Psychologie und Logik 9783486745368, 9783486745351


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Table of contents :
Aus Den Vorreden Zur Ersten Und Zweiten Auflage
Ans Dem Vorwort Zur Dritten Auflage
Vorwort Zur Vierten Auflage
Vorwort Zur Achten Auflage
Inhalt
Psychologie und Logik
§ 1. Gegenstand, Aufgabe und Methoden der Psychologie
§ 2. Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens
Die Erscheinungen und Gesetze des geistigen Lebens
I. Das Vorstellungsleben
§ 3. Die Empfindung
§ 4. Allgemeines Ober die Empfindungen
§ 5. Die Wahrnehmung
§ 6. Die Vorstellung
§ 7. Die Verbindungen der Vorstellungen
§ 8. Von den Komplikationen und ihren wichtigsten Bestandteilen
§ 9. Vorstellungstypen
§ 10. Das Gedächtnis
§ 11. Die Phantasie
§ 12. Sinnestäuschungen
§ 13. Die Begriffsbildung
§ 14. Die Aufmerksamkeit
§ 15. Das Interesse
§ 16. A. Der Begriff
§ 17. B. Das Urteil
§ 18. C. Der Schluß
II. Das Fühlen
§ 19. A. Wesen, Entstehung, Eigenart und Bedeutung der Gefühle
§ 20. I. Die material bedingten sinnlichen Gefühle
§ 21. III. Die material bedingten geistigen Gefühle
§ 22. IV. Die formal bedingten geistigen Gefühle
§ 23. E. Kinderpsychologisches
III. Das Wollen
§ 24. Wesen, Entstehung und Bedeutung des Wollens. Stufen der Willensbetätigung
§ 25. Trieb und Begierde
§ 26. Neigung, Hang und Leidenschaft
§ 27. II. Das verständige Wollen und die zusammengesetzten Willenshandlungen
§ 28. III. Das sittliche Wollen. Die Entwicklung des Wollene zum Charakter
§ 29. C. Kinderpsychologisches
Literarische Hilfsmittel
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Psychologie und Logik
 9783486745368, 9783486745351

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Psychologie und Logik

Praktische Erziehungsund Unterrichtslehre Für den Unterricht in Lehrerbildungsanstalten und für Volksschullehrer Von

J. Böhm f Kgl. Seminarlehrer in Altdorf

Erster Band

Psychologie und Logik

WRpl

München 1 9 2 0 Druck und Verlag von R. Oldenbourg Abteilung für Schulbücher

Psychologie und Logik Bearbeitet von

Albert Fritz Seminardirektor

und

Karl Böhm Yolksschullehrer

Mit 37 Abbildungen im Text

3. Auflage

München 1920 Druck und Verlag von R. Oldenbourg A b t e i l u n g für S c h u l b ü c h e r

Aus den Vorreden zur ersten und zweiten Auflage. Erste Auflage: Die gegenwärtige Schrift ist betitelt: » P r a k t i s c h e E r z i e h u n g s l e h r e . « Dieser Titel dürfte seine Berechtigung zum Teil in dem Umstände haben, daß die vorliegende systematische Darstellung der Pädagogik auf den ausgesprochenen E r f a h r u n g e n vieler bewährter Erzieher beruht. Sie fußt aber auch auf B e o b a c h t u n g e n und S t u d i e n , die ich in meiner e i g e n e n l a n g j ä h r i g e n P r a x i s als Erzieher und bei dem Unterrichte in der Pädagogik im Lehrerseminar zu machen Gelegenheit hatte und suchte. Zum andern dürfte es wohl als praktisch befunden werden, daß dieses Buch, das von der Menschenerziehung handelt, sich auf die Lehre vom M e n s c h e n , die A n t h r o p o l o g i e , stützt und deshalb die Kenntnis der Hauptlehren derselben als Vorbedingung des pädagogischen Studiums fordert. Ähnlich ist es bezüglich der Ethik und Logik . . . Praktisch, glaube ich, ist es auch, daß durch Anführung von geeigneten Aussprüchen und Ansichten bedeutender Pädagogen die Seminaristen zum Nachdenken und Prüfen angeregt und auf das Studium der historischen Pädagogik vorbereitet werden, so wie sie durch die beigegebenen Zitate für die Theorie und Praxis der Erziehung erwärmt werden sollen. Was endlich die Anlage des Buches betrifft, so sollte die Brauchbarkeit des Lehrbuches dadurch erhöht werden, daß der eigentliche, übersichtlich gegliederte Lehrtext durch Großdruck, die Anmerkungen und poetischen Gaben in den Fußnoten aber durch kleineren und kleinsten Druck auffällig gemacht worden sind . . .

VI

Vorwort

Nach diesen wesentlichen Grundsätzen ist auch das zweite Buch, die »Praktische Unterrichtslehre«, bearbeitet. Ob es mir nun gelungen ist, ein wirklich p r a k t i s c h e s Buch zu schaffen, das zu beurteilen überlasse ich einsichtsvollen Fachmännern. Gerne aber bekenne ich schon jetzt, daß ich mein Buch nicht für tadellos halte und bin daher gerne und mit. Dank bereit, wohlgemeinte und brauchbare BesserungsVorschläge entgegenzunehmen und bei einer neuen Auflage gewissenhaft zu benützen. Zweite Auflage: Die » P r a k t i s c h e E r z i e h u n g s - und U n t e r r i c h t s l e h r e « , welche bei ihrem ersten Erscheinen inner- und außerhalb Bayerns vielfach eine freundliche Aufnahme fand, erscheint hiermit in z w e i t e r , v ö l l i g umgea r b e i t e t e r Auflage. Was zunächst das erste Buch, die » P r a k t i s c h e Erz i e h u n g s l e h r e « , betrifft, so liegen die vorgenommenen Veränderungen und — wie ich hoffe — Verbesserungen hauptsächlich darin, daß im Einklang. mit den Vorschriften über die Lehrerbildung in Bayern die allgemeinen Grundsätze der K ö r p e r - u n d S e e l e n l e h r e als G r u n d l a g e d e r E r z i e h u n g s l e h r e dieser in erweiterter Gestalt v o r a n g e s t e l l t wurden, wodurch gleichzeitig der Abschnitt über die Erziehungsm e t h o d e eine diesem Begriffe entsprechendere Behandlung erfuhr. Auch sind verschiedene andere Kapitel schärfer gegliedert und möglichst klar dargestellt worden. Zur Bearbeitimg des Buches hat der Verfasser viele literarische Behelfe beigezogen und dabei ebensowohl die Werke der Empiriker, als auch die der Herbartianer berücksichtigt. Die benützten literarischen Hilfsmittel sind nach jedem größeren Abschnitte vollzählig angegeben. Gleichwohl hält er auch jetzt sein Werk noch nicht für vollkommen und wird wohlgemeinte Besserungsvorschläge nach Möglichkeit gerne verwerten. Wenn es dem Verfasser gelungen wäre, viele von denen, an die der Ruf des Heilandes: »Weidet meine Lämmer!« ergangen, durch diese Arbeit für ihren heiligen Beruf zu erleuchten, zu erwärmen und zu begeistern, so fände er darin seinen schönsten Lohn.

VII

Vorwort

Und nun möge das Büchlein die zweite Wanderung antreten und auch in seiner neuen Gestalt eine nachsichtige Beurteilung und freundliche Aufnahme finden. Schließlich hat der Verfasser noch die angenehme Pflicht zu erfüllen, seinem geehrten Freunde, Herrn Seminarlehrer R u o f f , für die ersprießliche Mitwirkung bei der Umarbeitung dieses Buches den wärmsten Dank auszudrücken. A l t d o r f , Oktober 1880, Juli 1889. Der Verfasser.

