz konzipiert ist, bleibt die Qualifikationsverkettung in ihrer Wirkung auf den dritten Abschnitt beschränkt. Die einzelnen Abschnitte im ersten Teil der Definition sind zwar durch die Begriffe „oder“ und „sowie“ durchlaufend miteinander verknüpft, stehen jedoch monolithisch nebeneinander359. Für die abkommensrechtliche Einordnung einer „stillen Gesellschaft“ ist von Bedeutung, auf welchen Abschnitt des ersten Teils sich die Formulierung „einschließlich“ bezieht. Würde auf den dritten Abschnitt verwiesen, erfordert eine stille Gesellschaft Einnahmen, die denen „aus Aktien gleichgestellt sind“. Für die ersten beiden Abschnitte bleibt die Qualifikationsverkettung ohne Bedeutung. Nach Ansicht von Safarik360 zählt eine stille Gesellschaft – unabhängig von der vertraglichen Konzeption361 – zu den Beteiligungsformen des ersten 356
Vgl. Art. 10 Abs. 5 OECD-MA. In Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch werden die Sonderregelungen zur stillen Gesellschaft etc. in gleicher Weise durch „einschließlich“ angebunden. Dazu oben unter B. II. 2. 358 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 42; eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a). 359 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 42; zum DBA-Schweiz oben unter B. I. 2. a); zum OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a). 360 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 15; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 23; a. A. J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559). 361 In Tschechien ist eine „atypisch“ stille Gesellschaft zwar auf vertraglichem Wege verfügbar, als eigentliche Rechtsform jedoch unbekannt. Im einschlägigen Handels- und Steuerrecht wird keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der stillen Gesellschaft vorgenommen. Dazu eingehend im ersten Kapitel B. I. 2. a) cc) und B. II. 2. c). 357
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
225
Abschnitts. Bereits dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch ist eine solche Zuordnung nicht zu entnehmen. Die Formulierung „einschließlich“ bezieht sich unmittelbar auf den dritten Abschnitt des ersten Teils der Dividendendefinition362. Die „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ erweist sich u. a. als Unterfall eines „sonstigen Gesellschaftsanteils“. Der ausdrückliche Wortlaut des Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch erfordert Einnahmen eines stillen Gesellschafters, „die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einnahmen aus Aktien gleichgestellt sind“. Gleichwohl erweist sich der Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch aus systematischen Gründen als nicht entscheidend363. Die abkommensrechtliche Einordnung einer stillen Gesellschaft kann nicht von einer Besteuerung im Quellenstaat abhängig sein, weil die Dividendendefinition ansonsten (insoweit) weit gehend leerlaufen würde. Nach tschechischem Steuerrecht generiert eine stille Beteiligung, unabhängig von der vertraglichen Gestaltung, Einkünfte aus Kapitalvermögen364. Unter Berücksichtigung der Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch lägen in einer outbound-Variante keine Dividenden vor, da die Einnahmen eines stillen Gesellschafters denen aus Aktien nicht gleichstehen365. Entsprechendes gilt für eine inbound-Variante: Aus deutscher Perspektive erzielt ein (typisch oder atypisch) stiller Gesellschafter – vorbehaltlich § 8a KStG – entweder Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb366. Der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters führt nur unter den abgestuften Voraussetzungen des § 8a KStG zu einer „verdeckten Gewinnausschüttung“367 und somit zu „Einnahmen aus Aktien“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch. Insoweit bliebe die Dividendendefinition – neben weiteren Voraussetzungen – auf eine typisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 362 Gleiches gilt für die entsprechende Formulierung in Art. 10 Abs. 4 DBASchweiz. Dazu oben B. I. 2. a). 363 Eine parallele Problematik stellt sich Im DBA-Schweiz. Siehe oben B. I. 2. a). 364 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. c). 365 A. A. wohl F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 44. Ausweislich seiner Einordnung einer stillen Gesellschaft (in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 10, Rn. 42) kommt es auf eine Qualifikationsverkettung jedoch nicht an. 366 Ein typisch stiller Gesellschafter erzielt Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG; ein atypisch stiller Gesellschafter solche aus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG; dazu eingehend im ersten Kapitel unter B. II. 1. 367 Vgl. die Ausführungen zum DBA-Österreich, oben A. II. 1. a), sowie zum DBA-Schweiz, oben B. I. 2. a) aa). Der Europäische Gerichtshof hat § 8a KStG in einer Entscheidung v. 12.12.2002 (Rs. C-324/00) für europarechtswidrig erklärt (DB 2002, S. 2690 mit Anmerkung O. Thömmes). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 8a KStG durch Art. 3 Ziff. 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ (BGBl. I 2003, S. 2840) auf Inlandssachverhalte ausgedehnt.
226
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
durch einen wesentlich beteiligten Anteilseigner beschränkt. Auf diesen Sonderfall kann die Regelung in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch jedoch aus historischen Erwägungen nicht zugeschnitten sein. Das DBA-Tschechien, geschlossen mit dem Rechtsvorgänger CFSR, datiert vom 19.12.1980368. Vor Ergehen des § 8a KStG zum 1.1.1994 versuchte die deutsche Finanzverwaltung erstmals durch BMFSchreiben vom 16.3.1987369 einer übermäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu begegnen370. Folglich konnte zumindest der deutsche Vertragspartner bei der Konzeption von Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch eine nationale Regelung gegen eine übermäßige Gesellschafter-Fremdfinanzierung nicht berücksichtigt haben371. Für das grundsätzliche Verständnis der Dividendendefinition muss § 8a KStG daher ausgeblendet werden. Dies berücksichtigend kann die Verweisung auf die steuerliche Behandlung im Quellenstaat nicht auf den zweiten Teil der Definition bezogen sein, weil ansonsten Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch für eine stille Gesellschaft, vorbehaltlich einer Änderung der Rechtslage, in keinem Fall einschlägig wäre. Mit der Feststellung, dass die Qualifikationsverkettung im dritten Teil des ersten Abschnitts für die Regelungen zur stillen Gesellschaft nicht einschlägig ist, wurde noch keine Aussage darüber getroffen, ob eine atypisch stille Gesellschaft zu „Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch führt. Eine atypisch stille Gesellschaft findet in der Dividendendefinition des DBA-Tschechien keine ausdrückliche Erwähnung. Die erforderliche Auslegung der Dividendendefinition richtet sich nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Tch. Der vorrangig maßgebliche Zusammenhang des Abkommens bleibt für die Auslegung einer „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ unergiebig, da Art. 10 Abs. 4 DBATch insoweit erkennbar eine Sonderregelung trifft. Die Auslegung der Dividendendefinition kann unter Rückgriff auf die Begriffswelt des innerstaatlichen deutschen Steuerrechts erfolgen372. Danach beschränkt sich die Definition auf eine typisch stille Gesellschaft373. Dem unmittelbaren Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch ist die Beschränkung auf eine typisch stille Gesellschaft nicht zu entnehmen. Die „Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ beschreibt im deutschen Steuerrecht neben einer typisch- auch eine atypisch stille Gesellschaft374. Unter 368
Art. 1 des Gesetzes zum DBA-CFSR, BStBl. I 1982, S. 904. BStBl. I 1987, S. 373; zur Entwicklung und Vorgeschichte von § 8a KStG eingehend E. Dötsch/A. Pung in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG n. F., Stand Mai 2004, § 8a, Rn. 4 ff. 370 Dagegen BFH-Urteil v. 5.2.1992, BStBl. II 1992, S. 532. 371 Entsprechendes gilt für das DBA-Schweiz [oben B. I. 2. a)]. 372 Dazu (am Beispiel des Unternehmensbegriffs) im zweiten Kapitel unter B. II. 1. 373 Im Ergebnis ebenfalls J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559). 374 Im ersten Kapitel B. II. 1. (ff.). 369
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
227
rein normativen Gesichtspunkten kennt das deutsche Steuerrecht lediglich eine (typisch) stille Gesellschaft (§§ 15a Abs. 5 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), da eine atypisch stille Gesellschaft nur dann vorliegt, wenn die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft gegeben sind375. Für eine Auslegung des Abkommens ist die normative Bedeutung jedoch nicht allein maßgebend, da Art. 3 Abs. 2 DBA-Tch mit dem „Recht dieses Staates über die Steuern“ einen weiter gefaßten Maßstab vorgibt; das „Steuerrecht“ eines Vertragsstaats lässt sich nicht auf die gesetzlichen Vorschriften reduzieren, sondern umfasst u. a. auch als terminus technicus verwandte Begriffe376. Die Beschränkung von Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch auf eine typisch stille Gesellschaft verdeutlichen die im Übrigen genannten Beteiligungsformen377. Neben einem stillen Gesellschafter erzielt u. a. der Gläubiger eines partiarischen Darlehens abkommensrechtlich Dividenden. Im deutschen Steuerrecht, welches nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Tch für eine Auslegung des gemeinsamen Abkommens heranzuziehen ist, wird ein partiarisches Darlehen nicht anders als eine typisch stille Gesellschaft behandelt (§§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG)378. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs kann mit einer „stillen Gesellschaft“ i. S. d. Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch aus deutscher Perspektive nur eine typisch stille Gesellschaft gemeint sein. Entgegen der Ansicht von Safarik379 ist eine atypisch stille Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich des Dividendenartikels ausgeschlossen. bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-Tch Eine atypisch stille Beteiligung an einem tschechischen Unternehmen könnte unter den Zinsartikel des Abkommens fallen. Die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 2 OECD-MA lässt sich vergleichbar der Dividendendefinition in drei Abschnitte gliedern. Der erste Abschnitt nennt Regelbeispiele, die in beiden Vertragsstaaten als Zinsen Besteuerung finden. Eine stille Gesellschaft zählt unabhängig von der vertraglichen Konzeption nicht zu den dort angeführten speziellen Gläubigerrechten. In gleicher Weise begründet eine stille Gesellschaft keine „Forderung jeder Art“ i. S. d. zweiten Abschnitts. Der vormaligen Auffassung von Wassermeyer und Piltz380 ist aus den zum OECD-MA genannten Gründen 375 Dazu eingehend bei der Besprechung des DBA-Schweiz [siehe vorstehend I. 2. a) aa)]. 376 Siehe im zweiten Kapitel B. II. 1. a). 377 In gleicher Weise zum DBA-Schweiz FW, IStR 1997, S. 273; ders., IStR 1999, S. 118 (119). 378 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. c). 379 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 15; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 23.
228
3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
nicht zu folgen381. Im dritten Abschnitt normiert die Zinsdefinition entsprechend dem OECD-MA 1963 eine Qualifikationsverkettung382: Diese erweitert den Zinsbegriff um „alle anderen Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind“. Da eine stille Gesellschaft nach tschechischem Steuerrecht, unabhängig von der vertraglichen Gestaltung, Einkünfte aus Kapitalvermögen generiert383, liegen die Voraussetzungen der Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch vor384. Für eine typisch stille Gesellschaft bleibt der Dividendenartikel indessen vorrangig, weil sich die Regelung zur „stillen Gesellschaft“ in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch gegenüber dem Zinsartikel als lex specialis erweist385. Für eine atypisch stille Gesellschaft gilt entsprechendes aus den genannten Gründen nicht386. Eine atypisch stille Gesellschaft kann insbesondere nicht unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 21.7.1999387 aus dem Anwendungsbereich der Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch ausgeschlossen sein: Nach Ansicht des erkennenden Senats wäre eine Anwendung des Zinsartikels widersprüchlich, wenn im Vergleich mit einer typisch stillen Gesellschaft die Erhebung einer Quellensteuer ausscheidet. Eine solche Konstellation ist nach dem hier eingenommenen Verständnis des DBA-Tschechien nämlich gegeben, weil der Zinsartikel entgegen Art. 10 Abs. 2 lit. b DBA-Tch eine Quellenbesteuerung nicht vorsieht388. Die Erwägungen der Rechtsprechung vermögen jedoch die Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch nicht zu suspendieren. Durch Verweisung auf die steuerliche Behandlung im Quellenstaat haben die Vertragspartner die innerstaatliche Rechtsordnung zum verbindlichen Abkommensrecht 380 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 10 MA, Rn. 115 und D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125 (141 ff.); ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 1997, Art. 7 MA, Rn. 99 vertreten; mittlerweile von beiden Autoren ausdrücklich aufgegeben (F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, Stand Oktober 2001, Art. 11 MA, Rn. 88; D. J. Piltz in: Debatin/Wassermeyer, Stand Mai 2000, Art. 7 MA, Rn. 99). 381 Im zweiten Kapitel unter B. II. 3. 382 Ansonsten folgt das Abkommen weit gehend dem OECD-MA 1977, vgl. F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 21. 383 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. c). 384 Aus tschechischer Perspektive zustimmend J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559); a. A. F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 23. 385 Dazu eingehend im vorigen Abschnitt. 386 Dazu eingehend im vorigen Abschnitt. 387 BStBl. II 1999, S. 812 (812 ff.) = IStR 1999, S. 721 (722 ff.) = FR 1999, S. 1361 (1362 ff.); das Urteil erging zum DBA-Schweiz, betrifft jedoch in der Sache eine analoge Situation. Dazu oben II. 1. b) aa). 388 Zur abkommensrechtlichen Behandlung einer typisch stillen Gesellschaft eingehend oben.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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erhoben389. Die fehlende Möglichkeit, eine Quellensteuer zu erheben, begründet somit keinen „Wertungswiderspruch“. Im Gegenteil entspricht diese Rechtsfolge der Konzeption des Abkommens: Die Formulierung des Zinsartikels wurde am OECD-MA 1963 orientiert390, obwohl zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 19.12.1980391 auch die Fassung des OECD-MA 1977 hätte Berücksichtigung finden können392. Mit der Revision des Musterabkommens im Jahre 1977 ergingen insoweit zwei signifikante Änderungen: Einerseits eröffnete Art. 11 Abs. 2 OECD-MA nunmehr die Erhebung einer Quellensteuer. Zum anderen wurde mit der Neufassung auf eine Qualifikationsverkettung im Rahmen der Zinsdefinition verzichtet. Zu den Motiven der Verfasser des Musterkommentars heißt es in Nr. 21 lit. b: „Die verwendete Formel393 bietet eine größere Rechtssicherheit und macht das Abkommen von späteren Änderungen des innerstaatlichen Rechts unabhängig“. Vor diesem Hintergrund haben die Vertragsparteien des DBA-Tschechien mit der weit reichenden Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 2 offensichtlich bewusst von einer „größeren Rechtssicherheit“ abgesehen. Gleiches dürfte für die fehlende Möglichkeit zur Erhebung einer Quellensteuer gelten. Im Übrigen wurde die Sonderregelung zur stillen Gesellschaft in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch nicht sonderlich präzise formuliert394. Die Anwendung des insoweit nachrangigen Zinsartikels, verbunden mit der fehlenden Möglichkeit zur Erhebung einer Quellensteuer, entspricht der Konzeption des Abkommens und bildet damit keinen „Wertungswiderspruch“ im genannten Sinne. Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem tschechischen Unternehmen, ist sein Gewinnanteil unter den Zinsartikel des DBATschechien zu subsumieren. Aus deutscher Perspektive liegen „andere Einkünfte“ i. S. d. Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch vor, „die nach dem Steuerrecht des Staates, aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind“. Im tschechischem Steuerrecht bezieht ein stiller Gesellschafter, unabhängig von der vertraglichen Gestaltung, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine Rückverweisung auf den Unternehmensartikel nach Art. 11 Abs. 3 DBA-Tch findet nicht statt, da der Betriebsstättenvorbehalt aus den zum OECD-MA angeführten Gründen für eine atypisch stille Gesellschaft nicht einschlägig wird395. Die abkommensrechtliche Subsumtion unter den Zinsartikel eröffnet dem deut389 R. Pöllath in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 11, Rn. 59; Nr. 21 lit. b des OECD-MK zu Art. 11 Abs. 3. 390 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 11, Rn. 21. 391 Art. 1 des Gesetzes zum DBA-CFSR, BStBl. I 1982, S. 904. 392 Zustimmend F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 1, Rn. 1. 393 Siehe OECD-MA 1977. 394 Nach Auffassung von FW (IStR 1999, S. 118 [119]) wurden die Dividendendefinitionen in der Vergangenheit oft „schlampig“ formuliert. 395 Dazu im zweiten Kapitel B. II. 4.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
schen Fiskus nach Art. 11 Abs. 1 DBA-Tch ein exklusives vollständiges Besteuerungsrecht396. Die Besteuerung aus tschechischer Sicht dürfte als umstritten gelten: Nach Ansicht von Kocmánková ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters im genannten Sinn unter den Zinsartikel zu fassen397. Hingegen könnte ein positiver Qualifikationskonflikt entstehen, wenn eine atypisch stille Gesellschaft nach Safarik in den Anwendungsbereich des Dividendenartikels fällt398. Das deutsche Besteuerungsrecht bleibt davon unberührt, weil der Dividenden- und Zinsartikel dem Wohnsitzstaat identische Rechte vermitteln399. Ist der Dividendenartikel für eine atypisch stille Gesellschaft einschlägig, besteht für den tschechischen Fiskus die Möglichkeit, eine Quellensteuer zu erheben400. Im Rahmen der deutschen Besteuerung wird diese nach Art. 23 Abs. 1 lit. b DBA-Tch i.V. m. §§ 34c, 34d EStG angerechnet. Der Vermeidungsartikel findet insoweit entsprechende Anwendung, da Deutschland zu einer unbeschränktenund Tschechien zu einer der Höhe nach beschränkten (Quellen-) Besteuerung ermächtigt ist. Eine Anrechnung der tschechischen Quellensteuer lässt sich nicht unter Hinweis auf eine fehlende Anordnung in Art. 23 Abs. 1 lit. b Nr. 1 bis 5 DBA-Tch ablehnen. b) Atypisch stille Beteiligung eines in Tschechien Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in Tschechien Ansässiger atypisch still an einem deutschen Unternehmen, gelten die bisherigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels beschränkt sich aus den genannten Gründen auf eine typisch stille Gesellschaft. Im Gegensatz zu einer outbound-Variante kann die Verweisung in Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch nicht einschlägig werden, da ein atypisch stiller Gesellschafter nach deutschem Steuerrecht mit Einkünften aus Gewerbebetrieb401 nicht solche erzielt, die denen „aus Darlehen“ entsprechen. 396 Von diesem kann im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht gem. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich Gebrauch gemacht werden. Für eine Ausnutzung des Besteuerungsrechts ist dabei von zentraler Bedeutung, „wann“ die aus tschechischer Sicht als Zinsen eingestuften Gewinnanteile einem in Deutschland ansässigen atypisch stillen Gesellschafter zufließen. Dazu eingehend im vierten Kapitel A. II. 3. 397 J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559). 398 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 15. 399 Vgl. Art. 10 Abs. 1 sowie Art. 11 Abs. 1 DBA-Tch. 400 Diese ist im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft auf 15 v. H. begrenzt. Vgl. Art. 10 Abs. 2 lit. b DBA-Tch. 401 Dazu im ersten Kapitel B. II. 1. (ff.).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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Die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters werden unabhängig von der vertraglichen Gestaltung als Unternehmensgewinne unter Art. 7 des DBA-Tch subsumiert. Der Begriff „Unternehmen“ bleibt entsprechend dem OECD-MA undefiniert402. Dessen Bedeutung ist nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Tch unter Rückgriff auf das deutsche Steuerrecht zu ermitteln, weil der „Zusammenhang“ des DBA-Tschechien nicht verdeutlicht, ob eine atypisch stille Beteiligung ein „Unternehmen“ begründet403. Auf Ebene des Abkommens finden die gewerblichen Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters im Unternehmensartikel ihr Pendant404. Eine atypisch stille Beteiligung verkörpert nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Tch ein anteiliges Unternehmen, dem eine Betriebsstätte405 des Handelsgewerbes zugerechnet wird406. Soweit eine inländische Betriebsstätte vorliegt, unterliegt der Gewinnanteil nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. DBA-Tch einer Besteuerung in Deutschland407. c) Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zu Tschechien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt erheblich, da ein atypisch stiller Gesellschafter in Tschechien, unabhängig von der vertraglichen Gestaltung, Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht. In einer outbound-Variante führt die Qualifikationsverkettung des Zinsartikels noch zu einer übereinstimmenden Auslegung der Vertragsstaaten. In einer inboundVariante droht bei Zurechnung einer deutschen Betriebsstätte hingegen eine Doppelbesteuerung, die auf tschechischer Seite ggf. durch Anrechnung der in Deutschland gezahlten Steuer vermieden wird. 2. DBA-USA Das DBA-USA 1989 folgt im Grundsatz dem OECD-MA 1977. Der Schutz des Abkommens gebührt nach den Art. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. d, Art. 4 Abs. 1 DBA-USA grundsätzlich einem atypisch stillen Gesellschafter in seiner Eigenschaft als „natürliche Person“. Aus deutscher Perspektive ist eine atypisch stille 402 F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 11. 403 J. Kocmánková, IStR 1999, S. 558 (559); F. J. Safarik in: Debatin/Wassermeyer, DBA-Tschechien, Stand März 1998, Art. 7, Rn. 11. 404 Eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 1. a). 405 Art. 5 DBA-Tch. 406 Dazu eingehend bei der Besprechung des OECD-MA im zweiten Kapitel unter B. II. 1. b). 407 §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG; der Gewinnanteil eines typisch stillen Gesellschafters kann nach Art. 10 Abs. 2 lit. b DBA-Tch einer auf 15 v. H. begrenzten Quellensteuer unterzogen werden. Die inländische Besteuerung richtet sich nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a, 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Gesellschaft keine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. e DBA-USA. Sie gehört weder zu den juristischen Personen noch kommt es zu einer entsprechenden Besteuerung408. Dagegen kann eine atypisch stille Gesellschaft (nontypical silent- oder dormant partnership) aus US-amerikanischer Perspektive auch einer intransparenten Besteuerung unterliegen409. Insoweit werden die Voraussetzungen einer „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 DBA-USA erfüllt410. Die Sonderregelung zur Ansässigkeit in Art. 4 Abs. 1 lit. b DBA-USA beschränkt die Abkommensberechtigung auf Einkünfte von Personengesellschaften – unter Einschluss einer atypisch stillen Gesellschaft –, die in beiden Vertragsstaaten „wie die Einkünfte dort Ansässiger besteuert werden“. In Drittstaaten ansässige Gesellschafter können auf diese Weise den Schutz des Abkommens nicht beanspruchen411. Besteht eine atypisch stille Gesellschaft mit einem deutschen Unternehmen (inbound-Variante), ist für Zwecke der Besteuerung in Deutschland stets ein atypisch stiller Gesellschafter in seiner Eigenschaft als natürliche Person abkommensberechtigt. Dies gilt selbst dann, wenn aus US-amerikanischer Sicht die betreffende Gesellschaft als Kapitalgesellschaft (corporation) klassifiziert wird412. In einer inbound-Variante unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft keiner intransparenten Besteuerung, womit aus deutscher Sicht bereits keine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. e DBA-USA vereinbart ist. Auch wenn aus US-amerikanischer Perspektive bei entsprechender Option nach den checkthe-box-regulations eine „Gesellschaft“ vorliegt413, ist diese aus den genannten Gründen in Deutschland nicht ansässig. Beteiligt sich ein in den USA Ansässiger atypisch still an einem deutschen Unternehmen, beurteilen somit beide Vertragsstaaten die Abkommensberechtigung im Ergebnis gleich. In einer outbound-Variante gilt entsprechendes nicht. Aus US-amerikanischer Sicht führt eine intransparente US-Besteuerung zur dortigen Ansässigkeit und folglich zur Abkommensberechtigung für eine atypisch stille Gesellschaft als solche. Ob diese Auslegung für den deutschen Fiskus verbindlich oder der 408
Siehe im ersten Kapitel B. II. 1. Ausführlich im ersten Kapitel B. II. 2. g); das im Rahmen der check-the-boxregulations seit 1.1.1997 bestehende Wahlrecht betrifft in gleicher Weise eine in den USA, wie in Deutschland domizilierte Gesellschaft [erstes Kapitel B. II. 2. g)]. 410 H. Debatin, DB 1990, S. 598 (601) c); weitergehend U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 3, Rn. 16: Nach seiner Ansicht ergibt sich aus dem Zusammenhang von Art. 3 Abs. 1 lit. d und Art. 4 Abs. 1 lit. b DBA-USA, dass deutsche und amerikanische Personengesellschaften dem Personenbegriff gleichermaßen unterfallen. 411 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 31; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 4, Rn. 41; H. Debatin, DB 1990, S. 598 (601) c); M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 4, Rn. 50 und 61; H. A. Shannon, Die Doppelbesteuerungsabkommen der USA, S. 209 ff. (212). 412 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. g). 413 Erstes Kapitel B. II. 2. g). 409