Ans dem Vorwort zur dritten Auflage. Nahezu drei Dezennien war ich am hiesigen Lehrerseminar tätig. Achtzehn Jahre hindurch erteilte ich Unterricht in der Pädagogik und Methodik, und bis zu dieser Stunde setzte ich mit Vorliebe das Studium der Erziehungswissenschaft fort und hielt mich in lebendigem Verkehr mit Schule und Lehrer. Der Niederschlag meiner pädagogischen Studien und Erfahrungen ist in dem vorliegenden Werke geboten, an welchem, soweit im II. Band die »spezielle Unterrichtslehre« in Betracht kommt, hochangesehene bayerische Schulmänner hervorragenden Anteil haben. Die »Praktische Erziehungslehre« ist von mir allein bearbeitet worden. Eine eingehende Besprechung ihrer zweiten Auflage (welch letztere von der Presse äußerst günstig beurteilt wurde) durch Herrn G r i e b e l in Rothenburg in den »Blättern für die Schulpraxis«, Jahrgang 1890, hebt rühmend hervor: die Übersichtlichkeit in der Anordnung des Stoffes, die scharfe Charakterisierung und Begrenzung der Begriffe, die Klarheit und Schönheit der sprachlichen Einkleidung und den hohen sittlichen Ernst, der das Ganze durchweht. Diesem freundlichen Urteile gegenüber darf ich wohl versichern, daß ich wenigstens aufrichtig bestrebt war, dem Buche diese lobenswerten Eigenschaften zu geben und zu wahren und dabei die über dasselbe gefällten Urteile fachkundiger Männer gerne zu berücksichtigen . . . Sympathisch hat es berührt, daß den textlichen Ausführungen inhaltsreiche Zitate aus der Heiligen Schrift, aus den

VIII

Vorwort.

pädagogischen Klassikern und den deutschen Dichtern beigefügt wurden. Da dieselben durch ihre veranschaulichende Kraft und prägnante, schöne Form das Verständnis manoher Lehren erleichtern, so ist eine oder die andere Gabe als neuer Beweis dafür hinzugetreten, daß sich in der deutschen Literatur treffliche pädagogische Bausteine finden. Bei der diesmaligen Bearbeitung sind die neuesten Erscheinungen der pädagogischen Literatur, insbesondere auch die neueren Forschungsergebnisse auf dem Gebiete der Erfahrungsseelenlehre (von Lotze, Weber, Wundt, Fechner u. a.) zu Rate gezogen worden, und bei dem Bemühen, das Buch immer mehr zu einem praktischen Unterrichtsmittel zu gestalten, habe ich, wie schon bei der zweiten Auflage, für die Durchsicht des Manuskriptes einen erfahrenen und noch im Lehramte stehenden, mit dem pädagogischen Unterrichte betrauten Schulmann zu gewinnen gesucht. Herr Seminarlehrer Vogel dahier hat sich dieser Aufgabe mit freundlicher Bereitwilligkeit und mit größter Sorgfalt unterzogen und mir es dadurch zur angenehmen Pflicht gemacht, ihm für seine sehr ersprießliche Mitwirkung bei der Neuherausgabe der Erziehungslehre hier öffentlich meinen verbindlichsten Dank auszusprechen . . . A l t d o r f , den 25. August 1896. J. Böhm.

Vorwort zur vierten Auflage. Zunächst drängt es mich, für die freundliche Aufnahme und wohlwollende Beurteilung, welche auch die dritte Auflage des vorliegenden Buches fand, hiermit wärmsten Dank zu sagen. Dieser gilt insbesondere den Herren Rezensenten, sodann auch den verehrten Kollegen und Freunden, welche mich bei Bearbeitung der vierten Auflage wohlmeinend berieten oder mir bei der Korrektur behilflich waren und es möglich machten, ihre Wünsche gewissenhaft zu prüfen und nach Tunlichkeit zu berücksichtigen. Ist dadurch die vierte Auflage zweifelsohne eine »verbesserte« geworden, so bin ich gleichwohl nicht

Vorwort.

IX

etwa der Meinung, daß mein Werk nun vollkommen und mangelfrei sei, sondern nehme im Gegenteil jede fernere Anregung zur Verbesserung dankbarst entgegen. Psychologie und Pädagogik treten im Seminar als neue Lehrgegenstände auf. Erfahrungsgemäß fällt die Hilfswissenschaft der Psychologie den Seminaristen anfänglich ziemlich schwer. Aus diesem Grunde bin ich überall von der Anschauung, von Beispielen ausgegangen, habe mich einer einfachen und möglichst klaren Ausdrucksweise bedient und den Stoif in übersichtlicher Form geboten, wodurch das Studium erleichtert werden soll. Diese Eigenschaften des Buches haben Beifall gefunden. Trotzdem möchte ich betonen, daß der Unterrichtserfolg meist von der Art der Anwendung abhängt; denn jedes, auch das beste Lehrbuch, kann für den Unterricht tot- wie lebenbringend werden. Wer das pädagogische Feuerzeug richtig zu handhaben versteht, entzündet damit in den Herzen der Schüler den Gottesfunken lebenswarmer Begeisterung, die zu selbständigem Forschen führt; wer nicht damit umzugehen weiß, läßt gleichgültig, kalt und bringt es höchstens dahin, daß der Schüler auswendig lernt, ohne zugleich zu innerlichem Wachstume Anreiz zu erhalten. Dies liegt jedoch nicht am Buche, sondern am Lehrer. Seit dem Erscheinen der dritten Auflage (1896) hat die »experimentelle Pädagogik« Fortschritte gemacht, weshalb auf dieselbe öfter und eingehender hinzuweisen war. Dasselbe gilt von der Kinderpsychologie, insbesondere von der »pädagogischen Pathologie« (Kinderfehler, Minderwertigkeiten), mit welchen Wissenszweigen die Seminaristen wenigstens kurz bekannt zu machen sind, um für später zu eingehender Beschäftigung damit veranlaßt zu werden. Von sehr schätzenswerter Seite ist mir nahegelegt worden, nach dem Vorgange anderer an jedes Kapitel der Anthropologie und Psychologie sogleich die Anwendung anzufügen. Nach reiflichster Erwägung bin ich bei der Meinung geblieben, daß der Seminarist doch die wichtigsten Erscheinungen und Gesetze des Seelenlebens erst im Zusammenhange kennen lernen muß, wenn er sie mit Verständnis auf Erziehung und l'nterricht anwenden soll.

X

Vorwort

Nach der Lehrordnung vom 21. Juli 1898 ist für des 3. Kurs der Präparandenschulen in der N a t u r g e s c h i c h t e als Pensum vorgeschrieben: »Die L e h r e v o m M e n s c h e n : Bau des menschlicher^ Körpers, Tätigkeit und Zweck seiner Organe, Gesundheitslehre und Gesundheitspflege.« Wird durch diesen in der Präparandenschule erteilten Unterricht dem vollständig Genüge geleistet, was in meiner »Praktischen E r ziehungslehre« S. 20 mit 36 und S. 175 mit 190 behandelt wird, so kann der Lehrer der Pädagogik, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, die betreffenden Kapitel überschlagen und mit der L e h r e v o n d e r m e n s c h l i c h e n Seele (S. 37) den Unterricht fortsetzen und diesen um so eingehender gestalten. So möge denn der Gebrauch des vom Verleger wieder sehr zu Dank ausgestatteten Buches, das in seiner bisherigen Gestalt sich viele Freunde erwarb, auch fernerhin zum Besten der Lehrerbildung und Jugenderziehung ausschlagen. Z u r E r i n n e r u n g a n d a s 80. G e b u r t s f e s t Sr. Kgl. H o h e i t des P r i n z r e g e n t e n L u i t p o l d ausgegeben am 12. März 1901. J. Böhm. Die fünfte Auflage erschien 1904, die sechste 1908 und die siebente Auflage wurde 1910 ausgegeben.

Vorwort zur achten Auflage. Zwei Umstände machten eine durchgreifende Umarbeitung des Böhmschen Lehrbuches zur Notwendigkeit, einmal die Forderungen der Lehrordnung für die bayerischen Lehrerund Lehrerinnenbildungsanstalten vom 8. August 1912 und zum andern die Fortschritte der neuen Psychologie, in die die Schüler des Seminars einzuweisen eine unabwendbare Pflicht des Pädagogikunterrichtes geworden ist. Was an gesicherten Ergebnissen vorhanden ist, wurde in der neuen Auflage des vorliegenden Lehrbuches berücksichtigt, alles aber, was noch

Vorwort.