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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Schutz des Abkommens allein aus deutscher Perspektive zu beurteilen ist414, kann im Ergebnis dahin stehen. Die (mögliche) Abkommensberechtigung einer atypisch stillen Gesellschaft wird aus den zum OECD-MA angeführten Gründen einem in Deutschland ansässigen Gesellschafter415 vermittelt416. a) Atypisch stille Beteiligung eines in Deutschland Ansässigen an einem US-amerikanischen Unternehmen Der Gewinnanteil eines in Deutschland ansässigen atypisch stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung an einem US-Unternehmen könnte im Wesentlichen unter Art. 7 („Gewerbliche Gewinne“), Art. 10 („Dividenden“) oder Art. 11 DBA-USA („Zinsen“) subsumiert werden. Gegenüber dem Dividendenund Zinsartikel ist die Unternehmensvorschrift nachrangig417. aa) Anwendbarkeit des Dividendenartikels Art. 10 DBA-USA Die Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA folgt weit gehend dem OECD-MA418. Gegenüber diesem ist nicht von „sonstigen Gesellschaftsanteilen“419, sondern „sonstigen Rechten“ die Rede. Damit unterliegen hybride Finanzierungsformen als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital420 in stärkerem Maße dem Regime des Dividendenartikels421. Das Abkommen sichert auf diese Weise die Erhebung einer der Höhe nach unbegrenzten Quellensteuer, „wenn die Einkünfte bei der Ermittlung des Gewinns der zahlenden Person abzugsfähig sind“422. Die im OECD-MA nicht vorgesehene Ergänzung in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-USA erweitert den Dividendenbegriff „in der Bundesrepublik Deutschland“ u. a. um „Einkünfte aus einer stillen Gesell414
U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 31. Vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b DBA-USA; der Vorschrift kann insbesondere nicht entnommen werden, dass die Abkommensberechtigung einer (atypisch stillen) Gesellschaft für beide Vertragsstaaten gleichermaßen verbindlich wäre (U. Wolff in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 31; H. A. Shannon, Die Doppelbesteuerungsabkommen der USA, S. 114). 416 Ausführlich im zweiten Kapitel unter A. I. 2. 417 Art. 7 Abs. 6 DBA-USA. 418 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 93 ff. (94). 419 Art. 10 Abs. 3 OECD-MA. 420 Zu dem Begriff D. J. Piltz in: Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 9, S. 125. 421 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 94. 422 Art. 10 Abs. 2 S. 1 i.V. m. Art. 10 Abs. 5 DBA-USA; dazu U. Wolff in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 143; H. Debatin, DB 1990, S. 654 (656). 415
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
schaft“ und „aus partiarischen Darlehen“. Sind die USA als Quellenstaat betroffen, kann die angeführte Erweiterung – anknüpfend an die Ausführungen zum DBA-Schweiz423 und DBA-Belgien424 – für den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nicht einschlägig werden425. Analog zum OECD-MA besteht Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA aus drei Abschnitten426. Eine atypisch stille Gesellschaft zählt nicht zu den im ersten Abschnitt genannten speziellen Beteiligungsformen. Dies erfordert u. a. das Vorliegen einer US-Kapitalgesellschaft427. Eine (atypisch) stille Gesellschaft ist nach dem insoweit maßgeblichen Gesellschaftsrecht der US-Bundesstaaten – soweit ersichtlich – weder als Kapitalgesellschaft (corporation) noch als sonstige eigenständige Rechtsform bekannt428. Ferner zählt eine atypisch stille Gesellschaft nicht zu den „anderen Rechten (ausgenommen Forderungen) mit Gewinnbeteiligung“ i. S. d. zweiten Abschnitts. Die Rechtsposition eines atypisch stillen Gesellschafters wird regelmäßig nicht als Wertpapier verbrieft, sondern vertraglich festgeschrieben429. Schließlich könnte der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters den aus „sonstigen Rechten stammenden anderen Einkünften“ des dritten Abschnitts angehören, „die nach dem Recht des Vertragsstaats, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. Gegenüber dem OECD-MA430 und den vorstehend besprochenen DBA normiert Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBAUSA keine für beide Vertragsstaaten verbindliche Qualifikationsverkettung431. Dies verdeutlicht Art. 25 Abs. 3 lit. c lit. dd DBA-USA, der ein Verständigungsverfahren vorsieht, wenn „Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Quellenstaats den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind [. . .] im anderen Staat
423
Siehe vorstehend B. I. 2. a) aa). Siehe vorstehend B. I. 3. a) aa). 425 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128; dazu eingehend unten b). 426 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. a). 427 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 102. 428 Im ersten Kapitel B. I. 2. b) bb). 429 Nach Auffassung von Wolff (in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 103 und 121) kommt Nr. 24 des OECD-MK zu Art. 10, der eine Verbriefung festschreibt [eingehend im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a)], für das Abkommen mit den USA aus „historischen Gründen“ keine Bedeutung zu. Sofern die Vertragsstaaten bei der Konzeption eines Abkommens jedoch eine Passage aus dem OECD-MA wörtlich übernehmen, ist der OECD-MK im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.77). Im Übrigen haben die USA – anders als Großbritanien und Canada in Nr. 68 – keine Bemerkung zum OECD-MK verfasst. 430 Ausführlich im zweiten Kapitel unter B. II. 2. a). 431 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 1, 6, 93, 125 und 138. 424
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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anderen Einkünften zugeordnet werden“. Die angeführte Vorschrift lässt einen i. S. d. Art. 31 Abs. 1 WÜRV432 artikulieren objektiven Willen der Vertragsparteien erkennen, eine dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA nach mögliche Qualifikationsverkettung nicht vorzunehmen433. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels im Abkommen mit den USA ist somit auf die Erhebung einer Quellensteuer beschränkt. Für die Besteuerung in Deutschland kann der Dividendenartikel im Rahmen einer outbound-Variante nicht einschlägig werden. Für Zwecke der US-Quellenbesteuerung ist Art. 10 DBA-USA wie folgt auszulegen: Bis zum 31.12.1996 unterlag eine atypisch stille Gesellschaft in den USA grundsätzlich einer Besteuerung als Personengesellschaft (partnership), wenn der Gesellschaftsvertrag zumindest eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters vorsieht434. Die angeführten Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA können insoweit nicht erfüllt werden435. Seit 1.1.1997 besteht für eine atypisch stille Gesellschaft grundsätzlich die Möglichkeit, nach den check-the-box-regulations für eine Besteuerung als Personen- oder Kapitalgesellschaft zu optieren436. Entscheiden sich die Gesellschafter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft, erzielt ein atypisch stiller Gesellschafter aus seinem Gewinnanteil Einkünfte, die denen aus Aktien i. S. d. Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA gleichstehen437. Wird ein entsprechender Antrag nicht gestellt, erfolgt eine Standardklassifizierung (default classification) als Personengesellschaft438. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters kann daher nur unter den dritten Abschnitt der 432
Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) dd) (2). U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 138. 434 Siehe im ersten Kapitel B. II. 2. g). 435 Eine Ausnahme bilden die Private Rulings (PR) 7852027 v. 27.9.1978 und 9337017 v. 18.6.1993. In diesen unterliegt eine stille Gesellschaft entsprechend einer Kapitalgesellschaft (corporation) einer intransparenten Besteuerung (dazu im ersten Kapitel B. II. 2. g)). Im PR 9337017 hält der I.R.S. den Dividendenartikel des DBAUSA 1989 für einschlägig. Diese Einordnung gründet (wohl) nicht auf der Qualifikationsverkettung in Art. 10 Abs. 4 DBA-USA, weil die atypisch stille Gesellschaft als zusätzliche finanzielle Ausstattung der Stammaktien betrachtet wird. Eine Einschlägigkeit der abschließenden Verweisung in Art. 10 Abs. 4 S. 1 DBA-USA setzte nach m. E. zumindest eine Anerkennung der atypisch stillen Gesellschaft als eigenständiges Rechtsverhältnis voraus. Dem erstgenannten PR 7852027 lässt sich für die Auslegung des DBA-USA 1989 nichts entnehmen, weil der Sachverhalt unter das Regime des alten DBA-USA 1954/65 fällt. Rückschlüsse auf die aktuelle Fassung des Abkommens können nicht gezogen werden, weil der Dividendenartikel im DBA-USA 1989 grundlegend revidiert wurde. 436 Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. g). 437 In diesem Sinne U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 124. 438 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. g). 433
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Dividendendefinition fallen, wenn die Gesellschafter für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft optieren439. Die Erhebung einer US-Quellensteuer ist gem. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 lit. b DBA-USA auf 15 v. H. begrenzt. Dies erfährt durch Art. 10 Abs. 5 DBA-USA keine Einschränkung, weil der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters als Ausschüttung den Gewinn des Handelsgewerbes nicht mindert440. Eine unangemessen hohe Gesellschafter-Fremdfinanzierung (earnings stripping) bleibt für die Anwendung des Dividendenartikels ohne Auswirkung, weil nach US-amerikanischem Steuerrecht daraus keine Umqualifizierung von Zinsen in Dividenden (verdeckte Gewinnausschüttungen), sondern ein Abzugsverbot des entsprechenden Zinsaufwands resultiert441. bb) Anwendbarkeit des Zinsartikels Art. 11 DBA-USA Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters könnte in den Anwendungsbereich des Zinsartikels fallen. Von der Konzeption des OECD-MA weicht Art. 11 DBA-USA in mehrfacher Hinsicht ab: Die Erhebung einer Quellensteuer wird abkommensrechtlich nicht abgesichert442; Forderungen mit Gewinnbeteiligung443 sind nach Art. 10 Abs. 5 DBA-USA zu Gunsten des Dividendenartikels aus der Zinsdefinition ausgenommen444; ferner sieht die Zinsdefinition für „alle sonstigen Einkünfte“ eine Qualifikationsverkettung vor, „die nach dem Steuerrecht des Vertragsstaats, aus dem sie stammen, als Einkünfte aus Darlehen behandelt werden“445. Im Gegensatz zum Dividendenartikel ist diese Verweisung für beide Vertragsstaaten verbindlich, d. h. insoweit entscheidet die steuerliche Behandlung im Quellenstaat, welche Einkünfte unter den abkommensrechtlichen Zinsbegriff fallen446. Aus deutscher Sicht kann eine atypisch stille Gesellschaft aus den zum OECD-MA genannten Gründen weder als „Forderung jeder Art“ noch im Sinne 439 Nach Auffassung von Wolff beschränkt sich der Anwendungsbereich der Dividendenvorschrift auf eine typisch stille Beteiligung (in: Debatin/Wassermeyer, DBAUSA, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 81). Damit ist jedoch nur der Regelfall unter der Rechtslage bis 31.12.1996 angesprochen. Bereits das PR 9337017 (siehe vorstehend) erklärte im Fall einer nontypical dormant partnership den Dividendenartikel für einschlägig. 440 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 129 a. E. 441 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 117; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 84; im Übrigen H. Merkt, IStR 1995, S. 92 ff. 442 Vgl. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA. 443 Art. 11 Abs. 5 DBA-USA spricht allgemeiner von „Rechtsbeziehungen (einschließlich Schuldverpflichtungen)“. 444 Art. 11 Abs. 2 S. 2 DBA-USA. 445 Art. 11 Abs. 2 S. 1 DBA-USA. 446 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 51.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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der übrigen speziellen Gläubigerrechte verstanden werden447. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters könnte allenfalls den „sonstigen Einkünften“ i. S. d. abschließenden Qualifikationsverkettung in Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-USA angehören, wenn das US-amerikanische Steuerrecht dessen Beteiligung als besondere Form der Überlassung von Fremdkapital (dept) behandelt448. Vermittelt eine „Rechtsbeziehung [. . .] ein Recht auf Gewinnbeteiligung [. . .] (in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft, aus partiarischen Darlehen)“ ist zwar der Dividendenartikel nach Art. 10 Abs. 5 DBA-USA vorrangig anwendbar449. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Dividendenvorschrift nur die Erhebung einer Quellensteuer absichert und für den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nicht einschlägig ist450. Der Zinsartikel findet auf die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters Anwendung, wenn sich der Gesellschaftsvertrag in etwa an den Vorgaben der §§ 230 ff. HGB orientiert und eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht vorsieht451. Darüber hinaus kann der Zinsartikel für einen atypisch stillen Gesellschafter nicht einschlägig werden. cc) Anwendbarkeit des Unternehmensartikels Art. 7 DBA-USA Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters könnte schließlich in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fallen, wenn aus deutscher Sicht der insoweit vorrangige Dividenden- und Zinsartikel nicht einschlägig ist452. Das Abkommen enthält keine Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen „gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“ i. S. d. Art. 7 DBA-USA vorliegen. Dies bestimmt sich gem. Art. 3 Abs. 2 DBA-USA unter Rückgriff auf das innerstaatliche deutsche Steuerrecht. Im Lichte des OECD-MA begründet eine atypisch stille Gesellschaft ein anteiliges Unternehmen, dem eine Betriebsstätte des Außengesellschafters zuzurechnen ist453. Entsprechendes gilt für das Ab447 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. b) und B. II. 3; zur vormaligen Ansicht von Wassermeyer und Piltz (zweites Kapitel, B. II. 3.) eingehend Wolff (in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 90; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128; ders. in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 11, Rn. 57, 81). 448 Im ersten Kapitel B. II. 2. g); eine Einordnung als Fremdkapital (dept) erfordert nach m. E. den Ausschluss einer Verlustbeteiligung des Stillen. In einer solchen Konstellation ist das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft eher die Ausnahme, wenn auch nicht gänzlich ausgeschlossen [dazu im ersten Kapitel B. II. 1. a)]. 449 Vgl. Art. 11 Abs. 2 S. 2 DBA-USA; ebenso U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 11 Rn. 5, 81 (allerdings zu Unrecht auf eine typisch stille Beteiligung beschränkt). 450 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128 (im Übrigen siehe vorstehend). 451 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen im ersten Kapitel B. II. 2. g). 452 Art. 7 Abs. 6 DBA-USA; im Übrigen siehe vorstehend.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
kommen mit den USA, zumal dort von „gewerblichen“ Gewinnen eines Unternehmens die Rede ist454. Insoweit findet der abkommensrechtliche Begriff „Unternehmen“ im Terminus „gewerbliche“ Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erkennbar seine Entsprechung455. Der Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft unter Art. 7 DBA-USA steht im Übrigen nicht entgegen, dass aus US-amerikanischer Perspektive eine Kapitalgesellschaft vorliegt456. Durch Rückgriff auf das innerstaatliche (deutsche) Steuerrecht lässt sich eine teilweise unterschiedliche Auslegung des Abkommens nicht vermeiden, die den Vertragsstaaten ausweislich Art. 25 Abs. 3 lit. c lit. dd DBA-USA offensichtlich bewusst gewesen ist. Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist vorbehaltlich einer Einschlägigkeit des Zinsartikels457 unter Art. 7 DBA-USA zu subsumieren. dd) Zwischenergebnis Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters fällt in einer outbound-Variante nach folgender Maßgabe unter die Verteilungsnormen des DBAUSA: Bildet eine atypisch stille Gesellschaft aus US-amerikanischer Sicht eine besondere Form vom Fremdkapital (dept), ist der Gewinnanteil aufgrund der in Art. 11 Abs. 2 DBA-USA vorgesehenen Qualifikationsverkettung für beide Vertragsstaaten verbindlich unter den Zinsartikel zu subsumieren. Darüber hinaus kann aus deutscher Perspektive nur Art. 7 DBA-USA einschlägig sein. Aus US-amerikanischer Sicht bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter bis 31.12.1996 abkommensrechtlich grundsätzlich „gewerbliche Gewinne“, wenn nach dortigen Maßstäben steuerlich eine Personengesellschaft (partnership) vorliegt458. Seit 1.1.1997 besteht für eine atypisch stille Gesellschaft hingegen nach den check-the-box-regulations die Möglichkeit, für eine Besteuerung als Kapital- oder Personengesellschaft zu optieren. Bei entsprechender Ausübung des 453
Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 1. b). U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 90; zum alten DBA-USA 1954/65 OFD-Düsseldorf v. 5.7.1989, RIW 1989, S. 754. 455 Siehe im zweiten Kapitel C. I. 1. a); dazu U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 8. 456 Eingehend oben sowie im ersten Kapitel B. II. 2. g); dazu U. Wolff in: Debatin/ Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 76 und 90. 457 Siehe vorstehend bb). 458 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 90; in den PR 8012063 v. 27.12.1979 und 8309062 v. 29.11.1982 – zum alten DBA-USA 1954/65 – wird eine stille Gesellschaft nicht der Dividendenvorschrift, sondern den „Einkünften aus unbeweglichem Vermögen“ gem. Art. 9 DBA-USA 1954/65 zugeordnet. Diese erweisen sich nach Art. 3 Abs. 5 DBA-USA 1954/65 gegenüber dem Unternehmensartikel als vorrangig. Unter dem alten DBA-USA 1954/65 wurde die vertretene Ansicht offensichtlich von der US-amerikanischen Finanzverwaltung geteilt. 454
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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Wahlrechts werden gem. Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA Dividenden bezogen, die in den USA einer Quellensteuer von 15 v. H. unterliegen können. Entscheiden sich die Gesellschafter für eine Besteuerung als Personengesellschaft, oder bleibt das Wahlrecht ungenutzt (default classification)459, ist aus US-amerikanischer Sicht Art. 7 DBA-USA einschlägig. Abgesehen von einer für beide Vertragsstaaten verbindlichen Anwendung des Zinsartikels460, kann aus einer outbound-Variante ein Qualifikationskonflikt resultieren, wenn eine atypisch stille Gesellschaft aus US-amerikanischer Perspektive – seit 1.1.1997 durch entsprechende Option nach den check-the-box-regulations – unter den Dividendenartikel fällt461. ee) Auslegung des Vermeidungsartikels – switch over-Klausel Mit der Vermeidung einer Doppel- oder Minderbesteuerung von Einkünften befasst sich – vorbehaltlich Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA – u. a. Art. 23 Abs. 2 Satz 1 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 des Protokolls zum DBAUSA 1989 (Protokolls). Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unterliegt bei Zurechnung zu einer US-Betriebsstätte gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5, Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-USA grundsätzlich keiner deutschen Besteuerung462. Nach einer Verfügung der OFD-Düsseldorf vom 5.7.1989463, die sich auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH zu Personengesellschaften bezieht464, ist einem atypisch stillen Gesellschafter eine US-amerikanische Betriebsstätte des Außengesellschafters zuzurechnen. Dieser Standpunkt wurde in jüngerer Zeit im Schrifttum465 und durch ein obiter dictum im BFH-Urteil vom 31.5.1995466 in Zweifel gezogen. Danach könne es dahin stehen, „ob eine atypisch stille Beteiligung an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft überhaupt als Betriebsstätte im Sinne des Abkommens anzusehen ist“467. Diese Tendenzen fanden in einem jüngeren BFH-Urteil vom 21.7.1999 zum DBA459
Siehe im ersten Kapitel B. II. 2. g). Siehe vorstehend bb). 461 Siehe U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 7, Rn. 277 ff.; vgl. im Übrigen die in der vorigen Fußnote angeführten Private Rulings. 462 Dies gilt vorbehaltlich Progressionsvorbehalt. 463 RIW 1989, S. 754 = DB 1989, S. 1700. 464 BFH-Urteil v. 29.1.1964, BStBl. III 1964, S. 165 zum alten DBA-USA 1954; (nach der Verfügung) bestätigt durch BFH-Urteil v. 27.2.1991, BStBl. II 1991 S. 444 (446) zu einer Limited Partnership; FG Münster v. 24.11.1988, EFG 1989, S. 159 (160 ff.). 465 F. Wassermeyer, IStR 1995, S. 49 (51); FW, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 31.5.1995, IStR 1995, S. 440; eingehend im zweiten Kapitel B. II. 1. b) insbesondere B. II. 1. b) aa) und bb). 466 BStBl. II 1995, S. 683 (685) = IStR 1995, S. 438. 467 BFH-Urteil v. 31.5.1995, BStBl. II 1995, S. 683 (685) = IStR 1995, S. 438. 460
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Schweiz keine Bestätigung468. Einem atypisch stillen Gesellschafter kann daher aus den zum OECD-MA ausgeführten Gründen eine US-Betriebsstätte zugerechnet werden469. Unter den Voraussetzungen der switch over-Klausel470 in Art. 23 Abs. 2 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 lit. a des Protokolls ermöglicht das Abkommen einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Dies erfordert u. a., dass die Vertragsstaaten (dieselben) Einkünfte „unterschiedlichen Abkommensbestimmungen“ zuordnen und sich ein solcher Konflikt (Qualifikationskonflikt)471 nicht im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA-USA „regeln lässt“; die „unterschiedliche Zuordnung“ muss entweder zu einer doppelten Besteuerung von Einkünften (lit. aa), oder „in den Vereinigten Staaten“ zu einer Nicht- („unbesteuert bleiben“) oder zu niedrigen Besteuerung, bei gleichzeitiger Freistellung in Deutschland, führen (lit. bb)472. Die Vertragsstaaten subsumieren den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter verschiedene Abkommensvorschriften, wenn eine atypisch stille Gesellschaft nach den check-the-box-regulations als eigenständiges Rechtssubjekt für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft optiert. Während aus deutscher Perspektive Art. 7 DBA-USA einschlägig ist, werden aus US-amerikanischer Sicht Dividenden bezogen, die nach Art. 10 Abs. 4 DBA-USA einer Quellensteuer von 15 v. H. unterliegen473. Die switch over-Klausel in Abs. 21 lit. a des Protokolls setzt weiter voraus, dass sich ein Qualifikationskonflikt nicht durch ein Verfahren nach Art. 25 DBA-USA „regeln lässt“. Ein Übergehen von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode erfordert ein (zuvor) erfolgloses Verständigungsverfahren474. Einigen sich die Finanzbehörden auf eine gemeinsame Interpretation, soll diese 468 BStBl. II 1999, S. 812 (813) = FR 1999, S. 1361 (1362) = IStR 1999, S. 721 (722); siehe dazu die Besprechung des DBA-Schweiz, oben B. I. 2. a). 469 Ausführlich – unter Würdigung der angeführten Rechtsprechung – im zweiten Kapitel B. II. 1. b). 470 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.563; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 168; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBAUSA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37; S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/ Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 48; OFD-Frankfurt v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277. 471 Zum Umfang T. Vetter, IStR 1997, S. 649. 472 Dazu F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37 ff.; S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 46 ff.; ders., IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 689 (696); H. Debatin, DB 1990, S. 654 (660). 473 Siehe vorstehend dd). 474 S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 46; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37; W. Gail/A. Düll/U. Heß-Emmerich/G. Fuhrmann, DB 1998, Beilage 19, S. 1 (24); F. E. F. Hey, RIW 1997, S. 82 (84).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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nach Art. 3 Abs. 2 DBA-USA als abkommensrechtlicher Inhalt des jeweiligen Begriffs gelten. Eine solche Verbindlichkeit begegnet in Deutschland verfassungsrechtlichen Bedenken475, weil eine Änderung von Verträgen mit auswärtigen Staaten gem. Art. 59 Abs. 2 GG der Legislative und nicht der am Verständigungsverfahren beteiligen Exekutive vorbehalten ist476. Für die Steuerpflichtigen und die Gerichte ist eine Einigung nach Art. 25 DBA-USA vorbehaltlich einer gesetzlichen Änderung des Abkommens nicht verbindlich477. Neben den genannten Voraussetzungen erfordert Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls eine aus einem Qualifikationskonflikt resultierende Doppelbesteuerung. Unterhält eine atypisch stille Gesellschaft in der angeführten Konstellation eines Qualifikationskonflikts keine Betriebsstätte in den USA478, reklamiert der deutsche Fiskus für einen in Deutschland ansässigen Gesellschafter nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. DBA-USA das alleinige Besteuerungsrecht. Mit der Erhebung einer US-Quellensteuer in Höhe von 15 v. H.479 unterliegt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters einer „doppelten“ Besteuerung. Um dieses Resultat (weit gehend) zu vermeiden, ist eine in den USA entrichtete Quellensteuer nach Art. 23 Abs. 2 lit. b lit. gg DBA-USA, Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls i.V. m. §§ 34c, 34d EStG im Rahmen der deutschen Besteuerung anzurechnen. Der Steuerpflichtige besitzt einen unmittelbar aus dem Abkommen resultierenden Rechtsanspruch von einer US-Quellensteuer entlastet zu werden480. In umgekehrter Weise richtet sich Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls gegen eine Minder- oder Nichtbesteuerung von Einkünften. Verglichen mit einer Doppelbesteuerung von Einkünften, erweist sich der Anwendungsbereich der Vorschrift als wesentlich schmaler. Ein Übergehen von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode ist nur möglich, wenn ein Qualifikationskonflikt in beiden Vertragsstaaten dezidiert beschriebene Besteuerungsfolgen auslöst481: Die betreffenden Einkünfte müssen in den Vereinigten Staaten zu niedrig oder unbe475 K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 3, Rn. 127; M. Lehner in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 25, Rn. 170; U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 3, Rn. 49. 476 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.91; K. Vogel in: Vogel/ Lehner, DBA, Einl., Rn. 53; weitergehend H. Debatin in: Debatin/Wassermeyer, Systematik III, Stand 43. El., Rn. 165 ff. 477 Statt Vieler U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 3, Rn. 49 m. w. N. 478 Art. 5 DBA-USA. 479 Siehe vorstehend. 480 F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37; S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 46; H. Debatin, DB 1990, S. 654 (660). 481 Dazu F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37; H. Debatin, DB 1990, S. 654 (660).