XI

strittig ist und vom Gebiet der Hypothese noch nicht in das der Theorie herübergenommen werden konnte, ferngehalten. Absichtlich ist der Begriff der Apperzeption in der Herbartschen Auffassung beibehalten worden, da die von Wundt zu allgemein und zu dehnbar erscheint. Ebenso sind die Grundlehren der Logik bei der Begriffsbildung erörtert worden, weil von der Herbartschen Apperzeptionslehre leicht und ungezwungen ein Weg sich zu ihnen ergab. Endlich ist von allen pädagogischen Nutzanwendungen abgesehen worden, damit der Stoff der Unterrichts- und Erziehungslehre nicht in einzelnen aphoristischen Imperativen vorweg genommen wird. Dagegen geht das Buch von zahlreichen Versuchen aus, aus denen dann die wichtigsten Erscheinungen und Gesetze des Seelenlebens auf induktivem Wege erkannt werden können. Im Zusammenhange damit wurden die wichtigsten Tatsachen der seelischen Entwicklung des Kindes und die im Schulleben vorkommenden hauptsächlichsten pathologischen Erscheinungen behandelt, die noch keine ausgesprochenen seelischen Krankheiten sind. So glauben die Verfasser dem pädagogischen Unterricht eine brauchbare Grundlage gegeben zu haben und hegen die Hoffnung, daß das Buch, das in der Praxis des Seminarunterrichts lange Zeit gerne gebraucht worden ist, auch in der neuen Fassung sich die alten Freunde wieder erwerben wird. S c h w a b a c h und N ü r n b e r g , November 1913. Albert Fritz und Karl Böhm.

Inhalt. Psychologie und L o g i k . $ 1. G e g e n s t a n d , A u f g a b e u n d M e t h o d e n d e r P s y c h o l o g i e § 2. D i e k ö r p e r l i c h e n G r u n d l a g e n u n s e r e s S e e l e n l e b e n s 1. Die Nervenzellen 2. Die Zellfortsätze 3. Die Zentralorgane (Rückenmark und Gehirn) 4. Willkürliche und unwillkürliche Bewegungen

Seite

1 4 4 5 9 14

Die Erscheinungen und Gesetze des geistigen Lebens. I. D a s Vorstellungsleben. § 3. D i e E m p f i n d u n g I. Wie entsteht eine Gesichtsempfindung ? II. Wie entsteht eine Gehörsempfindung? III. Wie entsteht eine Geruchs-u. eine Geschmacksempfindung? IV. Wie entsteht eine Tastempfindung? V. Körper-, Organ- und Innenempfindungen § 4. Allgemeines über die Empfindungen § 5. D i e W a h r n e h m u n g § 6. D i e V o r s t e l l u n g § 7. Die Verbindungen der Vorstellungen § 8. Von den Komplikationen und ihren wichtigsten Bestandteilen . § 9. Vorstellungstypen § 10. D a s G e d ä c h t n i s § 11. D i e P h a n t a s i e § 12. S i n n e s t ä u s c h u n g e n §13. D i e B e g r i f f s b i l d u n g § 14. D i e A u f m e r k s a m k e i t § 15. D a s I n t e r e s s e Das Denken § 16. A. Der Begriff §17. B. Das Urteil §18. G. Der Schluß D. Die Denkgesetze E. Kinderpsychologisclies .

16 16 20 24 27 31 32 38 41 45 55 61 62 77 84 88 98 106 108 108 118 124 134 137

XIV

Inhalt. II. D a s F ü h l e n .

| 19. A. B. C. D. §20.

Wesen, Entstehung, Eigenart und Bedeutung der Gefühle Einteilung der Gefühle Die Eigenschaften der Gefühle Artep der Gefühle I. D i e m a t e r i a l b e d i n g t e n s i n n l i c h e n G e f ü h l e I I . Die f o r m a l b e d i n g t e n s i n n l i c h e n G e f ü h l e . . { 21. III. D i e m a t e r i a l b e d i n g t e n g e i s t i g e n G e f ü h l e . . 1. Die intellektuellen, logischen oder Erkenntnisgefühle 2. Das Selbstgefühl 3. Das Mitgefühl oder die sympathetischen Gefühle . 4. Das sittliche oder cthische Gefüllt 5. Das ästhetische Gefühl 6. Das religiöse Gefühl § 22. IV. D i e f o r m a l b e d i n g t e n g e i s t i g e n G e f ü h l e . . . 1. Die Kraftgefühle 2. Spannungs- oder Verlaufsgefühle 3. Der Affekt 4. Das Gemüt $ 23. E. Kinderpsychologischcs F. Gefühlsstörungen

Seite 145 147 149 150 151 153 154 154 155 15& 158 160 161 163 163 164 165 167 168 170

III. D a s W o l l e n . A. D a s W o l l e n ( S t r e b e n , B e g e h r e n ) im a l l g e m e i n e n . § 24. Wesen, Entstehung und Bedeutung des Wollens. Stufen der Willensbetätigung

172

B. D a s W o l l e n im b e s o n d e r e n . J 25. $ 26. § 27. $ 28. $ 29.

I. Der natürliche Wille. Eigentliches Begehren Trieb und Begierde Neigung, Hang und Leidenschaft II. Das verständige Wollen und die zusammengesetzten Willenshandlungen I I I . Das sittliche Wollen. Die Entwickelung des Wollens zum Charakter C. K i n d e r p s y c h o l o g i s c h e s D. S t ö r u n g e n d e s W i l l e n s l e b e n s Literarische Hilfsmittel

175 175 181 184 187 191 193 196

Psychologie und Logik. § i. Gegenstand, Aufgabe und Methoden der Psychologie.

Die Seelenlehre oder Psychologie befaßt sich mit den E r s c h e i n u n g e n d e s B e w u ß t s e i n s . Sie hat es also nicht mit sinnlich wahrnehmbaren Dingen und Vorgängen der Außenwelt, sondern m i t u n k ö r p e r l i c h e n B e w u ß t s e i n s z u s t ä n den und Bewußtseinsvorgängen, mit E m p f i n d u n g e n , Vorstellungen, G e d a n k e n , Gefühlen und Strebunge-n zu t u n , die u n s e r e r i n n e r e n E r f a h r u n g a l s u n m i t t e l b a r e E r l e b n i s s e gegeben sind. Die A u f g a b e d e r P s y c h o l o g i e i s t es, die E r s c h e i n u n g e n d e s S e e l e n l e b e n s zu b e o b a c h t e n , zu b e s c h r e i b e n u n d zu o r d n e n , die Beziehungen und Zusammenhänge zwischen i h n e n n a c h z u w e i s e n und die sich d a b e i e r g e b e n d e n G e s e t z e d a r z u s t e l l e n . Der Erzieher und Lehrer braucht vor allem eine genaue Kenntnis der Anfänge des kindlichen Seelenlebens und seiner Entwicklung in den Jahren der Schulpflicht, mit besonderer Berücksichtigung auf die Erziehung des Zöglings und Schülers. K i n d e r p s y c h o l o g i e und p ä d a g o g i s c h e P s y c h o l o g i e sind deshalb zwei Zweige der allgemeinen Psychologie. Die ausgiebigste Quelle für die Erkenntnis des Seelenlebens ist die S e l b s t b e o b a c h t u n g und die B e o b a c h t u n g a n d e r e r , wozu sich der V e r s u c h oder das p s y c h o l o g i s c h e E x p e r i m e n t gesellt. B ö h m , P r a k t . Erziehung»- u. U n t e r r i c h t s l e h r e . I. B d . 3. Aufl.

1

2

Psychologie.