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
steuert bleiben und (kumulativ) in Deutschland von einer Besteuerung ausgenommen sein. In der angeführten Konstellation eines Qualifikationskonflikts ist die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, wenn eine atypisch stille Gesellschaft über eine Betriebsstätte in den USA verfügt; der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unterliegt nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5, Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-USA – vorbehaltlich den Wirkungen der switch overKlausel – keinem deutschen Steuerzugriff. Indessen wird das erstgenannte Kriterium von Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls in den angeführten Fällen nicht erfüllt: Der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters bleibt weder „unbesteuert“, weil eine US-Quellensteuer von 15 v. H. erhoben wird, noch kommt es „in den Vereinigten Staaten“ zu einer „zu niedrigen“ Besteuerung. Das letztgenannte Kriterium gewinnt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Protokolls nur Bedeutung, wenn das US-amerikanische Steuerrecht ein abkommensrechtlich zugewiesenes Besteuerungsrecht nicht vollständig ausschöpft, mit anderen Worten hinter diesem zurückbleibt482. Die switch over-Klausel auf eine insgesamt zu niedrige Besteuerung durch beide Vertragsstaaten („graue Einkünfte“)483 anzuwenden, verstieße gegen den Wortlaut von Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls und widerspräche im Übrigen der Systematik des Abkommens: Die Vertragsstaaten haben bei der Konzeption des Abkommens eine autonome Auslegung des Dividendenartikels vorgesehen, d. h. insoweit auf ein gemeinsames Verständnis verzichtet484. Dies (offensichtlich) berücksichtigend eröffnet die Dividendenvorschrift, insbesondere mit Art. 10 Abs. 4 und 5 DBA-USA, ein umfangreiches Recht zur Quellenbesteuerung. Macht der US-amerikanische Fiskus von diesem Gebrauch, kommt es in den „Vereinigten Staaten“ nicht zu einer „zu niedrigen“ Besteuerung. Mit Blick auf den Sinn und Zweck einer switch over-Klausel, nämlich neben einer Nicht- regelmäßig auch eine Minderbesteuerung von Einkünften zu vermeiden, lässt sich im Übrigen eine über den Wortlaut hinausgehende Einschränkung nicht rechtfertigen. Wenn Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls in allgemeiner Weise gegen eine Doppelbesteuerung und Abs. 21 lit. a lit. bb. ausdrücklich gegen eine Nicht- oder Minderbesteuerung „in den Vereinigten Staaten“ gerichtet ist, kann die nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV in ihrem „Zusammenhang“ zu 482 S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 50; F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 37: „Die Vorschrift stellt darauf ab, daß die zu niedrige Besteuerung im Quellenstaat eintreten muss“; H. Debatin, DB 1990, S. 654 (660), kritisiert, dass „es nicht Aufgabe eines DBA sein [kann], eine für zu niedrig gehaltene US-Besteuerung durch Aufrechterhaltung deutscher Steuerpflicht gewissermaßen nachzubessern“; die Vfg. der OFD-Frankfurt/M. v. 18.12.1999 (IStR 1999, S. 277), lässt bezeichnender Weise eine „zu niedrige“ Besteuerung im Rahmen der Beschreibung von Abs. 21 des Protokolls unerwähnt. 483 Dazu im ersten Kapitel A. III. 2. c). 484 Dazu eingehend oben aa).
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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würdigende „gewöhnliche Bedeutung“ das Tatbestandsmerkmal „in den Vereinigten Staaten“ nicht ausklammern. In Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls wird ein Formulierungsstandard vorgegeben, an dem die unter lit. bb normierte zweite Variante der switch over-Klausel zu messen ist. Ansonsten würde das Protokoll in einer Weise auslegt, die in den Worten von Vogel mit dem Abkommenswortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist485. Ob den Vertragsparteien bei Abfassung der switch over-Klausel ein „redaktionelles Versehen“ unterlaufen ist oder der Anwendungsbereich der zweiten Variante (lit. bb) bewusst eingeschränkt wurde, kann mit Blick auf Art. 31 WÜRV dahin stehen. Unterliegen die Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters in einer outbound-Variante einer Doppelbesteuerung, wird diese nach Art. 23 Abs. 2 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls durch Anrechnung der US-Quellensteuer im Rahmen der §§ 34c, 34d EStG vermieden. Sind die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 23 Abs. 2 lit. a, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 DBA-USA von einer deutschen Besteuerung freizustellen und in den USA einer Quellensteuer von 15 v. H. unterworfen, rechtfertigt die switch over-Klausel in Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls kein Übergehen von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Ferner sieht Abs. 21 lit. b des Protokolls einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode im Anschluss an ein erfolgloses Konsultationsverfahren vor486. Die Vorschrift richtet sich „vorbehaltlich der Beschränkungen [des deutschen] innerstaatlichen Rechts“ gegen eine doppelte Freistellung von Einkünften und „sonstige Gestaltungen zum Missbrauch des Abkommens“. Eine atypisch stille Beteiligung an einem US-amerikanischem Unternehmen führt zu keiner Nichtbesteuerung von Einkünften („weiße Einkünfte“)487, da die USA zumindest eine Quellensteuer von 15 v. H. erheben488. Es könnte allenfalls eine missbräuchliche Gestaltung vorliegen, deren Voraussetzungen im Abkommen indessen keine nähere Erläuterung finden. Wegen der materiellen Beschränkung auf das einschlägige deutsche Recht ist Abs. 21 lit. b des Protokolls als spezielle Ausprägung von § 42 AO zu verstehen489. Hinsichtlich der Rechtsfolge, nämlich einem Übergehen von der Freistellungs- zur Anrechnungsme485 In: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107.; eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) dd) (2). 486 Siehe F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 38; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 172 sowie Art. 1, Rn. 107; S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 52 ff.; K. Vogel, in Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.136. 487 Siehe im ersten Kapitel A. III. 1. b). 488 Siehe vorstehend. 489 S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 53; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.136; K. Vogel, in Vogel/Lehner, DBA, Einl., Rn. 107.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
thode, gewinnt die abkommensrechtliche Mißbrauchsregel eigenständige Bedeutung. Eine atypisch stille Beteiligung an einem US-amerikanischen Unternehmen kann jedoch grundsätzlich keinen Missbrauch abkommensrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten darstellen. Selbst wenn der Gewinnanteil in Deutschland freigestellt ist und in den USA einer Quellensteuer von 15 v. H. unterliegt, entspricht diese Minderbesteuerung („graue Einkünfte“) der Konzeption des Abkommens490. Für den „Normalfall“ einer atypisch stillen Beteiligung an einer US-Gesellschaft kann Abs. 21 lit. b des Protokolls nicht einschlägig werden. Der umgekehrte Fall ist aus dem Anwendungsbereich der switch over-Klausel ausdrücklich ausgenommen, weil die USA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohnehin die Anrechnungsmethode anwenden491. ff) Auslegung des Vermeidungsartikels – subject to tax-Klausel Die Freistellung von Einkünften steht nach Auffassung der Finanzverwaltung492, des BFH493 und einem Teil des Schrifttums494 unter dem Vorbehalt des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA. Danach gelten Gewinne oder Einkünfte einer in Deutschland ansässigen Person als aus Quellen in den Vereinigten Staaten stammend, wenn sie in Übereinstimmung mit diesem Abkommen dort besteuert werden. Die Genannten interpretieren die Vorschrift als Rückfall- oder subject to tax-Klausel, nach der eine Steuerfreistellung im Wohnsitzstaat (Deutschland) unter dem Vorbehalt einer tatsächlichen Besteuerung im Betriebsstättenstaat (USA) steht495. Einem anderen Teil des Schrifttums496 zufolge gewinnt Art. 23 490
Dazu eingehend oben ee). Vgl. Abs. 20 des Protokolls sowie F. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 23, Rn. 20. 492 BMF-Schreiben v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1076 = IStR 2000, Beihefter zu Heft 1/2000, S. 1 (6); OFD-Frankfurt v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277; OFD-Düsseldorf v. 11.12.1996, IStR 1997, S. 53 (54); OFD-München v. 10.5.1995, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 301. 493 BFH-Urteil v. 11.6.1996, BStBl. II 1997, S. 117 = IStR 1996, S. 536 = (im Tenor) RIW 1997, S. 82; offen gelassen im BFH-Urteil v. 27.8.1997 (BStBl. II 1998, S. 58 = IStR 1998, S. 83), zu einer entsprechenden Regelung in Art. 23 Abs. 3 des alten DBA-Kanada 1981. 494 S. Grotherr in: Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-USA, Grundwerk, Art. 23, Rn. 40 ff.; U. Sorgenfrei, IStR 1999, S. 201; H. Debatin, DB 1990, S. 654 (660). 495 Statt vieler H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, § 16, Rn. 16.563; wird Art. 23 Abs. 2 S. 2 DBA-USA als subject to tax-Klausel verstanden, wirft die Abgrenzung zur switch over-Klausel in Abs. 21 des Protokolls einige Fragen auf. Dazu: BFHUrteil v. 11.6.1996, BStBl. II 1997, S. 117 = IStR 1996, S. 536 = (im Tenor) RIW 1997, S. 82; S. Grotherr, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 689 (696 ff.); FW, IStR 1998, S. 84; F. E. F. Hey, RIW 1997, S. 82 (84). 496 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 1, Rn. 13; FW, IStR 1998, S. 84; F. E. F. Hey, RIW 1997, S. 82 (84); Da, IStR 1994, S. 166 491
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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Abs. 2 Satz 2 DBA-USA nur im Rahmen des Anrechnungsverfahrens Bedeutung; danach soll der deutsche Fiskus zu einer Anrechnung der im anderen Vertragsstaat erhobenen Quellensteuer verpflichtet sein, ohne ein Recht zu einer Prüfung zu haben, ob die betreffenden Einkünfte tatsächlich aus dem anderen Vertragsstaat „stammen“497. Insoweit wäre die Regelung auf den oben besprochenen Fall einer Doppelbesteuerung zugeschnitten, wenn eine atypisch stille Gesellschaft über keine Betriebsstätte in den USA verfügt. Im Rahmen der Anrechnung498 würde eine Quellensteuer nach Art. 23 Abs. 2 lit. b i.V. m. Abs. 2 Satz 2 DBA-USA „als in Übereinstimmung mit diesem Abkommen“ in den Vereinigten Staaten „gezahlt“ gelten. Für die Untersuchung kann im Ergebnis dahin stehen, in welcher Weise Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA zu verstehen ist. Selbst wenn die Vorschrift als subject to tax-Klausel zu interpretieren wäre, bliebe die Freistellung des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters davon unberührt. Nach einem BFH-Urteil vom 27.8.1997499 zur entsprechenden Vorschrift im alten DBA-Kanada 1981500, liegt eine Besteuerung „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen vor“, wenn die betreffenden Einkünfte und Gewinne im Rahmen einer abkommensrechtlichen Einkunftsart im Quellenstaat einer Besteuerung unterworfen werden; in welchem Umfang sie von einer ausländischen Besteuerung erfasst werden, sei für die Freistellung der Einkünfte und Gewinne von der inländischen Besteuerung unbeachtlich. Die Entscheidung des BFH wird im Schrifttum501 und den Stellungnahmen der Verwaltung502 geteilt. Im Lichte dieser Kriterien genügt es für eine Besteuerung („besteuert werden“) „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten“ i. S. d. Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA, wenn der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 10 Abs. 4 DBA-USA i.V. m. den innerstaatlichen Regelungen einer US-Quellensteuer von 15 v. H. unterliegt. Die Freistellung des Gewinnanteils eines atypisch stillen Gesellschafters bleibt durch Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA unberührt.
(167); F. Jacob, DStZ 1992, S. 669 (672 ff.); differenzierend K. Vogel, IStR 1997, Beihefter zu IStR 24/1997, S. 1 (11), der Art. 23 Abs. 2 S. 2 DBA-USA für überflüssig hält. 497 FW, IStR 1998, S. 84. 498 Art. 23 Abs. 2 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 des Protokolls. 499 BFH-Urteil v. 27.8.1997, BStBl. II 1998, S. 58 = IStR 1998, S. 83. 500 Art. 23 Abs. 3 im alten DBA-Kanada 1981. Im Unterschied zum DBA-USA ist die Vorschrift im alten DBA-Kanada 1981 für beide Vertragsstaaten maßgeblich. 501 U. Sorgenfrei, IStR 1999, S. 201; M. Lampe, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 773 (780); FW, IStR 1998, S. 84; W. Gail/A. Düll/U. Heß-Emmerich/G. Fuhrmann, DB 1998, Beilage 19, S. 1 (24). 502 BMF-Schreiben v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, S. 1076 = IStR 2000, Beihefter zu Heft 1/2000, S. 1 (6); OFD-Frankfurt v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277.
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
gg) Zwischenergebnis Eine atypisch stille Beteiligung an einem US-Unternehmen wird in einer outbound-Variante aus deutscher Perspektive wie folgt besteuert: Unterhält die Gesellschaft eine US-amerikanische Betriebsstätte, sind dieser zurechenbare Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt, Art. 5, Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-USA unter Progressionsvorbehalt freigestellt. Der Steuerbefreiung steht weder die (mögliche) subject to tax-Klausel in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA noch die switch over-Klausel in Abs. 21 lit. a des Protokolls entgegen, weil die Vereinigten Staaten den Gewinnanteil zumindest einer Quellensteuer von 15 v. H. unterziehen. Ist einem atypisch stillen Gesellschafter keine Betriebsstätte in den USA zuzurechnen, obliegt eine Besteuerung der Einkünfte nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. DBA-USA der deutschen Steuerhoheit503. b) Atypisch stille Beteiligung eines in den USA Ansässigen an einem deutschen Unternehmen Beteiligt sich ein in den USA Ansässiger atypisch still an einem deutschen Unternehmen, gelten die bisherigen Ausführungen im Grundsatz entsprechend. Gegenüber dem Unternehmensartikel erweisen sich der Dividenden- und Zinsartikel nach Art. 7 Abs. 6 DBA-USA als vorrangig. Die Dividendendefinition enthält in Art. 10 Abs. 4 Satz 2 und Art. 10 Abs. 5 DBA-USA eine Sonderregelung zur stillen Gesellschaft: Nach dieser umfasst der Ausdruck Dividenden „in der Bundesrepublik Deutschland auch Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft [. . .] [und]504 aus partiarischen Darlehen“. Durch die Formulierung „in der Bundesrepublik Deutschland“ beschränkt sich der Anwendungsbereich auf eine in Deutschland domizilierende stille Gesellschaft505. Eine atypisch stille Gesellschaft könnte in den Anwendungsbereich der Sonderregelung fallen. Der Wortlaut nimmt eine in diesem Sinne ausdrückliche Zuordnung nicht vor, da in allgemeiner Weise von einer „stillen Gesellschaft“ die Rede ist. Die Bedeutung einer „stillen Gesellschaft“ ist daher gem. Art. 3 Abs. 2 DBA-USA dem innerstaatlichen deutschen Steuerrecht entnommen werden, wenn der Zusammenhang des Abkommens nicht ein anderes gebietet506. Letzteres ist nicht der Fall, zumal Art. 10 Abs. 4 und Art. 10 Abs. 5 DBA-USA als 503 Von seinem Besteuerungsrecht macht der deutsche Fiskus nach §§ 1 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG Gebrauch. In den Vereinigten Staaten entrichtete Quellensteuern sind gem. Art. 23 Abs. 2 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls nach Maßgabe des §§ 34c, 34d EStG anzurechnen. 504 Einfügung durch Verfasser. 505 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128.
B. Regelungen ohne Bezug zur atypisch stillen Gesellschaft
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einseitige Sonderregelungen konzipiert sind. Ein unmittelbarer Rückgriff auf die deutsche Steuerrechtsordnung führt entsprechend der Abkommen mit der Schweiz507 und Belgien508 zu keinem eindeutigen Ergebnis. Unter einer „stillen Gesellschaft“ kann sowohl eine typisch- wie atypisch stille Gesellschaft verstanden werden509. Ein rein normatives Verständnis, wonach eine „stille Gesellschaft“ nur eine typisch stille Variante meint (§§ 15a Abs. 5 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), ist Art. 3 Abs. 2 DBA-USA nicht zu entnehmen510. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels ist aus systematischen Gründen auf eine typisch stille Gesellschaft beschränkt. Das Nebeneinander von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen in Art. 10 Abs. 4 und Art. 10 Abs. 5 DBA-USA verdeutlicht, dass insoweit vergleichbare Rechtsinstitute vorliegen511. Im deutschen Steuerrecht wird nur ein typisch stiller Gesellschafter dem Gläubiger eines partiarischen Darlehens gleichgestellt. Beide Beteiligungsformen führen zu Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die nach Maßgabe des § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen; Ein atypisch stiller Gesellschafter bezieht dagegen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte512. Ein Weiteres ergibt sich aus Art. 10 Abs. 5 DBA-USA. Die Vorschrift betrifft Einkünfte, die „bei der Ermittlung des Gewinns der zahlenden Person abzugsfähig sind“. Diese Voraussetzung erfüllt nach deutschem Verständnis allein eine typisch stille Gesellschaft513. Der Anwendungsbereich des Dividendenartikels ist somit auf eine typisch stille Variante beschränkt514. 506 U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 3, Rn. 55; zum OECD-MA siehe im zweiten Kapitel B. II. 1. a). 507 Siehe vorstehend B. I. 2. a) aa). 508 Siehe vorstehend B. I. 3. a) aa). 509 Dazu eingehend im Rahmen der Besprechung des DBA-Schweiz [oben B. I. 2. a)] und des DBA-Tschechien [oben B. II. 1. a)] m. w. N. 510 A. A. U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 128. 511 Siehe Ausführungen zum DBA-Schweiz, vorstehend B. I. 2. a) aa). 512 Im ersten Kapitel B. II. 1. (ff.). 513 Dazu im ersten Kapitel B. II. 1. b). 514 Eine typisch stille Gesellschaft ist regelmäßig unter Art. 10 Abs. 5 DBA-USA zu subsumieren, weil insoweit eine „Rechtsbeziehung“ vorliegt, die ein „Recht auf Gewinnbeteiligung“ verleiht (U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 146). Die Vorschrift ermöglicht dem deutschen Fiskus eine der Höhe nach unbeschränkte Quellensteuer zu erheben (U. Wolff in: Debatin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 143; R. Pöllath, Journal of International Taxation 1991, S. 175 (177); zur alten Rechtslage U. Hasbargen/K. M. Johnsen, Intertax 1990, S. 377 [380 ff.]). Erfüllt eine typisch stille Beteiligung die Voraussetzungen einer übermäßigen Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8a KStG [dazu eingehend bei der Besprechung des DBA-Schweiz, siehe vorstehend II. 1. b) aa) und des DBA-Tschechien, siehe vorstehend II. 2. a) aa)], ist Art. 10 Abs. 4 S. 2 DBAUSA einschlägig, weil Art. 10 Abs. 4 S. 1 DBA-USA Einkünfte verlangt, die denen „aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. In diesem Fall wird eine deutsche Quellensteuer durch Art. 10 Abs. 2 lit. b DBA-USA auf 15 v. H. begrenzt (U. Wolff in: Deba-
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3. Kap.: Abkommensrechtliche Behandlung in deutschen DBA
Da der Zinsartikel, insbesondere mangels entsprechender Besteuerung in Deutschland, aus den genannten Gründen nicht einschlägig ist515, fällt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in einer inbound-Variante stets unter Art. 7 DBA-USA. Verfügt eine atypisch stille Gesellschaft über eine inländische Betriebsstätte, unterliegen deren Gesellschafter nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 DBA-USA einer inländischen Besteuerung516. c) Qualifikationskonflikte Im Verhältnis zu den USA ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt erheblich. In einer outbound-Variante ist aus deutscher Perspektive stets der Unternehmensartikel einschlägig, wogegen aus US-amerikanischer Sicht nach den seit 1.1.1997 geltenden check-the-box-regulations im Falle einer entsprechenden Ausübung des Wahlrechts auch Dividenden vorliegen können; da letztere in den USA lediglich mit einer auf 15 v. H. begrenzten Quellensteuer belegt sind, können aus der Zurechnung einer US-amerikanischen Betriebsstätte „graue Einkünfte“ resultieren. Diese Minderbesteuerung wird weder durch die subject to tax- noch die switch over-Klausel vermieden, da eine in den USA erfolgende Quellenbesteuerung „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen“ erfolgt und keine „zu niedrige Besteuerung“ darstellt.
tin/Wassermeyer, DBA-USA, Stand Juli 1997, Art. 10, Rn. 146; a. A. R. Portner, IStR 1996, S. 66 (68), deren Ansicht möglicherweie nicht für eine explizit genannte „stille Gesellschaft“ gilt.). 515 Siehe vorstehend bb). 516 Von diesem Besteuerungsrecht macht der deutsche Fiskus gem. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG, 12 AO Gebrauch.