Die Selbstbeobachtung galt lange Zeit als das vollkommenste Forschungsmittel der Erfahrungsseelenlehre oder der empirischen Psychologie. Sie besitzt aber doch große Mängel, da sie das Unmögliche verlangt, die Seele in- einen beobachtenden und in einen beobachteten Teil zu zerlegen.. Je mehr die Aufmerksamkeit sich auf den zu beobachtenden inneren Vorgang richtet, desto mehr wird er verändert und schließlich ganz unterdrückt, ja manche Seelenzustände, wie großer Schmerz, große Freude, Zorn usw., nehmen so ein, daß wir weniger von uns selbst wissen als andere, und in froher Laune urteilen wir anders als im Zustande der Verstimmung. Durch die Selbstbeobachtung ist man wohl zur Aufzählung, Beschreibung und Klassifizierung der seelischen Erscheinungen gekommen, aber seit Menschengedenken ist zu den Tatsachen, die sich aus der Selbstbeobachtung schöpfen lassen, keine wesentlich neue hinzugekommen. Es fehlt schließlich jedes Mittel, um die zusammengesetzten Vorgänge in ihre einfachen Bestandteile zu zerlegen und durch Ausschaltung des einen oder anderen Bestandteils den ursächlichen Zusammenhang der Erscheinungen aufzudecken. Man hat deshalb die Selbstbeobachtung durch die Beo b a c h t u n g a n d e r e r ergänzt, die sich entweder auf einzelne Personen (Individualpsychologie) oder auf Gemeinschaften der Menschen, ja sogar auf ganze Völker (Völkerpsychologie) erstreckt. Sie muß, weil die p s y c h i s c h e n P h ä n o m e n e niemals sinnlich wahrgenommen werden k innen, auf die Ä u ß e r u n g e n d e s I n n e n l e b e n s , auf Haltung, Mienen, Gebärden, Bewegungen und auf die Sprache oder auf schriftliche Aufzeichnungen (Tagebücher, Biographien) und auf dichterische Darstellungen achten und dadurch den psychischen Vorgang im Bewußtsein des andern erschließen. Selbstbeobachtung und Beobachtung anderer bilden zusammen die i n t r o s p e k t i v e Methode. Die durch die Beobachtung anderer m i t t e l b a r gewonnenen Erkenntnisse (objektive Methode) sind aber selbst in dem Falle unvollkommen, wenn der andere durch die Sprache uns Aufschluß über das gibt, was in seiner Seele vorging. Der Sprechende kann sich über seinen psychischen Zustand selbst nicht klar sein, wozu noch der Umstand kommt, daß der lebendige,

3

Gegenstand, Aufgabe und Methoden der Psychologie.

ununterbrochene Fluß des Vorstellungslebens sich schwer und nie ganz genau in Worten wiedergeben läßt. Deshalb muß die Psychologie ein Mittel gebrauchen, das die seelischen Vorgänge genau zu verfolgen gestattet, sie willkürlich von neuem hervorrufen, abändern und dadurch e x a k t beobachten läßt. Dieses Mittel ist das p s y c h o l o g i s c h e E x p e r i m e n t , w o d u r c h ein s e e l i s c h e r V o r g a n g a b s i c h t lich zum Zwecke seines S t u d i u m s h e r v o r g e r u f e n w i r d . Zu einem solchen Versuche gehören in der Regel zwei Personen, d e r V e r s u c h s l e i t e r und die V e r s u c h s p e r s o n . Der erstere ruft einen Reiz hervor, die letztere gibt auf Grund ihrer Selbstbeobachtung ihre Erlebnisse durch Worte oder durch verabredete Zeichen kund. Zur Erzielung richtiger Resultate ist längere Übung, besonders bei der Versuchsperson, notwendig, damit sie unbefangen bleibt und ihre Aufmerksamkeit auf ihr Innenleben konzentrieren lernt. Ferner müssen diese Versuche in großer Zahl und an verschiedenen Personen vorgenommen werden, damit die individuellen Verschiedenheiten ausgeschieden werden und sichere Ergebnisse zustande kommen. Die mit solchen künstlichen Versuchen sich beschäftigende Seelenlehre bezeichnet man als e x p e r i m e n t e l l e P s y c h o l o g i e . Da man an der Seele selbst nicht experimentieren kann, so war man auf Einwirkungen auf die Sinnesorgane und die Nerven hingewiesen, durch welche physiologische Vorgänge hervorgerufen wurden, die mit seelischen Erscheinungen (Sehen, Hören, Riechen) verbunden erscheinen. Diese physiologischen Experimente wandelten sich in psychologische um, und die experimentelle Psychologie wurde auch als p h y s i o l o g i s c h e P s y c h o l o g i e bezeichnet, da die Physiologie eine Hilfswissenschaft der Psychologie geworden war. Zu den Erscheinungen, welche wir am normalen Menschen beobachten, gesellen sich dann noch die k r a n k h a f t e n S e e l e n e r s c h e i n u n g e n . Hin und wieder kommen auch in der Schule Kinder mit anormalem Seelenleben vor, Kinder mit psychopathischen Minderwertigkeiten, und die Zahl der nervösen und nervenschwachen oder neurasthenischen Kinder ist nicht gering. Deshalb muß der Lehrer mit diesen krankhaften oder p a t h o l o g i s c h e n Seelenzuständen durch die p a t h o l o g i s c h e Ts v t iiulugie bekannt gemacht werden. 1*

4

Psychologie.

§ 2. Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens. Die seelischen oder psychischen Vorgänge stehen in engem Zusammenhange mit körperlichen oder physiologischen Prozessen. Das seelische Leben erscheint abhängig von dem jeweiligen Befinden des Körpers, es erfährt eine Förderung bei Gesundheit, eine nachteilige Beeinflussung bei Schwäche, Ermüdung oder Krankheit des Leibes. Umgekehrt ist aber auch der Leib abhängig von der Seele. Das Angstgefühl bewirkt vermehrte Herz- und Atemtätigkeit, großer Schreck führt oft Lähmung herbei, Fröhlichkeit, Freude oder Kummer, Trauer kommen im Auftreten, im Blick des Auges, in der Sprache, in der Farbe und den Zügen des Gesichtes zum Ausdruck. Die einfachsten Bewußtseinserscheinungen, das Empfinden, das Fühlen und die Bewegung erscheinen an die Organe des Nervensystems, an Gehirn, Rückenmark und Nerven gebunden. Werden Reize auf die Sinnesorgane ausgeübt, so entstehen in den zugeordneten Nerven physiologische Vorgänge, die wiederum seelische Erscheinungen zur Folge haben; mit Verletzungen gewisser Gehirnpartien sind Lähmungen körperlicher Organe verbunden; erkrankt der Sehnerv, so entsteht Blindheit, so daß sinnes- oder hirnphysiologische Störungen psychologische Störungen im Gefolge haben. Das N e r v e n s y s t e m hat als einfachste Bestandteile oder Elemente: 1. die N e r v e n z e l l e n oder die G a n g l i e n z e l l e n , 2. die N e r v e n f a s e r n , die als Fortsätze der Zellen entstehen, und 3. die G e r ü s t - oder P u n k t s u b s t a n z (Nervenkitt, Neuroglia). 1. Die Nervenzellen. In der Nervenzelle (Abb. 1) findet sich als Hauptbestandteil eine zähflüssige, elastische, fast wasserhelle Substanz, das P r o t o p l a s m a , und eine große Anzahl von dunklen, die Farbe begierig aufnehmenden Schollen (chromatophile Schollen) und häufig noch ein dunkelrostbrauner Farbstoff (das Nervenpigment). Inmitten des Zellenleibes liegt der Z e l l k e r n mit dem eingelagerten K e r n k ö r p e r c h e n . Von dem Zellkern hängt die Lebensfähigkeit der Zelle ab. Nach Größe und Gestalt ungemein verschieden, treten die Nervenzellen bald einzeln oder in Massen

Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens.

5

im Körper auf. Anhäufungen von Nervenzellen bilden die G a n g l i e n z e l l e n , die sich im Gehirn und im Rückenmark zu großen Massen gehäuft, längs der Protobeiden Seiten des plasma-, fortsätze Rückenmarkes als Spinalganglien aber vereinzelt vorfinden. Die Nervenzellen haben eine Kernhärperchen rötlichgraue Färbung und bestehen \ zeiihem aus grauer Nerven||f "ZdienMb (Protopl) mit Körnchen Substanz. Abb. 1.