Viertes Kapitel
Abkommensrechtliches Instrumentarium zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten Nachdem im ersten Kapitel am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft Begriff und (mögliche) Ursachen von Qualifikationskonflikten besprochen, im zweiten und dritten Kapitel diese anhand des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) und ausgewählter DBA untersucht wurden, wird im vierten Kapitel das abkommensrechtlich vorhandene und von den Vertragsstaaten angewandte Instrumentarium zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten einer zusammenfassenden und systematisierenden Betrachtung unterzogen. Unter Rückgriff auf die grundlegende Konzeption von DBA ist zwischen Verteilungs- und Vermeidungsnormen zu unterscheiden.
A. Vermeidung von Qualifikationskonflikten auf Ebene der Verteilungsnormen Auf Ebene der Verteilungsnormen wird ein Qualifikationskonflikt vermieden, wenn die Vertragsstaaten die betreffenden Einkünfte unter ein und dieselbe Verteilungsnorm subsumieren. Gelangen die Vertragsstaaten nicht ohnehin zu einer übereinstimmenden Auslegung des gemeinsamen Abkommens, kann dies durch unmittelbare Ergänzung von Verteilungsnormen, erläuternde Regelungen im jeweiligen Schlussprotokoll (mittelbare Ergänzung von Verteilungsnormen) oder durch Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung erreicht werden. I. Unmittelbare und mittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels Das OECD-MA hat ausweislich des einschlägigen offiziellen Kommentars bewusst von Regelungen abgesehen, die eine übereinstimmende Einordnung von Personengesellschaften im Allgemeinen und atypisch stillen Gesellschaften im besonderen sicher stellen könnten. Bezugnehmend auf den OECD-Bericht The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships1 sehen die Verfasser des Musterkommentars „die Hauptursache der Schwierigkeiten 1 Issues in International Taxation No. 6, Paris 1999; dazu eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. c) bb).
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
darin, dass einige Vertragsstaaten Personengesellschaften als steuerliche Einheiten (manchmal sogar als Körperschaften) behandeln, wogegen andere Staaten etwas anwenden, was man als Prinzip der fiskalischen Transparenz bezeichnen kann, nach dem die Personengesellschaft für steuerliche Zwecke unbeachtet bleibt und der jeweilige Gesellschafter nach Maßgabe seines Gesellschaftsanteils das Einkommen der Gesellschaft versteuert“2. Gleichwohl enthalten die untersuchten deutschen DBA nicht selten vom OECD-MA abweichende Sonderregelungen: Das DBA-Luxemburg trifft in Nr. 11 des Schlussprotokolls eine auf den Unternehmensartikel Art. 5 DBA-Lux bezogene Regelung: „Wie ein Unternehmer wird ein stiller Gesellschafter behandelt, wenn mit seiner Beteiligung eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist“; darüber hinaus steht nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Lux ein „Mitunternehmer“ einem „Unternehmer“ abkommensrechtlich gleich3. Das alte DBA-Österreich 1954/92 bezieht in Art. 4 Abs. 1 DBA-Öst, entsprechend dem DBA-Luxemburg, ebenfalls einen „Mitunternehmer“ in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels ein; im neuen DBA-Österreich 2000 heißt es: „Dieser Artikel gilt auch für die Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft“ (Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Öst); weit gehend unverändert blieb die eine stille Gesellschaft betreffende Passage des einschlägigen Schlussprotokolls: „Ein stiller Gesellschafter wird wie ein Unternehmer behandelt, wenn mit seiner Einlage eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist“4. Das Abkommen mit der Schweiz erweitert durch Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-Sch den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels „auf Einkünfte aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft“5. 1. Unmittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels Bei den untersuchten Abkommen sind im Wesentlichen zwei Formulierungsstandards anzutreffen, die aus deutscher Sicht im Ergebnis gleichwertig sind. Zwar könnte der im DBA-Luxemburg und im alten DBA-Österreich 1954/92 verwandte Passus „Mitunternehmer“ gegenüber der in jüngeren DBA verwandten Formulierung „Beteiligung an einer Personengesellschaft“ in einem umfas2 Nr. 3 des OECD-MK zu Art. 1: „[. . .] a main source of difficulties is the fact that some countries treat partnerships as taxable units [. . .] whereas other countries adopt what may be referred to as the fiscally transparent approach, under which the partnership is ignored for tax purposes and the individual partners are taxed on their respective share of the partnerships’s income“. 3 Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. b). 4 Nr. 15 Satz 1 des alten Schlußprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92; Abs. 3 des Schlußprotokolls zum neuen DBA-Österreich; eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). 5 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) cc).
A. Auf Ebene der Verteilungsnormen
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senderen Sinne zu verstehen sein. Anknüpfend an den Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG macht es aus deutscher Sicht jedoch keinen Unterschied, ob an den in Klammern gesetzten Oberbegriff „Mitunternehmer“ oder die dort aufgeführten Beteiligungsformen „Offene Handelsgesellschaft, [. . .] Kommanditgesellschaft [. . .] und [. . .] andere Gesellschaft“ angeknüpft wird. Das insoweit notwendige Vorliegen einer Mitunternehmerschaft erfordert grundsätzlich das Tragen von Mitunternehmerrisiko und die Entfaltung von Mitunternehmerinitiative6. Wie die jüngere Rechtsprechung des BFH, insbesondere das Urteil vom 21.7.19997 zum DBA-Schweiz, zeigt, haben unmittelbare Ergänzungen des Unternehmensartikels allenfalls deklaratorische Bedeutung. Lieber8 stellt in ihrem Kommentar zum angeführten BFH-Urteil zutreffend fest, dass der nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Sch notwendige Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht des jeweiligen Vertragsstaats „auf eine weitere Stufe“ verlagert wird. Selbst wenn aus deutscher Sicht das Auslegungsergebnis im Fall der Beteiligung an einer OHG oder KG denkbar eindeutig ausfällt, würde – wie die Untersuchung des OECD-MA am Beispiel einer atypisch stillen Gesellschaft gezeigt hat9 – eine Auslegung des Unternehmensartikels auch ohne entsprechende Klarstellung zum gleichen Ergebnis führen. Dies bedeutet, dass die ausdrückliche Einbeziehung von „Mitunternehmerschaften“ oder „Beteiligungen an Personengesellschaften“ das Auslegungsergebnis in gewisser Weise „vorprägt“, eine Auslegung als solche aber nicht überflüssig macht. Den angeführten unmittelbaren Ergänzungen des Unternehmensartikels lassen sich im Übrigen keine Tatbestandsmerkmale entnehmen, die die abkommensrechtliche Einordnung von Grenzfällen, insbesondere einer atypisch stillen Gesellschaft, erleichtern. Wegen der nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA nach wie vor erforderlichen Auslegung sind die angeführten unmittelbaren Ergänzungen des Unternehmensartikels nicht geeignet, einen Qualifikationskonflikt zu vermeiden. Greift jeder Vertragsstaat, trotz klarstellender Ergänzung des Unternehmensartikels, zum Zwecke der Auslegung auf seine innerstaatliche Steuerrechtsordnung zurück, werden im nationalen Steuerrecht bestehende Unterschiede in das Abkommen „importiert“ bzw. „hinein projiziert“. Durch die ausdrückliche Einbeziehung von „Mitunternehmerschaften“ und „Beteiligungen an Personengesellschaften“ lässt sich in Grenzfällen, wie der abkommensrechtlichen Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft, weder die Auslegung des Unternehmensartikels wesentlich erleichtern noch das Entstehen eines Qualifikationskonflikts sicher vermeiden. 6 7 8 9
Zum Begriff des Mitunternehmers eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721. Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 1. a). Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 1. a).
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
2. Mittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels Gegenüber einer unmittelbaren Ergänzung des Unternehmensartikels vermeiden die in den Schlussprotokollen der Abkommen mit Luxemburg10 und Österreich11 getroffenen Regelungen Qualifikationskonflikte grundsätzlich zielgenauer. Danach wird ein stiller Gesellschafter abkommens-rechtlich wie ein Unternehmer behandelt, wenn mit seiner Beteiligung respektive Einlage eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist. Die gewählten Formulierungen sind insoweit ungenau, da bezogen auf eine atypisch stille Gesellschaft mit einer „Beteiligung am Vermögen“ sowohl eine Beteiligung an den stillen Reserven des Anlagevermögens als auch am Firmenwert gemeint sein kann und im Übrigen ein typisch stiller Gesellschafter ebenfalls an Wertveränderungen des Umlaufvermögens partizipiert. Entsprechend der überwiegend vertretenen Auffassung soll mit den genannten Regelungen eine atypisch stille Gesellschaft umfassend dem Regime des Unternehmensartikels unterworfen werden. Richtiger Weise ist diese Aussage nur eingeschränkt zutreffend, da ein atypisch stiller Gesellschafter, der weder an den stillen Reserven (des Anlagevermögens), noch am Firmenwert beteiligt ist, diese Voraussetzungen erkennbar nicht erfüllt12. Daraus folgt: Einerseits wird trotz der vergleichsweise präzise anmutenden Formulierung „Beteiligung am Vermögen“ die Notwendigkeit einer Auslegung nicht obsolet. Andererseits ist es den Vertragsparteien im Vergleich zu einer unmittelbaren Ergänzung des Unternehmensartikels gelungen, zumindest das wesentliche Tatbestandsmerkmal einer atypisch stillen Gesellschaft im entsprechenden Passus des Schlussprotokolls zu berücksichtigen. Die Untersuchung des DBA-Österreich 1954/92 hat ferner gezeigt, dass die Vertragsparteien die allgemein gehaltene Formulierung „Beteiligung am Vermögen“ gewählt haben, obwohl zum damaligen Zeitpunkt – das DBA wurde am 4.10.195413 geschlossen – die wenig später ergangene BFH-Rechtsprechung und das einschlägige Schrifttum die „Vermögensbeteiligung“ eines atypisch stillen Gesellschafters bzw. eines Mitunternehmers differenziert betrachtete. Nach dem BFH-Urteil vom 22.11.195514 steht einer atypisch stillen Gesellschaft nicht das Fehlen einer Verlustbeteiligung, nach dem BFH-Urteil vom 14.2.195615 nicht das Fehlen einer Beteiligung am Geschäfts- oder Firmenwert entgegen. Der Umstand, dass die angeführten Urteile erst nach Abschluss der Verhandlungen zum DBA-Österreich 1954/92 ergangen sind, steht einer Berücksichtigung bei Abfassung des Abkommens prinzipiell nicht entgegen. 10 11 12 13 14 15
Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. b). Eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. b) und A. II. 1. c). Dazu im dritten Kapitel A. II. 1. BStBl. III 1956, S. 4 (5). BStBl. III 1956, S. 103 (104).
A. Auf Ebene der Verteilungsnormen
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Selbst wenn die Vertragsparteien diesbezüglich bei Abschluss des Abkommens noch „gutgläubig“ waren, ist hervorzuheben, dass diese Formulierung sowohl im Rahmen der Revision des alten DBA-Österreich im Jahre 1992 als auch in Abs. 3 des Schlussprotokolls zum neuen DBA-Österreich 2000 unverändert fortgeschrieben wurde16. Daran vermag die im Rahmen der Revision des Jahres 1992 eingefügte switch over-Klausel nichts zu ändern, weil diese allgemeiner Natur ist. Aus der unscharfen Formulierung kann, vorbehaltlich der allgemeinen switch over-Klausel in Nr. 27 lit. b des Schlussprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92 bzw. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a des neuen DBA-Österreich, grundsätzlich ein Qualifikationskonflikt resultieren, da Deutschland und Österreich eine atypisch stille Gesellschaft nach teilweise unterschiedlichen Maßstäben abgrenzen. Während in Deutschland eine Beteiligung am Geschäfts- oder Firmenwert verzichtbar, unter gewissen Umständen selbst eine gänzlich fehlende Vermögensbeteiligung durch eine überproportional ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden kann17, ist nach österreichischer Lesart eine Beteiligung an sämtlichen stillen Reserven und an einem Firmen- oder Geschäftswert zwingend erforderlich18. Vor diesem Hintergrund sehen die Vertragsstaaten eine „Beteiligung am Vermögen“ nicht immer übereinstimmend als gegeben19. Dies verdeutlicht, dass selbst Abkommen zwischen Staaten mit weit gehend parallel konzipierten Steuerrechtsordnungen wie Deutschland und Österreich nicht gegen auseinanderlaufende Entwicklungen im innerstaatlichen Steuerrecht resistent sind20. Zusammengefaßt offenbaren die Sonderregelungen zur abkommensrechtlichen Einordnung einer stillen Gesellschaft in den Schlussprotokollen der Abkommen mit Luxemburg und Österreich Vor- und Nachteile: Im Gegensatz zu den auf eine (deklarartorische) Nennung von Oberbegriffen wie „Mitunternehmerschaft“ und „Beteiligung an Personengesellschaften“ beschränkten unmittelbaren Ergänzungen des Unternehmensartikels geben die präziser gefassten Regelungen der Schlussprotokolle einem Interpreten prüfbare Tatbestandsmerkmale an die Hand. Diese sind zielgenauer auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten und können bei weit gehend parallel konzipierten Steuerrechts16
Eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). Eingehend im ersten Kapitel B. II. 1. a). 18 Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. b). 19 Zu den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). 20 Nach dem Urteil des FG Münster v. 25.01.2001 (DStRE 2002, S. 415) soll es entgegen der ständigen Rspr. des BFH für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft „entscheidend“ sein, dass ein Gesellschafter an einem Firmen- oder Geschäftswert beteiligt ist. Über die Revision gegen das Urteil hat der BFH durch Urteil vom 9.12.2002 (BFH/NV 2003, S. 601) entschieden, ohne jedoch die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung aufzugeben. 17
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
ordnungen grundsätzlich eine übereinstimmende Auslegung des gemeinsamen Abkommens bewirken. Auf der anderen Seite bergen detaillierte Regelungen die immanente Gefahr, dass wegen Änderungen im innerstaatlichen Steuerrecht eines der Vertragsstaaten bestimmte Tatbestandsmerkmale leerlaufen oder umgekehrt Rechtsfolgen auslösen, die nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entsprechen. II. Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung Als weiteres Instrument zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten wurden im zweiten und dritten Kapitel insbesondere im Dividenden- und Zinsartikel vorgesehene Qualifikationsverkettungen untersucht. 1. Dividendenartikel des OECD-MA und ausgewählter deutscher Abkommen Erfährt eine atypisch stille Gesellschaft, insbesondere in einer outbound-Variante, nach dem Steuerrecht des Quellenstaats als eigenständiges Steuersubjekt eine intransparente Besteuerung, bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter im Anwendungsbereich des OECD-MA Dividenden; die betreffenden Einkünfte stammen insoweit aus „sonstigen Gesellschaftsanteilen“, „die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind“ (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA)21. Die Mehrzahl der im dritten Kapitel untersuchten deutschen Abkommen enthält vergleichbare Formulierungen, wobei nicht wenige darüber hinaus gehende Sonderregelungen für eine stille Gesellschaft vorsehen: Das neue DBA-Österreich 2000 (DBA-Öst) spricht in Art. 10 Abs. 3 Satz 1 DBA-Öst weiter gefasst von „sonstigen Einkünften“ und trifft mit Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Öst u. a. eine auf eine „stille Gesellschaft“ zugeschnittene Sonderregelung: „Der Ausdruck „Dividenden“22 umfasst auch Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter, [. . .] wenn sie nach dem Recht des Staates, aus dem sie stammen, bei der Ermittlung des Gewinns des Schuldners nicht abzugsfähig sind“23; das alte DBA-Österreich 1954/ 92 folgte mit Art. 10a Abs. 3 DBA-Öst noch uneingeschränkt der Konzeption des Musterabkommens. Die Dividendendefinition des DBA-Spanien normiert in Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-Spa eine dem OECD-MA entsprechende Qualifika21 22 23
Eingehend im zweiten Kapitel B. II. 2. Anführungszeichen im Original. Eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. a).
A. Auf Ebene der Verteilungsnormen
255
tionsverkettung; für Einkünfte eines „stillen Gesellschafters [cuentapartícipe] (der nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist)24 sieht Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa eine Sonderregelung vor25. Das DBA-Schweiz trifft in Art. 10 Abs. 4 DBA-Sch für „aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einnahmen [. . .] einschließlich der Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts“ ebenfalls eine Qualifikationsverkettung26. Das Abkommen mit Belgien normiert in Art. 10 Abs. 5 Satz 1 DBA-Bel eine dem OECD-MA entsprechende Qualifikationsverkettung und enthält mit Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel für „Einkünfte, die ein „stiller Gesellschafter“27 aus seiner Beteiligung bezieht und die in der Bundesrepublik Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden“, eine ergänzende Vorschrift28. Im Abkommen mit Tschechien wird die grundsätzlich dem OECD-MA entsprechende Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 4 DBA-Tch „um Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ erweitert29. Das DBA-USA spricht in Art. 10 Abs. 4 DBA-USA im Vergleich zum Musterabkommen weiter gefasst von „aus sonstigen Rechten stammende[n] andere[n] Einkünfte[n]“; zu den Dividenden zählen nach Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-USA „in der Bundesrepublik Deutschland auch Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft“. Abgesehen von der grundsätzlichen Wirkung einer Qualifikationsverkettung erweist sich bei den angeführten deutschen DBA insbesondere das Verhältnis von Qualifikationsverkettung und den eine „stille Gesellschaft“ betreffenden Sonderregelungen als problematisch. Dies betrifft insbesondere zwei Aspekte: Zum einen lässt sich den angeführten Dividendendefinitionen nicht immer eindeutig entnehmen, ob die eine „stille Gesellschaft“ betreffenden Sonderregelungen nur greifen, wenn Einkünfte im Quellenstaat „den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind“. Der einem Interpreten zunächst an die Hand gegebene Wortlaut führt, wie die Besprechung des DBA-Schweiz30 und des DBATschechien31 gezeigt hat, nicht immer zu einer zutreffenden Auslegung des Abkommens. Zum anderen offenbart der Wortlaut des Dividendenartikels oftmals nicht (unmittelbar), ob eine typisch- oder eine atypisch stille Gesellschaft gemeint ist. Weder die Formulierung „Einkünfte eines stillen Gesellschafters [. . .] (der nicht 24 25 26 27 28 29 30 31
Einklammerungen jeweils im Original. Eingehend im dritten Kapitel B. I. 1. a) aa). Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) aa). Anführungszeichen im Original. Eingehend im dritten Kapitel B. I. 3. a) aa). Eingehend im dritten Kapitel B. II. 1. a) aa). Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) aa). Eingehend im dritten Kapitel B. II. 1. a) aa).
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist)“ des DBA-Spanien, noch die Formulierungen „als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts“ des DBA-Schweiz, „Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter“ im DBA-Tschechien sowie „in der Bundesrepublik Deutschland [. . .] Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft“ des DBA-USA treffen eine im genannten Sinne ausdrückliche Zuordnung. FW konstatiert zu Recht, dass Dividendendefinitionen in der Vergangenheit oft „schlampig“ formuliert wurden32. Aus dem systematischen Zusammenhang des Dividendenartikels, insbesondere der Erwähnung eines partiarischen Darlehens, lässt sich zwar für das DBA-Schweiz, das DBA-Tschechien und das DBA-USA eine konsistente Auslegung gewinnen33. Im Fall des DBA-Spanien ist wegen der unscharfen Formulierung „nicht am Vermögen des Unternehmens beteiligt“ selbst eine (aus deutscher Sicht) atypisch stille Gesellschaft unter den Dividendenartikel zu subsumieren34. Dies berücksichtigend besteht eine gegenüber den nach h. M. allein auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnittenen Sonderregelungen in Nr. 11 des Schlussprotokolls zum DBA-Luxemburg35 und Abs. 3 des Schlussprotokolls zum neuen DBA-Österreich 200036 vergleichbare Auslegungsproblematik37. Möchten die Vertragsparteien eines DBA die Einkünfte eines atypisch stillen Gesellschafters dem Unternehmensartikel und die eines typisch stillen Gesellschafters, nicht zuletzt im Interesse einer Absicherung der Quellenbesteuerung, dem Dividendenartikel zuweisen, kann sich eine Aufzählung detaillierter Tatbestandsmerkmale unter Umständen als nachteilig erweisen: Einerseits ist jede denkbare Regelung nicht gegen Änderungen des innerstaatlichen Steuerrechts, der einschlägigen Rechtsprechung oder deren Handhabung durch die nationalen Finanzbehörden resistent. In diesem Zusammenhang zeigt das Auseinanderdriften der ursprünglich übereinstimmenden Abgrenzung von typisch- und atypisch stiller Gesellschaft in Deutschland und Österreich, dass selbst weit gehend parallel konzipierte Steuerrechtsordnungen (partiell) eine unterschiedliche Entwicklung nehmen38. Andererseits birgt jede detaillierte Aufzählung von Tatbestandsmerkmalen die Gefahr, dass zwischen den Vertragsstaaten unterschiedlich gewichtete oder als entscheidend herangezogene Tatbestandsmerkmale unerwähnt bleiben39. 32
IStR 1999, S. 118 (119). Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) aa), B. II. 1. a) aa) und B. II. 2. a) aa). 34 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 1. a) aa) (2). 35 Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. b). 36 Gleiches gilt für Nr. 27 lit. b des Schlußprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92; eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). 37 Siehe oben A. I. 2. 38 Eingehend im ersten Kapitel B. I. 2. a) bb), B. II. 2. b) und im dritten Kapitel A. II. b) (ff.) sowie oben A. I. 2. 33
A. Auf Ebene der Verteilungsnormen
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Vor diesem Hintergrund erscheint die im DBA-Belgien gewählte Formulierung vorzugswürdig, wonach Dividenden (auch) Einkünfte umfassen, „die „ein stiller Gesellschafter“40 aus seiner Beteiligung bezieht und die in der Bundesrepublik Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden“ (Art. 10 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 DBA-Bel)41. Mit der Verweisung auf die (innerstaatlichen) Rechtsfolgen normiert der Dividendenartikel des DBA-Belgien neben Art. 10 Abs. 5 Satz 1 DBA-Bel eine weitere Qualifikationsverkettung. 2. Zinsartikel des OECD-MA und ausgewählter deutscher Abkommen Der Zinsartikel des OECD-MA verzichtet seit der Revision des Jahres 1977 auf eine Qualifikationsverkettung. Ältere, d. h. auf Grundlage des ersten OECDMA im Jahre 1963 geschlossene oder revidierte Abkommen, wie das DBA-Luxemburg (Art. 14 Abs. 3 DBA-Lux; „sowie alle anderen Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates aus dem sie stammen, den Einkünften aus Darlehen gleichgestellt sind.“)42, das DBA-Spanien (Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa)43, das DBA-Schweiz (Art. 11 Abs. 2 DBA-Sch)44 sowie das DBA-Belgien (Art. 11 Abs. 4 DBA-Bel)45 sehen ebenso wie die nach Ergehen des OECD-MA 1977 geschlossene Abkommen mit Tschechien46 (Art. 11 Abs. 2 DBA-Tch)47 und den USA (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-USA)48 eine Qualifikationsverkettung im genannten Sinne vor. Von den näher untersuchten jüngeren deutschen Abkommen verzichtet allein das neue DBA-Österreich im Rahmen des Zinsartikels auf eine Qualifikationsverkettung. Für die abkommensrechtliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft gewinnt die im Zinsartikel vorgesehene Qualifikationsverkettung selten Bedeutung, weil der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters im Quellenstaat regelmäßig nicht den Einkünften aus Darlehen gleichsteht. Eine Ausnahme bildet mittlerweile das DBA-Spanien. Seit 1.1.1996 besteuert der spanische Fis39
Dazu oben A. I. 2. Anführungszeichen im Original. 41 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 3. a) aa). 42 Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. a). 43 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 1. a) bb). 44 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) bb). 45 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 3. a) bb). 46 Das Abkommen wurde mit der damals noch existenten CFSR am 19.12.1980 geschlossen. Deren Nachfolgestaaten Tschechische und Slowakische Republik sind als Rechtsnachfolger in die gegenseitigen Verpflichtungen eingetreten (dazu im dritten Kapitel B. II. 1.). 47 Eingehend im dritten Kapitel B. II. 1. a) bb). 48 Eingehend im dritten Kapitel B. II. 2. a) bb). 40
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
kus die Einkünfte eines stillen Gesellschafters, unabhängig davon, ob aus deutscher Sicht eine typisch oder atypisch stille Variante vorliegt49, als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ist ein atypisch stiller Gesellschafter im Sinne des Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa „am Vermögen des Unternehmens beteiligt“, wird die im Zinsartikel normierte Qualifikationsverkettung stets einschlägig (Art. 11 Abs. 4 DBA-Spa). 3. Auswirkungen von Qualifikationsverkettungen Mit der Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung verbinden sich Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen neben einer gewissen Regelungsökonomie in einer dauerhaften Verweisung auf die jeweils im Quellenstaat geltende Steuerrechtsordnung. Mit einem Minimum an Regelungsaufwand gewährleisten Qualifikationsverkettungen ein Maximum an Rechtssicherheit, zumal auf diese Weise Auffangtatbestände geschaffen werden, die insbesondere im Fall des Dividendenartikels regelmäßig eine Quellenbesteuerung absichern. Die Nachteile von Qualifikationsverkettungen beschreiben die Verfasser des OECD-Musterkommentars anlässlich der im Jahre 1977 erfolgten Revision des Zinsartikels: „Es schien angebracht, keine Verweisung auf das innerstaatliche Recht in den Text aufzunehmen, und zwar aus folgenden Überlegungen: [a)] Die Definition umfasst praktisch alle Einkunftsarten, die nach dem innerstaatlichen Recht der verschiedenen Staaten als Zinsen gelten. [b)] Die verwendete Formel bietet eine größere Rechtssicherheit und macht das Abkommen von späteren Änderungen des innerstaatlichen Rechts unabhängig. [c)] In einem Musterabkommen sollten Verweisungen auf das innerstaatliche Recht möglichst vermieden werden“50. Die unter lit. b) angeführten „Nachteile“ verdeutlicht die Zinsdefinition des DBA-Spanien. Wegen der zum 1.1.1996 in Spanien geänderten Besteuerung ist eine atypisch stille Gesellschaft, vorbehaltlich Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spa, für beide Vertragsstaaten verbindlich unter den Zinsartikel zu subsumieren51. Darin liegt gegenüber der bis zum 31.12.1995 geltenden Rechtslage ein erheblicher Unterschied, da bis zu diesem Zeitpunkt aus deutscher Sicht allein der Unternehmensartikel zur Anwendung gelangen konnte. Die Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung führt dazu, dass spätere Änderungen im nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten auf Ebene des Abkommens „durchschlagen“ und diese für beide Vertragsstaaten verbindliche Rechtsfolge zur Disposition jedes Vertragspartners steht. Dies berücksichtigend könnte der 49 Dem spanischen Steuerrecht ist diese Differenzierung fremd. Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. e). 50 Nr. 21 des OECD-MK zu Art. 11 Abs. 3. 51 Die im zweiten Kapitel für eine Verbindlichkeit der Dividendendefinition in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA gelten für den Zinsartikel entsprechend. Eingehend zum Dividendenartikel B. II. 2. a).
A. Auf Ebene der Verteilungsnormen
259
unter lit. c) erteilte Hinweis der Verfasser des OECD-Musterkommentars zu verstehen sein, wonach Verweisungen auf das nationale Recht möglichst vermieden werden sollten. Neben den rein abkommensrechtlichen Auswirkungen ist an dieser Stelle ein Exkurs auf das nationale Steuerrecht angezeigt: Wie bereits festgestellt, ist die zwischenstaatliche Abstimmung von Besteuerungsrechten von deren Nutzung durch den nationalen Steuergesetzgeber zu unterscheiden. D. h., selbst wenn in einer outbound-Variante aus Sicht des anderen Vertragsstaats eine dort ansässige atypisch stille Gesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt einer intransparenten Besteuerung unterliegt und dieser Umstand über eine Qualifikationsverkettung nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA für beide Vertragsstaaten auf Abkommensebene verbindlich wird, richtet sich die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen atypisch stillen Gesellschafters allein nach nationalen (deutschen) Maßstäben. Entspricht eine im anderen Vertragsstaat ansässige atypisch stille Gesellschaft nach dem insoweit maßgeblichen Typenvergleich in Aufbau und wirtschaftlicher Bedeutung ihrem inländischen Pendant52, orientiert sich die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Gesellschafters an §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dieses (grundsätzlich) unbeschränkte Besteuerungsrecht kann jedoch nur in dem Maße genutzt werden, wie es die Schranken des Abkommens zulassen. Unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft in einer outbound-Variante einer intransparenten Besteuerung, besitzt der deutsche Fiskus bei Zurechnung des Gewinnanteils zu einer ausländischen Betriebsstätte im Jahr der Erzielung des Gewinns abkommensrechtlich kein Besteuerungsrecht; vorbehaltlich dem Bestehen einer deutschen Betriebsstätte obliegt dieses nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat einer atypisch stillen Gesellschaft53; eine deutsche Besteuerung gem. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG läuft leer54. Kommt es in der angeführten Konstellation einem der Folgejahre aus Sicht des anderen Vertragsstaats zu einer Ausschüttung an den im Inland ansässigen Gesellschafter, bestätigt Art. 10 Abs. 1 OECD-MA zwar ein der 52 Der sog. Typenvergleich ist ständige Rechtsprechung seit der „Venezuela-Entscheidung“ des RFH v. 12.2.1930 (RFHE, Bd. 27, S. 73 [79]); BFH-Urteil v. 3.2.1988, BStBl. II 1988 S. 588 (589); v. 27.2.1991, BStBl. II 1991, S. 444 (445); dazu L. Schmidt in: Schmidt, EStG, § 15, Rn. 173; G. Stuhrmann in: Blümich, EStG, Stand Oktober 1998, § 15, Rn. 247. 53 Eine nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 3 OECD-MA konzipierte Qualifikationsverkettung führt zu einer für beide Vertragsstaaten verbindlichen Subsumtion unter den Dividendenartikel [eingehend im zweiten Kapitel, B. II. 2. a)]. Etwas anderes gilt insbesondere für das DBA-USA [eingehend im dritten Kapitel, B. II. 2. a) aa)]. 54 Anders verhält es sich, wenn der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters abkommensrechtlich dem Zinsartikel zugeordnet wird. Insoweit kann Deutschland als Wohnsitzstaat von seinem nach Art. 11 Abs. 1 OECD-MA zugewiesenen Besteuerungsrecht Gebrauch machen, da Zinsen in der Regel jährlich nachschüssig, d.h. zum Ende des betreffenden Veranlagungszeitraums zufließen.
260
4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
Höhe nach unbeschränktes Besteuerungsrecht des deutschen Fiskus; von diesem kann nach dem einschlägigen innerstaatlichen Steuerrecht jedoch kein Gebrauch gemacht werden, da § 15 EStG nur eine Besteuerung im Jahr der Gewinnerzielung zulässt; in späteren Veranlagungszeiträumen erfolgende Ausschüttungen sind als steuerlich unbeachtliche Entnahme zu charakterisieren55. Zusammengefasst fehlt es im Jahr der Gewinnerzielung an einer abkommensrechtlichen Besteuerungsvoraussetzung, wogegen es bei einer Ausschüttung (des nämlichen Gewinns) in einem Folgejahr an einer innerstaatlichen Besteuerungsvoraussetzung mangelt56. Anders verhält es sich beispielsweise mit Gewinnanteilen eines atypisch stillen Gesellschafters, die aufgrund einer Qualifikationsverkettung in den Anwendungsbereich des Zinsartikels fallen. Da jährlich nachschüssig zu entrichtende Zinsen üblicherweise (noch) am Jahresende zufließen, deckt sich in zeitlicher Hinsicht das abkommensrechtlich definierte Besteuerungsrecht (Art. 11 Abs. 1 OECD-MA) mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG57. Insoweit kann der deutsche Fiskus von seinem Besteuerungsrecht uneingeschränkt Gebrauch machen. III. Zwischenergebnis Die Vor- und Nachteile des auf Ebene der Verteilungsartikel angesiedelten Instrumentariums zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Deklaratorischen Charakter haben die näher untersuchten unmittelbaren Ergänzungen des Unternehmensartikels. Für die abkommensrechtliche Einordnung von Grenzfällen, wie einer atypisch stillen Gesellschaft, wird ein ohnehin erforderlicher Rückgriff auf eine nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA konzipierte Auslegungsvorschrift nicht vermieden. Zielgenauer wirken die in den Schlussprotokollen normierten mittelbaren Ergänzungen des Unternehmensartikels. Gegenüber einer unmittelbaren Ergänzung des Unternehmensartikels werden einem Interpreten des Abkommens im Einzelfall prüfbare Kriterien an die Hand gegeben. Als problematisch erweisen sich einerseits unpräzise formulierte Tatbestandsmerkmale, wie „Beteiligung am Vermögen“; diese sind ihrerseits auslegungsbedürftig, da eine atypisch stille Gesellschaft in unterschiedlicher Weise an dem Vermögen eines Handelsgewerbes partizipieren kann. Auf der anderen Seite ist detaillierten Regelungen die Ge55
L. Schmidt in Schmidt, EStG, § 15, Rn. 441; J. Lang in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 500. D. J. Piltz, Die Personengesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 175 ff.; K. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 1, Rn. 33; H. Debatin, BB 1989, Beilage Nr. 2, S. 8 ff.; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik III, Rn. 29a; ders. in: Debatin/Wassermeyer, Stand 47. El., Systematik IV, Rn. 138; R. Fu, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, S. 168 ff. 57 In diesem Sinne (zu Sonderbetriebseinnahmen im Falle des DBA-USA) FG Hamburg v. 12.12.2000, EFG 2001, S. 507. 56
B. Auf Ebene der Vermeidungsnormen
261
fahr immanent, dass bestimmte Tatbestandsmerkmale leerlaufen oder Rechtsfolgen auslösen, die den Absichten der Vertragsparteien nicht (mehr) entsprechen. Die Vereinbarung einer Qualifikationsverkettung vermeidet die angeführten Nachteile. Durch Anknüpfung an die Rechtsfolgen des innerstaatlichen Steuerrechts wird auf Ebene des Abkommens sowohl eine Auslegung als auch eine Normierung auf den Einzelfall zugeschnittener Tatbestandsmerkmale obsolet. Mit einem Minimum an Regelungsaufwand wird ein Maximum an Rechtssicherheit erreicht. Auf diese Weise kann insbesondere eine für beide Vertragsstaaten verbindliche gemeinsame Auslegung des Abkommens sicher gestellt werden. Qualifikationsverkettungen haben jedoch den Nachteil, dass sich Änderungen im innerstaatlichen Steuerrecht der Vertragsstaaten unmittelbar auf Ebene des Abkommens auswirken. Insoweit können die Vertragsstaaten versucht sein, ihr Quellenbesteuerungsrecht zulasten des anderen Vertragsstaats auszudehnen.
B. Vermeidung von Qualifikationskonflikten auf Ebene der Vermeidungsnormen Mit Blick auf die Einfügung von Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA im Zuge der Revision des OECD-MA 200058, der im OECD-Musterkommentar und im einschlägigen Schrifttum neuerdings vertretenen Auslegung des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA59 und des BMF-Schreibens vom 28.12.199960 scheint der Schwerpunkt der (jüngeren) Bemühungen zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten vorwiegend dem Vermeidungs- respektive Methodenartikel zu gelten. Da sich der Vermeidungsartikel nur an den Wohnsitzstaat richtet, handelt es sich um eine einseitige, an den jeweiligen Vertragsstaat gerichtete Maßnahme, die im Gegensatz zum vorigen Abschnitt keine übereinstimmende Auslegung des Abkommens nach sich ziehen kann. Im Einzelnen ist zwischen einer entsprechenden Auslegung des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA und einer Vereinbarung von subject to tax- oder switch over-Klauseln zu unterscheiden. I. Auslegung von Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA Resultiert aus einem Qualifikationskonflikt eine Minderbesteuerung von Einkünften, propagieren der OECD-Bericht61, der OECD-Musterkommentar 200062, 58
Eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) dd). Nr. 32.1 ff. des OECD-MK zu Art. 23 A und B; eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) bb) (2) und B. II. c) cc). 60 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245; eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) cc) und B. II. c) dd) (3). 61 Tz. 95 ff. 59
262
4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
das BMF-Schreiben vom 28.12.199963 sowie letzterem unter Bezugnahme auf die angeführten OECD-Quellen folgend Krabbe64 von einer nach Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA gebotenen Freistellung abzusehen65. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, ob die im Ergebnis restriktive Auslegung des Vermeidungsartikels allein ex nunc, d. h. für zukünftig auf der Grundlage des OECD-MA geschlossener Abkommen, oder ex tunc, d. h. auch für bereits geschlossene DBA entsprechender Herkunft gelten soll. Der in den OECDQuellen und der im BMF-Schreiben vom 28.12.199966 vertretenen Ansicht kann weder für bereits geschlossene noch für zukünftig zu schließende oder revidierte Abkommen gefolgt werden67. Das BFH-Urteil vom 21.7.199968 zum DBA-Schweiz, welches nach dem BMF-Schreiben vom 28.12.199969 „über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden“ ist, konnte die geänderte Auffassung der Finanzverwaltung noch nicht berücksichtigen. Insoweit bleibt die weitere Entwicklung der deutschen Finanzrechtsprechung abzuwarten. II. Subject to tax- und switch over-Klauseln Subject to tax- und switch over-Klauseln sehen als gemeinsame Rechtsfolge einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vor. Während subject to tax-Klauseln grundsätzlich eingreifen, wenn der andere Vertragsstaat die betreffenden Einkünfte „tatsächlich“ nicht besteuert, erfordern switch overKlauseln, dass die betreffenden Einkünfte unter verschiedene Verteilungsartikel subsumiert werden70. Die im dritten Kapitel untersuchten Abkommen mit Österreich, der Schweiz und den USA enthalten entsprechende Klauseln: Das DBA-Österreich sieht seit 1992 eine switch over-Klausel vor. Für die Besteuerung einer atypisch stillen Gesellschaft ist insbesondere die in Nr. 27a lit. b des Schlussprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92 getroffene Regelung von Bedeutung, wonach der Wohnsitzstaat ein Besteuerungsrecht ausüben darf, wenn „der andere Staat diese Einkünfte [. . .] nicht oder nur ermäßigt besteuert hat, weil er diese Einkünfte [. . .] anders qualifiziert oder zugeordnet 62
Nr. 32.1 ff. (32.6) des OECD-MK zu Art. 23 A und B. BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 64 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) cc) m. w. N. 65 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) bb) und B. II. c) cc). 66 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 67 Eingehend im zweiten Kapitel B. II. c) dd). 68 BStBl. II 1999, S. 812 = FR 1999, S. 1361 = IStR 1999, S. 721. 69 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 70 Dazu Verfügung der OFD-München v. 10.5.1995, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 301; OFD-Frankfurt v. 18.12.1998, FR 1999, S. 277; S. Grotherr, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 689 ff.; K. Vogel, IStR 1997, Beihefter zu Heft 24, S. 1 ff.; U. Sorgenfrei, IStR 1999, S. 201; M. Lampe, IWB, F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 773 ff. 63
B. Auf Ebene der Vermeidungsnormen
263
hat und dieser Qualifikationskonflikt nicht in einem Verständigungsverfahren bereinigt werden konnte“. In Art. 28 Abs. 1 lit. a des neuen DBA-Österreich heißt es nunmehr, dass der Ansässigkeitsstaat eine Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung und nicht durch Steuerbefreiung vermeidet, wenn „in den Vertragsstaaten Einkünfte [. . .] unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden [. . .] und dieser Konflikt sich nicht durch ein [Verständigungsverfahren] regeln lässt und wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung die betreffenden Einkünfte [. . .] unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden“. Das DBA-Schweiz wurde mit Wirkung zum 1.1.1994 um eine switch over-Klausel ergänzt: Die Bundesrepublik Deutschland trifft danach „für Einkünfte aus einer stillen Beteiligung als Mitunternehmer an einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen“ keine Verpflichtung zur Freistellung, „soweit die Schweiz diese Einkünfte nicht nach [dem Unternehmensartikel] Artikel 7 besteuert“ (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 DBA-Sch). Das Abkommen mit den USA sieht neben einer switch over-Klausel auch eine als subject to tax-Klausel interpretierbare Regelung vor: Nach Art. 23 Abs. 2 Satz 1 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 Satz 1 lit. a lit. bb des Protokolls zum DBA-USA ist keine Freistellung zu gewähren, „wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte [. . .] unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden [. . .] und dieser Konflikt sich nicht durch ein [Verständigungsverfahren] regeln lässt und wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte [. . .] in den Vertragsstaaten unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden und in der Bundesrepublik Deutschland (abgesehen von der Anwendung dieses Absatzes) von der Steuer befreit blieben“. Als subject to tax-Klausel lässt sich Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA interpretieren, wonach „Gewinne oder Einkünfte einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person als aus Quellen in den Vereinigten Staaten stammend“ gelten, „wenn sie in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden“. Die im dritten Kapitel eingehend untersuchten switch over-Klauseln sind mit Blick auf die abkommensrechtliche Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft von unterschiedlicher Qualität: 1. DBA-Schweiz Anknüpfend an die Abkommen mit Luxemburg, Österreich und Spanien, die auf Ebene der Verteilungsartikel eine spezielle Regelung für eine (atypisch) stille Gesellschaft vorsehen71, normiert das DBA-Schweiz umgekehrt eine spezielle Regelung auf Ebene des Vermeidungsartikels. Von einer Freistellung sind nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 DBA-Schweiz unter weiteren 71
Siehe oben A.
264
4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
Voraussetzungen Einkünfte „aus einer stillen Beteiligung als Mitunternehmer an einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen“ auszunehmen. Mit dem Passus „Mitunternehmer“ verweisen die Vertragsstaaten auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, zumal sich Art. 24 Abs. 1 DBA-Sch ohnehin nur an den deutschen Fiskus richtet. Auf diese Weise werden einerseits Auslegungsprobleme vermieden, die, insbesondere im Fall der DBA mit Luxemburg72, Österreich73 und Spanien74, aus der Aufzählung mehr oder weniger konkreter Tatbestandsmerkmale resultieren. Andererseits zeichnet sich die Regelung – vergleichbar einer Qualifikationsverkettung75 – durch eine gewisse Regelungsökonomie aus. Die Formulierung „stiller Gesellschafter“ trägt ferner dem Umstand Rechnung, dass im schweizerischen Steuer- und Gesellschaftsrecht eine atypisch stille Gesellschaft unbekannt ist76; ein sonderliches Auslegungsproblem resultiert daraus nicht, da jedenfalls die im deutschen Steuerrecht verankerten Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft vorliegen müssen. Auch der zweite Teil der switch overKlausel ist von den angeführten Vorteilen geprägt. Im Gegensatz zu den nachfolgend besprochenen Klauseln erfordert das DBA-Schweiz lediglich, dass „die Schweiz diese Einkünfte nicht nach Artikel 7 besteuert“. Diese schlanke Formulierung wird insbesondere dadurch ermöglicht, dass Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 DBA-Schweiz (aus deutscher Sicht) zielgenau auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten ist. Vor Ergänzung des DBA-Schweiz um eine switch over-Klausel mit Wirkung zum 1.1.1994 versuchte die Finanzverwaltung bereits mit der Verfügung der OFD-Düsseldorf vom 8.1.199177 ohne erkennbare Rechtsgrundlage einen negativen Qualifikationskonflikt zu vermeiden78. 2. DBA-Österreich Eine weiter gefaßte switch over-Klausel findet sich in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a des DBA-Österreich 2000 und Nr. 27a Satz 1 lit. b des Schlussprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92. Im Interesse einer generellen Vermeidung von Qualifikationskonflikten sind die genannten Vorschriften nicht auf eine spezielle Beteiligungsform zugeschnitten, sondern erfordern, dass die „Vertragsstaaten Einkünfte [. . .] unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zuordne[n]“79 oder „Einkünfte [. . .] anders qualifizier[en]“80. Wegen dieser unter72
Eingehend im dritten Kapitel A. I. 1. b). Eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. c). 74 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 1. a) aa) (2). 75 Siehe oben A. II. 76 Dazu im ersten Kapitel B. I. 2. b) aa) und B. II. 2. f). 77 DB 1991, S. 308 = RIW 1991, S. 173 (inhaltsgleich die Verfügung der OFD-Münster v. 12.2.1991, veröffentlicht in Beck’sche Textausgaben, DBA, DBA-Schweiz, 10.9). 78 Eingehend im dritten Kapitel B. I. 2. a) dd). 79 Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a des (neuen) DBA-Österreich 2000. 73
B. Auf Ebene der Vermeidungsnormen
265
schiedlichen Zuordnung müssen die betreffenden Einkünfte, vorbehaltlich den Wirkungen der switch over-Klausel, entweder „unbesteuert“ oder „zu niedrig besteuert“81 bleiben bzw. „nicht“ oder „nur ermäßigt besteuert“82 werden. Von den angeführten Voraussetzungen erweisen sich allein die Termini „unbesteuert“ bzw. „nicht [. . .] besteuert“ als eindeutig; angesprochen sind die aus negativen Qualifikationskonflikten resultierenden „weißen Einkünfte“83. Zwar zielen die Termini „zu niedrig besteuert“ bzw. „nur ermäßigt besteuert“ offensichtlich auf minder besteuerte „graue Einkünfte“84. Gleichwohl ist der aktuellen Fassung des OECD-Musterkommentars85 im Anschluss an den OECD-Bericht86 ausdrücklich zu entnehmen, dass eine dem Abkommen entsprechende Besteuerung selbst dann vorliegt, wenn der Quellenstaat „auf bestimmte Einkünfte Abkommensbestimmungen anwendet, die verschieden von jenen sind, die der Wohnsitzstaat auf entsprechende Einkünfte angewendet hätte“; diese Einkünfte „werden [. . .] nach diesem Abkommen entsprechend dem Verständnis des Quellenstaats besteuert“. Dies berücksichtigend führt eine im genannten Sinne „zu niedrige“ oder „ermäßigte“ Besteuerung zwar zu „grauen Einkünften“. Aus den genannten Gründen ist deren Entstehung jedoch nicht zu missbilligen. Mehr Rechtssicherheit, einher gehend mit einer verbesserten Regelungsökonomie, könnte an dieser Stelle – vergleichbar dem DBA-Schweiz – mit einer negativ gefassten Formulierung erreicht werden. Die weitere Voraussetzung, dass sich der Qualifikationskonflikt nicht durch ein Verständigungsverfahren „regeln lässt“, gewinnt keine eigenständige Bedeutung; da Art. 28 Abs. 1 lit. b DBAÖst mit dem Notifikationsverfahren eine Vorschrift bereit hält, „um die steuerliche Freistellung von Einkünften in beiden Vertragsstaaten [. . .] zu verhindern“, ist diese gegenüber dem allgemeinen Konsultationsverfahren in Art. 25 Abs. 3 DBA-Öst (als Teil des Verständigungsverfahrens) lex specialis; das in Art. 25 Abs. 1 DBA-Öst normierte Verständigungsverfahren „im engeren Sinne“ ist bereits nach seinem Wortlaut nicht auf einen negativen Qualifikationskonflikt zugeschnitten87. Im Gegensatz zum DBA-USA bleibt aus der switch over-Klausel des DBAÖsterreich ein positiver Qualifikationskonflikt ausgeklammert. Für einen Steuerpflichtigen können daraus keine Nachteile erwachsen, da eine österreichische Quellensteuer nach Art. 23 Abs. 1 lit. b des neuen DBA-Öst als „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen“ erhoben anzusehen und daher anzurechnen ist88. 80 81 82 83 84 85 86 87
Nr. 27a Satz 1 lit. b des Schlussprotokolls des (alten) DBA-Österreich 1954/92. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a des (neuen) DBA-Österreich 2000. Nr. 27a Satz 1 lit. b des Schlussprotokolls des (alten) DBA-Österreich 1954/92. Zum Begriff im ersten Kapitel A. III. 2. b). Zum Begriff im ersten Kapitel A. III. 2. c). Nr. 32.3 des OECD-MK zu Art. 23 A und 23 B. Tz. 107. („zu einer Besteuerung führen“); eingehend im dritten Kapitel A. II. 1. e).