Jede Nervenzelle (Abbild. 2) entsendet zweierlei Fortsätze, eine größere oder geringere Anzahl von kurzen, dicken Ausläufern, die sich baumartig verästeln, die D e n d r i t e n , und einen dünnen Faden von längerem Verlaufe, der mit einer Endaufsplitterung endet, den N e u r i t e n . Auf seinem Wege gibt er eine Anzahl von Seitenästchen oder K o l l a t e r a l e n ab. Die Nervenzellen zeigen gewohnlich zwei Fortsätze u n d heißen dann b i p o l a r e oder sie weisen mehrere Fortsätze auf u n d werden dann m u l t i p o l a r e genannt.

Nervenzelle.

(Nach H e l l p a c h . )

\ f ]d / V ^ ^ / \! j I \ y ^ f \ \ ¡ X 1 X[ l j M / y ( \ \ / \ 1 l 7 \ \ \

Abb

2

^

d

M ultipolare

Zelle. (Nach H e l l p a c h . ;

d Dendriten; n d e r N e u r i t ; c die Kollateralen.

6

Psychologie.

Diese N e r v e n f a s e r n leiten entweder die von den Sinnesorganen übermittelten Reize zu dem Gehirn, in dem die Seele diese Eindrücke in E m p f i n d u n g e n umsetzt, oder die Seele wirkt auf gewisse Gehirnpartien ein, von denen Nervenleitungen sich nach außen bis zu den Muskelfasern erstrecken und dort B e w e g u n g e n hervorrufen. Die zentripetal leitenden Nerven sind die E m p f i n d u n g s n e r v e n oder die s e n s o r i s c h e n N e r v e n . Sie gehen entweder von den Sinnesorganen aus und heißen s e n s i b l e Nerven oder von den inneren Organen des Körpers (dem Magen, dem Herzen, der Lunge) und werden s e n s i t i v e Nerven genannt. Die zentrifugal leitenden Nerven sind die Bewegungsnerven oder die motor i s c h e n Nerven. Diejenigen von ihnen, die die inneren Organe in Bewegung setzen, dabei aber von unserem Willen fast völlig unabhängig sind, machen das veget a t i v e oder s y m p a t h i s c h e Nervensystem aus, zu dem alle anderen Nerven oder das a n i m a l e System den Gegensatz bilden. Die Nervenfasern (Abb.3u.4) setzen sich aus den feinsten Fasern, den P r i m i t i v f i b r i l l e n , zusammen, die bei der Endaufsplitterung einzeln sichtbar Abb. 3. Zelle mit Fortsätzen (Nerveneinheit). werden. Zwischen ihnen liegen (Nach H e i l m a n n . ) reihenweise sehr kleine Körnchen, d Dendriten; JV, und N, N e u r i t ; c Koldie N e u r o s o m e n . Soweit der laterale; a Achsenzylinder; m Markscheide; i (n) S c h w a n n sehe Scheide Neurit sich aus diesen Bestand(Neurilemm); h Neurilemmkern; / Fiteilen aufbaut, heißt er A c h s e n brillennetz; M Muskelfasern.

Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens.

7

z y l i n d e r . .Nach dem Austritt aus der Zelle umgibt er sich mit der Markscheide und bildet die markhaltige Nervenfaser. Verlassen diese Nervenfasern das Zentralorgan, dann legt sich um sie noch eine zweite Hülle, die Schwannsche Scheide oder das N e u r i l e m m a , das an verschiedenen Stellen Einschnürungen erleidet. Alle diese Scheiden dienen zur Isolierung der Leitungsbahnen, so daß eine Übertragung der Erregung oder des Reizes auf eine andere Nervenbahn unmöglich erscheint. Die Fortleitung geschieht in den Bahnen von den anatomisch gleichen Empfindungs- und Bewegungsnerven verhältnismäßig langsam, die normale Geschwindigkeit der Erregungsfortpflanzung beträgt 34 m in der Sekunde. Dazu hat Helmholtz auch nachgewiesen, daß die im Gehirn angelangte Nervenerregung nicht sofort zur bewußten Empfindung wird, sondern daß hierzu noch ein Zeitaufwand von Vio - Vso Sekunde erforderlich ist. Welcher Art diese Erregung ist, weiß man indessen noch nicht sicher. Durch die Nervenfasern wird das p e r i p h e r e N e r v e n s y s t e m gebildet, das sich aus den S i n n e s n e r v e n , die alle Empfindungsnerven sind, und aus den g r ö ß e r e n N e r v e n s t ä m m e n zusammensetzt, die sowohl Empfindungs- als auch Bewegungsnerven enthalten und darum g e m i s c h t e Nerven heißen. Alle Nerven unseres Körpers, die vom Gehirn oder Rückenmark ausgehen, sind somit Neuriten von Ganglienzellen. Mit seiner Endaufsplitterung umspinnt der Nervenfortsatz eine andere Ganglienzelle oder berührt sich mit den Fäden von Dendriten anderer Zellen. Jede Nervenzelle bildet somit mit ihren Fortsätzen eine abgeschlossene Einheit, die man Neuron nennt. Unser ganzes Nervensystem baut sich auf Neuronen auf, die miteinander nur durch Berührung oder K o n t a k t in Verbindung stehen, aber nie miteinander verwachsen. Die Erregung in einem sensiblen Nerven verläuft von außen nach innen folgenderweise (Abb. 5): Wird auf die Haut ein Reiz ausgeübt, so geht die entstandene Erregung im sensiblen Nerven zur Spinalganglionzelle und im Hinterstrang des Rückenmarkes zum verlängerten Mark. Hier umklammert das Endbäumchen entweder eine zweite Gangiienzelle oder lagert den Dendriten derselben auf. Bis hierher reicht das orste Neuron, das zweite bis zur Umklammerung einer

8

Psychologie.

Gehirnzelle. Die sensible oder zentripetale Bahn setzt sich somit aus mindestens zwei, meistens aus mehreren Neuronen zusammen. Die Erregung in einem motorischen Nerven verläuft von innen nach außen, also zentrifugal (Abb. 6). Eine durch die Seele erzeugte Erregung in einer Gehirnzelle wird im motorischen Nerven durch das verlängerte Mark bis zu einer motorischen Zelle im

Gehirnzelle Motor. Pyr.-Zelle

II. Neuron Umlagern der Dendriten

Dendrit

im

Gehirn

Neurit

I. Neuron

B i n . Zelle Kollalerale

I. Neuron

Sens.

Nerven

Mushel

Fibr.

,,„..,

) ob j

Abb. 5. Schema einer s e n s o r i s c h e n Neuronenkette. (Nach W u n d t . )

Dendrit

Neurit

II. Neuron

Abb. 6. Schema einer m o t o r i s c h e n Neuronenkette. (Nach W u n d t . )

Vorderhorn des Rückenmarks geleitet. Bis hierher reicht da« erste Neuron. Von den Dendriten der Vorderhornzelle wird die Erregung aufgenommen und im Neuriten derselben fortgepflanzt, dessen Fibrillen mit den Muskelfasern im Arm, Fuß, Augenlid, in der Zunge usw. in Berührung treten und deren Zusammenziehung oder Ausdehnung, also eine Bewegung unserer körperlichen Organe veranlassen. Die motorische Bahn umfaßt in der Regel zwei Neurone.

Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens.

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3. Die Zentralorgane. (Rückenmark nnd Gehirn.) Sie bestehen hauptsächlich aus drei kompakten Massen vielfach sich durchflechtender F a s e r n , aus N e r v e n z e l l e n und aus S t ü t z g e w e b e . Diese drei Mittelpunkte, in denen die ankommenden Erregungszustände der sensiblen Fasern Vorgänge erzeugen, aus denen in der Seele mannigfache Empfindungen hervorgehen und die motorischen Nerven in Erregungszustände versetzt werden, sind das R ü c k e n m a r k , das G r o ß - und das K l e i n h i r n . Wo die Nervenzellen vorherrschen, finden wir g r a u e Substanz, die Neuriten bilden die w e i ß e . Wegen ihrer großen Bedeutung haben diese Organe Mutterkorn mit JuWurzehv.

Vorderhorn, mit v. Wurzeln,. Abb. 7.

Querschnitt durch das Rückenmark nebst zentripetalen und zentrifugalen Nerven. (Nach H e i l m a n n . )

eine sorgfältige Lagerung im Körper erfahren. Durch die starken K n o c h e n m a s s e n der W i r b e l ist das Rückenmark, durch die S c h ä d e l k a p s e l das Gehirn geschützt. Das Rückenmark (Abb. 7) liegt im Kanal, den die Wirbellöcher bilden, als ein von starken Häuten schützend umhüllter Strang von elliptischem Durchschnitt. Es steht durch das verlängerte Mark mit dem Gehirn inVerbindung und verläuft von oben nach unten sich verjüngend; nur am H a l s e und in der L e n d e n g e g e n d zeigt es starke Anschwellungen, da hier die Nerven für die oberen und unteren Gliedmaßen aus dem Rückgrat austreten. Durch eine vordere und hintere L ä n g s f u r c h e wird es in zwei kongruente Hälften geteilt, die durch eine schmale

10

Psychologie.

Brücke verbunden werden. Das Rückenmark selbst besteht aus zwei verschiedenen Substanzen. Eine rötlichgraue liegt schmetterlingsartig gestaltet in der Mitte; darum herumgelagert ist die weiße Nervenmasse. Während die erstere Nervenzellen erhält, setzt sich die letztere aus Nervenfasern zusammen. Die graue Substanz breitet sich nach vorn in die zwei kurzen und breiten V o r d e r h ö r n e r , nach hinten in die langen und schmalen H i n t e r h ö r n e r aus. Aus den letzteren treten die sensitiven, aus den ersteren die motorischen Wurzeln aus; die sensitiven durchziehen nach dem Austritt aus dem Rückenmark die Spinalganglien und vereinigen sich mit den entsprechenden motorischen Wurzeln zu einem gemischten Nerven, um sich im weiteren Verlaufe wieder zu trennen. Die motorischen Fasern gehen zu den Muskeln, die sensitiven zu den inneren Organen unseres Körpers. Die weiße Substanz des Rückenmarks enthält zahlreiche vertikal gerichtete Fasern, die von Schicht zu Schicht und schließlich zum Gehirn führen oder von dort kommen. Diese Längsfasern sind miteinander durch Querfasern verbunden. Das Rückenmark dient zur V e r m i t t l u n g von T a s t - , D r u c k - , S c h m e r z - und T e m p e r a t u r e m p f i n d u n g e n und von w i l l k ü r l i c h e n B e w e g u n g e n , ist aber auch ein s e l b s t ä n d i g e s Z e n t r u m für R e f l e x e und a u t o m a t i s c h e E r r e g u n g . Der vom Empfindungsnerven zugeleitete Reiz wird, ohne eine bewußte Empfindung zu erwecken, durch eine Querfaser auf einen zentrifugalen Nerven übertragen (überstrahlt, reflektiert) und erzeugt eine u n w i l l k ü r l i c h e o d e r R e f l e x bewegung. D a s Gehirn. (Abb. 8.) Es erscheint als eine von mehreren sehr zähen Häuten umhüllte H a l b k u g e l , die durch eine tiefe L ä n g s s p a l t e in die r e c h t e und l i n k e H e m i s p h ä r e und durch eine Q u e r f u r c h e in das K l e i n - und G r o ß h i r n geteilt wird. Beide Hemisphären sind durch den B a l k e n , Klein und Großhirn durch die B r ü c k e miteinander verbunden und lagern dem H i r n s t a m m , der Verlängerung des Rückenmarkes, auf, von dem die zwölf S i n n e s n e r v e n p a a r e entspringen. Das ganze Gehirn besteht aus der g r a u e n Substanz der Nervenganglien und aus der w e i ß e n Substanz der Faserzüge, die durchweg im Inneren liegen, während die graue

Die körperlichen Grundlagen unseres

Seelenlebens.

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Substanz die G e h i r n h ö h l e n auskleidet, die G e h i r n r i n d e bildet und als G a n g l i e n g r a u in der weißen Substanz eingebettet vorkommt. Seheäellappen ' (Tastsphäre).

Grosshirn

...Stirnläppen

Hinterhaupts läppen < Sehzentrunv).

Sytvisdic Spalte (auTsen)i darunter die Jnsd SMöfenlappen. (Hönphärt) '•~J3,rücke KUinhim

—- MrlängertesMark ..Rückenmark

A b b . 8. M i t t l e r e r D u r c h s c h n i t t d u r c h d a s Gehirn. (Nach H e i l m a n n . ) V V i e r h ü g e l ; S S e h h ü g e l ; St S t a b k r a n z f a s e r n ; o o b e r e und u u n t e r e Kleinhirnstiele. Die L ä n g e des H i r n 9 t a m m e 9 (Vier- u n d Sehbügel, Brücke und v e r l ä n g e r t e s Mark) ist d u r c h die p u n k t i e r t e Linie bezeichnet.

A b b . 9. Großhirnrinde im

Abb. Querschnitt.

(Nach H e l l p a c h . ) ab c T a n g e n t l a l f a s e r a y s t e m ; d u . « Schichten von Pyramidenzellen.

T y p u s einer

10.

Pyramidenzelle.

(Nach H e i l m a n n . ) i Zelle; n N e u r i t ; c K o l l a t e r a l e ; d Dendriten; h Hirnperipherie.

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Psychologie.

Durch tief eindringende Falten wird die Oberfläche des Großhirns in den Stirn-, Schläfen-, Scheitel-, Hinterhauptslappen und in den Stammlappen oder die Insel zerlegt. Allen diesen Windungen und Furchungen folgt die Großhirnrinde, das für das Seelenleben wichtigste Organ (Abb. 9). Sie ist durchschnittlich drei Millimeter stark und besteht aus mehreren Schichten, die durch Fasern von einander getrennt sind, welche parallel der Hirnoberfläche laufen und T a n g e n t i a l f a s e r n heißen. In der ersten und zweiten Schicht befinden sich Zellen von dreieckiger pyramidenartiger Gestalt. Sie heißen deshalb P y r a m i d e n z e l l e n (Abb. 10). Von ihrer Basis gehen die Neuriten aus, die zum Teil ins Marklager des Großhirns, zum Teil ins

Abb. 11. Großhirn von der linken Seite.

Rückenmark ziehen und dort die Seiten- und Vorderstränge zusammensetzen. Von den langen Seiten der Pyramidenzellen zweigen sich zahlreiche Dendriten ab. Nach den Funktionen der Großhirnrinde unterscheidet man zahlreiche S i n n e s - oder Geh i r n z e n t r e n : wie das a k u s t i s c h e Zentrum oder das Hörfeld im Schläfenlappen, das o p t i s c h e oder das Sehfeld im Hinterhauptslappen, das S p r a c h z e n t r u m in den seitlichen Teilen des Stirnlappens, die B e w e g u n g s z e n t r e n in den Scheitellappen und oberen Teilen des Stirnlappens (Abb. 11). Obwohl es vollkommen unbekannt ist, ob die Gehirnmasse an den höheren Seelenvorgängen des Fühlens, Wollens und Denkens mitbeteiligt ist, so kann die Großhirnrinde doch im allgemeinen die Zentralstation der seelischen Tätigkeit genannt werden.

Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens.