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
3. DBA-USA Das DBA-USA enthält neben einer switch over-Klausel ebenfalls eine als subject to tax-Klausel interpretierbare Vorschrift. Gegenüber dem DBA-Österreich richtet sich die switch over-Regelung in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 Satz 1 lit. a des Protokolls sowohl gegen eine Doppel- (lit. aa) als auch gegen eine Minderbesteuerung von Einkünften (lit. bb). Beide Varianten erfordern u. a., dass „Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden [. . .] und sich dieser Konflikt nicht durch ein Verfahren nach Art. 25 [Verständigungsverfahren] regeln lässt“. Mit Blick auf das Verständigungsverfahren sieht das DBA-USA insbesondere zwei Besonderheiten vor: Zum einen ist das Verständigungsverfahren, vergleichbar einem Regelbeispiel, für „die Beilegung von Auslegungskonflikten [. . .] einschließlich der Qualifikation bestimmter Einkünfte“ (Art. 25 Abs. 3 Satz 2 lit. c lit. aa. DBA-USA) und „der Behandlung von Einkünften, die nach dem Steuerrecht des Quellenstaats den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind und im anderen Staat anderen Einkünften zugeordnet werden“ (Art. 25 Abs. 3 Satz 2 lit. c lit. dd DBA-USA) vorgesehen; Hintergrund der letztgenannten Regelung ist die Besonderheit, dass Art. 10 Abs. 4 Satz 1 DBA-USA keine für beide Vertragsstaaten verbindliche Qualifikationsverkettung normiert89. Zum anderen soll ein Auslegungsergebnis, auf das sich beide Vertragsstaaten im Rahmen eines Verständigungsverfahrens geeinigt haben, nach Art. 3 Abs. 2 DBA-USA für die Auslegung des Abkommens verbindlich sein; auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Regelung wurde bereits hingewiesen90. Während Abs. 21 lit. a lit. aa des Protokolls (insgesamt) eine Doppelbesteuerung der betreffenden Einkünfte erfordert, differenziert Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls dezidiert zwischen einem in den USA und in Deutschland eintretenden Besteuerungsergebnis. Da die USA eine Doppelbesteuerung nach Art. 23 Abs. 1 DBA-USA ausschließlich durch Anrechnung vermeiden, richtet sich die in Art. 23 Abs. 2 DBA-USA normierte switch over-Klausel allein an den deutschen Fiskus. Dies verdeutlicht, weswegen der Tatbestand in den USA „niedrig“ oder „unbesteuert“ bleibende Einkünfte und in Deutschland eine Steuerbefreiung dieser Einkünfte erfordert. Vorbehaltlich der switch over-Klausel kommt es in Deutschland u. a. zur Freistellung von Einkünften, wenn in einer outbound-Variante einer atypisch stillen Gesellschaft aus deutscher Sicht eine USBetriebsstätte zuzurechnen ist91. Daraus resultiert insbesondere dann ein Qualifikationskonflikt, wenn die betreffende Gesellschaft nach den seit 1.1.1997 gel88 89 90 91
Eingehend Eingehend Eingehend Eingehend
im im im im
ersten Kapitel A. II. 1. e). dritten Kapitel B. II. 1. a) aa). dritten Kapitel B. II. 1. a) ee). dritten Kapitel B. II. 1. a) cc).
B. Auf Ebene der Vermeidungsnormen
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tenden check-the-box-regulations für eine Besteuerung als Kapitalgesellschaft optiert92. Erheben die USA zumindest eine Quellensteuer von 15 v. H.93, kommt es zu keiner im Sinne von Abs. 21 lit. a lit. bb. des Protokolls „zu niedrig[en]“ Besteuerung. Eine „zu niedrig[e]“ Besteuerung in den USA tritt nur dann ein, wenn der dortige Fiskus eine abkommensrechtliche Besteuerungsmöglichkeit nicht (vollständig) ausschöpft. Den Anwendungsbereich der switch over-Klausel insoweit auf „graue Einkünfte“ zu erstrecken, deckt sich zum einen nicht mit dem Wortlaut der Regelung; diese unterscheidet ausdrücklich zwischen (nationalen) Besteuerungsfolgen in Deutschland und den USA; eine insgesamt, d. h. unter Betrachtung beider Vertragsstaaten, „zu niedrig[e]“ Besteuerung ist nicht Tatbestand. Zum anderen haben die Vertragsstaaten ausweislich Art. 25 Abs. 3 Satz 2 lit. c lit. dd DBA-USA von einem gemeinsamen Verständnis des Dividendenbegriffs Abstand genommen und folgerichtig in Art. 10 Abs. 4 und Abs. 5 DBA-USA ein umfangreiches Recht zur Quellenbesteuerung vereinbart; macht der US-amerikanische Fiskus von diesem Gebrauch, kommt es in den USA erkennbar zu keiner „zu niedrig[en]“ Besteuerung. Die switch over-Klausel in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 lit. b lit. gg DBA-USA i.V. m. Abs. 21 lit. a lit. bb des Protokolls ist damit ausschließlich auf einen Qualifikationskonflikt zugeschnitten, aus dem unbesteuert bleibende „weiße Einkünfte“, nicht jedoch „graue Einkünfte“ resultieren. Dies berücksichtigend ist ebenfalls die als subject to tax-Klausel interpretierbare Regelung in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA nicht auf eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten. Unterliegt der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in den USA einer Quellenbesteuerung von 15 v. H., wird dieser „in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert“94. III. Auswirkungen von subject to tax- und switch over-Klauseln – Zwischenergebnis Durch Vereinbarung von subject to tax- und switch over-Klauseln lassen sich negative Qualifikationskonflikte grundsätzlich wirksam vermeiden. Im Ergebnis führen insbesondere switch over-Klauseln zu einer Erweiterung von Besteuerungsmöglichkeiten zu Gunsten desjenigen Vertragsstaats, der von einer Freistellung der betreffenden Einkünfte Abstand nimmt. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem im anderen Vertragsstaat ansässigen Unternehmen, sind die bezogenen Gewinnausschüt92 93 94
Eingehend im ersten Kapitel B. II. 2. g) und im dritten Kapitel B. II. 2. a) aa). Dazu im ersten Kapitel B. II. 2. g). Dazu im dritten Kapitel B. II. 2. a) (ff.).
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4. Kap.: Vermeidung von Qualifikationskonflikten
tungen aus deutscher Sicht grundsätzlich gem. Art. 23 A Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Art. 5 OECD-MA bei Zurechnung einer dortigen Betriebsstätte freizustellen. Erfährt die atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat eine intransparente Besteuerung, dürften regelmäßig die Voraussetzungen einer vereinbarten switch over-Klausel vorliegen, da Gewinnausschüttungen lediglich einer der Höhe nach beschränkten Quellensteuer unterliegen (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA). Die betreffenden Einkünfte können daher vom deutschen Fiskus unter Anrechnung der ausländischen Quellensteuer der Höhe nach unbeschränkt besteuert werden. Die umgekehrte Konstellation führt aus deutscher Sicht zu einem analogen Besteuerungsergebnis: Begründet eine in Deutschland ansässige atypisch stille Gesellschaft eine inländische Betriebsstätte, unterliegt der Gewinnanteil eines im anderen Vertragsstaat ansässigen atypisch stillen Gesellschafters (ebenso) nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. OECD-MA einer im genannten Sinne „vollständigen“ deutschen Besteuerung. Selbst wenn die betreffenden Einkünfte insgesamt nur einmal besteuert werden, besitzt der deutsche Fiskus in spiegelbildlich verschiedenen Sachverhalten jeweils ein vollständiges Besteuerungsrecht. Diese Rechtsfolge ordnet das BMF-Schreiben vom 28.12. 199995 für den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ausdrücklich an. Zusammenfassend ist festzuhalten: Switch over-Klauseln96 führen zu keiner spiegelbildlichen Abstimmung von Besteuerungsrechten. Entsprechende Regelungen sind daher zwischen den Vertragsstaaten sorgfältig abzustimmen, insbesondere wenn einer der Vertragsstaaten – wie beispielsweise die USA – generell der Anrechnungsmethode folgt. Wenn Krabbe97 in seiner Anmerkung zum BMF-Schreiben vom 28.12.199998 entsprechenden Vereinbarungen mit Blick auf die von der Finanzverwaltung propagierte Auslegung des Methodenartikels deklaratorischen Charakter zuweisen möchte, wird die „verzerrende“ Wirkung von switch over-Klauseln insoweit verkannt. Die näher untersuchten switch over- und subject to tax-Klauseln sind von unterschiedlicher Qualität. Aufgrund des speziellen Zuschnitts auf eine (atypisch) stille Gesellschaft zeichnet sich Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a Satz 2 DBA-Sch durch eine besondere Regelungsökonomie und eine damit einhergehende Rechtssicherheit aus. Die in Nr. 27b des Schlussprotokolls zum alten DBA-Österreich 1954/92 respektive Art. 28 Abs. 1 Satz 1 lit. a des neuen DBA-Österreich vorgesehene switch over-Klausel ist aufgrund ihres „allgemeinen“ Anwendungsbereichs tatbestandlich weiter gefasst; mit Blick auf den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ergeben sich keine Auslegungs95
BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. Diese Rechtsfolge ergibt sich bei subject to tax-Klauseln nicht zwingend, da tatbestandlich keine Subsumtion unter verschiedene Verteilungsartikel erforderlich ist. 97 IStR 2000, S. 23 (24); ders. IStR 2000, S. 196 (200); ders., IStR 1999, S. 591 ff.; ders. IWB F. 3, Gr. 2, Deutschland, S. 753 (768 ff.); ders., IStR 2002, S. 145. 98 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 96
B. Auf Ebene der Vermeidungsnormen
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probleme. Anders verhält es sich im Fall des Abkommens mit den USA: Die Regelung in Abs. 21 Satz 1 lit. a lit. bb DBA-USA vermeidet einen Qualifikationskonflikt nur, wenn die USA von einer abkommensrechtlichen Besteuerungsmöglichkeit im nationalen Steuerrecht keinen Gebrauch machen; unterliegt eine atypisch stille Gesellschaft in den USA beispielsweise aufgrund entsprechender Option nach den check-the-box-regulations einer intransparenten Besteuerung als eigenständiges Steuersubjekt, genügt die Erhebung einer Quellensteuer von 15 v. H., um aus dem Anwendungsbereich der switch over-Klausel herauszufallen. Das auf Ebene der Verteilungsnormen angesiedelte Instrumentarium zur Vermeidung von (negativen) Qualifikationskonflikten hat gegenüber Vermeidungsnormen den Vorteil, dass im Idealfall eine zwischen den Vertragsstaaten übereinstimmende Auslegung des Abkommens erreicht wird. Die Regelungen der Schlussprotokolle in den Abkommen mit Luxemburg99 und Österreich100 bilden jedoch die eine atypisch stille Gesellschaft charakterisierenden Tatbestandsmerkmale nicht präzise genug ab; indessen wäre eine (stärker) detaillierte Regelung nicht gegen zukünftige Änderungen im innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten resistent. Wenn Qualifikationsverkettungen auf innerstaatliche Rechtsfolgen verweisen, werden solche Nachteile vermieden; allerdings bergen diese die Gefahr, dass eine Erweiterung der (Quellen-) Steuerhoheit in das Ermessen eines jeden Vertragsstaats gestellt ist. Aus subject to tax- und insbesondere switch over-Klauseln resultiert hingegen keine zwischen den Vertragsstaaten übereinstimmende Auslegung des Abkommens. Im Gegenteil führen (jedenfalls) switch over-Klauseln nicht zu einer spiegelbildlichen Abstimmung, sondern im Ergebnis zu einer Verlagerung von Besteuerungsrechten zu Gunsten des Vertragsstaats, der von einer Freistellung der betreffenden Einkünfte absieht. Haben die Vertragsstaaten entsprechende Klauseln vereinbart, ist davon auszugehen, dass eine partielle Verschiebung von Besteuerungsrechten einer Minderbesteuerung von Einkünften vorgezogen wird. Nicht zu folgen ist der im BMF-Schreiben vom 28.12.1999101 vertretenen Auffassung, wonach ein nach Maßgabe des Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA konzipierter Vermeidungsartikel per se im Sinne einer switch over-Klausel zu interpretieren ist.
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Nr. 11 des Schlußprotokolls. Nr. 15 des Schlußprotokolls des (alten) DBA-Österreich 1954/92; Abs. 3 des Protokolls des (neuen) DBA-Österreich 2000. 101 BStBl. I 1999, S. 1121 = IStR 2000, S. 23 = DStR 2000, S. 245. 100
Zusammenfassung der Ergebnisse I. Auf abkommensrechtlicher Ebene resultieren Qualifikationskonflikte insbesondere aus dem Umstand, dass die vertragsschließenden Staaten eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) denselben grenzüberschreitenden Lebenssachverhalt unter verschiedene Verteilungsartikel des gemeinsamen Abkommens subsumieren und zumindest einer der Vertragsstaaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (auch) die Freistellungsmethode anwendet. Als Folge daraus können Einkünfte doppelt („schwarze Einkünfte“), ermäßigt („graue Einkünfte“) oder nicht („weiße Einkünfte“) besteuert werden. Eine Doppelbesteuerung löst einen positiven, eine Minderbesteuerung einen negativen Qualifikationskonflikt aus. Eine Änderung der Fließrichtung von Einkünften führt bei im Übrigen unveränderten Bedingungen zu einer Doppel- anstelle einer Minderbesteuerung von Einkünften und umgekehrt. Mit Blick auf eine atypisch stille Gesellschaft liegen mögliche (und im Einzelnen tatsächliche) Ursachen von Qualifikationskonflikten im unterschiedlichen Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht der Vertragsstaaten sowie im einschlägigen Abkommensrecht begründet. Das OECD-Musterabkommen (OECD-MA) und der offizielle einschlägige Kommentar (OECD-MK) treffen keine Regelungen, die speziell auf eine stille oder eine atypisch stille Gesellschaft zugeschnitten sind. Dagegen enthalten deutsche DBA in unterschiedlicher Weise ausgestaltete Sonderregelungen für eine „stille Gesellschaft“. II. Auf Ebene der Verteilungsartikel kann eine atypisch stille Gesellschaft im Wesentlichen unter Art. 7 „Unternehmensgewinne“, Art. 10 „Dividenden“ oder Art. 11 OECD-MA „Zinsen“ subsumiert werden. Wird der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters im Falle einer grenzüberschreitend strukturierten Beteiligung in beiden Vertragsstaaten, entsprechend der Besteuerung in Deutschland, auf Ebene des Gesellschafters transparent besteuert, ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt unter dem Regime des OECD-MA gering. Beteiligt sich ein in Deutschland Ansässiger atypisch still an einem ausländischen Handelsgewerbe (outbound-Variante), bezieht dieser mit seinem Gewinnanteil abkommensrechtlich Unternehmensgewinne, die grundsätzlich im Wohnsitzstaat Deutschland besteuert werden (Art. 7
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Abs. 1 Satz 1 1. Alt. OECD-MA). Ist der Gewinnanteil jedoch einer im anderen Vertragsstaat gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen, erfolgt eine vollständige Besteuerung durch den anderen Vertragsstaat (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. OECDMA). Mangels abkommensrechtlicher Definition ist der Begriff „Unternehmen“ nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA im Lichte des innerstaatlichen deutschen Steuerrechts zu bestimmen. Erfüllt eine atypisch stille Gesellschaft die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, begründet die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters ein anteiliges „Unternehmen“ i. S. d. Art. 7 OECD-MA. Um einem atypisch stillen Gesellschafter eine im anderen Vertragsstaat gelegene Betriebsstätte (Art. 5 OECD-MA) zuzurechnen, genügt das eine Subsumtion unter den Unternehmensartikel rechtfertigende Vorliegen einer Mitunternehmerschaft. Beteiligt sich umgekehrt ein im anderen Vertragsstaat Ansässiger atypisch still an einem deutschen Handelsgewerbe (inbound-Variante), ist aus den genannten Gründen ebenfalls Art. 7 OECD-MA einschlägig. Da beide Vertragsstaaten eine atypisch stille Gesellschaft auf Ebene ihrer Gesellschafter transparent besteuern, dürften beide Vertragsstaaten übereinstimmend den Unternehmensartikel für einschlägig halten. Erfährt eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat als selbstständiges Steuersubjekt eine intransparente Besteuerung, ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt unter Zugrundelegung der h. M. hoch. Danach ist der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in einer outbound-Variante auch dann unter Art. 7 OECD-MA zu fassen, wenn eine atypisch stille Gesellschaft im anderen Vertragsstaat einer intransparenten Besteuerung unterliegt. Indessen begründet eine atypisch stille Gesellschaft insoweit ebenso eine „Gesellschaft“ i. S. d. Art. 3 Abs. 1 lit. b OECD-MA, wie eine daran bestehende Beteiligung einen „sonstigen Gesellschaftsanteil“ i. S. d. Art. 10 Abs. 3 OECDMA. Der (ausgeschüttete) Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters ist abkommensrechtlich als Dividende einzustufen. Diese Einordnung durch den Quellenstaat ist ebenfalls für den Wohnsitzstaat maßgebend, da Art. 10 Abs. 3 OECD-MA – entgegen der h. M. – eine für beide Vertragsstaaten verbindliche Qualifikationsverkettung begründet. In Konsequenz der h. M. können ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“ entstehen, die in einer outbound-Variante im Quellenstaat einer der Höhe nach begrenzten Quellensteuer unterliegen und im Wohnsitzstaat, bei Zurechnung zu einer ausländischen Betriebsstätte, unbesteuert bleiben. Ist der Gewinnanteil keiner ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen, können aus einer outbound-Variante (partiell) doppelt besteuerte „schwarze Einkünfte“ resultieren. In einer inbound-Variante kommt die angeführte Qualifikationsverkettung nicht zum Tragen, da eine atypisch stille Gesellschaft im Quellenstaat Deutschland keiner intransparenten Besteuerung unterliegt. Bei Zurechnung einer inländischen Betriebsstätte können insoweit (vollständig) doppelbesteuerte „schwarze Einkünfte“ entstehen.
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Mindert der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters in einer outbound-Variante im anderen Vertragsstaat als Zinsaufwand den Gewinn des Handelsgewerbes, ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt erheblich. Aus deutscher Perspektive bezieht ein atypisch stiller Gesellschafter Unternehmensgewinne, die bei Zurechnung einer ausländischen Betriebsstätte der deutschen Besteuerung entzogen sind; in einer outbound-Variante wird der Zinsartikel nicht einschlägig, da die Zinsdefinition in Art. 11 Abs. 3 OECD-MA keine Qualifikationsverkettung vorsieht. Der andere Vertragsstaat kann in einer outbound-Variante eine der Höhe nach beschränkte Quellensteuer erheben (Art. 11 Abs. 2 OECD-MA). Ist der Gewinnanteil aus deutscher Sicht einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen, können daraus ermäßigt besteuerte „graue Einkünfte“ resultieren. Begründet eine atypisch stille Gesellschaft hingegen keine ausländische Betriebsstätte, drohen ebenso wie in einer inbound-Variante (partiell oder vollständig) doppelbesteuerte „schwarze Einkünfte“. Ob ein auf Ebene der Verteilungsartikel sich abzeichnender Qualifikationskonflikt vermieden wird, entscheidet sich auf Ebene des allein an den Wohnsitzstaat eines Gesellschafters gerichteten Vermeidungsartikels (Art. 23 A oder 23 B OECD-MA). Ein negativer Qualifikationskonflikt kommt nicht zustande, wenn der Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters trotz Zurechnung zu einer im anderen Vertragsstaat gelegenen Betriebsstätte nicht gem. Art. 23 A Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. OECD-MA freizustellen wäre. Entsprechend der bisher h. M. bestand vorbehaltlich subject to tax- oder switch overKlauseln eine unbedingte Verpflichtung zur Freistellung, insbesondere dann, wenn der andere Vertragsstaat die betreffenden Einkünfte in einer outbound-Variante nicht einer vollständigen Besteuerung unterzieht; neben einer tatsächlichen Doppelbesteuerung vermeidet die Freistellungsmethode insoweit auch eine virtuelle oder scheinbare Doppelbesteuerung. Die Finanzverwaltung und ein dieser nahe stehender Vertreter des Schrifttums nahmen den OECD-Bericht „The Application of the OECD Model Tax Convention to partnerships“ und die daraufhin erfolgte Revision des OECD-MA 2000 unter Einschluss des OECDMK zum Anlass, Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA für eine atypisch stille Gesellschaft dahingehend auszulegen, dass eine Verpflichtung zur Freistellung nicht besteht, wenn der andere Vertragsstaat die betreffenden Einkünfte nicht oder nur ermäßigt besteuert. Ein solches Verständnis des Vermeidungsartikels ist mit dem Schrankenrechtscharakter von Abkommen, der Konzeption des OECD-MA 2000 und den einschlägigen abkommensrechtlichen Auslegungsmaßstäben des „Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge“ nicht vereinbar. III. Die näher untersuchten deutschen DBA bergen in unterschiedlicher Weise Potential für einen Qualifikationskonflikt:
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Die Abkommen mit Luxemburg und Österreich sehen in den Schlussprotokollen Sonderregelungen vor, die eine „stille Gesellschaft“ entweder dem Unternehmens- oder dem Dividendenartikel zuweisen (mittelbare Ergänzung des Unternehmensartikels). Ist eine „Beteiligung am Vermögen des Unternehmens“ gegeben, wird der Unternehmens-, ansonsten der Dividendenartikel einschlägig. Beide Vertragsstaaten besteuern eine „atypisch“ stille Gesellschaft jeweils transparent, womit das Potential für einen Qualifikationskonflikt grundsätzlich gering ist. Da Deutschland und Österreich das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft partiell unterschiedlich beurteilen, würde ohne die im Zuge der Revision des Jahres 1992 eingefügte switch over-Klausel ein negativer Qualifikationskonflikt nicht vermieden. Die DBA mit Spanien, der Schweiz und Belgien enthalten im Dividendenartikel angesiedelte Sonderregelungen zur „stillen Gesellschaft“, das Abkommen mit der Schweiz darüber hinaus im Vermeidungsartikel. Im Verhältnis zu Spanien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt grundsätzlich erheblich, da der spanische Fiskus eine stille Beteiligung an einem spanischen Unternehmen – unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung – dem Dividendenartikel unterstellt; in einer outbound-Variante greift jedoch entweder die im Dividenden- oder Zinsartikel normierte Qualifikationsverkettung, womit ein negativer Qualifikationskonflikt ausbleibt; umgekehrt können in einer inboundVariante bei Zurechnung einer deutschen Betriebsstätte „schwarze Einkünfte“ entstehen, die in Spanien ggf. durch Anrechnung der deutschen Steuer vermieden werden. Im Verhältnis zur Schweiz können in einer outbound-Variante Qualifikationskonflikte, die ihre Ursache in einem handels- und steuerrechtlich unterschiedlichen Verständnis einer „stillen Gesellschaft“ haben, seit Ergänzung des Vermeidungsartikels um eine switch over-Klausel im Jahre 1992 nicht mehr entstehen. Im Verhältnis zu Belgien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt gering, da Belgien nicht anders als Deutschland den Gewinnanteil eines atypisch stillen Gesellschafters unter den Unternehmensartikel subsumieren dürfte. Die DBA mit Tschechien und den USA enthalten im Dividendenartikel nicht weiter differenzierte Regelungen zur stillen Gesellschaft. Im Verhältnis zu Tschechien ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt grundsätzlich erheblich, weil der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters nach tschechischem Recht – unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung – zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt: In einer outbound-Variante führt jedoch die im Zinsartikel normierte Qualifikationsverkettung zu einer übereinstimmenden abkommensrechtlichen Einordnung der Vertragsstaaten; die Sonderregelung des Dividendenartikels ist auf eine typisch stille Gesellschaft beschränkt. In einer inbound-Variante ist aus deutscher Sicht nur der Unternehmensartikel einschlägig; dies könnte bei Zurechnung zu einer deutschen Betriebsstätte zu (vollständig) doppelbesteuerten „schwarzen Einkünften“ führen, die in Tschechien ggf.