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Die Seele ist also an das Nervenmaterial der Großhirnrinde gebunden, das Gehirn ist der Sitz der Seele, also des Bewußtseins, der Intelligenz, des Denkens, Fühlens, die Ursprungsstelle der zusammengesetzten Willenshandlungen. Nur muß man sich der bildlichen Ausdrucksweise bewußt sein, da die Seele als ein immaterielles Wesen keines räumlichen Wohnplatzes bedarf. Die Faserzüge in den Marklagern des Großhirns sind entweder Verbindungsbahnen der beiden Hemisphären (Kommissurfasern), oder solche, welche die verschiedenen Zentren oder Zellengebiete verknüpfen (Assoziationsfasern), oder Vermittlungsorgane zwischen der Großhirnrinde und der Peripherie des Körpers (Stabkranzfasern). Das K l e i n h i r n besitzt ebenfalls im Inneren weiße Faseimassen und als Rinde graue Substanz. Diese dringt in zahlreichen Querfurchen in das Marklager ein, so daß bei Durchschnitten eine baumförmige Verzweigung dieser weißen Sub stanz sich zeigt, die man Lebensbaum nennt. Vermutlich dient das Kleinhirn der Herstellung der Einheitlichkeit der beiderseitigen Bewegungen des Körpers und der Erhaltung des Gleichgewichts. Der H i r n s t a m m umfaßt das v e r l ä n g e r t e M a r k , in das das Rückenmark übergeht, die B r ü c k e und die V i e r und S e h h ü g e l . Das verlängerte Mark (Abb. 12) gleicht in seinem Baue ziemlich dem Rückenmark, doch nimmt die graue Nervensubstanz zu und lagert sich mehr und mehr nach außen. Aus dem verlängerten Mark gehen die Markstränge hervor, die sogenannten H i r n s c h e n k e l , die zum Großhirn ziehen. Die Brücke schlängelt sich unten um das verlängerte Mark herum, während das Kleinhirn demselben oben aufliegt. Sie wird gebildet durch die m i t t l e r e n Kleinhirnstiele, die aus den Kleinhirnhemisphären entspringen, sich mit den Hirnschenkeln kreuzen und die beiden Kleinhirnhälften verbinden. Außer den mittleren sind noch die u n t e r e n K l e i n h i r n s t i e l e , die das verlängerte Mark mit dem Kleinhirn, und die o b e r e n K l e i n h i r n s t i e l e zu unterscheiden, die Klein- und Großhirn verbinden.

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Psychologie.

Das Ende des Hirnstammes bilden die Vier- und die Sehhügel, die sehr viele Nervenzellen bergen und die Sehnerven entsenden. Außerdem ziehen viele Nervenfaserzüge vom Hirnstammkopf ins Großhirn, die man in ihrer Gesamtheit als S t a b k r a n z bezeichnet.

Abb. 12. Hintere Ansicht des v e r l ä n g e r t e n M a r k e s vom Menschen mit den Vier- und Sehhügeln und den Kleinhirnschenkeln. ( N a c h W u n d t . ) Auf der rechten Seite ist die Ausstrahlung der Kleinhirnschenkel im kleinen Gehirn dargestellt (Lebensbaum). uK untere Kleinhirnstiele; mK mittlere Kleinhirnstiele (Brückenarme); oK obere Kleinhirnstiele (Bindearme des kleinen Gehirns zum großen); hV hinteres, vV vorderes Vierhügelpaar.

A. Willkürliche und unwillkürliche Bewegungen. Die Hauptfunktionen des Gehirns, insbesondere der Großhirnrinde, sind: 1. die U m g e s t a l t u n g d e r E r r e g u n g in den sensorischen N e r v e n b a h n e n zur b e w u ß t e n E m p f i n d u n g und 2. A u s l ö s u n g d e r w i l l k ü r l i c h e n B e w e g u n g s p r o z e s s e in d e n m o t o r i s c h e n L e i t u n g e n . Das Schema eines willkürlichen Bewegungsprozesses zeigt, soweit die physiologischen Vorgänge in Betracht kommen, die Abb. 13. H sei ein Stückchen Haut unseres Körpers, das ein äußerer Reiz trifft. Derselbe erwirkt eine Erregung in dem Endorgan des Nerven sN, die in das Rückenmark und von da in das verlängerte Mark dringt, wo sie von einer neuen Zelle aufgenommen und durch deren Neuriten bis zur Rinde des Großhirns fortgeführt wird. Hier strahlt die Erregung auf der

Die körperlichen Grundlagen unseres Seelenlebens.

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Zwischenbahn sZ—mZ (auf der intrazentralen Bahn) auf die Zellfortsätze (Dendriten) einer motorischen Pyramidenzelle über und wird als motorischer Impuls in das Rückenmark zu einer Vorderhornzelle und durch deren Neurit zu dem Muskel M geleitet, der in Bewegung gesetzt wird. Eine Vereinfachung erfährt dieser Vorgang bei der unwillkürlichen Bewegung, wie sie bei der Verengung der Pupille bei zunehmender Helle, beim Niesen, Husten vorliegt, ü b e n wir auf ein Stückchen Haut unserer Fußsohle einen Stich aus, so wird der Fuß rasch

m.A

Muskel

Peripherie,.

M

H

Abb.13. Schema einer willkürlichen Bewegung. (Nach E b b i n g h a u s u. a.)

zurückgezogen. Diese Bewegung erfolgt auch im Schlafe und sogar bei Ohnmachtszuständen und wird folgendermaßen erklärt (Abb. 14): Der Reiz wird wieder von der Endigung des sensiblen Nerven aufgenommen und über die Spinalganglionzelle ins Rückenmark geleitet. Hier wird die Erregung nun nicht dem Gehirn zugeführt, sondern mittels einer kollateralen Faser einer motorischen Vorderhornzelle. Deren Neurit verläuft als Bewegungsnerv zu dem Mus-

16

Die Erscheinungen und Gesetze des geistigen Lebens.

kel M, in unserem Falle zu den Muskelfasern des den Unterschenkel emporschnellenden Muskels. Eine solche unwillkürliche Bewegung, bei der das Großhirn gar nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern bei Sintere sens. Wurzel der die Anregungen zu den Bewegungen vom Ganglion Rückenmark oder vom verlängerten Mark kommen, heißt R e f l e x b e w e g u n g , bei welcher also auf den Reiz unmittelbar und unbewußt die Bewegung erfolgt.

9s

Q

S.K-.

»Ifadd Dendriten. Abb. 14.

M

Schema einer Reflexbewegung.

U (Nach H e i l m a n n . )

Die Erscheinungen nnd Gesetze des geistigen Lebens. L Das Vorstellungsleben. § 3. Die Empfindung. I. Wie entsteht eine Gesichtsempfindung?

1. Der Aufnahmeapparat. Das äußere Organ zur Aufnahme der Reize, die eine Lichtempfindung vermitteln, der Ä t h e r w e l l e n , ist das Auge. Der wesentlichste Teil desselben ist der A u g a p f e l . (Abb. 15.) Dieser stellt sich als eine mit durchsichtigem Inhalte gefüllte Kugel dar, deren Hülle y^ti d r e i i i h e r e i n n n d e r f ? e « c h i c h t e t e n

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Die Empfindung.

H ä u t e n gebildet wird. Das Innere des Augapfels besteht aus der K r i s t a l l i n s e , dem G l a s k ö r p e r und dem A u g e n w a s s e r . Die ä u ß e r s t e H a u t s c h i c h t besteht aus der w e i ß e n , h a r t e n A u g e n h a u t , die das Weiße des Auges darstellt und in ihrem vorderen Teile in die durchsichtige, beinahe kugelrunde Hornh a u t übergeht, welche uhrglasartig aufgesetzt erscheint. Die m i t t l e r e H a u t s c h i c h t setzt sich aus der gefäßreichen, schwarzen A d e r h a u t und der verschiedenfarbigen R e g e n Ader Pigments

Abb. 15.

Durchschnitt durch den linken Augapfel. (Nach Heilmann.)

g gelber Fleck; 6 blinder Fleck; a!> Sehachse.

haut. c~h ich t.

Abb. 16. Querdurchschnitt durch die Netzhaut. (Nach E b b i n g h a u s . )

H Sehiiervenfasern, sie biegen sofort rechtwinklig ab, treten als S e h n e r v nach auBen und ziehen zum Sehhügel und zu den v o r d e m Vierhügeln des Gehirns; ( M ü l l e r sche Stützfaser; s zentrifug. Nervenfasern.

b o g e n h a u t (Iris) zusammen. In der Mitte hat letztere eine kreisrunde Öffnung, die P u p i l l e (Sehloch, Augenstern), die dazu bestimmt ist, den Lichtstrahlen den Durchgang zu gestatten. Sie kann durch besondere Muskeln sowohl erweitert als verengert werden. Die dritte oder i n n e r s t e H a u t ist die durch die Verästelung des S e h n e r v s gebildete N e t z h a u t (retina). (Abb. 16.) Zwei wichtige Punkte der N e t z h a u t sind der »blinde Fleck« an der Stelle des Eintritts des Augennervs und der »gelbe Fleck «, die Stelle des »deutlichsten Sehens «, letzterer mit den für die Lichtpcrzcption geeignetsten Zäpfchen und B ö h m , P r a k t . E r z i e h u n g s - u . Unterrichtslehre. I. Bd. 3. Aufl.