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durch Anrechnung der deutschen Steuer vermieden werden. Im Verhältnis zu den USA ist das Potential für einen Qualifikationskonflikt erheblich: Ein Grund liegt darin, dass eine atypisch stille Gesellschaft in einer outbound-Variante nach den US-amerikanischen check-the-box-regulations ihren steuerlichen Status wählen, d.h. insbesondere für eine intransparente Besteuerung als Kapitalgesellschaft optieren kann. Ein anderer Grund liegt darin, dass die im DBA-USA vereinbarten subject to tax- und switch over-Klauseln in einer outbound-Variante minder besteuerte „graue Einkünfte“ nicht vermeiden. Aus deutscher Perspektive ist stets der Unternehmensartikel einschlägig, welches bei Zurechnung einer US-amerikanischen Betriebsstätte zu einer unbedingten Freistellungsverpflichtung führt. Aus US-amerikanischer Sicht kann eine entsprechende Option nach den check-the-box-regulations zu einer abkommensrechtlichen Einordnung als Dividende führen. IV. Mit dem auf Ebene der Verteilungsartikel angesiedelten Instrumentarium zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten verbinden sich Vor- und Nachteile. Unmittelbare Ergänzungen von Verteilungsartikeln in der Weise, dass eine „Personengesellschaft“ oder „Mitunternehmerschaft“ in den Anwendungsbereich des Unternehmensartikels fällt, führen bei Grenzfällen, wie der abkommensrechtlichen Einordnung einer atypisch stillen Gesellschaft, nicht zu eindeutigen Ergebnissen. Eine mittelbare Ergänzung des Verteilungsartikels durch besondere Regelungen im Schlussprotokoll geben einem Interpreten im Einzelfall prüfbare Kriterien an die Hand; gleichwohl können aus unpräzise formulierten Tatbestandsmerkmalen weitere Auslegungsprobleme resultieren; im Übrigen ist detaillierten Regelungen die Gefahr immanent, dass bestimmte Tatbestandsmerkmale aufgrund von Änderungen im innerstaatlichen Steuerrecht der Vertragsstaaten leerlaufen oder von den Vertragsstaaten nicht bedachte bzw. unbeabsichtigte Rechtsfolgen auslösen. Die angeführten Nachteile vermeidet eine Qualifikationsverkettung, mit der das (jeweils geltende) innerstaatliche Steuerrecht des Quellenstaats für beide Vertragsstaaten zum verbindlichen Abkommensrecht erhoben wird; ein Minimum an Regelungsaufwand schafft ein Maximum an Rechtssicherheit; Qualifikationsverkettungen können den Nachteil haben, dass Änderungen im innerstaatlichen Steuerrecht eines Vertragsstaats unmittelbar auf die Ebene des Abkommens durchschlagen; ein Vertragsstaat kann insoweit sein Besteuerungsrecht zulasten des Vertragspartners ausdehnen. Vermeidet zumindest einer der beiden Vertragsstaaten die Doppelbesteuerung durch Anwendung der Freistellungsmethode, lässt sich ein negativer Qualifikationskonflikt durch Vereinbarung von subject to tax- oder switch over-Klauseln vermeiden. Möchte die Finanzverwaltung und ein dieser nahestehender Vertreter des Schrifttums den Vermeidungsartikel Art. 23 A Abs. 1 OECD-MA durch
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Auslegung generell im Sinne einer switch over-Klausel verstanden wissen, ist dem nicht zu folgen. Im Ergebnis führen subject to tax- und switch over-Klauseln zu einer Erweiterung von Besteuerungsmöglichkeiten zu Gunsten desjenigen Vertragsstaats, der von einer Freistellung der betreffenden Einkünfte durch die angeführten Klauseln Abstand nimmt.
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Gerichtsentscheidungen Bundesverfassungsgericht, Bundesfinanzhof, Finanzgerichte, Bundesgerichtshof, Europäischer Gerichtshof und ausländische Gerichte 1. Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 10.03.1971, Z BvL 3/68, Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 30, S. 272. Beschluss vom 21.03.1957, 1 BvR 65/54, Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 6, S. 290. Urteil vom 30.06.1952, 1 BvF 1/52, Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 1, S. 396. 2. Bundesfinanzhof (BFH) Urteil vom 9.12.2002, VIII R 20/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 2003, S. 601. Urteil vom 29.11.20001, I R 84/99, Internationales Steuerrecht 2001, S.185. Urteil vom 17.11.1999, I R 7/99, Internationale Wirtschaftsbriefe, Fach 3a, Gruppe 1, S. 915. Urteil vom 21.07.19992, I R 110/98, Bundessteuerblatt 1999, Teil II, S. 812. Urteil vom 24.03.1999, I R 114/97, Bundessteuerblatt 2000, Teil II, S. 399. Beschluss vom 15.12.1998, I B 45/98, Deutsches Steuerrecht 1999, S. 117. Urteil vom 15.10.1998, IV R 18/98, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 1999, S. 81. Urteil vom 13.05.1998, VIII R 81/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1999, S. 355. Urteil vom 17.12.1997, I R 34/97, Bundessteuerblatt 1998, Teil II, S. 296. Urteil vom 02.10.1997, IV R 75/96, Bundessteuerblatt 1998, Teil II, S. 137. Urteil vom 27.08.1997, I R 127/95, Bundessteuerblatt 1998, Teil II, S. 58. Urteil vom 26.11.1996, VIII R 42/94, Bundessteuerblatt 1998, Teil II, S. 328. 1 Zweiter Rechtsgang; erster Rechtsgang BFH-Urteil vom 30.08.1995 (s. nachstehend). 2 Vorinstanz FG Rheinland-Pfalz vom 12.10.1998 (s. nachstehend).
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Gerichtsentscheidungen
Urteil vom 23.10.19963, I R 10/96, Bundessteuerblatt 1997, Teil II, S. 313. Urteil vom 10.07.1996, I R 4/96, Internationales Steuerrecht 1996, S. 589. Urteil vom 11.06.1996, I R 8/96, Bundessteuerblatt 1997, Teil II, S. 117. Urteil vom 30.08.19954, I R 112/94, Bundessteuerblatt 1996, Teil II, S. 563. Urteil vom 06.07.1995, IV R 79/94, Bundessteuerblatt 1996, Teil II, S. 269. Urteil vom 31.05.1995, I R 74/93, Bundessteuerblatt 1995, Teil II, S. 683. Urteil vom 07.02.1995, IX R 3/93, Bundessteuerblatt 1995, Teil II, S. 357. Urteil vom 13.10.1994, VII R 37/94, Bundessteuerblatt 1995, Teil II, S. 10. Urteil vom 10.08.1994, I R 133/93, Bundessteuerblatt 1995, Teil II, S. 171. Beschluss vom 09.03.1994, VIII S 9/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1995, S. 28. Urteil vom 27.01.1994, IV R 114/91, Bundessteuerblatt 1994, Teil II, S. 635. Urteil vom 14.07.1993, I R 71/92, Internationales Steuerrecht 1994, S. 25. Urteil vom 13.07.1993, VIII R 85/91, Bundessteuerblatt 1994, Teil II, S. 243. Urteil vom 27.05.1993, IV R 1/92, Bundessteuerblatt 1994, Teil II, S. 700. Urteil vom 18.02.1993, IV R 132/91, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1993, S. 647. Urteil vom 03.02.1993, I R 80-81/91, Bundessteuerblatt 1993, Teil II, S. 462. Urteil vom 15.12.1992, VIII R 42/90, Bundessteuerblatt 1994, Teil II, S. 702. Urteil vom 02.12.1992, I R 165/90, Bundessteuerblatt 1993, Teil II, S. 577. Beschluss vom 01.10.1992, I B 42/92 und 43/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1993, S. 156. Urteil vom 23.06.1992, IX R 182/87, Bundessteuerblatt 1992, Teil II, S. 972. Urteil vom 26.02.1992, I R 85/91, Bundessteuerblatt 1992, Teil II, S. 937. Urteil vom 05.02.1992, I R 158/90, Bundessteuerblatt 1992, Teil II, S. 660. Urteil vom 04.12.1991, I R 140/90, Bundessteuerblatt 1992, Teil II, S. 751. Urteil vom 31.07.1991, I R 60/90, Finanz-Rundschau 1992, S. 55. Urteil vom 27.02.19915, I R 96/89, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1992, S. 385. Urteil vom 27.02.1991, I R 15/89, Bundessteuerblatt 1991, Teil II, S. 444. Urteil vom 21.02.1991, IV R 35/89, Bundessteuerblatt 1995, Teil II, S. 449.
3
Vorinstanz FG Hamburg vom 14.11.1995 (s. nachstehend). Erster Rechtsgang; zweiter Rechtsgang BFH-Urteil vom 29.11.2000 (s. vorstehend); Vorinstanz zum ersten Rechtsgang FG Baden-Württemberg vom 25.11.1993 (s. nachstehend). 5 Vorinstanz FG Rheinland-Pfalz vom 11.04.1989 (s. nachstehend). 4
Gerichtsentscheidungen
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Urteil vom 11.12.1990, VIII R 122/86, Deutsches Steuerrecht 1991, S. 457. Urteil vom 17.10.1990, I R 16/89, Bundessteuerblatt 1991, Teil II, S. 211. Beschluss vom 05.07.1990, I B 17/90, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1991, S. 146. Urteil vom 30.05.1990, I R 179/86, Bundessteuerblatt 1990, Teil II, S. 906. Urteil vom 16.05.1990, I R 113/87, Bundessteuerblatt 1990, Teil II, S. 983. Urteil vom 24.01.1990, I R 55/85, Bundessteuerblatt 1991, Teil II, S. 147. Urteil vom 28.11.1989, VIII R 40/84, Bundessteuerblatt 1990, Teil II, S. 561. Urteil vom 11.10.1989, I R 77/88, Bundessteuerblatt 1990, Teil II, S. 166. Urteil vom 21.09.1989, IV R 126/88, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1990, S. 692. Urteil vom 13.09.1989, I R 117/87, Bundessteuerblatt 1990, Teil II, S. 57. Urteil vom 13.06.1989, VIII R 47/85, Bundessteuerblatt 1989, Teil II, S. 720. Urteil vom 14.03.1989, I R 20/87, Bundessteuerblatt 1989, Teil II, S. 649. Urteil vom 14.12.1988, I R 148/87, Bundessteuerblatt 1989, Teil II, S. 319. Urteil vom 04.08.1988, IV R 60/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 1990, S. 19. Urteil vom 24.02.1988, I R 95/84, Bundessteuerblatt 1988, Teil II, S. 663. Urteil vom 03.02.1988, I R 134/84, Bundessteuerblatt 1988, Teil II, S. 588. Urteil vom 27.01.1988, I R 241/83, Bundessteuerblatt 1988, Teil II, S. 574. Urteil vom 22.10.1987, IV R 17/84, Bundessteuerblatt 1988, Teil II, S. 62. Beschluss vom 19.05.1987, VIII B 104/85, Bundessteuerblatt 1988, Teil II, S. 5. Urteil vom 24.07.1986, IV R 103/83, Bundessteuerblatt 1987, Teil II, S. 54. Urteil vom 12.11.1985, VIII R 364/83, Bundessteuerblatt 1986, Teil II, S. 311. Urteil vom 21.08.1985, I R 63/80, Bundessteuerblatt 1986, Teil II, S. 4. Urteil vom 03.10.1984, I R 119/81, Bundessteuerblatt 1985, Teil II, S. 245. Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, Bundessteuerblatt 1984, Teil II, S. 751. Urteil vom 02.05.1984, VIII R 276/81, Bundessteuerblatt 1984, Teil II, S. 820. Urteil vom 21.06.1983, VIII R 237/80, Bundessteuerblatt 1983, Teil II, S. 563. Urteil vom 18.05.1983, I R 5/82, Bundessteuerblatt 1983, Teil II, S. 771. Urteil vom 20.10.1982, I R 104/79, Bundessteuerblatt 1983, Teil II, S. 402. Urteil vom 06.10.1982, I R 121/79, Bundessteuerblatt 1983, Teil II, S. 34. Urteil vom 28.04.1982, I R 151/78, Bundessteuerblatt 1982, Teil II, S. 566. Urteil vom 17.03.1982, I R 189/79, Bundessteuerblatt 1982, Teil II, S. 624. Urteil vom 28.01.1982, IV R 197/79, Bundessteuerblatt 1982, Teil II, S. 389.
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Gerichtsentscheidungen
Urteil vom 27.01.19826, I R 5/78, Bundessteuerblatt 1982, Teil II, S. 374. Urteil vom 28.10.1981, I R 25/79, Bundessteuerblatt 1982, Teil II, S. 86. Urteil vom 21.10.1981, I R 230/78, Bundessteuerblatt 1981, Teil II, S. 139. Urteil vom 19.02.1981, IV R 152/76, Bundessteuerblatt 1981, Teil II, S. 602. Beschluss vom 22.01.1981, IV B 41/80, Bundessteuerblatt 1981, Teil II, S. 424. Urteil vom 06.11.1980, IV R 182/77, Bundessteuerblatt 1981, Teil II, S. 220. Urteil vom 05.12.1979, I R 184/76, Bundessteuerblatt 1980, Teil II, S. 119. Urteil vom 10.08.1978, IV R 54/74, Bundessteuerblatt 1979, Teil II, S. 4. Urteil vom 05.07.1978, I R 22/75, Bundessteuerblatt 1978, Teil II, S. 644. Urteil vom 10.02.1978, III R 115/76, Bundessteuerblatt 1978, Teil II, S. 256. Urteil vom 05.10.1977, I R 90/75, Bundessteuerblatt 1978, Teil II, S. 205. Urteil vom 18.03.1976, IV R 168/72, Bundessteuerblatt 1976, Teil II, S. 365. Urteil vom 31.07.1974, I R 27/73, Bundessteuerblatt 1975, Teil II, S. 61. Urteil vom 30.01.1974, I R 87/72, Bundessteuerblatt 1974, Teil II, S. 327. Urteil vom 24.01.1974, IV R 76/70, Bundessteuerblatt 1974, Teil II, S. 295. Urteil vom 13.09.1972, I R 130/70, Bundessteuerblatt 1973, Teil II, S. 57. Urteil vom 14.06.1972, II R 116/69, Bundessteuerblatt 1972, Teil II, S. 734. Urteil vom 09.10.1969, IV 294/64, Bundessteuerblatt 1970, Teil II, S. 320. Urteil vom 02.05.1969, I R 176/66, Bundessteuerblatt 1969, Teil II, S. 579. Urteil vom 05.03.1969, I R 205/67, Bundessteuerblatt 1969, Teil II, S. 325. Urteil vom 17.06.1968, I 121/64, Bundessteuerblatt 1968, Teil II, S. 695. Urteil vom 07.07.1967, III 210/61, Bundessteuerblatt 1967, Teil II, S. 588. Urteil vom 05.02.1965, VI 338/63 U, Bundessteuerblatt 1965, Teil III, S. 258. Urteil vom 29.01.1964, I 153/61 S, Bundessteuerblatt 1964, Teil III, S. 165. Urteil vom 19.01.1960, I 202/59 U, Bundessteuerblatt 1960, Teil III, S. 229. Urteil vom 14.02.1956, I 84/55 U, Bundessteuerblatt 1956, Teil III, S. 103. Urteil vom 22.11.1955, I 139/54 S, Bundessteuerblatt 1956, Teil III, S. 4. Urteil vom 12.02.1930, VI A 899/27, Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs, Band 27, S. 73. Urteil vom 12.02.1930, VI A 899/27, Reichssteuerblatt 1930, S. 444.
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Vorinstanz FG Hamburg vom 25.10.1977 (s. nachstehend).
Gerichtsentscheidungen
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3. Finanzgerichte (FG) FG Münster Urteil vom 25.01.20017, 1 K 1560/99, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2002, S. 415. Urteil vom 18.01.19898, XII 4874/86, Recht der internationalen Wirtschaft 1989, S. 754. Urteil vom 24.11.19889, VII 572/86, Entscheidungen der Finanzgerichte 1989, S. 159. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.10.199810, 5 K 3314/97, Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, S. 175. Urteil vom 11.04.198911, 2 K 75/85, Entscheidungen der Finanzgerichte 1990, S. 159. FG Hamburg Urteil vom 14.11.199512, VII 46/93, Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, S. 240. Urteil vom 27.05.199213, I 22/89, Entscheidungen der Finanzgerichte 1993, S. 10. Urteil vom 25.10.197714, III 27/74, Entscheidungen der Finanzgerichte 1978, S. 10. FG Baden-Württemberg Urteil vom 25.11.199315, 9 K 73/89, Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, S. 646.
7
Revision entschieden durch BFH-Urteil vom 9.12.2002. Rechtskräftig. 9 Revision eingelegt. 10 Revision durch BFH-Urteil vom 21.7.1999 (s. vorstehend) als unbegründet zurückgewiesen. 11 Rechtsausführungen bestätigt durch BFH-Urteil vom 27.2.1991 (I R 96/89); s. vorstehend. 12 Rechtsausführungen durch BFH-Urteil vom 23.10.1996 (s. vorstehend) teilweise bestätigt. Teilweise Verfahren abgetrennt und Revision insoweit durch BFH-Urteil zurückgewiesen (II R 21/97). 13 Nicht rechtskräftig. Revision durch BFH-Urteil vom 19.5.1993 (I R 60/92) als unbegründet zurückgewiesen. 14 Rechtsausführungen bestätigt durch BFH-Urteil vom 27.1.1982 (s. vorstehend). 15 Urteil aufgehoben und zurückverwiesen; BFH-Urteil vom 30.8.1995 (s. vorstehend). 8
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Gerichtsentscheidungen
FG Niedersachsen Urteil vom 08.11.199016, VI 174/89, Recht der internationalen Wirtschaft 1992, S. 79. Hessisches FG Urteil vom 28.09.197817, VIII 313/75, Entscheidungen der Finanzgerichte 1979, S. 112. FG Düsseldorf Urteil vom 26.06.196318, I 17-18/62, Entscheidungen der Finanzgerichte 1964, S. 269. 4. Bundesgerichtshof (BGH) Urteil vom 10.10.1994, II ZR 32/94, Neue Juristische Wochenschrift 1995, S. 192. Urteil vom 29.06.1992, II ZR 284/91, Neue Juristische Wochenschrift 1992, S. 2696. Urteil vom 26.06.1989, II ZR 128/88, Neue Juristische Wochenschrift 1990, S. 573. Urteil vom 14.11.1977, II ZR 183/75, Neue Juristische Wochenschrift 1978, S. 424. Urteil vom 24.09.1952, I ZR 136/51, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, Band 7, S. 175. 5. Europäischer Gerichtshof (EuGH) Urteil vom 12.12.2002, Rs C-324/00, Der Betrieb 2002, S. 2690. 6. Ausländische Gerichte Obergericht Obwalden [Schweiz], Urteil vom 18.02.1985, RechB 1984/5 Nr. 37, Schweizerische Juristen-Zeitung 1987, S. 218.
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Rechtskräftig. Rechtskräftig. Rechtsbehelf eingelegt.
Verwaltungsentscheidungen Bundesministerium der Finanzen, Landesfinanzministerien, Oberfinanzdirektionen, ausländische Finanzbehörden 1. Bundesministerium der Finanzen (BMF) 28.12.1999, Steuerliche Behandlung von Gewinnanteilen aus atypischen stillen Beteiligungen nach den DBA, in: Bundessteuerblatt 1999, Teil I, S. 1121. 24.12.1999, Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze), in: Bundessteuerblatt 1999, Teil I, S. 1076. 28.05.1998, Steuerliche Behandlung spanischer Personengesellschaften nach dem deutsch-spanischen Doppelbesteuerungsabkommen, in: Bundessteuerblatt 1998, Teil I, S. 557. 01.10.1997, Steuerliche Behandlung rumänischer Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter, in: Deutsches Steuerrecht 1998, S. 32. 21.07.1997, Anwendung des DBA-Jugoslawien v. 26.3.1987: Dividendenausschüttungen slowenischer Gesellschaften, in: Internationales Steuerrecht 1997, S. 470. 13.01.1997, Steuerliche Behandlung tschechischer/slowakischer Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter, in: Bundessteuerblatt 1997, Teil I, S. 97. 17.11.1994, Schreiben betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG), in: Bundessteuerblatt 1995, Teil I, S. 25. 16.11.1987, Behandlung von Einnahmen aus partiarischen Darlehen nach den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen: hier: Abgrenzung zu Einnahmen aus stillen Beteiligungen, in: Recht der internationalen Wirtschaft 1987, S. 965. 16.03.1987, Betr.: Verdecktes Nennkapital, in: Bundessteuerblatt 1987, Teil I, S. 373. 09.03.1987, Besteuerung von Dividendenausschüttungen einer Komplementär-GmbH an in der Schweiz ansässigen Kommanditisten und Vermögensbesteuerung der GmbH-Anteil, in: Der Betrieb 1987, S. 717. 08.11.1983, DBA-Tunesien-Besteuerung der tunesischen Offenen Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft, in: Der Betrieb 1983, S. 2499. 31.03.1980, Deutsch-schweizerisches Doppelbesteuerungsabkommen: Stille Beteiligung an deutschen Personengesellschaften, in: Recht der internationalen Wirtschaft 1980, S. 379.