2

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Das Vorstellungsleben.

Stäbchen in der vorletzten der zehn Schichten, aus denen die Netzhaut selbst besteht. Die letzte Schicht bildet der Sehpurpur, ein sehr zartes Gewebe von Pigmentzellen, die sich unter dem Einflüsse des Lichtes verändern, nämlich erblassen, also die äußeren Objekte in der Netzhaut abbilden.

i -

WT

Abb. 17. Stäbchenund Zapfen vom Menschen. (Nach W u n d t . ) a AuQenglled; 6 Innenglled; c Stäbchen- und Zapfenfaser; d S t ä b c h e n - und Zapfenkorn: e E n d i g u n g der F a s e r (St&bchenkorn, ZapfenfuB).

2. Der Sehvorgang. Fallen von einem Gegenstande Lichtstrahlen ins Auge, so werden sie der Netzhaut zugeleitet und erzeugen auf der Sehpurpurschichte ein verkleinertes und umgekehrtes Bildchen. Diesen Teil des ganzen Vorganges nennen wir den ä u ß e r e n oder p h y s i k a l i s c h e n B e i z vorgang. Die Zersetzung der Sehpurpurschichte hat eine Erregung der Stäbchen und Zapfen (Abb. 17) zur Folge, die durch den Sehnerven bis zur Sehsphäre im Hinterhauptslappen fortgeleitet wird und dort in einer Zelle der grauen Binde eine molekulare Umlagerung erzeugt. Bis hierher reicht der im lebendigen Nerven sich abspielende oder der physiologische Beizprozeß. Hier setzt nun der p s y c h i s c h e Prozeß ein. Auf Grund der in den Zellen der Sehsphäre vor sich gehenden Erregung erleidet die Seele eine Zustandsänderung, die uns als Lichtoder Gesichtsempfindung zum Bewußtsein kommt.

3. Kinderpsychologie. Bei der Geburt ist jedes Kind in gewissem Sinne blind. Es wird durch das helle Tageslicht zwar unangenehm berührt,

Die Empfindung.

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erkennt und unterscheidet aber die Gegenstände seiner Umgebung noch nicht, empfindet also nur den Unterschied von hell und dunkel. Das Augenzwinkern und der Drohreflex fehlen anfänglich gänzlich, das Kind s t a r r t in den Raum. Die Bewegung der beiden Augäpfel und die der Augenlider geschieht noch völlig unabhängig voneinander. Das Kind sieht nur die Gegenstände, die sich nahe vor seinem Auge in der Richtung der Sehlinie befinden. Eine Kerzenflamme verliert das Kind bei einer Entfernung von 4—5 m a u s dem Gesicht, die Gegenstände links und rechts von ihm n i m m t es nicht wahr. Das Kind sieht zuerst nur gerade aus; sein Gesichtsfeld ist eng, seine Sehweite kurz. Nach einiger Zeit zeigt das Kind ein Wohlgefallen am Lichte und glänzende Gegenstände erregen seine Freude. Das Gesicht verliert dabei seine anfängliche Starrheit, wird verständiger. Das Kind nimmt die Gegenstände wahr, es blickt. Allmählich lernt das Kind, die Gegenstände mit seinem Blicke auch unter Drehungen des Kopfes zu v e r f o l g e n , wenn es die Herrschaft über die erstarkenden Muskeln gewonnen hat, die den Kopf bewegen. Endlich f i x i e r t das Kind seinen Blick auf einen Gegenstand, es hält diesen fest, beobachtet ihn und sucht ihn, wenn er aus dem Gesichtsfelde entschwunden war, wendet auch den Kopf und das Auge, um eine Licht- oder Geräuschquelle zu entdecken. Jetzt kann das Kind nicht nur das schwingende Pendel einer Uhr sondern auch den schnellen Flug eines Insekts verfolgen, das Sehen ist ein g e n a u e s geworden. Schwierig ist aber in den ersten Jahren die Unterscheidung der Farben. Die grellen Farben Gelb und Rot werden wohl zuerst aufgefaßt, die dunklen Farben Blau, Braun und die Farbenschattierungen der Naturdinge bieten viele Schwierigkeiten. 4. Pathologisches. Eine angeborene Sehstörung ist die F a r b e n b l i n d h e i t . Es gibt Personen, die verwechseln leicht grüne und rote wollene Fäden, nehmen die Farbe der Blätter und der Frucht der Erdbeere anders wahr als Normalsehende. Diese Unfähigkeit, die Farben richtig wahrzunehmen, ist die Farbenblindheit.

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Das Vorstellungsleben.

Am häufigsten erscheint farbenblinden Personen Rot als ein dunkles, Grün als ein helles Gelb. Diese Personen sind Rotgrün-Blinde. Die K u r z s i c h t i g k e i t ist nicht angeboren, sondern wird in den Schuljahren erworben; die Volksschulen zeigen sehr wenig Kurzsichtige, die oberen Klassen der höhereir Schulen dagegen bis zu 45%. II. Wie entsteht eine GehOrsempfindung? 1. Das Aulnahmeorgan. Das Organ zur Aufnahme der Schallwellen der Luft ist das Ohr (Abb. 18). Es ist bis auf die Ohrmuschel im Felsen- und Schlafen-

Abb. 18. D a s Gehörorgan. (Nach H e i l m a n n . ) P Paukenhöhle; h Hammer; a Amboß; sf Steigbügel; o orale* Fenster; o Vorhof; r rundes Fenster; 8n Schneckennery; Vn Vorhofsnery.

bein eingebettet. Die O h r m u s c h e l und der etwas gekrümmte G e h ö r g a n g machen das ä u ß e r e Ohr aus, das durch d a s T r o m m e l f e l l abgegrenzt wird. Die Schwingungen dieses elastischen Häutchens werden auf die G e h ö r k n ö c h e l c h e n ( H a m m e r A m b o ß , S t e i g b ü g e l ) der P a u k e n h ö h l e übertragen und bis ans o v a l e Fensterchen fortgepflanzt, das vom F u ß t r i t t des Steigbügels umschlossen wird. Unter dem o v a l e n liegt das r u n d e F e n s t e r c h e n , die beide zum inneren Ohre führen. Durch einen langen Kanal, die e u s t a c h i s c h e R ö h r e oder O h r t r o m p e t e , steht die Paukenhöhle in Verbindung mit dem N a s e n r a c h e n r a u m . Das i n n e r e O h r , wegen seines künst-

Die Empfindung.

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liehen Baues Labyrinth genannt, besteht aus dem Vorhof mit den Bogengängen und der Schnecke. In drei flaschenförmigen Erweiterungen, den A m p u l l e n , gehen die Bogengänge vom Vorhof aus und kehren in halbkreisfömigen Krümmungen wieder dahin zurück. Vorhof und Bogengänge sind mit einer wässerigen Flüssigkeit, dem Labyrinthwasser, erfüllt, in dem häutige Einlagen, das runde und das lange Säckchen, schwimmen. Dieselben enthalten Gehörwasser. In diese häutigen Gebilde entsendet der Vorhofnerv seine Verzweigungen; diese stehen mit den birnförmigen Hörzellen in Verbindung, die in den Wandungen der Säckchen sich Knochen, derSchiecke \

Ctrrtii Organ,

--n.it. -Gr.(B). Im

Abb. 19.

Uz.

pf

St.

Querdurchschnitt durch einen Schneckengang. Cortis Organ. (Nach Heilmann.)

A R e i ß n e r s e h e Haut; Hn HSrnervenfasern zu den Haar- oder Hörzellen (Hz) mit Hörhaaren (B.K); Kn knöcherner Teil der Querleiste; Cr häutiger Teil der Querleiste oder Grund-