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Verwaltungsentscheidungen 2. Landesfinanzministerien
Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, 01.12.1986, Behandlung von US-Personengesellschaften mit inländischen Gesellschaftern – Besteuerung von Zinsen aus Gesellschafterdarlehen nach dem DBA-USA, in: Recht der internationalen Wirtschaft 1987, S. 80 = Der Betrieb 1987, S. 24. Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, 03.06.1966, Erlass betr. Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren nach dem Revisionsprotokoll v. 17.09.65 zum deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen, in: Bundessteuerblatt 1966, Teil II, S. 143. Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, 11.06.1959, Erlass betr. Artikel 6 des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz: hier: Erstattung der von den Kapitalerträgen einbehaltenen Abzugssteuern, in: Bundessteuerblatt 1959, Teil II, S. 10.
3. Oberfinanzdirektionen (OFD) OFD Frankfurt/M., 18.12.1998, Rückfallklauseln, subject to tax-Klauseln, remittancebase-Prinzip und switch-over-Klauseln in DBA, in: Finanz-Rundschau 1999, S. 277. OFD Düsseldorf, 11.12.1996, Ertragsteuerliche Auswirkungen der sog. Rückfallklauseln in einigen DBA, in: Internationales Steuerrecht 1997, S. 53. OFD Frankfurt/M., 26.06.1996, Einkommensteuerliche Behandlung der atypischen stillen Gesellschaft, in: Deutsches Steuerrecht 1996, S. 1406. OFD München,10.05.1995, Anwendung von sog. Rückfallklauseln in den Doppelbesteuerungsabkommen, in: Internationale Wirtschaftsbriefe, Fach 3, Gruppe 2, Gesetze, Deutschland, S. 301. OFD Düsseldorf, 08.01.1991, Atypische stille Beteiligung an einer Schweizer Kapitalgesellschaft, in: Recht der internationalen Wirtschaft 1991, S. 173 = Der Betrieb 1991, S. 308. OFD Düsseldorf, 05.07.1989, DBA-USA: Atypische stille Gesellschaft als Betriebsstätte?, in: Recht der internationalen Wirtschaft 1989, S. 754 = Der Betrieb 1989, S. 1700.
4. Ausländische Finanzbehörden Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) [Schweiz] 30.04.1987, Steuerliche Behandlung der sog. „atypischen stillen Beteiligung“ des deutschen Rechts von in Deutschland ansässigen Personen an schweizerischen Kapitalgesellschaften, in: Archiv für schweizerisches Abgabenrecht, Band 56, S. 48 (51) 1.3.
Verwaltungsentscheidungen
299
Bundesministerium für Finanzen (öBMF) [Österreich] 12.04.1999, Stille Beteiligung nach spanischem Recht, EAS1, ÖStZ 1999, S. 436. 26.01.1998, Französischer stiller Gesellschafter einer österreichischen Kapitalgesellschaft, EAS, in: Steuer und Wirtschaft International 1998, S. 158. 11.01.1998, Beteiligung eines unechten stillen Gesellschafters an australischer Kapitalgesellschaft, EAS, in: Österreichische Steuerzeitung 1998, S. 247. 31.12.1991, Verluste aus unechten stillen Beteiligungen in Deutschland, in: Steuer und Wirtschaft International 1992, S. 38. Internal Revenue Service (I.R.S.) [USA] 18.06.1993, Private Ruling 9337017, in: Lexis-Nexis 1993. 29.11.1982, Private Ruling 8309062, in: Lexis-Nexis 1982. 17.03.1980, Private Ruling 8023109, in: Lexis-Nexis 1980. 22.01.1980, Private Ruling 8016018, in: Lexis-Nexis 1980. 27.12.1979, Private Ruling 8012063, in: Lexis-Nexis 1979. 14.12.1979, General Council Memorandum 38199, in: Lexis-Nexis 1979. 29.05.1979, Private Ruling 7935019, in: Lexis-Nexis 1979. 27.09.1978, Private Ruling 7852027, in: Lexis-Nexis 1978. 25.03.1975, Private Ruling 7503250210A, in: Lexis-Nexis 1975.
1 Express-Antwort-Service der Abteilung für internationales Steuerrecht des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen.
Sachverzeichnis Abgrenzung Verteilungsartikel – DBA-Belgien 219 – DBA-Luxemburg 164 – DBA-Österreich 173, 175 – DBA-Schweiz 204 – DBA-Spanien 191, 198 – DBA-Tschechien 223 – DBA-USA 233 – OECD-MA 70 Abkommensberechtigung – DBA-Belgien 217 – DBA-Luxemburg 163 – DBA-Österreich 172 – DBA-Schweiz 203 – DBA-Spanien 190 – DBA-Tschechien 223 – DBA-USA 231 – inbound-Variante 67 – OECD-MA 64 – outbound-Variante 68 Allgemeine Auslegungsregel – OECDMA 74 Anrechnungsmethode – DBA-Spanien 127 – OECD-MA 117 Ansässigkeit – DBA-Belgien 218 – DBA-Österreich 172 – DBA-Schweiz 203 – DBA-Spanien 190 – DBA-Tschechien 223 – DBA-USA 231 – OECD-MA 65 association en participation – Gesellschaftsrecht Belgien 32 – Gesellschaftsrecht Luxemburg 29
Atypisch stille Gesellschaft – Ausländisches Recht 29 – Besteuerung 38 – Besteuerung Belgien 48 – Besteuerung Deutschland 38 – Besteuerung Luxemburg 45 – Besteuerung Österreich 46 – Besteuerung Schweiz 50 – Besteuerung Spanien 49 – Besteuerung Tschechien 47 – Besteuerung USA 52 – Charakteristika 28 – DBA 60 – Gesellschaftsrecht 23 – Gesellschaftsrecht Belgien 32 – Gesellschaftsrecht Deutschland 23 – Gesellschaftsrecht Luxemburg 29 – Gesellschaftsrecht Österreich 31 – Gesellschaftsrecht Schweiz 34 – Gesellschaftsrecht Spanien 33 – Gesellschaftsrecht Tschechien 31 – Gesellschaftsrecht USA 36 Ausländisches Recht – Atypisch stille Gesellschaft 29 – Rechtsform verfügbar 29 – Vertragliche Ersatzkonstruktionen 34 Auslegung Dividendenartikel – OECDMA 100 Auslegung Vermeidungsartikel – OECDMA 102, 116 Auslegung Zinsartikel – OECD-MA 114, 146 Besteuerung Belgien – Atypisch stille Gesellschaft 48 Besteuerung Deutschland – Atypisch stille Gesellschaft 39
Sachverzeichnis – Einheitliche und gesonderte Feststellung 41 – Gesellschafter-Fremdfinanzierung 44 – Mitunternehmerschaft 39 – Partiarisches Darlehen 44 – Typisch stille Gesellschaft 42 Besteuerung Luxemburg – Atypisch stille Gesellschaft 45 Besteuerung Österreich – Atypisch stille Gesellschaft 46 – Echte stille Gesellschaft 46 – Gesellschafter-Fremdfinanzierung 47 – Unechte stille Gesellschaft 46 Besteuerung Schweiz – Atypisch stille Gesellschaft 50 – Gesellschafter-Fremdfinanzierung 52 Besteuerung Spanien – Atypisch stille Gesellschaft 49 Besteuerung Tschechien – Atypisch stille Gesellschaft 47 – Gesellschafter-Fremdfinanzierung 48 Besteuerung USA – Atypisch stille Gesellschaft 52 – check-the-box-regulations 56 – Kintner-regulations 53 Beteiligung Firmen- und Geschäftswert – DBA-Österreich 177 – DBA-Spanien 195 Beteiligung stille Reserven – DBA-Österreich 177 – DBA-Spanien 195 Betriebsstättenvorbehalt – DBA-Schweiz 211 – OECD-MA 152 check-the-box-regulations – Besteuerung USA 56 – DBA-USA 232, 240 cuenta en participación – Gesellschaftsrecht Spanien 33 DBA – Atypisch stille Gesellschaft 60 DBA-Belgien – Abgrenzung Verteilungsartikel 219
301
– Abkommensberechtigung 217 – Allgemeines 62 – Ansässigkeit 218 – Dividendenartikel 219, 255 – Dividendendefinition 219 – inbound-Variante 222 – OECD-MA 1963 217, 219, 221 – outbound-Variante 219 – Person 217 – Qualifikationskonflikte 220, 222 – Qualifikationsverkettung 255 – Zinsartikel 257 – Zinsdefinition 220 DBA-CFSR – DBA-Tschechien 226, 223 DBA-Dänemark – Allgemeines 62 DBA-Frankreich – Allgemeines 62 DBA-Israel – Allgemeines 61 DBA-Italien – Allgemeines 62 DBA-Luxemburg – Abgrenzung Verteilungsartikel 164 – Abkommensberechtigung 163 – Allgemeines 60 – DBA-Österreich 166 – Dividendenartikel 165 – Dividendendefinition 165 – inbound-Variante 164 – Mitunternehmerschaft 168 – outbound-Variante 171 – Person 163 – Qualifikationskonflikte 172 – Schlussprotokoll 165 – Unternehmensartikel 165, 250, 252 – Vermögensbeteiligung 166 – Wohnsitz 163 – Zinsartikel 165, 257 – Zinsdefinition 165 DBA-Marokko – Allgemeines 62 DBA-Niederlande – Allgemeines 60 DBA-Österreich – Abgrenzung Verteilungsartikel 173, 175 – Abkommensberechtigung 172
302
Sachverzeichnis
– Allgemeines 60 – Ansässigkeit 172 – Beteiligung Firmen- und Geschäftswert 177 – Beteiligung stille Reserven 177 – DBA-Luxemburg 166 – DBA-USA 187 – Dividendenartikel 173, 254 – Dividendendefinition 173 – Echte stille Beteiligung 174 – Gesellschafter-Fremdfinanzierung 174 – inbound-Variante 188 – Notifikationsverfahren 185 – outbound-Variante 173 – Person 172 – Qualifikationskonflikte 189 – Qualifikationsverkettung 254 – Schlussprotokoll 175 – switch over-Klausel 179, 185, 253, 264 – Unechte stille Beteiligung 174 – Unternehmensartikel 250, 252 – Vermögensbeteiligung 176 – Versteinerung von Abkommensbegriffen 180 – Zinsartikel 175 – Zinsdefinition 175 DBA-Schweiz – Abgrenzung Verteilungsartikel 204 – Abkommensberechtigung 203 – Allgemeines 62 – Ansässigkeit 203 – Betriebsstättenvorbehalt 211 – DBA-Spanien 206 – Dividendenartikel 204, 255 – Dividendendefinition 204 – inbound-Variante 217 – OECD-MA 1963 203 – outbound-Variante 204 – Person 203 – Qualifikationskonflikte 127, 214, 217 – Qualifikationsverkettung 204, 255 – switch over-Klausel 216, 263
– Unternehmensartikel 213 – Vermeidungsartikel 214 – Zinsartikel 212, 257 – Zinsdefinition 212 DBA-Spanien – Abgrenzung Verteilungsartikel 191, 198 – Abkommensberechtigung 190 – Allgemeines 61 – Anrechnungsmethode 127 – Ansässigkeit 190 – Beteiligung Firmen- und Geschäftswert 195 – Beteiligung stille Reserven 195 – DBA-Luxemburg 194 – DBA-Österreich 194 – DBA-Schweiz 206 – Dividendenartikel 191, 254 – Dividendendefinition 191 – inbound-Variante 202 – OECD-MA 1963 190, 191 – outbound-Variante 191 – Person 190 – Qualifikationskonflikte 203 – Qualifikationsverkettung 254 – Vermögensbeteiligung 194 – Zinsartikel 198, 257 – Zinsdefinition 198 DBA-Tschechien – Abgrenzung Verteilungsartikel 223 – Abkommensberechtigung 223 – Allgemeines 62 – Ansässigkeit 223 – DBA-CFSR 226, 223 – Dividendenartikel 224, 255 – Dividendendefinition 224 – inbound-Variante 230 – OECD-MA 1963 228 – OECD-MA 1977 223, 228 – outbound-Variante 223 – Person 223 – Qualifikationskonflikte 231 – Qualifikationsverkettung 224, 228, 255
Sachverzeichnis – Zinsartikel 227, 257 – Zinsdefinition 227 DBA-Tunesien – Allgemeines 62 DBA-USA – Abgrenzung Verteilungsartikel 233 – Abkommensberechtigung 231 – Allgemeines 62 – Ansässigkeit 231 – check-the-box-regulations 232, 240 – DBA-Österreich 187 – Dividendenartikel 233, 255 – Dividendendefinition 233 – inbound-Variante 246 – OECD-MA 1977 231 – outbound-Variante 233 – Person 231 – Qualifikationskonflikte 240, 248 – Qualifikationsverkettung 236, 255 – subject to tax-Klausel 244, 266 – switch over-Klausel 239, 266 – Unternehmensartikel 237 – Vermeidungsartikel 239, 244 – Zinsartikel 236, 257 – Zinsdefinition 236 Dividendenartikel – DBA-Belgien 219, 255 – DBA-Luxemburg 165 – DBA-Österreich 173, 254 – DBA-Schweiz 204, 255 – DBA-Spanien 191, 254 – DBA-Tschechien 224, 255 – DBA-USA 233, 255 – OECD-MA 95, 254 Dividendendefinition – DBA-Belgien 219 – DBA-Luxemburg 165 – DBA-Österreich 173 – DBA-Schweiz 204 – DBA-Spanien 191 – DBA-Tschechien 224 – DBA-USA 233
303
Doppelbesteuerung – Einführendes Beispiel 19 dormant partnership – Gesellschaftsrecht USA 36 Echte stille Beteiligung – Besteuerung Österreich 46 – DBA-Österreich 174 Einheitliche und gesonderte Feststellung – Besteuerung Deutschland 41 Ergänzungsdefinition – OECD-MA 108 Forderung jeder Art – OECD-MA 149, 150 Freistellungsmethode – OECD-MA 117 full credit – OECD-MA 117 Gesellschafter-Fremdfinanzierung – Besteuerung Deutschland 44 – Besteuerung Österreich 47 – Besteuerung Schweiz 52 – Besteuerung Tschechien 48 – DBA-Österreich 174 Gesellschaftsbegriff – OECD-MA 96 Gesellschaftsrecht Belgien – association en participation 32 – Atypisch stille Gesellschaft 32 Gesellschaftsrecht Deutschland – Atypisch stille Gesellschaft 23 – Gespaltene Einlage 24 – Gesplittete Einlage 24 – Handelsrechtsreformgesetz 24 Gesellschaftsrecht Luxemburg – association en participation 29 – Atypisch stille Gesellschaft 29 – prêt participatif 30 Gesellschaftsrecht Österreich – Atypisch stille Gesellschaft 31 Gesellschaftsrecht Schweiz – Atypisch stille Gesellschaft 34 Gesellschaftsrecht Spanien – Atypisch stille Gesellschaft 33 – cuenta en participación 33
304
Sachverzeichnis
Gesellschaftsrecht Tschechien – Atypisch stille Gesellschaft 31 – ticha spolecnos 31 Gesellschaftsrecht USA – Atypisch stille Gesellschaft 36 – dormant partnership 36 – silent partnership 36 Gespaltene Einlage – Gesellschaftsrecht Deutschland 24 Gesplittete Einlage – Gesellschaftsrecht Deutschland 24 Graue Einkünfte – Allgemeines 11 – Einführendes Beispiel 21 – OECD-MA 143 Handelsrechtsreformgesetz – Gesellschaftsrecht Deutschland 24 Hybride Beteiligungen – Begriff 11 inbound-Variante – Abkommensberechtigung 67 – DBA-Belgien 222 – DBA-Luxemburg 164 – DBA-Österreich 188 – DBA-Schweiz 217 – DBA-Spanien 202 – DBA-Tschechien 230 – DBA-USA 246 – OECD-MA 162 Keinmalbesteuerung – Einführendes Beispiel 20 Kintner-regulations – Besteuerung USA 53 lex fori – OECD-MA 75 Minderbesteuerung – Einführendes Beispiel 21 Mitunternehmerschaft – Besteuerung Deutschland 39
– DBA-Luxemburg 168 – OECD-MA 79 Negativer Kompetenzkonflikt – Einführendes Beispiel 20 Negativer Qualifikationskonflikt – Einführendes Beispiel 20 Notifikationsverfahren – DBA-Österreich 185 OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships – Allgemeines 11 – OECD-MA 74, 118, 122, 128 – Qualifikationskonflikte 249 OECD-MA – Abgrenzung Verteilungsartikel 70 – Abkommensberechtigung 64 – Abweichende Besteuerung 94 – Allgemeine Auslegungsregel 74 – Anrechnungsmethode 117 – Ansässigkeit 65 – Auslegung Dividendenartikel 100 – Auslegung Vermeidungsartikel 102, 116 – Betriebsstättenvorbehalt 152 – Dividendenartikel 95, 254 – Dividendendefinition 95 – Ergänzungsdefinition 108 – Forderung jeder Art 149, 150 – Freistellungsmethode 117 – full credit 117 – Gesellschaftsanteil 96 – Gesellschaftsbegriff 96 – Graue Einkünfte 143 – inbound-Variante 162 – lex fori 75 – Mitunternehmerschaft 79 – OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships 74, 118, 122, 128 – OECD-MA 2000 12, 122
Sachverzeichnis – – – – – – –
ordinary credit 117 outbound-Variante 72 Personenbegriff 65 Progressionsvorbehalt 117 Qualifikation 97 Qualifikationskonflikte 114, 118, 123 Qualifikationsverkettung 96, 108, 115, 254 – Rückfallklausel 120 – Scheinbare Doppelbesteuerung 120, 138 – Schrankenrechtscharakter 129 – self executing-Norm 120 – Sonstiger Gesellschaftsanteil 104 – subject to tax-Klausel 120, 135, 139, 142 – Subsidiaritätsprinzip 70 – switch over-Klausel 121, 138, 139, 142 – Tatsächliche Doppelbesteuerung 120, 138 – Transparente Besteuerung 72 – Unternehmensartikel 73 – Vermeidungsartikel 69 – Verständigungsverfahren 124 – Verteilungsartikel 69 – Virtuelle Doppelbesteuerung 120, 138 – Wechselseitiger Mechanismus 102 – Weiße Einkünfte 143 – Wiener Übereinkommen 112, 130 – Zinsartikel 114, 146, 257 – Zinsdefinition 114, 148 – Zurechnung Betriebsstätte 78 – Zurechnungskonflikte 140 OECD-MA 1963 – DBA-Belgien 217, 219, 221 – DBA-Schweiz 203 – DBA-Spanien 190, 191 – DBA-Tschechien 228 OECD-MA 1977 – DBA-Tschechien 223, 228 – DBA-USA 231 – Unternehmensartikel 73 – Zinsartikel 257
305
OECD-MA 2000 – Allgemeines 12 – OECD-MA 122 – Unternehmensartikel 73 – Vermeidungsartikel 20, 122, 261 ordinary credit – OECD-MA 117 outbound-Variante – Abkommensberechtigung 68 – DBA-Belgien 219 – DBA-Luxemburg 171 – DBA-Österreich 173 – DBA-Schweiz 204 – DBA-Spanien 191 – DBA-Tschechien 223 – DBA-USA 233 – OECD-MA 72 Partiarisches Darlehen – Besteuerung Deutschland 44 Person – DBA-Belgien 217 – DBA-Luxemburg 163 – DBA-Österreich 172 – DBA-Schweiz 203 – DBA-Spanien 190 – DBA-Tschechien 223 – DBA-USA 231 – OECD-MA 65 Positiver Kompetenzkonflikt – Einführendes Beispiel 19 Positiver Qualifikationskonflikt – Einführendes Beispiel 19 prêt participatif – Gesellschaftsrecht Luxemburg 30 Progressionsvorbehalt – OECD-MA 117 Qualifikation – Begriff 13 – IPR 14 – OECD-MA 97 Qualifikationskonflikte – Begriff und Ursachen 13 – Besteuerungsfolgen 17
306
Sachverzeichnis
– – – – – – – – – – –
DBA-Belgien 220, 222 DBA-Luxemburg 172 DBA-Österreich 189 DBA-Schweiz 127, 214, 217 DBA-Spanien 203 DBA-Tschechien 231 DBA-USA 240, 248 Einführendes Beispiel 17 Merkmale 15 Mögliche Ursachen 22 OECD-Bericht The application of the OECD Model Tax Convention to partnerships 249 – OECD-MA 114, 118, 123 – Vermeidung 249 – Vermeidungsartikel 261 Qualifikationsverkettung – Auswirkungen 258 – DBA-Belgien 255 – DBA-Österreich 254 – DBA-Schweiz 204, 255 – DBA-Spanien 254 – DBA-Tschechien 224, 228, 255 – DBA-USA 236, 255 – OECD-MA 96, 108, 115, 254 Rückfallklausel – OECD-MA 120
Scheinbare Doppelbesteuerung – OECDMA 120, 138 Schlussprotokoll – DBA-Luxemburg 165 – DBA-Österreich 175 Schrankenrechtscharakter – OECD-MA 129 Schwarze Einkünfte – Allgemeines 11 – Einführendes Beispiel 19 self executing-Norm – OECD-MA 120 silent partnership – Gesellschaftsrecht USA 36 Sonstiger Gesellschaftsanteil – OECDMA 104
subject to tax-Klausel – Auswirkungen 267 – DBA-USA 244, 266 – OECD-MA 120, 135, 139, 142 Subsidiaritätsprinzip – OECD-MA 70 switch over-Klausel – Auswirkungen 267 – DBA-Österreich 179, 185, 253, 264 – DBA-Schweiz 216, 263 – DBA-USA 239, 266 – OECD-MA 121, 138, 139, 142 Tatsächliche Doppelbesteuerung – OECDMA 120, 138 ticha spolecnos – Gesellschaftsrecht Tschechien 31 Typisch stille Gesellschaft – Besteuerung Deutschland 42 Unechte stille Beteiligung – Besteuerung Österreich 46 – DBA-Österreich 174 Unternehmensartikel – DBA-Luxemburg 250, 252 – DBA-Österreich 250, 252 – DBA-Schweiz 213 – DBA-USA 237 – Mittelbare Ergänzung 249, 252 – OECD-MA 73 – OECD-MA 1977 73 – OECD-MA 2000 73 – Unmittelbare Ergänzung 249, 250 Vermeidungsartikel – DBA-Schweiz 214 – DBA-USA 239, 244 – OECD-MA 69 – OECD-MA 2000 20, 122, 261 – Qualifikationskonflikte 261 Vermögensbeteiligung – DBA-Luxemburg 166 – DBA-Österreich 176 – DBA-Spanien 194
Sachverzeichnis Verständigungsverfahren – OECD-MA 124 Versteinerung von Abkommensbegriffen – DBA-Österreich 180 Verteilungsartikel – OECD-MA 69 Virtuelle Doppelbesteuerung – OECDMA 120, 138 Wechselseitiger Mechanismus – OECDMA 102 Weiße Einkünfte – Allgemeines 11 – Einführendes Beispiel 20 – OECD-MA 143 Wiener Übereinkommen – OECD-MA 112, 130 Wohnsitz – DBA-Luxemburg 163 Zinsartikel – DBA-Belgien 257 – DBA-Luxemburg 165, 257 – DBA-Österreich 175
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– DBA-Schweiz 212, 257 – DBA-Spanien 198, 257 – DBA-Tschechien 227, 257 – DBA-USA 236, 257 – OECD-MA 114, 146, 257 – OECD-MA 1977 257 Zinsdefinition – DBA-Belgien 220 – DBA-Luxemburg 165 – DBA-Österreich 175 – DBA-Schweiz 212 – DBA-Spanien 198 – DBA-Tschechien 227 – DBA-USA 236 – OECD-MA 114, 148 – Zivilrechtliches Verständnis 148 Zivilrechtliches Verständnis – Zinsdefinition 148 Zurechnung Betriebsstätte – OECD-MA 78 Zurechnungskonflikte – OECD-MA 140